Kapitel 1 Glanz Und Elend Eines Weltkonzerns
Total Page:16
File Type:pdf, Size:1020Kb
Kapitel 1 Glanz und Elend eines Weltkonzerns 3. September 1875 Geburt von Ferdinand Porsche 1900 Vorstellung des Lohner-Porsche in Paris 1904 Geburt von Louise Porsche 1909 Geburt von Ferry Porsche 1922 Präsentation des Rennwagens »Sascha« 1931 Eröffnung der »Dr. Ing. h. c. F. Porsche Gesellschaft mit beschränkter Haftung, Konstruktionen und Beratungen für Motoren- und Fahrzeugbau« 1931 Patent auf die Drehstabfederung 1933 Vertragsabschluss mit der Auto Union über den Bau eines 750-kg-Formel-Rennwagens 1934 Erste Skizzen eines »Volkswagens« 1936 Erste Prototypen des Volkswagens 1937 Umwandlung der »Dr. Ing. h. c. F. Porsche GmbH« in eine Kommanditgesellschaft 1938 Gründung der »Stadt des KdF-Wagens bei Fallersleben« 1939 Präsentation des Berlin-Rom-Wagens 1940 In Fallersleben treffen erste VW-Zwangsarbeiter ein 1941 bis 1945 Diverse Entwicklungen für das Rüstungsministerium 1945 Umbenennung der »Stadt des KdF-Wagens« in Wolfsburg 1948 Präsentation des Porsche Typ 360 »Cisitalia« 1948 Erster Sportwagen unter dem Namen Porsche (Typ 356) 1948 Vertrag Ferry Porsches mit VW 1949 Gründung der »Porsche Salzburg Ges.m.b. H.« durch Anton und Louise Piëch 1950 Produktion der ersten Porsche-Sportwagen in Zuffenhausen 30. Januar 1951 Tod Ferdinand Porsches 1951 Erstmals Verkauf in den USA 1953 Präsentation des Spyder 550 in Paris 1956 Einführung der betrieblichen Altersvorsorge 1960 Umsatz übersteigt erstmals die Grenze von 100 Millionen D-Mark Porsche und Volkswagen. Christian D. Euler 17 Copyright © 2010 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim ISBN 978-3-527-50523-4 1962 Der 50 000. Porsche läuft vom Band 1963 Präsentation des 901 (später 911) 1965 Erstes Sicherheits-Cabriolet der Welt: Porsche 911 Targa 1966 Der 100 000. Porsche läuft vom Band 1969 Vorstellung des 917 in Genf 1969 Der erste VW Porsche 914 läuft vom Band 1971 Stuttgarter »Erbfolgekrieg« 1972 Umwandlung der Porsche Kommanditgesellschaft in die Porsche AG 1974 Debüt des Porsche 924 1977 Präsentation des 928 1982 Der 911 SC Cabriolet ist die Sensation des Genfer Automobilsalons 1984 Börsengang der Porsche AG 1985 Vorstellung des Porsche 959 auf der IAA 1990 Ferry Porsche übergibt den Aufsichtsratsvorsitz an seinen Sohn Ferdinand Alexander 1992 Berufung Wendelin Wiedekings zum Sprecher des Vorstands 1993 Ernennung Wiedekings zum Vorstandschef 1994 Gründung der Porsche-Consulting 1994/1995 Turnaround nach drei schwierigen Jahren 1996 Der 1 000 000. Porsche läuft vom Band 1996 Erster Boxster 1997 Erste Euro-Anleihe (200 Millionen D-Mark) 1997/1998 Höchster Jahresüberschuss der Geschichte mit 276,9 Millionen D-Mark 27. März 1998 Tod Ferry Porsches in Zell am See 2000 Neues Rekord-Konzernergebnis mit 698,2 Millionen D-Mark 2000 Erstmals in der Unternehmensgeschichte werden mehr als 50 000 Fahrzeuge innerhalb eines Geschäftsjahres verkauft. 2002 Präsentation des Cayenne in Paris 2002 Erste Panamera-Skizze Beteiligung an der Volkswagen AG 2005 Einführung des Cayman S 2005 Konzernergebnis bei 1,24 Milliarden Euro 2005 Porsche-Vorzugsaktie erstmals bei 1 000 Euro 2005/2006 Ausgliederung des operativen Geschäfts in eine 100-prozentige Tochtergesellschaft. Die Holding wird unter »Porsche Automobil Holding SE« geführt 2009 Verkaufsstart des Panamera 2009 Endgültiges Scheitern der Übernahme der Volkswagen AG Abb. 1: Die Geschichte von Porsche im Überblick 18 Glanz und Elend eines Weltkonzerns Der Überflieger aus Böhmen »Der Großvater war jähzornig. Er war ein Genialer – und Geniale sind nicht immer ganz einfach«, beschreibt Enkel Wolfgang Porsche den Gründer der Stuttgarter Sportwagenmanufaktur. Die Erfolgs- geschichte von Porsche beginnt am 3. September 1875. Ferdinand Por- sche kommt als drittes Kind des Spenglermeisters Anton Porsche im böhmischen Maffersdorf, dem heutigen Vratislavice, zur Welt. Der Name Porsche stammt vom tschechischen Namen Boresˇ. Es gibt wohl kaum eine Gattung von Fahrzeugen, an denen sich Ferdinand Por- sche, der Gründer der Sportwagen-Manufaktur, nicht versuchte und bei deren Konstruktion er nicht durchschlagende Erfolge erzielt hät- te. Schon als Vierzehnjähriger experimentiert Ferdinand mit der Elek- trizität. Von derlei Versuchen hielt der Vater aber nichts. Im Gegen- teil: Lange versuchte Anton Porsche, seinem Sohn den Umgang mit »diesem Firlefanz« zu verbieten. Wäre es nach ihm gegangen, wäre Sohn Ferdinand Klempner geworden. Doch der ließ sich davon nicht beirren und richtete sich heimlich unter dem Dach des elterlichen Hauses seine eigene Werkstatt ein, wo er ungestört experimentieren konnte. Schon als Jugendlicher installierte er eine elektrische Be- leuchtungsanlage im väterlichen Betrieb. Nach der Volksschule be- gann er eine Lehre im Installateurbetrieb seines Vaters und besuchte in Abendkursen die Reichenberger Staatsgewerbeschule. Im Alter von 18 Jahren trat der Automobilpionier in die Vereinigte Electricitäts Aktiengesellschaft – vormals Béla Egger & Co. – in Wien ein, der spä- teren Brown Boveri. Schon hier zeigte er außerordentliches Talent und Gespür für technische Zusammenhänge. In nur vier Jahren stieg er – ohne eine Hochschule besucht zu haben – vom Mechaniker zum Leiter der Prüfabteilung auf. In diese Zeit fällt seine Konstruktion des Radnabenelektromotors, auf den er 1896 ein Patent anmeldete. Ein Radnabenmotor ist eine Kraftmaschine, die direkt in ein Rad eines Fahrzeuges eingebaut ist und gleichzeitig die Radnabe trägt, so dass ein Teil des Motors mit dem Rad umläuft. 1898 wechselte Porsche zur k. u. k. Hofwagenfabrik »Jacob Lohner & Co.« in Wien, wo er das Lohner-Porsche-Elektromobil entwickelte, das zwei Jahre später auf der Pariser Weltausstellung einer begeister- ten Weltöffentlichkeit präsentiert wurde. Das Fahrzeug war seiner Zeit weit voraus: Der Lohner-Porsche, für den die Österreichische Pa- Der Überflieger aus Böhmen 19 tentschrift Nr. 19645 für Ferdinand Porsche und Ludwig Lohner er- teilt wurde, verfügte über einen in der Geometrie exakt ausgebildeten, von Einflüssen auf die Lenkung freien Vorderradantrieb, wie er bei Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor erst Jahrzehnte später möglich wurde. Der Wagen hatte eine für damalige Verhältnisse beachtliche Höchstgeschwindigkeit von 50 Kilometern pro Stunde und erreichte mit einer 410 Kilogramm schweren Bleibatterie eine Reichweite von 50 Kilometern. Die Fachpresse äußerte sich euphorisch: Ein zeitge- nössisches Fachblatt lobte die Konstruktion so: »Die epochemachen- de Neuheit besteht in der gänzlichen Beseitigung aller Zwischenge- triebe als Zahnräder, Riemen, Ketten, Differentiale etc., kurz in der Herstellung des allerersten bisher existierenden transmissionslosen Wagens.« Erste Gehversuche im Rennzirkus Um das Auto renntauglich zu machen, stattete Porsche im Jahr 1900 den Lohner-Porsche zusätzlich zu den beiden Radnabenmoto- ren an den Vorderrädern mit Motoren an den Hinterrädern aus – die Geburt des ersten allradgetriebenen Wagens der Welt. Der Flitzer des britischen Rennfahrers E. W. Hart erreichte eine Geschwindigkeit von 60 Kilometern pro Stunde. 1900 gewann Porsche mit seiner Kon- struktion auf dem Semmering bei Wien. 1902 war das Automobilge- nie k. u. k. Reserveinfanterist und Fahrer des Erzherzogs Franz Fer- dinand – mit einem Fahrzeug auf Basis einer Porsche-Konstruktion. Ein Nachteil dieses Wagens war das hohe Batteriegewicht von 1800 Kilogramm. Diese Schwäche glich der Porsche Mixte aus, der 1902 präsentiert wurde und als Vorläufer aller modernen Hybridmodelle in die Geschichte eingehen sollte. Damit hatte Ferdinand Porsche bei Lohner das erste Auto mit Allradantrieb und seriellem Hybridantrieb entwickelt. 1903 heiratete Porsche Aloisia Johanna Kaes. 1904 kam Tochter Louise zur Welt, fünf Jahre später wurde Sohn Ferdinand Anton Ernst geboren. Sein Kindermädchen nannte ihn Ferry, weil ihr der Klang des Spitznamens Ferdy nicht gefiel. Damit schuf sie den Rufnamen, den er sein ganzes Leben lang behalten sollte. Schon am Tag seiner Geburt ließ sich erahnen, dass Zeit seines Lebens Benzin im Blut des 20 Glanz und Elend eines Weltkonzerns Gründer-Sohns fließen würde: Vater Ferdinand erzielte an diesem Tag mit einem von ihm entwickelten Austro-Daimler-Rennwagen einen Klassensieg beim Semmering-Bergrennen. »Ich wurde mit Benzin aufgezogen und bin vom Automobil mein Leben lang nicht mehr weggekommen«, wird Ferry später sagen. Als Chefkonstruk- teur brütete der Vater ununterbrochen über neuen Ideen und Kons- truktionen. »Die Fabrik wurde mein Spielplatz«, wird Ferry Porsche im Jubiläumsband zu seinem 100. Geburtstag zitiert. »Mich erfüllten die vielen Wagen mit ihrer glänzenden Lackierung, die mit schim- mernden Messinglampen und knolligen Hupen ausgerüstet überall herumstanden, mit fassungslosem Staunen.« Weil Lohner die Tüfteleien Porsches zu teuer wurden, wechselte der Ingenieur 1906 zur Oesterreichischen Daimler-Motoren-Gesellschaft – kurz Austro Daimler – nach Wiener Neustadt. Dort beschäftigte er sich mit der Entwicklung von Personenfahrzeugen, Flugmotoren und Sportwagen – und stellte schnell seinen Genius unter Beweis. Schon nach zwei Jahren präsentierte Austro Daimler seine ersten Flugmo- toren für Luftschiffe und Flugzeuge. Am Steuer eines von ihm ent- worfenen Austro Daimlers gewann Ferdinand 1910 die populäre »Prinz-Heinrich-Fahrt«, eine Langstreckenprüfung für Tourenwagen mit jährlich wechselnder Streckenführung. Der Parcours erstreckte sich über 1495 Kilometer von Berlin über Magdeburg, Braunschweig, Kassel, Würzburg, Nürnberg, Stuttgart, Straßburg, Trier zum Zielort Bad Homburg. Porsche steuerte seinen Tourenwagen, der mit neuar- tiger aerodynamischer Tulpenform