Verfassungsschutzbericht 2020

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Verfassungsschutzbericht 2020 Verfassungsschutzbericht 2020 Vorwort des Bundesministers des Innern, für Bau und Heimat Horst Seehofer Unsere Demokratie stand im Jahr der Pandemie vor völlig neuen politischen und gesellschaftlichen Herausforderungen. Trotz der extremen Einschränkungen des Lebens durch die Pandemiebe- kämpfung erwies sich unser Gemeinwesen dabei als erstaunlich stabil. Die staatlichen Institutionen stellten ihre Funktionsfähig- keit und die Gesellschaft ihre Widerstandsfähigkeit unter Beweis. Die Pandemie wirkt sich auch auf die Arbeit des Verfassungsschut- zes aus. Rechtsextremisten versuchen, die Proteste gegen die staat- lichen Corona-Schutzmaßnahmen zu beeinflussen und Anschluss im bürgerlichen Spektrum zu finden. Diese Entwicklung beobach- ten wir aufmerksam. Die größte Bedrohung der freiheitlichen demokratischen Grund- ordnung geht vom Rechtsextremismus aus. Dies zeigte sich in einem weiteren Anstieg der rechtsextremistischen Straf- und Gewalttaten (um rund 5 %). Trauriger Tiefpunkt rechtsextremis- tischer Gewalt war der Anschlag von Hanau am 19. Februar 2020, dem neun Menschen zum Opfer fielen. Die Bundesregierung richtete umgehend den „Kabinettausschuss zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus“ ein, der zwischenzeitlich einen Katalog von Maßnahmen – auch zur Bekämpfung des Antisemitismus – vorgelegt hat. Mit dem Verbot der drei rechtsextremistischen Vereine „Combat 18 Deutschland“, „Nordadler“ und „Sturm-/Wolfsbrigade 44“ setzte ich zudem ein deutliches Zeichen, dass rechtsextremistische Gruppierungen in Deutschland keinen Platz haben. 3 Die Szene der „Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“ ist auf gleich- bleibend hohem Niveau aktiv. Sie sorgen durch ihre rigorose Ab- lehnung unseres Staates und seiner Repräsentanten immer wieder für Provokationen, die oft die Schwelle zur Strafbarkeit überschrei- ten. In diesem Kontext konnte ich den Verein „Geeinte deutsche Völker und Stämme“ verbieten, der neben staatsfeindlichen auch rassistische, antisemitische und geschichtsrevisionistische Ideen verfolgte. Die Entwaffnung zugehöriger Personen, insbesondere durch den Entzug von Waffenerlaubnissen, hat für mich oberste Priorität. Die Zahl linksextremistisch motivierter Straftaten erreichte im Jahr 2020 einen neuen Höchststand. Es besteht eine große Gewalt- bereitschaft, die sich in der massiv gestiegenen Anzahl linksextre- mistischer Gewalttaten zeigt. Feststellbar ist auch eine deutliche Radikalisierung in Teilen der gewaltorientierten Szene. Gewalt- taten werden gezielter, planvoller, ihre Auswirkungen werden massiver und betreffen zunehmend auch individuell ausgewählte Personen. Insgesamt hat sich der seit einigen Jahren feststellbare Wechsel der Aktionsformen weg von demonstrationsbezoge- ner „Massenmilitanz“ hin zu Gewalttaten konspirativ agierender Kleingruppen fortgesetzt. Der islamistische Terrorismus ist und bleibt eine anhaltende Ge- fahr für unsere freiheitliche Lebensweise. Deutschland ist dabei Teil eines einheitlichen europäischen Gefahrenraumes. Neben Anschlägen in unseren Nachbarstaaten – zuletzt in Frankreich und Österreich – war auch unser Land betroffen. Besonders her- vorzuheben ist der Messerangriff mit tödlichem Ausgang Anfang Oktober in Dresden. Jedoch konnten wir feststellen, dass das sala- fistische Personenpotenzial im Jahre 2020 erstmals stagnierte. Der Verfassungsschutz bearbeitet Gefährdungssachverhalte, deckt Netzwerke auf und betreibt Aufklärung. Neben der sicherheitsbe- hördlichen Tätigkeit bedarf es der internationalen Zusammenar- beit und der staatlichen und zivilgesellschaftlichen Präventions- und Deradikalisierungsarbeit. Andere Staaten versuchen weiterhin, sich mit geheimen und illega- len Methoden zu ihrem Vorteil und auf Kosten unseres Landes In- formationen zu beschaffen. Sie betreiben dies zum Teil mit großem finanziellen und organisatorischen Aufwand. Einige ausländische Staaten versuchen auch, über gezielte Desinformationskampagnen 4 die Meinungsbildung in ihrem Sinne zu beeinflussen und unse- re vielfältige Gesellschaft zu destabilisieren. Daneben eröffnen Digitalisierung, Vernetzung und verstärkt auch Homeoffice den Nachrichtendiensten zusätzliche Möglichkeiten für Cyberspiona- ge und Cyberangriffe auf Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Wis- senschaft. Im Dachbündnis „Initiative Wirtschaftsschutz“ haben sich Staat, Wirtschaft und Wissenschaft zusammengefunden, um gemeinsam Sicherheitsrisiken zu analysieren und abzuwehren. Die wirksame Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus ist nur in einem ausgewogenen und zeitgemäßen Rechtsrahmen möglich. Die hierfür erforderlichen legislativen Maßnahmen habe ich vorangetrieben und insbesondere mit dem im Oktober 2020 im Kabinett beschlossenen Regierungsentwurf zur Anpassung des Bundesverfassungsschutzrechts dringend notwendige Überarbei- tungen auf den Weg gebracht. Der Rückblick zeigt, dass der Verfassungsschutz eine der tragenden Säulen unserer Sicherheitsarchitektur ist, auf den wir uns auch in schweren Krisen verlassen können. Der Verfassungsschutz leistet einen unverzichtbaren Beitrag für die Sicherheit und Freiheit der Gesellschaft. Mein Dank gilt allen Mitarbeiterinnen und Mitarbei- tern, die trotz der erschwerten Bedingungen unsere Sicherheit und verfassungsmäßige Ordnung auch im vergangenen Jahr engagiert und mit Erfolg verteidigt haben. Horst Seehofer Bundesminister des Innern, für Bau und Heimat 5 6 INHALTSVERZEICHNIS Inhaltsverzeichnis Verfassungsschutz – ein unverzichtbares Instrument der wehrhaften Demokratie I. „Frühwarnsystem“ Verfassungsschutz 17 II. Kontrolle des Verfassungsschutzes 19 III. Verfassungsschutz durch Aufklärung 21 Politisch motivierte Kriminalität (PMK) I. Definitionssystem MKP 24 II. Gesamtüberblick PMK 25 III. Politisch motivierte Straftaten mit extremistischem Hintergrund in den einzelnen Phänomenbereichen 26 1. Rechtsextremistisch motivierte Straftaten 26 1.1 Zielrichtungen der rechtsextremistisch motivierten Gewalttaten 28 1.1.1 Rechtsextremistisch motivierte Gewalttaten mit fremdenfeindlichem Hintergrund 29 1.1.2 Rechtsextremistische Gewalttaten gegen Linksextremisten oder vermeintliche Linksextremisten 30 1.2 Verteilung der Gewalttaten auf die Länder 31 2. Extremistische Straftaten von „Reichsbürgern“ und „ Selbstverwaltern“ 32 3. Linksextremistisch motivierte Straftaten 34 3.1 Zielrichtungen der linksextremistisch motivierten Gewalttaten 35 3.1.1 Linksextremistisch motivierte Gewalttaten gegen Rechtsextremisten oder vermeintliche Rechtsextremisten 37 3.1.2 Linksextremistisch motivierte Gewalttaten gegen die Polizei/ Sicherheitsbehörden 38 3.2 Verteilung der Gewalttaten auf die Länder 39 4. Straftaten mit extremistischem Hintergrund aus dem Bereich „Politisch motivierte Kriminalität – religiöse Ideologie“ 40 4.1 Verteilung der Gewalttaten auf die Länder 42 5. Straftaten mit extremistischem Hintergrund aus dem Bereich der „Politisch motivierten Kriminalität – ausländische Ideologie“ 43 5.1 Verteilung der Gewalttaten auf die Länder 45 7 INHALTSVERZEICHNIS Rechtsextremismus/rechtsextremistischer Terrorismus I. Überblick 48 1. Entwicklungstendenzen 48 2. Personenpotenzial 53 II. Gewalt und rechtsterroristische Ansätze 54 1. Anschlag in Hanau (Hessen) 55 2. Staatliche Maßnahmen 56 3. Vereinsverbote 58 III. Aktuelle Entwicklungen im Rechtsextremismus 60 1. Rechtsextremistische Einflussnahmeversuche auf das Corona-Demonstrationsgeschehen 60 2. Antisemitismus im Rechtsextremismus 62 3. Auswirkungen der Coronapandemie auf rechtsextremistische Musikveranstaltungen 64 4. Die rechtsextremistische Kampfsportszene 66 5. Bedeutung rechtsextremistischer Hip-Hop- beziehungsweise Rapmusik 68 6. Rechtsextremisten in Sicherheitsbehörden 70 7. Vernetzung und Radikalisierung der rechtsextremistischen Szene im Internet 71 8. Vernetzungsbestrebungen von Rechtsextremisten im Ausland 72 IV. Rechtsextremistische Akteure der Neuen Rechten 74 1. „Identitäre Bewegung Deutschland“ (IBD) 76 2. Verdachtsfall „COMPACT-Magazin GmbH“ 79 3. Verdachtsfall „Ein Prozent e.V.“ 82 4. Verdachtsfall „Institut für Staatspolitik“ (IfS) 84 V. Rechtsextremistisches Parteienspektrum 86 1. „Nationaldemokratische Partei Deutschlands“ (NPD) 86 2. „DIE RECHTE“ 88 3. „Der III. Weg“ 91 4. Personenzusammenschluss „Der Flügel“ innerhalb der Partei Alternative für Deutschland (AfD) 93 5. Verdachtsfall „Junge Alternative für Deutschland“ (JA) 96 VI. Sonstige rechtsextremistische Organisationen 99 1. Verdachtsfall „Uniter“ („Uniter Network“) 99 VII. Überblick mit Strukturdaten zu Beobachtungsobjekten 101 1. „Nationaldemokratische Partei Deutschlands“ (NPD) 101 1.1 „Junge Nationalisten“ (JN) 103 1.2 „Ring Nationaler Frauen“ (RNF) 104 1.3 „Kommunalpolitische Vereinigung der NPD“ (KPV) 104 1.4 „Deutsche Stimme Verlagsgesellschaft mbH“ (DS Verlag) 105 2. „DIE RECHTE“ 106 8 INHALTSVERZEICHNIS INHALTSVERZEICHNIS 3. „Der III. Weg“ 107 4. „Identitäre Bewegung Deutschland“ (IBD) 108 5. „Der Flügel“ (Personenzusammenschluss innerhalb der Partei AfD) 109 „Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“ I. Überblick 112 1. Entwicklungstendenzen 113 2. Erscheinungsformen 115 II. Staatliche Maßnahmen 117 III. Gefährdungspotenzial 118 IV. Überblick mit Strukturdaten zu Beobachtungsobjekten 120 1. „Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“ 120 Linksextremismus I. Überblick 122 1. Entwicklungstendenzen 122 2. Straf- und Gewalttaten 123 3. Personenpotenzial 125 II. Aktuelle Entwicklungen im Linksextremismus 125 1. Radikalisierung im gewaltorientierten Linksextremismus 125 2. Einflüsse der Coronapandemie 128 3. Militanter „Antifaschismus“ 130 4. Kampf für den Erhalt selbst ernannter „Freiräume“ 135 5.
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