III Ikonographie
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III Ikonographie „Nicht wenn brandend heran das Meer wälzt all sein Wogen, Nicht wenn Germanien schickt her uns den völligen Rhein, Beugt Romas Kraft, so lang an dem rechten Regierer Caesar muthig sie hält, treu in bewährtem Vertraun.“ Anth. Pal. 9,291 (Krinagoras)1 Der römische Barbaren-2 und Germanenbegriff Für die Römer hatte der aus dem Griechischen entlehn- sierung erfolgt in den Perserkriegen, aber es kommt te Begriff barbari die Bedeutung der außerhalb des noch zu keiner Herabsetzung des Gegners. Aischylos Imperiums lebenden, insbesondere europäischen hat in dem Stück „Die Perser“ Asia und Europa gleich- Menschheit, dann auch weiters „das östliche Gegenüber wertig dargestellt. Erst im Verlaufe des 5. Jhs. v. Chr. von Parthern und Sassaniden“ 3. Barbaren stellen eine entwickelt sich allmählich ein entschieden pejorativer Gegenwelt4 dar (G. Dobesch). Sie sind oder gelten noch Charakter des Barbarenbegriffes. Im 4. Jh. v. Chr. im Lauf des 5. Jhs. oft als „rechtlos, untreu, feindlich, kämpft Demosthenes darum, die Makedonen als Bar- aggressiv“, Attribute, die sich fast beliebig vermehren baren zu brandmarken. Alexandros, König der Make- ließen. Im alten Griechenland ist der Barbar derjenige, donen, durfte wiederum bei den Olympischen Spielen der nicht Griechisch zu sprechen vermag. Eine Polari- antreten, weil seine Abstammung von Herakles als ge- 1 Schneider, BB 42 mit Anm. 189. Die altertümliche Übertra- (1972) (= Fontes et commentationes, Suppl. 1) 146 ff.; H. gung des Textes nach Th. Mommsen. Kuch, Die ‘Barbaren’ und der antike Roman, Altertum 35, 2 Die Literaturliste zum antiken – und nicht nur dem antiken 2, 1989, 80 ff.; H. H. Bacon, Barbarians in Greek Tragedy – Barbarenbegriff ist endlos. Zu dieser Frage generell Do- (1961); H. Bengtson, Hellenen und Barbaren. Kleine Schrif- besch, „Barbaricum“ bes. 7 ff. Eine groß angelegte Relativie- ten zur Alten Geschichte (1974); F. Heubner, Studien zum rung des Barbarenbegriffes findet sich ebenda auf den folgen- Barbarenbegriff bei Herodot, in: E. Kluwe (Hrsg.), Kultur den Seiten. – D. Timpe, Rom und die Barbaren des Nordens, und Fortschritt in der Blütezeit der griechischen Polis (1985) in: M. Schuster (Hrsg.), Die Begegnung mit dem Fremden. 91 ff.; Chr. Lacy, The Greek View of Barbarians in the Hel- Wertungen und Wirkungen in Hochkulturen vom Altertum lenistic Age, as derived from Representative Literary and bis zur Gegenwart, Colloquium Rauricum 4 (1996) 34 ff.; Artistic Evidence from the Hellenistic Period, Ph.D. Univer- Kaufmann, Studien 79 Anm. 1 (Literaturangaben) und 271 sity of Colorado at Boulder (1976); G. Heinrich, Der Grie- mit Anm. 863; Speyer – Opelt 1992; Schneider 1992; W. chen-Barbaren-Gegensatz (1988); R. Zahn, Die Darstellung Pohl, Barbarenkrieger: Wahrnehmungen und Wirklichkei- der Barbaren in griechischer Literatur und Kunst der vorhel- ten, in: H. W Böhme – C. von Carnap (Hrsg.), Römische lenistischen Zeit (1896); J. A. Ostrowski, Simulacra Barbar- und germanische Bewaffnung, Symposion Marburg/Lahn orum. Some Questions of Roman Personifications, in: Akten 1994 (1994) 155 ff.; von See, Barbar bes. 37 ff., ebenda 52 des XIII. Internationalen Kongresses für Klassische Archäo- ff. zum sprachlichen Hintergrund des Begriffes ‘Barbar’; logie Berlin 1988 (1990) 566 f.; J.-M. Pape, Studien zu den Schneider, BB 17 mit Anm. 6 (Literaturangaben); W. Nip- römischen Sarkophagen des 2. und 3. Jh. n. Chr. (un- pel, Griechen, Barbaren und »Wilde«. Alte Geschichte und gedruckte Diss. Freiburg 1981) bes. 168 ff. „Zum Problem Sozialanthropologie (1990); R. Bichler, Der Barbaren-Begriff der römischen Barbarencharakterisierung“; J. Burian, Der des Herodot und die Instrumentalisierung der Barbaren- Gegensatz zwischen Rom und den Barbaren in der Historia Topik in politisch-ideologischer Absicht, in: I. Weiler Augusta, Eirene 15, 1977, 55 ff. – z. T. umfassende Beiträge (Hrsg.), Soziale Randgruppen und Außenseiter im Altertum in diversen Lexika, z. B. LThK (1957; 1986) 1235 s.v. Barbar (1988) 117 ff.; A. Dihle, Die Griechen und die Fremden (E. Pax); RAC I (1950) 1173 ff. s.v. Barbar (J. Jüthner); RGA (1994); B. Funck, Studie zu der Bezeichnung bárbaros, in: 2 (1976) 49 f. s.v. barbarus (P. G. Schmidt); Lexikon des E. Chr. Welskopf (Hrsg.), Soziale Typenbegriffe. Untersu- Mittelalters I (1980) 1434 ff. s.v. Barbaren (G. Vismara); NP chungen ausgewählter altgriechischer sozialer Typenbegriffe II (1997) 439 ff. s.v. Barbaren (V. Losemann). und ihr Fortleben in Antike und Mittelalter, Soziale Typen- 3 s. Dobesch, „Barbaricum“ bes. 8. begriffe im alten Griechenland und ihr Fortleben in den 4 Platon hatte klar zwischen der hellenischen und der barbari- Sprachen der Welt Bd. 4 (1981) 26 ff.; H. Dörrie, Die Wer- schen Welt unterschieden. Zwischen diesen beiden Welten tung der Barbaren im Urteil der Griechen. Knechtsnaturen? bestünde „von Natur aus Feindschaft“ (pol. 470C – 471A). oder Bewahrer und Künder heilbringender Weisheit?, in: – F. Weber, Platons Stellung zu den Barbaren (1904). Antike und Universalgeschichte, Festschrift H. E. Stier 90 Ikonographie Der römische Barbaren- und Germanenbegriff 91 geben angesehen wurde. Im 3. Jh. – zwischen 230 und Es geht bei den allermeisten römischen Germanen- 200 v. Chr. – werden Römer wie Griechen behandelt. bildern – wie überhaupt bei den ‘Barbarenbildern’ der Dionysios von Halikarnassos gibt sich Mühe, nachzu- Antike – um den Ausdruck einer Gegensätzlichkeit10: weisen, dass Rom eine griechische Stadt ist. Die Römer treten den Germanen entgegen, und selbst Der von den Griechen geschaffene Begriff ‘Barbaren’5 da, wo die Römer im Bild nicht auftreten, sind sie kann als eine Art „Parole der antiken Kultur“ (J. Vogt) dennoch präsent. Wertungen des Fremden können im gesehen werden, die an die nachfolgenden europäischen persönlichen Erfahrungshorizont begründet sein. Der Völker weitergegeben bzw. von diesen übernommen Bogen spannt sich dabei über Jahrhunderte, das zeigt wurde6. Xenophobie ist keine neuzeitliche Erschei- zum Beispiel Sidonius Apollinaris in seiner Einschät- nung7. zung der Burgunder, die selbst als Alliierte der Römer Den Barbarenbegriff 8 verwende ich ohne wertende keine positive Bewertung erfahren; nur die Elite des Absicht. Er ist – gleichsam als Gattungsbegriff eines Königshauses wird von Sidonius positiv charakteri- nichtrömischen (bzw. nichtgriechischen) Menschenbil- siert11. des – dann notwendig, wenn nicht sicher zuzuweisende Zweifellos waren es nicht die Barbaren – zumindest Figurentypen anzusprechen sind. Wenn er in antikem nicht als alleiniger Faktor –, die das Ende des Weströ- Zusammenhang erscheint, so ist er in diesem Rahmen mischen Reiches herbeigeführt haben12. gewertet, nämlich meist pejorativ. Er wird hier in kei- Was umfasste der antike Germanenbegriff?13 nem wertenden Zusammenhang hinsichtlich irgend- Es ist dies eine grundsätzliche Frage, nämlich welche eines bestimmten kulturellen, geistigen oder histori- Völkerschaften man zu den germanischen zählen darf, schen Bereiches benutzt. Wenn überhaupt, so können und ab welchem Zeitpunkt in der Geschichte dies legi- Kulturen allein aus sich selbst heraus begriffen und in tim ist. sich gewertet werden, nicht jedoch in einem generellen Aus philologischer Sicht scheint klar zu sein, dass die Vergleich zwischen grundsätzlich ganz verschiedenen Germanen ein Sprach- und Volkszweig der westlichen Erscheinungsformen9. indogermanischen bzw. besser indoeuropäischen Völker- 5 Verschiedene Haltungen zu ‘Barbaren’ gab es bekanntlich Heinen ebenda 56), geht sie, wenn auch bewusst, an der bereits bei den Griechen. So ist z. B. für Thales, Sokrates und historischen Wirklichkeit vorbei, denn diese war nun einmal Platon ein Ausdruck hybrider Mentalität bezeugt (vgl. Dio- von diesen Gegensätzlichkeiten geprägt, was schließlich im genes Laertius, 1,33 = fr. 11 A 1 Diels – Kranz), ähnlich auch Bild zum Ausdruck kommt. Aber auch in einer bestimmten Aristoteles (Pol. 1252 b 9 und Pol. 1285 a 20). Eher ‘univer- ethnographischen Begrifflichkeit kann es sich ausdrücken, salhumanistische’ Einstellungen kennzeichnen die Sophisten etwa im Begriffspaar ‘Gallia Comata’, was aber nicht vorder- (z. B. Antiphon, Diels – Kranz, Vorsokratiker 87 B 44 und gründig negativ gemeint sein muss. – W. Goffart in: Chrysos B 2, 10). – Schwarcz, Reich 96 zum Barbarenbegriff als ‘contrast term’ 6 Vogt, Kulturwelt 7. (wir – die anderen; vgl. auch von See, Barbar 43, „Gegen- 7 I. Weiler, Zur Xenophobie und ähnlichen Einstellungen welt“). Zu den Verhältnissen bes. im 5. und 6. Jh. n. Chr. F. gegenüber dem Fremden bei den Völkern der Alten Welt – Winkelmann, Die Bewertung der Barbaren in den Werken Eine Anregung für den Geschichtsunterricht, in: W. der oströmischen Kirchenhistoriker, in: Chrysos – Schwarcz, Höflechner u. a. (Hrsg.), Domus Austriae. Eine Festgabe H. Reich 221 ff. („Wie Beispiele aus dem Bereich des Oriens chris- Wiesflecker zum 70. Geburtstag (1983); ders., Fremde als tianus zeigen, konnte sich der Barbarenbegriff später auch gegen stigmatisierte Randgruppe in Gesellschaftssystemen der seine Erfinder richten“, ebenda 223 mit Anm. 26). Alten Welt, in: Die Antike und Europa, Zentrum und Peri- 11 Siehe dazu Kaufmann, Studien bes. 151. pherie in der antiken Welt, Beiträge vom 17. Internationalen 12 Vgl. den kurzen kritischen Essay von J. Fontana in: Lutter Eirenekongreß Berlin 1986, Klio 71, 1, 1989, 51 ff. – Reimitz 23 ff. – A. Demandt, Der Fall Roms. Die Auflö- 8 W. Speyer – I. Opelt in: RAC Suppl. 1 (1992) 811 ff. s.v. sung des römischen Reiches im Urteil der Nachwelt Barbar I; R. M. Schneider