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SWR2 Musikstunde

"Weit mehr als nur die Beatles!“ Die Abbey Road Studios London (1-5) „Wir waren die Elite“ - von Musikern und Produzenten (3)

Von Antonie von Schönfeld

Sendung: Mittwoch, 04. März 2015 9.05 – 10.00 Uhr Redaktion: Ulla Zierau

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SWR2 Musikstunde mit Antonie v. Schönfeld

Mittwoch, 4. März 2015, 9.05-10.00

"Weit mehr als nur die Beatles!“

Die Abbey Road Studios London (1-5)

III. „Wir waren die Elite“ - von Musikern und Produzenten

Signet heute im London der 40er und 50er Jahre, und hier hinter den Kulissen der Abbey Road Studios.

Dazu begrüßt Sie am Mikrophon - AvS

Titelmelodie

Ein Mitarbeiter der Abbey Road Studios erinnert sich an Weg zur Arbeit in den sechziger Jahren: „Ich bin meist zu Fuß zur Abbey Road gegangen, von der alten U-Bahn-Station Marlborough aus, und dabei habe ich oft gesehen, wie die Butler in voller Montur - mit steifen Krägen und im langen Cutaway - morgens als erstes die Zeitungen von der Türschwelle hereingeholt haben. Dann trudelten langsam die Ladies ein, - einige der Aristokraten und der Parlamentsmitglieder hielten sich in St Johns Wood eine ‚pretty little Lady’. Ich erinnere mich noch, dass - als das so los ging - jemand zu mir sagte: `Die einzigen Leute in St Johns Wood sind Huren und Künstler´.“

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______Musik 1 Eric Coates 4´29 CD3 <17> The Merrymakers London Symphony Orchestra (recorded Abbey Road No. 1 Studio 5/1956) Ltg. EMI 0 98194 2, LC 6646 ______

Bekannt geworden sind die Londoner Abbey Road Studios durch die Beatles, die hier in den 60er Jahren die meisten ihrer Platten aufgenommen haben. Ursprünglich gebaut aber wurden die Studios für klassische Musik, für Solisten, Chöre, Kammermusik, Streichensembles mit oder ohne Klavier - und natürlich für Klavier Solo! - und für das große Sinfonieorchester: dieser Musikbereich hat die Aufnahmepläne in der Abbey Road bestimmt bis weit in die 50er Jahre: Mozart, Brahms und Vaughan Williams standen hier neben Werken der sog. leichteren Muse, Stücke von Arthur Sullivan oder Eric Coates. -Das London Symphony Orchestra hat gerade die Ouvertüre The Merrymakers von Eric Coates gespielt, ein früher Erfolg des britischen Komponisten.

In den 40er und auch noch zu Beginn der 50er Jahre galt bei der Studioeinteilung die lockere Regel, dass im großen Studio 1 hauptsächlich Orchester oder Chöre aufnahmen - oder auch beides zusammen: in Studio 1 passen über 200 Musiker!; in Studio 2 waren es die Big Bands - die Pop-Musik der damaligen Jahre - und in Studio 3 wurden vor allem Solisten und Klavier-Recitals aufgenommen.

Dieses Studio 3, das kleinste von allen, hatte von Anfang an eine hervorragende Akustik. Anders Studio 1, hier hat es Probleme gegeben: Die Firma, die für die Akustik zuständig war, hatte hier - an den Wänden und auf dem Dach - ein Schall-dämmendes Material verwendet, das seinen Zweck nur zu gut erfüllte: David Bicknell, einer der Produzenten, meinte, der Raum habe eine “völlig tote Akustik“! Geändert wurde das erst nach dem Krieg, erst dann ist das Dämmmaterial herausgenommen und aufwendig ersetzt worden durch neues Material, das 4 einen gewissen Resonanz-Faktor hatte, - erst seitdem hat „Studio One“ seine vielgelobte gute Akustik:

In den 50er Jahren hat das London Symphony hier viele Stücke aus der Unterhaltungs-Branche eingespielt, aus dem großen Bereich der „British Light Music“ und gerade die Stücke von Eric Coates sind vielen Briten der Nachkriegsjahre noch im Ohr, sie sind damit groß geworden: Von Coates stammt der berühmte Knightsbridge March, der Jahrzehnte lang die beliebte BBC-Radiosendung „In Town Tonight“ eröffnet hat: In die Sendung wurden berühmte Leute, ‚Celebrities’, die gerade in London waren, eingeladen und interviewt. Und von Coates stammt auch die Kennmelodie zu „Desert Island Discs“: Da geht es um die Auswahl von Aufnahmen, die man auf die berühmte einsame Insel mitnehmen würde: By the Sleepy Lagoon:

______Musik 2 Eric Coates 3´02 CD3 <19> By the Sleepy Lagoon London Symphony Orchestra (recorded Abbey Road No. 1 Studio 5/1956) Ltg. Charles Mackerras EMI 0 98194 2, LC 6646 ______

Die Geschichte der Abbey Road Studios lässt sich auch als eine Art Spiegel der britischen Musik und Musikkultur im letzten Jahrhundert lesen, neben den großen Klassikern, die hier eingespielt wurden gehörten eben auch Stücke dazu wie By the Sleepy Lagoon von Eric Coates, gerade gehört in einer Aufnahme von 1956 aus ‚Studio One’ mit dem London Symphony Orchestra.

Und sie zeigt die rasante Entwicklung der Aufnahmetechnik - an der die Abbey Road Studios ihren Anteil haben - die hier allerdings nur stichwortartig verkürzt angerissen werden kann: Es war die Entwicklung von von der akustischen zur elektrischen Aufzeichnung, 5 von Wachs zu Tonband, von den verschiedenen Abspiel-Geschwindigkeiten, vom Formatwechsel - von der Single zur Langspielplatte (der bei der EMI fast verschlafen worden wäre), von der Erfindung „Stereo“, die der Elektroingenieur Alan Blumlein entwickelt hat, der in enger Verbindung mit den Abbey Road Studios stand - 1955 wurde stereo hier benutzt - bis hin zur Digitaltechnik und dem großen Bereich des Re-Masterns von alten Aufnahmen.

Manchmal hatten andere Studios die Nase vorn, häufig aber war es die Abbey Road, in vielen Bereichen hatten sie eine Vorreiterrolle. -Wenn wir heute allerdings Bilder der Regieräume in den Studios der 40er oder 50er Jahre sehen, dann wirken die Mischpulte mit ihren wenigen Knöpfen und Drehrädern (bedient von Männern in weißen Kitteln) eher archaisch, - damals war das der neueste Stand der Technik.

Eine große Vereinfachung beim Aufnehmen selbst bedeutete der Wechsel von der Wachs-Aufzeichnung zum Bandmaterial: Wenn eine Aufnahme mit dem Wachs-System einmal lief, dann lief sie. Diese Aufnahmen gingen nur in ganzen ‚takes’, war die Aufnahme einmal begonnen, gab es keine Möglichkeit, anzuhalten und von vorne zu beginnen - es war eine Art „straightforward recording“, - Augen zu und durch! Fehlstarts waren entsprechend aufwändig.

Aus der heutigen Sicht sind viele Dinge kaum mehr vorstellbar, aber letztlich waren es nur wenige Jahrzehnte von Thomas Edison, dem Erfinder der Schallaufzeichnung und des Phonographen, über Emil Berliner, den Erfinder der Schallplatte, bis hin zu den Musikaufnahmen der 40er Jahre:

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______Musik 3 Lord Berners (1883-1950) 2´07 CD6 <8> Schottische aus: The Triumph of Neptune - Ballet Suite London Philharmonic Orchestra Ltg. Sir rec. 20. December 1947, No.1 Studio, Abbey Road EMI 0 909926 2, LC 6646 ______

- Wenn hier nicht jeder Ton sitzt, die Intonation nicht hundertprozentig sauber ist und der Rhythmus sich auch mal hörbar verschiebt, dann hören wir das genau so, wie das London Philharmonic Orchestra unter Sir Thomas Beecham diesen Satz eingespielt hat: den „Schottischen (Tanz)“ aus der Ballet-Suite Der Triumph des Neptun von Lord Berners.

Das ist eine „ehrliche Aufnahme“, 1:1 wie Thomas Beecham und seine Musiker im Dezember 1947 in Studio 1 der Abbey Road gespielt haben. Den Beruf des „Tonmeisters“, den heute so wichtigen Vermittler zwischen künstlerischem Anspruch und technischer Umsetzung bei einer Aufnahme oder Übertragung, gab es noch nicht, die Idee dazu lag allerdings schon in der Luft: Nur wenige Jahre später wurde in Deutschland der erste „Studiengang Musikübertragung“ etabliert.

______Musik 4 Lord Berners (1883-1950) 1´53 CD6 <12> Intermezzo aus: The Triumph of Neptune - Ballet Suite London Philharmonic Orchestra Ltg. Sir Thomas Beecham rec. 20. December 1947, No.1 Studio, Abbey Road EMI 0 909926 2, LC 6646 ______

Noch einmal das London Philharmonic mit einem ein Ausschnitt aus der Ballett-Suite Der Triumph des Neptun von Lord Berners.

- hat Sir Thomas Beecham als einen heiteren, unbeschwerten Menschen beschrieben, der eine bestimmte Art von „tiefernst“ - Menuhin 7 gebraucht hier den deutschen Begriff - immer abgeschüttelt hätte. Und Beecham hat es geliebt, auch schon vor den eigentlichen Aufnahmen die Abläufe zu dirigieren: Wenn er morgens zum Aufnahmetermin in die Abbey Road kam - fast immer zu spät! - und beispielsweise alles für eine Brahms-Sinfonie vorbereitet war, die Musiker saßen, die Noten auflagen, die Mikrophone entsprechend bestimmter Bläserstellen aufgestellt waren, - dann warf Beecham gerne alles um und kündigte an, nein, keinen Brahms, jetzt würde Bizet aufgenommen! Oder ein Stück von Frederic Delius, für dessen Werk sich Beecham zeitlebens eingesetzt hat.

- Die Mitarbeiter und Techniker hat das oft Nerven gekostet - und Zeit: Der Orchesterwart hat jetzt die gewünschten Noten besorgt, die Mikrophone sind neu positioniert worden usw. Chaos, Gewusel und ein durchaus amüsierter Sir Thomas Beecham mittendrin. Meist stand allerdings mehr dahinter als nur reiner Aktionismus: Beecham hatte eine ganz genaue Vorstellung davon, wie eine Aufnahme- Session ablaufen sollte und was er beispielsweise zur Vorbereitung spielen lassen wollte.

Seine Art zu proben galt als durchaus unkonventionell: In einem Interview von 1958 beschreibt er, wie Proben bei ihm häufig abliefen:

„Ich nehme entweder eine Mozart Sinfonie oder eine Tondichtung von Strauss, dann lasse ich das ganze Stück durchspielen, wirklich das ganze. Das Orchester macht ein paar Fehler, natürlich. Ich lasse das Stück ein zweites Mal spielen - das Orchester macht keine Fehler. Dann nehme ich paar schwierige, kleinere Stellen heraus, arbeite an Präzision und Betonungen, ein paar Mal, und dann bin ich bereit für die Aufführung.“

Beispielsweise von Summer Evening, einem frühen Stück von Frederick Delius, 8 das Beecham selbst ediert und arrangiert hat:

______Musik 5 Frederick Delius (1862-1934) 6´18 CD2 <2> Summer Evening Royal Philharmonic Orchestra Ltg. Sir Thomas Beecham rec. 31. October 1956, No.1 Studio, Abbey Road EMI 0 909918 2, LC 6646 ______

Das geht sehr leise zu Ende: Summer Evening von Frederick Delius.

Die dominierende Rolle, die Sir Thomas Beecham zu seiner Zeit in der Musikszene hatte, ist heute kaum mehr im Bewusstsein, Beecham stand auf einer Bühne mit Toscanini, Furtwängler und . Hier hat er das Royal Philharmonic Orchestra geleitet, eines von vier Orchestern, die er im Laufe seiner Karriere gegründet hat.

Beecham gehört zu den Pionieren der Aufnahmetechnik, er war ein belesener, gebildeter, weitgereister Musiker, der Züge eines Autokraten mit einem gleichzeitig umgänglichen Wesen verband, anders als sein Kollege , - auch wenn er gern seinen Willen bekam. Die familiäre Atmosphäre in den Abbey Road Studios hat er geliebt. -Einer der langjährigen Produzenten der EMI, David Bicknell, der viel und gerne mit „Tommy Beecham“ (wie er sagt) zusammengearbeitet hat, attestiert ihm das ‚gewisse Etwas’, einen ‚Glanz’, den seine Aufnahmen hätten.

Noch in den siebziger Jahren hat den älteren Kollegen hoch gelobt: Bei Sir Thomas Beecham sei alles Selbstparodie gewesen, „aber in dem Moment,“ so Gardiner, „in dem er den Taktstock nimmt und beginnt - nicht was er sagt, sondern wie er dirigiert, da spürt man, dass er eine Wendung eleganter 9 zeigt, mit mehr wirklichem Gespür für Geschmack und Anmut und den reinen Zauber der Musik als jeder andere Dirigent.“

______Musik 6 Frederick Delius (1862-1934) 3´50 CD1 <30> Marche Caprice Royal Philharmonic Orchestra Ltg. Sir Thomas Beecham rec. 31. October 1956, No.1 Studio, Abbey Road EMI 0 909918 2, LC 6646 ______

„Die Company hat es immer als ein Privileg angesehen, die Kunst eines so großen Musikers und einer so großen Persönlichkeit bewahren und verbreiten zu dürfen.“ so heißt im Nachruf der EMI auf Sir Thomas Beecham, der 1961 gestorben ist.

Hier leitete er in einer Aufnahme von 1956 noch einmal das Royal Philharmonic mit Marche Caprice von Frederick Delius.

-Laut Produzent David Bicknell hat Sir Thomas Beecham viel zum Prestige von HMV beigetragen, von His Masters Voice, einem der Label der EMI:

„Wir waren die Elite“, schreibt Bicknell, „Es gab eine Zeit, da war es für erstklassige Musiker gar nicht möglich, im klassischen Bereich Karriere zu machen ohne (für uns) für HMV aufzunehmen.“ (soweit Bicknell)

Aber auch die Verantwortlichen bei der EMI, ob sie nun für HMV oder das Partnerlabel Columbia gearbeitet haben - beide konkurrierten übrigens um die besten Künstler! -, auch die Mitarbeiter und Produzenten sorgten für den Erfolg der Firma und der Studios, vor allem, wenn sie Instinkt hatten als „Talent- Scouts“ ( -wie wir heute sagen würden). 10

Einen solchen Spürsinn für Musiker hatte und hatten später David Bicknell und - wie er von einem Kollegen genannt wurde - die „Primadonna der Welt der Klassik“ : Bicknell und Legge gehörten beide nach dem Krieg zur ‚Abteilung für Internationale Künstler’: Ihre Aufgabe war es, vielversprechende Musiker zu entdecken und wenn möglich für Aufnahmen zu verpflichten. Dafür wurden sie auf den Kontinent geschickt, David Bicknell hat sich erinnert:

„Ich ging nach Italien und die erste Person, die ich ausfindig gemacht habe, war der Dirigent , der großes Talent hatte und geradezu erpicht darauf war, mit uns zusammenzuarbeiten, - so gut war die Reputation der EMI und die Qualität unserer Aufnahmen damals. Walter Legge wurde nach Wien geschickt und hier konnte er fast alle deutschen Sänger verpflichten, die sich während der Kriegsjahre einen Namen gemacht hatten.“

Und dazu gehörte auch , die 1947 zum ersten Mal auf der Bühne des in London stand als Donna Elvira in Mozarts :

______Musik 7 3´45 CD2 <32> Mi tradì quell’alma ingrata aus: Don Giovanni Elisabeth Schwarzkopf, Sopran Ltg. Carlo Maria Giulini (recorded No. 1 Studio, Abbey Road 10+11/1959) EMI 5 67869 2, LC 6646 ______

Mi tradì quell’alma ingrata - Der undankbare Schuft hat mich betrogen - 11

Elisabeth Schwarzkopf als Donna Elvira in Mozart’s Don Giovanni zusammen mit dem Philharmonia Orchestra.

Diese Oper ist 1959 im Studio 1 der Abbey Road aufgenommen worden. Die Leitung hatte Carlo Maria Giulini, den David Bicknell zehn Jahre früher für die EMI entdeckt hatte, der Produzent der Oper aber war Walter Legge, - er hatte die Schwarzkopf entdeckt.

Aus der beruflichen Verbindung zwischen Schwarzkopf und Legge wurde übrigens mehr: Die Sängerin und der Produzent haben 1953 in in England geheiratet und Legge hat immer auch Einfluss ausgeübt auf ihre Gesangskarriere: Das Silbrig-Kühle ihrer schönen Stimme wurde geradezu das Markenzeichen der Schwarzkopf, genauso wie die leicht distanziert wirkende Art ihrer Auftritte.

Von Walter Legge stammt auch die Idee, sich im Bereich der Oper auf einige wenige Paraderollen zu beschränken. Viele Opernfreunde verbinden noch heute im Rückblick mit Elisabeth Schwarzkopf vor allem die Rollen der Donna Elvira in Don Giovanni und die der Fiordiligi aus Così fan tutte, und in den Opern von die Gräfin in und im Rosenkavalier die Marschallin. - Die Präsenz dieser Sängerin wurde dadurch ermöglicht, dass ihre Karriere mit dem Aufschwung der Schallplatte zusammenfiel und dadurch hervorragend dokumentiert ist. Neben der Oper aber hat Elisabeth Schwarzkopf auch eine andere Gattung immer hoch geschätzt: Sie war eine der ganz großen -Sängerinnen des letzten Jahrhunderts:

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______Musik 8 Johannes Brahms (arr. Mackerras) 2´52 CD4 <1> Sandmännchen aus: 14 Volkslieder Elisabeth Schwarzkopf, Sopran Philharmonia Orchestra Ltg. Charles Mackerras (recorded No. 1 Studio, Abbey Road 6/1957) EMI 0 98194 2, LC 6646 ______

Sandmännchen - eines der 14 Volkslieder von Johannes Brahms, hier mit Elisabeth Schwarzkopf und dem Philharmonia Orchestra unter Charles Mackerras, aufgenommen in der Abbey Road mit Walter Legge als Produzent.

Bei der Aufnahme von Opern war es Legge als Produzent wichtig, dass den Sängern die veränderte Situation bewusst war: Denn dem Hörer einer Schallplatten-Aufnahme - im eigenen Wohnzimmer - fehlte die Bühne, die Sänger sollten lernen, die Geschichte, das Bühnengeschehen in ihre Stimme zu legen und rein über den Klang zu transportieren. Dazu Elisabeth Schwarzkopf: „Sie (-die Hörer-) müssen hören, was die Situation ist, Sie müssen die Handlung hören! (...) Es muss in der Stimme die Handlung, die Umgebung, die Tageszeit (liegen), man muss verstehen, ob es Nacht oder Tag oder frühmorgens ist, lauter solche Sachen (...).

Und über ihre Kollegin hat Elisabeth Schwarzkopf gesagt, dass deren große Kunst, einen Charakter in einem Recitativo innerhalb von drei Tönen darstellen zu können, mit auf diese Art der Arbeit mit Walter Legge zurückgeht.

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______Musik 9 1´43 Cabaletta der Elvira aus: Ernani 1. Akt Maria Callas, Sopran Philharmonia Orchestra Ltg. Nicola Rescigno (recorded No. 1 Studio, Abbey Road 1958) M0082662 003 EMI CDC 555016 2, LC 6646 ______

Maria Callas mit der Cabaletta der Elvira aus dem 1. Akt der Oper Ernani von Giuseppe Verdi, Nicola Rescigno leitete das Philharmonia Orchestra.

Der Produzent Walter Legge, der durchaus als schwierig galt, ist von seinem Kollegen David Bicknell sehr geschätzt worden:

„Er war ohne Zweifel der beste Produzent klassischer Musik seiner Zeit. Seine Arbeit mit Elisabeth Schwarzkopf, und Sir Thomas Beecham zählt bis heute zum Besten was wir haben. Er war ein schwieriger Perfektionist (...)“

In jedem Fall hatte Walter Legge, der selbst kein ausgebildeter Musiker war, seine Nische gefunden: Hochbegabt als „Musical Coach“ hat er über Jahre die Aufnahmen der EMI im klassischen Bereich bestimmt. Seine Schwerpunkte liegen sicherlich im Bereich von Klassik und Romantik und sein eigener musikalischer Horizont lässt sich vielleicht skizzieren als die Zeit von Johann Sebastian Bach bis zur klassischen Moderne. Für Zwölftonmusik hat sich Legge nicht interessiert, von seinen Zeitgenossen aber hat er fast alles und von Paul Hindemith vieles aufgenommen. (-Walton ist zeitlebens diesem typisch englischen im weiteren Sinne spätromantischen Stil verhaftet geblieben und Hindemith hat sich von seinen frühen dissonanten Werken nach dem Krieg zu einem eher neoklassizistischen Stil entwickelt.) Was Walter Legge zunächst gefehlt hat um wirklich brilliante Aufnahmen von Sinfonien, Solokonzerten oder Opern einspielen zu können, um seine Vorstellung von rhythmisch perfektem und von der Intonation her wirklich 14 sauberem Zusammenspiel wiederzugeben, das war der richtige Klangkörper, das war ein erstklassiges Orchester als Partner von Sängern und Solisten. Es fehlte - also hat Legge es gegründet: Während der Kriegsjahre suchte er in ganz England gute und beste Musiker zusammen und gründete 1945 - finanziert von der EMI - als reines Aufnahme-Orchester das Philharmonia Orchestra. So etwas ist heute gar nicht mehr vorstellbar! Für die musikalische Leitung konnte er Herbert von Karajan verpflichten und der hat das Orchester in Klang und stilistischen Dingen, Phrasierungen usw. geschult.

Und mit diesem „Instrument“ Philharmonia Orchestra sind dann in den Abbey Road Studios über fast zwanzig Jahre unzählige Aufnahmen entstanden, bevor die EMI 1964 das Orchester nicht mehr weiter finanzieren wollte, - und im selben Jahr haben sich Company und Produzent aufgrund von Meinungsverschiedenheiten getrennt. -Bevor es morgen in der SWR2 Musikstunde in die Welt des Beatles- - aber längst-nicht-nur-Beatles-Produzenten! - George Martin geht zum Abschluss heute der dritter Satz aus Robert Schumanns Klavierkonzert a-moll mit dem Solisten . ______Musik 10 Robert Schumann ca. 9´55 CD1 <3> Allegro vivace Dinu Lipatti, Klavier Philharmonia Orchestra Ltg. Herbert v. Karajan (recorded Abbey Road No. 1 Studio 4/1950) Warner 825646336258, LC 6646 ACHTUNG: AUF ZEIT FAHREN ______

Die SWR2-Musikstunde ging zu Ende mit einer Aufnahme aus den Abbey Road Studios von 1950: Das Philharmonia Orchestra unter Herbert v. Karajan spielte den dritten Satz aus Robert Schumanns Klavierkonzert in a-moll Solist war Dinu Lipatti.

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Und damit verabschiedet sich vom Mikrophon - AvS