Planvorhaben des Lebensmitteleinzelhandels in -Treysa

Städtebauliches Verträglichkeitsgutachten zu den kumulativen Auswirkungen einer Umstrukturierung

Wissen bewegt.

im Auftrag der WERNER Projektentwicklung GmbH Hamburg, 19. Juni 2018

Planvorhaben des Lebensmitteleinzelhandels in Schwalmstadt-Treysa

Städtebauliches Verträglichkeitsgutachten zu den kumulativen Auswirkungen einer Umstrukturierung

Projektnummer: 18DLP2393 Exemplarnummer: 01

Projektleitung und -bearbeitung: Sandra Emmerling Bearbeitet unter Mitarbeit von: David Kamin

im Auftrag der WERNER Projektentwicklung GmbH Dalbergstraße 7 - 36037 Fulda

erarbeitet durch Dr. Lademann & Partner Gesellschaft für Unternehmens- und Kommunalberatung mbH Friedrich-Ebert-Damm 311 · 22159 Hamburg

Altmarkt 10d · 01067 Dresden Prinzenallee 7 · 40549 Düsseldorf Königstraße 10c · 70173 Stuttgart

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Inhalt

Abbildungsverzeichnis III Tabellenverzeichnis IV

1 Einführung 1

1.1 Ausgangslage und Aufgabenstellung 1 1.2 Vorgehensweise 4

2 Analyse von Mikrostandort und Vorhaben 6

2.1 Mikrostandort Friedrich-Ebert-Straße 6 2.2 Mikrostandort Schmelzaue 10 2.3 Vorhabenkonzeption 14

3 Rahmendaten des Makrostandorts 17

3.1 Lage im Raum 17 3.2 Sozioökonomische Rahmendaten 18 3.3 Zentrensystem und Verflechtungsbereich 19

4 Einzugsgebiet und Nachfragepotenzial 21

4.1 Methodische Vorbemerkungen 21 4.2 Wettbewerb im Raum 21 4.3 Herleitung des Einzugsgebiets 23 4.4 Vorhabenrelevantes Nachfragepotenzial 25

5 Analyse der Angebotsstrukturen im Einzugsgebiet (2018) 26

5.1 Nahversorgungsrelevante Verkaufsflächenstruktur im Einzugsgebiet 26 5.2 Nahversorgungsrelevante Umsatzstruktur im Einzugsgebiet 31

Städtebauliches Verträglichkeitsgutachten zu den kumulativen Auswirkungen einer Umstrukturierung I

5.3 Städtebauliche/versorgungsstrukturelle Ausgangslage in den zentralen Versorgungsbereichen 32 5.3.1 ZVB Hauptzentrum Treysa 32 5.3.2 ZVB Nebenzentrum Ziegenhain 35 5.4 Nahversorgungsrelevante Planvorhaben 37

6 Vorhaben- und Wirkungsprognose 2020 38

6.1 Marktanteils- und Umsatzprognose 38 6.2 Wirkungsprognose 43 6.2.1 Vorbemerkungen 43 6.2.2 Prospektive Umsatzumverteilungswirkungen des Gesamtvorhabens im periodischen Bedarf 45

7 Bewertung des Vorhabens 48

7.1 Zu den Bewertungskriterien 48 7.2 Zur zentralörtlichen Zuordnung 50 7.3 Zu den Auswirkungen auf die zentralen Versorgungbereiche und die Nahversorgung 51 7.4 Zur städtebaulichen und siedlungsstrukturellen Integration des Vorhabenstandorts 53 7.5 Zur Kompatibilität mit dem kommunalen Einzelhandelskonzept 55

8 Fazit 58

Städtebauliches Verträglichkeitsgutachten zu den kumulativen Auswirkungen einer Umstrukturierung II

Abbildungsverzeichnis

 Abbildung 1: Lage des Mikrostandorts des Lebensmittelmarkts in der Friedrich-Ebert-Straße 6

 Abbildung 2: Vorhabenstandort an der Friedrich-Ebert-Straße (Altstandort Tegut) 8

 Abbildung 3: Benachbarter Hagebaumarkt am Vorhabenstandort in der Friedrich-Ebert-Straße 9

 Abbildung 4: Lage des Mikrostandorts des Tegut-Verbrauchermarkts am Standort Schmelzaue (Planvorhaben) 10

 Abbildung 5: Vorhabenstandort im Bereich Schmelzaue 12

 Abbildung 6: Benachbarter Kik-Textilfachmarkt am Vorhabenstandort Schmelzaue 13

 Abbildung 7: Lage im Raum 17

 Abbildung 8: Vorhabenrelevante Wettbewerbsstruktur im Raum (2017) 22

 Abbildung 9: Einzugsgebiet des Vorhabens 23

 Abbildung 10: Vorhabenrelevante Wettbewerbssituation im Einzugsgebiet (Stand April 2018) 28

 Abbildung 11: -Lebensmitteldiscounter im ZVB Treysa 29

 Abbildung 12: -Lebensmitteldiscounter im ZVB Ziegenhain 29

 Abbildung 13: Aldi-Lebensmitteldiscounter im ZVB Ziegenhain 30

 Abbildung 14: -Verbrauchermarkt in Streulage 30

 Abbildung 15: -Galerie im ZVB Treysa 34

 Abbildung 16: Blick entlang der Bahnhofstraße im ZVB Treysa 34

 Abbildung 17: Blick entlang der Landgraf-Philipp-Straße im ZVB Ziegenhain 36

 Abbildung 18: Tegut-Verbrauchermarkt im ZVB Ziegenhain 36

Städtebauliches Verträglichkeitsgutachten zu den kumulativen Auswirkungen einer Umstrukturierung III

Tabellenverzeichnis

 Tabelle 1: Verkaufsflächenstruktur nach Realisierung des Gesamtvorhabens 14

 Tabelle 2: Veränderung der Verkaufsflächenstruktur des Gesamtvorhabens 15

 Tabelle 3: Bevölkerungsentwicklung im Vergleich 18

 Tabelle 4: Kundenpotenzial der Vorhaben in Treysa 24

 Tabelle 5: Nachfragepotenzial zum Zeitpunkt der Marktwirksamkeit 25

 Tabelle 6: Nahversorgungsrelevante Verkaufsflächenstruktur innerhalb des prospektiven Einzugsgebiets 27

 Tabelle 7: Nahversorgungsrelevante Umsatzstruktur des Einzelhandels 31

 Tabelle 8: Marktanteile des Gesamtvorhabens innerhalb des Einzugsgebiets (nach Vorhabenrealisierung) 39

 Tabelle 9: Umsatzstruktur des Gesamtvorhabens (nach Vorhabenrealisierung) 40

 Tabelle 10: Umsatzstruktur des Gesamtvorhabens (Status quo) 41

 Tabelle 11: Veränderung der Umsatzstruktur des Gesamtvorhabens durch Vorhabenrealisierung 42

 Tabelle 12: Marktanteilsveränderung durch die Vorhabenrealisierung 42

 Tabelle 13: Prospektive Umsatzumverteilungswirkungen des Gesamtvorhabens (2020) 46

Städtebauliches Verträglichkeitsgutachten zu den kumulativen Auswirkungen einer Umstrukturierung IV

1 Einführung

1.1 Ausgangslage und Aufgabenstellung

Die WERNER Projektentwicklung GmbH (i.F. WPE) beabsichtigt in der Stadt Schwalmstadt (Schwalm--Kreis), Ortsteil Treysa, zwei Projektentwicklungen umzusetzen. Beide Projekte bestehen in wesentlichen Teilen aus Flächen für Le- bensmitteleinzelhandel:

Am Standort „Schmelzaue“ im Walkmühlenweg plant WPE auf dem Gelände des ehemaligen Ford-Autohauses die Ansiedlung eines Tegut-Marktes mit einer Ver- kaufsfläche von ca. 1.800 qm, eines Cafés (davon Einzelhandelsrelevante VKF von max. 60 qm), eines Bürofachmarktes sowie weiterer Dienstleistungsflächen. Bei der Tegut -Ansiedelung handelt es sich um eine Verlagerung vom bisherigen Standort in der Friedrich-Ebert-Straße an den Standort „Schmelzaue“. Gleiches gilt für den Bürofachmarkt Joneleit, welcher derzeit im Gewerbegebiet „Saure Wiesen“ ansässig ist. Durch die Umverlagerung nimmt Tegut eine Reduzierung seiner Verkaufsflächen von derzeit rund 2.240 qm VKF auf rund 1.860 qm VKF vor. Für den Standort des derzeitigen Tegut-Marktes in der Friedrich-Ebert-Straße ist die Nachnutzung durch einen Lebensmitteldiscounter mit 1.200 qm Verkaufsflä- che (zzgl. Bäckerei, ca. 40 qm) geplant.

Beide Planungen wurden in der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses am 19.04.2017 durch WPE vorgestellt. Durch Beschlusslage wurde der Ausweisung von Sondergebieten an beiden Standorten zugestimmt, sofern die Verträglichkeit beider Projekte gutachterlich nachgewiesen werden kann.

Der Vorhabenstandort an der Friedrich-Ebert-Straße befindet sich im Geltungsbe- reich des Bebauungsplans Nr. 29.1 der Stadt Schwalmstadt „Südlich der Fried- rich-Ebert-Straße“ und weist ein Sondergebiet „Einkaufen“ gem. BauNVO 1990 aus. Im Sinne des B-Plans sind in dem Sondergebiet folgende Betriebe bei einer maximalen Bruttogeschossfläche von 3.600 qm zulässig:

 Einzelhandelsbetriebe der Branche Lebensmittel;

 Sonstige Branchen des Einzelhandels als Nebensortiment der Lebensmittel mit maximal von je 100 qm Verkaufsfläche;

 Restaurant.

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Weiterhin existiert ein Aufstellungsbeschluss zur 2. Änderung des Bebauungs- plans Nr. 29 „Südlich der Friedrich-Ebert-Straße“ vom 03.07.2014 u.a. mit der Empfehlung die zulässige Verkaufsfläche für zentren- und nahversorgungsrele- vante Sortimente auf den Bestand zu begrenzen.

Aufgrund des heute bereits bestehenden Planungsrechts müsste bei Verlagerung von Tegut an den Standort „Schmelzaue“ mit der Aufnahme einer gleichartigen bzw. typähnlichen Nachnutzung gerechnet werden. Dies gilt es bei der mögli- chen Anpassung des Bebauungsplans (Überführung des bisherigen Geltungsbe- reichs in einen rechtssicheren Bebauungsplan) zu beachten. Für das Vorhaben am Standort „Schmelzaue“ ist zur Umsetzung der Planung der bisherige Bebauungsplan mit Ausweisung eines Gewerbegebiets in die Darstel- lung eines Sondergebiets für den großflächigen Einzelhandel zu überführen. Be- reits im Jahr 2014 wurde im Zuge der Erstellung des Einzelhandelskonzeptes der Stadt Schwalmstadt, durch das Büro Stadt+Handel die grundsätzliche Verträg- lichkeit der Umverlagerung des Tegut-Marktes an den Standort „Schmelzaue“ nachgewiesen. Im Einzelhandelskonzept der Stadt Schwalmstadt ist der Bereich „Schmelzaue“ als „Entwicklungsbereich des Hauptzentrums“ ausgewiesen. Der Standort in der Friedrich-Ebert-Straße ist laut Einzelhandelskonzept Teil ei- ner „bedeutenden Einzelhandelsagglomeration“ und Teil der Nahversorgungs- struktur Schwalmstadts (Abb. 33, EHK). Das Einzelhandelskonzept empfiehlt in diesem Bereich einen „restriktiven Umgang“ mit zentrenrelevanten Sortimenten. Gleichzeitig wird im Einzelhandelskonzept (s. Tabelle 16) grundsätzlich festge- halten, dass Neuansiedlungen/Verlagerungen keine negativen Auswirkungen auf die bestehenden Nahversorgungsstruktur haben sollte1. Die Aufgabenstellung der vorliegenden Untersuchung ist die Betrachtung und Bewertung der Auswirkungen bei in etwa zeitgleicher Umsetzung der beiden Planvorhaben des Lebensmitteleinzelhandels in Treysa. In der kumulativen Be- trachtung sind auf Basis des verabschiedeten Einzelhandelskonzeptes der Stadt Schwalmstadt aus dem Jahr 2014 die Veränderungen der Verkaufsflächen für Lebensmittel von Bedeutung. Insbesondere ist die zusätzliche Verkaufsfläche von rund 860 qm im Zuge der Umstrukturierung (d.h. redimensionierte Nachnut- zung des Altstandortes [=Delta von -1.000 qm VKF ggü. Status quo]) sowie der

1 Vgl. Einzelhandelskonzept für die Stadt Schwalmstadt, Endbericht Oktober 2014 (i.F. EHK 2014), S. 83 -85

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Attraktivitätszuwachs durch den Neubau eines Verbrauchermarkts an der „Schmelzaue“ [=Delta von +1.860 qm VKF] prüfungsrelevant2. Die Aufgabenstellung der Untersuchung bestand somit insbesondere in der Er- mittlung und Bewertung der städtebaulichen und raumordnerischen Auswirkun- gen des Gesamtvorhabens auf den Einzelhandel innerhalb des Einzugsgebiets im Hinblick auf zentrale Versorgungsbereiche und die Nahversorgung. Darüber hin- aus waren die landes- und regionalplanerischen Bestimmungen in Nordhessen sowie das Einzelhandelskonzept für die Stadt Schwalmstadt zu berücksichtigen. Prüfungsmaßstab war damit § 11 Abs. 3 BauNVO i.V.m. § 1 Abs. 6 Nr. 8a BauGB und § 1 Abs. 4 BauGB.

2 Bei Erweiterungen (auch durch Verlagerungen) wird grundsätzlich eine Saldo-Betrachtung der künftigen Umsatzentwicklung des Vorhabens in die Prüfung eingestellt. D.h. es werden – wie es die aktuelle Rechtsprechung vorgibt – nur die Zusatzumsätze des Vorhabens prüfungsrelevant, die sich – unter Beachtung der geplanten Umstrukturierungen - aus der Verkaufsflächenzunah- me und der Attraktivierung durch die Neuordnung, Neuansiedlung und Erweiterung ergeben.

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1.2 Vorgehensweise

Zur Bearbeitung der Aufgabenstellung wurde folgendes Untersuchungskonzept durchgeführt:

 Darstellung und Bewertung der beiden Mikrostandorte und ihrer planungs- rechtlichen Gegebenheiten;

 Darstellung des jeweiligen Vorhabenkonzepts im Hinblick auf seine Nahver- sorgungs- und Zentrenrelevanz (sortimentsspezifische Verkaufsflächen von Alt- und Planstandort, Betriebstypen);

 Darstellung und Bewertung der relevanten sozioökonomischen Rahmenbedin- gungen und deren Entwicklungstendenzen am Makrostandort (Bevölkerungs- entwicklung, Kaufkraftniveau, Erreichbarkeitsbeziehungen);

 Herleitung des Einzugsgebiets des Vorhabens u.a. auf Basis der überörtlichen Wettbewerbsstrukturen des Lebensmitteleinzelhandels sowie kartographische Darstellung;

 Darstellung und Bewertung der nahversorgungsrelevanten Angebotssituation im Einzugsgebiet des Vorhabens; Darstellung der strukturprägenden Wettbe- werber im Einzugsgebiet; Würdigung von genehmigten resp. in Umsetzung befindlicher Planvorhaben des Lebensmitteleinzelhandels;

 Abschätzung der Umsätze und Flächenproduktivitäten im nahversorgungsre- levanten Einzelhandel;

 Versorgungsstrukturelle Analyse des Versorgungsniveaus im Einzugsgebiet (Verkaufsflächendichte, Zentralität);

 Städtebauliche Analyse der Ausgangslage in den betroffenen zentralen Ver- sorgungsbereichen zur Einschätzung ihrer Funktionsfähigkeit sowie Identifi- zierung ggf. vorhandener Vorschädigungen;

 Vorhabenprognose bezüglich des Einzugsgebiets, Nachfragepotenzials, Um- satzes und zu den Marktanteilen bzw. deren Veränderungen durch die Um- strukturierung und den daraus resultierenden Verkaufsflächen- und Umsatz- zuwachs;

 Wirkungsprognose bezüglich der zu erwartenden Umsatzumverteilungseffekte durch das Gesamtvorhaben zu Lasten des bestehenden Einzelhandels (ein- schl. in Umsetzung befindlicher Planvorhaben) im Einzugsgebiet nach Zonen und Standortlagen;

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 Intensive städtebauliche und raumordnerische Bewertung des Vorhabens gemäß den Anforderungen im Sinne von § 11 Abs. 3 BauNVO i.V.m. § 1 Abs. 6 Nr. 8a BauGB und § 1 Abs. 4 BauGB sowie vor dem Hintergrund der o.g. landes- und regionalplanerischen Bestimmungen unter besonderer Berück- sichtigung der zentralen Versorgungsbereiche und der verbrauchernahen Ver- sorgung;

 Prüfung der Kompatibilität mit dem Einzelhandels- und Zentrenkonzept der Stadt Schwalmstadt (i.F. EHK 2014);

 abschließende Gesamtbewertung des Vorhabens.

Um die Verträglichkeit beurteilen zu können, waren dabei eine Reihe von Primär- und Sekundärerhebungen durchzuführen:

 Sekundäranalysen der Daten des Statistischen Landesamts sowie einschlägi- ger Institute bezüglich der sozioökonomischen Rahmendaten;

 Sichtung der der überreichten Unterlagen (Einzelhandelskonzept, Verträg- lichkeitsanalyse aus 2014, Präsentationscharts zum Projekt);

 flächendeckende Vor-Ort-Erhebung der nahversorgungsrelevanten Angebots- situation im Einzugsgebiet des Vorhabens (= periodischer Bedarfsbereich, insb. Nahrungs- und Genussmittel, Getränke, Drogeriewaren3);

 Intensive Begehungen der Mikrostandorte (Altstandort und Planstandort) zur Beurteilung der Eignung für das geplante Vorhaben sowie der wesentlichen Wettbewerbsstandorte und der zentralen Versorgungsbereiche zur Beurteilung ihrer Leistungs- und Funktionsfähigkeit. Als Prognosehorizont wurde das Jahr 2020 als mögliches erstes Jahr der vollen Marktwirksamkeit der beiden Vorhaben angesetzt.

3 Aufgrund leicht unterschiedlicher Sortimentszuordnung sowie zugrunde liegender Daten zur vorhabenrelevanten Kaufkraft sind leichte Abweichungen zu Daten des Einzelhandelskonzeptes möglich.

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2 Analyse von Mikrostandort und Vorhaben

2.1 Mikrostandort Friedrich-Ebert-Straße

Der Vorhabenstandort für die Ansiedlung eines Lebensmittelmarkts bzw. -discounters befindet sich an der Friedrich-Ebert-Straße 90 im Schwalmstädter Stadtteil Treysa. Derzeit ist der Vorhabenstandort durch einen Tegut-Verbrauchermarkt geprägt, dessen Erscheinungsbild den aktuellen Anfor- derungen des Lebensmitteleinzelhandels nicht mehr entspricht. Der Standort bildet zudem mit dem benachbarten Hagebaumarkt einen für das Marktgebiet des Einzelhandels bedeutsamen Standortverbund.

Abbildung 1: Lage des Mikrostandorts des Lebensmittelmarkts in der Friedrich-Ebert-Straße

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Die verkehrliche Anbindung des Vorhabenstandorts erfolgt über die Friedrich- Ebert-Straße (B 454), welche die beiden einwohnerstärksten Schwalmstädter Stadtteile Treysa und Ziegenhain miteinander verbindet. Die Anbindung mit dem ÖPNV erfolgt in unmittelbarer Nähe über die Bushalte- stelle „Industriestraße“, wo die Linien 470 und 396 stündlich in beide Richtun- gen verkehren. Auch die fußläufige Erreichbarkeit des Standorts aus den nördlich sowie westlich gelegenen Wohnbereichen ist über die Industriestraße bzw. die Friedrich-Ebert-Straße gewährleistet. Der Vorhabenstandort ist damit mit dem ÖPNV und MIV sowie aus den angrenzenden Wohngebieten zu Fuß und mit dem Rad gut erreichbar. Das Vorhabenareal ist derzeit bebaut und wird durch einen Tegut- Verbrauchermarkt (inkl. Bäckerei sowie Lager- und Stellplatzflächen) genutzt. Die Erschließung des Vorhabenstandorts ist bereits heute durch die Zu- und Ab- fahrt von der Friedrich-Ebert-Straße als auch über die Straße Am Staudamm gesi- chert. Darüber hinaus sind Stellplätze in ausreichender Stückzahl vorhanden.

Das Standortumfeld setzt sich aus weiteren Einzelhandels- und Gewerbebetrieben sowie Wohnnutzungen zusammen:

 Westlich des Vorhabenstandorts befinden sich neben einem angrenzenden Autohaus weitere Einfamilienhäuser entlang der Friedrich-Ebert-Straße. Dar- über hinaus ist westlich der Bahntrasse (Unterquerung durch Tunnel) eine weitere Wohngebietslage im Stadtteil Treysa vorzufinden.

 Mit dem Hagebaumarkt südlich des Vorhabenstandorts ist ein weiterer groß- flächiger Einzelhandelsbetrieb im direkten Umfeld ansässig, welcher den Standort mit prägt.

 Richtung Osten entlang der Friedrich-Ebert-Straße bestehen Gewerbebetriebe (u.a. Autohaus) und Einfamilienhäuser im Wechsel.

 Das nördliche Umfeld wird ebenfalls durch Gewerbebetriebe und Wohneinhei- ten geprägt. Darüber hinaus befinden sich entlang der Industriestraße auf dem Gelände der ehemaligen Harthbergkaserne mehrere Wohneinheiten in einer mehrgeschossigen Kasernenbauweise.

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Nach dem kommunalen Einzelhandelskonzept4 ist der Vorhabenstandort Teil des abgegrenzten Sonderstandorts Friedrich-Ebert-Straße, welcher Versorgungsfunk- tionen für Schwalmstadt und die angrenzenden Orte übernimmt. Die beiden aus- gewiesenen zentralen Versorgungsbereiche der Stadt Schwalmstadt befinden sich in rd. 2,9 km westlicher (ZVB Hauptzentrum Treysa) bzw. rd. 3,2 km östlicher (ZVB Nebenzentrum Ziegenhain) Entfernung vom Vorhabenstandort. Aufgrund der räumlichen Entfernung zu den nächstgelegenen (privilegierten) Einkaufsalternativen kann dem Vorhabenstandort heute wie auch prospektiv eine ergänzende Funktion für die wohngebietsbezogene Versorgung zugestanden wer- den. Es ist damit zu rechnen, dass durch die Vorhabenrealisierung auch zukünf- tig die Einwohner auf diesen Lebensmittelmarkt mit verändertem Betreiberkon- zept orientiert sein werden. U.E. ist der Markt v.a. für die Ortsteile Allendorf, Schlierbach und Michelsberg (nah)versorgungsrelevant. Zugleich spielt er auch zur Versorgung der in den Gewerbegebieten tätigen Personen eine Rolle.

Abbildung 2: Vorhabenstandort an der Friedrich-Ebert-Straße (Altstandort Tegut)

4 Vgl. Einzelhandelskonzept für die Stadt Schwalmstadt (Stadt+Handel 2014).

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Abbildung 3: Benachbarter Hagebaumarkt am Vorhabenstandort in der Friedrich-Ebert-Straße

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2.2 Mikrostandort Schmelzaue

Der Vorhabenstandort für die Verlagerung des Tegut-Verbrauchermarkts5 an den Standort Schmelzaue befindet sich ebenfalls im Stadtteil Treysa, in rd. 1,7 km Entfernung zum derzeitigen Standort. Gemäß Endbericht zum Einzelhandelskon- zept aus Oktober 2014 ist der Vorhabenstandort als an das Hauptzentrum Treysa angrenzende Entwicklungsfläche dargestellt.

Abbildung 4: Lage des Mikrostandorts des Tegut-Verbrauchermarkts am Standort Schmelzaue (Planvorhaben)

5 Nach neustem Planungsstand soll statt der in 2014 geprüften Fachmärkte eine Verlagerung eines Bürofachmarkts (Joneleit) erfolgen. Dieser war nicht Bestandteil der vorliegenden Unter- suchung. Aufgrund der Verlagerung in unmittelbarer räumlicher Nähe zum angrenzenden Hauptzentrum kann jedoch allgemein von einer Verträglichkeit ausgegangen werden.

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Die verkehrliche Anbindung des Vorhabenstandorts für den motorisierten Indivi- dualverkehr erfolgt über den Walkmühlenweg (B 454), welcher den Stadtteil Treysa u.a. mit den Stadtteilen Ziegenhain und Wiera sowie mit dem Umland von Schwalmstadt verbindet.

Die Anbindung mit dem ÖPNV erfolgt in unmittelbarer Nähe über die Bushalte- stelle „Walkmühlenweg“, wo die Linien 470, 463 und 396 mehrmals in der Stun- de in beide Richtungen verkehren. Auch die fußläufige Erreichbarkeit des Stand- orts aus den umliegenden Wohnbereichen des Stadtteils Treysa ist aktuell ge- währleistet und soll prospektiv gen Walkmühlencenter weiter optimiert werden. Für die östlich des Flusses Wiera angrenzenden Bewohner der Altstadt von Treysa erfolgt eine fußläufige Anbindung über zwei Fußgängerüberwege (u.a. Fortset- zung des Keilstegs) sowie über den Walkmühlenweg. Der Vorhabenstandort ist damit mit dem ÖPNV und MIV sowie aus den angrenzenden Wohngebieten zu Fuß und mit dem Rad gut erreichbar. Die Bewohner nördlich des Vorhabenstandorts sind über eine Fußgängerbrücke (Fortsetzung des Westweges) sowie auch über den Walkmühlenweg angebunden. Das Vorhabenareal ist derzeit bebaut und wird durch eine innenstadtnahe Ge- werbebrache (Leerstand eines ehemaligen Autohauses sowie eines 400 qm gro- ßen ehemaligen Getränkemarktes) geprägt. Der rückwärtige Bereich wird derzeit als Lager- und Werkstattfläche genutzt. Die Erschließung des Vorhabenstandorts wird zukünftig durch die Zu- und Abfahrt vom Walkmühlenweg erfolgen. Im Zuge der Vorhabenrealisierung ist eine Ertüchtigung des Verkehrsflusses6 geplant (z.B. Einrichtung Linksabbiegerspur). Darüber hinaus wird das Stellplatzangebot mit ca. 145 Stück geplant. Hinzu kommen die Stellplätze des bereits am Standort (südlich) ansässigen Kik-Textilfachmarkts. Das Standortumfeld setzt sich aus weiteren Einzelhandels- und Gewerbebetrie- ben, Wohneinheiten sowie Freiflächen zusammen:

 Das östliche und südliche Umfeld des Vorhabenstandorts auf der gegenüber- liegenden Straßenseite der B 454 wird durch Fachmärkte des Walkmühlen- centers geprägt (u.a. Rewe-Getränkemarkt, dm-Drogeriemarkt, Deichmann und Takko), welche ebenfalls dem Hauptzentrum Treysa angehören. Weiter Richtung Südosten befindet sich mit der Bahnhofsstraße die Haupteinkaufs- straße von Treysa.

6 Hinweis: Diesbezüglich fanden bereits Gespräche mit dem Vorhabenträger und Hessen Mobil statt. Eine generelle Genehmigungsfähigkeit wurde durch Hessen Mobil bereits in Aussicht ge- stellt.

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 Richtung Norden erstreckt sich eine Freifläche zwischen dem Fluss Schwalm sowie der B 454. Weiter Richtung Norden befindet sich ein weiterer Wohnbe- reich des Stadtteils Treysa.

 Westlich des Vorhabenstandorts befinden sich entlang des Frankenhainer Wegs weitere Einfamilienhäuser in aufgelockerter Bauweise, welche an den Vorhabenstandort ebenfalls über eine Fußgängerbrücke (über den Hochflut- graben) sowie über die B 454 angebunden sind. Nach dem kommunalen Einzelhandelskonzept7 ist der Vorhabenstandort unmit- telbar außerhalb des zentralen Versorgungsbereichs Treysa verortet, welchem die Versorgungsfunktion des Hauptzentrums zukommt. Das Vorhabenareal ist als Entwicklungsfläche des Hauptzentrums ausgewiesen. Das Einzelhandelskonzept führt dabei aus, dass "aus fachgutachterlicher Sicht (...) somit die Integration des in Rede stehenden Standortes in den ZVB Hauptzentrum Treysa empfohlen werden [kann], um somit auch langfristig die Versorgungsfunktion des Haupt- zentrum Treysa zu sichern und gleichzeitig die zentren- und nahversorgungsrele- vante Verkaufsfläche in städtebaulich nicht integrierter Lage nennenswert zu reduzieren." (vgl. EHK, S. 67).

Abbildung 5: Vorhabenstandort im Bereich Schmelzaue

7 Vgl. Einzelhandelskonzept für die Stadt Schwalmstadt (Stadt+Handel 2014).

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Abbildung 6: Benachbarter Kik-Textilfachmarkt am Vorhabenstandort Schmelzaue

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2.3 Vorhabenkonzeption

Gegenstand der vorliegenden Untersuchung ist die Ansiedlung eines Lebensmit- teldiscounters (i.F. wird die baurechtlich relevante Bezeichnung Lebensmittel- markts synonym verwendet) mit rd. 1.200 qm Verkaufsfläche zuzüglich einer Bäckerei mit rd. 40 qm Verkaufsfläche am Standort Friedrich-Ebert-Straße 90 im Schwalmstädter Stadtteil Treysa. Derzeit wird die Immobilie durch einen Tegut- Verbrauchermarkt (inkl. Bäckerei und Getränkemarkt) genutzt, welcher jedoch eine Verlagerung an den Standort Schmelzaue direkt anschmiegend an das Hauptzentrum von Schwalmstadt anstrebt. Im Zuge der Verlagerung ist für den Tegut-Markt (inkl. Bäckerei) eine Reduzierung der Verkaufsfläche von derzeit rd. 2.240 qm auf 1.860 qm vorgesehen.

Flächenstruktur des Gesamtvorhabens in Schwalmstadt

VKF in qm nach Branchenmix Realisierung

Standort Friedrich-Ebert-Straße Lebensmittelmarkt 1.200 Bäckerei (im Lebensmittelmarkt) 40 Standort Schmelzaue tegut-Verbrauchermarkt (inkl. Getränkemarkt) 1.800 Bäckerei (im tegut) 60 Gesamt 3.100 Quelle: Dr. Lademann & Partner nach Angaben des Auftraggebers. Tabelle 1: Verkaufsflächenstruktur nach Realisierung des Gesamtvorhabens

Insgesamt beträgt somit die zusätzliche Verkaufsfläche des Gesamtvorhabens durch die Vorhabenrealisierung rd. 860 qm. Dabei wird sich die Verkaufsfläche am Standort Friedrich-Ebert-Straße deutlich reduzieren (-45 %), während dem- gegenüber das Angebot am Standort Schmelzaue durch den Neubau ausgebaut werden soll. Der Sortimentsschwerpunkt der beiden Vorhabenkomponenten liegt jeweils in den Bereichen Nahrungs- und Genussmittel sowie Drogeriewaren/Wasch-/Putz-/ Reinigungsmittel. Damit stellt das jeweilige Vorhaben einen typischen Nahver- sorgungsanbieter dar. Der Verkaufsflächenanteil aperiodischer Randsortimente8 wird sowohl für den Lebensmittelmarkt als auch für den Tegut-Verbrauchermarkt erfahrungsgemäß bei ca. 10 % (120 qm bzw. 180 qm) liegen.

8 Sog. Non-Food-Sortimente ohne Drogeriewaren/Wasch-/Putz-/Reinigungsmittel.

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Veränderung der Verkaufsflächenstruktur durch das Vorhaben VKF in qm VKF in qm VKF in qm nach Branchenmix Status quo Zuwachs Vorhabenrealisierung periodischer Bedarf 2.055 745 2.800 davon Lebensmittelmarkt 0 1.080 1.080 davon Bäckerei (im Lebensmittelmarkt) 0 40 40 davon tegut-Verbrauchermarkt 2.015 -395 1.620 davon Bäckerei (im tegut) 40 20 60 aperiodischer Bedarf 185 115 300 davon Lidl-Lebensmitteldiscounter 0 120 120 davon tegut-Verbrauchermarkt 185 -5 180 Gesamt 2.240 860 3.100 Quelle: Dr. Lademann & Partner nach Angaben des Auftraggebers. Nur aktiv genutzte Flächen; Nur Betriebe mit nahversorgungsrelevantem Hauptsortiment. Tabelle 2: Veränderung der Verkaufsflächenstruktur des Gesamtvorhabens

Das Vorhaben am Standort Friedrich-Ebert-Straße soll über den bestehenden Be- bauungsplan realisiert werden. Da dieser jedoch nicht eindeutig und nicht rechtssicher formuliert ist, besteht im Kontext der Vorhabenrealisierung die Chance zur Erstellung eines rechtssicheren Bebauungsplans mit konkretisierten Festsetzungen. Für das Vorhaben am Standort Schmelzaue soll ein Bebauungs- plan mit Ausweisung eines Sondergebiets für den großflächigen Einzelhandel aufgestellt werden. Damit sind beide Vorhaben nach § 11 Abs. 3 BauNVO i.V.m. § 1 Abs. 6 Nr. 8a BauGB und § 1 Abs. 4 BauGB zu beurteilen.

Auch wenn bei einem Umstrukturierungs-, Erweiterungs- bzw. Ansiedlungsvorha- ben grundsätzlich das gesamte neue Vorhaben baurechtlich zu prüfen ist, muss berücksichtigt werden, dass der in Treysa bestehende Tegut-Verbrauchermarkt seine Wirkung bereits in der Vergangenheit induziert hat und diese auch nach Umsetzung der zwei in Rede stehenden Planvorhaben entfaltet. Daher ist nur der mit den beiden Vorhaben verbundene summarische Zusatzumsatz für die Bewer- tung des Gesamtvorhabens prüfungsrelevant, der sich aus der Verkaufsflächener- weiterung des Gesamtvorhabens und der allgemein zu erwartenden Attraktivi- tätssteigerung beider Standorte im Zuge der Umsiedlung inkl. Verkaufsflächenre- duzierung des Tegut-Verbrauchermarkts (inkl. Bäckerei) sowie der Nachnutzung des Altstandorts durch einen Lebensmitteldiscounter/-markt (inkl. Bäckerei) ergibt.9 Demnach wurde im Folgenden eine summarische Betrachtung mittels Delta-Betrachtung durchgeführt – zumal eine räumliche und zeitliche Entflech- tung der beiden Vorhaben nicht möglich wäre.

9 Vgl. u.a. Urteile des OVG Münster (AZ 10A 1417/07 und 10A 2601/07).

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Am Standort Friedrich-Ebert-Straße ist die Nachbelegung des prospektiv leerfal- lenden Tegut-Verbrauchermarkts (zzt. aktiv betrieben auf 2.240 qm VKF) geplant. Die Folgenutzung eines Lebensmitteldiscounters/-markts (inkl. Bäckerei) wird mit rd. 1.240 qm Verkaufsfläche deutlich geringer sein – sowohl was die bisheri- ge Nutzung als auch das bestehende Baurecht am Standort betrifft. Summarisch ist im Folgenden das Vorhaben mit der geplanten Verlagerung und Neuaufstel- lung des Tegut-Verbrauchermarkts (inkl. Bäckerei) zu betrachten. Am Standort Schmelzaue geht in Bezug auf den Altstandort eine Verkaufsflächenreduzierung von derzeit rd. 2.240 qm auf 1.860 qm einher. Der durch das Gesamtvorhaben induzierte Verkaufsflächenzuwachs (Delta-Betrachtung) beträgt rd. 860 qm.10

Beide Vorhaben sollen über einen Bebauungsplan realisiert werden und sind da- mit nach § 11 Abs. 3 BauNVO i.V.m. § 1 Abs. 6 Nr. 8a BauGB und § 1 Abs. 4 BauGB zu beurteilen.

10 Hinweis: Die inaktive Verkaufsfläche des Getränkemarkts am Vorhabenstandort wurde dabei noch nicht berücksichtigt, da diese Fläche aktuell keine Umsätze mehr bindet, sondern von den angrenzenden Wettbewerbsbetrieben absorbiert wurde.

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3 Rahmendaten des Makrostandorts

3.1 Lage im Raum

Die Stadt Schwalmstadt befindet sich im nördlichen Hessen (Landkreis Schwalm- Eder-Kreis) im Schwalmbecken am Westrand des Knüllgebirges. Im Zuge der Ge- bietsreform in Hessen von 1970 wurden die beiden Städte Treysa und Ziegenhain mit den umliegenden Dörfern zur Stadt Schwalmstadt zusammengefasst. Neben den beiden Stadtkernen Treysa und Ziegenhain besteht Schwalmstadt aus den weiteren elf Stadtteilen Allendorf an der Landsburg, Ascherode, Dittershausen, Florshain, Frankenhain, Michelsberg, Niedergrenzebach, Rommershausen, Rörshain, Trutzhain und Wiera.

Abbildung 7: Lage im Raum

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Die verkehrliche Anbindung der Stadt Schwalmstadt erfolgt über die Bundesstra- ßen 254 (von Fulda über Schwalmstadt nach ) und 454 (von Bad Hersfeld über Schwalmstadt nach ). In der Nachbargemeinde endet die Bundesautobahn 49, deren Weiterbau bis Schwalmstadt im Jahre 2020 fertigge- stellt sein soll. An den Schienenverkehr ist die Stadt Schwalmstadt über den Bahnhof Treysa sowie den Haltepunkt Schwalmstadt-Wiera angebunden, welche von der Main- Weser-Bahn (Strecke -Kassel) stündlich in beide Richtungen durch Re- gio-Tram-Züge angefahren wird. Zusätzlich halten jeweils im Zweistundentakt ein Intercity und ein Regional-Express der Linie Kassel–Frankfurt in Treysa. Das Bus- netz innerhalb der Stadt Schwalmstadt wird durch den Nordhessischen Verkehrs- verbund bereitgestellt und bindet die einzelnen Stadtteile an.

3.2 Sozioökonomische Rahmendaten

Die Bevölkerungsentwicklung in Schwalmstadt verlief seit 2012 mit einem jährli- chen Bevölkerungsrückgang von -0,2 % p.a. leicht negativ. Damit hat sich die Stadt Schwalmstadt im Vergleich mit dem Bundesland Hessen und dem Landkreis Schwalm-Eder-Kreis negativer entwickelt (+0,7 % bzw. 0,0 % p.a.). Die umlie- genden Kommunen verzeichneten dabei eine heterogene Bevölkerungsentwick- lung.

Insgesamt lebten in der Stadt Schwalmstadt zum 01.01.2017 nach Angaben des Statistischen Landesamts rd. 18.100 Einwohner.

Einwohnerentwicklung in Schwalmstadt im Vergleich

Gemeinde, Landkreis, +/- 12/17 Veränderung 2012 2017 Land abs. in % p.a. in % Schwalmstadt 18.286 18.087 -199 -1,1 -0,2 Willingshausen 5.033 4.824 -209 -4,2 -0,8 Neustadt (Hessen) 8.546 9.427 881 10,3 2,0 20.749 21.388 639 3,1 0,6 Alsfeld 16.299 15.982 -317 -1,9 -0,4 Borken (Hessen) 12.784 12.741 -43 -0,3 -0,1 Schwalm-Eder-Kreis 181.327 181.105 -222 -0,1 0,0 Hessen 5.993.771 6.213.088 219.317 3,7 0,7 Quelle: Hessisches Statistisches Landesamt (Stand jew eils 01.01.) Tabelle 3: Bevölkerungsentwicklung im Vergleich

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Für die Prognose der Bevölkerungsentwicklung in Schwalmstadt kann in Anleh- nung an die Prognose von MB-Research11 unter Berücksichtigung der tatsächli- chen Entwicklung in den letzten Jahren davon ausgegangen werden, dass sich die Einwohnerzahlen auch in den nächsten Jahren leicht negativ entwickeln werden. Im Jahr 2020 (dem möglichen Zeitpunkt der vollen Marktwirksamkeit des Vorha- bens) ist in Schwalmstadt daher mit einer Bevölkerungszahl zu rechnen von etwa 17.800 Einwohnern.

Die Stadt Schwalmstadt verfügt über eine einzelhandelsrelevante Kaufkraftkenn- ziffer12 von 91,3. Die Kaufkraftkennziffer fällt damit im Vergleich zum Schnitt des Landkreises Schwalm-Eder-Kreis (95,7) sowie zum Landesdurchschnitt (103,6) deutlich unterdurchschnittlich aus.

3.3 Zentrensystem und Verflechtungsbereich

Von Seiten der Landesplanung ist die Stadt Schwalmstadt als Mittelzentrum ein- gestuft. Demnach haben Mittelzentren mittelstädtischen Charakter und weisen möglichst 7.000 Einwohner im zentralen Ortsteil auf. Sie sind Standorte für ge- hobene Einrichtungen im wirtschaftlichen, kulturellen, sozialen und politischen Bereich, sowie für weitere private Dienstleistungen. Sie sind Verknüpfungspunk- te der öffentlichen Nahverkehrsbedienung. Zudem soll der Mittelbereich als Ver- flechtungsbereich eines Mittelzentrums mindestens 40.000 Einwohner umfassen und im ländlichen Raum die Zahl von 20.000 Einwohnern nicht unterschreiten (LEP Hessen 2000). Dem im Regionalplan Nordhessen ausgeschriebenen Mittelbereich für die Stadt Schwalmstadt gehören die Gemeinden , Gilserberg, Neukirchen, , Ottrau, Schrecksbach, Schwarzenborn und Willingshausen an. Der grundzentrale Verflechtungsbereich entspricht dabei dem Stadtgebiet von Schwalmstadt (Regionalplan Nordhessen 2009).

11 Vgl. Kleinräumige Bevölkerungsprognose von MB-Research 2017. Die Modellrechnung berück- sichtigt insbesondere die Angaben des Statistischen Bundesamts. 12 Vgl. MB-Research GmbH, Nürnberg: Einzelhandelsrelevante Kaufkraftkennziffern 2017. Durch- schnitt Deutschland=100.

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Die Stadt Schwalmstadt ist von den angrenzenden Grundzentren Gilserberg, Jes- berg, Neuental, Frielendorf, Willingshausen und Neustadt (Hessen) umgeben. Im sog. Zweckverband Schwalm sind dabei als Mitglieder die Gemeinden Frielendorf, Gilserberg, Schrecksbach, Willingshausen, die Stadt Schwalmstadt, der Schwalm- Eder-Kreis und der Verein für Regionalentwicklung in der Schwalm zusammenge- schlossen. Aufgrund der geringen Einwohnerzahl in den Grundzentren (zw. 3.200 bis 7.500) kann Schwalmstadt faktisch in weiten Teilen eine nennenswerte Mit- versorgungsfunktion für diesen Bereich der o.g. Grundzentren beanspruchen.

Die nächstgelegenen Mittelzentren sind (rd. 18 km nördlicher Entfer- nung), Borken (rd. 20 km nordöstlicher Entfernung), Stadtallendorf (rd. 24 km südwestlicher Entfernung) und Alsfeld (rd. 22 km südlicher Entfernung). Das nächstgelegene Oberzentrum ist Marburg in rd. 44 km südwestlicher Entfernung.

Die sozioökonomischen Rahmenbedingungen im Untersuchungsraum induzieren aufgrund der rückläufigen Einwohnerentwicklung i.V.m. dem unterdurchschnittli- chen Kaufkraftniveau keine zusätzlichen Impulse für die künftige Einzelhandels- entwicklung in der Stadt Schwalmstadt. Dies wurde bei der nachfolgenden Wir- kungsprognose des Vorhabens berücksichtigt.

Die Stadt Schwalmstadt ist raumordnerisch als Mittelzentrum eingestuft und übernimmt in Bezug auf die nahversorgungsrelevanten Sortimente insbesondere Versorgungsfunktionen für das eigene Stadtgebiet und im gewissen Maße auch für das Umland (v.a. für das Gebiet des Zweckverbands Schwalm resp. des Mittel- bereichs).

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4 Einzugsgebiet und Nachfragepotenzial

4.1 Methodische Vorbemerkungen

Zur Ermittlung des vorhabenspezifischen Einzugsgebiets wurden die Einzugsbe- reiche vergleichbarer Bestandsobjekte ausgewertet und im Analogieschlussver- fahren auf die beiden Einzelhandelsvorhaben in Schwalmstadt-Treysa übertragen.

Dabei ist neben der Erreichbarkeit des Standorts und des Agglomerationsumfelds vor allem die Wettbewerbssituation im Raum für die konkrete Ausdehnung des Einzugsgebiets ausschlaggebend. Die Wettbewerbsstruktur im Raum kann sowohl limitierend als auch begünstigend auf die Ausdehnung des Einzugsgebiets wir- ken. Im Wettbewerb steht das Vorhaben vor allem mit den typgleichen und typ- ähnlichen Lebensmittelangeboten. Darüber hinaus sind räumlich-funktionale Barrieren, wie Flussläufe oder markante Siedlungsbrüche, zu beachten.

4.2 Wettbewerb im Raum

In der nachfolgenden Karte sind die regionalen Wettbewerbsstrukturen im Le- bensmitteleinzelhandel (> 400 qm VKF) dargestellt, welche die räumliche Aus- prägung des Einzugsgebiets beeinflussen. Wie dieser zu entnehmen ist, befinden sich in der Stadt Schwalmstadt sowohl im Stadtteil Treysa als auch im Stadtteil Ziegenhain aktuell jeweils vier strukturprägende Lebensmittelbetriebe. Betrachtet man zunächst den Stadtteil Treysa, so befinden sich mit Aldi- Lebensmitteldiscounter und dem Rewe-Verbrauchermarkt zwei Betriebe im Hauptzentrum der Stadt Schwalmstadt. Zukünftig soll zudem der Tegut- Verbrauchermarkt von der Friedrich-Ebert-Straße ebenfalls an den zentralen Ver- sorgungsbereich zum Standort Schmelzaue verlagert werden. Darüber hinaus be- steht mit Kaufland ein weiterer Verbrauchermarkt im Stadtteil Treysa.

Im Nebenzentrum des Stadtteils Ziegenhain sind zwei Lebensmitteldiscounter (Aldi und Lidl) sowie ein Tegut-Verbrauchermarkt ansässig. Des Weiteren besteht ein -Lebensmitteldiscounter in Streulage des Stadtteils. Derzeit ist in Streulage ein -Discounter in Umsetzung (Markteintritt Ende 2018).

Außerhalb der Stadtgrenzen von Schwalmstadt befinden sich die nächstgelege- nen strukturprägenden Lebensmittelbetriebe Richtung Norden in den angrenzen- den Gemeinden Frielendorf (Penny und Rewe) und Jesberg (E-Neukauf). Weiter- hin sind in der südwestlichen gelegenen Stadt Neustadt (u.a. Aldi, Lidl, E-

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Neukauf) sowie in der südöstlichen Gemeinde Schrecksbach ( und Tegut) mehrere strukturprägende Nahversorgungsbetriebe ansässig. In der östlich gele- genen Stadt Neunkirchen sind ein Aldi-Lebensmitteldiscounter und ein Rewe- Verbrauchermarkt vorhanden. Die an Schwalmstadt angrenzenden Gemeinden Willingshausen und Gilserberg weisen keine strukturprägenden Nahversorgungs- betriebe (> 400 qm Verkaufsfläche) auf.

Abbildung 8: Vorhabenrelevante Wettbewerbsstruktur im Raum (2017)

Insgesamt ist somit von einer intensiven vorhabenrelevanten Wettbewerbssitua- tion im Raum auszugehen, die sich limitierend auf die Ausdehnung des Einzugs- gebiets auswirkt. Das Vorhaben wird somit vorwiegend die Bewohner der Stadt Schwalmstadt ansprechen, und hierbei wiederrum die höchste Marktbedeutung innerhalb des Stadtteils Treysa selbst erreichen.

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Hinzu kommen erhöhte Streuumsätze aufgrund der Funktion von Schwalmstadt als Mittelzentrum (z.B. Besuchsanlass von Treysa aufgrund von aperiodischen Angeboten, Verwaltung sowie Pendler o.ä.). Jedoch ist auf die Distanzsensibili- tät des periodischen Sortimentes und auf die steigende Nähe zu Einkaufsalterna- tiven im Umland zu verweisen.

4.3 Herleitung des Einzugsgebiets

Aufgrund der Distanzempfindlichkeit der Verbrauchernachfrage resp. der stei- genden Nähe zu Einkaufsalternativen sinkt der Marktanteil mit zunehmender Entfernung zwischen Wohn- und Vorhabenstandort, weshalb das gemeinsame Einzugsgebiet der beiden Vorhaben für die weiteren Betrachtungen in unter- schiedliche Zonen untergliedert wurde.

Abbildung 9: Einzugsgebiet des Vorhabens

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Das Einzugsgebiet für die beiden in Treysa verorteten Einzelhandelsprojekte er- streckt sich über das vollständige Stadtgebiet von Schwalmstadt sowie über den Willingshausener Ortsteil Wasenberg. Die Einzugsgebietszone 1 als Nahbereich umfasst dabei neben dem Stadtteil Treysa noch die Schwalmstädter Stadtteile Florshain, Frankenhain, Rommershausen und Dittershausen. In dem prospektiven Einzugsgebiet des Vorhabens leben derzeit knapp 19.400 Personen. Aufgrund der prognostizierten Bevölkerungsveränderungen kann von einem rück- läufigen Einwohnerpotenzial im Einzugsgebiet ausgegangen werden. Insgesamt umfasst das Kundenpotenzial der beiden Vorhaben in 2020 somit rd. 19.100 Personen.

Einzugsgebiet der Planvorhaben in in Schwalmstadt Bereich 2017 2020 Zone 1 9.700 9.550 Zone 2 9.665 9.540 Einzugsgebiet 19.365 19.090 Quelle: Eigene Berechnungen der Dr. Lademann & Partner GmbH. Tabelle 4: Kundenpotenzial der Vorhaben in Treysa

Zusätzlich muss noch berücksichtigt werden, dass beide Vorhaben aufgrund der jeweiligen Standortlage auch über solche Personen ansprechen können, die nur sporadisch am Vorhabenstandort einkaufen werden (z.B. Pendler, Durchreisende, Zufallskunden sowie Verbraucher aus den überörtlichen Bereichen, insbesondere des Zweckverbandes Schwalm). Gelegentliche interkommunale Einkaufsverflech- tungen durch sogenannte Streuumsätze sind gerade aufgrund der Angebotsviel- falt in den Mittel- und Oberzentren aus den angrenzenden Gemeinden demnach nicht zu vermeiden.

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4.4 Vorhabenrelevantes Nachfragepotenzial

Auf der Grundlage der Einwohnerzahlen und der Kaufkraft13 im Einzugsgebiet sowie des zu Grunde gelegten Pro-Kopf-Ausgabesatzes beträgt das Nachfragepo- tenzial für die vorhabenrelevanten Sortimente aktuell rd. 100 Mio. €. Bis zur prospektiven vollen Marktwirksamkeit des Vorhabens im Jahr 2020 ist angesichts der prognostizierten Bevölkerungsrückgänge von einem Rückgang des Nachfragepotenzials auszugehen auf rd. 99 Mio. € (-1,4 Mio. €). Davon entfallen knapp 51 Mio. € auf den periodischen Bedarf.

Nachfragepotenzial des Vorhabens 2020 in Mio. €

Daten Zone 1 Zone 2 Gesamt

Periodischer Bedarf 25,3 25,4 50,7 Aperiodischer Bedarf* 24,1 24,2 48,3 Gesamt 49,4 49,6 99,0 Quelle: Eigene Berechnungen. *ohne Möbel. Tabelle 5: Nachfragepotenzial zum Zeitpunkt der Marktwirksamkeit

Für das Vorhaben ist von einer hohen Wettbewerbsintensität im Raum auszuge- hen, was sich limitierend auf die Ausdehnung des Einzugsgebiets auswirkt. Ins- gesamt beträgt das Kundenpotenzial des Vorhabens im Einzugsgebiet etwa 19.100 Personen (exkl. Streukunden). Das vorhabenrelevante Nachfragepotenzial im Einzugsgebiet wird bis zur Marktwirksamkeit auf etwa 99 Mio. € sinken. Auf den periodischen Bedarfsbereich entfallen dabei rd. 51 Mio. €.

13 Vgl. Einzelhandelsrelevante Kaufkraftkennziffern MB-Research

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5 Analyse der Angebotsstrukturen im Einzugsge- biet (2018)

Im nachfolgenden Kapitel werden die Angebotsstrukturen sowie die städtebauli- che und versorgungsstrukturelle Ausgangslage in den betroffenen zentralen Ver- sorgungsbereichen innerhalb des prospektiven Einzugsgebiets analysiert.

5.1 Nahversorgungsrelevante Verkaufsflächenstruktur im Einzugs- gebiet

Zur Bestimmung der vorhabenrelevanten Wettbewerbs- und Angebotssituation wurde im April 2018 durch Dr. Lademann & Partner eine vollständige Erhebung des nahversorgungsrelevanten Einzelhandelsbestands (= periodischer Bedarfsbe- reich, insb. Nahrungs- und Genussmittel, Getränke, Drogeriewaren) im prospekti- ven Einzugsgebiet14 des Vorhabens durchgeführt. Den Ergebnissen dieser Erhebung zufolge wird im prospektiven Einzugsgebiet des Vorhabens eine nahversorgungsrelevante Verkaufsfläche von rd. 16.900 qm vorgehalten (ohne aperiodische Randsortimente). Insgesamt weist die Einzugsgebietszone 1 mit rd. 11.200 qm Verkaufsfläche den größten Anteil der nahversorgungsrelevanten Verkaufsfläche auf. Aktuell verteilt sich dort das Angebot annähernd ausgewogen sowohl auf den zentralen Versor- gungsbereich Treysa, welchem die Funktion des Hauptzentrums von Schwalmstadt zukommt, als auch auf sonstige Standortlagen. Die Einzugsgebietszone 2 wird insbesondere durch das Angebot im zentralen Versorgungsbereich Ziegenhain im gleichnamigen Stadtteil geprägt. Mit der Funktion eines Nebenzentrums weist es aktuell beachtliche rd. 4.400 qm Ver- kaufsfläche auf.

Nach den einzelnen Standortlagen betrachtet, zeigt die Verkaufsflächenerhebung der untersuchungsrelevanten Sortimente folgendes Bild:

14 Die Abgrenzung (Kartierung) des Einzugsgebiets wurde dabei wie in Kapitel 4 erläutert vorge- nommen und umfasst neben der Stadt Schwalmstadt noch den Willingshausener Ortsteil Wasen- berg.

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Verkaufsflächenstruktur des nahversorgungsrelevanten Einzelhandels im Einzugsgebiet

Anzahl der Verkaufsfläche Periodischer Bedarf Betriebe in qm

ZVB Treysa 17 5.900 Streulage 12 5.255 Zone 1 29 11.155 ZVB Ziegenhain 14 4.405 Streulage 13 1.380 Zone 2 27 5.785

Einzugsgebiet gesamt 56 16.940 Quelle: Dr. Lademann & Partner. Werte gerundet. Stand April 2018 (ohne Netto-Vorhaben) Tabelle 6: Nahversorgungsrelevante Verkaufsflächenstruktur innerhalb des prospektiven Einzugsgebiets

Die Verkaufsflächendichte im Einzugsgebiet beträgt rd. 875 qm je 1.000 Einwoh- ner und liegt damit deutlich über dem bundesdeutschen Durchschnitt (rd. 530 qm je 1.000 Einwohner). Dies deutet auf einen Überbesatz an Verkaufsfläche und eine angespannte Wettbewerbssituation hin. Allgemein kann jedoch unter Ver- weis auf die ländlich strukturierte Region festgehalten werden, dass in Nordhes- sen die meisten Mittel- und Oberzentren eine überdurchschnittliche Angebots- ausstattung verfügen. Insofern muss die hohe Ausstattung vor dem Hintergrund der faktisch bestehenden überörtlichen Versorgungsfunktion ein Stück weit rela- tiviert werden. Die flächengrößten nahversorgungsrelevanten Anbieter (nur Lebensmittelmärkte > 400 qm Verkaufsfläche) im Einzugsgebiet waren zum Zeitpunkt der Erhebung:

Zone 1:

 Aldi Nord-Lebensmitteldiscounter, Wierastraße 3, ZVB Treysa;

 Rewe-Verbrauchermarkt, An der Vogelsangmühle 2, ZVB Treysa;

 Kaufland-Verbrauchermarkt, Osttangente 6, Streulage;

 Tegut-Verbrauchermarkt, Friedrich-Ebert-Straße 90, FMA Friedrich-Ebert- Straße.15

15 Prüfobjekt: Verlagerung in Nachbarschaft zum ZVB Treysa beabsichtigt. Typähnliche Nachnut- zung des Altstandorts geplant.

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Zone 2:

 Aldi Nord-Lebensmitteldiscounter, Ernst-Ihle-Straße 10, ZVB Ziegenhain;

 Lidl-Lebensmitteldiscounter, Wiederholdstraße 42, ZVB Ziegenhain;

 Penny-Lebensmitteldiscounter, Hessenallee 42, Streulage;

 Tegut-Verbrauchermarkt, Ernst-Ihle-Straße 8, ZVB Ziegenhain. Folgende Darstellung gibt einen Überblick über die räumliche Lage der struktur- prägenden Nahversorgungsbetriebe ab rd. 400 qm Verkaufsfläche (ohne Geträn- kemärkte und Drogeriefachmärkte) innerhalb des Einzugsgebiets des Vorhabens.

Abbildung 10: Vorhabenrelevante Wettbewerbssituation im Einzugsgebiet (Stand April 2018)

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Die strukturprägenden Wettbewerber im Einzugsgebiet konzentrieren sich auf den Stadtteil Treysa sowie den Stadtteil Ziegenhain. In den eher ländlich ge- prägten weiteren Stadtteilen von Schwalmstadt bestehen keine strukturprägen- den Nahversorgungsangebote. Im Willingshausener Ortsteil Wasenberg befindet sich ein kleiner Edeka-Supermarkt, welcher jedoch nicht die 400 qm Verkaufsflä- chengröße erreicht. Dennoch kann die Versorgungsstruktur als räumlich ausge- wogen bezeichnet werden. Gleiches gilt auch für die Anzahl der Betriebstypen: Vier Lebensmitteldiscounter stehen vier Lebensmittelvollsortimenter gegenüber – diese verteilen sich jedoch unterschiedlich auf die Stadtteile (Discounter- Prägung in Ziegenhain).

Abbildung 11: Aldi-Lebensmitteldiscounter im ZVB Treysa

Abbildung 12: Lidl-Lebensmitteldiscounter im ZVB Ziegenhain

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Abbildung 13: Aldi-Lebensmitteldiscounter im ZVB Ziegenhain

Abbildung 14: Kaufland-Verbrauchermarkt in Streulage

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5.2 Nahversorgungsrelevante Umsatzstruktur im Einzugsgebiet

Die Umsätze für den nahversorgungsrelevanten Einzelhandel im Einzugsgebiet wurden auf der Grundlage allgemeiner Branchenkennziffern, der ermittelten Ver- kaufsflächen sowie der spezifischen Wettbewerbssituation standortgewichtet ermittelt. Der Brutto-Umsatz bei den nahversorgungsrelevanten Sortimenten (ohne aperio- dische Randsortimente) innerhalb des Einzugsgebiets beläuft sich auf insgesamt rd. 78 Mio. €. Auch umsatzseitig betrachtet entfällt der Schwerpunkt auf die Einzugsgebietszo- ne 1, dabei insbesondere auf den zentralen Versorgungsbereich Treysa (Haupt- zentrum).

Umsatzstruktur des nahversorgungsrelevanten Einzelhandels im Einzugsgebiet Umsatz Flächenprod. Periodischer Bedarf in Mio. € in €/qm ZVB Treysa 28,0 4.750 Streulage 21,9 4.170 Zone 1 49,9 4.480 ZVB Ziegenhain 21,3 4.820 Streulage 7,0 5.070 Zone 2 28,3 4.880

Einzugsgebiet gesamt 78,2 4.610 Quelle: Dr. Lademann & Partner. Werte gerundet. Stand April 2018 (ohne Netto-Vorhaben) Tabelle 7: Nahversorgungsrelevante Umsatzstruktur des Einzelhandels

Die durchschnittliche Flächenproduktivität für diese Sortimentsgruppe beträgt für die bestehenden nahversorgungsrelevanten Einzelhandelsbetriebe insgesamt rd. 4.600 € je qm Verkaufsfläche. Sie wird im Wesentlichen von den umsatzstar- ken Lebensmitteldiscountern Aldi und Lidl getrieben. Zugleich zeigt sich, dass die Flächenproduktivität in den beiden Zentren aufgrund der hohen Zahl an Spe- zialisten (wie das Lebensmittelhandwerk) generell höher ist. Daraus resultiert eine nahversorgungsrelevante Einzelhandelszentralität von rd. 152 % für das Einzugsgebiet, die auf Kaufkraftzuflüsse hindeutet und die faktische Versorgungsfunktion des Mittelzentrums für die eigene Bevölkerung und für jene aus dem Umland widerspiegelt.

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Gegenüber dem Jahr 2013 (Datum der Einzelhandelserhebung von Stadt+Handel, d.h. vor erfolgter Reduzierung der VKF im Bereich des Walkmühlencenters) hat sich demnach sowohl die Verkaufsflächenausstattung als auch der vor Ort ge- bundene Einzelhandelsumsatz im Bereich nahversorgungsrelevanter Sortimente deutlich positiv entwickelt. Dabei war es v.a. das HZ Treysa (ca. +2.800 qm – Projekt Einkaufszentrum Schwalm-Galerie im Wieragrund), welches zu einer Wei- terentwicklung des Hauptzentrums führte. Aber es waren auch die Streulagen, die Flächen- und Umsatzseitig einen Zuwachs auf sich lenken konnten (ca. +2.500 qm VKF). Das NZ Ziegenhain war in den vergangenen Jahren hinsichtlich der Ausstattung stabil.

Auf einer nahversorgungsrelevanten Verkaufsfläche von insgesamt rd. 16.900 qm innerhalb des prospektiven Einzugsgebiets werden aktuell rd. 78 Mio. € Umsatz generiert. Dabei sind v.a. die Bereiche Einkaufszentrum Schwalm-Galerie im Wieragrund mit Rewe und Aldi (ZVB Treysa) sowie der Versorgungsstandort um Tegut und Aldi (ZVB Ziegenhain) hervorzuheben. Sowohl die nahversorgungsrele- vante Verkaufsflächendichte als auch die nahversorgungsrelevante Einzelhan- delszentralität liegen über dem Bundesschnitt.

5.3 Städtebauliche/versorgungsstrukturelle Ausgangslage in den zentralen Versorgungsbereichen

Im Einzelhandelskonzept für die Stadt Schwalmstadt16 wurden zwei zentrale Ver- sorgungsbereiche ausgewiesen, welche im Folgenden vorgestellt werden.

5.3.1 ZVB Hauptzentrum Treysa

Der zentrale Versorgungsbereich Treysa befindet sich rd. 2,9 km vom Vorhaben- standort (Prüfobjekt Friedrich-Ebert-Straße) entfernt und hat die Funktion des Hauptzentrums für die Stadt Schwalmstadt. Das Hauptzentrum ist sowohl für PKW-Kunden (Parken in mehreren Parkhäuser sowie straßenbegleitend möglich) als auch für die umliegenden Bewohner sehr gut erreichbar. Das ÖPNV-Angebot wird über einen Busbahnhof als auch über den Hauptbahnhof gewährleistet. Das Hauptzentrum wird städtebaulich sowohl durch den Altstadtkern mit einer klein- teiligen historischen Bebauung als auch durch Fachmarktstandorte geprägt.

16 Vgl. Einzelhandelskonzept für die Stadt Schwalmstadt (Stadt+Handel 2014).

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Dabei erstreckt sich die Hauptlage mit der höchsten Einzelhandels- und Dienst- leistungsdichte im Wesentlichen entlang der Bahnhofstraße vom östlichen Kreu- zungsbereich der Wieragrundstraße bis zum westlichen Kreuzungsbereich der Wierastraße. In der Bahnhofsstraße ist ein guter Einzelhandels- und Dienstleis- tungsbesatz vorhanden, welcher sowohl Filialisten als auch inhabergeführte Be- triebe besitzt. Mit der Schwalm-Galerie, welche im Jahr 2016 im Bereich Wieragrund entstanden ist, besteht ein innerstädtisches Einkaufszentrum in Hin- terhoflage zur Bahnhofstraße (fußläufige Verbindung zur Bahnhofstraße über das Hexengäßchen). Die Hauptmagnetbetriebe sind ein Rewe-Verbrauchermarkt so- wie ein C&A-Bekleidungsmarkt. Darüber hinaus ergänzen Filialisten wie u.a. Ernsting`s Family, Mister & Lady und Rossmann das Angebot. Entlang der Wieragrundstraße in unmittelbarer Nähe zur Schwalm-Galerie befindet sich noch ein Aldi-Lebensmitteldiscounter innerhalb der Abgrenzung des zentralen Versor- gungsbereichs. Darüber hinaus umfasst der zentrale Versorgungsbereich noch Teile der Wagner- straße sowie den Bereich um den Marktplatz im Altstadtkern. Hier lässt der Ein- zelhandelsbesatz, welcher überwiegend aus inhabergeführten Betrieben besteht, etwas nach und Dienstleistungs- sowie Gastronomiebetriebe sind vermehrt vor- handen. Allerdings befinden sich im Altstadtkern einige Leerstände, welche nicht mehr den aktuellen Betriebsanforderungen des Einzelhandels entsprechen und schwer im diesem Bereich nachgenutzt werden können. Ebenfalls dem zentralen Versorgungsbereich wird der Bereich entlang des Wal- kenmühlenweg gezählt, wo eine Reihe von Fachmärkten ansässig sind (u.a. ein dm-Drogeriemarkt, ein Deichmann und ein Takko). Trotz der fußläufigen Anbin- dung sowohl über den Walkenmühlenweg als auch über den Keilstieg ist der Standortbereich auf Autokunden orientiert. Seit der Umsiedlung des Rewe- Verbrauchermarkts in die Schwalm-Galerie (Nachnutzung durch einen Rewe- Getränkemarkt) hat der Standort etwas an Bedeutung verloren. Auf der gegen- überliegenden Straßenseite - und damit direkt anschmiegend an den zentralen Versorgungsbereich - befindet sich mit dem Standortbereich Schmelzaue der Vorhabenstandort für die Tegut-Ansiedlung, welcher im Einzelhandelskonzept als Entwicklungsfläche ausgewiesen wurde. Bisher ist hier nur ein Kik- Textilfachmarkt ansässig.

Insgesamt wird im zentralen Versorgungsbereich Hauptzentrum Treysa auf einer nahversorgungsrelevanten Verkaufsfläche von rd. 5.900 qm ein Umsatz von rd. 28 Mio. € erzielt. Das Hauptzentrum ist als breit aufgestellt und stabil zu bewer- ten und wird durch die Ansiedlung des Tegut-Verbrauchermarkts noch weiter an Leistungsfähigkeit gewinnen.

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Abbildung 15: Schwalm-Galerie im ZVB Treysa

Abbildung 16: Blick entlang der Bahnhofstraße im ZVB Treysa

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5.3.2 ZVB Nebenzentrum Ziegenhain

Der zentrale Versorgungsbereich Ziegenhain befindet sich rd. 3,2 km vom Vorha- benstandort (Prüfobjekt Friedrich-Ebert-Straße) entfernt, im östlichen Ortsteil Ziegenhain und hat die Funktion eines Nebenzentrums. Im Wesentlichen verläuft der zentrale Versorgungsbereich entlang der Wiederholdstraße in Verbindung mit der Landgraf-Philipp-Straße sowie den angrenzenden Bereichen im Badeweg/ Ernst-Ihle-Straße. Das Nebenzentrum ist überwiegend durch zwei- bis dreige- schossige Wohn- und Geschäftshäuser in dörflicher Siedlungsstruktur geprägt. Für die Anwohner ist der zentrale Versorgungsbereich fußläufig gut zu erreichen. Das ÖPNV-Angebot wird durch drei Bushaltestellen zur Verfügung gestellt. PKW- Kunden können straßenbegleitend sowie am Alleeplatz parken.

Geprägt ist das Zentrum vornehmlich durch Sortimente des kurz- und mittelfris- tigen Bedarfsbereichs. Entlang der Wiederholdstraße befinden sich mehrere kleinteilige Einzelhandels- und Dienstleistungsbetriebe. Ein durchgehender Be- satz ist jedoch nicht vorhanden. Am östlichen Ende des zentralen Versorgungs- bereichs ist noch ein Lidl-Lebensmitteldiscounter ansässig. Im südlichen Bereich des Nebenzentrums befinden sich in der Ernst-Ihle-Straße ein Tegut- Verbrauchermarkt sowie ein Aldi-Lebensmitteldiscounter. Darüber hinaus ergänzt ein Kik-Textilmarkt an diesem Standort das Angebot.

Insgesamt wird im zentralen Versorgungsbereich Nebenzentrum Ziegenhain auf einer nahversorgungsrelevanten Verkaufsfläche von rd. 4.400 qm ein Umsatz von rd. 21 Mio. € erzielt. Trotz vereinzelter kleinteiliger Leerstände erfüllt das Ne- benzentrum seine Versorgungsaufgabe (vor allem aufgrund des großflächigen Nahversorgungsstandorts in der Ernst-Ihle-Straße) und kann als stabil bewertet werden.

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Abbildung 17: Blick entlang der Landgraf-Philipp-Straße im ZVB Ziegenhain

Abbildung 18: Tegut-Verbrauchermarkt im ZVB Ziegenhain

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5.4 Nahversorgungsrelevante Planvorhaben

Aktuell befindet sich an der Ecke Festungsstraße/Erich-Rohde-Straße im Stadt- teil Ziegenhain ein Netto-Lebensmitteldiscounter zzgl. eines Bäckereicafés in Umsetzung. Dieser soll bis Ende 2018 marktwirksam sein und auf 800 qm VKF betrieben werden. Aufgrund der Genehmigungsreife ist das Vorhaben in der prognostischen Betrachtung bereits als Bestand für das Prognosejahr 2020 ein- zustellen. Demnach ist im Zieljahr 2020 von einer noch stärkeren Discount- Prägung der Nahversorgung im Ortsteil Ziegenhain auszugehen.

Untersuchungsgegenstand ist im Folgenden die kumulative Betrachtung beider Projekte im Stadtteil Treysa (Tegut-Verlagerung i.V.m. Ansiedlung Discounter), da weder eine zeitliche noch eine räumliche Trennung zwischen den beiden Vor- haben realistischer Weise erwartbar oder prognostizierbar ist. Die Einzugsgebiete werden sich vielmehr überschneiden.

Neben der erforderlichen Prüfung, ob die Funktionsfähigkeit und die Entwick- lungsperspektiven der Zentren tangiert sind, muss im Folgenden auch die Sicher- stellung der verbrauchernahen Versorgung untersucht werden. Im Folgenden ist jedoch in der Abwägung noch zu beachten, dass der Standort Netto planerisch von der Stadt nicht erwünscht war; sogar eindeutig den Zielen der Einzelhan- delsentwicklung zuwiderläuft. Im Folgenden ist demnach noch einzustellen, dass der Standort in der Friedrich-Ebert-Straße wegen der zentraleren Lage und dem Standortverbund mit dem Hagebaumarkt aufgrund der Bedeutung zur qualifizier- ten Versorgung der Einwohner im Marktgebiet der Stadt Schwalmstadt insgesamt bedeutender wäre, als ein weiterer Discounter in Streulage, zumal erwirkt im unbeplanten Innenbereich.

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6 Vorhaben- und Wirkungsprognose 2020

6.1 Marktanteils- und Umsatzprognose

Bei der Betrachtung des Einzugsgebiets eines Einzelhandelsbetriebs sind zwei Dimensionen zu beachten:

 die räumliche Ausdehnung des Einzugsgebiets und

 die Höhe der Nachfrageabschöpfung in diesem Gebiet. Während das Einzugsgebiet den Raum repräsentiert, aus dem ein Handelsstand- ort regelmäßig seine Kunden gewinnt, bezeichnet der Marktanteil den Umfang an Nachfrage, den ein Handelsstandort aus diesem Gebiet binden kann. Insgesamt ist nicht davon auszugehen, dass es durch die Realisierung des Ge- samtvorhabens zu einer räumlichen Erweiterung des Einzugsgebiets kommen wird. Vielmehr ist durch die Verlagerung des Tegut-Verbrauchermarkts an den Standort Schmelzaue und der damit einhergehenden (anteiligen) Nachnutzung des Altstandortes durch einen typähnlichen Lebensmittelmarkt am Standort Friedrich-Ebert-Straße eine Erhöhung der Marktdurchdringung (Marktanteilszu- wachs) im bereits bestehenden Einzugsgebiet zu erwarten.

Die Umsatzprognose für das jeweilige Vorhaben basiert auf der Einschätzung erzielbarer Nachfrageabschöpfungen (Marktanteile) der jeweiligen geplanten Nutzung im Einzugsgebiet auf Grundlage von umfangreichen Erfahrungswerten und empirischen Untersuchungen. Neben der Entfernung zum Vorhabenstandort wurde dabei auch die Wettbewerbssituation im Raum berücksichtigt. Im Sinne des Baurechts ist bei der Umsatzprognose die Annahme eines realitätsnahen worst-case-Szenarios erforderlich – also die Annahme der maximal am Standort erzielbaren Umsätze unter den gegebenen sozioökonomischen und wettbewerbli- chen Rahmenbedingungen. Die Umsatzprognose stellt demnach nicht auf allge- meine Unternehmenswerte im Bundesgebiet ab, sondern beruht auf konkreten Annahmen auf lokalspezifischer Ebene im Prognosejahr. Maßgeblich für die Um- satzprognose sind die lokalspezifischen Markt(-durchdringungs-)anteile.

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Für das Gesamtvorhaben ist davon auszugehen, dass es insgesamt einen Markt- anteil im Einzugsgebiet von etwa 13 % erreichen wird. Der prospektiv höchste Marktanteil wird dabei aufgrund des beabsichtigten Betriebstyps im nahversor- gungsrelevanten bzw. periodischen Bedarf erzielt:

 In der Zone 1 liegt dieser im äußersten worst-case (sprich eine noch höhere Abschöpfung ist v.a. aufgrund der sehr hohen Wettbewerbsintensität nicht möglich) bei rd. 30 %.

 In der Zone 2 sind aufgrund der in 2020 sehr hohen Zahl an Discountangebo- ten in Ziegenhain i.V.m. mit der Entfernung zwischen Tegut Neubau im ZVB Treysa zum Ortsteil Ziegenhain maximal 15 % zu erwarten.

Marktanteile des Gesamtvorhabens nach Vorhabenrealisierung*

Periodischer Bedarf Zone 1 Zone 2 Gesamt Marktpotenzial (Mio. €) 25,3 25,4 50,7 Umsatz Vorhaben (Mio. €) 7,6 3,8 11,4 Marktanteile 30% 15% 22% Aperiodischer Bedarf Marktpotenzial (Mio. €) 24,1 24,2 48,3 Umsatz Vorhaben (Mio. €) 0,7 0,3 1,0 Marktanteile 3% 1% 2% Gesamt Marktpotenzial (Mio. €) 49,4 49,6 99,0 Umsatz Vorhaben (Mio. €) 8,3 4,1 12,4 Marktanteile 17% 8% 13% Quelle: Eigene Berechnungen. Werte gerundet. *Ohne Streuumsätze. Tabelle 8: Marktanteile des Gesamtvorhabens innerhalb des Einzugsgebiets (nach Vorhabenrealisierung)

Unter Berücksichtigung zusätzlicher Streuumsätze von 15 %, die räumlich nicht genau zuzuordnen sind, errechnet sich das Gesamtumsatzpotenzial des Vorha- bens. Danach wird sich der einzelhandelsrelevante Brutto-Umsatz des Gesamtvorha- bens (Lebensmitteldiscounter/-markt und Tegut-Verbrauchermarkt) bei einer durchschnittlichen Flächenproduktivität von rd. 4.700 € je qm Verkaufsfläche auf insgesamt rd. 14,6 Mio. € belaufen, wovon mit rd. 13,4 Mio. € der Schwerpunkt auf den periodischen Bedarf entfällt.

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Die folgende Tabelle zeigt dabei die einzelnen Komponenten des Vorhabens (un- terschieden in periodisches Hauptsortiment und aperiodische Randsortimente):

Umsatzstruktur des Gesamtvorhabens (nach Vorhabenrealisierung) Verkaufsfläche Flächen- Umsatz Branchenmix in qm produktivität* in Mio. € periodischer Bedarf 2.800 4.800 13,4 davon Lebensmittelmarkt 1.080 5.800 6,3 davon Bäckerei (im Lebensmittelmarkt) 40 6.500 0,3 davon tegut-Verbrauchermarkt 1.620 4.000 6,5 davon Bäckerei (im tegut) 60 6.500 0,4 aperiodischer Bedarf 300 3.900 1,2 davon Lebensmittelmarkt 120 4.500 0,5 davon tegut-Verbrauchermarkt 180 3.500 0,6 Gesamt 3.100 4.700 14,6 Quelle: Berechnungen Dr. Lademann & Partner. *in €/qm VKF. Werte gerundet. Tabelle 9: Umsatzstruktur des Gesamtvorhabens (nach Vorhabenrealisierung)

Bei dem Vorhaben handelt es sich allerdings um eine Verlagerung inkl. Verkaufs- flächenreduzierung eines bereits in Schwalmstadt ansässigen Verbrauchermarkts (inkl. Bäckerei). Diese Betriebe haben mit ihren Umsätzen bereits ihre Wirkung in der Vergangenheit induziert. Die Nachnutzung des derzeitigen Tegut- Verbrauchermarkts soll durch einen typähnlichen Anbieter (Lebensmitteldiscoun- ter/-markt inkl. Bäckerei) mit einer deutlich reduzierten17 Verkaufsfläche erfol- gen. Es ist demnach eine Saldo-Betrachtung für das Gesamtvorhaben der zwei Lebensmittelmärkte anzustellen.

17 Die Reduzierung betrifft einerseits die aktuell am Markt wirksame Nutzung (sprich der Discoun- ter wird mit 1.200 qm VKF deutlich kleiner als die Vornutzung von Tegut sein) als auch das am Standort für den Lebensmitteleinzelhandel bestehende Baurecht (sprich aktuell können bis zu 3.600 qm BGF belegt werden).

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Aktuell stellt sich die Umsatzstruktur des Projektes wie folgt dar:

Umsatzstruktur des Gesamtvorhabens (status quo) Verkaufsfläche Flächen- Umsatz Branchenmix in qm produktivität* in Mio. € periodischer Bedarf 2.055 3.600 7,3 davon Lebensmittelmarkt - - - davon Bäckerei (im Lebensmittelmarkt) - - - davon tegut-Verbrauchermarkt** 2.015 3.500 7,1 davon Bäckerei (im tegut) 40 6.500 0,3 aperiodischer Bedarf 185 3.300 0,6 davon Lebensmittelmarkt - - - davon tegut-Verbrauchermarkt 185 3.300 0,6 Gesamt 2.240 3.540 7,9 Quelle: Berechnungen Dr. Lademann & Partner. *in €/qm VKF. Werte gerundet. ** inkl. Getränkemarkt Tabelle 10: Umsatzstruktur des Gesamtvorhabens (Status quo)

Dr. Lademann & Partner gehen davon aus, dass es der Nachnutzung am Standort „Tegut Alt“ in Teilen gelingt Umsätze vor Ort zu halten – u.a. aufgrund der räumlichen Nähe zu Wohnsiedlungsbereichen18 und für die in Gewerbegebieten tätigen Beschäftigten. Tegut-affine Kunden werden jedoch an den neuen Stand- ort von Tegut „mitgenommen“. Insofern kann eine klare Trennung bei der Be- gutachtung der zwei Vorhaben nicht vorgenommen werden. Daher kann eine belastbare Bewertung nur in der Zusammenschau beider Vorhaben erfolgen. Unter Berücksichtigung der anteiligen Umsatzmitnahme von dem Alt- an den Planstandort des Tegut-Verbrauchermarkts sowie der Nachnutzung durch einen Lebensmittelmarkt wird der Umsatzzuwachs19 (inkl. Streuumsätze von 15 %) ins- gesamt bei rd. 6,6 Mio. € liegen. Davon entfallen rd. 6,1 Mio. € auf den periodi- schen Bedarfsbereich.

18U.E. ist der Markt v.a. für die Ortsteile Allendorf, Schlierbach und Michelsberg (nah-) versor- gungsrelevant. 19 Bei einem Erweiterungsvorhaben sind im Sinne des Baurechts nur die mit der Maßnahme erziel- ten Zusatzumsätze prüfungsrelevant (vgl. z.B. BVerwG 12.02.2009 4B 3/09), da der bestehende Tegut-Markt seine Wirkungen bereits in der Vergangenheit entfaltet hat. Allerdings wurde die Attraktivität und Ausstrahlungskraft der Projekte nach Vorhabenumsetzung berücksichtigt.

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Umsatzzuwachs des Gesamtvorhabens (durch Vorhabenrealisierung) Verkaufsfläche Umsatz Branchenmix in qm in Mio. € periodischer Bedarf 745 6,1 aperiodischer Bedarf 115 0,6 Gesamt 860 6,6 Quelle: Berechnungen Dr. Lademann & Partner. Tabelle 11: Veränderung der Umsatzstruktur des Gesamtvorhabens durch Vorhabenrealisierung

Im standortspezifischen worst-case zeigen die Marktanteilszuwächse im Einzugs- gebiet folgendes Bild:

Marktanteilszuwachs des Gesamtvorhabens im Einzugsgebiet (durch Vorhabenrealisierung)*

Periodischer Bedarf Zone 1 Zone 2 Gesamt Marktpotenzial (Mio. €) 25,3 25,4 50,7 Umsatzzuwachs Vorhaben (Mio. €) 3,5 1,7 5,2 Marktanteilszuwachs (%-Punkte) 14% 7% 10% Aperiodischer Bedarf Marktpotenzial (Mio. €) 24,1 24,2 48,3 Umsatzzuwachs Vorhaben (Mio. €) 0,32 0,16 0,48 Marktanteilszuwachs (%-Punkte) 1,3% 0,6% 1,0% Gesamt Marktpotenzial (Mio. €) 49,4 49,6 99,0 Umsatzzuwachs Vorhaben (Mio. €) 3,8 1,9 5,6 Marktanteilszuwachs (%-Punkte) 8% 4% 6% Quelle: Eigene Berechnungen. Werte gerundet. *Ohne Streuumsätze. Tabelle 12: Marktanteilsveränderung durch die Vorhabenrealisierung

Für das Gesamtvorhaben der Verlagerung des Tegut-Verbrauchermarkts inkl. Ver- kaufsflächenreduzierung sowie der Nachnutzung durch einen Lebensmittelmarkt am Altstandort (deutliche Verkaufsflächenverkleinerung gegenüber dem Tegut- Verbrauchermarkt – sowohl hinsichtlich des Bestands als auch hinsichtlich des bestehenden Baurechts) ist in der gebotenen summarischen Delta-Betrachtung von einem prospektiven Marktanteilszuwachs innerhalb des gemeinsamen Ein- zugsgebiets von insgesamt rd. +6 %-Punkten auszugehen. Nach den Modellrech- nungen ergibt sich daraus ein Umsatzpotenzial (inkl. Streuumsätze von 15 %) von insgesamt rd. 6,6 Mio. €, davon entfallen rd. 6,1 Mio. € auf den periodi- schen Bedarf.

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6.2 Wirkungsprognose

6.2.1 Vorbemerkungen

Im Rahmen der Wirkungsprognose wird untersucht, wie sich der prognostizierte Umsatz des Vorhabens unter Berücksichtigung der räumlichen Verteilung auf den Einzelhandel im Einzugsgebiet auswirken wird. Hierbei wird angenommen, dass das Vorhaben bis zum Jahr 2020 voll versorgungswirksam wird.

Die Umverteilungswirkungen im Segment nahversorgungsrelevanter Sortimente werden auf Basis der bestehenden Einzelhandelsumsätze einschl. des Netto- Vorhabens in Ziegenhain (stationärer Einzelhandel im jeweiligen Bezugsraum) ermittelt. Dabei muss zunächst die Verteilung der Wirkung des Vorhabenumsat- zes mit Kunden aus der jeweiligen Einzugsgebietszone auf die einzelnen unter- suchten Versorgungslagen (zentrale Versorgungsbereiche, Streulagen) prognosti- ziert werden. Einen wichtigen Anhaltspunkt dafür liefern die bisherige Verteilung der Umsätze, die Typgleichheit bzw. Typähnlichkeit des Angebots sowie die Ent- fernung zum Vorhabenstandort. Daneben ist zu berücksichtigen, dass ein stärker agglomerierter Standort tendenziell weniger von einem Vorhaben betroffen ist. Die Auswirkungen des Vorhabens im Hauptsortiment des periodischen Bedarfs sind nicht direkt am Marktanteilszuwachs ablesbar; vielmehr müssen für eine fundierte Wirkungsabschätzung die Veränderungen der Nachfrageplattform bis zum Zeitpunkt der vollen Marktwirksamkeit des Vorhabens (prospektiv 2020) sowie die Nachfrageströme berücksichtigt werden:

 Aufgrund der prognostizierten Bevölkerungsrückgänge im Einzugsgebiet wer- den sowohl die Betriebe des Gesamtvorhabens (in Höhe der zu erwartenden Marktanteilszuwächse) als auch die bereits vorhandenen Betriebe (in Höhe der aktuellen Bindung des Nachfragepotenzials) von einer Marktschrumpfung betroffen sein. Dieser Effekt ist zwar nicht vorhabeninduziert, verringert al- lerdings die Kompensationsmöglichkeiten des Einzelhandels und ist somit wirkungsverschärfend zu berücksichtigen.

 Wirkungsmildernd schlägt allerdings zu Buche, dass das Vorhaben in der Lage sein wird, bisherige Nachfrageabflüsse aus dem Einzugsgebiet zu reduzieren. Das heißt, der mit Kunden aus dem Einzugsgebiet getätigte Vorhabenumsatz muss nicht vollständig zuvor den Händlern vor Ort zu Gute gekommen sein. Vielmehr lenkt das Vorhaben - wenn auch im überschaubaren Maße - auch bisherige Nachfrageabflüsse auf sich um.

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 Die im Einzugsgebiet vorhandenen Betriebe profitieren umgekehrt aber auch von Zuflüssen aus den angrenzenden Bereichen. Von diesen Zuflüssen kann das Vorhaben einen Teil auf sich umlenken, was sich wirkungsverschärfend auf die Betriebe innerhalb des Einzugsgebiets auswirkt. Dieser Effekt wird wirkungsverschärfend mit berücksichtigt, da die Zentralität beider Einzugs- gebietszonen über 100 % liegen, d.h. die Nachfragezuflüsse die Nachfrageab- flüsse übersteigen.

Erst für den so bereinigten Umverteilungsumsatz ist anzunehmen, dass er zu Lasten anderer bestehender Einzelhandelsbetriebe im Einzugsgebiet umverteilt wird. Die Wirkungen des Vorhabens im Randsortimentsbereich (aperiodischer Bedarf) werden über die Nachfrageabschöpfung im Einzugsgebiet, also über den Markt- anteilszuwachs, abgebildet. Geht man davon aus, dass ein Vorhaben auch immer gewisse Anteile ohnehin abfließender Nachfrage auf sich umlenkt, kann bei ei- nem Marktanteilszuwachs von etwa 1 %-Punkt bei den Randsortimenten ange- nommen werden, dass die Wirkungen auf den Einzelhandel vor Ort kritische Grö- ßenordnungen bei weitem nicht erreichen. Würde man die Umsätze im aperiodi- schen Bedarfsbereich auf die einzelnen möglichen Sortimentsbereiche (z.B. Be- kleidung, Schuhe, Elektro, Gartenbedarf, Sportartikel, Bücher, Hausrat etc.) her- unter brechen und auf ein volles Geschäftsjahr beziehen, würde sich zeigen, dass die jeweiligen Marktanteilszuwächse und damit auch die Umsatzumverteilungs- wirkungen durch das Gesamtvorhaben nur sehr gering wären. Vor diesem Hinter- grund wird auf umfangreiche Berechnungen der Umsatzumverteilungswirkungen in den (aperiodischen) Randsortimentsbereichen verzichtet.

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6.2.2 Prospektive Umsatzumverteilungswirkungen des Gesamtvor- habens im periodischen Bedarf

Das Gesamtvorhaben wird im Zieljahr 2020 mit Kunden aus seinem Einzugsgebiet einen nahversorgungsrelevanten Mehrumsatz von rd. 5,2 Mio. € erzielen (ohne Streuumsätze von 15 %).

Wirkungsverschärfend ist zu berücksichtigen, dass sowohl das Vorhaben selbst als auch die bereits vorhandenen Betriebe von einer Marktschrumpfung aufgrund von Bevölkerungsrückgängen betroffen sein werden (zusammen rd. 0,7 Mio. €). Darüber hinaus ist das Vorhaben in der Lage, bisherige Abflüsse zu binden (rd. 0,2 Mio. €). Das Vorhaben wird wiederum aber auch Umsätze auf sich len- ken, die bisher den Betrieben innerhalb des Einzugsgebiets von außerhalb zuge- flossen sind (rd. 0,2 Mio. €) und auf diese wirkungsverschärfend wirken. Nach Berücksichtigung dieser Effekte beträgt der umverteilungsrelevante Vorhabenum- satz im Zieljahr 2020 rd. 5,9 Mio. €. Stellt man diesen dem nahversorgungsrelevanten Einzelhandelsumsatz im Ein- zugsgebiet gegenüber20, ergibt sich prospektiv eine Umsatzumverteilung von insgesamt rd. 7,9 %. Die Umsatzumverteilungswirkungen wirken sich jedoch unterschiedlich stark auf die untersuchten Standortlagen im Einzugsgebiet aus. In der Regel werden die Wirkungen innerhalb des Nahbereichs (Zone 1) höher ausfallen als im übrigen Einzugsgebiet (Zone 2).

Aufgrund der räumlichen Nähe und der Angebotsüberschneidungen kann zudem davon ausgegangen werden, dass der ZVB Hauptzentrum Treysa am stärksten von dem Vorhaben betroffen sein wird (rd. 9,1 %). Der Vorhabenstandort des Tegut- Neubaus befindet sich jedoch räumlich unmittelbar anschmiegend an diesen zentralen Versorgungsbereich, wodurch die Umsatzumverteilung im Lichte einer Aufwertung eines wichtigen zentralen Versorgungsstandorts gesehen werden muss. Per Saldo kommt es zugunsten des Hauptzentrums von Schwalmstadt viel- mehr zu einer Stärkung, statt zu einem Umsatzabzug.

20 An dieser Stelle wurde der Tegut-Bestandsmarkt nicht in den Daten berücksichtigt – dieser soll vielmehr selbst gestärkt werden. Faktisch muss das Vorhaben demnach noch dem ZVB Innen- stadt „angerechnet“ werden. Hierdurch sinkt die Quote in Zone 1 deutlich. Berücksichtigt wurde jedoch der in Umsetzung befindliche Netto-Markt in Zone 2. Er wird im Zieljahr 2020 ebenfalls vor Ort Umsätze binden.

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Auch bei den Angeboten in Streulage in Zone 1 kann festgehalten werden, dass durch die verkleinerte Nachbelegung des Altstandorts faktisch auch die anderen Betriebe tendenziell weniger tangiert sind (d.h. Quote < 8,5 %), da möglicher- weise nicht alle Kunden auf diesen Standort auch zukünftig orientiert sind.

In der nachfolgenden Tabelle sind die Umverteilungswirkungen für die einzelnen Standortlagen innerhalb des Einzugsgebiets dargestellt. Die Kompensations- und

Wirkungsverschärfungseffekte wurden jeweils separat ermittelt.

7,9%

Gesamt

5,9 5,9

0,20 0,20

- 0,20

0,62 0,62

0,08 0,08

5,2 5,2

6,5%

Zone 2 Zone

Gesamt

2,0 2,0

0,11 0,11

- 0,09

0,29 0,29

0,02 0,02

1,7 1,7

6,1%

Streulage

0,6 0,6

0,03 0,03

- 0,03

0,09 0,09

0,01 0,01

0,5 0,5

6,7%

1,4 1,4

0,08 0,08

- 0,06

0,20 0,20

0,02 0,02

1,2 1,2

ZVB Ziegenhain ZVB

8,9%

Zone 1 Zone

Gesamt

3,8 3,8

0,09 0,09

- 0,11

0,33 0,33

0,05 0,05

3,5 3,5

8,5%

Streulage

1,3 1,3

0,03 0,03

- 0,04

0,11 0,11

0,02 0,02

1,1 1,1

9,1%

ZVB Treysa ZVB

2,6 2,6

0,06 0,06

- 0,08

0,22 0,22

0,04 0,04

2,3 2,3

Wirkungsprognose des Gesamtvorhabens in Schwalmstadt - Umsatzzuwachs (2020) - Umsatzzuwachs Schwalmstadt in Gesamtvorhabens des Wirkungsprognose

Quelle: Eigene Berechnungen. Werte gerundet. Umsatzrückgänge < 0,1 Mio. € rechnerisch nicht nachweisbar. Der Netto-Markt wurde in der Prognose bereits als Bestand in der Streulage/Zone 2 berücksichtigt. 2 Streulage/Zone der in Bestand als bereits Prognose der in wurde Netto-Markt Der nachweisbar. nicht rechnerisch € Mio. 0,1 < Umsatzrückgänge gerundet. Werte Berechnungen. Eigene Quelle:

des bestehenden Einzelhandels bestehenden des

Umsatzumverteilung in % vom Umsatz Umsatz vom % in Umsatzumverteilung

(bereinigt) in Mio. € in (bereinigt)

Umverteilungsrelevanter Vorhabenumsatz Vorhabenumsatz Umverteilungsrelevanter

von Nachfragezuflüssen in Mio. € in Nachfragezuflüssen von

zzgl. Wirkungsverschärfung durch Umlenkung Umlenkung durch Wirkungsverschärfung zzgl.

von Nachfrageabflüssen in Mio. € in Nachfrageabflüssen von

abzgl. Kompensationseffekte durch Umlenkung Umlenkung durch Kompensationseffekte abzgl.

an Marktschrumpfung in Mio. € in Marktschrumpfung an

zzgl. Partizipation der vorhandenen Betriebe Betriebe der vorhandenen Partizipation zzgl.

schrumpfung zu Lasten des Vorhabens in Mio. € in des Vorhabens Lasten zu schrumpfung

zzgl. Wirkungsverschärfung durch Markt- durch Wirkungsverschärfung zzgl.

(unbereinigt) in Mio. € in (unbereinigt) Vorhabenumsatz zu Lasten Standortbereich Standortbereich Lasten zu Vorhabenumsatz Periodischer Bedarf Periodischer Tabelle 13: Prospektive Umsatzumverteilungswirkungen des Gesamtvorhabens (2020)

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Die Umsatzumverteilungswirkungen durch das Gesamtvorhaben der Verlagerung des Tegut-Verbrauchermarkts inkl. Verkaufsflächenreduzierung sowie der verklei- nerten Nachnutzung des Altstandorts von Tegut durch einen typähnlichen Le- bensmittelmarkt erreichen nach den Prognosen von Dr. Lademann & Partner im Segment des periodischen Bedarfsbereichs Werte von im Schnitt rd. 7,9 %. Dabei sind die höchsten Auswirkungen mit maximal rd. 9,1 % prospektiv für den ZVB Hauptzentrum Treysa zu erwarten, der wiederum jedoch durch das geprüfte Vor- haben von Tegut selbst gestärkt werden soll (Lage in der Entwicklungsfläche des Hauptzentrums).

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7 Bewertung des Vorhabens

7.1 Zu den Bewertungskriterien

Das Vorhaben in Schwalmstadt-Treysa mit einer geplanten Gesamtverkaufsfläche von rd. 3.100 qm (davon: Lebensmitteldiscounter/-markt inkl. Bäcker: 1.240 qm VKF und Tegut-Markt inkl. Bäcker: Verkleinerung von heute 2.240 qm auf sodann 1.860 qm VKF) ist Adressat des § 11 Abs. 3 BauNVO i.V.m. § 1 Abs. 6 Nr. 8a BauGB und § 1 Abs. 4 BauGB. Außerdem sind die Bestimmungen der Landespla- nung von Hessen21 und der Regionalplanung für Nordhessen22 zu berücksichtigen.

Vorab sei darauf hingewiesen, dass für den projektierten Tegut-Neubau ein Bau- leitplanverfahren erforderlich ist. Die Nachbelegung des Altstandorts durch einen typähnlichen Lebensmittelmarkt wäre innerhalb des bestehenden Baurechts mit 3.600 qm VKF für den Lebensmitteleinzelhandel abgedeckt. Es besteht jedoch für den Geltungsbereich des Vorhabens die Chance der Neuaufstellung eines rechtsi- cheren Bebauungsplans – mit der Festsetzung eben weniger als der bisher zuläs- sigen Verkaufsfläche.

Demnach sind folgende, additiv verknüpfte Kriterien für die Zulässigkeit eines großflächigen Einzelhandelsvorhabens von Bedeutung:

 Flächen für großflächige Einzelhandelsprojekte (Einkaufszentren, großflächi- ge Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe) kom- men nur in Oberzentren und Mittelzentren (zentrale Ortsteile) in Betracht (Zentralitätsgebot - Ziel).

 Sondergebiete für großflächigen Einzelhandel im Rahmen der kommunalen Bauleitplanung nach § 11 Abs. 3 BauNVO sind nur in den im Regionalplan ausgewiesenen ”Siedlungsbereichen” zulässig (Siedlungsstrukturelles Integra- tionsgebot - Ziel). Im Regionalplan Nordhessen 2009 heißt es ergänzend, dass „Sondergebiete für großflächigen Einzelhandel gemäß § 11 Abs. 3 BauNVO … nur in den „Vorranggebieten Siedlung“ zulässig [sind]. Sofern sie nicht in die bestehen- den, zentralen Versorgungsbereiche integriert werden können, müssen sie ei-

21 Vgl. Landesentwicklungsplan Hessen 2000 (LEP). 22 Vgl. Regionalplan Nordhessen 2009.

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ne enge bauliche und funktionelle Verbindung zu bestehenden Siedlungsge- bieten aufweisen“.

 Großflächige Einzelhandelsvorhaben haben sich nach Größe und Einzugsbe- reich in das zentralörtliche Versorgungssystem einzufügen (Kongruenzgebot - Ziel).

 Großflächige Einzelhandelsvorhaben sind unter besonderer Berücksichtigung ihrer Auswirkungen auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung sowie der Umweltverträglichkeit auch im Hinblick auf die Ziele der Verkehrsvermei- dung und -verlagerung in bestehende Siedlungsgebiete möglichst unter Er- reichbarkeit im ÖPNV zu integrieren (Städtebauliches Integrationsgebot - Ziel). Vorhaben, die für eine Unterbringung im innerstädtischen Bereich un- geeignet sind (z.B. Baustoff-, Bau-, Garten-, Reifen-, Kraftfahrzeug-, Brenn- stoffmärkte), können davon ausgenommen werden. Im Regionalplan Nordhessen heißt es hinzukommend: „Bei der geplanten Er- richtung und Erweiterung großflächiger Einzelhandelsvorhaben außerhalb der Innenstadtbereiche oder Stadt- und Ortsteilzentren sind innenstadtrelevante Sortimente auszuschließen bzw. so zu begrenzen, dass keine wesentlichen negativen Auswirkungen auf o.g. Geschäftszentren und Versorgungskerne zu erwarten sind.“

 Großflächige Einzelhandelsvorhaben dürfen nach Art, Lage und Größe die Funktionsfähigkeit von - auch benachbarten - zentralen Orten und ihrer be- reits integrierten Geschäftszentren/Versorgungskerne nicht wesentlich beein- trächtigen (Beeinträchtigungsverbot - Ziel). Dies gilt insbesondere für solche Orte, in denen Maßnahmen zur Stärkung oder Beibehaltung zentralörtlicher Versorgungsfunktionen durchgeführt wurden oder vorgesehen sind, z.B. städ- tebauliche Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen, Stadt- und Dorferneue- rungsmaßnahmen. Bei der geplanten Errichtung und Erweiterung großflächiger Einzelhandels- vorhaben außerhalb der städtebaulich integrierten Bereiche (Innenstadtbe- reiche, Ortskerne, Stadtteilzentren) sollen innenstadtrelevante23 Sortimente so begrenzt bzw. ausgeschlossen werden, dass auf die o.g. Standortlagen keine negativen Auswirkungen zu erwarten sind.

23 Es ist darauf hinzuweisen, dass hierbei zwischen solchen Sortimenten unterschieden werden muss, die stets Innenstädte prägen (=zentrenrelevant, z.B. Bekleidung, Schuhe) und solche, die zugleich auch der verbrauchernahen Versorgung dienen (=nahversorgungsrelevant, z.B. Le- bensmittel).

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Nach § 11 Abs. 3 BauNVO ist neben den bereits angesprochenen Belangen zu prüfen, ob das Vorhaben zentrale Versorgungsbereiche und die Versorgung der Bevölkerung im Raum mehr als unwesentlich beeinträchtigt. Darüber hinaus ist das Gesamtvorhaben auf seine Kompatibilität mit dem Einzel- handelskonzept für die Stadt Schwalmstadt aus dem Jahr 2014 hin zu prüfen.

7.2 Zur zentralörtlichen Zuordnung

Das „Kongruenz- bzw. Zentralitätsgebot“, wonach ein Vorhaben nach Umfang und Zweckbestimmung der jeweiligen Stufe des Zentralen Orts entsprechen muss, zielt auf die Einfügung in den Verflechtungsraum ab. Danach ist ein Vorhaben raumordnerisch zulässig, wenn sein Einzugsgebiet in etwa dem Verflechtungs- raum entspricht, d.h. nicht wesentlich24 über diesen hinausreicht und funktional der Aufgabe innerhalb des zentralörtlichen Gefüges entspricht. Das Zentralitäts- gebot stellt auf die Lage in einem zentralen Ortsteil ab.

Schwalmstadt ist gemäß dem Regionalplan Nordhessen als Mittelzentrum ausge- wiesen. Von ihrer raumordnerischen Funktion her ist die Stadt demnach als Standort für großflächige Einzelhandelsbetriebe geeignet. Funktional entspricht das Vorhaben den Versorgungsaufgaben eines Mittelzentrums. Der Vorhaben- standort befindet sich im Stadtteil Treysa. Das Vorhaben mit den beiden Komponenten des Tegut-Neubaus und typähnli- chen Nachnutzung des Altstandortes ist schwerpunktmäßig auf den täglichen Bedarf ausgerichtet und dient somit hauptsächlich der zukunftsfähigen Absiche- rung der Grundversorgung. Das Einzugsgebiet des Vorhabens erstreckt sich im Wesentlichen auf das Schwalmstädter Stadtgebiet. Darüber hinaus umfasst es noch den unmittelbar angrenzenden Siedlungsbereich von Willingshausen (Orts- teil Wasenberg), welcher rd. 7 % der Einwohner im Einzugsgebiet ausmacht. Das Vorhaben rekrutiert damit seinen Umsatz ganz überwiegend aus dem raumordne- risch zugewiesenen grundzentralen Verflechtungsbereich des Mittelzentrums Schwalmstadt. Negative Auswirkungen auf das raumordnerische Gleichgewicht sind bezogen auf die benachbarten Zentren sind nicht zu erwarten. Rd. 15 % des Vorhabenumsatzes werden mit sonstigen Streukunden außerhalb des Einzugsge- biets erwirtschaftet werden. Das Vorhaben fügt sich demnach hinsichtlich Größe und Einzugsbereich in das zentralörtliche Gefüge ein.

24 Bei der Auslegung des Begriffs „nicht wesentlich“ kann eine erforderlichen Umsatzherkunft aus der Standortkommune von > 70 % angesetzt werden.

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Das Vorhaben wird dem Kongruenz- und dem Konzentrationsgebot gerecht.

7.3 Zu den Auswirkungen auf die zentralen Versorgungbereiche und die Nahversorgung

Ausgewogene Versorgungsstrukturen und damit die Funktionsfähigkeit von Zent- ralen Orten setzen voraus, dass die zentralen Versorgungsbereiche sowie die ver- brauchernahe Versorgung nicht mehr als unwesentlich beeinträchtigt werden (Beeinträchtigungsverbot). Die verbrauchernahe Versorgung beinhaltet die woh- nortnahe Bereitstellung von Gütern des täglichen (nahversorgungsrelevanten) Bedarfs. Eine möglichst flächendeckende Nahversorgung dient primär dem Ziel, einen aufgrund der Bedarfs- und Einkaufshäufigkeit unverhältnismäßigen Zeit- und Wegeaufwand mit allen negativen Sekundärwirkungen zu vermeiden. Die Überprüfung der eventuellen Beeinträchtigung der zentralen Versorgungsbe- reiche und der Nahversorgung erfolgte im Kapitel zur Wirkungsprognose. Es stellt sich die Frage, ob es über die im Rahmen der Wirkungsprognose ermittelten marktanalytischen Auswirkungen hinaus zu Beeinträchtigungen des bestehenden Einzelhandels kommen kann. Im Kern geht es um die Einschätzung, ob die er- mittelten Umsatzumverteilungseffekte für eine größere Anzahl von Betrieben so gravierend sind, dass als Folge von Betriebsaufgaben eine Funktionsschwächung oder gar Verödung der Zentren droht, bzw. die Nahversorgung gefährdet ist.

Die Beantwortung der Frage, wann zentrale Versorgungsbereiche sowie die Nah- versorgung in ihrer Funktionsfähigkeit beeinträchtigt sind, bedarf einer Prüfung der konkreten Umstände im Einzelfall. Allerdings ist in der Rechtsprechung ver- schiedener Oberverwaltungsgerichte (vgl. u.a. OVG Münster, AZ 7A 2902/93, OVG Bautzen, Beschluss 1 BS 108/02, 06.06.2002) die Meinung vertreten worden, dass als Anhaltswert ab einer Umsatzumverteilung von 10 % mehr als unwesent- liche Auswirkungen auf den bestehenden Einzelhandel nicht auszuschließen sind (sog. Abwägungsschwellenwert). Das Gesamtvorhaben aus dem eine Erweiterung der Verkaufsfläche von rd. +860 qm auf 3.100 qm VKF resultiert, wird eine prospektive Umsatzumverteilungsquo- te von durchschnittlich rd. 8 % innerhalb des Einzugsgebiets auslösen und damit unterhalb des 10 %-Abwägungsschwellenwerts bleiben. Tendenziell stärker von dem Vorhaben betroffen sind - vor allem bedingt durch die räumliche Nähe – die Betriebe im zentralen Versorgungsbereich Hauptzent- rum Treysa. Von einer Gefährdung der für die Innenstadt ansässigen Anbieter ist bei einem Umsatzrückgang von rd. 9,1 % durch das Gesamtvorhaben nicht aus-

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zugehen. Durch die Umsiedlung des Tegut-Verbrauchermarkts an den Standort Schmelzaue findet vielmehr eine weitere Stärkung des zentralen Versorgungsbe- reichs statt. So muss noch in die Abwägung eingestellt werden, dass das Vorha- ben selbst bei den periodischen Sortimenten rd. +6,9 Mio. € neu in das Haupt- zentrum lenkt, während nach den Prognosen von Dr. Lademann & Partner in die- sem Sortiment vorhabeninduziert rd. -2,6 Mio. € „abgezogen“ werden (= per Sal- do im ZVB Treysa Umsatzzuwachs von +4,3 Mio. €). Wenngleich städtebaulich relevante Betriebsschließungen (im Sinne von vermehrtem oder prägendem Leer- stand) nicht zu erwarten sind, fiele dies aufgrund der zeitgleichen Stärkung nicht ins Gewicht. So trägt das Vorhaben dazu bei, die prägende Stellung des ZVB Treysa zu festigen und weiter zu stärken. Diese herausgehobene Rolle ist durch die Vorhabenrealisierung nicht tangiert. Auch der zentrale Versorgungsbereich Nebenzentrum Ziegenhain wird weiterhin seiner Nahversorgungsfunktion vor allem aufgrund des großflächigen Nahversor- gungsstandorts in der Ernst-Ihle-Straße mit einem Tegut-Verbrauchermarkt sowie einem Aldi-Lebensmitteldiscounter für die Bewohner im gleichnamigen Stadtteil gerecht (Umsatzumverteilungsquote von rd. 6,7 %). Bezogen auf die im Einzugs- gebiet gelegenen zentralen Versorgungsbereiche sind mehr als unwesentliche Auswirkungen demnach auszuschließen.

Raumstrukturelle Verwerfungen sind in den Streulagen des Einzugsgebiets bei einem Umsatzrückgang von zwischen 8,5 % und 6,1 % ebenfalls nicht zu erwar- ten. ‚Mehr als unwesentliche Auswirkungen‘ im Sinne einer Funktionsstörung der Nahversorgung sowie der zentralen Versorgungsbereiche können angesichts der Höhe der Auswirkungen nicht erwartet werden. Eine vorhabeninduzierte Aufgabe ansonsten marktfähiger Betriebe kann ausgeschlossen werden. Mit der Realisierung des Vorhabens ist eine qualitative Aufwertung der Nah- bzw. Grundversorgung verbunden, ohne dass mehr als unwesentliche Auswirkungen induziert werden. U.E. wird durch die Verlagerung des Tegut-Verbrauchermarkts an den Standort Schmelzaue die bereits Attraktivität und Funktionsfähigkeit des zentralen Versorgungsbereichs weiter ausgebaut. Zudem wird im Zuge des Ge- samtvorhabens durch die Nachnutzung des Altstandorts an der Friedrich-Ebert- Straße durch einen Lebensmittelmarkt ein bestehender und in den Köpfen der Bewohner etablierter Standort zukunftsfähig – und deutlich unterhalb der bau- rechtlichen Möglichkeiten – für die die Zentren ergänzende Nahversorgung abge- sichert. Im Bereich der ergänzenden aperiodischen Sortimente, die max. 10 % der Ge- samtverkaufsfläche einnehmen werden, wurde vor dem Hintergrund der geringen

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Marktanteilszuwächse auf die Erarbeitung einer detaillierten Wirkungsmodellie- rung verzichtet. Mehr als unwesentliche Auswirkungen können angesichts des Marktanteilszuwachses von rd. 1 %-Pkt. in jedem Falle ausgeschlossen werden.

Ein Umschlagen der absatzwirtschaftlichen Auswirkungen des Vorhabens in städ- tebauliche oder raumordnerische Wirkungen im Sinne einer Funktionsstörung der Nahversorgung sowie der zentralen Versorgungsbereiche kann ausgeschlossen werden. Dem Beeinträchtigungsverbot wird das Vorhaben damit gerecht.

7.4 Zur städtebaulichen und siedlungsstrukturellen Integration des Vorhabenstandorts

Gemäß den landes- und regionalplanerischen Vorgaben in Hessen müssen Vorha- ben mit nahversorgungsrelevanten Sortimenten eine enge räumliche und funkti- onale Verbindung zu bestehenden Siedlungsgebieten aufweisen. Vorhaben in Sondergebieten für den großflächigen Einzelhandel sind nur in den im Regional- plan ausgewiesenen „Vorranggebieten Siedlung“ zulässig. Großflächige Einzelhandelsvorhaben sind hinsichtlich ihrer Auswirkung auf die städtebauliche Entwicklung und die Ordnung und im Hinblick auf die Verkehrs- vermeidung städtebaulich zu integrieren. Sofern sie nicht in bestehende zentrale Versorgungsbereiche integriert werden können, sind Vorhaben an Standorte in einem baulich verdichteten Siedlungszusammenhang mit überwiegenden Wohn- anteilen zu lenken. Sowohl der Vorhabenstandort an der Friedrich-Ebert-Straße als auch der Standort Schmelzaue sind jeweils im Regionalplan Nordhessen als „Vorranggebiet Siedlung Bestand“ dargestellt. Eine fußläufige Erreichbarkeit des Vorhabenstandorts ist aus den nördlich sowie westlich gelegenen Wohngebieten gegeben. Beide Vor- habenstandorte sind demnach als siedlungsstrukturell integriert zu bezeichnen. Der bisherige von Tegut betriebene Lebensmittelmarkt ist seit vielen Jahren im Bewusstsein der Bevölkerung als Nahversorgungsstandort etabliert. Durch die geplante Verlagerung des Tegut-Verbrauchermarkts an den Standort Schmelzaue sowie der damit einhergehenden Nachnutzung des Standorts an der Friedrich- Ebert-Straße durch einen typähnlichen – jedoch redimensionierten - Lebensmit- telmarkt wird eine etablierter und in den Köpfen der Bevölkerung fest veranker- ter Lebensmittelstandort weiter genutzt sowie in einer raumverträglichen Dimen- sionierung – weit unterhalb der baurechtlichen Möglichkeiten - zukunftsfähig abgesichert. Es entsteht somit kein neuer Einzelhandelspol, vielmehr ist eine

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Vorprägung des Planstandortes selbst durch großflächigen Lebensmitteleinzel- handel bereits heute gegeben. Der Vorhabenstandort ist aus den angrenzenden Wohngebieten im modal split gut erreichbar. Eine Anbindung an den ÖPNV ist über die Bushaltestelle Indust- riestraße ebenfalls erfüllt.

In Bezug auf den geplanten Neubau von Tegut am westlichen Rand des Haupt- zentrums Treysa ergibt sich gegenüber den Voruntersuchungen aus 2014 (vgl. Verträglichkeitsanalyse Stadt + Handel) kein verändertes Bild. So ist im Lichte der Einbettung in die örtlichen Siedlungsstrukturen und der geplanten weiteren Verbesserung der Vernetzung der im Einzelhandelskonzept als Innenstadt- Erweiterungsbereich dargestellte Fläche mit den sonstigen Bereichen des Haupt- zentrums als integriert zu bewerten.

Beide Vorhaben tragen mit ihrer Sortimentsstruktur (90 % nahversorgungsrele- vante Sortimente) jeweils dazu bei, die wohngebietsbezogene Versorgung für den Stadtteil Treysa und für die Stadt Schwalmstadt insgesamt zukunftsfähig aufzustellen und damit nachhaltig zu sichern.

Das Vorhaben - mit den beiden Komponenten des Tegut-Neubaus und der Nach- belegung des Altstandorts durch einen kleineren typähnlichen Lebensmittelmarkt (Discounter) - entspricht dem siedlungsstrukturellen sowie dem städtebaulichen Integrationsgebot. Die beiden Standorte liegen jeweils im Vorranggebiet Sied- lung und dienen mit ihrem Sortimentskonzept (periodischer Bedarf: 90 % der VKF) nachweislich der verbrauchernahen Versorgung.

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7.5 Zur Kompatibilität mit dem kommunalen Einzelhandelskon- zept

Vorausgeschickt sei noch einmal darauf hinzuweisen, dass am Standort Friedrich- Ebert-Straße der Bebauungsplan Nr. 29.1 „Südlich der Friedrich-Ebert-Straße“ anwendungsrelevant ist. Fügt sich das Vorhaben der Nachnutzung des Tegut- Marktes durch einen anderen Lebensmittelmarkt in die bisherigen Festsetzungen ein, ist keine Planänderung erforderlich. Demnach wäre eine Prüfung des Vorha- bens mit den Vorgaben des Einzelhandels- und Zentrenkonzepts entbehrlich.

Der besagte Bebauungsplan weist ein Sondergebiet „Einkaufen“ aus. Im Sinne des B-Plans sind in dem Sondergebiet bei einer maximalen Bruttogeschossfläche von 3.600 qm sowohl Einzelhandelsbetriebe der Branche Lebensmittel, als auch sonstige Branchen des Einzelhandels als Nebensortiment der Lebensmittel mit maximal von je 100 qm Verkaufsfläche zulässig. Im Einzelhandelskonzept (EHK) für die Stadt Schwalmstadt aus dem Jahr 2014 wird der Vorhabenstandort an der Friedrich-Ebert-Straße als ergänzender Sonder- standort des Ortsteils Treysa bezeichnet, welcher durch Fachmärkte mit nicht- zentrenrelevantem Hauptsortiment und einem Lebensmittelmarkt vorgeprägt ist. Der Standort stellt eine bedeutende Einzelhandelsagglomeration in Schwalmstadt dar. Das Vorhaben wird die bestehende Vorprägung des Standortes durch die Nachnutzung eines anderweitigen Lebensmittelmarktes fortführen. Eine Neube- wertung dieser Vorhabenkomponente ist demnach nicht anzustellen. In Bezug auf das Vorhaben von Tegut am Standort Schmelzaue heißt es im Ein- zelhandels- und Zentrenkonzept 2014, S. 67: "Aus fachgutachterlicher Sicht kann somit die Integration des in Rede stehenden Standortes in den ZVB Hauptzentrum Treysa empfohlen werden, um somit auch langfristig die Versorgungsfunktion des Hauptzentrum Treysa zu sichern und gleichzeitig die zentren- und nahversorgungs- relevante Verkaufsfläche in städtebaulich nicht integrierter Lage nennenswert zu reduzieren." Der im EHK empfohlene "restriktive Umgang mit zentrenrelevanten Sortimenten" wird durch die Reduzierung der Verkaufsfläche am Standort Friedrich-Ebert- Straße ebenfalls Rechnung getragen. Trotzdem wird der im EHK geforderte Erhalt der Nahversorgungsstruktur erfüllt.

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Darüber hinaus wurde im Einzelhandelskonzept eine Reihe von Ansiedlungsleit- sätzen festgelegt. Im Folgenden werden die für das Vorhaben relevanten Leitli- nien aufgezeigt: Ansiedlungsleitsatz II:

Einzelhandel mit zentren- und nahversorgungsrelevantem Hauptsortiment ist primär in den zentralen Versorgungsbereichen Hauptzentrum Treysa und Nebenzentrum Ziegenhain anzusiedeln und auszubauen.

Die Ansiedlung des Tegut-Verbrauchermarkts am Standort Schmelzaue und somit direkt angrenzend – auf dem Entwicklungsbereich des zentralen Versorgungsbe- reichs entspricht dem Ansiedlungsleitsatz II umfänglich. Am Standort Friedrich- Ebert-Straße kommt es demgegenüber zu einer Verkaufsflächenreduzierung an einem bestehenden Einzelhandelsstandort (sowohl ggü. der Vornutzung durch Tegut, als auch ggü. dem maximal möglichen Baurecht). Das Gesamtvorhaben lässt sich demnach mit dem Ziel der Zentrenstärkung in Einklang bringen.

Einzelhandel mit zentren- und nahversorgungsrelevantem Hauptsortiment ist er- gänzend auf die bestehenden Nahversorgungsstrukturen, vor allem in städtebaulich integrierten Lagen, zu konzentrieren.

Im Sinne der Regionalplanung handelt sich bei dem Standort um einen städte- baulich und siedlungsstrukturell integrierten Standort, welcher bereits durch einen großflächigen Lebensmittelmarkt geprägt ist. Im Zuge der geplanten Ver- lagerung des Tegut-Verbrauchermarkts an den Standort Schmelzaue und der da- mit einhergehenden Nachnutzung des Altstandorts durch einen Lebensmittel- markt mit deutlich kleiner Verkaufsfläche findet eine zukunftsfähige Absicherung der Nahversorgung im nördlichen Stadtgebiet von Treysa statt. Der Standort ist bereits heute in den Köpfen der Bewohner fest verankert und als Nahversor- gungslage etabliert. Er trägt zur Sicherung der bestehenden flächendeckenden Nahversorgung in der Stadt Schwalmstadt bei. Zudem konnte ein Nachweis der Verträglichkeit des Vorhabens erbracht werden (vgl. Kapitel 6).

Ansiedlungssatz IV:

Zentrenrelevanter Einzelhandel ist als Randsortiment außerhalb der zentralen Ver- sorgungsbereiche nur in einer Größenordnung von bis zu 10 % der Gesamtverkaufs- fläche, höchstens jedoch im Umfang von 800 m², zulässig.

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Der Sortimentsschwerpunkt des Vorhabens liegt in den Bereichen Nahrungs- und Genussmittel sowie Drogeriewaren/Wasch-/Putz-/Reinigungsmittel. Damit stellen die beiden Vorhabenkomponenten jeweils typische Nahversorgungsanbieter dar. Der Verkaufsflächenanteil aperiodischer Randsortimente wird sowohl für den Le- bensmittelmarkt als auch für den Tegut-Verbrauchermarkt erfahrungsgemäß bei ca. 10 % (120 qm bzw. 180 qm) liegen.

Das Vorhaben ist mit den Zielsetzungen des Einzelhandelskonzepts für die Stadt Schwalmstadt aus dem Jahr 2014 kompatibel. Dies ist insbesondere auf den Ver- kaufsflächenrückbau am Standort Friedrich-Ebert-Straße um -45 % (bezogen auf die heutige VKF-Größe von 2.240 qm VKF) i.V.m. der weiteren Stärkung des ZVB Hauptzentrum Treysa zurückzuführen.

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8 Fazit

Gegenstand der vorliegenden Untersuchung war die Ansiedlung eines Lebensmit- telmarkts mit rd. 1.200 qm Verkaufsfläche zuzüglich einer Bäckerei mit rd. 40 qm Verkaufsfläche am Standort Friedrich-Ebert-Straße 90 im Schwalmstädter Stadt- teil Treysa. Derzeit wird die Immobilie durch einen Tegut-Verbrauchermarkt (inkl. Bäckerei und Getränkemarkt) genutzt, welcher jedoch eine Verlagerung an den Standort Schmelzaue (angrenzende Entwicklungsfläche des Hauptzentrums) an- strebt.

Im Zuge der Verlagerung ist für den Tegut-Markt (inkl. Bäckerei) eine Reduzie- rung der Verkaufsfläche von derzeit rd. 2.240 qm auf 1.860 qm vorgesehen. Ins- gesamt beträgt somit die zusätzliche Verkaufsfläche des Gesamtvorhabens durch die Vorhabenrealisierung rd. +860 qm. Das Vorhaben am Standort Friedrich- Ebert-Straße soll über den bestehenden Bebauungsplan (Festsetzung einer max. Bruttogeschossfläche von 3.600 qm, insbes. für Einzelhandelsbetriebe der Bran- che Lebensmittel) realisiert werden, bzw. über die Neuaufstellung eines rechtssi- cheren B-Plans erfolgen. Für das Vorhaben am Standort Schmelzaue soll ein Be- bauungsplan mit Ausweisung eines Sondergebiets für den großflächigen Einzel- handel aufgestellt werden.

In der kumulativen Betrachtung waren beide Vorhaben nach § 11 Abs. 3 BauNVO i.V.m. § 1 Abs. 6 Nr. 8a BauGB und § 1 Abs. 4 BauGB zu beurteilen. In der Bewertung ist Folgendes festzuhalten:

 Die sozioökonomischen Rahmenbedingungen im Untersuchungsraum sind durch eine rückläufige Einwohnerentwicklung sowie durch ein unterdurch- schnittliches einzelhandelsrelevantes Kaufkraftniveau gekennzeichnet.

 Auf einer nahversorgungsrelevanten Verkaufsfläche von insgesamt rd. 16.900 qm innerhalb des prospektiven Einzugsgebiets werden aktuell (2018) rd. 78 Mio. € Umsatz generiert. Sowohl die Verkaufsflächenausstattung als auch die Zentralität deuten bei den nahversorgungsrelevanten Sortimenten auf eine bereits hohe Attraktivität des Angebotes hin.

 Das Kundenpotenzial des Gesamtvorhabens in 2020 beträgt knapp 19.100 Personen. Das vorhabenrelevante Nachfragepotenzial im Einzugsgebiet wird in 2020 auf rd. 99 Mio. € sinken. Davon sind rd. 51 Mio. € dem periodischen bzw. nahversorgungsrelevanten Bedarfsbereich zuzurechnen.

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 Nach den Modellrechnungen errechnet sich im worst-case durch das Gesamt- vorhaben der Verlagerung des Tegut-Verbrauchermarkts inkl. Verkaufsflächen- reduzierung sowie der Nachnutzung durch einen Lebensmittelmarkt am Alt- standort ein zusätzliches Umsatzpotenzial von insgesamt rd. 6,6 Mio. € (rd. 6,1 Mio. € im periodischen Bedarfsbereich). Das entspricht einem Marktan- teilzuwachs im periodischen Bedarfsbereich im Einzugsgebiet von rd. 10 %- Punkten.

 Die Umsatzumverteilungswirkungen durch das Gesamtvorhaben erreichen nach den Prognosen von Dr. Lademann & Partner im Segment des nahversor- gungsrelevanten Bedarfsbereichs im standortspezifischen worst-case Werte von im Schnitt rd. 8 %. Ein Umschlagen der absatzwirtschaftlichen Auswir- kungen des Vorhabens in städtebauliche oder raumordnerische Wirkungen im Sinne einer Funktionsstörung der Nahversorgung und der zentralen Versor- gungsbereiche innerhalb des Einzugsgebiets kann ausgeschlossen werden. Das Beeinträchtigungsverbot steht demnach der Umsetzung beider Vorha- benkomponenten nicht im Wege.

 Durch den Neubau von Tegut im Hauptzentrum Treysa und der deutlichen Verkaufsflächenreduzierung am Altstandort wird zugleich den Zielen der Ein- zelhandelsentwicklung Rechnung getragen. Das Vorhaben ist mit dem Einzel- handelskonzept für die Stadt Schwalmstadt in Einklang zu bringen. Ergän- zend ist darauf hinzuweisen, dass der Erhalt des Standortes Friedrich-Ebert- Straße als Nahversorgungsstandort zugleich auch für die Zukunftsfähigkeit des Hagebaumarkts eine entscheidende Rolle spielt. Gerade in Zeiten des stärker werdenden Online-Handels speziell in ländlichen Gebieten werden neben den Innenstädten auch Handelsagglomerationen für den stationären Handel eine immer wichtigere Rolle einnehmen.

 Das Vorhaben wird auch den übrigen landes- und regionalplanerischen Bestimmungen gerecht. Es stimmt mit dem Zentralitäts- und Kongruenzgebot und mit dem städtebaulichen und siedlungsstrukturellen Integrationsgebot überein.

Hamburg, 19. Juni 2018

Sandra Emmerling David Kamin Dr. Lademann & Partner GmbH

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