F 8 R 46 F 8 Deckel 166 (neu)

1001 ·  Die Beziehungen zwischen Nürnberg und Venedig im Spätmittelalter und bettina der Renaissance waren Grundlage und Mittelpunkt eines intensiven pfotenhauer Bettina Pfotenhauer Handels und wichtiger intellektueller, künstlerischer, sozialer und kommunikativer Nürnberg und Austauschprozesse, die von der Levante bis nach Nordeuropa reichten. Venedig im Austausch Bettina Pfotenhauer analysiert die Verbindung dieser beiden Kultur-, Wirtschafts- N rnberg und und Informationszentren des 15. und frühen 16. Jahrhunderts anhand ihrer Akteure, Strukturen, Institutionen und materiellen sowie ideellen Inhalte. Venedig Die ambivalente Situation der Nürnberger als Fremde in Venedig und gleichzeitig als angesehene Gruppe und integraler Bestandteil im kosmopolitischen Gefüge im Austausch der Serenissima wird ebenso in den Blick genommen wie die vielfältigen Auswirkungen der Beziehungen auf Nürnberg. Diese prägten nicht nur die Menschen, Güter und Wissen Lebenswelt der fränkischen Reichsstadt, sondern strahlten von dort in den ganzen nordalpinen Raum aus. Es entsteht das Bild eines intensiven trans- an der Wende vom Mittelalter zur Neuzeit alpinen Austausches, der maßgeblich zur kulturellen und wirtschaftlichen Verdichtung Europas am Beginn der Moderne beitrug.

Die Autorin: Bettina Pfotenhauer studierte Geschichte und Anglistik in Berlin, Dublin und München und promovierte mit vorliegender Arbeit in Mittelalterlicher Geschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München (2014). Die Autorin ist Archivarin am Stadtarchiv München und zudem Lehrbeauftragte für Mittelalterliche Geschichte an der LMU München.

isbn 978-3-7954-3052-8 Bettina Pfotenhauer

Nürnberg und Venedig im Austausch STUDI

SCHRIFTENREIHE DES DEUTSCHEN STUDIENZENTRUMS IN VENEDIG CENTRO TEDESCO DI STUDI VENEZIANI

NEUE FOLGE BAND XIV

herausgegeben von Michael Matheus STUDI Bettina Pfotenhauer

SCHRIFTENREIHE DES DEUTSCHEN STUDIENZENTRUMS IN VENEDIG Nürnberg und Venedig CENTRO TEDESCO DI STUDI VENEZIANI im Austausch NEUE FOLGE BAND XIV Menschen, Güter und Wissen an der Wende vom Mittelalter zur Neuzeit herausgegeben von Michael Matheus Umschlagabbildung: Venecie, in: Hartmann Schedel, Liber Chronicarum, Nürnberg: Anton Koberger 1493, München, Bayerische Staatsbibliothek, Rar. 287, fol. XXXXIIIv–XLIIIIr

Gedruckt mit freundlicher Unterstützung der Friedrich Freiherr von Haller’schen Forschungsstiftung, ­Nürnberg, und des Vereins der Ehemaligen, Freunde und Förderer des Historischen Seminars der Ludwig-Maximilians-Universität München

Zugleich Dissertation der Ludwig-Maximilians-Universität München, 2014

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

1. Auflage 2016 © 2016 Verlag Schnell & Steiner GmbH, Leibnizstr. 13, D-93055 Regensburg Umschlaggestaltung: breutypo. Christopher Breu, Berlin Satz: typegerecht, Berlin Druck: Hubert & Co GmbH und Co KG, Göttingen ISBN 978-3-7954-3052-8

Alle Rechte vorbehalten. Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es nicht gestattet, dieses Buch oder Teile daraus auf fotomechanischem oder elektronischem Weg zu vervielfältigen.

Weitere Informationen zum Verlagsprogramm erhalten Sie unter: www.schnell-und-steiner.de Inhalt

I. Einleitung 13

1. Albrecht Dürer: Nürnbergerin und Venezianerin 13 2. Thema, Fragestellung und Aufbau 14 3. Forschungsstand 22 4. Methodische und theoretische Ansätze 25 4.1 Netzwerke und Verflechtungen 27 4.2 Integration und Identität 30 4.3 Kommunikation 32 4.4 Kulturtransfer und Kulturaustausch 35 5. Quellen 38

II. Nürnberger in Venedig 43

1. Träger der Beziehungen 43 1.1 Kaufleute 44 1.2 Handwerker 47 1.3 Weitere Berufs- und Personengruppen 56 1.4 Pilger 59 1.5 Träger der Beziehungen – Resümee 63 2. Strukturen der Nürnberger Präsenz in Venedig 64 2.1 Handwerkliche Ausbildung 64 2.2 Kaufmännische Ausbildung 70 2.2.1 Umstände der Ausbildung 70 2.2.2 Kontext der Ausbildung 76 2.2.3 Inhalte der Ausbildung 81 2.2.4 Venedig als Ausbildungsort Nürnberger Kaufleute – Resümee 93 2.3 Die Nürnberger und der Fondaco dei Tedeschi 96 2.3.1 Funktion und Bedeutung 96 2.3.2 Geschäft und Leben am Fondaco 97 2.3.3 Position der Nürnberger im Fondaco 106 2.3.4 Die Nürnberger und der Fondaco dei Tedeschi – Resümee 113 2.4 Handelsalltag und kaufmännische Strukturen der Nürnberger in Venedig 116 2.4.1 Nürnberger Handelsalltag in Venedig 116 2.4.2 Geschäfte, Handelsgesellschaften und Niederlassungen 127 2.4.3 Handelsalltag und kaufmännische Strukturen der Nürnberger in Venedig – Resümee 144 2.5 Strukturen der Nürnberger Präsenz in Venedig – Resümee 146 3. Verflechtung, Integration und Identität der Nürnberger in Venedig 151 3.1 Verflechtungen und Integration im venezianischen Kontext 151 3.1.1 Verbindungen zwischen Nürnbergern in Venedig 151 3.1.2 Verbindungen zu Personen aus dem Reich nördlich der Alpen 160 3.1.3 Verbindungen zu Venezianern und Integration in die venezianische Gesellschaft 169 3.1.4 Verflechtungen und Integration im venezianischen Kontext – Resümee 185 3.2 Institutionelle Formen von Identität, Integration und Abgrenzung 189 3.2.1 Venezianische Scuole 189 3.2.2 Der Sebaldaltar in der Kirche von San Bartolomeo 202 3.2.3 Der Fondaco dei Tedeschi: Verflechtung und landsmannschaftliche Identitätsformen 217 3.2.4 Institutionelle Formen von Identität, Integration und Abgrenzung – Resümee 221 3.3 Doppelte Loyalität und Rückbindung in den Norden 223 3.4 Verflechtung, Integration und Identität der Nürnberger in Venedig – Resümee 229 4. Nürnberger in Venedig – Resümee 232

III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg 243

1. Strukturen des Austausches 243 1.1 Mobilität und der Weg über die Alpen 243 1.2 Träger und Strukturen des Austausches zwischen Venedig und Nürnberg 248 1.3 Rezeptionsumfeld in Nürnberg 251 2. Wirtschaftlicher Austausch zwischen Nürnberg und Venedig 258 2.1 Venedig als Nürnberger Finanzzentrum 258 2.2 Strukturen und Inhalte des Warenaustausches 265 2.3 Venezianische Waren in Nürnberg und im Nürnberger Alltag 280 2.4 Venezianische Waren und Nürnbergs Mittlerposition nördlich der Alpen 289 2.5 Wirtschaftlicher Austausch zwischen Nürnberg und Venedig – Resümee 295 3. Nürnberg als Nachrichtenzentrum nördlich der Alpen 298 3.1 Strukturen der Kommunikation zwischen Venedig und Nürnberg 298 3.2 Informationen zwischen Venedig und Nürnberg 307 3.2.1 Persönliche und kulturelle Neuigkeiten 307 3.2.2 Wirtschaftliche Informationen 309 3.2.3 Nachrichten über politische Entwicklungen in Italien und dem Reich 311 3.2.4 Nachrichten über die osmanische Expansion 318 3.3 Wahrheit oder Gerücht: Wert und Nutzen von Informationen 328 3.4 Weiterverbreitung von Informationen nördlich der Alpen 331 3.5 Nürnberg als Nachrichtenzentrum nördlich der Alpen – Resümee 339 4. Büchertransfer zwischen Venedig und Nürnberg und Humanismusdiffusion nördlich der Alpen 343 4.1 Humanismus und Buchdruck in Nürnberg und Venedig: Strukturen und Voraussetzungen 343 4.2 Büchertransfer von Venedig nach Nürnberg 353 4.3 Humanistische Drucke in Nürnberg 363 4.4 Verbreitung venezianischer Drucke und Diffusion des griechischen Humanismus nördlich der Alpen 378 4.5 Büchertransfer und Humanismusdiffusion – Resümee 395 5. Ausprägungen des Kulturtransfers von Venedig nach Nürnberg 398 6. Transfer und Austausch zwischen Nürnberg und Venedig – Resümee 406

IV. Nürnberg und Venedig im Austausch– Resümee und Ausblick 415

1. Venedig und Nürnberg im 15. und frühen 16. Jahrhundert – Resümee 415 2. Umbruch um 1500, Mythos und similitudo – Ausblick 425

V. Anhang 435

1. Quellen- und Literaturverzeichnis 435 1.1 Quellen 435 1.1.1 Ungedruckte Quellen und benutzte Inkunabeln 435 1.1.2 Inkunabeln und Frühdrucke 437 1.1.3 Quelleneditionen und Drucke (1600–1800) 441 1.2 Sekundärliteratur (nach 1800) 443 1.3 Internetquellen 465 2. Abbildungsverzeichnis 465 3. Abkürzungsverzeichnis 466 4. Überblick: Nürnberger in Venedig 467 5. Ortsregister 483 6. Personenregister 485 7. Abbildungen 497

9

Vorbemerkung

Die vorliegende Studie ist die leicht überarbeitete Fassung meiner Doktorarbeit, die im Sommersemester 2014 von der Fakultät für Geschichts- und Kunstwissenschaften der Ludwig-Maximilians-Universität München angenommen wurde. Angeregt wurde sie durch die Venedig-Exkursionen meiner Doktormutter Claudia Märtl, die mein Interesse für die Stadt und ihre Geschichte weckte. Hierfür, für ihr offenes Ohr, ihre wertvollen Anregungen und ihre Unterstützung gilt ihr mein besonderer Dank. Franz Fuchs be- gleitete meine Arbeit nicht nur sehr aufmerksam, sondern stellte mir dankenswerter- weise seine Welt „Nürnbergs um 1500“ jederzeit zur Verfügung und gab mir zahlreiche hilfreiche Tipps und Quellenhinweise. Meiner Zweitgutachterin Irmgard Fees danke ich für ihr Interesse an meiner Arbeit und die wertvollen Einblicke in die venezianische Überlieferung. Für die finanzielle Förderung der Dissertation danke ich der Hanns-Seidel-Stiftung, die sie durch ein Promotionsstipendium aus den Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung maßgeblich unterstützte, sowie dem Deutschen Studienzentrum in Venedig. Am Deutschen Studienzentrum konnte ich von guten Forschungsmöglich- keiten ebenso profitieren wie von dem gewinnbringenden interdisziplinären Austausch mit meinen Mitstipendiaten, denen ebenfalls mein Dank gilt. Besonders Sibylle Back- mann begleitete die Entstehung der Arbeit seit unserer gemeinsamen „Centro“-Zeit durch vielfältige Anregungen, fachliche Hilfe und persönlichen Zuspruch. Für die anregende Arbeitsatmosphäre am Studienzentrum danke ich Sabine Meine, Michaela Böhringer, Petra Schaefer und im Besonderen Teresa Da Col und Mario Fior. Michael Matheus gilt mein Dank für die Aufnahme der Dissertation in die Studi-Reihe des Deutschen Stu- dienzentrums und die Unterstützung bei der Drucklegung, der Friedrich Freiherr von Haller’schen Forschungsstiftung sowie dem Verein der Ehemaligen, Freunde und För- derer des Historischen Seminars der Ludwig-Maximilians-Universität München für die finanzielle Förderung des Drucks. Das Buch entstand in München, Venedig und Nürnberg und wurde an all diesen ­Orten von Mitarbeitern der Archive und Bibliotheken erleichtert. Besonders danken möchte ich Paul Jaxy vom Historischen Archiv des Germanischen Nationalmuseums, Helge Weingärtner und Walter Bauernfeind vom Stadtarchiv Nürnberg, Giovanni ­Caniato vom Archivio di Stato di Venezia sowie dem Personal der Biblioteca Correr und des Aventinus-Lesesaals der Bayerischen Staatsbibliothek, die für mich scheinbar unauf- findbare Dokumente fanden und massenhaft Bücher schleppten. 10 · Vorbemerkung

Zahlreiche Personen förderten die Entstehung der Arbeit mit ihren fachlichen An- regungen und Hilfestellungen. Ihnen allen danke ich sehr. Stellvertretend seien Niklas Holzberg genannt, der mir sein Verzeichnis zu den Pirckheimer-Papieren zur Verfügung stellte, und insbesondere Thomas Eser, der mit mir über den jungen Dürer diskutierte und mir so half, einen für die Arbeit besonders gewinnbringenden Umgang mit dem „übermächtigen“ Dürer zu finden. Das Manuskript lasen Margot und Helmut Pfoten­ hauer sowie Veronika Proske. Für ihre wertvolle Kritik bin ich sehr dankbar. Venedig selbst motivierte mich jeden Tag – egal an welchem Ort – aufs Neue.

Sehr herzlich danke ich meinen Freunden, die mich während der Entstehungszeit der Ar- beit begleitet und ebenso intensiv wie uneingeschränkt unterstützt haben. Durch sie ge- lang es mir, ein Gleichgewicht zwischen der Gegenwart und „meinen toten Nürnbergern“ zu bewahren. Sie alle haben mehr Anteil an diesem Buch, als ihnen wohl bewusst ist.

Der größte Dank gebührt meiner Familie: Elfriede Weisgerber stand mir, nicht nur wäh- rend meiner Recherchezeiten in Nürnberg, mit ihrer Herzlichkeit und Offenheit persön- lich wie praktisch immer zur Seite. Giovanni Caniato danke ich für seine Zuneigung, seine Ruhe und seine Zuversicht, die mir ein wichtiger Halt waren. Gewidmet sei diese Arbeit meinen Eltern, die mich stets liebevoll, großzügig, inter- essiert und tatkräftig unterstützten und meine venezianischen Nürnberger mittlerweile fast so gut kennen wie ich.

Venedig, im August 2015

I. Einleitung

1. Albrecht Dürer: Nürnbergerin und Venezianerin

Das prächtige Gewand, das die Schultern entblößende Dekolleté, die prunkvolle Halsket- te und das kaum bedeckte Haar setzen die nach neuester venezianischer Mode gekleidete Frau in starken Kontrast zu der neben ihr abgebildeten, ihr zugewandten und mit ihr in Interaktion stehenden Nürnbergerin. Deren Haar ist unter einer Haube verborgen. Die Schultern sind durch das Gewand und ein durchsichtiges Tuch bedeckt. Auch der fehlen- de Schmuck steht im Kontrast zur Opulenz der Venezianerin. Erwin Panofsky sah in der Verschiedenartigkeit der beiden Damen nicht nur einen Ausdruck der unterschiedlichen Moden der Zeit, sondern eines fundamentalen Kontrasts zwischen der italienischen Re- naissance und dem noch gotischen Oberdeutschland. Die von der Forschung mit Nürn- bergerin und Venezianerin betitelte Zeichnung (Abb. 1) vermittle den „gründlichen Un- terschied zwischen südlicher und nördlicher Pracht“, die der Maler auch selbst während seines ersten Aufenthalts in Venedig empfunden habe. Das erstmals 1943 erschienene Werk Panofskys, das die Dürer-Forschung grundlegend beeinflusste, dokumentiert das lange auch in der historischen Forschung vorherrschende Diktum eines Kulturgefälles zwischen Süd und Nord.1 Zwar stellt die Kostümstudie durchaus die kulturellen Eigenarten beider Regionen in vergleichenden Bezug zueinander. Sie versinnbildlicht jedoch gleichzeitig ein Ne- ben- und Miteinander des Venezianischen und des Nürnbergerischen, die empfundene Verbindung beider Städte, die um 1500 zu einem immer bedeutenderen Element des transalpinen Austausches und dabei ideell erhöht wurde. Wie die Zeichnungen von Wassergetier oder den Drei Orientalen ist die Kostümstudie Ausdruck des nachhaltigen Interesses an venezianischen Sujets.2 Stilistisch auf den Zeitraum um 1495 datiert, muss

1 Peter Moraw, Von offener Verfassung zu gestalte- Buch, das es bis heute gibt“: Thomas Eser, Ein anderer ter Verdichtung. Das Reich im späten Mittelalter „Früher Dürer“. Drei Vorschläge, in: Der frühe Dürer, 1250–1490, Berlin 1985, S. 23. Zur Zeichnung: Er- hg. v. Daniel Hess u. Thomas Eser, Nürnberg 2012, win Panofsky, Das Leben und die Kunst Albrecht S. 18–28, S. 25. Dürers, (Übersetzung Originalausgabe Princeton 2 Zu den anderen Zeichnungen: Panofsky, Albrecht 1943), München 1977, S. 48. Zur Zeichnung: ebd., S. Dürer, Abb. 60, sowie: Bernard Aikema u. Beverly 47–48. Jochen Sander (Hg.), Dürer. Kunst – Künst- Louise Brown (Hgg.), Il Rinascimento a Venezia e la ler – Kontext, München u. a. 2013, S. 180–181. Eser pittura del Nord ai tempi di Bellini, Dürer, Tiziano, bezeichnete das Werk Panofskys als „beste[s] Dürer- Mailand 1999, S. 267. Zur Studie als „Kulturvergleich“ 14 · I. Einleitung sie nicht zwangsläufig im Kontext eines möglichen ersten Aufenthalts Dürers in Venedig entstanden sein, zumal mittlerweile angenommen wird, dass dieser frühestens ab 1496 stattgefunden haben kann.3 Möglicherweise beruhte sie viel mehr auf Eindrücken, die Dürer über seine sich in der Lagunenstadt aufhaltenden Bekannten aus Venedig vermit- telt bekam oder nördlich der Alpen erhielt. Umso mehr verdeutlicht die Zeichnung die selbstverständliche Präsenz des Venezianischen in der fränkischen Reichsstadt und in der Wahrnehmung der Nürnberger. Die Briefe Dürers an Willibald Pirckheimer während seines Venedig-Aufenthalts 1506/1507 offenbaren den Unterschied und das gleichzeiti- ge Miteinander von Nord und Süd4, die sich in der Zeichnung spiegeln, auch als einen Grundaspekt der Venedig-Erfahrungen Dürers. Sie waren für den Maler und die anderen Nürnberger in der Lagunenstadt Teil ihres alltäglichen Lebens. In der Fremde, doch zu- gleich eingebunden in ein ausgeprägtes deutschsprachiges Umfeld in Venedig und in den Austausch zwischen beiden Städten, lebten sie regelrecht zwischen zwei Welten

2. Thema, Fragestellung und Aufbau

Der Aufenthalt Albrecht Dürers in Venedig 1505 bis 1507 ist die bekannteste Episode, stellte aber nur einen kleinen Teil der vielfältigen und intensiven Beziehungen Venedigs und Nürnbergs im Spätmittelalter und der Frühen Neuzeit dar. Diese basierten auf der Position beider Städte als Handels- und Kommunikationszentren sowie als intellektuel- le und künstlerische „Relaisstationen“5. Gerade in der Zeit um 1500 zeichnete sich der wirtschaftliche und kulturelle Austausch durch eine besondere Intensität aus. Die Unter-

und der Möglichkeit, dass Dürer die Vorlagen unab- Mobilitätsprozess um 1500, in: Der frühe Dürer, hängig von einer Venedig-Reise kennenlernte: Tho- hg. v. Daniel Hess u. Thomas Eser, Nürnberg 2012, mas Eser, Dürers frühe Kostümstudien, in: Der frühe S. 52–64, S. 52. Sowie: G. Ulrich Großmann, Die Ar- Dürer, hg. v. Daniel Hess u. Thomas Eser, Nürnberg chitektur im Werk des jungen Dürer, in: ebd., S. 221– 2012, S. 366–372, S. 367. Zur ideellen Erhöhung vgl.: 235, S. 221. Zu einer Reise 1496/97 auch: Anja Grebe, Kap. IV.2. Albrecht Dürer. Künstler, Werk und Zeit, Darmstadt 3 G. Ulrich Großmann, Albrecht Dürer in Innsbruck. 2006, S. 40–47. Zur Datierung der ersten italienischen Reise, in: 4 Emil Reicke (Hg.), Willibald Pirckheimers Brief- Dürer-Haus. Neue Ergebnisse der Forschung, hg. wechsel 1, hg. v. Emil Reicke, (Veröffentlichungen v. dems. u. Franz Sonnenberger, Nürnberg 2007, der Kommission zur Erforschung der Geschichte der S. 227–240. Zur Diskussion, wie oft und wann genau Reformation und Gegenreformation. Humanisten- sich Dürer in Venedig aufhielt, soll hier bewusst nicht briefe 4), München 1940. Zur Empfindung des Un- beigetragen werden: Das Thema wird nach wie vor in terschieds vgl. auch: Bernd Roeck, Kulturtransfer im der kunsthistorischen Forschung intensiv diskutiert, Zeitalter des Humanismus: Venedig und das Reich, wie z. B. die disparaten Meinungen in „Der Frühe in: Deutschland und Italien in ihren wechselseitigen Dürer“ zeigen. Eser sieht den Mangel an Quellen als Beziehungen während der Renaissance, hg. v. Bodo Indiz dafür, dass Dürer erstmals 1506 nach Venedig Guthmüller, (Wolfenbüttler Abhandlungen zur Re- kam: Eser, Früher Dürer, S. 20 u. 27. Böckem hält an naissanceforschung 19), Wiesbaden 2000, S. 9–29, der These einer Reise 1495/96 fest: Beate Böckem, S. 17. Der frühe Dürer und Italien. Italienerfahrung und 5 Roeck, Kulturtransfer, S. 11. 2. Thema, Fragestellung und Aufbau · 15 suchung der Bedingungsfaktoren, Träger, Formen und Auswirkungen dieses Austausches zwischen der Wende zum 15. Jahrhundert und circa 1530 erlaubt eine vielseitige Bewer- tung der Beziehungen und ihrer Bedeutung im europäischen Kontext. Die Serenissima Repubblica Venedig hatte sich im Laufe des Mittelalters zu einem der bedeutendsten Handelszentren Europas und zu einer zentralen Mittlerin zwischen Orient und Okzident6 entwickelt. Zu der jahrhundertelangen ökonomischen, politischen und kulturellen Ausrichtung auf das östliche Mittelmeer7 kam seit dem ausgehenden 14. Jahrhundert ein zunehmendes Interesse an der Terraferma hinzu. Dies machte die Seerepublik im 15. Jahrhundert auch auf dem Festland verstärkt zu einer bedeutenden Macht, verstrickte sie jedoch gleichzeitig in die inneritalienischen und kontinentalen Auseinandersetzungen. Daneben schränkte die osmanische Expansion nach Westen den Handlungsspielraum der Venezianer im östlichen Mittelmeerraum ein und bedrohte den Stato del Mar, das venezianische Kolonialreich im Mittelmeer, wie die Besitzungen Ve- nedigs auf dem Balkan.8 Die wirtschaftliche Anziehungskraft und die umfangreichen Handelsbeziehungen führten zu einer vielfältigen Anwesenheit von Fremden vornehm- lich aus anderen Teilen Italiens, aus Mitteleuropa, der Romania und vom Balkan. Sie prägte die Serenissima das ganze Mittelalter hindurch und machte die Stadt zu einem kosmopolitischen Zentrum.9 Die fränkische Reichsstadt Nürnberg, neben Köln die größte und eine der politisch wichtigsten Städte des Reichs nördlich der Alpen, hatte sich vor allem im Spätmittelalter zu einem der bedeutendsten nordalpinen Wirtschafts- und Handelszentren entwickelt. Der Aufbau eines ausgedehnten Fernhandelsnetzes der Nürnberger beruhte auf einer umfangreichen Ansammlung von Privilegien in ganz Europa10 und insbesondere auf dem

6 Vgl. hierzu u. a. den Sammelband: Hans-Georg Beck razioni e combinazioni etniche, culturali e religiose“, u. a. (Hgg.), Venezia. Centro di Mediazione tra Orien- die Venedig ausmachten und die Geschlossenheit te e Occidente (Secoli XV–XVI). Aspetti e Problemi, der Gesellschaft aufbrachen: Ermanno Orlando, Mi- 2 Bde., (Civiltà veneziana. Studi 32), Florenz 1977; Pe- grazioni mediterranee. Migranti, minoranze e mat- ter Burke, Early Modern as Center of Informa- rimoni a Venezia nel basso medioevo, (Ricerche e tion and Communication, in: Venice Reconsidered. saggi dell’Istituto Veneto di Scienze, Lettere ed Arti), The History and Civilization of an Italian City-State Bologna 2014, S. 18. 1297–1797, hg. v. John Martin u. Dennis Romano, 10 Zu den Nürnberger Privilegien: Gerhard Hirsch- Baltimore u. a. 2000, S. 389–419, S. 390. mann, Nürnbergs Handelsprivilegien, Zollfreiheiten 7 Gino Luzzatto, Storia economica di Venezia dall’XI al und Verträge bis 1400, in: Beiträge zur Wirtschafts- XVI secolo, Venedig 1995, S. 170. geschichte Nürnbergs 1, hg. v. StadtAN, (Beiträge 8 Frederic C. Lane, Venice. A Maritime Republic, zur Geschichte und Kultur der Stadt Nürnberg 11), Baltimore u. a. 1973, S. 224–249. Aufgrund seiner Nürnberg 1967, S. 1–48; Wolfgang v. Stromer, Nu- Detailliertheit nach wie vor grundlegend: Heinrich remberg as Epicentre of Invention and Innovation Kretschmayr, Geschichte von Venedig 2: Die Blüte, towards the End of the Middle Ages, in: History of (ND Ausgabe Gotha 1920), Aalen 1964, S. 358–448. Technology 19 (1997), S. 19–45, S. 19. Zur Nürn- 9 Vgl.: Bernard Aikema u. Beverly Louise Brown, In- berger Wirtschaftsgeschichte: Hektor Ammann, Die troduzione: Venezia: crocevia fra Nord e Sud, in: Il wirtschaftliche Stellung der Reichsstadt Nürnberg Rinascimento a Venezia e la pittura del Nord ai tempi im Spätmittelalter, (Nürnberger Forschungen 13), di Bellini, Dürer, Tiziano, hg. v. dens., Mailand 1999, Nürnberg 1970. S. 18–25, S. 20. Orlando betonte die „complesse inte- 16 · I. Einleitung

Handel mit Italien.11 Daneben trug ein florierendes und hochwertiges Gewerbe, haupt- sächlich im Bereich der Metallverarbeitung, zur wirtschaftlichen Bedeutung der Stadt und zur Blüte des Nürnberger Handels bei.12 Die rege Fernhandelstätigkeit eines Groß- teils der Nürnberger Oberschicht13 führte, wie in Venedig, zu einer starken Verflechtung von Politik und Wirtschaft, für deren Einfluss auf die europäische Politik Wolfgang von Stromer den Begriff der „Oberdeutschen Hochfinanz“ prägte.14 Für die Nürnberger stellten Italien und vor allem Venedig den wichtigsten Bereich ihres Fernhandels dar. Der Austausch mit der Apenninhalbinsel war die Grundlage für die wirtschaftliche Prosperität und die kulturelle Blüte der Stadt im Spätmittelalter.15 Auch für die Lagunenstadt wurde der Handel mit den Kaufleuten aus dem Reich nörd- lich der Alpen im Laufe des Spätmittelalters so bedeutend, dass der venezianische Doge Alvise Mocenigo 1476 erklärte: „Unter allen anderen Nationen schätzen und lieben wir die Deutschen am meisten.“16 Bereits im 11. Jahrhundert ist von einem „wohl regelmäßi- gen, aber nicht lebhaften“ Warenverkehr zwischen Venedig und dem deutschsprachigen Raum auszugehen.17 In der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts intensivierte sich der Han- del. In diese Zeit fällt auch die Gründung des Fondaco dei Tedeschi, des Handelshauses am Rialto, in dem die Kaufleute aus dem deutschen Sprach- und Kulturraum leben und ihre Geschäfte abwickeln sollten (Abb. 2).18 Das Verbot für die Venezianer von 1358,

11 Wolfgang v. Stromer, Oberdeutsche Hochfinanz Kommission zu Berlin. Informationen Beiheft 5), 1350–1450, 3 Bde., (VSWG Beihefte 55–57), Wies- Berlin 1984, S. 8–28. Hier werden auch Personen- baden 1970. Auf die zentrale Bedeutung des Han- gruppen einbezogen, die beispielsweise aufgrund ih- dels mit Italien verweisen u. a.: Philippe Braunstein, res Vermögens oder ihrer Ämter, einen hohen sozi- Wirtschaftliche Beziehungen zwischen Nürnberg alen Status hatten und ein hohes Ansehen genossen, und Italien im Spätmittelalter, in: Beiträge zur auch wenn sie nicht selbst zum Patriziat gehörten. Wirtschaftsgeschichte Nürnbergs 1, hg. v. Stadt- 14 Stromer, Oberdeutsche Hochfinanz. AN, (Beiträge zur Geschichte und Kultur der Stadt 15 Braunstein, Wirtschaftliche Beziehungen; Mark Hä- Nürnberg 11), Nürnberg 1967, S. 377–406, S. 377; berlein, Die oberitalienischen und oberdeutschen Hermann Kellenbenz, Nürnbergs Wirtschaftsleben Städte im Zeitalter der Renaissance: Beziehungen – im Zeitalter von Willibald Pirckheimer, in: Jahrbuch Einflüsse – Wechselwirkungen, in: Die Macht der für fränkische Landesforschung 31 (1971), S. 53–67. Städte. Von der Antike bis zur Gegenwart, hg. v. 12 Kellenbenz bezeichnete die Stadt als „gewerbe- Michael Gehler, (Historische Europa-Studien 4), reichste Stadt“ im Reich: Kellenbenz, Nürnbergs Hildesheim u. a. 2011, S. 199–219, S. 201. Wirtschaftsleben, S. 58. Zur besonderen Bedeutung 16 „scitote inter ceteras nationes nos maxime diligere et des „ungeheuer differenzierten und spezialisierten charos habere Germanos“, zitiert nach: Giorgio Fe- Metallgewerbe[s]“: Wolfgang v. Stromer, Nürnbergs dalto, Stranieri a Venezia e a Padova, in: Storia della wirtschaftliche Lage im Zeitalter der Fugger, in: Alb- Cultura Veneta. Dal Primo Quattrocento al Concilio recht Dürers Umwelt. Festschrift zum 500. Geburts- di Trento, 3,1, hg. v. Girolamo Arnaldi u. a., Vicenza tag Albrecht Dürers am 21. Mai 1971, hg. v. Verein 1980, S. 499–535, S. 514–515. Fedalto nennt keine für Geschichte der Stadt Nürnberg, (Nürnberger Quellenangabe. Forschungen 15), Nürnberg 1971, S. 9–19, S. 16. 17 Gerhard Rösch, Venedig und das Reich. Handels- 13 Zum Schichtbegriff: Ingrid Bátori, Soziale Schich- und verkehrspolitische Beziehungen in der deut- tung und soziale Mobilität in der Gesellschaft Alteu- schen Kaiserzeit, (Bibliothek des Deutschen Histo- ropas. Methodische und theoretische Probleme, in: rischen Instituts in Rom 53), Tübingen 1982, S. 80. Soziale Schichtung und soziale Mobilität in der Ge- 18 Henry Simonsfeld, Der Fondaco dei Tedeschi in sellschaft Alteuropas, hg. v. Ilja Mieck, (Historische Venedig und die deutsch-venetianischen Handels- 2. Thema, Fragestellung und Aufbau · 17

östlich des Rheins Handel zu treiben, verstärkte die Position Venedigs als geographi- scher Fixpunkt der Wirtschaftsbeziehungen.19 Die Nürnberger handelten wohl ab dem ausgehenden 13. Jahrhundert mit Venedig. In der zweiten Hälfte des folgenden Jahr- hunderts gelang es ihnen, die Dominanz der Regensburger Kaufleute zu brechen, und sie entwickelten sich zur beherrschenden Händlergruppe aus dem Norden.20 Trotz kri- senhafter Momente, wie der Handelssperre König Sigismunds zwischen 1412 und 1433 oder dem Krieg Venedigs mit der Liga von Cambrai 1508/09,21 blieben die Beziehungen im ganzen Untersuchungszeitraum intensiv. Sie hatten sich zu einer zentralen Achse des Handels entwickelt, die von der Levante bis nach Nordeuropa reichte. Die Verbindungen beschränkten sich jedoch nicht auf den Warenhandel. Über die Kaufleute und die vielen anderen Nürnberger, die nach Venedig kamen, wie Pilger, Handwerker oder Gelehrte, wurden überdies intellektuelle Ideen, künstlerische Strömungen und religiöse Praktiken ausgetauscht. All diese Personen wurden zu Trägern eines kulturellen Austausches, der maßgeblich zur künstlerischen, geistigen und wirtschaftlichen Blüte der Reichsstadt im ausgehenden Spätmittelalter beitrug. Die Beziehungen zwischen Nürnberg und Venedig waren Teil ausgeprägter politi- scher, ökonomischer und kultureller Verknüpfungen, die zwischen Italien und dem Reich nördlich der Alpen das ganze Mittelalter hindurch bestanden hatten. Sie schlugen sich in einer starken Präsenz von Personen aus dem deutschen Sprach- und Kulturraum im Süden nieder, die sich im Laufe des Spätmittelalters verdichtete.22 Diese Personen wer- den im Folgenden trotz einer gewissen begrifflichen Unschärfe zum einfacheren Ge- brauch als „deutschsprachig“ oder „deutsch“ bezeichnet. Davon zu unterscheiden sind

beziehungen, 2 Bde., Stuttgart 1887. Weitere Über- Henry Simonsfeld, Der Fondaco dei Tedeschi in blicksdarstellungen: Mario Brunetti, Il Fondaco dei Venedig und die deutsch-venetianischen Handels- Tedeschi nell’arte e nella storia, Il Fondaco Nostro beziehungen 1, Stuttgart 1887, Nr. 125, S. 45–46 u. dei Tedeschi, hg. v. Ministero delle Comunicazioni Nr. 171–172, S. 70–71. Vgl. hierzu auch: Wolfgang Direzione Generale delle Poste e Telegrafi, Venedig v. Stromer, Oberdeutsche Hochfinanz 1350–1450 1, 1941, S. 49–98; Giandomenico Romanelli, Il Fon- (VSWG. Beihefte 55), Wiesbaden 1970, S. 102. daco dei Tedeschi, in: Il Rinascimento e la pittura 20 Braunstein, Wirtschaftliche Beziehungen, S. 381. del Nord ai tempi di Bellini, Dürer, Tiziano, hg. v. Zum Beginn des Handels: Henry Simonsfeld, Der Bernard Aikema u. Beverly Louise Brown, Mailand Fondaco dei Tedeschi in Venedig und die deutsch- 1999, S. 76–81; Gerhard Rösch, Il Fondaco dei Te- venetianischen Handelsbeziehungen 2, Stuttgart deschi, in: Venezia e la Germania. Arte, politica, 1887, S. 73. commercio, due civiltà a confronto, hg. v. Franco 21 Felix Gilbert, Venice and the crisis of the League of Cardini, Mailand 1986, S. 50–72. Cambrai, in: Renaissance Venice, hg. v. John R. Hale, 19 Vgl. hierzu das Statut im Liber Communis von London 1973, S. 274–292. Wolfgang v. Stromer, 1279: Georg Martin Thomas (Hg.), Capitular des Landmacht gegen Seemacht. Kaiser Sigismunds Deutschen Hauses in Venedig, Berlin 1874, S. XXIV. Kontinentalsperre gegen Venedig 1412–1433, in: Ebenso im Kapitular der Visdomini des Fondaco I.c. ZhF 22 (1995), S. 145–189. 147, Cap. 10: ebd., S. 226. Auch bei Simonsfeld finden 22 Uwe Israel, Fremde aus dem Norden. Transalpine sich Quellen zu Verboten venezianischer Handelstä- Zuwanderung im spätmittelalterlichen Italien, (Bi- tigkeit in Deutschland sowie den Bitten Nürnbergs bliothek des Deutschen Historischen Instituts in und Regensburgs, diese Verbote durchzusetzen: Rom 111), Tübingen 2005, u. a. S. 207. 18 · I. Einleitung die kleinteiligen Herkunftsräume, in der Folge „Landsmannschaften“ genannt, die oft- mals ein wichtigerer Anknüpfungspunkt waren als der größere Rahmen des gemeinsa- men Sprachraums.23 Darüber hinaus unterschieden sich die deutschsprachigen Personen in Anbetracht der Motive und Dauer ihres Aufenthalts, ihrer Berufe und ihres sozialen Standes stark voneinander. Während die Pilger wegen ihres Seelenheils und zunehmend auch aus touristischen Interessen nach Italien kamen, stellte die Apenninhalbinsel für die Kaufleute einen wichtigen Handels- und Finanzplatz dar, an dem sie auch die italieni­ schen Techniken der kaufmännischen Buchführung und des Finanzwesens erlernen konnten. Für die Studenten, die vor allem an die oberitalienischen Universitäten kamen, stand der Erwerb des Wissens, in erster Linie der sieben freien Künste, der Medizin und des kanonischen und römischen Rechts im Vordergrund. Immer stärker veranlassten sie auch die neuen Strömungen des Humanismus, den Weg über die Alpen zu nehmen. Die zahlenmäßig größte und in ihrer Beschäftigung vielfältigste Gruppe deutscher Zuwande- rer, also der Personen, die sich dauerhaft in Italien niederließen, waren die Handwerker, von denen den Bäckern und Schustern eine besondere Bedeutung zukam.24 In Venedig war die Anwesenheit von Fremden ein integraler Bestandteil des sozia- len und wirtschaftlichen Gefüges der Stadt.25 Dabei handelte es sich sowohl um Perso- nen von der Terraferma und aus anderen Teilen Italiens als auch aus weiter entfernten Herkunftsräumen.26 Eine der größten Gemeinschaften der stranieri bildeten die grie-

23 Israel, Fremde, S. 127; Lorenz Böninger, Die deut- stein, Wirtschaftliche Beziehungen. Zu Florenz z. B.: sche Einwanderung nach Florenz im Spätmittelalter, Böninger, Einwanderung, S. 264–269. (The Medieval Mediterranean 60), Leiden u. a. 2006, 25 Vgl. auch Fedalto, der in diesem Zusammenhang S. 8. Der Begriff „Landsleute“ wird in dieser Unter- den Ausdruck des „tessuto vitale della città“ bzw. suchung für Personen mit gleicher regionaler Her- „tessuto urbano“ nutzt: Giorgio Fedalto, Le mino- kunft genutzt. Der Begriff „fränkisch“ wird als Va- ranze straniere a Venezia tra politica e legislazione, riante zu „Nürnbergisch“ / „Nürnberger“ gebraucht. in: Venezia. Centro di Mediazione tra Oriente e Oc- Zwar kommt es so zu einer gewissen Verzerrung, cidente (Secoli XV–XVI). Aspetti e Problemi, Bd. 1, zumindest Personen aus dem näheren Umkreis hg. v. Hans-Georg Beck u. a., (Civiltà veneziana. Nürnbergs definierten sich aber meist durch ihre Studi 32), Florenz 1977, S. 143–162, S. 149 u. S. 161. Nähe zur Reichsstadt: Israel, Fremde, S. 4. Verein- Sowie: Donatella Calabi, Gli stranieri e la città, in: zelt gaben solche Personen auch ihre eigentliche Storia di Venezia 5: Il Rinascimento. Società ed Eco- Herkunftsgemeinde an, wie Konrad Ulfilt aus Lauf: nomia, hg. v. Alberto Tenenti u. Ugo Tucci, Rom (1428 Mai 22), ASVe, CIN, b. 74–75, prot. 1 (3), (fol. 1996, S. 913–946. Die jüngste Studie zu den Mig- 7r = o. Fol.). ranten im spätmittelalterlichen Venedig allgemein, 24 Zu den Handwerkern v.a.: Israel, Fremde. Zu den die Untersuchung von Orlando, beschäftigt sich in Studenten: Werner Maleczek, Deutsche Studenten erster Linie mit sozialen Aspekten der Migration an Universitäten in Italien, in: Kommunikation und wie beispielsweise der Bedeutung von Netzwerken Mobilität im Mittelalter. Begegnungen zwischen dem für Inklusion und Exklusion: Orlando, Migrazioni Süden und der Mitte Europas (11.–14. Jahrhundert), mediterranee, S. 21–22. Orlandos Untersuchung hg. v. Siegfried de Rachewiltz u. Josef Riedmann, floss aufgrund des Zeitpunkts der Veröffentlichung Sigmaringen 1995, S. 77–96. Zu Pilgern: Ludwig nicht in die Dissertation ein und wird daher auch in Schmugge, Deutsche Pilger in Italien, in: ebd., S. 97– der überarbeiteten, hier vorliegenden Fassung nur 113. Einen kurzen Überblick über die deutschen Stu- ansatzweise rezipiert. denten in Italien gibt auch: Israel, Fremde, S. 82–83. 26 Die sprachliche Unterscheidung, die zwischen den Zu den Nürnberger Kaufleuten in Italien: Braun- forestieri, Fremden aus anderen italienischen Regio­ 2. Thema, Fragestellung und Aufbau · 19 chischen Migranten. Durch die jahrhundertelange Zugehörigkeit zum byzantinischen Reich und die auch nach dem Vierten Kreuzzug weiterbestehenden engen wirtschaftli- chen und politischen Bindungen zwischen beiden Regionen27 begünstigt, hatte sich im Mittelalter eine große griechische Gemeinschaft in der Stadt etabliert. Die Eroberung Konstantinopels 1453 und das zunehmende Vordringen der Osmanen nach Westen stärkten die griechische Diaspora noch, die um 1500 ungefähr 4000 Mitglieder hatte.28 Die neben den Griechen größte und bedeutendste Gruppe von Personen aus nicht- italienischen Gebieten waren seit dem 14. Jahrhundert mit wohl einigen Tausend Mit- gliedern die Besucher und Zuwanderer aus dem Reich nördlich der Alpen.29 Die Sere- nissima hatte in der transalpinen Migration eine „Schlüsselrolle“ inne. Händler waren, nicht zuletzt wegen der Prominenz ihres Handelshauses in der Topographie der Stadt, der auffälligste und wohl einflussreichste Teil der deutschsprachigen Bevölkerung,30 auch wenn viele von ihnen nur vorübergehend in Venedig blieben. Die Gruppe der meist auf Dauer zugewanderten Handwerker aus dem Norden, von denen zahlreiche als Bäcker und Schuster arbeiteten, zeigte sich im Gegensatz zu den Kaufleuten weniger konzentriert an einem geographischen Punkt innerhalb des venezianischen Stadtbilds und ist in ihrer Vielfalt, ihrem Ausmaß und ihrer Bedeutung schwieriger zu fassen. Pri- vate Bedienstete, Angestellte in venezianischen Institutionen, wie die Ballenbinder des Fondaco, und zahlreiche weitere Personen waren ebenfalls Teil der vielfältigen Gruppe von Migranten aus dem Norden.31

nen, und den stranieri, Personen aus nicht-italieni- Le minoranze orientali a Venezia 1300–1510, Rom schen Gebieten, auf der ganzen Apenninhalbinsel 1997. Zur intellektuellen Bedeutung: Kap. III.4.1. gemacht wurde, spielte in Venedig bezüglich des 29 Böninger, Einwanderung, S. 36. Vgl. hierzu auch: Rechtsstatus und der Integrationsmöglichkeiten Philippe Braunstein, La minoranza Tedesca a Vene- der Migranten nur in bestimmten Fällen eine Rolle: zia alla fine del medio evo, in: Intorno all’Olimpiade Arnold Esch, Der Fremde in der italienischen Stadt di Baldassare Galuppi. Con altri saggi di argomen- des späten Mittelalters, in: Fremde in der Stadt. Ord- to veneziano, hg. v. Uwe Israel, (Venetiana 8), Rom nungen, Repräsentationen und soziale Praktiken u. a. 2010, S. 93–106, S. 93 u. S. 99. Sowie: Calabi, (13.–15. Jahrhundert), hg. v. Peter Bell u. a., (Inklu- Stranieri, S. 927; Israel, Fremde, S. 53. An anderer sion / Exklusion 16), Frankfurt u. a. 2010, S. 35–60, Stelle sprach Braunstein sogar von der „minoranza S. 39. Die Aussage Israels, dass es in Italien bis auf etnica più numerosa e, senza dubbio, più attiva“: Aspekte der Sprache keine Unterscheidung zwi- Braunstein, Venezia e la Germania, 49. Auch Wirtz schen Zuwanderern aus dem Norden und solchen mutmaßte, dass es sich um die größte Minderheit in aus anderen Teilen Italiens gegeben habe, muss Venedig gehandelt habe: Carolin Wirtz, Köln und für Venedig teilweise eingeschränkt werden: Israel, Venedig. Wirtschaftliche und kulturelle Beziehun- Fremde, S. 214. gen im 15. und 16. Jahrhundert, (Beihefte zum Ar- 27 Braunstein sprach von einer „Position Venedigs zwi- chiv für Kulturgeschichte 57), Köln u. a. 2006, S. 91. schen zwei Welten“ („posizione di Venezia fra due 30 Louisa C. Matthew, Esperienze veneziane di artisti mondi“): Philippe Braunstein, Venezia e la Germa- nordici: annotazioni, in: Il Rinascimento a Vene- nia nel Medioevo, in: Venezia e la Germania. Arte, zia e la pittura del Nord ai tempi di Bellini, Dürer, politica, commercio, due civiltà a confronto, hg. v. Tiziano, hg. v. Bernard Aikema und Beverly Louise Franco Cardini, Mailand 1986, S. 35–49, S. 39. Brown, Mailand 1999, S. 60–69, S. 61. 28 Maria Francesca Tiepolo u. Eurigio Tonetti (Hgg.), I 31 Simonsfeld, Fondaco 2, S. 279. Zu den deutschen greci a Venezia, Venedig 2002; Brunehilde Imhaus, Handwerkern in Venedig vor allem: Cecilie Holl- 20 · I. Einleitung

Wie sich die sehr heterogene Nürnberger Präsenz in Venedig konstituierte, auf wel- chen Mechanismen der wirtschaftliche, kommunikative und intellektuelle Austausch be- ruhte und welche Auswirkungen die Verbindungen zu Venedig für die Reichsstadt hatten, steht im Mittelpunkt der vorliegenden Untersuchung. Sie gliedert sich ein in eine in den letzten Jahren wieder intensive Erforschung der deutschsprachigen Präsenz in Venedig und Italien,32 thematisiert jedoch nicht nur die Beschaffenheit der fremden Kommuni- tät in der Lagunenstadt, sondern analysiert vielmehr auch das transalpine Miteinander und dessen Bedeutung für die Herkunftsregion seiner Träger. Basis bildet eine im Jahr 2009 an der Ludwig-Maximilians-Universität eingereichte Zulassungsarbeit zum ersten Staatsexamen zu Venedig und Nürnberg um 1500. Der Fondaco dei Tedeschi als Kommu- nikationszentrale zwischen Oberdeutschland und Oberitalien, die jedoch ausschließlich gedruckte Quellen heranzog. Die vorliegende Analyse setzt um circa 1390 ein, als Nürn- berg die Stellung als wichtigste oberdeutsche Stadt im Venedig-Handel übernommen hat- te, und die Geschlechter, die in den nächsten Jahrzehnten unter den Nürnbergern in der Lagunenstadt dominieren sollten, stärker in den Vordergrund traten. Mit den Geschäfts- dokumenten der Kress beginnt zu diesem Zeitpunkt auch eine intensive Überlieferung,33 die nur in der Mitte des 15. Jahrhunderts zeitweise schwächer wurde, um dann im aus- gehenden 15. und frühen 16. Jahrhundert einen Höhepunkt zu erreichen. Insbesondere um 1500 gibt die Entwicklung der Beziehungen Einblick in das vielschichtige Austarieren politischer und wirtschaftlicher Interessen und ihr Zusammenspiel mit künstlerischen, intellektuellen und ideellen Strömungen. Der Tod der wohl berühmtesten Protagonisten des Austausches, Albrecht Dürer und Willibald Pirckheimer, 1528 und 1530, das zuneh- mende Eindringen reformatorischer Tendenzen in Venedig34 und die sich verändernde politische und soziale Situation im Reich lassen einen Schlusspunkt der Untersuchungen in den 1530er Jahren sinnvoll erscheinen. Im ersten Teil der Studie werden die Nürnberger in Venedig in den Blick genommen. Das Verbot für die Venezianer, östlich des Rheins Handel zu betreiben, die instituti- onellen Voraussetzungen des Fondaco dei Tedeschi und die im Spätmittelalter bereits etablierten deutschsprachigen Handwerksstrukturen in Venedig machten die Stadt zum

berg, Deutsche in Venedig im späten Mittelalter. S. 227–269. Kurz zuvor, 1377/79, beschloss die Fal­ Eine Untersuchung von Testamenten aus dem lierung der Behaim die frühe Phase der Nürnberger 15. Jahrhundert, (Studien zur historischen Migrati- Kaufmannstätigkeit: Peter Fleischmann, Rat und onsforschung 14), Göttingen 2005. Zu den Bäckern: Patriziat in Nürnberg. Die Herrschaft der Ratsge- Israel, Fremde, S. 71; Adolf Layer, Süddeutsche schlechter vom 13. bis zum 18. Jahrhundert 2.1: Bäcker in Italien. Ein kultur- und wanderungsge- Ratsherren und Ratsgeschlechter, (Nürnberger For- schichtliches Phänomen, in: Jahrbuch des Histori- schungen 31.2.1), Nürnberg 2008, S. 319. schen Vereins Dillingen 85 (1983), S. 105–156. 34 Simonsfeld, Fondaco 2, S. 157–158; Stefan Oswald, 32 Vgl.: Kap. I.3. Die Inquisition, die Lebenden und die Toten. Vene- 33 Philippe Braunstein, Relations d’affaires entre Nu- digs deutsche Protestanten, (Studi 6), Sigmaringen rembergeois et Vénitiens à la Fin du XIVe siècle, in: 1989. Mélanges d’Archéologie et d’Histoire 76,1 (1964), 2. Thema, Fragestellung und Aufbau · 21

Hauptschauplatz der Beziehungen. Die Anwesenheit der Nürnberger in der Serenissima zeichnete sich durch eine große Heterogenität bezüglich der Motive, der Aufenthaltsdau- er, der Profession und des sozialen Status der Personen aus. Die Quellenlage führt dazu, dass die Nürnberger Händler am ehesten nachgewiesen werden können. Nach Venedig migrierte Handwerker, die in den fränkischen Dokumenten meist nicht zu fassen sind, können so nur ansatzweise untersucht werden, obwohl sie unter den dauerhaft zugewan- derten Personen sicherlich dominierten.35 Daher kommt es zu einer gewissen Verzerrung bei der Betrachtung der Nürnberger in Venedig. Die Bemühungen, die unterschiedlichen Personengruppen zu analysieren und im Hinblick auf ihre Tätigkeit und ihre soziale Interaktion zu verorten, sind dennoch notwendig. Nur so können Bedeutung, Ausmaß und Verfasstheit der Nürnberger Präsenz in der Stadt eingeschätzt werden.36 Die Be- dingungsfaktoren, der Ablauf und die Charakteristika ihres beruflichen Alltags und die sich dadurch ergebenden Konditionen ihres Lebens in Venedig sind ebenso zu unter- suchen wie die Integration in sich vor Ort konstituierende einheimische, deutsche oder Nürnberger Sozialverbände. Die Anbindung breiter deutschsprachiger Personenkreise an den Fondaco dei Tedeschi, die dortige Institutionalisierung der deutsch-venezianischen Beziehungen und die Erforschung seiner kultur- und kommunikationsgeschichtlichen Funktion37 stellen einen weiteren Schwerpunkt der Analyse der Nürnberger Präsenz in Venedig dar. Darüber hinaus war das Handelshaus für den wirtschaftlichen, persönlichen und kulturellen Austausch zwischen beiden Städten maßgeblich. Dieser Austausch und die Rückwirkungen der Beziehungen auf die fränkische Reichs- stadt bilden den zweiten Teil der Untersuchung. Die soziale Verankerung in Venedig beeinflusste den Anteil, den die unterschiedlichen Personengruppen auf die Rückwir- kung des Austausches auf Nürnberg hatten. Die Analyse der Beziehungsgeflechte, die zwischen den Nürnbergern in Venedig und denjenigen im Norden bestanden, und der Wechselwirkung zwischen Kaufmannschaft und städtischer Führungsschicht dient dazu, die Mechanismen des Austausches und die Rezeption seiner Inhalte zu erklären. In ei- nigen Bereichen lassen sich besonders eindrückliche Einflüsse auf die Reichsstadt und deren Bedeutung nördlich der Alpen festmachen. Neben den wirtschaftlichen Beziehun-

35 Hollberg, Deutsche in Venedig, S. 74. tion zu einer Gefängnis- und Geldstrafe sowie zur 36 Es müssen jedoch gewisse Einschränkungen ge- Hochzeit mit seinem Opfer verurteilt wurde: Orlan- macht werden. So werden die Nürnberger Juden do, Migrazioni mediterranee, S. 268–270 u. S. 352. nicht explizit in die Untersuchungen einbezogen: Warum Hans von Panckelsheim im Gefängnis saß, Moise Lattes, Gli Ebrei di Norimberga e la Re- ist nicht klar: (1515 Mär. 2), StadtAN, B 14/II-7, fol. pubblica di Venezia, in: Archivio Veneto 4 (1872), 63rv. S. 149–154. Auch wird nicht auf die Frage nach dem 37 Ein entsprechendes Desiderat formulierte bereits: Gewaltpotential eingegangen, die in der Forschung Bernd Roeck, Kunst und Wirtschaft in Venedig zu den Deutschen in Italien sonst teilweise aufge- und Oberdeutschland zur Zeit der Renaissance, in: griffen wurde: Böninger, Einwanderung, S. 7. Als Venedig und Oberdeutschland in der Renaissance. Delinquent lässt sich lediglich ein gewisser Johannes Beziehungen zwischen Wirtschaft und Kunst, hg. v. aus Nürnberg ausmachen, der 1475 wegen Deflora- dems. u. a., (Studi 9), Sigmaringen 1993, 9–18, S. 12. 22 · I. Einleitung gen hatte auch die Position der Serenissima als Informationsknotenpunkt38 wichtigen Anteil an der zunehmenden Etablierung Nürnbergs als Nachrichtenzentrum in Mitteleu- ropa. Darüber hinaus wirkte sich die Bedeutung Venedigs als Einfallstor des griechischen Humanismus in der Reichsstadt und über diese im Norden aus. Diese Rückwirkungen waren Teil eines breiten Spektrums unterschiedlicher Austauschbewegungen zwischen beiden Städten.

3. Forschungsstand

Die deutschsprachigen Zuwanderer und Besucher auf der Apenninhalbinsel, vor allem in Oberitalien, der Toskana und Rom, rückten in den letzten Jahrzehnten wieder ver- mehrt in den Fokus der Forschung, nachdem diese für Venedig mit dem Aufsatz Wil- helm Heyds, dem Werk Henry Simonsfelds und den Quelleneditionen von Georg Mar- tin Thomas zum Fondaco in den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts einen ersten Höhepunkt erlebt hatte.39 Jüngere Forschungen griffen vor allem sozial- und kulturge- schichtliche Fragestellungen auf. Die umfassendste neuere Analyse zu den Fremde[n] aus dem Norden legte Uwe Israel 2005 vor.40 Neben dem Schwerpunkt Treviso gibt er einen Überblick zur deutschsprachigen Zuwanderung in Italien und kann dabei die herausge- hobene Bedeutung einiger Orte wie Venedig, Florenz oder Rom ausmachen. Wie Israel fragt auch Lorenz Böninger in seiner Studie Die deutsche Einwanderung nach Florenz im Spätmittelalter nach den unterschiedlichen Voraussetzungen, Mechanismen und Funkti- onsweisen des Lebens und der sozialen, beruflichen und institutionellen Integration der Deutschen.41 Dabei nimmt er sehr unterschiedliche Berufsgruppen, neben Handwerkern auch Kaufleute, Drucker und Diener, in den Blick. Mit ausgewählten Personenverbänden beschäftigen sich hingegen die meisten anderen Arbeiten zu deutschsprachigen Min- derheiten in Italien, unter denen in der neueren Forschung vor allem die Kleriker an der römischen Kurie,42 die deutschen Söldner43 und die Handwerker aus dem Norden44 besondere Aufmerksamkeit finden.

38 Burke, Venice as Center of Information, S. 400. 42 Christiane Schuchard, Die Deutschen an der päpst- 39 Wilhelm Heyd, Das Haus der deutschen Kaufleute lichen Kurie im späten Mittelalter (1378–1447), in Venedig, in: HZ 32 (1874), 193–220; Simonsfeld, (Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Fondaco; Thomas (Hg.), Capitular; Ders. (Hg.), Rom 65), Tübingen 1987. Register zum Capitular des Deutschen Hauses in 43 Stephan Selzer, Deutsche Söldner in Italien im Tre- Venedig. Nach der Handschrift im venezianischen cento, (Bibliothek des Deutschen Historischen Ins- Archiv “Capitolare dell’officio del fontego die Todes- tituts in Rom 98), Tübingen 2001. chi“, (Abhandlungen der Bayerischen Akademie der 44 Knut Schulz, Deutsche Handwerker in Italien, in: Wissenschaften, Philosophisch-Philologische und Kommunikation und Mobilität im Mittelalter. Be- Historische Klasse 14,1. Abt. 1), München 1876. gegnungen zwischen dem Süden und der Mitte 40 Israel, Fremde. Europas (11.–14. Jahrhundert), hg. v. Siegfried de 41 Böninger, Einwanderung. Rachewiltz u. Josef Riedmann, Sigmaringen 1995, 3. Forschungsstand · 23

Großes Interesse riefen seit jeher die Verbindungen zwischen den Oltramontani und Venedig hervor. Dabei stehen die übergreifenden Beziehungen zwischen Venedig und dem Reich nördlich der Alpen im Spätmittelalter eher im Hintergrund.45 Den Schwer- punkt bilden Forschungen zur deutschen Präsenz in Venedig.46 Nach wie vor maßgeblich ist dabei das Monumentalwerk Henry Simonsfelds zum Fondaco dei Tedeschi in Vene- dig,47 das in zwei Bänden eine grundlegende Quellenedition und eine monographische Studie zu den Kaufleuten sowie ansatzweise zu den Gewerbetreibenden umfasst. Auf- grund der guten Erschließbarkeit durch die Studie Simonsfelds und der besonders guten Fassbarkeit der Kaufleute im Fondaco fanden diese Berufsgruppe und ihr Handelshaus auch in der weiteren Forschung besondere Beachtung. Neben Fragen nach Entstehung und Kontrollmechanismen des Handelshauses48 traten dabei zunehmend mentalitäts- und kulturgeschichtliche Fragestellungen in den Vordergrund. So beschäftigte sich Phi- lippe Braunstein nicht nur mit dem Handel einzelner Familien im Fondaco, sondern auch mit der Situation bestimmter Landsmannschaften und der Frage nach der Existenz einer „Kollektivitätsidentität“.49 Die kunstgeschichtliche Bedeutung des Handelshauses wird ebenfalls wiederholt hervorgehoben.50 Die deutschen Kaufleute in Venedig und ihr Handelshaus in der Frühen Neuzeit untersuchte insbesondere Sibylle Backmann in ih- rer Studie Der Fondaco dei Tedeschi in Venedig. Inklusion und Exklusion oberdeutscher Kaufleute in Wirtschaft und Gesellschaft (1550–1650).51

S. 115–133; Knut Schulz u. Christiane Schuchard, 49 Philippe Braunstein, Erscheinungsformen einer Handwerker deutscher Herkunft und ihre Bruder- Kollektivitätsidentität. Die Bewohner des Fondaco schaften im Rom der Renaissance. Darstellung und dei Tedeschi in Venedig (12.–17. Jahrhundert), in: ausgewählte Quellen, (Römische Quartalschrift für Hochfinanz – Wirtschaftsräume – Innovationen. christliche Altertumskunde und Kirchengeschichte. FS für Wolfgang v. Stromer 1, hg. v. Uwe Bestmann Supplement 57), Rom u. a. 2005. u. a., Trier 1987, S. 411–420. Des weiteren: Braun- 45 Zum wechselseitigen Austausch lediglich: Christina stein, Wirtschaftliche Beziehungen; Braunstein, Re- Lutter, Politische Kommunikation an der Wende lations d’affaires. vom Mittelalter zur Neuzeit. Die diplomatischen 50 Vgl. u. a.: Gunter Schweikhart, Der Fondaco dei Te- Beziehungen zwischen der Republik Venedig und deschi: Bau und Ausstattung im 16. Jahrhundert, in: Maximilian I. (1405–1508), Wien u. a. 1998. Venedig und Oberdeutschland in der Renaissance. 46 Vgl. hierzu z. B.: Philippe Braunstein, Remarques Beziehungen zwischen Kunst und Wirtschaft, hg. sur la population allemande de Venise à la fin du v. Bernd Roeck u. a., (Studi 9), Sigmaringen 1993, Moyen Age, in: Venezia. Centro di Mediazione tra S. 41–49; Brunetti, Fondaco. Oriente e Occidente (Secoli XV-XVI). Aspetti e Pro- 51 Sibylle Backmann, Der Fondaco dei Tedeschi in blemi 1, hg. v. Hans-Georg Beck u. a., (Civiltà vene- Venedig. Inklusion und Exklusion oberdeutscher ziana. Studi 32), Florenz 1977, S. 233–243. Kaufleute in Wirtschaft und Gesellschaft (1550– 47 Simonsfeld, Fondaco. 1650), (Studi), Regensburg vorauss. 2016 (in Vor- 48 Karl-Ernst Lupprian, Zur Entstehung des Fondaco bereitung). Einen Aufsatz verfasste auch: Mark dei Tedeschi in Venedig, in: Grundwissenschaften Häberlein, Der Fondaco dei Tedeschi in Venedig und Geschichte. FS für Peter Acht, hg. v. Waldemar und der Italienhandel oberdeutscher Kaufleute (ca. Schlögl u. Peter Herde, (Münchener Historische Stu- 1450–1650), in: Bayern und Italien. Kontinuität und dien. Abteilung Geschichtliche Hilfswissenschaften Wandel ihrer traditionellen Bindungen, hg. v. Hans- 15), Kallmünz 1976, S. 128–134; Ders., Il Fon­daco dei Michael Körner u. Florian Schuller, Lindenberg Tedeschi e la sua Funzione di Controllo del Commer- 2010, S. 124–139. cio Tedesco a Venezia, (Quaderni 6), Venedig 1978. 24 · I. Einleitung

Die aus dem Norden in die Stadt zugewanderten Handwerker fanden hingegen weit weniger Beachtung. Die sich auf die in Venedig überlieferten Testamente stützende Ar- beit zu Deutsche[n] in Venedig im späten Mittelalter von Cecilie Hollberg erschließt die soziale Situation und die persönlichen wie institutionellen Beziehungen der Erblasser. Aufgrund der Quellengattung stehen Handwerker im Vordergrund der Untersuchung.52 Mit Lorenz Böningers Edition der “Regula” bilingue della Scuola dei calzolai tedeschi a Venezia del 1383 und seinen einleitenden Bemerkungen zu der Scuola fanden auch die deutschen Schuster in der Forschung eine gewisse Aufmerksamkeit.53 Aus dem Norden zugewanderte Drucker und Kaufleute bilden den Schwerpunkt von Carolin Wirtz’ Be- schäftigung mit Köln und Venedig im 15. und 16. Jahrhundert.54 Die Verfasserin versucht, einen beruflich heterogenen Personenkreis im Kontext der Verbindungen Venedigs zu einer bedeutenden transalpinen Stadt und gleichzeitig die Rückwirkungen auf Köln zu betrachten. Die Auswirkungen der transalpinen Beziehungen für die Herkunftsräume der Träger wurden bisher höchstens ansatzweise in den Blick genommen, so von Phi- lippe Braunstein in einem Aufsatz zu Nürnberg und Italien,55 von Wolfgang von Stro- mer im Kontext seiner Forschungen zur Oberdeutschen Hochfinanz56 und in Bezug auf einzelne Nürnberger Handelsfamilien, wie den Rummel, Hirschvogel und Imhoff.57 Die Position und wirtschaftliche Bedeutung der Nürnberger Kaufleute im Fondaco sowie den Gewürzhandel untersuchten in Anlehnung an Simonsfeld Leo Schuster und Karl Heinz Barthels, wobei Letzterer sich ausschnittsweise auch mit kulturellen Transferprozessen auseinandersetzte.58 Die kulturellen Verbindungen zwischen Venedig und den transalpinen Regionen fin- den vor allem für die Zeit der Renaissance Interesse, wobei neben der Adaption künstle- rischer Inhalte59 insbesondere der Kunstmarkt60 und literarische wie gelehrte Austausch-

52 Hollberg, Deutsche in Venedig. Zum Schwerpunkt gen aus der Stadtbibliothek Nürnberg 11,1 (1962), Handwerker: ebd., S. 68. S. 1–54; Karl Heinz Barthels, Drogenhandel und 53 Lorenz Böninger, La „regula“ bilingue della Scuola apothekenrechtliche Beziehungen zwischen Vene- dei calzolai tedeschi a Venezia del 1383, (Fonti per la dig und Nürnberg. Das Eindringen italienischer storia di Venezia. Sez. V – Fondi Vari), Venedig 2002. Elemente in die deutsche Apothekergesetzgebung 54 Wirtz, Köln und Venedig. als Folge des Drogenhandels u. a. zwischen Venedig 55 Braunstein, Wirtschaftliche Beziehungen. und Nürnberg, (Quellen und Studien zur Geschich- 56 Stromer, Oberdeutsche Hochfinanz. te der Pharmazie 8), Frankfurt 1966. 57 Christa Schaper, Die Hirschvogel von Nürnberg und 59 Aikema u. Brown (Hgg.), Rinascimento a Venezia; ihr Handelshaus, (Nürnberger Forschungen 18), Klaus Arnold u. a. (Hgg.), Venezianisch-deutsche Nürnberg 1973; Helga Jahnel, Die Imhoff, eine Nürn- Kulturbeziehungen in der Renaissance, (Pirckhei- berger Patrizier- und Grosskaufmannsfamilie. Eine mer Jahrbuch 18), Wiesbaden 2003; Bernd Roeck Studie zur reichsstädtischen Wirtschaftspolitik und u. a. (Hgg.), Venedig und Oberdeutschland in der Kulturgeschichte an der Wende vom Mittelalter zur Renaissance. Beziehungen zwischen Kunst und Neuzeit (1351–1579), Würzburg 1950; Christa Scha- Wirtschaft, (Studi 9), Sigmaringen 1993. per, Die Ratsfamilie Rummel – Kaufleute, Finanziers 60 Sibylle Backmann, Kunstagenten oder Kaufleute? und Unternehmer, in: MVGN 68 (1981), S. 1–107. Die Firma Ott im Kunsthandel zwischen Ober- 58 Leo Schuster, Die Rolle der Nürnberger Kaufherren deutschland und Venedig (1550–1650), in: Kunst am Fondaco dei Tedeschi in Venedig, in: Mitteilun- und ihre Auftraggeber im 16. Jahrhundert. Venedig 4. Methodische und theoretische Ansätze · 25 prozesse im Fokus stehen. Die wichtige Bedeutung von Kaufleuten in diesem Kontext, die in der jüngeren Forschung wiederholt als zentrale Vermittler auch kultureller Inhalte im spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Europa herausgestellt wurden,61 wurde auch in der Venedig-Forschung angeschnitten.62 Wie hierbei die Anwesenheit spezifischer Landsmannschaften, die sozialen Verflechtungen ihrer Mitglieder und die sich zwischen konkreten Regionen entwickelnden institutionellen und personalen Strukturen in viel- schichtiger Weise zusammenwirkten und den wirtschaftlichen und kulturellen Austausch beeinflussten, fand jedoch bisher keine eingehendere Beachtung.

4. Methodische und theoretische Ansätze

Die Vielfalt der Beziehungen, die Heterogenität und die sehr unterschiedlichen Bestim- mungsfaktoren der Nürnberger Präsenz in Venedig legen ebenso wie die verschiedenen inhaltlichen Ebenen des Austausches mit der Herkunftsregion die Anwendung multipler theoretischer Zugänge nahe. In der vorliegenden Untersuchung soll eine Auswahl an methodischen und theoretischen Herangehensweisen zum Zuge kommen, die für eine umfassende Analyse der Beziehungen den größten Erkenntnisgewinn verspricht. Von diesen Ansätzen soll jedoch keiner in ausschließlicher Weise privilegiert werden. So flie- ßen einige theoretische Konzepte wie Überlegungen zu Eliten,63 der Migrationsgeschich- te,64 der Begegnung mit dem Fremden65 oder der Mentalität66 zwar in die Arbeit ein,

und Augsburg im Vergleich, hg. v. Klaus Bergdolt in europäischen Korrespondenznetzen des 18. Jahr- u. Jochen Brüning, (Colloquia Augustana 5), Berlin hunderts, hg. v. Regina Dauser u. a., (Colloquia Au- 1997, S. 175–197. gustana 24), Berlin 2008, S. 315–328. 61 U. a.: Michael Gassert, Kulturtransfer durch Fern- 64 Vgl. hierzu u. a.: Marita Krauss, Integration und Ak- handelskaufleute. Stadt, Region und Fernhandel in kulturation. Eine methodische Annäherung an ein der europäischen Geschichte, (Europäische Hoch- vielschichtiges Phänomen, in: Migration und Inte- schulschriften III: Geschichte u. Hilfswissenschaften gration. Aufnahme und Eingliederung im histori- 915), Frankfurt u. a. 2001. schen Wandel, hg. v. Mathias Beer u. a., (Stuttgarter 62 Roeck, Kulturtransfer. Beiträge zur historischen Migrationsforschung 3), 63 Auf das Problem des Elitebegriffs, der schwierigen Stuttgart 1997, S. 11–25, S. 11. Zur konkreten Be- Legitimationssituation besonders des wirtschaftlich deutung im italienisch-deutschen Austausch: Israel, geprägten Patriziats und der Vernetzung von Eli- Fremde, S. 1. ten im Kontext der sich verdichtenden städtischen 65 Vgl. u. a. Ulrich Knefelkamp, Der Reiz des Fremden Strukturen im Spätmittelalter geht näher ein: Hans- in Mittelalter und Früher Neuzeit. Über Neugier Jörg Gilomen, Wirtschaftliche Eliten im spätmittel- und Wissen europäischer Reisender, in: Kommu- alterlichen Reich, in: Europa im späten Mittelalter. nikation und Alltag in Spätmittelalter und Früher Politik – Gesellschaft – Kultur, hg. v. Rainer C. Neuzeit, hg. v. Helmut Hundsbichler, (Veröffent- Schwinges u. a., (HZ. Beihefte. NF 40), München lichungen des Instituts für Realienkunde des Mit- 2006, S. 357–384. Vgl. hierzu für die Frühe Neuzeit telalters und der Frühen Neuzeit 15), Wien 1992, auch: Mark Häberlein, Netzwerkanalyse und histo- S. 293–322, v. a. S. 293–294 u. S. 298. rische Elitenforschung. Probleme, Erfahrungen und 66 Generell zu den Phänomenen: František Graus, Ergebnisse am Beispiel der Reichsstadt Augsburg, Mentalität – Versuch einer Begriffsbestimmung und in: Wissen im Netz. Botanik und Pflanzentransfer Methoden der Untersuchung, in: František Graus, 26 · I. Einleitung stehen aber nicht im Vordergrund. Eine prosopographische Herangehensweise wäre aus methodischer Sicht naheliegend, gestaltet sich aber in Anbetracht der Quellen schwierig. Die Probleme bei der eindeutigen Identifizierung der Zuwanderer und ihrer Herkunfts- regionen und das weitgehende Fehlen homogener Gruppen, selbst innerhalb der Kauf- mannschaft, führen für die deutschen Zuwanderer in Italien, laut Uwe Israel, zu großen Unsicherheiten, die eine profunde prosopographische Erschließung nicht jedoch „einen breiten und vor allem repräsentativen Einblick“ in die Zusammensetzung und Gestalt der deutschsprachigen Anwesenheit in der Fremde verhindern.67 Die ebenfalls von Israel genutzten Ansätze zur Klärung von Phänomenen der Integ- ration, Inklusion und Exklusion, die sich auch in anderen Untersuchungen, wie jüngst in Ermanno Orlandos Analyse, als fruchtbar erwiesen,68 erscheinen für die vorliegen- de Studie als besonders vielversprechender Zugang. Damit in Wechselwirkung stehen Fragen nach Verständigungsmöglichkeiten, Kommunikationsweisen wie -inhalten und kommunikativen Strukturen. Sie stellen überdies eines der zentralen Bindeglieder zwi- schen den beiden thematischen Bereichen der Untersuchung dar. Die hiermit einherge- henden Fragen nach den Umständen und Formen kultureller Austauschprozesse und eines möglichen Kulturtransfers haben sich im Kontext der transalpinen Beziehungen wiederholt als ertragreich erwiesen.69 Die personellen und institutionellen Verflechtun- gen innerhalb der Städte und zwischen ihnen sind dabei sowohl Grundlage als auch Folge der Austauschprozesse. Zwischen den unterschiedlichen Bereichen bestand, wie beispielsweise im Bereich der Wissenstradierung und Wissensvernetzung, eine ausge- prägte Interdependenz.70 Um die Beziehungen zwischen Nürnberg und Venedig im 15. und frühen 16. Jahrhundert in ihrer thematischen und quellenspezifischen Heterogenität besser fassen zu können, orientiert sich die Untersuchung daher bei der Auswertung des Quellenmaterials an den Ansätzen der sozialen Netzwerkforschung, der Kommunikati- onsgeschichte, der Integrations- und Identitäts- wie der Kulturtransferforschung. Dabei soll die Arbeit keinen Beitrag zur systematischen Weiterentwicklung der Theoriediskurse leisten, sondern sich ihr Anwendungspotential zu Nutze machen.

Ausgewählte Aufsätze (1959–1989), hg. v. Hans- 70 Laut Espagne sind Kulturräume immer das Ergebnis Jörg Gilomen u. a. (Vorträge und Forschungen 55), einer Vielzahl unterschiedlicher Verflechtungen und Stuttgart 2002, S. 371–411, v.a. S. 379–380. Austauschprozesse. Vgl. seinen Beitrag in: Schmale, 67 Israel, Fremde, S. 213 sowie S. 29–34. Wolfgang (Diskussionsleitung), „Kulturtransfer“ – 68 Orlando beschäftigte sich ausdrücklich mit Aspek- Europäische Geschichte gegen den Strich nationa- ten der Inklusion und Exklusion und betont den ler Mythen, in: Kulturtransfer. Kulturelle Praxis im Zusammenhang von Integration, Netzwerken und 16. Jahrhundert, hg. v. Wolfgang Schmale, (Wiener der Herausbildung von Identität in diesem Kon- Schriften zur Geschichte der Neuzeit 2), Innsbruck text: Orlando, Migrazioni mediterranee, S. 20–22 u. u. a. 2003, S. 13–38, S. 15. Vgl. zum kaufmänni- S. 28. Sowie u. a.: Braunstein, Kollektivitätsidentität; schen Bereich: Markus A. Denzel, „Wissensmanage- Böninger, Einwanderung; Backmann, Fondaco. ment“ und „Wissensnetzwerke“ der Kaufleute: As- 69 Gassert, Kulturtransfer; Roeck, Kulturtransfer. pekte kaufmännischer Kommunikation im späten Mittelalter, in: Das Mittelalter 6,1 (2001), S. 73–90. 4. Methodische und theoretische Ansätze · 27

4.1 Netzwerke und Verflechtungen

Die personalen Verflechtungen und Netzwerke innerhalb Venedigs beziehungsweise Nürnbergs sowie diejenigen zwischen beiden Städten stellten die maßgeblichen Motoren des Austausches dar und beeinflussten die Präsenz der Nürnberger in Venedig ebenso wie die Rezeption der Beziehungen im Norden. Gleichzeitig wurden sie durch die sich in ihrem Kontext ergebenden spezifischen Umstände geprägt. In der Forschung werden sowohl der Begriff der Verflechtung71 als auch der des Netzwerks72 genutzt, um eine Be- ziehungskonstellation zu beschreiben, an der mehr als zwei Personen partizipieren, die intentionale Kontakte pflegen.73 Erweiterungen und Verknüpfungen mit anderen Netz- werken waren möglich, sind jedoch nur von Interesse, wenn sie innerhalb des Untersu- chungskontexts wirksam wurden. Als maßgeblicher Aspekt jeglicher gesellschaftlicher Interaktion ist die Analyse von Netzwerken und Verflechtungen – trotz der gerechtfertigten Kritik an einer unspezifi- schen Nutzung des Begriffs74 – Grundlage für jede Untersuchung von sozialen Gruppen und Austauschprozessen. Eine Analyse im Sinne der sozialen Netzwerkforschung ist in Anbetracht der Quellen für das Mittelalter oft nicht möglich und trägt nicht unbedingt zum eigentlichen Erkenntnisziel bei, kann den Blick auf dieses sogar verstellen.75 Die

71 Wolfgang Reinhard, Oligarchische Verflechtung im europäischen Handel des Mittelalters – Versuch und Konfession in oberdeutschen Städten, in: Kli- einer Bilanz, in: Netzwerke im europäischen Handel entelsysteme im Europa der Frühen Neuzeit, hg. v. des Mittelalters, hg. v. Gerhard Fouquet u. Hans- Antoni Maczak, (Schriften des Historischen Kol- Jörg Gilomen, (Vorträge und Forschungen 72), Ost- legs. Kolloquien 9), München 1988, S. 47–62, S. 51; fildern 2010, S. 341–364, S. 349. Ders., Freunde und Kreaturen. „Verflechtung“ als 74 Carola Lipp, Struktur, Interaktion, räumliche Konzept zur Erforschung historischer Führungs- Muster. Netzwerkanalyse als analytische Methode gruppen. Römische Oligarchie um 1600, (Schriften und Darstellungsmittel sozialer Komplexität, in: der Philosophischen Fachbereiche der Universität Komplexe Welt. Kulturelle Ordnungssysteme als Augsburg 14), München 1979, S. 19. Kritisch mit der Orientierung, hg. v. Silke Göttsch u. Christel Köh- Frage der Begrifflichkeiten auseinandergesetzt hat le-Hezinger, Münster u. a. 2003, S. 49–63, S. 50; sich: Nicole Reinhardt, „Verflechtung“ – ein Blick Häberlein, Netzwerkanalyse, S. 318; Gilomen, Netz- zurück nach vorn, in: Historische Anstöße. FS für werke, S. 347. Besonders der Mittelalterforschung Wolfgang Reinhard, hg. v. Peter Burschel u. a., Berlin wird eine unbedachte Nutzung des Begriffs attes- 2002, S. 235–262. tiert: Mark Häberlein u. Christof Jeggle, Einleitung, 72 Burkhardt definierte ein Netzwerk als „eine Grup- in: Praktiken des Handels. Geschäfte und soziale pe von Akteuren, die jeweils mit mindestens zwei Beziehungen europäischer Kaufleute in Mittelalter anderen Akteuren der Gruppe in einer sozialen und früher Neuzeit, hg. v. dens., (Irseer Schriften. Beziehung stehen.“ Er betonte dabei den dynami- NF 6), Konstanz 2010, S. 15–35, S. 21. schen Charakter von Netzwerken: Mike Burkhardt, 75 Ebenso können die unterschiedlichen Typen und Die hansischen Bergenfahrer im Spätmittelalter. Ausprägungen von Netzwerken nicht immer klar Handel – Kaufleute – Netzwerke, Köln u. a. 2009, unterschieden werden, wie gefordert, z. B. von: Hä- S. 47–48. berlein, Netzwerkanalyse, S. 328. Auch die Dichte 73 Zur Zahl der Partizipienten: Burkhardt, Bergen- wird nicht analysiert, da so ein irreführender Ein- handel, S. 47. Gilomen wies auf die Gefahr einer druck der Geschlossenheit oder Entität der Netz- Überinterpretation einfacher Zweierbeziehungen werke entstehen könnte. als Netzwerke hin: Hans-Jörg Gilomen, Netzwerke 28 · I. Einleitung

Überlieferung würde im vorliegenden Fall nur die Analyse sehr kleiner, rein kaufmän- nischer Gruppen erlauben. Die anderen Träger der Beziehungen aufgrund dessen außer Acht zu lassen, wäre aber im Sinne des Forschungsinteresses nicht vertretbar. Die Be- trachtung entsprechender Strukturen ist jedoch auch jenseits des Netzwerkdiskurses ein elementarer Teil historischer Forschung. In diesem Sinne greift die vorliegende Arbeit lediglich grundlegende Ansätze für die Untersuchung heraus. In erster Linie sind die Mechanismen bei der Bildung von Beziehungsgeflechten, die Nutzbarmachung der Ver- bindungen und die Auswirkung ihrer Existenz und damit die inhaltlichen Aspekte der Verflechtungen76 von Interesse. Die Verflechtungen waren maßgeblich durch ihre geographischen Umstände geprägt. Beziehungen vor Ort, in Nürnberg oder Venedig, sind ebenso in den Blick zu nehmen wie diejenigen, die sich zwischen den beiden Städten konstituierten.77 Die Offenheit, die dauernde Interaktion ebenso wie die vielfältigen Verknüpfungen und Überschnei- dungen mit anderen Verflechtungsstrukturen,78 die durch den geographischen Rahmen des Untersuchungsthemas noch einmal verstärkt wurden, machen es nötig, die Analyse nicht auf spezifische Netzwerke zu beschränken. Zwar können Schwerpunkte im Kontext bestimmter Familien ermittelt werden. Die Verflechtungen können jedoch in der Regel nicht nach außen abgegrenzt werden, da sie meist durch eine starke Fluktuation und eine, zumindest innerhalb der eigenen sozialen und beruflichen Kreise, weitgehende Offenheit geprägt waren. Trotz der Schwierigkeiten bei der Abgrenzung von Netzwerken lassen sich gewisse Verflechtungstendenzen innerhalb wie auch zwischen den Städten nachvollziehen. Dabei ist zwischen Beziehungsgeflechten zu unterscheiden, die die Nürnberger mit Venezia- nern verbanden, und denjenigen, die sich maßgeblich über die gemeinsame Herkunft und Kultur79 manifestierten. Die meisten Verbindungen beruhten auf Verwandtschaft, Freundschaft, Geschäfts- und Dienstbeziehungen, Patronagestrukturen oder einer ge- meinsamen Landsmannschaft.80 Wie die unterschiedlichen Typen dabei interagieren konnten, zeigt beispielsweise das Verhältnis zwischen Dürer und seinem Freund Pirck- heimer, der den Maler finanziell unterstützte, ihn aber gleichzeitig zu Besorgungen ver-

76 Burckhardt, Bergenhandel, S. 27. Häberlein stellte 77 Zur zentralen Bedeutung der Rückbindung von neben der Frage nach der Position einzelner Mit- Netzwerken an die Herkunftsregion: Mark Häber- glieder innerhalb von Netzwerken und dem Einfluss lein, Aneignung, Organisation und Umsetzung von von Netzwerken auf Verhaltensweisen Einzelner die Kaufmannswissen in Süddeutschland im 16. und „Herausbildung bestimmter Gruppen“ als wichtige 17. Jahrhundert, in: Kultureller Austausch. Bilanz Untersuchungsansätze in den Vordergrund: Mark und Perspektiven der Frühneuzeitforschung, hg. v. Häberlein, Brüder, Freunde und Betrüger. Soziale Michael North, Köln u. a. 2009, S. 273–288, S. 276. Beziehungen, Normen und Konflikte in der Augs- 78 Zur „Multiplexität“: Häberlein, Netzwerkanalyse, burger Kaufmannschaft um die Mitte des 16. Jahr- S. 322. hunderts, (Colloquia Augustana 9), Berlin 1998, 79 Vgl.: Burkhardt, Bergenhandel, S. 60; Gilomen, S. 25. Netzwerke, S. 349. 80 Reinhardt, „Verflechtung“, S. 236. 4. Methodische und theoretische Ansätze · 29 pflichtete. Rechtliche Interaktionen, wie Zeugen- oder Vormundschaften, Heiraten, aber auch die parallele Anbindung an Institutionen und gemeinsame Geschäfte konnten Be- ziehungen herstellen und stabilisieren.81 Insbesondere familiäre Bindungen verstärkten den Zusammenhalt und verknüpften geschäftliche, rechtliche und kulturelle Beziehun- gen.82 Soziale Werte wie Vertrauen,83 Ehre und Reputation waren maßgeblich für die Integration von Personen in die jeweiligen Netzwerke und ihre dortige Position.84 Gerade über geographische Distanzen gewährleisteten sie die Stabilität der Verflechtungen. Das Ineinandergreifen der personalen Verbindungen auf unterschiedlichen Ebenen zeigte sich in erster Linie im kaufmännischen Bereich, besonders in der oberdeutschen Hoch- finanz. Nach Mike Burkhardt handelt es sich bei wirtschaftlichen Kontakten gar auto- matisch um Netzwerke.85 Die wirtschaftliche und soziale Vernetzung bildete die Grund- lage für die Aktivitäten der Händler.86 Die zunehmende Sesshaftigkeit der Kaufleute im Spätmittelalter machte eine Vernetzung der verschiedenen Handelsniederlassungen und Geschäftsorte notwendig. Die Verdichtung dieser Strukturen erhöhte den Austausch von Waren, aber auch von Informationen und kulturellen Inhalten.87 In Venedig verstärkte

81 Auf diese Stützfaktoren verwies beinahe die gan- ten und die Condottieri. Diplomatie und Kriege ze Netzwerkforschung, u. a.: Häberlein, Netz- der Republik Florenz im 15. Jahrhundert, Pader- werkanalyse, S. 325; Ulf Christian Ewert u. Stefan born 2009, S. 38; Gilomen, Netzwerke, S. 347. Zur Selzer, Netzwerkorganisation im Fernhandel des Oberdeutschen Hochfinanz: Stromer, Oberdeutsche Mittelalters: Wettbewerbsvorteil oder Wachstums- Hochfinanz; sowie: Gilomen, Wirtschaftliche Eliten, hemmnis?, in: Unternehmerische Netzwerke. Eine S. 366. historische Organisationsform der Zukunft?, hg. 86 Guy Marchal, Europäische Kulturen – Mobilität, v. Hartmut Berghoff u. Jörg Sydow, Stuttgart 2007, Kunst- und Bildungstransfer. Zusammenfassung S. 45–70, S. 51. und Kommentar, in: Europa im späten Mittelal- 82 Ulf Christian Ewert u. Stefan Selzer, Wirtschaftliche ter. Politik – Gesellschaft – Kultur, hg. v. Rainer C. Stärke durch Vernetzung. Zu den Erfolgsfaktoren Schwinges u. a., (HZ. Beihefte. NF 40), München des hansischen Handels, in: Praktiken des Handels. 2006, S. 569–587, S. 577. Geschäfte und soziale Beziehungen europäischer 87 Vgl. u. a. Mark Häberlein, Handelsgesellschaften, Kaufleute in Mittelalter und früher Neuzeit, hg. v. Sozialbeziehungen und Kommunikationsnetze in Mark Häberlein u. Christof Jeggle, (Irseer Schriften. Oberdeutschland zwischen dem ausgehenden 15. NF 6), Konstanz 2010, S. 39–69, S. 45. und der Mitte des 16. Jahrhunderts, in: Kommu- 83 Häberlein, Netzwerkanalyse, S. 323; Ders., Brüder, nikation und Region, hg. v. Carl A. Hoffmann u. S. 287; Ewert u. Selzer, Wirtschaftliche Stärke, S. 56; Rolf Kießling, (Forum Suevicum 4), Konstanz 2001, Burkhardt, Bergenhandel, S. 362. Zum Begriff des S. 305–326, S. 325; Ewert u. Selzer, Wirtschaftliche Vertrauens: Martin Fiedler, Vertrauen ist gut, Kon- Stärke, S. 67. Maßgeblich war dabei die intensive trolle teuer: Vertrauen als Schlüsselkategorie wirt- Kommunikation innerhalb und zwischen den un- schaftlichen Handelns, in: GG 27,4 (2001), S. 576– terschiedlichen Verbindungen. Reinhard betonte, 592, S. 577. dass Verflechtungs- immer auch Kommunikations- 84 Häberlein, Brüder, S. 23. Hier auch zu den unter- systeme seien: Wolfgang Reinhard, Einleitung. Rö- schiedlichen Normen, ihrer kontinuierlich notwen- mische Mikropolitik und spanisches Mittelmeer, in: digen Bekräftigung und den Sanktionsmöglichkeit, Römische Mikropolitik unter Papst Paul V. Borghe- die mit der emotionalen Bindung einhergingen: se (1605–1621) zwischen Spanien, Neapel, Mailand ebd., S. 27–32, S. 275 u. S. 287. und Genua, hg. v. dems., (Bibliothek des Deutschen 85 Burkhardt, Bergenhandel, S. 49 u. S. 10. Vgl. auch: Historischen Instituts in Rom 107), Tübingen 2004, u. a. Heinrich Lang, Cosimo de’Medici, die Gesand- S. 3–20, S. 4. 30 · I. Einleitung die dauernde Fluktuation der anwesenden Personen die ausgesprochene Dynamik der Verflechtung, sorgte damit aber gleichzeitig auch für die „Tiefe und Kontinuität“88 der Beziehungen.

4.2 Integration und Identität

Soziale Verflechtungen stehen in enger Wechselwirkung mit der Integration von Personen in bestimmte Gesellschaftsstrukturen. Dabei kann es sich um die Einbindung in spezifi- sche berufliche, soziale oder landsmannschaftliche Konglomerate handeln.89 In der Regel wird unter dem Begriff der Integration90 jedoch die Eingliederung in vor allem fremde Gesellschaften verstanden. Sie kann sich im formalen, also rechtlichen und politischen, ökonomischen oder sozialen Rahmen vollziehen.91 Die Anbindung an bereits bestehende Beziehungsgeflechte kann eine Integration fördern oder durch Abgrenzungstendenzen der beteiligten Gruppen auch be- oder verhindern. Im Kontext der Beziehungen zwi- schen Venedig und Nürnberg ist das Ausmaß der Integration in einheimische Gemein- schaften vor allem in seiner Wechselwirkung mit landsmannschaftlichen Bindungen in der Lagunenstadt und dem Rückbezug der Akteure zur Herkunftsregion von Interesse.92 Beeinflusst wird die Integration durch die Motive der Fremden für ihren Aufenthalt, die Dauer des Kontakts93 und die Möglichkeit zur Rückkehr in den Norden. Der fremde Ort kann darüber hinaus selbst Einfluss auf Art und Intensität der Eingliederung haben. Ein kosmopolitisches Zentrum wie das spätmittelalterliche Venedig zeichnete sich durch Offenheit gegenüber Fremden aus, bot ihnen jedoch gleichzeitig die Möglichkeit, inner- halb ihrer eigenen Landsmannschaft zu agieren. So ist zu fragen, inwieweit es sich bei den Zuwanderern um eine „distinkte […] Sozialgruppe“ handelte, die sich durch bestimmte Regeln und Normen, eine innere Organisiertheit oder gemeinsame Kulte nach außen

88 Häberlein, Brüder, S. 69. sind also nicht klar voneinander zu trennen und 89 Stichweh bezeichnete als mögliche Ebenen sowohl werden daher auch in der vorliegenden Untersu- Gesellschaften an sich als auch deren Untergrup- chung synonym verwendet. Der Begriff der Integra- pen: Rudolf Stichweh, Einleitung 2: Inklusion und tion steht im engen Zusammenhang mit Migration Exklusion, in: Inklusion und Partizipation. Politi- und Wanderbewegungen: Israel, Fremde; Böninger, sche Kommunikation im historischen Wandel, hg. Einwanderung; Arnold Esch, Viele Loyalitäten, eine v. Christoph Gusy u. Heinz-Gerhard Haupt, (His- Identität. Italienische Kaufmannskolonien im spät- torische Politikforschung 2), Frankfurt u. a. 2005, mittelalterlichen Europa, in: HZ 254 (1992), S. 581– S. 35–48, S. 35. 608. 90 Krauss schlug als Definition von Integration die 91 Krauss, Integration, S. 16. „Eingliederung von Individuen oder Gruppen in 92 Zu Assimilation, Akkulturation, Interkulturation eine Gesellschaft“ vor und beruft sich dabei auf und den „diffusen Überschneidungsbereichen“: Endruweits Definition von Integration als „Prozeß Krauss, Integration, S. 14. Vgl. auch: Israel, Fremde, der Zuweisung von Positionen und Funktionen im S. 6. sozialen System“: Krauss, Integration, S. 13 u. S. 16. 93 Krauss, Integration, S. 18. Die Begrifflichkeiten von Inklusion und Integra­tion 4. Methodische und theoretische Ansätze · 31 abgrenzte.94 Oftmals spielte der Beruf eine wichtige Rolle bei der Integration oder einem Interesse an dieser.95 Die Einbindung in die fremde Gesellschaft kann anhand unter- schiedlicher Indikatoren96 nachvollzogen werden. Dies konnten, wie in Venedig, gewisse Sonderrechte bis hin zu einer Einbürgerung sein. Die Übernahme der fremden Sprache gibt ebenfalls entsprechende Hinweise. Wichtige Indikatoren sind darüber hinaus das Heiratsverhalten, die Gruppenbildung und die Rückbindung an die Herkunftsregion.97 Bei den Nürnbergern in Venedig blieb die Integration in die einheimische Sozial- struktur im ausgehenden Spätmittelalter ein Individualphänomen. Besonders bei den Kaufleuten kam es auch in Venedig, begünstigt durch eine intensive Interaktion inner- halb der eigenen Familie und mit der Vaterstadt, eher zu einem Austausch mit ihresglei- chen und anderen deutschsprachigen Gruppen als zu einem „offene[n] Kulturkontakt“.98 Die Integrationsmechanismen wirkten dabei oftmals in entgegengesetzter Richtung. Die Aufrechterhaltung von eigenen Kulten, die Weiternutzung der eigenen Sprache und die Anbindung an deutschsprachige Scuole oder das Handelshaus am Rialto waren wichtige Momente der Konstitution von und der Zugehörigkeit zu herkunftsspezifischen Gemein- schaften. Eine gleichzeitige Eingliederung in venezianische Gesellschaftssegmente muss- te dies nicht ausschließen. Sie war jedoch noch im frühen 16. Jahrhundert eher selten. Die Integration in gesellschaftliche und kulturelle Gruppen ist von grundlegender Be- deutung für die Herausbildung von Identitäten, wobei nur ihre kollektive Ausformung99

94 Israel, Fremde, S. 6. Zur Bedeutung gemeinsamer S. 101–107; Gerhard Fouquet, „Kaufleute auf Rei- Kulte für Kolonien und kollektive Identitäten in der sen“. Sprachliche Verständigung im Europa des 14. Fremde: Esch, Loyalitäten, S. 591. und 15. Jahrhunderts, in: Europa im späten Mittel- 95 Über die Entwicklungen im 16. und 17. Jh.: Back- alter. Politik – Gesellschaft – Kultur, hg. v. Rainer mann, Fondaco. C. Schwinges u. a., (HZ. Beihefte. NF 40), München 96 Während z. B. Handwerker stärker in die Gesell- 2006, S. 465–487, S. 475. schaftsstrukturen der Serenissima eingebunden 98 Fouquet, „Kaufleute auf Reisen“, S. 473; Marchal, waren, kann zumindest bis zum frühen 16. Jahr- Europäische Kulturen, S. 577. Auch Braunstein be- hundert eine Integration von Kaufleuten nur ver- merkte, dass gerade Familienbeziehungen die „per- einzelt festgestellt werden: Israel, Fremde, S. 6. Auf manenza dell’identità tedesca“ in Venedig stärkten: die Übertragung von Namen in die fremde Sprache Braunstein, Minoranza tedesca, S. 104. als deutliches Zeichen von Integration verweist für 99 Identität ist, laut Assmann, die „Vergewisserung Lyon auch Jaspert: Nikolas Jaspert, Dem Reich ver- eines Selbst im sozialen Zusammenhang“: Aleida bunden: Gemeinschaftsbildung und Frömmigkeit Assmann, Zum Problem der Identität aus kulturwis- deutscher Kaufleute und Handwerker in Lyon (um senschaftlicher Sicht, in: Die Wiederkehr des Regi- 1500), in: Von Nowgorod bis London. Studien zu onalen. Über neue Formen kultureller Identität, hg. Handel, Wirtschaft und Gesellschaft im mittelalter- v. Rolf Lindner, Frankfurt u. a. 1994, S. 13–35, S. 13. liche Europa. FS für Stuart Jenks, hg. v. Marie-Luise Zu den unterschiedlichen Typen: Ingrid Baumgärt- Heckmann u. Jens Röhrkasten, (Nova mediaevalia ner u. Franziska Sick, Von regionaler und globaler 4), Göttingen 2008, S. 489–511, S. 499. Identität. Einige Schlussgedanken zu den Ergebnis- 97 Esch, Loyalitäten, S. 597. Hierbei muss auch in Be- sen, in: Nation – Europa – Welt. Identitätsentwürfe tracht gezogen werden, inwieweit Heiratsvorschrif- vom Mittelalter bis 1800, hg. v. Ingrid Baumgärt- ten, wie zum Beispiel die Einschränkungen des Fon- ner, (Zeitsprünge 11), Frankfurt 2007, S. 491–499, daco, wirkten: Backmann, Fondaco. Zur Sprache als S. 492. Inklusions- und Exklusionsfaktor: Israel, Fremde, 32 · I. Einleitung untersucht werden kann. Bei den Nürnbergern in Venedig überlagerten sich unterschied- liche Identitäten, die sich über Beruf, Herkunft, Mitgliedschaft in sozialen Gruppen oder gesellschaftlichen Status definieren konnten. Für die fränkische Präsenz waren sie sowohl in ihrer einzelnen Ausformung wie als „Schnittmenge“ relevant.100 Die spezifische Situ- ation in der Fremde verstärkt die Herausbildung und Verfestigung von Identitäten, die sich generell maßgeblich über die Wahrnehmung von Alterität definieren.101 Besonde- res Interesse gilt im Untersuchungskontext der vor diesem Hintergrund stattfindenden Interaktion mit dem Eigenen. Die enge Einbindung in Gruppen der gleichen Lands- mannschaft oder aus dem eigenen Kulturkreis kommt in der Fremde verstärkt vor.102 Die affektive Nähe zur Herkunftsregion und eine gleichzeitige, oftmals durch Integration in einheimische Gemeinschaften hervorgerufene Verbundenheit mit der fremden Stadt führten zu einer mehrschichtigen Bindung, einer doppelten Loyalität, die sich beispiels- weise im Gebrauch beider Sprachen103 oder der testamentarischen Berücksichtigung von Einrichtungen in beiden Städten zeigt. Landsmannschaftliche Beweggründe müssen so stets gegen berufliche und gesellschaftliche Anlässe für soziale und mentale Vergemein- schaftungstendenzen abgewogen werden.104

4.3 Kommunikation

Kollektive Identitäten und soziale Verflechtungen konstituieren und stabilisieren sich maßgeblich über Kommunikation.105 Als soziale Interaktion106 ist sie die Basis jedwe- der Gesellschaftsform sowie ein zentraler Aspekt menschlichen Lebens.107 Sie nimmt grundlegenden Einfluss auf die Strukturen sozialer Beziehungen, wird gleichzeitig aber

100 Entgegen der These Eschs zeigt die Nürnberger Kommunikation. Versuch einer konzeptionel- Präsenz in Venedig, wie wichtig es ist, die einzel- len Klärung, in: Medien der Kommunikation im nen Identitäten sowohl gesondert als auch zusam- Mittelalter, hg. v. Karl-Heinz Spieß, (Beiträge zur men zu betrachten: Esch, Loyalitäten, S. 600. Kommunikationsgeschichte 15), Stuttgart 2003, 101 Carla Meyer u. Christoph Dartmann, Einleitung, S. 9–48, S. 26–27. in: Identität und Krise? Zur Deutung vormoderner 106 Michael North, Einleitung, in: Kommunikati- Selbst-, Welt- und Fremderfahrungen, hg. v. dens., onsrevolutionen. Die neuen Medien des 16. und (Symbolische Kommunikation und gesellschaft- 19. Jahrhunderts, hg. v. dems., (Wirtschafts- und liche Wertesysteme 17), Münster 2007, S. 9–22, Sozialhistorische Studien 3), Köln u. a. ²2001, S. 10. Zur Konstruktion des Eigenen durch das S. IX–XIX, S. X. Fremde auch: Knefelkamp, Reiz des Fremden, 107 Depkat bezeichnete sie als „Basiskategorie von Ge- S. 293–294. sellschaft überhaupt“, Pohl als „grundlegendes Be- 102 Esch, Loyalitäten, S. 590. dürfnis bzw. Erscheinung menschlichen Lebens“: 103 Israel, Fremde, S. 106. Hans Pohl, Einführung, in: Die Bedeutung der 104 Israel konstatierte entsprechende Probleme v.a. für Kommunikation für Wirtschaft und Gesellschaft, die Untersuchung deutscher Bruderschaften in Ita- hg. v. dems., (VSWG. Beihefte 87), Stuttgart 1989, lien: Israel, Fremde, S. 12 u. S. 212. S. 7–18, S. 8; Depkat, Kommunikationsgeschichte, 105 Volker Depkat, Kommunikationsgeschichte zwi- S. 10. schen Mediengeschichte und Geschichte sozialer 4. Methodische und theoretische Ansätze · 33 selbst entscheidend von diesen beeinflusst.108 Der kommunikative Austausch zwischen den unterschiedlichen Partizipienten festigt die Verbindungen, indem er beispielsweise auch über räumliche Distanzen hinweg affektive Bindungen aufrechterhält.109 Vermittelte Informationen, egal ob wirtschaftlicher, politischer oder persönlicher Art, können zum sozialen und „kulturelle[n] Kapital“110 werden. Die Kommunikation kann dabei sowohl interaktiv, wie über Briefwechsel oder im persönlichen Austausch, als auch rezeptiv, bei- spielsweise bei der Verbreitung von Wissensinhalten durch Bücher, ablaufen. So trugen die Ausweitung des Briefverkehrs und die Fortentwicklung der materiellen Kommunikationsgrundlagen im Spätmittelalter, also die Nutzung von Papier und vor allem die Etablierung des Buchdrucks ab der Mitte des 15. Jahrhunderts, zu einer Ver- dichtung des kommunikativen Austausches bei. Zusätzlich führte sie zu einer deutlich gesteigerten Verbreitung von tradiertem und etabliertem Wissen sowie neuartigen Ideen. Ausschlaggebend waren darüber hinaus eine verbesserte Infrastruktur, die größere Mo- bilität und die vermehrte Reisetätigkeit.111 Diese Intensivierung förderte eine zunehmen- de europäische Verflechtung,112 die sich in den Verbindungen zwischen Oberitalien und dem Norden vielfach niederschlug.

108 Winfried Schulze (Diskussionsleitung), Begann gers (1531–1598), (Studia Augustana 16), Tübingen die Neuzeit mit dem Buchdruck? Ist die Ära der 2008, S. 403. Typographie im Zeitalter der digitalen Medien 111 Heimann sprach von einer „Achsenzeit“ in der endgültig vorbei? in: Kommunikation und Medien Geschichte der Kommunikation: Heinz-Dieter in der Frühen Neuzeit, hg. v. Johannes Burkhardt Heimann, Zur Einleitung. Mittelalterliches Brief- u. Christine Werkstetter, (HZ. Beihefte. NF 41), wesen und moderne Schreibmedienkultur. Praxis München 2005, S. 11–38, S. 17; Johannes Burk- und Perspektive der Tagungsthematik, in: Kom- hardt u. Christine Werkstetter, Die Frühe Neuzeit munikationspraxis und Korrespondenzwesen im als Medienzeitalter und ihr kommunikatives Spek- Mittelalter und der Renaissance, hg. v. dems., Pa- trum. Einleitung, in: ebd., S. 1–7, S. 2. Eine enge derborn u. a. 1998, S. 9–15, S. 10. Inwieweit man Vernetzung der Akteure festigt z. B. die Kommuni- jedoch um 1500 einen wirklichen Umbruch kons- kationsstrukturen und beschleunigt ihren Ablauf. tatieren kann, bleibt in der Forschung umstritten: Innerhalb der Netzwerke flossen Informationen, Stephan Füssel, Klassische Druckmedien der Frü- die auf andere Weise vielleicht nicht verbreitet hen Neuzeit. Einleitung, in: Kommunikation und worden wären: Burkhardt, Bergenhandel, S. 259. Medien in der Frühen Neuzeit, hg. v. Johannes Die Dichte der Verflechtung begünstigte den In- Burkhardt u. Christine Werkstetter, (HZ. Beihefte. formationsfluss: Ewert u. Selzer, Wirtschaftliche NF 41), München 2005, S. 57–61, S. 58; Burkhardt Stärke, S. 67. u. Werkstetter, Medienzeitalter, S. 3–4; Wolfgang 109 Zu Vertrauen als Grundkategorie sozialer Ver- Wüst, Reichsstädtische Kommunikation in Fran- flechtung: Francesca Trivellato, Merchants’ letters ken und Schwaben. Nachrichtennetze für Bürger, across geographical and social boundaries, in: Räte und Kaufleute im Spätmittelalter, in: ZBLG Cultural Exchange in Early Modern Europe 3: 62 (1999), S. 681–707, S. 706. Zum Buchdruck als Correspondence and Cultural Exchange in Europe Möglichkeit, „Wissen jeglicher Form erfolgreich 1400–1700, hg. v. Francisco Bethencourt u. Florike zu reproduzieren und zu speichern, geographisch, Egmond, Cambridge u. a. 2007, S. 80–103, S. 82; gesellschaftlich und historisch zu transformieren“: Lang, Cosimo de’Medici, S. 417 u. S. 419. Lang North, Kommunikationsrevolutionen, S. XII. sieht „Verflechtungssysteme [immer] als Kommu- 112 Laut Burkardt u. Werkstetter konstituierten sie nikationssysteme“: ebd., S. 34. die „Einheit europäischer Kultur“: Burkhardt u. 110 Regina Dauser, Informationskultur und Bezie- Werkstetter, Medienzeitalter, S. 5. hungswissen. Das Korrespondenznetz Hans Fug- 34 · I. Einleitung

Medien als konstitutive Bestandteile von Kommunikation helfen, Raum und Zeit zu überwinden und stützen Wahrnehmungs- und Erinnerungsprozesse.113 Ihre Bedeutung bei der Vermittlung und Speicherung von Informationen und praktischen wie theore- tischen Kenntnissen114 zeigte sich in besonderem Maße beim kaufmännischen Wissen- stransfer. Daneben treten im Untersuchungszusammenhang vor allem die Träger der Kommunikation in den Vordergrund des Interesses. Besonders prädestiniert waren Per- sonen mit hoher Mobilität,115 wie Studenten, Pilger, Gesandte oder Kaufleute. Ihre An- bindung an institutionelle Strukturen, wie an den Fondaco, der sich immer mehr auch zu einer Kommunikationszentrale zwischen Oberdeutschland und Oberitalien entwickelte, konnte zu einer Intensivierung des Austausches führen. Teilweise bildete sie gar eine Voraussetzung für diesen. Den Fernkaufleuten kam eine besondere Funktion bei der Verdichtung der Kommunikation im ausgehenden Mittelalter zu. Ihre zunehmende Sess- haftigkeit und die immer größere organisatorische Ausdifferenzierung ihrer Geschäfte machten einen intensiven schriftlichen Austausch zwischen den einzelnen Händlern, ihren Niederlassungen, Agenten und Handelspartnern notwendig.116 Der Ausbau der In­frastruktur für den Warentransport begünstigte einen konstanten Informationsfluss, auch über große Distanzen hinweg. Gleichzeitig führte das Bedürfnis der Kaufleute nach einer schnellen Vermittlung von wirtschaftlich relevanten Neuigkeiten zu einer Verfesti- gung der Kommunikation und einer Verdichtung des Nachrichtenaustausches.117 Vor allem die kosmopolitischen Handelszentren wurden so zu Knotenpunkten der Kommunikation. Die Mittlerrolle der Serenissima zwischen Nord und Süd, Ost und West, die stete Anwesenheit zahlreicher Fremder und die große personelle Fluktuation in der Stadt machten Venedig zum wohl wichtigsten Informationszentrum im Spätmit- telalter und der beginnenden Neuzeit.118 Auch in Nürnberg trugen die geographische und

113 Pohl, Kommunikation, S. 10. Depkat betonte die rio Infelise, From merchants’ letters to handwritten Verbreitung, Übermittlung und Speicherung von political avvisi, notes on the origins of public in- Information als zentrale Aufgaben der Medien: formation, in: Cultural Exchange in Early Modern Depkat, Kommunikationsgeschichte, S. 10. Sie Europe 3: Correspondence and Cultural Exchange können als Element der Informationsvermittlung in Europe 1400–1700, hg. v. Francisco Bethen- zwischen zwei Kommunikatoren oder, wie beim court u. Florike Egmond, Cambridge u. a. 2007, Buch, zwischen Kommunikator und Rezipient die- S. 33–52, S. 33. Vgl. hierzu auch Trivellato, Mer- nen: North, Kommunikationsrevolutionen, S. XI. chants’ letters, S. 81. 114 North, Kommunikationsrevolutionen, S. XI–XII. 118 Pierre Sardella, Nouvelles et spéculations à Venise 115 Auf die Verbindung zwischen zunehmender Mo- au debut du XVIe siècle, (Annales. Cahiers 1), Paris bilität und Kommunikationsverdichtung wurde 1948; de Vivo, Filippo, Information and Commu- mehrfach verwiesen, u. a. von: Gassert, Kultur- nication in Venice. Rethinking Early Modern Po- transfer, S. 223; Pohl, Kommunikation, S. 15. litics, Oxford u. a. 2007; Burke, Venice as Center 116 Vgl. u. a. Pohl, Kommunikation, S. 14; Denzel, of Information. Zur Bedeutung der „temporary or „Wissensmanagement“, S. 73. permanent presence of foreigners“: ebd., S. 400. 117 Vgl. Kap. III.3. Infelise bezeichnete die Vermitt- lung von Nachrichten als „mercantile asset“: Ma- 4. Methodische und theoretische Ansätze · 35 politische Mittelpunktlage der Stadt und die Verbindungen ihrer Kaufleute in ganz Euro- pa dazu bei, dass sie sich zu einem Nachrichtenzentrum entwickelte, wie Lotte Sporhan- Krempel dies in einer Studie für die Frühe Neuzeit darlegte.119

4.4 Kulturtransfer und Kulturaustausch

Das kosmopolitische Klima und die kommunikativen Strukturen machten Handelszen- tren zu Orten einer „neuartige[n] Weltoffenheit“, in denen das durch die vielfältigen Verflechtungen erhaltene Wissen gebündelt wurde.120 Neben dem Austausch von Waren und Informationen förderten diese auch die Verbreitung und den Transfer künstlerischer Güter, intellektueller Inhalte und gesellschaftlicher Ideen. Dies wiederum erhöhte die Anziehungskraft der Städte, was in der Folge zu einer weiteren Intensivierung der kultu- rellen Zentrumsfunktion führte. Gerade Venedig hatte sich im Laufe des Mittelalters zu einer „dynamische[n] Relaisstation der europäischen Kultur“ entwickelt.121 Ebenso wie die Kommunikation, und durch diese oftmals bedingt, wurden auch die kulturellen Austausch- und Transferprozesse, wie Michael Gassert darlegte,122 durch kaufmännische Verflechtungen und Strukturen entscheidend beeinflusst. Dabei fun- gierten die Fernhändler als Vermittler der Inhalte, agierten durch ihre eigene Mobilität zugleich aber auch selbst als „Kulturträger“ und regelrechte „Wissensspeicher“.123 Dass die Einbindung in gesellschaftliche Ordnungen und die Ausbildung der Kaufleute an verschiedenen Orten dies förderten, ist nachgewiesen.124 Die Bedeutung einer Anbin- dung an Institutionen wie den Fondaco dei Tedeschi wurde zwar in der Forschung an-

119 Obwohl die Untersuchung bereits im 15. Jahr- schaft im Mittelalter vornehmlich am Beispiel der hundert begann, behandelte sie aber aufgrund Kaufleute und Handelsmessen, (Schriften des His- des späteren Schwerpunkts für das 15. u. frühe torischen Kollegs. Vorträge 32), München 1993, 16. Jahrhundert die Quellen nur ansatzweise. Zwar S. 27. wurde die besondere Bedeutung der Beziehungen 121 Roeck, Kulturtransfer, S. 11. zu Venedig bereits angenommen, jedoch nicht 122 Gassert, Kulturtransfer; Schmale, „Kulturtrans- eingehend nachgewiesen: Lore Sporhan-Krempel, fer“ – Europäische Geschichte; Häberlein, Kauf- Nürnberg als Nachrichtenzentrum zwischen 1400 mannswissen, S. 273; Dagmar Freist, Netzwerke und 1700, (Nürnberger Forschungen 10), Nürn- und Kulturtransfer in der Frühen Neuzeit, in: Kul- berg 1968. Dies hat die vorliegende Arbeit zum tureller Austausch. Bilanz und Perspektiven der Ziel. Zur bisherigen Forschung in diese Richtung: Frühneuzeitforschung, hg. v. Michael North, Köln Theodor Gustav Werner, Das kaufmännische u. a. 2009, S. 291–296, S. 293. Nachrichtenwesen im späten Mittelalter und in 123 Gassert, Kulturtansfer, S. 61 u. S. 63. Zur Mittler- der frühen Neuzeit und sein Einfluß auf die Ent- rolle: ebd. S. 26. Denzel zur „Rolle der reisenden stehung der handschriftlichen Zeitung, in: Scripta Fernhandelskaufleute als Mittler zwischen Wirt- Mercaturae (2/1975), S. 3–51, S. 11. schaftsregionen und Kulturräumen“: Denzel, „Wis- 120 Johannes Fried, Kunst und Kommerz, Über das sensmanagement“, S. 74. Zusammenwirken von Wissenschaft und Wirt- 124 Gassert, Kulturtransfer, S. 90–96 u. S. 293. 36 · I. Einleitung geschnitten,125 jedoch bisher nicht eingehender untersucht. Eine entsprechende Analyse stellt daher ein Forschungsdesiderat dar und wurde als solches auch für das deutsche Handelshaus in Venedig ausdrücklich formuliert.126 Obwohl die Kaufleute als maßgeb- liche Bindeglieder zwischen Nürnberg und Venedig agierten, traten auch andere Perso- nengruppen, wie Handwerker und Gelehrte, als Träger des Transfers auf. Sie alle trugen als Repräsentanten der eigenen Kultur zum kulturellen Austausch bei und sammelten darüber hinaus Informationen der fremden Kultur, die sie bei einer Rückkehr in ihre Herkunftskultur teils in diese transferierten. Den Mittlern und ihren sozialen Verflech- tungen kommt große Bedeutung für die kulturellen Transferprozesse zu. Die Einbindung in die Strukturen der fremden Gesellschaft und der so entstehende Kontakt zur Kultur vor Ort förderten Einblicke in diese.127 Gleichzeitig war eine intensive Rückbindung an die Herkunftsstadt und die Integration in die transregionalen Austauschstrukturen für eine Übermittlung der kulturellen Inhalte notwendig. Für die Betrachtung des Kulturtransfers und der kulturellen Austauschprozesse128 wird ein übergreifender Begriff von Kultur gebraucht, der sowohl „Kenntnisse und Wissen, mentale Strukturen und Wahrnehmungsmuster, Symbole und kulturelle Prak- tiken“ als auch die materiellen Gegenstände, die diese trugen, umfasst.129 Der Begriff des

125 Vgl. u. a. Gassert, Kulturtransfer, S. 82 u. S. 90. Zur in: Kultureller Austausch. Bilanz und Perspektiven Interdependenz von Kaufmannschaft und Kultur der Frühneuzeitforschung, hg. v. dems., Köln u. a. vgl.: Michel Espagne u. Michael Werner, Deutsch- 2009, S. 1–7, S. 1; Burke, Translating Knowledge, französischer Kulturtransfer im 18. und 19. Jahr- Translating Cultures, in: ebd., S. 69–77, S. 79. Zur hundert. Zu einem neuen interdisziplinären For- Prozesshaftigkeit von Kulturtransfer: Eisenberg, schungsprogramm des C.N.R.S., in: Francia 13 Kulturtransfer, S. 400. Zur Mehrschichtigkeit: Mi- (1983), S. 502–510, S. 507; sowie: Fried, Kunst und chel Espagne, Transferanalyse statt Vergleich. In- Kommerz. terkulturalität der sächsischen Regionalgeschichte, 126 „Hier ist ein weites Forschungsfeld, erst recht, in: Vergleich und Transfer. Komparatistik in den was die Bedeutung der ganz großen Mehrheit der Sozial-, Geschichts- und Kulturwissenschaften, hg. deutschen Kaufleute am Fondaco für die kulturel- v. Hartmut Kaelble u. Jürgen Schriewer, Frankfurt len Beziehungen zwischen dem Reich und Venedig u. a. 2003, S. 419–438, S. 436. anbelangt.“ Roeck, Kunst und Wirtschaft, S. 12. 129 Eisenberg, Kulturtransfer, S. 403. Vgl.: Michel Es- Diesem Desiderat in Ansätzen nachgekommen pagne u. Michael Werner, Deutsch-französischer sind: Wirtz, Köln und Venedig; Backmann, Kunst- Kulturtransfer als Forschungsgegenstand. Eine agenten. Problemskizze, in: Transferts. Les relations inter- 127 Vgl. hierzu: Christiane Eisenberg, Kulturtransfer culturelles dans l’espace franco-allemand (XVIIIe als historischer Prozess. Ein Beitrag zur Kompara- et XIXe siècle), hg. v. dens., Paris 1988, S. 11–34, tistik, in: Vergleich und Transfer. Komparatistik in S. 13–15. Konstitutiv für Kultur sind die Zusam- den Sozial-, Geschichts- und Kulturwissenschaf- menhänge und Strukturen von Sinn- und Bedeu- ten, hg. v. Hartmut Kaelble u. Jürgen Schriewer, tungsstiftung, deren symbolische Repräsentation Frankfurt u. a. 2003, S. 399–417, S. 408. sowie die „Verdichtung“ dieser Elemente: Wolf- 128 Zur Bedeutung des Pluralbegriffes, um die Vielfalt gang Schmale, Einleitung: Das Konzept „Kul- von Transferprozessen zu verdeutlichen, zum Um- turtransfer“ und das 16. Jahrhundert, in: Kultur- stand, dass nur Einzelaspekte und Ausschnitte der transfer. Kulturelle Praxis im 16. Jahrhundert, hg. „Ausgangskultur“ transferiert wurden, und zur Be- v. dems., (Wiener Schriften zur Geschichte der deutung der Rezeption: Michael North, Kultureller Frühen Neuzeit 2), Innsbruck u. a. 2003, S. 41–62, Austausch in der Frühen Neuzeit. Eine Einleitung, S. 42. 4. Methodische und theoretische Ansätze · 37

Kulturtransfers bezieht sich so nicht unbedingt auf den Transfer „zwischen“ Kulturen, sondern des „Kulturelle[n]“, also der Inhalte und Bestandteile von Kulturen.130 Die Aus- gangskultur, die Vermittlungsinstanz und die Zielkultur bilden seine zentralen Kompo- nenten.131 Die Eingliederung des Fremden als konstitutives Element in die eigene Kultur stellt nach Michel Espagne und Michael Werner somit das wesentliche Merkmal von Kul- turtransfers dar.132 Er ist ein sich graduell vollziehender „Prozeß produktiver Aneignung“, also nicht nur eine Kopie von Einrichtungen und Ideen, sondern eine Verinnerlichung dieser Elemente und deren konstruktive Eingliederung in die Eingangskultur. Der Trans- fer führt stets zu einem „kulturellen Wandel“ und kann möglicherweise grundlegende „[V]erschiebungen im Kultursystem des Rezeptionslandes“ auslösen.133 Er vollzieht sich durch die „Verdichtung der interkulturellen Kommunikation“ und ist daher immer durch seine „Kommunikationszusammen[hänge]“ geprägt.134 Neben der Vermittlungsweise ist er so maßgeblich abhängig vom Aufnahmekontext.135 Die Vernetzung mit den Übermitt- lern, eine gewisse Weltoffenheit und eine Finanzkraft des Rezeptionsumfelds fördern die Adaption der vermittelten Inhalte und ihre „Übersetzung“136 in den neuen kulturellen Zusammenhang. Während der Kulturtransfer die Übertragung kultureller Inhalte in eine Richtung beschreibt, verläuft kultureller Austausch in beide Richtungen. Er kann dabei Kultur- transfers einschließen, die sich ohnehin in der Regel innerhalb eines Austausches voll- ziehen. Die Austauschprozesse137 können jedoch auch weniger starke Auswirkungen auf

130 So soll auch die Idee eines Kulturgefälles vermie- entscheidenden Komponenten des Transfers die den werden: Michael Werner, Zum theoretischen Ausgangskultur, die Vermittlungsinstanz und die Rahmen und historischen Ort der Kulturtrans- Zielkultur. Der Transfer selbst ist immer abhän- ferforschung, in: Kultureller Austausch. Bilanz gig von den Bedürfnissen des Rezeptionsumfelds: und Perspektiven der Frühneuzeitforschung, hg. ­Schmale, Konzept „Kulturtransfer“, S. 43 u. S. 48. v. Michael North, Köln u. a. 2009, S. 15–23, S. 17. 136 Laut Burke ist die Übersetzung zentrales Element Middell betonte hingegen die klare Abgrenzbar- des Austausches: „They are first decontextualized keit der Kultursegmente: Matthias Middell, Von and then recontextualized, domesticated or ‚loca- der Wechselseitigkeit von Kulturen im Austausch. lized‘. In a word, they are translated‘.“ Burke, Trans- Das Konzept des Kulturtransfers in verschiedenen lating Knowledge, S. 70. Sie ist eine „semantische Forschungskontexten, in: Metropolen und Kultur- Umwertung der importierten Güter“: Michel Es- transfer im 15./16. Jahrhundert. Prag – Krakau – pagne, Der theoretische Stand der Kulturtransfer- Danzig – Wien, hg. v. Andrea Langer u. Georg Mi- forschung, in: Kulturtransfer. Kulturelle Praxis im chels, (Forschungen zur Geschichte des östlichen 16. Jahrhundert, hg. v. Wolfgang Schmale, (Wiener Mitteleuropas 12), Stuttgart 2001, S. 15–51, S. 17. Schriften zur Geschichte der Frühen Neuzeit 2), 131 Schmale, Konzept „Kulturtransfer“, S. 43. Innsbruck u. a. 2003, S. 63–75, S. 64. 132 Schmale, „Kulturtransfer“ – Europäische Ge- 137 Der von Burke vorgeschlagene Pluralbegriff der schichte, S. 15. „cultural exchanges“ betont die Rezeption und 133 Espagne u. Werner, Deutsch-französischer Kultur- Vielschichtigkeit: North, Kultureller Austausch, transfer im 18. und 19. Jahrhundert, S. 508. Zum S. 2. Hier auch zu den zentralen Forschungsfragen kulturellen Wandel: Roeck, Kulturtransfer, S. 10 zu kulturellen Austauschprozessen: Michael North 134 Marchal, Europäische Kulturen, S. 572 u. S. 571. (Hg.), Kultureller Austausch. Bilanz und Perspek- 135 Entscheidend für den Transfer ist, laut Roeck, das tiven der Frühneuzeitforschung, Köln u. a. 2009. „intellektuelle[…] Kräftefeld[…], auf das er [trifft]“: Zum kulturellen Austausch: Burke, Peter, Kultu- Roeck, Kulturtransfer, S. 22. Laut Schmale sind die reller Austausch, Frankfurt 2000. 38 · I. Einleitung die beteiligten Kulturen haben als eine integrale Eingliederung der Kulturinhalte. Den- noch handelt es sich auch bei ihnen stets um produktive Austausch- und meist auch Aneignungsprozesse, die weit über einen reinen Kontakt hinausgehen. Zwar werden die gleichen Mechanismen wie beim Kulturtransfer wirksam. Entscheidend ist jedoch, wie die histoire croisée betont, das Element der Gegenseitigkeit.138 Das Zusammentreffen von Mitgliedern aus unterschiedlichen Kulturräumen führt, nach Peter Burke, stets zu einem wechselseitigen Informationsfluss.139 Maßgeblich sind die Verflechtung und die Interak- tion der unterschiedlichen Akteure und Ebenen. Gerade in den Beziehungen zwischen Italien und dem Reich nördlich der Alpen, für die die Forschung mittlerweile vermehrt die Einflüsse aus dem Norden der lange propagierten kulturellen Dominanz Italiens140 entgegenstellt, werden sowohl kulturelle Transfer- als auch Austauschprozesse deutlich, deren Parallelität sich ab dem ausgehenden 15. Jahrhundert deutlich verstärkte.

5. Quellen

Die Analyse unterschiedlicher Berufsgruppen und die Verbindung wirtschafts-, sozial- und kulturgeschichtlicher Fragestellungen machen ebenso wie die geographische Ver- ortung des Themas die Untersuchung eines inhaltlich und gattungsbezogen vielfältigen sowie umfangreichen Quellenkorpus notwendig. Dabei werden für die einzelnen Per- sonengruppen charakteristische Dokumente, beispielsweise die Rechnungsbücher der Kaufleute, ebenso wie berufsunabhängige Quellen, wie Testamente oder Korresponden- zen, und Schriftstücke von Gerichten und den Regierungen beider Städte herangezogen. Unter den zahlreichen edierten Quellen ist die Sammlung Henry Simonsfelds zum Fondaco und den dort lebenden Kaufleuten die für die Beschäftigung mit den transalpi- nen Beziehungen Venedigs wichtigste Zusammenstellung.141 Sie bildet für die veneziani- sche wie deutschsprachige Seite die maßgebliche Grundlage und die Ausgangsposition für jede Untersuchung zu den Deutschen in der Lagunenstadt. Neben wirtschaftlichen und institutionellen Aspekten gibt sie Hinweise auf Handelswege, Sozialstrukturen oder die politischen Beziehungen beider Städte. Einen Einblick in die deutschsprachige Ge- meinschaft in Venedig gibt auch Lorenz Böningers Edition der zweisprachigen Mariegola der deutschen Schuster und macht damit die institutionelle Verfasstheit einer ihrer wich- tigsten Berufsgruppen greifbarer.142 Unter den zahlreichen weiteren Quelleneditionen

138 Michael Werner u. Bénédicte Zimmermann, Ver- 139 Burke, Translating Knowledge, S. 79. gleich, Transfer, Verflechtung. Der Ansatz der his- 140 Vgl. u. a.: Moraw, Von offener Verfassung zu gestal- toire croisée und die Herausforderung des Trans- teter Verdichtung, S. 23. nationalen, in: GG 28 (2002), S. 607–636, S. 613. 141 Simonsfeld, Fondaco. Vgl. hierzu auch North, Kultureller Austausch, 142 Böninger (Hg.), La ”regula“ bilingue. S. 2. 5. Quellen · 39 zur venezianischen Geschichte fließen vor allem die seriellen Überlieferungen der ve- nezianischen Diaristi in die Untersuchung ein.143 Auf nordalpiner Seite sind unter ande- rem die von Müller, Kellenbenz und Loose veröffentlichten kaufmännischen Hand- und Rechnungsbücher144 von Interesse. Besondere Bedeutung kommt den humanistischen Briefwechseln zu, vor allem demjenigen Willibald Pirckheimers, der auch die Briefe Dü- rers an den Gelehrten enthält.145 Eine Vielzahl teilweise handschriftlich bearbeiteter und kommentierter Inkunabeln und Frühdrucke bilden die Grundlage für die Untersuchung des humanistischen Bücher- transfers. Das Gros der Quellen bildet jedoch die handschriftliche, archivalische Überlie- ferung, vor allem aus den Archiven Nürnbergs und Venedigs.146 Der Schwerpunkt liegt dabei auf den Beständen in Nürnberg, die zu einem großen Teil in Frühneuhochdeutsch verfasst sind. Im Mittelpunkt stehen die Hinterlassenschaften der reichsstädtischen Ge- schlechter, in erster Linie der Imhoff und Kress im Germanischen Nationalmuseum und der Familie Tucher im Stadtarchiv Nürnberg. Sie enthalten eine Fülle von sehr he- terogenem Quellenmaterial und sind aufgrund der Bedeutung dieser Geschlechter im Venedig-Handel sowohl für die Erschließung von deren familiären und individuellen Aktivitäten als auch für die Analyse der Nürnberger Beziehungen zur Lagunenstadt an sich maßgeblich. Insbesondere bei den Imhoff finden sich neben Rechnungsbüchern,147

143 Marino Sanuto, I Diarii di Marino Sanuto, 58 Bde., „Arbeitsgemeinschaft außeruniversitärer histo- hg. v. Rinaldo Fulin, Venedig 1879–1903; Priuli, rischer Forschungseinrichtungen“, in: Archiv für Girolamo, I diarii di Girolamo Priuli, AA. 1499– Reformationsgeschichte 72 (1981), S. 299–315 1512, hg. v. Arturo Segre, (Rerum Italicarum scrip- bzw.: http://www.ahf-muenchen.de/Arbeitskreise/ tores. N.s. 24 / 3), 4 Bde., Bologna 1912–1938. Zu empfehlungen.shtml (13.3.2014). Die volkssprach- den Diaristi: Christiane Neerfeld, „Historia per lichen Übertragungen folgen den Handreichungen forma di Diaria“. Venezianische Gegenwartschro- von Matthias Thumser und Silio Scalfati: Silio P. nistik um 1500, Bonn 2001. Scalfati, Progetto di norme per l’edizione delle fon- 144 [Paumgartner], Welthandelsbräuche 1480–1540, ti documentarie, in: Bulletino dell’Istituto Storico hg. v. Karl Otto Müller, (Deutsche Handelsakten Italiano per il Medioevo e Archivio Muratoriano des Mittelalters und der Neuzeit 5), Stuttgart u. a. 91 (1984), S. 491–503; Matthias Thumser, Zehn 1934; Lorenz Meder, Das Meder’sche Handelsbuch Thesen zur Edition deutschsprachiger Geschichts- und die Welser’schen Nachträge. Handelsbräuche quellen (14.–16. Jahrhundert), in: Methodik – des 16. Jahrhunderts, hg. v. Hermann Kellenbenz, Amtsbücher, Digitale Edition – Projekte. Editi- (Deutsche Handelsakten des Mittelalters und der onswissenschaftliche Kolloquien 2005 / 2007, hg. Neuzeit 15), Wiesbaden 1974; Anton Tucher, An- v. Matthias Thumser u. Janusz Tandecki, (Publika- ton Tuchers Haushaltsbuch 1507–1517, hg. v. Wil- tionen des Deutsch-Polnischen Gesprächskreises helm Loose, (Bibliothek des Litterarischen Vereins für Quellenedition 4), Toruń 2008, S. 13–19. Beim in Stuttgart 134), Stuttgart 1877. Zitieren edierter Quellen und bei den Inkunabeln 145 Willibald Pirckheimer, Willibald Pirckheimers wird die Vorlage genau wiedergegeben. Briefwechsel, 7 Bde., hg. v. Emil Reicke u. a., Mün- 147 Zu den Nürnberger Rechnungsbüchern: Wolf- chen 1940–2009 . gang v. Stromer, Das Schriftwesen der Nürnberger 146 Für die Transkription der lateinischen Texte Wirtschaft vom 14. bis zum 16. Jahrhundert. Zur werden die Richtlinien der Arbeitsgemeinschaft Geschichte oberdeutscher Handelsbücher, in: Bei- historischer Forschungseinrichtungen in der träge zur Wirtschaftsgeschichte Nürnbergs 2, hg. v. Bundesrepublik Deutschland genutzt: Empfeh- StadtAN, (Beiträge zur Geschichte und Kultur der lungen zur Edition frühneuzeitlicher Texte der Stadt Nürnberg 11), Nürnberg 1967, S. 751–799. 40 · I. Einleitung

Testamenten, Inventaren und Urkunden auch Dokumente, die, wie das Pfründenbuch des Sebaldaltars in San Bartolomeo, wichtige Auskünfte über die Nürnberger in Venedig generell geben. Das Sebaldbuch erstreckt sich über ein halbes Jahrhundert und ist damit die einzige serielle Quelle explizit zu den Nürnbergern in Venedig.148 Der Kress’sche Be- stand gibt ebenfalls Auskunft über die Handelsbeziehungen, die Verflechtung der frän- kischen Hochfinanz und die materiellen Interessen der Kaufleute.149 Das umfangreiche Briefarchiv der Familie Tucher, dessen Überlieferung ab 1500 stark zunimmt, eröffnet einen sehr lebhaften und persönlichen Einblick in die Situation der Händler in der Se- renissima, ihre Aktivitäten und Kommunikationsweisen.150 Die Quellen der städtischen Organe finden sich im Staatsarchiv und im Stadtarchiv Nürnberg. Dessen Bestände an Gerichtsbüchern151 geben beispielsweise Einblick in die rechtlichen Umstände der Be- ziehungen. Besonderes Interesse gilt im Staatsarchiv Nürnberg den Briefbüchern des Kleinen Rats, des obersten Herrschaftsorgans der Stadt,152 die teilweise bereits bei Si- monsfeld ediert sind. Darüber hinaus geben die dort erhaltenen Ratsbücher, Ratsverläs- se und weitere Quellenbestände Informationen über Nürnbergs Verbindungen mit der Serenissima. Das Hauptinteresse bei der Erschließung der venezianischen Bestände, deren größ- ter Teil sich im Archivio di Stato di Venezia153 befindet, liegt auf der Untersuchung der Nürnberger Handwerker in Venedig. Sie kann über die reichsstädtischen Quellen kaum nachvollzogen werden. Die zentrale Schwierigkeit bei den venezianischen Schriftstü- cken stellt die Zuordnung von Namen und Herkunftsregionen dar. Bereits Uwe Israel, Cecilie Hollberg und Lorenz Böninger verwiesen darauf, dass besonders im Bereich

148 GNM, IA Teil 1. Zum Sebaldbüchlein: GNM, IA Tucher in der Zeit von 1508 bis 1566, in: Beschaf- Teil 1, Fasc. 19, Nr. 20. Vgl. auch: Kap. II.3.2.2; fungs- und Absatzmärkte oberdeutscher Firmen Thomas Eser, „In onore della città e dei suoi mer- im Zeitalter der Welser und Fugger, hg. v. Angelika canti“. Presenza e rappresentazione della città di Westermann u. Stefanie v. Welser, Husum 2011, Norimberga a San Bartolomeo nell’età di Dürer, in: S. 23–60. La chiesa di San Bartolomeo e la comunità tedesca 151 StadtAN, B 14/I (Libri Litterarum) u. StadtAN, a Venezia, hg. v. Natalino Bonazza u. a., (Chiese di B 14/II (Libri Conservatorii); vgl. auch: Walter Venezia 1), Venedig 2013, S. 67–86. Bauernfeind, Die Gerichtsbücher des Stadt-, Bau- 149 GNM, KA. Zu den Venedig-relevanten Quellen ern- und Untergerichts der Reichsstadt Nürnberg. um 1400: Braunstein, Relations d’affaires. Zur Erschließung eines überregional bedeutsamen 150 StadtAN, E 29/IV. Zum Briefarchiv der Tucher: Bestandes im Stadtarchiv Nürnberg, in: Archive in Michael Diefenbacher, „Je lenger, je unfleysiger“. Bayern 3 (2007), S. 272–283. Sebald X. Tucher und die Niederlassung der Tu- 152 StAN, Briefbücher (Rep. 61a). Vgl. auch: Peter cherschen Handelsgesellschaft in Genf und Lyon Fleischmann, Rat und Patriziat in Nürnberg. Die in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, in: Stu- Herrschaft der Ratsgeschlechter vom 13. bis zum dien zur politischen Geschichte Alteuropas. FS 18. Jahrhundert 1: Der Kleinere Rat, (Nürnberger für Helmut Neuhaus, hg. v. Axel Gotthard u. a., Forschungen 31.1), Nürnberg 2008. Berlin 2009, S. 359–402; Walter Bauernfeind, 153 Da Mosto, Andrea, L’Archivio di Stato di Venezia. Marktinformation und Personalentwicklung einer Indice generale, storico, descrittivo ed analitico, Nürnberger Handelsgesellschaft im 16. Jahrhun- 2 Bde., Rom 1937/1940. dert – Das Briefarchiv von Anthoni und Linhart 5. Quellen · 41 der Handwerksmigration nach Italien eine prosopographische Identifizierung aufgrund oftmals fehlender Nachnamen und der italianisierten Bezeichnung der Herkunftsorte nur bedingt möglich ist.154 Eine weitere Problematik ergibt sich aus der sehr umfang- reichen Überlieferung, die nur Stichproben in den Beständen erlaubt und daher auch für die vorliegende Untersuchung nur in Ansätzen ausgewertet werden konnte. Bei der Auswahl der Quellen und dem Vorgehen bei der Suche nach Nürnbergern erwiesen sich die Hinweise, die Cecilie Hollberg in ihrer Analyse zu den deutschen Testamenten in Venedig gab,155 als äußerst hilfreich. Die Bestände Notarile Testamenti und Cancelleria Inferiore, Notai156 bilden den Schwerpunkt der Untersuchung auf venezianischer Seite. Vor allem unter den Testamenten finden sich Hinweise auf die Nürnberger Handwerker in der Serenissima, da sie als Migranten in der Regel hier ihren letzten Willen verfassten. Vereinzelt sind Nürnberger Gewerbetreibende auch in den Mariegole, den Ordnun- gen der venezianischen Bruderschaften, die in erster Linie in der Bibliothek des Museo Correr überliefert sind, nachzuweisen.157 In diesen sind überdies immer wieder Nürn- berger Händler vermerkt. Von Letzteren können einige außerdem in den Dokumenten des Bestandes Cancelleria Inferiore, Notai sowie in den Rechnungsbüchern veneziani- scher Kaufleute belegt werden.158 Dagegen lassen die Quellen der städtischen Gremien nur vereinzelt Rückschlüsse auf die Deutschen aus Nürnberg oder Verbindungen zur fränkischen Reichsstadt zu. In der Regel sind die Dokumente in Latein oder dem vene­ zianischen Dialekt verfasst.159 Unter den Testamenten finden sich, wie bei dem 1505

154 Israel, Fremde, S. 26–29; Böninger, Einwanderung, 158 Vor allem: ASVe, Misc. Gregolin; ASVe, Grimani S. 354; Hollberg, Deutsche in Venedig, S. 29–32. Barbarigo sowie die Überlieferung der venezia- Vgl. auch: Burckhardt, Bergenhandel, S. 37; David nischen Prokuratoren: ASVe, Procuratori di San Jacoby, The Migration of Merchants and Crafts- Marco. In der Biblioteca Correr sind einige wenige men: A Mediterranean Perspective (12th–15th Rechnungsbücher überliefert: BMC, Manuscritti century), in: Le migrazioni in Europa secc. XIII- privati diversi. Vgl. hierzu v.a.: Heinrich Sieveking, XVIII, hg. v. Simonetta Cavaciocchi, Florenz 1993, Aus venetianischen Handlungsbüchern. Ein Bei- S. 533–560, S. 534–535. trag zur Geschichte des Großhandels im 15. Jahr- 155 Hollberg, Deutsche in Venedig, S. 29–32. hundert, in: Jahrbuch für Gesetzgebung und 156 ASVe, NT u. ASVe, CIN. Zu venezianischen Tes- Verwaltung 25 (1901), S. 299–331; Ders., Aus ve- tamenten vgl. auch die neueren Forschungen von netianischen Handlungsbüchern. Ein Beitrag zur Guzzetti und Pedani Fabris: Maria Pia Pedani Fa- Geschichte des Großhandels im 15. Jahrhundert. bris, ”Veneta auctoritate notarius“. Storia del nota- 2. (Schluß-)Artikel, in: Jahrbuch für Gesetzgebung riato veneziano (1514–1797), (Studi storici sul no- und Verwaltung 26 (1902), S. 189–225; Frederic tariato italiano 10), Mailand 1996; Linda Guzzetti, C. Lane, Andrea Barbarigo. Merchant of Venice Venezianische Vermächtnisse. Die soziale und 1418–1449, Baltimore 1944; Federigo Melis, Do- wirtschaftliche Situation von Frauen im Spiegel cumenti per la storia economica dei secoli XIII- spätmittelalterlicher Testamente, (Ergebnisse der XVI, (Istituto internazionale di storia economica Frauenforschung 50), Stuttgart u. a. 1998. „F. Datini“. Pubblicazioni I,1), Florenz 1972. 157 BMC, Mariegole. Mitgliederlisten der unterschied- 159 Erst seit 1532 sind die Testamente ausschließlich lichen Scuole Grandi finden sich unter anderem in auf Italienisch: Pedani Fabris, ”Veneta auctoritate den jeweiligen Beständen des Staatsarchivs. notarius“, S. 99. Vgl. zur Sprache der Testamente auch: Hollberg, Deutsche in Venedig, S. 24. 42 · I. Einleitung in Venedig verstorbenen Kaufmann Franz Hirschvogel, darüber hinaus einige wenige deutschsprachige Schriftstücke.160 Die volkssprachlichen Quellen nehmen auf beiden Seiten der Alpen im Untersu- chungszeitraum zu. Generell zeigen sich deutliche Unterschiede bei der Dichte und geographischen Verteilung der Überlieferung. Während aus der Zeit um 1400 und den ersten beiden Jahrzehnten des 15. Jahrhunderts sehr viele Schriftstücke vor allem venezi- anischer Provenienz erhalten sind, sinkt die Quellendichte gegen die Jahrhundertmitte. Für die Zeit ab den 1470er Jahren setzt wieder eine intensive Überlieferung beiderseits der Alpen ein, die bis zum Ende des Untersuchungszeitraums zunimmt, wobei neben die amtlichen, geschäftlichen und rechtlichen Dokumente immer mehr Selbstzeugnis- se treten.161 Den zeitlichen Unterschieden, der berufsgruppenspezifischen Dichte in der Überlieferung und der Heterogenität des Quellenmaterials ist Rechnung zu tragen, um trotz gewisser Verzerrungen einen möglichst breiten Überblick geben zu können. Gleichzeitig erlauben gerade diese Dichte und Heterogenität einen sehr vielschichtigen Einblick in die Verbindungen Nürnbergs und Venedigs. Sie zeichnen ein Bild zweier Städte, die die geographischen Fixpunkte und durch ihre Menschen ebenso wie als Han- dels-, Kommunikations- und Kulturzentren zugleich auch Triebfedern eines vielfältigen transalpinen Miteinanders waren. Im Zusammenspiel ihrer wirtschaftlichen, kulturellen und gesellschaftlichen Entwicklungen waren die Beziehungen zwischen Nürnberg und Venedig Teil der allgemeinen europäischen Verdichtung in der dynamischen Phase des ausgehenden Mittelalters und der Renaissance und trugen selbst entscheidend zu ihr bei: Es ist das Bild zweier pulsierender Regionen, vor allem aber zweier bedeutender Städte im intensiven Austausch.

160 (1498 Nov. 2), ASVe, NT, b. 1211, Nr. 819. Zur Ce- Mittelalters, in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung dula und ihrer rechtlichen Bedeutung: Hollberg, für Rechtsgeschichte. Kanonistische Abteilung 91 Deutsche in Venedig, S. 22–23. Zu Form und for- (2005), S. 237–298, S. 283–298. malem Kontext der Testamente: ebd., S. 25–28. 161 Vgl. zu Ego-Dokumenten bzw. Selbstzeugnissen: Hinweise auf gängige Formulierungen gibt auch: Winfried Schulze (Hg.), Ego-Dokumente. Annä- Dieter Girgensohn, In primis omnium rectum di- herungen an den Menschen in der Geschichte, mitto decimum. Kirchenzehnt und Legate pro ani- (Selbstzeugnisse der Neuzeit 2), Berlin 1996. ma in Venedig während des hohen und späteren II. Nürnberger in Venedig

1. Träger der Beziehungen

Die Auswertung von Testamenten aus dem 15. Jahrhundert legt, laut Philippe Braunstein, einen deutschen Anteil an der venezianischen Bevölkerung von circa einem Prozent für diesen Zeitraum nahe.1 Dabei handelte es sich jedoch in erster Linie um Migranten, also Personen, die sich dauerhaft in der Serenissima niederließen. Besucher stellten in der Lagunenstadt nur in den seltensten Fällen ihren letzten Willen aus. So wähnte sich ein gewisser Lorenz aus Nürnberg in Venedig während einer Reise wohl plötzlich dem Tod nahe.2 Die tatsächliche Anzahl der Personen aus dem deutschen Sprachraum, die sich kurz- oder langfristig in der Stadt aufhielten, ist daher wohl auf einige Tausend zu schät- zen. Viele der Besucher und Zuwanderer kamen aus Oberdeutschland.3 Für den Unter- suchungszeitraum lassen sich mindestens 409 Personen aus Nürnberg sicher belegen, wobei aufgrund der Überlieferungssituation vor allem für den handwerklichen Bereich von erheblich mehr Personen auszugehen ist. Einen Überblick über die einzelnen Nürn- berger, ihre Berufe und Aufenthalte bietet die Aufstellung im Anhang. Mit 239 Personen kann über die Hälfte eindeutig im Handel nachgewiesen werden. Die 319 belegten Nürn- berger, die sicher oder mit großer Wahrscheinlichkeit als Kaufleute tätig waren, übertref- fen bei weitem die Zahl der von Henry Simonsfeld am Fondaco belegten Nürnberger, die er mit circa 150 veranschlagte und die ungefähr die Hälfte der von ihm ermittelten Ge- samtzahl der Händler im Fondaco ausmachte.4 Der Anteil unter den deutschsprachigen Gewerbetreibenden, bei denen in der vorliegenden Untersuchung neunzehn Nürnberger ausgemacht werden konnten, fällt nach der Testamentserfassung von Cecilie Hollberg deutlich geringer aus, obwohl Nürnberg als Herkunftsstadt auch hier hervorsticht.5 In

1 Braunstein, Minoranza Tedesca, S. 100; Hollberg, Barthels, Simonsfeld habe die Kaufleute „ziemlich Deutsche in Venedig, S. 15. vollständig erfaßt“, ist nicht zutreffend: Barthels, Dro- 2 Er wird als „hospes in Venetiis“ bezeichnet: (1458 genhandel, S. 77. Aug. 16), ASVe, NT, b. 481, Nr. 550. 5 Bei Hollberg finden sich ca. 5 % Nürnberger: Holl- 3 Hollberg, Deutsche in Venedig, S. 66. berg, Deutsche in Venedig, S. 287–294. Die Recher- 4 Dabei verwies Simonsfeld selbst ausdrücklich darauf, chen für die vorliegende Untersuchung ergaben einen dass seine Zahlen keine Vollständigkeit beanspru- leicht niedrigeren Wert. chen: Simonsfeld, Fondaco 2, S. 83. Die Behauptung 44 · II. Nürnberger in Venedig der bedeutenden und von der venezianischen Regierung besonders aus wirtschaftlichen Gründen geschätzten Gruppe der Deutschen in Venedig nahm die Nürnberger Gemein- schaft eine besondere Position ein.

1.1 Kaufleute

Die Kaufleute waren aufgrund ihrer wirtschaftlichen Bedeutung sowie der prominenten Position ihres Handelshauses im städtischen Gefüge der angesehenste und augenfälligste Teil der deutschsprachigen Minderheit in Venedig. Gleichzeitig war die Stadt die „wich- tigste Anlaufstätte“ in Italien für Kaufleute aus Oberdeutschland.6 Die Händler bildeten nicht nur eine spezielle Gruppe unter den tedeschi, sondern sind auch untereinander zu differenzieren. Neben den Fernhandelskaufleuten, oftmals aus patrizischen Familien und für große Handelsgesellschaften tätig, zählten Krämer und Kleinkaufleute ebenfalls zum Kreis der Händler aus dem Norden. Sie lebten gerade gegen Ende des 15. Jahrhun- derts zunehmend außerhalb des Fondaco.7 Auch im Handelshaus unterschieden sich die Kaufleute durch ihre wirtschaftliche Potenz und die damit einhergehende Stellung. Diese manifestierte sich im Laufe des Quattrocento vornehmlich im dauerhaften Besitz eigener Kammern als Handelsniederlassungen und in deren Lage im Handelshaus.8 Die Aufenthaltsdauer in der Serenissima differierte ebenfalls je nach geschäftlicher Ausrich- tung und der Position der Anwesenden innerhalb ihrer Handelsgesellschaften. Besonders für einen großen Teil der jüngeren Fernhandelskaufleute war eine intensive Mobilität im 15. Jahrhundert üblich. Die Aufzeichnungen von Endres I. Imhoff vermitteln einen Ein- druck des kontinuierlichen Unterwegsseins in den ersten 20 Jahren seines Kaufmannsda- seins. Nach vierjähriger Ausbildung in Venedig von 1504 bis 1508 verbrachte der junge Patrizier die Jahre bis 1525 auf Reisen zwischen den unterschiedlichen Handelsorten der Imhoff’schen Gesellschaft.9 Beweggrund für Endres Imhoffs frühe Reisen und vor allem für seinen langjährigen Aufenthalt in Venedig war, das Kaufmannswesen von Grund auf zu erlernen. Auch Chris- toph I. Scheurl wurde zwischen 1475 und 1478 nach Venedig geschickt, um sich dort den

6 Häberlein, Oberitalienische und oberdeutsche Städte, 8 (1507 Feb. 7 u. 19 m.v. = 1508 Feb. 7 u. 19) u. (1508 S. 207. Mai 12), in: Simonsfeld, Fondaco 1, Nr. 653, S. 359– 7 Vgl. z. B. Sinibaldo Rizzo: ASVe, NT, b. 974, Nr. 45 u. 361 u. Nr. 658, S. 364–365. NT, b. 1216, prot. 3, fol. 67r–68v, fol. 67r. Der Kauf- 9 „Und solchs ist mein leczte rais gewest. Und vom mann „Chorado Guober“, der möglicherweise der 1504 jar, ich das erst mal weck geschieckt wurd, pis Nürnberger Handelsfamilie Gruber entstammte, lebte in das 1525 jar, das die leczt rais wie ob laut hab ver- in Santi Apostoli, hatte aber eine Kammer im Fonda- procht, und also pey 20 jaren geraist hab und in der co: ASVe, SG San Marco, Atti, b. 3 (o. Fol.). zeit wenig anhaims gewest.“ GNM, IA Teil 1, Fasc. 44, Nr. 1, fol. 40r. 1. Träger der Beziehungen · 45 väterlichen Beruf anzueignen.10 Meist kamen die Kaufmannslehrlinge, die in Venedig ihre Ausbildung erhalten hatten, für ihre späteren Tätigkeiten dorthin zurück. Für den Handel und die Geldgeschäfte einiger Familien wie der Kress, Mendel, Hirschvogel und Imhoff hatte die Stadt Zentralfunktion. Diese offenbarte sich neben dem Anteil an den Geschäften ihrer Gesellschaften hauptsächlich in ihrer intensiven Venedig-Präsenz. Sie war durch eine hohe Fluktuation und die zeitgleiche Anwesenheit mehrerer Familien- mitglieder vor Ort gekennzeichnet. Während Wolf Imhoff, der Sohn Konrads III., von 1492 bis 1495 zur Ausbildung in der Stadt weilte, hielten sich unter anderem auch seine Vettern Peter, Ludwig und Hieronymus Imhoff, die Teilhaber der Gesellschaft, dort auf.11 Die generationenübergreifende Handelstätigkeit der Nürnberger in der Serenissima zeigte sich auch bei anderen Familien. Bereits im frühen 15. Jahrhundert wird insbeson- dere an den Venedig-Aktivitäten der Kress eine familieninterne Tradition der Geschäfte und Aufenthalte in der Lagunenstadt deutlich.12 Auch bei den Rummel, Mendel und Pirckheimer, die neben den Kress den Nürnberger Venedig-Handel um 1400 maßgeb- lich beeinflussten, trugen diese Geschäfte entscheidend zu ihrer Position innerhalb der „Oberdeutschen Hochfinanz“ bei. In ihnen manifestierte sich die europaweite Wirt- schaftstätigkeit der Familien, was wiederum ihren politischen Einfluss in der Reichsstadt wie auf europäischer Bühne stärkte.13 Die meisten Kaufleute aus Nürnberg hielten sich nach ihrer mehrjährigen Ausbildung in der Folge nur noch zeitweilig in Venedig auf. Zusätze wie „habitator nunc Venetiis in fonticu“, „mercator et habitator in fonticu theothonico“ oder „habitator[…] civitatis Venetiis in domo teothonicorum posito in confinio Sancti Bartholomei“, die sich immer wieder in den venezianischen Quellen finden, lassen jedoch darauf schließen, dass eini- ge Nürnberger auch für lange Zeitspannen im deutschen Handelshaus am Rialto ihren Geschäften nachgingen und dort lebten.14 Bei weiteren wie Hermann Reck, Jobst Schnöd

10 Archiv Scheurl, Cod. AB, fol. 78v. Viele weitere der intensiven Handelstätigkeit der Kress in Venedig Quellen, vor allem Briefe sowie Notiz- und Rech- in diesem Zeitraum beschäftigte sich ausführlich: nungsbücher berichten über die Ausbildung: vgl. Braunstein, Relations d’affaires. u. a. StadtAN, E 29/IV, Nr. 1438–1445; GNM, KA, 13 Stromer, Oberdeutsche Hochfinanz 1, S. 178–185. Sch. XXVIII, Fasc. C, Nr. 8 u. Fasc. E, Nr. 1 oder Zu den Rummel: (1412 Mai 28 u. Jun. 9), in: Simons- GNM, IA Teil 1, Fasc. 7, Nr. 7. Vgl. Kap. II.2.2.2. feld, Fondaco 1, Nr. 307, S. 158. Wilhelm Rummel 11 GNM, IA Teil 1, Fasc. 7, Nr. 7, fol. 26b. In den war mit dem venezianischen Handelspartner der Rechnungsbüchern wurden die zusammengehöri- Rummel und Kress, Francesco Amadi, an der Ver- gen Seiten (Soll und Haben) in der Regel einander pfändung der Krone König Ruprechts beteiligt: gegenübergestellt und mit der gleichen Seitenzahl Stromer, Oberdeutsche Hochfinanz 1, S. 172. Auch versehen. Zur Unterscheidung wird die jeweils linke zeichneten die Rummel gemeinsam mit den Medici Seite mit a, die rechte Seite mit b gekennzeichnet. für die Auslösung Johannes’ XXIII. 1419 aus seiner 12 Vgl. z. B. die Geschäfte der Gesellschaft Friedrich Gefangenschaft verantwortlich: ebd., S. 197. Kress um 1400: GNM, KA, Sch. XXVIII, Fasc. A, 14 (1416 Sep. 19) u. (1417 Sep. 15), ASVe, CIN, b. 193, Nr. 15–16 u. den dreijährigen Ausbildungsaufent- prot. 2, fol. 156v u. prot. 3, fol. 1v; sowie: (1418 Mär. halt seines Enkels Friedrich III. zwischen 1424 u. 7), ASVe, CIN, b. 104, prot. 2, fol. 18v. 1427: GNM, KA, Sch. XXVIII, Fasc. E, Nr. 1. Mit 46 · II. Nürnberger in Venedig oder Hieronymus Kress ist aufgrund der breiten und sich über viele Jahre erstrecken- den Überlieferung zu ihren Venedig-Aufenthalten von einer langfristigen Anwesenheit auszugehen. Sich dauerhaft in Venedig niederzulassen, wie dies Franz Hirschvogel oder Anton Kolb taten,15 war für die Fernhandelskaufleute hingegen eher die Ausnahme. Die Situation der Nürnberger Händler in Venedig hing stark von ihrer Anbindung an den Fondaco dei Tedeschi ab. Ursprünglich mussten „alle Kaufleute aus Deutschland, sei es Nieder- oder Oberdeutschland“, dort absteigen und ihren Handel treiben.16 Die Zunahme an in Venedig anwesenden deutschen Händlern und die Kosten für die Miete der Kammern führten im Laufe des Quattrocento jedoch zu einer immer stärkeren Auf- weichung der Regeln. Insbesondere für die Wende zum 16. Jahrhundert vermehren sich die Quellen, die zeigen, dass nicht jeder Kaufmann, der im Fondaco Handel trieb, auch zwangsläufig dort lebte. Immer mehr Personen ließen sich außerhalb des Handelshauses nieder. Dieses wurde vor allem seit seinem Wiederaufbau nach dem Brand von 1505 zu einem Sitz der privilegierten Handelsschicht.17 Die Zugehörigkeit zu den bedeutenden Handelshäusern wurde bald zum wichtigsten Differenzierungsfaktor unter den Kaufleu- ten. Wie die anderen deutschsprachigen Einwanderer18 verteilten sich auch die Händler, vor allem wenn sie sich dauerhaft in Venedig niederließen, über das ganze Stadtgebiet. Die jungen Kaufmannslehrlinge wurden wie Friedrich III. Kress oder Endres I. Imhoff oftmals zu venezianischen Geschäftspartnern außerhalb des Fondaco geschickt. Für den möglicherweise aus Nürnberg stammenden Kaufmann Konrad Gruber ist in der Mit- gliederliste der Scuola Grande di San Marco die Pfarrei Santi Apostoli als Wohnort ver- merkt.19 Auch bei Sinibaldo Rizzo, der von Santa Maria Nova in die benachbarte Pfarrei von San Cancian zog,20 blieb jedoch die geographische Nähe zum Fondaco wichtig. Das Beispiel des Sinibaldo Rizzo, der möglicherweise ursprünglich im Handelshaus gelebt haben könnte21, zeigt auch, dass die Entscheidung, nicht dort zu wohnen, nicht immer finanzielle Motive hatte. Als Kaufmann mit einer eigenen Bottega, also einem eigenen

15 Die Zeugenaussagen im Prozess um die Rechtmä- 16 Cap. 13 „Che tuti i marchadanti si dAlemagna alta ßigkeit des Testaments von Franz Hirschvogel be- come bassa uegnir debiano in fontego“ des Capitu- tonen, dass der Nürnberger mit Ausnahme weniger lars des Fondaco: Thomas (Hg.), Capitular, S. 227. Tage, die er außerhalb Venedigs verbrachte, 25 Jah- Zur Lockerung der Vorschriften: s. Kap. II.2.2.3. Zur re im Fondaco gewohnt habe: StBN, Pirckheimer- Kontrolle: Lupprian, Funzione di controllo, S. 3. Papiere 364, U 17. Auch das Geschlechterbuch der 17 Braunstein, Kollektivitätsidentität, S. 414. Hirschvogel verweist auf den langen Aufenthalt: 18 Vgl. Hollberg, Deutsche in Venedig, S. 60–61. „hat der Francz […] zu Venedig sich enthalten vil 19 ASVe, SG San Marco, Atti, b. 3 (o. Fol.). jar“, StadtAN, E 1/617–1, fol. 53v. Kolb wird in sei- 20 ASVe, NT, b. 974, Nr. 45 u. ASVe, NT, b. 1216, nem 1541 in Venedig ausgestellten Testament als prot. 3, fol. 67r–68v, fol. 67r. Zu Imhoff: GNM, IA, „presens habitator Venetiis in fonticu allemanorum“ Teil 1, Fasc. 44, Nr. 1, fol. 37v. Zu Kress: GNM, KA, bezeichnet. Ab 1494 taucht er regelmäßig in den Sch. XXVIII, Fasc. E, Nr. 1. Quellen auf. Zum Testament Anton Kolbs: (1541 21 Zu Sinibaldo Rizzo: Kap. II.2.3.2. Okt. 12), ASVe, NT, b. 128, fol. 67v–68r, fol. 67v. Für den Hinweis auf das Testament danke ich sehr herzlich Sibylle Backmann. 1. Träger der Beziehungen · 47

Verkaufsraum, in den Außenmauern des Fondaco verfügte er, wie die Regelungen seines Testaments zeigen, über ein hohes Vermögen.22 Die mehreren ehelichen Kinder, die er durch seinen letzten Willen bedachte, die liebevollen Bezeichnungen seiner Familien- mitglieder, die im Kontext der Testamente eher selten sind,23 und die gute Integration in die venezianische Gesellschaft legen nahe, dass er aus persönlichen Gründen ein Leben außerhalb des Fondaco wählte. Für den Großteil der Nürnberger Kaufleute bildeten je- doch die Abwicklung der Geschäfte und der Aufenthalt im Handelshaus am Rialto den ganzen Untersuchungszeitraum hindurch ein maßgebliches Motiv für die Anwesenheit in Venedig.24 Die besondere Rolle, die den Nürnberger Kaufleuten aufgrund ihrer Vielzahl sowie der Kontinuität und Tradition ihrer Anwesenheit im Fondaco zukam, spiegelte sich auch in der Kirche von San Bartolomeo wider. In der in unmittelbarer Nähe zum Handelshaus gelegenen Pfarrkirche der deutschsprachigen Kaufleute hatten die Händler aus der frän- kischen Reichsstadt als einzige Landsmannschaft einen eigenen Altar ihres Stadtheiligen Sebald.25 Die Einbindung des Nürnberger Stadtregiments in die Unterhaltung des Altars, die einmal mehr die Bedeutung des Handels mit Venedig für die Reichsstadt ausdrückt, lässt sich ab dem Beschluss des jährlichen Verkaufs von Ewiggeld an die Vormünder des Altars 143726 bis in das frühe 16. Jahrhundert kontinuierlich in den Quellen fassen. Die Kirche war der zentrale religiöse Bezugspunkt für die Nürnberger Kaufleute im Handels- haus. Die Kaufleute und Krämer, die außerhalb lebten, waren ebenso wie die Handwer- ker und weitere Personengruppen, die sich dauerhaft in der Stadt niedergelassen hatten, entsprechend ihren Wohnorten meist anderen Pfarreien verbunden.

1.2 Handwerker

Gemäß ihrer Vielzahl, ihrer guten Sicht- und Fassbarkeit am Fondaco und der wirtschaft- lichen Bedeutung ihrer Tätigkeit hat die Forschung vor allem Interesse für die Anwesen- heit und die Aktivitäten der Kaufleute in Venedig gezeigt. Auch die Quellensituation trägt

22 Aussagen über die soziale Einordnung des Ausstel- 24 Zur Situation zwischen 1550 und 1650: vgl. Back- lers können entsprechend der Höhe und Menge der mann, Fondaco. Legate gemacht werden, vor allem wenn es sich wie 25 Zum Sebaldaltar: Eser, In onore della città. Erffa bei Rizzo um sehr hohe Legate handelt. Auch die betonte, dass es sich nicht um eine „deutsche Natio- Höhe der Abgaben an den monte nuovo und den nalkirche […] wie Santa Maria dell’Anima in Rom“ monte nuovissimo lassen hierauf schließen: (1521 gehandelt habe, sondern dass sie v. a. Personen im Mär. 18), ASVe, NT, b. 1216, prot. 3, fol. 67r–68v, Kontext des Fondaco diente: Hans Martin v. Erffa, fol. 67r. Die Deutschen in Venedig und ihre Kirche San Bar- 23 Hollberg, Deutsche in Venedig, S. 206. Rizzo be- tolomeo, in: Der Diplomat. Eine FS für Hans v. Her- zeichnet seine Frau als „carissima“: (1515 Sep. 20), warth, hg. v. Wilhelm Reissmüller, Ingolstadt 1974, ASVe, NT, b. 974, Nr. 45. S. 73–93, S. 77. 26 StadtAN, A 1–1437 Apr. 30. 48 · II. Nürnberger in Venedig zu dieser Betonung der kaufmännischen Tätigkeiten in der Serenissima bei. Dies ist ne- ben der intensiven Produktion von Schriftstücken im Geschäftsalltag auf ein besonderes Tradierungs- und Sammlungsinteresse27 zurückzuführen. Der kaufmännischen Schrift- lichkeit entsprechende Überlieferungstraditionen gab es in der Regel bei den deutschen Handwerkern in Venedig nicht, obwohl die Stadt auch für sie äußerst attraktiv war. Zwar waren sie, wie die eigenhändig verfassten Cedule, die Erstfassungen ihrer Testamente, zeigen, im Schreiben geübt, hinterließen aber oft nur wenige Schriftstücke.28 Als wich- tigste Quelle zu Nürnberger Migranten in Venedig geben diese Testamente Aufschluss über Beruf und Wohnorte, oftmals aber auch über die sozialen Verhältnisse und die Verflechtungen dieser Personengruppe innerhalb der unterschiedlichen Gesellschafts- segmente in der Stadt.29 Im venezianischen Kontext lassen darüber hinaus Bruderschafts- ordnungen einige sichere Rückschlüsse auf eine Nürnberger Herkunft zu. Auch in den Nürnberger Gerichtsbüchern, die seit der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts überliefert sind, finden sich vereinzelt Bezüge zu Handwerkern aus der Reichsstadt, die sich einige Zeit oder dauerhaft in der Serenissima aufhielten. Da in Venedig Testamente meist nur von Personen ausgestellt wurden, die dauerhaft dort lebten, lassen sich Handwerker, die nur zeitweilig in der Stadt blieben, kaum ausma- chen. Eine Ausnahme stellt aufgrund der erhaltenen Korrespondenz mit dem Humanis- ten Willibald Pirckheimer Albrecht Dürer dar. Während seines Aufenthalts in Venedig 1505 bis 1507 lebte der Maler in einer Herberge in der Nähe des Fondaco.30 Auch stand er mit Nürnbergern und deutschen Kaufleuten in Verbindung und nutzte die dortigen Strukturen bei seinen Besorgungen für Pirckheimer und Andere.31 Der Aufenthalt Dürers stellte noch einen „frühen Ausnahmefall“ unter den deutschsprachigen Künstlern dar,32 die wie die Handwerker in der Regel dauerhaft nach Venedig kamen.33 Oberdeutsche Maler arbeiteten dort bereits im 15. Jahrhundert. Allerdings sind kaum Zeugnisse über- liefert. Schon um 1450 bestand in Italien ein Markt für Gemälde und Druckgraphiken von nördlich der Alpen.34 Ob die Aufträge Pirckheimers, das künstlerische Interesse, das

27 Vgl. in diesem Kontext die Stichworte „Wissenstra- verbrannte: A. Dürer aus Venedig an W. Pirckhei- dierung“ und „Wissensmanagement“: Kap. II.2.2.3. mer (1506 Okt. 13), in: Pirckheimer Briefwechsel 1, 28 Die Überlieferung findet sich bei den obrigkeit- Nr. 129, S. 438–444, S. 439. lichen Organen. Generell zur Entwicklung der 31 Vgl. hierzu: Kap. II.3.1, II.3.3 u. II.3.4; Kap. III.2. Schriftlichkeit in Venedig: Irmgard Fees, Eine Stadt 32 Laut Häberlein handelte es sich um einen „Sonder- lernt schreiben. Venedig vom 10. bis zum 12. Jahr- fall der Handwerkermigration“: Häberlein, Oberita- hundert, (Bibliothek des Deutschen Historischen lienische und oberdeutsche Städte, S. 212. Instituts in Rom 103), Tübingen 2002. 33 Roeck, Kulturtransfer, S. 17. 29 Dabei kristallisieren sich bestimmte Notare heraus, 34 John Andrew Martin, Motive für den Venedigauf- bei denen sich besonders viele deutsche Testatoren enthalt oberdeutscher Maler. Von Albrecht Dürer bis finden. Hierzu und zur Vorgehensweise beim Auf- Johann Carl Loth, in: Venedig und Oberdeutschland finden dieser Notare: Hollberg, Deutsche in Vene- in der Renaissance. Beziehungen zwischen Kunst dig, S. 51–52. und Wirtschaft, hg. v. Bernd Roeck u. a., (Studi 9), 30 Das Feuer bei Peter Pender, dem deutschen Wirt in Sigmaringen 1993, S. 21–30, S. 21–22 u. S. 24. Es der Nähe des Handelshauses, betraf auch den Maler, sind außer Dürer keine weiteren Nürnberger Künst- dessen für acht Dukaten neuerworbenes Wolltuch ler in Venedig im 15. Jahrhundert nachzuweisen. 1. Träger der Beziehungen · 49 möglicherweise durch italienische Kunstwerke in Nürnberg geweckt worden war,35 oder die Flucht vor der Pest ausschlaggebend für den Aufenthalt Dürers waren, ist unklar. Sei- ne Motive sind ebenso umstritten wie die Frage, ob er schon in den 1490er Jahren nach Venedig gekommen war.36 Dass Dürer aber bereits vor 1505/1506 Interesse an den sich in Italien entwickelnden neuen künstlerischen Techniken hatte, zeigt der Umstand, dass er schon zuvor von Jacopo de’Barbari Kenntnisse in der Darstellung der menschlichen Proportionen erwarb.37 Trotz seiner verdrossenen Äußerung gegenüber Pirckheimer, die venezianischen Maler „schelten [ihn] vnd sagen, [seine Malerei] sey nit antigisch art, do- rum sey [sie] nit gut“, zeugen die gleichzeitigen Berichte über Fortschritte im „gemell“38 sowie die tatsächliche Adaption der Formen- und Motivsprache von seiner Absicht, in Venedig die Renaissance-Kunst kennenzulernen. Dürer gelang es dabei durchaus, sich auch in Venedig als Künstler zu etablieren, wie das Lob Giovanni Bellinis, einheimischer Patrizier und der venezianischen Regierung zeigt.39 Eine dauerhafte Anstellung durch die Signoria lehnte er jedoch möglicherweise ab40 und kehrte in seine Vaterstadt zurück. Auch sonst war die Motivation für einen kurzfristigen Aufenthalt in Venedig in der Regel die Weiterbildung und das Erlernen neuer handwerklicher Techniken. Vereinzelt finden sich wie bei dem Glaser Hanns Nickel Hinweise auf Personen, die in die Stadt kamen, um spezielle Handwerkstechniken zu erlernen.41 Meist jedoch blieben die Nürnberger Gewerbetreibenden in Venedig und übten dort ihr Handwerk aus. Die Gründe für die Migration sind unklar. Die häufige Mutmaßung der Forschung, die Handwerker aus dem

35 Böckem bezeichnete Italien in diesem Kontext als 38 „ein ander quar, des gleichen ich noch nie gemacht „attraktive Projektionsfläche“: Böckem, S. 52–64, hab.“ A. Dürer aus Venedig an W. Pirckheimer S. 64. Zu den möglichen Motiven für die Dürer- (1506 Sep. 23), in: Pirckheimer Briefwechsel 1, Reise von 1506/07: ebd. S. 54 u. S. 58. Zur Frage der Nr. 124, S. 424–427, S. 424. „Konstellation Burgstraße 1480/1500“ und deren 39 A. Dürer aus Venedig an W. Pirckheimer (1506 Bedeutung für Dürer sowie des ersten Italienauf- Feb. 7), in: Pirckheimer Briefwechsel 1, Nr. 98, enthalts zuletzt: Eser, Frühe Dürer, S. 24 u. S. 27. S. 319–335, S. 320. Über das Lob der Venezianer für Aufgrund der engen Handelsbeziehungen waren das Rosenkranzfest: (1506 Sep. 23), in: ebd., Nr. 124, entsprechende Produkte und Einflüsse in der Nürn- S. 424–427, S. 424. Vgl. auch: Grebe, Albrecht Dü- berger Oberschicht allgegenwärtig: vgl. Kap. III.2.3. rer, S. 74; Anja Grebe, Dürer. Die Geschichte seines 36 Zu den Motiven für eine erste Reise vgl. u.a.: Tho- Ruhms, Petersberg 2013, S. 234. Zum Interesse an mas Schauerte, Dürer. Das ferne Genie. Eine Bio- und dem Kopieren von Dürers Druckgraphik: ebd., graphie, Stuttgart 2012, S. 55–59. Zur Diskussion S. 182–184; sowie: (1506 Sep. 8), in: Pirckheimer um eine mögliche erste Venedig-Reise siehe: Kap. I, Briefwechsel 1, Nr. 122, S. 415–422, S. 416. Schau- Anm. 3. erte bezeichnete die Venedig-Reise als „Durch- 37 In seinem Brief vom 7. Februar 1506 lässt er seinen bruch“: Schauerte, Dürer, S. 140 humanistischen Freund jedoch bereits wissen, „dz 40 Trotz der problematischen Datierung wird ein Hin- vill pesser moler hy sind weder dawssen meister weis in seinem Gesuch an den Nürnberger Rat (Al- Jacob ist“. A. Dürer aus Venedig an W. Pirckhei- brecht Dürer, Dürer. Schriftlicher Nachlass 1, hg. mer (1506 Feb. 7), in: Pirckheimer Briefwechsel 1, v. Hans Rupprich, Berlin 1956, Nr. 53, S. 109–110, Nr. 98, S. 319–335, S. 320. Widmungsrede zur Pro- S. 110) entsprechend gewertet: Grebe, Albrecht Dü- portionenlehre an Pirckheimer, in: Pirckheimer rer, S. 79. Briefwechsel 6, hg. v. Helga Scheible, München 41 (1532 Dez. 27), StadtAN, B 14/II-33, fol. 27rv. Vgl. 2004, Nr. 975, Anhang 3, S. 28–29, S. 29. Kap. II.2.1. 50 · II. Nürnberger in Venedig

Norden seien aufgrund des Abschlusses der Zünfte im Reich nach Italien ausgewandert, kann in Nürnberg nicht ausschlaggebend gewesen sein, da entsprechende Korporationen in der fränkischen Reichsstadt verboten waren.42 Wie in anderen Städten Italiens mit größerer deutscher Zuwanderung üblich waren auch die Deutschen in Venedig in unterschiedlichen Handwerksberufen tätig. Für das 15. Jahrhundert konnte Cecilie Hollberg beispielsweise Weber, Schnitzer, Messerschmie- de, Grauwerker oder Schüsselmacher ausmachen. In dieser „bunte[n] Mischung“43 nah- men einige Berufsgruppen eine besondere Stellung ein. Deutsche Bäcker fanden sich in der Serenissima wohl spätestens ab dem 12. Jahrhundert. In den Streitigkeiten um die Eigenständigkeit ihrer Bruderschaft 1402 wurde darauf verwiesen, dass die Vereinigung der Bäckergesellen aus dem Reich nördlich der Alpen bereits „seit langer Zeit“ existiere.44 Mehrere Untergruppen können in dem Gewerbe unterschieden werden.45 In den Quellen lassen sich von diesen nur unter den pistori Nürnberger nachweisen. Sie durften Brot backen und verkaufen und besaßen hierfür eigene Verkaufsstellen. So wurden auch die beiden Nürnberger Rigo und Armanus 1471 als Besitzer von Botteghe bei San Giovanni al Tempio in der Pfarrei von Sant’Antonin und in der calle longa in der Pfarrei von Santa Maria Formosa in der Mariegola ihrer Bruderschaft aufgeführt.46 Dennoch ist davon aus- zugehen, dass auch in den anderen Untergruppen, beispielsweise bei den forneri, die nur Brot backen, es jedoch nicht verkaufen durften, Nürnberger vertreten waren. Eine starke Bindung innerhalb ihrer Berufsgruppe mit einer Tendenz zur Abgrenzung nach Außen47 lässt sich bei den Nürnberger Bäckern nicht festmachen. Der vermögende Nürnberger Bäcker Johannes aus Santi Apostoli, der wohl zwei Testamente ausstellte und spätestens im September 1463 starb, nannte als Testamentsvollstrecker einen Ballenbin- der im Fondaco und einen Gewürzhändler. Der im ersten Testament ebenfalls in dieser

42 Vgl. Ammann, Wirtschaftliche Stellung, S. 45; 44 (1402 Dez. 20), in: Simonsfeld, Fondaco 2, Nr. 47, Michael Diefenbacher, Massenproduktion und S. 315–316. Zu den Anfängen und zur Entwicklung Spezialisierung. Das Handwerk in der Reichsstadt der deutschen Bäckerschaft: ebd., S. 269–273; Layer, Nürnberg, in: Stadt und Handwerk in Mittelalter Süddeutsche Bäcker, S. 132–133. und Früher Neuzeit, hg. v. Karl Heinrich Kaufhold 45 Hollberg, Deutsche in Venedig, S. 71–73; Simons- u. Wilfried Reininghaus, (Städteforschung A 54), feld, Fondaco 2, S. 273. Köln u. a. 2000, S. 211–228, S. 216. Zu den Thesen 46 Scuola della Concezione dell’arte dei pistori: BMC, zur Handwerksmigration: Schulz, Deutsche Hand- Mariegola 5, fol. 18v. Vgl. auch: Gastone Vio, werker, S. 122–123. Israel, Fremde, S. 61–68. Zur Le scuole piccole nella Venezia dei Dogi. Note Problematik bei der Spekulation über die Motive der d’archivio per la storia delle confraternite venezia- Auswanderer: u. a. Hollberg, Deutsche in Venedig, ne, (Cultura popolare veneta. Serie terza 1), Vicen- S. 16. za 2004, Nr. 278, S. 331–332, 331; sowie: Simons- 43 Hollberg, Deutsche in Venedig, S. 70. Hollberg feld, Fondaco 2, S. 273. Neben Rigo und Armanus macht 39 Bäcker aus. Die Zahl der Schuster ist stammte auch der Bäcker Johannes aus Nürnberg, mit 11 Personen nur geringfügig höher als die der der ebenfalls ein Geschäft besaß: (1450 Sep. 22) u. Kaufleute mit 10 Testatoren und der Ballenbinder (1463 Sep. 17), ASVe, NT, b. 1156, Nr. 492 u. ASVe, des Fondaco mit 7 Personen. Auch zu den weiteren NT, b. 1195, Nr. 96, prot., fol. 71v–72r. Berufsgruppen: ebd., S. 69–71. Auch: Simonsfeld, 47 Diese stellte Hollberg für die deutschen Handwerker Fondaco 2, S. 269. fest: Hollberg, Deutsche in Venedig, S. 244. 1. Träger der Beziehungen · 51

Funktion genannte Altkleiderhändler wurde im zweiten durch einen Bäcker und einen Goldschmied ersetzt.48 Darüber hinaus finden sich bei den deutschsprachigen Bäckern in Venedig Verbindungen zu Schustern. Der Nürnberger Schuhmacher Johannes aus der Pfarrei von Sant’Agostin nannte 1502 neben einem anderen Schuster namens Johannes den Bäckermeister Nikolaus aus seiner eigenen Pfarrei als Ausführer seines letzten Wil- lens.49 Wie die Bäcker hatten auch die Schuster in Venedig, wie in Italien generell, eine be- sondere Position unter den deutschen Gewerbetreibenden inne. Sie schlug sich auch hier vor allem in der Existenz ihrer eigenen, landsmannschaftlichen und berufsspezifischen Bruderschaft, der Scuola dell’Annunziata dei lavoranti calegheri tedeschi, nieder.50 Neben dem 1502 testierenden Johannes lässt sich für den Untersuchungszeitraum zumindest ein weiterer Schustermeister nachweisen. Meister Johannes Franchus aus der Pfarrei San Moisè trat 1483 als einer der Vertreter der Bruderschaft auf.51 Neben diesen beiden, auch institutionell unter den Handwerkern aus dem Norden besonders gut etablierten Berufsgruppen, finden sich bei den Nürnbergern viele weite- re Gewerbe, denen die Migranten aus der fränkischen Reichsstadt nachgingen. Neben einem Schüsselmacher erstellten auch ein Schnitzer, ein Spiegelmacher und ein Grau- werker in Venedig Testamente.52 Ein Nürnberger Schneider namens Friedrich, der in der Pfarrei San Lio lebte, tauchte 1416 in der notariellen Überlieferung der Cancelleria Infe- riore auf.53 Unter den deutschen Buchdruckern, die den Druck mit beweglichen Lettern

48 Die Übereinstimmung der Namen des Gewürzhänd- 49 (1501 Feb. 20 m.v. = 1502 Feb. 20), ASVe, NT, b. 66, lers – auch wenn sich die Berufsbezeichnung mit prot. 3, Nr. 94, fol. 3r. speziarius und aromatarius geringfügig unterschei- 50 Böninger, La “regula“ bilingue. Vgl. auch: Hollberg, det – und des Ballenbinders, der gleiche Wohnort Deutsche in Venedig, S. 74; Simonsfeld, Fondaco 2, sowie die im Testament bedachten geistlichen Insti- S. 2. tutionen, von denen besonders der Konvent von San 51 (1483 Okt. 10), in: Simonsfeld, Fondaco 2, Nr. 66, Francesco della Vigna relativ außergewöhnlich ist, S. 325–331, S. 326. lassen eine Identität der Aussteller vermuten: (1450 52 ASVe, NT, b. 560, Nr. 75 („Salvator quondam Sini- Sep. 22) u. (1463 Sep. 17), ASVe, NT, b. 1156, Nr. 492 baldi de Nurinberg scutelarius de conffinio Sancti u. ASVe, NT, b. 1195, Nr. 96, prot., fol. 71v–72r. Das Panthaloni“ 1447; Hollberg: Nr. 107); ASVe, NT, zweite Testament wurde am 5.5.1457 ausgestellt: ebd, b. 1238, Nr. 321 („Iohannes quondam Iohannis de fol. 71v. Vgl. auch: Hollberg, Deutsche in Venedig, Normerigo partibus Alemanie“, 1453; Hollberg: Nr. 114 u. 139. Hollberg gab versehentlich bei der Nr. 120); ASVe, NT, b. 218, Nr. 266 („Leonardus Analyse des späteren Testaments statt der Nr. 139 quondam ser Arnoldi teutonicus de Nurimberg (die es entsprechend dem Inhalt des Testaments sein specularius de confinio Sancti Iuliani“, 1529). Beim müsste) die Nr. 114 an: ebd., S. 242–244. Da sie die Grauwerker Peter Burgener, der 1461 sein Testament mögliche Verbindung zwischen beiden Testamenten ausstellte (ASVe, NT, b. 360, prot., Nr. 102, fol. 72r), nicht sah (S. 242), konstatierte sie, man könne keinen könnte es sich um dieselbe Person handeln wie bei Grund für die Ausstellung des Testaments erkennen. derjenigen, für die P. Hamerpach 1455 im Auftrag Eine Möglichkeit wäre jedoch der Tod seiner Frau des Nürnberger Rats eine kaiserliche Ladung bzgl. Maria, die Johannes in der ersten Fassung noch er- einer Reichsacht verkündete: (1455 Jul. 21), StAN, wähnt. Die Angabe, er habe weder Frau noch Kin- 7-farbiges Alphabet, Urk. (Rep. 2b), Nr. 2456. der, kann also auch hierauf zurückzuführen sein. 53 „Federicus de Norimbergo“ (1419 Mai 30), ASVe, Das zweite Testament wurde am 12.9.1463 eröffnet. CIN, b. 228, prot. 1, fol. 116v. Zu diesem Zeitpunkt muss Johannes also verstorben gewesen sein. 52 · II. Nürnberger in Venedig in die Lagunenstadt brachten und den dortigen Inkunabelmarkt lange Zeit beherrschten, hinterließen die nur kurzzeitig in der Stadt agierenden Konrad Zeninger und Johannes Volkrath keine bedeutenden Spuren.54 Die meisten der aus dem Norden nach Venedig kommenden Gewerbetreibenden mi- grierten dauerhaft nach Süden. Sie betrieben hier oftmals eigene Botteghe und gründeten Familien. Wie stark die Konzentration auf den Kreis der Zuwanderer aus dem Norden oder gar die eigene, landsmannschaftliche Berufsgruppe dabei blieb,55 oder ob nicht die Geschäfts-, Rechts- und Heiratsverbindungen zu Personen aus Venedig ebenso verbrei- tet waren, kann anhand der wenigen Testamente von Nürnbergern und der schwierigen Herkunftszuordnung nur bedingt beurteilt werden.56 Oftmals lässt jedoch die Nennung der Herkunft auch in zweiter Generation, wie bei dem Schüsselmacher Salvator oder dem Grauwerker Peter,57 auf eine Verbundenheit mit der Vaterstadt schließen. Die Ge- schwister des Schusters Johannes, die bedacht werden sollten, falls Johannes’ Kinder bei seinem Tod noch nicht im erbfähigen Alter seien,58 scheinen sich ebenfalls in Venedig aufgehalten zu haben. Möglicherweise war also bereits Johannes’ Elterngeneration in die Lagunenstadt migriert. Auch beruflich und geschäftlich etablierten sich wohl viele der Nürnberger Handwer- ker, die sich im 15. und frühen 16. Jahrhundert in den venezianischen Quellen finden lassen, in Venedig. Als 1471 die Provveditori alle Biave den Bäckern zum Schutz ihres Berufszweiges vorschrieben, dass sie „keine weiteren Botteghe besitzen dürften, als jene, die sich bereits finden“ und aus diesem Grund die bestehenden Läden und deren Inhaber aufführten, wurden unter diesen auch die Nürnberger Armanus und Rigo genannt.59 Als Inhaber eigener Geschäfte in Castello besaßen sie wohl den Meistertitel. Der Spiegelma- cher Leonhard hatte diesen ebenfalls inne und war so in einem der wichtigsten venezi- anischen Gewerbezweige etabliert.60 Bei dem Schuster Johannes, der 1502 den Bäcker- meister Nikolaus aus seiner Pfarrei Sant’Agostin und den Schustermeister Johannes zu Testamentsvollstreckern ernannte, lässt sich anhand des Standes dieser commissarii und

54 Vgl. hierzu: Kap. III.4.1. 55 „Im Ergebnis also waren die Deutschen in Venedig quondam Sinibaldi de Nurinberg scutelarius“ (1447 im Gegensatz zu anderen europäischen Städten um- Jun. 18), ASVe, NT, b. 560, Nr. 75. fassend, nämlich beruflich wie geographisch, in die 58 (1501 Feb. 20 m.v. = 1502 Feb. 20), ASVe, NT, b. 66, Stadt integriert.“ Hollberg sah jedoch einen starken Nr. 94, prot. 3, fol. 3r. Die Höhe der Beträge macht landsmannschaftlichen und beruflichen Zusam- eine Übertragung nach Nürnberg unwahrschein- menhalt bei den Bäckern: Hollberg, Deutsche in lich. Vgl. auch Hollberg zur Übertragung über die Venedig, S. 249. Alpen: Hollberg, Deutsche in Venedig, S. 223–224. 56 Möglicherweise stammte der Vater von Anna, der 59 „Che non podesse esser azonto piu botege de pisto- Frau des Stefan Studenicher aus Nürnberg, ur- ria de quelle se trovavano alhora“; „Ittem che nissun sprünglich ebenfalls aus dem Norden und verheira- pistor non possi cambiar casa ne botega zoe partirse tete deswegen seine Tochter mit einem Landsmann: di una botega per andar in unaltra botega […] Qui (1464 Mai 3), ASVe, NT, b. 480, Nr. 1. sotto se nottera le botege sono al presente [.]“ BMC, 57 „Petrus […] varotarius quondam Johannis Burge- Mariegola 5, fol. 17v u. 18r. ner de Norinbergo“ (1460 Feb. 5 m.v. = 1461 Feb. 5), 60 Umschlag: „Testamentum magistri Leonardi specu- ASVe, NT, b. 360, prot., Nr. 102, fol. 72r; „Salvator larii“ (1529 Aug. 27), ASVe, NT, b. 218, Nr. 266. 1. Träger der Beziehungen · 53 seines, in seinen Legaten ersichtlichen Vermögens annehmen, dass es sich auch hier um einen Meister handelte. Die Auslösung seiner Diener und Arbeiter weist ebenfalls darauf hin, dass er einen Betrieb mit mindestens zwei Angestellten hatte.61 Der Grauwerker Peter, Sohn des Johannes Burgener aus Nürnberg, verfügte neben Eigentum in der Reichsstadt auch über Besitzungen auf der Terraferma, in Padua und im Cadore, die er seiner Schwester vermachte.62 Der entsprechend seinen Testamenten wohlhabendste der in Venedig testierenden Nürnberger Gewerbetreibenden, der Bäcker Johannes63, gab hingegen keinen Immobilienbesitz an. Wahrscheinlich war dieser jedoch in dem Residuum enthalten, dessen Erlös er zum großen Teil den Armen der Pfarrei von Santi Apostoli vermachte.64 Wie hoch das Residuum und damit das Gesamtvermögen ge- wesen sein mag, lässt sich in den Verfügungen nicht nachvollziehen.65 Bei Johannes mag sein Wert bei weitem höher gewesen sein als die 1478 Dukaten, die fast ausschließlich geistliche Legate betrafen. Auch die anderen Handwerker-Testamente lassen vermuten, dass die Nürnberger Gewerbetreibenden in Venedig oft in relativ guter sozialer Situation lebten.66 Anna, die Frau des Stefan Studenicher, die als Schwester eines Handwerkers wohl einen solchen ehelichte, hinterließ um die 250 Dukaten, vor allem für geistliche Institutionen und ihre Dienerin Helena.67 Die 60 Dukaten, die der Spiegelmacher Leon- hard neben unbezifferten geistlichen Legaten an weltlichem Erbe vermachte, scheinen dagegen eher gering. Dennoch fallen sie nach der Berechnung Hollbergs in die obere Hälfte der für das 15. Jahrhundert für Deutsche in Venedig nachweisbaren Vermögens- werte.68 Bei dem Schuster Johannes ist die Situation widersprüchlich. Er hinterließ 1502

61 „instituo et esse vollo meos fidei comissarios ma- zu diesem Zeitpunkt zumindest seine Backstube be- gistrum Nicolaum pistorem […] Sancti Augustini reits verkauft haben: Hollberg, Deutsche in Venedig, et magistrum Ioanem cerdonem ad Sanctam So- S. 243–244. Auch seine Staatsanleihen gingen an phiam“; (1501 Feb. 20 m.v. = 1502 Feb. 20), ASVe, den Dominikanerkonvent in Cannaregio: (1463 Sep. NT, b. 66, prot. 3, Nr. 94, fol. 3r. Zu den Arbeitern 17), ASVe, NT, b. 1195, Nr. 96, prot., fol. 71v–72r, und Dienern: ebd.: „sic vollo que solvantur famuli fol. 72r. Zu venezianischen Staatsanleihen: Reinhold mei et laborantes mei“. C. Mueller, The Venetian Money Market. Banks, 62 An sie ging zur Hälfte auch das Geld, das in Venedig panics, and public debt 1200–1500, Baltimore u. a. übrig bleibe, nachdem von diesem seine Gläubiger 1997, S. 544–567. bezahlt worden seien. Die andere Hälfte gehe an 65 Für das Residuum wurden keine Beträge angegeben: die Scuola di San Marco. Zwar nannte er sonst nur Hollberg, Deutsche in Venedig, S. 221. 50 Dukaten als geistliche Legate und Aufwandsent- 66 Nur wenige Testamente geben keine oder kaum Le- schädigungen für seine Testamentsvollstrecker, auf- gate an und lassen daher auf niedrige Vermögens- grund seiner vorherigen Angaben ist jedoch von werte schließen: vgl. u. a. Nikolaus (1432), ASVe, einem relativ hohen Vermögen auszugehen: (1460 NT, b. 852, Nr. 419. Oftmals ist wegen der fehlenden Feb. 5 m.v. = 1461 Feb. 5), ASVe, NT, b. 360, prot., Beträge keine Angabe möglich: vgl. u. a. Salvator Nr. 102, fol. 72r. (1447 Jun. 18), ASVe, NT, b. 560, Nr. 75. 63 In der Untersuchung Hollbergs lagen nur Kaufleute 67 (1464 Mai 3), ASVe, NT, b. 480, Nr. 1. mit ihren Vermögen über dem des Johannes: Holl- 68 Hollberg, Deutsche in Venedig, Tab. 4, S. 161. Leo- berg, Deutsche in Venedig, S. 161. nardus: (1529 Aug. 27), ASVe, NT, b. 218, Nr. 266. 64 (1463 Sep. 17), ASVe, NT, b. 1195, Nr. 96, prot., fol. 71v–72r, fol. 72r. Hollberg schlug vor, er könne 54 · II. Nürnberger in Venedig zwar nur sehr niedrige geistliche Legate. Die Mitgift, die er seiner Frau aus seinen Gütern zurückerstattet, betrug jedoch hundert Dukaten.69 Insbesondere die geistlichen Legate konnten oft sehr hoch sein und wie bei dem Bäcker Johannes sogar das ganze vermachte Vermögen betreffen. Die Sorge um das Seelenheil und die Memoria stellten eine zentrale Funktion der Testamente dar.70 Neben der Stiftung von Messen, die für den Testator gelesen werden sollten, spielte vor allem die Barmher- zigkeit eine bedeutende Rolle. Sie konnte sich beispielsweise durch die Begünstigung der eigenen Gemeinde oder die Unterstützung von Armen, Waisen und Gefangenen ausdrü- cken.71 Auch bei den Nürnberger Handwerkern fanden sich immer wieder Stiftungen von Messen.72 Besondere Bedeutung kam den Legaten zugunsten von Bruderschaften zu. Hier zeigte sich darüber hinaus deutlich, wie die zugewanderten Gewerbetreibenden venezianischen Institutionen und damit dem religiösen und sozialen Leben in Venedig verbunden waren. Neben geistlich-karitativen Bruderschaften existierten auch berufs- spezifische Scuole, die vor allem im handwerklichen Bereich angesiedelt waren. Oftmals waren sie daneben landsmannschaftlich geprägt.73 So vermachten die Nürnberger ganz unterschiedlichen Scuole, in denen sie nicht unbedingt gleichzeitig Mitglieder sein muss- ten, Legate. Eine Vorliebe für eine bestimmte Bruderschaft unter den aus der fränkischen Reichsstadt zugewanderten Handwerker ist, wie auch für die Deutschen in Venedig ge- nerell,74 nicht auszumachen. Nürnberger Mitglieder finden sich unter anderem in den scuole grandi von San Marco und Santa Maria della Misericordia, in der Scuola dei caleg- heri und der Scuola dei pistori sowie in den Scuole San Giovanni Baptista, Santa Maria dei Mercanti und San Girolamo: Die Vielzahl von Bruderschaften, denen Personen aus dem Reich nördlich der Alpen angehörten oder die in den Testamenten bedacht wurden, spiegelt die Größe und Vielfalt der Nürnberger Handwerkspräsenz in Venedig wider.75

69 (1501 Feb. 20 m.v. = 1502 Feb. 20), ASVe, NT, b. während er im zweiten für beide Messtypen legierte 66, Nr. 94, prot. 3, fol. 3r. Zur Mitgift in Venedig: und den Marienmessen dabei sogar einen höheren Hollberg, Deutsche in Venedig, S. 38–43; Guzzet- Betrag zukommen ließ (ASVe, NT, b. 1195, Nr. 96, ti, Venezianische Vermächtnisse, S. 35–45; Anna prot., fol. 71v–72r, fol. 71v). In beiden Testamenten Bellavitis, Identité, mariage, mobilité sociale. Cito- stiftete er, als einziger Nürnberger, auch Pilgerfahr- yennes et citoyens à Venise au 16e siècle, Rom 2001, ten, im ersten nach Santiago de Compostela, im S. 145–154 u. S. 167–207. Zur Witwenmitgift: ebd., zweiten nach Rom und Assisi. Zur Stiftung von Pil- S. 209–224. gerfahrten: Hollberg, Deutsche in Venedig, S. 13. 70 Hollberg, Deutsche in Venedig, S. 83. 73 Zur Definition einer Scuola: Vio, Scuole piccole, 71 Hollberg, Deutsche in Venedig, S. 84. Zur Bedeu- S. 18. Vgl. zu den Scuole: Francesca Ortalli, Per salu- tung des Seelenheils und der Funktion der Stiftun- te delle anime e delli corpi. Scuole piccole a Venezia gen: ebd., S. 79–80. Die venezianische Obrigkeit nel tardo Medioevo, (Presente storico 19), Venedig erließ des öfteren Verordnungen, dass die Notare 2001; sowie: Kap. II.3.2.1. die Testierenden konkret auf Frömmigkeitseinrich- 74 Hollberg, Deutsche in Venedig, S. 134. tungen hinweisen sollten: ebd., S. 80 u. 95. 75 Vgl. Hollberg, Deutsche in Venedig, S. 247. Zu den 72 Leonhard stiftete sowohl Gregors- als auch Marien- scuole nazionali, v.a. den deutschsprachigen: vgl. messen (ASVe, NT, b. 218, Nr. 266). Der Bäcker Jo- Piero Pazzi, Le Scuole di Venezia 1, Unpubl. Tesi di hannes beschränkte sich in seinem ersten Testament Laurea, (Venedig 1979/80), S. 8. Vgl. Kap. II.3.2.1 auf Gregorsmessen (ASVe, NT, b. 1156, Nr. 492), 1. Träger der Beziehungen · 55

Es zeigt sich ein gewisses Interesse an berufsspezifischen und landsmannschaftlichen Scuole, ohne dass diese jedoch in der Überzahl waren oder die Testatoren unbedingt dem jeweiligen Berufsfeld angehören mussten. Wie das Testament des Schusters Johan- nes zeigt, konnte sich die Zugehörigkeit zu einer Scuola auch auf das Verhältnis zur eige- nen Gemeinde auswirken. Er verfügte, dass er in der Grabstätte der Bruderschaft unter Begleitung des Kapitels seiner Heimatpfarrkirche Sant’Agostin begraben werden wolle.76 Bei dem Schuster erwies sich die berufsspezifische Bindung als stärker als diejenige zu seiner Pfarrei. Auf deren Unterstützung auf seinem letzten Weg wollte er dennoch nicht verzichten und verfügte, dass deren Geistliche ihn begleiten sollten. Auch der Spiegel- macher Leonhard wünschte kein Begräbnis in seiner Pfarrei und gab an, sein „Leichnam [möge] bei San Salvador begraben“ werden.77 Eine enge Bindung an die eigene Pfarrei lässt sich anhand der Legate dennoch bei vielen Nürnbergern erkennen, wie Hollberg es auch für die Deutschen generell feststellte78. Der Schuster Johannes vermachte den Priestern von Sant’Agostin zwar nur einen Dukaten für die Gebete um sein Seelenheil, bedachte jedoch daneben deren Kirchenfabrik.79 Sein als Bäcker tätiger Namensvetter aus Santi Apostoli berücksichtigte unter seinen zahlreichen Vermächtnissen ebenfalls die Kirchenfabrik und die Priester seiner Wohnpfarrei. Ihnen hinterließ er auch einen Teil des Erlöses seines Residuums. Dessen größter Anteil ging an die Armen von Santi Apostoli. Auch bedachte er die dortige Scuola.80 An die Bruderschaft seiner Wohnpfarrei legierte ebenfalls der in San Pantalon lebende Schüsselmacher Salvator zwei Dukaten.81 Die Nürnberger Gewerbetreibenden waren neben berufs- und herkunftsspezifischen Verknüpfungen eng mit ihrer Pfarrkirche und ihrer Nachbarschaft, also ihrem direkten religiösen und sozialen Umfeld verbunden.82 Die Wohnorte der Nürnberger Handwerker waren über die ganze Stadt verteilt. Dabei lassen sich auch für sie ähnliche Tendenzen ausmachen wie bei dem Ansiedlungsverhal- ten, das Hollberg und Braunstein für die deutschen Zuwanderer allgemein nachweisen konnten.83 Besonders viele Testierer lebten im Sestiere von Cannaregio, wobei die bei

76 „vollo quando contingent me mori corpus meum tere 5 Dukaten. Für den Kauf von Anleihen zur Re- seppelliri debere ad Sanctum Stefanum in archis paratur der Kirche verfügte er 100 Dukaten. hospitalis […] theotonicorum cum capitulo eccle- 81 (1447 Jun. 18), ASVe, NT, b. 560, Nr. 75. Eine ent- sie Sancti Augustini contracte mee“; (1501 Feb. 20 sprechende Bruderschaft ist nicht nachzuweisen. m.v. = 1502 Feb. 20), ASVe, NT, b. 66, Nr. 94, prot. 3, 82 Rizzo vermachte Legate an Kaplan und Priester fol. 3r. von San Cassian (1521 Mär.18): ASVe, NT, b. 1216, 77 „volo tumulari cadaver meum ad Sanctum Salvato- prot. 3, fol. 67r–68v, fol. 67v. Hirschvogel wünsch- rem“; (1529 Aug. 27), ASVe, NT, b. 218, Nr. 266. te ein Begräbnis in San Bartolomeo (1498 Nov. 2), 78 Hollberg, Deutsche in Venedig, S. 136. ASVe, NT, b. 1211, Nr. 819. 79 „dimitto etiam fabrice ecclesie Sancti Augustini con- 83 Hollberg, Deutsche in Venedig, S. 58–63. Sowie: tracte mee ducatos duos pro anima mea“; (1501 Feb. Philippe Braunstein, Appunti per la storia di una 20 m.v. = 1502 Feb. 20), ASVe, NT, b. 66, prot. 3, minoranza. La popolazione tedesca di Venezia nel Nr. 94, fol. 3r. medioevo, in: Strutture familiari, epidemie, migrazi- 80 (1463 Sep. 17), ASVe, NT, b. 1195, Nr. 96, fol. 71v– oni nell’Italia medievale, hg. v. Rinaldo Comba u. a. 72r., fol. 72r. Auch vermachte er den Priestern wei- (Nuove ricerche di storia 2), Neapel 1984, S. 511– 56 · II. Nürnberger in Venedig

Deutschen beliebte Pfarrei Santi Apostoli auch von den Nürnbergern häufig als Wohnort gewählt wurde.84 Mit dem 1432 testierenden Nikolaus, der im Sprengel von San Giovanni Crisostomo lebte, wohnte ein weiterer Nürnberger Gewerbetreibender in Cannaregio. Auffällig ist dabei, dass sich beide Pfarreien in der Nähe des Fondaco und des Rialto befinden. Auch San Zulian im Sestiere von San Marco, wo sich mit dem Spiegelmacher Leonhard und dem Kürschner Petrer zwei niedergelassenen Handwerker aus Nürnberg nachweisen lassen, grenzt direkt an die Pfarrei von San Bartolomeo. Mit den Bäckern Rigo und Armano, deren Geschäfte in Castello lagen,85 lassen sich zumindest die Ar- beitsorte von zwei weiteren Gewerbetreibenden aus der fränkischen Reichsstadt fassen. Auf der jenseitigen Seite des Canal Grande lebten nur zwei belegbare Nürnberger. Der Schüsselmacher Salvator, der sich in San Pantalon in Dorsoduro niedergelassen hatte, und der Schuster Johannes aus der Pfarrei Sant’Agostin im Sestiere von San Polo gaben als Wohnorte Sestieri „de ultra“ an.86 Der Großteil der Gewerbetreibenden aus der frän- kischen Reichsstadt schien den Lebensmittelpunkt also „de citra“ des Canals gehabt zu haben, wobei sich die Nürnberger ebenso wie die anderen deutschsprachigen Zuwande- rer87 oftmals in der Nähe des deutschen Handelshauses niederließen.

1.3 Weitere Berufs- und Personengruppen

Wohl nur sehr kurz hielt sich ein gewisser Lorenz aus Nürnberg in der Stadt auf, der als „Fremder in Venedig“ aufgrund einer Krankheit 1458 sein Testament aufsetzte. Wahr- scheinlich befand er sich nur auf der Durchreise. Ob er tatsächlich in der Serenissima sei- nem Leiden erlag, teilen die Quellen nicht mit.88 Des Öfteren gelang es Personen nicht, aus der Stadt in den Norden zurückzukehren. Ein gewisser Thomas Rapolt wurde zwei Jahre zuvor als in Venedig verstorben in den Totengeläutbüchern von St. Lorenz in Nürnberg angegeben. Der genaue Grund für den Aufenthalt des Endres Weiß, der laut Thomas Reich 1529 nach einem Ballspiel an dem in der Folge aufkommenden Fieber gestorben

517. Orlando betonte ebenso die Bedeutung von delt es sich um die sechs Stadtteile, in die Venedig Wohnort und Nachbarschaft: Orlando, Migrazioni eingeteilt ist, wobei sie nach ihrer Lage auf den bei- mediterranee, S. 155 u. S. 165–175. den Seiten des Canal Grande unterschieden werden: 84 Vgl. den Bäcker Johannes: (1450 Sep. 22), ASVe, NT, Auf der „diesseitigen“ Seite (de citra) befinden sich b. 1156, Nr. 492. Vgl. auch: Hollberg, Deutsche in San Marco, Castello und Cannaregio, jenseits des Venedig, S. 60. Canal Grande (de ultra) Dorsoduro, San Polo und 85 Rigo und Armano: BMC, Mariegola 5, fol. 18v. Jo- Santa Croce. Innerhalb dieser sestieri befinden sich hannes: ASVe, NT, b. 1156, Nr. 492 u. ASVe, NT, b. als nächstkleinere Einheit die Pfarreien: vgl. Holl- 1195, Nr. 96; Nikolaus: ASVe, NT, b. 852, Nr. 419; berg, Deutsche in Venedig, S. 57. Leonhard: ASVe, NT, b. 218, Nr. 266: Peter: ASVe, 87 Hollberg, Deutsche in Venedig, S. 62 NT, b. 360, prot., Nr. 102. 88 „Ser Laurentius de Nurimbergo de Alemagnia 86 Salvator: ASVe, NT, b. 560, Nr. 75; Johannes: ASVe, quondam Johannis hospes in Venetiis“; (1458 Aug. NT, b. 66, prot. 3, Nr. 94, fol. 3r. Bei den sestieri han- 16), ASVe, NT, b. 481, Nr. 550. 1. Träger der Beziehungen · 57 sei, lässt sich nicht ausmachen.89 Wolf Gruber verschied ein Jahr zuvor während seiner Botentätigkeit in der Stadt.90 Einen unfreiwillig längeren Aufenthalt musste Hans von Panckelsheim in Venedig hinnehmen, der in Diensten des Kaisers aus unklaren Gründen Anfang des 16. Jahrhunderts mehrere Jahre in der Stadt im Gefängnis saß. Immer wieder finden sich Nürnberger in Venedig, deren Aufenthaltsgrund und deren dortige Tätigkeit sich nicht erschließen lassen und die nur aufgrund außergewöhnlicher Umstände über- haupt in Erscheinung treten.91 Die meisten Personen, die den dienstleistenden Gewerben angehörten, als Studierte in der Stadt tätig waren oder sich unter anderen Umständen dort aufhielten, lassen sich nur punktuell in der Überlieferung ausmachen. Bei dieser Gruppe ist ebenso wie bei den Handwerkern aufgrund der Überlieferungssituation da- von auszugehen, dass sie deutlich größer war als aus den Quellen zu erschließen. Viele von ihnen lebten wohl dauerhaft in Venedig. Nur von einem gewissen Heinrich Hermann aus der Pfarrei von San Giovanni in Bragora lässt sich nachweisen, dass er 1459 nach fünfzehn Jahren, die er in Venedig gelebt hatte, auch das venezianische Bürgerrecht erwarb.92 Auch der Koch Nikolaus, dessen Sohn Matthias als Malermeister im Fondaco tätig war, hielt sich in Anbetracht seiner familiären Situation wohl langfristig in Venedig auf.93 Wie Nikolaus und Matthias lebten die Deutschen oftmals in engem Kontakt zu den anderen Zuwanderern oder Besuchern aus dem Reich nördlich der Alpen. Der Sprach- lehrmeister Georg von Nürnberg, der eine Schule am Campo San Bartolomeo unterhielt, war durch seine Klientel nicht nur eng mit dem deutschen Handelshaus verbunden, son- dern war infolge seiner Tätigkeit auch Mittler zwischen den Personen aus dem Norden und den Venezianern.94 Als Verbindungsglied fungierte aufgrund seiner engen Bezie- hungen zur Geistlichkeit in der Stadt und ihrer Lagune wie durch seine Tätigkeit in der

89 Zu Rapolt: Helene Burger (Hg.), Nürnberger Toten- 91 Unklar ist z. B. auch der Beruf des „Herrn Peter aus geläutbücher 2: St. Lorenz 1454–1517, (Freie Schrif- Nürnberg aus Santa Maria Nova“, dessen Frau Ag- tenreihe der Gesellschaft für Familienforschung in nes 1438 ihr Testament machte: „Agnes uxor […] Franken 16), Neustadt/Aisch 1967, Nr. 156, S. 6. Petri de Norinbergo Sancte Marie Nove“ (1438 Sep. Zu Weiß: T. Reich aus Venedig an L. Tucher (1529 24), ASVe, NT, b. 852, Nr. 461. Bei dem gleichfalls Mai 4), StadtAN E 29/IV-1440. Vgl. Kap. III.3.2.1. bei Francesco Rizolo testierenden Nikolaus, der in 90 „nachdem derselb ir eewirt verschiner tag zw Vene- San Giovanni Crisostomo lebte, ist die Profession im dig tods abganngen sey“ (1528 Jun. 27), StadtAN, B Testament ebenso nicht erwähnt: (1432), ASVe, NT, 14/II-27, fol. 61rv. Die Boten agierten per definiti- b. 852, Nr. 419. Zu Hans Dolmetsch von Panckels- onem kontinuierlich zwischen beiden Städten, vgl. heim: (1515 Mär. 2), StadtAN, B 14/II-7, fol. 63rv. u. a. den Boten Hanns Wolf, der in Venedig offen- 92 Cives, Datenbank zu venezianischen Bürger- sichtlich Kontakt zu dem Wirt Peter Pender und schaftsprivilegien (Università Ca’Foscari; ­Leitung: den Kaufleuten Sebald Rieter, Erkenbrecht Koler R. C. Mueller): www.civesveneciarum.net/detta- und Niclas Groß pflegte: (1485 Nov. 7), StadtAN glio.php?tipo=pagina&lingua=ita&titolo=detta B14/II-D, fol. 125v. Immer wieder werden auch in glio&collocazione=SP 2:33VST4:130R&nome_ den Korrespondenzen der Nürnberger die Boten ge- italiano=HERMAN ENRICO (Zugriff: 1.8.2015). nannt: z. B. StadtAN, E 29/IV, Nr. 1438–1440. Der Sein Beruf wird nicht genannt. Ratsbote Sebald Haller lieh sich 1536 in Venedig 93 (1424 Jul. 5) ASVe, NT, b. 486, Nr. 67. bei der Gesellschaft des Endres Imhoff Geld: StAN, 94 Helmut Glück, Georg von Nürnberg und der Wirt- Stadtrechnungsbelege (Rep. 54a II), Nr. 30. schaftsraum Mitteleuropa um 1400, in: Ein Franke 58 · II. Nürnberger in Venedig

Kirche von San Bartolomeo auch der aus Nürnberg stammende Kleriker Michael, der in den 1440er Jahren Küster der Kirche war. Inwieweit der Kaplan des Sebaldaltars Kaspar Haser, der sich 1469 in Venedig um den kranken Johannes Schedel kümmerte, in Kontakt zu Kreisen außerhalb des deutschsprachigen Umfelds stand, geht aus den Quellen nicht hervor. Dies ist jedoch anzunehmen. Ebenso wie Michael nahm er für die reichsstädti- schen Kaufleute in Venedig und wohl auch für weitere Nürnberger als deutschsprachiger Seelsorger, der darüber hinaus sogar aus derselben Stadt stammte, wahrscheinlich eine zentrale soziale und kulturelle Rolle ein.95 Auch unter den studierten Nürnbergern, die sich dauerhaft in Venedig niedergelassen hatten und in der Stadt häufig einer juristischen Tätigkeit nachgingen, finden sich Ver- bindungen zu Landsleuten oder anderen Deutschen. Heinrich, der mit der Tochter eines studierten Schulleiters verheiratet war, unterhielt in Venedig Kontakte zu einheimischen Gelehrten ebenso wie zu Personen aus dem Norden. Für ihn lässt sich ein ähnlicher Bil- dungsgrad wie derjenige seines Schwiegervaters als Hintergrund für die Verbindung an- nehmen.96 Der in der Pfarrei von San Lio in der Nähe des Fondaco lebende Georg, Sohn eines Johannes, trat als Zeuge Heinrich Imhoffs in dessen Schuldauseinandersetzung mit Pasqua Zantani 1420 auf. Bei dem in der gleichen Pfarrei wohnenden und ebenfalls unter dem Beinamen Johannes geführten Georg, der als Bevollmächtigter des Nürnbergers Hermann Richt agierte, handelte es sich wahrscheinlich um die gleiche Person. An ihm zeigen sich noch deutlicher die Art und Intensität, die die Verbindung zu seinen Lands- leuten auszeichnete. Die Tätigkeit als rechtlicher Vertreter Richts beruhte dabei wohl auf der gemeinsamen Herkunft. Nicht zuletzt in Anbetracht dieses Amts ist anzunehmen, dass der Titel „magister“, der in beiden Fällen angeführt wurde, einen akademischen Grad bezeichnete. Die Aufgabe selbst weist gleichzeitig auf eine dieser zugrunde liegende gute Kenntnis der venezianischen Rechtsgewohnheiten sowie eine Beherrschung beider Sprachen und somit auf einen längerfristigen Aufenthalt in der Stadt hin. Möglicherweise war es sogar der in der deutschsprachigen Gemeinschaft gut vernetzte Lehrer Georg, der

in Venedig. Das Sprachlehrbuch des Georg von Torcello befindlichen Kirche von Santo Stefano auf Nürnberg (1424) und seine Folgen, hg. v. Helmut Murano sowie zum Küster von San Marco Kontak- Glück u. Bettina Morcinek, (Fremdsprachen in te: (1445 Aug. 25), ASVe, CIN, b. 74–75, prot. 6., Geschichte und Gegenwart 3), Wiesbaden 2006, fol. 61v. Zur Bedeutung von Klerikern, die die glei- S. 33–50, S. 42. che Sprache sprachen: Israel, Fremde, S. 79. Zur Be- 95 C. Haser aus Venedig an Hartmann Schedel (1469 deutung des Sebaldaltars: Vgl. Kap. II.3.2.2. Jul. 29), in: Hermann Schedels Briefwechsel (1452– 96 „Providus vir magister Henricus de Piliparius de 1478), hg. v. Paul Joachimsohn, Stuttgart 1893, Norimbergo“: (1424 Jan. 31 m.v. = 1425 Jan. 31), Nr. 82, S. 180–182. Zu Johannes Schedel, der als ASVe, CIN, b. 74–75, prot. 1 (2), (fol. 1r = o. Fol.). Student in Padua aber auch mehrere Male in Ve- Aufgrund seiner Kontakte und seiner Verheiratung nedig nachzuweisen ist, wo er möglicherweise eine ist davon auszugehen, dass er selbst nicht mehr als Kaufmannsausbildung erhielt: Kap. III.4.1. Michael Kürschner arbeitete, möglicherweise aber Sohn ei- unterhielt unter anderem zur in der Diözese von nes Kürschners war. 1. Träger der Beziehungen · 59 bei Imhoff und Richt tätig wurde.97 Ob es sich bei dem für die dogale Kanzlei tätigen Notar Francesco de Soris, wie Cecilie Hollberg annahm, tatsächlich um einen Nürnber- ger handelte, lässt sich nicht nachweisen. Die intensive Tätigkeit für Personen aus dem Norden und auch der fränkischen Reichsstadt könnte jedoch tatsächlich ein Hinweis in diese Richtung sein.98 Wo die Nürnberger Magistri, die in Venedig tätig waren, ihre Ausbildung absolviert hatten, erwähnen die Quellen nicht. Die Vermutung liegt jedoch nahe, dass sie diese an der venezianischen Universität Padua erhielten, die auch sonst von zahlreichen Studenten aus Franken frequentiert wurde. Bei diesen lassen sich ebenso ver- einzelt Aufenthalte in der Lagunenstadt nachweisen wie bei Johannes Cuno, der wohl in der Offizin des Druckers Aldus Manutius tätig war, oder bei Endres Kunhofer, der schon während seiner Studienzeit auf der Terraferma Kontakt zu Dürer in Venedig pflegte und im Zuge einer schweren Krankheit selbst dorthin kam.99 Ihnen diente die Stadt jedoch nur als kurzzeitige oder längerfristige Durchgangsstation. Sie ließen sich nicht dauerhaft hier nieder.

1.4 Pilger

Die Nürnberger Pilger in Venedig waren unter den Personen aus der fränkischen Reichs- stadt die Gruppe mit der geringsten „Eintauchtiefe“100. Wie Hans VI. Tucher, der Älte- re, oder Sebald II. Rieter, die 1479 gemeinsam die Fahrt nach Jerusalem unternahmen, ­jedoch separate Berichte verfassten,101 besuchten sie Venedig meist auf ihrer Reise ins

97 „Hermanus Richt de Norimbergo rogavit cartam Aug. 8), in: Pirckheimer Briefwechsel 1, Nr. 101, comissariam magistro Georgio Iohannis de Norim- S. 335–337, Nr. 104, S. 343–347 u. Nr. 118, S. 385– bergo de confinio Sancti Leonis“ (1415 Feb. 15 m.v. 390. Zu Cuno: Martin Sicherl, Johannes Cuno. Ein = 1416 Feb. 15), ASVe, CIN, b. 227, prot., fol. 213r. Wegbereiter des Griechischen in Deutschland. Zu Heinrich Imhoff: „testibus magister Georgius Eine biographisch-kodikologische Studie, (Studien quondam ser Iohannis de Norimbergo de confinio zum Fortwirken der Antike 9), Heidelberg 1978, Sancti Leonis“ (1419 Jan. 6 m.v. = 1420 Jan. 6), ASVe, S. 45–47. Zu seinem Weggang nach Padua: ebd., CIN, b. 193, prot. 3, fol. 17r. S. 90. Zu den fränkischen Studenten in Padua: 98 Hollberg gab an, dass im Testament des Eberhardus Melanie Bauer, Die Universität Padua und ihre aus Mainz Francesco de Soris als „theotonicus de fränkischen Besucher. Eine prosopographische- Noremberga“ bezeichnet werde. In dem genannten personengeschichtliche Untersuchung, (Nürnber- Testament findet sich jedoch kein entsprechender ger Werkstücke zur Stadt- und Landesgeschichte Vermerk. Möglicherweise handelte es sich um eine 70), Neustadt/Aisch 2012. Vgl. zur Anbindung der Verwechslung der Quellen. Eine entsprechende An- Nürnberger Studenten in Padua an die Nürnberger gabe konnte nicht ausfindig gemacht werden: Holl- in Venedig auch: Kap. III.4.1. berg, Deutsche in Venedig, S. 52. Zum Testament 100 Esch, Der Fremde, S. 35. des Eberhardus: ebd., Nr. 17, S. 287. Zu den Doku- 101 Sebald Rieter, Reisebericht, in: Das Reisebuch der menten des Francesco de Soris: ASVe, CIN, b. 193 u. Familie Rieter, hg. v. Reinhold Röhricht u. Hein- NT, b. 1233–1234. rich Meisner, (Bibliothek des Litterarischen Ver- 99 Zu Endres Kunhofer: A. Dürer aus Venedig an W. eins in Stuttgart 168), Tübingen 1884, S. 36–149; Pirckheimer (1506 Feb. 28), (1506 Mär. 8) u. (1506 Hans Tucher, Die „Reise ins Gelobte Land“ Hans 60 · II. Nürnberger in Venedig

Heilige Land. Manchmal machten sie, wie Sebald I. Rieter 1450, auch auf der Pilgerfahrt nach Rom Station in der Lagunenstadt.102 Venedig hatte das ganze 15. Jahrhundert hin- durch eine maßgebliche Bedeutung als Pilgerstation. Vor allem die Reisenden aus dem Reich nördlich der Alpen nahmen den Weg über die Serenissima. Ludwig Schmugge konstatierte für die erste Hälfte des Jahrhunderts, dass von dort knapp 30 Prozent der meist sozial höher gestellten Pilger kamen.103 Nürnberger Pilger, die ebenfalls in der Regel der Oberschicht angehörten, tauchen in der Überlieferung insbesondere in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts auf. Oftmals reisten sie wie Hans Tucher und Sebald Rie- ter 1479 oder Jörg Pfinzing und Peter Rieter, die sich 1463 unter anderem mit Sebald Gründlach und Gabriel Tetzel auf den Weg machten, gemeinsam nach Jerusalem. Auch der Bericht des Stefan Paumgartner gibt Auskunft darüber, dass an der Pilgerfahrt, die er im Gefolge Herzog Heinrichs von Sachsen 1498 unternahm, mit Sebald und Georg II. Ketzel, Martin Kress, Eustachius Rieter und Christoph und Thomas Löffelholz weitere Nürnberger teilnahmen.104 Aus den Geschlechtern der Rieter und der Ketzel105 begaben sich besonders viele Mitglieder mit Station in Venedig auf Pilgerschaft.106 Auch in der Lagunenstadt blieben die Pilger meist unter Landsleuten und bewegten sich in der Regel nur in einem eng begrenzten Raum. Wie Bernhard von Breydenbach und Felix Fabri107 werden auch die Nürnberger Jerusalemfahrer oftmals bei deutschen

Tuchers des Älteren (1479–1480). Untersuchun- auf den Reisen der Jerusalempilger im späten Mit- gen zur Überlieferung und kritische Edition eines telalter, (historegio 4), Remshalden 2001, S. 36 u. spätmittelalterlichen Reiseberichts, hg. v. Randall S. 67. Herz, (Wissensliteratur im Mittelalter 38), Wies- 104 Pfinzing, Reisebericht, StBN Amb. 28–8°, fol. 5r; baden 2002. Zur Frage der Abhängigkeit vonein- Stefan Paumgartner, Reisebericht: GNM, Biblio- ander: ebd., S. 250–254. Vgl. auch: Werner Para- thek, Hs 369, fol. 35r. Zu Paumgartner: Paravi- vicini (Hg.), Europäische Reiseberichte des späten cini (Hg.), Europäische Reiseberichte 1, Nr. 114, Mittelalters. Eine analytische Bibliographie 1: S. 288–290. Deutsche Reiseberichte, (Kieler Werkstücke D 5), 105 Den Ketzel wurde 1453 für ihre treue Gefolgschaft Frankfurt u. a. 1994, S. 188–194. auf der Pilgerfahrt nach Jerusalem in Venedig 102 Sebald Rieter reiste mit Ruprecht Haller und durch Markgraf Friedrich II. von Brandenburg ein Hans Tucher: Rieter, Reisebericht, 10. Vgl., Para- Wappenbrief verliehen: (1453 Sep. 1), StadtAN, E vicini (Hg.), Europäische Reiseberichte 1, Nr. 42, 13/I-69. S. 108–110. Bereits 1409 wies der venezianische 106 Denke, Venedig; Bernd Roeck, Venezia e la Ger- Senat darauf hin, dass es allgemein bekannt sei, mania: contatti commerciali e stimoli intellettuali, dass aus Venedig „viele Galeeren die Pilger zum in: Il Rinascimento e la pittura del Nord ai tempi Heiligen Grab“ brächten: „Cum ut notum est, hic di Bellini, Dürer, Tiziano, hg. v. Bernard Aikema in Venetiis sint multe galee conducentes peregrinos u. Beverly Louise Brown, Mailand 1999, S. 44–55, ad sanctum sepulcrum“ (1409 Jun. 8), ASVe, Sena- S. 45. to, Deliberazioni, Misti, reg. 48, fol. 85r. Vgl. auch 107 Breydenbach wohnte bei dem Frankfurter Peter Fedalto, Minoranze straniere, S. 156. Meist reiste Ugelheimer, Fabri im Gasthaus zum Heiligen Ge- man auf der Hin- und Rückfahrt über die Stadt. org: Felix Fabri, Evagatorium in Terrae Sanctae, 103 Schmugge, Deutsche Pilger, S. 100. Jörg Pfinzing Arabiae et Egypti Peregrinationem 1, hg. v. Konrad reiste nur auf der Rückfahrt über Venedig: Jörg Dietrich Hassler, Stuttgart 1843, S. 83 u. Bernhard Pfinzing, Reisebericht: StBN Amb. 28–8°, fol. 15r. Breydenbach, Peregrinatio in terram sanctam. Zum sozialen Stand der Pilger, zu Zahl und Zeiten: Frühneuhochdeutscher Text und Übersetzung, hg. Andrea Denke, Venedig als Station und Erlebnis v. Isolde Mozer, Berlin 2010, fol. 11r, S. 54–55. 1. Träger der Beziehungen · 61

Wirten Unterkunft gefunden haben. Seltener war wohl ein Aufenthalt im Fondaco dei Tedeschi. Sebald II. Rieter und Hans VI. Tucher gehören zu den wenigen, die Entspre- chendes berichteten. Während Hans Tucher laut seinem Begleiter „in seiner kamer“, also wohl einer Kammer der Familie Tucher, nächtigte, kam Rieter selbst „in Peter Imhoff kammer, dy öttwo der Mendel gewest“, unter.108 Die engen Verbindungen untereinander und die große Nürnberger Präsenz in Venedig kamen auch den Pilgern zugute. Ob die Nürnberger Jerusalemfahrer hauptsächlich mit anderen Deutschen verkehrten oder ob die Kontakte zu Einheimischen über die meist venezianischen Dolmetscher, die sie für den Aufenthalt im Heiligen Land anheuerten, hinausgingen,109 berichten ihre Schriften nur selten. Hans Tucher hatte als Mitglied einer in Venedig aktiven Handelsfamilie auch zu Venezianern Kontakt und konnte sich diese Verbindungen während der Reise zu Nut- ze machen. Er und Sebald Rieter erhielten aufgrund der Beziehungen Tuchers im Fonda- co in Alexandria bei den dort lebenden venezianischen Kaufleuten Quartier. Tucher war mit einigen anwesenden Händlern „vil wol bekantt“.110 Die Dauer des Aufenthalts in Venedig hing von der Abfahrt der Galeeren ab, auf denen die Pilger ins Heilige Land gebracht wurden. Sebald Rieter und Hans Tucher ver- brachten „drey wochen vnd zwen tag zu Venedig“.111 Auch die Gruppe um Heinrich von Sachsen hielt sich mehrere Tage in der Stadt und ihrer Umgebung auf.112 Mit Besich- tigungen und den notwendigen Erledigungen für die Reise vertrieben sich die Pilger die Zeit. Über eine mögliche Abwicklung von Handelsgeschäften wird nichts berichtet. Die Aushandlung des Vertrags mit dem Patron eines Schiffs war das wichtigste Vorha- ben in Venedig. Hierzu gab Hans Tucher ausführliche Hinweise.113 Die Kosten betrugen laut Sebald Rieter für die Reise „piss gen Jerusalem“ 24 Dukaten. Rieters Bericht verwies auch darauf, dass man sich bei der Wahl des Patrons auf die Erfahrung der Vorgänger und Vertrauten verließ: Mit Agostino Contarini hätten er und seine Begleiter denselben

108 Rieter, Reisebericht, S. 37. Tucher selbst verwies Tage später aus Venedig abfahren: Paumgartner, nur auf den Aufenthalt „jm Deutschen Hauß“, Pilgerbericht, GNM, Bibliothek, Hs 369, fol. 5r. Ge- ohne diesen weiter zu spezifizieren: Tucher, „Reise nauere Angaben über die Aktivitäten gibt Paum- ins Gelobte Land“, S. 341. Zu den Kammern der gartner nicht. Familien im Fondaco: Kap. II.2.3.3. 113 Tuchers Bericht diente von Anfang an der Veröf- 109 Denke, Venedig, S. 44 u. S. 54. fentlichung, die parallele Beschreibung Sebald II. 110 Teilweise hatten die Pilger Empfehlungsschreiben Rieters nur dem Privatgebrauch: Randall Herz, Die aus Venedig mitbekommen: „namen unss dy Ve- „Reise ins Gelobte Land“ Hans Tuchers des Älteren nediger kaufleut mit unserm gerett auff in dem (1479–1480). Untersuchungen zur Überlieferung grossen Fontigo […] wann wir vil furdrung brieff und kritische Edition eines spätmittelalterlichen von irn freunten von Venedig an sy hetten, auch Reiseberichts, (Wissensliteratur im Mittelalter 38), Hans Tucher mit in vil wol bekantt was.“ Rieter, Wiesbaden 2002, S. 256. Der Nürnberger Patrizier Reisebericht, S. 122. riet seinen Lesern auch, sich wegen der Schnellig- 111 Tucher, „Reise ins Gelobte Land“, S. 344; sowie: keit und des Komforts trotz des höheren Preises Rieter, Reisebericht, S. 38. Bei der Abrechnung gibt lieber auf einer Galeere als auf einer nave einzu- Rieter drei Wochen, 3 Tage an: ebd., S. 140. schiffen: Tucher, „Reise ins Gelobte Land“, S. 631 112 Die Pilger bestiegen am 21. Juni 1498 die Schiffe, u. S. 636–638. konnten jedoch aufgrund des Wetters erst zwei 62 · II. Nürnberger in Venedig

Patron gewählt, wie schon sein Vater Sebald fünfzehn Jahre zuvor.114 Daneben mussten die Pilger viele Einkäufe tätigen, um sich für die Fahrt und den Aufenthalt im Heiligen Land auszurüsten. Neben Nahrungsmitteln führte Hans Tucher verschiedene notwendi- ge Gegenstände wie Schreibzeug, Hausrat, Taschen, geeignete Kleidung und Decken auf. Die Medikamente, die der Patrizier bereits aus der Vaterstadt mitgebracht hatte, wurden durch weitere Arzneien ergänzt. Diese ließ er sich anhand der Rezepte anfertigen, die er von dem Nürnberger Arzt und Humanisten Hartmann Schedel erhalten hatte und meist aus in Venedig erhältlichen orientalischen Gewürzen gemischt wurden.115 Laut Sebald Rieter beliefen sich die Kosten für die verschiedenen in Venedig getätigten Ausgaben auf 110 Dukaten.116 Ebenso wie bei der Aufzählung der Einkäufe117 gleichen die Berichte der Nürnberger bei der Gestaltung ihres Venedig-Aufenthalts denjenigen anderer deutscher Pilger. Sie gaben lediglich Auskunft über Besichtigungen, nicht jedoch über weitere Ereignisse oder Erlebnisse. Parallel zu sonstigen Berichten wurden bei Sebald Rieter, Hans Tucher und Stefan Paumgartner nacheinander die Kirchen von San Giorgio Maggiore, Santa Elena, San Nicolò del Lido, das Kloster der Cruciferi, die Kirchen von Santa Marina, Santa Lucia, San Zaccaria und schließlich die Basilika von San Marco erwähnt. In San Marco erweckte der dortige Schatz deutlich größere Aufmerksamkeit als die Gebeine des Evan- gelisten.118 Den Besichtigungen in der Stadt folgte ein Ausflug nach Murano. Torcello wurde bei Tucher und Rieter, nicht aber von Paumgartner erwähnt. Die Fahrt nach Padua und der Besuch der Antonius-Reliquie waren jedoch auch für ihn obligatorisch. Die be- schriebenen Besichtigungsprogramme der Pilger glichen sich bis auf wenige Ausnahmen bis ins Detail119 und lassen die Frage offen, inwieweit es sich um wirklich Erlebtes oder um toposhafte Aufzählungen handelte. Äußerungen über die Faszination, die die Pracht und die besondere topographische Situation Venedigs bei den Besuchern möglicherweise auslösten, lassen sich nicht finden. Einzig einige Abbildungen der Stadt sind in den Handschriften der Texte von Gabriel Muffel aus dem Jahre 1465 und bei Stefan Paumgartner enthalten.120 Das große „Stau-

114 Rieter, Reisebericht, S. 37 u. S. 138. Zu den Kosten unterschiedlichen Kirchen und anderer Sehens- für die Galeere: ebd., S. 138. würdigkeiten in der Stadt und ihrem Umland fes- 115 Tucher, „Reise ins Gelobte Land“, S. 486–488. Die ten Beschreibungsformen und wurde oftmals von- ausführliche Liste: ebd., S. 624–635. einander kopiert: Herz, „Reise ins Gelobte Land“, 116 Rieter, Reisebericht, S. 138–141. S. 250–256. 117 Denke, Venedig, S. 82–88. 120 Zum Pilgerbericht Muffels im Codex Egerton 1900 118 Hierzu auch: Denke, Venedig, S. 132. des British Museum: Reinhold Röhricht, Deutsche 119 Zu den Sehenswürdigkeiten in Venedig und Pa- Pilgerreisen nach dem Heiligen Land, Innsbruck dua: Breydenbach, Peregrinatio in terram sanctam, 1900, S. 133. Paumgartner, Pilgerbericht, GNM, fol. 13rv, 64–67 u. fol. 13v–14r, S. 66–69; Rieter, Bibliothek, Hs 369. Dabei ist jedoch unklar, ob die Reisebericht, S. 39–40; Tucher, „Reise ins Gelob- Abbildungen von den Reisenden selbst stammten te Land“, S. 347–349; GNM, Bibliothek, Hs 369, oder später hinzugefügt wurden. fol. 3r–5r. Wahrscheinlich folgte die Auflistung der 1. Träger der Beziehungen · 63 nen“, das die „ruhmreiche, große, kostbare und vornehme Stadt Venedig“ mit ihren ho- hen Türmen, erhabenen Kirchen und bewundernswerten Bauten zum Beispiel bei dem Ulmer Mönch Felix Fabri hervorrief,121 äußerten die Nürnberger nicht. Ebenso wenig stellten sie die Besonderheit Venedigs als Stadt im Meer ohne Stadtmauern heraus, die von den deutschen Pilgern sonst betont wurde. Auch andere Elemente des Mythos Ve- nedig, wie die gute Verfassung, der Friede und die Einigkeit der Stadt, ihr Alter oder ihre trojanische Abstammung, die Breydenbach seinen Lesern ausführlich darlegte,122 thematisieren die Berichte der Nürnberger nicht. Einzig bei der Beschreibung des Schat- zes von San Marco betonten auch sie den außergewöhnlichen Reichtum. Ihre Reisebe- richte geben so keinen Eindruck ihrer persönlichen Wahrnehmung der Stadt. Sie stehen vielmehr in einer Tradition von Pilgerberichten und deren topischen Ortsbeschreibung. Möglicherweise kam hinzu, dass ihnen Venedig und seine Besonderheiten aus eigener Anschauung oder aus den Berichten ihrer Verwandten und Freunde zumindest dem Hö- ren nach vertraut waren. Vielleicht hielten sie eine Beschreibung auch nicht für nötig, da die intensive Venedig-Erfahrung breiter Teile der Nürnberger Oberschicht, die auch die maßgeblichen Rezipienten der Reiseberichte waren,123 ausführliche Schilderungen der Lagunenstadt nicht nötig machte. Anleitungen für Einkäufe oder Schiffsverträge erschie- nen sinnvoller als eine Beschreibung der Stadt und ihrer Wunder.

1.5 Träger der Beziehungen – Resümee

Venedig hatte für die Zuwanderer und Besucher unterschiedlichster Veranlassung, Pro- fession und Herkunft eine große Anziehungskraft. Auch unter den Personen aus der fränkischen Reichsstadt herrschte eine ausgesprochene Heterogenität im Hinblick auf ihre Berufe, ihre Motive und die Dauer ihres Aufenthalts. Die stete Fluktuation und die gleichzeitige kontinuierliche Immigration neuer Zuwanderer124 stärkten die Nürnberger Präsenz, erneuerten sie und gaben ihr so eine ausgesprochene Dynamik. Unter den über 400 Nürnbergern, die sich für die Zeit zwischen 1400 und 1530 in Venedig nachweisen lassen, können vor allem Kaufleute ausgemacht werden, wobei dies auch auf die Überlieferungssituation zurückzuführen ist. Beim Großteil der Händler, die in die Stadt kamen, handelte es sich um Personen, die im Fondaco dei Tedeschi abstie-

121 „[…] ante oculos habuimus inclytam civitatem, 122 Breydenbach, Peregrinatio, fol. 14r–16v, 68–81. magnam, pretiosam et nobilem Venetiarum, maris Barbara Marx, Venedig – ‚altera Roma‘. Trans- magni dominam, in aquis mirabiliter substitentem, formationen eines Mythos, in: QFIAB 60 (1980), cum altissimis turribus et excelsis ecclesiis, et do- S. 325–373. mibus ac palatiis eminentibus. Et erat nobis stupor 123 Vgl. Herz, „Reise ins Gelobte Land“, S. 193–195 u. videre tam gravissimas moles et altas structuras in S. 276. aquis constitutas.“ Fabri, Evagatorium 1, S. 83. 124 Braunstein, Minoranza tedesca, S. 104; sowie: ders., Kollektivitätsidentität, S. 411. 64 · II. Nürnberger in Venedig gen und ihren Handel trieben. Sie kamen oftmals aus der Nürnberger Oberschicht und blieben meist nur zeitweise in Venedig. Erst gegen Ende des 15. Jahrhunderts finden sich zunehmend Personen wie Franz Hirschvogel, Anton Kolb oder Albrecht Heugel, die sich dauerhaft in der Stadt niederließen. Für viele Nürnberger Kaufleute war sie Aus- bildungsort, Finanzplatz und wichtiger Handelsplatz. Daneben fanden sich jedoch auch Händler wie Sinibaldo Rizzo, die nach Venedig immigrierten und dort zumindest teil- weise unabhängig vom Fondaco und den Nürnberger Handelsstrukturen agierten. Auch die meisten Nürnberger Handwerker kamen für immer in die Stadt. Unter ihnen lassen sich nicht nur Bäcker und Schuster und damit Mitglieder der Berufsgruppen, die unter den deutschen Gewerbetreibenden in Italien generell dominierten, nachweisen, sondern viele weitere Professionen. Auch sie scheinen in Venedig in guten sozialen Verhältnissen gelebt zu haben. Sie waren geprägt durch die Verankerung im handwerklichen Umfeld, die Einbindung in ihre Nachbarschaft und in landsmannschaftliche, gleichzeitig aber auch venezianische Institutionen. Wie für die Gewerbetreibenden wurde auch für die vielen anderen Gruppen deutscher Zuwanderer, ob Bedienstete, Gelehrte oder Religio- se, die Stadt zum neuen Lebensort. Nach Venedig als intellektuellem und touristischem Zentrum kamen hingegen unterschiedliche Besucher aus der fränkischen Reichsstadt, oftmals Studenten, vor allem aber Pilger. Die Heterogenität bei Beruf, Dauer und Moti- ven ihres Aufenthalts erwies sich als ausschlaggebend für die Einbindung und Integra­ tion der Nürnberger in venezianische wie in landsmannschaftliche Gesellschaftsteile und Strukturen.125 Nur in ihrer geographischen Verteilung ergab die Nürnberger Präsenz in Venedig ein geschlosseneres Bild. Zwar fanden sich überall in der Stadt Personen aus der Reichsstadt,126 neben den Kaufleuten lebten jedoch auch die meisten anderen Nürnberger im engeren oder weiteren Umkreis des Fondaco. Die enge geographische Anbindung der Nürnberger an das Handelshaus blieb, auch wenn sie nicht selbst Kaufleute waren, den ganzen Untersuchungszeitraum über konstant stark.

2. Strukturen der Nürnberger Präsenz in Venedig

2.1 Handwerkliche Ausbildung

Die handwerkliche Ausbildung in Venedig diente in der Regel dazu, den erlernten Beruf auch dort auszuüben. Die wenigen Quellen zu Nürnberger Handwerkern in der Lagu- nenstadt geben jedoch äußerst selten zu erkennen, ob die in Venedig tätigen Personen bereits mit ihren Kenntnissen in den Süden kamen oder diese erst dort erwarben. Bei

125 Hierzu: Kap. II.3.1. pen in Venedig konstatierte, dies könnte aber auch 126 Es finden sich zwar „weiße Flecken“, die Braunstein an der Überlieferungssituation liegen: Braunstein, für die Zuwanderer aus dem Reich nördlich der Al- Minoranza tedesca, S. 104. 2. Strukturen der Nürnberger Präsenz in Venedig · 65

Nürnbergern, deren Väter bereits nach Venedig migriert waren, ist von einer dortigen Ausbildung auszugehen. Jedoch ist auch die Anwesenheit in der Stadt in zweiter Gene- ration meist nicht eindeutig zu belegen, sondern aufgrund der Personenangaben nur anzunehmen. So lässt der Umstand, dass die Angabe der Herkunftsstadt hinter dem Na- men des Vaters und nicht dem eigenen Namen angeführt wird, vermuten, dass es sich bei dem Schüsselmacher „Salvator quondam Sinibaldi de Nurinberg“, der 1447 sein Tes- tament ausstellte, um einen venezianischen Nürnberger in zweiter Generation handelte, der dementsprechend in Venedig in seinem Handwerk ausgebildet worden war.127 Auch bei dem Schnitzer Johannes, der möglicherweise ebenfalls aus der fränkischen Reichs- stadt stammte, lässt eine entsprechende Formulierung eine Lehre in der Serenissima annehmen.128 Der Kürschnermeister Peter Burgener, dessen Vater Johannes gleichfalls aus Nürnberg kam, ging wahrscheinlich ebenfalls in Venedig in die Lehre, wo er in der Pfarrei von San Zulian 1461 seinen letzten Willen verfasste.129 Ebenso wenig wie klare Auskünfte darüber, ob ihre Protagonisten in Venedig tatsäch- lich ausgebildet wurden, geben die Quellen Hinweise über den genauen Ablauf der Lehre. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die deutschen Lehrlinge wie ihre venezianischen Kollegen in die Strukturen ihrer Handwerke eingegliedert waren. In der Regel setzten sich die einzelnen Botteghe aus Lehrlingen, Arbeitern und Meistern zusammen, wobei meist nur zwei Lehrlinge angestellt werden durften. Über ihren Herren konnten sie in die arte, eine Art Zunft, ihres Handwerks eingegliedert werden, ohne dabei vollwertige Mitglieder zu sein.130 Gerade in den Berufen, die mehrheitlich von Personen aus dem Reich nördlich der Alpen ausgeübt wurden, waren sie neben dieser Eingliederung in ihren Berufsstand auch in ein deutschsprachiges Umfeld eingebunden. Die Lehre, die sie normalerweise im Alter von 13 bis 15 Jahren begannen und während der sie im Hause ihrer Herren lebten umfasste meist zwischen fünf und sieben Jahren.131 Ausführlichere Informationen geben hingegen die Quellen zu Handwerkern, die nach einer meist kürzeren Lehrzeit in Venedig in den Norden zurückkehrten und in der Nürnberger Überlieferung Spuren hinterließen. Als der Hafner Oswald Reinhardt 1531 seine Zusammenarbeit mit seinem Berufskollegen Hanns Nickel beendete und Augustin Hirschvogel als seinen Nachfolger einstellte, trat Letzterer auch für Reinhards Teil an der gemeinsamen Schuld beim Rat für eine zweijährige Bürgschaft ein. Diese hatten Nickel

127 (1447 Jun. 18), ASVe, NT, b. 560, Nr. 75. Vgl.: Holl- 130 Sie hatten beispielsweise das Recht auf eine gewisse berg, Deutsche in Venedig, Nr. 107, S. 291. Kündigungsfrist: Richard Mackenney, Tradesmen 128 Die Herkunftsangabe ist nicht eindeutig identifi- and Traders. The World of the Guilds in Venice zierbar, es könnte sich aber um Nürnberg handeln: and Europe, c. 1250-c.1650, Totowa 1987, S. 22– „de Normerigo partibus Alemanie“ (1453 Sep. 11), 23. Zur Zusammensetzung der botteghe: Salvato- ASVe, NT, b. 1238, Nr. 321. Vgl.: Hollberg, Deut- re Ciriacono, Industria e artigianato, in: Storia di sche in Venedig, Nr. 120, S. 292. Venezia 5: Il Rinascimento. Società ed economia, 129 (1460 Feb. 5 m.v. = 1461 Feb. 5), ASVe, NT, b. 360, hg. v. Alberto Tenenti u. Ugo Tucci, Rom 1996, prot., Nr. 102, fol. 72r. S. 523–592, S. 533. 131 Mackenney, Tradesmen and Traders, S. 21. 66 · II. Nürnberger in Venedig und Reinhardt „zu treybung und machung irer kunst der Venedischen arbait mit dem schmeltzen und glaßwerck“ erhalten. Weiterhin wolle der ausgeschiedene Handwerker gemeinsam mit seinem ehemaligen Partner den jungen Hirschvogel in „berurte arbeit ge- threwlich und mit allem vleis lernen und unnderweisen“ und versprach, „keinen anndern ausserhalb seiner kynnder berurte arbeit [zu] lernen“. Nickel und Hirschvogel verpflich- teten sich im Gegenzug, „keinen anndern on des Reinharts willen und wissen gedachte kunst auch nit [zu] lernen oder underweissen“.132 Das hier offensichtlich als äußerst kost- bar eingestufte Wissen hatten Nickel und Reinhardt in der Lagunenstadt erworben, wie die kurz zuvor getätigte Rückzahlung eines Kredits zeigt, „so er inen verschinner zeit zu Venedig“ von Hieronymus Reich gewährt worden war.133 Bei dieser Lehrzeit handelte es sich wohl um eine Weiterbildung im Gebrauch der verfeinerten Techniken des venezia- nischen Glas- und Keramikhandwerks, dessen Erzeugnisse auch im Norden sehr gefragt waren.134 Das Glashandwerk hatte sich im Laufe des Mittelalters als eines der bedeutends- ten venezianischen Gewerbe etabliert. Seine Erzeugnisse waren technisch zunehmend verfeinert worden und hatten sich zu einem wichtigen und auch im restlichen Europa besonders beliebten Produkt der venezianischen Fabrikation entwickelt.135 Bereits früh waren auch Personen von außerhalb Venedigs in der Glasproduktion tätig, wobei sich mit der zunehmenden Veredelung der Techniken die Abschottungstendenzen gegenüber Fremden verstärkten. Sie durften zwar weiterhin das Handwerk ausüben, nicht aber seine Feinheiten wie beispielsweise die Produktion von Cristallo.136 Die Angst stieg, dass sich das wertvolle Wissen außerhalb der Stadt verbreite und ihr lukratives Monopol gefähr- de.137 Auch Hanns Nickel und Oswald Reinhardt hatten sich ihr Wissen wohl im di- rekten Mitvollzug der Techniken angeeignet. Ihre gemeinsame Anwesenheit in Venedig

132 (1531 Dez. 27), StadtAN, B 14/II-33, fol. 27r. Zur Venice. The Fragile Craft, Aldershot u. a. 1999, u. a. Bürgschaft auch: (1531 Mär. 1), StadtAN, B 14/II- S. 142–156. 32, fol. 65v. 135 Vgl. u. a. McCray, Glassmaking. Vgl. auch: Ciriaco- 133 (1531 Mär. 1), StadtAN, B 14/II-32, fol. 65v. Bei Hi- no, Industria e artigianato, S. 569. eronymus Reich handelte es sich wohl um den Vet- 136 Verordnung des Dogen 1469: „Che i ter Thomas Reichs, der auch mit Linhart Tucher potessero essere ammessi nell’arte se domiciliati im Kontakt stand: StadtAN, E 29/IV, Nr. 868–869 (con famiglia) a Murano, ma soltanto i muranesi u. Nr. 1442. nativi potessereo lavorare .“ Zit. nach: 134 Im Gegensatz zur Behauptung Stengels kann da- Luigi Zecchin, Vetro e vetrai di Murano. Studi sulla von ausgegangen werden, dass die Hirschvogel storia del vetro 2, Venedig 1990, S. 35. Kenntnisse im Glashandwerk erlernten, zumal 137 Vgl. die Beschwerden 1501, dass sich „ultramon- entsprechende Produkte aufgrund ihrer großen tani, Genuesen[,] Florentiner und Personen aus Beliebtheit auch nördlich der Alpen lukrative Ge- anderen fremden Orten“, die in Murano gearbeitet schäfte versprachen. Walter Stengel, Neue Beiträge hätten, bei der Rückkehr in ihre Herkunftsregio- zur Lösung der Hirschvogel-Frage, in: Kunst und nen auch die neuartigen Techniken mitgenommen Kunsthandwerk 16 (1913), S. 467–489, S. 467. Vgl. hätten: Luigi Zecchin, Vetro e vetrai di Murano. hierzu und zu venezianischen Majolikaprodukten Studi sulla storia del vetro 1, Venedig 1987, S. 230. in Nürnberg: Kap. III.2.3 u. III.6. Zu den Entwick- Zum Problem der Verbreitung auch: McCray, lungen im venez. Glasgewerbe im 15. Jahrhundert: Glassmaking, S. 150. W. Patrick McCray, Glassmaking in Renaissance 2. Strukturen der Nürnberger Präsenz in Venedig · 67 legt nahe, dass sie vor ihrem Aufenthalt dort ihre grundständige Ausbildung im Norden erfahren hatten und bereits geschäftlich miteinander in Verbindung gestanden waren. Wie bei Nickel und Reinhardt waren die meisten Handwerker, die sich zur Weiter- bildung und zum Erwerb spezifischer Kenntnisse ihres Gewerbes nur kurzfristig in der Stadt aufhielten, in der Produktion von Luxusgütern tätig. Das Wissen um die Existenz entsprechender Techniken erhielten die Nürnberger Produzenten wohl auch durch die Waren, die die Kaufleute aus Venedig mitbrachten. Dass die Händler selbst Interesse daran hatten, lukrative venezianische Produktionstechniken in ihrer Vaterstadt zu etab- lieren, verdeutlicht Christoph I. Scheurls Versuch, in Venedig das Handwerk der Seifen- herstellung zu erlernen. Auch bei der Seife handelte es sich um ein wichtiges Erzeugnis des venezianischen Gewerbes, das wie die Glasproduktion von der Regierung streng re- guliert wurde.138 Die zunehmenden Probleme mit seinen Geschäften waren für Scheurl möglicherweise der Grund für ein Interesse an anderen Betätigungsfeldern. Bei dem Ver- such, sich das Wissen des Seifengewerbes anzueignen, war er allerdings nicht erfolgreich. Seine Bemühungen wurden durch widrige Umstände vereitelt: Sein „mayster“ wurde von dessen Knecht ermordet.139 Ebenso wie bei Hanns Nickel und Oswald Reinhardt ist auch bei Scheurl davon aus- zugehen, dass es sich bei seinem Ausbilder um einen Einheimischen handelte. So muss- ten die Handwerker, die nur zeitweise nach Venedig kamen, wohl die italienische Sprache erlernen. Meist taten sie dies vor Ort, wie Albrecht Dürers Aussage gegenüber seinem humanistischen Freund Willibald Pirckheimer nahelegt. Der Maler hätte gern seinen Bruder nach Venedig geholt, da dieser „im nücz gewest [und] auch der sprach halben zw leren.“ Die venezianischen Passagen in den Briefen des Malers verdeutlichen, dass er selbst entsprechende Fähigkeiten besaß.140 Bei Nickel und Reinhardt ist darüber hinaus auch der Ort ihrer Lehrzeit mit großer Wahrscheinlichkeit bestimmbar. Sie werden ihre Kenntnisse wohl auf der Glasbläserinsel Murano erworben haben, auf die das Handwerk im Laufe des Mittelalters ausgelagert worden war.141 Dabei blieben sie alle eng auf die deutsche und Nürnberger Gemeinschaft in Venedig und den Fondaco bezogen. Chris- toph I. Scheurl war als Kaufmann, der hier eine eigene Kammer besaß,142 zwangsläufig

138 Ciriacono, Industria e artigianato, S. 567. wechsel 1, Nr. 118, S. 385–390 u. Nr. 122, S. 415– 139 „Anno 1489 wolt er zw Venedig lernen sayffensie- 422. Der Behauptung Reickes, der erste Brief sei den, unnd dy khunst heraus bringen, in dem ward „[r]adebrecht Italienisch“, ist nur bedingt zuzu- der mayster vonn seynem khnecht ermord.“ Ar- stimmen, da es sich zum großen Teil vielmehr um chiv Scheurl, Cod. AB, fol. 107rv. Hier führt Chris- eine wörtliche Niederschrift des venezianischen toph II. auch weitere angestrebte Betätigungsfelder Dialekts handelt: ebd., S. 385. Zu Dürers Bruder seines Vaters auf. Es ist davon auszugehen, dass er Hans: (1506 Apr. 2), in: ebd., Nr. 108, S. 351–355, dies neben seinen Handelsgeschäften, für die er S. 353. Grebe, Albrecht Dürer, S. 71. sich in der Stadt aufhielt, tat und nicht gesondert 141 Vgl. u. a.: Luzzatto, Storia economica, S. 198. nach Venedig kam. 142 Archiv Scheurl, Cod. AB, fol. 83r. 140 A. Dürer aus Venedig an W. Pirckheimer (1506 Aug. 18) u. (1506 Sep. 8), in: Pirckheimer Brief- 68 · II. Nürnberger in Venedig auf das Handelshaus ausgerichtet. Nickel und Reinhardt nutzten die dortigen Möglich- keiten, um ihre finanzielle Situation zu verbessern. Ob sie Hieronymus Reich, bei dem sie sich 50 Rheinische Golddukaten liehen,143 noch aus Nürnberg kannten oder ob sich der Geschäftskontakt erst in Venedig ergeben hatte, bleibt offen. Auch Dürer war eng mit dem Handelshaus verbunden und erhielt einen Großteil seiner Aufträge in Venedig, allen voran den zum Rosenkranzfest, von den dortigen Händlern. Anders als seine Mitbürger Oswald, Nickel und Scheurl ging der Nürnberger Maler in Venedig nicht bei einem Berufskollegen in die Lehre. Die Motive Dürers für seine ein oder zwei Aufenthalte in Venedig sind im Gegensatz zu denen der meisten anderen Nürnberger, die zeitweise dorthin kamen, um ihre Handwerkstechniken zu verfeinern oder die lukrativen venezianischen Produktionsweisen zu erlernen, weniger eindeutig.144 Der Wunsch, die italienische Renaissance-Malerei mit ihrer die Antike rezipierenden Darstellungsweise von Formen und Motiven kennenzulernen, dürfte dabei aus unter- schiedlichen Gründen eine Rolle gespielt haben. Wie bei den anderen Handwerkern werden für Dürer die wirtschaftlichen Vorteile entsprechender Kenntnisse im Norden wichtig gewesen sein. Trotz seines guten Rufs als Graphiker und des italienischen Inter- esses an den nördlichen Motiven und Darstellungsformen145 musste er die Renaissance- Malerei darüber hinaus auch erlernen, um während seiner venezianischen Zeit in der Lagunenstadt selbst konkurrenzfähig zu bleiben.146 Vor allem aber werden sein Interesse und sein künstlerischer Anspruch ausschlaggebend gewesen sein. In Venedig hatte sich in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts eine Malschule herausgebildet, die auch zu Florenz in Konkurrenz treten konnte.147 Zwar stand Dürer einem Großteil der venezi- anischen Maler negativ gegenüber, gleichzeitig verdeutlichen die Briefe an Pirckheimer jedoch seine Verehrung für sie und ihre Kunst. Gerade über äußerte er sich lobend. Die Werke Dürers zeigen einen starken Einfluss des venezianischen Malers, ohne dass es Hinweise auf eine direkte Unterweisung durch Bellini gibt.148 Dessen Bruder

143 (1531 Mär. 1), StadtAN, B 14/II-32, fol. 65v. Grebe, Dürer, S. 182–184, S. 201–203 u. S. 234– 144 Vgl. hierzu u. a. Böckem, die als Hauptgrund den 238. Broterwerb angab, oder Matthew, die die Besor- 146 Erst mit der Fertigstellung des Rosenkranzfestes gungen für Pirckheimer und künstlerische Moti- scheint er auch im venezianischen Umfeld die ve vermutete: Böckem, Dürer und Italien, S. 58; Anerkennung bekommen zu haben, die er sich er- Matthew, Esperienze veneziane, S. 60. Schauerte, hoffte: Stolz berichtete er von dem Lob der venezi- Dürer, S. 55–59. anischen Maler, die vorher gesagt hatten, „im mo- 145 Vor allem die Darstellung von Stofflichkeit und len west [er] nit mit farben vm zw gen.“ A. Dürer Oberflächen weckte das Interesse der Italiener. aus Venedig an W. Pirckheimer (1506 Sep. 8), in: Zum Interesse an nordischer Malerei: Terisio Pirckheimer Briefwechsel 1, Nr. 122, S. 415–422, Pignatti, The relationship between German and S. 416. Vgl. auch Grebe, Albrecht Dürer, S. 74. ­Venetian painting in the late quattrocento and 147 Martin, Venedig-Aufenthalt oberdeutscher Maler, early cinquecento, in: Renaissance Venice, hg. v. S. 24. John R. Hall, London 1973, S. 244–273, S. 244. 148 A. Dürer aus Venedig an W. Pirckheimer (1506 Zur Wechselbeziehung: Aikema u. Brown, Ri- Feb. 2), in: Pirckheimer Briefwechsel 1, Nr. 98, nascimento a Venezia. Vgl. zur Rezeption auch: S. 319–326, S. 320. 2. Strukturen der Nürnberger Präsenz in Venedig · 69

Gentile ließ den Nürnberger offenbar seine Gemälde und vor allem Skizzen studieren.149 Den größten Teil seiner Kenntnisse in der neuen Formensprache erlernte Dürer wohl durch das Studium und die Nachahmung der Werke anderer. Wohl nur selten wurde er direkt von einem Malerkollegen in die Techniken der italienischen Renaissancemalerei eingeführt, wie dies der wahrscheinlich aus Venedig stammende Maler Jacopo de’Barbari tat, der Dürer die Darstellung der menschlichen Proportionen lehrte.150 Der Nürnberger zeigte sich mit seinem Lehrer Barbari allerdings nicht zufrieden. In der Widmungsrede zur Proportionslehre an Pirckheimer wirft Dürer dem Venezianer vor, ihm die Geheim- nisse der menschlichen Proportionen und die Kunst ihrer Darstellung nicht in Gänze dargelegt zu haben. Möglicherweise handelte der Venezianer aus Angst vor einer allzu großen Konkurrenz Dürers zurückhaltend.151 Die Kenntnis um die Formen und Techniken der Renaissancemalerei war südlich wie nördlich der Alpen ein wertvolles Wissen, das sich neben dem Ansehen auch öko- nomisch, also in konkreten Aufträgen, niederschlug152 und das es so auf einen kleinen Kreis begrenzt zu halten galt. Die strengen Vorschriften der Serenissima zur Bewahrung des Geheimnisses ihrer Glasproduktion und die damit einhergehende Exklusivität ihres Wissens vergrößerten dessen Wert noch. Dass die Fertigkeiten in bestimmten Hand- werkstechniken als wirtschaftliches Kapital angesehen wurden und Verschwiegenheit verlangten, zeigt sich auch in den Vereinbarungen zwischen Oswald Reinhardt, Hanns Nickel und Augustin Hirschvogel. Sie verpflichteten sich, die in Venedig erworbenen Kenntnisse innerhalb ihres engen Kreises geheim zu halten. Auch vereinbarten die bei- den Nürnberger Hafner, nicht miteinander in Konkurrenz zu treten oder die Produkte ohne Absprache mit dem anderen zu veräußern.153 Das Wissen an die eigenen Kinder zu tradieren, war jedoch selbstverständlich.154 So konnte das wirtschaftliche Kapital auch in der nächsten Generation erhalten werden. Viel stärker als bei den dauerhaft nach Vene- dig migrierten Nürnbergern waren die im Süden erworbenen Kenntnisse und Techniken

149 Zu Giovanni Bellini: Panofsky, Albrecht Dürer, Alan Levenson, Jacopo de’Barbari and Northern S. 47; Pignatti, German and Venetian painting, Art in the early Sixteenth Century, Ann Arbor, v. a. S. 257–266; Grebe, Albrecht Dürer, S. 77. Zu 1978, S. 6. Gentile: Jürg Meyer zur Capellen, Gentile Bellini, 152 Zum möglichen Angebot der Signoria für eine An- Stuttgart 1985, S. 20. stellung: Grebe, Albrecht Dürer, S. 79. 150 „Idoch so ich keinen find, der do etwas beschriben 153 „unnd er derselben arbeit auff offen marck nit fayl hett, van menschlicher mas zu machen, dan einen haben oder ausser seins hauss nicht verkauffen soll man, Iacobus genent, van Venedig geporn […]. noch woll, weder wenig oder vil“; (1527 Dez. 27), Der wies mir man und weib[.]“ Widmungsrede zur StadtAN, B 14/II-33, fol. 27r. Proportionenlehre, in: Pirckheimer Briefwechsel 6, 154 „Derhalben und darinnen geverlich nichtzit ver- Nr. 975.3, S. 28–29, S. 29. hallten ine furdern und nit hindern, auch mitler 151 „Dan mir wolt diser forgemelt Iacobus seinen zeit er Reinhard keinen anndern, ausserhalb seiner grunt nit klerlich an czeigen: das merkett ich woll kynnder, berurte arbeit lernen.“ (1531 Dez. 27), an im.“ Widmungsrede zur Proportionenlehre, in: StadtAN, B 14/II-33, fol. 27r. Auch Augustin Pirckheimer Briefwechsel 6, Nr. 975.3, S. 28–29, Hirschvogel und Hanns Nickel verpflichteten sich S. 29. Zum möglichen Konkurrenzdenken: Jay gegenseitig darauf: (1532 Mai 15), ebd., fol. 100v. 70 · II. Nürnberger in Venedig für die Handwerker ein besonderes Wissen, die speziell zur Verfeinerung ihrer bereits vorhandenen Fähigkeiten kamen. Es sicherte nicht nur ihren alltäglichen Lebensunter- halt, sondern entschied vor allem auch über ihre herausgehobene Position im hochent- wickelten Nürnberger Gewerbe. Sie spezialisierten sich auf die Produktion von Luxusgü- tern, für deren Verfeinerung sie sich auf eine längere Wanderschaft begaben. Gleichzeitig trugen sie so zum Transfer der italienischen Formen und Techniken und langfristig zu deren Diffusion nördlich der Alpen bei.

2.2 Kaufmännische Ausbildung

2.2.1 Umstände der Ausbildung

Im Gegensatz zur handwerklichen Ausbildung ist der Werdegang der Nürnberger Kauf- mannslehrlinge in Venedig, dessen Umstände, Inhalte und Anforderungen sehr viel kla- rer nachvollziehbar. Die „Formalisierung und Institutionalisierung von Qualifizierungs- prozessen“ im kaufmännischen Bereich intensivierte sich im ausgehenden Mittelalter.155 Hierzu trug ein ausgeprägtes kaufmännisches Bildungsinteresse156 ebenso bei wie die spezifischen Anforderungen, die im Kontext der zunehmenden Sesshaftigkeit von Fern- handelskaufleuten, der geographischen wie inhaltlichen Ausweitung ihrer Geschäfte und der wachsenden Bedeutung des Geldhandels an die Kaufleute und ihre Kenntnisse ge- stellt wurden. Die Intensivierung des Geschäftsbetriebs und der Austausch mit Handels- partnern in ganz Europa verlangten neben umfassenden Rechenkenntnissen auch eine ausgeprägte Schriftlichkeit. Das Aufkommen und die Perfektionierung der doppelten Buchführung in Italien und ihre immer größere Verbreitung auch im Norden machten die Aufnahme dieser Technik in den kaufmännischen Bildungskanon notwendig. Die grundlegenden Fähigkeiten der jungen Kaufleute waren Lesen, Schreiben, Rech- nen und Lateinkenntnisse, die zumindest in ihren Grundzügen nördlich der Alpen, meist in der Herkunftsstadt, erworben wurden.157 Über die technischen Qualifikationen hinaus machte die europaweite Verknüpfung vieler Gesellschaften verstärkt auch weiteres Pra- xiswissen notwendig, das sich auf die jeweiligen Handelsplätze der Kaufleute bezog. Um den Geschäfts- und Handelsalltag zu erlernen, bedurfte es des „Mitvollzug[s]“158. Die

155 Markus A. Denzel, Professionalisierung und so- 157 Fouquet, „Kaufleute auf Reisen“, S. 469. Wie Chris- zialer Aufstieg bei oberdeutschen Kaufleuten und toph I. Scheurl, der mit neun Jahren bereits Latein Faktoren im 16. Jahrhundert, in: Sozialer Aufstieg. gelernt hatte, erlernte man diese Fähigkeiten sehr Funktionseliten im Spätmittelalter und der Frühen früh: Archiv Scheurl, Cod. AB, fol. 78v. Vgl. zu Neuzeit, hg. v. Günther Schulz, (Deutsche Füh- Scheurls frühen Lateinkenntnissen auch: Fouquet, rungsschichten in der Neuzeit 25), München 2002, G., „Kaufleute auf Reisen“, S. 479. S. 413–442, S. 426. 158 Hanns-Peter Bruchhäuser, Kaufmannsbildung im 156 Fried, Kunst und Kommerz, S. 9. Mittelalter. Determinanten des Curriculums deut- 2. Strukturen der Nürnberger Präsenz in Venedig · 71

Ausbildung der Kaufmannslehrlinge fand dementsprechend in geographisch getrenn- ten Räumen statt. Nach dem Erwerb grundlegender Kenntnisse nördlich der Alpen war die Auslandslehre auch für die jungen oberdeutschen Kaufleute Voraussetzung, um den ökonomischen Bedingungen ihrer Zeit gerecht zu werden und auf dieser Grundlage wirt- schaftlichen Erfolg zu erzielen. In seltenen Fällen, beispielsweise bei Albrecht Scheurl oder Johannes Schedel, besuchten sie auch eine Universität.159 Wie bei dem Nürnber- ger Kaufmannslehrling Thomas Reich, der 1529 von seinem Oheim Linhart160 I. Tucher zur Ausbildung nach Venedig geschickt worden war und dort offenbar im Dienste eines weiteren Vormunds, Endres I. Imhoff, stand, erlernten die Kaufmannslehrlinge die An- wendung der erworbenen Kenntnisse bei befreundeten oder verwandten Handelsgesell- schaften. Die Wahl des Orts war abhängig von der geographischen Ausrichtung der Handelsge- sellschaft. Die Nürnberger Kaufmannslehrlinge wurden daher im 15. und frühen 16. Jahr- hundert in erster Linie nach Italien geschickt. Franz Hirschvogel oder Gabriel Imhoff kamen zur Ausbildung und zum Spracherwerb nach Florenz.161 Zunehmend führte die Lehre die Nürnberger auch nach Frankreich, vereinzelt wurden sie bereits in dieser Zeit nach Antwerpen und Lissabon geschickt.162 Venedig blieb jedoch den ganzen Untersu- chungszeitraum hindurch zentraler Anknüpfungspunkt. Besonders eindrücklich werden die unterschiedlichen Stationen der Ausbildung, die dem Erwerb von Marktkenntnissen und Handelswissen an den verschiedenen Geschäftsstandorten dienen sollten, in den Aufzeichnungen Endres I. Imhoffs. Die Grundlagen der praktischen Ausbildung und des kaufmännischen Mitvollzugs legte dieser während seiner vierjährigen Lehrzeit in

scher Kaufleute im Spiegel der Formalisierung von nedig erhielt: Pietro Borghi, Aritmetica mercanti- Qualifizierungsprozessen, (Dissertationen zur Pä- le, Venedig: Nicolaus de Ferrariis 1491 (GW 4938; dagogik 3), Köln u. a. 1989, S. 166. ISTC ib01036000); Exemplar: BSB, 4 Inc.c.a. 824, 159 Albrecht Scheurl war ursprünglich mit seinem fol. 30v (BSB-Ink B-756,1) u. handschriftlicher Zu- Bruder Christoph II. in Heidelberg gewesen (Ar- satz (= BSB, Cgm 9520). chiv Scheurl, Cod. AB, fol. 201r), Johannes Schedel 160 In den Briefen Reichs wird Tucher meist als „Lin- 1459 und 1461 in Venedig, wie er selbst vermerkte: hart“ bezeichnet: StadtAN, E 29/IV, Nr. 1437– BSB, Cgm 409, fol. 305v. Bereits vorher hatte er in 1439, Nr. 1441–1444 u. Nr. 1449. Nur zweimal sind Leipzig mit einem Universitätsstudium begonnen, Briefe an „Lienhart“ adressiert: ebd., Nr. 1440 u. das er wohl unterbrach, erst 1464/65 wieder auf- Nr. 1445. nahm und das ihn vor Dezember 1467 nach Padua, 161 Zu Franz Hirschvogel: „Anno domini 1462 adi 16 dann nach Ferrara führte. 1469 ist er nochmals in dezember hat in sein vater von hie auß gesendet Venedig nachzuweisen: Bauer, Universität Padua, gen Florencz, da Welisch lernen reden.“ StadtAN, S. 462–464. Ob er sich um 1460 länger in Venedig E 1/617–1, fol. 53v. Gabriel Imhoff wurde von sei- aufhielt, ist nicht klar. Dass er in den Notizen zu nem Bruder Endres nach Florenz gebracht: „Do einem Venedig-Aufenthalt einen ausgesprochenen riet ich mit Petter Im hoff gen […] Florenz, do venezianischen Dialekt nutzte, legt dies allerdings furet ich meinen pruder Gabrihel mitt, das war nahe: BSB, Cgm 409, fol. 305v. Sein Interesse an sein erste rais, und lies in doselbst und thet in zu kaufmännischen Rechnungen und der Umstand, eim herrn, die sproch zu lernen.“ GNM, IA Teil 1, dass er die Aritmetica mercantile des Pietro Bor- Fasc. 44, Nr. 1, fol. 38v. ghi selbst handschriftlich erweiterte, verweist auf 162 Vgl. zu den Oberdeutschen allgemein auch: Den- eine kaufmännische Ausbildung, die er wohl in Ve- zel, Professionalisierung, S. 428. 72 · II. Nürnberger in Venedig

Venedig, bevor er unter anderem nach L’Aquila zum Erlernen des Safranhandels und nach Lyon, dem zweiten wichtigen Handelsort der Imhoff, weiterzog. Dort hielt er sich ebenso wie in Venedig häufig und für längere Zeitspannen auf, bevor er im März 1525 aus Venedig von seiner letzten Handelsreise nach Nürnberg zurückkehrte.163 Schon im 15. Jahrhundert wurde die Angewohnheit, Kinder aus dem Reich nördlich der Alpen nach Venedig zu schicken, „damit sie unsere Sprache und den Abakus lernen“, von venezianischer Seite als „althergebrachte Tradition“ bezeichnet.164 Erste Hinweise auf deutsche Lehrlinge, die in die Serenissima kamen, um die in Italien entwickelten und verfeinerten kaufmännischen Techniken zu erlernen, finden sich tatsächlich bereits für das beginnende 14. Jahrhundert.165 Neben fachlichen und praktischen Kenntnissen des kaufmännischen Berufs lernten die jungen Händler in Venedig auch die italienische Kul- tur und Lebensart kennen, knüpften Kontakte und entwickelten oftmals eine Verbunden- heit mit der Stadt, die sich auf ihr wirtschaftliches Handeln ebenso wie auf ihre sozialen Aktivitäten in Venedig und Nürnberg und ihr politisches Handeln im Norden auswirk- te.166 Die Begegnung und der Austausch mit Menschen unterschiedlichster Herkunft in der kosmopolitischen Lagunenstadt förderten sicher auch die Entwicklung einer für die spätmittelalterlichen Kaufleute laut Johannes Fried charakteristischen „Weltoffenheit“167. Besonders für die Oberdeutschen entwickelte sich Venedig aufgrund ihrer engen wirtschaftlichen Verflechtungen in der Stadt zum zentralen Lernort.168 Dabei bildeten sich Traditionsstränge heraus, die den Beziehungen zwischen beiden Städten Kontinu- ität und Stabilität verliehen. So schickte Endres I. Imhoff seinen gleichnamigen Sohn, Endres II., 1542 nach Venedig. Auch Endres Tucher vermerkte in seinem Memorial, dass sich im Jahre 1437, während die Pest in Nürnberg wütete, sein Sohn Endres, wie er selbst einmal, zu seiner Ausbildung in Venedig aufhielt.169 Besonders gut ist die familiäre Tra-

163 GNM, IA Teil 1, Fasc. 44, Nr. 1, fol. 40r. Zum ersten deutschland und Venedig um 1600. Konturen ei- Mal nach L’Aquila kam Imhoff 1509, der erste Ly- nes Gesamtbildes, in: Venedig und Oberdeutsch- on-Aufenthalt fand 1515 statt: ebd., fol. 38r u. 39r. land in der Renaissance, hg. v. Bernd Roeck u. a., 164 „cum impresentiarum habeant in fontico Theo- (Studi 9), Sigmaringen 1993, S. 277–288, S. 288. tonicorum aliquos adolescentes Theotonicos te- 167 „In den Handelszentren bündelt sich das Wissen nere etatis, missos per parentes eorum ad hanc über Wege, Waren und Menschen, über Länder urbem nostram, ut discant linguam nostram et und Sitten in der Fremde, hier konzentriert sich abachum, sicut ab antiquo hic servari consuevit.“ eine neuartige Weltoffenheit und diesseitige In- (1472 Nov. 4), in: Simonsfeld, Fondaco 1, Nr. 525, teressiertheit, die überall dorthin ausstrahlt, wo- S. 289–290. hin die jeweiligen Handelsbeziehungen reichen.“ 165 1308 wurden mehrere Venezianer verurteilt, weil Fried, Kunst und Kommerz, S. 27. sie „deutsche Knaben“ („pueros Theotonicos“) auf- 168 Auf einige Augsburger, die ähnliche Venedig-Tra- genommen hatten, die in Venedig die Grammatik ditionen wie die Nürnberger hatten, verwies: Mark und den Abakus lernen wollten: (1308 Aug. 1), in: Häberlein, Kaufmannswissen, S. 275–277. Simonsfeld, Fondaco 1, Nr. 24, S. 8. 169 „mein sun Pertolt was zu Regenspurg und der En- 166 Hierzu: Kap. II.2.4, Kap. II.3.3 u. Kap. III. Zur geis- dres zu Vennedig.“ Endres Tucher, Endres Tucher’s tigen Horizonterweiterung und den Einblicken Memorial 1421 bis 1440, in: Die Chroniken der in Kunst und Kultur: u. a.: Reinhard Hildebrandt, fränkischen Städte. Nürnberg 2, hg. v. der Histo- Die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Ober- rischen Commission bei der Kgl. Academie der 2. Strukturen der Nürnberger Präsenz in Venedig · 73 dition des Ausbildungsorts Venedig jedoch in der Familie der Scheurl nachzuvollziehen. Die ausführliche, durch den Nürnberger Ratskonsulenten Christoph II. Scheurl verfasste Familienchronik und vor allem die darin enthaltene Lebensbeschreibung seines Vaters Christoph I. bieten wie nur wenige andere Quellen im Untersuchungskontext ausführliche Einblicke in die Umstände, Abläufe und Inhalte der Kaufmannsausbildung in Venedig.170 Nach einer Grundausbildung in Latein und Arithmetik in Breslau und Nürnberg wurde Christoph I. durch seine Oheime und die Leiter der Breslauer Familiengesellschaft, die ebenfalls in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts in Venedig ausgebildet worden waren, in den frühen 1470er Jahren in die Lagunenstadt geschickt, um „dy sprach unnd seynen vatterlichen kaufmanshanndel ze lernen“.171 Ein Jahrzehnt später nahm Scheurl selbst drei junge Kaufmänner in die Lehre. Das für die Venedig-Ausbildung Hieronymus Hallers, des Sohns seines Vetters Jobst, verfasste Regimennt gibt außergewöhnlich detaillierte Ein- blicke in die fachlichen und moralischen Inhalte und Anforderungen der spätmittelalter- lichen Kaufmannsausbildung generell und speziell am Lernort Venedig.172 Auch seinen zweitgeborenen Sohn Albrecht schickte Scheurl nach einem begonnenen Studienaufent- halt in Heidelberg, bei dem Albrecht jedoch kein großes Engagement zeigte, 1498 nach Venedig, „die sprach unnd was dem kauffmanshanndel dinlich ist, zu lernen“.173 Im Gegensatz dazu findet sich für die meisten Nürnberger Kaufmannslehrlinge in den Quellen lediglich der Hinweis auf eine Ausbildung in Venedig. Wie Lienhard II. Hirschvogel (wohl in den 1450er Jahren), Anton II. Tucher (um 1470), Michael VII. Be- haim (vor 1486), Ulrich Haller (ab 1493) oder auch Endres I. Imhoff und seine Brüder stammten sie oftmals aus bedeutenden Nürnberger Handelshäusern.174 Bei Familien wie

Wissenschaften, (Die Chroniken der deutschen gen 16. Jahrhundert, (Formen der Erinnerung 45), Städte vom 14. bis in’s 16. Jahrhundert 2), Leipzig Göttingen 2010. 1864, S. 1–30, S. 26. Zu Imhoff: GNM, IA Teil 1, 170 Archiv Scheurl, Cod. AB. Prof Dr. Franz Fuchs ge- Fasc. 44, Nr. 1, fol. 47r. Die meisten Hinweise fin- lang es, das Regiment im Cod. AB erstmals wieder den sich in den patrizischen Familienchroniken, aufzufinden. Für den Hinweis auf diese Quelle und in denen wie im Großen Tucherbuch immer kurze die Zurverfügungstellung des Digitalisats danke Vermerke auf entsprechende Auslandsaufenthalte ich ihm ganz herzlich. hinweisen. Bei den Tucher lässt sich eine intensi- 171 Archiv Scheurl, Cod. AB, fol. 78v. Zur Ausbildung: ve Tradition der Venedig-Ausbildung nachweisen: ebd., fol. 78v. Zur Verwandtschaft: ebd., fol. 49v, Berthold III. Tucher (in Venedig 1402): Tucher- 66rv u. 68v. buch, StadtAN E 29/III-258, fol. 43v sowie: BAV, 172 Archiv Scheurl, Cod. AB, fol. 332r–333r. Das Re- Vat. Ross, 546, fol. 30r. Endres Tucher (in Venedig giment ist eine der am häufigsten herangezogenen 1437): Tucher, Memorial 1421 bis 1440, S. 26. An- Quellen zur Kaufmannsgeschichte. Die meisten ton II. Tucher: Fleischmann, Rat und Patriziat 2.1, Ausführungen nutzen jedoch die Zusammenfas- S. 1013. Berthold V. Tucher: BAV, Vat. Ross, 546, sung mit nur wenigen zitierten Textpassagen in: fol. 105v. Martin I. Tucher: ebd., 546, fol. 99v. Für A. v. Scheurl, Christoph Scheurl, Dr. Christoph die Zurverfügungstellung des Digitalisats von Vat. Scheurls Vater, in: MVGN 5 (1884), 13–46, 16–17. Ross 546 danke ich herzlich Herrn Prof. Dr. Franz 173 Archiv Scheurl, Cod. AB, fol. 201r. Fuchs. Zum Großen Tucherbuch: Christian Kuhn, 174 Schaper geht von einer Ausbildung von Lien- Generation als Grundbegriff einer historischen hard II. Hirschvogel in Venedig aus: Schaper, Geschichtskultur. Die Nürnberger Tucher im lan- Hirschvogel, S. 65, S. 67–68 u. S. 111. Zu Tucher: 74 · II. Nürnberger in Venedig den Imhoff, für die Venedig ein zentraler Geschäftsort war, ist von der Ausbildung eines großen Teils der männlichen Familienmitglieder dort auszugehen, obwohl entsprechen- de Quellen nur teilweise erhalten sind. Auch Personen aus Familien, die selbst im Han- del weniger aktiv waren, wie Hieronymus oder Thomas Reich, standen oftmals mit den bedeutenden Kaufmannsgeschlechtern in verwandtschaftlicher Verbindung.175 Die Stadt wurde dabei in den Verträgen für die Kaufmannslehrlinge mit ihren Patronen nicht un- bedingt als Ausbildungsort festgelegt. Auch die Vereinbarung zwischen Jobst Haller und Christoph I. Scheurl für die Ausbildung des Hieronymus176 erwähnte sie nicht explizit, sondern verwies darauf, dass Scheurl dem jungen Haller „seyne […] henndelen unnd gescheffte […] alhie in der stat Nurmberg unnd ausserhalb, inn welchem lannd, wo unnd an welchen ennden er im das schrifftlichen oder mundlichen entpfelhen“ beibringen sol- le. Beginn und Schwerpunkt der Ausbildung waren jedoch selbstverständlich Venedig.177 Die Kaufmannslehrlinge wurden in der Regel in jungem Alter und über mehrere Jah- re in die Lagunenstadt geschickt. Hans VI. Imhoff, der spätere Schwiegersohn Willi- bald Pirckheimers, wurde 1501 im Alter von dreizehn Jahren dorthin gesandt und blieb fünfeinhalb Jahre. Sein Bruder Endres folgte 1504 zwei Monate vor seinem 13. Geburtstag und blieb vier Jahre in Venedig, die er vor allem in der Lehre bei dem Imhoff-Vertrauten und „seidenmacher“ Girolamo de Piero sowie im Fondaco verbrachte.178 Seine Mutter Katharina bedauerte in einem Brief an ihren Sohn, der wohl in der Zeit seiner Ausbil-

Fleischmann, Rat und Patriziat 2.1, S. 1013. Zu M. Zu Venedig als erster Ausbildungsstation, z. B. Behaim: ebd., S. 323. Auch Ulrich Haller wurde auch für den Augsburger Fugger-Faktor Matthäus wahrscheinlich zur Lehre nach Venedig geschickt: Schwarz: Denzel, Professionalisierung, S. 428. GNM, IA Teil 1, Fasc. 7, Nr. 7, fol. 21b. Für die 178 „Ittem mein lieber vatter selliger schiecket mich Hirschvogel und Rummel nahm Schaper eine das erstmal gen Venedig […] auff 16 settember Ausbildung in Italien, wohl am wichtigsten Han- [1504]. Und komen dohin gott hab lob auff 30 delsstandort der Familie, Venedig, an: Schaper, settember und auff 4 october thet man mich zu Hirschvogel, S. 35 u. S. 95; Schaper, Rummel, S. 29. einem herren, genant Ieronimo de Piexo, so ein Zu den Imhoff: Jahnel, Imhoff, S. 26. Vgl. generell: seidenmacher ward. Ittem pey solchem meinem Barthels, Drogenhandel, S. 104. herren und auch etliche zeitt im teuschen haus zu 175 Die beiden Vettern waren mit den Imhoff und Venedig blaib ich pies auff 25 october anno 1508.“ mit den Tucher verwandt: vgl. Peter Fleischmann, GNM, IA Teil 1, Fasc. 44, Nr. 1, fol. 37v. Es ist auch Rat und Patriziat in Nürnberg. Die Herrschaft der deswegen davon auszugehen, dass der Seidenma- Ratsgeschlechter vom 13. bis zum 18. Jahrhundert cher mit der Person identifiziert werden kann, der 2.2: Ratsherren und Ratsgeschlechter, (Nürnberger 1509 große Teile des Inventars der Imhoff’schen Forschungen 31.2.2), Nürnberg 2008, Stammtafel Kammer im Fondaco in Obhut gegeben wurden, Reich. Beide standen aus Venedig mit Linhart Tu- da beide Aufgaben ein großes Vertrauen in den cher in Kontakt. Zu H. Reich: StadtAN, E 29/IV, Beauftragten voraussetzten: (1509 Apr. 21), GNM, Nr. 868–869. Zu T. Reich: ebd., Nr. 1437–1444. IA Teil 1, Fasc. 28, Nr. 11b. Zu Hans VI. Imhoff: 176 Zur Familie Haller im entsprechenden Zeitraum: „Solcher ist das erst mal gen Venedig geschieckt Fleischmann, Rat und Patriziat 2.1, S. 498–540. Zu worden auff 28 settember anno 1501 und ist wieder Hieronymus: ebd., S. 515. gen Nurmberg kumen auf 25 marzo anno 1507.“ 177 Archiv Scheurl, Cod. AB, fol. 331r sowie: „etlich GNM, IA Teil 1, Fasc. 44, Nr. 1, fol. 29r. Zu Girola- zeit meyn diener gewest zw Venedig unnd ann- mo de Piero: Kap. II.3.1.3. derswo meyner halb gehanndelt“; ebd., fol. 335r. 2. Strukturen der Nürnberger Präsenz in Venedig · 75 dung entstand, dass er so lange nicht nach Nürnberg gekommen sei.179 Der junge Haller sollte laut des Vertrags seines Vaters sogar „acht jar“ bei Scheurl in die Lehre gehen, wobei ihm weder erlaubt war, „solchen dinst vor ausgang bemelter acht jar auf zusagen noch urlaub zu fordern“.180 Die Dokumente zur Lehre Hallers, die neben dem Regimennt in der Scheurl’schen Familienchronik in Abschrift überliefert sind, geben sehr detaillier- ten und umfassenden Aufschluss über die formalen Umstände der Lehre.181 Vereinzelte Verschreibungen, Schuldquittungen und ähnliche Schriftstücke, die sich in der sonstigen Überlieferung finden und die denjenigen bei Scheurl gleichen,182 lassen darauf schließen, dass die rechtlichen und finanziellen Vereinbarungen, wie sie Scheurl und Haller trafen, allgemein für die Ausbildung und Tätigkeit der Nürnberger Kaufmannslehrlinge in Ve- nedig angenommen werden können. Scheurl sicherte zu, seinen Schützling regelmäßig „schrifftlich oder mundlich“ zu unterweisen. Während der Anwesenheit Hallers in Ve- nedig war so eine konstante Rückbindung an seinen Ausbilder gewährleistet. Darüber hinaus regelten Christoph Scheurl und Jobst Haller ihre gegenseitigen Verpflichtungen für die Zeit der Ausbildung. Scheurl sagte zu, für angemessene Kost und Logis und bei einer möglichen Gefangenschaft von Hieronymus in seinen Diensten für Zahlungen bis zu einer Höhe von 200 Gulden Rheinisch aufzukommen.183 Dafür müsse Haller für die durch ihn verursachten Geschäftsschäden aufkommen. Auch der Verbleib der Gesell- schaftseinlagen des Vaters war klar geregelt. Sie wurden diesem je nach Gewinn oder Verlust berechnet.184 In Venedig selbst scheinen die institutionelle Anbindung an den Fondaco dei Tedes- chi, wie sie auch bei Hieronymus Haller und Endres Imhoff erwähnt wird,185 und die Verbindung zu dortigen Verwandten und anderen Nürnbergern maßgebliche Ausbil- dungsumstände gewesen zu sein. Die offiziellen Vorschriften, nur im deutschen Handels- haus Geschäfte abzuschließen, wurden jedoch gerade bezüglich der Kaufmannslehrlinge

179 „aber lieber du selber kümen werst, das‹?› ye nun nus, ebd., fol. 334v–335r; Christoffenn Schewrls wol zeit werst.“ (o. Dat.) K. Imhoff an E. Imhoff in quittunng Hieronimus Hallern gegebenn, ebd., Venedig, GNM, IA Teil 1, Fasc. 13, Nr. 6. Im Reper- fol. 335rv. torium des GNM wird Hans Imhoff als Verfasser 182 Vgl. zum Beispiel T. Reichs Hinweise auf seine angegeben. Die Unterschrift „k hensin imhoff“ vielen Schulden bei seinen Patronen: T. Reich aus und die ungeübte Schrift, die für einen Kaufmann Augsburg an L. Tucher (1530 Feb. 23), StadtAN, E eher ungewöhnlich wäre, verweisen jedoch auf 29/IV-1445. dessen Frau als Verfasserin. 183 Archiv Scheurl, Cod. AB, 333v–334r. Die glei- 180 Ausnahme waren Krankheit oder Heirat: Archiv che Summe fand sich auch in der Verschreibung Scheurl, Cod. AB, fol. 331v. Franz Imhoffs für die Firma seiner Brüder: (1528 181 Herrn Jobstenn Hallernn verschreibunng von Aug. 19), GNM, IA Teil 1, Fasc. 22, Nr. 7. wegen seins sunns Iheronimusen diennst, Archiv 184 Archiv Scheurl, Cod. AB, fol. 330v–332r u. Scheurl, Cod. AB, fol. 330v–332r; Hieronimus fol. 335rv. Hallers Regimennt, ebd., fol. 332r–333r; Christof- 185 Im Regiment wies Scheurl Haller an, zwei Mal fen Scheurln gegenverschreibunng herrnn Jobsten am Tag den Fondaco zu besuchen: Scheurl Ar- Hallernn gegebenn, ebd.,fol. 333v–334v; Hiero- chiv Cod. AB, fol. 332rv; Imhoff: GNM, IA Teil 1, nimus Hallers diennstverpflichtunng bekannt- Fasc. 44, Nr. 1, fol. 37v. 76 · II. Nürnberger in Venedig bereits im 14. Jahrhundert aufgeweicht.186 Als Motiv für das Überschreiten der Vorschrift, Venezianer dürften keine jungen Händler von nördlich der Alpen aufnehmen, wurden bereits 1308 die guten persönlichen Beziehungen zwischen deutschen und veneziani- schen Kaufleuten genannt.187 Dass die jahrelangen und generationenübergreifenden Geschäftsbeziehungen der Nürnberger nach Venedig und die vertrauensvollen Verbin- dungen zwischen einzelnen Handelsfamilien die Ausbildung der fränkischen Kaufleu- te in der Serenissima beeinflussten, lässt sich ab dem frühen 15. Jahrhundert vermehrt nachweisen.188 Die sich im Kontext der Lehre ergebende persönliche Anbindung an die Stadt, die sich herausbildenden Traditionslinien und die so entstehende kontinuierliche Anwesenheit von Nürnbergern in der Serenissima verfestigten gleichzeitig die Beziehun- gen beider Städte.

2.2.2 Kontext der Ausbildung

Meist von ihren Vätern oder Vormündern nach Venedig geschickt, kamen die jungen Kaufmannslehrlinge oftmals gemeinsam mit anderen Nürnbergern, häufig mit Ver- wandten, in die Lagunenstadt.189 Wichtiger Bezugspunkt blieb auch dort die Person, in deren Auftrag der Lehrling in die Stadt gekommen war. Meist absolvierten die jungen Kaufleute ihre Tätigkeit innerhalb der eigenen Handelsgesellschaft und unter Obhut von Verwandten190 oder der für die Familie tätigen Faktoren. Dass Hieronymus Imhoff sei- nem Verwandten Endres anordnete, im Anschluss an die Ausbildung in Venedig zu dem Safranplatz Castelmaggiore zu reisen und Endres ihn in der Folge immer wieder als wich- tigste venezianische Bezugsperson nennt,191 lässt vermuten, dass der Vetter wohl bereits während seiner Lehrjahre die Aufsicht über den jungen Lehrling innegehabt hatte. Die familiäre Bindung blieb vor allem bei den großen Handelsfamilien auch während der Zeit der Ausbildung in Venedig ein relevantes Kriterium. Oft hielten sich mehrere Familien-

186 1472 wurde den deutschen Kaufleuten erlaubt, fol. 1v. Auch bei Endres Imhoff gibt es immer wie- sechs junge Kaufmannslehrlinge im Haus des der Hinweise auf eine Begleitung der jungen Kauf- Vorstandes der Ballenbinder aufzunehmen: mannslehrlinge durch Familienangehörige. (1472 Nov. 4), in: Simonsfeld, Fondaco 1, Nr. 525, 190 Treulieb, der von seinem Vater Eberhard in die Ob- S. 289–290. Zur Lockerung in anderen Bereichen: hut C. Scheurls nach Venedig gegeben wurde, war vgl. Kap. II.2.3. Neffe des ehemaligen Oheims Scheurls Marquard, 187 „non aliquo pretio sed amore“; (1308 Aug. 1), in: Khurn der 1482 in Venedig gestorben war: Archiv Simonsfeld, Fondaco 1, Nr. 24, S. 8. Scheurl, Cod. AB, fol. 83v. Zum Tod M. Khurns: 188 Vgl. Kap. II.2.2.2. ebd., fol. 66v. 189 Fritz Kress schrieb in seinem Notizbuch, er sei 191 „wurd ich von Ieronimo Im hoff gen Casselmazor gemeinsam mit Hartmann Schedel nach Venedig […] auff den saffran zu kauffen geschieckt. Ittem gekommen: „an Sant Francziscetag rait ich von doselbst blaib ich pies im jenner anno 1509. Do Noremberg auz gen Venedig und mein herlein gab kom ich wieder zu Ieronimo Im hoff gen Venedig.“ mir zu zerunng vii gld. und Hartman Schedel rayt GNM, IA Teil 1, Fasc. 44, Nr. 1, fol. 37v. mit mir.“ GNM, KA, Sch. XXVIII, Fasc. E, Nr. 1, 2. Strukturen der Nürnberger Präsenz in Venedig · 77 mitglieder gleichzeitig in der Stadt auf. Die Ausgaben von Peter, Hieronymus, Ludwig und Sebastian Imhoff für ihren Vetter Wolf verweisen in den frühen 1490er Jahren auf die gegenseitige innerfamiliäre Unterstützung für den Lehrling.192 Auch Thomas Reich berichtete Linhart Tucher kurz vor seiner Abreise im Februar 1530, er werde „[s]eine klayder unnd was [er] dan hie hab […][s]einen vetteren Ieronimo Reich zw verwaren geben“. Simon Imhoff, mit dem er vor Ort über den Verkauf seines Pferds beratschlagte, gehörte ebenfalls zu seinem engeren Familienkreis.193 Das Leben der jungen Lehrlinge war von dem ständigen Kontakt und Miteinander mit Familienmitgliedern und Ver- wandten geprägt. Neben der Ausbildung in den Niederlassungen der eigenen Gesellschaften im Ausland wurden die Kaufmannssöhne auch zu Bekannten und Geschäftspartnern der Familie oder des Patrons geschickt.194 Dabei konnte es sich um Kaufleute aus dem Reich nördlich der Alpen ebenso wie um Venezianer handeln. Die besonders engen Beziehungen der Kress zur venezianischen Handelsfamilie der Amadi sind von Philippe Braunstein bereits eingehend erörtert worden.195 Schon in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts führten sie dazu, dass nicht nur die Kress’schen Söhne bei den Handelspartnern ausgebildet wurden, sondern diese auch eigene Söhne nach Nürnberg zur Lehre schickten. Friedrich III. Kress war, wie seine wertvollen Geschenke auch an die weiblichen Mitglieder und das Hausge- sinde196 vermuten lassen, während seiner Lehrzeit von 1424 bis 1427 eng in seine Gast- familie eingebunden. Endres Imhoff erhielt ebenfalls bei einem venezianischen Vertrau- ten der Familie seine Ausbildung.197 Bei Wolf Imhoff lässt der kurze Verweis auf seinen Lehrherren keine Rückschlüsse auf dessen Herkunft zu. Wie Friedrich III. Kress scheint aber auch Imhoff, der knapp siebzig Jahre nach Kress nach Venedig kam, Anschluss an die Familie seines Herrn gehabt zu haben. In der Abrechnung über den Nachlass seines Vaters Konrads III. findet sich ein Vermerk über die Zahlung einer Entschädigung und

192 Für den Mai 1492 ist Peter, für den Oktober Hie- 195 Braunstein, Relations d’affaires. Die Amadi schick- ronymus aufgeführt. Im April 1493 folgte Ludwig ten ihre Söhne wiederum zu den Kress nach Nürn- Imhoff, ein Jahr später Sebastian Imhoff, der wohl berg: GNM, KA, Sch. XXVIII, Fasc. C, Nr. 8, fol. 6r. mit dem Sohn Peters zu identifizieren ist und mög- Vor seiner Abreise hinterließ Alvise Amadi ein Tes- licherweise selbst zu diesem Zeitpunkt zur Ausbil- tament, das er erstellte, weil er „die Absicht habe, dung nach Venedig kam: GNM, IA Teil 1, Fasc. 7, nach Deutschland zu gehen“ („voiando […] andar Nr. 7, fol. 26b u. fol. 28b. 1499 wurde Peter nach in Alemagna“) (1428 Jan. 25 m.v. = 1429 Jan. 25), dem Tod seines Vaters Hans IV. Hauptgesellschaf- ASVe, NT, b. 995, Nr. 77. Ein Hinweis auf dieses ter: Jahnel, Imhoff, S. 106. Testament findet sich bereits bei: Braunstein, Mi- 193 T. Reich aus Venedig an Linhart Tucher (1529 noranza tedesca, S. 102. Da Amadi wahrscheinlich Feb. 6 m.v. = 1530 Feb. 6), StadtAN, E 29/IV-1437. nicht im Auftrag seiner eigenen Familie, sondern 194 Vgl. hierzu: Denzel, Professionalisierung, S. 428; für die Kress nördlich der Alpen Handel trieb, wird Reinhard Hildebrandt, Diener und Herren. Zur das Handelsverbot für Venezianer im Reich wohl Anatomie großer Unternehmen im Zeitalter der hier nicht gegriffen haben. Fugger, in: Ausgburger Handelshäuser im Wandel 196 GNM, KA, Sch. XXVIII, Fasc. E, Nr. 1, fol. 3r. des historischen Urteils, hg. v. Johannes Burkhardt, 197 GNM, IA Teil 1, Fasc. 44, Nr. 1, fol. 37v. Zu de (Colloquia Augustana 3), Berlin 1996, S. 149–174, Piero als Vertrautem der Familie: (1509 Apr. 21), S. 63. GNM, IA Teil 1, Fasc. 28, Nr. 11b. 78 · II. Nürnberger in Venedig von Arzneikosten für den Knecht seines Herren, den Wolf bei einem Streit verletzt hat- te. Die Aufstellung der sonstigen Ausgaben seiner Vettern für den jungen Imhoff lässt darauf schließen, dass der Ausbilder nicht für die Kosten seines Schützlings aufkam.198 Es ist daher anzunehmen, dass Wolf auch weiterhin an die Gesellschaft seiner Familie angeschlossen und möglicherweise auch für diese tätig war. Bei einem Kaufmann aus dem Reich nördlich der Alpen hingegen verbrachte Tho- mas Reich199 von 1529 bis 1530 seine Ausbildung. In seinem ersten Brief aus Venedig erklärte er seinem Oheim Linhart Tucher, dass es sich bei Burckhard de Burckhardi um einen „frumen erberen man“ handle, der „ein grossen handel vir sich und ander, nemlich den Im hoff, Barttolomeo Welsser, Leonhard Sulczer, Wilhalm Rechlinger unnd anderen mer“ ausführe.200 Tucher selbst schien den Kaufmann also nicht zu kennen. Der zweite Oheim von Thomas Reich, Endres Imhoff, war mit ihm hingegen sowohl geschäftlich wie auch sozial verbunden. Es ist davon auszugehen, dass es sich bei diesem Agenten mehre- rer oberdeutscher Kaufleute um den gleichen Burckhard de Burckhardi aus Speyer han- delte, der auch als Verwalter des Sebadaltars agierte.201 Reich absolvierte die Ausbildung gemeinsam mit drei Augsburger Lehrlingen,202 die wie er ihre kaufmännischen Kenntnis- se bei einem Handelsvertreter ihrer Familiengesellschaften erwarben. Zwar zeigen sich bei dem jungen Nürnberger im Laufe der Zeit in der Korrespondenz gewisse formale Fortschritte wie die zunehmende Vereinheitlichung des Schriftbilds. Aus den Briefen an Tucher ergibt sich jedoch während der Venedig-Zeit Reichs eher der Eindruck eines oft- mals widerspenstigen Verhaltens des Kaufmannslehrlings, der wohl weder allzu fleißig noch, in Anbetracht seiner Schulden, erfolgreich gewesen zu sein scheint. Besonders der Konflikt mit Burckhard de Burckhardi tritt in den Vordergrund. Warum der anfänglich offensichtlich positive Eindruck Reichs innerhalb kurzer Zeit ins Gegenteil umschlug, lässt sich nicht eindeutig feststellen.203 Die Konflikte verschärften sich binnen weniger

198 GNM, IA Teil 1, Fasc. 7, Nr. 7. Zum Vorfall mit dem lewsky, Albrecht Dürer. Das malerische Werk 1: Knecht seines Herren: „seines hernn puben er ge- Textband, Berlin (NA) 1991, Nr. 97, S. 205–206. stochen hot“; (1492 Jan 13), ebd., fol. 26b. 202 Er bemerkte dazu, dass vier Lehrlinge bei der ge- 199 Zu Thomas Reich und seinem Werdegang: Fleisch- genwärtigen Geschäftslage zu viel seien: „[…] sein mann, Rat und Patriziat 2.1, S. 853. noch ir drey jung gesellen von Augspurg zw im 200 T. Reich aus Venedig an L. Tucher (1529 Mär. 14), kumen, die er mit fug nit hat kenen abschlagen, StadtAN, E 29/IV-1438. nemlich einer ist dem Bartolomeo Welsser von 201 Er ist eine der wenigen Personen auf Albrecht Dü- Augspurg […] verwandt, der ander ist des Pfilip reres Rosenkranzfest, die identifiziert werden kön- Adler sun […] unnd ein junger Rechlinger. Unnd nen. Hierzu zuletzt: John Andrew Martin, Who is die hantlung icz klain ist, kent ir gedencken, das who è dov’è il Doge? La Pala del Rosario: Ritratti, unsser geschefft klain sein, so unsser so vil sein.“ non-ritratti e la storia del capolavoro di Dürer, in: T. Reich aus Venedig an L. Tucher (1529 Aug. 18), La chiesa di San Bartolomeo e la comunità Tedes- StadtAN, E 29/IV-1442. ca a Venezia, hg. v. Natalino Bonazza u. a. (Chiese 203 Ob möglicherweise die aus der Sicht Reichs wenig a Venezia 1), Venedig 2013, S. 54–66, S. 57. Vgl. anspruchsvolle Arbeit, das hohe Kostgeld oder eine auch Kap. II.3.1.2 u. 3.2.2. Zum Dürer-Portrait in nicht ausreichende Ausbildung den Ausschlag ga- Windsor Castle sowie einem weiteren unbekann- ben, kann nur gemutmaßt werden. In einem Brief ten Bildnis des Burkhard v. Speyer: Fedja Anze- an Tucher aus dem Juli 1530 vermerkte Reich, dass 2. Strukturen der Nürnberger Präsenz in Venedig · 79

Monate so dramatisch, dass Reichs Oheime in Nürnberg eingeschaltet wurden, um zu vermitteln.204 Dabei wird der Wunsch der Kaufleute deutlich, die guten Beziehungen zu dem gerade mit den Imhoff verflochtenen Burckhardi aufrechtzuerhalten. Der Beschluss, Reich solle noch ein Jahr bei Burckhardi bleiben, scheint jedoch nicht lange Bestand gehabt zu haben. Nicht einmal einen Monat, nachdem sich Reich bitterlich hierüber be- klagte, gleichzeitig jedoch versprach, dem Willen seiner Oheime zu entsprechen,205 reiste er nach Augsburg ab. Vorher hatte Simon Imhoff bei Burckhardi noch die ausstehenden Schulden, vor allem für das Kostgeld, beglichen.206 Neben dem Kostgeld, das im Falle Thomas Reichs 44 Dukaten betrug, was in seinen Augen „dan warlich woll zw fill“ gewesen war,207 hatten die Kaufmannslehrlinge viele weitere Ausgaben zu bestreiten. Das Notizbuch Friedrichs III. Kress von 1424 bis 1427 und die Abrechnungen für den Aufenthalt Wolf Imhoffs von 1492 bis 1494 geben einen Einblick in die Bedürfnisse und finanziellen Aufwendungen der jungen Händler. Beson- ders wichtig scheint dabei für beide die Kleidung gewesen zu sein. Für Kleidungsstücke und deren Herstellung führten sie die meisten Posten auf. Neben schwarzen Hosen und Hüten, grauen Mänteln und roten Röcken fällt bei Friedrich Kress die ungewöhnliche Vorliebe für die Farbe Grün ins Auge.208 Bei Wolf Imhoff fanden sich darüber hinaus Aufzeichnungen über Kosten des Alltags, für die Beichte oder für die Bezahlung eines Arztes und von Medizin während einer Krankheit 1492.209 Immer wieder wurden bei

er „bey meinem herr inn Venedig die leuff unnd di, Anm. d. Autorin] woll zwfriden.“ T. Reich aus den gebrauch zum dail geseen“ habe: T. Reich aus Augsburg an L. Tucher (1530 Feb. 23), StadtAN, Nürnberg an L. Tucher (1530 Jul. 20), StadtAN, E 29/IV-1445. E 29/IV-1449. Noch im August 1529 äußerte er 207 T. Reich aus Venedig an L. Tucher (1529 Feb. 6 m. sich positiv: (1529 Aug.18), ebd., Nr. 1442. v. = 1530 Feb. 6), StadtAN, E 29/IV-1437. 204 Es handelte sich um Endres Imhoff, Linhart Tucher 208 So verzeichnete er einen „grunen mantel“, ei- und Hans Koberger. Auch Simon Imhoff schaltete nen „grunen fuchsen mantel“, einen „grunen sich ein: T. Reich aus Venedig an L. Tucher (1530 Reinyschen rok new“ und grünes Tuch zur Her- Jan. 12) u. (1529 Feb. 6 m.v. = 1530 Feb. 6), Stadt- stellung von Hose und Mantel: GNM, KA, Sch. AN, E 29/IV, Nr. 1444 u. Nr. 1437. Der letzte Brief XXVIII, Fasc. E, Nr. 1, fol. 2rv. Zur Besonderheit ist wegen der Verwechslung der venezianischen der Farbe Grün: Hollberg, Deutsche in Venedig, mit der deutschen Datierung in der falschen Rei- S. 190–199; Julia Lehner, Die Mode im alten Nürn- henfolge katalogisiert und ist nicht der erste, son- berg. Modische Entwicklungen und sozialer Wan- dern der letzte Venedig-Brief. del in Nürnberg, aufgezeigt an den Nürnberger 205 „So muß ich thun als ein korsamer und euerem Kleiderordnungen, (Nürnberger Werkstücke 36), befelch nach kumen, wye wol ich mecht leyden.“ Nürnberg 1984, S. 91–93. Für Wolf Imhoff werden T. Reich aus Venedig an L. Tucher (1530 Jan. 12), keine so detaillierten Farbbeschreibungen genannt. StadtAN E 29/IV-1444. Auch hier stellen einen Großteil der Kosten Klei- 206 Die Ausgleichssumme war wohl verhältnismäßig dungsstücke und deren Bearbeitungsprozesse dar: hoch. Grund dafür war der Versuch, Burckhardi GNM, IA Teil 1, Fasc. 7, Nr. 7, v.a. fol. 26b u. 28b. „kein verdruß“ zu bereiten und somit das ange- 209 Hieronymus Imhoff verzeichnete als Ausgabe für schlagene Verhältnis wieder zu stabilisieren. „Item seinen Vetter: „in seiner kranckheyt den arzt und weyder solt ir wissen, das her Siman Imhoff mei- fur erczneÿ 3 duc“; GNM, IA Teil 1, Fasc. 7, Nr. 7, nen herrenn inn Venedig aller ding beczalt hat […] fol. 26b. dan er sich erbotten hat. […] So sey er [Burckhar- 80 · II. Nürnberger in Venedig beiden auch Ausgaben festgehalten, die mit der Ausbildung in Verbindung standen. Für Wolf Imhoff wurden wiederholt Kosten für seinen Rechenmeister verzeichnet. Für eine „chartella zur rechnung“ gab er einen Groschen, „fur 1 puchlen zum rechnen“ zwei Gro- schen aus. Friedrich Kress vermerkte zwei Dukaten, sechs Pfund Groschen für den, „der mich daz puch lert halten“.210 Auch gab er zahlreiche Geschenke an, die er als Dank für seinen über zweijährigen Aufenthalt, bei dem er kein Kostgeld zahlen musste, an Mitglie- der der Familie Amadi gab.211 Die unterschiedlichen sozialen Beziehungen, in denen sich die jungen Kaufleute in- nerhalb Venedigs befanden, waren im Kontext der Auslandslehre auch Mittel zur Über- wachung der persönlichen und fachlichen Entwicklung der jungen Lehrlinge. Zwar for- derten die Patrone ihre Lehrlinge im Ausland ausdrücklich zum Gehorsam auf.212 Der bei der Vereinbarung der Ausbildung gewährleistete Vorschuss an Vertrauen in die stetige Zusammenarbeit und Einhaltung der gesetzten Regeln wurde jedoch durch die Kontrolle des sozialen Umfelds ergänzt.213 Dabei spielte wohl meist weniger eine bewusste Beauf- sichtigung als das tägliche Miteinander eine Rolle. Über positive Erfahrungen schweigen die Quellen allerdings meist. Nur im Fall von Konflikten wie bei Thomas Reich sind die Kontrollmechanismen innerhalb der sozialen Beziehungen in Venedig deutlich nachzu- vollziehen. Die Briefe Reichs an Linhart Tucher verweisen darüber hinaus auch auf das zweite wichtige Kontrollelement in der Ausbildung der Kaufleute. In der Korrespondenz mit seinem Oheim entschuldigte sich der junge Nürnberger immer wieder für seine ho-

210 GNM, IA Teil 1, Fasc. 7, Nr. 7, fol. 26b. Zu Kress: hardi zu bleiben: T. Reich aus Venedig an L. Tu- GNM, KA, Sch. XXVIII, Fasc. E, Nr. 1, fol. 1v. Im cher (1530 Jan. 12), StadtAN, E 29/IV-1444. Auch Gegensatz zu anderen Ausgaben fielen sie gering Scheurl verpflichtete Haller zum Gehorsam: „Item aus. Zu den Geldeinheiten u. ihrem Wert: Peter mir bis in allen dingen gehorsam, willig, getrew.“ Spufford, Handbook of Medieval Exchange, (Ro- Archiv Scheurl, Cod. AB, fol. 333r. yal Historical Society. Guides and Handbooks 13), 213 Damit wurde die Notwendigkeit von Vertrauen London 1986, S. 91; Mueller, Venetian Money Mar- gleichzeitig relativiert. Zur Diskussion um die ket, S. 612. Bedeutung von Vertrauen und Kontrolle: Fiedler, 211 So vermerkte er einen „grossen leuchter mit hub- Vertrauen. Zum Mitschicken eines Verwandten schen zyborgen“ an seine Herren, „wan sie heten zum Ausbildungsplatz als zentralem Kontrollme- mich ii jar xiii wochen pey in, daz ich in kain kost- chanismus: Häberlein, Brüder, S. 347. gelt gab.“ GNM, KA, Sch. XXVIII, Fasc. E, Nr. 1, 214 Zu den Schulden in Venedig: T. Reich aus Augs- fol. 3r. Walpurga Kress berichtete von einem „kos- burg an L. Tucher (1530 Feb. 23), StadtAN, E 29/ tenlichen grossen leuhter mit zigborgen“. GNM, IV-1445. Auch von anderen Ausbildungsorten KA, Sch. XXVIII, Fasc. C, Nr. 8, fol. 6r. Ähnlich sind, wie bei Hieronymus Tuchers Brief aus Lyon, bei den ebenfalls als Abschiedsgeschenk an die in dem er auf dessen Beschwerde über Recht- Frauen der Amadi überreichten Silberäpfeln: schreibfehler reagierte, entsprechende Korres- ebd. Zum Schenkbuch der Walpurga Kress: Dr. pondenzen erhalten: „hab ich ewr schreyeben wol Frommann, Das Schenkbuch einer Nürnberger fernumen wie ich nit bey meinem schreyeben nit Patricierfrau von 1416 bis 1438, in: Anzeiger für recht pustabst das wyl ich furpas passer darauff se- Kunde der deutschen Vorzeit 23 (1876), S. 37–42 hen […] Auch so hoff ich wol euch mein nachste u. S. 70–74. rechnung ornlich nauß schicken.“ H. Tucher aus 212 Thomas Reich ergab sich – wenn auch widerwillig Lyon an A. Tucher (1518 Apr. 28), StadtAN, E 29/ und nur vorläufig – in seine Pflicht, bei Burck- IV-249. 2. Strukturen der Nürnberger Präsenz in Venedig · 81 hen Ausgaben, die Schulden, die er in Venedig gemacht hatte, und seine Säumigkeiten. So hatte er etwa eine Abschrift einer für Endres Imhoff ausgestellten Rechnung, die of- fenbar auch Linhart Tucher zur Überprüfung der Fortschritte Reichs zukommen sollte, nicht angefertigt.214 Die Briefe in die Vaterstadt sind meist der einzige Hinweis, welche Aspekte die Kontrolle der jungen Kaufleute umfasste, auf welchen Ebenen sie stattfand und wie die Überprüfung zwischen Ausbildungsort und dem Nürnberger Patron ablief. Auf die Regelmäßigkeit solcher Berichte bestand auch Christoph I. Scheurl in seinem Regiment für Hieronymus Haller.215 So entstand eine kontinuierliche Kontrolle der Ein- satzbereitschaft, des Fleißes, des persönlichen Lebenswandels und anderer Inhalte der Ausbildung. Letztlich gab auch der geschäftliche Erfolg der jungen Kaufleute Auskunft über den Fortgang ihrer Lehre. Nicht immer scheinen die Ausbildung und ihr Ende positiv verlaufen zu sein. Wie- derholt finden sich, beispielsweise bei Thomas Reich oder den unterschiedlichen Lehr- lingen Christophs I. Scheurls, auch Erscheinungsformen des Scheiterns. Bedingt werden konnten sie durch mangelnden Fleiß, Verschwendung und Schulden oder Konflikte mit den Herren. Wie bei Reich konnte sich der Abbruch der Ausbildung nur auf den Aufent- halt in Venedig beziehen. Hieronymus Haller hingegen wurde generell aus den Diensten Scheurls entlassen. Als Fritz Kress hingegen nach drei Jahren erfolgreicher Ausbildung in Venedig am 4. Februar 1427 nach Nürnberg zurückkehrte, veranstalteten seine Eltern für ihn ein Fest, bei dem der junge Kaufmann von seinen Verwandten und Freunden mit vielen Geschenken bedacht wurde. Die meisten der anwesenden Patrizier schenkten ihm Wein oder Fisch. Von seinem Oheim Franz Waldstromer bekam er einen schwarzen Rosenkranz mit grünen Seidenquasten und einem heiligen Christophorus aus Silber.216

2.2.3 Inhalte der Ausbildung

Wie bei Christoph I. Scheurl waren die wichtigsten Motive für den Venedig-Aufenthalt der Nürnberger Kaufmannslehrlinge, sich die italienische Sprache anzueignen und das dortige Kaufmannswesen kennenzulernen.217 Neben der Fähigkeit, Geschäfte abzuwi- ckeln, und der Buchführung waren Kenntnisse über die Waren, Maßeinheiten, Währun- gen, Usancen218 und Handelsgebräuche an dem für die Nürnberger bedeutenden Hand-

215 „nit spar dein schreyben.“ Archiv Scheurl, Cod. gewohnheitsrechtliche Rahmenbedingungen des AB, fol. 332v. Handels“: Denzel, Professionalisierung, S. 428. 216 GNM KA, Fasc. XXVIII, Fasc. E, Nr. 1, fol. 3r. Hier auch zu den unterschiedlichen Inhalten der Geschenke bekamen auch H. Imhoff u. K. Let- Auslandslehre. Vgl. auch: Erich Maschke, Das Be- scher bei ihrer Rückkehr: Tucher, Haushaltsbuch, rufsbewusstsein des mittelalterlichen Kaufmanns, fol. 63v, S. 53 u. fol. 75r, S. 69. Zum Scheitern Hal- in: Städte und Menschen. Beiträge zur Geschichte lers: Archiv Scheurl, Cod. AB, fol. 335rv. der Stadt, der Wirtschaft und Gesellschaft 1959– 217 Archiv Scheurl, Cod. AB, fol. 78v. 1977, hg. v. dems., (VSWG Beihefte 68), Wiesba- 218 Denzel definierte Usancen als „rechtliche und den 1980, S. 380–419, S. 415. 82 · II. Nürnberger in Venedig lungsort als eine Art „pragmatische Aneignung […] fremder Kultur“219 ausschlaggebend. Hinzukam das Erlernen sozialer Umgangsformen als wichtiger Teil der Ausbildung. Der Erwerb von Sprachkenntnissen war ein bedeutender Inhalt der Auslandslehre und vor allem ein entscheidender Faktor für die Wahl des Ausbildungsorts wie für die zukünftige geographische Ausrichtung des Lehrlings. Das Erlernen des Italienischen wurde immer wieder explizit als Motiv für den Aufenthalt in Venedig oder auch in anderen Städten der Apenninhalbinsel angegeben.220 Die Entscheidung für eine Lehre in Italien stand auch im Zusammenhang mit der Bedeutung des Italienischen als wichtigster europäischer Handelssprache.221 Der Spracherwerb war ausgerichtet auf die geschäftlichen Notwen- digkeiten. Er wurde an den Bedürfnissen des Handelsalltags222 und den Normen und Werten,223 die der Ausbildung und dem sozialen Kontext der Kaufleute zugrunde lagen, ausgerichtet. Das „sprachliche Handlungswissen“ in Form von Fachvokabular bildete ei- nen „Teil des Selbstverständnisses“ der Fernhändler und die Grundlage „mobiler kauf- männischer Existenz“.224 Wichtig für das Erlernen des venezianischen Dialekts225 war die Möglichkeit, täglich Handelsgeschäfte abzuwickeln. Zwar stellte die venezianische Signoria mit den Sensali, die die Kaufleute im Fondaco nach Vorschrift zu ihren Geschäften heranziehen muss- ten, auch Dolmetscher.226 Oftmals jedoch widersetzten sich die Kaufleute beider Seiten den Vorgaben der Signoria und wickelten ohne die Aufsicht eines Sensals die Geschäfts-

219 Marchal, Europäische Kulturen, S. 577: in Anleh- Kontext stehen, Wörter, die in Verbindung mit nung an Fouquet, „Kaufleute auf Reisen“. Aspekten wie Frömmigkeit und Rechtschaffen- 220 Franz Hirschvogel und Gabriel Imhoff wurden heit zu bringen sind: vgl. u. a. „Chomprendeuele“ / z. B. zum Spracherwerb nach Florenz geschickt. Zu „v(er)nunfftig“, „Rasoneuele“ / „weschaiden“: Ge- Hirschvogel: StadtAN E 1/617–1, fol. 53v. Vgl. auch org v. Nürnberg, Sprachlehrbuch, in: Das älteste Schaper, Hirschvogel, S. 63. Gabriel Imhoff wur- italienisch-deutsche Sprachlehrbuch. Eine Über- de 1511 von seinem Bruder Endres nach Florenz lieferung aus dem Jahre 1424 nach Georg von begleitet: GNM, IA Teil 1, Fasc. 44, Nr. 1, fol. 38v. Nürnberg, hg. v. Oskar Pausch (Österreichische Michael Imhoff und Hieronymus Reich begleitete Akademie der Wissenschaften, Phil.-hist. Klasse, Endres I. 1521 aus demselben Grund nach Vene- Denkschriften 111. Veröffentlichungen der histo- dig: ebd., fol. 40r. rischen Kommission 1), Wien u. a. 1972, fol. 20v, 221 Latein war unter den Kaufleuten als wichtigste Z. 25–26, S. 133. transalpine Verständigungssprache um 1400 be- 224 Fouquet, „Kaufleute auf Reisen“, S. 466. reits zunehmend durch die Volkssprache ersetzt 225 Zum mittelalterlichen venezianischen Volgare: worden, wurde aber – meist in der Herkunfts- Alfredo Stussi, La lingua, in: Storia di Venezia 2: stadt – noch immer gelernt und herangezogen: L’età del comune, hg. v. Giorgio Cracco u. Gherardo Fouquet, „Kaufleute auf Reisen“, S. 470. Zu Spra- Ortalli, Rom 1995, S. 783–801. cherwerb und Sprachkontakten vgl. auch: Eva- 226 Vgl. Kap. II.2.3. Es ist davon auszugehen, dass man Maria Wilhelm, Italianismen des Handels im hier je nach Aufenthaltsdauer und Handelsinteres- Deutschen und Französischen. Wege des frühneu- sen differenzieren muss. Viele kleinere Kaufleute zeitlichen Sprachkontakts, (Pluralisierung & Auto- werden möglicherweise eher auf die Sensali zu- rität 34), Berlin u. a. 2013. rückgegriffen haben als die Angehörigen großer 222 Bruchhäuser, Kaufmannsbildung, S. 99. Handelsgesellschaften. 223 Im Sprachlehrbuch Georgs finden sich deutlich häufiger als Vokabeln, die im kaufmännischen 2. Strukturen der Nürnberger Präsenz in Venedig · 83 verhandlungen direkt untereinander ab, wie der Übungsdialog im Sprachlehrbuch des Georg von Nürnberg zeigt.227 Hierfür war die gute Beherrschung des Venezianischen notwendig. Auch bildete sie die Grundlage für den Aufbau persönlicher Beziehungen zu venezianischen Handelspartnern und damit stabilen geschäftlichen Verbindungen mit ihren besonderen wirtschaftlichen Vorteilen. 228 Bereits um 1400 fand sich mit der Korrespondenz der Amadi und Kress ein Bei- spiel der Beherrschung des Veneziano und seiner Nutzung als Kommunikationsmittel.229 Wie die Kaufleute die Sprache erlernten, wird jedoch erst anhand der Sprachlehrbücher ab der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts greifbar.230 Mit dem Buch des „maister Jorg […] von nurmberck“231 kann das vielleicht älteste überlieferte dieser Lehrbücher für den deutsch-italienischen Spracherwerb in das Umfeld der Nürnberger in Venedig einge- ordnet werden.232 Dass die fränkische Reichsstadt der wichtigste geographische Bezugs- punkt nördlich der Alpen war, lässt sich an der Aufzählung der oberdeutschen Städte erkennen, unter denen Nürnberg mit den entsprechenden Herkunftsbezeichnungen als erste aufgeführt­ wird.233 Vermutlich gab es nicht erhaltene Vorläufer des Buchs von 1424. Und auch vor Georg von Nürnberg waren wohl „halbprofessionelle Deutschlehrer“ in Venedig und anderen italienischen Städten tätig.234 Das Sprachlehrbuch Georgs tritt al- lerdings durch seine frühe Verschriftlichung, seine Quantität und Gliederung, seinen Dialogteil und dessen didaktischen Wert wie auch durch die Unmittelbarkeit und prak- tische Anwendbarkeit seiner Inhalte innerhalb des deutsch-venezianischen Wirtschafts- austausches hervor. Die Ausrichtung auf den Handel mit dem Reich nördlich der Alpen verdeutlicht auch die Lage der Schule des Sprachlehrers „auff sandt bartholmes placz […] [n]ahent pey dem deuczen hauzz“.235 Bei der Frage nach dem Zielpublikum des Buchs

227 Georg v. Nürnberg, Sprachlehrbuch, fol. 86r–90v, tina Blusch, Ein italienisch-deutsches Sprachlehr- S. 239–247. buch des 15. Jahrhunderts. Edition der Handschrift 228 Zur Sprache als grundlegendem Faktor von Bezie- Universitätsbibliothek Heidelberg Pal. Germ. 657 hungen im kaufmännischen Kontext: Vgl. Fouquet, und räumlich-zeitliche Einordnung des deutschen „Kaufleute auf Reisen“. Zu Sprache als Inklusions- Textes, (Regensburger Beiträge 51), Frankfurt u. a. und Exklusionsfaktor: Israel, Fremde, S. 101–107. 1992, S. 292–298 u. S. 302; Glück, Georg von 229 Braunstein, Relations d’affaires. Hier sind die Brie- Nürnberg, S. 37. Laut Rossebastiano handelte es fe, die sich im Kress-Archiv des Germanischen Na- sich um die Verschriftlichung von Unterrichts- tionalmuseums befinden (GNM, KA, Sch. XXVIII, stunden: Alda Rossebastiano, Deutsch-italienische Fasc. A), teilweise ediert: ebd., S. 267–269. Vgl. Vokabulare des 15. Jahrhunderts: Inhalt, Struktur, hierzu auch: Glück, Georg von Nürnberg, S. 35. Zielgruppe, in: Die Volkssprachen als Lerngegen- 230 Fouquet sprach hier von einer „schriftliche[n] ,Re- stand im Mittelalter und in der frühen Neuzeit, hg. gulierung von Mündlichkeit‘“: Fouquet, „Kaufleute v. Helmut Glück, Berlin 2002, S. 1–20, S. 4–7. auf Reisen“, S. 486. 233 „Nurmbergo“ / „Nurmberck“, „Vn nurmbergene- 231 Georg v. Nürnberg, Sprachlehrbuch, fol. 100r, Z. 2 se“ / „Ein nurmberger“, „Vn da nurmbergo“ / „Ei- u. 4, S. 261–262. ner fon nurmbergck“ Georg v. Nürnberg, Sprach- 232 Zur Diskussion um eine möglicherweise frühere lehrbuch, fol. 38v, Z. 21–23, S. 161. Datierung einer Heidelberger Handschrift sowie 234 Glück, Georg von Nürnberg, S. 35 u. S. 40. die linguistische Verortung eher in einem schwä- 235 Georg v. Nürnberg, Sprachlehrbuch, fol. 99v, Z. 31 bischen denn in einem fränkischen Kontext: Mar- u. 33, S. 261. Vgl.: Glück, Georg v. Nürnberg, S. 42. 84 · II. Nürnberger in Venedig wird in der Forschung zwar davon ausgegangen, dass es in erster Linie für das Deutsch- lernen von Venezianern bestimmt war, die zum Beispiel als Sensali mit den Kaufleuten aus dem Norden Geschäfte tätigten. Auch konnten die Nürnberger Händler die Sprache in Venedig im direkten Gebrauch lernen. Bestimmte Aspekte der venezianischen Lan- deskunde236 lassen jedoch vermuten, dass auch deutschsprachige Personen angesprochen werden sollten. Dass Interesse von Nürnberger Seite an entsprechenden Sprachbüchern bestand, verdeutlicht die Überlieferung eines auf 1459 bis 1461 datierbaren italienisch- deutschen Lehrbuchs in der Bibliothek Hartmann Schedels.237 Das Sprachlehrbuch Georgs ist in drei Teile gegliedert. Neben einer Auflistung wich- tiger Vokabeln und Konjugationen finden sich im dritten Teil drei Dialoge aus dem kaufmännischen Handelsalltag als Anwendungsbeispiele. Wichtig war also nicht nur die Vermittlung einzelner Wörter, sondern auch deren Kontextualisierung. Die Vokabeln vermitteln einen Eindruck dessen, was man im Austausch zwischen Venezianern und deutschen Kaufleuten offenbar für wissenswert und anwendungsnotwendig hielt. Dabei stammten sie nur teilweise aus dem kaufmännischen Kontext. Trotz häufiger Verwei- se in diese Richtung bilden „die chauffmanschafft“ und die unterschiedlichen Waren238 nicht den Schwerpunkt der aufgeführten Wörter. Sehr viel stärker kaufmännisch orien- tiert sind hingegen die Dialoge. Sie verdeutlichen, wie notwendig die Beherrschung der fremden Sprache und ihrer Feinheiten für den erfolgreichen Handel war.239 Gleichzeitig konnten die Schüler so auch den Ablauf der Geschäfte erlernen. Dabei zeigt sich ein be- sonderer Schwerpunkt im Aufbau persönlicher Beziehungen. Neben vielen Vokabeln zu Normen und Werten des kaufmännischen Handelns und Miteinanders, wie Diensteifer und „wolgeczogene[m]“ Verhalten,240 thematisieren auch die Dialoge, wie man Bezie- hungen zwischen venezianischen und deutschsprachigen Händlern knüpfte. Die Kenntnis der Ortssprache war auch für weitere Aspekte der Lehre grundlegend wie die Anweisungen im Regimennt für Hieronymus Haller zeigen. Hier ist überliefert, auf welche Weise der Alltag der jungen Kaufmannslehrlinge ablief. Christoph Scheurl erteilte dem jungen Patriziersohn klare Anweisungen, wie dieser seinen Tag zu gestalten habe. Nach dem morgendlichen Besuch der Messe solle Haller zum „rechenmayster“ gehen, um sich dann im Fondaco einzufinden. So es „zeit [sei,] an Realt zugeen“, solle er dort erscheinen. Dort erwarb der Kaufmann Kenntnisse der Waren und unterschied-

236 Zu nennen wäre hier z. B. die sonntägliche Fahrt an S. 128 (Rohstoffe), fol. 21rv, S. 134–135 (Speze­ den Lido (ital. Version): „domenga euoio andare reien). alido asolazo per mio piaser.“ Georg v. Nürnberg, 239 Das Feilschen um die Ware war z. B. nur über Sprachlehrbuch, fol. 4v, Z. 14, S. 107. die Beherrschung der Sprache möglich: vgl. 237 „Liber doctoris Hartmanni Schedel de Nürember- Kap. II.2.4. ga.“ BSB, Cod. ital. 362. 240 „Ben chostumado“ / „wolgeczogen“ u. „Mal chostu- 238 „la marchadantia“ Georg v. Nürnberg, Sprachlehr- mado“ / „vbel geczogen“; „Seruiciale“ / „diensthaf- buch, fol. 26v, Z. 6, S. 142. Zu den Waren: u. a.: tigt“ Georg v. Nürnberg, Sprachlehrbuch, fol. 21r, ebd., fol. 7v, S. 111–112 (Tuche und deren Qualität Z. 2, 3 u. 11, S. 133. und Farben), fol. 17r, S. 127 (Edelsteine), fol. 17v, 2. Strukturen der Nürnberger Präsenz in Venedig · 85 lichen Handelsbräuche und erhielt Einblick in die rechtlichen Gewohnheiten vor Ort. Obwohl im Regimennt der Spracherwerb nicht explizit erwähnt wird, machte spätes- tens die Aufforderung Scheurls an seinen Schützling, jeden Tag die Geschäfte am Rialto zu verfolgen und die Waren, Preise und Neuigkeiten, die er „zw auf oder abschlag der pfennbart“ höre, zu vermerken, deutlich, dass die Beherrschung des Venezianischen auch hierbei die entscheidende Voraussetzung war. Nach dem Mittagessen solle der Lehrling ein oder zwei Stunden „ergetzlichkait haben“, bevor er wiederum beim Rechenmeister, im Handelshaus und am Rialto seine jeweiligen Kenntnisse vertiefte.241 Zum Erwerb von Rechenkenntnissen mussten die Lehrlinge nicht notwendigerwei- se nach Italien kommen. Christoph I. Scheurl hatte selbst mehrere Jahre in Nürnberg bei einem­ „berumpten rechenmayster“ gelernt.242 Gerade in der fränkischen Reichsstadt hatte sich bereits im 15. Jahrhundert eine ausgeprägte Tradition von Rechenschulen entwickelt. Wie im gedruckten Rechenbuch des Nürnbergers Ullrich Wagner von 1482 wurde in den Beispielaufgaben oftmals mit venezianischen Waren gerechnet.243 Den- noch gehörte die Rechenausbildung auch während der Auslandslehre zu den wichtigen Betätigungen der jungen Lehrlinge, wie die Angaben zu Kosten für Rechenmeister und Rechenutensilien in den Abrechnungen Friedrichs III. Kress und Wolf Imhoffs belegen. Hier verfeinerten die jungen Kaufleute ihre Kenntnisse. Einen Eindruck der Inhalte gibt das Exemplar der Aritmetica mercantile des Venezianers Pietro Borghi aus dem Besitz Johannes Schedels. Der Jahre nach seiner Rückkehr aus Venedig verfasste handschrift- liche Zusatz Schedels, der sich für seine Aufgaben den Handel mit der Lagunenstadt zum Beispiel nahm und möglicherweise einer eigenen Unterrichtsmitschrift entstammte, zeigt die Ansprüche der Kaufleute an die Arithmetik. Neben dem Rechenunterricht in Venedig selbst wurden die in der Serenissima vermittelten Kenntnisse also auch in Form venezianischer Lehrbücher von den Nürnbergern genutzt, um ihr Können in Italien oder in Nürnberg zu vertiefen.244

241 Archiv Scheurl, Cod. AB, fol. 332rv. (Herzog-August-Bibliothek Wolfenbüttel Aug. 242 „von dem er dy khunst des rechenns kurtzlichen 18.4.4°), Unpubl. Magisterarbeit, (Kiel 2009). Zu unnd dermassen begrif, das er den anndern jungen Rechenaufgaben: ebd., S. 74–80. etban in abwesen unnd aus bevelch des maysters 244 Borghi, Artimetica mercantile; Exemplar: BSB, 4 fur gab, sy verhoret, unnd wo sy felten, rupfet unnd Inc. c.a. 824 u. Cgm 9520. Im Buch selbst ist ver- straffet, des er ein freyd het unnd im wolgefiel.“ merkt, dass die Aritmetica „facta et compilata per Archiv Scheurl, Cod. AB, fol. 78v. Piero borgi da Venesia“ sei: ebd., fol. 2r. Johannes 243 Denzel, Professionalisierung, S. 427. Auch in Schedel kann es jedoch nicht während seiner ei- späteren Büchern, wie dem Wolfenbüttler Kauf- genen Ausbildung erworben haben, die er wohl mannsbüchlein von 1511 (HAB, Aug. 18.4.4°) oder um 1460, also 30 Jahre vor dessen Erscheinen, dem Rechenbüchlein Christoph II. u. Maximilan absolvierte. Es ist dennoch anzunehmen, dass die Scheurls (StBN, Amb. 31–8°) fanden sich Rechen- Nachträge eigene Mitschriften sind, da es sich um aufgaben mit Venedigbezug. Zum Wolfenbüttler eigenständige Eintragungen handelt. Der klare Kaufmannsbuch ausführlich: Sabrina Stockhusen, inhaltliche Bezug zu Venedig verweist auf einen Das süddeutsche Kaufmannshandbuch von 1511 Erwerb der Kenntnis im entsprechenden Kontext. 86 · II. Nürnberger in Venedig

Als weitere Grundfähigkeit der Kaufleute und wichtigen Ausbildungsgegenstand gab Scheurl das Führen von Rechnungs-, Schuld- und Geschäftsbüchern an. Er forderte Hal- ler auf, „alles, das so dw hanndlest, es sey mit kauffen oder verkauffen, mit den pennck- hen, bezallungen oder anndern“ jeden Abend vor dem Zubettgehen zumindest in seinem Journal, besser noch in den Geschäftsbüchern zu vermerken.245 Daneben mussten die Lehrlinge lernen, Abrechnungen und andere geschäftliche Schriftstücke zu erstellen.246 Insbesondere Scheurls Nennung der unterschiedlichen Arten von Büchern verweist ne- ben der Übernahme von italienischen Rechnungs- auch auf diejenige dortiger Buchfüh- rungstechniken. Diese verhalf Nürnberg zur „Führung im kaufmännischen Schriftwesen im Reich“.247 Bereits in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts verwendeten die Nürnber- ger Kaufleute, wie die Praun oder Tucher, eine voll ausgeprägte doppelte Buchführung.248 Ebenso nahm das Führen von Korrespondenzen einen hohen Stellenwert in der Aus- bildung ein. Die zunehmende geographische Ausdehnung der Handelsbeziehungen, die Abwicklung der Geschäfte über große Distanzen hinweg und die Etablierung von dauer- haften Niederlassungen an fremden Handelsorten machten eine intensivere schriftliche Kommunikation zwischen diesen und der Nürnberger Gesellschaftszentrale notwen- dig.249 Thomas Reich berichtete seinem Oheim, dass die hauptsächliche Aufgabe seiner Ausbildung bei Burckhard de Burckhardi das Führen von dessen Briefbuch sei.250 Auch spiegeln Reichs Schreiben knapp 50 Jahre nach dem Regimennt wider, dass dessen An- forderungen tatsächlich nachgekommen wurde. Dabei erlernte der Kaufmannslehrling sowohl den spezifischen, stark formalisierten Aufbau der Geschäftskorrespondenz wie

245 Für das erste Notieren besaß Haller ein „tefelein“. 248 Denzel, Professionalisierung, S. 427. Die Notizen wurden dann entweder in ein „copis“ 249 Vgl. hierzu Heimann: „Die räumliche Ausweitung bzw. „schuldbuch“ oder eben ein „zornall“ übertra- der Korrespondenzpartner, die Beschleunigung gen. Zur Vergesslichkeit: „getraw deynem kopf nit, des Informationsflusses […] deuten auf ein in- nichts uber nacht daryn zutragen, wann so dw dein tensiviertes Erlernen von Kommunikation hin.“ hanndlung eingeschriben, unnd deinen khopf ge- Heimann, Briefwesen, S. 15. Zur Kommunikation: raumbt hast, khumb dich der schlaf unnd all ann- Kap. III.3. der ding dester sennffter an.“ Archiv Scheurl, Cod. 250 „allain das sein mein geschefft, das ich kopir, was AB, fol. 332v–333r. mein alter schreybt, ein jdlichen brieff in sein buch 246 T. Reich aus Venedig an L. Tucher (1529 Feb. 6 und darnach widerumb auß dem buch ab kopir, m.v. = 1530 Feb. 6), StadtAN, E 29/IV-1437. Veit und pey den nechsden potten schreybt mein her Imhoff vermerkte über die Schuldenabrechnung wider darzw und schicktt alweg die copia mit, waß gegenüber seinen Brüdern 1496, er habe einen sych dan sunst zw dreckt“ T. Reich aus Venedig an handschriftlichen Schuldschein ausgestellt: (1496 L. Tucher (1529 Mär. 14), StadtAN, E 29/IV-1438. Feb. 20), GNM, IA Teil 1, Fasc. 21, Nr. 7c (1). Vgl. Auch Anton Tucher erhielt ähnliche Nachrichten auch den zweiten Dialog Georgs von Nürnberg: aus Lyon, wo Hieronymus Tucher für seinen Herrn „lasst mïr nur ein geschrifft von ewer hant“; Georg und für sich selbst ein Briefbuch führte: „Ich bin v. Nürnberg, Sprachlehrbuch, fol. 95v, Z. 28, S. 255. den ganzen tag im kunder und koppir meinem Ein Hinweis auf Warentransportpapiere findet sich heren sein prief ins puch […] so hab ich mir ein im Kaufmannsbüchlein von 1511: Stockhusen, puchlein gemach, da in schreyeb ich die prief ab, Kaufmannshandbuch, S. 80–83. die nix mer bert sen.“ H. Tucher aus Lyon an A. 247 Denzel, Professionalisierung, S. 428. Tucher (1517 Aug. 20), StadtAN, E 29/IV-241. 2. Strukturen der Nürnberger Präsenz in Venedig · 87 auch Inhalt und Art der zu vermittelnden Information.251 Zwar dienten die Briefe auch dem persönlichen Austausch. Im Zentrum standen jedoch gerade bei jungen Kaufleuten geschäftsrelevante Nachrichten. Die Aufforderung zum ununterbrochenen Mitführen ei- nes Wachstäfelchens, um alle Geschäfte, Waren- und Preisentwicklungen zu vermerken und die Informationen dann an den Patron in Nürnberg zu übersenden, wiederholte Christoph I. Scheurl mehrmals. Auch solle Haller alle Neuigkeiten, die er zwischen dem Abschluss seines Briefes und dem Aufbruch des Boten aus Nürnberg erfahren habe, dem Geschriebenen hinzufügen. In wichtigen Angelegenheiten solle er die Informationen ko- pieren und in einem zweiten Schreiben noch einmal nach Nürnberg berichten, falls „ein brief verlorn wurd.“252 Als Informationsorte dienten vor allem der Rialto und, wie Lorenz Meder seinen Lesern 1558 nahelegte, das „Oficio“ im Fondaco.253 Die Verschriftlichung der erworbenen Kenntnisse half nicht nur der direkten Infor- mationsübermittlung in die Vaterstadt, sondern auch dem Anlegen eines Wissensap- parats für den eigenen Gebrauch und für eine Tradierung, meist innerhalb der Han- delsgesellschaft.254 Die Ermahnungen an Hieronymus Haller zu täglichen Einträgen in sein Notizbuch oder Journal weisen darauf hin, dass diese Zusammenstellung von Wis- sen täglicher Teil der Ausbildung war. Die Art und Weise, wie es „zw Venedig gehalten“ wurde, war auch für die Ausbildung an anderen Orten maßgeblich.255 Die Sammlung von kaufmännischem Wissen, dessen Verschriftlichung und Tradierung hatte sich seit dem späten 13. Jahrhundert in Italien, vor allem in der Toskana und Venedig, etabliert. Francesco Pegolottis Practica della Mercatura von 1340 wurde zum Vorbild vieler wei- terer Handelspraktiken.256 Diese wurden, wie auch das Scheurl’sche Regiment verdeut-

251 Besonders deutlich wird dies in den Briefen Reichs: aus Nürnberg an W. Behaim in Lissabon (1507 StadtAN, E 29/IV, Nr. 1439–1442. Vgl. auch Hä- Jan. 30), StadtAN, E 11/II-585. berlein, Kaufmannswissen, S. 277. 256 Zum Begriff der Handelspraktiken: Markus A. 252 Archiv Scheurl, Cod. AB, fol. 333r. Zur Absen- Denzel, Handelspraktiken als wirtschaftshisto- dung der Nachrichten „ein bot gleich auf will seyn. rische Quellengattung vom Mittelalter bis in das Erfragstu dann in solcher zeit was weyters, das frühe 20. Jahrhundert. Eine Einführung, in: Kauf- schreib dartzw […].“ Ebd., fol. 332v. mannsbücher und Handelspraktiken vom Spät- 253 Meder, Handelsbuch, S. 136. Vgl. hierzu Kap. mittelalter bis zum beginnenden 20. Jahrhundert, III.4. hg. v. dems. (VSWG. Beihefte 163), Stuttgart 2002, 254 Die grundlegenden Beiträge zur Aneignung und S. 11–45, v.a. S. 13–14. Nach Spufford ist dabei zum Gebrauch von Kaufmannswissen und zu ent- zwischen Notizbüchern, sogenannten Zibaldoni, sprechenden Entwicklungen in: Häberlein, Kauf- und den Manuali, also Kaufmannshandbüchern, mannswissen; Denzel, „Wissensmanagement“. zu unterscheiden. Da die Notizbücher im Laufe der 255 Der Brief Michael IV. Behaims an Wolf Behaim Zeit in Handbücher übergingen, sei dies oftmals in Lissabon gleicht dem Regiment Scheurls stark: nicht eindeutig zu trennen: Peter Spufford, Spät- „und schreib dein sach alletag ein, e dw dich mittelalterliche Kaufmannsnotizbücher als Quel- schlaffen legst, in ein memorial. Das ist dir das al- le zur Bankengeschichte. Ein Projektbericht, in: ler nottigst. Darnach in der wochen, so dw wol zeit Kredit im spätmittelalterlichen und frühneuzeitli- hast, so raum ein ytlichß an sein stat, wo das hin- chen Europa, hg. v. Michael North, (Quellen und gehort. So magstw nichtz vergessen, alsso wirt es Darstellungen zur hansischen Geschichte. NF 37), zw Venedig gehalten. Wo einer das nit mit fleis dut Köln u. a. 1991, S. 103–120, S. 104. alle tag, vergist einer in der nacht vil.“ M. Behaim 88 · II. Nürnberger in Venedig licht, während der Geschäfte von dem jeweiligen Kaufmann für sich selbst oder seine Gesellschaft zusammengestellt und dienten der „individuellen Wissensvermittlung“ und -akkumulation.257 Der Zibaldone der venezianischen Familie Canal von 1454258 ist in der Vielfalt und Heterogenität des dort versammelten Wissens das berühmteste Beispiel einer solchen Materialzusammenstellung und legt nahe, dass auch in der Lagunenstadt diese Art kaufmännischer Informationssammlung hochentwickelt war. An dem venezi- anischen Vorbild orientierten sich wohl auch die Nürnberger. Die frühen überlieferten Handelspraktiken stammten dementsprechend aus dem oberdeutschen Raum und ba- sierten wohl auf Aufzeichnungen wie denen des Hieronymus Haller. Bereits 1464 führte Hans Tetzel in seinem Inventar unter anderem „ein puchlein von allerlei kauffmanschafft hie zu Venedig und in andern landen“ an.259 Das Buch über Handelsbräuche der Paum- gartner von 1484–1506 entstand zwar wahrscheinlich in Augsburg. Die engen Kontakte der Familie nach Franken und seine inhaltliche Ausrichtung verbinden es jedoch eng mit den Nürnberger Handelsgeschäften.260 Wie auch das oberdeutsche Kaufmannsbüchlein von 1511 hatte die Paumgart’nersche Handelspraktik in der fränkischen Reichsstadt ihren wichtigsten geographischen Bezugspunkt nördlich der Alpen.261 Maßgeblicher Handels- ort war jeweils Venedig. Diese Achse zwischen der Lagunenstadt und Oberdeutschland als Schwerpunkt der Aufzeichnungen262 wurde auch von dem Nürnberger Lorenz Me- der in seiner Zusammenstellung von Handelsbräuchen, Münzen, Waren, Gewichts- und Maßeinheiten an den „fürnembsten hendelstetten Europe“ in der Mitte des 16. Jahrhun- derts aufgegriffen.263 Die erhaltenen oberdeutschen Kaufmannshandbücher des frühen 16. Jahrhunderts zeigen, welche Bedeutung das Wissen um Handelsgebräuche und -inhalte an unterschied- lichen Plätzen für erfolgreiche Geschäfte hatte. Die Zusammenstellung der Notizen, die einzelne Personen im Umkreis einer Handelsgesellschaft von ihren jeweiligen Wirkungs- stätten vermittelten, in Handbüchern erleichterte die Tradierung der Informationen und erhöhte gleichzeitig den Wert ihrer Sammlung für das Unternehmen. „[K]ommerzielles Wissen“ war für die Gesellschaften „Kapital“264 und konnte gerade an weniger bekannten oder an den an Bedeutung zunehmenden Handelsorten wesentliche Vorteile bringen. So war es von größtem Interesse für die Gesellschaften, den Kreis derjenigen, die in Besitz dieses Wissens kamen, zu beschränken.265 Als Lorenz Meder sein Kaufmannshandbuch

257 Denzel, „Wissensmanagement“, S. 78. aber ebenfalls eine schwäbische Herkunft ange- 258 Alfredo Stussi, (Hg.), Zibaldone da Canal. Ma- nommen: Stockhusen, Kaufmannsbuch, S. 6 u. noscritto mercantile del sec. XIV, (Fonti per la sto- S. 98. ria di Venezia. Sez. V. Fondo Vari), Venedig 1967. 262 Vgl. u. a.: Denzel, „Wissensmanagement“, S. 82. 259 StAN, Handschriften (Rep. 52a), Nr. 305, fol. 63r. 263 Meder, Handelsbuch, S. 123. Vgl. zur Funktion als 260 Karl Otto Müller (Hg.), Welthandelsbräuche Handapparat und zur Ausbildung auch: Denzel, (1480–1540), (Deutsche Handelsakten des Mittel- „Wissensmanagement“, S. 76. alters und der Neuzeit 5), Stuttgart u. a. 1934, S. 6. 264 Häberlein, Kaufmannswissen, S. 274. 261 Auch bei diesem ist nicht eindeutig, ob das Buch 265 Häberlein betonte den Aspekt der Geheimhaltung: aus Nürnberg oder Augsburg stammte. Es wird Häberlein, Kaufmannswissen, S. 274. 2. Strukturen der Nürnberger Präsenz in Venedig · 89

1558 als erstes seiner Art in Oberdeutschland in den Druck gab, war er sich der Brisanz des Unterfangens bewusst und rechtfertigte in seiner Einleitung, warum er „verborge- nen […] künsten […] so bißhero, noch nie an den tag kommen, […] jetzt an tag un[d] liecht bringen“ wolle. Indem er die von den Kaufleuten behüteten „heimligkeyten und vortheylen hierdurch offenbaret“266, hoffe er, „[a]llen hanthierern“ nützlich zu sein.267 Die explizite Aussage, es handle sich um ein Kaufmannsbuch für „alle“ Händler, macht eine Differenzierung in Bezug auf die Tradier- und Verbreitungsbedenken und den Wunsch nach Geheimhaltung nötig. Es muss stärker als bisher nach Handelsplatz, Alter des Kaufmanns, seiner Aufenthaltsdauer und Erfahrung an einem Ort und vor allem seiner Zugehörigkeit zu einer der bedeutenden oberdeutschen Gesellschaften un- terschieden werden. Gerade das Wissen um Usancen, Geschäftsgewohnheiten, Maße und Münzen an so frequentierten und wichtigen Handelsorten wie Venedig ist aufgrund der Dichte der Austauschbeziehungen in der oberdeutschen Hochfinanz wohl eher als vergleichsweise verbreitet anzusehen denn als innergesellschaftliches Geheimnis. Der Umstand, dass es sich bei den Kaufmannshandbüchern meist um ein über längere Zeit angesammeltes und damit etabliertes und nicht um „neues“ Wissen handelte, verstärkt dies noch. An den relevanten Handelsorten, an denen alle bedeutenden oberdeutschen Gesellschaften meist mit eigenen Niederlassungen und Personen mit oftmals jahrelanger Ortserfahrung vertreten waren, werden die Informationen, die ein solches Handbuch bereitstellen konnte, zumindest für die Angehörigen der Hochfinanz selbstverständlich gewesen sein. Durch eine strenge Geheimhaltung des Wissens innerhalb ihrer Kreise konnte jedoch die Etablierung kleinerer und aufstrebender Konkurrenten eingedämmt und dieses Wissen wie die damit einhergehenden Geschäftsvorteile als Monopol inner- halb der oberdeutschen Hochfinanz erhalten werden. Es ging wohl in erster Linie darum, die Inhalte der Handbücher eben nicht „allen“ Kaufleuten zugänglich zu machen, son- dern innerhalb der Hochfinanz zu bewahren und weiterzugeben. Die Sammlung des kaufmännischen Wissens in Manualen und dessen Weitergabe war an den bedeutenden Handelsplätzen so weniger für die erfahrenen Kaufleute von Bedeutung als vielmehr für die jungen Lehrlinge, die das erste Mal in die entsprechende Stadt kamen. Für sie war es umso wichtiger, bereits zu Beginn ihrer Auslandsausbil- dung die vor Ort gehandelten Waren, die unterschiedlichen Gewichte und Münzen, die Handelsgewohnheiten und die organisatorischen und rechtlichen Gebräuche ihres neuen Wirkungsorts zu kennen. Darüber hinaus dienten ihnen die tradierten Handbücher auch als Anleitung für die Zusammenstellung ihrer eigenen Wissenssammlung. Ähnlich wie

266 Meder, Handelsbuch, S. 125. Die Satzzeichen sind des Matthäus Schwarz aus Augsburg von 1548, aus der Edition übernommen. Westermann und (VSWG. Beihefte 215), Stuttgart 2011, S. 15. Denzel verwiesen darauf, dass das Buch als „eine 267 Meder, Handelsbuch, S. 123. Er war sich bewusst, Art Standardwerk für den oberdeutschen Kauf- dass ihm dies „etliche nicht zum besten und mann konzipiert wurde“: Ekkehard Westermann freundlichsten deuten und außlegen würden“: ebd., u. Markus A. Denzel, Das Kaufmannsnotizbuch S. 125. 90 · II. Nürnberger in Venedig beim Führen der Briefbücher ihrer Herren wurde ihnen hier aufgezeigt, welche Aspekte des kaufmännischen Handelns notier- und tradierungswürdig waren. Gleichzeitig wurde ihnen beigebracht, wie sie die Erkenntnisse zu systematisieren hatten. So erlernten die jungen Kaufleute ein „Wissensmanagement“268, das über eine bloße Weitergabe der vor Ort gewonnenen Kenntnisse hinausging. Diese dienten dann der Anlage eigener Wis- sensapparate. Die relevanten aktuellen Informationen wurden brieflich in die Vaterstadt berichtet. Das aktuelle Wissen war, in weitaus höherem Maß als die traditionellen Kennt- nisse, die in den Handbüchern vermittelt wurden, von wesentlicher wirtschaftlicher Be- deutung und konnte gegenüber der Konkurrenz als entscheidender Vorteil dienen.269 Wie wichtig infolgedessen auch die Geheimhaltung der entsprechenden Informationen war, zeigt die Entlassung Sebald Paumgartners aus den Diensten Christophs I. Scheurls. Der Lehrling hatte geheime Informationen, wahrscheinlich über einen Preisanstieg von Pfeffer, „hinter [Scheurls] wissen“ weitergetragen und seinen Herren damit um Ge- schäftsvorteile gebracht.270 Diese negativen Erfahrungen waren möglicherweise einer der Gründe dafür, dass Scheurl seinen folgenden Lehrling, Hieronymus Haller, ausdrücklich auf Loyalität und Stillschweigen über seine „henndelen unnd geschefften“ verpflichtete. Hallers Vater Jobst versicherte Scheurl gleich zu Beginn seiner Verschreibung, sein Sohn werde ihm immer „gehorsam, willig, getrew unnd gewer sein“ und keinen Handel hinter seinem Rücken tätigen.271 Dafür versprach Scheurl, den Lehrling „nichts unrechts [zu] hayssen“.272 Neben dem Wissen um Waren und Handelsbräuche und der Kenntnis kaufmänni- scher Techniken sollten dem jungen Kaufmann während seiner Ausbildung am fremden Handelsort auch berufsspezifische Verhaltensnormen und soziale Werte vermittelt wer- den.273 Oftmals taucht in den Quellen der Fleiß als Grundkategorie der kaufmännischen Ausbildung auf. Immer wieder betonten die Lehrlinge in ihren Berichten oder Briefen in die Heimat, wie fleißig sie arbeiteten und wie unermüdlich sie versuchten, die An-

268 „Unter Wissensmanagement innerhalb kaufmänni- 271 Archiv Scheurl, Cod. AB, fol. 331r. scher Unternehmungen wird hier der planmäßige, 272 „offennbar meyne henndel unnd geschefft ny- rationale Einsatz von Wissensbeständen innerhalb mants.“ Archiv Scheurl, Cod. AB, fol. 333r. einer Unternehmung, so etwa in der Weiterga- 273 Vgl.: Bruchhäuser, Kaufmannsbildung, S. 93. be des in einem langen Berufsleben erworbenen Auch in Anbetracht anderer späterer Tätigkeitsfel- Erfahrungswissens an spätere Generationen“ ver- der, wie der Ausübung der Stadtregierung, wurde standen: Denzel, „Wissensmanagement“, S. 74–75. eine moralisch-soziale Formung angestrebt. Die Laut Denzel kam es erst mit den Handelskprakti- Bedeutung der „formazione civile“ wurde in der ken zu einem tatsächlichen Wissensmanagement: Forschung zu italienischen Kaufleuten ebenfalls ebd.; Ders., Professionalisierung, S. 433. betont: Ugo Tucci, Mercanti, viaggiatori, pellegrini 269 Vgl. Kap. III.3. nel Quattrocento, in: Storia della Cultura Veneta. 270 „den er von wegen etlicher mitgefurten brief gen Dal primo Quattrocento al Concilio di Trento 3, II, Venedig hinter seynem wissen, dodurch annder hg. v. Girolamo Arnaldi u. Manlio Pastore Stocchi, leut gleicherweis eylten, pfeffer zw kauffen, khurtz- Vicenza 1980, S. 317–353, S. 317. lichen widerumb urlaubet.“ Archiv Scheurl, Cod. AB, fol. 83v. 2. Strukturen der Nürnberger Präsenz in Venedig · 91 weisungen ihrer Patrone zu erfüllen.274 Mögliche Gründe für ausdrückliches Lob durch die Oheime lassen sich in den Dokumenten hingegen nicht ablesen. Hieronymus Haller wurde sogar vorzeitig aus der Ausbildung entlassen, da er offensichtlich „khaynen lust trug zum khaufschlagen“275. Auch über eine zweite Grundanforderung an das Verhalten der Lehrlinge gibt die Ausbildung Hallers Auskunft. Wiederholt ermahnte Scheurl sei- nen Schützling zur Einhaltung eines sittlichen Lebenswandels.276 Zeitiges Aufstehen und Zubettgehen277 war Ausdruck von Fleiß und einer angemessenen Lebensführung. Eine ausgeprägte Frömmigkeit konnte darüber hinaus vor Unbill und Krankheit bewahren.278 Jegliche Form lasterhafter Betätigung zu vermeiden, war ebenfalls wichtig für den guten Ruf der Kaufleute. Scheurl wies Haller an, das Eigentum seiner Mitmenschen zu achten und sich von „bos geselschafft, frawen [und] spil“ fernzuhalten.279 Auch sollten die jun- gen Kaufleute es vermeiden, in finanzielle Schwierigkeiten zu geraten. Immer wieder wurden sie angehalten, niemandem Geld zu leihen, vor allem aber selbst sparsam zu sein und keine Kredite aufzunehmen. Gegenüber den Ermahnungen seines Vormunds wegen seiner vielen Ausgaben und Schulden in Venedig entschuldigte sich Thomas Reich mit der kontinuierlichen „deuerung“280 in der Stadt. Ein finanzielles Fehlverhalten hatte di- rekte geschäftliche Auswirkungen. Die Haltung gegenüber dem Konsum von Wein war hingegen zwiespältig. Die vehemente Verteidigung des deutschsprachigen Kaufmanns im ersten Dialog bei Georg von Nürnberg, dass die „deuczen“ entgegen anderslautenden Vorurteilen keine ausgeprägten Trinker seien, lässt darauf schließen, dass übermäßiger Alkoholkonsum im Kontext des transalpinen Miteinanders durchaus als Laster betrach-

274 Thomas Reich betonte, auch nachts noch zu sit- sein churcz“; Georg v. Nürnberg, Sprachlehrbuch, zen, um Briefe an Tucher zu schreiben: „[…] das fol. 99r, Z. 15, S. 260. ich zw nachst deß lenger syczt so wil ich euch 278 Als die Pest in Venedig wütete, hoffte Thomas albeg mit unsseren brieffen ain prifflein machen Reich, Gott werde ihn bewahren: T. Reich aus Ve- und schreyben.“ T. Reich aus Venedig an L. Tu- nedig an L. Tucher (1529 Jun. 26), StadtAN, E 29/ cher (1529 Mär. 14), StadtAN, E 29/IV-1438. Vgl. IV-1441. auch Notizbuch F. Kress: GNM, KA, Fasc. XXVIII, 279 Archiv Scheurl, Cod. AB, fol. 333r. Auch die Ver- Fasc. E, Nr. 1, fol. 2r. Als Reich die Rechnung an schreibung Franz Imhoffs für die Gesellschaft sei- Endres Imhoff nicht, wie von Tucher gewünscht, ner Brüder von 1528 hatte entsprechende Klauseln: dem Brief in Kopie beigelegt hatte, bat er seinen „Ich versprich und verpindt mich, auch pei meinen Oheim um Entschuldigung: T. Reich aus Vene- waren […], kein spil zu thon, kein geltt weck zu dig an L. Tucher (1530 Feb. 6 m.v. = 1530 Feb. 6), leÿden‹!›, kein purgschaft zu thon, auch kein alde StadtAN, E 29/IV-1437. Zu Fleiß als Grundkatego- schultt zallen und aller ander ungepurlicher ding rie kaufmännischen Handelns: Häberlein, Brüder, nitt zu thon oder geprauchen.“ (1528 Aug. 19), S. 282. GNM, IA Teil 1, Fasc. 22, Nr. 7. Ähnliche Verbote 275 Archiv Scheurl, Cod. AB, fol. 83v. in Augsburger Kaufmannsverträgen begründete 276 „such das lob unnd fleuch das laster“; Archiv Häberlein als Verstoß gegen den gemeinen Nutzen: Scheurl, Cod. AB, fol. 332v. Häberlein, Brüder, S. 279. 277 „Ganng des abennts zw rechter zeit schlaffen, 280 T. Reich aus Augsburg an L. Tucher (1530 Feb. 23), auf das dw des morgens zw rechter zeit aufsteen StadtAN, E 29/IV-1445. Die Briefe Tuchers sind mugst.“Archiv Scheurl, Cod. AB, fol. 332r. Auch zwar nicht überliefert, aufgrund der Antwort bei Georg v. Nürnberg findet sich ein entsprechen- Reichs ist von entsprechenden Ermahnungen je- der Vermerk: „ge wïr sloffen ez ist pesser die nacht doch auszugehen. 92 · II. Nürnberger in Venedig tet wurde.281 Gleichzeitig konnte jedoch gerade in Venedig der Verzehr von reinem Was- ser, wie im Falle des Nürnbergers Endres Weiß282, gefährlich sein. So bedauerte auch Thomas Reich während einer Krankheit gegenüber Linhart Tucher, dass er selbst schuld an dieser sei. Er habe Wasser statt Wein getrunken, da ihm Letzterer nicht allzu gut bekomme.283 Ergänzt wurde ein untadeliger Lebenswandel durch kaufmännische und gesamtge- sellschaftliche Normen wie Rechtschaffenheit, Bescheidenheit und Vernunft.284 Gerade für den direkten Kontakt mit anderen Kaufleuten, ob Venezianer oder Händler aus dem Norden, war es fundamental, immer „aynes zuchtigen wesens“ zu erscheinen und sich dem Geschäftspartner gegenüber freundlich und zuvorkommend zu verhalten.285 Erler- nen konnte man diese Fähigkeit durch den Umgang mit „erbern leuten“.286 Zu diesen in Kontakt zu treten und mit ihnen Beziehungen aufzubauen, war für die Handelsgeschäfte des Lehrlings von großer Bedeutung. Es stützte darüber hinaus auch die Position seines Patrons in der Stadt. Beziehungen zu knüpfen war daher ein weiteres explizites Ziel der Ausbildung. Der enge „Zusammenhang zwischen sozialen Beziehungen und Normen“, der in der Forschung immer wieder als zentrale Komponente kaufmännischer Netzwer- ke und Geschäftsstrukturen betont wurde,287 und der Versuch, diese Mechanismen zu erlernen und sich zu Nutze zu machen, prägten auch die Anwesenheit der Nürnberger Lehrlinge in Venedig. Neben der Funktion ihres guten Rufs als Grundlage persönlicher und geschäftlicher Verflechtungen war dieser auch für ihre Handelstätigkeit, gerade bei Geldgeschäften, maßgeblich.288 Dass der Mangel an entsprechenden persönlichen Kom-

281 „daru(m)b ez ist der deuczen gebonhait nicht“ / Werte zu, die den Lernenden vermittelt werden „Sprich nür du auch allso daz die deuczen trun- sollten: Georg v. Nürnberg, Sprachlehrbuch, u. a. cken sein“ […] / „wol daz die deuczen den no- fol. 27v, S. 143–144. Zu Scheurls Aufforderung zu men haben“; Georg v. Nürnberg, Sprachlehrbuch, ehrlichen Geschäften: Archiv Scheurl, Cod. AB, fol. 88v, Z. 1–9, S. 243 u. fol. 88v u. Z. 33, S. 244. fol. 333r. Vgl. hierzu: Hanns-Peter Bruchhäuser, Hier wird jedoch ebenfalls deutlich, dass das ge- Die Berufsbildung deutscher Kaufleute bis zur meinsame Weintrinken in Venedig dazu diente, Mitte des 16. Jahrhunderts, in: Elementarbildung den Geschäftsabschluss zu besiegeln, und somit und Berufsbildung 1450–1750, hg. v. Alwin Han- eine wichtige soziale Funktion hatte. schmidt u. Hans-Ulrich Musloff, (Beiträge zur his- 282 Er hatte nach dem Ballspielen Wasser getrunken torischen Bildungsforschung 31), Köln u. a. 2005, und war am Fieber gestorben: T. Reich aus Venedig S. 95–107, S. 100. an L. Tucher (1529 Mai 4), StadtAN, E 29/IV-1440. 285 Archiv Scheurl, Cod. AB, fol. 332r. Scheurl beton- 283 „[…] wie wol ich selbst schuldig darann bin. Wen te auch, dass Haller durch ein positives Verhalten mir haiß gebessen ist, hab ich nit underlassenn andere dazu bringen könne, ihn wichtige Dingen kenen, hab mich auff thun und wasser druncken, zu lehren: „so ist yederman dester genaigter, dir wie wol ich het wein genug zw drincken. Aber ich widerumb freundschafft zuthun unnd dich das mach nit, den ich […] nit gerenn wein dring icz unnterweysen, das dw nit waist unnd notturfftig in der hicz, du alweg mer als halb wasser darein, bist.“ Ebd., fol. 333r. denich brentt er mich.“ T. Reich aus Venedig an L. 286 „gesell dich zw erbern leuten.“ Archiv Scheurl, Tucher (1529 Jun. 26), StadtAN, E 29/IV-1441. Cod. AB, fol. 332v. 284 Vokabeln aus diesem Kontext spielen in dem 287 Vgl. u. a. Häberlein, Brüder, S. 392. Sprachlehrbuch Georg von Nürnbergs eine beson- 288 So war es auch für die Zeugen zum Testament F. ders große Rolle und lassen Rückschlüsse auf die Hirschvogels, wie Antonio Falasco, zentrales An- 2. Strukturen der Nürnberger Präsenz in Venedig · 93 petenzen sich negativ auf den Werdegang eines Kaufmanns auswirken konnte, zeigt die Drohung Sinibaldo Rizzos, sein Sohn Nicolò werde das Geschäft des Vaters nur bei einer Besserung seines Lebensstils erben.289 Die Unterweisung der jungen Kaufmannslehrlinge in sozial relevante Normen und Werte diente nicht nur deren persönlicher Entwicklung, sondern bildete als soziales Kapital290 auch die Grundlage für Handelspartnerschaften und -verflechtungen und war somit von maßgeblichem geschäftlichem Interesse für die Einzelnen wie für die Gesellschaft.

2.2.4 Venedig als Ausbildungsort Nürnberger Kaufleute – Resümee

Das Regimennt des Christoph Scheurl für Hieronymus Haller ist ein herausragendes Beispiel für die inhaltlichen und sozialen Anforderungen an einen Kaufmann während seiner Ausbildung wie auch seiner weiteren Tätigkeiten. Dass es sich dabei nicht, wie Wolfgang von Stromer annahm, um „Humanisten-Rhetorik“, sondern sehr wohl um „praktische Anweisungen“ handelte,291 zeigen die vielen Quellen,292 die ganz ähnliche Anforderungen an die Lehrlinge vorweisen oder entsprechende Abläufe vermitteln. Vielmehr ist es ein Musterspiegel kaufmännischer Ausbildung. Dass Michael IV. Behaim

liegen, die Glaubwürdigkeit und den guten Ruf des Kaufleute die Möglichkeit hatten, sich zu bewei- verstorbenen Kaufmanns zu betonen: „Franciscus sen. Dabei ist jedoch wohl je nach Grad der ver- erat bonus, probus et legalis mercator et tractabat wandtschaftlichen Anbindung zu unterschieden. negocia sua pro magna summa ducatorum, […] Bei Personen, die nicht aus dem engeren Famili- apud omnes eum agnoscentes ruputatus‹!› pro enumfeld kamen, wie bei dem Imhoff-Faktor Se- bono et legali mercatore.“ StBN, Pirckheimer- bald Kneusel oder dem Hirschvogel-Faktor Georg Papiere 364, U 17, fol. 11v. Ähnlich auch Stephan Rammler, scheinen Erfahrenheit, Alter und Repu- Kaser: ebd., fol. 7v. Häberlein stellte für Augsburg tation bedeutender gewesen zu sein als bei engen fest, dass nicht nur Vermögen, sozialer und famili- Verwandten oder Teilhabern der Gesellschaft: vgl. ärer Hintergrund für Kreditwürdigkeit notwendig die Episode um Veit Imhoff: (1496 Feb. 20), GNM, waren, sondern v.a. kaufmännische Tugenden und IA Teil 1, Fasc. 21, Nr. 7c (1) . Der gute Ruf Kneus- Vertrauenswürdigkeit: Häberlein, Brüder, S. 287. sels zeigt sich u. a. in seiner Wahl zu einem der 289 (1521 März 18), ASVe, NT, b. 1216, prot. 3, fol. 67r– Konsuln des Fondaco 1506 und 1507: Simonsfeld, 68v, fol. 67v. Die Erlaubnis Veit Imhoffs an seine Fondaco 2, S. 207. Seine enge Anbindung auch an Brüder, seine Verfehlungen publik zu machen und andere Nürnberger wurde an der Tatsache deut- damit seinen Ruf zu schädigen, falls er in Venedig lich, dass er Zeuge des Testaments Franz Hirsch- weiterhin Geschäfte hinter ihrem Rücken tätige, vogels 1498 war: (1498 Nov. 2), ASVe, NT, b. 1211, zeigt die Nutzung von Rufschädigungen als Sankti- Nr. 812. onsmechanismus: (1496 Feb. 20), GNM, IA Teil 1, 291 Wolfgang v. Stromer, Die Nürnberger Handelsge- Fasc. 21, Nr 7c (1). sellschaft Gruber-Podmer-Stromer, (Nürnberger 290 Zu sozialen Normen als sozialem Kapital im Forschungen 7), Nürnberg 1963, S. 66. Bourdieu’schen Sinne: Häberlein, Brüder, S. 23; 292 Vgl. z. B. der Lehrvertrag für Paulus Behaim und Burkhardt, Bergenhandel, S. 44. Die häufige Ein- seine Ausbildung in Krakau zwischen Friedrich stellung junger Kaufleute lässt vermuten, dass die Behaim u. Pietro Antonio de Nobili: (1533 Jan. 1), kaufmännische Reputation nicht zwangsläufig GNM, BA, Nr. 32, 36. Die Briefe Thomas Reichs bei der ersten Dienstverpflichtung, sondern erst offenbaren ebenfalls entsprechende Anforderun- später eine entscheidende Rolle spielte und die gen. 94 · II. Nürnberger in Venedig

20 Jahre später seinem Bruder Wolf nach Lissabon genau dieselben Anweisungen zur Informationssammlung schickte und diese im Wortlaut fast identisch zum Scheurl’schen Regiment waren,293 könnte sogar ein Hinweis darauf sein, dass die Anweisungen an Hieronymus Haller direkt als Vorbild für entsprechende Verhaltensregeln herangezogen wurden. Wie der junge Haller und Scheurl selbst wurden Nürnberger Kaufmannslehrlinge nach Venedig geschickt, um die familiären Handelsgeschäfte zu erlernen. Oftmals folgten sie damit einer Familientradition, die sie selbst wiederum an ihre Nachkommen weiter- gaben. Die Handelsgesellschaften der Väter, Brüder oder Vormünder der jungen Lehrlin- ge waren im 15. und frühen 16. Jahrhundert häufig bereits in der Lagunenstadt etabliert und unterhielten dort eigene Niederlassungen. Die Ausbildung erfolgte meist innerhalb des familiären Kontexts. In der Regel waren mehrere Familienmitglieder gleichzeitig in der Serenissima anwesend und kümmerten sich um den jungen Lehrling, auch wenn sie selbst ihn nicht unbedingt ausbildeten. Nicht selten lernten die Kaufmannssöhne ihr Handwerk bei befreundeten venezianischen oder deutschen Händlern. Die so entstehenden und sich verfestigenden persönlichen Beziehungen und die generationenübergreifende, familieninterne Tradition der Lehre in Venedig trugen zur Dauerhaftigkeit und Stabilität der Beziehungen beider Städte maßgeblich bei. Venedig war im 15. und frühen 16. Jahrhundert für die Nürnberger Kaufleute die wichtigste Aus- bildungsstätte. Hier konnten die Söhne der bedeutenden Kaufmannsgeschlechter die fortschrittlichen italienischen Handelstechniken erlernen. Dabei kamen sie in ein Um- feld von Landsleuten, oftmals Verwandten, das den Aufenthalt in der Fremde erleichterte und durch seine Strukturen die Rückbindung in die Vaterstadt vereinfachte. Durch die enge Einbindung in bekannte soziale Gefüge wurde darüber hinaus die Unterweisung in kaufmännische und gesellschaftliche Werte und Normen gefördert sowie eine Überprü- fung der Geschäfte und des Lebenswandels des jungen Kaufmanns ermöglicht. Oftmals folgte der Zeit in Venedig eine Weiterführung der Ausbildung an den anderen wichtigen Geschäftsstützpunkten der jeweiligen Familien, vorzugsweise an westeuropäischen Han- delsplätzen. Erst im frühen 16. Jahrhundert erlernten die jungen Nürnberger zunehmend auch an anderen Orten ihren Beruf. Venedig blieb jedoch nach wie vor der bedeutsamste Anlaufpunkt und diente der Ausbildung an anderen Orten als Vorbild. Auch in Lyon oder Lissabon wurden die jungen Kaufmannssöhne explizit in den Kaufmannstechniken, wie sie „zw Venedig gehalten“ würden, unterwiesen.294

293 M. Behaim aus Nürnberg an W. Behaim in Lissa- par Nützel lernte das Rechnen in Lyon „auf die bon (1507 Jan. 30), StadtAN, E 11/II-585. welß art“: H. Tucher aus Lyon an A. Tucher (1518 294 M. Behaim aus Nürnberg an W. Behaim in Lis- Apr. 28), StadtAN, E 29/IV-249. Zur anhaltenden sabon (1507 Jan. 30), StadtAN, E 11/II-585. Kas- Bedeutung Venedigs für Nürnberg: Kap. IV.2. 2. Strukturen der Nürnberger Präsenz in Venedig · 95

Neben der Aneignung von praktischen Kenntnissen war das „Wissensmanagement“, also die Ansammlung von Informationen und kaufmännischem Wissen, deren Differen- zierung und Weitervermittlung ein maßgeblicher Aspekt der Lehre. Eine weitere Aneig- nungsebene bildeten Werte und Normen des Berufsstands und der eigenen Sozialgruppe. Dabei war, nicht zuletzt aufgrund wirtschaftlicher Vorteile, auch das soziale Miteinander relevant. Loyalität und Ehrlichkeit wurden immer wieder als entscheidende Kategorien herausgestellt. Vertrauen und ein guter Ruf bildeten die maßgeblichen Steuerungsmecha- nismen innerhalb der geschäftlichen Verbindungen und die Grundlage von persönlichen Beziehungen. Vertrauensmissbrauch prägte, wie bei Christoph I. Scheurl, die weiteren Verhaltensweisen und beeinflusste die Regelungs- und Kontrollversuche des Ausbilders. Aufrechterhalten wurden die Beziehungen durch eine stete Wechselseitigkeit. Diese konnte beispielsweise durch den Austausch der Söhne zur Ausbildung, durch Geschenke oder durch eine gegenseitige Informationsvermittlung garantiert werden. Die Aneignung der unterschiedlichen Fertigkeiten des kaufmännischen Alltags diente nicht nur den geschäftlichen Vorteilen der Handelsgesellschaft, mit der der Patron des jungen Lehrlings in Verbindung stand. Sie bildeten auch die Grundlage für die zukünf- tige eigene Position in dem Unternehmen oder waren für die Anstellung als Faktoren, Agenten oder Handelsdiener bei anderen Gesellschaften grundlegend. Für diese Positi- onen benötigte man gut ausgebildete Personen mit Erfahrung und profunden Kenntnis- sen, die man dann auch aufgrund des angesammelten firmeninternen, oftmals vertrau- lichen Erfahrungs- und Wissensschatzes, in der Gesellschaft zu halten versuchte.295 Auf der Suche nach einer Beschäftigung konnte ein „gesellen priefflein“ behilflich sein, wie es Hieronymus Imhoff während eines Venedig-Aufenthalts von seinem Vetter Paulus I. Imhoff erbat.296 Oftmals geschah der Übergang vom Lehrling zum selbständigen Kauf- mann jedoch automatisch. Mit dem Erreichen seiner Volljährigkeit im Alter von 18 Jah- ren wurde beispielsweise Christoph I. Scheurl 1475 zum gleichberechtigten Teilhaber in der Gesellschaft seines Oheims und seiner Brüder.297

295 Hildebrandt, Diener und Herren, v.a. S. 163 u. Anstellung sein konnten, zeigen auch die Briefe S. 167. Hans Pömers an Linhart Tucher über die Anstel- 296 „und pidtt dich, wan also nitt vil zu thon host, lung eines Handelsdieners für seine Venedig-Ge- mir zu zeitten ein kleins gesellen priefflein zu sellschaft mit Antonio Vento: u. a. H. Pömer aus schreiben, dan sonst kein menschen hab, der mir Rothenburg an L. Tucher (1533 Sep. 29), StadtAN, was schreib.“ H. Imhoff aus Venedig an P. Be- E 29/IV-1388. haim (1537 Mai 17), GNM, BA, Fasc., 29a. Zum 297 „bis so lang er erwuchs unnd mundig ward, das Verwandtschaftsgrad: vgl. Johann Gottfried Bie- er dann umb dy jarzall Christi 1475 selbst unnter dermann, Geschlechtsregister des hochadeligen dy hennd nam, im leger zw Venedig guter kauffet, Patriciats zu Nürnberg, (ND Ausgabe Bayreuth verkauffet unnd heraus schickhet.“ Archiv Scheurl, 1747), Neustadt/Aisch 1988, T. 7 u. T. 235. Wie Cod. AB, fol. 78v. Acht Jahre später wurde er Ge- wichtig entsprechende Empfehlungen für eine sellschaftsoberhaupt: ebd., fol. 82v. 96 · II. Nürnberger in Venedig

2.3 Die Nürnberger und der Fondaco dei Tedeschi

2.3.1 Funktion und Bedeutung

Sowohl geographisch als auch wirtschaftlich im „Herzen der venezianischen Wirt- schaft“298 gelegen, war der Fondaco dei Tedeschi, das Handelshaus der deutschsprachigen Kaufleute am Rialto, die zentrale Anlaufstelle für die Händler ebenso wie für viele weitere Besucher und Zuwanderer aus dem Norden. Allen deutschen Kaufleuten wurde verord- net, im Fondaco ihre Geschäfte abzuwickeln und dort während ihres Aufenthalts selbst abzusteigen. Gleichzeitig durften auch Venezianer Kaufgeschäfte mit Waren aus dem Reich nördlich der Alpen nur über die Lagunenstadt und damit über den Fondaco täti- gen.299 Durch die zunehmende Bedeutung des Austausches mit den Deutschen wurde das Handelshaus am Rialto im Laufe des Mittelalters zu einer der „Haupteinnahmequelle[n]“ für Venedig.300 Neben den Einnahmen, die die Abgaben auf die Geschäfte der deutschen Händler der Serenissima einbrachten, versorgten diese die Stadt mit Waren aus dem Norden, die die venezianischen Kaufleute wiederum in der Levante absetzten.301 Gerade über die Verbindung zu Nürnberg konstituierte sich eine ausgedehnte Handelsachse von Nordeuropa bis in den Orient.302 Als seit alters her „bestes Glied der Stadt“ wurde der Fondaco im Capitolare der Vis- domini des deutschen Handelshauses Mitte des 15. Jahrhunderts bezeichnet.303 Marin Sanudo gab in seinen Tagebüchern zu bedenken, in welch „trauriger“ Situation sich die Serenissima ohne die Deutschen im Fondaco befände.304 Ähnlich äußerte sich auch Gi- rolamo Priuli kurz nach der Entdeckung des Seewegs nach Indien: Ohne den Handel mit den Kaufleuten aus dem Reich nördlich der Alpen fehle Venedig „Milch und Nahrung“. Mit dem mangelnden Geld würden ebenso Glanz, Ruhm und Ansehen der Stadt ver-

298 „cuore della vita economica veneziana“ Brunetti, co als „machtvolle[m] Instrument der Förderung Fondaco, S. 54. der Handelstätigkeit“. Rösch, Venedig und das 299 Thomas (Hg.), Capitular, Cap. 147, 63. Eine ähnli- Reich, S. 91. che Vorschrift wiederholt 1460: ASVe, Cinque Savi 302 Vgl. Kap. III.2. alla Mercanzia, b. 73, prot. 2, 4. Importiert werden 303 „ cognossendo el fontego di Todeschi esser optimo durften Waren nur durch Deutsche: vgl. Heyd, membro de questa zita“; in: Thomas (Hg.), Capi- Haus der deutschen Kaufleute, S. 214. Die Vene- tular, Cap. 277 (1444 Jan. 16 m.v. = 1445 Jan. 16), zianer durften keinen Handel im Reich betreiben: S. 166–168, S. 166. Simonsfeld, Fondaco 2, S. 31; sowie: ebd., Nr. 125, 304 „[…] trista questa terra quando non sarà todeschi S. 171–172. in fontego“; Sanuto, Marino, I Diarii di Marino 300 Simonsfeld, Fondaco 2, S. 30. Sanuto 2, hg. v. Guglielmo Berchet, Venedig 1879, 301 Calabi, Stranieri, S. 925; Carolin Wirtz, „Mercator Sp. 719. Zu Sanudo: Neerfeld, Gegenwartschro- in Fontico Nostro“. Mercanti Tedeschi fra la Ger- nistik. Bei dem Verweis auf die Edition wird die mania e il Fondaco dei Tedeschi a Venezia, in: Pre- Schreibweise des Namens angegeben, die die He- senze Tedesche a Venezia, hg. v. Susanne Winter, rausgeber der Tagebücher nutzten („Sanuto“), bei (Venetiana 2), Rom u. a. 2005, S. 1–48, S. 1. Laut den sonstigen Nennungen des Autors die eigent- Rösch beruhte ein „guter Teil des wirtschaftlichen lich gebräuchliche („Sanudo“). Aufstiegs der Stadt“ auf der Gründung des Fonda- 2. Strukturen der Nürnberger Präsenz in Venedig · 97 schwinden.305 Auch die venezianische Regierung war sich des besonderen Stellenwerts des Fondaco durchaus bewusst306 und stattete die deutschen Kaufleute wiederholt mit Privilegien aus, um den blühenden Handel zu erhalten. Entsprechend wurden auch die strengen Reglements im Laufe des 15. Jahrhunderts zunehmend aufgeweicht. Dieses Wohlwollen ist eher als Hinweis auf die steigende Bedeutung des Handels mit Ober- deutschland und den Wunsch, diesen aufrechtzuerhalten, zu werten, denn als Zeichen schwindenden Interesses. Als in der Nacht vom 27. auf den 28. Januar 1505 der Fondaco bis auf die Grundmauern abbrannte, beschloss die Signoria trotz wirtschaftlicher und po- litischer Schwierigkeiten bereits am darauffolgenden Tag, „für die Ehre unseres Reiches“ das Handelshaus wiederaufzubauen.307 Die deutschen Kaufleute kamen zwischenzeitlich in der Ca’Lippomano unter.308 Bereits 1508 wurde der Fondaco wiedereröffnet.

2.3.2 Geschäft und Leben am Fondaco

Schon vor der Gründung des Fondaco war die Gegend um den Rialto stark von deut- schen Kaufleuten geprägt gewesen.309 Ein erster Verweis auf das wohl 1225 entstandene Handelshaus fand sich 1228 mit der Nennung des „Fonticum comunis Veneciarum ubi Teutonici hospitantur“ im Liber Plegiorum. Dabei griffen die Venezianer eine in der Le- vante verbreitete Praxis auf, der sie selbst an ihren orientalischen Handelsstützpunkten unterlagen und bei der die Kaufleute gleicher Herkunft in einem bestimmten Gebäude gesammelt wurden, um so ihre Geschäfte zu kontrollieren sowie ihre geographische Zu- gehörigkeit institutionell zu verorten und festzuschreiben. Von Anfang an wurde nur Händlern erlaubt, im Fondaco abzusteigen und zu handeln, die wegen ihres Idioms und ihrer Lebensgewohnheiten als Deutsche angesehen wurden.310 Unter diesen stachen die Oberdeutschen aufgrund ihrer Zahl und Bedeutung hervor. Regensburg hatte dabei

305 „manchar il lacte et nutrimento“; (1501 Jul.), Giro- 308 Stefan Kasers sagte aus, Bernhardin Hirschvogel lamo Priuli, I diarii di Girolamo Priuli 2, hg. v. Ro- habe mit seinem Bruder in der Ca’Lippomano ge- berto Cessi, (Rerum Italicarum scriptores 24.3.2), wohnt: StBN, Pirckheimer-Papiere 364, U 17, fol. 8v. Bologna 1937, S. 156. 309 Braunstein, Kollektivitätsidentität, S. 412. 306 Vgl. u. a. Braunstein, Venezia e la Germania, S. 49. 310 Zur frühen Beschränkung auf Deutsche: Rösch, 307 „pro honore dominii nostri“ (1504 Jan. 29 m.v. = Venedig und das Reich, S. 90. Zur Erstnennung 1505 Jan. 29), in: Simonsfeld, Fondaco 1, Nr. 628, (Zitat des Liber Plegiorum) und zur Übernahme S. 345. Weitere Erlässe zur Bewilligung der Kos- der orientalischen Tradition: Simonsfeld, Fonda- tenübernahme: ebd.: Nr. 634, S. 347–348; Nr. 636, co 2, S. 9 u. S. 29. In der Folge wurde das Han- S. 348–350; Nr. 640, S. 353. Zum Brand auch: Si- delshaus immer wieder erweitert und so dem monsfeld, Fondaco 2, S. 107 u. S. 117; Ferdy Her- wachsenden Handel, dem Platzmangel und den mes Barbon, I segni dei mercanti al Fondaco dei Bedürfnissen der deutschen Kaufleute angepasst: Tedeschi di Venezia, in: Intorno all’Olimpiade di Donatella Calabi, Il Fondaco degli Alemanni, la Baldassare Galuppi. Con altri saggi di argomento chiesa di San Bartolomeo e il contesto mercanti- veneziano, hg. v. Uwe Israel, (Venetiana 8), Rom le, in: La chiesa di San Bartolomeo e la comunità u. a. 2010, S. 107–131, S. 110. ­tedesca a Venezia, hg. v. Natalino Bonazza, (Chie- 98 · II. Nürnberger in Venedig anfänglich die zentrale Position inne. Die Augsburger unterhielten spätestens seit dem 13. Jahrhundert Handelsbeziehungen mit der Lagunenstadt.311 Mit den „gesetze[n], di Venediger gesetzt haben uf alle teutsch kaufleute“, finden sich auch in Nürnberg bereits in der Mitte des 14. Jahrhunderts in den Quellen Hinweise der städtischen Organe auf das Handelshaus, was auf eine bereits längere Geschäftstätigkeit von Kaufleuten aus der Reichsstadt in der Serenissima schließen lässt.312 Um die Händler aus dem Norden und ihre Geschäfte zu kontrollieren war im Fon- daco eine Vielzahl von meist venezianischem Personal von Nöten.313 An der Spitze der Verwaltung standen drei adelige Visdomini als Repräsentanten der Signoria.314 Hinzuka- men unter anderem Schreiber und Barkenführer, die die deutschen Kaufleute nach ihrer Ankunft unverzüglich und auf direktem Weg zum Fondaco bringen sollten, sowie Träger und Ballenbinder, die meist selbst aus dem Reich nördlich der Alpen stammten und ihre eigene berufs- und herkunftsspezifischen Scuole in der Stadt unterhielten.315 Besondere Bedeutung kam den Sensali beziehungsweise Messeti oder Unterkäuffel zu. Ihre Aufgabe war es, Waren aufzuzeichnen, Geschäfte zu vermitteln, bei der Verpackung der Güter anwesend zu sein, etwaige Verstöße gegen die Verordnungen zu melden und im Offici- um des Fondaco Rechnung abzulegen. Ohne ihre Vermittlung durften die deutschen Kaufleute keinerlei Geschäfte in Venedig durchführen. So kontrollierten die Sensali den Handel und die Umsätze der Kaufleute aus dem Reich nördlich der Alpen. Gleichzeitig sollten sie jedoch auch garantieren, dass die deutschsprachigen Händler nicht von ihren Geschäftspartnern betrogen wurden. So wurden auch innerhalb des Reglements Anreize für den Handel über den Fondaco geschaffen.316 Darüber hinaus fungierten die Sensa- li als Dolmetscher. Das Erlernen des Italienischen war für die Händler aus dem Nor- den also keine zwangsläufige Voraussetzung für ihre Geschäfte. Es gab ihnen jedoch die

se di Venezia 1), Venedig 2013, S. 113–127, S. 117; 315 Simonsfeld, Fondaco 2, S. 19–28. Simonsfeld, Fondaco 2, S. 10. Bis zum Ende der 316 Dass es zu Betrugsfällen kam, zeigt die Bitte des Republik 1797 blieb Venedig Eigentümerin des Nürnberger Rats an die Signoria, für ihren Bürger Fondaco: ebd., S. 11. Stefan Koler 1424 einzutreten. Der Sohn Kolers 311 Simonsfeld, Fondaco 2, S. 47 u. S. 56. Zur Frage sei möglicherweise während seiner Ausbildung der deutschen Identität im Fondaco: Braunstein, aufgrund seiner Jugend dem Betrug durch einen Kollektivitätsidentität. Vgl. Kap. II.3.2.3. Venezianer aufgesessen: (1424 Nov. 20), in: Si- 312 StAN, 7-farbiges Alphabet, Urk. (Rep. 2b), monsfeld, Fondaco 1, Nr. 340, S. 177–178, S. 177. Nr. 3735. Barthels nannte als Datum für die „ge- Dürer verwies 1506 in drastischen Worten auf ent- setze“ 1355, ohne dies jedoch belegen zu können: sprechende Schwierigkeiten mit venezianischen Barthels, Drogenhandel, S. 40. Händlern: A. Dürer aus Venedig an W. Pirckhei- 313 Dabei wurden Personen ganz unterschiedlicher mer (1506 Jan. 6), in: Pirckheimer Briefwechsel 1, sozialer Herkunft eingebunden. Unter den Sensali Nr. 91, S. 298–303, S. 299. Der deutsche Kaufmann waren Giovanni u. Gentile Bellini oder Tizian: Si- im Sprachlehrbuch Georg von Nürnbergs hatte monsfeld, Fondaco 2, S. 28. eher Bedenken, der Sensal könne korrupt sein: 314 Sie hatten die Disziplinargewalt, die Gerichtsbar- ­Georg v. Nürnberg, Sprachlehrbuch, fol. 90v, Z. keit, die Oberaufsicht über den Geschäftsverkehr 2–5, S. 246–247. der Deutschen und den Einzug der Abgaben inne: Simonsfeld, Fondaco 2, S. 18. 2. Strukturen der Nürnberger Präsenz in Venedig · 99

Möglichkeit, von den Sensali und somit dem Kontrollsystem des Fondaco nicht gänzlich abhängig zu sein. Durchaus zogen die Kaufleute, die der Sprache nicht mächtig waren, auch Personen gleicher Herkunft als Übersetzer heran. So war der Nürnberger Georg Mendel für Gaspar von Hispruch nicht nur als rechtlicher Vertreter, sondern auch als Dolmetscher tätig.317 Die Dialoge bei Georg von Nürnberg, der vermehrte Spracherwerb der Kaufleute und der Umstand, dass sich nur ein Teil des Geschäftsalltags des jungen Hieronymus Haller im deutschen Handelshaus abspielte, zeigen, dass bereits im 15. Jahr- hundert der Handel außerhalb des Fondaco nichts Außergewöhnliches war.318 Durch die Regulierungsmaßnahmen versuchte die Serenissima, möglichst umfas- send am Handel der Kaufleute teilzuhaben und von ihm zu profitieren. Besonders die Nürnberger beklagten sich im frühen 14. Jahrhundert über die rigiden Reglements.319 Dazu, dass entsprechende Beschwerden in der Folge nicht mehr überliefert sind, trug sicherlich bei, dass die Kaufleute sich zunehmend an die Kontrollversuche gewöhnten und sich gleichzeitig der Vorteile des Handels im geschützten Umfeld des Fondaco be- wusst waren. Einige Verbote, wie die Auflage für Kaufleute aus dem Norden, außerhalb des Fondaco keine Geschäfte zu treiben, wurden teilweise liberalisiert. Auch umgingen die Händler oftmals die Regeln, wie die kontinuierliche Wiederholung unterschiedli- cher Verordnungen vor allem in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts zeigt.320 Be- sonders das Gebot, während ihres Aufenthalts im Fondaco zu leben, prägte die Existenz der deutschen Kaufleute in Venedig. Noch 1528 untersagte die Signoria ihnen unter Androhung strenger Strafen, sich in Privathäusern aufzuhalten. Erst 1531 wurde das Gesetz aufgehoben.321 Den ganzen Untersuchungszeitraum hindurch logierte der Groß-

317 (1440 Aug. 16), ASVe, CIN, b. 74–75, prot. 2, sprechende Verweise finden sich sich im Capitular fol. 194v. Wirtz identifizierte Hispruch als Kölner: z. B. für 1429 oder 1482: Thomas (Hg.), Capitular, Wirtz, Köln und Venedig, S. 270. Zur Gewährleis- Cap. 246, S. 139–140, sowie: Thomas (Hg.), Regis- tung der Qualität wohnten sie z. B. der Kontrolle ter, S. 20. Dass ein rechtmäßiges Verhalten nicht von Gewürzen bei: Meder, Handelsbuch, S. 143. unbedingt Handelsnachteile bringen musste, zeigt Meder wies auch darauf hin, wie die Zuteilung das Beispiel Franz Hirschvogels. Laut der Aussage dieser „unterkaufel“ von statten ging: ebd., S. 138. einiger Vertrauter zahlte er seine Abgaben gemäß Zu den Aufgaben der Sensali generell: Simonsfeld, der Vorschriften, was ebenso zu seinem guten Ruf Fondaco 2, S. 24–28. als Kaufmann beitrug wie sein geschäftlicher Er- 318 Nach dem Wiederaufbau des Fondaco 1508 betrie- folg: StBN, Pirckheimer-Papiere 364, U 17, fol. 7v. ben die Kaufleute ihre Geschäfte aus Protest gegen u. 19v. Dass die Wiederholung der Regeln auf die hohen Mietzinsen für die Kammern teilweise deren Bruch hindeuten könnte, mutmaßt bereits: außerhalb. Die venezianische Obrigkeit versuchte Wirtz, „Mercator in Fontico Nostro“, S. 3. mit unterschiedlichen Maßnahmen, sie zurückzu- 321 Wirtz, „Mercator in Fontico nostro“, S. 8. Das Ge- gewinnen. Erst nachdem die Regierung von einem setz von 1528: (1528 Dez. 10 u. 18), Simonsfeld, Teil der Mietkosten absah, scheinen die Kaufleute Fondaco 1, Nr. 698, S. 404–405. Venezianern 1510 endgültig in den Fondaco zurückgekehrt zu war die Aufnahme von Deutschen, egal welchen sein: Simonsfeld, Fondaco 2, S. 127–128. Berufstandes, jedoch offiziell weiterhin verboten: 319 Simonsfeld, Fondaco 2, S. 12 u. S. 73. Zu den un- Braunstein, Minoranza tedesca, S. 98. Die venezia- terschiedlichen Regelungen: ebd., S. 18–36. nische Regierung war sich bewusst, dass die Lehr- 320 Gerade die Regeln zum Vorzeigen der Waren und linge schon früh durchaus außerhalb des Fondaco zur Verzollung wurden dauernd erneuert. Ent- lebten: „sicut ab antiquo hic servari consuevit“. 100 · II. Nürnberger in Venedig teil der Nürnberger Kaufleute im Handelshaus. Immer wieder finden sich Händler, die als „Einwohner Venedigs, wohnhaft im Fondaco“, bezeichnet wurden.322 Sie ließen sich kontinuierlich oder langfristig in der Stadt und dem Handelshaus nieder. Einige von ihnen, wie Albrecht Heugel, Anton Kolb oder Franz Hirschvogel siedelten gar dauerhaft nach Venedig und in den Fondaco über. Dies beeinflusste auch die soziale Situation und Einbindung der Kaufleute in der Stadt. Das Handelshaus war eine reine Männerwelt. Verheiratete Kaufleute durften ihre Frauen nicht aus dem Norden mitbringen. Eini- ge Personen, wie Franz Hirschvogel oder Anton Kolb, die große Teile ihres Lebens im Fondaco verbrachten, blieben ledig, unterhielten aber, wie die Erwähnung von unehe- lichen Söhnen im Kontext ihrer Testamente zeigt, sexuelle Beziehungen außerhalb des Handelshauses.323 Die Hirschvogel waren spätestens seit dem frühen 15. Jahrhundert im Fernhandel tä- tig und avancierten im Laufe des Jahrhunderts zu einem der dominierenden Nürnberger Geschlechter im Venedig-Handel. Bereits unter Ulrich Hirschvogel tauchte die Familie im zweiten Jahrzehnt des Jahrhunderts in der venezianischen Überlieferung, vor allem im Handelsbuch der Soranzo, auf. Mit der Gesellschaft Lienhards I. nahm sie an Bedeutung zu und erreichte mit den Unternehmungen seines gleichnamigen Sohnes, Lienhard II., der in den 1460er bis 1480er Jahren vielfach in der Lagunenstadt nachzuweisen ist, ihren Höhepunkt.324 Trotz des intensiven Venedig-Geschäfts und seiner späteren Tätigkeit als dortiger Vertreter der Gesellschaft wurde der 1450 geborene Bruder Lienhards II., Franz, nicht in die Lagunenstadt, sondern nach Florenz zur Ausbildung geschickt.325 Erst 1471 ist er in Venedig nachweisbar, wobei die Quellen für die Anfangsjahre noch spärlich sind. Laut den Zeugenaussagen in den Streitigkeiten um sein Testament hielt er sich ab 1480 dauerhaft in der Lagunenstadt auf und ist bis zu seinem Tod zwischenzeitlich jeweils nur kurz in Antwerpen und Nürnberg326 belegt. In dieser Zeit tätigte er offensichtlich sehr erfolgreiche Geschäfte für die Gesellschaft „Lienhard Iesfolger e fradelli“, in der er selbst

(1472 Nov. 4), in: Simonsfeld, Fondaco 1, Nr. 525, mano mio fiol natural carissimo“ (1541 Okt. 12), S. 289–290. Vgl. hierzu auch Endres Imhoff und ASVe, NT, b. 128, fol. 67v–68r, fol. 67v. Hirschvo- Thomas Reich: Kap. II.2.2. Generell zum Verbot: gels uneheliche Söhne wurden in einem Schreiben Simonsfeld, Fondaco 2, S. 11. der Signoria erwähnt: StBN, Pirckheimer-Papiere 322 Marquard II. Mendel wurde 1418 z. B. als „de Nu- zw. 267 u. 268, fol. 1v. rinbergo et ad praesens […] habitator[…] civitatis 324 Die Hirschvogel wurden von Christa Schaper de- Venetuis in domo teothonicorum posito in confi- tailliert erforscht: Schaper, Hirschvogel, hier insbe- nio Sancti Bartholomei“ bezeichnet: (1418 Mär. 7), sondere: ebd. S. 45, S. 47, S. 49, S. 55 u. S. 67–68. ASVe, CIN, b. 104, prot. 2, fol. 18v. Gegen Ende 325 StadtAN, E 1/617–1, fol. 53v. Eine Bindung an Flo- des Jahrhunderts stach v. a. Franz Hirschvogel in renz bzw. Kontakte dorthin scheint er auch später den Quellen als „habitan[s] in hac urbe in fontico bewahrt zu haben, wie ein mögliches Darlehen an theutunicorum“ heraus: StBN, Pirckheimer-Papie- den dort tätigen Handwerker Konrad Pandolfi aus re 364, U 17, fol. 7v. Schaffhausen 1476 zeigt: Böninger, Einwanderung, 323 Kolb unterhielt offensichtlich ein enges Verhältnis S. 264. zu seinen illegitimen Söhnen, von denen er einen, 326 Schaper, Hirschvogel, S. 125–127. Germano, gar als „carissimo“ bezeichnet: „Ger- 2. Strukturen der Nürnberger Präsenz in Venedig · 101

Teilhaber war.327 Neben seinem wirtschaftlichen Erfolg machten seine regelmäßigen und korrekten Abgaben an das Officium des Fondaco seinen Ruf als „tüchtiger und recht- schaffener“ Kaufmann328 aus. Innerhalb des Handelshauses und der sich hauptsächlich dort konstituierenden Gemeinschaft der Nürnberger Kaufleute scheint Hirschvogel eine besondere Position innegehabt zu haben. Ob sein guter Ruf als Kaufmann oder seine dauernde Anwesenheit in Venedig hierfür ausschlaggebend waren, lässt sich nicht fest- stellen. Bereits 1476 das erste Mal erwähnt agierte er in den folgenden Jahren vermehrt und ab 1488 fast alljährlich als Verweser des Sebaldaltars in San Bartolomeo.329 Auch die Wahl zum Konsul der Gemeinschaft der Kaufleute im Fondaco in seinem Todesjahr 1505330 lässt auf sein hohes Ansehen unter seinen Landsleuten schließen. Die Zeugen- aussagen zu seinem Testament, um das nach seinem Tod in Nürnberg ein Rechtsstreit entbrannte,331 zeigen darüber hinaus auch Kontakte zu venezianischen Kaufleuten und Patriziern. Erst zum Sterben wurde er aus der Behelfsunterkunft der deutschen Händler in der Ca’Lippomano in das Haus des Kaufmanns Zacharias Stahl gebracht, wo er in der Nacht vom 25. auf den 26. Mai 1505 verschied.332 Franz Hirschvogel war intensiv in den Fondaco und dessen Umfeld eingebunden und blieb beinahe zeitlebens in dem Handelshaus. Die Aussage des Salzburger Kaufmanns Stefan Kaser, der Nürnberger habe immer in der firmeneigenen Kammer gelebt, „wie es andere Kaufleute machen“333, verweist darauf, dass es auch um 1500 für die Händler aus dem Reich die Regel war, im Fondaco abzusteigen. Dennoch bietet sich gerade in dieser Zeit ein zunehmend ambivalentes Bild. Obwohl der Fondaco im 14. und 15. Jahr-

327 Schaper nahm eine Aufteilung des Fernhandels in vor das Reichskammergericht (BayHStA, RKGA, der Gesellschaft an, in der Bernhardin Hirschvogel 12598). Die dortige Klage wurde aber aufgrund der die Handelsgeschäfte mit dem Osten, Franz dieje- Schlichtung durch Seufried Koler 1513 aufgeho- nigen mit Venedig übernahm: Schaper, Hirschvo- ben: StadtAN, B 14/I-28, fol. 79v–82v. Vgl.: Scha- gel, S. 197. per, Hirschvogel, S. 132. Im Zuge der Streitigkeiten 328 „probum et legalem mercatorem“ StBN, Pirckhei- stellte die venezianische Signoria ein undatiertes mer-Papiere 364, U 17, fol. 7v. Dokument aus, das die Rechtmäßigkeit des Tes- 329 Vgl. GNM, IA Teil 1, Fasc. 19, Nr. 20, S. 63–34. taments bescheinigte und detailliert den genauen Die wohl später erfolgte Paginierung ist in der Ablauf der Prüfung schilderte: StBN, Pirckheimer- Hälfte des Buches entgegengesetzt zur chronologi- Papiere zw. 267 u. 268, v.a. 1v. sche Jahresabfolge, wird aber übernommen. 332 StBN, Pirckheimer-Papiere 364, U 17, fol. 8v; 330 Simonsfeld, Fondaco 2, S. 207. StadtAN E 1/617–1, fol. 54r. Im Totengeläutbuch 331 Seine Schwestern Cordula Haut und Ursula Schür- von St. Sebald ist er aufgeführt als „Franz Hirsvogel stab klagten gegen ihre Brüder Lienhard II. und zu Venedig“: Helene Burger (Hg.), Nürnberger To- Bernhard Hirschvogel wegen des Erbes, das Franz tengeläutbücher 1: St. Sebald 1439–1517, (Schrif- hinterlassen hatte. Als Grund für die Nichtigkeit tenfolge der Gesellschaft für Familienforschung des Testaments gaben sie die fehlerhafte Ausstel- in Franken 13), Neustadt/Aisch 1961, Nr. 5302, lung des 1498 in Venedig angefertigten Dokuments S. 165. Begraben wurde er in San Bartolomeo: an: StadtAN, B 14/I-28, fol. 80r; Testament: ASVe, Schaper, Hirschvogel, S. 130. NT, b. 1211, 819. Die Streitigkeiten, für die Willi- 333 „prout alii mercatores faciunt“; StBN, Pirckheimer- bald Pirckheimer als Vertreter von Lienhard und Papiere 364, U 17, fol. 7v. Auch Anton Kolb blieb Bernhard Zeugenaussagen in Venedig einholte z. B. zeitlebens im Fondaco wohnen: (1541 Okt.12) (StBN, Pirckheimer-Papiere 364, U 17), gingen bis ASVe, NT, b. 128, fol. 67v–68r, 67v. 102 · II. Nürnberger in Venedig hundert immer wieder erweitert und den Kaufleuten bereits 1400 die Nutzung externer Magazine für die Aufbewahrung ihrer Waren erlaubt wurde, rissen die Probleme bezüg- lich des Platzmangels nicht ab.334 Gerade Händler, die keiner der großen Gesellschaften angehörten, mussten, mit Erlaubnis der venezianischen Regierung, immer häufiger auf Unterkünfte außerhalb des Fondaco ausweichen. Weite Teile des Handelshauses gelang- ten im 15. Jahrhundert immer öfter dauerhaft in die Hand der bedeutenden Handelsge- schlechter aus Oberdeutschland und dienten diesen als Geschäftsniederlassungen und Repräsentationsräume. Der Fondaco entwickelte sich zunehmend zum Sitz einer „Han- delsaristokratie“.335 Der Aufenthalt im Handelshaus war jedoch nicht nur von sozialen Faktoren abhän- gig. Immer wieder fanden sich auch erfolgreiche und im Fondaco angesehene Kaufleu- te, die außerhalb lebten, teilweise sogar Immobilien in der Stadt besaßen. Burckhard de Burckhardi, Agent vieler wichtiger oberdeutscher Handelsgesellschaften in Venedig und besonderer Vertrauter vor allem der Nürnberger, war laut seinem Lehrling Thomas Reich „ein deuscher, sycz hie mit hauß“336. Auch Zacharias Stahl, in dessen Haus Franz Hirschvogel starb und für den Henry Simonsfeld eine Nürnberger Herkunft annahm,337 besaß offensichtlich ein eigenes Heim. Dass er in den Akten des venezianischen Notars Businelli gemeinsam mit seiner Frau Magdalena aufgeführt wurde, deutet darauf hin, dass er generell außerhalb des Handelshauses lebte. In der Mieterliste des Fondaco von 1508 wurde er dennoch mit einer eigenen Kammer aufgeführt, die er aber wohl nur geschäftlich nutzte.338 Konrad Gruber, der Mitglied in der Scuola Grande di San Marco war und im dortigen Mitgliederverzeichnis als „Kaufmann im Fondaco“, wohnhaft in der Pfarrei von Santi Apostoli, angegeben wurde,339 könnte möglicherweise der Nürnberger Handelsfamilie entstammen. Eine Tätigkeit als Kaufmann im deutschen Handelshaus musste also trotz entsprechender Vorschriften um 1500 nicht mehr mit einem Leben dort einhergehen. Grund für die Entscheidung, außerhalb des Fondaco zu wohnen, war mög- licherweise der Wunsch, in der Stadt mit Frau und Familie zusammenzuleben. Immer wieder treten, wie bei Zacharias Stahl und Sinibaldo Rizzo, bei den deutschen Kaufleuten außerhalb des Handelshauses auch ihre in Venedig lebenden Familien in den Quellen in Erscheinung.

334 Noch das Kaufmannsbüchlein von 1511 berichte- 337 Simonsfeld, Fondaco 2, S. 192. In einem Gesuch te über den Platzmangel im Fondaco: Stockhusen, des Nürnberger Rats wird er jedoch als „civis Ven- Kaufmannsbuch, S. 14. Zum Ausbau und externen etus“ bezeichnet, Spengler hingegen als „civis nos- Magazinen: Vgl. u. a.: Calabi, Fondaco, S. 117. ter“: (1507 Feb. 20), in: ebd. 1, Nr. 645, S. 355–356. 335 „aristocrazia della mercanzia“ Braunstein, Mino- 338 ASVe, NT, b. 66, Alphabet A. Zur Kammer im Fon- ranza tedesca, S. 98. Vgl. Kap. II.2.3. daco: Mieterliste Fondaco (1507 Feb. 7 u. 19 m.v. 336 T. Reich aus Venedig an L. Tucher (1529 Mär. = 1508 Feb. 7 u. 19), in: Simonsfeld, Fondaco 1, 14), StadtAN, E 29/IV-1438. Zu Burckhardi: Nr. 653, S. 359–361, S. 360. Kap. II.3.2.2. 339 „Ser Chorado Guober merchadante in fontego S. Apostolo“ ASVe, SG San Marco, Atti b. 3 (o. Fol.). 2. Strukturen der Nürnberger Präsenz in Venedig · 103

Bei dem zu Beginn des 16. Jahrhunderts in der Mariegola der Scuola della Madonna e di San Francesco dei Mercanti aufgeführten „Sinibaldo Rizo marcadante in fontego“ handelte es sich wohl um die gleiche Person, die 1508 auch unter den Mietern eines Ge- wölbes im wiedererbauten Fondaco auftauchte.340 Simonsfeld identifizierte diese Person als den 1510 verstorbenen Sebald Reich, der erst mit der Schwester Anton II. Tuchers, Magdalena, und nach deren Tod 1509 mit Helena Imhoff, der Tochter Hans’ V., verheira- tet war.341 Gleichzeitig findet sich jedoch in den venezianischen Quellen des öfteren ein Nürnberger Kaufmann Sinibaldo Rizzo, der wohl bereits in den 1470er Jahren dauerhaft in Venedig lebte und dort spätestens 1541 verstarb. 1479 wurde er bereits als Mitglied der Scuola Grande di San Marco aufgeführt, weswegen von einer zu diesem Zeitpunkt bereits länger währenden Anwesenheit auszugehen ist.342 Die Übereinstimmung bei den Namen seiner Söhne in den Mitgliederlisten der beiden Bruderschaften lassen ihn mit größter Wahrscheinlichkeit als dieselbe Person bestimmen, die in der Scuola dei Mercanti als „Kaufmann im Fondaco“ genannt wird. Auch in seinem Testament von 1515 und dessen zweiter Version von 1521 finden sich Hinweise, dass Rizzo als Kaufmann im deutschen Handelshaus tätig war.343 Die Gemeinsamkeiten zwischen dem Testament von 1515 und der zweiten Version seines letzten Willens waren so groß,344 dass eine Identität des Testa- tors angenommen werden muss und dieser daher aufgrund seines Todesdatums nicht der mit Magdalena Tucher und später Helena Imhoff verheiratete Sebald Reich sein konnte. Trotz einer dauerhaften Migration nach Venedig und einer offenbar guten Integration in venezianische Gesellschaftssegmente stand Sinibaldo Rizzo zeitlebens in engem Kon- takt zum Fondaco. Ebenso blieben die Verbindungen zur deutschen Kaufmannschaft in

340 (1508 Mai 12), in: Simonsfeld, Fondaco 1, Nr. 658, hera 1), Padua 1984, fol. 158v, S. 437. Die Geschäfte S. 364–365, S. 364. Mariegola Scuola dela beada befanden sich an der Außenmauer des Fondaco vergene maria madre de misericordia e del beado und waren zur Straße hin geöffnet. Im zweiten Tes- messer san francescho di marchadanti: ASVe, SG tament wurde ein Sohn „Zuan Baptista“ erwähnt, Santa Maria della Misericordia, Atti, b. 7, (fol. 118r der nicht im ersten Testament auftauchte, aber = o. Fol.). wohl mit dem Mitglied „Zuane Batista Rizo de ser 341 Simonsfeld, Fondaco 2, S. 193. Sinibaldo“ in der Mariegola der Scuola dei Mer- 342 ASVe, SG San Marco, Atti, b. 4, fol 135r. Israel sah canti übereinstimmte: ASVe, NT, b. 1216, prot. 3, die Mitgliedschaft in einer Scuola Grande „als Zei- fol. 67r–68v, fol. 67r. Er war zum Zeitpunkt des chen für eine gelungene Integration“: Israel, Frem- Testaments wohl bereits verstorben: „quondam de, S. 117. Vgl. auch: Kap. II.3.2.1. Zuam Baptista mio fiol“. Die zwei Cedule zu dem 343 (1515 Sep. 24), ASVe, NT, b. 974, Nr. 45. Hier ist im Protokoll des Notars Antonius Marsilius über- wohl von einer Tätigkeit als Nürnberger Kauf- lieferten Testament befinden sich in: ASVe, NT, mann im Fondaco auszugehen und nicht von b. 1214, Nr. 959. Es wird im Folgenden für diese einer Anspielung auf den Handel in dem kleinen Person der Name „Sinibaldo Rizzo“ genutzt, um Geschäft am Fondaco („appotheca posita subtus damit auf seine starke Assimilierung in Venedig zu Fonticum“), das im Capitolar dalle Broche als sein verweisen: vgl. Kap. II.3. Eigentum erwähnt wird: Giorgetta Bonfiglio Dosio 344 Die Söhnenamen, Pfarrei und viele Legate stim- (Hg.), Il ”Capitolar dalle Broche“ della Zecca di Ve- men überein: ASVe, NT, b. 974, Nr. 45 u. b. 1214, nezia (1358–1556), (Bibliotheca Winsemann Falg- Nr. 959. 104 · II. Nürnberger in Venedig

Venedig, wie die zu Burckhard de Burckhardi, eng.345 Es ist davon auszugehen, dass es sich bei bei dem 1508 dort aufgeführten Mieter um ihn handelte.346 Dass seine Söhne bereits um 1500 in der Mitgliederliste der Scuola Grande di San Marco als in unter- schiedlichen Pfarreien wohnhaft aufgeführt werden und daher bereits ein gewisses Alter erreicht haben mussten,347 lässt vermuten, dass er jedoch schon vor diesem Zeitpunkt eine Familie in der Stadt hatte und daher außerhalb des Handelshauses wohnte. Wahr- scheinlich hatte er im wiederaufgebauten Fondaco also lediglich ein Gewölbe, über das er als deutschsprachiger Kaufmann Handel treiben und die Vorteile des Hauses nutzen konnte.348 In seinem Testament von 1515 ist er dann mit einem Wohnort in der Pfarrei Santa Maria Nova belegt. Die enge Bindung an die Nachbarpfarrei von San Cancian, die sich bereits hier zeigte, führte bis 1521 zu einem Umzug in diese Gegend Cannaregios.349 Auch besaß er spätestens 1519 eine der Botteghe am Fondaco, die er von den Provveditori in Zecca gepachtet hatte, und selbst erst für acht, später für 20 Dukaten im Jahr an einen Altkleiderhändler und später einen Krämer weitervermietete.350 Dieses Geschäft war ihm 1519 als Ersatz für sein, bei einem Feuer zerstörtes Ladengeschäft am Rialto zuerkannt worden. Wahrscheinlich handelte es sich dabei um den großen Brand von 1514, der den Rialto (de ultra) fast vollkommen zerstörte.351 Die Vergabe des Geschäftslokals durch die Provveditori in Zecca zeigt, dass die Überschreitung der Vorschrift, als Deutscher im Fondaco Handel zu treiben, mittlerweile auch von staatlicher Seite als gängige Praxis anerkannt wurde. 1545 wurde die Bottega versteigert. Die Kosten für die Instandsetzung über 210 Dukaten, die ihm die Provveditori schuldeten, wurden seinen Erben ausgezahlt.

345 (1515 Sep. 24), ASVe, NT, b. 974, Nr. 45. den sowie den Kaplan und die Priester von San 346 Möglicherweise war er auch der „Sebolt Reich“, Cancian: (1515 Sep. 24), ASVe, NT, b. 974, Nr. 45 der für Tucher Besorgungen in Venedig tätigte 350 Für 1519: „la botega posta sotto el Fontego di Tho- und nicht, wie von Loose angenommen, Tuchers deschi n° 5 ave ser Sinibaldo Rizo tien ad affitto ser Schwager: z. B. (1507 Nov. 9), Tucher, Haushalts- Zuan da Caravazo strazaruol paga de fitto ducati buch, fol. 67r, S. 58. otto a l’anno“ (1519 Mär. 28 bzw. 26), in: Bonfig- 347 „Andrea Rizo de Ser Sinibaldo a San Cancian“ lio Dosio (Hg.), Capitolar dalle Broche, fol. 161r, und „Nicolo Rizo de Ser Sinisbaldo a Santa Maria S. 442. Zu 1544: „una botega posta sotto el Fontego Nova“ ASVe, SG San Marco, Atti b. 4, fol. 12v u. di Thodeschi, nella qual sta ser Carlo Bondi marzer fol. 104r. et paga de affito ducati vinti a l’anno.“ (1544 Feb. 7 348 Auch wird er nicht als Mieter einer Kammer, son- m.v. = 1545 Feb. 7), ebd., fol. 159r, S. 438–439. dern nur eines Magazins genannt. Zu den Vortei- 351 Zur Zerstörung: „secuto incendio Rivoalti, dirupta len, an den Fondaco angebunden zu sein und ihn dessolataque ipsa appotheca ab incendio predic- gleichzeitig nutzen zu können, auch wenn die Fa- to“; (1544 Feb. 7 m.v. = 1545 Feb. 7), in: Bonfig- milie sich längst dauerhaft in Venedig niedergelas- lio Dosio (Hg.), Capitolar dalle Broche, fol. 158v, sen und etabliert hatte: Backmann, Kunstagenten, S. 437. Zur Zuerkennung: ebd. Dass es sich hier um S. 188. den gleichen Sinibaldo Rizzo handeln muss, zeigt 349 Für 1515: „habitans in confinio Sante Marie Nove“ wieder die Namensübereinstimmung seiner Söh- (1515 Sep. 24), ASVe, NT, b. 974, Nr. 45. Für 1521: ne: ebd., [fol. 161r], S. 443. Zum Feuer: Donatella „Sinibaldo Rizo […] del confin de San Cancian“ Calabi, Le aree mercantili. I fondaci, le botteghe, i (1521 Mär. 18), ASVe, NT, b. 1216, prot. 3, fol. 67r– maggazzini, in: Venezia in Fumo. I grandi incen- 68v, fol. 67r. In seinem ersten Testament vermachte di della città-fenice, hg. v. ders., Bergamo 2006, Rizzo bereits unterschiedliche Legate an den Or- S. 101–140, v.a. S. 119–138. 2. Strukturen der Nürnberger Präsenz in Venedig · 105

Das Geschäft war offensichtlich so erfolgreich, dass es bei der Versteigerung dem Käu- fer Alvise Allemanti und seiner Gesellschaft 630 Dukaten wert war.352 Wie lange Rizzo selbst im Fondaco als Kaufmann tätig war, ob er in der Stoffhandlung arbeitete, die er nach seinem Tod seinen Söhnen vermachte,353 oder ganz anderen Aufgaben nachging, ist unklar. Die in seinem zweiten Testament ausgestellten geistlichen Legate und die verfügte Erbmasse zeigen, dass es sich um einen erfolgreichen Geschäftsmann gehandelt haben muss. Allein das durch die Nennung seines genauen Werts bezifferbare Vermögen betrug knapp 1000 Dukaten. Der Vergleich der beiden Testamente weist darüber hinaus darauf hin, dass er zwischen 1515 und 1521 besonders ertragreiche Geschäfte machte, ohne dass die Verfügungen Aufschluss über die Ursachen geben. Bei Rizzo wird daher besonders deutlich, dass die finanzielle Situation nicht Grund dafür sein musste, als deutscher Kauf- mann außerhalb des Fondaco zu leben. Vielmehr war wohl der Wunsch, sich dauerhaft in Venedig niederzulassen, ausschlaggebend. Rizzo war eng in die venezianischen Ge- sellschaftsstrukturen eingebunden und in der Stadt gut angepasst.354 Durch die am Fon- daco gewährleisteten Handelsvorteile, wie die Qualitätssicherheit der Produkte und der Schutz vor Betrug,355 war die Anbindung an das Handelshaus für die Kaufleute jedoch selbst dann von großem Interesse, wenn sie, wie Rizzo, ein Leben außerhalb vorzogen. So wurde sie auch aufrechterhalten, als im ausgehenden 15. und frühen 16. Jahrhundert die vormals rigiden Vorschriften zunehmend aufgeweicht wurden. Bei den Entscheidungsweisen innerhalb der kaufmännischen Gemeinschaft lassen sich in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts ebenfalls Veränderungen feststellen. Die Ordnung des Zusammenlebens wurde spätestens mit der Etablierung des „gemain Capi- tels“356 und der ihm vorsitzenden Konsuln357 in die Hände der Kaufleute selbst gelegt. Die Sitzungstage des Kapitels waren Jacobi oder Weihnachten, da zu diesen Terminen beson- ders viele Kaufleute in Venedig anwesend waren.358 In der Auseinandersetzung zwischen

352 „Delivrata al publico incanto in Rialto, molto nu- 357 Simonsfeld, Fondaco 2, S. 85–87. Die von Simons- mero de persone astante […] a ser Alvise Alleman- feld überlieferte Liste der Konsuln beginnt 1492 ti e fradelli de miser Rigo como piui offerenti per mit Veit Imhoff und Jacob Keyfferer: ebd., S. 207. ducati siecento e trenta da libre 6, soldi 4 per du- 358 Heyd, Haus der deutschen Kaufleute, S. 207. Zu cato.“ (1544 Jan. 30 m.v. = 1545 Jan. 30), in: Bonfi- Weihnachten z. B.: E. Imhoff: GNM, IA Teil 1, glio Dosio (Hg.), Capitolar dalle Broche, fol. 162r, Fasc. 44, Nr. 1, fol. 40r. Auch die Neujahrswünsche S. 444–445. Der ganze Vorgang, inklusive der Do- Lienhards I. Hirschvogels an Michael III. Behaim kumente von 1519, findet sich: ebd., fol. 158v–162r, und Thomas Reichs an Linhart Tucher weisen auf S. 437–445. eine Anwesenheit während des Jahreswechsels hin: 353 Die „botega de la tellaria“ solle an seinen Sohn Ni- L. Hirschvogel aus Venedig an M. Behaim (1443 colò vermacht werden, falls dieser sich anständig Jan. 9), GNM, BA, Nr. 5; sowie: T. Reich aus Ve- verhalte: (1520 Nov. 8), ASVe, NT, b. 1214, Nr. 959 nedig an L. Tucher (1530 Jan. 12), StadtAN, E 29/ (verblasste Cedula; vgl. auch Kap. II.2.2.3). IV-1444. Als „große[n] Schritt auf die innere Au- 354 Vgl. Kap. II.3. tonomie hin“ bezeichnete Braunstein den Cottimo, 355 (1429 Mär. 6), Thomas (Hg.), Capitular, Cap. 246, die Abgabe für die Unterhaltung des Haushalts: S. 139–141, S. 139. Braunstein, Kollektivitätsidentität, S. 416. 356 Heyd, Haus der deutschen Kaufleute, S. 207. 106 · II. Nürnberger in Venedig

Augsburg und Nürnberg um die Nachrichtenvermittlung und die Boten nach Norden verwies der schwäbische Rat den der fränkischen Reichsstadt darauf, dass entsprechende Streitigkeiten im Handelshaus normalerweise nicht von staatlicher Seite, sondern durch das Kapitel des Fondaco geklärt würden.359 Unter den weiteren Rechten der Selbstverwal- tung,360 die die deutschsprachigen Händler besaßen, war die Regelung des Botenwesens und damit der Einfluss auf die Art und Weise und vor allem die Schnelligkeit und Diffu- sionsrichtungen der Informationen das wichtigste und, wie der Streit zwischen Nürnberg und Augsburg zeigte, auch das konfliktträchtigste Recht.

2.3.3 Position der Nürnberger im Fondaco

Die Streitigkeiten zwischen Nürnberg und Augsburg in den Jahren 1474 und 1475 um die Übernahme und Handhabung des Nachrichten- und Briefwesens zeigten bereits in ihrer Ursache die besondere Stellung der beiden Städte im Fondaco im 15. Jahrhundert.361 Der Unterhalt des Botenwesens zwischen Venedig und dem Reich befand sich in der Hand der beiden Reichsstädte. Dass die Zwistigkeiten um die Zustände nicht innerhalb des Fondaco und des dortigen Kapitels geklärt wurden, sondern der Nürnberger Rat in meh- reren Beschwerdeschreiben direkt an Augsburg herantrat, begründeten die Franken mit der großen Bedeutung, die der Konflikt für die Stadt an sich und ihre Kaufleute habe.362 Der Umstand, dass die Übermittlung von Neuigkeiten seit der Übernahme des Diensts durch die Schwaben deutlich länger bräuchte als zuvor und die Boten auf der Strecke ab Augsburg teilweise bewusst aufgehalten würden, um so die Ankunft von Informationen zu verzögern, störe die alten Traditionen. In Berufung auf die „gute[…] lobliche[…] langhergeprauchte[…] gewonhayt und ordnung“ baten die Nürnberger das Augsburger Stadtregiment wiederholt um Intervention und zeigten sich zunehmend verärgert über deren Ausbleiben.363 Der Konflikt zog sich über ein Jahr hin.364 Trotz ihrer langen Dau-

359 Ebenso wird hier von Augsburger Seite der Wunsch 362 „unnser commune statt berurtt“; Rat an Rat v. auf ein friedliches Zusammenleben geäußert: „do- Augsburg (1474 Apr. 13) StAN, BB (Rep. 61a), mit die beywonung in dem vermelten hauss irstayls Nr. 34b, fol. 28r. Die Quelle wird bei Simonsfeld auch fruntlich gehalten“ sowie: „und wir dann be- nur als Regest angeführt: Simonsfeld, Fondaco 1, richt werden, das es in dem vermelten hauß allso Nr. 528, S. 291. herkomen und gehallten sey, das sollich gebruch in 363 Rat an Rat v. Augsburg (1474 Aug. 9), StAN, BB ainem Cappittel, so der kauffleut gewonlich meer (Rep. 61a), Nr. 34b, fol. 49v. Auch diese Quelle ist dann anndrer zeitt jars gegenwurtig sind, ußgetra- bei Simonsfeld nur als Regest angeführt: Simons- gen werden.“ StadtAN, A1–1475 Sep. 1. Zum Streit feld, Fondaco 1, Nr. 529, S. 291. Im gleichen Wort- an sich: Simonsfeld, Fondaco 2, S. 88–89. Entwi- laut bereits Rat an Rat v. Augsburg (1474 Apr. 13), ckelt hatten sich die Konsuln der deutschen Nation StAN, BB (Rep. 61a), Nr. 34b, fol. 28r. aus den Cottimieri, den Personen, die den Cottimo 364 Der Verweis des Augsburger Rats vom Septem- eintrieben. ber 1475, der wohl ebenfalls im Zusammenhang 360 Vgl. Simonsfeld, Fondaco 2, 129–130. mit den Botenstreitigkeiten steht, seine Kaufleute 361 Simonsfeld, Fondaco 2, S. 88–89. hätten sich gebührlich und entsprechend den Re- 2. Strukturen der Nürnberger Präsenz in Venedig · 107 er stellten die Streitigkeiten, wie bereits Simonsfeld betonte, „keine ernstere Differenz zwischen den beiden Reichsstädten selbst“ dar.365 Zwar herrschte zwischen den Gesell- schaften beider Städte eine wirtschaftliche Konkurrenz, durch die vielfältigen familiären Verknüpfungen366 jedoch keine entschiedene Rivalität. Auch bei dem Botenstreit ging es in erster Linie um ökonomische Interessen sowie um eine Abgrenzung untereinander und damit die Festigung der eigenen Position unter den deutschsprachigen Kaufleuten und im Fondaco. Vor allem in der zweiten Hälfte des Quattrocento entwickelten sich die Kaufmann- schaften Nürnbergs und Augsburgs zu den führenden Gruppierungen innerhalb des Handelshauses.367 Die Nürnberger hatten ihre „hervorragende Rolle“ im Fondaco368 ab dem ausgehenden 14. Jahrhundert etabliert. Nachdem die Handelskontakte nach Vene- dig spätestens auf die Zeit um 1300 zurückgehen und im folgenden Jahrhundert wohl maßgeblichen Anteil am wirtschaftlichen Aufstieg der fränkischen Reichsstadt hatten, verdrängten die Nürnberger in der zweiten Hälfte des Trecento die bis dahin dominie- renden Regensburger aus ihrer Position als wichtigste oberdeutsche Gemeinschaft im Handelshaus. Auf Bestreben der Nürnberger wurden nun wohl statt der einen vorher bestehenden gemeinschaftlichen Essenstafel unter Vorsitz der Regensburger zwei Tafeln eingerichtet, von denen diejenige, an der sich auch die niederdeutschen Kaufleute ver- sammelten, unter Nürnberger Führung stand.369 Die Anzahl der Händler aus der fränki- schen Reichsstadt blieb dabei den ganzen Untersuchungszeitraum hindurch relativ hoch, wobei sich, möglicherweise überlieferungsbedingte, Schwerpunkte in den ersten drei Jahrzehnten des 15. Jahrhunderts und um 1500 ausmachen lassen. Demnach übertrafen die Nürnberger deutlich die aus anderen Städten und selbst aus Augsburg nachweisbaren Kaufleute im Handelshaus.370 In der Verteilung der Kammern offenbart sich ebenfalls die Dominanz, die die Nürn- berger im Laufe des Quattrocento im Fondaco innehatten. Ursprünglich waren die An-

geln des Fondaco verhalten, ist der letzte mögliche 370 Da für Augsburg eine entsprechende Untersu- Hinweis auf die Streitigkeiten: StadtAN, A 1–1475 chung für das 15. Jahrhundert bisher aussteht, Sep. 1. müssen hier die bei Simonsfeld angegebenen Zah- 365 Simonsfeld, Fondaco 2, S. 89. len herangezogen werden, die sicher bei weitem 366 Vgl. z. B. die Behaim, Imhoff, Welser, Paumgart- unter der tatsächlichen Zahl lagen. Jedoch sind ner: Fleischmann, Rat und Patriziat 2.1, S. 323, auch in den allgemeinen Aufstellungen Simons- S. 601, S. 760–761, S. 1075–1076. felds die Augsburger deutlich geringer vertreten als 367 Besonders wurde die ab 1484 dauernde Anwesen- die Nürnberger: Simonsfeld, Fondaco 2, S. 58–62 heit der Fugger, die auch die prominenteste Kam- u. S. 177–178 (Augsburg) sowie S. 74–79 u. S. 192– mer innehatten, wird von Simonsfeld als Grund 194 (Nürnberg). In der Mieterliste von 1508 hiel- für die Bedeutung Augsburgs genannt: Simonsfeld, ten sich die beiden Städte bzgl. Anzahl und Lage Fondaco 2, S. 56. der Kammern ungefähr die Waage; die Schwaben 368 Simonsfeld betonte, dass sie diese „alle Zeit“ ge- hatten ein leichtes Übergewicht: ebd. 1, Nr. 653, habt hätten: Simonsfeld, Fondaco 2, S. 79. S. 359–361. 369 Simonsfeld, Fondaco 2, S. 84–85; Braunstein, Kol- lektivitätsidentität, S. 413. 108 · II. Nürnberger in Venedig wesenheit der deutschen Kaufleute in der Stadt und die Unterkunft im Handelshaus nur vorübergehend gewesen. Auch das Capitolar des Fondaco schrieb vor, die Räume nach der Abreise der Händler weiterzuvermieten. Noch 1439, als in der Praxis schon seit fast einem Jahrhundert Kammern auch dauerhaft an bestimmte Familien vermietet worden waren, wurde eine Belegung durch Personen, die sich außerhalb der Stadt befanden, verboten. Immer wieder wurde in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts geklagt, dass we- gen der häufigen Vermietung von Kammern über längere Zeiträume hinweg nicht genü- gend der 56 Räume verfügbar seien, um allen deutschsprachigen Kaufleuten in der Stadt Unterkunft zu gewähren.371 Gleichzeitig hatte die venezianische Regierung schon um die Wende zum 15. Jahrhundert die Gewohnheit, Kammern „per gratiam“ an verdiente Händler zu vergeben.372 Im Laufe des Quattrocento wurden immer häufiger Räumlich- keiten auf Dauer vermietet. Auch die Bestimmung, dass spätestens mit dem Tod des Mieters die Kammer wieder frei werden müsse, wurde zunehmend übergangen. Wieder- holt wurde den Nürnbergern gewährt, sie nach dem Ableben des Hauptgesellschafters weiterzuführen.373 Die Unterstützung der Kaufleute durch den Nürnberger Rat, der sich in entsprechenden Angelegenheiten meist direkt an die Signoria wandte, zeigt das große Interesse nicht nur der Venedig-Händler, sondern ebenso der kaufmännisch geprägten Oberschicht, die besondere Stellung innerhalb des Fondaco zu festigen. Die Verleihung der Kammern richtete sich nach der Intensität der Handelsbeziehun- gen der jeweiligen Gesellschaften nach Venedig und deren dadurch entstehenden wirt- schaftlichen Bedeutung für die Serenissima. Die langjährige Anwesenheit der Familie Mendel in der Stadt diente bereits 1377 als Argument, dass Marquard I. eine der Kam- mern des Fondaco dauerhaft überlassen wurde.374 Als Marquard II. und Peter Mendel ein halbes Jahrhundert später trotz Abwesenheit um ihre Weiterführung ersuchten, beriefen sie sich auf die lange Tradition der familiären Nutzung, die sie ungefähr auf das Jahr 1350 zurückführten.375 Die Bitte der Rummel 1412, in ihrer Kammer auf eigene Kosten einen Kamin anbringen zu dürfen, lässt ebenfalls auf ein schon längeres und vor allem konti- nuierliches Bewohnen der Unterkunft schließen.376 Auch für ein entsprechendes Gesuch

371 Zum Verbot: Thomas (Hg.), Capitular, Cap. 269, 373 (1429 Dez. 30), in: Simonsfeld, Fondaco 1, Nr. 363, S. 161. Zu den Klagen: (1432 Sep. 25), ebd., Cap. S. 194–195. Die Vorgänger der Gesellschaft Ge- 252, S. 145–146. Teilweise gaben die Kaufleute org Pirckheimer und Rudolf Gundelfinger hatten ihre Schlüssel einfach nicht zurück: (1444 Jan. 16 bereits versucht, die Kammer für „sich und ihre m.v. = 1445 Jan. 16), ebd., Cap. 277, S. 166–168, Nachfolger“ zu halten. Pirckheimer und Gundel- S. 166–167. Bereits zu diesem frühen Zeitpunkt finger mussten jedoch 1429 neuerlich diesbezüg- wurde in den Beschwerden der Händler die all- lich vorsprechen: (1429 Nov. 29), in: ebd., Nr. 361, gemeine Möglichkeit, die Kammern zu nutzen, S. 192–193. offensichtlich mit einer „Gleichheit“ der Kaufleute 374 (1377 Dez. 18), in: Simonsfeld, Fondaco 1, Nr. 240, assoziiert. Ab 1445 wurde der Besitz von Kammern S. 109. anerkannt: Simonsfeld, Fondaco 2, S. 14. 375 (1429 Dez. 7), in: Simonsfeld, Fondaco 1, Nr. 362, 372 Die Verleihung „per gratiam“ wird auch im S. 193–194. Meder’schen Handelsbuch erörtert: Meder, Han- 376 (1412 Mai 28 u. Jun. 6), in: Simonsfeld, Fondaco 1, delsbuch, S. 139. Nr. 307, S. 158. 2. Strukturen der Nürnberger Präsenz in Venedig · 109

Stefan Kolers und Heinrich Füchsels gab der Nürnberger Rat gegenüber dem Dogen 1428 an, der Raum werde schon seit ungefähr 50 Jahren durch die Koler genutzt.377 Als der Collegio 1468 beschloss, dass Johann und Heinrich Rummel ihre Kammer weiterführen dürften, nannte es als Gründe neben der langen Nutzung auch die regelmäßigen Miet- zahlungen und die Verbesserung des Raums auf eigene Kosten.378 Für die Nürnberger Kaufleute sind besonders viele Gesuche und Besitzhinweise von Kammern für das ganze 15. Jahrhundert überliefert.379 Auch Christoph I. Scheurl hatte in den 1480er Jahren „im Teutschen haws ein aigne camern verzynnset“.380 Die Hirschvogel unterhielten ebenfalls eigene Räumlichkeiten, in denen Franz während seiner 25-jäh- rigen Anwesenheit in Venedig lebte.381 Sie wurden auch in der Liste der ersten Mieter des wiedererrichteten und auf 80 Kammern erweiterten Fondaco von 1508 angegeben. Mit Anton Kolb und den Augsburger Gesellschaften der Fugger und Rehlinger teilten sie sich die besonders prestigeträchtige Seite des ersten Stockwerks, die auf den Canal Grande hinausging. Die Kammer der Imhoff befand sich einen Stock darüber. Dies war jedoch nicht Ausdruck einer geringeren Bedeutung, sondern lag wahrscheinlich viel- mehr an dem älteren Besitz der Gesellschaft. Auch war bei der Imhoff’schen Übernah- me der Kammer der Mendel 60 Jahre zuvor die Tradition der dauerhaften Vergabe der Räume und damit die Bedeutung ihrer Lage noch nicht so ausgeprägt gewesen wie um 1500.382 Unter den Pächtern der Magazine fand sich neben den Imhoff, den Hirschvogel

377 Rat an F. Foscari (1428 Apr. 20), StAN, BB 380 Archiv Scheurl, Cod. AB, fol. 83r. Für einen gewis- (Rep. 61a), Nr. 8, fol. 32r. Aus demselben Grund sen „Laurentius Angeli und seine Brüder, deutsche wurde Rudolf Gundelfinger und Georg Pirckhei- Kaufleute aus Nürnberg“ („Laurentius Angeli et mer sowie Konrad Kress für seine Gesellschaft fratres, merchatores Theuthonici de Norimbergo“), die dauerhafte Miete erlaubt: (1429 Nov. 29) u. die sonst in den Quellen nicht fassbar sind, erteil- (1429 Dez. 30), in: Simonsfeld, Fondaco 1, Nr. 361, te der Collegio 1487 die Erlaubnis, dass sie und S. 192–193 u. Nr. 363, S. 194–195. ihre legitimen Nachkommen, die entsprechende 378 (1468 Okt. 11), in: Simonsfeld Fondaco 1, Nr. 511, „Kammer für immer und in Zukunft haben und S. 280. dort wohnen könnten“ („ipsam cameram semper 379 Von anderen Städten finden sich kaum Gesuche. et in futurum habere et habitare possint“): (1486 Die Fugger übernahmen 1484 die Kammer, die Jan. 20 m.v. = 1487 Jan. 20), in: Simonsfeld, Fonda- früher der Stadt Judenburg gehört hatte. 1489 wur- co 1, Nr. 574, S. 312–313. de sie ihnen dann auf alle Zeiten zugesichert: (1484 381 Vgl. u. a.: StBN, Pirckheimer-Papiere 364, U 17, Nov. 10 u. 1489 Nov. 30), in: Simonsfeld, Fondaco fol. 7v–8v, fol. 7v. Schaper vermutete, dass die 1, Nr. 568, S. 309–310 u. Nr. 582, S. 315. Manchmal Hirschvogel bereits seit den 1440ern eine eigene gelang den Nürnbergern die Weiterführung auch Kammer besaßen: Schaper, Hirschvogel, S. 96. gegen deutliche Widerstände. Offensichtlich waren 382 Mit „Justo“ Memminger und „Fedrigo da Norim- die Amtsträger des Fondaco z. B. gegen die Erhal- bergho“, der nicht näher zu identifizieren ist, sind tung der Kammer von Stefan Koler u. Heinrich weitere Nürnberger Kaufleute unter den Mietern Füchsel: Rat a. F. Foscari (1428 Apr. 20), StAN, BB der Kammern genannt: (1507 Feb. 7 u. 19 m.v. (Rep. 61a), Nr. 8, fol. 32r. Zum Versuch des Ulmer = 1508 Feb. 7 u. 19), in: Simonsfeld, Fondaco 1, Kaufmanns Peter Weiss, Marquard Mendel aus Nr. 653, S. 359–361, S. 360–361. Zur Identifizie- seiner Kammer zu verdrängen und der städtischen rung: ebd. 2, S. 192–193. Zur Erweiterung: Heyd, Intervention Nürnbergs an den Ulmer Rat: (1430 Haus der deutschen Kaufleute, S. 218. Jun. 21) u. (1430 Aug. 18), in: Simonsfeld, Fondaco 1, Nr. 364, S. 195 u. Nr. 365, S. 195–196. 110 · II. Nürnberger in Venedig und Anton Kolb auch Sinibaldo Rizzo.383 Von den Familien, die in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts die vermieteten Kammern unter sich aufgeteilt hatten, war in der Liste von 1508 jedoch keine mehr vermerkt. Wie sehr sich der Wandel in den Geschäftsbezie- hungen zwischen Nürnberg und Venedig und die Veränderungen ihrer Trägerschaft an den Kammern im Fondaco widerspiegelten, zeigt wohl am auffälligsten der Übergang der Räumlichkeiten der Mendel auf die Imhoff 1441, als Georg Mendel den „halben thail an unsser kameren zw Venedig, das paradiesß genant, ym tewtzen haus“ an Konrad II. Imhoff verkaufte.384 Eine der wichtigsten Nürnberger Familien in Venedig in der Zeit um 1400 wurde so auch fassbar durch das im 15. und 16. Jahrhundert dominierende Geschlecht aus der fränkischen Reichsstadt abgelöst. Bei den Händlern aus der Pegnitzstadt, wie den Mendel oder Imhoff, wurde schon früh deutlich, dass die Kammern immer stärker nicht nur dem reinen Aufenthalt und der Geschäftsabwicklung dienten. Der Verweis der Mendel von 1429, dass sie ihre Rech- nungsbücher auch während ihrer Abwesenheit in der Kammer aufbewahren würden,385 ist wohl einer der ersten Hinweise darauf, dass die Kaufleute aus dem Norden die Räu- me als feste Niederlassungen ihrer Gesellschaften nutzten. Ein Inventar, das die Imhoff 1509 für die Kammer erstellten, listete neben Kästen mit Kleidern und einem Federbett auch eine eiserne Truhe auf, in der „alle pücher saindt, auch ander mer geschrifft“.386 Die Bezeichnung der Mendel’schen Kammer als „Paradies“ lässt auf die besondere Pracht ihrer Ausstattung und damit auch den Reichtum ihrer Besitzer schließen. Dass der Raum bereits 1429 unter diesem Namen bekannt war, weist darauf hin, dass die Kammern des Fondaco für die dortigen Kaufleute bereits zu diesem frühen Zeitpunkt auch Repräsen- tationsrahmen waren.387 Zwar finden sich in den Mieterlisten von 1508 geringfügig mehr Augsburger als Nürnberger Kaufleute unter den Pächtern. Im 15. Jahrhundert drückten die Gesuche um die dauerhafte Nutzung von Kammern und deren Zuerkennung, die diejenigen anderer Städte in ihrer Zahl weit übertrafen, jedoch das Selbstbewusstsein der Nürnberger ebenso wie die Anerkennung ihrer besonderen Stellung von Seiten der vene- zianischen Regierung aus. Die Kontinuität der Geschäftsbeziehungen, die immer wieder als Grund für die Gewährung des Privilegs genannt wurde, wurde durch die räumliche Etablierung der Nürnberger Kaufleute im Handelshaus noch gestärkt.

383 (1508 Mai 12), in: Simonsfeld, Fondaco 1, Nr. 658, 385 „in qua adhuc ipsorum computacionum libri, sup- S. 364–365, S. 364. pellectilia et alie robe contineantur, eis recipere et 384 (1441 Mär. 26), GNM, IA Teil 1, Fasc. 5, Nr. 18. In aliis mercatoribus collocare studeant“; (1429 Dez. der Genealogie des Endres Imhoff wird die ent- 7), in: Simonsfeld, Fondaco 1, Nr. 362, S. 193–194, sprechende Passage des Kaufbriefs wörtlich zitiert. S. 193. Entsprechend auch: „sein hawsgerete und Diese offensichtliche Tradierungswürdigkeit ver- púcher“ (1430 Jun. 21), in: ebd., Nr. 364, S. 195. weist auf die Bedeutung des Vorgangs: „ein halben 386 (1509 Apr. 21), GNM, IA Teil 1, Fasc. 28, Nr. 11b. tail an irer kamer zu Venedig, das paradis genant, 387 (1429 Dez. 7), in: Simonsfeld, Fondaco 1, Nr. 362, im teuschen haus“; GNM, IA Teil 1, Fasc. 44, Nr. 1, S. 193–194. fol. 8r. 2. Strukturen der Nürnberger Präsenz in Venedig · 111

Die große Bedeutung der Nürnberger im Fondaco, die sich im Laufe des 15. Jahrhun- derts stabilisierte, zeigte sich auch innerhalb der kaufmännischen Gemeinschaft und ih- rer Selbstverwaltung. Im ersten Jahrzehnt, in dem die Konsuln im Fondaco nachzuweisen sind, stammten besonders viele von ihnen aus dem Nürnberger Geschlecht der Imhoff. Zwischen 1492 und 1499 fanden sich fünf unterschiedliche Teilhaber der Gesellschaft Peter Imhoffs als Vertreter der deutschsprachigen Kaufmannschaft im Fondaco.388 Dies belegt nicht nur die hohe Frequenz der Mitglieder dieser wichtigen Venedig-Familien in der Stadt. Da davon auszugehen ist, dass das Amt des Konsuls nur von Kaufleuten aus- geübt werden konnte, die zumindest die meiste Zeit ihres Amtsjahres auch in Venedig anwesend waren, zeigt sich hier darüber hinaus, dass sich auch um 1500 Personen mit wichtigen Positionen innerhalb einer Handelsgesellschaft für lange Zeiträume in der La- gunenstadt aufhielten. 1506 und 1507 hatte mit Sebald Kneussel, der aus einer der reichs- ten Nürnberger Familie stammte, ein Vertrauter der Imhoff in Venedig das Amt inne, der ab 1511 auch deren Faktor werden sollte.389 Franz Hirschvogel wurde 1505 zum Konsul gewählt. Auch bei Jakob Welser, der 1525 das Amt mit Pandulf Schneyker ausübte, han- delte es sich, entgegen der Annahme Simonsfelds, um einen Nürnberger.390 Insbesondere in den Anfangsjahren wurden wohl in erster Linie Händler mit dem Amt betraut, die über eine gewisse Bedeutung, vor allem aber über eine Vertrauensposition im Fondaco verfügten. Wahrscheinlich baute man daneben auf ihre Fähigkeit als Mittler zwischen den unterschiedlichen Gruppierungen im Handelshaus sowie als Vertreter der Interessen der Kaufmannschaft. Die anfängliche Tendenz, für dieses Amt Personen aus den großen oberdeutschen Handelsgeschlechtern zu wählen, brach in den Folgejahren jedoch ab. Kann man bei den Imhoff noch davon ausgehen, dass die häufige Wahl von Mitgliedern dieser Familie auf deren besondere Bedeutung im Handelshaus schließen lässt, wur- den ab 1500 nur noch selten Personen gewählt, die aus der oberdeutschen Hochfinanz stammten. Die Dominanz einer Familie, wie sie die Imhoff in den 1490er Jahren ausüb-

388 1492 u. 1495 Veit Imhoff (Aufgrund der Nürnber- 390 Simonsfeld, Fondaco 2, S. 207. Zu den Welser in ger Quellenlage kann Simonsfelds Interpretation Nürnberg: Wolfgang v. Stromer, Welser Augsburg eines „Guido“ als Veit Imhoff als korrekt angenom- und Welser Nürnberg: Zwei Unternehmen und men werden.), 1493 Sebastian, 1494 Hieronymus ihre Standorte, in: Die Welser. Neue Forschun- Imhoff (laut Simonsfeld: Jeremias), 1498 Franz u. gen zur Geschichte und Kultur des oberdeutschen 1499 Peter Imhoff: Simonsfeld, Fondaco 2, S. 207. Handelshauses, hg. v. Mark Häberlein u. Johan- Peter, Hieronymus, Franz und Veit waren Teilha- nes Burkhardt, (Colloquia Augustana 16), Berlin ber: Jahnel, Imhoff, S. 57. 2002, S. 215–222. Zu Jakob: ebd., S. 216. Vgl. auch: 389 (1511 Dez. 1), GNM, IA Teil 1, Fasc. 28, Nr. 17. Vgl. Fleischmann, Rat und Patriziat 2.1, S. 1077; Hen- auch: Schaper, Hirschvogel, S. 128 u. S. 131. Hel- drik Budde, Jakob Welser. Kaufmann und Mon- mut Haller v. Hallerstein, H. v., Größe und Quellen tanherr 1468–1541, in: Berühmte Nürnberger aus des Vermögens von hundert Nürnberger Bürgern neun Jahrhunderten, hg. v. Christoph v. Imhoff, um 1500, in: Beiträge zur Wirtschaftsgeschichte Nürnberg ²1989, 79–81. Nürnbergs 1, hg. StadtAN, (Beiträge zur Geschich- te und Kultur der Stadt Nürnberg), Nürnberg 1967, S. 117–220, S. 118–119. 112 · II. Nürnberger in Venedig ten, ließ sich nicht mehr finden. Auch aus den großen Augsburger Handelsgeschlechtern wurden in der Folgezeit nur selten Mitglieder als Konsuln gewählt. Familien wie die Fugger oder Rehlinger tauchten im Untersuchungszeitraum überhaupt nicht in der Lis- te auf. Dominiert wurde das Amt ab 1506 von sonst seltener in Erscheinung tretenden Kaufleuten. Bis in die späten 1520er Jahre befanden sich darunter keine Personen mehr, die eindeutig als Nürnberger zu identifizieren sind.391 Ein möglicher Grund dafür, dass ab dem frühen 16. Jahrhundert das Amt des Konsuls nicht mehr von Mitgliedern der bedeutenden oberdeutschen Handelshäuser ausgeübt wurde, die, wie aus der Verteilung der Kammern ersichtlich, im Fondaco zu dieser Zeit dominierten,392 könnte der Versuch des „gemainen Kapitels“ gewesen sein, die Übermacht der Oberdeutschen einzuschrän- ken und statt deren Interessen diejenigen der Allgemeinheit der Kaufleute zu vertreten. Nicht nur wirtschaftliche, auch herkunftsspezifische Gründe trugen zu einer Abson- derung der großen oberdeutschen Gesellschaften393 von den anderen Händlern aus dem Reich nördlich der Alpen im Laufe des 15. Jahrhunderts bei. Immer wieder kam es zu Konflikten, die sich konkret zwischen Ober- und Niederdeutschen abspielten und die Gegensätze zwischen beiden Regionen, die auch auf unterschiedlichen sprachlichen und kulturellen Hintergründen beruhten, zu Tage treten ließen. In einer Auseinandersetzung um die Anzahl der Köche und die Notwendigkeit des gemeinschaftlichen Essens agierten Köln und Nürnberg 1429 als Vertreter ihrer jeweiligen geographischen Räume.394 Nach Anhörung beider Seiten entschieden die Visdomini, dass die durch Nürnberg beteuerte Gewohnheit des gemeinsamen Essens und dessen Finanzierung „für die gute Zuneigung und Eintracht der genannten Kaufleute“ aufrechterhalten werden sollte.395 Obwohl dieser Konflikt nicht so bedeutend war, wie teilweise in der Forschung angenommen,396 sondern eher bestehende Meinungsverschiedenheiten und kulturelle Differenzen aufleuchten ließ, kann man die Entscheidung der Verwalter des Fondaco im Sinne der Nürnberger

391 Simonsfeld gab für Sebald Grundlach (1508), Ul- widerlegt werden: Simonsfeld, Fondaco 2, S. 140. rich Mayer u. Stephan Riegler (beide 1513), Johann Zur Dominanz: Braunstein, Kollektivitätsidentität, v. Wimpfen (1518), Veit Wittich (1520) u. Johann S. 413 u. S. 414. Futtach (1526) an, dass es sich wohl um Nürnber- 394 Braunstein sprach von einer „Trennung zwischen ger handelte. Sicher Nürnberger war Moritz Fi- zwei kulturellen Sphären“: Braunstein, Kollektivi- scher 1528: Simonsfeld, Fondaco 2, S. 207–208. tätsidentität, S. 414. 392 (1507 Feb. 7 u. 19 m.v. = 1508 Feb. 7 u. 19) u. 395 „per bon amore et concordio de ditti marchadanti“; (1508 Mai 12), in: Simonsfeld, Fondaco 1, Nr. 653, (1429 Jul. 6), in: Simonsfeld, Fondaco 1, Nr. 357, S. 359–361 u. Nr. 658, S. 364–365. S. 188–190, S. 189. Sowohl Nürnberg als auch Köln 393 Die Dominanz ist auf die dauerhafte Nutzung eige- wurden dabei ausdrücklich als Repräsentanten der ner Kammern ebenso zurückzuführen wie auf die Kaufleute aus Ober- beziehungsweise Nieder- besondere wirtschaftliche Potenz. Laut Simonsfeld deutschland genannt: „fra i merchadanti de fonte- gab es zwar bis zum Ende des 15. Jahrhunderts go di Todeschi da Norimbergo et d’Alemagna alta „keinerlei Unterschied“, dies kann aber sowohl da una parte et quelli da Cologna et de Alemagna durch den Vorsitz an den Tafeln im Handelshaus, bassa dall altra parte“; ebd., S. 189. durch die personelle Dominanz wie auch durch 396 Wirtz, Köln und Venedig, S. 26–27. die Mehrzahl an dauerhaft belegten Kammern 2. Strukturen der Nürnberger Präsenz in Venedig · 113 als Hinweis auf die besondere Relevanz der oberdeutschen Kaufleute im Handelshaus deuten. Augenfällig wird jedoch vor allem, dass der gemeinsame Herkunftsraum und die vielfachen personellen Verflechtungen innerhalb der oberdeutschen Kaufmannschaft wichtiger waren als mögliche Konkurrenzen einzelner Städte. Darüber hinaus zeigt der Vorfall, dass die Nürnberger von den anderen Händlern, auch von den Kaufleuten aus der schwäbischen Reichsstadt, als Vertreter der Oberdeutschen akzeptiert wurden. Man erkannte ihnen, zumindest in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts, selbst innerhalb dieser wirtschaftlich potenten Gruppe eine besondere Stellung zu. Gleichzeitig scheinen die Nürnberger zwischen den unterschiedlichen Herkunftsre- gionen der Kaufleute jedoch auch als Mittler fungiert zu haben. Auf jeden Fall nahmen sie eine Zwischenposition ein. Im nieder-oberdeutschen Streit um die gemeinsame Ein- nahme von Mahlzeiten vertraten sie zwar die Seite der Oberdeutschen. An den wohl zwei Tafeln hatten sie allerdings den Vorsitz derjenigen inne, an der mit Frankfurt, Köln, Mainz, Lübeck und anderen Städten vor allem niederdeutsche Kaufleute saßen. Die ober- deutsche oder schwäbische Tafel wurde weiterhin von den Regensburgern geleitet.397 Das Konsulnamt mehrerer Nürnberger deutet ebenfalls in diese Richtung. Sowohl die Funk- tion der Nürnberger als Vertreter Oberdeutschlands als auch die Tendenzen, die auf eine gleichzeitige Mittlerposition innerhalb der allgemeinen Kaufmannschaft im Handelshaus hinweisen, zeigten die nicht nur wirtschaftlich, sondern auch sozial besondere Position der Nürnberger im Fondaco im 15. und frühen 16. Jahrhundert.

2.3.4 Die Nürnberger und der Fondaco dei Tedeschi – Resümee

Die Nürnberger Kaufleute hatten im 15. Jahrhundert im Fondaco eine herausgehobene Position inne, die sich vor allem auf die lange Dauer und die kontinuierlich intensiven Geschäftsverbindungen der Händler nach Venedig gründete. Diese Stabilität und Bedeu- tung der Handelsbeziehungen zwischen beiden Städten drückten sich in den unterschied- lichen Bereichen des Handelshauses aus. Die Nürnberger kamen nicht nur sehr früh in den dauerhaften Besitz von Kammern im Fondaco. Ihnen gelang es auch besonders häufig, diese über Generationen hinweg zu halten. Das große Interesse, das die Stadtre- gimenter Nürnbergs und Venedigs an der Aufrechterhaltung und dem reibungslosen Ab- lauf des Austausches hatten, kam den fränkischen Kaufleuten dabei zu Nutze. Auch der Vorsitz an einer der beiden gemeinschaftlichen Tafeln weist auf die besondere Stellung der Nürnberger hin. Hier offenbart sich die, neben dem wirtschaftlichen Rang, zweite wichtige Bedeutung der Kaufleute aus der fränkischen Reichsstadt im Handelshaus. Als

397 Zwar lässt sich die Existenz von zwei Tafeln erst- vorher bestanden: Simonsfeld, Fondaco 1, S. 46; mals 1474 eindeutig nachweisen, es wird jedoch in Heyd, Haus der deutschen Kaufleute, S. 204. der Forschung davon ausgegangen, dass sie schon 114 · II. Nürnberger in Venedig

Mittler und Vertrauenspersonen innerhalb des Fondaco traten sie, wie beispielsweise bei der Wahl der Vorsteher des Kapitels, vor allem um 1500 weit stärker hervor als beispiels- weise die Augsburger, obgleich der Umstand, dass Letztere im wiedererrichteten Han- delshaus als Mieter der meisten und prestigeträchtigsten Kammern aufgeführt wurden, wohl auf eine zunehmende zahlenmäßige und wirtschaftliche Dominanz der Schwaben hindeutet. In der Mieterliste von 1508 zeigt sich, wie vorherrschend die Mitglieder der oberdeutschen Hochfinanz im Fondaco bereits zu Beginn des 16. Jahrhunderts waren.398 Von einer wirklichen Rivalität, die über den wirtschaftlichen Wettbewerb hinausging, oder gar einem Kampf um eine alleinige Vorherrschaft im Handelshaus kann unter den Oberdeutschen nicht gesprochen werden. Wiederholt lassen sich zwar in der Überlie- ferung zum Fondaco Hinweise auf Spannungen und Abgrenzungstendenzen zwischen den unterschiedlichen regionalen Gruppierungen finden. Auch waren die Konfliktlini- en meist landsmannschaftlich definiert und zeigten herkunftsspezifische Solidaritäten. Gleichzeitig wird jedoch gerade am Beispiel Nürnbergs deutlich, dass diese Streitigkeiten oftmals eher situationsbedingt waren, als dass es sich um grundlegende Auseinanderset- zungen zwischen Nieder- und Oberdeutschland oder unter den oberdeutschen Kaufleu- ten handelte. Oftmals scheinen vor allem das Austarieren des Kräfteverhältnisses und die augenblickliche Position der Beteiligten im Handelshaus im Vordergrund gestanden zu haben. Darüber hinaus waren die Nürnberger über den Fondaco in das Spannungsfeld zwi- schen Kontrolle und Wohlwollen eingebunden, die die venezianische Regierung gegen- über den Kaufleuten aus dem Reich nördlich der Alpen walten ließ. Die Bedeutung, die der Handel für die Regierungen beider Städte hatte und derer sich beide Seiten bewusst waren,399 zeigte sich in der intensiven Korrespondenz zwischen dem Nürnberger Rat und der Signoria in Bezug auf Privilegien und Annehmlichkeiten im Handelshaus. Die Haltung der venezianischen Seite war von dem Wunsch geprägt, die einträglichen Ge- schäfte der deutschen Kaufleute zu überwachen und sie so durch Zölle und Abgaben der eigenen Wirtschaft zugutekommen zu lassen. Gleichzeitig nötigte ihnen die Bedeutung der Händler zunehmend Zugeständnisse ab, um sie an die Stadt und das Handelshaus zu binden. Dabei wird auch der Versuch eine Rolle gespielt haben, dem immer ausgepräg- teren Interesse der oberdeutschen Handelsgesellschaften an den westeuropäischen Han- delsplätzen400 entgegenzutreten. Wie die venezianische Regierung schon früh aus wirt- schaftlichen Interessen die eigenen Regeln immer wieder überschritt401 und die Kontrolle

398 Für das 17. Jahrhundert sprach Braunstein vom 400 Vgl. hierzu IV.2. Fondaco als regelrechtem „‚Clubhaus‘ der Ober- 401 Vgl. hierzu die Erlaubnis an Philipp Groß und sei- deutschen“: Braunstein, Kollektivitätsidentität, ne Gesellschaft, Waren auch außerhalb des Fonda- S. 417. co anzubieten und zu verkaufen: (1383 Jun. 19), in: 399 Braunstein betonte, dass sich die Nürnberger ihrer Simonsfeld, Fondaco 1, Nr. 247, S. 113–114. Bedeutung für Venedig durchaus bewusst waren: Braunstein, Relations d’affaires, S. 228. 2. Strukturen der Nürnberger Präsenz in Venedig · 115 insbesondere ab der zweiten Hälfte des Jahrhunderts zunehmend liberalisierte, zeigt sich am Beispiel der Nürnberger Kaufleute besonders deutlich. In diesem Zusammenhang lassen sich klare Prioritäten Venedigs bezüglich der Über- wachung der deutschsprachigen Händler erkennen. Das Interesse daran, dass sie wäh- rend ihres Venedig-Aufenthalts tatsächlich im Fondaco lebten, scheint im Laufe der Zeit abgenommen zu haben, wie die Wohnorte von Kaufleuten außerhalb des Handelshau- ses vor allem ab der Zeit um 1500 zeigen. Die Stadt war jedoch bemüht, den Händlern entsprechende Räume für die Lagerung ihrer Waren und die Tätigkeit ihrer Geschäfte zur Verfügung zu stellen, um so auf die Umsätze zugreifen zu können. Den Zwiespalt zwischen dem noch in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts kontinuierlich wieder- holten Verbot, Kammern dauerhaft zu vermieten, und den Versuchen, besonders den wirtschaftlich potenten Handelsfamilien entgegenzukommen, löste sich im ausgehenden Quattrocento in einer klaren Bevorzugung der ökonomisch dominanten Oberdeutschen auf. Auch die Privilegien, die den deutschen Kaufleuten im Fondaco zugestanden wur- den, waren Anreiz für sie, weiterhin im Fondaco zumindest ihren Handel zu betreiben. Die Kammern dienten gerade den bedeutenden Venedig-Familien als Gesellschaftsnie- derlassungen und Repräsentationsräume. Die Institutionalisierung der kaufmännischen Strukturen am Handelshaus, die hier zusammenlaufenden Netzwerke und Kommuni- kationsmöglichkeiten, die neben dem Waren- auch den Informationsaustausch begüns- tigten, trugen ihr Übriges dazu bei, dass der Fondaco für die Kaufleute aus dem Norden trotz der hier fälligen Abgaben mehr Vor- als Nachteile barg.402 Die Bindung an das Han- delshaus blieb so weiterhin zentral. Gleichzeitig war es nach wie vor wichtige Anlauf- stätte und Konzentrationspunkt auch für die übergreifende deutschsprachige Präsenz in Venedig. Noch im 16. und 17. Jahrhundert finden sich Familien, die sich innerhalb der venezianischen Gesellschaft etabliert hatten und weiterhin geschäftlich eng mit dem Fondaco verknüpft waren.403 Die Anwesenheit der Kaufleute erstreckte sich im Laufe des 15. Jahrhunderts zuneh- mend auf zwei Ebenen. Durch die dauerhafte Anmietung der Kammern konnten sie, wie es sich bei den Mendel bereits in den 1420er Jahren herauskristallisierte, auch bei physi- scher Abwesenheit trotzdem in der Stadt und dem Handelshaus und so auch im deutsch- venezianischen Wirtschaftsgefüge gegenwärtig sein und ihre Position behaupten. Diese überpersonale Gegenwärtigkeit spielte neben den praktischen Vorteilen des langfristigen Besitzes einer Kammer eine wichtige Rolle. Über den wirtschaftlichen Austausch hinaus konnten so auch in anderen Bereichen langfristige Strukturen geschaffen und bestehende gefestigt werden. Sie waren nicht nur bedeutsam für die Situation der Kaufleute in der

402 „Sembra che la possibilità di utilizzare 403 Vgl. Backmann, Fondaco. l’infrastruttura del Fondaco fosse considerate più un privilegio che una costrizione.“ Roeck, Venezia e la Germania, S. 45. 116 · II. Nürnberger in Venedig

Stadt und den Handelsalltag. Im Laufe des 15. Jahrhunderts kristallisierten sie sich auch immer stärker als Grundlagen des intellektuellen wie künstlerischen Austausches und des Kulturtransfers heraus. In dem Moment, in dem die Starrheit des Systems und des Reglements immer mehr aufbrach, wurde das Handelshaus darüber hinaus zunehmend zu einem Ort, an dem sich – entsprechend einer bewussten wie unbewussten Anbin- dung beziehungsweise Abgrenzung – die Integration der Kaufleute in die unterschied- lichen, im Fondaco wie in Venedig existierenden gesellschaftliche Gruppen und sozia- len Gemeinschaften abzeichnete. Auch ein Großteil der restlichen tedeschi richtete sich geographisch, institutionell und sozial am Fondaco aus. So wurde er weit über die rein wirtschaftlichen Beziehungen hinaus zum „Symbol“404 der deutschsprachigen wie der Nürnberger Präsenz in der Stadt.

2.4 Handelsalltag und kaufmännische Strukturen der Nürnberger in Venedig

2.4.1 Nürnberger Handelsalltag in Venedig

Obwohl sich die Regeln des Fondaco im Laufe des 15. Jahrhunderts liberalisierten und, wie die Dialoge von Georg von Nürnberg zeigen, sich Geschäfte auch nach außerhalb verlagerten,405 blieb das Gebäude am Rialto der wichtigste Anlaufpunkt für die Händler aus dem Reich nördlich der Alpen und einer der bedeutsamsten Orte ihrer wirtschaftli- chen Tätigkeiten. So war er für Hieronymus Haller maßgeblicher Lernort. Dass der junge Patrizier von Christoph I. Scheurl aufgefordert wurde, er solle „zw gewonlicher zeit, so die Walhen im Teutschen haws sein“, dorthin gehen,406 verweist darüber hinaus darauf, dass die venezianischen Kaufleute regelmäßig ins Handelshaus kamen. Der Gang an den Rialto, wie er auch dem jungen Haller aufgetragen wurde, diente hingegen wohl weniger dem direkten Abschluss von Geschäften407 als der Beobachtung von Waren- und Preis- entwicklungen und war seiner Funktion als einer der zentralen Orte für politische und wirtschaftliche Neuigkeiten408 geschuldet. Als Finanzzentrum der Stadt hatte auch der

404 Braunstein, Venezia e la Germania, S. 49. Vgl. z. B. den Laden des Sinibaldo Rizzo am Rial- 405 Das erste Gespräch spielt sich gänzlich außerhalb to: Bonfiglio Dosio (Hg.), Capitolar dalle Broche, des Handelshauses ab. Auch im zweiten Dialog fol. 158v, S. 437. wird die Transaktion erst in den Fondaco verlegt, 406 Archiv Scheurl, Cod. AB, fol. 332r. als sie bereits weit fortgeschritten war. Wahr- 407 Die Kaufleute wurden noch im 16. Jahrhundert scheinlich wurden sie in einer der Botteghe in der durch die Handelsbücher darauf hingewiesen, Stadt abgewickelt: 1. Dialog: Georg v. Nürnberg, bei diesen nicht zu kaufen: Meder, Handelsbuch, Sprachlehrbuch, fol. 89r, Z. 20–24, S. 244. 2. Dia- S. 140. log: „gee wïr in daz deucz haus […] gee wïr nür in 408 Vgl. u. a. De Vivo, Information and Communica- gocz namen“; ebd., fol. 94v, Z. 5–6, S. 253. Auf die tion, S. 89–97. Neerfeld, Gegenwartschronistik, unterschiedlichen Geschäftsorte im 16. Jahrhun- S. 123–156. dert verweist Meder: Meder, Handelsbuch, S. 147. 2. Strukturen der Nürnberger Präsenz in Venedig · 117

Rialto eine maßgebliche Bedeutung. Der Handelsalltag der deutschsprachigen Kaufleute spielte sich somit an zwei unterschiedlichen, wenn geographisch auch eng verbundenen Orten ab, die jeweils eine spezifische Funktion im Geschäftsleben hatten. Gleichzeitig erstreckte sich der Handelsalltag der Nürnberger auf mehrere geschäft- liche Ebenen. Die Quellen beziehen sich in erster Linie auf die Aktivitäten der größeren Handelsfamilien. Vermerke über abgeschlossene Geschäfte, insbesondere in Rechnungs- büchern, sind Hinweis auf die Abwicklung von Geschäften und Zahlungen, müssen aber nicht zwangsläufig die tatsächliche Anwesenheit der angegebenen Personen bedeuten.409 Die Geschäfte umfassten verschiedene Bereiche. Schwerpunkt war von Beginn an der Handel mit Spezereien, Stoffen und anderen Produkten aus dem Orient, mit Glaswaren und Textilien aus venezianischer Produktion und den in Italien und vor allem der Le- vante begehrten Waren aus dem Norden, wie den Rohstoffen der dortigen Bergwerke, Nürnberger Metallerzeugnissen oder Pelzen und Bernstein aus Nord- und Nordosteu- ropa. Venedig diente immer mehr jedoch auch als finanzieller Umschlagplatz für die Kaufleute aus dem Norden.410 Wie Christoph I. Scheurl kamen die Händler in die Stadt, damit man „zw Venedig guter kauffet, verkauffet unnd heraus schickhet“411. Die Abläufe und das notwendige Wis- sen um Waren und Handelsmodalitäten in der Stadt hatten die meisten Kaufleute bereits während ihrer Ausbildung dort erlernt. Die im venezianischen Kontext entstandenen Handelspraktiken weisen auf die Kenntnisse hin, die für den Handel in der Lagunen- stadt Voraussetzung waren: „Item zu Venetia da ist vil handels. Welchr da handtirn will, dem ist vor alln dingn not zu wissen myntz, gewicht, ellen und meß, daby man all ding kouft und verkouft, damit sich ainer wiß, darnach zu richten.“412 Die kaufmännischen Handbücher, die möglicherweise auch vor Ort als Nachschlagewerke genutzt wurden, gaben den Kaufleuten Aufschluss über unterschiedliche Maße und Gewichte,413 Münzen und Bezahlungsarten.414 Ebenso wurden in den Kaufmannspraktiken venezianische Be- sonderheiten415 sowie die hier zu entrichtenden Gebühren, beispielsweise für die Sensali, genannt, oder es wurde ausdrücklich auf die Vorschrift hingewiesen, die Unterkäuffel des Fondaco zum Geschäftsabschluss heranzuziehen.

409 Vgl. Simonsfeld, Fondaco 2, S. 83. 414 Meder, Handelsbuch, S. 144–145. Dass das Kauf- 410 Ausführlich: Kap. III.2. Zu den Waren vgl. auch: mannsbüchlein von 1511 eine Umrechnungsta- Simonsfeld, Fondaco 2, S. 103–104. belle enthält, könnte ebenfalls ein Hinweis darauf 411 Archiv Scheurl, Cod. AB, fol. 77v. sein, dass die Handbücher als Nachschlagewerke 412 [Paumgartner], Welthandelsbräuche, Kap. I.124, genutzt wurden: Stockhusen, Kaufmannsbuch, S. 181. S. 91–93. 413 [Paumgartner], Welthandelsbräuche, Kap. I.128– 415 Z. B. „gantzm gut“ u. „halb gut“: [Paumgartner], 130, S. 182–183 u. Kap. I.141, S. 187–188; Meder, Welthandelsbräuche, Kap. I.140, S. 187; Meder, Handelsbuch, S. 144. Eine genaue Aufschlüsselung Handelsbuch, S. 145. der Gewichte und ihrer Untereinheiten findet sich bei: Westermann u. Denzel, Matthäus Schwarz, S. 58–59. 118 · II. Nürnberger in Venedig

Eine „perfekte Marktkenntnis“416 und ein guter Warenüberblick waren die Grundla- gen des Handels. Das Wissen um die neuesten Entwicklungen der Güter und Preise war für erfolgreiche Geschäfte notwendig. Diese Informationen in Venedig zu sammeln, sie über die Kommunikation mit der Vaterstadt weiterzuvermitteln und durch Aufzeich- nungen und Korrespondenzen zu tradieren, war wichtiger Teil des kaufmännischen All- tags.417 Grundlegend für erfolgreiche Transaktionen war darüber hinaus die Kenntnis der örtlichen und für Venedig spezifischen Handelsgewohnheiten. Hierbei waren besonders die Eigenarten des Fondaco und die entsprechenden Reglements für die Handelsleute aus dem Norden wichtiger Wissensbestand.418 Die Bedeutung von Warenkenntnis, dem Wissen um Handelsgewohnheiten und Platzgebräuche zeigen auch die Geschäftsdialoge im Sprachlehrbuch des Georg von Nürnberg. Vor allem das erste Gespräch zwischen einem deutschsprachigen Kaufmann und einem gewissen Bartolomäus419 zeigt, wie eine Verhandlung zwischen zwei Handelspartnern mit ihren spezifischen Mechanismen ab- gelaufen sein könnte. Nach einem kurzen Austausch über die Befindlichkeiten, die Reise, die neuesten Entwicklungen im Norden420 und anderen Höflichkeiten preist der vene- zianische Kaufmann seinem Geschäftspartner die Waren an, und es kommt zu einem Verkaufsgespräch über die unterschiedlichen Stoffe, ihre Qualität und ihren Preis. Erst nach den direkten Verhandlungen, deren positiver Abschluss durch das gemeinsame Weintrinken gekennzeichnet ist, wird ein Sensal hinzugezogen. Dabei werden die Strategien deutlich, mit denen der Käufer versuchte, die Kosten zu senken. Das Anpreisen der Waren und das Feilschen um den Preis stehen im Mittelpunkt des Geschehens. Auf den Verweis des Deutschen, er bekäme die gleichen Stoffe bei einem anderen Verkäufer zu niedrigerem Preis, entgegnet der Venezianer, dass nur er selbst diese hohe Qualität verkaufe. Ebenso erweist sich die Androhung des Deutschen, man werde unter den Bedingungen „nicht vber ain chumen“, und er werde anderswo kaufen, in erster Linie als Taktik. Auch Lorenz Meder verwies später darauf, es würde sich bezahlt machen, wenn man lange genug auf seinen Preisforderungen beharre.421 Für das Feil- schen um den Preis war eine ausgezeichnete Sprachkenntnis von Nöten. Das Argument

416 „une parfaite conaissance du marché“; Braunstein, teste deutsch-italienische Sprachlehrbuch, in: ZFG Relations d’affaires, S. 265. 47 (1999), S. 773–791, S. 783–785. 417 Vgl. Kap. II.2.2 u. III.3. Zur Notwendigkeit des Er- 420 Der Venezianer erkundigt sich vor allem über die lernens der Informationsvermittlung: Kap.II.2.2. Entwicklungen bezüglich der Pest: „Stirbt ez ye- 418 Die Gebühren hingen von den unterschiedlichen czund in deuczen landen [...] Nain ez yeczund [...] Waren ab. Die Zölle zahlte man im Officium des Ez hat wol fast gestorben [„fast“ hier im Sinne von Fondaco: Meder, Handelsbuch, S. 140–141. Man „groß“, stark“: italienische Version: „gran“, Anm. d. versuchte, die Steuern jedoch zu umgehen. In den Autorin] Aber ez hat auff gehort [...] gelobt sey Handelspraktiken finden sich ebenfalls immer got“; Georg v. Nürnberg, fol. 86r, Z. 20–25, S. 239. wieder Tipps zur Hinterziehung, z. B.: vgl. Stock- In der ital. Version wird der Ausdruck „ gran mo- husen, Kaufmannsbuch, S. 83. ria“ genutzt: ebd. Z. 22. 419 Georg v. Nürnberg, Sprachlehrbuch. Zum Dialog 421 Meder, Handelsbuch, S. 143. Zum Feilschen im auch: Cecilie Hollberg, Handelsalltag und Spra- Sprachlehrbuch: Georg v. Nürnberg, Sprachlehr- cherwerb im Venedig des 15. Jahrhunderts. Das äl- buch, fol. 87r, Z. 26, S. 241 (Zitat). Die Drohung, 2. Strukturen der Nürnberger Präsenz in Venedig · 119 hingegen, man könne nur Preise bezahlen, die trotz der durch Transport, Maklergebüh- ren und ähnliche Ausgaben und auch in Bezug auf den Absatzmarkt im Norden noch Gewinn abwerfen, ist in Anbetracht der vielen Kosten, die in Venedig und auf dem Weg über die Alpen anfielen,422 nachvollziehbar. Die Abhängigkeit vom Markt machte auch die Fähigkeit zur Einschätzung der Lage und zur Kalkulation notwendig. Auffällig ist, dass erst nach den Geschäftsverhandlungen zum Abschluss der Transaktion ein Sensal hinzugezogen wird. Vor allem konnte man auf diese Weise zumindest die Preis- und Verkaufsverhandlungen ohne die Überwachung der Venezianer durchführen. Die Übereinkunft, ein Geschäft zu tätigen, erfolgte möglicherweise entsprechend den Dialogen im Sprachlehrbuch Georgs von Nürnberg durch Handschlag und einen gemeinsamen Umtrunk.423 Das Beharren des Venezianers auf diesem und die Irritati- onen des Deutschen zeigen, wie wichtig die Kenntnis der fremden Gewohnheiten und die Einhaltung bestimmter, gerade im zwischenmenschlichen Bereich konstitutiver Be- standteile des Geschäftsablaufs waren. Das gemeinsame Trinken besiegelte nicht nur die Einigung beim Handelsgeschäft, sondern war auch Ausdruck der „freuntschafft“ beider Handelspartner.424 Ein gutes persönliches Verhältnis ermöglichte weitere Geschäfte und möglicherweise wirtschaftliche Vorteile und sollte daher gewahrt werden. Der finanzielle Abschluss der Transaktion konnte dann auf unterschiedliche Art voll- zogen werden. Bei den direkten Zahlungen der erworbenen Güter lassen sich Unter- schiede in der Handelsweise je nach der Größe der Gesellschaften ausmachen. Während kleine Gesellschaften und Händler oftmals bar kauften, finanzierten große Unternehmen ihre Geschäfte vor allem über Kredite und Wechsel. Gerade die Nürnberger nutzten den Wechsel, der sich im Laufe des 15. Jahrhunderts zunehmend als maßgebliches Mittel des Zahlungsverkehrs etablierte, besonders früh.425 Das höhere Kapital der großen Handels-

anderswo zu kaufen, findet sich mehrmals: ebd., Händler übernehmen. Sie wurden auf den Preis fol. 88r, Z. 1–2 u. 15–16, S. 242 u. S. 243 u. fol. 89v, aufgeschlagen. Z. 22, S. 245. Zur Qualität u. a.: „der parchant ist 423 „gebt mir ewer hant […] Er ist ewer“ Georg v. güt und prait vnd wol geburckt“; ebd., fol. 91v, Nürnberg, fol. 90v, Z. 12 u. 14, S. 247. Zum ge- Z. 27, S. 249. Die von Hollberg konstatierte „Unbe- meinsamen Trinken: ebd. fol. 88r–89r, Z. 31 scheidenheit“ des venezianischen Handelspartners (fol. 88r)–Z. 18 (fol. 89r), S. 243–244 u. fol. 93rv, und seine angebliche Sturheit, die das Verkaufsge- Z. 25 (fol. 93r)–Z. 6 (fol. 93v), S. 252–253. spräch unnötig in die Länge ziehe, sind tatsächlich 424 „Ez ist lanck daz wir nicht haben mit ein ander Taktik. Vgl.: Hollberg, Spracherwerb, S. 781. getruncken […] Man tuet ez durch einer freunt- 422 „Ich gebun(n) nichz daran in deuczen landen […] schafft willen“; Georg v. Nürnberg, Sprachlehr- Waz ich dir mer geb de(n) fier ducaten umb ein buch, fol. 97v, Z. 30–31, S. 258; ebd., fol. 93r, Z. 24, stuck parchancz / daz verlür ich daran in deuczen S. 251. landen“; Georg v. Nürnberg, fol. 87v, 18 u. 27–28, 425 Deutlich zeigt sich dies beispielsweise in den S. 242. In Dialog 2 spricht der Kaufmann an, dass Briefen T. Reichs an L. Tucher: StadtAN, E 29/ er nur so viel zahlen könne, wie sein Hauptgut zu- IV, Nr. 1437–1444. Vgl. auch: Hermann Kellen- lasse: ebd., fol. 90r, Z. 11, S. 246. Zu den Kosten, benz (Hg.), Das Meder’sche Handelsbuch und die die in Venedig und auf dem Weg anfielen und den Welser’schen Nachträge, Wiesbaden 1974, (Deut- notwendigen Kalkulationen: U.a. Meder, Handels- sche Handelsakten des Mittelalters und der Neu- buch, S. 151–154. Viele der Kosten mussten die ital. zeit 15), S. 57. Vgl. v.a. Kap. III.2. 120 · II. Nürnberger in Venedig gesellschaften diente als Sicherheit und gab ihnen gleichzeitig die Möglichkeit, bei günsti- ger Gelegenheit viel zu investieren oder ihre Waren, falls notwendig, zurückzuhalten und den richtigen Moment für den Verkauf abzuwarten. Dies garantierte ihnen einen großen Wettbewerbsvorteil gegenüber Händlern mit geringeren Umsätzen.426 Meist erfolgten die Zahlungen427 über Banken. Die Rechnungsbücher der veneziani- schen Handelsgesellschaften geben Hinweise darauf, über welche Geldhäuser ihre Nürn- berger Geschäftspartner die Zahlungen abwickelten. Dabei nutzten die Nürnberger die führenden Banken der Stadt. Die Hirschvogel, Pirckheimer, Rummel, Imhoff und Kress wickelten in den 1410er und 1420er Jahren ihre Geschäfte über das Geldhaus des Andrea Priuli sowie dasjenige von Nicolò Cocco und Antonio Miorati ab.428 Die Mendel bedien- ten sich im darauffolgenden Jahrzehnt unter anderem der Bank des Francesco Balbi für ihren Handel mit dem venezianischen Kaufmann Andrea Barbarigo.429 Die Geschäfte der Gesellschaft „Ser Chorado In churia effioli“ mit dem Venezianer Alvise Michiel lie- fen in den frühen 1480er Jahren teils über die Bank der Lippomani.430 Neben diesen führenden venezianischen Geldhäusern unterhielten die Nürnberger über Venedig je- doch auch Kontakte zu anderen bedeutenden italienischen Banken wie derjenigen der Medici.431 Eine weitere Möglichkeit des Geschäftsabschlusses war die Ausstellung eines Schuldscheins. Wichtig war dabei, dass das Schreiben handschriftlich vom Schuldner selbst ausgestellt wurde, da es nur dann rechtsgültig war.432 Veit Imhoff betonte in sei-

426 Braunstein, Relations d’affaires, S. 265. Zahlungen über Andrea Priuli ab: „habui et recepi 427 Georg v. Nürnberg, Sprachlehrbuch, fol. 93r, Z. in bancho et per banchum dominorum Andree 12, S. 251. Vgl. auch: Meder, Handelsbuch, S. 145. de Priolis et fratrem“ (1418 Apr. 18), ASVe, CIN, Im Kaufmannsbüchlein von 1511 werden die un- b. 228, prot. 1, fol. 15r. Möglicherweise sind hier terschiedlichen Zahlungsarten und der Ablauf der Verbindungen zum Verbot, aus Venedig Bargeld Zahlung ausführlich geschildert: Stockhusen, Süd- auszuführen, zu ziehen: Vgl. Westermann u. Den- deutsches Kaufmannsbuch, S. 91–92. zel, Matthäus Schwarz, S. 46. 428 Auflistung der Nürnberger und Anzahl der jeweili- 429 ASVe, Grimani-Barbarigo, b. 41, reg. 2, fol. 115a, gen Transaktionen: Nicolò Cocco u. Antonio Mio- 115b u. 130a. Zu Andrea Barbarigo: Lane, Andrea rati (16: Granetl [7], Rummel [4], Pirckheimer [3], Barbarigo. Aisnut, Hirschvogel [2], Detil, Österreicher, Sam- 430 ASVe, Misc. Gregolin, b. 15, fol. 163a. boch, Kress, Mangemaster, Paumgartner, Reck, 431 Zu den Kontakten zwischen den Medici und Rum- Ufenaufer, Waldstromer, Zan, Zuzi [1]). Andrea mel in Venedig: (1403 Aug. 28), ASVe, CIN, b. 226, Priuli (19: Rummel [5], Österreicher, Pirckheimer prot. 1, Nr. 136, fol. 141r. Die Zusammenarbeit [4], Granetl [3], Aismut, Detil, Grandiloch, Koler, führte u. a. zur Auslösung Johannes’ XXIII.: Stadt- Kress, Teuf [2], Imhoff, Paumgartner, Reck, Seiz, AN, A 1–1419 Feb. 19 u. 1419 Apr. 16. Stromer, Siefer, Sirov, Teuf, Ufenaufer, Snuot [1]). Weitere Oberdeutsche Hochfinanz 1, S. 197–198. Banken mit Nürnberger Transaktionen für die 432 Die zentrale Bedeutung der Handschrift wird auch Soranzo: Gabriel Soranzo u. Zuan Visini: ASVe, in den Zeugenaussagen zum Testament Franz Misc. Gregolin, b. 14. Zu den Banken: Mueller, Hirschvogels deutlich: StBN, Pirckheimer-Papiere Venetian Money Market, S. 21 u. S. 176–177. Mio- 364, U 17. Aufbewahrt wurden die Bücher und rati und Priuli starben beide während der Pest von andere geschäftliche Schriftstücke der veneziani- 1424: ebd., S. 103. Vgl. auch: Stromer, Oberdeut- schen Niederlassung vor Ort, meist in einer Truhe, sche Hochfinanz 2, S. 80 u. S. 408. Speziell zu den wie dies bei den Mendel 1429 und im Inventar der Bankgeschäften der Hirschvogel: Schaper, Hirsch- Imhoff’schen Kammer von 1509 explizit erwähnt vogel, S. 45. Auch Sigmund Schnöd wickelte seine wurde: (1429 Dez. 7), in: Simonsfeld, Fondaco 1, 2. Strukturen der Nürnberger Präsenz in Venedig · 121 ner Schuldverschreibung an seine Brüder von 1496, dass er alle seine Rückstände „von stuck zu stuck auff einen zettellen mitt [s]einen hantt geschrieff geschrieben“ habe.433 Laut seiner Entlassungsurkunde hatte auch Hieronymus Haller in seinen Abrechnungen für Christoph I. Scheurl seine Schulden handschriftlich vermerkt. Offensichtlich hatte er die Ermahnung seines Patrons missachtet, keine Geldgeschäfte zu machen oder Schulden aufzunehmen.434 Das Gebot, kein Geld zu verleihen und selbst keine Kredite aufzunehmen, diente wohl in erster Linie dazu, dem jungen Kaufmann die nötige Vorsicht bei Geldgeschäften zu vermitteln. Obwohl die Nürnberger Kaufleute – auch noch im 16. Jahrhundert – in deut- lich geringerem Maße im Geldgeschäft aktiv waren als beispielsweise ihre Augsburger Kollegen,435 war das Leihen und Verleihen von Geld gerade in Venedig ein fundamentaler Teil des kaufmännischen Handels. Die Adaption und Ausbreitung des Bankwesens und des Wechselverkehrs im Laufe des Spätmittelalters bestimmte den wirtschaftlichen Aus- tausch zunehmend und machte Geschäfte mit großem finanziellem Volumen, wie sie die oberdeutsche Kaufmannschaft auszeichnete, überhaupt erst möglich.436 Das Verleihen von Geld unter deutschsprachigen Personen lässt sich in erster Linie aus der reichsstäd- tischen Überlieferung erschließen.437 Die Finanzgeschäfte zwischen Nürnbergern und Venezianern finden sich in erster Linie in den venezianischen Notariatsakten. Dabei las- sen sich gerade zu Beginn des 15. Jahrhunderts bestimmte Notare ausmachen, bei denen besonders viele Personen aus dem Reich nördlich der Alpen und vor allem Nürnberger beurkundeten. Bei einigen dieser Personen ist es wahrscheinlich, wenn auch nicht nach- weisbar, dass es sich, wie bei Angeletto de Venetiis, um Venezianer handelte. Bei ande- ren lassen sich Herkunftsräume nördlich der Alpen annehmen. Für Francesco Soris, in dessen Protokollen Heinrich Imhoff und dessen Geschäfte besonders häufig auftauchen, wurde in der Forschung gar eine Abstammung aus Nürnberg selbst angenommen.438

Nr. 362, S. 193–194. Zu den Imhoff: (1509 Aug. geliehen habe: StadtAN, A 1–1406 Jun. 19. Die Li- 21), GNM, IA Teil 1, Fasc. 28, Nr. 11b. bri Conservatorii notieren 1521 die Entscheidung 433 (1496 Feb. 20), GNM, IA Teil 1, Fasc. 21, Nr. 7c (1). über eine Schuldklage des Sebald Pinfließers, der 434 „Leith nymants kain gelt, noch wird fur niemants angab, dem Sohn des Mathes Melber in Venedig burg noch selbschuld.“ Archiv Scheurl, Cod. AB, 28 Gulden geliehen zu haben, und diese von Mel- fol. 333r; sowie:„als Iheronymus Haller das mit sei- ber zurückforderte: StadtAN, B 14/II-15, fol. 69v. ner hannd unnter sein rechnung geschribn unnd Zur Aufnahme von Schulden bei Landsleuten bekhennt hat“; ebd., fol. 335v. durch Handwerker: Hollberg, Deutsche in Vene- 435 Zu Endres I. Imhoff: Werner Schultheiß, Der dig, S. 167. Nürnberger Großkaufmann und Diplomat An- 438 Sie konnte jedoch anhand der bei Hollberg an- dreas I. Imhoff und seine Zeit (1491–1579), in: gegebenen Quellen nicht nachvollzogen werden: Mitteilungen aus der Stadtbibliothek Nürnberg 5 Hollberg, Deutsche in Venedig, S. 52. Soris’ Über- (1956/57), S. 3–12, S. 6. lieferung in der Cancelleria Inferiore Notai: ASVe, 436 Stromer, Oberdeutsche Hochfinanz 2, u. a. S. 223. CIN, b 193. Unter der ohnehin schon hohen An- 437 1406 fand sich beispielsweise ein Vergleich zwi- zahl an Deutschen in Protokollen de Venetiis sind schen Lorenz Schürstab und Ulrich Groland über über 40% Nürnberger vertreten: ASVe, CIN, b. 440 Dukaten, die Ersterer Letzterem in Venedig 226–228. 122 · II. Nürnberger in Venedig

Die Korrespondenzen der Stadtregimenter, die im Konfliktfall eingeschaltet wurden und meist im Sinne ihrer Bürger Einfluss auszuüben versuchten, zeigen, dass die Nürnberger Kaufleute bereits im frühen 15. Jahrhundert in die reguläre venezianische Rechtspre- chung eingegliedert waren. In der fränkischen Reichsstadt lässt sich die Verhandlung einer Schuldsache zwischen Nürnbergern und Venezianern, initiiert durch eine Klage von venezianischer Seite, für die Zeit um 1500 nachweisen, scheint aber eher eine Aus- nahme darzustellen.439 Schon früh fungierten die großen Nürnberger Venedig-Gesellschaften in der Lagu- nenstadt daneben als Geldgeber für Venezianer, auch wenn es sich bei den Schuldnern meist um kleinere Kaufleute handelte. Antonio da Ponte gab bei den Guidici di Petizion 1404 an, dass unter seinen vielen Gläubigern Konrad Pirckheimer der wichtigste sei.440 Hermann Reck beantragte als Bevollmächtigter der Gesellschaft des Wilhelm Rummel 1419 eine Bürgschaft des Francesco di Vazoni über die Gelder und Güter, die dieser Rummel schulde.441 Seltener handelte es sich bei den Schuldnern um Mitglieder oder Beschäftigte von Unternehmen, die auch sonst in der venezianischen Überlieferung auftauchten, oder gar den großen Handelsgesellschaften angehörten. Antonio Menego wurde von Burckhard Semeler 1420 beauftragt, bei den Vertretern der Bank von Pietro Benedetto und Simone Condulmer die Schulden einzutreiben, die diese bei Semelers Vater Heinrich gemacht hatten.442 Als Möglichkeit zur Absicherung konnten neben ei- ner Bürgschaft auch Immobilien und Besitz dienen. In den Zeugenaussagen zum Testa- ment des Franz Hirschvogel finden sich wiederholt Aussagen, dass die Grimani ihm als

439 Justus de Albano einigte sich 1499 als Vertreter Vanette schuldete 1419 Peter und Sigmund Pfin- der venezianischen Patrizier Vendramin mit den zing 27 Dukaten. Der Name „finz“ bzw. „finzin“ Schuldnern über die Teilrückzahlung der wohl in ist wohl mit Pfinzing gleichzusetzen: (1419 Jan. 27 Venedig aufgenommenen Schulden von 157 Duka- m.v. = 1420 Jan. 27), ASVe, CIN, b. 228, prot. 1, ten: (1499 Apr. 9), StadtAN, B 14/II-L, fol. 159v. fol. 188r. Auch gegen Ende des 15. Jahrhunderts Zur Rechtsprechung in Nürnberg: Vgl. u. a. das finden sich Venezianer, die bei den Nürnbergern Urteil der Giudici di Petizion bzgl. der Schuldstrei- Kredite aufnahmen. So sicherte der Senat den tigkeiten zwischen Heinrich Imhoff als Prokurator Gesellschaften des „Zuan Incuria e fradeli“ und der Gesellschaft Konrad Pirckheimer u. Menegino „Lunardo Isfolgel e fradeli“ 1495 zu, sie bei ihren Rosso 1406: (1406 Nov. 28), in: Simonsfeld, Fonda- Schuldforderungen gegenüber der Firma „Alvise co 1, Nr. 293, S. 142–143. de Jacomo e fradeli“ zu unterstützen, die auch bei 440 „inter quos dedit dictum Conradum Pirthimer anderen deutschen Kaufleuten im Zahlungsrück- principalem creditorem dicti scripti, scilicet de stand war: (1494 Feb. 3 m.v. = 1495 Feb. 3), in: Si- libris 40 soldis 6 grossis“; (1403 Feb. 20 m.v. = monsfeld, Fondaco 1, Nr. 598, S. 325. 1404 Feb. 20), in: Simonsfeld, Fondaco 1, Nr. 288, 442 „Ad petendum et recipiendum a commissaria do- S. 137–138, S. 137. mini Petri Benedicto et a ser Simone Condulma- 441 „Franciscus de Vazonibus“ (1419 Jun. 13), ASVe, rio et eorum quolibet omnem ratam quam habere CIN, b. 228, prot. 1, fol. 119r. Dabei konnte es sich debet et debebit pro denarios ad quos tenebant durchaus um hohe Summen handeln wie den Kre- quondam ser Henrico Semeler de Norimbergo pa- dit über 4000 Dukaten, den Heinrich Imhoff dem tri dicti Brochardi etc.“ (1420 Sep. 10), ASVe, CIN, Giovanni de Dessa und dessen Frau Pasqua Zanta- b. 228, prot. 1, fol. 257v. Die Schulden standen im ni bewilligte: (1419 Jan. 6 m.v. = 1420 Jan. 6), ASVe, Kontext der Bankpleite: Mueller, Venetian Money CIN, b. 193, prot. 3, fol. 17r. Der Krämer Petrus de Market, S. 163–174. 2. Strukturen der Nürnberger Präsenz in Venedig · 123

Sicherheit für ihre Schulden ein Haus in der Pfarrei von San Nicolò als Pfand überlassen hätten.443 Das Beispiel des Heinrich Imhoff, der 1419 der Pasqua Zantani die Mitschuld an den Ausständen ihres Mannes über 4000 Dukaten erließ und der am gleichen Tag eine Schuldverpflichtung bei Antonio de Auro einging,444 zeigt, dass gerade bei den größeren Gesellschaften die Aufnahme von Krediten nicht aus einer Notlage heraus erfolgen muss- te. Oftmals diente sie vor allem der Erhöhung des direkt verfügbaren Kapitals im Aus- land.445 Über den ganzen Untersuchungszeitraum hinweg lassen sich die Aufnahme von Schulden durch Nürnberger Kaufleute bei Händlern und Banken in der Serenissima oder die Gewährung „erhebliche[r] Guthaben“ bei den venezianischen Geschäftspartnern446 finden. Nicht immer erwiesen sich die Nürnberger jedoch als liquide. Die Fälle des Konrad Kress und des Hermann Reck, die beide mit der großen Pleitewelle Nürnberger Handelsgesellschaften in den 1420er Jahren in Verbindung standen,447 waren besonders spektakulär. Auch wird gerade an ihnen augenfällig, dass die Unfähigkeit, aufgenomme- ne Schulden zurückzuzahlen, ebenso wie ein zögerliches Eingreifen des Stadtregiments auch Konsequenzen für die Handelsbeziehungen beider Städte generell haben konnten. Zu Verstimmungen zwischen der venezianischen Signoria und dem Nürnberger Rat kam es im Zuge der Schuldforderungen einiger adeliger Venezianer gegenüber der Wit- we des 1430 verstorbenen ehemaligen Genannten und Schöffen Konrad Kress.448 Der Fall war so schwerwiegend, dass die Venezianer eine schriftliche Intervention nicht für ausreichend hielten. Sie schickten einen Gesandten in den Norden, der das Anliegen vorbringen sollte. Das Nürnberger Stadtregiment solle das überbliebene Hab und Gut des Konrad Kress zur Tilgung seiner Ausstände von über 7000 Dukaten beschlagnahmen. Der Rat entgegnete unter Berufung auf die städtischen Rechtsgewohnheiten, dass man nicht entsprechend vorgehen werde, so lange dies nicht bei einem Prozess in Nürnberg und im Beisein eines kaiserlichen Richters beschlossen worden sei.449 Der veneziani-

443 StBN, Pirckheimer-Papiere 364, U 17, fol. 8r. Falas- Bürgen (1419 Feb. 27 m.v. = 1420 Feb. 27) beim co verwies darauf, dass Alvise Morosini 1502 einen selben Notar, F. de Soris: ASVe, CIN, b. 193, prot. 3, Teil der Güter veräußert habe: ebd., fol. 18r, sowie: fol. 17v. Schaper, Hirschvogel, S. 130. Entsprechendes fin- 445 Zur Gleichzeitigkeit von Schulden und großen det sich auch bei Nürnberger Schuldnern, wie z. B. Vermögen in Testamenten von Deutschen in Vene- bei Girolamo de Bartolomeo, dem von Petronella, dig, zum Beispiel bei dem Frankfurter Kaufmann der Witwe des Linhart Rorer, für dessen Schulden Hans Rauchfass: Hollberg, Deutsche in Venedig, verschiedene Gegenstände, unter anderem wert- S. 166. volle Goldschmiederarbeiten, überschrieben wur- 446 Beispiel sind hierfür die Soranzo und Kress in den den: (1523–1524), StadtAN, B 14/II-17, fol. 197r u. 1420ern: Stromer, Oberdeutsche Hochfinanz 2, B 14/II-18, fol. 94v–95r u. 213rv. S. 239. 444 Grund für die Gnade gegenüber Pasqua war das 447 Stromer, Oberdeutsche Hochfinanz 2, S. 455. Bestreben, ihre Familie vor dem Ruin zu retten: 448 Zu Konrad Kress: Fleischmann, Rat und Patriziat (1419 Jan. 6 m.v. = 1420 Jan. 6), ASVe, CIN, b. 193, 2.1, S. 649. prot. 3, fol. 17r. Der Verweis auf das Eingehen der 449 (1431 Aug. 22), in: Simonsfeld, Fondaco 1, Nr. 372, Schuldverpflichtung am selben Tag findet sich ein- S. 200–201. Zum Betrag: (1431 Sep. 25), in: ebd., einhalb Monate später in der Verpflichtung eines Nr. 375, S. 203–204. 124 · II. Nürnberger in Venedig sche Senat gab sich damit jedoch nicht zufrieden und beschloss in internen Gesprächen, die Nürnberger noch einmal ausdrücklich durch einen Gesandten zum Einschreiten aufzurufen. Man selbst habe aufgrund der immerwährenden „Freundschaft und [des] Wohlwollen[s]“ zwischen beiden Städten die Nürnberger Kaufleute stets sehr entgegen- kommend behandelt.450 Die Auseinandersetzungen zogen sich noch mehrere Monate hin, wobei auch das Nürnberger Stadtregiment stets seine wohlwollenden Absichten betonte. Erst als der venezianische Senat drohte, die guten Beziehungen zwischen beiden Städten nicht mehr zu achten und den Venezianern aus dem Besitz der in Venedig weilenden Nürnberger Kaufleute Genugtuung zu verschaffen451, lenkte die fränkische Reichsstadt ein. Konrad Kunhofer wurde Anfang des nächsten Jahres in die Lagunenstadt geschickt, um dort in der Sache zu vermitteln, damit so die „althergebrachte, feste und dauerhafte Hochachtung und Liebe“ zwischen beiden Städten gewahrt werde.452 Parallel zu den Konflikten um die Ausstände Kress’ kam es auch um diejenigen des Hermann Reck zu Verstimmungen zwischen beiden Städten. Es wurde ebenfalls ein Ge- sandter der Signoria nach Franken geschickt, um die Schulden des Nürnbergers bei den venezianischen Kaufleuten einzutreiben. Dabei war Reck in den 1410er und 1420er Jah- ren ein erfolgreicher Kaufmann mit hohem gesellschaftlichem Ansehen und großem Ver- trauensvorschuss gewesen, wie auch die Höhe seiner Kredite andeutet. Darüber hinaus hatte er durch sein Engagement bei der Auslösung des Gegenpapstes Johannes XXIII. 1419 in besonderem Maße den politischen Einfluss der in Italien tätigen oberdeutschen Hochfinanz verkörpert. In der Lagunenstadt waren Hermann und seine Brüder Mar- quard und Konrad für die wichtigsten Nürnberger Venedig-Gesellschaften tätig gewe- sen.453 Hermann hatte in den Diensten Konrad Pirckheimers und der Gesellschaft der Rummel gestanden, für die er unter anderem Geschäfte mit den Soranzo betrieb. Bereits 1417 war er zum Faktor des Unternehmens in Venedig ernannt worden. Ein Jahr später hatte er durch Marquard Mendel das Amt des Bevollmächtigten der Gesellschaft Lorenz

450 „propter amiciciam et benivolentiam, que sem- 452 „inter magnificam dominacionem et nos caritas­ per fuit et est inter eos et nostrum dominium, et antiquata stabili firmitate conservetur“ (1432 Feb. propter ea que facimus et observamus erga subdi- 21), in: Simonsfeld, Fondaco 1, Nr. 383, S. 208– tos suos, quos optime in locis nostris tractamus et 209, S. 209. tractari facimus et eis ministrari jus et justiciam, 453 Stromer bezeichnete sie als „Bindeglieder zwischen sicut sibi clare notum est.“ Auch hätte man von mehreren Nürnberger Großunternehmen“, Stro- deutschen Kaufleuten erfahren, dass der hinterlas- mer, Oberdeutsche Hochfinanz 1, S. 198. Während sene Besitz des Kaufmanns weit höher sei als seine z. B. Konrad 1422, u. a. in den Rechnungsbüchern Schulden und von seiner Witwe fortgeschafft wor- der Soranzo, als Faktor bzw. Vertreter der Kress den sei: (1431 Sep. 25), in: Simonsfeld, Fondaco 1, auftauchte, wurde er 1424 als Vertreter der Ge- Nr. 375, S. 203–204. Dem Beschluss wurde mit sellschaft Hilpolt und Konrad Kress und Konrad großer Mehrheit stattgegeben. Paumgartner genannt: ASVe, Misc. Gregolin, b. 451 (1431 Dez. 29), in: Simonsfeld, Fondaco 1, Nr. 380, 14, LNR, fol. 97a; GNM, KA, Sch. XXVIII, Fasc. A, S. 207. Nr. 22–25. Vgl. Stromer, Oberdeutsche Hochfi- nanz 1, S. 198. 2. Strukturen der Nürnberger Präsenz in Venedig · 125

Pirckheimer erhalten.454 Dass er 1419 wieder als Vertreter der Rummel agierte, lässt dar- auf schließen, dass eine gleichzeitige Tätigkeit für mehrere Handelsgesellschaften, vor al- lem wenn sie verwandtschaftlich verbunden waren, durchaus möglich war.455 Im Namen Wilhelm und Hans Rummels vermittelte Reck im Frühjahr 1419 über volkssprachliche venezianische Wechselbriefe des Medici-Beauftragten Bartolomeo di Bardi an Pfalzgraf Ludwig auch die 38.500 Gulden Rheinisch zur Auslösung Johannes XXIII. Von Ludwig wurde er, wohl aus Dank für diese Tätigkeit, zum Rat ernannt.456 Zu anderen wichtigen Nürnberger Kaufleuten in Venedig, wie Michael III. Behaim und Lienhard I. Hirschvo- gel, sind ebenfalls Kontakte nachweisbar.457 Den Nürnberger Johannes Daga bat Reck, ihn 1423 in eigener Sache vor Gericht zu vertreten.458 1420, als er wegen des im Zuge der Handelssperre König Sigismunds gegen Venedig auch vom Nürnberger Rat erlasse- nen Handelsverbots nicht in der Lagunenstadt handeln konnte, beauftragte er hingegen Italiener mit der Überwachung seiner Geschäfte.459 Die außergewöhnlich zahlreichen Verweise in der Überlieferung auf Reck, seine Handelstätigkeit in der Stadt und seine unterschiedlichen italienischen und deutschen Kontakte lassen auf eine intensive und erfolgreiche Aktivität sowie eine kontinuierliche Anwesenheit Recks in der Serenissima schließen. Dies verlieh ihm offensichtlich eine so gute Reputation bei seinen veneziani- schen Gläubigern, dass sie ihm Geld im Wert von über 25.000 Dukaten liehen. Als er diese im Zuge seiner Fallierung nicht zurückzahlen konnte, beriet der Senat darüber, den Nürnbergern zukünftig die Ausfuhr von Waren aus Venedig zu verbieten. Grund für diese rigorosen Warnungen sei der „große Schaden“ für die venezianischen Kaufleute, der durch die „Täuschungsversuche und Falschheiten Hermanns“ entstanden war.460 Erst

454 Zur ersten Ernennung zum Faktor der Rummel Die Päpste und ihre Bankiers. Von Italien nach 1417: (1417 Apr. 29) u. (1418 Nov. 10), ASVe, CIN, Konstanz, in: Das Konstanzer Konzil 1414–1418. b. 227, prot., fol. 291r u. b. 228, prot. 1, fol. 57r. Da- Weltereignis des Mittelalters. Essays, hg. v. Karl- mit lässt sich Rummel zwei Jahre früher als Beauf- Heinz Braun u. a., Darmstadt 2013, 28–32, v.a. tragter der Familie feststellen als bisher von Scha- S. 29 u. S. 32. per angenommen: Schaper, Rummel, S. 38–43. 457 Schaper, Die Rummel, S. 49 u. S. 55. Die Bevollmächtigung für die Pirckheimer: (1418 458 (1422 Feb. 18 m.v. = 1423 Feb. 18), ASVe, CIN, b. Mär. 7), ASVe, CIN, b. 104, prot. 2, fol. 18v. Zu den 228, prot. 2, (fol 118rv = o. Fol.). Geschäften für K. Pirckheimer mit den Soranzo: 459 Er trug ihnen auf, seine Handels- und Geldgeschäf- ASVe, Misc. Gregolin, b. 14, LNR, fol. 57b. Mit die- te zu betreiben und alles andere so zu machen, wie sen betrieb er u. a. 1421 Geschäfte für die Rummel: er es selbst täte („et omnia alia facta quod ipsemet ebd., fol. 85. facere possit si praesens esset“) (1420 Mär. 22), 455 Seine Verbindung zu den Rummel war jedoch ASVe, CIN, b. 228, prot. 1, fol. 207v. Der Rat rief besonders stark: „Hermano Rech nepote Guiliel- alle Nürnberger Bürger zurück: Rat an Kaufleute mi Rumel de Norimbergo“ (1418 Aug. 23), ASVe, (1420 Mär. 5) StAN, BB (Rep. 61a), Nr. 5, fol. 51r. Senato, Deliberazioni, Secreti, reg. 7, fol. 31r. Für Zur Handelssperre: Stromer, Landmacht gegen diesen Hinweis danke ich Kristina Odenweller. Seemacht; sowie Kap IV.1. 456 Stromer, Oberdeutsche Hochfinanz 1, S. 197– 460 „et consideratis deceptionibus et falsitatibus dic- 198. Abschriften der Originalquellen: StadtAN, ti Hermani“ u. „cum magno damno, quod nullo A 1–1419 Feb. 19 u. 1419 Apr. 16. Zum Verhältnis modo est tollerandum“; (1432 Mai 23), in: Simons- Johannes XXIII. zu den Medici und der Bedeutung feld, Fondaco 1, Nr. 387, S. 211–212, S. 211. dieser Verbindung in Konstanz: Karl Weissen, 126 · II. Nürnberger in Venedig zwei Jahre später ist eine Reaktion des Nürnberger Rats überliefert, in dem dieser den Venezianern versichert, man heiße die Taten Recks nicht im geringsten gut und habe ihm schon vor einiger Zeit das Bürger- und Wohnrecht Nürnbergs aberkannt.461 Sowohl Konrad Kress als auch Hermann Reck waren innerhalb kurzer Zeit von er- folgreichen und angesehenen zu hochverschuldeten Kaufleuten geworden, deren Fall massive Konsequenzen für die gesamte Nürnberger Kaufmannschaft zu haben drohte. Auch wenn es sich dabei möglicherweise nur um taktische Aussagen gehandelt haben mag, zeigt dies doch deutlich, welchen Stellenwert die Rückzahlung der Schulden und damit die Einhaltung bestimmter kaufmännischer Regeln auch auf politischer Ebene hat- ten. Das Bewusstsein, dass diese befolgt würden, war Fundament des wirtschaftlichen Austausches. Ein Bruch dieses Vertrauens, zumal in einem solchen Ausmaß, gefährdete die Harmonie der Beziehungen grundlegend. Das Verhalten einzelner Kaufleute konnte die Reputation der gesamten Nürnberger Kaufmannschaft beeinflussen. Der gute Ruf und die Vertrauenswürdigkeit der Schuldner kristallisieren sich in den Quellen als maßgebliche Faktoren der Kreditvergabe wie auch als Grundlagen der Ge- schäfte an sich heraus. Im Regimennt für Hieronymus Haller findet sich der Verweis auf die Bedeutung des ehrbaren Agierens als wichtigem Faktor kaufmännischen Handelns, wie er vor allem in der Frühneuzeitforschung als Grundkategorie des wirtschaftlichen Austausches wiederholt hervorgehoben wurde.462 Auch Veit Imhoff schwor seinen Brü- dern „pey [s]einer eren“, ihnen und ihrem Vater in Zukunft die Schulden, die er im Na- men der Gesellschaft in Venedig mache, nicht mehr zu verschweigen oder hinter ihrem Rücken zu agieren. Falls er dies doch tue und sie weiterhin hintergehe, dürften sie „[s]ein heimlich abtragn yderman eroffnen und sagen“ und damit seinen Ruf ruinieren.463 Die moralische Eignung der Kaufleute spielte eine entscheidende Rolle bei ihrem geschäft- lichen Erfolg, aber auch in den persönlichen und politischen Beziehungen, in denen ihr Handel mit Venedig verlief.

461 „sibi jus suum civile incolatumque consorcium 462 „bis aufrecht, warhafftig in all deynen henndeln“ penes nos resignavimus cum pena proscriptionis Archiv Scheurl, Cod. AB, fol. 333r. Zur Bedeutung de nostra Nur(embergensi) civitate, prout nobis von Ehre und Reputation: u. a. Häberlein, Brüder, extunc expedire videbatur.“ (1434 Jul. 17), in: Si- S. 27, S. 35 u. S. 275. Gilomen, Netzwerke, S. 353. monsfeld, Fondaco 1, Nr. 407, S. 222–223. Der Ewert u. Selzer, Netzwerkorganisation, S. 49. Pleite der Reck folgten die in Verbindung zu dieser 463 Zuerst bat er seine Brüder noch, ihn nicht bei sei- stehenden Zusammenbrüche mehrerer Handels- nem Vater anzuschwärzen, worauf diese „unwillig“ gesellschaften, u. a. auch derjenigen des Konrad reagierten „und solcheß meinem vatter eroffnett Kress: Stromer, Oberdeutsche Hochfinanz 2, und gesaget wollten haben, darauß mir dan grosser S. 456. unwill, schantt und schaden hett kumen mugen“: (1496 Feb. 20), GNM, IA Teil 1, Fasc. 21, Nr. 7c (1). 2. Strukturen der Nürnberger Präsenz in Venedig · 127

2.4.2 Geschäfte, Handelsgesellschaften und Niederlassungen

Der Handelsalltag der Nürnberger in Venedig war durch eine enge Verknüpfung mit der Vaterstadt geprägt, die sich sowohl auf die Serenissima selbst konzentrieren als auch transalpin wirksam werden konnte. Dabei ist zwischen den Tätigkeiten im Kontext der Handelsgesellschaften und privaten Geschäften zu unterscheiden. Während die Kauf- leute Erstere in ihrer Funktion als Faktoren, Vertreter oder Teilhaber von Unternehmen ausführten, umfassten Zweitere persönliche Besorgungen oder Erledigungen für Freunde oder Bekannte, die sich in der Vaterstadt aufhielten. Die Briefe Albrecht Dürers an seinen Mäzen und Freund Willibald Pirckheimer wäh- rend seines Venedigaufenthalts vermitteln ein anschauliches Bild der privaten Besorgun- gen für Bekannte in Nürnberg. Pirckheimer interessierte sich in erster Linie für luxuri- öse Gegenstände, für deren Besorgung er nicht einen der ihm verbundenen Nürnberger Händler in der Stadt, sondern einen engen und kunstsinnigen Vertrauten beauftragen wollte. Vielleicht ließ der Patrizier sich so auch seine dem Maler gewährte Unterstützung und seine Gefälligkeiten ausgleichen. Neben Kranichfedern, edlen Teppichen, venezia- nischem Papier, Historiengemälden und Glas464 sollte der Maler vor allem Juwelen und Edelsteine,465 Perlen466 und Drucke griechischer Texte für den Humanisten erstehen. Oft- mals gelang es Dürer jedoch nicht, die gewünschten Produkte zu bekommen. Gerade bei den griechischen Drucken musste er mehrmals mitteilen, dass er „nyndert erfaren, dz man ettwas news Krichisch getruckt hett“.467 Probleme hatte der Maler auch dabei, einen von Pirckheimer offenbar dringlich gewünschten Saphirring zu finden: Er sei zu „allen den goltschmiden tewczsch vnd welsch, dy in gantz Fenedich send“ gegangen und habe erst nach langem Suchen einen sehr wertvollen Stein erstehen können.468 Große Schwie- rigkeiten scheint Dürer mit den venezianischen Händlern gehabt zu haben. Immer wie- der beschwert er sich darüber, dass sie ihn zu betrügen versuchten.469 Grund hierfür war

464 A. Dürer aus Venedig an W. Pirckheimer (1506 S. 438–444, S. 440. „Awch hab ich eim puch­ Aug. 18), in: Pirckheimer Briefwechsel 1, Nr. 118, trucker gefrogt, der spricht, er wiß noch nix Kri- S. 385–390, S. 386–387; sowie: (1506 Okt. 13), in: chisch“; (1506 Aug. 18), in: ebd., Nr. 118, S. 385– ebd., Nr. 129, S. 438–444, S. 440. Zum Verschi- 390, S. 387. Dürer berichtete z. B., er finde keine cken von Gemälden und Glas: (1506 Sep. 23), in: Kranich- , wohl aber Schwanenfedern: (1506 Aug. ebd., Nr. 124, S. 424–427, S. 425. 18) u. (1506 Okt. 13), in: ebd., Nr. 118, S. 385–390, 465 Es werden Smaragde, Diamanten, Rubine und S. 387 u. Nr. 129, S. 438–444, S. 440. Zum Misser- Amethisten genannt: A. Dürer aus Venedig an W. folg bei den Teppichen: (1506 Sep. 8) u. (1506 Sep. Pirckheimer (1506 Feb. 28) u. (1506 Mär. 8), in: 23), in: ebd., Nr. 122, S. 415–422, S. 415 u. Nr. 124, Pirckheimer Briefwechsel 1, Nr. 101, S. 335–337, S. 424–427, S. 425. S. 335 u. Nr. 104, S. 343–347, S. 344. 468 A. Dürer aus Venedig an W. Pirckheimer (1506 466 A. Dürer aus Venedig an W. Pirckheimer (1506 Mär. 8), in: Pirckheimer Briefwechsel 1, Nr. 104, Jan. 6), in: Pirckheimer Briefwechsel 1, Nr. 91, S. 343–347, S. 344. S. 298–303, S. 299. 469 A. Dürer aus Venedig an W. Pirckheimer (1506 467 A. Dürer aus Venedig an W. Pirckheimer (1506 Jan. 6), in: Pirckheimer Briefwechsel 1, Nr. 91, Okt. 13), in: Pirckheimer Briefwechsel 1, Nr. 129, S. 298–303, S. 299. 128 · II. Nürnberger in Venedig möglicherweise sein mangelndes Waren- und Marktwissen in Venedig. Der Umstand, dass er von anderen deutschen und Nürnberger Kaufleuten, wie beispielsweise Anton Kolb, Unterstützung bei seinen Einkäufen erfuhr,470 könnte auch in diesem Zusammen- hang gesehen werden. Sie kannten nicht nur die Verkäufer mit den besten Produkten und hatten möglicherweise Verbindungen zu diesen. Vor allem konnten sie die Qualität der Waren und die Preise einschätzen und über diese verhandeln. Zahlreiche weitere Quellen471 zeigen, wie attraktiv die Nutzung der kaufmännischen Strukturen zwischen Venedig und Nürnberg den ganzen Untersuchungszeitraum hin- durch auch für Privatpersonen war, um ihren materiellen Bedürfnissen nachzukommen oder Geschäfte in der Lagunenstadt zu erledigen. Oftmals wurden Familienangehöri- ge beauftragt. Auch seinen Schwiegersohn, den in Venedig ausgebildeten Kaufmann Hans VI. Imhoff,472 betraute Willibald Pirckheimer mit dem Kauf von Glas, gedruckten Büchern und anderen Gegenständen. Darüber hinaus besorgte Imhoff seinem Schwie- gervater unterschiedliche Arzneien ebenso wie das entsprechende „recept, wie [Pirck- heimer] solchs geprauchen solt.“473 Hieronymus Imhoff hingegen tätigte in Venedig Be- sorgungen für Linhart I. Tucher und seine Frau.474 Deutlich frühere Informationen über Warenaufträge von Verwandten finden sich in den Briefen Lienhards I. Hirschvogel an den Mann seiner Schwester, Michael III. Behaim, aus den frühen 1440er Jahren.475 Ne-

470 „will mir Anthoni Kolb awff dz hubschpt […], als zwei Gulden ausgeben, wisse aber nicht, „ob preytest vnd wolfeillest heffen hkawffen“ A. Dürer sy teuer sin oder nit“: (o. D.), GNM, IA Teil 1, aus Venedig an W. Pirckheimer (1506 Aug. 18), in: Fasc. 13, Nr. 6. Pirckheimer Briefwechsel 1, Nr. 118, S. 385–390, 474 H. Imhoff aus Venedig an L. Tucher (1544 Dez. S. 387. 11), StadtAN, E 29/IV-1140. Zum Erhalt der Seife: 471 Auch bei weniger bekannten Personen finden sich L. Tucher aus Nürnberg an H. Imhoff in Venedig entsprechende Aufträge, v.a. in den städtischen (1545 Jan. 9), StadtAN, E 29/IV-281. Quellen, wie den Gerichtsakten, z. B. im Fall ei- 475 Zu den Bestellungen Elisabeth Hirschvogels: „ich nes gewissen Heinrich Krauss, der bestätigt, dass sent ir mit den nehsten tattelen und zukerhut er durch seinen Bruder aus Venedig Türkise und alz si wegert hat“ L. Hirschvogel aus Venedig an Rubine im Wert von 10 Gulden erhalten habe, die M. Behaim (1443 Jan. 27), GNM, BA, Nr. 5. Vgl. dieser wahrscheinlich dort für ihn besorgte: (1507 Kap. III.2. Er versandte die Besorgungen mögli- Jun. 14), StadtAN, B 14/II-T, fol. 126r. cherweise mit seiner Lieferung, die er kurze Zeit 472 Der Bruder des Endres Imhoff, Hans (1488–1526), später über den Boten der Hirschvogel bzw. Behaim heiratete Felicitas Pirckheimer 1515: Fleischmann, nach Nürnberg schickte: (1443 Jun. 25), ebd. Auch Rat und Patriziat 2.1, S. 610. Vgl. auch: „ist ver- sandte er Tuche, Pistazien und Seife und nutzte da- heiret worden zu des hochgelertten herren Wil- bei die Dienste seines Schwagers Antons V. Tucher: bold Pirckamers tochter, Fellizitas genant.“ GNM, u. a. L. Tucher in Nürnberg u. H. Imhoff in Venedig IA Teil 1, Fasc. 44, Nr. 1, fol. 29r. Ebd.: zu seiner (1545 Jan. 9) u. (1544 Feb. 11 m.v. = 1545 Feb. 11), Ausbildung in Venedig. StadtAN, E 29/IV, Nr. 281 u. Nr. 1139. Hieronymus 473 H. Imhoff aus Venedig an W. Pirckheimer (1518 Imhoff, der Sohn des Hans VI. Imhoff, und seiner Dez. 3), in: Willibald Pirckheimers Briefwechsel 3, Frau Felicitas, geb. Pirckheimer, war mit Magdale- hg. v. Dieter Wuttke, München 1989, Nr. 569, na Tucher, der Tochter Linhart Tuchers, verheiratet. S. 437–438, S. 437. Auch sein Bruder Endres Anton V. Tucher (1510–1569), der Neffe Linhart scheint einen Auftrag für Besorgungen in Vene- Tuchers, war wiederum der Mann der Felicitas Im- dig bekommen zu haben. Er sollte für seine Mut- hoff, der Schwester des Hieronymus Imhoff: Bie- ter einen Leuchter erstehen. Sie wolle nicht mehr dermann, Geschlechtsregister, T. 235. 2. Strukturen der Nürnberger Präsenz in Venedig · 129 ben den Besorgungen für Elisabeth Behaim trieb Hirschvogel für seinen Schwager die Ausstände von dessen Gläubigern ein.476 Auch sein Sohn Franz forderte für seine eigenen Brüder, Lienhard II. und Bernhardin, in Venedig die Schulden eines Luca Posta ein, die dieser bei Hans Salfelder, dem verstorbenen Mann ihrer Schwester Ursula, gehabt hat- te.477 Die Personen aus der Reichsstadt machten sich oftmals nicht nur die Anwesenheit von Mitbürgern und Verwandten in Venedig selbst, sondern vor allem auch deren häufig enge Einbindung in die Nürnberger Kaufmannschaft in der Stadt und dem veneziani- schen Wirtschaftsgefüge zu Nutze. Wie die Besorgungen der Imhoff oder Hirschvogel für die Pirckheimer, Tucher und Behaim zeigen, waren dafür insbesonders Mitglieder aus den bedeutenden Nürnberger Venedig-Familien prädestiniert. Wichtigstes Auswahlmo- tiv war neben der Etablierung in Venedig wohl vor allem das Vertrauen in die jeweilige Person und deren Fähigkeiten zum Handeln, also dazu, qualitativ hochwertige Ware zu guten Preisen zu erhalten. In den meisten Fällen, und wenn nicht explizit anders vermerkt, sind die Transaktio- nen von Individuen aus bestimmten Geschlechtern deren Familiengesellschaften zuzu- rechnen.478 Unter den Nürnberger Handelshäusern, die intensive Geschäfte in Venedig betrieben, sind für die Frühphase des Untersuchungszeitraums besonders die Mendel, Kress und Rummel hervorzuheben, die in den ersten Jahrzehnten des 15. Jahrhundert den Handel mit Venedig dominierten.479 Die Mendel scheinen bereits zu einem sehr frü- hen Zeitpunkt in Venedig aktiv und etabliert gewesen zu sein. Die Quellen weisen dar- auf hin, dass sie schon 1350 im dauerhaften Besitz einer Kammer im Fondaco waren.480 Auch unterhielten sie offensichtlich früh enge Kontakte zu venezianischen Kaufleuten.481

476 L. Hirschvogel aus Venedig a. M. Behaim (1443 nome“ ebd., fol. 155a), teilweise über Mittelsmän- Jan. 9) u. (1443 Jan. 27), GNM, BA, Nr. 5. ner abwickelte bzw. für Michiel tätigte („in mio 477 „die Franntz Hirschvogel ir bruder seliger vor ver- nome“ ebd., fol. 155a u. 155b). gangner zeyt aus und von der schulden, die Lucas 478 Stromer, Oberdeutsche Hochfinanz 1, S. 10. Posta ein Walch, der sich von Venedig gethann 479 Eine weitere Familie, die in den Quellen oft auf- und zu Padua gewont hat, dem benanten Salfelder taucht, aber aufgrund des Geschäftsumfangs und schuldig gewessen ist.“ Überliefert ist die Quit- ihrer Präsenz im Fondaco nicht als ebenso bedeu- tung der Rückzahlung an Ursula Salfelder vom tend nachweisbar ist, waren die Pirckheimer. Zum 13.03.1506: StadtAN, B 14/II-S, fol. 126v. Hierzu Bankrott der Behaim u. a. wegen ihres Venedig- auch: Schaper, Hirschvogel, S. 154. In der Quit- Geschäfts: Stromer, Oberdeutsche Hochfinanz 2, tung wird auch die genaue Umrechnung Gulden S. 297. Rh. / Dukaten angegeben. In Venedig ist Salfelder 480 1377 wurde ihnen deren Weiterführung aufgrund auch 1466 als Öffner der Sebaldtruhe nachgewie- der langen Zeit zugestanden, die sie in Venedig sen: ebd., sowie: GNM, IA Teil 1, Fasc. 19, Nr. 20, kontinuierlich Geschäfte betrieben hatten: (1377 S. 73. Darüber hinaus machte er Geschäfte mit Dez. 18), in: Simonsfeld, Fondaco 1, Nr. 240, S. 109. Alvise Michiel, in dessen Rechnungsbüchern ein 481 Mendel starb 1385 im Haus eines befreundeten „Zuan Salvelder“ 1477 und 1481 mehrmals aufge- venezianischen Kaufmanns: Fleischmann, Rat und führt wurde, der wohl mit Hans Salfelder zu iden- Patriziat 2.1, S. 700. Vgl. auch: Matthias Kirchhoff, tifizieren ist: ASVe, Misc. Gregolin, b. 15, fol. 102a, Gedächtnis in Nürnberger Texten des 15. Jahrhun- 117a, 153b, 155a u. 155b. Es handelte sich um derts. Gedenkbücher, Brüderbücher, Städtelob, Pfeffergeschäfte, die er teilweise für sich („in suo Chroniken, (Nürnberger Werkstücke zur Stadt- 130 · II. Nürnberger in Venedig

Der intensive Handel, den sie in der Stadt, unter anderem über ihren Bevollmächtigten Hermann Reck, trieben, scheint der Familie innerhalb der deutschen Kaufmannschaft eine so wichtige Stellung eingebracht zu haben, dass ihre Mitglieder auch als Vermittler für andere Kaufleute aus dem Reich nördlich der Alpen tätig waren.482 Der geschäftliche Erfolg und der hier erworbene Reichtum drückten sich im Namen ihrer Kammer, „para- diesß“, aus. Mit dem Verkauf der Hälfte dieser Räumlichkeiten an die Imhoff 1441 wurde dieses wenige Jahrzehnte zuvor noch sehr bedeutende Nürnberger Geschlecht in Venedig durch die aufstrebende Familie der Imhoff auch symbolisch abgelöst. Nach Georg, der den Raum veräußerte, lassen sich keine Mendel in Venedig mehr belegen.483 Desgleichen sind für die Kress bereits für das späte 14. Jahrhundert sehr enge, auch persönliche Kontakte zu venezianischen Handelsfamilien nachweisbar. Die Überliefe- rung und deren detaillierte Aufarbeitung durch Philippe Braunstein erlauben für die Jahrhundertwende einen besonders guten Einblick in die Handelsgeschäfte und äußerst umfangreichen und vielfältigen Handelskontakte einer Nürnberger Familie in Venedig. Neben den Rechnungsbüchern und Abrechnungen sticht vor allem die Geschäftskorres- pondenz zwischen Hilpolt Kress, dem Verantwortlichen der Gesellschaft Friedrichs Kress für das Venedig-Geschäft, und den Handelspartnern und Vertrauten aus der Familie Amadi aus den 1390er Jahren hervor. 484 Bereits unter Friedrich verfügte die Gesellschaft offensichtlich über eine Kammer im Fondaco zur dauerhaften Miete, die 1429 Konrad Kress als Nachfolger von Friedrich und Hilpolt zugestanden wurde.485 In den Jahren um 1400 hatte der Venedig-Handel eine Zentralfunktion für die Gesellschaft der Kress. Die

und Landesgeschichte 68), Nürnberg 2009, S. 107, testens mit dem Niedergang der Mendel in den Anm. 14. In den genealogischen Forschungen zur 1470er Jahren verloren sie auch die zweite Hälfte Familie findet sich der Verweis, dass seine Einge- der Kammer: Stromer, Oberdeutsche Hochfi- weide in Venedig begraben seien, sein Leichnam nanz 2, S. 459. aber nach Nürnberg überführt worden sei: Stadt- 484 Braunstein führte in seinem Aufsatz die unter- AN, E 1/1086–1, fol. 47r. schiedlichen Kontakte und Verweise zu diesen 482 Georg Mendel als Dolmetscher für G. Hispruch: auf. Hierunter finden sich Venezianer, Nürnber- (1440 Aug. 16), ASVe, CIN, b. 74–75, prot. 2, ger und andere Kaufleute aus dem Reich nördlich fol. 194v. der Alpen. Im Anhang fügte er eine Edition der 483 Zum Übergang der Kammer: (1441 Mär. 26), Geschäftskorrespondenz bei: Braunstein, Rela- GNM, IA Teil 1, Fasc. 5, Nr. 18. Der Verkauf tions d’affaires. Zu Hilpolt Kress’ Verantwortung: markierte den „soziale[n] Abstieg“ der Familie: ebd., S. 232–233. Die Gesellschaft, die noch 1401 Fleischmann, Rat und Patriziat 2.1, S. 704. Georg Friedrich II. Kress leitete, ging spätestens 1403 in Mendel wurde noch im Kontext der Gefangennah- die Vorstandschaft seiner Söhne Konrad und Ul- me von Nürnberger Kaufleuten durch den Grafen rich Kress und seines Schwiegersohnes Konrad IV. von Görz 1441 genannt: Simonsfeld, Fondaco 1, Paumgartner über: GNM, KA, Sch. XXVIII, Nr. 428–433, S. 234–239. Zu den Geldgeschäften Fasc. A, Nr. 15–18. Auch Hermann Reck be- der Mendel: Wolfgang v. Stromer, Handel- und fand sich kurz nach der Jahrhundertwende in Geldgeschäfte der Mendel von 1305 bis 1449, in: Kress’schen Diensten: Braunstein, Relations Das Hausbuch der Mendelschen Zwölfbrüderstif- d’affaires, 233. tung zu Nürnberg. Deutsche Handwerkerbilder 485 (1429 Dez. 30), in: Simonsfeld, Fondaco 1, Nr. 363, des 15. und 16. Jahrhunderts, hg. v. Wilhelm Treue S. 194–195. u. Karlheinz Goldmann, Textband, S. 61–70. Spä- 2. Strukturen der Nürnberger Präsenz in Venedig · 131

Pleite des Konrad Kress 1431 beeinträchtigte die Handelsverbindungen nach Venedig je- doch massiv. In der Folge fanden sich keine Kaufleute der Familie mehr in der Stadt. Erst im Juni und Oktober 1498 ist mit Martin Kress, der gemeinsam mit Sebald Kress, Stefan Paumgartner und anderen Nürnbergern Heinrich von Sachsen als Pilger ins Heilige Land begleitete, wiederum ein Kress in Venedig nachweisbar.486 Die Rummel zeichneten sich ebenso bereits zu Beginn des 15. Jahrhunderts durch den dauerhaften Besitz einer Kammer im Fondaco aus. Christa Schaper konnte nachweisen, dass die Familie um 1400 in ganz Italien und mit vielen unterschiedlichen Geschäftspart- nern intensiven Handel betrieb.487 In Venedig lässt das Geschlecht sich, vertreten durch Wilhelm Rummel, gemeinsam mit anderen Nürnbergern als Silberlieferant für die Bank des Bankiers und Silberhändlers Guglielmo Condulmer belegen.488 Daneben tauchten sie unter zahlreichen weiteren Nürnbergern als Geschäftspartner der Soranzo, dem wohl bedeutendsten venezianischen Handelspartner der großen Nürnberger Gesellschaften in den 1410er und 1420er Jahren, auf.489 Über Venedig entwickelte Wilhelm Rummel dar- über hinaus auch enge Verbindungen zu bedeutenden italienischen Gesellschaften und Banken, allen voran den Medici. Dies zeigt besonders deutlich den großen wirtschaftli- chen und politischen Einfluss der Familie im frühen 15. Jahrhundert.490 Die Bedeutung der Familie im Venedig-Handel ging in der Folge jedoch zurück. Zwar lässt die häufige Tätigkeit des Thomas Kurz, des Faktors der Familie Rummel, als Verweser des Sebald- altars491 auch in den 1460er und 1470er Jahren noch auf Handelstätigkeiten in Venedig schließen. In dieser Zeit kam es im Kontext der großen Welle von Gesellschaftspleiten in Nürnberg, denen unter anderem die Mendel und Paumgartner zum Opfer fielen, jedoch auch zu einer Fallierung des Unternehmens der Rummel.492

486 GNM, Bibliothek, Hs 369, fol. 35r. 490 Schaper, Rummel, S. 38. Zu den Geschäften mit 487 1412 wurde ihnen erlaubt, in ihren Räumlichkei- den Medici über Venedig 1403: (1403 Aug. 28), ten auf eigene Kosten einen Kamin zu errichten: ASVe, CIN, b. 226, prot. 1, Nr. 136, fol. 141r. (1412 Mai 28 u. Jun. 9), in: Simonsfeld, Fondaco 1, 491 Für die Jahre 1469–70 u. 1472–76: GNM, IA Teil 1, Nr. 307, S. 158. Zu Mutmaßungen, dass sie die Fasc. 19, Nr. 20, S. 70–69 u. S. 67–63. Kurz als Fak- Kammer bereits seit 1388 besaßen: Schaper, Rum- tor der Rummel: „Thomasius Curtus Theotonicus mel, S. 34. mercator in nomine Joannis et Henrici Rumel“; 488 Schaper, Rummel, S. 33–34. Vgl. auch: Mueller, (1468 Okt. 11), in: Simonsfeld, Fondaco 1, Nr. 511, Venetian Money Market, S. 45. Zur Bank Condul- S. 280; sowie: ebd. 2, S. 78. Schaper verweist nur mers als einer der vier bzw. fünf großen veneziani- auf eine Auflistung für 1469: Schaper, Hirschvogel, schen Banken um 1400: ebd., S. 162 u. S. 174. Zu S. 176. Wilhelm Rummel und den anderen Nürnberger 492 Stromer, Oberdeutsche Hochfinanz 2, 459. Stro- Handelspartnern Condulmers: ASVe, Procuratori mer bezeichnete die Rummel für die Zeit zuvor als di San Marco, Misti, b. 182. Zu Sebald u. Hans: das „mit Abstand reichste Nürnberger Geschäfts- ebd., prot. 6, fol. 1v u. prot. 7, fol. 3r. haus“: ebd. 489 Schaper, Rummel, S. 37–38; Sieveking, Venetiani- sche Handlungsbücher 2, S. 220. Vgl. auch: ASVe, Misc. Gregolin, b. 14. 132 · II. Nürnberger in Venedig

Diese für die erste Hälfte des 15. Jahrhunderts wichtigsten Nürnberger Familien in Venedig verloren bereits vor der Jahrhundertmitte kontinuierlich an Bedeutung und ver- schwanden im Laufe des Quattrocento entsprechend ihrem wirtschaftlichen Niedergang zunehmend aus den Quellen zum Venedig-Handel. Obwohl sie zu den ersten Familien gehört hatten, denen eine dauerhafte Nutzung von Kammern im Fondaco zugestanden worden war, fanden sie sich in der Mieterliste des wiedererrichteten Handelshauses von 1508 nicht mehr. Hier tauchte jedoch mit den Hirschvogel eine andere Nürnberger Fami- lie an prominenter Stelle im ersten Stock auf der Kanalseite gemeinsam mit den Fugger und Rehlinger auf, die erst im 15. Jahrhundert die Ratswürde erlangte und damit in die Geschlechter aufstieg.493 Auch sie lassen sich bereits im Laufe des Quattrocento bei den wichtigen venezianischen Handelspartnern deutscher Kaufleute, wie den Soranzo in den 1410er und 1420er oder Francesco Contarini in den 1440er Jahren, nachweisen.494 Die Überlieferung lässt jedoch keine Rückschlüsse darauf zu, wie bedeutend ihre Stellung gewesen sein könnte oder ob sie zu diesem frühen Zeitpunkt möglicherweise vor al- lem für andere Gesellschaften agierten. In Briefen von Lienhard I. und Bartholomäus Hirschvogel an ihren Schwager Michael III. Behaim in den 1440er Jahren offenbaren sich Handelstätigkeiten von Familienmitgliedern für die Behaim.495 Spätestens ab 1465, als Lienhard II. Hirschvogel erstmals im Pfründenbuch des Sebaldaltars als Schreiber aufgeführt wurde,496 fand sich unter den Verwesern des Altars kontinuierlich ein Mit- glied der Familie. Dies zeigt deutlich ihre bis dahin bereits erlangte Bedeutung innerhalb der Nürnberger Kaufmannschaft. Spätestens unter Lienhard II. stiegen die Hirschvogel zu einer der bedeutendsten Nürnberger Venedig-Familien auf. Die Quellen zu ihrem wichtigsten Vertreter, Franz, der 25 Jahre in der Stadt weilte, verweisen immer wieder auf die sehr umfang- und erfolgreichen Geschäfte,497 die der Bruder Lienhards II. für die Gesellschaft dort tätigte. Den ganzen Untersuchungszeitraum hindurch präsent und spätestens ab der Mitte des 15. Jahrhunderts die maßgebliche und durch die meisten Mitglieder vertretene Fami- lie in Venedig waren die Imhoff.498 Die Empfehlung der Brüder Erhard, Sebald, Johannes

493 (1507 Feb. 7 u. 19 m.v. = 1508 Feb. 7 u. 19), in: 497 „quod singulis annis ipse tractabat negocia pro Simonsfeld, Fondaco 1, Nr. 653, S. 359–361, S. 360. ammontare ducatorum quinquaginta millia et vi- 494 Schaper, Hirschvogel, S. 99. Vgl. auch: ASVe, Misc. delicet et fortasse usque ad summam ducatorum Gregolin, b. 14 (Rechnungsbücher Soranzo); BMC, octuaginta millia“; StBN, Pirckheimer-Papiere 364, Mss. PD C.912/1, fol. 25r, 34v–35r (Rechnungsbü- U 17, fol. 7v; sowie: ebd., fol. 11v u. fol. 18r. Zu cher Francesco Contarini). Franz Hirschvogel: Schaper, Hirschvogel, S. 117– 495 Schaper, Die Hirschvogel, S. 58 u. S. 96. Vgl. auch: 132; sowie: Kap. II.2.3. GNM, BA, Nr. 5. 498 Zwar muss man hier in Betracht ziehen, dass die 496 GNM, IA Teil 1, Fasc. 19, Nr. 20, S. 74. Ausnahmen Überlieferung im Falle der Imhoff außergewöhn- waren 1470 und 1474: ebd., S. 69 u. S. 65. Das Ende lich gut ist. Die häufigen Verweise in den venezi- markiert der Tod Franz’: ebd., S. 34. Zur Bedeu- anischen Quellen und die Bedeutung im Fondaco tung des Amts: Kap. II.2.2.2. und beim Sebaldaltar belegen dennoch eine außer- gewöhnliche Stellung in Venedig. Besonders rele- 2. Strukturen der Nürnberger Präsenz in Venedig · 133 und Pangratius als Söhne und Erben ihres Vaters Niklas Imhoff durch den Nürnberger Rat an die venezianische Signoria499 lässt darauf schließen, dass Niklas bereits zuvor im Venedig-Handel tätig war. Wie intensiv dieser Handel gewesen sein mag, ist unklar. Es zeigt sich hier jedoch bereits die für die großen Nürnberger Handelshäuser in Vene- dig typische Etablierung einer generationenübergreifenden und auf Familientraditio- nen bauenden Aktivität in der Stadt sowie die dafür genutzten Strategien, die auch von Seite der Regierungen unterstützt wurden. Für die Folgezeit finden sich Vertreter der Imhoff vielfach in den venezianischen Notariatsakten. Besonders häufig wurde Hein- rich erwähnt, der auch als Bevollmächtigter der Gesellschaft Konrad Pirckheimer agierte und sich möglicherweise dauerhaft in der Stadt niederließ.500 Unter Konrad II. gelang der Imhoff’schen Gesellschaft der Aufstieg. Der Erwerb der Hälfte der Mendel’schen Kammer im Fondaco 1441501 versinnbildlichte den Übergang der Vorrangstellung der um 1400 dominanten Familien im Venedig-Handel auf die sich im Laufe des 15. Jahr- hunderts als besonders bedeutend herauskristallisierenden oberdeutschen Geschlechter in der Lagunenstadt. Zwar waren die Imhoff relativ spät in die dauerhafte Verfügung einer eigenen Kammer im Fondaco gekommen,502 konnten sich im Laufe der Zeit aber eine beherrschende Position im Handelshaus und seiner Umgebung sichern, die auch im 16. Jahrhundert Bestand haben sollte. Ihre Ämter als erste Konsuln, häufige Verwe- ser und mit Endres I. Imhoff ab 1506 alleinige Verwalter des Sebaldaltars in San Bar- tolomeo zeigen die Bedeutung im Venedig-Handel und die herausragende Stellung in der deutschsprachigen Kaufmannschaft, die sie vor allem ab der Zeit um 1450 erlangt hatten. In den 1480er Jahren tauchte dann die Gesellschaft Konrads III. als „Ser Chora- do In churia effioli“ in den venezianischen Handelsbüchern auf.503 Dass sie auch in der im Imhoff’schen Umkreis angefertigten Kopie des Sebaldbüchleins einige Male mit dem venezianischen Namenszusatz angegeben wurde,504 könnte bereits für diese Zeit als In- dikator für eine gewisse Adaption venezianischer Gewohnheiten gesehen werden. Unter seinem Bruder und Nachfolger Hans IV. wurde die Gesellschaft ab 1489 dann stets unter

vant hierzu die detaillierte Studie Helga Jahnels: 502 Stromer gab an, dass die Mendel die Kammer erst Jahnel, Imhoff. in den 1470er Jahren ganz abgaben: Stromer, Ober- 499 (1406 Jun. 4), in: Simonsfeld, Fondaco 1, Nr. 292, deutsche Hochfinanz 2, S. 459. S. 141–142, S. 141. Vgl. auch: Jahnel, Imhoff, S. 29. 503 Erstmals, für 1480: ASVe, Misc. Gregolin, b. 15, Beim Namen des Vaters „Johannis“ liegt ein Fehler fol. 125a. Hier zeigen sich neben Alvise Michiel im Schreiben vor, es muss sich um Niklas handeln: auch geschäftliche Kontakte zu Marco u. Nicolò Biedermann, Geschlechtsregister, T. 213; Jahnel, Corner, Zuan Francesco Priuli und der Bank der Imhoff, Stammtafel. Lippomani. Zu Konrad III.: Fleischmann, Rat und 500 U. a.: (1420), ASVe, CIN, b. 193, prot. 3, fol 17rv. Patriziat 2.1, S. 604. Zu den Bevollmächtigungen Pirckheimers 1406: 504 „Conradt Im hoff Effioli“ (1486–88), GNM, IA (1406 Nov. 28), in: Simonsfeld, Fondaco 1, Nr. 293, Teil 1, Fasc. 19, Nr. 20, S. 53–51 (Zitat: 51). Die S. 142–143. Für 1414, 1415 u. 1416: ASVe, CIN, b. Gesellschaft wurde also auch in den ersten bei- 193, prot. 2, fol. 59v, 87r u. 156v. den Jahren nach Konrads Tod noch nach ihm be- 501 Jahnel, Imhoff, S. 35. (1441 Mär. 26), GNM, IA zeichnet. Teil 1, Fasc. 5, Nr. 18. 134 · II. Nürnberger in Venedig venezianischem Namen aufgeführt.505 Ab dieser Zeit lassen sich in den Quellen eine au- ßerordentliche hohe Fluktuation und eine häufige gemeinsame Anwesenheit mehrerer Familienmitglieder und Gesellschaftsteilhaber in der Lagunenstadt nachweisen.506 Auch unter Peter I. und Endres I. hatte das Venedig-Geschäft große Bedeutung für die Familie. Dass die Imhoff 1507 beim Erlass von Privilegien des freien Handels durch den venezia- nischen Dogen Leonardo Loredan unter den deutschen Kaufleuten gesondert und quasi in Vertretung hervorgehoben wurden,507 zeigt ihre herausgehobene Stellung im Kontext der Beziehungen zwischen Venedig und dem Reich nördlich der Alpen, die ihnen auch von der Regierung zuerkannt wurde. Durch ihre lange Anwesenheit in der Serenissima und ihre intensive wirtschaftliche und personale Teilhabe am Austausch zwischen Ve- nedig und Nürnberg trugen sie entscheidend zur Tiefe, Stabilität und Kontinuität der Beziehungen beider Städte bei. An den Imhoff lassen sich aufgrund der fortwährend umfangreichen Überlieferung der Aufbau, die Merkmale und die Entwicklung einer oberdeutschen Handelsgesellschaft im ausgehenden Mittelalter und der Frühen Neuzeit besonders gut nachvollziehen. Kons- titutives Merkmal war die weitestgehende Konzentration auf die Kernfamilie oder auf nä- here Verwandte. So war auch die Zahl der Teilhaber meist begrenzt.508 In der Regel ging die Gesellschaft, wie beispielsweise nach dem Tod Konrads II. oder Hans’ IV. Imhoff, auf die Söhne als Teilhaber über, wobei einer von ihnen, der meist, aber nicht immer der äl- teste war, als Gesellschaftsoberhaupt die Geschäfte leitete. Oftmals erhielten die anderen Brüder, wie Hieronymus Imhoff, der wohl langfristig in Venedig die Familiengeschäfte für die von seinem Bruder Peter gelenkte Gesellschaft versah,509 die Aufsicht über einen geographischen Handelsraum. Sie wurden jedoch auch als allgemeine Bedienstete der Firma beschäftigt. Dass der aufgrund der familiären Bindung gewährte Vertrauensvor- schuss, den die Verwandten in der Regel erhielten, nicht unbedingt gerechtfertigt war,

505 „Zuane In churia Efioli“ (1489), GNM, IA Teil 1, 507 (1507 Dez. 7), in: Simonsfeld, Fondaco 1, Nr. 652, Fasc. 19, Nr. 20, S. 50. In den Mieterlisten des Fon- S. 358–359. Simonsfeld übersetzte „Joanni“ fälsch- daco von 1508 tauchte sie als „Zan curia e fioli“ licherweise mit Johann, es muss sich jedoch um bzw. „Zan In-Curia e fioli“ auf: (1507 Feb. 7 u. 19 Hans („Zuan In Curia Effioli“) handeln. m.v. = 1508 Feb. 7 u. 19) u. (1508 Mai 12), in: Si- 508 Vgl. auch: Jahnel, Imhoff, S. 57. Zur Konzentration monsfeld, Fondaco 1, Nr. 653, S. 359–361, S. 360 auf die engere Familie u. a.: Hildebrandt, Diener u. Nr. 658, S. 364–365, S. 364. Offensichtlich be- und Herren, S. 156; Stromer, Oberdeutsche Hoch- hielt die Gesellschaft, zumindest für ihre Venedig- finanz 1, S. 10; sowie: Markus A. Denzel, The Mer- Geschäfte, auch nach dem Tod Hans IV. 1499 und chant Family in the ”Oberdeutsche Hochfinanz“ der Übernahme der Firmenleitung durch Peter I. from the Middle Ages up to the Eighteenth Cen- vorläufig den Namen Hans Imhoff und Söhne bei. tury, in: La Famiglia nell’Economia Europea secc. Zu Hans IV.: Fleischmann, Rat und Patriziat 2.1, XIII-XVIII, hg. v. Simonetta Cavaciocchi, Florenz S. 604. Zu den Imhoff im Nürnberger Patriziat: 2009, S. 365–388, S. 376. Jahnel, Imhoff, S. 82. In dieser Zeit gelang auch 509 GNM, IA Teil 1, Fasc. 44, Nr. 1, fol. 37v. Zur Gesell- der Aufstieg ins Patriziat. schaft Peter I. Imhoff: Jahnel, Imhoff, S. 57. 506 Vgl. u. a. GNM, IA Teil 1, Fasc. 7, Nr. 7; GNM, IA Teil 1, Fasc. 44, Nr. 1. 2. Strukturen der Nürnberger Präsenz in Venedig · 135 zeigen die Beispiele zweier weiterer Brüder Peters I. Imhoff, Veit und Franz, die beide in Venedig zuungusten der Gesellschaft agierten.510 Nichtsdestoweniger war die Wahr- scheinlichkeit, wegen der guten persönlichen Kenntnis Angehörigen ein besonderes Vertrauen entgegenbringen zu können,511 auch für die Nürnberger ein wichtiger Grund für die Konzentration der Gesellschaften auf die Kernfamilie, die enge, angeheiratete Verwandtschaft oder zumindest das unmittelbare soziale oder geographische Umfeld. Hinzukamen eine implizite familiäre Verantwortung und die Praktikabilität, Teilhaber und Geschäftstätige aus der Familie zu rekrutieren. Diese Strukturen wurden trotz ge- wisser Fluktuation beim Personal und familiären Verschiebungen im Unternehmen über Generationen hinweg aufrechterhalten, wobei auch die Geheimhaltung des „vertrauli- chen Wissen[s]“ innerhalb der Gesellschaft wichtiger Grund für die Geschlossenheit des Kreises der Akteure war.512 Darüber hinaus erhielten die Gesellschaften auf diese Weise Stabilität. Auch klingt in den Quellen eine auf den geschäftlichen Aktivitäten der Vorgän- ger und der Handelstradition der Familie beruhende wirtschaftliche Reputation an, an die nur in direkter Weiterführung ähnlicher Konstellationen angeknüpft werden konn- te und die sich beispielsweise in den Gesuchen zur dauerhaften Miete von Kammern im Fondaco zeigte. Trotz dieser Grundmerkmale veränderten sich die Strukturen der oberdeutschen Handelsgesellschaften im 15. Jahrhundert gemäß neuen Interessen, wie der räumlichen Ausbreitung des Handels, zunehmend. Ihnen wurde eine immer größere Flexibilität sowie eine stärkere Anpassung an die Bedürfnisse des Markts abverlangt.513 Entsprechend bildete sich eine oftmals weit verzweigte Organisationsstruktur heraus, die je nach Anzahl der geographischen Interessenschwerpunkte viele Niederlassungen bezie- hungsweise Faktoreien an anderen Handelsorten haben konnte.514 So unterhielten auch die Imhoff Geschäfte beispielsweise nach Antwerpen, Lyon und Lissabon. Mit der Aus- weitung der Gesellschaften und ihrer zunehmenden räumlichen Ausdehnung wurde ein Mehr an spezialisiertem Personal, gerade auch für die ausländischen Niederlassungen,

510 Sie machten Schulden und waren hinter dem ebd., S. 74–63. Trotz der massiven Wasserschäden Rücken ihrer Brüder in Venedig und an anderen sind die Namen deutlich erkennbar. Orten tätig: GNM, IA Teil 1, Fasc. 21, Nr. 7a-c 511 Vgl. u. a. Denzel, Merchant Family, S. 376. u. Fasc. 22, Nr. 10a. Peter Imhoff, der Leiter der 512 Stromer, Oberdeutsche Hochfinanz 1, S. 11. Inwie- Familiengesellschaft, wird in der Literatur als weit Marktverhältnisse hierunter fallen ist fraglich: Peter I. bezeichnet: Jahnel, Die Imhoff, Stamm- vgl. Kap. II.2.2. Nichtsdestoweniger bestand für die baum; Fleischmann, Rat und Patriziat 2.1, S. 606. Teilhaber die Möglichkeit, auch in anderen Unter- Die Angabe im Sebaldbüchlein verweist hingegen nehmungen engagiert zu sein: Hans IV. Imhoff 1498 auf einen „Peter Im hoff de[n] Iunger“. Dabei war z. B. an der Ravensburger Handelsgesellschaft handelte es sich wohl um Peter I. und nicht um beteiligt. Konrad III. war ordentlicher Gesellschaf- seinen sonst in den Quellen zum Venedighandel ter der Augsburger Welser-Vöhlin-Gesellschaft: nie auftauchenden Sohn Peter: GNM, IA Teil 1, Jahnel, Die Imhoff, S. 59. Fasc. 19, Nr. 20, S. 41. Zwischen 1465 und 1476 513 Hildebrandt, Diener und Herren, S. 152. war bereits ein anderer Peter Imhoff hier erwähnt 514 Gassert, Kulturtransfer, S. 82; Häberlein, Handels- worden, der wohl nicht mit dem 1454 geborenen gesellschaften, S. 308. Sohn Hans IV., also Peter (I.), zu identifizieren ist: 136 · II. Nürnberger in Venedig notwendig. Auch dieses stammte häufig aus der eigenen Verwandtschaft oder dem nähe- ren Umfeld. Darüber hinaus befanden sich meist auch Teilhaber der Gesellschaft an den jeweiligen Niederlassungen,515 wobei einige, wie Hieronymus Imhoff oder Franz Hirsch- vogel in Venedig,516 auch längerfristig oder dauerhaft vor Ort blieben und die dortigen Geschäfte leiteten. Die Rückbindung an die Nürnberger Geschäftszentrale war durch eine intensive Korrespondenz und die starke personale Fluktuation gewährleistet.517 Wie eine Handelsgesellschaft entstehen konnte und welche Faktoren für den Handel mit Venedig nötig waren, zeigt hingegen das Beispiel einer der vielen kleinen Gesell- schaften, die im Austausch mit der Serenissima agierten. In den Briefen Hans Pömers an Linhart Tucher berichtete Ersterer ausführlich über seinen Zusammenschluss mit dem ursprünglich aus Genua stammenden Nürnberger Bürger Antonio Vento.518 Pömers Vorschlag einer „gemaine[n] geselschafft verschreybung“ stimmte Vento zu. Eine Be- teiligung Christophs II. Scheurl lehnte er jedoch ab.519 Als Vento vorschlug, man könne seinen Bruder in Venedig als Bediensteten oder Faktor der Gesellschaft anstellen, erklärte

515 Vgl. z. B. die Anwesenheit von Peter, Hiero- zeigt sich auch deutlich in Bezug auf die Nürn- nymus u. Ludwig Imhoff, der Söhne des Ge- berger in Venedig: vgl. Ewert u. Selzer, Netzwer- sellschaftsoberhaupts Hans IV., in den frühen korganisation, S. 49. Zur Entgegnung: Gilomen, 1490er Jahren in Venedig: GNM, IA Teil 1, Fasc. 7, Netzwerke, S. 347. Nr. 7 u. Fasc. 19, Nr. 20. Peter wurde 1499, im Jahr 518 „Anthoni Vento, kaufman von Jenua, hie burger“ der Geschäftsübernahme, sogar noch Schriftführer verstarb 1535: Helene Burger (Hg.), Nürnberger bei der Öffnung der Truhe des Sebaldaltars: GNM, Totengeläutbücher 3: St. Sebald 1517–1572, (Freie IA Teil 1, Fasc. 19, Nr. 20, S. 40. Zu Gesellschaftern Schriftenreihe der Gesellschaft für Familienfor- an den Niederlassungen: Hildebrandt, Diener und schung in Franken 19), Neustadt / Aisch 1972, Herren, S. 151–152. Nr. 1532, S. 60. 1529 wurde er bereits in den Li- 516 Auch für die Hirschvogel ist trotz des dauerhaften bri Conservatorii als „Anthoni Vento burger di- Aufenthalts Franz Hirschvogels in Venedig dort ser stat“ bezeichnet: (1529 Mär. 6), StadtAN, B mit Georg Rammler zumindest zeitweise ein Fak- 14/II-27, fol. 166v. 1524 fand sich noch der Ver- tor nachgewiesen: Schaper, Die Hirschvogel, S. 207 merk „Anthoni Vento von Genua“: (1514 Jun. 1), u. S. 248. Hirschvogel und Rammler hatten offen- StadtAN, B 14/II-18, fol. 193v. Bereits zu diesem sichtlich durch die jahrelange Zusammenarbeit so Zeitpunkt wurde auf seine Handelstätigkeit nach ein gutes Verhältnis, dass Hirschvogel den ehema- Venedig verwiesen. Christoph I. Scheurl spricht ligen Faktor in seinem Testament bedachte (hier ihn 1525 mit „amico et fratri honorando suavissi- bezeichnet als „Jörg Ramler“): (1498 Nov. 2), ASVe, moque“ an: C. Scheurl an A. Vento (1525 Jan. 22), NT, b. 1211, Nr. 819; Schaper, Hirschvogel, S. 126. in: Christoph Scheurl’s Briefbuch. Ein Beitrag zur 517 Die Verhältnisse zwischen Zentrale und Faktorei Geschichte der Reformation und ihrer Zeit 2: Brie- waren klar hierarchisch definiert, zeichneten sich fe von 1517–1540, hg. v. Franz v. Soden u. Joachim jedoch gleichzeitig durch eine enge Kooperation Karl Friedrich Knaake, Potsdam 1872, Nr. 231, und Verflechtung aus. Zur hierarchischen Gliede- S. 131–132, S. 131. rung: Hildebrandt, Diener und Herren, S. 159. Zur 519 „Er hett sich aber bedacht unnd woldt des nit ha- gleichzeitigen Kooperation: Denzel, Merchant Fa- ben“. Zum Brauch der Gesellschaftsverschreibung: mily, S. 376. Dass Verflechtung und hierarchische „sagt wol, er west den geprauch nit: er fundt aber Strukturen sich im Gegensatz zu den Behauptun- inn dysser nicht ungepuerligs.“ H. Pömer aus Ro- gen Ewerts u. Selzers, die hier den Hauptunter- thenburg an L. Tucher (1533 Sep. 29), StadtAN, schied zwischen hansischen und oberdeutschen E 29/IV-1388. Zu Verschreibungen: Elmar Lutz, Gesellschaftstrukturen sahen, nicht widerspre- Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsge- chen, ist mittlerweile nachgewiesen worden und sellschaften in der Zeit der Fugger 1: Darstellung, 2. Strukturen der Nürnberger Präsenz in Venedig · 137

Pömer sich einverstanden. Er gab jedoch zu bedenken, dass der Bruder zwar Deutsch sprechen, den Gerüchten nach aber in der Sprache nicht schreiben könne. Man müsse zusätzlich eine weitere Person beschäftigen, die auch die Bücher der Gesellschaft führen könne. Dafür käme aufgrund seiner Sprachbegabung wohl der Sohn Caspar Paumgart- ners in Frage.520 Dieser wurde „auff ein versuchen“ angestellt und von Vento mit nach Venedig genommen.521 Beim Personal der Handelsgesellschaften an ihren ausländischen Niederlassungen ist bezüglich ihrer Stellung, ihrer Aufgaben und ihrer Verantwortung zu differenzieren. Christoph II. Scheurl machte in der Beschreibung des Kaufmannshandels seines Va- ters in den 1480er Jahren in Venedig eine deutliche Unterscheidung zwischen „aynem diener“, wie Sebald Paumgartner, und Personen wie Stefan Gasar und Martin Tucher, die seinem Vater in Venedig „factoriret“ hätten.522 Bei den einfachen Handelsdienern konnte es sich auch um Lehrlinge handeln. Die Faktoren, die oftmals Verwandte der Gesellschaftsteilhaber waren, hatten hingegen einen besonderen Rang unter den Ange- stellten des Handelshauses. Im Zuge der zunehmenden Etablierung und Selbständigkeit der ausländischen Niederlassungen vor allem ab der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts nahm ihre Bedeutung auch innerhalb der Gesellschaften und, je nach Wichtigkeit des Handelsorts, für deren Gesamtgeschäft zu.523 So waren sie verpflichtet, nur im Sinne der Gesellschaft zu handeln.524 Das Maß an Eigenständigkeit war in der Regel von der geogra-

(Schwäbische Forschungsgemeinschaft bei der Sp. 1054. Vgl. auch den Ausdruck „nostris mercato- Kommission für Bayer. Landesgeschichte, Reihe ribus vel factoribus“ in einem Schreiben des Nürn- 4 16; Studien zur Fuggergeschichte 25), Tübin- berger Rats: (1444 Nov. 5), in: Simonsfeld, Fondaco gen 1976, v.a. S. 160 u. S. 202–209. Tucher hatte 1, Nr. 450, S. 246–247, S. 247. auch direkten Kontakt zu Vento, es scheint sich 523 Zur Bedeutung unter den anderen Handelsdienern: im Laufe der Zeit eine Kommunikationsachse Denzel, Professionalisierung, S. 419. Zur Bedeutung Vento(Venedig)–Pömer–Tucher herausgebildet zu und Definition der Faktoren: Wolfgang v. Stromer, haben: StadtAN, E 29/IV-981, fol. 42v. Organisation und Struktur deutscher Unterneh- 520 „sagt er mir vonn seinem pruder, der uns inn Ve- men in der Zeit bis zum Dreißigjährigen Krieg, in: nedig dyenstlich mocht sein: darann mir auch nit Tradition 13 (1968), S. 29–37, S. 35. Zu deren Ent- zweyffeldt, doch mussten wyr einen neben im ha- wicklung: Hildebrandt, Diener und Herren, S. 159. ben, der unsere pucher thewcz hyeldt: sein pruder Gassert verwies auf die familiäre Anbindung: Gas- redet thewcz aber mit thewcz schreyben wer er nit sert, Kulturtransfer, S. 82. Hildebrandt weist auf die bericht.“ H. Pömer aus Rothenburg an L. Tucher Bedeutung der Verschreibungen als Quelle hin, da (1533 Sep. 29), StadtAN, E 29/IV-1388. Allerdings sie Auskünfte über Rechte und Pflichten, Besol- bat Pömer Tucher, dass dieser sich weiter umhöre. dung, Dauer des Arbeitsverhältnisses etc. geben: Sie besprachen auch die Örtlichkeit der Geschäfts- Hildebrandt, Diener und Herren, S. 160. zentrale, für die viel Licht und gute Lagermöglich- 524 Hermann Reck betonte z. B. bei seiner Procura für keiten grundlegend seien: ebd. Johannes Daga, dieser dürfe nur in seinem Sinne 521 H. Pömer aus Regensburg an L. Tucher (1533 handeln: (1422 Feb. 18 m.v. = 1423 Feb. 18), ASVe, Okt. 12), StadtAN, E 29/IV-1389. CIN, b. 228, prot.2, (fol. 118rv, fol. 118v = o. Fol.). 522 Archiv Scheurl, Cod. AB, fol. 83v. Das Wort „fac- Vgl.auch: Franz Imhoff: „kein sunderen handel tor“ hatte sich zu diesem Zeitpunkt im deutschen nitt treyben noch haben fur mich noch ander, es Sprachraum schon durchgesetzt: Vgl. Hermann wer mir dan von meinen pruderen und vetteren Kellenbenz, Art. „Faktorei“, in: HRG 1, hg. v. erlaubt“; (1528 Aug. 19), GNM, IA Teil 1, Fasc. 22, Adalbert Erler u. a., Berlin 1971, Sp. 1053–1056, Nr. 7. 138 · II. Nürnberger in Venedig phischen Entfernung und verwandtschaftlichen Bindung abhängig.525 Inwieweit die Nie- derlassungen in Venedig im Laufe des Untersuchungszeitraums autonom waren und die dortigen Verantwortlichen im alltäglichen Geschäft frei agieren konnten, lässt sich nicht endgültig klären. Auch jährliche Gesellschaftsabrechnungen, wie sie sich bei den Kress fanden,526 lassen eine dauernde Überprüfung durch das Gesellschaftsoberhaupt in Nürn- berg nicht zwingend annehmen. Die Geschäftsbücher waren oftmals für den Überblick in der venezianischen Niederlassung bestimmt und verblieben in der Stadt. Zumindest bei Personen, die in niedrigeren Aufgabenbereichen, als Agenten, Handelsdiener oder Lehrlinge für die Gesellschaft tätig waren, scheint eine kontinuierliche Rechnungslegung jedoch üblich gewesen zu sein.527 Die Leiter oder Verantwortlichen der Niederlassungen konnten wohl deutlich eigenständiger agieren. Auch sie blieben allerdings mit ihrer Ge- sellschaft in stetigem Kontakt, erteilten in ihren Korrespondenzen Auskünfte über die Abwicklung von Geschäften und die allgemeine Handelslage.528 Aufgrund der Anwesen- heit vieler Nürnberger und weiterer Familienmitglieder, die sich in Venedig aufhielten, standen sie darüber hinaus wohl automatisch unter kontinuierlicher Beobachtung. In der frühen Überlieferung wurden die Vertreter meist als „procuratores“ bezeich- net. Später fanden sich dann in erster Linie „factores“. Dennoch sind die beiden Ämter nur bedingt miteinander zu identifizieren. Auch in den zeitgenössischen Quellen kam es zu einer sprachlichen Differenzierung zwischen einem Faktor und einem Prokurator.529 So bedeutete die Verleihung einer Procura, dass der jeweilige Prokurator nicht nur im Auftrag, sondern anstatt des Gesellschaftsoberhaupts handelte und dessen umfassende Handlungsbefugnis und Verantwortung vor Ort übernahm. Jobst Schnöd trug seinem

525 Denzel, Merchant Family, S. 370. von Laurenz Pirckheimer zu seinem Prokurator, 526 GNM, KA, Sch. XXVIII, Fasc. A, Nr. 15–18. Rechnungs- bzw. Geschäftsführer, Faktor und Bo- 527 Immer wieder wurden, nicht nur aus Venedig, ten ernannt worden: „suum verum et legitimum sondern auch von anderen Orten, den Briefen von procuratorem, actorem, factorem et certum nun- kleineren Bediensteten, Einkäufern und Handels- tium specialem“. (1418 Mär. 7), ASVe, CIN, b. 104, dienern Abrechnungen beigelegt. Thomas Reich prot. 2, fol. 18v. Auch vierzig Jahre später fanden schickte während seiner Ausbildung aus Venedig sich noch entsprechende Unterscheidungen: In dem Imhoff’schen Gesellschaftsoberhaupt End- der Bitte des Nürnberger Rats an die venezianische res I. eine Abrechnung über seine Ausgaben in Ve- Signoria wegen der Beschlagnahmung von Wa- nedig: T. Reich aus Venedig an L. Tucher (1529 Feb. ren des Anton Paumgartners wird klar zwischen 6 m.v. = 1530 Feb. 6), StadtAN, E 29/IV-1437. Das dem factor Anton Paumgartner und dem procu- dringende Bedürfnis nach Abrechnungen und die rator Konrad Stetbeck als Vertreter des Heinrich Zufriedenheit über das Berichtete lässt sich 1545 Meischner im venez. Hoheitsgebiet unterschieden. im Briefwechsel zwischen Hieronymus Imhoff Zwar handelt es sich hierbei um einen rechtlichen und Linhard Tucher nachvollziehen: H. Imhoff aus Vertreter. Die Aufgabenbereiche der Personen, die Venedig an L. Tucher (1544 Feb. 11 m.v. = 1545 eine Procura verliehen bekamen, waren jedoch so Feb. 11), StadtAN, E 29/IV-1139. umfassend, dass man ihn nicht auf den juristischen 528 Vgl. u. a. L. I. u. B. Hirschvogel an M. III. Behaim procurator beschränken kann: (1460 Dez. 28), in: (1443 Jan. 9), GNM, BA, Nr. 5. Simonsfeld, Fondaco 1, Nr. 491, S. 269–270. Vgl. 529 Der zum Zeitpunkt der Ausstellung in Venedig auch die Unterscheidung für die Kress bei: Braun- im Fondaco lebende Marquard Mendel gab bei stein, Relations d’affairs, S. 229. der Weitergabe seiner Procura an, er sei 1417 2. Strukturen der Nürnberger Präsenz in Venedig · 139

Bevollmächtigten Heinrich Schnöd 1417 auf, alles so zu machen, wie er es tun würde, wenn er anwesend wäre.530 Die Faktoren konnten zwar, abhängig von der Dringlichkeit von Geschäften und Entscheidungen, bisweilen eigenständig tätig werden. Sie handelten, zumindest bis in die Mitte des 15. Jahrhunderts, jedoch stets im Auftrag und auf An- weisung der Gesellschaftsleitung. Dennoch waren die Übergänge oft fließend, und die Aufgabenbereiche von Faktoren und Prokuratoren überschnitten sich häufig. Dass mit der zunehmenden Etablierung der Institution des Faktors im Reich nördlich der Alpen531 die Bezeichnung von Personen in den Quellen als „procurator“ seit der Jahrhundertmitte zurückging, lässt darauf schließen, dass die Position des Faktors immer stärker mit der des Prokurators verschmolz und diese ablöste. Die Procura umfasste das Ausführen der Güter aus dem Fondaco und den Waren- handel im Namen des Ausstellers, alle Schuld-, Geld- und Bankgeschäfte der Gesellschaft wie auch deren rechtliche Vertretung. Zumindest im frühen 15. Jahrhundert wurden die Vollmachten offenbar für ein Jahr ausgesprochen und gegebenenfalls verlängert. Sie konnten sich auf den Venedig-Handel beschränken oder alle geschäftlichen Aktivitäten umfassen.532 Die Ausstellung entsprechender Vollmachten durch Nürnberger in der Se- renissima lässt jedoch annehmen, dass der geographische Schwerpunkt die Lagunenstadt war. Auch kam es vor, dass nur eine Teil-Procura ausgestellt wurde, die sich auf einzel- ne Aspekte, oftmals eine rechtliche Vertretung oder einen spezifischen geographischen Raum, konzentrierte.533 Konkrete Gründe für die Ausstellung einer Procura wurden in den seltensten Fällen genannt. Meist war wohl die absehbare Abwesenheit eines Kauf- manns ausschlaggebend. So hatte Heinrich Imhoff durch die Gesellschaft des Konrad Pirckheimer in seiner Vollmacht das Recht erhalten, einen oder mehrere andere Prokura- toren einzusetzen, damit die Geschäfte der Gesellschaft nicht wegen seiner Abwesenheit Schaden nähmen. Aufgrund dessen setzte er den Neffen Konrads, Sebald Pirckheimer, ein.534 Auch die Procura des Jobst Schnöd für Heinrich Schnöd verweist darauf, dass Jobst

530 „et generaliter omnia alia faciendi que egomet 533 So erhielt Johannes Daga von Heinrich Hirschvo- facere possem si praesens essem“; (1417 Okt. 14), gel eine Procura speziell für Bank- und Rechtsan- ASVe, CIN b. 227, prot., fol. 340rv. gelegenheiten: (1423 Mär. 1), ASVe, CIN, b. 228, 531 Veit Imhoff bezeichnete sich beispielsweise 1496 prot. 2, (fol. 121v = o. Fol.). Die Procura, mit der als Faktor: „ich in handirung als ein fattor pey Wilhelm Rummel und Ulrich Ris Ilarione di Lip- meins lieben vater und pruderen kauffens und paccio de Bardi („Illariolum quondam Lipatii de verkauffens einnemens und ausgebens zu Vene- Bardis de Florentiae habitatorem Rome“), wahr- dig gewesen pin.“ (1496 Feb. 20), GNM, IA Teil 1, scheinlich das Oberhaupt der Filiale der Medici- Fasc. 21, Nr. 7c (1). Bank in Rom, ausstatteten, bezog sich wohl nur auf 532 Ein Beispiel für die räumliche Ausrichtung wäre die Stadt Rom: (1403 Aug. 28), ASVe, CIN, b. 226, die Verschreibung zwischen Heinrich Imhoff und prot. 1, Nr. 136, fol. 141r. Sebald Pirckheimer: „in civitate Venetiis et alibi 534 „plenissimam potestatem substituendi unum et ubicumque“. (1415 Apr. 18), ASVe, CIN, b. 193, plures procuratores loco mei ne negotia ipsius tui prot. 2, fol. 87r. Die Procurae gleichen sich sonst patrus et sue predicte sotietate propter mei‹!› absen- in ihrem Formular bis auf wenige, nur geringfügig tiam […] substituo et mei loco pono te Sibaldum“ abweichende Unterschiede. (1415 Apr. 18), ASVe, CIN, b. 193, prot. 2, fol. 87r. 140 · II. Nürnberger in Venedig selbst nicht in Venedig sein konnte.535 Seltener scheinen solch prekäre Situationen Grund gewesen zu sein wie bei dem Nürnberger Kaufmann Christoph Aisauter, der wegen der hohen Schulden, die er gemacht hatte, seinem Mitgesellschafter Bartholomäus Zugler die Verantwortung übertrug. So hoffe er, die Firma vor weiterem Übel zu bewahren.536 Bei den Gründen für die Procura und dem Umfang der durch sie erteilten Verant- wortlichkeiten ist auch zwischen den Vollmachten zu unterscheiden, die Einzelpersonen vergaben, und denjenigen, die im Namen von Handelsgesellschaften ausgestellt wurden. Erstere konnten, wie bei Hermann Reck, durchaus auch von Personen veranlasst werden, die selbst als Vertreter größerer Handelsgesellschaften in Venedig tätig waren, die Voll- macht aber für sich als Privatperson537 erteilten. Für Einzelpersonen fand sich im Kontext der Nürnberger in Venedig in den seltensten Fällen eine umfassende Procura, wie sie der Nürnberger Herman Fostani für Matheo Catanio und Giovanni de Serenis ausstell- te.538 Die beiden Brüder Leonhard und Peter Podmer bestellten sich 1458 gegenseitig zu rechtmäßigen Prokuratoren für den Handel von Waren, Bankgeschäften und Schuldein- treibungen.539 In der Regel fanden sich jedoch nur Teil-Vollmachten, die sich oftmals auf eine gerichtliche Vertretung beschränkten. So fungierte Georg Mendel 1440 als rechtli- cher Bevollmächtigter und Übersetzer des Kölner Kaufmanns Gaspar de Hispruch.540 Hermann Reck ernannte den Nürnberger Johannes Daga 1421 und 1422 mehrmals zu seinem Vertreter bei Schuldeintreibungen und in rechtlichen Angelegenheiten.541 Den anderen Schwerpunkt von Procurae, die von Privatpersonen ausgestellt wurden, bildete die Bevollmächtigung zum Einfordern von Schulden. So sollte Johannes Daga die Aus- stände Nicolò Vencelinos und der Brüder Jacopo und Bartolomeo Bombene eintreiben, die diese bei Artimanus Siede aus Nürnberg für Fuchsfelle hatten.542 Antonio Menego

535 (1417 Okt. 14), ASVe, CIN, b. 227, prot., fol. 340rv. co […] pro interpetrationem‹!› et explicationem de Vgl. Anm. 705. theotonico in latinum“ (1440 Aug. 16), ASVe, CIN, 536 (1416 Aug. 18), ASVe, CIN, b. 193, prot. 2, fol. 150v. b. 74–75, prot. 2, fol. 194v. 537 Privatperson ist hier im Sinne von Nicht-Zugehö- 541 Zu den Procurae für Johannes Daga als Schuld- rigkeit zu einer Handelsgesellschaft gemeint. Es eintreiber bei Andrea Padruzi (1421 Sep. 2), ASVe, konnte sich dabei durchaus um Kaufleute handeln. CIN, b. 228, prot. 2, (fol. 36v–37r = o. Fol.); sowie 538 (1422 Jan. 22 m.v. = 1423 Jan. 22), ASVe, CIN, b. als rechtlicher Vertreter (1422 Feb. 18 m.v. = 1423 228, prot. 2, (fol. 109v = o. Fol.). Feb. 18), ASVe, CIN, b. 228, prot. 2, (fol. 118r = 539 „Ser Leonardus Podmer de Norimbergo Alamanie o. Fol.). Konrad Schmidt vertrat ihn 1431 in einer mercator et Petrus Podmer eius frater etiam mer- Schuldklage gegen Hans Endorffer d. Ä. aus Augs- cator […] se invicem confatuunt legitimos procu- burg, der wiederum durch Georg Hutel vertreten ratores“ (1458 Feb. 8: „more imperiali“ wird expli- wurde: (1431 Apr. 17), in: Simonsfeld, Fondaco 1, zit angegeben) ASVe, CIN, b. 76, prot. 11, fol. 142v. Nr. 369, S. 198–199. Ein Jahr später starb Peter Podmer in Venedig und 542 (1422 Jan. 13 m.v. = 1423 Jan. 13), ASVe, CIN, b. vermachte unter anderem Legate nach San Salva- 228, prot. 2, (fol. 107v = o. Fol.). Zaninus Jacobi aus dor in Venedig: StBN, Amb. 173–2°, fol. 25. Vgl.: der Pfarrei von San Bartolomeo sollte für „Gotifre- Stromer, Gruber-Podmer-Stromer, 40. dus de Norimbergo“ die Schulden eintreiben, die 540 „ordinavit suum legitimum procuratorem, acto- Biasio de Luminibus bei ihm hatte: (1417 Jan. 20 rem, defensorem et responsorem Ser Georgium m.v. = 1418 Jan. 20), ASVe, CIN, b. 227, prot., Mendel de Norimbergo mercatorem nunc in fonti- fol. 361v. 2. Strukturen der Nürnberger Präsenz in Venedig · 141 erhielt 1420 die Aufgabe, die Schulden zurückzufordern, die die Vertreter der kurz zuvor fallierten Bank des Pietro Benedetto und der Brüder Condulmer bei Burckhard Seme- ler aus Nürnberg hatten.543 Auf Seiten der Prokuratoren fanden sich hingegen nur zwei Nürnberger. Bei Georg Mendel legen die Bemerkung, er sei „nun Kaufmann im Fonda- co“ 544, und seine Zugehörigkeit zu einer der großen Nürnberger Venedig-Gesellschaften eine gute Kenntnis auch der rechtlichen Gegebenheiten in der Stadt nahe. Johannes Daga lebte wohl dauerhaft in Venedig.545 Seine Verwurzelung wie sein mutmaßliches Ansehen in der Stadt einerseits und die gemeinsame Herkunft andererseits waren wohl Grund dafür, dass er besonders häufig von Nürnberger Einzelpersonen eine Procura erhielt.546 Die anderen Bevollmächtigten stammten wahrscheinlich meist aus Venedig, auch wenn höchstens ihre Wohnpfarreien angegeben wurden. Warum ausgerechnet diese Personen gewählt wurden, geht aus den Quellen nicht hervor. Wie bei Gottfried von Nürnberg, der Zaninus Jacobi aus der Pfarrei San Bartolomeo beauftragte,547 könnte aber die räumliche Nähe zum venezianischen Lebensmittelpunkt der Nürnberger, dem Fondaco, ausschlag- gebend für die Bekanntschaft gewesen sein. Der Fondaco war bei allen nachzuweisen- den Vollmachten der Fixpunkt. Der Aspekt der Schuldeintreibung legt bei den meisten Procurae nahe, dass die betreffenden Personen einen kaufmännischen Hintergrund und somit eine Anbindung an das Handelshaus hatten. Bei mehreren, wie Leonhard und ­Peter Podmer oder Georg Mendel, wurde der Fondaco ausdrücklich als Wohnort der Protagonisten genannt.548 Bei einigen Procurae, die von Mitgliedern von Gesellschaften verfügt wurden, ist nicht eindeutig nachzuvollziehen, ob sie für die jeweiligen Firmen oder für Einzelper- sonen ausgestellt wurden. Da sich auch Letztere jedoch im Auftrag ihrer Handelshäuser in Venedig aufhielten, sind sie von den Procurae für Privatpersonen zu unterscheiden. Darüber hinaus wählten sie meist Prokuratoren aus der Nürnberger Kaufmannschaft. In der Regel wurden keine Vollmachten an Venezianer oder andere deutsche Kaufleute vergeben. Auch hier tauchte der Nürnberger Kaufmann Johannes Daga als Vertrauter seiner Landsleute auf. Er wurde 1423 von Heinrich Hirschvogel mit einer Procura für Bank- und Rechtsangelegenheiten ausgestattet.549 Lorenz Pirckheimer verlieh 1414 sei- nem Bruder Franz Pirckheimer und Wilhelm Mendel hingegen eine umfassende Voll-

543 (1420 Sep. 10), ASVe, CIN, b. 228, prot. 1, fol. 257v. 546 ASVe, CIN, b. 228, prot. 2, (fol. 36v–37r, 107v, Zur Bank „Piero Bendetto e Marco Condulmer e 118rv u. 121v = o. Fol.). Compagni“: Mueller, Venetian Money Market, 547 (1417 Jan. 20 m.v. = 1418 Jan. 20), ASVe, CIN, b. S. 163–174. 227, prot., fol. 361v. 544 „mercatorem nunc in fontico“ (1440 Aug. 16), 548 (1440 Aug. 16), ASVe, CIN, b. 74–75, prot. 2, ASVe, CIN, b. 74–75, prot. 2, fol. 194v. fol. 194v; sowie: (1458 Feb. 8) ASVe, CIN, b. 76, 545 Als einer der wenigen Ausländer erwarb er 1422 prot. 11, fol. 142v. Staatsanleihen: (1422 Dez. 18 u. 1422 Jan. 10 m.v. 549 (1423 Mär. 1), ASVe, CIN, b. 228, prot. 2, (fol. 121v = 1423 Jan. 10), in: Simonsfeld, Fondaco, Nr. 329, = o. Fol.). S. 172. 142 · II. Nürnberger in Venedig macht, wobei er dies ausdrücklich in seinem Namen tat.550 Bei der Bevollmächtigung des Stephan Zecce durch Paul Pirckheimer scheint ebenfalls keine konkrete Handels­ gesellschaft im Hintergrund gestanden zu haben: Er erteilte ihm Handlungsgewalt „in [s]einem Namen und im Namen jedweder Gesellschaft, die [er] mit wem auch immer habe oder haben werde“.551 Gewisse Unklarheiten bestehen daneben bei der Procura Heinrich Imhoffs für seinen Verwandten Nascimbaldo Pirckheimer, den Sohn seines Handelspartners Konrad.552 Als er ein halbes Jahr später jedoch seinem Neffen Sebald Pirckheimer eine Procura ausstellte, tat er dies eindeutig als durch Konrad Pirckheimer eingesetzter Vertreter in Venedig und im Namen von dessen Gesellschaft.553 Die Tendenz, Verwandte als Bevollmächtigte in der Lagunenstadt zu beauftragen, wird im Rahmen der Procurae, die für Handelsgesellschaften ausgestellt wurden, noch deutlicher. Oftmals wurden umfassende Vollmachten gar an Mitglieder der engeren Fa- milie verliehen, die teilweise auch selbst Teilhaber der Gesellschaft waren. Die wirtschaft- liche und rechtliche Verantwortung, die die Bevollmächtigten für die Gesellschaft und ihre Geschäfte übertragen bekamen, war vor allem für Unternehmen, die einen ihrer Handelsschwerpunkte in Venedig hatten, sehr groß und erforderte eine moralische und geschäftliche Eignung des Prokurators. Da die generellen Tätigkeiten der Gesellschaften sich jedoch nicht nur auf den Handel mit Venedig beschränkten, sondern große geogra- phische Räume mit unterschiedlichen Absatzmärkten umfassen konnten, mussten die für Venedig Verantwortlichen auch über ihren eigenen Aktionsradius hinaus die Märkte und Situationen kennen und einschätzen können. Der ursprüngliche Prokurator einer Gesellschaft wurde in der Regel in Nürnberg berufen. Um in Venedig agieren zu können, war ab 1448 eine offizielle Bestätigung der deutschen Procura notwendig. In den Schrift- stücken, in denen Nürnberger Vertreter in ihrem Namen weitere Prokuratoren ernann- ten, tauchten entsprechende Bescheinigungen und Verweise auf die in der Reichsstadt ausgestellten, ursprünglichen Verfügungen jedoch bereits zu Beginn des Jahrhunderts auf. In Venedig finden sich entweder Quellen zur Tätigkeit des in Nürnberg Bevollmäch- tigten oder seiner Weitergabe der Procura an Dritte.554 Nur selten wurden Procurae, wie

550 (1413 Feb. 26 m.v. = 1414 Feb. 26), ASVe, CIN, b. 553 (1415 Apr. 18), ASVe, CIN, b. 193, prot. 2, fol. 87r. 193, prot. 2, fol. 34v. Die Procura wurde 1416 und 1417 verlängert: 551 „nomine meo et nomine cuiuslibet me compagnie (1416 Sep. 19), ebd., fol. 156v; (1417 Sep. 15), ebd., quam habeo et haberem cum quacumque perso- prot. 3, fol. 1v. na“ ; (1416 Aug. 20), ASVe, CIN, b. 193, prot. 2, 554 Die Prokuratoren verwiesen dabei schon im frü- fol. 151r. hen 15. Jahrhundert auf ihre Nürnberger Ernen- 552 Zwar verwies Imhoff ausdrücklich darauf, dass es nungsurkunde. Zur Verordnung im Capitular des sich bei der Vollmacht um seine eigenen Waren, Fondaco: (1448 Mär. 7) in: Thomas (Hg.), Capitu- Schuldner und Ähnliches handle. Es gibt jedoch lar, S. 174–175. Beim Verweis auf die in Nürnberg Hinweise auf eine Bevollmächtigung für die ge- ausgestellte Procurae wurden in der Regel der kai- meinsame Gesellschaft: (1414 Sep. 28), ASVe, CIN, serliche Notar, das Datum, der Verweis auf die Pu- b. 193, prot. 2, fol. 59v. Nascimbaldo konnte nicht blikation nach kaiserlichem Recht („carte conplete identifiziert werden. et publicate secundum stillum et consuetudinem 2. Strukturen der Nürnberger Präsenz in Venedig · 143 bei der Bevollmächtigung Wilhelm Schnöds, den sein Onkel Jobst im Namen seiner, seines Bruders Sigmunds und Stefan Kolers Gesellschaft 1414 ernannte,555 direkt von ei- nem Gesellschaftsteilhaber in Venedig ausgestellt. Meist war Teil der Bevollmächtigung, dass der eingesetzte Kaufmann selbst weitere Prokuratoren für die Gesellschaft bestellen durfte.556 Bereits 1406 kann Heinrich Imhoff als Ersatz-Prokurator des Rudolf Gundelfin- ger für die Gesellschaft Konrad Pirckheimer nachgewiesen werden.557 Heinrich Rummel verlieh 1411 als Bevollmächtigter seiner Brüder Wilhelm I. und Hans Rummel dem Sohn Wilhelms, Peter, „volle […] Gewalt“, alle Geschäfte so auszuführen, wie Heinrich es kraft des Nürnberger Mandats aufgetragen worden war.558 Auch Marquard II. Mendel gab 1418 als Prokurator der Gesellschaft Pirckheimer seine Bevollmächtigung an Hermann Reck weiter.559 Meist stammten die Prokuratoren, auch in zweiter Instanz, aus dem engeren Umfeld. Durchaus wurden mehrere verschiedene Familienmitglieder hintereinander berufen, ohne dass Gründe für den Wechsel ersichtlich sind.560 Trotz der Fluktuation sorgte die Berufung von Verwandten für Beständigkeit und Stabilität innerhalb der Ge- sellschaften.

notariorum Imperialium“) und die Anerkennung Jan. 12), ASVe, CIN, b. 228, prot. 1, fol. 184r. Auch der Bevollmächtigung durch den jeweiligen Notar hier wurde auf das Nürnberger Mandat verwiesen. in Venedig genannt: ASVe, CIN, b. 104, prot. 2, 558 „plenam virtutem et potestatem“ (1411 Mär. 12), fol. 18v; vgl. auch: ASVe, CIN, b. 193, prot. 1, ASVe, CIN, b. 193, prot. 1, fol. 42r. Die Ernen- fol. 42r; ASVe, CIN, b. 227, prot., fol. 20r u. 291r; nung erfolgte zum „actor“, die Rechte entsprachen ASVe, CIN, b. 228, prot, 1, fol. 119r u. 184r. Erst jedoch einer generellen Procura. Gerade bei Voll- 1448 kam es zu einer entsprechenden Verordnung machten für größere Gesellschaften konnte es zu durch Venedig. Überschneidungen kommen. 555 Zur Bestellung Wilhelm Schnöds: (1414 Sep. 6), 559 (1418 Mär. 7), ASVe, CIN, b. 104, prot. 2, fol. 18v. ASVe, CIN, b. 193, prot. 2, fol. 57v. Schnöd war Bei der Ernennung Recks zum Ersatz Ervoem de 1408 durch Sigismund selbst zum Prokurator er- Morels als Prokurator der Gesellschaft von Wil- nannt worden: (1408 Sep. 19), ASVe CIN, b. 226, helm I. und Johannes Rummel ein Jahr zuvor ver- prot. 2. fol. 158v. wies Morel nur auf die Vollmacht Recks, alle seine 556 Zu Wilhelm Schnöd: (1414 Sep. 6), ASVe, CIN, b. Aufgaben äquivalent zu übernehmen, ohne diese 193, prot. 2, fol. 57v. Auch Heinrich Imhoff berief zu spezifizieren. Wahrscheinlich handelte es sich sich auf entsprechende Rechte: (1415 Apr. 18), auch hier um eine generelle Procura: (1417 Apr. ASVe, CIN, b. 193, prot. 2, fol. 87r. Vgl. auch: „cum 29), ASVe, CIN, b. 227, prot., fol. 291r. Eine Bestä- libertate sostituendi unum et plures procuratores“ tigung finden sich in: (1418 Nov. 10), ASVe, CIN, (1428 Mai 22), ASVe, CIN, b. 74–75, prot. 1 (3) b. 228, prot. 1, fol. 57r. Später betonte Reck, dass er (fol. 7r = o. Fol.) (Procura des Rainald Detil aus durch Morels Vollmacht für die Rummel tätig sei: Nürnberg für Konrad Ulfilt aus Lauf). (1419 Jun. 13), ASVe, CIN, b. 228, prot. 1, fol. 119r. 557 Zwei Jahre zuvor wurde er noch als erster Prokura- 560 Möglicherweise könnte es sich um Verfehlungen tor für denselben angegeben: (1403 Feb. 20 m.v. = oder Misserfolge handeln. Vielleicht etablier- 1404 Feb. 20), in: Simonsfeld, Fondaco 1, Nr. 288, te man jedoch auch ein Rotationsprinzip, um so S. 137–138, S. 137. Zur späteren Vollmacht: (1406 Fehlverhalten und Schaden für die Gesellschaft zu Nov. 28), ebd., Nr. 293, S. 142–143. Für die spä- vermeiden oder einfach möglichst vielen Familien- tere Gesellschaft Gundelfingers und Pirckheimers mitgliedern die Möglichkeit einer entsprechenden ernannte Johannes Teufel (Terofel) 1419 Sigmund Erfahrung zu geben. Pfinzing zum Prokurator: (1419 Jan. 12 m.v. = 1420 144 · II. Nürnberger in Venedig

2.4.3 Handelsalltag und kaufmännische Strukturen der Nürnberger in Venedig – Resümee

Für viele Nürnberger Kaufleute war der Handelsalltag in Venedig, insbesondere wenn sie im Kontext von Handelsgesellschaften agierten, durch zwei Hauptaufgaben bestimmt. Bei deren Ausübung blieben sie eng und fortwährend mit ihrer Vaterstadt verknüpft. Die kontinuierliche Versorgung der Gesellschaftszentrale und anderweitiger Korrespondenz- partner in Nürnberg mit Informationen über Preis- und Warenentwicklung und politi- sche Neuigkeiten, die Geschäftsabsprachen und -ratschläge sowie die Rechnungslegung für die Gesellschaften im Norden waren ebenso Teil ihres Handelsalltags wie die Abwick- lung von Geschäften. Die Nürnberger in Venedig waren sowohl in den Warenhandel als auch in Bank- und Kreditgeschäfte involviert. Sie erledigten private Besorgungen für sich selbst oder für Bekannte, Freunde und Familienangehörige in der Reichsstadt. Im Mittelpunkt standen jedoch die Geschäfte, die die Kaufleute im Namen ihrer Handels- gesellschaften tätigten. Diese spielten sich in erster Linie am Rialto und im Fondaco ab. Zwar mussten die Geschäfte nicht immer zwangsläufig im Handelshaus abgewickelt werden. Dennoch war es den ganzen Untersuchungszeitraum hindurch wichtige Anlaufstelle und zent- raler geschäftlicher Anknüpfungspunkt. Im Kontext des Fondaco lassen sich auch die Nürnberger Händler in Venedig fassen, die nicht in die größeren Handelsgesellschaften eingebunden waren und in deren Überlieferung auftauchen. Meist jedoch gibt vor allem Letztere Aufschlüsse über den Ablauf von Waren- und Kreditgeschäften, die Probleme und Erfolge des Handels in der Serenissima. Daher müssen aus diesen Quellen Schlüsse auch für die Allgemeinheit gezogen werden. Die Musterdialoge im Sprachlehrbuch des Georg von Nürnberg legen nahe, dass die hier erkennbaren Tendenzen für den Han- delsalltag in der Serenissima allgemein gültig waren. Sie geben darüber hinaus einen Eindruck, wie sich konkrete Verkaufsverhandlungen abgespielt haben könnten. Dabei wurden nicht immer die von der venezianischen Regierung gesetzten Regeln für den Handel der deutschen Kaufleute in der Stadt befolgt. Oftmals zog man erst spät einen Sensal hinzu. Auch wurden die Transaktionen immer wieder außerhalb des Fondaco abgewickelt. Finanziell wurden die Geschäfte nach einer Übereinkunft entweder über das Anschreiben der Beträge bei den Handelspartnern und das Aufnehmen von Schulden oder über Wechsel abgewickelt. Der Erfolg der Handelsgeschäfte hing von unterschiedlichen Faktoren ab. Grundle- gend war das Wissen um die Waren und deren Qualität, um Gewichte und Zahlungsar- ten, um rechtliche Gewohnheiten und Handelsbräuche vor Ort. Dieses Wissen erlangten die Kaufmannslehrlinge während ihrer Ausbildung in Venedig und es wurde in Handbü- chern tradiert. Die Beherrschung der einheimischen Sprache ermöglichte das Taktieren und Verhandeln mit dem venezianischen Handelspartner und half bei der Abwicklung erfolgreicher und gewinnbringender Geschäfte. Darüber hinaus war sie Voraussetzung für den Aufbau eines persönlichen Verhältnisses zum venezianischen Gegenüber. Sie 2. Strukturen der Nürnberger Präsenz in Venedig · 145 konnte nur am entsprechenden Handelsort gelernt werden und war ebenso wie die Wa- ren- und Rechtskenntnisse auf einen konkreten geographischen Raum bezogen. Die Fä- higkeit zur Kommunikation und zum Führen von Geschäftsbüchern und Rechnungen war im Gegensatz dazu umfassend und für die Kaufleute, wie den Sohn Caspar Paum- gartners, der von der Gesellschaft Pömer-Vento aus Lyon übernommen und nach Ve- nedig geschickt wurde,561 auch eine raumübergreifende Qualifikation und Empfehlung. Welche Bedeutung der zwischenmenschliche Aspekt des Austausches und der Aufbau von Beziehungen hatten, vermittelte Christoph I. Scheurl in seinem Regiment an Hiero- nymus Haller.562 Dabei spielten die Reputation des Kaufmanns, aber auch das Vertrauen in das Wohlwollen und die Ehrhaftigkeit des Gegenübers, eine wichtige Rolle. In den konkreten Geschäftsverhandlungen waren ein persönliches Verhältnis und das Wissen um soziale, herkunftsspezifische Gewohnheiten entscheidend. Dass dies mit Stereoty- pen kollidieren konnte, die für einen Geschäftsablauf relativiert werden mussten, zeigt die Diskussion zwischen dem deutschsprachigen und dem venezianischen Händler im ersten Dialog des Sprachlehrbuchs des Georg von Nürnberg um den Abschluss ihrer Verhandlungen. Erst nach einer längeren Beteuerung, dass das Vorurteil gegenüber den ständig trinkenden Deutschen unwahr sei, willigt der Händler aus dem Norden ein, den Abschluss des Geschäfts mit einem Umtrunk zu besiegeln.563 Daneben war der Ruf des Kaufmanns für das Ausmaß der Geschäfte, beispielsweise für die Gewährung von Kre- diten und deren Höhe, ausschlaggebend. Die Verzögerung oder das Ausbleiben einer Rückzahlung konnte die Reputation und das Vertrauen in die Handelspartner bedrohen und wie bei Hermann Reck oder Konrad Kress sogar soweit führen, dass die Auswirkun- gen des Harmonieverlusts für die gesamte Nürnberger Kaufmannschaft schwerwiegende Konsequenzen zu haben drohten. Zwischenmenschliche Aspekte spielten neben fachlichen, technischen und inhaltli- chen Kenntnissen auch innerhalb der Gesellschaften eine erhebliche Rolle. In Anbetracht der Entwicklung der Handelshäuser zu großen, an vielen Orten operierenden Unterneh- men waren die persönliche Nähe zu den für die Gesellschaft an den jeweiligen Handels- plätzen tätigen Personen und das Vertrauen in ihr Können wie ihre charakterliche Eig- nung von großer Bedeutung. Daneben mussten sie die Handelsorte und ihre spezifischen wirtschaftlichen und rechtlichen Gegebenheiten gut kennen oder die Fähigkeit besitzen, sich diese Kenntnisse schnell anzueignen. Waren zu Beginn des Untersuchungszeitraums noch hauptsächlich Prokuratoren, die als direkte rechtliche und geschäftliche Vertreter der Gesellschafter fungierten, für die Geschäfte an den fremden Handelsorten einge- setzt worden, wurde mit der zunehmenden Etablierung fester Niederlassungen auch im

561 H. Pömer aus Regensburg an L. Tucher (1533 562 „wann ein freundschafft sucht die annder.“ Archiv Sep. 29) u. (1533 Okt. 12), StadtAN, E 20/IV, Scheurl, Cod. AB, fol. 333r. Nr. 1388–1389. 563 Georg v. Nürnberg, Sprachlehrbuch, fol. 88r, Z. 31 – fol. 88v, Z. 10, S. 243. 146 · II. Nürnberger in Venedig

Nürnberger Umfeld die in ihrer Definition allgemeinere Position des Faktors häufiger. Er erfüllte neben den Leitern und Teilhabern eine eigene, gesonderte Funktion in der Han- delsgesellschaft. Ob auch die vielen Familienmitglieder und Gesellschaftsteilhaber, die das Venedig-Geschäft meist abwickelten, im Einzelnen offiziell als Faktoren verpflichtet wurden, lässt sich aufgrund der Überlieferungssituation nicht klären. Um Familienangehörige und Verwandte mit dem Venedig-Geschäft zu betrauen, wa- ren wohl die gute Kenntnis der Personen und das Vertrauen auf eine familienspezifische Loyalität und ein Verantwortungsbewusstsein gegenüber dem Unternehmen ausschlag- gebend. Entscheidend war jedoch die Tatsache, dass auf diese Weise die Geschäfte in der Familie blieben und die gesellschaftliche Tradition, die auch für die Position des jewei- ligen Handelshauses in Venedig und innerhalb der dortigen deutschsprachigen Kauf- mannschaft relevant war, aufrechterhalten wurde. So konnten bestimmte Geschlechter aus der fränkischen Reichsstadt eine Vormachtstellung unter den Nürnberger Kaufleuten in Venedig erlangen, die sich auch in ihrer Position im Fondaco, der Vernetzung mit den bedeutenden venezianischen Handelsgesellschaften und dem Interesse der Regierung an diesen Familien zeigte. Dass es hier im Laufe des Untersuchungszeitraums zu einem Wandel kam und die um 1400 führenden Familien der Kress, Mendel, Paumgartner und Pirckheimer durch die Hirschvogel und vor allem die Imhoff abgelöst wurden, stand im Zusammenhang mit inner-nürnbergischen Entwicklungen. Diese konnten, wie die Pleiten Hermann Recks und Konrad Kress’ zeigen, über die generellen Verschiebungen hinaus gleichzeitig auch ganz konkrete Einflüsse auf die Wirtschaftsbeziehungen zwi- schen beiden Städten haben.

2.5 Strukturen der Nürnberger Präsenz in Venedig – Resümee

Ein beachtlicher Teil der Nürnberger kam bereits zu einem frühen Lebenszeitpunkt zur Ausbildung nach Italien und im Speziellen nach Venedig und in sein Herrschaftsterri- torium. Handwerker und Künstler erlernten hier wohl bereits im 15. Jahrhundert ihr Gewerbe. Während Migranten aus Franken wahrscheinlich häufig innerhalb der entspre- chenden venezianischen Gewerbestrukturen ausgebildet und in das dortige Handwerk eingegliedert wurden, blieben die Gewerbetreibenden, die sich nur zeitweise in der Stadt aufhielten, oftmals eng an den Fondaco und seine Nürnberger Kommunität angebunden. Sie hatten ihr Handwerk bereits im Norden erlernt. Ihr Interesse in Venedig lag meist im Bereich der Aneignung spezifischer italienischer oder venezianischer Techniken, die sich in der Regel auf die Produktion von Luxusgütern spezialisierten. Aufgrund des ho- hen ökonomischen Werts, den die Kenntnis um die Herstellungsweisen hatte, konnte die Wissensakquisition in der Lagunenstadt mit Schwierigkeiten verbunden sein, die durch die wirtschaftliche Konkurrenzangst der Venezianer bedingt waren. Dieser ökonomische Wert und die Exklusivität des Wissens machten die erworbenen Kenntnisse im Norden zu einem lukrativen Alleinstellungsmerkmal unter den Handwerkern, das man daher 2. Strukturen der Nürnberger Präsenz in Venedig · 147 auch versuchte, auf einen engen Kreis begrenzt zu halten. Hauptsächlich wurde es inner- halb der eigenen Familie tradiert, um dieser die daraus entstehende Stellung innerhalb des heimischen Handwerks zu sichern. Für die Söhne der Nürnberger Oberschicht, allen voran der Patrizierfamilien, be- deutete Italien eine doppelte Bildungserfahrung. Zahlreiche junge Franken zog es an die norditalienischen Universitäten, vor allem Pavia und die venezianische „Staatsuniver- sität“ Padua, wo viele auch in den Kontakt mit den Ideen der studia humanitatis ka- men.564 In einigen Fällen lassen sich direkte Anbindungen der Paduaner Studenten an die Lagunenstadt, die dortigen Nürnberger Netzwerke und den Fondaco nachweisen. Die jungen Kaufmannslehrlinge waren hingegen sehr stark in die deutschsprachigen sowie in die spezifisch Nürnberger Strukturen in Venedig und dem Handelshaus eingebunden. Die Stadt war für den Großteil der Nürnberger Händler im ganzen 15. Jahrhundert der wichtigste Ausbildungsort. Es entwickelten sich generationenübergreifende, langfristige Familientraditionen der Lehre in der Serenissima. Mit der zunehmenden Bedeutung an- derer Handelsplätze dehnte sich zwar auch der geographische Radius der Ausbildung aus. Immer häufiger wurden junge Kaufleute bereits zu Beginn ihrer Lehre in andere Städte geschickt. Venedig war jedoch auch im frühen 16. Jahrhundert weiterhin der wichtigste Ausbildungsplatz. Die Art und Weise, wie man „es zw Venedig“ halte,565 blieb an anderen Orten der Maßstab der Kaufmannslehre. Auch die Nürnberger, die ihre Auslandslehre zu Beginn oder in der Hauptsache in Frankreich oder den Niederlanden absolviert hatten, wurden häufig im Anschluss nach Venedig geschickt, um sich dort ebenfalls Kenntnis- se anzueignen.566 Meist begannen die Nürnberger Kaufleute, wie Endres I. Imhoff, ihre Ausbildung jedoch in der Serenissima, um dort während einer mehrere Jahre dauern- den Lehre die wichtigsten technischen und inhaltlichen Aspekte des Kaufmannshandels zu erlernen, bevor sie sich im Zuge einer Wanderschaft zu weiteren Handelsplätzen die dortigen Kenntnisse aneigneten.567 Die zu erlernenden Inhalte erforderten eine direkte Anschauung der Geschäfte an den jeweils relevanten Plätzen. Neben der Ansammlung von Wissen musste auch dessen Anwendung und Systematisierung erlernt werden. Seine Verbreitung und Tradierung ließ die Handelsfamilie auch über den einzelnen Kaufmann und seine Geschäfte hinaus von dessen Kenntnissen profitieren. Die Kaufmannslehrlinge waren durch den eingehenden persönlichen Austausch mit ihren Patronen in Nürnberg und in Venedig meist intensiv in einen familiären Kontext eingebunden. Oftmals wurden die jungen Kaufleute bereits von Familienangehörigen, die Geschäfte in der Stadt tätigten, nach Venedig begleitet. In der Regel befanden sie sich

564 Vgl. hierzu: Bauer, Universität Padua. 567 GNM, IA Teil 1, Fasc. 44, Nr. 1, fol. 37v–40r. Vgl. 565 M. Behaim aus Nürnberg an W. Behaim in Lissa- z. B. auch: Martin Tucher (BAV, Ross. 546, fol. 99v) bon (1507 Jan. 30), StadtAN, E 11/II-585. oder Hieronymus Reich (StadtAN, E 29/IV-557; 566 Vgl. Stefan Paumgartner, der erst in Lyon ausge- GNM, IA Teil 1, Fasc. 44, Nr. 1, fol. 40r). bildet wurde: S. Paumgartner aus Lyon an Fried- rich VII. Behaim (1527), GNM, BA, Nr. 64. 148 · II. Nürnberger in Venedig mit mehreren Verwandten in der Stadt. Über das deutsche Handelshaus am Rialto waren selbst Lehrlinge, die außerhalb des Fondaco, beispielsweise bei Geschäftspartnern, lebten, eng in die deutsche und Nürnberger Kaufmannsgemeinschaft in der Stadt integriert. Je nach Bedeutung der Handelsfamilie, nach Ausmaß ihrer Geschäftstradition und ihren Verbindungen in der Stadt, kamen sie bereits zu diesem frühen Zeitpunkt auch in Kon- takt zu Venezianern, absolvierten teilweise gar ihre Ausbildung bei einem venezianischen Handelspartner der Familie. Auch bei ihren alltäglichen Geschäften blieben gerade die Kaufleute, die aus wich- tigen Nürnberger Handelsfamilien stammten, mit der Vaterstadt verknüpft. Die Be- sorgungen für Freunde und der Handel für ihre jeweiligen Gesellschaften setzten sie kontinuierlich in Bezug zur fränkischen Reichsstadt. Vor allem aber die rege Kommu- nikation mit Bekannten und Verwandten in Nürnberg band sie in den direkten Aus- tausch zwischen beiden Städten ein. In der Serenissima waren sie über ihre Tätigkeit und über den Fondaco eng in der deutschsprachigen und Nürnberger Kaufmannschaft verankert. Sie agierten für Personen gleicher Herkunft als Vertreter in Rechts- und Handelsangelegenheiten und tätigten mit ihnen Finanzgeschäfte. Diese stellten neben dem Warenhandel die Hauptaktivität der Nürnberger Kaufleute in der Stadt dar, auch wenn sie selbst im 16. Jahrhundert nie das gleiche Ausmaß annehmen sollten wie die Geldgeschäfte ihrer Augsburger Kollegen. In beiden Bereichen waren nicht nur techni- sche und sprachliche Kenntnisse notwendig, sondern auch das Wissen um die Platzge- bräuche und rechtlichen Gewohnheiten vor Ort, die sich die Kaufleute während ihrer Ausbildung angeeignet hatten. Die Fähigkeit zur Herstellung und Aufrechterhaltung von Kontakten und Beziehungen zu deutschen, vor allem aber auch venezianischen Handelspartnern war maßgeblicher Faktor für erfolgreiche Geschäfte und die Siche- rung wirtschaftlicher Vorteile vor Ort. Dazu mussten die Kaufleute die Sprache beherr- schen und vor allem einem gewissen Kanon von kaufmännischen Normen und Werten folgen, der nicht nur die Unterhaltung von Beziehungen förderte, sondern ihnen auch einen guten Ruf innerhalb der Kaufmannschaft und das Vertrauen der Handelspart- ner sicherte. Konnten sie den Ansprüchen nicht genügen, indem sie beispielsweise wie Hermann Reck ihre Schulden nicht zurückzahlen konnten, belastete dies nicht nur ihre eigenen Geschäfte, sondern gefährdete auch den Ruf ihrer Mitbürger in der Stadt und deren Handel. Maßgeblicher Bezugsrahmen für die Ausbildung und die Tätigkeit der Kaufleute war der Fondaco dei Tedeschi. Hier mussten sie entsprechend den Vorschriften der venezi- anischen Regierung offiziell ihre Geschäfte abwickeln und während ihres Venedig-Auf- enthalts leben. Die Serenissima versuchte durch diese Zusammenfassung der deutsch- sprachigen Kaufleute und ihres Handels, dessen Gewinne zu kontrollieren und an ihnen teilzuhaben. Gleichzeitig führte dieses wirtschaftliche Interesse dazu, dass man sich be- mühte, die Händler durch besondere Privilegien zu binden, und ihnen auch bezüglich der verschiedenen Einschränkungen zunehmend entgegenkam. So war der Fondaco trotz der hier greifenden staatlichen Kontrolle aufgrund der erleichterten Erschließung 2. Strukturen der Nürnberger Präsenz in Venedig · 149 des venezianischen Markts568 und der hier gewährleisteten Qualitätssicherheit für die Kaufleute eher „Vor- denn Nachteil“569. Das Verhältnis der venezianischen Regierung zu den deutschen Händlern war durch das ständige Austarieren von Wohlwollen und Kontrolle geprägt. Dies und das große Interesse an dem Handel der wirtschaftlich be- sonders bedeutenden oberdeutschen Kaufmannsfamilien, die den Fondaco zunehmend als Ort ihrer festen Niederlassungen nutzten, führten im Lauf der Zeit zu einer kon- tinuierlichen Lockerung des Wohnzwangs. Aufgrund des Platzmangels, der durch die dauerhafte Vergabe der Kammern an die großen Gesellschaften entstand, lebten immer mehr kleinere Händler, besonders ab dem ausgehenden 15. Jahrhundert, außerhalb des Fondaco. Doch auch persönliche Motive konnten Grund dafür sein, sich zu entscheiden, in der Stadt selbst zu wohnen. Wie bei Sinibaldo Rizzo, Zacharias Stahl oder Burckhard de Burckhardi deutlich, blieben auch diese Personen dem Fondaco aufgrund der dortigen Privilegien und der sich am Handelshaus konstituierenden geschäftlichen und sozialen Kontakte verbunden. Auch für große Teile der sonstigen Nürnberger in der Stadt stellte der Fondaco einen wichtigen Bezugspunkt dar. Die Ballenbinder und Träger waren hier angestellt. Über Kontakte zu diesen standen weitere Berufsgruppen in Verbindung zum Handelshaus. Viele Handwerker siedelten sich darüber hinaus in seinem geographischen Umkreis an, was eine gewisse Ausrichtung auf diesen räumlichen und institutionellen Konzentrationspunkt570 der Deutschen in der Stadt impliziert. Die Kaufmannschaft im Fondaco wurde im Laufe des 15. Jahrhunderts zunehmend durch die oberdeutschen Handelsgeschlechter dominiert, die den wichtigsten Teil der Kammern im Handelshaus dauerhaft innehatten und auch von der venezianischen Re- gierung als maßgebliche deutsche Bezugspartner wahrgenommen wurden.571 Zwar kam es zwischen den Händlern aus Nürnberg und Augsburg wiederholt zu Konflikten. Diese waren jedoch nicht grundlegend, sondern situationsgebunden. Der Zusammenhalt und die Solidarität unter den Oberdeutschen waren trotz gewisser regionaler Unterschiede und Abgrenzungstendenzen sowie einer wirtschaftlichen Konkurrenz zwischen den ein- zelnen Handelshäusern weit stärker. Sowohl die Konflikte mit den Kaufleuten aus Nieder- deutschland als auch die Tendenz, kaufmännisches Wissen innerhalb der oberdeutschen Hochfinanz zu monopolisieren, offenbaren deutliche Abgrenzungstendenzen gegenüber den anderen Händlern. Nichtsdestoweniger zeigten gerade die Nürnberger eine gewisse Flexibilität im Handelshaus. Trotz ihrer starken Einbindung in die oberdeutsche Gemein-

568 Simonsfeld, Fondaco 1, S. 5. ger zeigt, wie sehr sich auch Personen, die nicht 569 Roeck, Venezia e la Germania, S. 45. Kaufleute waren, selbst wenn sie deutlich entfernt 570 Der Behauptung Orlandos, der Fondaco sei kein vom Fondaco lebten, am Handelshaus und dessen Konzentrationspunkt gewesen, da sich in der Pfar- Umgebung orientierten. Orlando, Migrazoni me- rei von San Bartolomeo zahlreiche andere Zentren diterranee, S. 174. ergeben hätten, ist ausdrücklich zu widersprechen: 571 Vgl. hier z. B. die Briefe Loredans 1507 u. 1509: Die unterschiedlichen Orte in der Pfarrei, an de- (1507 Dez. 17 u. 1508 Feb. 10 m.v. = 1509 Feb. 10), nen sich Deutsche sammelten standen in enger in: Simonsfeld, Fondaco 1, Nr. 652, S. 358–359 u. Interdependenz, und das Beispiel der Nürnber- Nr. 670, S. 377. 150 · II. Nürnberger in Venedig schaft traten sie auch als Mittler zwischen den unterschiedlichen Regionen auf. So hatten sie wohl den Vorsitz der niederdeutschen Tafel inne. Ihre repräsentative Nennung für die deutschsprachige Kaufmannschaft durch die Signoria und die in der Anfangszeit häufige Wahl von Kaufleuten aus der fränkischen Reichsstadt zu Konsuln des Handelshauses weisen ebenfalls in diese Richtung. Die Nürnberger nahmen im Fondaco genauso wie in der generellen deutschen Handelstätigkeit in der Stadt eine herausgehobene Stellung ein. Die um 1500 besonders häufige Wahl von Mitgliedern der Familie Imhoff in das oberste Amt der kaufmännischen Selbstverwaltung im Fondaco zeigt die Bedeutung, die gerade diesem Geschlecht im fränkisch-venezianischen Wirtschaftsaustausch zukam. Generell lassen sich sowohl anhand der Geschäftstätigkeit als auch aufgrund ihrer Po- sition im Handelshaus, die sich besonders in der dauerhaften Zuerkennung von Kam- mern zeigte, bestimmte Geschlechter ausmachen, die unter den Nürnberger Kaufleuten eine besondere Stellung einnahmen. Diese Familien entwickelten ab dem ausgehenden 14. Jahrhundert einen kontinuierlichen, generationenübergreifenden Handel, der mit ei- ner familiären Ausbildungstradition in der Stadt und langfristigen Aufenthalten sowie einer oftmals gleichzeitigen Anwesenheit mehrerer Familienmitglieder einherging. Auch etablierten sie in vielen Fällen enge Kontakte zu venezianischen Kaufmannsgeschlech- tern. Auf solche Weise verliehen gerade diese Familien den Beziehungen eine ausgespro- chene Kontinuität und Stabilität. Neben diesen Tendenzen der Beständigkeit, die den wirtschaftlichen Erfolg maßgeb- lich beeinflussten und den Beziehungen Tiefe gaben, zeichneten sich im Laufe der Zeit grundlegende Verschiebungen ab. Gerade am Fondaco zeigte sich dies besonders deut- lich. Der dauerhaften Anbindung der Kaufleute, die durch die Gewährung von Vorteilen und Privilegien gefördert wurde, stand eine zunehmende Liberalisierung des Residenz- zwangs gegenüber. Das immer größere Bewusstsein der Venezianer von der ökonomi- schen Bedeutung der Oberdeutschen572 und die wachsende Konkurrenz durch andere Handelsplätze wie Lyon und Antwerpen stärkte die Position der Nürnberger und Augs- burger als wichtigste Gruppe im Fondaco und in der deutschen Kaufmannschaft und machten sie gleichzeitig zu wichtigen Akteuren im venezianischen Wirtschaftsgefüge.

572 Zumindest werden die Quellen immer häufiger, die in diese Richtung deuten, u. a. die Aussage Priulis: (1501 Jul.), Priuli, Diarii 2, S. 156. Vgl. Kap. IV.2. 3. Verflechtung, Integration und Identität der Nürnberger in Venedig · 151

3. Verflechtung, Integration und Identität der Nürnberger in Venedig

3.1 Verflechtungen und Integration im venezianischen Kontext

3.1.1 Verbindungen zwischen Nürnbergern in Venedig

Als Endres I. Imhoff 1504 gemeinsam mit seinem Onkel Ludwig Imhoff nach Venedig kam, um dort bei dem Geschäftspartner der Familie, Girolamo de Piero, in die Lehre zu gehen und wohl für seinen Onkel Hieronymus Handel zu betreiben,573 wurde er au- genblicklich in das intensive geschäftliche und soziale Beziehungsgeflecht eingebunden, in dem sich die Mitglieder der größeren Nürnberger Handelsgesellschaften in Venedig bewegten. Bereits die jungen Kaufleute wurden während ihrer Lehrzeit in diese unterschiedli- chen sozialen Verflechtungen integriert. Thomas Reich stand neben seinen Verbindun- gen zu anderen Nürnbergern und zu seinem Ausbilder Burckhard de Burckhardi auch mit Augsburger Lehrlingen in Kontakt. Gleichzeitig belegen die Briefe an seinen Oheim Linhart Tucher eine intensive personale Rückbindung an die Vaterstadt. Sie beschränkte sich nicht nur auf die rege Korrespondenz, sondern offenbarte sich auch im Engagement seiner Nürnberger Vormünder, allen voran Endres I. Imhoffs, bei seinem Konflikt mit Burckhard de Burckhardi.574 Für ihre Familien bedeuteten die unterschiedlichen Bezie- hungsgeflechte, in denen die jungen Kaufleute agierten, außerdem geschäftliche Vorteile. Die Ausbildungsvereinbarungen zwischen zwei Handelspartnern waren Ausdruck der Verbundenheit und sollten diese gleichzeitig stärken. Sie konnten in Konfliktfällen, wie bei Reich, die Beziehungen jedoch auch belasten. Ihre Integration in soziale und institutionelle Verflechtungen war für alle Nürnberger in Venedig ein maßgeblicher und bestimmender Faktor ihrer Tätigkeit, ihres Lebens und ihres Alltags. Die losen Kontakte, längerfristigen und engeren Beziehungen und die ei- nen größeren Personenkreis umfassenden Netzwerke innerhalb der eigenen Landsmann- schaft, der tedeschi, oder mit Venezianern sowie die Integration in die unterschiedlichen sich hier bildenden ausländischen und venezianischen Gemeinschaften zeigen sich auf verschiedenen Ebenen. Aufgrund der Quellenlage575 können in erster Linie Einzelkon- takte erfasst werden. Diese lassen jedoch im Kontext spezifischer Handelsgeschlechter

573 Von diesem wurde er nach Castelmaggiore zum 575 Bereits Reinhard verwies darauf, dass eine Rekon- Erlernen des Safranhandels geschickt, bevor er struktion und Analyse von Netzwerken gerade im Januar 1509 „wieder zu Ieronimo Im hoff gen im historischen Kontext wegen des „fragmen­ Venedig“ kam: GNM, IA Teil 1, Fasc. 44, Nr. 1, tarische[n] Datenmaterials“ nur bedingt möglich fol. 37v. Hieronymus war Teilhaber der Gesell- sei: Wolfgang Reinhard, Freunde und Kreaturen. schaft Peters I.: Jahnel, Imhoff, S. 133. Historische Anthropologie von Patronage-Klien- 574 StadtAN, E 29/IV, Nr. 1437–1444. tel-Beziehungen, in: Freiburger Universitätsblätter 37 (1998), S. 127–141, S. 130. 152 · II. Nürnberger in Venedig auch Rückschlüsse auf deren familiäre und gesellschaftliche Verbindungen zu. Rechtlich fassbare Beziehungen wie Bürgschaften, Vormundschaften und Einsetzungen als Tes- tamentsvollstrecker oder juristische sowie geschäftliche Bevollmächtigte sind hierfür wichtige Indikatoren.576 Die meisten Informationen stammen aus dem kaufmännischen Kontext. Bei den Kaufleuten liefen viele der in Venedig zum Tragen kommenden Kon- takte und Beziehungen über den Handel und im geschäftlichen Bezugsrahmen ab. Unter Landsleuten577 hatten sie ihren Ursprung oftmals bereits in Nürnberg, wurden in Venedig weitergeführt und manchmal den dortigen Umständen angepasst. Bereits bestehende private Kontakte wurden in der Serenissima für Geschäfte genutzt. Manchmal entwickel- ten sich die Verbindungen jedoch auch erst in der Lagunenstadt selbst. Die Familie stellte den wichtigsten Anknüpfungspunkt dar. Die Beziehungen hatten zwar ihren Ursprung in der Vaterstadt, konnten aber entsprechend den Tätigkeiten und der Verantwortlichkeit der einzelnen Familienmitglieder in Venedig modifiziert werden. Neben der Kernfamilie wurden auch angeheiratete Verwandte in das Geschäftsnetzwerk der Familie integriert. So setzte Heinrich Rummel 1410 als venezianischer Bevollmäch- tigter der Gesellschaft seiner Brüder Johannes’ und Wilhelms I. den Sohn des Letzteren, Peter, als seinen Stellvertreter in Venedig ein. Einige Jahre zuvor hatte Wilhelm I. bereits seinen Schwager Andreas Haller mit einer entsprechenden Vollmacht ausgestattet.578 Auch die gleichzeitige Anwesenheit von Familien- und Gesellschaftsmitgliedern, wie sie besonders deutlich bei den Imhoff nachzuvollziehen ist, verweist auf ein gemeinsames geschäftliches Agieren. In den Abrechnungen des Nachlasses Konrads III. Imhoff zeigen die vielen Ausgaben, die Peter, Hieronymus und Ludwig Imhoff für ihren Vetter Wolf während dessen Ausbildung in Venedig tätigten, die Bedeutung der familiären Anbin- dung im Hinblick auf die finanzielle Unterstützung vor Ort. Die Aufzeichnungen des Endres I. Imhoff offenbaren die Funktion von Verwandten als Patrone, Anlaufpunkte und Vertraute während der Tätigkeit in Venedig.579 Daneben wurden sie bei Abwesen- heit als besonders verlässliche Bewahrer der eigenen Halbseligkeiten eingesetzt.580 Einige Familien agierten darüber hinaus auch in Venedig auf institutioneller und sozialer Ebene als Einheit, wie die gleichzeitige Amtstätigkeit mehrerer ihrer Mitglieder, zum Beispiel bei den Imhoff, Hirschvogel oder Tucher, am Sebaldaltar verdeutlicht.581 Geschäftliche Kontakte konnten auf Verbindungen unterschiedlicher Intensität hin- weisen. Bei den vielen Schuldforderungen von Nürnbergern gegenüber anderen Per- sonen aus der Reichsstadt lässt sich meist nicht eindeutig feststellen, inwieweit diese

576 Häberlein, Oberitalienische und oberdeutsche 579 GNM, IA Teil 1, Fasc. 44, Nr. 1, fol. 37v. Vgl. auch: Städte, S. 210; Hollberg, Deutsche in Venedig, GNM, IA Teil 1, Fasc. 7, Nr. 7, fol. 26b u. 28b. S. 201. 580 T. Reich aus Venedig an L. Tucher (1529 Feb. 6 m.v. 577 Zum Begriff „Landsleute“: Kap. I.2, Anm. 23. = 1530 Feb. 6), StadtAN, E 29/IV-1437. 578 Zu Rummel: (1411 Mär. 12), ASVe, CIN, b. 193, 581 Vgl. hierzu Kap. II.3.2.2 prot. 1, fol. 42r. Zu Haller: (1406 Apr. 6), ASVe, CIN, b. 226, prot. 2, fol. 11v. Vgl. Kap. II.2.4.2. 3. Verflechtung, Integration und Identität der Nürnberger in Venedig · 153

Geldverbindungen auf einen tatsächlichen Kontakt in Venedig hinweisen.582 Lediglich in Fällen wie dem des Endres Ketzel und seiner Schulden bei Michael IV. Behaim, die durch dessen Schwager Lienhard I. Hirschvogel eingefordert wurden, lässt sich auf di- rekte Kontakte zwischen Nürnbergern in Venedig, zumindest zwischen Schuldnern und Geldeintreibern, schließen.583 Darüber, wie eng diese gewesen sein mögen, gibt der bloße Akt allerdings genauso wenige Auskünfte wie die Hinweise auf die Abwicklung inner- Nürnberger Geschäfte in der Lagunenstadt. Ausnahmen bildeten Situationen, in denen sich entsprechende Tätigkeiten auf verwandtschaftlicher Ebene abspielten, wie bei Stefan Behaim, der in Venedig bei Lienhard II. Hirschvogel für seinen Bruder Michael IV. Be- haim Zahlungen leistete.584 Auf einen engeren Kontakt lassen hingegen die Bürgschaften schließen, die Nürn- berger für ihre Landsleute übernahmen. Ebenso spielten für die Wahl eines Prokurators neben dessen guter Kenntnis der venezianischen Rechtsverhältnisse auch herkunftsspe- zifische Aspekte wie die gemeinsame Sprache und der gleiche kulturelle Hintergrund eine Rolle. Wohl aus diesen Gründen ernannte Hermann Richt den Magister Georg aus Nürnberg 1415 zu seinem rechtlichen Bevollmächtigten.585 Gerade bei den Vollmachten, die Personen aus der fränkischen Reichsstadt als Vertreter von Nürnberger Firmen an Landsleute ausstellten, muss zumindest eine gute Bekanntschaft, wenn nicht gar eine en- gere Beziehung zu den beteiligten Personen, angenommen werden. Der bereits in Nürn- berg eingesetzte und in Venedig agierende Prokurator war verantwortlich für die richtige Wahl seines Vertreters. Vertrauen in den Betroffenen und der Glaube an seine Eignung waren hierbei grundlegend. Häufig fanden sich daher unter den Bevollmächtigten Ver- wandte des aktuellen Prokurators oder Mitglieder der Handelsfamilie, die sich zumin- dest zeitweise gleichzeitig mit diesem in der Stadt aufhielten.586 Wie bei der Ernennung Wilhelm Mendels und Franz Pirckheimers zu Bevollmächtigten für Lorenz Pirckheimer

582 Besonders spektakulär scheint die Flucht des Sey- nicht eindeutig sagen, ob die entsprechenden Per- fried Schmelzing gewesen zu sein, der 1432 vor sonen tatsächlich in Venedig anwesend waren. Ein seinen Nürnberger Gläubigern nach Venedig floh: besonders umfassendes Beispiel inner-Nürnberger (1432 Mai 26) u. (1432 Jun.16), in: Simonsfeld, Transaktionen sind die Geschäfte der Gesellschaft Fondaco 1, Nr. 388–389, S. 212–213. Zu Venedig Hans V. Imhoffs mit Jacob Granetl, Gabriel Muffel, als Finanzumschlagplatz der Nürnberger: Vgl. Gabriel Nützel, Sebald Schreyer und Martin Tu- auch Kap. III.2.1. Zur Bedeutung von Krediten cher 1481–1499: GNM, IA Teil 1, Fasc. 19, Nr. 1. und Vertrauen bzw. Reputation: Burckhard, Ber- 585 (1415 Feb. 15 m.v. = 1416 Feb. 15), ASVe, CIN, b. genhandel, S. 205. 227, prot., fol 213r. Zur „Solidarität unter Zuwan- 583 GNM, BA, Nr. 5. Vgl. hierzu auch: Stromer, Gru- derern“: Israel, Fremde, S. 113; Orlando, Migrazio- ber-Podmer-Stromer, Nr. 41, S. 116. ni mediterranee, S. 21. 584 GNM, BA, Nr. 13, (fol. 8v u. 9r = o. Fol.). Lin- 586 Heinrich Imhoff bezeichnete z. B. Nascimboldo hard II. und Michael IV. Behaim waren Vettern Pirckheimer als „consanguino meo“ ([1414 Sep. zweiten Grades: vgl. Biedermann, Geschlechts- 28], ASVe, CIN, b. 193, prot. 2, fol. 59v) und spä- register, T. 5; Fleischmann, Rat und Patriziat 2.2, ter Sebald Pirckheimer als „nepoti meo“: (1415 Stammtafel Behaim. Anhand der diese Geschäfte Apr. 18), ASVe, CIN, b. 193, prot. 2, fol. 87r. aufführenden Rechnungsbücher lässt sich oftmals 154 · II. Nürnberger in Venedig konnten die Procurae auch dazu dienen, Beziehungen zwischen den wichtigen in Vene- dig agierenden Handelsfamilien zu schaffen oder zu festigen.587 Im Bereich der bedeutenden Nürnberger Venedig-Familien sind die Kontakte unter Nürnbergern in der Lagunenstadt besonders gut nachvollziehbar. In der Regel handelte es sich dabei um die Verbindungen, die einzelne Mitglieder dieser Geschlechter dort pflegten. Diese konnten sich privat auf die jeweiligen Einzelpersonen beziehen oder im größeren, geschäftlichen Rahmen der Gesellschaft unterhalten werden. Für die Zeit um 1400 ergeben sich vor allem im Umkreis der Familie Kress Einblicke in die Ver- netzungen innerhalb der Nürnberger Kaufmannschaft in Venedig. Die Geschäftsbü- cher und Rechnungsbriefe offenbaren die vielfältigen Handelskontakte der Familie zu anderen Nürnbergern. Neben Lorenz Groland, Hermann Ottnant, Seiz Österreicher, Ulrich Granetl, Philipp Groß und den Füchsel handelten die Kress mit den Pirckheimer und Rummel und standen damit auch mit anderen bedeutenden Venedig-Familien ih- rer Zeit in geschäftlichen Verbindungen.588 Die Kress fanden sich mit der Gesellschaft von Wilhelm I. und Hans Rummel, dem im Handel mit der Serenissima immer wieder fassbaren Seiz Österreicher589 und den Kaufleuten der Familie Granetl gemeinsam in den Handelsbüchern ihrer venezianischen Geschäftspartner.590 Besonders eng war die Familie mit Konrad VI. Paumgartner verknüpft, der mit Friedrich I. Kress᾽ Tochter Anna verheiratet war und der mit Kress eine Gesellschaft mit einer eigenen Kammer im Fondaco unterhielt.591 Wie bei den Kress zeigte sich bei den Rummel, Pirckheimer und Mendel um 1400, dass die wichtigen Nürnberger Venedig-Familien der Zeit in der Lagunenstadt mit ih- ren Landsleuten intensiv verbunden waren. Mit ihrem langjährigen Venedig-Bevoll- mächtigten Hermann Reck592 trat auch bei den Rummel ein Mitglied der in Venedig als Verantwortliche für Nürnberger Handelshäuser sehr aktiven Familie593 auf. Besonders Wilhelm I. Rummel, der über zwanzig Jahre und bis zwei Jahre vor seinem Tod 1425 kon-

587 (1413 Feb. 26 m.v. = 1414 Feb. 26), ASVe, CIN, b. S. 212–213; sowie: GNM, BA, Nr. 5. Vgl. auch: Si- 193, prot. 2, fol. 34v. monsfeld, Fondaco 2, S. 77. 588 Braunstein, Relations d’affaires. Eine Auflistung 592 U.a.: ASVe, CIN, b. 228, prot. 1, fol. 57r u. 119r; der Handelspartner und deren sonstigen Verbin- sowie: prot. 2, (fol. 36v–37r = o. Fol.). Vgl. auch: dungen nach Venedig: ebd., S. 243–253. Schaper, Rummel, S. 38–43. 589 Simonsfeld, Fondaco 2, S. 76. Braunstein gibt als 593 Sein Bruder Konrad Reck wurde in den 1420er Jah- Datum versehentlich 1482 an: Braunstein, Rela- ren von den Kress als Faktor verpflichtet: „Liopoll- tions d’affaires, S. 240–250, S. 250. do Chres da Norinbergo […] dal suo fator Cho- 590 U. a. Soranzo: ASVe, Misc. Gregolin, b. 14. Vgl. rado Rech“ (1422 Mär.), ASVe, Misc. Gregolin, b. Sieveking, Venetianische Handlungsbüchern 2, 14, LNR, fol. 97a; sowie in einer dogalen Urkun- S. 219. de über die Rechtmäßigkeit der Geschäfte: (1424 591 Braunstein, Relations d’affaires, S. 231–232; Apr. 4), GNM, KA, Sch. XXVIII, Fasc. A, Nr. 36. Fleischmann,­ Rat und Patriziat, 2.1, S. 648. Kon- Vgl. auch: Georg Kress v. Kressenstein, Beiträge rad Paumgartner war später wiederum Gläubiger zur Nürnberger Handelsgeschichte aus den Jah- von Seiz Schmelzung (1432) und Michael III. Be- ren 1370–1430, in: MVGN 2 (1880), S. 187–194, haim (1443): Simonsfeld, Fondaco 1, Nr. 388–389, S. 190; Barthels, Drogenhandel, S. 87. 3. Verflechtung, Integration und Identität der Nürnberger in Venedig · 155 tinuierlich im Handel mit der Serenissima nachzuweisen ist und mit der Stadt offenbar so verbunden war, dass er venezianische Staatsanleihen besaß,594 unterhielt vielfältige Kon- takte zu anderen Nürnbergern in der Stadt. Wie bei der Verbindung zu seinem Schwager Andreas Haller595 waren verwandtschaftliche Beziehungen in der Regel die Grundlage für diese landsmannschaftlichen Verflechtungen. Eine Ausnahme stellte seine gemeinsame Bevollmächtigung des Illarione di Lippaccio di Bardi, eines der Verantwortlichen der römischen Filiale der Medici-Bank, mit Ulrich Ris 1403 dar.596 Letzterer kam zwar auch aus Nürnberg, ist jedoch nicht als Verwandter Rummels nachzuweisen. Die Pirckheimer standen ebenfalls mit Hermann Reck in Verbindung, der für Konrad Pirckheimer Geschäfte mit der venezianischen Handelsfamilie der Soranzo tätigte.597 Bei den verschiedenen Familienmitgliedern lassen sich in den frühen Jahren des 15. Jahr- hunderts auch sonst besonders vielfältige und intensive Beziehungen zu anderen Nürn- berger Kaufleuten nachweisen. Sowohl Rudolf Gundelfinger als auch Heinrich Imhoff waren als Prokuratoren des Konrad Pirckheimer tätig und im Venedig-Geschäft mit die- sem verbunden. Heinrich Imhoff setzte in dieser Position wiederum weitere Mitglieder der Familie Pirckheimer als Gesellschaftsvertreter in Venedig ein.598 Franz Pirckheimer, der durch seinen Bruder Lorenz 1414 gemeinsam mit Wilhelm Mendel zu gleichgestellten Bevollmächtigten der Gesellschaft benannt wurde, machte vier Jahre später wiederum dessen Vetter Marquard II. Mendel zu seinem Vertreter.599 Die nächsten Kontakte der Mendel zu anderen Nürnbergern in Venedig lassen sich erst knapp ein Vierteljahrhun- dert später nachweisen. Im April 1441 geriet Georg Mendel mit Bartholomäus Hirsch- vogel, Jörg Legenfelder und Anton Rigler auf dem Weg nach Venedig in Gefangenschaft des Grafen von Görz und kam erst nach längeren Verhandlungen unter Einsatz des

594 Schaper, Rummel, S. 20. Vgl. zu Wilhelm I. Rum- di als Manager der Bank des Giovanni di Bicci mel: ebd., S. 37 u. S. 45; Braunstein, Relations Medici: de Roover, Rise and Decline, S. 38, S. 44, d’affaires, S. 242 u. S. 251; Simonsfeld, Fondaco 1, S. 53–55. Neri di Cipriano Tornaquinci, der hier S. 76. als Zeuge auftauchte, war seit 1402 Verantwortli- 595 (1406 Apr. 6), ASVe, CIN, b. 226, prot. 2, fol. 11v. cher der Venedig-Filiale, dabei jedoch nicht beson- Vgl. auch: Schaper, Rummel, S. 8. Andreas Haller ders erfolgreich: Da deutsche Kaufleute, denen er und Wilhelm I. Rummel waren gemeinsam auch Kredite bewilligt hatte, diese nicht zurückzahlten, mehrmals an Darlehen an König Ruprecht betei- war er gezwungen, für das Geld selbst aufzukom- ligt: ebd., S. 32–33. men und lieferte Berichte über fiktive Profite: ebd., 596 (1403 Aug. 28), ASVe, CIN, b. 226, prot. 1, Nr. 136, S. 240–241. fol. 141r. Es handelte sich dabei wohl um den On- 597 ASVe, Misc. Gregolin, b. 14, LNR, fol. 57b. kel, zumindest aber den Vorgänger als Oberhaupt 598 (1414 Sep. 28) u. (1415 Apr. 18), CIN, b. 193, prot. 2, der Rom-Filiale des Bartolomeo de Bardi, der mit fol. 59v u. 87r. Imhoff als Ersatz des von Pirckhei- Hermann Reck für die Rummel daran beteiligt war, mer eingesetzten Gundelfinger (1406 Nov. 28), in: die Auslösungssumme für Johannes XXIII. bereit- Simonsfeld, Fondaco 1, Nr. 293, S. 142–143. zustellen: Raymond De Roover, The Rise and De- 599 (1418 Mär. 7), ASVe, CIN, b. 104, prot. 2, fol. 18v: cline of the Medici Bank 1397–1494, Cambridge/ vgl. Stromer, Schriftwesen, S. 792; sowie: Schaper, Mass. 1963, S. 203; Schaper, Rummel, S. 39–40; Hirschvogel, S. 38. Zu Wilhelm Mendel und Franz Stromer, Oberdeutsche Hochfinanz 1, S. 198–199 Pirckheimer: (1413 Feb. 26 m.v. = 1414 Feb. 26), u. ebd. 2, S. 269. Zu Ilarione di Lippaccio de Bar- ASVe, CIN, b. 193, prot. 2, fol. 34v. 156 · II. Nürnberger in Venedig

Nürnberger Rats frei.600 Wenige Tage zuvor hatte ebendieser Georg Mendel in Nürnberg noch den halben Teil der Familien-Kammer im Fondaco an Konrad II. Imhoff verkauft. Wahrscheinlich standen die beiden Familien in der Folgezeit in engerem Kontakt, bevor die Imhoff die Kammer ganz übernahmen.601 Zu Beginn der Imhoff’schen Tätigkeit in Venedig hatte die Familie durch Heinrich Imhoff noch intensive Kontakte zu anderen Nürnberger Kaufleuten in Venedig, vor allem den mit der Familie verschwägerten Pirckheimer,602 gepflegt. Auch unterhielt er zahlreiche geschäftliche Kontakte außerhalb des Fondaco. Dass der Magister Georg von Nürnberg bei Imhoffs Freisprechung der Pasqua Zantani von den Schulden ihres Man- nes Giovanni di Dessa 1420 als Zeuge genannt wurde,603 ist sicher kein Zufall. So enge Beziehungen in unterschiedliche Richtungen des venezianischen Umfelds lassen sich für die späteren Imhoff jedoch nicht mehr ausmachen. Die meisten Verbindungen, die sie in der zweiten Jahrhunderthälfte zu anderen Nürnbergern in Venedig pflegten, erstreckten sich in erster Linie auf private und gesellschaftliche Kontakte und schlossen keine ge- meinsame Handelstätigkeit in der Stadt mehr ein. 1479 logierten Sebald Rieter und Hans Kneussel auf ihrer Pilgerfahrt nach Jerusalem in der Kammer der Imhoff.604 Zwar ist kein konkreter Imhoff genannt. Es ist jedoch anzunehmen, dass ein Familienmitglied anwe- send war. Auch Hans VI. Imhoff, der spätere Schwiegersohn Willibald Pirckheimers, pflegte Anfang des 16. Jahrhunderts Kontakte in der Stadt. Er wurde 1506 immer wieder in den Briefen Albrecht Dürers an den Humanisten erwähnt, unterstützte den Maler bei der Ausführung von dessen Aufträgen für Pirckheimer und übermittelte als Verbin- dungsperson zwischen Venedig und Nürnberg dessen Einkäufe und Briefe. Gleichzeitig mit ihm waren wohl auch sein Vetter Sebastian und sein Onkel Franz in der Stadt anwe- send, die ebenfalls in Dürers Briefen als Kontaktpersonen genannt werden.605 Michael Imhoff, der Bruder Endres’ I. Imhoff, wurde 1521 gemeinsam mit seinem Vetter Hiero- nymus Reich nach Venedig geschickt. Auch Simon Imhoff gelangte in Begleitung seiner Verwandten Hieronymus und Thomas Reich vier Jahre später dorthin.606 Bei beiden sind

600 Simonsfeld, Fondaco 1, Nr. 421–422 u. Nr. 425– 603 (1419 Jan. 6 m.v. = 1420 Jan. 6), ASVe, CIN, b. 193, 432, S. 231–238. Der erste Brief an den veneziani- prot. 3, fol. 17r. schen Dogen Francesco Foscari in der Sache ist auf 604 Rieter, Reisebericht, S. 37. Vgl. auch: Schaper, den 6. April 1441 datiert: ebd., Nr. 421, S. 231–232. Hirschvogel, S. 180. 601 (1441 Mär. 26), GNM, IA Teil 1, Fasc. 5, Nr. 18. 605 A. Dürer aus Venedig an W. Pirckheimer (1506 602 Verbindung zu Nascimboldo Pirckheimer: (1414 Jan. 6), in: Pirckheimer Briefwechsel 1, Nr. 91, Sep. 28), ASVe, CIN, b. 193, prot. 2, fol. 59v. Seinen S. 298–303, S. 300; sowie: (1506 Feb. 28), in: ebd., Verwandten Sebald setzte Heinrich als Prokurator Nr. 101, S. 335–337, S. 336. Zu Hans VI. Imhoff von Sebalds Vater Konrad Pirckheimer ein: (1415 u. a.: (1506 Apr. 2), in: ebd., Nr. 108, S. 351–355, Apr. 18) u. (1416 Sep. 19), ebd., fol. 87r u. fol. 156v. S. 352. Über Hans III. († 1398), den Onkel Heinrichs, der 606 Zu Michael Imhoff: GNM, IA Teil 1, Fasc. 44, Nr. 1, mit Anna Pirckheimer verheiratet war, wurde die fol. 40r. Zu Simon Imhoff: H. Reich aus Venedig an Familie in den Pirckheimer’schen Handel mit- L. Tucher (1528 Mär. 5), StadtAN, E 29/IV-868. einbezogen: Fleischmann, Rat und Patriziat 2.1, S. 602. 3. Verflechtung, Integration und Identität der Nürnberger in Venedig · 157 weitere Kontakte zwar nicht belegt, aber anzunehmen. Die Überlieferung des Sebaldal- tars zeigt ab den 1460er Jahren ebenfalls eine intensive und kontinuierliche Interaktion der Imhoff mit anderen Nürnberger Kaufleuten, besonders häufig mit den Hirschvogel, die sich jedoch in Venedig wohl auf religiöse, soziale und ideelle Aspekte konzentrierte.607 Durch gegenseitige Heiraten zwischen Peter I. Imhoff und seinen Geschwistern mit der Generation Lienhards II. Hirschvogel wurden diese Verbindungen in den Folgejahren auch in Nürnberg gefestigt. Die Hirschvogel werden in den ersten beiden Dritteln des 15. Jahrhunderts in Vene- dig vor allem durch ihre Handelstätigkeit für die Behaim in den Quellen fassbar. Ulrich Hirschvogel, der selbst 1410 in Venedig nachweisbar ist, verheiratete seine Tochter Eli- sabeth mit Michael III. Behaim. In der Folge stand sein Sohn Lienhard I. für diesen in Venedig mit vielen anderen Nürnbergern im geschäftlichen Kontakt, wobei Hirschvogel als Mittelsmann auftrat. 1427 löste Hermann Reck beispielsweise seinen Wechsel für Be- haim bei Hirschvogel ein. Auch zahlten Schuldner wie Endres Ketzel ihre Ausstände für seinen Schwager bei ihm.608 Mit Behaim und Peter Imhoff besorgte Lienhard II. 1487 eine Lieferung an Sebald Schreyer, den Kirchenmeister zu St. Sebald in Nürnberg.609 Zu Peter Imhoff unterhielt er auch über die sich am Altar des Nürnberger Stadtpatrons in San Bartolomeo konstituierende Gemeinschaft eine enge Verbindung. Bis 1472 fungierten sie dort gemeinsam als Verweser. Über den Altar lassen sich kontinuierliche Kontakte der Hirschvogel zu anderen Nürnbergern und eine intensive gesellschaftliche Interaktion mit ihren Landsleuten ab den 1460er Jahren nachweisen. Obwohl sich Franz Hirschvogel dauerhaft in Venedig niederließ, lässt sich für ihn neben den vielen Kontakten über den Sebaldaltar nur die Verbindung zu Sebald Kneussel, dem späteren Konsul des Fondaco, eindeutig belegen. Dieser trat als Zeuge in seinem Testament auf. Als Landsmann war er wohl nicht aus Zufall von Hirschvogel persönlich zur Ausstellung seines letzten Wil- lens gerufen worden.610 Wahrscheinlich stand Franz Hirschvogel auch mit Anton Kolb in engerem Kontakt, da dieser von Franz’ Bruder Bernhardin als Zeuge zur Eröffnung des Testaments gerufen wurde.611 Aufgrund seiner dauerhaften Anwesenheit im Handelshaus lassen sich für Hirschvogel zahlreiche weitere Kontakte zu den anderen Nürnbergern, die zeitgleich im Fondaco nachgewiesen sind, zumindest annehmen. Die Nürnberger Venedig-Geschlechter waren im frühen 15. Jahrhundert intensiv mit- einander verknüpft. Wie bei den Kress und den Rummel beziehungsweise einige Jahre später den Paumgartner konnte dies bis hin zu gemeinsamen, nach Venedig handelnden

607 GNM, IA Teil 1, Fasc. 19, Nr. 20. Vgl. auch: 610 (1498 Nov. 2), ASVe, NT, b. 1211, Nr. 819. Sowie: Kap. II.3.2.2. StBN, Pirckheimer-Papiere, 364, U 17, fol. 17v–18r. 608 GNM, BA, Nr. 5; sowie: Schaper, Hirschvogel, S. 49 Die sehr dünne Überlieferung zur Familie macht u. S. 55. Zur familiären Verbindung zwischen Be- detaillierte Aussagen schwierig: Schaper, Hirschvo- haim und Hirschvogel: ebd., S. 23. gel, S. X. 609 Schaper, Hirschvogel, S. 183. 611 StBN, Pirckheimer-Papiere zw. 267–268, fol. 16v. 158 · II. Nürnberger in Venedig

Gesellschaften führen.612 Auch gingen die Geschlechter, die in die Serenissima handel- ten, in Nürnberg verwandtschaftliche Bindungen ein. Familiäre Schnittpunkte ergaben sich um 1400 zwischen den Rummel und den Pirckheimer. Die Hirschvogel waren um die gleiche Zeit bereits mit den Rummel und den Kress verwandt. Ulrich Hirschvogel, der mit einer Nichte des Friedrich Kress verheiratet war, ging wohl bei den Kress in die Lehre.613 Unter Bernhardin und Lienhard II. verband sich die Familie Ende des 15. Jahr- hunderts dann auch mit den Imhoff.614 Die enge geschäftliche Verflechtung zwischen den wichtigen Handelsfamilien der Zeit um 1400, allen voran den Kress, Pirckheimer, Mendel und Rummel, wich im Laufe des Jahrhunderts jedoch einer zunehmenden Konzentra- tion auf eigenständiges wirtschaftliches Agieren. Dies wird besonders bei den Imhoff deutlich, die zu Beginn des 15. Jahrhunderts noch eng mit den Pirckheimer und später wohl mit den Mendel verknüpft waren. Obwohl sie sich in der für die Entwicklung der Gesellschaft besonders wichtigen Generation Peters I. mehrfach mit den Hirschvogel verheirateten, die ebenfalls zu diesem Zeitpunkt den Höhepunkt ihrer Handelstätigkeit erreichten und neben den Imhoff Ende des 15. Jahrhunderts zur wichtigsten Nürnberger Familie in Venedig wurden, sind für die Imhoff in der Folgezeit keine gemeinschaftlichen Geschäfte mit anderen Kaufleuten, auch nicht mit Lienhard II. und seinen Brüdern, aus- zumachen. Für die Ausrichtung der inner-Nürnberger Netzwerke zeichnete sich in der Überlieferung ebenfalls eine Verschiebung ab. Die Verflechtungen konstituierten sich vor allem ab der zweiten Hälfte des 15. Jahrhundert, wie beispielsweise am Sebaldaltar, zunehmend über gesellschaftliche Verbindungen.615 Daneben lassen sich für den gesamten Untersuchungszeitraum und in den unter- schiedlichen Bereichen auch einige besonders gut vernetzte Einzelpersönlichkeiten ausmachen, die selbst nicht oder nur entfernt mit den wichtigen Nürnberger Handels- geschlechtern verwandt waren, diese aber auf unterschiedliche Weise miteinander ver- banden. Hermann Reck war erst als Mendel-Bevollmächtigter und dann viele Jahre für die Rummel in Venedig tätig. Gleich mehrere Male beauftragte er selbst, der auch mit Ve- nezianern eng verbunden war616, den Nürnberger Kaufmann Johannes Daga. 1421 sollte dieser ihm als Schuldeneintreiber für die Ausstände des Andrea Parduzi dienen. Ein Jahr später ernannte ihn der Kaufmann als Bevollmächtigten bezüglich seiner unterschiedli- chen Ausstände.617 Die offensichtlich guten Beziehungen zu Daga setzten ihn in Verbin-

612 Zu den Kress und Rummel: Schaper, Rummel, S. 5. Gesellschaft, wie dem Austausch von Briefen: u. a. Zu den Kress und Paumgartner: Fleischmann, Rat an Imhoff über Hirschvogel: (1491 Aug. 12), GNM, und Patriziat 2.1, S. 648. Auch bei Sebald Paum- IA Teil 1, Fasc. 8, Nr. 31l. gartner lassen sich wiederholt Venedig-Verknüp- 616 Francesco Amadi, Andrea de Polis und Giovan- fungen mit Friedrich Kress nachweisen: GNM, KA, ni Decolato: (1420 Mär. 22), ASVe, CIN, b. 228, Sch. XXVIII, Fasc E, Nr. 1 u. Fasc. C, Nr. 8, fol. 7r. prot. 1, fol. 207v. 613 Schaper, Hirschvogel, S. 34. 617 „Rogavit cartam commissariam ser Iohanni Daga 614 Vgl. u. a. Schaper, Hirschvogel, S. 25. de Norimbergo“ (1421 Sep. 2), ASVe, CIN, b. 228, 615 Geschäftliche Verflechtungen zeigten sich z. B. bei prot. 2 (fol. 36v–37r, fol. 36v = o. Fol.), sowie: (1422 der Nutzung der Botensysteme der jeweils anderen Feb. 18 m.v. = 1422 Feb. 18), ebd., (fol. 117r = o. Fol.). 3. Verflechtung, Integration und Identität der Nürnberger in Venedig · 159 dung mit einem der weiteren Fixpunkte der Nürnberger in der Lagunenstadt. Daga lebte wohl dauerhaft in Venedig, worauf die kontinuierlichen Quellenverweise schließen las- sen. Die vielen Procurae, die er neben Herman Reck auch von Heinrich Hirschvogel und dem Nürnberger Artimanus Siede erhielt, weisen auf eine gute Kenntnis des veneziani- schen Rechts- und Handelssystems hin.618 Dass sich ausgerechnet bei Thomas Reich zahl- reiche Kontakte zu Verwandten und anderen Nürnbergern in Venedig belegen lassen, ist in erster Linie der Überlieferung geschuldet, stand aber auch mit seiner Zugehörigkeit zu zwei wichtigen Venedig-Familien und ihren venezianischen Geschäften, den Imhoff und Tucher, in Zusammenhang. Sowohl zu Simon als auch zu Georg Imhoff unterhielt er enge Kontakte, wie durch deren Engagement in Reichs Konflikt mit seinem Ausbil- der Burckhard de Burckhardi deutlich wird. Seinem Vetter Hieronymus Reich vertraute er seine Kleider und Habseligkeiten an, als er Venedig verließ. Auch sein ausführlicher Bericht an Linhart Tucher über den Tod des Nürnbergers Endres Weiß könnte auf einen Kontakt zu diesem hinweisen.619 Das Ansuchen Thomas Reichs um die Unterstützung des Endres Imhoff und die Involvierung weiterer Mitglieder der Familie bei der Lösung der Streitigkeiten mit seinem Ausbilder verdeutlichen, wie die Nürnberger von den un- terschiedlichen Beziehungsgeflechten in Venedig und zwischen der Serenissima und der fränkischen Reichsstadt Gebrauch machten. Besonders Personen, die sich nur zeitweilig in Venedig aufhielten, griffen auf die landsmannschaftlichen Verbindungen zurück, um sich diese für spezifische Anliegen zu Nutze zu machen. Albrecht Dürer setzte seine Kontakte zu Anton Kolb für die Erfüllung seiner dortigen Aufgaben ein. Der Kaufmann, der wohl mehr Erfahrung mit veneziani- schen Händlern und besseres Wissen um Preise und Qualität der Waren hatte, half Dürer bei dessen Suche nach den von Pirckheimer bestellten Teppichen.620 Die Hafner Oswald Reinhardt und Hanns Nickel, die zum Erlernen des Glashandwerks in die Stadt kamen, erhielten in Venedig von Hieronymus Reich ein Darlehen über 25 Gulden, dessen Rück- zahlung der Kaufmann 1531 bestätigte.621 Für die Pilger diente der Anschluss an Personen gleicher Herkunft dazu, für eine kurzzeitige Hilfe auf deren Strukturen in Venedig zu-

618 Zu Artimanus Siege: (1422 Jan. 13 m.v. = 1423 S. 561. Laut Heller waren freiwillige Staatsanleihen Jan. 13), ASVe, CIN, b. 228, prot. 2, (fol. 107v = vor der Entstehung der monti, dem venezianischen o. Fol.). Zu „Henricus Hirsfogiel“: (1423 Mär. 1), Steuersystem, die „wichtigsten Einnahmequellen“ ebd., (fol. 121v = o. Fol.). Die Tatsache, dass Daga der Stadt: Kurt Heller, Venedig. Recht, Kultur und 1422 der Erwerb von Staatsanleihen im Wert von Leben in der Republik 697–1797, Köln u. a. 1999, 2000 Dukaten aufgrund seiner „Ergebenheit und S. 421. Zuneigung“ zu Venedig erlaubt wurde („gratia ob 619 T. Reich aus Venedig an L. Tucher (1529 Feb. 6 m.v. devotionem et affectionem, quam civitati nostre = 1530 Feb. 6) u. (1529 Mai 4), StadtAN, E 29/IV, gerit“), könnte ebenfalls ein Hinweis auf eine gute Nr. 1437 u. Nr. 1440. Einbindung in Venedig, zumindest aber auf ein 620 A. Dürer an W. Pirckheimer (1506 Aug. 18) u. gewisses Ansehen und eine hohen sozialen Status, (1506 Sep. 8), in: Pirckheimer Briefwechsel 1, sein: (1422 Dez. 18 u Jan. 10 m.v. = 1423 Jan. 10), Nr. 118, S. 385–390, S. 397 u. Nr. 122, S. 415–422, in: Simonsfeld, Fondaco 1, Nr. 329, S. 172. Zu den S. 415. Staatsanleihen: Mueller, Venetian Money Market, 621 (1531 Mär. 1), StadtAN, B 14/II-32, fol. 65v. 160 · II. Nürnberger in Venedig rückzugreifen. Während Hans IV. Tucher bei seiner Pilgerfahrt in der Tucher’schen Kam- mer im Fondaco unterkam, übernachtete Rieter in der des Peter Imhoff. Dass die Pilger bereits früher in Kontakt zu Nürnberger Kaufleuten standen, die nicht unbedingt aus der gleichen Familie stammen mussten, und dies auch als gewöhnlich angesehen wurde, zeigt der Versuch des Lübecker Bürgers Werner Ducker, den Jerusalempilger Ulrich Imhoff als Zeugen für eine Kreditaufnahme von Hilpolt Kress bei Ducker anzuführen. Imhoff erklärte jedoch eidesstattlich, Kress sei während seines eigenen Aufenthalts in Venedig nicht in der Stadt gewesen.622

3.1.2 Verbindungen zu Personen aus dem Reich nördlich der Alpen

Die dauerhaft in Venedig niedergelassenen Nürnberger Handwerker treten erst in ihren Kontakten zu Personen aus anderen Teilen des Reichs nördlich der Alpen in den Blick. Außer der überberuflichen Verbindung zwischen dem aus der fränkischen Reichsstadt stammenden Spiegelmacher Leonardus und dem Kaufmann Anton Kolb, der in Leon- hards’ Testament von 1528 zum Testamentsvollstrecker ernannt wurde und zu dem der Handwerker offensichtlich in enger und vertrauensvoller Beziehung stand,623 lassen sich aufgrund der spezifischen Überlieferung keine Kontakte von migrierten Gewerbetreiben- den zu anderen Nürnbergern ausmachen. Die Testamente der Handwerker geben meist nur vage Auskünfte über die genaue Herkunft. Oft wurde die Abkunft aus bestimmten Regionen ebenso wenig genannt wie ein möglicherweise bereits existenter Nachname.624 In vielen Fällen ist nur über bestimmte Berufe, die besonders häufig von Deutschen aus- geübt wurden, wie den Bäckern oder Schustern, eine Herkunft aus dem Reich nördlich der Alpen anzunehmen. Ein Großteil der Personen, die als Testamentsvollstrecker oder Erben eingesetzt wurden, ist nicht geographisch zuordenbar. Dennoch bilden Testamente eine wichtige Erschließungsmöglichkeit für die Integra- tion von Personen in nationale und soziale Gruppen. Die Nennung von Testamentsvoll- streckern und Erben erschließt wie wenige andere spätmittelalterliche Quellen Vertrau- ensverhältnisse und persönliche Verbindungen zwischen den Testierenden und ihrem Umfeld.625 Inwieweit sich dabei besonders in Venedig gültige Beziehungen entwickelten,

622 „Hiltpolt Kresse zu der zeite als er zu Venedig 624 Vgl. u. a. Israel, Fremde, S. 29. auß und uber mer zúge niht zu Venedig wer“; 625 Zur Bedeutung dieser Quelle als Auskunft über (1405 Feb. 18), in: Simonsfeld, Fondaco 1, Nr. 291, persönliche Beziehungen: Hollberg, Deutsche in S. 140–141, S. 141. Venedig, S. 201. Der einzige Nürnberger, bei dem 623 Daneben wurden ein Bäcker namens Johannes und wohl nicht von einem besonderen Vertrauensver- der Mailänder Alexander de Pirovemo ernannt: hältnis zu seinen Testamentsvollstreckern auszuge- „Constituo […] meos fideicommissarios et huius hen ist, war Lorenz, der in seinem Testament 1458 mei ultimi testamenti exequtores‹!› dominum An- ausdrücklich als Fremder („hospes“) bezeichnet tonium Colb mercatorem in fontico teutonicorum wurde und wohl auf der Durchreise spontan sein […].“ (1529 Aug. 27), ASVe, NT, b. 218, Nr. 266. Testament verfasste bzw. verfassen musste. Hierfür 3. Verflechtung, Integration und Identität der Nürnberger in Venedig · 161 lässt sich in erster Linie bei Verfügungen sehen, die vor Ort und daher meist von dauer- haft zugewanderten Personen ausgestellt wurden. Wie bereits Cecilie Hollberg betonte, handelte es sich dabei zum größten Teil um Handwerker.626 Kaufleute kehrten oftmals nach einer gewissen Zeit in ihre Vaterstadt zurück oder agierten im kontinuierlichen räumlichen Wechsel zwischen beiden Städten. Für die nach Italien migrierten Handwerker ist in der Forschung immer wieder eine besondere Anbindung an Personen gleicher Herkunft betont worden. Daran hatte, wie bei den Bäckern und Schustern, die häufige Verbindung einiger Berufsgruppen mit be- stimmten Herkunftsregionen maßgeblichen Anteil.627 Für die in Venedig ansässigen Bä- cker, die zu einem großen Teil deutscher Herkunft waren und sich auch in berufsspezi- fischen und gleichzeitig national ausgerichteten Bruderschaften zusammenschlossen,628 konstatierte Hollberg in ihrer Studie eine besonders starke Verbindung, die „bereits eine[r] Art Familienverband“ gleiche und einen Ersatz für die im Norden zurückgelasse- ne Ursprungsfamilie bilde.629 Gefestigt wurden sie unter anderem über endogame Heira- ten wie möglicherweise bei dem Schuster Johannes aus der Pfarrei San Felice, der mit der Tochter eines anderen Nürnbergers verheiratet war.630 Dadurch entstand laut Hollberg automatisch eine Abgrenzung von regionalen und professionellen Personenkreisen, die nicht in den Berufsgruppen verhaftet waren.631 Unter den wenigen Testamenten von Nürnberger Handwerkern in Venedig, die kon- krete Auskunft über Herkunft und Profession der Kontaktpersonen geben, lässt sich je- doch nur in zwei Fällen eine enge Einbindung in die eigene Berufsgruppe ausmachen. Bei dem Schuster Johannes, der seinen letzten Willen 1502 verfasste, zeigte sich dabei auch eine Verflechtung der beiden hauptsächlich von Deutschen ausgeübten Berufe. Selbst Schuster, hatte er einen Berufsgenossen und einen Bäcker als Testamentsvollstrecker.632 Ob es sich dabei ebenfalls um Personen aus dem Reich nördlich der Alpen handelte, ist nicht angegeben, aufgrund der Professionen jedoch anzunehmen. Die Tatsache, dass es

spricht auch dessen Kürze: (1458 Aug. 16), ASVe, bestanden hätte und so eine starke Definition über NT, b. 481, Nr. 550. die Herkunft: Braunstein, Appunti, S. 516. Ähnli- 626 Hollberg, Deutsche in Venedig, S. 247. ches konnte im Nürnberger Zusammenhang, auch 627 Vgl. u. a. Layer, Süddeutsche Bäcker, S. 105. aufgrund der angesprochenen Quellenprobleme, 628 Die Bezeichnung „national“ entspricht dabei der nicht nachvollzogen werden. venezianischen Bezeichnung der scuole nazionali. 630 (1464 Jul. 15), ASVe, CIN, b. 212, prot. 2, fol. 33r. Zu den deutschen Scuole: Wirtz, Köln und Vene- Zur Bedeutung von Heiraten und der damit vollzo- dig, S. 102–106; Hollberg, Deutsche in Venedig, genen Stiftung von Verwandtschaft als Initiatoren S. 127–128. Zur Scuola della Concezione, dell’arte bzw. Stabilisatoren von Netzwerken: Häberlein, dei Pistori: Vio, Scuole piccole, Nr. 278, S. 331–332. Netzwerkanalyse, S. 325, sowie für Italien und Ve- 629 Hollberg, Deutsche in Venedig, S. 244, S. 75 u. nedig: Ders., Oberitalienische und oberdeutsche S. 248. Zur Bedeutung als Familienersatz: ebd., Städte, S. 210. S. 248. Zur generellen Bedeutung der berufsspezi- 631 Hollberg, Deutsche in Venedig, S. 249. fischen Solidarität, vor allem unter Bäckern: ebd., 632 (1501 Feb. 20 m.v. = 1502 Feb. 20), ASVe, NT, b. 66, S. 249. Braunstein hingegen konstatierte, dass ge- prot. 3, Nr. 94, fol. 3r. rade unter den Bäckern ein intensiver Nachzug 162 · II. Nürnberger in Venedig sich bei beiden um Meister handelte, lässt eine ähnliche berufliche und soziale Position auch für Johannes vermuten. Der Bäckermeister Nikolaus lebte in der gleichen Pfarrei wie der Testator, in Sant’Agostin im Sestiere von San Polo. Hier könnte also eine Nach- barschaft ausschlaggebend für den Kontakt gewesen sein. Für den Schuster, der ebenfalls Johannes hieß, hingegen wurde als Wohnort Santa Sophia in Cannaregio, also auf der anderen Seite des Canal Grande, angegeben.633 Bei dem Kontakt zu diesem Testaments- vollstrecker ist daher durchaus von dem gemeinsamen Beruf als Grundlage und Motiv der Verbindung auszugehen. Die Bedeutung des Berufsstands und seiner sozialen Ver- flechtungen zeigt die Anbindung des Johannes an die Bruderschaft der deutschen Schus- ter in der Kirche von Santo Stefano. Dass er in der Grabstätte der Scuola dei calegheri tedeschi begraben werden wollte,634 könnte ein Hinweis auf eine dortige Mitgliedschaft sein. Für Johannes scheinen sowohl die räumliche Nähe, die Anbindung an seinen Be- rufsstand und an Personen gleicher Herkunft wichtige Kriterien der sozialen Vernetzung gewesen zu sein. Ebenfalls enge Verbindungen zu Angehörigen der gleichen Profession und wohl auch Nationalität hatte ein Bäcker namens Johannes, der 1457 sein Testament ausstellte. Er nannte unter den Testamentsvollstreckern einen weiteren Bäcker, der aus der Pfarrei von Sant’Angelo stammte. Wie bei dem Schuster Johannes waren jedoch auch bei ihm die aus seinem letzten Willen nachvollziehbaren Kontakte nicht auf Angehörige der eige- nen Berufsgruppe beschränkt. Neben einem venezianischen Gewürzhändler und einem Schmied führte er darüber hinaus mit Rigo de Bonavoia, der als Ballenbinder im Fon- daco arbeitete und so automatisch deutschsprachiger Herkunft sein musste, eine weitere Person aus dem Reich nördlich der Alpen auf.635 Auch bei anderen Nürnberger Hand- werkern in Venedig bestanden Verflechtungen mit Deutschen. Der Kürschner Peter Bur- gener setzte 1461 ebenfalls Rigo de Bonavoia sowie den deutschen Schreiber Nicolò de la Charte als Testamentsvollstrecker ein.636 Bei dem von ihm bedachten Bäcker Ludwig wird es sich wahrscheinlich ebenfalls um jemanden aus dem Norden gehandelt haben. Dass er sein Testament gleichzeitig in venezianischem Dialekt verfasste, macht deutlich,

633 „meos fidei comissarios magistrum Nicolaum pis- pistorem in Sancto Angelo et ser Iohannem Fon- torem […] Sancti Augustini et magistrum Ioanem tanam fabrum cumpatrem meum in Sancto Iemi- cerdonem ad Sanctam Sophiam“; (1501 Feb. 20 niano.“ (1463 Sep. 17), ASVe, NT, b. 1195, prot., m.v. = 1502 Feb. 20), ASVe, NT, b. 66, Nr. 94, Nr. 96 , fol. 71v–72r. Das andere Testament Johan- fol. 3r. nes’: (1450 Sep. 22), ASVe, NT, b. 1156, Nr. 492. 634 Gleichzeitig wünschte er, dass das Kapitel seiner Vgl. auch Hollberg, Deutsche in Venedig, Nr. 114, eigenen Pfarreikirche von Sant’Agostin anwesend S. 289 u. Nr. 120, S. 292. Allerdings führte sie die sein solle: (1501 Feb. 20 m.v. = 1502 Feb. 20), ASVe, Testamente als Verfügungen unterschiedlicher Per- NT, b. 66, prot. 3, Nr. 94, fol. 3r. sonen auf. Dies ist aufgrund der starken Überein- 635 „meos esse volo fidei comissarios et executores etc. stimmungen jedoch nicht anzunehmen. providum virum ser Ambroxium Bono aromatari- 636 „Nicolo dale Charte scrivan […] todescho habita um cumpatrem meum et ser Rigum de Bonavoia a Santa Maria Formosa e ser Rigo de Bonavoia li- ligatorem in fontico theotonicorum cumpatrem gador in fontego“; (1460 Feb. 5 m.v. = 1461 Feb. 5), meum, ser Huielmum de Balsa cumpatrem meum ASVe, NT, b. 360, Nr. 102, fol. 72r. 3. Verflechtung, Integration und Identität der Nürnberger in Venedig · 163 dass sich eine enge Einbindung in Gemeinschaften von Personen gleicher Herkunft und eine Assimilation in Venedig selbst nicht ausschließen mussten. An Rigo de Bonavoia, der sowohl im Testament Peter Burgeners als auch in der Verfügung des Bäckers Johannes als Testamentsvollstrecker genannt wurde, wird deut- lich sich, dass es offenbar auch innerhalb der deutschsprachigen Handwerkerschaft be- stimmte Kontaktpersonen gab, die hier besonders gut vernetzt waren. Dabei scheinen berufsspezifische Anbindungen nicht ausschlaggebend gewesen zu sein, da Rigo als Bal- lenbinder im Fondaco mit keinem seiner nachweislichen Nürnberger Kontakte die Pro- fession teilte. Die Nürnberger waren also auch innerhalb der deutschen Gemeinschaft in Venedig überberuflich verflochten. Der Arbeitsplatz Bonavoias impliziert darüber hinaus einen Bezug der Handwerker aus der fränkischen Reichsstadt zum Umfeld der deutschen Kaufleute. Verweise auf entsprechende Kontakte zwischen Kaufleuten und Handwerkern finden sich in mehreren Quellen, ohne dass anhand der Überlieferung jedoch darauf geschlos- sen werden kann, wie intensiv diese innerdeutsche und überberufliche Vernetzung tat- sächlich gewesen sein mag. Die Rechnungsunterlagen der Kress nennen einen Schuster Hans, mit dem Hilpolt Kress in geschäftlicher Verbindung stand.637 Das Testament des Wollwebers Eberardus aus Mainz erwähnte 1413 neben einem weiteren Mainzer Weber die Kaufleute Peter Res und Jobst Schnöd aus Nürnberg und machte Letzteren sowohl zum Universalerben als auch zu seinem Testamentsvollstrecker.638 Albrecht Dürer erhielt von den Kaufleuten des Fondaco mehrere Aufträge während seiner Zeit in Venedig. Das Rosenkranzfest, das er „den Tewczschen zw molen“ habe, wurde wahrscheinlich nicht maßgeblich von Nürnbergern, sondern von Augsburger Kaufleuten in Auftrag gegeben (Abb. 4).639 Von besonders engen und vertrauensvollen Verbindungen unter den Deutschen zeugt, wie bei den inner-nürnbergischen Kontakten, die Ausstellung von Procurae. Be- reits für das späte 14. Jahrhundert sind entsprechende Bevollmächtigungen zwischen Nürnbergern und anderen Personen aus dem Reich nördlich der Alpen überliefert.640 Bei Peter aus Nürnberg, der in San Polo lebte und dem Deutschen Johannes aus San Sil- vestro 1421 eine geschäftliche Vollmacht ausstellte, handelte es sich wohl nicht um einen

637 Braunstein, Relations d’affaires, S. 248. in Kontakt wie der „Magist[er] Martin[us] quon- 638 „Petro Res de Nurimbergo“ u. „Jos Snoed theotho- dam Henrici de Maychs Alemanie cerdo[…] ha- nicus de Norimbergo“ (1413 Okt. 11), ASVe, NT, b. bitator[…] Venetiarum“, der Zeuge des in Venedig 1233, Nr. 217. ausgestellten Testaments des Hieronymus Kress 639 A. Dürer aus Venedig an W. Pirckheimer (1506 war: (1430 Mär. 16), GNM, KA, Sch. XXV, Fasc. C, Jan. 6), in: Pirckheimer Briefwechsel 1, Nr. 91, Nr. 4. S. 298–303, S. 300. Vgl.: Grebe, Albrecht Dürer, 640 Heinrich Ekol für Konrad aus Nürnberg (1392 S. 74–78. Zum Auftraggeber: Panofsky, Albrecht Mär. 4), in: Simonsfeld, Fondaco 1, Nr. 274, S. 131– Dürer, S. 143. Auch deutsche Angehörige anderer 132. Die Procura bezog sich wohl auf generelle Berufsgruppen waren mit Nürnberger Kaufleuten Umstände, nicht spezifischen Handel. 164 · II. Nürnberger in Venedig

Kaufmann.641 Das Wohnen außerhalb des Handelshauses zu einem so frühen Zeitpunkt macht dies eher unwahrscheinlich. Auch außerhalb des Fondaco konnte die gemeinsame Herkunft aus dem Norden ein wichtiges Bindeglied darstellen. Gleichzeitig gab es auch Procurae zwischen den Einwohnern des Handelshauses und anderen Zuwanderern aus dem Norden.642 Die Kontakte zwischen Kaufleuten lassen sich meist im Kontext von gemeinsamen Geschäften in Venedig belegen. Die Händler aus dem Reich nördlich der Alpen standen über den Fondaco automatisch in Verbindung. Das dortige Handeln und Leben mitein- ander führte wohl zu zwangsläufigen Verflechtungen.643 Auch diejenigen Kaufleute, die außerhalb des Handelshauses lebten, trieben aufgrund der dortigen Privilegien meist hier ihre Geschäfte. Immer wieder finden sich Kredite oder Handelsgeschäfte mit anderen Händlern aus dem Reich nördlich der Alpen.644 Bereits in den Rechnungsbüchern der Kress werden mit Ulrich Kamerer, Mates Fissman, Konrad Grau, Albrecht Hongeleing oder Heinrich Heubissweybler viele Geschäftspartner genannt, die ebenfalls aus dem Norden kamen.645 Die Gesellschaft Lienhard II. Hirschvogel ist 1501 als Gläubiger des Augsburgers Heinrich Stammler nachgewiesen, und auch Wolf Imhoff hatte bei ande- ren deutschen Kaufleuten Schulden.646 Über ihren Rat reichten Augsburger Kaufleute 1511 Beschwerde bei dem Nürnberger Stadtregiment ein, da der fränkische Kaufmann Wolfgang Schwarz seine Schulden nicht bezahlt habe.647 Von tieferen Verbindungen ist auszugehen, wenn die Nürnberger, wie Sebald Imhoff mit Friedrich Habelzhamer, mit dem er gemeinsam in Venedig Schulden über 700 Dukaten machte,648 in der Stadt zu- sammen Geschäfte betrieben. Gerade im Rahmen der größeren Handelsgesellschaften lassen sich Kooperationen mit anderen deutschen Kaufleuten erschließen, die sich teil- weise über längere Zeiträume erstreckten. Die Gesellschaft von Hans V. Imhoff unterhielt intensive Handelsbeziehungen unter anderem zu den Fugger, die für Venedig-Geschäfte in den 1480er und 1490er Jahren kontinuierlich verzeichnet wurden. Auch mit Gotthard Stammler und der Großen Ravensburger Gesellschaft betrieb das Unternehmen Han- del.649

641 „Petrus quondam Henrici de Norimbergo Sancti 644 Zur Bedeutung von Krediten als Indikatoren von Pauli rogavit cartam commissariam Iohanni quon- Beziehungen: Burkhardt, Bergenhandel, S. 205. dam Georgii de Alemanea Sancti Silvestri“; (1421 Spezifisch zu den Deutschen in Florenz: Böninger, Mär. 14), ASVe, CIN, b. 228, prot. 2, (fol. 2v = o. Einwanderung, S. 126. Fol.) 645 Braunstein, Relations d’affaires, S. 243–253. 642 Der Deutsche Angelinus Langnase hatte Stefan 646 Genannt wurden entsprechend der Nachlass sei- Koler zum Prokurator: „Angelinus Longonaxo nes Vaters Philipp Schneider u. Wirt zu Mayster: […] constituit et ordinavit suum procuratorem GNM, IA Teil 1, Fasc. 7, Nr. 7, fol. 28b (einliegender Stefanum Colar‹!› de Norimbergo.“ (1426 Feb. 22 Zettel). Zu Heinrich Stammler: (1501 Okt. 15), in: m.v. = 1427 Feb. 22), StadAN, A 1–1426 Feb. 22: Simonsfeld, Fondaco 1, Nr. 615, S. 335–338. Die Jahresangabe des Stadtarchivs ist falsch. 647 StadtAN, A 1–1511 Aug. 28. 643 Ansätze hierzu bei: Braunstein, Kollektivitätsiden- 648 GNM, IA Teil 1, Fasc. 44, Nr. 1, fol. 8v. tität. 649 GNM, IA Teil 1, Fasc. 19, Nr. 1. 3. Verflechtung, Integration und Identität der Nürnberger in Venedig · 165

Besonders enge Kontakte scheinen innerhalb der oberdeutschen Hochfinanz, vor allem zwischen Nürnbergern und Augsburgern, bestanden zu haben. Teilweise waren die Handelsgeschlechter der beiden Reichsstädte sogar familiär verknüpft oder einzelne Träger in den sozialen Netzwerken in beiden Städten verankert. Hieronymus Imhoff, der lange nach Venedig handelte und 1494 im Fondaco zum Konsul gewählt wurde, war mit Ursula Honold verheiratet und wurde zu Beginn des 16. Jahrhunderts Augsburger Bürger.650 Während das Verhältnis des Nürnberger Familienzweigs zu Hieronymus in späteren Jahren gespalten gewesen zu sein scheint, kehrte Simon, der Sibylle Paum- gartner zur Frau hatte, immer wieder in die Imhoff’sche Niederlassung nach Venedig zurück.651 Georg Spengler und Anton Kolb wurden im frühen 16. Jahrhundert sogar Faktoren großer Augsburger Handelsgesellschaften.652 Letzterer ist anfangs vor allem in Nürnberger Kontexten nachweisbar, wobei seine wiederholte Ernennung zum Verweser des Sebaldaltars auf eine gute Integration in die sich an dem Altar konstituierende Ge- meinschaft bedeutender Kaufleute aus der fränkischen Reichsstadt hinweist. Im Laufe der Zeit unterhielt er dann jedoch hauptsächlich Kontakte zu Augsburgern. Wohl um 1506 wurde er als Faktor von Sigmund Gossemprot, 1515 als Angestellter der Rehlinger erwähnt. In seinem Testament von 1541 wurden keine Nürnberger genannt. Sowohl die Zeugen und Erben Christoph Mühlich, Mathias Ortl und Heinrich Waiblinger, als auch sein „Testamentsvollstrecker und Patron“, Anton Fugger, kamen aus der schwäbischen Stadt. Aufgrund seiner „sehr hohen Schulden“ bei Letzterem ernannte er diesen zu sei- nem Universalerben.653

650 Zu Hieronymus Imhoff: GNM, IA Teil 1, Fasc. 44, sind entsprechend den vorherigen Bestimmungen Nr. 1, fol. 10 v. Bei ihm stieg wohl auch Endres I. ausgenommen] lasso a misser Antonio Focher Imhoff während seiner Lehre ab: ebd., fol. 37v. mio commissario suprascripto per le molte gran- Als Konsul im Fondaco: Simonsfeld, Fondaco 2, de obligatione che io ho cum lui. El qual misser S. 203. Vgl. auch: Jahnel, Imhoff, S. 133; Fleisch- Antonio io instituisco mio herede universal“: (1541 mann, Rat und Patriziat 2.1, S. 607. Okt. 12), ASVe, NT, b. 128, fol. 67v–68r, fol. 68r. 651 Jahnel, Imhoff, S. 135. Fugger wurde als „mio solo et unico commissario“ 652 Zu Georg Spengler als Faktor der Fugger: Alf- und „mio honorando patron et signor“ bezeichnet: red Weitnauer, Venezianischer Handel der Fug- ebd., fol. 67v. Kolbs Erwähnung als Faktor Goss- ger. Nach der Musterbuchhaltung des Matthäus emprots („Antonius Colb societatis de Sigismun- Schwarz, (Studien zur Fugger-Geschichte 9), Mün- di Gosomprot factor“) ist zeitlich nicht eindeutig chen u. a. 1931, S. 40. zuzuordnen, da das entsprechende Dokument kein 653 Die Verschiebung verlief dabei offensichtlich paral- Datum trägt. Es entstand jedoch im Kontext der lel zu einem wirtschaftlichen Abstieg Kolbs, wobei Streitigkeiten um das Testament Franz Hirschvo- Zusammenhänge nicht eindeutig nachvollzogen gels und einer diesbezüglichen Supplik, die von werden können. Zu den Erben und Zeugen: „Las- Bernhardin Hirschvogel 1506 bei der Signoria so a misier Mathio Ortel et a misser Christopholo vorgebracht wurde: StBN, Pirckheimer-Papiere Muoelich et a misser Rigo Vaibligner, uno liuto zw. 267–268, fol. 16v. 1515 wurde Kolb im Capitu- de li mei per cadauno, in segno de amor.“ In der lar des Fondaco als Faktor der Rehlinger genannt: Auflistung der Zeugen werden sie alle ausdrück- „d. Antonio Colb mercadante Alemano per nome lich als „omes‹!› allemani et mercatores in fonti- della compagnia de d. Vielmo Renliger et compa- cu allemanorum“ bezeichnet. Zu den Verpflich- gni“ Thomas (Hg.), Register, 31. Zu Kolb und den tungen gegenüber Fugger: „Tuto [einzelne Dinge Fugger: Sibylle Backmann, Abitare e lavorare nel 166 · II. Nürnberger in Venedig

Wie bei Spengler und Kolb lässt sich für einige Personen eine besonders gute Vernet- zung vermuten. Bei denjenigen Kaufleuten, die ab den 1490er Jahren durch das gemein- same Kapitel der deutschen Händler zu Konsuln des Fondaco ernannt wurden, ist als Voraussetzung für ihre Wahl eine gute Integration in die Gemeinschaft und deren allge- meine Anerkennung wohl vorauszusetzen. Unter den Amtsinhabern fanden sich gerade in den Anfangsjahren außergewöhnlich viele Nürnberger. Über den in seinem Todesjahr 1505 zum Konsul gewählten und dauerhaft in Venedig anwesenden Franz Hirschvogel erschließen sich nicht nur seine persönlichen Verbindungen in der Stadt, sondern zu einem großen Teil auch diejenigen seiner Handelsgesellschaft und der dort immer wie- der anwesenden Familienmitglieder. Die Streitigkeiten um sein Testament und die dazu eingeholten Zeugenaussagen aus Venedig offenbaren vielfältige Kontakte zu anderen deutschsprachigen Kaufleuten. Franz’ Bruder Bernhardin bat die Signoria, das Testament in Gegenwart der Teilhaber und Faktoren der Fugger-Gesellschaft, Andreas Rem, Johan- nes Fugger und Markus Zimmermann, des Augsburger Händlers Leonhard Sulzer, des Maffeus de Augustini, Burckhard de Burckhardis, Rigo Mairs, Stefan Kasers und Anton Kolbs zu eröffnen. Sie waren wohl alle sowohl mit Bernhardin als auch mit seinem älteren Bruder in Kontakt gewesen.654 Der aus Augsburg stammende Mair bestätigte als Zeuge die Bekanntschaft mit dem Nürnberger.655 Stefan Kaser aus Salzburg, der selbst 1500 und 1501 zum Konsul ernannt worden war,656 gab an, Hirschvogel seit vielen Jahren gut zu kennen. Aus Kasers Aussage geht daneben hervor, dass sich Hirschvogel zum Sterben in das Privathaus des Kaufmanns Zacharias Stahl zurückgezogen habe.657 Bei Zacharias Stahl, der als Besitzer eines Hauses und mit einer eigenen Familie in der Stadt wohl dauerhaft in Venedig lebte und hier als Inhaber des venezianischen Bür- gerrechts fest verankert war,658 handelte es sich um eine der wichtigsten deutschen Kon-

Fondaco dei Tedeschi di Venezia: l‹arredo delle ca- fol. 16v. Zu Kaser: „annis viginti quinque in circa mere (1508–1650), in: Spazi veneziani.Topografie cognovisse […] dominum Francescum Hirsfogel“; culturali di una città, hg. v. Sabine Meine (Venetia- StBN, Pirckheimer-Papiere 364, U 17, fol. 7v. na 15), Rom u. a. 2014, S. 59–89, S. 76–68. 656 Simonsfeld, Fondaco 2, S. 207–208. 654 StBN Pirckheimer-Papiere zw. 267–268, fol. 16rv. 657 StBN, Pirckheimer-Papiere 364, U 17, fol. 8v. Zu Andreas Rem, der von 1508–1518 Gesellschaf- 658 Stahl und seine Frau Magdalena wurden im Alpha- ter bei Anton Welser, Konrad Vöhlin & Co war, bet des Notars Priamo Businelli genannt: „domi- der auch Konrad IV. Imhoff angehörte: Wolfgang num Zacharium Stal mercatorem theotonicum et Reinhard (Hg.), Ausgburger Eliten des 16. Jahr- dominam Magdalenam […] uxorem“; ASVe, NT, hunderts. Prosopographie wirtschaftlicher und b. 66, Alphabet A. Das entsprechende Dokument politischer Führungsgruppen 1500–1620, Berlin ist nicht erhalten. Immobilien konnte man in der 1996, S. 678–679. Zu Leonhard I. Sulzer, der ab Stadt nur als Inhaber des venezianischen Bürger- 1508 in Venedig u. a. als Faktor von Andreas Gran- rechts besitzen: Backmann, Kunstagenten, S. 187; der, Konrad Rehlinger und Hans Honold sowie Hollberg, Deutsche in Venedig, S. 45 u. S. 169; Isra- von und dessen Brüdern auftauchte: el, Fremde, S. 131. Als solcher wurde er auch durch ebd., S. 831; Simonsfeld, Fondaco 2, S. 178. den Nürnberger Rat bezeichnet: (1507 Feb. 20) 655 StBN, Pirckheimer-Papiere 364, U 17, fol. 17v. in: Simonsfeld, Fondaco 1, Nr. 645, S. 355–356, Mair war Faktor der Gesellschaft Georg Herbot u. S. 355. Brüder: StBN Pirckheimer-Papiere zw. 267–268, 3. Verflechtung, Integration und Identität der Nürnberger in Venedig · 167 taktpersonen der Nürnberger aus dem kaufmännischen Umfeld in der Zeit um 1500. Er wird als ähnliches Bindeglied zwischen diesen in den Quellen fassbar wie beispielsweise Johannes Daga für die Zeit um 1400. Stahls nachweisliche Verbindungen zu Personen aus der fränkischen Reichsstadt beschränkten sich jedoch auf Kontakte zu anderen Kaufleu- ten, wie beispielsweise zu Franz Imhoff, mit dem er gemeinsames Mitglied der Scuola Grande di San Rocco war.659 Eine eigene Herkunft Stahls aus der Pegnitzstadt, die Si- monsfeld annahm, konnte nicht nachgewiesen werden. Sie ist sogar eher unwahrschein- lich, da der Nürnberger Rat ihn in der Auseinandersetzung mit Georg Spengler 1507, der im Gegensatz als „civis noster“ bezeichnet wurde, als venezianischen Bürger nannte und keinerlei Hinweis auf eine Nürnberger Abstammung gab.660 Spengler hatte sich beim Nürnberger Rat beklagt, dass Stahl es nicht akzeptieren habe können, dass er sich nach mehreren Jahren Zusammenarbeit aus „gerechten und einschneidenden Gründen“ von Stahl getrennt habe. Dieser habe ihn in Venedig verleumdet, seine Pflichten vernach- lässigt und hinter seinem Rücken Handel getrieben. Als Spengler einige Zeit zuvor in Venedig gewesen sei, habe Stahl ihn sogar in einen Hinterhalt gelockt und ihm nach dem Leben getrachtet. Dies sei jedoch in Anbetracht der Schädigung des guten Rufs Spenglers zu vernachlässigen. Der Nürnberger Rat bat daher die venezianische Signoria darum, Stahl ein Schweigegebot aufzuerlegen.661 Was ausschlaggebend für die Aufkündigung der ehemals engen Zusammenarbeit gewesen sein mag, wurde von Spengler nicht genannt. Ebenso steht die Eskalation in scharfem Kontrast zum offensichtlich guten Verhältnis, das Franz Hirschvogel mit Stahl unterhielt. Auch zu Burckhard de Burckhardi aus Speyer hatten nicht alle Personen aus der frän- kischen Reichsstadt eine gute Beziehung. Burckhardi spielte innerhalb der Nürnberger Gemeinschaft in Venedig eine bedeutende Rolle, wobei auch seine Kontakte sich offenbar weitestgehend auf die Kaufmannschaft beschränkten. Mehrfach wurde der Kaufmann, der in der Forschung zur Kirche von San Bartolomeo und zu Albrecht Dürers Rosen- kranzfest oftmals fälschlicherweise als Kaplan des Sebaldaltars oder Geistlicher innerhalb der Kirche vermutet wurde,662 von dem Nürnberger Maler porträtiert. So handelte es sich bei ihm um eine der wenigen Personen, die auf Dürers Altarbild für San Bartolomeo

659 Heinrich Dormeier, Venedig als Zentrum des Simonsfeld, Fondaco 2, S. 192. Bereits Schaper gab Rochuskultes, in: Nürnberg und Italien. Begeg- jedoch an, dass die Herkunft unklar sei: Schaper, nungen, Einflüsse und Ideen, hg. v. Volker Kapp Hirschvogel, S. 189. u. Frank-Rutger Hausmann, (Erlanger Romanisti- 661 „idem Acharius cum quibusdam auxiliariis et ar- sche Dokumente und Arbeiten 6), Tübingen 1991, mata manu eidem Georgio insidias tetendit, ani- S. 105–127, S. 117. Das noch erhaltene, originale mo eum in corpore et vita offendendi; quod omne Mitgliederverzeichnis einzusehen, war aus konser- tendat in detrimentum, damnum bonam fidem vatorischen Gründen nicht möglich. Zur Frage der ejusdem Georgii.“ (1507 Feb. 20), in: Simonsfeld, Bekanntschaft von Mitgliedern der Scuole und zu Fondaco 1, Nr. 645, S. 355–356, S. 356. Netzwerken über institutionelle Mehrfachbindung: 662 Anzelewsky, Albrecht Dürer 1, Nr. 93, S. 191- 203, vgl. Kap. II.3.2 S. 199. Zuletzt: Martin, J.A., Who is who e dov’è il 660 (1507 Feb. 20), in: Simonsfeld, Fondaco 1, Nr. 645, Doge?, 57. S. 355–356, S. 355. Zu Simonsfelds Vermutung: 168 · II. Nürnberger in Venedig von 1506 zu identifizieren sind.663 Mit der Gemeinschaft der Nürnberger am Sebaldaltar und mit der dort dominierenden Familie der Imhoff war er so eng verbunden, dass er 1513 das Fest zum Gedenken des heiligen Sebald am gleichnamigen Altar ausrichtete, da die Nürnberger „[n]imant zu Venedig heten als unsern freund Purchhart de Purchhar- di“664. Dass es sich bei Burckhardi um einen Kaufmann gehandelt haben muss, zeigen die Quellen eindeutig. Als Bernhardin Hirschvogel ihn als Zeugen für die Eröffnung des Testaments seines Bruders Franz benannte, wurde Burckhardi als Faktor des Johannes Tesser bezeichnet.665 Thomas Reich, der bei dem Speyrer in die Lehre ging, erklärte sei- nem Oheim Linhart Tucher, dass sein Ausbilder für unterschiedliche große oberdeutsche Handelsgesellschaften, unter anderem für die Imhoff, als Agent in Venedig tätig sei und offensichtlich einen wichtigen Teil von deren Geschäften betreibe.666 Auch als der junge Nürnberger, nachdem er wegen des Konflikts mit Burckhardi von seinen Vormündern Endres I. Imhoff, Hans Koberger und Linhart Tucher nach Nürnberg zurückgeholt wor- den war, um eine Rückkehr nach Venedig bat, gab er zu bedenken, dass er in Venedig von den Imhoff nicht benötigt werde. Sie hätten dort Burckhardi, der sich um die Ge- schäfte kümmere.667 Offenbar waren gerade die Imhoff eng mit dem Speyrer verbunden. Wahrscheinlich war Thomas Reich als Vetter und Mündel Endres’ I. Imhoff vor allem aus diesem Grund zu Burckhardi nach Venedig in die Lehre geschickt worden. Auch dessen Augsburger Lehrlinge, mit denen Reich lernte, stammten aus Familien, für die der Kauf- mann tätig war. Anfangs äußerte sich Reich über seinen Lehrherren noch in lobenden Tönen.668 Der Konflikt, der jedoch bald ausbrach, gefährdete die guten Beziehungen zu den Imhoff, die in Nürnberg und Venedig gemeinsam mit den weiteren Vormündern Reichs, Linhart Tucher und Hans Koberger, in den Konflikt eingriffen und zu vermitteln versuchten.669 Das intensive Engagement mehrerer Familienmitglieder und der finanziel- le Ausgleich, der an Burckhardi gezahlt wurde, zeigen die Brisanz der Situation. Um das Gleichgewicht innerhalb der sozialen und geschäftlichen Beziehungen aufrechtzuerhal- ten, mussten Konflikte möglichst schnell gelöst werden.

663 Burckhardi lässt sich durch ein heute in der Ro- 665 „Brocardus de Brocardis factor domini Ioannis yal Collection in Windsor Castle befindliches Tesser“; StBN Pirckheimer-Papiere zw. 267–268, Einzelportrait identifizieren, das ebenfalls Dürer fol. 16v. anfertigte und mit einer Inschrift versah: Anze- 666 Neben den Imhoff war er auch für die Welser, Reh- lewsky, Albrecht Dürer, Nr. 97, 205–206. Das linger und Sulzer tätig: T. Reich aus Venedig an L. Portrait ist abgedruckt in: Ders., Albrecht Dürer. Tucher (1529 Mär. 14), StadtAN, E 29/IV-1438. Das malerische Werk 2: Tafelband, NA Landshut 667 „so haben sie meinen herrenn, dobey ich gebes- 1991, Nr. 117, Taf. 104. Eser, In onore della città, sen bin, der solchs vonn iren wegenn ausricht.“ T. 84. Ebenfalls, sowie zum allgemeinen Problem der Reich aus Nürnberg an L. Tucher (1530 Jul. 20), Identifizierung: Martin, Who is who, S. 57–59. StadtAN, E 29/IV-1449. 664 GNM, IA Teil 1, Fasc. 19, Nr. 20, S. 28. Die Tat- 668 T. Reich aus Venedig an L. Tucher (1529 Aug. 18), sache, dass auf Burckhardi als Freund verwiesen StadtAN, E 29/IV-1442. wird, zeigt, dass es sich nicht um ein Mitglied einer 669 T. Reich aus Venedig an L. Tucher (1530 Jan. 12), möglichen Sebaldbruderschaft handelte. StadtAN, E 29/IV-1444. Von Imhoff’scher Seite waren Simon und Endres engagiert. 3. Verflechtung, Integration und Identität der Nürnberger in Venedig · 169

3.1.3 Verbindungen zu Venezianern und Integration in die venezianische Gesellschaft

Dass die deutschen Kaufleute im Fondaco schon früh Kontakte auch zu Venezianern pflegten, verdeutlichen die vielen Erlässe der venezianischen Regierung bereits aus dem 14. Jahrhundert, die entsprechende Kontakte ahndeten oder diesbezügliche Verbote offenbarten.670 Ebenso verweist der Dialog des Georg von Nürnberg, der sich, wenn auch möglicherweise nur rhetorisch, auf die „freuntschafft“ des Venezianers und sei- nes deutschen Gesprächspartners bezog, darauf, dass eine engere Beziehung zu den Ein- heimischen für die Kaufleute aus dem Norden nichts Ungewöhnliches gewesen zu sein scheint.671 Die Wahl eines Venezianers als Ausbilder für den kaufmännischen Nachwuchs setzte wohl ebenfalls eine Bekanntschaft und das Vertrauen in die Rechtschaffenheit wie die Fähigkeiten des Lehrmeisters voraus. Zu der Familie der Amadi, zu denen Friedrich III. Kress 1424 bis 1427 in die Lehre geschickt wurde, hatte das Nürnberger Handelsge- schlecht spätestens seit den 1390er Jahren intensive Beziehungen. Auch der Ausbilder Endres’ I. Imhoff, Girolamo de Piero, tauchte noch an anderer Stelle als Vertrauter der Familie auf.672 Dabei wurden die Lehrlinge, wie auch die zahlreichen Geschenke von Friedrich Kress an die Frauen der Amadi zeigten, oftmals eng in die Familie des Aus- bilders eingebunden.673 Dies trug sehr dazu bei, die Beziehungen zu den befreundeten Handelspartnern und Familien ebenso wie die Verbundenheit zur Stadt selbst zu festigen. Einige Nürnberger blieben in Diensten venezianischer Kaufleute. Hans Salfelder tä- tigte im Namen Alvise Michiels Pfefferhandel.674 Georg Spengler, der Sohn des Nürn- berger Ratsschreibers Lazarus Spengler und Neffe des späteren Fugger-Faktors und sehr aktiven Nürnberger Venedig-Kaufmanns gleichen Namens, ging für eine venezianische Handelsgesellschaft sogar in die Levante. Wegen einer Seuche floh er aus Damaskus, „allda er alls ain puchhallter seiner herrn zu Venedig“ tätig gewesen war, starb jedoch in der Folge in Tripolis an der Pest.675 Die venezianischen Handelspartner machten sich die Verbindungen zu den Nürnbergern und deren gegenseitige Verflechtungen ebenfalls in anderen Bereichen zu Nutze, wie dies Andrea Barbarigo tat, der laut seines Kontobuchs über die Kontakte der Rummel Schachteln mit Goldfäden nach Brügge transportieren ließ.676 Auch sonst sind die Kontakte zu Venezianern für die Nürnberger Kaufleute vor allem über geschäftliche Interaktionen nachzuvollziehen. Das Eintreten von Personen aus der

670 Vgl. u. a.: (1364) u. (1375), Simonsfeld, Fondaco 1, 674 U.a. ASVe, Misc. Gregolin, b. 15, fol. 155b. Nr. 205, S. 88–89 u. Nr. 232, S. 105–106. 675 „[…] gein Tripoli farn und den sterben fliehen 671 Georg v. Nürnberg, fol. 97v, Z. 31, S. 258; ebd., wollen, ist er an der pestilentz gestorben“; StBN, fol. 93r, Z. 23–24, S. 251. Amb. 1236–8°, fol. 31v. Wer seine venezianischen 672 GNM, IA Teil 1, Fasc. 44, Nr. 1, fol. 37v; sowie: Herren waren, konnte nicht geklärt werden. (1509 Apr. 21), GNM, IA Teil 1, Fasc. 28, Nr. 11b. 676 Sieveking, Venetianische Handelungsbüchern, 673 GNM, KA, Sch. XXVIII, Fasc. E, Nr. 1, fol. 3r. S. 209. 170 · II. Nürnberger in Venedig

Lagunenstadt als Bürgen für fränkische Händler zeugte, wie bei Domenico Rosso, der für den durch Hermann Reck vertretenen Konrad Pirckheimer in Schuldstreitigkeiten einstand,677 oder Heinrich Imhoffs Gewährsmann Nicolò Aserico in den Schuldgeschäf- ten des Nürnbergers mit Antonio de Auro 1420,678 zumindest von einem gewissen Ver- trauen in die Liquidität der Schuldner und damit ihrer guten Reputation, wahrschein- lich aber sogar von einer Bekanntschaft. Das Einsetzen von Prokuratoren war, falls sie von den Nürnbergern selbst ausgewählt und nicht zugeteilt wurden, auch im Bereich venezianisch-Nürnberger Kontakte Zeichen für ein besonderes, persönliches Vertrauens- verhältnis. Hermann Reck setzte am 22. März 1420 sicherlich bewusst Andrea de Polis, Giovanni Decolato und Francesco Amadi ein, als er auf Anordnung des Nürnberger Rats gemeinsam mit den anderen reichsstädtischen Kaufleuten die Serenissima im Zuge der Handelssperre König Sigismunds verlassen musste. Er wies die drei Venezianer an, alle seine Geschäfte so auszuführen, als sei er selbst anwesend.679 Auch bei Franz Hirschvo- gel, für den Alvise Mocenigo Immobiliengeschäfte abwickelte,680 wird die Einsetzung des Venezianers gute Gründe gehabt haben. Den häufigsten Anlass für Kontakte zwischen Nürnbergern und Venezianern bilde- ten gemeinsame Geschäfte. Einige waren auf einen rein wirtschaftlichen und einmaligen Austausch beschränkt. Verbindungen, die über längere Zeiträume, teilweise über mehre- re Jahrzehnte, immer wieder in den Quellen zu fassen sind, wiesen durch ihre Kontinu- ität und Dichte jedoch auf enge ökonomische Beziehungen hin, die auch die wirtschaft- lichen Konditionen verbessern und somit Handel und Stellung einzelner Nürnberger Geschlechter in Venedig maßgeblich beeinflussen konnten.681 Bei Schuldverpflichtungen konnten beide Seiten als Gläubiger auftreten. Franz Pfinzing trat beispielsweise an den Seidenhändler Giovanni Parduzi mit Ansprüchen heran.682 Auch Hermann Reck hatte mit Andrea Parduzi einen venezianischen Schuldner.683 Pasqua Zantani und Giovanni de

677 (1403 Feb. 20 m.v. = 1404 Feb. 20), in: Simonsfeld, 681 Darauf wird auch hingewiesen bei: Georg v. Nürn- Fondaco 1, Nr. 288, S. 137–138. berg, fol. 87r, Z. 28–32, S. 241. 678 (1419 Feb. 17 m.v. = 1420 Feb. 17), ASVe, CIN, b. 682 (1403 Feb. 8 m.v. = 1404 Feb. 8), ASVe, CIN, b. 226, 193, prot, 3, fol. 17v. Auch Francesco de Garzoni prot. 1, Nr. 26, fol. 35v. wurde als „purg“ für die Imhoff gegenüber der Ge- 683 (1421 Sep. 2), ASVe, CIN, b. 228, prot. 2 (fol. 36v– sellschaft Marco Veniers 1487 in den Imhoff’schen 37r = o. Fol.). Weitere Schuldforderungen von Rechnungsbüchern vermerkt: GNM, IA Teil 1, Nürnbergern an Venezianer z. B.: Biasio de Lu- Fasc. 19, Nr. 1, fol. 23b. mini als Schuldner des Gottfried aus Nürnberg 679 (1420 Mär. 22), ASVe, CIN, b. 228, prot. 1, fol. 207v. (1417 Jan. 20 m.v. = 1418 Jan. 20), ASVe, CIN, b. Am 5. März hatte der Nürnberger Rat seine Kauf- 227, prot., fol. 361v; Petro de Vanette als Schuldner leute zurückberufen: (1520 Mär. 5), StAN, BB (Rep. Peter und Sigmund Pfinzings (1419 Jan. 27 m.v. = 61a), Nr. 5, fol. 51r. Zur Handelssperre: Kap. IV.1. 1420 Jan. 27), ASVe, CIN, b. 228, prot. 1, fol. 188r 680 „Ser Aloysius Mauroceno quondam ser Nicolai oder Giovanni Dandolo als Schuldner Johan- emit de anno 1502 die 26 julii a ser Leonardo Hirs- nes Gartenors (1421 Jun. 14), ASVe, CIN, b. 228, fogel et fratribus unum stabile positum in contrata prot. 2, (fol. 16r = o. Fol.). Santi Raphaelis […] pro ducatis mille centum“; StBN, Pirckheimer-Papiere 364, U 17, fol. 18r. 3. Verflechtung, Integration und Identität der Nürnberger in Venedig · 171

Dessa schuldeten Heinrich Imhoff 4000 Dukaten. Aus Mitleid gegenüber Pasqua und der elenden Situation, in die sie bei Zahlung der Summe geraten würde, befreite Imhoff sie von der Schuld und forderte die Rückzahlung nur noch von ihrem Mann ein.684 Den Ge- sellschaften Hans Imhoffs und Lienhard II. Hirschvogels sowie weiteren oberdeutschen Kaufleuten schuldete Alvise de Giacomo eine so hohe Summe, dass die Gläubiger durch den venezianischen Senat bei ihren Forderungen unterstützt wurden.685 Immer wieder traten auch Venezianer mit Geldforderungen an die Nürnberger heran wie bei den An- sprüchen des Antonio de Ponte an Konrad Pirckheimer686 oder Paolo Maduzios an En- dres und Georg Ketzel.687 Leonardo, Giovanni und Luca Vendramin klagten durch ihren Bevollmächtigen Justus de Albano 1499 die Schulden von Linhart und Elisabeth Huber in Nürnberg ein.688 Die venezianische Regierung griff auch hier immer wieder ein, um ausstehende Zahlungen zu veranlassen. Die Säumigkeit der Gesellschaft „Johannes Gru- ber und Brüder“ beschere dem Patrizier Jacopo Mocenigo „unglaublichen Schaden“. Als nach mehrfachem Bemühen die Schulden immer noch nicht beglichen worden waren, wurde Paulus Imhoff bevollmächtigt, die Güter der Schuldner zu pfänden.689 Besonders gravierend waren jedoch die in beiden Fällen mehrere Tausend Dukaten betragenden Schulden, die Hermann Reck und Konrad Kress in Venedig gemacht hatten und die je- weils 1431 im Zusammenhang mit ihren Firmenbankrotten eingefordert wurden.690 Die meisten Kontakte lassen sich über konkrete Warengeschäfte erschließen.691 Vor allem zwischen den großen venezianischen und Nürnberger Gesellschaften erstreckten sich die Beziehungen oftmals über mehrere Jahre oder gar Jahrzehnte. Die Rechnungs- bücher der venezianischen Handelsfamilien geben besonders für die erste Hälfte des

684 (1419 Jan. 6 m.v. = 1420 Jan. 6), ASVe, CIN, b. 193, de Bartolomeo gegen die Witwe Linhart Rorers prot. 3, fol. 17r. verhandelt: (1523 Okt. 19–1524 Aug. 8), StadtAN 685 (1494 Feb. 3 m.v. = 1495 Feb. 3), in: Simonsfeld, B 14/II, Nr. 17, fol. 197r u. Nr. 18, fol. 94v–95r u. Fondaco 1, Nr. 598, S. 325. Wer die konkreten Kon- 213rv. taktpersonen der Gesellschaften in diesem Fall wa- 689 (1469 Apr. 28), StAN, 7-fabriges Alphabet, Urk. ren, lässt sich jedoch nicht nachvollziehen. Für die Nr. 3342. Über den „incredibili damno“ Moce- Hirschvogel übernahm dies wahrscheinlich Franz, nigos beklagte sich die Signoria im Januar (1468 der auch für seinen Schwager Hans Salfelder des- Jan. 21 m.v. = 1469 Jan. 21), ebd., Nr. 3311. Eine ers- sen Schulden bei einem gewissen Lucas Posca ein- te entsprechende Aufforderung findet sich bereits zog: (1506 Mär. 13), StadtAN, B 14/II-S, fol. 126v. aus dem September 1468: (1468 Sep. 23), StadtAN, 686 (1403 Feb. 20 m.v. = 1404 Feb. 20), in: Simonsfeld, E 1/419–1. Fondaco 1, Nr. 288, S. 137–138. 690 Simonsfeld, Fondaco 1, Nr. 364, S. 195; Nr. 369– 687 „viris Andree e Georgio Chezeler merchatoribus 370, S. 198–200; Nr. 372–373, S. 200–202; Nr. 375, teotonicis in fonticu nostro theothonicorum et S. 203–204; Nr. 378, S. 205–206 u. Nr. 383, vestris heredibus et successoribus de ducatis cen- S. 208–209; Stromer, Oberdeutsche Hochfinanz 2, tumquadragintaduobus et grossis tribus“; (1460 S. 456. Vgl. Kap. II.2.4. Feb. 6 m.v. = 1461 Feb. 6), ASVe, CIN, b. 175, 691 Vgl. z. B. Mattia de la Torre und Johannes Koler prot. 2, fol. 63v. 1424 (Simonsfeld, Fondaco 1, Nr. 340, S. 177–178) 688 (1499 Apr. 9), StadtAN, B 14/II-L, fol. 159v u. B oder die Geschäfte der Imhoff mit Marco Venier 14/II-U, fol. 23r. Ebenfalls vor dem Nürnberger und Lorenzo Rizzo um 1490 (GNM, IA Teil 1, Gericht wurden die Forderungen des Girolamo Fasc. 19, Nr. 1, fol. 23b u. 42b). 172 · II. Nürnberger in Venedig

15. Jahrhunderts einen Eindruck dieser Intensität.692 Der venezianische Bankier und Me- tallhändler Guglielmo Condulmer stand in den Jahren zwischen 1387 und 1410 vor allem mit den Pirckheimer in geschäftlichem Kontakt. Daneben fanden sich Jacob und Niko- laus Granetl zwischen 1397 und 1410 kontinuierlich in seinem Rechnungsbuch. Auch die anderen beiden wichtigen Venedig-Familien der Zeit, die Kress und die Rummel, sowie einige weitere Nürnberger, die nicht näher identifizierbar sind, trieben mit Condulmer wohl regelmäßigen Handel.693 Als besonders wichtige Handelspartner mit sehr vielen und häufigen Kontakten zu Nürnbergern stachen in den 1410er und 1420er Jahren die Soranzo heraus. Bei ihnen handelte es sich um das venezianische Kaufmannsgeschlecht, das in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts gemäß der Überlieferung die intensivsten Kontakte zu deutschen Kaufleuten unterhielt.694 In ihren Büchern fanden sich wiederholt alle wichtigen Vene- dig-Gesellschaften aus der Reichsstadt. In der zweiten Dekade des Jahrhunderts wurden vor allem Lorenz und Konrad Pirckheimer, teilweise vertreten durch Hermann Reck, vermerkt.695 Wilhelm und Hans Rummel wurden zwischen 1412 und 1421 wiederholt genannt. Ab 1425 tauchte Hans dann gemeinsam mit Ulrich Rummel in den Soranzo- Büchern auf.696 Auch die Kress und die Hirschvogel wurden bereits ab 1417 relativ häufig erwähnt. Die Imhoff hingegen werden nur für 1424 genannt.697 Wie Condulmer betrie- ben auch die Soranzo bereits 1407 und für einen Zeitraum von über 20 Jahren intensiven Handel mit der Familie Granetl. Daneben unterhielten sie mit Konrad Reck, Rainald Detil und dem Nürnberger Kaufmann Seyfried Österreicher intensiven Handel.698 Die

692 Sieveking, Venetianische Handlungsbücher; Lane, 696 Über die Soranzo standen Wilhelm und Hans Andrea Barbarigo. mit Venezianern, wie z. B. Machomo Bono, aber 693 ASVe, Procuratori San Marco, Misti, b. 182. Unter auch Personen aus dem Norden, wie Nikolaus aus den nicht weiter identifizierbaren Nürnbergern Ulm, in Kontakt. Als weiterführende Kontakte von sind Cristofalo und Sinibaldo besonders häufig Ulrich und Hans wird dabei der wohl ebenfalls aufgeführt. Zum Handel Condulmers mit Nürn- deutsche Bernhard Semmser genannt. Wilhelm u. bergern: Schaper, Rummel, S. 34; Stromer, Ober- Hans Rummel: 1412 (6), 1417 (3), 1418 (4), 1419 deutsche Hochfinanz 1, S. 51, S. 120, S. 181 u. (12), 1421; Ulrich u. Hans Rummel: 1425, 1426 S. 212. (13), 1427 (1): ASVe, Misc. Gregolin, b. 14, LNR: 694 Sieveking, Venetianische Handlungsbücher. Zu fol. 23b, 30b, 33a, 53a, 57b, 59b, 75a, 77a, 79a, 85a, den Soranzo u. ihren Banken: Mueller, Venetian 121b, 123b, 125a, 129b, 130b. Money Market, S. 177 u. S. 520–526. 697 Die Imhoff werden für 1424 fünf Mal erwähnt: 695 ASVe, Misc. Gregolin, b. 14, LNR, fol. 57b. Sonst: ASVe, Misc. Gregolin, b. 14, LNR, fol. 107a, 113b Konrad Pirckheimer 1415 (4), 1417 (3), 1418 (3) u. 114b. Zu den Kress: 1417 (4), 1422 (5), 1424 (8): u. 1419 (5) Lorenz Pirckheimer 1416 (5): ebd., ebd., fol. 54b, 57b, 58b, 72b, 93b, 97a, 107a, 112a, fol. 34b, 45a, 50a, 54b, 55b, 56a, 57b, 72b, 77a u. 113a. Zu den Hirschvogel: 1417 (8), 1418 (1), 1419 77b. Zwar wird für 1416 zweimal ein „Lunardo“ (2): ebd., fol. 53a, 54b, 57a, 57b, 58a, 69b. Zu den genannt (ebd., fol. 55b), für den identischen Ein- Rechnungsbüchern der Soranzo: Sieveking, Vene- trag wird jedoch im Libro Vecchio Real ein „Lo- tianische Handlungsbüchern. renzo“ angegeben: ASVe, Misc. Gregolin, b. 14, 698 Granetl: 1407 (1), 1408 (3), 1414 (5), 1415 (4), 1416 LVR, fol. 58a u. 58b. Zu den einzelnen Kaufleuten (6), 1418 (4), 1428 (4); Konrad Reck: 1417, 1418 (3), auch: Sieveking, Venetianische Handlungsbücher 1419 (2); Rainald Detil: 1423 (4), 1424 (6), 1426 2, S. 219–221. (4), 1427 (9), 1429 (2): ASVe, Misc. Gregolin, b. 3. Verflechtung, Integration und Identität der Nürnberger in Venedig · 173

Kaufleute aus der fränkischen Reichsstadt stellten unter den zahlreichen deutschspra- chigen und vor allem oberdeutschen Händlern den größten Anteil der Geschäftspartner der Soranzo dar.699 In den sonst erhaltenen Rechnungsbüchern venezianischer Kaufleute zeigt sich kein so umfassender Austausch mit Personen aus dem Norden wie bei den Soranzo. Sie kon- zentrierten sich meist auf bestimmte Handelspartner. Der Kaufmann Andrea Barbarigo trieb in den 1430er Jahren mit Wilhelm und Hans Mendel und im Jahr 1434 mit Konrad Paumgartner Handel.700 Besonders häufig hatte er jedoch Hans Gruber aus Nürnberg oder dessen Faktor als Handelspartner.701 Auch Barbarigo unterhielt mehr Geschäftskon- takte zu Nürnbergern als zu allen Kaufleuten aus dem Norden zusammen, wobei diese, im Gegensatz zu den Soranzo, nur einen kleinen Teil der intensiven und geographisch vielfältigen Kontakte des venezianischen Kaufmanns darstellten. Im Handelsbuch Francesco Contarinis wurden unter den zahlreichen ausländischen Händlern aus Nürnberg nur Ulrich Hirschvogel, 1449, und die Gesellschaft des Kon- rad Imhoff, 1450, vermerkt.702 Die Firma „Ser Chorado In churia effioli“ tauchte um 1480 vermehrt auch in den Rechnungsbüchern Alvise Michiels auf. Deren Handel setzte im Vergleich zu den anderen Nürnbergern relativ spät ein.703 Da nur die Gesellschaft des Handelspartners genannt wurde, ist nicht nachvollziehbar, welche Familienmitglie- der tatsächlich tätig wurden. Bei Einzelpersonen, wie Levin Memminger704 oder dem Hirschvogel-Schwager Hans Salfelder,705 die mehrmals aufgeführt wurden, ist jedoch da- von auszugehen, dass die beiden Nürnberger selbst in Venedig tätig waren. Ob es sich bei

14, LNR, fol. 2a, 4b, 11a, 16b, 17a, 34b, 41b, 44a, 132b, 133a, 176b, 186a u. 186b. Sonst zu Hans Gru- 45a, 50a, 52a, 53a, 57b, 60a, 62b, 73b, 103a, 105b, ber: 1434 (2), 1435 (3), 1437: ebd., fol. 177a, 186a, 108a, 108b, 111b, 128b, 129b, 132a, 134b, 137a, 186b, 227b. Einmal ist auch ein „Iacomo“ Gruber 146a. Ostorich, wohl Österreicher 1413 (5), 1414 erwähnt: ebd., fol. 177a. (2), 1415 (5), 1416 (4), 1417, 1426 (8): ebd., fol. 27b, 702 BMC, Mss. PD C.912/1, fol. 34v–35r, 99v–100r u. 40a, 45a, 63b, 116a, 118b, 123a, 127b, 129b, 130a. Mss. PD C. 911/1, fol. 76a u. 76b (nur K. Imhoff). 699 Daneben fanden sich viele weitere, sonst in den Zu Contarini und Hirschvogel: Schaper, Hirschvo- Quellen nicht fassbare Nürnberger. Insgesamt gel, S. 99. sind in den Büchern ca. 40 Nürnberger mit 227 703 ASVe, Misc. Gregolin, b. 15, fol. 125a, 144a, 144b, Einträgen vermerkt. Besonders häufig waren sonst 145a, 165b. Ulmer (34 Personen). Auch aus Augsburg (13) ka- 704 1470, 1476, 1480, 1481: ASVe, Misc. Gregolin, b. men einige Kaufleute, gefolgt von Salzburg (8) und 15, fol. 1, 125a, 141b, 145a, 153b u. 155a. Anfang Ravensburg (7). ASVe, Misc. Gregolin, b. 14, LNR. des 15. Jahrhunderts ist von direkten Kontakten 700 Mendel: 1433 (2), 1434 (2); Paumgartner: 1434 (8): generell auszugehen. Auch später verwies jedoch ASVe, Grimani-Barbarigo, b. 41, reg. 2, fol. 111b, die zeitgleiche Angabe von konkreten Einzelna- 115a, 115b, 126a, 126b, 128a, 128b, 130a, 132a, men und Gesellschaften (auf venezianischer wie 139a. Auch ein gewisser Jakob Auer wurde mehr- Nürnberger Seite) darauf, dass bei Nennung von mals erwähnt: 1433 (2), 1434 (3): ebd., fol. 111b, Personen auch davon auszugehen ist, dass sie per- 115a, 115b, 130a. Zu Barbarigo generell: Lane, An- sönlich in die Transaktionen involviert waren. drea Barbargio; sowie: Mueller, Venetian Money 705 1476 u. 1481: ASVe, Misc. Gregolin, b. 15, fol. 102a, Market, S. 526–536. 153b, 155a u. 155b. 701 „Zan Gruber e Piero so fator de Norinbergo“ ASVe, Grimani-Barbarigo, b. 41, reg. 2, fol. 126b, 132a, 174 · II. Nürnberger in Venedig

„Polo Cholb“, „Rigo Chres“ und „Zuan Folchomer“ um Paul Kolb, Ulrich Kress und Hans Volkamer handelte,706 kann hingegen nicht eindeutig geklärt werden. Mit Ulrich, Lukas und Georg Fugger, Hans Reinsberger und Hans Pronsteter aus Augsburg und Heinrich Rummel aus Köln unterhielt Michiel noch zu vielen weiteren bedeutenden Kaufleuten aus dem Reich nördlich der Alpen Handelskontakte. Deutlich über geschäftliche Transaktionen hinaus gingen die intensiven persönlichen Beziehungen, die die Amadi zu einigen Nürnberger Kaufleuten und Handelsgeschlech- tern hegten. Philippe Braunstein verwies bereits darauf, dass viele Personen aus dem Norden die Amadi zu Testamentsvollstreckern ernannten,707 und das Geschlecht so of- fensichtlich im deutschsprachigen Umfeld in Venedig um 1400 vielfältige persönliche Kontakte pflegte und einen guten Ruf genoss. Gerade die Verbindungen zu Kaufleuten aus Nürnberg waren besonders eng. Laut Braunstein wirkte dabei auch die topographi- sche Anbindung der venezianischen Familie, die ihren Wohnsitz in unmittelbarer Nähe zum Fondaco hatte, als verstärkender Faktor. So ernannte Hermann Reck 1420 unter anderem Francesco Amadi als geschäftlichen Bevollmächtigten.708 Besonders enge Be- ziehungen hatte die Familie, wie dies Braunstein für einen Zeitraum von vierzig Jahren aufzeigte, zu den Kress.709 Neben geschäftlichen Transaktionen lassen sich anhand von Korrespondenzen für die letzten Jahre des 14. Jahrhunderts auch in einer sonst in den Quellen seltenen Eindrücklichkeit persönliche Beziehungen und Interessen herauslesen. Die Briefe von Amado und Francesco Amadi an Hilpolt Kress enthalten Auskünfte über den venezianischen Markt, Geschäfte mit dem gemeinsamen Bekannten und Handels- partner Wilhelm Rummel ebenso wie freudige Äußerungen über die Verlobung von Hil- polts Bruder Konrad.710 Knapp 40 Jahre später wurde die enge und vertrauensvolle Ver- bindung der beiden Familien am nürnbergisch-venezianischen Ausbildungsaustausch deutlich. Während Alvise, Sohn des langjährigen Geschäftspartners Francesco Amadi, 1429 nach Nürnberg ging und dort bei den Kress das Kaufmannswesen erlernte,711 be- richtet das Notizbuch Friedrichs III. Kress von dessen dreijährigem Aufenthalt 1424 bis

706 „Polo Cholb“: 1470, 1471, 1477, 1478, 1480: ASVe, sönlichen Ton der Briefe: ebd., S. 254. Konrad Misc. Gregolin, b. 15, fol. 1a, 6b, 13b, 117a, 125b, Kress heiratete Beatrix Haller: Biedermann, Ge- 141a u. 141b. Auch bei Simonsfeld wurde für den schlechtsregister, T. 271. Zeitraum ein P. Kolb aus Nürnberg erwähnt: Si- 711 Der Aufenthalt war auch Grund für die Ausstel- monsfeld, Fondaco 2, S. 79. Der Name „Chres“ ist lung eines Testaments: „andar in Alemagna me nicht eindeutig lesbar: ASVe, Misc. Gregolin, b. 15, disposi de far el mio testamento“; (1428 Jan. 25 fol. 1a. „Folchomer“: ebd. m.v. = 1429 Jan. 25), ASVe, NT, b. 995, Nr. 77. Bei 707 Braunstein, Relations d’affaires, S. 257. Walpurga Kress findet sich ein Vermerk über ei- 708 „ser Francisco Amadi de confinio Sancte Ma- nen Amadi, der zwei Jahre in ihrem Haus gelebt rine“ (1420 Mär. 22), ASVe, CIN, b. 228, prot. 1, hätte: „so het wir Amado auch ii jar pey unss in fol. 207v. unserm hauß“: GNM, KA, Sch. XXVIII, Fasc. C, 709 Braunstein, Relations d’affaires. Nr. 8, fol. 6r. Ohne Angaben von Quellen verwies 710 „e dj zo asay me piase“ A. Amadi aus Venedig an auch Braunstein hierauf: Braunstein, Minoranza H. Kress (1392 Sep. 12), in: Braunstein, Relations tedesca, S. 102. d’affaires, Nr. 1, S. 267. Zum ausgesprochen per- 3. Verflechtung, Integration und Identität der Nürnberger in Venedig · 175

1427 bei Giovanni Amadi, Alvises Bruder. Die teilweise kostbaren Geschenke an die Frauen, Kinder und das Hausgesinde lassen auf eine enge Einbindung in den Haushalt und die Familie der Amadi schließen. Dass sein Herr ihm ebenfalls Geschenke machte, weist auf eine gute Beziehung zwischen beiden Familien hin.712 Der im Gegenzug in der Reichsstadt zur Ausbildung aufgenommene Alvise zeigte sich jedoch seinen Nürnberger Herren nicht erkenntlich.713 Der Unmut der Walpurga Kress über die Nachlässigkeit der Amadi verdeutlicht, wie bedeutend die Wechselseitigkeit des Gabenaustausches für die Aufrechterhaltung der Beziehungen war.714 Das Verhältnis zwischen den Familien war jedoch gut genug, diese Verstimmung zu überstehen. Wenige Jahre später stellte Hiero- nymus im Haus eben von Fritz’ Ausbilder, Giovanni Amadi, sein Testament aus.715 So zeigt sich für die Zeit um 1430 im Verhältnis der Kress und Amadi eine große Intensität der persönlichen Beziehungen zwischen Nürnberger Kaufleuten und ihren veneziani- schen Handelspartnern. Deren Wechselseitigkeit schlug sich in der Übertragung unter- schiedlicher Verantwortungen und in der reziproken Ausbildung des kaufmännischen Nachwuchses nieder, aber auch in der Übergabe und Erwartung gegenseitiger Geschenke als Ausdruck der Dankbarkeit und Mittel zur Vergewisserung des beiderseitigen Wohl- wollens. Neben der besonders engen Verbindung zu den Amadi hatten die Kress auch Kon- takte zu anderen venezianischen Kaufleuten. Als ihr Kunde und Informant tauchte um 1400 Piero Bicharano in den Quellen auf, der mit der Medici-Bank verbunden war und auch Kontakte zu den Rummel und zum Nürnberger Kaufmann Ulrich Kamerer unter- hielt.716 In den Rechnungsquellen der Kress finden sich darüber hinaus viele patrizische Handelspartner, wie die Contarini, Dolfin, Zen oder Querini, was auf eine gute Reputa- tion der Nürnberger Familie als Geschäftspartner schließen lässt.717 Viele der Kontakte scheinen direkt und ohne Mittelsleute erfolgt zu sein. Auch zu Guglielmo Condulmer und den Soranzo­ unterhielten sie langfristige Handelsbeziehungen. Die hohen Schulden,

712 Amadi schenkte Fritz ein Wams: GNM, KA, Sch. schichte des Mittelalters 44), Stuttgart 1999, S. 62– XXVIII, Fasc. E, Nr. 1, fol. 1v. Eine Auflistung der 98; sowie: Burkhardt, Bergenhandel, S. 229. Geschenke an die Amadi: ebd., fol. 3r. Vgl. zum 715 „Actum Venetiis in contrata Sancte Marine et in Notizbuch: Braunstein, Relations d’affaires, S. 259. domo habitationis providi viri ser Iohannis de Die Ausgaben dafür sind auch im Schenkbuch der Amatis et fratrum filiorum quondam domini Fran- Walpurga Kress vermerkt: GNM, KA, Sch. XXVIII, cisci de Amatis“; (1430 Mär. 16), GNM, KA, Sch. Fasc. C, Nr. 8, fol. 6r. Sie beschwerte sich, dass Al- XXV, Fasc. C, Nr. 4. vise kein Geschenk für seinen Aufenthalt bei den 716 Stromer wies darauf hin, dass Bicharano besonders Kress machte: ebd. gerne mit deutschen Kaufleuten gearbeitet habe: 713 Auffällig ist, dass W. Kress dies ausdrücklich ver- Stromer, Oberdeutsche Hochfinanz 1, S. 146. Zur merkt: „aber Amado dank uns nit“; GNM, KA, Verbindung zu den Kress, den Rummel und zu Sch. XXVIII, Fasc. C, Nr. 8, fol. 6r. Kamerer: ebd., S. 121–122. Ein Brief Bicharanos 714 Zur Bedeutung von Geschenken in Beziehungen: an Hilpolt Kress von 1392: Braunstein, Relations Verena Epp, Amicitia. Zur Geschichte personaler, d’affaires, Nr. 3, S. 269. sozialer, politischer und geistlicher Beziehungen 717 Braunstein, Relations d’affaires, S. 243–253.Vgl. im Frühen Mittelalter, (Monographien zur Ge- auch: GNM, KA, Sch. XXVIII, Fasc. A, Nr. 1–30. 176 · II. Nürnberger in Venedig die ­Konrad Kress bei mehreren, meist adeligen venezianischen Gläubigern hinterließ,718 zeigen, dass entsprechende Kontakte auch in den 1420er Jahren noch bestanden, jedoch nicht mehr die gleiche Vertrauen stiftende Basis wie um 1400 hatten. Bei den Kress werden so die möglichen Veränderungen innerhalb der kaufmännischen Beziehungen je nach Erfolg und Liquidität der beteiligten Personen deutlich. Vor allem aber zeigt das Beispiel der Kress, wie intensiv die Nürnberger bereits zu Beginn des 15. Jahrhun- derts im Umfeld venezianischer Kaufleute verankert sein konnten, wobei unterschied- liche Ebenen der Vernetzungen offenbar werden. Neben geschäftlichen Verbindungen unterhielten sie schon früh und trotz der Bestrebungen der venezianischen Regierung, durch die Vorschriften des Fondaco entsprechende Kontakte einzuschränken, enge per- sönliche Beziehungen zu Venezianern. Gleichzeitig werden hier in besonderem Maße die unterschiedlichen Funktionen dieser Nürnberger-Venezianer Beziehungsgeflechte deutlich. Sie dienten nicht nur dem direkten Handel, sondern auch dem Austausch von wirtschaftlichen wie privaten Informationen und der gegenseitigen Unterstützung bei der Ausbildung des kaufmännischen Nachwuchses. Bei den Imhoff fanden sich in erster Linie geschäftliche Verknüpfungen mit Handels- partnern und weiteren Kontaktpersonen aus Venedig. In den Rechnungsbüchern venezi- anischer Kaufleute wurden sie immer wieder erwähnt, ohne jedoch die Kontinuität und Häufigkeit anderer Nürnberger Handelspartner zu erreichen. Im Rechnungsbuch der Soranzo wurden sie nur für 1424 verzeichnet. Dass sie langfristigen Handel mit den So- ranzo betrieben, belegt jedoch die im Familienarchiv erhaltene Schiffsladeliste von 1446, die aus dem Umfeld der venezianischen Handelsfamilien stammte.719 Auch bei Francesco Contarini und Alvise Michiel fand die Gesellschaft Konrad Imhoff nur wenige Erwäh- nungen.720 Ein klareres Bild als die reinen Handelskontakte geben die Kontakte einzel- ner Familienmitglieder in der Serenissima. Hierbei lassen sich für den ganzen Untersu- chungszeitraum gute Verbindungen zu Venezianern erkennen, auch wenn sie anders als bei den Kress keinen Einblick in die privaten Beziehungen erlauben. Bereits Heinrich Imhoff trat nicht nur als Gläubiger für Einheimische in der Stadt auf, er hatte in Nicolò Bonifacio Aserico 1420 auch einen venezianischen Bürgen in den Schuldforderungen des

718 „Conradus Kress junior […] certis nobilibus ci- 720 BMC, Ms. C.911 u. C.912 u. ASVe, Misc. Gregolin, vibus mercatoribus Veneciarum dicitur obligari“; b. 15. In dieser Zeit sind auch Geschäftskontakte (1431Sep. 12), in: Simonsfeld, Fondaco 1, Nr. 373, der Nürnberger Firma beispielsweise zur Gesell- S. 201–202, S. 201. Vgl. auch: ebd., Nr. 372, schaft Marco Venier Effioli und weiteren venezi- S. 200–201; Nr. 375, S. 203–204; Nr. 378, S. 205– anischen Kaufleute nachweisbar: GNM, IA Teil 1, 206 u. Nr. 380–383, S. 207–209. Fasc. 19, Nr. 1, fol. 23a u. 42a. Barthels führt des 719 (1446 Dez. 22), GNM, IA Teil 1, Fasc. 8, Nr. 29. weiteren F. de Gasparo, A. Durati u. P. de Toma- Vgl. auch Jahnel, Die Imhoff, S. 36, S. 63 u. S. 74. so auf: Barthels, Drogenhandel, S. 81. Vgl. auch: Einträge bei den Soranzo: ASVe, Misc. Gregolin, Jahnel, Imhoff, S. 74. b. 14, LNR, fol. 107a, 113b u. 114b. 3. Verflechtung, Integration und Identität der Nürnberger in Venedig · 177

Jacobus de Auro 1420.721 Bei Paul Imhof, der ein halbes Jahrhundert später als Vertre- ter des Jacopo Mocenigo in dessen Auseinandersetzung mit Johannes Gruber agierte,722 zeigte sich eine enge Verbindung, die noch stärker auf ein vertrauensvolles Verhältnis gründete. Peter Imhoff trat in der Schuldforderung der venezianischen Bürger Pietro Donati und Daniele Dulce an Konrad Neumeister 1493 gar in Nürnberg vor Gericht für die beiden italienischen Kaufleute und gegen seinen Mitbürger auf.723 Die Verbindungen zu den Kaufleuten der Serenissima blieben also auch außerhalb der Lagunenstadt selbst wirksam. Ein besonders enges Verhältnis scheint die Familie vor allem zu dem „seiden- macher“ Girolamo de Piero gehabt zu haben. In seine Obhut gaben sie 1504 auf vier Jahre Endres I. als Lehrling.724 Es ist anzunehmen, dass es sich bei dem Ausbilder des jungen Imhoff um den gleichen Girolamo de Piero handelte, dem auch Konrad IV. Imhoff meh- rere, teilweise höchst kostbare Gegenstände überantwortete, die Imhoff in der Kammer im Fondaco 1509 zurückließ.725 Einem gewissen „Contte de Pilatto“ vertraute Konrad so- gar die Schlüssel für das ebenfalls durch die Nürnberger gemietete Magazin und die dort aufbewahrten Truhen mit den Rechnungsbüchern und weiteren Schriftstücken an.726 Von den anderen bedeutenden Nürnberger Handelsfamilien sind im Gegensatz zu den Imhoff und den Kress, außer verstreuten Vermerken in venezianischen Rechnungs-

721 (1419 Feb. 17 m.v. = 1420 Feb. 17), CIN, b. 193, 725 Unter den Gegenständen befanden sich unter an- prot. 3, fol. 17v. Im Anschluss an diesen Eintrag derem Ringe im Wert von knapp 5000 Dukaten folgte direkt die Ernennung des Antonio Bandini (1509 Apr. 21), GNM, IA Teil 1, Fasc. 28, Nr. 11b. Aserico, möglicherweise eines Verwandten Ni- Dies könnte ein Hinweis darauf sein, dass auch colaus’, im Auftrag Nicolò Bonifacios als rechtli- Konrad von ihm ausgebildet wurde. Warum die cher Bevollmächtigter: (1419 Feb. 29 m.v. = 1420 Nürnberger ihre Kammer und die dortigen Waren Feb. 29), ebd. Imhoff als Gläubiger von Giovanni und Gebrauchsutensilien in die Obhut veneziani- de Dessa u. Pasqua Zantani: (1419 Jan. 6 m.v. = scher Bekannter gaben, geht aus dem Schriftstück, 1420 Jan. 6), ebd., fol 17r. das gleichzeitig als eine Art Inventar Einblick in 722 „cum prefatus nobilis noster dederit procuratio- die Objekte in einer entsprechenden Niederlas- nem huius sui crediti prefato Paulo Encuria civi sung im Handelshaus gibt, nicht hervor. Es ist vestro“; (1469 Apr. 28), StAN, 7-farbiges Archiv, jedoch möglich, dass diese Übertragung durch Urk. (Rep. 2b), Nr. 3342. einen notwendigen Rückzug im Zusammenhang 723 „Petrus Donati burger zu Venedig […] und dem mit den Auseinandersetzungen der Serenissima Daniel Dulce auch burger daselbst“. Als Vertreter mit der Liga von Cambrai hervorgerufen worden des P. Donati agierte er gemeinsam mit G. Nützel: sein könnte. Wahrscheinlich handelte es sich bei „das zwischen ime und herr Gabriel Nutzel und Girolamo de Piero auch um die gleiche Person, die Peter Im hof als gewalthaber Petrus Donati halb, 1501 als Gläubiger Heinrich Stammlers aufgetreten auch zwischen im und Peter Im hof als gewaltha- war: „Hieronymo de Piero“ (1501 Okt. 15), in: Si- ber […] Daniel Dulce halb“ bzw. „das er derselb monsfeld, Fondaco 1, Nr. 615, S. 335–338, S. 336. Cuntz Newmaister dem genanten Peter Im hof ‹!› 726 „Ittem so hab ich im mer uberantwort die eisne von oder sein erben dem genanten Peter Im hof ttruhe darinnen alle pücher saindt auch ander mer von beder vorgemelten glawbiger wegen oder geschrifft und schlüsel zu ttruhen […].“ (1509 anndern den sie das furtter bevelhen wurden auß- Apr. 21), GNM, IA Teil 1, Fasc. 28, Nr. 11b. Um wen richten und betzalen sol“ (1493 Mai 8), StadtAN, B es sich dabei genau handelte, konnte nicht geklärt 14/I-8, fol. 206r. werden. 724 GNM, IA Teil 1, Fasc. 44, Nr. 1, fol. 37v. 178 · II. Nürnberger in Venedig büchern, nur wenige Auskünfte über Verbindungen zu Venezianern überliefert. Einziger Hinweis auf entsprechende Kontakte der Mendel ist neben der Erwähnung Wilhelms und Hans’ in den Geschäftsaufzeichnungen des Andrea Barbarigo der angebliche Tod Mar- quards I. bei einem befreundeten venezianischen Kaufmann 1385. Dies würde für ein en- ges Verhältnis der Mendel zu Venezianern schon zu einem frühen Zeitpunkt sprechen.727 Für die Pirckheimer sind nur geschäftliche Kontakte zu Venezianern nachzuweisen. Sie betrieben Handel mit den Soranzo, Konrad Pirckheimer auch mit Guglielmo Condulmer, wobei ein Teil der Geschäfte durch Rudolf Gundelfinger oder Hermann Reck abgewickelt wurde.728 Darüber hinaus sind Schuldvereinbarungen beziehungsweise -verpflichtungen mit venezianischen Handelspartnern erhalten.729 Auch die Rummel standen durch Hein- rich, Ulrich und Wilhelm I. im geschäftlichen Austausch mit den Soranzo, Letzterer da- neben ebenfalls mit Guglielmo Condulmer und den Amadi. Piero Bicharano war für ihn, ebenso wie für die Kress, in und außerhalb Italiens tätig.730 Die Hirschvogel sind hingegen auch für ihre venezianischen Kontakte in erster Linie über die detailliert überlieferte Einbindung Franz Hirschvogels in Venedig greifbar, wo- bei sich in seinem Umfeld deutlich die unterschiedlichen Facetten der deutschsprachigen und venezianischen Beziehungen und Verflechtungen, ihre Parallelität, Verknüpfung und Wechselwirkung offenbarten. Wie er selbst waren auch einige seiner deutschen Kontakte in die sich am Fondaco konstituierende Gemeinschaft der Kaufleute aus dem Norden eng eingebunden, zeigten aber gleichzeitig Anzeichen der Assimilation und Integration in die venezianische Gesellschaft. Sowohl der Salzburger Kaufmann Stefan Kaser, zu dem Hirschvogel wohl über viele Jahre enge Beziehungen pflegte, als auch der Nürnberger Sebald Kneussel waren Konsuln im Fondaco. Anton Kolb unterhielt dauerhaft eine Kam- mer im Handelshaus. Zugleich besaßen alle drei offensichtlich gute Kenntnisse der vene- zianischen Sprache, in der Kneussel auch seine Zeugenaussage verfasste.731 Franz Hirsch-

727 Vgl. den Vermerk im Tucherbuch: BAV, Ross. 546, Zu den Soranzo: ASVe, Misc. Gregolin, b. 14, LNR. fol. 58v. Zum Handel mit Andrea Barbarigo: ASVe, Sieveking, Venetianische Handlungsbücher 2, Grimani-Barbarigo, b. 41, reg. 2, fol. 111b, 115a u. S. 220; Schaper, Rummel, S. 37 u. S. 45. 115b, 130a. 731 Sebald Kneussel: „affermo la suprascripta scrip- 728 ASVe, Misc. Gregolin, b. 14, LNR. Sowie zu Con- tura esset‹!› sta‹!› scripta de manu del quondam dulmer: ASVe, Procuratori San Marco, Misti b. 182. misser Francesco Hirsfogel et questo affermo per 729 Zu K. Pirckheimer: (1403 Feb. 20 m.v. = 1404 la practica io haveria‹!› de lui et de sue scripture“; Feb. 20) u. (1406 Nov. 28), in: Simonsfeld, Fonda- StBN, Pirckheimer-Papiere 364, U 17, fol. 17v–18r. co 1, Nr. 288, S. 137–138 u. Nr. 293, S. 142–143. Kneussel, der spätere Imhoff-Faktor, wird in den Zu Martin Paumgartner: (1460 Sep. 20) u. (1460 Zeugenaussagen als „Sinibaldo Creusel“ bezeich- Dez. 28), ebd., Nr. 490–491, S. 268–270. net, im Testament jedoch als „Sinibaldo Chneüs- 730 „Petro Bicharano de ratione Guilielmo Rumel“ sel“: (1498 Nov. 2), ASVe, NT, b. 1211, Nr. 819. Zu (1422 Jan. 23 m.v. = 1423 Jan. 23), in: Simonsfeld, Kneussel als Imhoff-Faktor: Schaper, Hirschvogel, Fondaco 1, Nr. 330, S. 172. Amado Amadi verwies S. 128 u. S. 131 sowie: (1511 Dez. 1), GNM, IA in seinen Briefen an Hilpolt Kress auf Rummel: Teil 1, Fasc. 28, Nr. 17. Zu Kneussel im Fondaco Braunstein, Relations d’affaires, Nr. 1–2, S. 267– (1506 u. 1507): Simonsfeld, Fondaco 2, S. 207. Vgl. 268. Zu Condulmer: ASVe, Proc. San Marco, Mis- auch: Schaper, Hirschvogel, S. 128. Zu Kaser: StBN, ti, b. 182. Vgl. auch: Simonsfeld, Fondaco 2, S. 75. Pirckheimer-Papiere 364, U 17, fol. 7v–8v. Zu Ka- 3. Verflechtung, Integration und Identität der Nürnberger in Venedig · 179 vogel scheint des Venezianischen ebenfalls nicht nur mächtig gewesen zu sein, sondern es auch in seinem Alltag benutzt zu haben, wie aus den Zeugenaussagen hervorgeht.732 Dass er seinen letzten Willen dennoch weder in Veneziano noch in Latein, wie dies in Venedig bis zu Beginn des 16. Jahrhunderts noch üblich war, sondern in seiner Mutter- sprache verfasste, weist auf eine starke Bindung an seinen ursprünglichen Kulturkreis hin.733 Darüber hinaus blieb Franz Hirschvogel während seines ganzen Aufenthalts im Fondaco wohnen. Trotz dieser starken Ausrichtung auf sein deutsches Umfeld zeigen die Zeugenaussagen zu seinem Testament enge persönliche Verbindungen zu Venezianern. Seine zwei unehelichen Söhne erhoben beim Dogen Klage, gegen die jedoch die Kauf- leute des Fondaco einschritten, um die Ehre Hirschvogels zu bewahren.734 Beziehungen hegte er auch zu Teilen der venezianischen Oberschicht. Mit dem politisch bedeutenden Patrizier Lorenzo Pisani verband ihn eine 20-jährige Bekanntschaft, die wahrscheinlich von wechselseitiger Wertschätzung geprägt war.735 Alvise Mocenigo, ebenfalls aus patri- zischem Geschlecht, diente der Familie der Hirschvogel wohl hauptsächlich als Agent für

ser als Konsul des Fondaco 1500 u. 1501: Simons- die ii novembris 1498 in lingua teuthonica […]. feld, Fondaco 2, S. 207. Vgl. auch: Schaper, Hirsch- […] dicti supplicantes […] valeant dictam cedu- vogel, S. 128. Ein „Ser Stephano Caxa“ besaß eine lam redigi facere in lingua latina“; Tatsächlich ist Kammer im ersten Stock Richtung Canal Grande, es Veneziano: ASVe, NT, b. 1211, Nr. 819, sowie die also an herausgehobener Stelle: (1507 Feb. 7 u. 19 Publikation der venezianischen Version bei dem m.v. = 1508 Feb. 7 u. 19), in: Simonsfeld, Fonda- Notar Cristoforo Rizzo mit einem entsprechenden co 1, Nr. 653, S. 359–361, S. 360. Das Testament Vermerk über das Gesuch der Hirschvogel und Kolbs ist ebenfalls in Venezianisch verfasst: (1541 dessen Prüfung: (1505 Sep. 6), ASVe, NT, b. 1229, Okt. 12), ASVe, NT, b. 128, fol. 67v–68r. Zur Be- Nr. 90, fol. 80r–81r. kanntschaft: StBN, Pirckheimer-Papiere zw. 267 u. 734 „controversia circa ipsum testamentum cum asser- 268, fol. 1v. tis filiis dicti quondam domini Francisci et circa 732 In der Aussage Stefan Kasers werden Hirschvogel facultatem contra quos erant [filii Francisci; seit- venezianische Sätze in den Mund gelegt. Mögli- liche Einfügung, Anm. der Autorin] mercatores cherweise nutzte also auch Hirschvogel das Ve- de fontico […] per tutando honore dicti quondam nezianische: „la mia ultima volunta in eadem de defuncti“; StBN, Pirckheimer-Papiere 364, U 17, esti luogi et dove io voglio esser sepulto“; StBN, fol. 12r. Vgl. auch: Schaper, Hirschvogel, S. 132. Pirckheimer-Papiere 364, U 17, fol. 8v. Dass es sich nicht nur um „angebliche“ Söhne 733 Israel betonte, dass die Nutzung der eigenen Spra- handelte, zeigt der Verweis in dem von Schaper che in der Fremde Zeichen der „Bewahrung“ einer nicht erwähnten Schreiben der venezianischen herkunftsbezogenenen Identität sowie der „Beibe- Obrigkeit zur Rechtmäßigkeit des Testaments: haltung der eigenen Kultur“ sei, ohne dass dies je- Hier wird darauf verwiesen, dass ein unehelicher doch mit einer Abgrenzung gegenüber dem neuen Sohn behauptete, einer legitimen Ehe zu entstam- sozialen und kulturellen Umfeld einhergehen müs- men: „filio naturali dicti defuncti asserente se esse se: Israel, Fremde, S. 105. Vgl. auch: Braunstein, legittimo matrimonio natum“; StBN, Pirckheimer- Minoranza Tedesca, S. 101. Zur Sprache in Testa- Papiere zw. 267 u. 268, fol. 16r. menten: Hollberg, Deutsche in Venedig, S. 24–25. 735 StBN, Pirckheimer-Papiere 364, U 17, fol. 19v. Lo- Bernhardin und Linhard II. Hirschvogel ließen renzo Pisani gehörte bei der Dogenwahl Leonardo eine Übersetzung anfertigen, um so die Rechtmä- Loredans 1501 zu den elf Wahlmännern, die die 41 ßigkeit des Testamentes durch die venezianische Wahlmänner wählten, die wiederum den Dogen Obrigkeit bekräftigen zu lassen: „testamentaria ce- wählten: Schaper, Hirschvogel, S. 128. Zum Proce- dula in folio bombicino manu propria scripta sub dere der Dogenwahl: Lane, Venice, S. 111. 180 · II. Nürnberger in Venedig

Immobiliengeschäfte in Venedig.736 Wie eng die Kontakte zu Antonio Falasco, Vincenzo Colonna und dem ebenfalls patrizischen und mit dem Dogen verwandten Marco Anto- nio Loredan waren, die alle als Zeugen auftraten und so nachweislich in Verbindung zu Hirschvogel standen, kann aus ihren Aussagen jedoch nicht erschlossen werden.737 Seine Mitgliedschaft in venezianischen Bruderschaften und sogar in einer scuola grande lässt auf eine Integration in die venezianische Gesellschaft schließen.738 Der Handwerker Johannes unterhielt ebenfalls dauerhaft Beziehungen zu deutschen Zuwanderern in der Lagunenstadt und zu Venezianern. Für den aus Nürnberg nach Ve- nedig emigrierten Bäcker waren der Fondaco und die venezianischen Bruderschaften wichtige Kristallisationspunkte. So ernannte er den Ballenbinder am Handelshaus, Rigo de Bonavoia, 1450 zu seinem Testamentsvollstrecker. Der in seinem zweiten Testament erwähnte Bäcker „Huielmu[s] de Balsa“, ebenfalls ein Mitbruder, könnte möglicher­weise auch Deutscher gewesen sein. Die anderen Testamentsvollstrecker waren mit großer Wahrscheinlichkeit Venezianer. Das wichtige Amt, mit dem Johannes den Gewürz- händler Ambrosio Bono und den Altkleiderhändler Pietro Florino 1450 betraute, lässt auf enge Beziehungen zu den beiden schließen. Dass Florino sieben Jahre später durch den Goldschmied Giovanni Fontana ersetzt wurde, weist nicht zwangsläufig auf eine Verschlechterung der Beziehungen hin, sondern könnte dem vorzeitigen Ableben des Altkleiderhändlers geschuldet gewesen sein.739 Unter seinen engsten Vertrauten versam- melte der Bäcker Johannes also sowohl Personen gleicher Herkunft als auch Venezianer. Darüber hinaus stammten sie aus ganz unterschiedlichen Berufsgruppen. Sie alle lebten jedoch, wie er selbst, dauerhaft in Venedig. Die Stadt war sein geographischer Bezugs- punkt. Hier hatte er auch seine Familie.740 Daneben bedachte er ausschließlich veneziani- sche Einrichtungen mit geistlichen Legaten, obwohl bei der Höhe seines Vermögens eine Rückführung von Beträgen nach Nürnberg möglich gewesen wäre.741 In seinem zweiten Testament vermachte er allein 1300 Dukaten für Kirchenfabriken an Gotteshäuser und Konvente in der Stadt. Die vielen Vermächtnisse an venezianische Scuole legen eine gute Verankerung im sozialen und nicht allein deutschsprachigen Umfeld in Venedig nahe.

736 StBN, Pirckheimer-Papiere 364, U 17, fol. 18r. ersten Testament von 1450: (1450 Sep. 22), ASVe, 737 M. A. Loredan: StBN, Pirckheimer-Papiere 364, NT, b. 1156, Nr. 942. Zu Johannes auch: Hollberg, U 17, fol. 7r. Antonio Falasco: ebd., fol. 11r–12r. Deutsche in Venedig, S. 242. Vincenzo Colonna: ebd., fol. 18r. Nicht alle sind bei 740 Im zweiten Testament verwies er ausdrücklich da- Schaper aufgeführt: Schaper, Hirschvogel, S. 128. rauf, keine Familie zu haben: „non habere uxorem 738 Israel, Fremde, S. 117. neque filios“; (1463 Sep. 17), ASVe, NT, b. 1195, 739 Die Berufsbezeichnungen für Ambrosius als prot, Nr. 96, fol. 71v–72r, fol. 72r. In seinem ersten „speziariu[s]“ und „aromatariu[s]“ entsprechen Testament wurde jedoch noch eine Frau erwähnt: sich: (1450 Sep. 22) u. (1463 Sep. 17), ASVe NT, (1450 Sep. 22), ASVe, NT, b. 1156, Nr. 942. Mögli- b. 1156, Nr. 942 u. b. 1195, prot, Nr. 96, fol. 71v. cherweise war ihr Tod der Grund für die Neuaus- Die Bezeichnung „Mitbruder“ („cumpater“) lässt stellung. darüber hinaus darauf schließen, dass sie gemein- 741 Zum hohen Vermögen Johannes’: Hollberg, Deut- sam in einer Bruderschaft waren. Der Verweis sche in Venedig, S. 243. Zur Frage der Rückführung auf Rigo, ohne Zusatz, findet sich auch in seinem von Beträgen in die Herkunftsstadt: ebd., S. 221. 3. Verflechtung, Integration und Identität der Nürnberger in Venedig · 181

Die intensive Anbindung an die eigene Pfarrei von Santi Apostoli, der er neben 100 Du- katen für die Kirchenfabrik und weiteren kleineren Legaten auch sein sicher nicht unwe- sentliches Residuum vermachte,742 weist ebenfalls in diese Richtung. Die Verbindung zur eigenen Pfarrei war ein wichtiger Indikator für eine Veranke- rung in der Stadt. Die Anbindung an Bruderschaften in Venedig, die nicht spezifisch landsmannschaftlich geprägt waren, lässt sich für mehrere Nürnberger Kaufleuten und Handwerkern nachweisen. Als wichtiger Hinweis auf eine Integration in einheimische Gesellschaftssegmente743 kann überdies der Besitz von Immobilien in der Stadt gewertet werden, der normalerweise nur venezianischen Bürgern erlaubt war.744 Bei Franz Hirsch- vogel lässt sich aus den Zeugenaussagen nicht eindeutig entnehmen, ob er nicht trotz seines dauerhaften Aufenthalts im Fondaco dennoch Immobilien in Venedig besaß und ob er die Häuser und festen Güter in der Pfarrei von San Nicolò erworben oder als Pfand erhalten hatte.745 Auch der Bäcker Johannes wird möglicherweise selbst eine Bottega be- sessen haben. Peter Burgner hatte in Venedig ein Haus und einen Diener und damit wohl eine gehobenere soziale Position, wie aus dem Notariatsinstrument des Nürnbergers Pe- ter Hamerpach hervorgeht, der das Mandat der über Burgner verhängten Aberacht 1455 an den Toren der Markusbasilika anschlug und öffentlich verkündete, bevor er es dem Betroffenen zustellte.746 Auch Albrecht Heugel besaß offenbar eine eigene Immobilie in der Stadt.747 Ebenso waren die Beherrschung der einheimischen Sprache und fremder Kulturtech- niken Zeichen einer Integration in die ortsansässige Gesellschaft.748 Die Kenntnis des

742 Der Erlös sollte an die Armen seiner Pfarrei gehen, 744 U.a. Backmann, Kunstagenten, S. 187. zu Teilen auch an die dortigen Priester und Kle- 745 Es lässt sich nicht klar erschließen, ob sich das riker: „Residuum vero omnium aliorum meorum „ipse“ auf Franz Hirschvogel bezieht: „ipse acqui- bonorum mobillium et inmobillium, presentium sivit nonullas domos in civitate hac Venetiis“ StBN, et futurorum […] et venditis omnibus vestimentis Pirckheimer-Papiere 364, U 17, fol. 8r. Antonio et suppelletilibus meis volo quod dispensetur to- Falasco gab es jedoch als Pfandbesitz an: ebd., tum in pauperibus contrate mee, dando aliquam fol. 12r. partem presbyteris et clericis Sanctorum Aposto- 746 „offelich an Sannd Marx kirchen angeslagen und lorum.“ (1463 Sep. 17), ASVe, NT, b. 1195, prot., verkündiget vor meniglich und ein redliche abge- Nr. 96, fol. 72r. schrifft daran gelossen hab und darnach den sel- 743 Zu maßgeblichen Faktoren, die eine Integration ben kayserlichen besigelten ladbriff Peter Burgner anzeigen: u. a. Israel, Fremde, S. 6; Krauss, Integ- Swab genant doselbst zu Venedig zu hauß und hof- ration, S. 2. Eine Heirat mit venezianischen Part- fe geantwurt hab“; (1455 Jul. 21), StAN, 7-farbiges nern findet sich in den Quellen selten, da bei den Alphabet, Urk. (Rep. 2b), Nr. 2456. Das entspre- Migranten, bei denen dies in erster Linie vorkam, chende Schreiben König Friedrichs III. vom 1454 oftmals die Herkunft der Frau nicht genannt ist. Dez. 13: ebd. Nur einmal ist ein Nürnberger Gelehrter mit ei- 747 „Actum Venetiis […] ad stationem meam“; (1478 ner Frau aus Verona verheiratet. Ein anderes Mal Feb. 28 m.v = 1479 Feb. 28), StadtAN, B 14/I-14, findet sich die Wiederverheiratung der Frau eines fol. 126v–127v, fol. 127v. Nürnbergers mit einem Venezianer: (1419 Mai 30), 748 Vgl. hierzu: Fouquet, „Kaufleute auf Reisen“, ASVe, CIN, b. 228, prot. 1, fol. 116v; (1424 Jan. 31 S. 486–487. Vgl. auch: Marchal, Europäische Kul- m.v. = 1425 Jan. 31), ASVe, CIN, b. 74–75, prot. 1 turen, S. 577. Vgl. auch: Krauss, Integration, S. 2; (2), (fol. 1r = o. Fol.). Israel, Fremde, S. 7. 182 · II. Nürnberger in Venedig

Venezianischen diente dazu, die Kontakte aufrechtzuerhalten. Die Wahl der Sprache war Ausweis für den Bezug zu unterschiedlichen kulturellen Gemeinschaften. Wie bei der deutschen Fassung des Testaments Hirschvogels konnte sie ebenso auf die aufrechter- haltene Verbundenheit mit der Herkunftsregion hinweisen.749 Trotz der strengen Regle- ments des Fondaco fanden sich bereits 30 Jahre vor dem Lehrbuch Georgs von Nürnberg Kaufleute aus der fränkischen Reichsstadt, die entsprechende Sprachkenntnisse besaßen, wie die auf Venezianisch verfassten Briefe Amado Amadis an Hilpolt Kress nahelegen.750 Solch frühe Hinweise sind jedoch spärlich. Aus der Zeit um 1500 sind die Belege weit häufiger.751 Für Personen, die dauerhaft in der Stadt lebten, war die Kenntnis der Spra- che unumgänglich. Nutzten sie, wie Peter Burgener 1461 oder Sinibaldo Rizzo 1521, das Venezianische als Ausstellungssprache für so wichtige Dokumente wie Testamente,752 kann man hieraus auf eine Assimilation und Integration in die einheimische Gesellschaft schließen. Bei Sinibaldo Rizzo, dessen erstes Testament von 1515 noch auf Latein verfasst wurde, zeigte sich darüber hinaus deren Stärkung und Verfestigung im Laufe der Zeit. Auch die Einsetzung von Nürnbergern als rechtliche Vertreter und Bevollmächtig- te für Andere legte über die gute Kenntnis der venezianischen Handels- und Rechts- praktiken Zeugnis ab und lässt zumindest auf einen längeren Aufenthalt schließen. Der Magister Georg aus Nürnberg, der 1416 zum juristischen Stellvertreter Hermann Richt, ebenfalls aus der fränkischen Reichsstadt, ernannt wurde, lebte in der Pfarrei von San Lio und hatte sich wohl langfristig in Venedig niedergelassen. Möglicherweise handelte es sich gar um den Sprachlehrer Georg, der eine eigene Schule betrieb und daher wahr- scheinlich dauerhaft in der Stadt lebte.753 Bei Johannes Daga, der mit Hermann Reck, Artimanus Siede und Heinrich Hirschvogel in den 1420er Jahren dreimal Landsleute vertrat, lässt der Ankauf von Staatsanleihen und die in diesem Kontext von der Signoria betonte „Zuneigung“ gegenüber der Stadt die enge Bindung an Venedig und die Integra- tion in die dortige Gesellschaft annehmen.754 Vom Ansehen in der Stadt zeugte die No- minierung von Nürnbergern durch Venezianer selbst. Bereits 1398 fand sich ein Verweis, dass mit Berthold Fosse eine Person aus der Reichsstadt als Vertreter des venezianischen Bürgers Giovanni Parduzi eingesetzt wurde. Antonio Venier bestätigte den guten Ruf

749 Bei Hirschvogel wird dies z. B. an seinem intensi- Erstes Testament Rizzos auf Latein: (1515 Sep. 24), ven Engagement am Sebaldaltar deutlich: GNM, ASVe, NT, b. 974, Nr. 45. Zur Sprache der Testa- IA Teil 1, Fasc. 19, Nr. 20. mente deutscher Testatoren: Hollberg, Deutsche in 750 Braunstein, Relations d’affaires, Nr. 1–2, S. 267– Venedig, S. 24–25. 268. 753 (1415 Feb. 15 m.v. = 1416 Feb. 15), ASVe, CIN, 751 Die Zeugenaussage Sebald Kneussels zum Testa- b. 227, prot., fol. 213r. Georg Mendel wurde von ment Hirschvogels ist z. B. auf Venezianisch: StBN, Gaspar de Hispruch als Vertreter und Dolmetscher Pirckheimer-Papiere 364, U 17, fol. 17v–18r. eingesetzt: (1440 Aug. 16), ASVe, CIN, b. 74–75, 752 P. Burgener: (1460 Feb. 5 m.v. = 1461 Feb. 5), prot. 2, fol. 194v. ASVe, NT, b. 360, prot, Nr. 102, fol. 72r. S. Rizzo: 754 „devotionem et affectionem“: (1422 Dez. 18 u. 1422 (1520 Nov. 8) u. (1521 Mär. 18) ASVe, NT, b. 1214, Jan. 10 m.v. = 1423 Jan. 10), in: Simonsfeld, Fonda- Nr. 959 u. ASVe, NT, b. 1216, prot. 3, fol. 67r–68v. co 1, Nr. 329, S. 172. 3. Verflechtung, Integration und Identität der Nürnberger in Venedig · 183 des Nürnbergers.755 Rudolf Gundelfinger und Albert Füchsel wurden fünf Jahre später als Bevollmächtigte des Seidenhändlers Michele Bernabe für dessen Geld- und Rechts- angelegenheiten ernannt.756 Wahrscheinlich agierte auch Paul Imhoff 1469 für Jacopo Mocenigo in dessen Auseinandersetzung mit Jakob Gruber in einer solchen Position.757 Wie wichtig rechtliche Beziehungen als Hinweis auf Verflechtungen mit Einwohnern und die Integration in die venezianische Gesellschaft waren, zeigt in besonderem Maße das Beispiel des Sinibaldo Rizzo. Für ihn lassen sich unter den Nürnbergern die intensivs- ten Verflechtungen mit Venezianern und die stärkste Integration in die Stadt und in dort institutionalisierte Gemeinschaften nachweisen. Der Nürnberger Kaufmann, der bereits 1479 in der Scuola Grande di San Marco als Mitglied genannt wurde, hielt sich mindes- tens 50 Jahre in der Serenissima auf. Bereits in den 1470er Jahren muss er in Anbetracht seiner Mitgliedschaft in der Bruderschaft eine hohe Reputation genossen haben. Anfangs wurde er zwar noch als Kaufmann im Fondaco genannt, lebte wohl aber schon früh au- ßerhalb des Handelshauses, an das er jedoch durch seine geschäftlichen Kontakte und als Inhaber eines Magazins sowie einer Bottega in dessen Außenmauern institutionell wie persönlich zeitlebens gebunden blieb.758 Besonders traten jedoch seine Beziehungen zu Venezianern hervor, die sich auf unterschiedlichen Ebenen und in verschiedenen sozialen Kreisen nachweisen lassen. Mit dem Patrizier Girolamo Priuli und dessen Sohn Vincenzo scheint Rizzo 1505 Handel getrieben zu haben.759 Auch im privaten Bereich unterhielt er Kontakte zum venezianischen Patriziat. Wahrscheinlich hatte er Verbindungen zu Kardi- nal Francesco Argentino. Dessen Nachfolger als Bischof von Concordia, Giovanni Argen- tino, ernannte Rizzo in beiden Testamenten sogar zu seinem Testamentsvollstrecker.760

755 (1398 Mai 6), in: Simonsfeld, Fondaco 1, Nr. 279, in: Simonsfeld, Fondaco 1, Nr. 658, S. 364–365, S. 134–135, S. 135. S. 364. In seinem Testament wurden Kontakte zu 756 „Micael Bernabe mercator sirici civis et habitator Burckhardi erwähnt: (1515 Sep. 24), ASVe, NT, b. Venetiarum in contrata Sancti Canciani […] con- 974, Nr. 45. Mit Franz Hirschvogel war er Mitglied stituit Ser Rodolfum Condulfinum mercatorem de in der Scuola Grande San Marco: ASVe, SG San Norinbergo et Albertum Fuchxl de Norinborgo Marco, Atti, b. 4, fol. 49r u. 135r. Vgl. Kap. II.2.3.1. […] suos procuratores et nuntios speciales.“ (1403 759 BMC, Mss. PD C.912/2, fol. 3. Die Tatsache, dass Feb. 5 m.v. = 1404 Feb. 5), ASVe, CIN, b. 226, kein Herkunftsort genannt wurde, lässt darauf prot. 1, Nr. 23, fol. 34r. Der Nürnberger Kaufmann schließen, dass es sich um den in Venedig veran- Johannes wurde 1497 als Prokurator des Antonio kerten S. Rizzo handeln muss. Der 1514 erwähnte Mistrom aus Venzone / Friaul bei dessen Handels- „Sinibaldo de Federigo“ kann aufgrund des un- streitigkeiten mit der Gesellschaft des Francesco terschiedlichen Vaternamens nicht identisch mit Contarini eingesetzt: Ausgestellt wurde die Voll- Rizzo sein, wird aber möglicherweise wegen seines macht im Gasthaus Peter Penders: (Datierung Vornamens ebenfalls aus Nürnberg stammen: ebd., aufgrund Schäden am Dokument nicht zu erken- fol. 71. Der Vatername Rizzos wird mit Conrad an- nen; Ende 1490er Jahre), ASVe, CIN, b. 28, fol. 14v gegeben: (1521 Mär. 18) ASVe, NT b. 1214, Nr. 959, (neue Folierung). beid. Ced.; b. 1216, prot. 3, fol. 67r–68v, fol. 67r. 757 (1469 Apr. 28), StAN, 7-farbiges Alphabet, Urk. 760 „Lasso mie fidel commissarii et de questo mio (Rep. 2b), Nr. 3342. ultimo testamento executori el Reverendissimo 758 Bonfiglio Dosio (Hg.), Capitolar delle Broche, messer Zuan Arzentin vescovo di Concordia [.]“; fol. 162r, S. 445. Zum Magazin: (1508 Mai 12), (1521 Mär. 18), ASVe, NT, b. 1216, prot. 3, fol. 67r– 184 · II. Nürnberger in Venedig

Zweimal setzte er in dieses Amt des Weiteren auch seinen venezianischen Schwiegersohn Bendetto di Nasi ein, den Mann seiner Tochter Magdalena. Beide wurden gleichzeitig zu Vormündern für die jüngeren Söhne ernannt und genossen demnach ein großes Maß an Vertrauen. Dies impliziert eine enge Verbindung des Nürnbergers zu den beiden. Rizzo war also nicht nur durch Bekanntschaften, sondern auch durch Verwandtschaft761 in die venezianische Gesellschaft integriert. Seine institutionelle Anbindung zeigte ebenfalls ein hohes Maß an Integration in sein venezianisches Umfeld. Neben der Mitgliedschaft in verschiedenen Scuole war er eng mit seiner Pfarrei San Cancian verbunden, in der er nicht nur begraben werden wollte, sondern der er in beiden Testamenten zahlreiche Le- gate vermachte.762 Daneben zeugte die ausdrückliche Bitte an den Notar, seinen letzten Willen von 1521 in venezianischer Sprache abzufassen, von einer Verbundenheit mit der Serenissima.763 Die in seinem Testament verfügten Steuer- und Abgabenzahlungen an die Stadt und seine Besitzungen im venezianischen Umland764 verweisen darauf, dass sich Rizzo dauerhaft in Venedig niedergelassen hatte. Auch seine Kinder waren, noch zu Lebzeiten des Vaters, in Venedig integriert. Seine Tochter war mit einem Venezianer verheiratet. Sein Sohn Piero wurde als Kanoniker in Concordia genannt. Der Kaufmann Zuan Baptista wurde gleichzeitig mit seinem Vater in der Mitgliederliste der Scuola della Madonna e di San Francesco dei Mercanti aufgeführt.765 Trotz der starken Bindungen an die Lagunenstadt gab er dennoch seine Beziehungen zu Personen gleicher Herkunft nicht vollständig auf. Über die gemeinsame Mitgliedschaft in Scuole und dem Fondaco hielt er weiterhin Kontakte zu Nürnbergern und anderen Personen aus dem Norden aufrecht. Sie waren jedoch nicht seine maßgeblichen Bezugspersonen. Auch seine Nennung als „Sinibaldo Rizzo“ stand vermutlich nicht nur im Zusammenhang mit den auf Veneziano verfassten Quellen. Vielmehr handelte es sich wohl um einen auch im Alltag italianisier- ten Namen des aus Nürnberg stammenden und seit über einem halben Jahrhundert in der Lagunenstadt lebenden Venezianers.

68v, fol. 67r. Zu F. Argentino: „Item ordeno chel sia Beerdigung, in dem ebenfalls das Kapitel von San lecto sopra el mio corpo una volta in vista e l’altra Cancian die Hauptrolle spielt. in morte la bolla papale, la qual el Reverendissimo 763 „[…] scrivir cussi vulgar questo mio testamento“; gardenal[!] messer Francesco Arzentin me fece ha- (1521 Mär. 18), ASVe, NT, b. 1214, Nr. 959, (deut- ver confirmata per lo summo pontifice Papa Iulio.“ lichere Cedula); u. entspr. wörtlich: ASVe, NT, b. ebd., fol. 67v–68r. 1216, prot. 3, fol. 67r–68v, fol. 67r. 761 Zu de Nasi: „Benetto di Nasi mio zenero“ (1521 764 (1521 Mär. 18), ASVe, NT, b. 1214, Nr. 959, (deutli- Mär. 18), ASVe, NT, b. 1216, prot. 3, fol. 67r. Vgl. chere Cedula) „Item li sia scripto ducatos cento al auch: (1515 Sep. 24), ASVe, NT, b. 974, Nr. 45. Zu monte nuovo e ducatos xxiii al monte novissimo e Heiraten als Mittel der Integration: Häberlein, ducatos nuove al offitio de le biave.“ (1521 Mär. 18), Oberitalienische und oberdeutsche Städte, S. 210; ASVe, NT, b. 1216, prot. 3, fol. 67r–68v, fol. 68r. Krauss, Integration, S. 16. 765 „Zuane Batista Rizo de ser Sinibaldo“ ASVe, SG 762 U.a.:„voglio chel mio corpo sia sepulto in la mia Santa Maria Misericordia, b. 7, (fol. 133r = o. Fol.) archa a San Cancian.“ (1521 Mär. 18). ASVe, NT, sowie: ebd. (fol. 118r = o. Fol.). Zu den gemeinsa- b. 1214, Nr. 959, (deutlichere Cedula). Es folgen men Mitgliedschaften der anderen Brüder in un- sehr ausführliche Schilderungen zum Ablauf der terschiedlichen Scuole: s. Kap. II.3.2.1. Zu Piero: 3. Verflechtung, Integration und Identität der Nürnberger in Venedig · 185

3.1.4 Verflechtungen und Integration im venezianischen Kontext – Resümee

Die Briefe Albrecht Dürers an Willibald Pirckheimer geben einen besonders anschau- lichen Einblick in die unterschiedlichen Verflechtungsebenen von Nürnbergern in Venedig, deren institutionelle Konstituierung und ihre Bedingungsfaktoren.766 Der Maler war eng in die Gemeinschaft der Nürnberger Kaufleute eingebunden. Gerade mit einer der wichtigsten hier vertretenen Familien, den Imhoff, stand er in regem Kontakt. Über Hans VI., Sebastian und Franz Imhoff und unter Nutzung ihrer im Fon- daco zusammenlaufenden Geschäftsstrukturen sandte er Waren in die Reichsstadt und hielt den Kontakt in den Norden aufrecht.767 Auch zu anderen Nürnbergern in der Serenissima, wie den Kaufleuten Anton Kolb, Bernhardin Hirschvogel und Bernhard Holzbock, dem Schwager Pirckheimers, oder dem Studenten Endres Kunhofer unter- hielt er Beziehungen. Oftmals manifestierten sie sich in einer Unterstützung vor Ort. Gleichzeitig hielt er über Briefe und Besorgungen für Bekannte und Freunde eine enge Verbindung nach Nürnberg aufrecht. Bei den Kontakten in die Reichsstadt wie auch bei seinen Beziehungen zu anderen Nürnbergern in Venedig selbst spielte der Fonda- co eine große Rolle. Über das Handelshaus hatte der Maler überdies Anbindung zu den anderen Kaufleuten aus dem Reich nördlich der Alpen. Das Rosenkranzfest wurde wahrscheinlich durch Augsburger Kaufleute in Auftrag gegeben. Zwar gab ihm das finanzielle Sicherheit, gleichzeitig beklagte er sich jedoch bei Pirckheimer, dass er so in seinen Möglichkeiten, weitere Aufträge zu erhalten und sich in der Stadt zu profilieren, gehemmt werde.768 Der Widerspruch zwischen seinen finanziellen Notwendigkeiten und seinem Bedürfnis nach künstlerischer Weiterentwicklung und Anerkennung be- stimmte auch sein ­Verhältnis zu seinen venezianischen Kollegen. Generell scheint er durchaus in regem Kontakt mit Venezianern gestanden zu haben. Seine Äußerungen

„messer Piero mio fiol, cannonico di Concordia“ 767 Die Imhoff lieferten Pirckheimer die von ihm bei (1521 Mär. 18), ASVe, NT, b. 1214, Nr. 959, (deut- Dürer bestellten Bücher und Juwelen, überbrach- lichere Cedula). 1515 wurde noch Rizzos wohl ten von dem Maler verschicktes Geld nach Nürn- zwischenzeitlich verstorbene Frau Helena als Tes- berg oder lieferten Wareninformatinen: A. Dürer tamentsvollstreckerin genannt. aus Venedig an W. Pirckheimer (1506 Jan. 6), 766 Auf die Bedeutung dieser Konstellation für die (1506 Feb. 28), (1506 Apr. 25) u. (1506 Aug. 18), Einordnung Dürers wies u. a. J. Robert hin: „Dürer in: Pirckheimer Briefwechsel 1, Nr. 91, S. 298–303; tritt hier – wie die Kolonie der Nürnberger Kauf- Nr. 101, S. 335–337; Nr. 111, S. 365–367 u. Nr. 118, leute in Venedig – als ‚Unternehmer‘ auf, der ästhe- S. 385–390. tisches in ökonomisches Kapital verwandelt.“ Jörg 768 A. Dürer aus Venedig an W. Pirckheimer (1506 Robert, Aemulatio und ästhetischer Patriotismus. Jan. 6), in: Pirckheimer Briefwechsel 1, Nr. 91, Dürer-Bilder zwischen Humanismus und Frühro- S. 298–303, S. 300. Einige Zeit später beschwer- mantik, in: Aemulatio. Kulturen des Wettstreits in te er sich über Kosten und Mühen: „Ir solt awch Text und Bild (1450–1620), hg. v. Jan-Dieter Mül- wissen, dz ich vill geltz gewunen möcht haben, wo ler u. a., (Pluralisierung & Autorität 27), Berlin u. a. ich der Tewczschen thafell nit hett angenumen zw 2011, S. 135–163, S. 141. Laut Schauerte gehören machen.“ A. Dürer aus Venedig an W. Pirckheimer die Briefe „zu den faszinierendsten Selbstzeugnis- (1506 Apr. 2), in: ebd., Nr. 108, S. 351–355, S. 352. sen dieser Epoche“: Schauerte, Dürer, S. 138. 186 · II. Nürnberger in Venedig gegenüber Pirckheimer­ zeigen den Wunsch nach Anerkennung durch die italienischen Maler und nach Zugehörigkeit zu ihrer Gemeinschaft, die sich für Dürer über die Be- herrschung der neuen künstlerischen Techniken und über lukrative Aufträge definier- te. Gleichzeitig hegte er eine deutliche Abneigung gegenüber einem Großteil seiner einheimischen Berufsgenossen. Sie seien die „untrewsten verlogen tibisch pöswicht“. Nur Giovanni Bellini sei ihm gewogen.769 In den Kontakten zu seinem künstlerischen Umfeld in der Stadt offenbarte sich der innere Zwiespalt Dürers zwischen der Überzeu- gung von seinem eigenen Können und dem Wunsch, sich die Kunst der italienischen Renaissance anzueignen. Darüber hinaus mischte sich dies mit der Frage nach seinem sozialen Status, die in den Briefen an Pirckheimer und den Beziehungen zu seinen Landsleuten überdeutlich hervortrat. Auch hier befand sich der Maler in einer für ihn kritischen Zwischenposition. Ausdruck verlieh er ihr in der gegenüber Pirckheimer geäußerten Sorge bezüglich einer Rückkehr nach Nürnberg, wo er die in Venedig er- reichte soziale Anerkennung offenbar gefährdet sah.770 Persönliche und überindividu- elle Bedingungsfaktoren führten so dazu, dass Dürer räumlich, künstlerisch und sozial zwischen den Gruppierungen stand und zwischen dem Wunsch nach Integration und einer bewussten Abgrenzung schwankte. Dass dieses Problem durchaus auch für ande- re Personen in der Fremde bestand und dass das Vorhandensein einer großen lands- mannschaftlichen Gemeinschaft vor Ort diese zwiespältige Situation noch verstärkte, zeigt ansatzweise auch die Situation von Personen wie Franz Hirschvogel und Sinibaldo Rizzo, die – wenn auch mit unterschiedlichen Schwerpunkten – in beide Bereiche ein- gebunden waren. Bei Dürer verschärften die Umbrüche in der zeitgenössischen Kunst

769 Dürer schrieb an Pirckheimer, seine Konkurrenten 770 „O wy wirt mich noch der sunen friren. Hy pin würden sein Werke kopieren, seine Kunst jedoch ich ein her, doheim ein schmarotzer.“ A. Dürer gleichzeitig „schelten […] vnd sagen, es sey nit an- aus Venedig an W. Pirckheimer (1506 Okt. 13), in: tigisch art, dorum sey es nit gut.“ A. Dürer aus Ve- Pirckheimer Briefwechsel 1, Nr. 129, S. 438–444, nedig an W. Pirckheimer (1506 Feb. 7), in: Pirck- S. 440. Bereits einige Zeit zuvor äußerte er, dass heimer Briefwechsel 1, Nr. 98, S. 319–335, S. 320. seine Arbeit so beliebt sei, dass er sich teilweise Mit dem Rosenkranzfest änderte sich Dürers Po- zurückziehen müsse: „vnd ich hab ein sollichs ge- sition in Venedig. Man gebe ihm „zw fersten, dz treng von Walhen, dz ich mich zw czeiten verper- pessers Maria pild im land nit sey[.] Sy sagen, dz gen mus“; (1506 Feb. 28), in: ebd., Nr. 101, S. 335– sy erhabner leblicher gemell nie gesehen haben.“ 337, S. 336. Vgl. auch: „Ich pynn ein zentilam zw (1506 Sep. 23), in: ebd., Nr. 124, S. 424–427, Fenedig worden.“ (1506 Aug. 18), in: ebd., Nr. 118, S. 424. Laut Robert habe „erst die Begegnung mit S. 385–390, S. 386. Zur Frage von Dürers Veranke- den italienischen Malerkollegen […] ein Bewusst- rung im „Nürnberger Burgstrassenumfeld“ zuletzt: sein [Dürers] für ästhetische Differenzen und nati- Eser, Früher Dürer, S. 23–25, Zitat: S. 23. Das Pro- onale Individualität“ eröffnet: Robert, Aemulatio, jekt der „Frühe Dürer“ am GNM rekonstruierte S. 141. Zur intensiven Wechselwirkung zwischen ein Netzwerk, über das sich auch die Verbindun- nordischer und italienischer Kunst: Grebe, Dürer, gen Dürers zu Personen feststellen lassen, die mit 203; Aikema u. Brown (Hgg.), Rinascimento a Ve- Venedig verbunden waren und wiederum deren nezia. Hierzu und zum Einfluss Dürers auf die ve- Kontakte untereinander: http://duererforschung. nez. Malerei auch: Pignatti, German and Venetian gnm.de/duerers-personen-netzwerk (1.8.2015). painting. 3. Verflechtung, Integration und Identität der Nürnberger in Venedig · 187 und das zeitgleiche Streben nach einer spezifischen Identität als Künstler771 diese Situ- ation wohl noch. Die Briefe an Pirckheimer geben einen außergewöhnlichen Eindruck dieses inneren und äußeren Zwiespalts. Die Quellen über die Vernetzung und Integration der anderen Nürnberger Hand- werker in Venedig sind lange nicht so ausführlich und aussagekräftig wie die Überliefe- rung zu Dürer. Die meisten erhaltenen Testamente geben, indem sie Testamentsvollstre- cker und Erben nennen, nur Auskunft über die engen und besonders vertrauensvollen Beziehungen der betroffenen Nürnberger. Informationen über gelegentliche oder rein geschäftliche Kontakte, wie sie beispielsweise die Rechnungsbücher und -briefe der Kaufleute vermitteln, sind in der Regel nicht überliefert. Dennoch verweisen die Quel- len darauf, dass die Nürnberger Gewerbetreibenden auch generell Verbindungen so- wohl zu anderen Deutschen wie auch zu Venezianern unterhielten. Relevant für die privaten wie geschäftlichen Beziehungen konnten die gemeinsame Herkunft und das berufliche Umfeld sein.772 Viele der Kontakte erstreckten sich auf den handwerklichen Bereich, auch wenn es sich dabei oftmals nicht um die identische Profession handelte. Gerade in einigen Berufsgruppen, die schwerpunktmäßig von deutschsprachigen Zu- wanderern besetzt wurden, wie Bäcker und Schuster, konnten gleiche Herkunft und gleiches Handwerk sich überschneiden. Auch in diesen Bereichen können daneben ve- nezianische Kontakte nachgewiesen werden.773 Durchaus lassen sich jedoch ebenfalls überberufliche Beziehungen und institutionelle Anbindungen an den Fondaco ausma- chen. Dass es, wie bei dem Nürnberger Spiegelmacher Leonhard, der 1529 neben dem möglicherweise deutschen Bäcker Johannes den Kaufmann Anton Kolb als Testaments- vollstrecker einsetzte, zu einer Überschneidung der beiden beruflichen Sphären auch im engsten privaten Bereich kam, war eher ungewöhnlich. Die gleichzeitige Einsetzung des Mailänders Alexander de Pirovemo in das Amt zeigt, dass auch die Landsmannschaft für den Spiegelmacher nicht ausschlaggebendes Kriterium bei der Wahl seiner Bezie- hungen war. In dieser Vielfalt unterschiedlicher Kontakte bildete er, gemeinsam mit Dürer, jedoch eine Ausnahme.774 Sehr viel differenziertere Rückschlüsse über die verschiedenen Vernetzungen einer Nürnberger Berufsgruppe in Venedig lässt die kaufmännische Überlieferung zu. Bei den Verflechtungen der Kaufleute ergibt sich bezüglich der Intensität und der unterschied- lichen Beziehungsebenen ein sehr viel differenzierteres Bild, das auch die Möglichkeit

771 Zur Entwicklung eines spezifischen Künstler-Be- berg, Deutsche in Venedig, S. 244 u. S. 248–49. wusstseins: Bernd Roeck, Kunst-Patronage in der Braunstein konstatierte hingegen eine hohe lands- Frühen Neuzeit. Studien zu Kunstmarkt, Künstlern mannschaftliche Bindung und eine „premanenza und ihren Auftraggebern in Italien und im Heiligen dell’identità tedesca“, v.a. für die Bäcker: Braun- Römischen Reich (15.–17. Jahrhundert), Göttingen stein, Appunti, S. 516. 1999, v.a. S. 147–176; Grebe, Albrecht Dürer, S. 80. 773 Vgl. Hollberg, Deutsche in Venedig, S. 18. 772 Hollberg betonte die berufliche Anbindung als 774 (1529 Aug. 27), ASVe, NT, b. 218, Nr. 266. wichtiger denn die herkunftsspezifische: Holl- 188 · II. Nürnberger in Venedig zulässt, über Kontinuität und Stabilität der Beziehungen Aussagen zu treffen.775 Maßgeb- licher Bedingungsfaktor für ihre Kontakte in Venedig stellte die berufsspezifische Zuge- hörigkeit dar, auch wenn, wie im Verhältnis zu Dürer, überprofessionelle Beziehungen existierten. Der Fondaco spielte als Sammelort der deutschsprachigen Händler zwangs- läufig eine besondere Rolle. Möglicherweise ist diese Unausweichlichkeit auch Grund dafür, dass die sich dort wohl automatisch ergebenden Beziehungen in der Überlieferung weniger sichtbar werden. Landsmannschaftliche, also Nürnberger, und familiäre Anbin- dung waren zwar für die fränkischen Kaufleute zentral. Trotz der Versuche Venedigs, über die Reglements des Fondaco Kontakte zu Einheimischen einzuschränken, unter- hielten die Nürnberger Kaufleute jedoch bereits früh auch enge und durchaus persön- liche Beziehungen zu ihren venezianischen Handels- und Kontaktpartnern. Eine starke Verflechtung mit anderen Deutschen und eine gleichzeitige Einbindung in einheimische Gemeinschaften bis hin zu einer möglichen, zum Beispiel sprachlichen Assimilation schlossen sich nicht aus. Gerade bei einigen der wichtigen Nürnberger Venedig-Familien zeigen sich langfristige, generationenübergreifende Beziehungen. Wie stark sich dabei herkunftsspezifische Verflechtungen und Verbindungen zu Venezianern überschnitten, war zwischen und innerhalb der Handelsgeschlechter unterschiedlich und hing meist von ihren einzelnen Mitgliedern ab. Im kaufmännischen Bereich offenbaren sich überdies die Funktionsweisen der Ver- flechtungen und die Mechanismen, die innerhalb der Beziehungen angewendet wurden, um ihre Stabilität zu gewährleisten. Dabei spielte die bewusste Förderung der guten Verhältnisse eine ebenso wichtige Rolle wie die Vermeidung beziehungsweise Lösung von Konflikten. Besonders offenkundig wurde die Gefahr einer zu starken Belastung der guten Beziehungen bei der Auseinandersetzung zwischen Thomas Reich und sei- nem Ausbilder Burckhard de Burckhardi, für deren Schlichtung sich Reichs Oheime in Nürnberg und mehrere Mitglieder der Familie Imhoff in Venedig und dem Nor- den einsetzten. Um das gute Verhältnis zu ihrem Agenten und einem der wichtigsten Kontaktmänner der deutschen Kaufleute in der Stadt zu bewahren, wurde Burckhardi letztlich finanziell abgefunden. Aus einer ähnlichen Motivation heraus werden Peter Imhoff und seine Brüder 1492 an den Ausbilder ihres Neffen Wolf knapp 50 Groschen als Entschädigung gezahlt haben, nachdem Wolf den Knecht seines Herren mit einem Messer verletzt hatte.776 Geld- und Sachgeschenke wurden jedoch auch in intakten Be- ziehungen zur Aufrechterhaltung des gegenseitigen Wohlwollens genutzt. Dies zeigte sich deutlich am Verhältnis zwischen den Kress und den Amadi sowie an den Auf-

775 Vgl. zur Frage nach Stabilität und Kontinuität: Kontakte[n]“ und „enge[n] Bindungen“: Burk- Häberlein, Brüder, S. 69. Zur Differenzierung hardt, Bergenhandel, S. 52. der verschiedenen Ebenen von Vernetzungen, 776 GNM, IA Teil 1, Fasc. 7, Nr. 7, fol. 26b. u. a. zum Unterschied zwischen „gelegentliche[n] 3. Verflechtung, Integration und Identität der Nürnberger in Venedig · 189 zeichnungen Friedrichs III. und seiner Mutter über die Ausgaben während Friedrichs Ausbildungsaufenthalts in Venedig.777 Die Verankerung der Nürnberger in Venedig hatte dabei wohl unmittelbaren Einfluss auf ihre Bereitschaft und das Ausmaß ihrer Assimilierung und ihrer Eingliederung in einheimische Gesellschaftsgruppen.778 Sicher hemmte eine enge Einbindung in familiäre Strukturen und in die Nürnberger und deutschsprachigen Gruppierungen eine entspre- chende Integration oftmals.779 Das Beispiel von Personen wie Johannes Daga zeigt jedoch, dass eine Integration in venezianische Gesellschaftssegmente und eine weitere Aufrecht- erhaltung herkunftsbezogener Verflechtungen und Eigenschaften durchaus neben- und miteinander existieren und geradezu in Wechselwirkung treten konnten. Dennoch blieb die enge nachweisliche Vernetzung in beide Richtungen bis in die 1530er Jahre für die Nürnberger wohl ein vereinzeltes Individualphänomen.780 Erst im Laufe des 16. Jahrhun- derts wurde dies, auch unter Kaufleuten, immer häufiger.781

3.2 Institutionelle Formen von Identität, Integration und Abgrenzung

3.2.1 Venezianische Scuole

Auf Gentile Bellinis Gemälde Prozession auf der Piazza San Marco von 1505 (Abb. 5), das den von venezianischen Scuole abgehaltenen feierlichen Umzug zu Ehren der Kreuzreli- quie darstellt, findet sich unter der großen und vielfältigen Menschenschar, die das Bild füllt, auch eine Gruppe von drei Männern, die sich mit knielangen Röcken und runden Hüten in ihrer Kleidung von den anderen dargestellten Personen abheben und die so als

777 GNM, KA, Sch. XXVIII, Fasc. E, Nr. 1, fol. 3r; „de extra“ ausgestattet wurde: Teil II, Anm. 98. Bei GNM, KA, Sch. XXVIII, Fasc. C, Nr. 8. Personen wie Johannes Daga oder Sinibaldo Rizzo 778 Israel, Fremde, S. 6. Israel konstatierte als zentra- lässt sich entsprechendes annehmen, jedoch nicht les Merkmal von Interkulturation „diffuse Über- nachweisen. schneidungsbereiche“ zwischen Altem und Neu- 780 Dies steht im Gegensatz zu den Beobachtungen em, die nebeneinander existieren und so seiner Hollbergs, die für die deutschen Testatoren davon Ansicht nach jedoch eine Integration verhindern: sprach, „daß die Grenzen zwischen Einheimischen ebd. Vgl. auch: Stichweh, Inklusion und Exklusion, und Fremden fließend waren“. Hier ist jedoch zu S. 45. beachten, dass dauerhaft in Venedig niedergelasse- 779 Braunstein ging davon aus, dass dies auch einer ne Personen, zu denen die Testatoren in der Regel der Gründe für den relativ geringen Wunsch zur zählten, meist besser in die Gesellschaft integriert Einbürgerung war: Braunstein, Appunti, S. 512. waren als sich nur zeitweilig hier aufhaltende Per- Auch unter den Nürnbergern findet sich mit dem sonengruppen: Hollberg, Deutsche in Venedig, 1444 nach Venedig übersiedelten Hermann Hein- S. 250. rich aus der Pfarrei von San Giovanni Bragora in 781 Vgl. v.a.: Backmann Fondaco. Sowie: Backmann, Castello nur eine Person, die nachweislich das Kunstagenten, S. 188–189; Häberlein, Oberitalie- venezianische Bürgerrecht annahm und 1459 mit nische und oberdeutsche Städte, S. 206. dem umfassenden venezianischen Bürgerrecht 190 · II. Nürnberger in Venedig

Kaufleute aus dem Reich nördlich der Alpen identifizierbar sind (Abb. 6).782 Durch ihre Positionierung in der Bildmitte in unmittelbarer Nähe der Reliquie erhalten sie eine he- rausgehobene Stellung unter den Zuschauern des Spektakels. Obwohl die drei deutschen Kaufleute nicht als Bruderschaftsmitglieder, sondern als Teil des venezianischen Umfelds dargestellt werden, setzte Bellini, der selbst Mitbrüder aus ihren Kreisen hatte,783 sie auf seinem Gemälde in den Kontext der venezianischen Scuole. Die Laien-Bruderschaften, die sich im Laufe des Mittelalters in ganz Europa etabliert hatten, waren ein wichtiger Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens der Serenissima.784 Als eine Art „künstliche Familie“785, die sich in Verehrung eines bestimmten Heiligen oder im beruflichen Umfeld zusammenfand, erfüllten die venezianischen Scuole zahl- reiche wichtige religiöse, karitative und soziale Funktionen. Zentrales Element war dabei die gegenseitige spirituelle und materielle Hilfestellung. Auch wenn sich nicht alle Mit- brüder zwangsläufig kennen mussten, entsprang der Zugehörigkeit zur gleichen Bruder- schaft doch eine gewisse überpersonale Solidarität.786 Sie drückte sich beispielsweise in der brüderlichen Fürsorge für in Not geratene Mitglieder aus. Zunehmend gründeten die Scuole Hospitäler für ihre kranken und alternden Mitbrüder oder, bei Scuole nazionali

782 Zum Gemälde: Meyer zur Capellen, Gentile Bel- frommen Ausrichtung zu einem großen Teil Lai- lini, 70–77 u. Kat., Nr. A 19, S. 133–135. Zu ihrer enverbände: Vio definierte Scuole als „associazione Identifizierung und zur Vorzeichnung in der Bib- di appartenenti ad un’arte o mestiere oppure di laici lioteca Reale di Torino: ebd. Kat., Nr. D 7, S. 166– che si riunivano per scopi devozionali o assistenza- 67. Eine Abbildung findet sich in Aikema u. Brown li“: Vio, Scuole piccole, S. 18. Pazzi betonte in An- (Hgg.), Rinascimento a Venezia, 266. lehnung an Sbriziolo die weltliche Initiative bei der 783 Der Vermerk „Zentil Bellini cavalier depintor San Gründung der Scuole: Pazzi, Scuole di Venezia 1, Ziminian“ in der Mitgliederliste der Scuola della S. 8. Durchaus wurden jedoch auch Geistliche auf- Madonna e di san Francesco dei Mercanti ist wohl genommen, wie die gängige Einteilung, gerade der mit Gentile Bellini gleichzusetzen: ASVe, SG Maria Scuole Grandi, in „preti“, „nobeli“ und Personen Misericordia, Atti, b. 7, (fol. 132r = o. Fol.). Vgl. „altra disciplina“ zeigt. In der Mitgliederliste der auch Gabriele Köster, Künstler und ihre Brüder. Scuola Grande di Santa Maria della Misericordia Maler, Bildhauer und Architekten in den venezi- wurde der ab 1484 als Kaplan des Sebaldaltars täti- anischen Scuole Grandi (bis ca. 1600), (Berliner ge Padre Luca aufgeführt: „Messer padre Luca ca- Schiften zur Kunst 22), Berlin 2008, S. 395–396. pelan del fontego di todeschi“ ASVe, SG S. Maria In der gleichen Scuola waren auch der Nürnberger Misericordia, Atti, b. 4, fol. 273v. Hier u. a. auch Kaufmann Sinibaldo Rizzo und dessen Sohn Zuan die soziale Einteilung der Mitglieder. Zu Luca am Baptista Mitglied: ASVe, SG Maria Misericordia, Sebaldaltar: GNM, IA, 1, fol. 19, Nr. 20, S. 51–39 u. Atti, b. 7, (fol. 118r u. 133r = o. Fol.). Mit Rizzo und S. 31–28. Franz Hirschvogel waren die beiden Bellini-Brüder 785 „Familles artificielles“ Gabriel LeBras, Les conf- auch gleichzeitig Mitglieder der Scuola Grande di réries chrétiennes. Problèmes et propositions, in: San Marco: Meyer zur Capellen, Gentile Bellini, Revue historique e de droit français et étranger S. 24–26. Zu den Scuole auf Prozessionen: u. a. 19/20 (1940–41), S. 310–363, S. 310. Vgl. auch: Patricia Fortini Brown, Le „Scuole“, in: Storia di Brian Pullan, Natura e carattere delle Scuole, in: Le Venezia 5: Il Rinascimento. Società ed Economia, scuole di Venezia, hg. v. Terisio Pignatti, Mailand hg. v. Alberto Tenenti und Ugo Tucci, Rom 1996 , 1981, S. 9–26, S. 14. S. 307–354, S. 331. 786 Pullan, Natura e carattere, S. 9. Zur Solidarität über 784 Zur Entwicklung: Köster, Freunde und ihre Brü- Mitgliedschaft generell: Burkhardt, Bergenhandel, der, S. 13–15. Die Scuole waren trotz ihrer oftmals S. 259. 3. Verflechtung, Integration und Identität der Nürnberger in Venedig · 191 wie der der deutschsprachigen Schuster, für ihre Landsleute.787 Der spirituelle Beistand für das Seelenheil der verstorbenen Mitglieder beinhaltete die Bereitstellung eines Bestat- tungsorts und die Teilnahme der Mitbrüder am Begräbnis. Die Möglichkeit zur letzten Ruhe in einer Grablege war gerade für mittellose Bruderschaftsangehörige relevant. Auch Personen aus der Fremde, die in der Stadt nicht auf familieneigene Grabstätten zurück- greifen konnten, fanden hier ihre letzte Ruhestätte. Unter den Bruderschaften, in denen nachweislich Nürnberger eingeschrieben waren, besaßen die Scuola der Bäcker und die- jenige der deutschen Schuster eine entsprechende arca. Unter ihren mutmaßlichen Mit- gliedern äußerte jedoch nur der Schuster Johannes den Wunsch, in dieser Grablege der Bruderschaft in Santo Stefano begraben zu werden.788 Die Partizipation möglichst vieler ehemaliger Mitbrüder am Leichenzug erhöhte das Prestige des Verstorbenen und trug so auch zur Bedeutung der Institution der Scuole bei der Schaffung sozialer Identitäten bei. Eine Mitgliedschaft in mehreren Bruderschaften und eine damit einhergehende Ver- mehrung der Gedenkenden während der Bestattung verstärkte die Fürsprache noch.789 Diese Steigerungsmöglichkeit galt auch für die Sicherung des Totengedenkens anhand von Gebeten für den Verstorbenen, der zweiten bedeutenden spirituellen Unterstützung, die die Scuole nach dem Ableben für das Seelenheil der Mitbrüder gewähren konnten. Auch hier versuchten die Mitglieder bereits vor ihrem Tod, durch die Ausrichtung von Legaten zur Lesung von Messen einzugreifen. Entsprechende geistliche Vermächtnisse fanden sich nahezu in allen Testamenten und mussten sich nicht unbedingt immer nur

787 Das Hospital der Scuola dei lavoranti calegheri te- wie für Franz Hirschvogel, der verfügte, vor dem deschi befand sich in der calle delle Botteghe: Vio, Altar des heiligen Sebald begraben zu werden, Scuole piccole, S. 317–318. Hierzu auch: Lorenz entwickelte sich die Kirche von San Bartolomeo Böninger, ”Quant’è bello e gioioso vivere insieme“. mit ihren dortigen Bruderschaften zum zentralen La ”regula“ della Scuola dei calzolai tedeschi a Ve- Begräbnisort: (1498 Nov. 2), ASVe, NT, b. 1211, nezia (1383), in: La ”regula“ bilingue della Scuo- Nr. 819. Vgl. u. a. auch: Hollberg, Deutsche in Ve- la dei calzolai tedeschi a Venezia del 1383, hg. v. nedig, S. 148. Zur Bedeutung von San Bartolomeo dems., (Fonti per la storia di Venezia. Sez. V – fon- als Grabstätte vgl. u. a. die entsprechenden Grabin- di vari), Venedig 2002, S. V–XXV, S. XI. Vgl. auch: schriften bei Simonsfeld: Simonsfeld, Fondaco 2, Israel, Fremde, S. 123; Pullan, Natura e carettere, S. 247–259. S. 17. Zur brüderlichen Fürsorge im Armutsfall: 789 So verfügte Sinibaldo Rizzo, dass neben der Be- Köster, Künstler und ihre Brüder, S. 141. teiligung seiner Mitbrüder aus der Scuola San 788 Die Bezeichnung „ad Sanctum Stefanum in archis Marco auch Scuole Piccole, in denen er Mitglied hospitalis […] theotonicorum“ nennt zwar nicht sei, an seinem Begräbnis teilnehmen sollten: (1521 spezifisch die Schusterbruderschaft, bezieht sich Mär. 18), ASVe, NT, b. 1216, prot. 3, fol. 67r–68v, aber mit größter Wahrscheinlichkeit auf diese: fol. 67r. Vgl. zur Bedeutung der Teilnahme einer (1501 Feb. 20 m.v. = 1502 Feb. 20), ASVe, NT, b. Vielzahl v. Mitbrüdern: Pullan, Natura e carattere, 66, prot. 3, Nr. 94, fol. 3r. Eine dortige Grablege für S. 16. Zur Bedeutung der höheren Anzahl der Teil- die Bäcker ist erst für 1511 nachgewiesen: Simons- nehmer und dazu, dass Begräbnisse im Spätmittel- feld, Fondaco 2, S. 273 u. Nr. 83, S. 235. Zum Altar alter nicht mehr Familiensache gewesen seien: Phi- der Schuster in Santo Stefano: Vio, Scuole piccole, lippe Ariès, Richesse et pauvreté devant la mort, in: S. 318. Zum Begräbnis in der Grablege der Scuo- Études sur l’histoire de la pauvreté, (Publications la unter Deutschen generell: Hollberg, Deutsche de la Sorbonne. Études 8) 2, hg. v. Michel Mollat, in Venedig, S. 147. Für die deutschen Kaufleute, Paris 1974, S. 519–533, S. 528–531. 192 · II. Nürnberger in Venedig auf die eigenen Bruderschaften beziehen. Insbesondere für die vielen Personen aus we- niger privilegierten Kreisen, die meist in keine familiäre Gedenktradition eingebunden waren, war dies ein wichtiger Beitrag zu ihrer Memoria. Doch auch die begüterten Mit- glieder nutzten diese Möglichkeit zur Sicherung ihres Andenkens. Zusätzlich zu ihrer Fürsorge- und Gedenkfunktion sorgten die Scuole gleichzeitig für eine soziale Integration der unterschiedlichen Bevölkerungsschichten und waren ein wichtiger Katalysator des gesellschaftlichen Miteinanders in der Stadt.790 Die genaue Anzahl der Bruderschaften und des Anteils ihrer Mitglieder an der venezianischen Ge- samtbevölkerung lassen sich nicht feststellen. Es müssen bereits im ausgehenden Mit- telalter jedoch äußerst viele gewesen sein, die wahrscheinlich ein Drittel bis die Hälfte der Einwohner der Stadt umfassten.791 Besonders häufig waren die sogenannten Scuole Piccole, die sich in die „scolae comunes“, Handwerks- und Berufsbruderschaften und die landsmannschaftlichen Vereinigungen, die „scuole nazionali“, unterteilten. Gerade die letzteren beiden konnten sich, wie beispielsweise bei den Bruderschaften der deutschen Bäcker oder der deutschen Schuster, durchaus überschneiden.792 Daneben existierten bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts fünf Flagellantenbruderschaf- ten, die aufgrund ihres Alters und ihrer herausgehobenen Bedeutung in der zweiten Hälf- te des Quattrocento die Bezeichnung Scuole Grandi erhielten.793 In diesen Bruderschaften versammelten sich Mitglieder ganz verschiedener Berufsgruppen und von unterschied- lichem sozialen Status.794 Unter den Brüdern der Scuola Grande di San Marco fanden sich um 1500 neben zahlreichen patrizischen und nicht-patrizischen Venezianern auch deutsche Bäcker, Schneider, Schuster und Ballenbinder, einfache Händler und Kaufleute

790 In der zeitgenössischen Staatstheorie wie auch dung der scuole artigiane u. der scuole nazionali: in der modernen Forschung wurde ihre ausglei- u. a. Pullan, Natura e carattere, S. 9; Fortini Brown, chende Funktion betont. Bereits im 15. Jh. wurde Scuole, S. 308. Zur Scuola dell’Annunziata dei la- sie zu einem Grund für die vermeintliche soziale voranti calegheri tedeschi: Vio, Scuole piccole, Eintracht der Stadt stilisiert: „Die Bruderschaften Nr. 264, S. 317–319. Zur Scuola della Concezione wurden so zum festen Bestandteil des ,Mythos Ve- dell’arte dei pistori: ebd., Nr. 278, S. 331–332. nedig’, in dem die Republik als Gemeinwesen ohne 793 Die ursprüngliche Bezeichnung war scuole dei bat- soziale Spannungen und Konflikte erschien.“ Kös- tuti. Bis in die Mitte des 15. Jahrhunderts waren ter, Künstler und ihre Brüder, S. 15. dies die Bruderschaften Santa Maria della Carità, 791 Vgl. Fortini Brown, Scuole, Anm. 20, S. 311; Pul- San Marco, Santa Maria della Misericordia und San lan, Natura e carattere, S. 14. Vio führte für die Zeit Giovanni Evangelista. Die Scuola San Rocco wurde der Republik, also bis 1797, 925 Scuole Piccole auf: 1489 aufgenommen. Im 16. Jahrhundert kam noch Vio, Scuole piccole, S. 944. die Scuola Grande di San Teodoro hinzu: Hollberg, 792 Lia Sbriziolo, Per la storia delle confraternite ve- Deutsche in Venedig, S. 124. Zu den Deutschen in neziane: dalle deliberazioni miste (1310–1476) del der Scuola di San Teodoro: Backmann, Fondaco. Consiglio dei Dieci. Scolae communes, artigiane e 794 Sansovio vermerkte, dass die Scuole „[a]bbracciano nazionali, in: Atti dell’Istituto Veneto di Scienze, gran quantità di persone cosi nobili come cittadini Lettere ed Arti (Classe di Scienze Morali. Lettere ed & popolari“ Zit. nach: Köster, Künstler und ihre Arti) 126, (1967–1968), S. 405–442, S. 405–406; Brüder, S. 30. Köster betonte auch die Herkunft Hollberg, Deutsche in Venedig, S. 124. Ähnlich: aus den unterschiedlichen Stadtvierteln: ebd. Fortini Brown, Scuole, S. 308. Zur Überschnei- 3. Verflechtung, Integration und Identität der Nürnberger in Venedig · 193 aus der Nürnberger Oberschicht.795 Die soziale Vielfalt der Scuole Grandi machte sie in einem besonderen Maße zu einem Bindeglied zwischen den verschiedenen Schichten der Stadt. Das Ideal einer Gemeinschaft gleichgestellter Mitglieder, die in der Andacht an einen bestimmten Heiligen auch über soziale Grenzen hinweg eine Einheit bildeten, entsprach jedoch nur teilweise der Realität.796 Die Scuole Grandi waren so beliebt, dass ihre Mitgliederzahl im Laufe des 15. Jahrhunderts auf 500 bis 600 begrenzt wurde, wobei sie vor allem Anfang des folgenden Jahrhunderts oftmals deutlich mehr Brüder hatten. Neumitglieder wurden nur nach dem Tod eines Vorgängers aufgenommen. Auch durfte man, im Gegensatz zu den Scuole Piccole, lediglich einer der großen Bruderschaften angehören.797 In diesem Sinne versprach eine Familientradition der Mitgliedschaft in einer bestimmten Scuola Grande hohes Ansehen und wurde bewusst etabliert. Oftmals versuchten Mitbrüder bereits früh, ihre Söhne ebenfalls als Mitglieder zu installieren. Meist handelte es sich dabei um alteingesessene venezianische Familien. Entsprechende Bemühungen sind jedoch auch von Nicht-Venezianern überliefert.798 Sinibaldo Rizzo gelang es offenbar, dass mit ihm gleich drei seiner Söhne Mitglieder der Scuola Grande di San Marco wurden.799 Wie bei Rizzo war ein langjähriges und dauerhaftes Leben in der Stadt für die Aufnahme in eine der großen Bruderschaften sicherlich förderlich. Sein Mitbruder Franz Hirschvogel lebte hingegen noch nicht lange in Venedig, als er 1482 Mitglied der Scuola wurde. Allerdings hatte er sich wohl schon häufiger in der Stadt auf- gehalten und konnte auf eine intensive und traditionelle familiäre Bindung verweisen.800 Die „gelungene Integration“ in Venedig, die Uwe Israel in einer entsprechenden Mitglied- schaft ausgedrückt sah,801 darf also, wie auch das Beispiel der Imhoff zeigt, nicht nur im Sinne einer durch einen dauerhaften Aufenthalt in der Stadt bedingten Integration in die einheimische Gesellschaft verstanden werden. Sie bezog sich auch auf eine darüber hinausgehende Inklusion in venezianische Gemeinschaften aufgrund weiterer Faktoren

795 ASVe, SG San Marco, Atti, b. 4, fol. 49r, 54r, 127r, 797 Köster, Künstler und ihre Brüder, S. 33. Zur Frage 129r, 134r, 135r, 142v, 157v u. 167r. Bereits die der Mehrfachmitgliedschaften: Pullan, Natura e Durchsicht der Mitgliederlisten zeigt, dass die carattere, S. 14. Hier auch zur Anzahl der Mitglie- These Hollbergs, dass keine Fremden Mitglieder der: ebd., S. 10. der Scuole Grandi werden durften, nicht halt- 798 Köster, Künstler und ihre Brüder, S. 88. bar ist: Hollberg, Deutsche in Venedig, S. 125 u. 799 „Andrea Rizo de Ser Sinibaldo a San Cancian“, Anm. 210, S. 125. „Ser Nicolo Rizo de Ser Sinisbaldo a Santa Maria 796 Patrizier konnten sich z. B. von ihren zeremo- Nova“, „Ser Sinibaldo Rizo marchadante in fontego niösen Pflichten freikaufen und diese auf ärme- San Bortolamio“ u. „Ser Zuane Batista Rizo de Ser re Mitbrüder übertragen. Zur Idee der sozialen Sinibaldo“ ASVe, SG San Marco, Atti, b. 4, fol. 12v, Gleichheit: Pullan, Natura e carattere, S. 9. Romano 104r, 135r u. 164v. schrieb den Scuole sogar eine Katalysatorenfunkti- 800 ASVe, SG San Marco, Atti, b. 4, fol. 49r. Zu Hirsch- on für die unerfüllten politischen Ambitionen der vogel: Schaper, Hirschvogel, S. 125; GNM, IA cittadini zu und greift damit die entsprechende Teil 1, Fasc. 19, Nr. 20, S. 63; StBN, Pirckheimer- Renaissance-Idee auf: Dennis Romano, Patricians Papiere 364, U 17; Wirtz, „Mercator in fontico nos- and Popolani. The social foundations of the Vene- tro“, S. 23. tian Renaissance State, Baltimore 1987, S. 7. Vgl. 801 Israel, Fremde, S. 117. auch: Köster, Künstler und ihre Brüder, S. 14–15. 194 · II. Nürnberger in Venedig wie Ansehen oder geschäftlicher und personaler Verflechtungen. Franz Imhoffs späteres Amt als Konsul des Fondaco weist auf seinen guten Ruf innerhalb der Kaufmannsge- meinschaft hin, lässt aber auch sein Ansehen als Händler außerhalb des Handelshau- ses erkennen. Gleichzeitig war er Mitglied der Scuola Grande di San Rocco.802 Welche Position der Nürnberger Georg Spinger, der in der Mitgliederliste der Scuola Grande di Santa Maria Misericordia für die Zeit um 1500 aufgeführt ist, in der Stadt hatte, ob er hier dauerhaft lebte und ob er in einheimische Gesellschaftssegmente integriert war, lässt sich aufgrund fehlender weiterer Quellen nicht sagen. Sein möglicherweise eben- falls aus Nürnberg stammender Mitbruder Georg Uttinger hingegen trat in den späten 1530er Jahren bei der Verpfändung der Hirschvogel-Kammer im Fondaco als Zeuge auf. Wahrscheinlich handelte es sich um den gleichen Georg Uttinger, den Simonsfeld für 1517 als Konsul angibt. Dass Uttingers Tochter Catherina 1537 in Venedig ihr Testament ausstellte, lässt darauf schließen, dass er in der Stadt seine Familie hatte. Er hatte dement- sprechend langfristige Verbindungen in Venedig.803 Die Gefahr einer Abschottung spezifischer landsmannschaftlicher Gruppen von den anderen in Venedig existierenden Gesellschaftssegmenten bargen hingegen die Scuole nazionali. Einige in Venedig besonders zahlreich vertretene Landsmannschaften hat- ten das Privileg, eine eigene Bruderschaft zu unterhalten.804 Über die generellen sozi- alen Funktionen der Scuole hinaus dienten sie auch den konkreten Bedürfnissen ihrer Landsleute in der Fremde. Sie boten den Personen, die ihre Familien oftmals in ihrer Herkunftsregion zurückgelassen hatten, einen Anlaufpunkt, soziale Unterstützung und Zusammenhalt. Ebenso lieferten sie im spirituellen Bereich wichtigen Beistand und ga- rantierten die Memoria der fern ihrer Heimat verstorbenen Mitbrüder.805 Noch stärker als andere Bruderschaften fungierten sie so als „künstliche Familien“. Möglicherweise trugen

802 Zu den Imhoff in der Scuola Grande di San Rocco: Augsburger Mitzeugen ist jedoch Letzteres anzu- Dormeier, Venedig als Zentrum des Rochuskultes, nehmen: „In peÿwesen dess furnemen und weisen S. 114–120. Köster sah die Imhoff als Beispiel von herrn Jorg Uttinger unnd Matheusen Harder von ausländischen Geschlechtern, familiäre Mitglied- Augßpurgk“; (1537 Mai 13), StadtAN, B 14/III-16, schaftstraditionen zu etablieren: Köster, Künstler fol. 38v. Zu den Mitgliedschaften Spingers und und ihre Brüder, S. 88. Weitere Imhoff lassen sich Utingers in Santa Maria Misericordia: ASVe, SG jedoch in der Scuola von San Rocco nicht finden. Santa Maria Misericordia, b. 4, fol. 289v. Auf die 803 Zum Testament: (1537 Jun. 27), ASVe, NT, b. Auflösung der Kammer der Hirschvogel verwies 128, fol. 13r. Unklar ist, ob Catherina in Venedig Schaper: Schaper, Hirschvogel, S. 190. Simonsfeld geboren wurde, da Georg dann wohl zu diesem gab ihn als einen Augsburger an: Simonsfeld, Fon- Zeitpunkt außerhalb des Fondaco lebte. Da Georg daco 2, S. 178 u. S. 207. Ob es sich um einen Fehler 1517 noch Konsul war, wird er zu diesem Zeit- bei Simonsfeld oder im Mitgliederverzeichnis han- punkt wahrscheinlich noch im Handelshaus gelebt delt, ist unklar. haben. Es ist also davon auszugehen, dass Catheri- 804 Fortini Brown, Scuole, S. 310; Calabi, Stranieri, na erst danach geboren wurde und ihr Testament S. 914; Pazzi, Scuole di Venezia, S 8. womöglich im Zuge einer Schwangerschaft aus- 805 Pullan, Natura e carattere, S. 14. Zum Aspekt der stellte. Ob Uttinger die Aussage zur Hirschvogel- sozialen Unterstützung: ebd. S. 11. Israel bezeich- Kammer in Nürnberg oder Venedig tätigte, lässt nete die Korporationen als „Integrationshilfe“: Is- sich nicht eindeutig bestimmen. Aufgrund des rael, Fremde, S. 210. 3. Verflechtung, Integration und Identität der Nürnberger in Venedig · 195 sie durch den Zusammenschluss von Personen aus demselben Kulturkreis auch zur Auf- rechterhaltung spezifischer kollektiver Identitätsformen bei, wie dies beispielsweise im Kontext der Nürnberger Gemeinschaft am Sebaldaltar in San Bartolomeo geschah.806 In den meisten Fällen lässt die Überlieferung diesbezüglich jedoch keine Rückschlüsse zu. Auch die Scuole nazionali versammelten aber nicht alle Personen einer Landsmannschaft in Venedig. Wie bei der 1504 von dem Regensburger Leonhard Vilt in erster Linie für die Kaufleute des Fondaco gegründeten Scuola Madonna del Rosario in San Bartolomeo konnte hier die Mitgliederzahl durch die Regierung ebenfalls beschränkt sein.807 Überschneidungen zu Scuole nazionali und berufsgebundenen Bruderschaften waren vor allem im handwerklichen Bereich zahlreich.808 In Berufen, die von einer Landsmann- schaft dominiert wurden, konnte es zu einer Herausbildung und Institutionalisierung herkunftsspezifischer Gemeinschaften kommen. Für andere Berufsgruppen gab es eben- falls entsprechende Korporationen, wie die Scuola der Kaufleute in der Kirche von Santa Maria Gloriosa dei Frari, in der auch Sinibaldo Rizzo Mitglied war und deren Brüder er in seinem Testament bat, seiner Bestattung beizuwohnen.809 Bei den deutschen Handwerksbruderschaften ist der Grad der Einbindung der einzel- nen Personen nur bedingt über testamentarische Verweise810 und Anmerkungen in den Bruderschaftsordnungen, den Mariegole, zu erschließen. Mitgliederlisten, wie sie teil- weise in anderen Scuole überliefert sind, fehlen. In der Scuola della Concezione dell’arte dei pistori lassen sich nur zwei Nürnberger Meister nachweisen. Als 1471 die einzelnen Bäckergeschäfte in der Stadt und ihre Meister aufgelistet wurden, um so deren Zahl zu beschränken und damit den Berufsstand vor dem Ruin zu bewahren, wurden auch die Nürnberger Bäckermeister Rigo, der sein Geschäft bei „San Zan del Tempio“ hatte, und Armano mit seiner Bottega in der calle lunga bei Santa Maria Formosa erwähnt.811 Mög- licherweise verwies das Vermächtnis des Konrad von 1416 an eine „scol[a] Sancte Marie posit[a] in ecclesia Sanctorum Iacobi et Filipi“ auf die Scuola der forneri, obwohl diese erst 1422 in der Kirche nachgewiesen ist.812 Für die Bruderschaft der deutschen Schuster

806 Vgl. hierzu: Esch, Loyalitäten, S. 590, S. 592 u. b. 1216, prot. 3, fol. 67r–68v, fol. 67r. Entsprechend S. 595. Zum Sebaldaltar: Kap. II.3.2.2. seinen testamentarischen Verfügungen war Rizzo 807 Pullan, Natura e carattere, S. 11. Zur Scuola dei te- möglicherweise auch Mitglied der Rosenkranzbru- deschi della „Zoisa Restada“: Vio, Scuole piccole, derschaft in San Bartolomeo: ebd., fol. 67v. Nr. 363, S. 413. 810 Zu den Legaten von deutschen Testatoren an deut- 808 Diese standen sonst in der Regel Personen unter- sche Scuole: Hollberg, Deutsche in Venedig, S. 128. schiedlicher Herkunft offen. Die meisten gewerbe- 811 BMC, Mariegola 5, fol. 18v. Die Angabe zu Rigo be- treibenden Berufsstände hatten eine eigene Bru- zieht sich auf San Giovanni al Tempio dell’Ordine derschaft. Oftmals überschnitten sich das Gewerbe di Malta in der Pfarrei von Sant’Antonin, Castello. bzw. seine rechtliche Berufsvereinigung, die arte, 812 „scole Sancte Marie posite in ecclesia Sanctorum und die Scuola, ohne dabei jedoch institutionell Iacobi et Filipi“ (1416 Okt. 1), ASVe, CIN, b. 104, identisch zu sein. Vgl.: Pullan, Natura e carattere, prot. 2, fol. 14(2)r. Zum Datum: Vio, Scuole piccole S. 9. Nr. 184, S. 234. Zum Zeitpunkt des Vermächtnisses 809 ASVe, SG Santa Maria Misericordia, Atti, b. 7, existierte in der Kirche laut Vio jedoch keine andere (fol. 118r = o. Fol.); sowie: (1521 Mär. 18), ASVe, NT, Scuola, die in Verbindung zur Gottesmutter stand. 196 · II. Nürnberger in Venedig ist die Zahl der belegbaren Mitglieder aus Nürnberg ebenfalls äußerst gering. Unter den Mitbrüdern, die 1483 einen neuen Vertrag mit dem Kloster von Santo Stefano über die Nutzung von Altar und Gruft schlossen, fand sich ein Meister „Johannes Franchus de Nurimbergo“ aus der nicht weit entfernten Pfarrei von San Moisè.813 Sonst lassen sich Mitgliedschaften nur über die Verfügungen in ihren Testamenten vermuten. Der Schus- ter Johannes vermachte seinem Beichtvater Valerio in Santo Stefano 1502 einen Dukaten für die Lesung von Gregorsmessen. Dass er auch in der dortigen Grablege der deutschen Schuster begraben werden wollte, deutet auf eine besondere Nähe zu der Scuola und ihrer Kirche hin, die wiederum eine dortige Mitgliedschaft vermuten lässt. Der Wunsch, dass ihn auf seinem letzten Weg das Kapitel seiner Heimatpfarrei Sant’Agostin begleiten solle, und die geistlichen Legate, die er dieser vermachte, verweisen auf eine gleichzeitige enge Anbindung an seinen eigenen Kirchensprengel. Die geographische Entfernung der Kir- chen beiderseits des Canal Grande zeigt ebenso wie die Einsetzung des Bäckers Nikolaus aus seiner Pfarrei, dass er sich nicht allein auf seine Berufsbruderschaft konzentrierte.814 Die Mitgliedschaft in berufsspezifischen Scuole nazionali verstärkte die Konzentration auf einen bestimmten Personenkreis und band die Mitglieder eng in das sich dort konsti- tuierende Beziehungsgeflecht ein. Dennoch offenbart sich im Kontext der Nürnberger in Venedig, dass diese Verflechtungen weniger geschlossen und ausschließlich waren als in der Forschung bisher angenommen. Sie konnten sich durchaus auch mit anderen Grup- pen überschneiden.815 Anhand der Legate lässt sich auch sonst die Bindung an spezifische Bruderschaften und deren Intensität am deutlichsten nachvollziehen. Neben dem reinen Akt sind ihre Höhe und ihr ungefährer Anteil am Gesamtvermächtnis beziehungsweise in Relation zu den anderen Scuole relevant. Die geistlichen Legate, die dem Seelenheil816 und der Position der Verstorbenen im Jenseits dienen sollten, umfassten neben der Stiftung von Messen, Kirchenfabriken oder Almosen für Arme und Weise817 oftmals auch finanzielle Zuwendungen an Bruderschaften.818 In einigen Fällen kann dabei ein Zusammenhang

813 (1483 Okt. 10), in: Simonsfeld, Fondaco 2, Nr. 66, 66, prot. 3, Nr. 94, fol. 3r. Auch der gleichnamige S. 325–331, S. 326. Bäcker ließ Marien- und Gregorsmessen lesen und 814 (1501 Feb. 20 m.v. = 1502 Feb. 20), ASVe, NT, b. 66, vermachte hohe Beträge für die Kirchenfabriken prot. 3, Nr. 94, fol. 3r. unterschiedlicher Klöster: (1463 Sep. 17), ebd., b. 815 Vgl.: Kap. II.3.1. Zur berufsspezifischen Konzen- 1195, prot., Nr. 96, fol. 71v–72r. Vgl. auch Hollberg, tration der Handwerker: Hollberg, Deutsche in Deutsche in Venedig, S. 88–122 u. S. 126–140. Venedig, S. 244 u. S. 247–248. 818 Hollberg, Deutsche in Venedig, S. 79–80 u. S. 83. 816 In den Quellen wird in der Regel der Begriff: Hier auch zu den einzelnen Inhalten des Seelen- „per l’anima mia“ o.ä. verwendet: vgl. u. a. (1521 heils: ebd. S. 84. An besonders viele Scuole testier- Mär. 18), ASVe, NT, b. 1216, prot. 3, fol. 67r–68v, ten unter den Nürnbergern der Bäcker Johannes fol. 67v. in seinem 2. Testament und v.a. Franz Hirschvo- 817 Der Schuster Johannes gab sowohl Legate für die gel: (1463 Sep. 17) u. (1498 Nov. 2), ASVe, NT, b. Lesung von Gregorsmessen wie auch für die Kir- 1195, Nr. 96, fol. 71v–72r, fol. 72r u. ASVe, NT, b. chenfabrik seiner Heimatpfarrei Sant’Agostin: 1211, Nr. 819. Zu Hirschvogel: Hollberg, Deutsche (1501 Feb. 20 m.v. = 1502 Feb. 20), ASVe, NT, b. in Venedig, S. 132–133. Die Einschätzung des An- 3. Verflechtung, Integration und Identität der Nürnberger in Venedig · 197 zwischen Legaten an eine Scuola und entsprechenden Mitgliedschaften der Testatoren belegt werden. Sinibaldo Rizzo, der in seinem ersten Testament einen Dukaten der „scola Sante Marie merchator“ vermachte, wurde gemeinsam mit seinem Sohn Zuan Baptista auch im Mitgliederverzeichnis der Bruderschaft aufgeführt. In seinem zweiten Testament trug er auf, dass seine dortigen Mitbrüder gegen Bezahlung an seiner Bestattung teilneh- men sollten.819 Ausrichten sollte diese „[s]eine Bruderschaft des heiligen Herren Markus“, die er ebenfalls finanziell für ihre Bemühungen entschädigte.820 Einer seiner Mitbrüder in der Scuola Grande war Franz Hirschvogel. Neben Sinibaldo Rizzo war er der einzige Nürnberger in Venedig, der durch sein hohes Legat nach San Marco mit über 50 Dukaten eine Bruderschaft in seinem letzten Willen bedachte, in der er nachweislich selbst Mit- glied war.821 Meist jedoch fehlen Hinweise, ob ein Legat mit einer entsprechenden Zuge- hörigkeit einherging. Wie bei Franz Paumgartner liegt dies bei einigen Nürnbergern, die sich in den Mitgliederverzeichnissen finden, daran, dass keine Testamente erhalten sind. Sein Mitbruder in der Scuola von San Girolamo, Sinibaldo Rizzo, fasste die Bruderschaft in seinem letzten Willen wohl lediglich unter die Bezeichnung „altre schuole pizole ne le qual son fratello“.822 Häufig führt jedoch die fehlende Überlieferung von Mitgliederlisten dazu, dass eine Mitgliedschaft in den Scuole, an die die Testierenden Legate vermachten, nicht festgestellt werden kann. Auch sind manchmal die Angaben und Namen der Bru- derschaften nicht eindeutig nachzuvollziehen. Besonders häufig wurden Scuole Piccole bedacht. Hier ergaben sich für die meisten Personenkreise und auch für die Zuwanderer aus dem Norden in der Regel mehr An- schlussmöglichkeiten als bei den wenigen und in ihrer Mitgliederaufnahme restriktive- ren Scuole Grandi. Die geographische Nähe zum Wohnort scheint ein Kriterium für die Wahl der bedachten Bruderschaft gewesen zu sein. Oftmals wurden Legate an Einrich- tungen in der gleichen Pfarrei oder in deren unmittelbarer Nähe vermacht. Der Schüs- selmacher Salvator hinterließ als einziges geistliches Legat neben Almosen der „scol[a] Sancti Sebastiani“ in seiner Pfarrei San Panthalon zwei Dukaten.823 Der Bäcker Johannes

teils der Legate an Scuole am Gesamtvermögen ist ASVe, NT, b. 1211, Nr. 819: sowie: „Ser Francesco wegen des in seinem Wert nicht definierten Resi- Ies fulger da Nurinbergo marchadante in fontego“ duums schwierig: ebd., S. 85. ASVe, SG San Marco, Atti, b. 4, fol. 49r. 819 (1515 Sep. 24) u. (1521 Mär. 18), ASVe, NT, b. 974, 822 (1521 Mär. 18), ASVe, NT, b. 1216, prot. 3, fol. 67r– Nr. 45 (Zitat) u. ASVe, NT, b. 1216, prot. 3, fol. 67r– 68v, fol. 67r sowie: BMC, Mariegola 113, fol. 82r. 68v, fol. 67r; sowie: ASVe, SG Maria Misericordia, Zu Paumgartner: „Francesco Pongartener mercha- Atti, b. 7, (fol. 118r = o. Fol.). dante in fontego“ BMC, Mariegola 113, fol. 60v. Da 820 „mia fraterna de messer San Marco“ (1521 Mär. 18), sich unter den Mietern des Fondaco für denselben ASVe, NT, b. 1216, prot. 3, fol. 67r–68v, fol. 67r; so- Zeitraum ein Franz Paumgartner befand, den Si- wie: ASVe, SG San Marco, Atti, b. 4, fol. 165v. monsfeld als Nürnberger identifizierte, kann ange- 821 Hirschvogel vermachte der Scuola ein deutlich nommen werden, dass es sich hier um die gleiche höheres Legat als den anderen von ihm bedachten Person handelte: Simonsfeld, Fondaco 2, S. 192. Bruderschaften: „in die grosen bruderschaft und 823 „dimitto scole Sancti Sebastiani fundate in Sanc- schul Sand Marx, gelegen neben der kirchen Sand to Panthalone […] ducatos duos de bonis meis.“ Iohanes et Paulus, fünfzig ducaten“; (1498 Nov. 2), (1447 Jun. 18), ASVe, NT, b. 560, Nr. 75. Bei Vio 198 · II. Nürnberger in Venedig bedachte ebenfalls seine eigene Kirche, diejenige von Santi Apostoli, indem er an die dortige Scuola 5 Dukaten vermachte. Die besondere Bindung zu seinem Kirchensprengel zeigten auch sein Wunsch, in Santi Apostoli begraben zu werden, sowie die vielen Ver- fügungen an das Gotteshaus und die Gemeinde selbst. Daneben erhielt die Scuola der Schuster in Santo Stefano von dem Bäcker denselben Betrag. Hier offenbarten sich lands- mannschaftliche Solidaritäten, die sich berufsübergreifend herausbildeten. Darüber hin- aus bekam die Scuola San Giovanni Baptista und die Bruderschaft der Heiligen Trinität, möglicherweise also diejenige der Ballenbinder in Santi Giovanni e Paolo, zu denen Jo- hannes auch über einen seiner Testamentsvollstrecker in Bezug stand, Zuwendungen in gleicher Höhe. Die Vermächtnisse an die Scuole machten dabei jedoch nur einen kleinen Teil seines Gesamterbes aus, das er vor allem in Legate für Kirchenfabriken investierte.824 Eine besondere Verbindung zu Santi Giovanni e Paolo und den dortigen Bruder- schaften zeigte auch Franz Hirschvogel. Er stiftete an „die zw[ei] schul in Sand Johanes et Paulo kirchen gelegen, ganant Sand Petro Martiro und Sand Vingenzo“ und die „auf dem kirch hoff Sand Iohanes et Paulo“ gelegenen Scuola Sant’Orsola. Die Mitgliedschaft in der sich direkt nebenan befindenden Scuola Grande di San Marco verweist ebenso auf Bezüge in diesen Teil der Stadt, der nicht allzu weit abseits seines Wohnorts, des Fonda- co, lag. Den zweiten geographischen Schwerpunkt seines Vermächtnisses bildete mit der Scuola San Leonardo und der Bruderschaft „mit namen unser lieben frawen“ die Kirche von San Salvador, die sich nur wenige Meter vom Fondaco entfernt befand und den Nachbarsprengel seiner eigentlichen Pfarrkirche, San Bartolomeo, bildete. Die Verfügun- gen für die venezianischen Bruderschaften machten den Großteil seiner venezianischen Legate und ein knappes Viertel seiner gesamten geistlichen Stiftungen aus.825 Mit seinen Legaten an Scuole in San Salvador bedachte er eine Kirche, die bei den deutschsprachigen Testatoren im Spätmittelalter generell beliebt war. Unter den Nürnbergern legierte auch Sinibaldo Rizzo an die dort gelegene Bruderschaft von „San Lunardo“, damit deren Brü-

wird in der Pfarrei von San Panthalon keine ent- men „Sancte Marie laboratorum“ nicht existierte. sprechende Scuola aufgeführt, die erste dort ge- Einzige Bruderschaft zur Marienverehrung war die gründete Bruderschaft sei die Scuola del Santissi- Scuola der Schuster. Hollberg nannte drei unter- mo Sacramento: Vio, Scuole piccole, S. 849–853. schiedliche in den Testamenten erwähnte Scuole 824 (1463 Sep. 17), ASVe, NT, b. 1195, prot., Nr. 96, für Santo Stefano, die der Maria geweiht waren: fol. 72r. Hollberg vermutete für die Scuola de la Hollberg, Deutsche in Venedig, S. 130. Wahr- trinitate die Bruderschaft in der Deutschordensrit- scheinlich handelte es sich jedoch um dieselbe terkirche: Hollberg, Deutsche in Venedig, S. 129. Bruderschaft. Aufgrund des Berufes eines seiner engsten Ver- 825 (1498 Nov. 2), ASVe, NT, b. 1211, Nr. 819. Vgl.: trauten kann jedoch durchaus die Möglichkeit in Hollberg, Deutsche in Venedig, S. 103 u. Anm. 117 Betracht gezogen werden, dass es sich hier um die u. 118, S. 103. Zu den einzelnen Scuole bei Vio: Scuola der Ballenbinder in Santi Giovanni e Paolo Vio, Scuole piccole, Nr. 126 (Sant’Orsola), S. 176– handelte, die ebenfalls der Dreifaltigkeit gewidmet 178, Nr. 128 (San Pietro), S. 179, Nr. 129 (San Vin- war: Vio, Scuole piccole, Nr. 127, S. 178–179. Auch cenzo), S. 179, Nr. 346 (San Leonardo), S. 392–393 bei der Scuola in Santo Stefano ist eine Zuordnung u. Nr. 349 (Santa Maria Nova), 395–396. nicht eindeutig, da eine Bruderschaft mit dem Na- 3. Verflechtung, Integration und Identität der Nürnberger in Venedig · 199 der ihm auf seinem letzten Weg zur Seite stünden.826 Die Nähe zum Fondaco wird zum besonderen Interesse der beiden Kaufleute beigetragen haben. Auch bei den Kirchen von Santi Giovanni e Paolo und Santo Stefano, die nach Hollberg die meisten von Deutschen in ihren Testamenten erwähnten Scuole beherbergten, teilten die Nürnberger die Vorlie- ben ihrer Landsleute.827 Die parallelen Vermächtnisse Sinibaldo Rizzos und Franz Hirschvogels an die Bruder- schaft des heiligen Leonhard überschnitten sich mit ihrer gemeinsamen Mitgliedschaft in der Scuola Grande di San Marco.828 Die gemeinsame Zugehörigkeit zu Bruderschaften war aufgrund ihrer sozialen Funktion wichtiges Mittel für die Bildung und Festigung von Beziehungen. Der Bäcker Johannes machte so 1457 beispielsweise vier seiner Mitbrü- der zu Testamentsvollstreckern. Die Anbindung an die gleiche Bruderschaft war für ihn wichtiger als die berufliche Ausrichtung oder der Wohnort.829 Eine gleichzeitige Mitglied- schaft alleine kann jedoch nicht zwangsläufig als Zeichen für eine Bekanntschaft gewertet werden. Vor allem bei den Scuole Grandi ist nicht davon auszugehen, dass die mehreren Hundert Mitbrüder sich alle untereinander kannten. Die gemeinsame Zugehörigkeit zu einer Scuola stärkte jedoch wohl auf anderen Ebenen nachweisbare Kontakte.830 Über- schneidungen in unterschiedlichen Bereichen, vor allem bei der mehrfachen Anbindung an dieselben Institutionen, legen eine Bekanntschaft nahe. Die gleiche Herkunft erhöhte die Wahrscheinlichkeit entsprechender Kontakte noch. Gerade wenn deutsche Kaufleu- te wie Franz Hirschvogel und Sinibaldo Rizzo, die im Fondaco oder seinem Umkreis tätig waren, gemeinsam als Mitglieder in einer oder gar mehreren Scuole auftauchten, ist zumindest von einer Bekanntschaft, möglicherweise auch von engeren Verbindungen auszugehen. In der Scuola Grande di San Marco standen die beiden Nürnberger Kauf- leute sicher auch im Kontakt zu dem eventuell ebenfalls aus der fränkischen Reichsstadt stammenden Kaufmann Konrad Gruber, der in Santi Apostoli lebte.831 Zu anderen Mit- brüdern in der Scuola unterhielt Franz Hirschvogel nachweislich mehrfach Verbindun- gen. Stefan Kaser und er hatten als Konsuln eine wichtige Funktion im Fondaco inne.

826 (1521 Mär. 18), ASVe, NT, b. 1216, prot. 3, fol. 67r– fol. 135r u. 49r. Beide wurden als „marchadante in 68v, fol. 67v. Laut Hollberg wurde diese Scuola von fontego“ bezeichnet. Deutschen am häufigsten bedacht: Hollberg, Deut- 829 Er bezeichnete alle seine Testamentsvollstrecker als sche in Venedig, S. 132. „cumpatrem meum“: (1463 Sep. 17), ASVe, NT, b. 827 Hollberg, Deutsche in Venedig, S. 134. Legate von 1195, prot., Nr. 96, fol. 71v–72r. Vgl. auch: Holl- Nürnbergern an Scuole in Santi Giovanni e Pao- berg, Deutsche in Venedig, S. 242. lo: (1463 Sep. 17), (1498 Nov. 2) u. (1515 Sept 20), 830 Köster, Künstler und ihre Brüder, S. 86 u. S. 105. ASVe, NT, b. 1195, Nr. 96, fol. 71v–72r, fol. 72r; Für Bergen: Burkhardt, Bergenhandel, S. 259. Bei ASVe, NT, b. 1211, Nr. 819 u. ASVe, NT, b. 974, Köster auch zu der Frage anderer Überschneidun- Nr. 45. In Santo Stefano: (1463 Sep. 17) u. (1501 gen, wobei die Frage einer mehrfachen institutio- Feb. 20 m.v. = 1502 Feb. 20), ASVe, NT, b. 1195, nellen Anbindung keine Erwähnung findet: Köster, Nr. 96, fol. 71v–72r, fol. 72r u. ASVe, NT, b. 66, Künstler und ihre Brüder, S. 105. prot. 3, Nr. 94, fol. 3r. 831 ASVe, SG San Marco, Atti, b. 4, fol. 30r. 828 Bei Rizzo ist 1479 als Eintrittsdatum vermerkt, bei Hirschvogel 1482: ASVe, SG San Marco, Atti, b. 4, 200 · II. Nürnberger in Venedig

Ihr Verhältnis war so eng, dass Kaser als Zeuge zum Testament des Nürnbergers gehört wurde. Der Salzburger sagte aus, Hirschvogel schon seit mehr als zwanzig Jahren gut zu kennen.832 Der Imhoff-Agent und Ausbilder Thomas Reichs, Burckhard de Burckhardi, war ebenfalls neben seinen geschäftlichen Verbindungen auch über die Bruderschaften an die Nürnberger in Venedig angebunden. Bei seinen Mitbrüdern in der Scuola Grande di Santa Maria Misericordia, Georg Spinger und Georg Uttinger, könnte die gleiche Her- kunft aus dem Norden ein Hinweis auf mögliche Kontakte sein. Parallel zu Burckhardi war darüber hinaus auch der Kaplan des Sebaldaltars, Padre Luca, Angehöriger der Scuo- la. Zu diesem stand der Speyrer als Ausrichter des Sebaldfests von 1513 sicher auch über den Nürnberger Altar in Verbindung.833 Unter den Mitgliedern der Bruderschaft des heiligen Hieronymus lassen sich die meisten institutionellen Mehrfachbindungen von Nürnbergern untereinander und zu anderen Personenkreisen nachweisen. Auch fanden sich hier viele weitere Deutsche. Ei- nige Mitbrüder kamen aus Handwerkszweigen, die mehrheitlich von Zuwanderern aus dem Norden ausgeübt wurden. Daneben waren hier zahlreiche Angestellte des Fondaco, vor allem aber viele Kaufleute aus dem Reich nördlich der Alpen eingeschrieben.834 Wie bei der Leonhardbruderschaft bestand eine enge institutionelle Nähe zum Handelshaus. Die Nürnberger Bernhardin Hirschvogel und Franz Paumgartner sind als Kaufleute im Fondaco aufgeführt. Sinibaldo Rizzo war ebenfalls mit dem Handelshaus verbunden. Sie standen wohl in Kontakt mit den anderen dort agierenden Mitbrüdern. Zwischen einigen lassen sich gar konkrete Verbindungen nachweisen. So war auch der Augsburger Kauf- mann Heinrich Stammler um 1500 Mitglied der Scuola San Girolamo. Mit Berhardin Hirschvogel befand sich einer der Teilhaber der Gesellschaft Lienhard II. Hirschvogel, die 1501 gegen ihn als Gläubiger vor Gericht auftrat, unter seinen Mitbrüdern.835 Sinibaldo Rizzo ist in unterschiedlichen Scuole als Mitbruder jeweils mehrerer Nürn- berger nachzuweisen. Neben seiner beruflichen Tätigkeit im Umkreis des Fondaco stellten diese gemeinsamen Mitgliedschaften möglicherweise einen wichtigen Teil der Anbindung des Franken an seine Landsleute dar. Nicht nur gehörte er wie Franz Hirschvogel der Scuola Grande di San Marco an. Er hatte mit dessen Bruder Bernhardin und Franz Paum-

832 „Ser Stefano Caxer marcadante in fontego“ ASVe, deutscher Kaufmann namens „Matio Cholber“ SG San Marco, Atti, b. 4, fol. 134r. BMC, Mariegola 113, fol. 71r–72r (Zitate: fol. 71v– 833 „Messer padre Luca capelan del fontego di tode- 72r). schi“, „Ser Brochardo di Brochardo marchadante 835 Hierbei stand er in Kontakt mit Franz Hirschvogel, todesco“, „Ser Zorzi Utiner de Norinbergo“ u. „Ser eine Verbindung zu Bernhardin ist ebenfalls mög- Zorzi Spinger de Norinbergo“ ASVe, SG Maria Mi- lich: (1501 Okt. 15), in: Simonsfeld, Fondaco 1, sericordia, Atti, b. 4, fol. 273v u. 289v. Zu Burck- Nr. 615, S. 335–338, S. 338. Verweis auf Matthias hardi am Sebaldaltar: GNM, IA Teil 1, Fasc. 19, u. Heinrich (Rigo) Stammler als Mitglieder der Nr. 20, S. 28. Zu Padre Luca: ebd., S. 56–28. Scuola San Girolamo: BMC, Mariegola 113, fol. 72r 834 Unter dem Buchstaben M z. B. finden sich Sensali, u. 81r. Zu Bernhardin Hirschvogel: „Bernardin Bäcker, Schuster, ein „Marchio Tocher todescho“, Iersfogola in fontego di todeschi San Bortolomeo“ „Matio Stameler merchadante in fontego“ und ein BMC, Mariegola 113, fol. 53v. 3. Verflechtung, Integration und Identität der Nürnberger in Venedig · 201 gartner auch in der Scuola San Girolamo Kaufleute gleicher Herkunft als Mitbrüder.836 Die parallele Bindung an den Fondaco erhöhte auch in diesen Fällen die Wahrscheinlich- keit eines Kontakts. Daneben war Rizzo in mehreren weiteren Scuole Piccole eingeschrie- ben.837 Die Mitgliedschaft in der „schuola de Santa Maria di marcadanti“, in der Kaufleute unterschiedlicher, vor allem aber venezianischer Herkunft vereinigt waren, betonte ein- mal mehr seine enge, auch soziale Vernetzung im kaufmännischen Umfeld der Stadt, die deutlich über den deutschsprachigen Kontext hinausging. Jedem Mitbruder dieser dritten Scuola, in der er nachweislich eingeschrieben war, wollte er einen Dukaten hinterlassen, wenn dieser an seinem Begräbnis teilnähme.838 Dass er die Scuole Santa Maria Nova und San Leonardo in San Salvador, die Rosenkranzbruderschaft in San Bartolomeo und eine nicht näher identifizierbare Bruderschaft des Heiligen Geists mit der Lesung von Messen beauftragte839, lässt auch zu diesen Einrichtungen eine Verbindung annehmen. Möglicher- weise war sie durch die geographische Nähe zu seinem geschäftlichen Tätigkeitsfeld, dem Fondaco, begünstigt. Umgehend sollte nach seinem Tod auch die „schuola de messer San Zuan Baptista“ in San Cancian informiert werden. Möglicherweise war Rizzo auch hier Mitglied.840 Dies legt auch seine sonst sehr enge Bindung an diese, seine eigene Pfarrkirche nahe. An die Pfarrei von San Cancian vermachte der Kaufmann viele Legate. Außerdem wollte er hier begraben werden. Die Beerdigung sollte hingegen die Scuola Grande di San Marco in prunkvoller Weise mit Doppelleuchtern, großen Kerzen und Baldachin ausrich- ten.841 Wie bei dem Schuster Johannes, der in der Scuola dei calegheri tedeschi durch das Kapitel von Sant’Agostin bestattet werden wollte, schlossen sich also auch bei Sinibaldo Rizzo eine enge Beziehung zur eigenen Pfarrkirche und eine starke Bindung an eine spe- zifische, möglicherweise außerhalb der Pfarrei liegende Scuola nicht aus.842 Dieser inten- sive Bezug zu San Cancian und die gleichzeitige Integration in zahlreiche, meist weder

836 BMC, Mariegola 113, fol. 82r. B. Hirschvogel u. F. an die Pfarrei zeigte sich auch in den Verfügun- Paumgartner: BMC, Mariegola 113, fol. 53v u. 60v. gen eines ersten erhaltenen Testamentes sowie in 837 (1521 Mär. 18), ASVe, NT, b. 1216, prot. 4, fol. 67r– seinem Umzug von Santa Maria Nova, wo er noch 68v, fol. 67r. bei dessen Ausstellung 1515 lebte, nach San Canci- 838 (1521 Mär. 18), ASVe, NT, b. 1216, prot. 3, fol. 67r– an: (1515 Sep. 24), ASVe, NT, b. 974, Nr. 45; sowie: 68v, 67r. Zur Mitgliedschaft in der Scuola: ASVe, (1521 Mär. 18), ASVe, NT, b. 1216, prot. 3, fol. 67r– SG Maria Misericordia, b. 7, (fol. 118r = o. Fol.). 68v, fol. 67r. 839 (1521 Mär. 18), ASVe, NT, b. 1216, prot. 3, fol. 67r– 842 (1501 Feb. 20 m.v. = 1502 Feb. 20), ASVe, NT, b. 66, 68v, fol. 67v. Zur Scuola di Santa Maria Nova: Vio, prot. 3, Nr. 94, fol. 3r. Hollberg differenzierte un- Scuole piccole, Nr. 349, S. 395–396. Zur Rosen- zutreffender Weise hingegen deutlich: Hollberg, kranzbruderschaft: ebd., Nr. 363, S. 413. Deutsche in Venedig, S. 136. Bei dem Bäcker Jo- 840 (1521 Mär. 18), ASVe, NT, b. 1216, prot. 3, fol. 67r– hannes lag zumindest eine seiner Bruderschaften 68v, fol. 67v. Die ebenfalls genannte Bruderschaft in seiner eigenen Pfarrkirche (Santi Apostoli), in des „messer San Velor“ ist nicht genauer zu identi- der er sich auch begraben ließ: (1463 Sep. 17), fizieren. ASVe, NT, b. 1195, prot., Nr. 96. Auch Franz 841 (1521 Mär. 18), ASVe, NT, b. 1216, prot. 3, fol. 67r– Hirschvogel wollte vor dem Altar des heiligen Se- 68v, fol. 67r. Als Legate vermachte er an San Canci- bald in der Kirche des Fondaco beigesetzt werden: an zahlreiche Wertgegenstände und Geldgaben für (1498 Nov. 2), ASVe, NT, b. 1211, Nr. 819. die Fürsorge für sein Seelenheil. Die Anbindung 202 · II. Nürnberger in Venedig berufsspezifische noch landsmannschaftliche Bruderschaften weisen ebenso wie die über sein Testament sichtbaren persönlichen Beziehungen843 auf eine gute Einbindung in sein venezianisches Umfeld und in einheimische Gesellschaftssegmente hin. Ebenso gelang es ihm, in einigen Scuole regelrechte Familientraditionen zu etablieren, wie sie norma- lerweise nur alteingesessenen Familien möglich waren. Der Bruderschaft der Kaufleute gehörte auch sein Sohn Zuan Baptista an. In der Scuola Grande di San Marco waren gar drei seiner Söhne Mitglieder.844 Über die Verbindungen zu Nürnberger Mitbrüdern in den unterschiedlichen Bruderschaften und seine institutionelle Anbindung an den Fondaco war er jedoch auch in die deutschsprachigen Gemeinschaften in Venedig und wohl auch in spezifisch Nürnberger Beziehungen integriert. So zeigt sich auch an Scuole, dass die Integration in Venedig und die Pflege des perso- nellen Bezugs zur Herkunftsstadt sich nicht im Wege stehen mussten. Die Mitgliedschaft von Personen, die wie Franz Hirschvogel für die Nürnberger Kaufmannschaft in der Stadt wichtig waren,845 begünstigte gleichzeitig die Öffnung ihrer sozialen Gemeinschaf- ten gegenüber dem einheimischen, venezianischen Umfeld. Auch eine Zugehörigkeit zu herkunftsgebundenen Scuole, wie den deutschen Handwerksbruderschaften, ging oft mit der Einbindung in andere „künstliche Familien“ einher. Eine ausschließliche Konzentra- tion auf die eigene Landsmannschaft trat ebenso wie die rein berufsspezifische Ausrich- tung der sozialen Anbindungen nur in den seltensten Fällen auf.846 Die soziale Interak­ tion war auch auf institutioneller Ebene meist sehr vielseitig. Diese Offenheit stand für die Nürnberger in Venedig nicht im Gegensatz zu einer Vergewisserung spezifischer, durch die gemeinsame Herkunft und die gleiche kulturelle Prägung bedingter Identitäts- und Ausdrucksformen oder zur Wahrung eigener religiös-sozialer Gemeinschaften, wie die Gruppierung um den Nürnberger Sebaldaltar in San Bartolomeo zeigt.

3.2.2 Der Sebaldaltar in der Kirche von San Bartolomeo

Die Kirche von San Bartolomeo, die in unmittelbarer Nähe des Fondaco liegt, diente den deutschen Kaufleuten des Handelshauses als wichtiger religiöser und sozialer Treff- punkt. Neben den Kaufleuten versammelten sich auch die Ballenbinder des Fondaco hier

843 Vgl. Kap. II.2.3.2 u. II.3.1.3. Die einzige Scuola, die glied nachweisbar ist: (1541 Okt. 12), ASVe, NT, b. er erwähnte, die berufsspezifisch, gleichzeitig aber 128, fol. 67v–68r. auch als einzige landsmannschaftlich geprägt war, 846 Meist handelt es sich dabei, wie bei beiden 1471 war die Rosenkranzbruderschaft von San Bartolo- in der Liste der Botteghe aufgeführten Nürnberger meo. Bäckern oder dem 1483 als Vertreter der Schuster- 844 ASVe, SG San Marco, Atti, b. 4, fol. 12v, 104r u. bruderschaft auftretenden Franchus, um Personen, 164v. die als Mitglieder landsmannschaftlicher Berufs- 845 Auffallend ist, dass z. B. Kolb trotz seines langen bruderschaften nachgewiesen sind, sonst jedoch Aufenthalts in Venedig weder Bruderschaften in nicht, und über deren sonstige Einbindung man seinem Testament bedachte noch in einer als Mit- daher keine Aussagen tätigen kann. 3. Verflechtung, Integration und Identität der Nürnberger in Venedig · 203 und unterhielten in der Kirche eine eigene Bruderschaft. Im Gegensatz zu Santa Maria dell’Anima in Rom war San Bartolomeo jedoch keine „deutsche Nationalkirche“.847 Sie diente nur bestimmten Teilen der deutschsprachigen Bewohner als Devotionsort. Den- noch stellte sie durch ihre Lage in der Nähe des Fondaco und ihre Funktion als Kultort der dort lebenden Händler wohl auch für einen Großteil der anderen Besucher und Zu- gewanderten einen sozialen wie religiösen Anlaufpunkt dar. Vielen war sie Begräbnis- ort.848 Auch Franz Hirschvogel verfügte mit einem Legat über 50 Dukaten, dass er bei einem Tod in Venedig, hier, vor dem Altar des heiligen Sebald, bestattet werden wolle. Als sein Neffe Bernhardin 1506 im Alter von elf Jahren in Venedig verstarb, wurde er neben dem Kaufmann beigesetzt.849 Darüber hinaus war das Gotteshaus für die sich dort versammelnden Deutschen als Standort nicht nur deutscher, sondern auch landsmann- schaftsübergreifender Scuole und als Sammelstelle spirituell wie intellektuell ausgerich- teter Gemeinschaften gleichzeitig auch zentraler Kontaktort zu berufsunabhängigen und einheimischen Personenkreisen.850 Mit der Verehrung des heiligen Sebald hielten auch die Nürnberger Kaufleute, wie dies unter den deutschsprachigen Einwanderergruppen in Italien häufig geschah, den Kult ihres Stadtheiligen in der Fremde aufrecht.851 Bereits 1392 einigten sich die Händler aus der fränkischen Reichsstadt mit der Scuola San Mattia, gemeinsam deren Altar in San Bartolomeo zu nutzen.852 Ein Legat des Hilpolt Kress in seinem in Nürnberg ausge-

847 Hans Martin v. Erffa, San Bartolomeo, S. 77. Auf Lenardo, Intorno a San Bartolomeo, in: La Chiesa den engen Zusammenhang zwischen Handelshaus di San Bartolomeo e la comunità tedesca a Vene- und Kirche weist auch ein Vermerk im Pfründen- zia, hg. v. Natalino Bonazza, (Chiese di Venezia 1), buch des Sebaldaltars hin, dass wegen des Brands Venedig 2013, S. 21–28. Zur Kirche als Treffpunkt im Fondaco 1508 auch in San Bartolomeo noch intellektueller Gruppen: Erin Mae Black, La Prolu- große Unordnung herrsche und man daher die sione di Luca Pacioli del 1508 nella chiesa di San Geldtruhe nicht habe auffinden können: GNM, IA Bartolomeo e il contesto intelletuale veneziano, in: Teil 1, Fasc. 19, Nr. 20, S. 31. La Chiesa di San Bartolomeo e la comunità tedesca 848 Simonsfeld, Fondaco 2, S. 220–259. a Venezia, hg. v. Natalino Bonazza, (Chiese di Ve- 849 „des ersten schik ich wen […] ich von todes wegen nezia 1), Venedig 2013, S. 87–104. Zu den Scuole in abgangen pin, ob das hie zu Venedig besche, das San Bartolomeo: Vio, Scuole piccole, S. 403–421. ich als dan zu Sand Bartholmes pfar kirchen begra- 851 Israel, Fremde, S. 123 u. S. 127. Hier auch zur ita- ben und mein begrebtnuss da gemacht sol werden lienischen Tradition generell: ebd., S. 127. Zu St. in Sand Seboldt capellen vor seinem altar [...], dar Sebald und seiner Legende: Arno Borst, Die Se- zu schik ich funfzig ducaten.“ (1498 Nov. 2), ASVe, baldslegenden in der mittelalterlichen Geschichte NT, b. 1211, Nr. 819. Zu Bernhardin Hirschvogel: Nürnbergs, in: Jahrbuch für fränkische Landesfor- „ligt in Sant Bartolmas pfar kirchen pey Fran- schung 26 (1966), S. 19–178. cz Hirßfogels in deß grab“; StadtAN, E 1/617- 1, 852 „unde le convegnissimo con i marcadanti todeschi fol. 41v. da Norimbergo de Fontego in questo muodo, che 850 Mit der Bedeutung von San Bartolomeo als Ort elli ne consente lo so altar, lo qual giera[!] de Santa der Konstituierung von Netzwerken und religi- Crose, che noi mettemo la nostra palla suso[!] e öser, künstlerischer und intellektueller Sammel- far de esso quello che a noi piase e che noi siamo stelle befasste sich ausführlich: Natalino Bonazza segnudi de metter suso Santo Sinebaldo appresso (Hgg.), La chiesa di San Bartolomeo e la comunità Santo Mattia“; ASVe, Provv. Comun, reg. V, Ma- tedesca a Venezia. Zusammenfassend: Isabella di tricola della Scuola di San Mattia, fol. 389r–428v, 204 · II. Nürnberger in Venedig stellten Testament von 1427 verwies bereits sieben Jahre vor dem bisher angenommenen Gründungsdatum von 1434 auf die große und auch in der Reichsstadt nachwirkende Bedeutung des Altars für die Nürnberger Kaufleute.853 Bald wurde die Sebaldgemein- schaft zu einem wichtigen Bestandteil des religiösen und kultischen Lebens in der Kirche. Als der Vikar der Kirche, Alvise Ricci, 1508 den aufstrebenden venezianischen Maler Sebastiano Luciani mit der Gestaltung der Flügel des Orgelprospekts in der Kirche be- auftragte, erhielt der später unter dem Namen Sebastiano del Piombo wirkende Künst- ler die Anweisung, neben dem heiligen Bartholomäus, dem heiligen Sebastian und dem heiligen Ludwig von Tours auch ein Gemälde des Nürnberger Stadtpatrons anzufertigen (Abb. 7).854 Die Relevanz des Altars für die fränkische Reichsstadt und ihr Stadtregiment fand ihren ersten nachweisbaren Ausdruck 1437, als den Kaufleuten Heinrich Rummel, Konrad II. Imhoff, Erkenbrecht Koler und Friedrich Kress als „vormund der ewigen mes- se auff Sand Sebalts altar in Sand Bartlomes kirchen zu Venedig“ durch den Nürnberger Rat 26 Gulden jährliches Ewiggeld verkauft wurden. Die Gelder, deren Betrag bereits 1477 auf über 40 Gulden erhöht wurde, wurden entsprechend dem Sebaldbüchlein min- destens bis 1514 gezahlt.855 Heinrich Rummel, Konrad II. Imhoff und Friedrich Kress waren selbst im Venedig-Handel äußerst aktiv und gehörten den dort dominierenden Nürnberger Familien an. Ebenso handelten Mitglieder der Familie Koler zu diesem Zeit- punkt in der Lagunenstadt. Die Bedachten waren darüber hinaus gleichzeitig eng mit dem Nürnberger Rat verknüpft. Koler und Rummel waren in den späten 1430er Jahren selbst Ratsherren und Bürgermeister.856 Die Imhoff und Kress waren mit Mitgliedern des

Cap. LIX, fol. 398r. Auch zitiert bei: Elena Quaran- KHI Florenz 20 (1976), S. 1–12, S. 7–11. Erffa stell- ta, San Bartolomeo: prassi musicali e liturgiche di te Spekulationen an, ob Alvise Ricci in Verbindung una chiesa parrocchiale veneziana, in: La Chiesa di zu dem 1508 als Mieter des Fondaco aufgeführten San Bartolomeo e la comunità tedesca a Venezia, Sinibaldo Rizo stehen könnte: ebd., S. 11. Der Ver- hg. v. Natalino Bonazza u. a., (Chiese di Venezia 1), merk zu dem Auftraggeber findet sich in einem Venedig 2013, S. 211–229, S. 218–219. Bereits 1385 Werk von 1788 unter Berufung auf heute nicht war die Vita di Sebaldo „als offizielles Dokument“ mehr erhaltene Quellen: Michael Hirst, Sebastiano nach Venedig geschickt worden: Eser, In onore del- del Piombo, Oxford 1981, S. 7. Vgl. auch: Mauro la città, S. 74. Lucco, Sebastiano del Piombo in Venedig, in: Se- 853 „czu Sant Sebolts capellen czu Venedig“; (1427 bastiano del Piombo 1485–1547. Raffaels Grazie, Aug. 16), GNM, KA, Sch. XXV, Fasc. C, Nr. 2. Michelangelos Furor, hg. v. Bernd Wolfgang Lin- In Müllners Annalen fand sich erstmals 1434 ein demann, Mailand 2008, S. 114. Vermerk: Johannes Müllner, Die Annalen der 855 StadtAN, A 1–1437 Apr. 30. Die Gelder konnten Reichsstadt Nürnberg von 1623 2, hg. v. Gerhard eingeklagt werden. Das Rückkaufrecht des Nürn- Hirschmann, (Quellen zur Geschichte und Kultur berger Rats lag bei 650 Gulden. der Stadt Nürnberg 11), Nürnberg 1984, 316. Diese 856 Peter Fleischmann, Rat und Patriziat in Nürnberg. Zeitangabe wurde von der Forschung bisher wei- Die Herrschaft der Ratsgeschlechter vom 13. bis testgehend übernommen: Erffa, San Bartolomeo, zum 18. Jahrhundert 3: Ratsgänge (1318/23 bis S. 77. 1806/08), Register und Verzeichnisse, (Nürnber- 854 Hans Martin v. Erffa, Der Nürnberger Stadtpatron ger Forschungen 31.3), Nürnberg 2008, S. 1667 u. auf italienischen Gemälden, in: Mitteilungen des S. 1673. 3. Verflechtung, Integration und Identität der Nürnberger in Venedig · 205

Rats verwandtschaftlich verbunden.857 So zeigte sich beim Sebaldaltar und der hier fest- gelegten Zahlung städtischer Gelder eine enge Verknüpfung von Kaufmannschaft und politischer Führungsschicht sowie deren Einfluss auf die Nürnberger Anwesenheit in Venedig. Die baulichen Maßnahmen, die durch die Reichsstadt getragen wurden, wie die Unterstützung bei der Reparatur des Dachs oder die offenbar wiederholte Zuweisung von Geldern zum Wiederaufbau des Altars 1521, verweisen ebenso auf das Interesse des Rats an der Aufrechterhaltung dieses religiösen und sozialen Fixpunkts seiner Kaufleute an dem für die Stadt so wichtigen Handelsort.858 Auch für die Erforschung der Nürnberger Präsenz in Venedig hat der Altar eine her- ausgehobene Bedeutung. Wie bei keiner anderen Quelle lassen sich anhand des in einer Imhoff’schen Abschrift aus dem 16. Jahrhundert erhaltenen und im Archiv der Familie überlieferten Pfründenbüchleins des Altars über einen Zeitraum von einem halben Jahr- hundert wichtige personelle und soziale Faktoren der Nürnberger Kaufmannschaft in der Stadt nachvollziehen. Das Sebaldbüchlein führt von 1465 bis 1515 die Einnahmen der Losungsstube und die Ausgaben für den Altar, seine Instandhaltung und die Ausrichtung des Heiligenfests auf. Oftmals lassen sich die hier genannten Namen auch im Kontext des Fondaco finden.859 Das Büchlein gibt so für einen außergewöhnlich langen Zeitraum kontinuierlich Auskunft, welche Kaufleute aus der Reichsstadt in Venedig anwesend wa- ren, welche Position sie in der sich am Altar konstituierenden Vereinigung einnahmen und welche Familien hier besonderen Einfluss ausübten. Gleichzeitig offenbart es die enge personelle wie institutionelle Verflechtung zwischen der Sebaldgemeinschaft und dem Handelshaus. Die maßgeblichen Veränderungen in der Zusammensetzung und Auf- gabenverteilung bei den Trägern der Sebaldverehrung verweisen wohl auf die generellen Entwicklungen der Nürnberger Präsenz in der Stadt.860 Warum das Buch 1515 abbrach, obwohl der Altar weiterhin bestand, kann nur vermutet werden. Möglicherweise wurden weitere Aufzeichnungen nicht überliefert.

857 Konrad II. Imhoff war beispielsweise mit einer 859 Eser, In onore della città, S. 79. Zum Aufbau und Volckamer verheiratet: Biedermann, Geschlechts- zur Bedeutung des Büchleins („una fonte partico- register, T. 206. Zu Friedrich Kress: ebd., T. 271. larmente ricca nel delineare la comunità norim- 858 „Den kaufleuten, so gen Venedig handeln, sol mon berghese a Venezia […] intorno al 1500“): ebd., zu der pawung Sant Sebalis[!] capellen, daselbst S. 77. […] empfangen 30 gulden, noch 70 gulden zu ai- 860 Darüber hinaus wurde auf spezifische Ereignisse, ner stewr raichen, doch das dieselb capellen von wie z. B. die Auseinandersetzung zwischen Vene- newem gepaut.“ (1521 Jul. 6), StAN, RV (Rep. 60a), dig und der Liga von Cambrai und die Auswirkun- Nr. 665, fol. 9r. Zum Dachdecken: Theodor Ham- gen auf den Handel mit dem Norden, verwiesen: pe, (Hg.), Nürnberger Ratsverlässe über Kunst und GNM, IA Teil 1, Fasc. 19, Nr. 20. Eser betonte die Künstler im Zeitalter der Spätgotik und Renais- Bedeutung des Büchleins für die Rekonstruktion sance (1449) 1474–1618 (1633) 1, (Quellenschrif- der Anwesenden, des deutschen Lebens am Rialto ten für Kunstgeschichte und Kunsttechnik des Mit- und der Kirche als Kulturort: Eser, In onore della telalters und der Neuzeit. NF 11), Wien u. a. 1904, città, S. 79. Auch hob er die Bedeutung des Buchs Nr. 1313, S. 200; sowie: „Auch daran not, die ca- „als Chronik“ hervor: ebd., S. 82–84 u. S. 86. Zum pelen zu decken“; (1514), GNM, IA Teil 1, Fasc. 19, Sebaldbüchlein auch: Schaper, Hirschvogel, S. 174. Nr. 20, S. 11. Das Sebaldbüchlein ist aufgrund eines massiven 206 · II. Nürnberger in Venedig

In dem Sebaldbüchlein sind die Verweser des Altars und seines Besitzes aufgeführt. Sie waren für die Öffnung der Truhe mit den Einnahmen verantwortlich und somit für die Verwaltung der Gelder des Altars, die Bezahlung des Kaplans und die Ausrichtung des jährlichen Sebaldfests. Dabei handelte es sich ausschließlich um Angehörige der Nürnberger Kaufmannschaft oder ihre Vertreter. Die Einsetzung in die wichtigen Äm- ter der Verweser und des Schriftführers kann als Zeichen des Ansehens der jeweiligen Personen innerhalb der Kommunität gewertet werden. Die Häufigkeit, mit der einzelne Personen oder Mitglieder bestimmter Familien diese Aufgaben innehatten, gibt Auskunft über die Bedeutung ihrer Position wie auch über die Dominanz der jeweiligen Familie in der Sebaldgemeinschaft und damit innerhalb eines einflussreichen Teils der Nürnberger Kaufmannschaft in Venedig. Wie in den Handelsbeziehungen beider Städte im Allgemeinen zeichnete sich auch bei den führenden Personen des Sebaldaltars eine sich über mehrere Generationen fort- setzende Vorrangstellung einiger Familien ab, die zu weiten Teilen ihrer sonstigen Stel- lung innerhalb der Nürnberger Kaufmannschaft in der Stadt entsprach. Einen ersten Hinweis auf eine bewusste Etablierung familiärer Kontinuitäten enthielt bereits die Ver- einbarung zur Ewiggeldzahlung, die Heinrich Rummel, Konrad Imhoff, Erkenbrecht Ko- ler und Friedrich Kress als Vormündern des Sebaldaltars „und iren nachkomen“ gewährt wurde.861 Dass sich dies nicht nur auf ihre Amtsnachfolger bezog, zeigt der entsprechende Vermerk zu Beginn des Sebaldbüchleins. Es zeichne auf, was die derzeitigen Verweser des Altars, aber auch deren Väter eingenommen hatten.862 Die Namensnennungen im Buch offenbaren ebenfalls, dass die Verantwortung für den Altar oftmals von den Vätern auf deren Söhne oder von den älteren auf die jüngeren Brüder übertragen wurde.863 Wie bei den Hirschvogel konnte sich dies rein auf die Aktivitäten als Verweser vor Ort beziehen. Das familiäre Engagement konnte jedoch auch raumübergreifend zwischen Nürnberg und Venedig wirken.864 Die Hirschvogel tauchten erst mit dem Einsetzen des Pfründenbuchs in der Über- lieferung des venezianischen Sebaldaltars auf. In der Zeit ab 1465 spielten sie hier dann jedoch eine maßgebliche Rolle. Bei einem knappen Viertel der Amtsvergaben wurden Mitglieder der Familie bedacht. Zu den ersten Verwesern 1465 gehörte gemeinsam mit Peter Imhoff dem Älteren, Lorenz Memminger, Michel Gnam und Lucas Tetzel auch Lienhard II. Hirschvogel. Bis 1473 fungierte er fast jedes Jahr als Verweser, wobei er vier-

Wasserschadens schwer zu entziffern: Eser, In von Sandt Sebollt wegen“; GNM, IA Teil 1, Fasc. 19, onore della città, S. 76. Eine gewisse Abhilfe konnte Nr. 20, S. 1. durch die im GNM angefertigten Infrarotfotos ge- 863 Vgl. Eser, In onore della città, S. 81. schaffen werden. Für deren Zurverfügungstellung 864 So war der Vater des in den 1490er Jahren sehr danke ich herzlich Dr. Christoph Freiherr v. Imhoff häufig erwähnten Anton Kolb 1478 an der Be- u. Dr. Thomas Eser. stallung beteiligt: (1478 Dez. 16), GNM, IA Teil 1, 861 StadtAN, A 1–1437 Apr. 30. Fasc. 15, Nr. 15. 862 „Nota, was unsser eltern auch wir und ob got wil lang hin fur geschechen solt, ein genumen haben 3. Verflechtung, Integration und Identität der Nürnberger in Venedig · 207 mal für die Aufzeichnung der Zählung verantwortlich war. Immer stand ihm dabei Peter Imhoff zur Seite. Daneben waren der Rummel-Bevollmächtigte Thomas Kurz, vor allem aber Konrad Marstaller, der Schwiegervater Endres III. Tuchers,865 der zwischen 1465 und 1470 jährlich genannt wurde, in dieser Zeit des Öfteren Verweser.866 Nach einem längeren Zeitraum, in dem er auch sonst nicht in den Venedig-relevanten Quellen ge- nannt wurde, tauchte Lienhard 1481 bei der Ausstellung der Bestallungsurkunde für Jo- hannes Kolb in Nürnberg in den Quellen wieder im Kontext des Sebaldaltars auf.867 1488, ein Jahr nach seiner letzten Nennung als Vertreter, wurde sein Bruder Franz, der 1470 bis 1481 bereits öfter erwähnt worden war und dreimal als Protokollant fungiert hatte, erneut zum Verweser des Altars berufen und übte dieses Amt in den folgenden Jahren bis 1502 beinahe jährlich aus.868 Besonders oft versah er seine Aufgabe gemeinsam mit einem Mitglied der Familie Imhoff. Häufig wurden die auch sonst im venezianischen Umfeld auftauchenden Levin Memminger,869 Albrecht Heugel870 und Anton Kolb als seine Amtsgefährten aufgeführt.871 Gerade Anton Kolb, dessen Vater Stefan 1481 für die Bestallung des Altars mitverantwortlich gewesen war, wurde in der Forschung oftmals als zentrale Figur am Sebaldaltar bezeichnet. Zwar war er von 1494 bis 1498 und noch einmal zwei Jahre später als Verweser aktiv und gehörte damit zu den führenden Persön- lichkeiten am Altar in den letzten Jahren des 15. Jahrhunderts. Dennoch hatte er unter diesen nicht die herausragende Stellung inne, die ihm aufgrund seiner guten Fassbarkeit in den Quellen und seiner prominenten Verbindung zu der wohl von Jacopo de’Barbari ausgeführten Vedute Venetie MD oftmals zugesprochen wurde.872 Die dominierende

865 Fleischmann, Rat und Patriziat in Nürnberg 2.1, ausgestellten Testament: (1500 Apr. 29), StadtAN, S. 1016. B 14/II-N, fol. 8r u. StadtAN, A 1–1499 Apr. 20. 866 GNM, IA Teil 1, Fasc. 19, Nr. 20, S. 74–66. Sowie: Heugel war für Jörg Fütterer als Faktor tätig, besaß Schaper, Hirschvogel, S. 111. Schaper ging von ei- aber wohl auch eine eigene bottega. nem Ende der Tätigkeiten Lienhards II. 1472 aus. 871 Franz Hirschvogel war 1476, 1478, 1480–1481, Ende der 1480er wurde er jedoch noch zweimal 1488–1489, 1491–1502 unter den Verwesern, da- genannt, 1487 als Schriftführer: GNM, Fasc. 19, von 1478, 1480–81 und 1494 als Schriftführer: Nr. 20, S. 52 u. S. 54. Marstaller wird für 1465– GNM, IA Teil 1, Fasc. 19, Nr. 20, S. 63, S. 61, S. 59– 1470 genannt: GNM, IA Teil 1, Fasc. 19, Nr. 20, 58, S. 51–50, S. 48–37. Nur in den Jahren 1478 und S. 74–67. 1481 sind keine Imhoff als Partner genannt. Mit 867 Auch diesmal agierte er zusammen mit Konrad Levin Memminger wurde er 1478, 1480–81 und Marstaller, dessen Anverwandtem Hans VI. Tu- 1491 genannt. Mit Albrecht Heugel teilte er sich cher und einem Mitglied der Familie Imhoff, Kon- neunmal die Aufgabe (1488–1495 u. 1498), mit rad III.: (1481 Mai 22), GNM, Fasc. 19, Nr. 21. Anton Kolb sechsmal (1494–1498, 1500). 868 Vgl. hierzu auch Schaper, Hirschvogel, S. 125. 872 GNM, IA Teil 1, Fasc. 19, Nr. 20, S. 45–41 u. S. 39. 869 Memminger war 1477–1482 aktiv: GNM, IA Teil 1, Zur fälschlicherweise angenommenen Dominanz Fasc. 19, Nr. 20, S. 62–57. 1470, 1480 u. 1481 wurde vgl. zuletzt: di Lenardo, Intorno a San Bartolomeo, er in den Rechnungsbüchern Alvise Michiels auf- S: 25; Martin, Who’s who, S. 64. Zur Verbindung geführt: ASVe, Misc. Gregolin, b. 15, fol. 1a, 125a, zu Barbari: u. a. John Andrew Martin, Anton Kolb 141b, 145a, 153b, 155a. und Jacopo de’Barbari: „Venedig im Jahre 1500“. 870 Heugel war 1487–1494 sowie 1498 Verweser: Das Stadtportrait als Dokument venezianisch- GNM, IA Teil 1, Fasc. 19, Nr. 20, S. 52–44 u. S. 41. oberdeutscher Beziehungen, in: pinxit/sculpsit/ Zum Tod Heugels in Venedig und seinem dort fecit, hg. v. Bärbel Hamacher u. Christl Karnehm, 208 · II. Nürnberger in Venedig

Persönlichkeit am Altar war über mehrere Jahrzehnte hinweg sein regelmäßiger Amts- kollege Franz Hirschvogel. Immer wieder wurde Franz in seiner Tätigkeit von seinem auch sonst mit ihm in Venedig greifbaren Bruder Bernhardin unterstützt.873 Während der Abwesenheit Franz’ vom Altar fungierte Bernhardin auch als dortiger Vertreter der Familie. Zwischen 1479 und 1486 wurde er jedes Jahr als Verweser genannt, wobei er ebenfalls mit Levin Memminger, vor allem aber mit Hans V. Imhoff gemeinsam tätig war. Auch in anderen Bereichen trat er als angesehene Person und wichtiger Funktionsträger im Nürnberger Austausch mit Venedig hervor. 1506 beauftragte ihn der reichsstädti- sche Rat, die venezianische Signoria um eine Abschrift ihrer Vormundschaftsordnung zu bitten. Die gelungene Einholung des Gesetzestextes kann ebenso als Zeichen seines Ansehens bei den Venezianern gesehen werden wie seine Mitgliedschaft in einer venezi- anischen Scuola.874 Mit Hans Salfelder, der als Schwager Lienhards II. und seiner Brüder sowie als Ausbilder Franz’ zum engsten Familienkreis gehörte, wurde 1466 ein weiteres Familienmitglied als Verweser aufgeführt.875 Besonders häufig stammten die Schriftfüh- rer aus den Reihen der Hirschvogel, was ein großes Vertrauen seitens der anderen Mit- glieder der Sebaldgemeinschaft vermuten lässt. Vor 1485 geschah es häufig, dass zwei Hirschvogel gleichzeitig Amtsträger waren.876 Bis auf eine einmalige Ausnahme von 1490, als Sebald Hirschvogel ein Amt übernahm,877 waren mit den Brüdern Franz, Lien- hard II. und Bernardin, nur drei, jedoch äußerst aktive Familienmitglieder der gleichen Generation am Altar vertreten. Diese auffällige Konstellation entsprach dem Umstand, dass in der Generation Lienhards II. auch die geschäftlichen Aktivitäten der Hirschvogel in Venedig ihren Höhepunkt erreichten. Die Aktivitäten der Imhoff in der Stadt hingegen waren in den Jahrzehnten um 1500 durch eine hohe Fluktuation geprägt. So fand sich auch am Sebaldaltar eine Vielzahl

München 1994, S. 84–94. Besondere Prominenz S. 415–422, S. 415. Zu dem Auftrag an Bernhar- erlangte Kolb auch durch seine Erwähnung in den din Hirschvogel: Nürnberger Rat an B. Hirsch- Briefen Dürers: A. Dürer aus Venedig an W. Pirck- vogel (1506 Jun. 6), StAN, BB (Rep. 61a), Nr. 56, heimer (1506 Feb. 7), (1506 Aug. 18) u. (1506 Sep. fol. 302v–303r. Zur Mitgliedschaft in der Scuola 8), in: Pirckheimer Briefwechsel 1, Nr. 98, S. 319– San Girolamo: BMC, Mariegola 113, fol. 53v. 329; Nr. 118, S. 385–390 u. Nr. 122, S. 415–422. Zu 875 GNM, IA Teil 1, Fasc. 19, Nr. 20, S. 73. Vgl. Scha- Kolb und seinen Kontakten vgl. auch: Kap. II.3.1.2. per, Hirschvogel, S. 125 u. S. 154. Vgl. auch: „da 873 Vgl. Schaper, Hirschvogel, S. 135. Auch Ka- dinget in sein vater zu dem Hans Salvelder, der het ser verwies auf ein paralleles Wohnen in der unser schwester Ursel zu weib“; StadtAN, E 1/617– Ca’Lippomano als Ersatzheimstätte für den ab- 1, fol. 53v. gebrannten Fondaco: StBN, Pirckheimer-Papiere 876 Bernhardin und Franz Hirschvogel fanden sich 364, U 17, fol. 8v. zusammen 1476, 1480–81, Bernhardin und Li- 874 Seine Venedigzeit war jedoch vom Tode seines enhard II. 1485: GNM, IA Teil 1, Fasc. 19, Nr. 20, Sohnes Bernhardin überschattet: „Ich hab Pern- S. 63, S. 59–58 u. S. 54. hart Hirsfogell eweren grosß geseit, hett er vch 877 GNM, IA Teil 1, Fasc. 19, Nr. 20, S. 49. Es handelte widerum ettpoten sein dinst; vnd er ist gantz vol sich wohl um den Sohn von Bartholomäus Hirsch- betrübtnus, wan sein sun ist im geschtorben.“ vogel und Vetter von Lienhart II., Bernhardin und A. Dürer aus Venedig an W. Pirckheimer (1506 Franz: Schaper, Hirschvogel, S. 294. Sep. 8), in: Pirckheimer Briefwechsel 1, Nr. 122, 3. Verflechtung, Integration und Identität der Nürnberger in Venedig · 209 von Personen aus unterschiedlichen Generationen. Mit zwölf aufgeführten Familienmit- gliedern stellten die Imhoff knapp ein Drittel der gesamten genannten Träger und die häufigsten Amtsinhaber, davon dreizehnmal den Protokollanten der Truhenöffnung. Des Öfteren, vor allem ab den späten 1480er Jahren, übten mehrere Imhoff gleichzeitig das Amt aus. Die Familie lässt sich schon früh im Kontext des Altars nachweisen. Mit Kon- rad II. Imhoff wurde das Familienoberhaupt unter den Vormündern im Ewiggeldbrief 1437 genannt. Ungefähr zum gleichen Zeitpunkt gewannen die Imhoff auch mit dem Kauf der halben Fondaco-Kammer von Georg Mendel im gesamt-venezianischen Kon- text an Bedeutung. Die Beteiligung an der Vormundschaft des Sebaldaltars ist wohl in diesem Kontext zu sehen. Die hervorragende Stellung der Familie zeigte sich ab der zwei- ten Hälfte des 15. Jahrhunderts in ihrer Tätigkeit als Verweser. Mit Lienhard II. Hirsch- vogel, mit dem er in jedem seiner Amtsjahre gemeinsam handelte, gehörte Peter Imhoff am Altar in den ersten Jahren der Aufzeichnungen zu den wichtigsten Persönlichkeiten. In der Zeit zwischen 1465 und 1476 war er nur 1475 nicht vertreten und war damit der am häufigsten amtierende Verweser, ohne dabei jedoch jemals die Aufzeichnungen ge- führt zu haben.878 Hans V., einer der wichtigsten Kaufleute im Umfeld des Sebaldaltars in den 1480er Jahren, agierte im Gegensatz dazu gleich viermal als Protokollant. Am häufigsten war er gemeinsam mit Bernhardin Hirschvogel für die Öffnung der Truhe verantwortlich. Eine besondere Funktion erhielt er vor allem dadurch, dass die Gesell- schaft, die er mit seinen Brüdern Peter I. und Konrad IV. leitete und in der er wohl für das Venedig-Geschäft verantwortlich war, als Gesellschaft „Zuane In churia Efioli“ ab 1489 als Geldgeber des Sebaldaltars fungierte und die Abwicklung des religiösen Lebens mitfinanzierte.879 Diese Verantwortung war in den Jahren zuvor Konrad III. beziehungs- weise seiner Handelsgesellschaft zugefallen, der 1478 und 1481 auch an der Bestallung des Altars beteiligt war und in dessen Inventarium von 1486 sich „ain brief umb etlich ewig gelt […] zu Sannd Sebolt“ befand.880 Selbst nie als Verweser tätig, agierte er wohl ausschließlich von Nürnberg aus. Zur zentralen Gestalt am Sebaldaltar in den ersten bei- den Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts wurde hingegen sein Enkel Endres I. Bereits sehr früh, im Alter von 17 Jahren und nur zwei Jahre nach seiner Ankunft in der Stadt, wurde er 1506 im Zusammenhang mit dem Altar genannt. Nachdem das Sebaldfest im Jahr zu- vor nicht gefeiert worden war, da die Gruppe „nimaten zu Venedig gehabt“ hatte, wurde die Verwesung des Altars nur noch von einer einzelnen Person, nicht mehr aber von einer Gruppe von Kaufleuten ausgeübt.881 In den letzten Jahren der überlieferten Auf- zeichnungen fiel diese Aufgabe, falls überhaupt ein Mitglied der Vereinigung in ­Venedig

878 GNM, IA Teil 1, Fasc. 19, Nr. 20, S. 74- 67 u. S. 65. also auch nach seinem Tod 1486, Finanziers des 879 GNM, IA Teil 1, Fasc. 19, Nr. 20, S. 49. Zu den Jah- Sebaldaltars: GNM, IA Teil 1, Fasc. 19, Nr. 20, ren, in denen Hans am Sebaldaltar tätig war: ebd., S. 72–51. S. 59, S. 57–54 u. S. 48. 881 GNM, IA Teil 1, Fasc. 19, Nr. 20, S. 34 (Zitat) u. 880 GNM, IA Teil 1, Fasc. 7, Nr. 6, fol. 4v. Er bzw. S. 33. seine Handelsgesellschaft waren von 1467–1488, 210 · II. Nürnberger in Venedig anwesend war, dem jungen Endres Imhoff zu.882 Mit seiner alleinigen Ausrichtung des Sebaldfests ab 1506 übernahmen die Imhoff wohl endgültig die Vorrangstellung in der Gruppe.883 Der Umstand, dass auch das Pfründenbuch selbst im Archiv der Imhoff und vermutlich als Niederschrift eines Mitglieds oder Faktors der Gesellschaft erhalten ist, hebt die Bedeutung der Familie noch zusätzlich hervor.884 Gemeinsam stellten die Hirschvogel und Imhoff so mehr als die Hälfte des verant- wortlichen Personals des Sebaldaltars. Meist handelten die Schwäger, die ab Mitte der 1480er Jahre über die Heiraten Lienhards II. und Bernhardin Hirschvogels mit Cousinen Peters I. verwandtschaftlich eng verbunden waren, in San Bartolomeo gemeinsam. Nur bis 1481 kam es einige seltene Male vor, dass nicht Mitglieder aus beiden Familien ge- nannt wurden.885 Mindestens eines der zwei Geschlechter war hingegen immer unter den Amtsträgern. Mehrere Male fanden sich auch nur Hirschvogel und Imhoff.886 Ab dem ausgehenden 15. Jahrhundert dominierten die beiden Familien, die zu diesem Zeitpunkt eine familiäre Allianz schlossen, die Sebaldgemeinschaft ebenso wie den Nürnberger Handel in Venedig generell. Parallel dazu treten auch die zu Beginn des Jahrhunderts beherrschenden und später an Bedeutung verlierenden Familien in der sich erst in der zweiten Jahrhunderthälfte verdichtenden Überlieferung zum Altar kaum auf. Während Hilpolt Kress’ Legat an den Altar 1430 noch eine Verbindung der Kress zum Altar zeig- te, findet sich die Familie im weiteren Überlieferungsverlauf nicht mehr.887 Heinrich II. Rummel hatte 1437 zu den Empfängern des Ewiggeldbriefs gehört. Im Sebaldbüchlein ist kein Mitglied der Familie selbst vermerkt. Der aus Regensburg stammende Rummel- Faktor Thomas Kurz war jedoch in den 1470er Jahren sehr häufig Verweser des Altars. Auch im sonstigen Venedig-Handel waren die Rummel in dieser Zeit noch, wenn auch nicht mehr so intensiv wie in der ersten Jahrhunderthälfte, vertreten.888 Mit den Tucher trat jedoch eine Familie im Kontext des Sebaldaltars häufig in Er- scheinung, die sonst in den Beziehungen beider Städte quellenmäßig nur ansatzweise

882 1513 und 1514 übernahmen diese Aufgabe Burck- erwähnt: StadtAN, A 1–1437 Apr. 30. Die Mendel hard de Burckhardi und Georg Spengler: GNM, IA treten im Kontext des Altars nicht auf. Teil 1, Fasc. 19, Nr. 20, S. 28. 1509 fand gar kein 888 1468 konnten sie ihre Kammer im Fondaco noch Fest statt: ebd., S. 31. einmal verlängern: (1468 Okt. 11), in: Simons- 883 GNM, IA Teil 1, Fasc. 19, Nr. 20, S. 33. feld, Fondaco 1, Nr. 511, 280. In der Mieterliste 884 Zur Abschrift: Georg Kress von Kressenstein, Die von 1508 wurden sie nicht mehr genannt: (1507 Stiftung der Nürnberger Kaufleute für den St. Se- Feb. 7 u. 9 m.v. = 1508 Feb. 7 u. 9), in: ebd., Nr. 653, baldaltar in der St. Bartholomäuskirche zu Vene- S. 359–361. Thomas Kurz wurde 1469–1470 und dig, in: MVGN 11 (1895), S. 201–201, S. 202. 1472–1476 aufgeführt, wobei er am häufigsten ge- 885 1470, 1474–1475 u. 1487 war kein Hirschvogel ver- meinsam mit Peter Imhoff, zweimal auch mit Lin- treten, 1477–1479 und 1481 kein Imhoff: GNM, IA hard II. Hirschvogel und Konrad Marstaller das Teil 1, Fasc. 19, Nr. 20, S. 69, S. 65–64 u. S. 52 so- Amt innehatte: GNM, IA Teil 1, Fasc. 19, Nr. 20, wie: ebd., S. 62–60 u. S. 58. S. 70–69 u. S. 67–63. Zu Kurz als Rummel-Faktor: 886 1471 u. 1484: GNM, IA Teil 1, Fasc. 19, Nr. 20, S. 68 Schaper, Rummel, S. 50. Damit war er der einzige u. S. 55. Nicht-Nürnberger, der am Altar tätig war. 887 GNM, KA, Sch. XXV, Fasc. C, Nr. 2. Selbst im Ewiggeldbrief von 1437 wurde kein Kress mehr 3. Verflechtung, Integration und Identität der Nürnberger in Venedig · 211 zu fassen ist. Zwar ist davon auszugehen, dass die Tucher unter Martin I. ebenfalls einen intensiven Venedig-Handel betrieben, die Überlieferung lässt jedoch lediglich eingehen- de Schlüsse über ihr Engagement in Westeuropa zu.889 Im Zuge der wirtschaftlichen Eta- blierung der Imhoff und Hirschvogel ging das alte und in Nürnberg sehr einflussreiche Geschlecht der Tucher auch mit diesen beiden aufstrebenden Familien Konnubien ein, die so deren soziale Stellung in der Reichsstadt noch weiter verbesserten. Bereits seit den 1460er Jahren bestand über die Heirat Sebalds III. mit Barbara Hirschvogel, der Cousine Lienhards II., Bernhardins und Franz’, eine verwandtschaftliche Allianz mit den Hirsch- vogel.890 Anfang der 1480er Jahre verbanden sich die Tucher durch Martin I., der in den folgenden Jahren ebenfalls am Altar aktiv sein sollte, auch mit den Imhoff.891 Über die gemeinsame Ratsmitgliedschaft der Familienoberhäupter Hans IV. Imhoff mit Anton I. Tucher und nach dessen Ableben 1476 mit seinem Sohn und Nachfolger Anton II. Tucher waren die beiden Familien in dieser Zeit darüber hinaus auch politisch verknüpft.892 Dass sie neben dem Sebaldaltar in Venedig weitere Kontakte pflegten, legt die Unterbringung des Jerusalempilgers Sebald Rieters, des Begleiters von Hans VI. Tucher, in der Kammer Peter Imhoffs 1479 nahe. Am Sebaldaltar scheinen die Tucher von den 1460er bis in die 1480er Jahren eine wichtige Rolle gespielt zu haben. 1477, als mit Berthold und Hans XI. zwei Familien- mitglieder gemeinsam dem Altar vorstanden, hatten sie eine Vorrangstellung unter den Amtsträgern inne, die sonst nur die Hirschvogel und Imhoff erreichten.893 Auch sonst wurden immer wieder Mitglieder der Familie genannt. Anton II. Tucher agierte von 1473 bis 1475 als Verweser und verzeichnete sich zweimal als Protokollant. Die Bitte an Georg Spengler 1517, seine ausstehenden Mitgliedsbeiträge in einer Bruderschaft zu begleichen, könnten sich möglicherweise auf den Sebaldaltar bezogen haben.894 Sein Vetter Martin I.,

889 Fleischmann, Rat und Patriziat 2.1, S. 1017. Den- 891 Martin heiratete 1481 Margarethe, die Tochter Paul noch war Lyon der „wichtigste[…] Handelsstütz- Imhoffs und damit Cousine Peters und Hans V.: punkt der Tucherschen Handelsgesellschaft“: Die- Biedermann, Geschlechtsregister, T. 497; Fleisch- fenbacher, „Je lenger, je unfleysiger“, S. 360. Der mann, Rat und Patriziat 2.2, Stammtafel Imhoff. bei Fleischmann als Linhart I. bezeichnete Tucher, Das Tucherbuch vermerkte, dass Martin Tucher wird von Diefenbacher als Linhart II. angegeben. ebenfalls in Venedig ausgebildet worden war: BAV, Tucher lassen sich in erster Linie und bereits früh Vat. Ross 546, fol. 99v. zur Ausbildung in Venedig nachweisen, wie z. B. 892 Zwischen dem Eintreten Imhoffs 1457 und dem Berthold III. Tucher zu Beginn des 15. Jahrhun- Tod Antons I. waren sie nur wenige Jahre nicht ge- derts (BAV, Vat. Ross. 546, fol. 30r; StadtAN, E 29/ meinsam im Rat vertreten: Fleischmann, Rat und III-258, fol. 43r), Anton II. (Fleischmann, Rat und Patriziat 3, S. 1303–1344. Anton Tucher war 1453 Patriziat 2.1, S. 1013) oder Martin I. (Vat. Ross. mit Lienhard I. Hirschvogel gemeinsam im Rat: 564, fol. 99r–100v). Als Pilger fuhr Hans IV. über ebd., S. 1299. Venedig ins Heilige Land: Vat. Ross. 546, fol. 61r; 893 Sie amtierten gemeinsam mit Franz Kolb, Levin (1479 Aug. 8), StadtAN, E 56/II-57. Memminger und Bernhardin Hirschvogel: GNM, 890 Schaper, Hirschvogel, S. 295. Sebald war der Vetter IA Teil 1, Fasc. 19, Nr. 20, S. 62. Antons II. und Onkel Hans IX. Wie Letzterer kam 894 „dem Jorg Spengler, fur das er mich czu Venedig er aus der jüngeren Linie der Tucher: Fleischmann, in der prüderschaft, darinn ich daselbst pin, ge- Rat und Patriziat 2.2, Stammtafel Tucher. ledigt und gelost hat, nemlich 41 jar, die ich da- 212 · II. Nürnberger in Venedig der dreimal als Verweser tätig war, bekleidete einmal das Amt des Schriftführers. Die Tucher’schen Familienangehörigen amtierten zwar jeweils nicht häufig, schufen aber eine familiäre Kontinuität. 1488 wurde der Mann Helena Tuchers, Christoph I. Scheurl, als Öffner der Truhe genannt. Mit dem Schwiegervater Endres’ III., Konrad Marstaller, der zwischen 1465 und 1470 jedes Jahr Verweser war, spielte eine weitere Person aus dem di- rekten Umkreis der Familie in der frühen Zeit der Überlieferung eine bedeutende Rolle. Darüber hinaus war er 1478 und 1481 in Nürnberg gemeinsam mit Konrad III. Imhoff und Lienhard I. Hirschvogel verantwortlich für die Einsetzung der Kapläne des Altars. Als vierter Aussteller der Bestallungsurkunden trat jeweils Hans VI. Tucher auf.895 Während die Vätergeneration der Imhoff, Hirschvogel und Tucher, der auch die politische und geschäftliche Führung der Familien oblag, die Geschicke des Altars von Nürnberg aus bestimmte, waren in Venedig selbst ihre Söhne und Neffen für die Se- baldgemeinschaft verantwortlich. Diese waren verwandtschaftlich aufs Engste miteinan- der verknüpft,896 wobei die Imhoff’schen Familienbande eine Schnittstelle zwischen den hier tätigen Mitgliedern der drei Familien bildeten. Die zweifache Verbindung zwischen Lien­hard II. und Bernhardin Hirschvogel zu Cousinen von Peter I. und Hans V. Imhoff untermauerte die Zusammenarbeit der beiden Geschlechter und deren Vorherrschaft am Sebaldaltar in den letzten Jahrzehnten des 15. Jahrhunderts. Bis zum Tod Franz Hirsch- vogels waren die beiden Familien gemeinsam in San Bartolomeo aktiv. Nachdem das Fest 1505 ausfallen musste, übernahmen die Imhoff mit Endres I. die alleinige Verantwortung. Diese Entwicklung ging einher mit weiteren auffallenden Veränderungen der Ab- läufe am Altar, die im Pfründenbuch deutlich werden und generelle Umbrüche in der Nürnberger Kaufmannschaft in Venedig um 1500 widerspiegelten. Bereits 1503 war das Fest zum ersten Mal ausgefallen, da die Kirche von San Bartolomeo wegen Streitigkeiten des dortigen Kapitels mit dem Patriarchen gesperrt war.897 Der Brand des Fondaco und

hin schulldig pin gewest“; (1517 Nov. 26), Tucher, 896 Lienhard II. Hirschvogel und Peter I. waren zwar Haushaltsbuch, fol. 143r, S. 154. Zu Anton Tucher bereits vor Lienhards Heirat am Sebaldaltar ge- am Sebaldaltar: GNM, IA Teil 1, Fasc. 19, Nr. 20, meinsam tätig, aufgrund der späteren Heirats- S. 66–64. Zu den Zahlungen auch: Erffa, San verbindungen kann man jedoch auch zu diesem Bartolomeo, S. 77. Martin Tucher war 1483 und Zeitpunkt schon von einer die späteren Eheschlie- 1486 am Altar vertreten: GNM, IA Teil 1, Fasc. 19, ßungen begünstigenden Beziehung ausgehen. In- Nr. 20, S. 56 u. S. 53. wieweit die gemeinsame Tätigkeit am Sebaldaltar 895 Die Bestallungsurkunden: (1478 Dez. 16) u. darauf Einfluss genommen haben könnte, ist nicht (1481 Mai 22) , GNM, IA Teil 1, Fasc. 5, Nr. 15 u. zu erschließen. Fasc. 19, Nr. 21. Hier wird Tucher als „Hans Tu- 897 Den geistlichen Beistand erhielten die Nürnberger cher des Ratts“ bezeichnet: ebd.; vgl. Fleischmann, Kaufleute stattdessen in der nahegelegenen Kirche Rat und Patriziat 2.1, S. 1041. Er war sowohl 1478 von San Salvador : „Nota zu wissen, in diesem iar als auch 1481 mit Hans IV. Imhoff im Nürnberger kein fest ist gehalten worden aus ursachen, die Rat vertreten: ebd. 3, S. 1324 u. S. 1327. Zu Konrad kirch gespert was, und in langer weyll nit mes da- Marstaller als Verweser: GNM, IA Teil 1, Fasc. 19, rinnen ist gehalten worden noch nichs gesungen, Nr. 20, S. 74–69. Zu Christoph I. Scheurl: ebd., dar ein zwitracht was zwissen den patriarchen S. 51. Zur Verwandtschaft mit den Tucher u. a.: Ar- und den pfar leuten […] und die mes Sandt Se- chiv Scheurl, Cod. AB, fol. 79rv. boltt ward gelessen durch unsern capallan zu Sandt 3. Verflechtung, Integration und Identität der Nürnberger in Venedig · 213 der folgende Umzug in das Übergangsquartier in der Ca’Lippomano sorgten offenbar unter den Nürnberger Kaufleuten am Sebaldaltar für Unordnung und führten dazu, dass Endres Imhoff die Geldtruhe 1508 leer vorfand.898 Bereits 1505 deuteten erste Anzei- chen darauf hin, dass die Absage der Feierlichkeiten mit Entwicklungen innerhalb der sich am Altar herausbildenden Gruppierung in Verbindung stand.899 Diese zeigten sich auch darin, dass die Beaufsichtigung des Altars in der Folge nicht mehr einem Kollektiv, sondern mit Endres Imhoff einer Einzelperson oblag. Auch 1509 hielt sich aufgrund der „leufft“, wahrscheinlich also der Auseinandersetzungen der Serenissima mit Kaiser Ma- ximilian I. und der Liga von Cambrai, niemand in Venedig auf.900 Das gleiche Problem hinderte die Mitglieder der Sebaldkommunität in den Jahren 1513 und 1514 daran, in die Stadt zu kommen.901 Dennoch wurden die Feierlichkeiten begangen. Man griff dabei auf Personen zurück, die mit dem Altar und der dortigen Gemeinschaft wohl assoziiert waren und mit den hier über lange Zeit dominierenden Familien auch außerhalb in Ver- bindung standen. Burckhard de Burckhardi, der das Fest 1513 ausrichtete, wurde im Büchlein als „un- ser fator“ bezeichnet. Dies könnte ein Hinweis darauf sein, dass er bereits zu diesem Zeitpunkt als Agent für die Imhoff tätig war.902 Daneben stand er wahrscheinlich mit dem Sebald-Kaplan Padre Luca, der sein Mitbruder in der Scuola Grande di Santa Maria Misericordia war, über den Altar hinaus im engeren Kontakt.903 1514 feierte Georg Speng- ler mit „andernn“, nicht spezifizierten Nürnbergern das Sebaldfest.904 Georg hielt sich viele Jahre, möglicherweise dauerhaft, in Venedig auf und war auch außerhalb des Altars intensiv mit den anderen deutschen Kaufleuten in der Serenissima vernetzt. Für Anton Tucher tätigte er Einkäufe und Zahlungen.905 Mit dessen Familie war er über die Heirat mit Juliana, der Tochter Sebalds IV. Tucher, verbunden.906 Obwohl er selbst Nürnberger und mit einer der führenden Familien am Altar verwandtschaftlich eng verknüpft war,

Salvador.“ GNM, IA Teil 1, Fasc. 19, Nr. 20, S. 36. 902 T. Reich aus Venedig an L. Tucher (1529 Mär. 14), Auch ähnlich zitiert bei: Eser, In onore della città, StadtAN, E 29/IV-1438. Eintrag im Sebaldbüch- S. 83. lein: „Item in diesem iar was der krieg. Also wir ni- 898 „man findt nichcz mer in der puxen dan […] daß mant zu Venedig, heten als unsern fator Purchhart teusch haus verprunt ist, daß kein rechte ordnug de Purchhardi.“ GNM, IA Teil 1, Fasc. 19, Nr. 20, mer ist inn neuen haus.“ GNM, IA Teil 1, Fasc. 19, S. 28. Nr. 20, S. 31. 903 „Messer padre Luca capelan del fontego di todes- 899 „Nota zu wissen, diesses iar kein fest ist gehallten chi“ u. „Ser Brochardo di Brochardo marchadante worden, auß ursachen wir nimaten zu Venedig ge- todesco“ ASVe, SG Maria Misericordia, Atti, b. 4, habt han.“ GNM, IA Teil 1, Fasc. 19, Nr. 20, S. 34. fol. 273v u. 289v. 900 „Item diesses iar kein fest gehalten der kriegs leufft 904 GNM, IA Teil 1, Fasc. 19, Nr. 20, S. 28. halben nimaten zu Venedig gehabt.“ GNM, IA 905 Beispielsweise kaufte er für Tucher Theriak: (1516 Teil 1, Fasc. 19, Nr. 20, S. 31. Zu den Schwierig- Mai 16), Tucher, Haushaltsbuch, fol. 125v, S. 131. keiten der Kaufleute, nach Venedig zu gelangen: 906 „Georg der Dritte. Das zehend Georgen Spenglers GNM, IA Teil 1, Fasc. 44, Nr. 1, fol. 37v–38r. ratschreibers eelich kynnd […] hat sich verheyrat 901 Diesmal handelte es sich jedoch um die Kriege der und ist ime weyl er zu Venedig gewest,vermehelt Heiligen Liga: vgl. u. a. Heinrich Kretschmayr, Ge- Zebalden Tuchers und Barbara Waldtstromeierin schichte von Venedig 2, S. 438–447. seiner eewirtin seligen eeliche tochter, Iuliana ge- 214 · II. Nürnberger in Venedig handelte es sich bei Georg Spengler offenbar jedoch nur um einen Vertrauten, nicht aber um ein Mitglied der Sebaldgemeinschaft. Dass der Schreiber des Pfründenbuchs für 1514 angibt, dass man„noch nimant zu Ve- nedig“ habe, obwohl sich offensichtlich zum gleichen Zeitpunkt Georg Spengler und „an- der[…] von Nurmberg“ in der Stadt befanden, zeigt, dass es sich bei dem sich im Kontext des Altars versammelten Personenkreis um eine spezielle Vereinigung gehandelt haben muss, nicht aber um die ganze in Venedig anwesende Nürnberger Kaufmannschaft.907 Zwar konnten offenbar auch andere Personen aus der Reichsstadt an den Feierlichkeiten teilnehmen. Die Akteure kamen jedoch aus einem exklusiven Kreis bestimmter Fami- lien und deren unmittelbarem Umfeld. Sie lassen sich auch sonst als wichtige Träger der Beziehungen zwischen beiden Städten ausmachen. Der Sebaldaltar vereinigte also eine weitestgehend geschlossene kaufmännische Elite.908 Die Zugehörigkeit zum Patriziat scheint dabei kein maßgebliches Auswahlkriterium gewesen zu sein, da sich auch einige Personen fanden, die nicht der Nürnberger Oberschicht angehörten. Dieser Umstand weist ebenfalls darauf hin, dass es sich bei der Gemeinschaft möglicherweise um eine Bruderschaft handelte. Dies kann jedoch nicht eindeutig geklärt werden. Das Capitular der Scuola di San Mattia verwies in dem Bericht über die Übereinkunft mit den Nürn- bergern zur geteilten Nutzung des Altars zwar ausdrücklich auf deren „Scuola“.909 In der Folge fanden sich jedoch keine ausdrücklichen Nennungen einer entsprechenden Bru- derschaft. Legate nach San Bartolomeo wurden stets unter dem Zusatz „czu Sant Sebolts capellen“ vermacht, ohne dass eine Scuola explizit erwähnt wurde.910 Selbst die Angabe Anton Tuchers von 1517, Georg Spengler solle ihm die ausstehenden Beiträge für sei- ne Mitgliedschaft in einer „prüderschaft“ für die letzten 41 Jahre bezahlen, die in der Forschung oftmals als Anhaltspunkt für eine entsprechende Sebaldbruderschaft in San Bartolomeo gewertet wurde, verweist weder auf den Ort noch den Patron der Scuola.911

nannt.“ StBN, Amb. 1236–8°, fol. 37r. Vgl. auch: 909 „li ditti marcadanti diè esser recevudi per nobili in „hielt hochzeit mit Jorg Spenglern […], er handlet la scuola habbiando parte de tutte le messe“; ASVe, […] gehn Venedig, war im teutsch haus vorandern Provv. Comun, reg. V, fol. 398r. Zitiert auch bei: wolgehaltten, ein schon frolich man, der mennig- Quaranta, Prassi musicali, S. 217–218. Zur San clich dienet, starb 21 Maii 1529“; BAV, Vat. Ross Mattia: Vio, Scuole piccole, Nr. 357, S. 405–408. 546, fol. 177v. Bei Sebald handelte es sich um einen 910 U.a. Hilpolt Kress (1427 Aug. 16), GNM, KA, Sch. Vetter zweiten Grades aus der jüngeren Linie der XXV, Fasc. C, Nr. 2. Tucher: Fleischmann, Rat und Patriziat 3, Stamm- 911 Zur These einer Bruderschaft, auch anhand des tafel Tucher. Tucherschen Eintrags: Simonsfeld, Fondaco 2, 80; 907 Er ist offensichtlich nicht in die Bezeichnung „wir“ Erffa, San Bartolomeo, S. 77. Kress widersprach mit eingeschlossen: „Item in diessem iar was noch sich bei dieser Frage: Kress, Stiftung der Nürnber- der krieg. Also wir noch nimant zu Venedig heten. ger Kaufleute, S. 206 u. S. 207. Eser meinte, dass Aber Jorg Spengler aldo was und mit andernn von die Bruderschaft nie als solche bezeichnet worden Nurmberg, Sandt Sebolt ein fest gehalten.“ GNM, sei, geht dennoch von ihrer Existenz aus: Eser, In IA Teil 1, Fasc. 19, Nr. 20, S. 28. onore della città, S. 77. Bei dem sich im Sebald- 908 Zum Begriff Elite: Reinhard, Augsburger Eliten, altar konstituierenden Personenkreis handelte es S. XIII-XIV. sich um die früheste religiöse Gemeinschaft deut- 3. Verflechtung, Integration und Identität der Nürnberger in Venedig · 215

Ein wichtiges Anliegen der Sebaldgemeinschaft, das auch als maßgebliches Verhal- tenskriterium für die Kapläne des Altars betont wurde, war die Aufrechterhaltung der Ehre der „gemayne[n] statt Nurmberg“ und ihrer Kaufmannschaft.912 Im Zusammen- hang mit dieser Bedeutung als Repräsentantin des städtischen Gemeinwesens scheint auch die Forderung zu stehen, die im Zuge der Renovierungsmaßnahmen von 1521 ge- tätigt wurde, man solle in Zukunft die offenbar abgerissene Tradition wieder aufneh- men, dass ausschließlich Nürnberger im Umfeld des Altars auftreten durften.913 Dieses bewusste Forcieren einer rein Nürnberger Kommunität und deren Repräsentationsfunk- tion für die Reichsstadt deuten darauf hin, dass der Altar des heiligen Sebald auch der Vergewisserung ihrer landsmannschaftlichen Identität diente, auf die es anderswo kaum Hinweise gibt.914 Der gemeinsame Kult des Stadtpatrons hatte gerade für Personen in der Fremde eine besonders starke und verbindende religiös-kulturelle Funktion.915 Ebenso dienten das beinahe jährlich ausgerichtete Fest des heiligen Sebald und die damit verbun- dene Prozession neben der Verehrung des Patrons maßgeblich der Vergewisserung der herkunftsspezifischen Identität. Hierzu trugen überdies der prächtige Kirchenschmuck, dem ab 1491 in den Aufzeichnungen vermehrt Aufmerksamkeit geschenkt wurde, und die musikalische Untermalung der Messen bei, für die die Chöre von San Marco oder Santi Giovanni e Paolo verpflichtet wurden.916 So wurde die auf der gemeinsamen Her- kunft basierende Solidarität intensiviert. Neben dieser übergreifenden identitätsstiften- den Bedeutung der religiösen Praktiken, die anscheinend allen Nürnbergern offenstan- den, entstand innerhalb der Sebaldgemeinschaft ein Zusammengehörigkeitsgefühl, das wohl maßgeblich durch die intensive verwandtschaftliche Vernetzung der Gruppe, ihrer Zugehörigkeit zur Hochfinanz und ihre Bedeutung als wichtige Träger im nürnbergisch-

scher Kaufleute in Venedig. Die ebenfalls in San Personen anderer Herkunft konnten dennoch be- Bartolomeo angesiedelte Scuola della „Zoia Resta- reits früh als Angestellte für den Altar tätig sein, da“, der Rosenkranzbruderschaft, wurde erst 1505 wie z. B. Wilhelm bzw. Guilielmus Paurlen aus auf Anfrage des Regensburger Druckers Leonhard Augsburg: (1447 Mai 9) ASVe, CIN 74–75, prot. 7, Vilt durch den Consiglio dei Dieci genehmigt und fol. 131r. stand deutschen Kaufleuten jeglicher regionaler 914 Der Nachweis von Identität in den mittelalter- Herkunft offen, auch wenn sich wohl ein Augsbur- lichen Quellen ist sehr schwierig. Es gebe kaum ger Schwerpunkt herausbildete: Isabella di Len- kaum „direkte Aussagen über das Bewußtsein von ardo, L’oratorio dei Tedeschi. Artisti oltramontani Identitäten“: Esch, Loyalitäten, S. 604. nella Chiesa di San Bartolomeo, in: La chiesa di 915 Zur Bedeutung des gemeinsamen Kults: Esch, Lo- San Bartolomeo e la comunità Tedesca a Venezia, yalitäten, S. 591. hg. v. Natalino Bonazza u. a., (Chiese di Venezia 1), 916 Die Vermerke zu der musikalischen Unterstützung Venedig 2013, S. 129–154, S. 130. Zur Scuola: Vio, aus Santi Giovanni e Paolo und San Marco finden Scuole piccole, Nr. 363, S. 413. sich ab 1484: GNM, IA Teil 1, Fasc. 19, Nr. 20, 912 „damit gemayne statt Nurmberg und gemaine S. 55–54 u. S. 49. 1491 zierte man die Kirche z. B. kauffherren ere davon haben mögen“; (1481 mit Teppichen: ebd., fol. S. 48. Zu Prozessionen Mai 22), GNM, IA Teil 1, Fasc. 19, Nr. 21. und Festen in Venedig: Federica Ambrosini, Ce- 913 „das dieselb capellen von newem gepaut und kain rimonie, feste, lusso, in: Storia di Venezia 5: Il Ri- annder wappen darein gemacht werd dann der stat nascimento. Società ed economia, hg. v. Alberto Nurmberg“; StAN, RV (Rep. 60a), Nr. 665, fol. 9r. Tenenti u. Ugo Tucci, Rom 1996, S. 441–520. 216 · II. Nürnberger in Venedig venezianischen Austausch geprägt war und bewusst gefördert wurde. Zusätzlich zu ei- ner kulturellen, herkunftsspezifischen entwickelte sich am Sebaldaltar auch eine soziale Identität. Die bewusste staatliche Förderung dieser Vergemeinschaftung einer sozial wie beruflich definierten Nürnberger Elite und der hier entstandenen identitären Vergewis- serung einer kaufmännischen Führungsschicht ist im Kontext der engen Verknüpfung des verantwortlichen Personenkreises mit den politischen Entscheidungsträgern in der Reichsstadt zu sehen. Die besondere Situation und das spezielle Umfeld der Nürnberger in Venedig beein- flusste so die Herausbildung und Festigung einer spezifischen Identität. Dabei befanden sich die Träger der Vereinigung in einem scheinbaren Gegensatz. Der Ratsverlass von 1521 zeigt, wie wichtig für sie und ihre identitäre Vergewisserung die Abgrenzung zu Personen von außen schien. Ebenso verweist die Aufzeichnung über die Amtsträger für einen langen Zeitraum auf eine ausgeprägte Abgeschlossenheit. Gleichzeitig waren sie über den gemeinsamen Wohnort in das Miteinander der deutschsprachigen Kaufleute in der Stadt zwangsläufig und intensiv eingebunden. Daneben zeigt die Mitgliedschaft wichtiger Persönlichkeiten wie Franz oder Bernhardin Hirschvogels in den veneziani- schen Scuole, dass die Nürnberger Vereinigung am Sebaldaltar für ihre Träger nicht die ausschließliche Möglichkeit der sozialen und religiösen Interaktion und Vernetzung war. Der Altar und die sich hier konstituierende Vereinigung dienten vor allem der Bewah- rung eines Venedig-spezifischen Nürnberger Zusammengehörigkeitsgefühls und mehr einer ideellen, denn einer realen Abgrenzung der reichsstädtischen Kaufmannselite in der Serenissima. Die exzeptionelle Stellung, die der Altar als herkunftsbezogener Kult- und Identitätsort für die sich hier treffenden Kaufleute hatte, wird daran deutlich, dass sie sich trotz ihrer sonstigen Integration in unterschiedliche Gruppierungen in Venedig über Jahre oder Jahrzehnte in San Bartolomeo engagierten. Oftmals diente der Sebaldal- tar auch nach der Rückkehr in den Norden weiterhin als Bezugspunkt. Durch die vielen Legate, die Nürnberger in ihren Testamenten „besunderlich Sandt Sebalt“ vermachten,917 versicherten sie sich der Sebaldgemeinschaft und ihrer Solidarität auch für ihr jenseitiges Leben.

917 Konrad II. Imhoff betonte explizit das Legat an Aug. 16), GNM, KA, Sch. XXV, Fasc. C, Nr. 2. Auch den Sebaldaltar: „So schick ich besunderlich Sandt Bernhardin Hirschvogel bedachte z. B. den Altar: Sebalt gein Venedig, über das, das ich im schuldig Schaper, Hirschvogel, S. 139. Zu den Tucher liegen bin, fünfftzehen guldem.“ (1449 Sep. 16), GNM, IA keine entsprechenden Quellen vor. Teil 1, Fasc. 5, Nr. 19. Ebenso Hilpolt Kress: (1427 3. Verflechtung, Integration und Identität der Nürnberger in Venedig · 217

3.2.3 Der Fondaco dei Tedeschi: Verflechtung und landsmannschaftliche Identitätsformen

Während sich am Sebaldaltar eine kleine Gemeinschaft der führenden Nürnberger Ve- nedig-Familien ausbildete, die sich sozial wie herkunftsgemäß definierte und sich gegen- über anderen Personen aus der fränkischen Reichsstadt wie auch den übrigen Kaufleuten aus dem Norden absonderte, sollte der Fondaco allen Händlern „aus Ober- oder Nieder- deutschland, egal ob dem Kaiser oder einem anderen deutschen Fürsten untergeben[,] und ebenso [aus] Polen, Ungarn und Böhmen“ als Anlaufpunkt dienen. Die damit in- tendierte „Beseitigung jeglichen Zweifels und Unterschiedes“ sollte vor allem zu einer besseren Fassbarkeit der wirtschaftlichen Tätigkeit der Händler und den von ihnen er- zielten Umsätzen führen,918 stand jedoch in der Realität im Gegensatz zu den erheblichen Unterschieden zwischen den Besuchern des Handelshauses. Besonders zwischen ober- und niederdeutschen Kaufleuten traten immer wieder deutliche Differenzen hervor.919 In den Auseinandersetzungen zwischen Händlern bei- der Regionen um die Einnahme der Mahlzeiten pochten die Nürnberger als Vertreter der Oberdeutschen auf die Beibehaltung der Traditionen und auf ein gemeinschaftliches Essen der Bewohner des Fondaco.920 Wahrscheinlich waren die Kaufleute dabei auch organisatorisch getrennt. Heyd ging davon aus, dass sich im Laufe des 15. Jahrhunderts zwei Tafeln herausbildeten, wobei diejenige unter dem Vorsitz von Regensburg vor allem Städte aus Österreich, Schwaben und anderen oberdeutschen Regionen vereinigte. Die Nürnberger standen der hauptsächlich niederdeutschen Tafel vor.921 Anders als im Streit mit Köln fungierten sie in diesem Kontext also eher als Mittler zwischen den beiden Regionen. Der sich hier abzeichnende Widerspruch in der Nürnberger Haltung trat auch in anderen Konflikten und Rangstreitigkeiten zwischen den Kaufleuten einzelner Städte zu Tage. Die Franken hatten den Regensburgern Ende des 14. Jahrhunderts die Vormacht- stellung im Fondaco streitig gemacht.922 Im Verhältnis zu den Augsburgern kam es eben- falls immer wieder zu Konflikten. Wie bei der Beschwerde um die Zustellung von Briefen durch die Boten der schwäbischen Reichsstadt923 waren hierbei in erster Linie wirtschaft- liche Interessen Ursache der Streitigkeiten. Gleichzeitig verbanden die ähnlichen Anlie- gen im Venedig-Handel und die gemeinsame oberdeutsche Herkunft die Nürnberger und Augsburger. Daneben waren die Kaufleute beider Städte verwandtschaftlich inten- siv vernetzt.924 In diesem Spannungsfeld des Umgangs der einzelnen herkunftsspezi-

918 Thomas (Hg.), Capitular, Cap. 13, S. 227. 922 So kam es zur Errichtung einer zweiten Tafel: 919 Braunstein, Kollektivitätsidentität, S. 411. Heyd, Haus der deutschen Kaufleute, S. 208. 920 (1429 Jul. 6), in: Simonsfeld, Fondaco 1, Nr. 357, 923 Simonsfeld, Fondaco 2, S. 88. S. 188–190. 924 Zu der Gleichzeitigkeit von Spannungen und ei- 921 Heyd, Haus der deutschen Kaufleute, S. 204. nem Gefühl von „Zusammengehörigkeit“ im Fon- daco: Braunstein, Kollektivitätsidentität, S. 413. 218 · II. Nürnberger in Venedig fischen Gruppierungen miteinander, die sich in ihrer Zusammensetzung wie auch in ihrem Selbstverständnis der jeweiligen Situation anpassten, zeigten sich die Nürnberger besonders flexibel. Die kontinuierliche Liberalisierung der Vorschriften im Laufe des 15. Jahrhunderts trug des Weiteren zur Differenzierung innerhalb der deutschen Kauf- mannschaft bei. Immer mehr Kaufleute lebten außerhalb des Fondaco. Dies lag nicht nur daran, dass Kleinhändler durch die großen Handelsgesellschaften zunehmend verdrängt wurden. Die Händler entschieden sich oftmals bewusst für ein Leben außerhalb des Fon- daco.925 Die tatsächlich in der Stadt anwesende deutschsprachige Kaufmannschaft deckte sich also immer weniger mit der Gruppe von Personen, die sich im Fondaco, teilweise seit Generationen, niedergelassen und wirtschaftlich etabliert hatten. Auch hier zeigte sich, dass die gemeinsame Herkunft nicht zwangsläufig eine Gemeinschaft definieren und eine auf sie bezogene kollektive Identität schaffen musste. Oftmals waren innerhalb der regionenbezogenen Gruppierungen soziale und ökonomische Faktoren wichtiger für die Herausbildung von Gemeinschaften. Der soziale Stand der Kaufleute, die Größe der Handelsgesellschaft und die Dauer und Art ihrer Präsenz in Venedig waren maßgebliche Unterscheidungskriterien. Wie bei den oberdeutschen Großkaufleuten konnten diese Merkmale eine auf die eng gefasste Herkunftsregion oder gar die Landsmannschaft be- zogene Solidarität verstärken. Gleichzeitig konnten sie jedoch im Gegenteil auch zu einer Abgrenzung gegenüber den anderen deutschen Händlern oder den eigenen Landsleuten führen.926 Zwar erzeugte die gemeinsame Abstammung aus dem Norden unter den Kaufleu- ten wohl ein gewisses Gemeinschaftsgefühl. Die deutschsprachige Kaufmannschaft in Venedig war jedoch hochgradig heterogen und durch eine starke Fluktuation geprägt. Von einer tatsächlichen, selbst wahrgenommenen oder propagierten kollektiven Identität aller Kaufleute im Fondaco kann, im Gegensatz zur diesbezüglichen Annahme Philippe Braunsteins,927 nicht ausgegangen werden. Auch die venezianische Regierung fasste die Kaufleute außerhalb des allgemeinen Reglements des Fondaco nicht als Einheit auf, son- dern differenzierte zwischen den Herkunftsregionen wie auch bezüglich der Bedeutung der einzelnen Städte.928 Vielmehr konnte man durch den Fondaco lediglich „die Umrisse des ,Deutschseins‘“929 in Venedig erfassen. Auch in diesem Sinne wurde er im Laufe des 15. Jahrhunderts vor allem ein Symbol der deutschen Präsenz in der Stadt.

925 Vgl. z. B. Johannes Daga, Burckhard de Burck- 927 Braunstein, Kollektivitätsidentität, S. 411. Braun- hardi, Zacharias Stahl oder Sinibaldo Rizzo u. stein verwies zwar darauf, dass durchaus Konflikte Kap. II.2.3.2. Zur zunehmenden Verdrängung der und Gegensätze bestanden hätten, verwendete den Kleinkaufleute: u. a. Wirtz, „Mercator in fontico Begriff der Identität hier aber unscharf. nostro“, S. 9. 928 1437 wurden die Nürnberger als Vertreter der deut- 926 Braunstein bezeichnete den Fondaco im 17. Jahr- schen Kaufmannschaft genannt: (1437 Jul. 24), in: hundert als regelrechtes „ der Ober- Simonsfeld, Fondaco 1, Nr. 413, S. 227–228. 1507 deutschen“: Braunstein, Kollektivitätsidentität, wurden die Imhoff unter den Kaufleuten hervorge- S. 417. hoben: (1507 Dez. 17), ebd., Nr. 652, S. 358–359. 929 Braunstein, Kollektivitätsidentität, S. 411. 3. Verflechtung, Integration und Identität der Nürnberger in Venedig · 219

Da der Fondaco für alle deutschen und Nürnberger Kaufleute, unabhängig von ih- rem sozialen Stand oder ihren Verbindungen zu den großen Handelsgesellschaften, der übergreifende und wichtigste institutionelle wie geographische Bezugspunkt in Venedig war, konnten dort neue Kontakte geknüpft oder Verbindungen, die bereits aus der Her- kunftsregion stammten, intensiviert werden. Trotz der im Laufe des 15. Jahrhunderts zunehmenden Möglichkeit, außerhalb des Handelshauses zu leben, behielt es diese Funk- tion als wichtigster Kontaktpunkt der deutschen Kaufmannschaft in der Stadt den ganzen Untersuchungszeitraum über bei. Im Fondaco kamen die Händler aus dem Reich nörd- lich der Alpen zusammen, um Geschäfte zu machen.930 Christoph I. Scheurl legte seinem Schützling Hieronymus Haller nahe, mehrmals am Tag in das Handelshaus zu gehen, in dem sich deutsche und italienische Kaufleute trafen, um dort das Geschäft zu erler- nen und Kontakte zu knüpfen.931 Die Personen, die während ihres Venedig-Aufenthalts im Fondaco lebten, teilten mit ihren deutschen Berufsgenossen auch ihr soziales Leben, nahmen mit diesen gemeinsam ihre Mahlzeiten ein oder trafen sich in der hauseigenen Taverne. Ebenso kamen die Kaufleute im Zuge der kaufmännischen Selbstverwaltung zu- sammen. Die über das Handelshaus geknüpften Verbindungen und die sich hier instituti- onalisierenden Beziehungen der Nürnberger bezogen nicht nur andere deutschsprachige Kaufleute ein. Wie an den Zeugenaussagen Franz Hirschvogels deutlich wird, konnten sie sich auf unterschiedliche Personenkreise beziehen. Der Kaufmann war aufgrund seiner dauerhaften Anwesenheit im Fondaco automatisch mit den hier agierenden Händlern aus Nürnberg und den anderen Gebieten nördlich der Alpen in Verbindung. Neben den sich im Handelshaus herausbildenden engen Beziehungen zu seinem Salzburger Testator Stefan Kaser und dem Nürnberger Sebald Kneussel traten auch solche zu Venezianern auf, die offensichtlich im Bezug zum Handelshaus standen, dabei jedoch nicht rein ge- schäftlich bleiben mussten.932 Auch nicht-kaufmännischen Besuchern aus Nürnberg diente der Fondaco als Ort, Kontakte zu knüpfen oder sich die bereits bestehenden nutzbar zu machen. Wie bei den Pilgern Sebald Rieter und Hans Tucher, die auf ihrer Jerusalemfahrt 1479 im Fondaco nächtigten, handelte es sich dabei meist um Verbindungen zu Nürnberger Kaufleuten. Die reichsstädtischen Studenten an der Universität Padua nutzten ebenfalls ihre Bezie- hungen zu Verwandten im Fondaco, um sich finanzieller Unterstützung während ihrer Studienzeit zu bedienen.933 Ob die Glasmacher Oswald Reinhardt und Hanns Nickel, die zur Weiterbildung im venezianischen Glashandwerk in die Stadt gekommen waren und bei Hieronymus Reich einen Kredit aufnahmen, hierfür bestehende Kontakte aktivier- ten934 oder sich einfach an einen Landsmann wandten, lässt sich nicht beurteilen. Der

930 Vgl. Kap. II.2.4. 933 Bauer, Universität Padua, S. 157. 931 Archiv Scheurl, Cod. AB, fol. 332rv. 934 Reich bestätigte 1531 die Rückzahlung des Darle- 932 Vgl. StBN, Pirckheimer-Papiere 364, U 17, fol. 7v– hens: (1531 Mär. 1), StadtAN, B 14/II-32, fol. 65v. 8v u. 17v–18r. 220 · II. Nürnberger in Venedig

Nürnberger Stadtbote Sebald Haller, der 1536 auf seiner Reise zum kaiserlichen Hof von der Gesellschaft Endres Imhoffs in Venedig ein Darlehen erhielt, tätigte diese Wahl in Anbetracht der Bedeutung der Familie im Nürnberger Venedig-Handel wohl vor allem aus pragmatischen Gründen.935 Neben den Kontakten zu Kaufleuten lassen sich jedoch in den Quellen immer wieder Hinweise finden, dass der Fondaco durchaus auch den insti- tutionellen Anknüpfungspunkt für Beziehungen in der Stadt darstellte, die keine Händler involvierten. Sowohl der Nürnberger Bäcker Johannes als auch der Kürschner Peter Bur- gener waren über ihren Testamentsvollstrecker Rigo de Bonavoia, der als Ballenbinder am Fondaco arbeitete, mit dem Handelshaus verknüpft.936 Neben seiner Bedeutung für die Herstellung von Kontakten oder die Festigung be- reits bestehender Beziehungen in Venedig selbst verbanden die kaufmännischen Struk- turen, die am Fondaco anknüpften, die Nürnberger in der Serenissima mit Personen in ihrer Vaterstadt. Kaufleute, aber auch zahlreiche weitere Besucher aus der Reichsstadt, nutzten die Kommunikations- und Austauschmöglichkeiten, um geschäftliche wie pri- vate Kontakte und Beziehungen nach Franken aus der Ferne aufrechtzuerhalten und zu festigen.937 Durch ihre Regelmäßigkeit und Zuverlässigkeit erleichterten die hier institu- tionalisierten Organisationsmechanismen die Übermittlung von geschäftlichen und pri- vaten Informationen.938 Auch konnten die Nürnberger in Venedig auf diese Weise regen Anteil an den Geschehnissen in ihrer Vaterstadt nehmen oder sich um private Angele- genheiten kümmern. So bat Lienhard I. Hirschvogel seinen Schwager Michael Behaim und dessen Vater, seinen Bruder Bartholomäus bei der Brautwerbung zu unterstützen. Albrecht Dürer ersuchte Willibald Pirckheimer, dass dieser sich um die Finanzsituation seiner Mutter kümmere und Sorge für den Bruder trage, den der Maler lieber bei sich in Venedig gesehen hätte. Er solle für dessen Anstellung bei Albrechts ehemaligem Lehrer Michael Wolgemut eintreten.939 Für Besorgungen oder andere Anliegen wurde dies auch von Dritten bewusst genutzt. Endres Kunhofer beispielsweise bat Dürer, dass dieser an Pirckheimer herantrete, damit der Patrizier sich für den jungen Nürnberger beim Rat seiner Vaterstadt einsetze.940 Durch das Ausrichten von Grüßen konnte man über die

935 StAN, Stadtrechnungsbelege (Rep. 54a II), Nr. 30. S. 351–355, S. 353; sowie: (1506 Apr. 25), in: ebd., 936 (1450 Sep. 22) u. (1460 Feb. 5 m.v. = 1461 Feb. 5), Nr. 111, S. 365–367. Zu der finanziellen Unterstüt- ASVe, NT, b. 1156, Nr. 492 u. ASVe, NT, b. 360, zung seiner Mutter: (1506 Jan. 6), (1506 Aug. 18) u. prot., Nr. 102. (1506 Sep. 8), in: ebd., Nr. 91, S. 298–303; Nr. 118, 937 Zur Bedeutung von Kommunikation für die „Kon- S. 385–390 u. Nr. 122, S. 415–422. Zu Hirschvo- stituierung und Stabilisierung von sozialen Grup- gel: „und liber swager wiss dein vater und dich von pen und Identitäten“: Depkat, Kommunikations- Bartelmes Hirsvogel wegen und helft im zu i schön geschichte, S. 27. Zur besonderen Bedeutung von junkfrawen.“ L. Hirschvogel aus Venedig an M. Be- Korrespondenzen: Lang, Cosimo de’Medici, S. 417; haim (1443 Jan. 27), GNM, BA, Nr. 5. Dauser, R., Informationskultur, S. 49. 940 A. Dürer aus Venedig an W. Pirckheimer (1506 938 Vgl. Kap. III.4. Zur Vermittlung geschäftlicher In- Mär. 8), in: Pirckheimer Briefwechsel 1, Nr. 104, formationen: Gassert, Kulturtransfer, S. 248. S. 343–347, S. 345. Auch bestellte H. v. Neuenahr 939 A. Dürer aus Venedig an W. Pirckheimer (1506 über Pirckheimer und dessen kaufmännischen Apr. 2), in: Pirckheimer Briefwechsel 1, Nr. 108, Bekannten in Venedig humanistische Drucke: u. a. 3. Verflechtung, Integration und Identität der Nürnberger in Venedig · 221

Korrespondenzpartner zu Dritten in Kontakt bleiben. Bei den Grüßen, die Lienhard I. Hirschvogel an seinen Vater und seine Schwester Elisabeth aus Venedig überbringen ließ, fungierte deren Mann Michael III. Behaim als Mittler.941 Auch Dürer bat Pirckheimer wiederholt, seinen Bekannten und Verwandten in Nürnberg seine Reverenz zu erwei- sen.942 Wie Willibald Pirckheimer, der dem zu diesem Zeitpunkt in Venedig anwesenden Bernhardin Hirschvogel über Albrecht Dürer Grüße ausrichten ließ,943 nutzten auch die Personen in der Reichsstadt die sich am Fondaco ergebenden Möglichkeiten zur Auf- rechterhaltung sozialer Beziehungen.

3.2.4 Institutionelle Formen von Identität, Integration und Abgrenzung – Resümee

Im Fondaco wurden bereits früh die „Umrisse des ,Deutschseins‘“944, zumindest dieje- nigen der deutschsprachigen Kaufmannschaft sichtbar. Ab dem 13. Jahrhundert diente das Handelshaus am Rialto den Kaufleuten aus dem Norden und unter ihnen auch den Nürnbergern als wichtigster Anlaufpunkt in der Stadt. Die Vielzahl von Personen, die aus wirtschaftlichen Interessen hier eintrafen, machte es zur maßgeblichen Kontaktstelle. Neben den deutschen Händlern suchten auch andere Besucher und Zuwanderer aus dem Reich nördlich der Alpen hier Anschluss. Durch die am Fondaco abgewickelten Geschäf- te mit Venezianern wurden darüber hinaus die herkunftsübergreifenden Kontakte geför- dert. Das Handelshaus war so, ungeachtet der bereits frühen Vorrangstellung bestimmter Geschlechter, durch eine hohe Fluktuation an Bewohnern und hier tätigen Kaufleuten und eine dauernde Veränderung des anwesenden Personenkreises geprägt. Besonders ab der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts verstärkte die zunehmende Aufweichung der strengen Vorschriften und damit auch des über den Fondaco umschriebenen Personen- kreises die Abgrenzungstendenzen innerhalb der Kaufmannschaft, die bereits in der Grö- ße des von der venezianischen Regierung vorgegebenen Herkunftsraums und den damit zu Tage tretenden Unterschieden angelegt war. So entstanden innerhalb dieser deutschen Kaufmannschaft im Fondaco wiederum spezielle Gruppierungen und Gemeinschaften, die durch soziale und herkunftsbezogene Faktoren geprägt waren. Vor allem die Kauf­

W. Pirckheimer an H. v. Neuenahr (etwa Anfang 942 Besonders häufig ließ Stefan Paumgartner grüßen: 1514), in: Willibald Pirckheimers Briefwechsel 2, A. Dürer aus Venedig an W. Pirckheimer (1506 hg. v. E. Reicke, (Veröffentlichungen der Kommis- Okt. 13), in: Pirckheimer Briefwechsel 1, Nr. 129, sion zur Erforschung der Geschichte der Reforma- S. 438–444, S. 440. Sowie: (1506 Jan. 6), (1506 tion und Gegenreformation. Humanistenbriefe 5), Feb. 7), (1506 Aug. 18) u. (1506 Sep. 8), in: ebd., München 1956, Nr. 293, S. 325–328. Nr. 91, S. 298–303; Nr. 98, S. 319–329; Nr. 118, 941 „sag meiner swester mein dinst.“ L. Hirschvogel S. 385–390 u. Nr. 122, S. 415–422. aus Venedig an M. Behaim (1443 Jan. 27), GNM, 943 A. Dürer aus Venedig an W. Pirckheimer (1506 BA, Nr. 5. Vgl. auch den Brief vom 1443 Jun. 25: Sep. 8), in: Pirckheimer Briefwechsel 1, Nr. 122, ebd. S. 415–422, S. 415. 944 Braunstein, Kollektivitätsidentität, S. 411. 222 · II. Nürnberger in Venedig leute der oberdeutschen Hochfinanz bildeten eine bewusst eigenständige Gruppe her- aus, die spätestens ein Jahrhundert darauf das Handelshaus dominierte. Ihre Mitglieder hegten gleiche geschäftliche Interessen und waren häufig verwandtschaftlich verbunden. Daneben existierten auch Gruppen, die über kleinere Herkunftseinheiten definiert waren. Wie bei der Gemeinschaft um den Altar des Nürnberger Stadtheiligen Sankt Sebald konnten sie ein regionenbezogenes wie sozial stark abgeschlossenes Ganzes bil- den. Sie war durch eine starke Verflechtung im Norden und ein intensives gemeinsames Handeln in Nürnberg wie auch in Venedig geprägt. Obwohl der Altar und die sich dort versammelnde Gruppierung bereits im ausgehenden 14. Jahrhundert in der Überliefe- rung auftauchten, werden sie in den Dokumenten erst ab der zweiten Hälfte des folgen- den Jahrhunderts als Verbindungspunkte bestimmter Familien greifbar. Zwar war die Verehrung des heiligen Sebald Anknüpfungspunkt und religiöser Hintergrund für die Gemeinschaft. Immer stärker wurden jedoch auch soziale und wirtschaftliche Motive deutlich. Ab 1500 zeigte sich in den Quellen darüber hinaus auch die Funktion des Altars und der dortigen Gemeinschaft für die identitäre Selbstvergewisserung der Nürnberger Kaufmannselite und die Repräsentation der Reichsstadt in Venedig an sich. Besonders für die Zeit ab dem späten 15. Jahrhundert wird offenbar, dass sich Ver- gemeinschaftungstendenzen wie beim Sebaldaltar nur auf die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Kommunität bezogen und keine generelle Abschottung von anderen Gesell- schaftssegmenten in der Stadt bedeuteten. Gerade wichtige Persönlichkeiten am Sebald- altar interagierten auch mit Personen außerhalb dieses begrenzten Kreises. Anton Kolb lässt sich in späterer Zeit gar nur noch im Kontext der Augsburger Kaufleute nachweisen. Albrecht Heugel scheint sich außerhalb des Fondaco in einer eigenen Unterkunft nie- dergelassen zu haben und war so nicht nur an die deutschsprachige Kaufmannschaft des Fondaco angebunden. Franz Hirschvogel stand in engem Kontakt zu anderen Deutschen und Venezianern und war als Konsul gut in die Händlergemeinschaft des Fondaco inte- griert. Er und sein Bruder Bernhardin hielten auch Mitgliedschaften in venezianischen Scuole, die weder landsmannschaftlich noch berufsspezifisch ausgerichtet waren.945 Für das ausgehende 15. und das frühe 16. Jahrhundert gibt es besonders häufige Hin- weise darauf, dass Nürnberger unterschiedlicher Berufszugehörigkeit in die veneziani- schen Bruderschaften Aufnahme fanden. Auch hier förderten die gemeinschaftlichen sozialen Ereignisse,946 das gemeinsame Motiv der Mitgliedschaft und eine institutions- spezifische Solidarität unter den Mitbrüdern dieser „künstlichen Familie“ die gegenseiti- gen Kontakte und Beziehungen. Bei Scuole, deren Zugehörigkeit nicht von der Herkunft abhing, wurden die Nürnberger auch in einheimische Gemeinschaften eingebunden und

945 Franz: u. a. ASVe, SG San Marco, Atti, b. 4, fol. 49r. 946 Zur Bedeutung von dem Erlebnis gemeinsamer so- Für Bernhardin: BMC, Mariegola 113, fol. 53v. zialer Ereignisse und der gemeinsamen Mitglied- Kolb: (1541 Okt. 12), ASVe, NT, b. 128, fol. 67v– schaft in Institutionen für Netzwerke: u. a. Selzer 68r. Heugel: StadtAN, A 1–1499 Apr. 20. u. Ewert, Netzwerkorganisation, S. 51. 3. Verflechtung, Integration und Identität der Nürnberger in Venedig · 223 hier verknüpft. Dabei lassen sich in einigen Bruderschaften Mitglieder nachweisen, die, wie die Kaufleute des Fondaco, auch mit anderen Institutionen eng verbunden waren. Waren Personen gemeinsam in mehreren Einrichtungen eingeschrieben, ist ein Kon- takt zwischen ihnen anzunehmen, vor allem wenn sie, wie beispielsweise Bernhardin Hirschvogel, Franz Paumgartner oder Sinibaldo Rizzo, die zu Beginn des 16. Jahrhun- derts Mitbrüder in der Scuola San Girolamo waren, zusätzlich noch aus der gleichen Stadt stammten. Die Anbindung einzelner Nürnberger an mehrere Institutionen, die sich in ihrer Funktion, ihrer sozialen Zusammensetzung und ihrer Ausrichtung auf Her- kunftsgruppen unterschieden, verdeutlicht die Breite und Offenheit der sozialen Inter- aktion der jeweiligen Personen. Diese Breite und Offenheit traten auch in den persön- lichen Netzwerken und Verflechtungen der Nürnberger in Venedig zu Tage. Gerade am Sebaldaltar zeigte sich, dass sich die starke Geschlossenheit einer Gruppe ebenso wie deren ausgeprägtes herkunfts- und schichtspezifisches Gemeinschaftsgefühl und eine intensive Einbindung in andere Personenkreise und Einrichtungen nicht ausschließen mussten. Sie existierten oftmals neben- und miteinander. Die Identität der Nürnberger in Venedig manifestierte sich so in erster Linie über die Integration in unterschiedliche Gesellschaftsteile anstatt über eine scharfe Abgrenzung nach außen. Neben einer starken Bindung an die Vaterstadt konnte sich gerade in der institutionellen Anbindung auch eine ausgeprägte Loyalität der Nürnberger gegenüber der Serenissima zeigen.

3.3 Doppelte Loyalität und Rückbindung in den Norden

Franz Hirschvogel vermachte in seinem Testament aus dem Jahr 1498 als erste geistliche Legate zwei Klöstern in Venedig, dem „closter parfuser orden genant frater‹!› minori“ und dem „closter prediger orden genandt Sand Iohanes und Paulus“, jeweils 25 Duka- ten. Das Waisenhaus von Santa Maria della Pietà bedachte er mit dem gleichen Betrag. Der „grosen bruderschaft und schul Sand Marx“ sprach er gar 50 Dukaten zu, der in unmittelbarer Nähe gelegenen Scuola Sant’Orsola 30. Für die anderen genannten Scuole, San Pietro Martire und San Vincenzo, ebenfalls in der Kirche von Santi Giovanni e Polo gelegen, sowie Santa Maria und „Sand Lienhart“ in San Salvador, stellte er wiederum je 25 Dukaten aus.947 Etwas umfangreicher waren seine Legate für geistliche Einrichtungen in seiner Vaterstadt. Das Augustiner-, das Prediger-, das Barfüßerkloster und das Klos- ter „unser lieben frauen brudern“ erhielten ebenso wie die beiden Frauenklöster von Sankt Katharina und Sankt Klara jeweils 20 Rheinische Gulden.948 Den gleichen Betrag

947 (1498 Nov. 2), ASVe, NT, b. 1211, Nr. 819. Bei den 948 Dem Kloster zum Heiligen Grab in Bamberg, Klöstern handelte es sich um das der Franziskaner in dem seine Schwester Agnes lebte, vermachte von Santa Maria Gloriosa dei Frari und das der er 30 Gulden: (1498 Nov. 2), ASVe, NT, b. 1211, Dominikaner von Santi Giovanni e Paolo: vgl. auch Nr. 819. Das entsprach, bei einer Zugrundelegung Schaper, Hirschvogel, S. 129. eines Umrechnungskurses von 1 zu 0,8 ungefähr 224 · II. Nürnberger in Venedig bekamen die vier Nürnberger „siechkobel“. „[D]ie drei spital zu Sand Martha, zu Sand Elspeten [und] zu dem Heiligen Kreuz“ erhielten ebenso wie die Findelhäuser in Sankt Lorenz und Sankt Sebald je 10 Gulden.949 Obwohl Hirschvogel zum Zeitpunkt, an dem er sein Testament ausstellte, bereits knapp 20 Jahre in Venedig gelebt hatte, verdeutlicht sein letzter Wille die nach wie vor bestehende Verbundenheit mit seiner Vaterstadt. Auch seine soziale und institutionelle Anbindung war durch das Nebeneinander von Nürnberger, deutschen und venezianischen Verbindungen geprägt. Seine Mitgliedschaft in der von ihm bedachten Scuola Grande di San Marco sprach für eine Verflechtung Hirschvogels unter den Einheimischen. Die Legate an andere Bruderschaften lassen auf einen Bezug zu diesen schließen. In der deutschsprachigen Kommunität des Fondaco verwies sein Amt als Konsul ebenfalls auf eine gute Einbindung des Kaufmanns. Am Sebaldaltar war er über Jahrzehnte hinweg als eine der vorrangigen Persönlichkeiten vertreten und trug so maßgeblich zur Stabilität der identitätsstiftenden Gemeinschaft der Nürnberger Kaufmannselite in der Serenissima bei. Seine persönlichen Beziehungs- geflechte erstreckten sich ebenfalls in unterschiedliche Richtungen und schlossen enge Kontakte zu Mitbürgern ebenso wie zu anderen Personen aus dem Reich nördlich der Alpen und Venezianern ein. Die sich hier zeigende Anbindung an sein venezianisches wie sein Nürnberger Umfeld in Venedig wurde auch in der alltäglichen Nutzung beider Sprachen deutlich.950 Bei anderen Nürnbergern in Venedig lassen sich ebenfalls die Integration in einhei- mische Gesellschaftssegmente und eine gleichzeitige Einbindung in spezifisch Nürnber- ger Beziehungskonstellationen feststellen. Die Kaufleute Johannes Daga und Wilhelm I. Rummel sowie der Bäcker Johannes kauften alle bereits in der ersten Hälfte des 15. Jahr- hunderts venezianische Staatsanleihen, obwohl dies für Fremde eher ungewöhnlich war. Es zeigte einen engen Bezug zur Stadt. Franz Hirschvogel folgte ihnen einige Jahrzehnte später.951 Daga erhielt die Erlaubnis zum Kauf der Anleihen aufgrund seiner besonderen

25 Dukaten: vgl. Spufford, Handbook of Medie- nur zur Verdeutlichung der indirekten Rede nutz- val Exchange, S. 243. Hieran orientierte sich auch te, da andere Passagen der Niederschaft vollständig Hollberg: Hollberg, Deutsche in Venedig, S. 255. in Veneziano sind. Bei den beiden Frauenklöstern handelte es sich um 951 Bei Hirschvogel handelte es sich bereits um Zah- die traditionellen Klöster der weiblichen Angehö- lungen an den Monte Nuovo: StBN, Pirckheimer- rigen des Nürnberger Patriziats. Papiere 364, U 17, fol. 11v. Zum Bäcker Johannes: 949 (1498 Nov. 2), ASVe, NT, b. 1211, Nr. 819. Vgl. „omnia imprestita mea“ (1457 Mai 5), ASVe, NT, auch: Schaper, Hirschvogel, S. 129. Zu den Siech- b. 1195, prot., Nr. 96, fol. 71v–72r. Zu den Staats- kobeln: Hollberg, Deutsche in Venedig, S. 103. Er anleihen Wilhelms I. Rummel: Schaper, Rummel, hinterließ kein Legat an den Sebaldaltar, obwohl er S. 20 Die Staatsanleihen konnten einen sehr un- dort begraben werden wollte. terschiedlichen Wert haben: Bei Johannes Daga 950 (1498 Nov. 2), ASVe, NT, b. 1211, Nr. 819. Zur Nut- betrug dieser 10.000 Dukaten: (1422 Dez. 18 u. zung des Venezianischen: „verba vulgari sermone“ 1422 Jan. 10 m.v. = 1423 Jan. 10), in: Simonsfeld, StBN, Pirckheimer-Papiere 364, U 17, fol. 8r. Es ist Fondaco 1, Nr. 329, S. 172. Von den vier deutschen nicht davon auszugehen, dass die Person, die die Kaufleuten, die als Besitzer von Staatsanleihen an- Zeugenaussage aufnahm, das Venezianische hier gegeben werden, ist von den Nürnbergern bei Mu- 3. Verflechtung, Integration und Identität der Nürnberger in Venedig · 225

„Zuneigung“ gegenüber Venedig. Gleichzeitig stand er, wie auch die sonstigen Nürnber- ger Inhaber von Staatsanleihen, mit seinen Landsleuten in engem Kontakt.952 Am deutlichsten kam eine doppelte Verbundenheit zu Venedig wie auch zur Vater- stadt jedoch in den geistlichen Legaten der Testamente zum Ausdruck. Ähnlich wie Franz Hirschvogel bedachte auch Anton Kolb in seinem 1541 in der Lagunenstadt ausgestellten Vermächtnis zwei Spitäler in Nürnberg.953 Aufgrund der kontinuierlichen Kontakte, die sie nach Nürnberg unterhielten, war bei dauerhaft in Venedig lebenden Kaufleuten die affektive Verbundenheit mit ihrer Herkunftsstadt wohl größer als bei den anderen Per- sonen, die nach Venedig migrierten und dort ihre Testamente verfassten. Letztere verlie- hen selten Geldwerte an geistliche Einrichtungen am Ort ihrer Herkunft.954 Einige Male fanden sich allerdings auch bei diesen Verweise auf noch existierende Beziehungen in die Vaterstadt. Wie bei dem Kürschner Peter Burgener, der seine Schwester in Nürnberg großzügig ausstattete, oder dem Bäcker Hermann, der den dritten Teil seines Residu- ums unter seinen Schwestern aufteilen ließ,955 konnten die Verbindungen durchaus auch aufrecht erhalten werden, wenn man dauerhaft in den Süden übergesiedelt war. Auch Franz Hirschvogel bedachte beinahe alle seine Geschwister in Nürnberg.956 Über den Sebaldaltar und das gemeinsame dortige Engagement mit den Familienoberhäuptern in Nürnberg standen er und seine Amtskollegen ebenfalls in kontinuierlicher Beziehung zur Reichsstadt. Dieser Rückbezug auf Franken und die Kontakte nach Nürnberg konnten sich auf institutioneller, geschäftlicher und persönlicher Ebene abspielen. Gleichzeitig hielt für viele Nürnberger Kaufleute die Bindung zu Venedig auch nach ihrer Rückkehr noch an. In zahlreichen patrizischen Testamenten, vor allem von Mit- gliedern der dominierenden Venedig-Familien, wurden venezianische Einrichtungen oder Personen bedacht. Oftmals gingen die Legate, wie bei Konrad II. Imhoff 1449 und Bernhardin Hirschvogel 1514, an den Sebaldaltar.957 Bei Ludwig Imhoff reichte die Ver- bundenheit mit der Nürnberger Gemeinschaft in San Bartolomeo sogar bis nach Prag,

eller nur Johannes Daga genannt: Mueller, Veneti- gen zu ihrer Heimat aufrecht“ erhielten: Hollberg, an Money Market, S. 561. Hier auch zur Bedeutung Deutsche in Venedig, S. 247. von Staatsanleihen generell: ebd., S. 544–567. 955 Hollberg, Deutsche in Venedig, S. 221. Das Testa- 952 (1422 Dez. 18 u. 1422 Jan. 10 m.v. = 1423 Jan. 10), ment war im Original nicht auffindbar. Zu Kürsch- in: Simonsfeld, Fondaco 1, Nr. 329, S. 172. 1409 ner: „padre e dela […] mia madre, i qual sono a erhielt der Salzburger Ulrich Samer eine ähnliche Noninbergo“; (1460 Feb. 5 m.v. = 1461 Feb. 5), Erlaubnis, ohne dass diese jedoch, wie bei Daga, ASVe, NT, b. 360, Nr. 102, fol. 72r. begründet wurde: (1409 Sep. 18 u. 21), in: ebd., 956 Aus den Legaten Hirschvogels ergaben sich Testa- Nr. 297, S. 144–145. mentsstreitigkeiten: Kap. II.2.3.2; Schaper, Hirsch- 953 „Lasso alli doi hospedali de Nierembergo ducati vogel, S. 132. diese per cadauno, per l’anima mia.“ (1541 Okt. 957 (1449 Sep. 16) GNM, IA Teil 1, Fasc. 5, Nr. 19. 12), ASVe, NT, b. 128, fol. 67v–68r. Wahrscheinlich Bernhardin Hirschvogel: BayHStA, RKGA 5841, handelte es sich um das Heilig-Geist-Spital und das Nr. 35, fol. 38v–43v. Vgl. hierzu auch: Schaper, Elisabethspital. Hirschvogel, S. 139. 954 Hollberg zeigte, dass die Handwerker entspre- chend ihren Testamenten „kaum noch Verbindun- 226 · II. Nürnberger in Venedig wo er nach mehreren Aufenthalten in Venedig im Auftrag der Imhoff’schen Handels- gesellschaft sein Leben verbrachte und von wo er 1464 zwanzig Dukaten „gen Venedi zcu Send Sebolt zcu einem meßgewant“ schickte. Sonst legierte er nur in die böhmische Hauptstadt, nicht aber in seine Vaterstadt.958 Hilpolt Kress, der viele Jahre in Venedig verbracht hatte und in enger Verbindung mit den venezianischen Amadi gestanden war, bedachte in seinem letzten Willen von 1427 nur in zweiter Linie den Altar. An erster Stelle nannte er die „armen gefangen in der prysawn czu Venedig“, denen er mit 30 Gul- den deutlich mehr als der „Sant Sebolts capellen“ vermachte. Darüber hinaus bedachte er „unserr frawn Macelesta doselbst“, die „syechen czu Sant Lazaw“ und die „armen, die in Sant Marx kyrchen siczen“, mit jeweils zwei Gulden.959 Hilpolt Kress’ enger Bezug zu Venedig reichte bis an sein Lebensende und sollte auch darüber hinaus weiterwirken. Die lange Anwesenheit dort und die damit wohl einhergehende affektive Bindung an die Se- renissima sowie die gleichzeitige, oft intensive Rückbindung der Nürnberger in Venedig zur Herkunftsstadt und den dortigen Vertrauten führten für viele Nürnberger Kaufleute auf beiden Seiten der Alpen zu einer doppelten Loyalität. Oftmals liefen diese Rückbindungen nach Nürnberg über Korrespondenzen, wobei diese sich größtenteils im kaufmännischen Kontext fanden. Dabei diente der Fondaco als „Relaisstation“ und institutioneller Anknüpfungspunkt.960 In Briefen tauschten die Nürnberger im Süden sich mit engen Familienmitgliedern aus. Albrecht Dürer stand in stetem Kontakt zu seiner Mutter.961 Die Mutter Endres᾽ I. Imhoff klagte in einem Brief an ihren Sohn in Venedig darüber, dass sie ihn so lange nicht gesehen habe.962 Häufig gingen die Korrespondenzen mit Besorgungen für die Daheimgebliebenen einher. Die engste Bezugsperson für Georg Spengler scheint sein Bruder Lazarus gewesen zu sein, wie die Berichte in dessen Briefen an Willibald Pirckheimer nahelegen. Neben den Schrei­ben schickte er diesem auch Arzneimittel nach Nürnberg. Möglicherweise handelte es sich dabei, wie bei seinen Besorgungen für Anton Tucher, um Theriak.963 Hans VI. Imhoff war bereits vor der Heirat mit Willibald Pirckheimers Tochter Felicitas für diesen in Venedig tätig gewesen. Entsprechende eigene Schreiben sind jedoch erst aus den frü-

958 (1464 Okt. 4), GNM, IA Teil 1, Fasc. 8, Nr. 25. 961 Vgl. u. a. A. Dürer aus Venedig an W. Pirckhei- 959 (1427 Aug. 16), GNM, KA, Sch. XXV, Fasc. C, mer (1506 Feb. 7) u. (1506 Feb. 28), in: Pirckhei- Nr. 2. Braunstein zum Testament Hilpolt Kress’: mer Briefwechsel 1, Nr. 98, S. 319–329, S. 319 u. „son testament fait une place particulière aux gens Nr. 101, S. 335–337, S. 336. Hinweise auf eine Kor- et aux choses de Venise, comme si la cité des lagu- respondenz mit seiner Frau gibt es nicht. nes était devenue la seconde patrie de ce Nurem- 962 (o. Dat.), GNM, IA Teil 1, Fasc. 13, Nr. 6. bergeois“; Braunstein, Relations d’affaires, S. 233. 963 Vgl. u. a. L. Spengler aus Nürnberg an W. Pirck- 960 Vgl. Kap. II.3.2. Zu den verschiedenen Formen heimer (1520 Nov. 19), in: Willibald Pirckheimers der Rückbindung: Esch, Loyalitäten, S. 599. Roeck Briefwechsel 4, hg. v. Helga Scheible, München verwendete den Begriff „Relaisstation“ für Orte 1997, Nr. 730, S. 362–365, S. 363; (1516 Mai 16), mit besonderer kultureller Vermittlungsfunktion: Tucher, Haushaltsbuch, fol. 125v, S. 131. Roeck, Kulturtransfer, S. 10–11. 3. Verflechtung, Integration und Identität der Nürnberger in Venedig · 227 hen 1520er Jahren überliefert.964 Der Austausch zwischen Pirckheimer und Dürer war ebenfalls durch persönliche wie geschäftliche Inhalte und Interessen geprägt. Ihr Brief- wechsel gibt explizite Hinweise auf die emotionale Komponente der Verbindungen von Nürnbergern in Venedig zu Personen im Norden, die sich in der Überlieferung sonst nur selten finden.965 Freundschaft und Patronage wurden durch die fortlaufende Vergewis- serung der gegenseitigen Sympathie und durch häufige Briefe gefestigt.966 Die von Dürer getätigten Freundschaftsdienste waren ein zusätzlicher Stabilisierungsfaktor. Maßgeblich für die Aufrechterhaltung der Beziehungen über die räumliche Distanz hinweg war die Regelmäßigkeit des Kontakts.967 Sonst bestand durchaus die Gefahr, in Vergessenheit zu geraten. So stellte Hieronymus Imhoff in Frage, ob seine Grüße in Nürnberg überhaupt noch Gehör finden würden, als er 1536 Paulus I. Behaim bat, seine alten Bekannten Christoph Fürer den Jüngeren, Sebastian Imhoff und David Ott zu grüßen.968 Eine regelmäßige Kommunikation war vor allem während der Ausbildung wichtig. Christoph I. Scheurl betonte in seinem Regiment an Hieronymus Haller, er solle fleißig berichten.969 Thomas Reich versicherte seinen Fleiß beim Schreiben und entschuldigte längeres Schweigen stets ausführlich. Durch den regen Kontakt mit seinem Vormund Linhart Tucher wollte er sich dessen weitere Unterstützung sichern. Darüber hinaus hoffte er, durch seine häufigen Briefe und die kontinuierlichen Loyalitätsbekundungen seinen Oheim auch im Konflikt mit Burckhard de Burckhardi von der eigenen Recht- schaffenheit zu überzeugen und ihn für sich zu gewinnen.970 Neben den wirtschaftlichen Neuigkeiten aus Venedig wusste Scheurl auf diese Weise stets um das Handeln und die

964 H. Imhoff aus Venedig an W. Pirckheimer (1518 Nr. 98, S. 319–329, S. 319–320. Später entschul- Nov. 14) u. (1418 Dez. 3), in: Pirckheimer Briefwe- digte er sich für sein kurzes Schreiben: „Ich hett chel 3, Nr. 564, S. 429–431 u. Nr. 569, S. 437–438. vch noch fill zw schreiben, so ist der pott weg fer- Vorher berichtete Dürer darüber: (1506 Apr. 2), in: tig.“ (1506 Sep. 23), in: ebd., Nr. 124, S. 424–427, Pirckheimer Briefwechsel 1, Nr. 108, S. 351–355, S. 425. S. 352. 968 „So wolst mir Cristoff Furer den Iungen grussen, 965 Hans Rupprich, Dürer und Pirckheimer. Geschich- wie wol ich wol glaub, mich nimer werd kennen te einer Freundschaft, in: Albrecht Dürers Umwelt. wollen. Und glaub, soltt ich eins hinaus komen, FS zum 500. Geburtstag Albrecht Dürers am 21. mich meiner altten gesellen keiner mer kennen Mai 1971, hg. v. Verein für Geschichte der Stadt wurd wollen.“ H. Imhoff aus Venedig an P. Behaim Nürnberg, Nürnberg 1971, (Nürnberger Forschun- (1536 Dez. 15), GNM, BA, Nr. 29a, sowie: „Und gen 15), S. 78–100. grus mir Sebastian Imhoff, ways nitt, ob mich noch 966 Zu Patronage u. a.: Reinhard, Freunde und Kreatu- kennen wurdtt wollen oder nitt. So grus mir David ren. Otten und jung Cristoff Furer. Aber solchen mir 967 „In mitler czeit hatt mir mein muter geschriben zu stolcz sein und mich nimer wurdtt kennen wol- vnd mich gescholten, dz ich ewch nit schreib vnd len.“ (1537 Mai 17), ebd. mir zw fersten geben, wy Ir ein vnwillen awff mich 969 Archiv Scheurl, Cod. AB, fol. 332v. hant, dz ich ewch nicht schreib […]. So weis ich 970 Grund für Schweigen konnte z. B. eine Krankheit mich mit nichten zw verantworten, dan dz ich sein: T. Reich aus Venedig am L. Tucher (1331 fawll pin zw schreiben vnd dz Ir nit doheim seytt Jun. 26), StadtAN, E 29/IV-1441. Zum Fleiß: (1529 gewest [.]“ A. Dürer aus Venedig an W. Pirckhei- Mär. 14), StadtAN, E 29/IV-1438. mer (1506 Feb. 7), in: Pirckheimer Briefwechsel 1, 228 · II. Nürnberger in Venedig

Fortschritte seines Lehrlings. Gleichzeitig wurde so das Vertrauen zwischen beiden Kor- respondenzpartnern gestärkt.971 Der Wunsch nach Berichterstattung beruhte dabei auf Gegenseitigkeit. Auch aus Nürnberg wurden Briefe eingefordert. Ihr Ausbleiben konnte durchaus für Irritationen sorgen, gerade wenn es sich dabei um die Bitte um wirtschaft- liche Auskünfte handelte.972 Neben der persönlichen Anbindung an die Vaterstadt waren die regelmäßigen Be- richte und Abrechnungen der Faktoren, Handelsdiener oder Gesellschaftsteilhaber in Venedig grundlegend für den Erfolg der Geschäfte.973 Oftmals enthielten die Briefe per- sönliche wie geschäftliche Informationen. Abrechnungen wurden beigelegt oder teilweise extra verschickt.974 Auch die Geschäfte selbst, das Eintreiben von Geldern, der Waren- austausch und das Erledigen von Besorgungen für die Geschäftspartner in Nürnberg banden die Kaufleute in Venedig an ihre Vaterstadt und ihre dortigen Gesellschaften. Die konkrete wirtschaftliche Verbindung nach Franken, die mit der Tätigkeit in Venedig für eine Nürnberger Handelsgesellschaft automatisch einherging, ist weit besser zu greifen als die individuellen Beweggründe für die Intensität der Rückbindung an Nürnberg und das persönliche Verhältnis zu den dort verbliebenen Personen. Der geschäftliche Aspekt ist überdies einer der wenigen Bereiche, in denen sich noch in Ansätzen bestehende Rückbindungen von nach Venedig migrierten Handwerkern nachweisen lassen. Mehrere Male verfügten sie in ihren Testamenten die Veräußerung der noch in Nürnberg vorhan- denen Besitztümer.975 Über die Kontakte der Nürnberger in Venedig zu Geschäftspartnern, Verwandten oder Freunden konnten in der Reichsstadt auch Personen in den venezianisch-nürn- bergischen Kontext eingebunden werden, die sich selbst nie oder schon lange Zeit nicht mehr in der Lagunenstadt aufgehalten hatten, so aber im Kontext der Beziehungen den- noch eine wichtige Bedeutung erlangten. Deutlich zeigt sich dieser Umstand bei An- ton II. Tucher und seinem Sohn Linhart I. Ihre intensive geschäftliche und persönliche Korrespondenz mit befreundeten oder verwandten Briefpartnern band sie intensiv in den Kontakt beider Städte ein. Ihre jeweiligen Korrespondenznetzwerke trafen in Nürn-

971 Fiedler, Vertrauen. Zum Verhältnis Vertrauen- 973 Gassert, Kulturtransfer, S. 248. Kontrolle im Kontext der Nürnberger in Venedig: 974 L. Hirschvogel aus Venedig an M. Behaim (1443), vgl. Kap. II.2.2 u. II.2.4. GNM, BA, Nr. 5; P. Enzensperger aus Glamau an 972 „Aber mir kein meldung noch anzaigung, was sol- H. Imhoff (1491 Aug. 12), GNM, IA Teil 1, Fasc. 8, che kost gethon hott. Und im deshalben geschri- Nr. 31l. Auch Reich verwies auf eine Rechnung, die ben und gepetten, mich solches wissen zu lossen, er Imhoff geschickt habe: T. Reich aus Venedig an im zu zallen. Aber piesher kein antwort von im L. Tucher (1529 Feb. 6 m.v. = 1530 Feb. 6), Stadt- nitt gehabtt.“ H. Imhoff aus Venedig an P. Imhoff AN, E 29/IV-1437. (1537 Mai 17), GNM, BA, Nr. 29a. Dürer wartete 975 Vgl. das Testament des Peter Burgener: (1460 vergeblich auf die Empfangsbestätigung für einen Feb. 5 m.v. = 1461 Feb. 5), ASVe, NT, b. 360, prot., wertvollen Ring und schickte Hans Imhoff aus, Nr. 102, fol. 72r. Ebenso: Frau des Nürnbergers diesen suchen zu lassen: A. Dürer aus Venedig an Stefan Studenicher, Anna: (1464 Mai 3), ASVe, NT, W. Pirckheimer (1506 Apr. 25), in: Pirckheimer b. 480, Nr. 1. Briefwechsel 1, Nr. 111, S. 365–367. 3. Verflechtung, Integration und Identität der Nürnberger in Venedig · 229 berg zusammen und verschmolzen miteinander.976 So ist wohl davon auszugehen, dass Anton Tucher viele der ‚Neuen Zeitungen‘, die er beispielsweise an Kurfürst Friedrich den Weisen weiterleitete, durch die venezianischen Briefpartner seines Sohnes erhalten hatte, die entsprechende Neuigkeiten aus der Serenissima schickten.977 Auch außerhalb der Kernfamilie konnten die Ereignisse um die Nürnberger in Venedig die Verflechtun- gen in Nürnberg selbst stärken, wie das gemeinsame Agieren der Imhoff, Koberger und Tucher bei der Lösung des Konflikts zwischen Thomas Reich und Burckhard de Burck- hardi verdeutlichte. Die Aufrechterhaltung intensiver Kontakte über die Alpen hinweg beeinflusste auch die Beziehungen und Netzwerke im Norden.

3.4 Verflechtung, Integration und Identität der Nürnberger in Venedig – Resümee

Die Nürnberger Präsenz in Venedig war durch das Neben- und Miteinander verschiede- ner sozialer Verortungen und Verflechtungen geprägt. Eine Einbindung in landsmann- schaftliche oder deutschsprachige Beziehungen, Netzwerke oder Gemeinschaften lässt sich ebenso wie eine Integration in einheimische Gesellschaftsbereiche feststellen. Sie ergaben sich sowohl im geschäftlichen als auch im privaten Bereich und konnten je nach Dauer und Intention unterschiedliche Intensität haben. Oftmals waren sie berufsspezi- fisch orientiert, was gerade bei Professionen mit starker deutscher Trägerschaft häufig zu bestimmten herkunftsbezogenen Ausrichtungen führte. Bei den Personen, die sich län- gerfristig oder dauerhaft in Venedig aufhielten, existierten sie meist nebeneinander oder überschnitten sich, wobei sich die Schwerpunkte im Laufe der Zeit verschieben konnten. Die Vielschichtigkeit persönlicher Bindungen spiegelte sich auch in der institutionellen Zugehörigkeit der Nürnberger in der Stadt wider. Diese Anbindung erfolgte gezwunge- nermaßen oder freiwillig und war unterschiedlich motiviert. Sie hatte wirtschaftliche oder soziale Zwecke und konnte darüber hinaus der Vergewisserung einer spezifisch Nürnberger Identität dienen. Bei einer gleichzeitigen Integration in andere Einrichtun- gen und Verflechtungen wurde diese in ihrem venezianischen Kontext erweitert. Die Einbindung in die sich in Venedig konstituierenden und institutionalisierenden Gemein- schaften schuf, gerade bei den Kaufleuten, oftmals eine persönliche Verbundenheit, die sie selbst nach der Rückkehr nach Franken aufrechterhielten. Auch bei Personen, die langfristig in Venedig blieben, konnte eine beständige Rückbindung an die Herkunfts- stadt zu der Entwicklung von doppelten Loyalitäten führen. Die Quellenlage lässt bezüglich der Verflechtungen, Integration und Identität der Nürnberger in Venedig deutlich weniger Rückschlüsse auf die dorthin migrierte Nürn- berger oder kurzfristige Besucher zu als über Kaufleute. Insbesondere bei den Gewerbe-

976 Zur Bedeutung von Netzwerken für Kommunika- 977 Vgl. Kap. III.3. tion: Dauser, Informationskultur, v.a. S. 40–54. 230 · II. Nürnberger in Venedig treibenden ist eine Unterscheidung, woher die Kontaktpersonen genau kamen, aufgrund der fehlenden Angaben über deren regionale Abstammung in vielen Fällen schwierig. Die Angabe eines Berufs, der mehrheitlich von Personen aus dem Reich nördlich der Al- pen ausgeübt wurde, lässt eine entsprechende Herkunft vermuten. In vielen anderen Fäl- len wurde der Verweis auf eine Abstammung aus dem als „Alemannia“ umschriebenen Gebiet nicht weiter spezifiziert. Viele Handwerker standen zu anderen Deutschen, oft ebenfalls Gewerbetreibenden, in Beziehung. In den landsmannschaftlichen Scuole wur- den sie eng in deutschsprachige Netzwerke eingebunden. Dennoch lassen sich bestimmte Tendenzen im Kontaktverhalten der Nürnberger Handwerker in Venedig ausmachen, die darauf hinweisen, dass weder die berufliche Ausrichtung noch die Herkunft allein ausschlaggebende Kriterien für die Wahl von Bezugspersonen darstellten. Die Einset- zung von Venezianern als Testamentsvollstrecker oder Erben verdeutlichte gerade auch bei den Personen, die mehrheitlich von Deutschen ausgeführte Berufe ausübten, eine gleichzeitige Integration in einheimische Gesellschaftssegmente. Auskunft über Kontakte zu anderen Nürnberger Handwerkern oder gar Kaufleuten findet sich hingegen kaum. Bei den Nürnberger Händlern in der Stadt zeigten sich hingegen vielfältige personelle Verflechtungen in unterschiedliche Richtungen. Neben engen Beziehungen im eigenen familiären Umfeld, einer ausgeprägten verwandtschaftlichen Vernetzung, die sich gerade bei den größeren Handelsgeschlechtern auch in Venedig zeigte, und intensiven Kon- takten zu weiteren Nürnbergern, waren sie über den Fondaco automatisch mit anderen deutschen Händlern verbunden. Zwar entwickelten sich dabei aufgrund der gemeinsa- men Herkunft aus dem Reich nördlich der Alpen, des täglichen Kontakts und mögli- cherweise auch in Bezug auf eine von Außen umschriebene Einheit gewisse Solidaritä- ten. Die regionalen und sozialen Unterschiede innerhalb der Kaufmannschaft führten jedoch eher zur Herausbildung einzelner Gruppierungen. Die auch nördlich der Alpen verwandtschaftlich und wirtschaftlich verflochtene Gemeinschaft von Mitgliedern der oberdeutschen Hochfinanz dominierte den Handel mit Venedig ebenso wie das Leben im Handelshaus. Gleichzeitig diente dieses schon früh, entgegen der venezianischen Intention, auch als Ort der Verknüpfung mit venezianischen Kaufleuten, zu denen die Nürnberger teilweise intensive und generationenübergreifende Beziehungen aufbauten. Die zunehmende Vormacht einer geographischen und sozialen Elite im Handelshaus und der damit einhergehende Ausschluss anderer Händler führten ebenso wie die Liberali- sierung der staatlichen Vorschriften im Laufe des 15. Jahrhunderts dazu, dass sich eine steigende Zahl von Kaufleuten außerhalb des Fondaco ansiedelte und damit immer stär- ker in das venezianische Umfeld integriert wurde. Gegen Ende des Jahrhunderts lassen sich auch vermehrt Nürnberger Kaufleute in einheimischen Institutionen feststellen. Vor allem die Mitgliedschaft in den Scuole grandi, die auch für Personen aus der fränkischen Reichsstadt mehrfach belegbar ist, verweist auf deren gute Integration in die veneziani- sche Gesellschaft. Welche konkreten Kontakte sich in den Scuole ergaben oder durch die gemeinsame Mitgliedschaft gestärkt wurden, legt nur eine gemeinsame Mehrfachver- bindung zu unterschiedlichen Einrichtungen, beispielsweise zu anderen Bruderschaften 3. Verflechtung, Integration und Identität der Nürnberger in Venedig · 231 oder dem Fondaco, nahe. In der sich am Altar des Nürnberger Stadtpatrons Sankt Se- bald herausbildenden Gemeinschaft lassen sich besonders starke Verflechtungen einer geschlossenen, auch in Nürnberg verwandtschaftlich und politisch vernetzten, sozial und wirtschaftlich dominierenden Gruppe nachvollziehen. Dabei hatten einige Familien eine Sonderstellung inne. Die Imhoff und die Hirschvogel, die durch Einzelpersonen wie durch familiäre Kontinuitäten die Sebaldgemeinschaft im ausgehenden 15. und frü- hen 16. Jahrhundert prägten, waren miteinander verschwägert und bestimmten in dieser Zeit auch den Nürnberger Venedig-Handel. Während die Rummel in den 1460er und 1470er Jahren noch am Altar vertreten waren, waren die Kress und Mendel schon in den 30er Jahren des 15. Jahrhunderts hier nicht mehr anzutreffen. Zu diesem Zeitpunkt war ihre herausragende Bedeutung im Nürnberger Venedig-Handel bereits vergangen. Die unterschiedlichen Handelsfamilien waren in der Zeit um 1400 auch geschäftlich verbun- den gewesen. Im Laufe des Jahrhunderts scheint dies jedoch zurückgegangen zu sein. Eine soziale Interaktion, die am Altar des Stadtpatrons institutionalisiert wurde, trat in den Vordergrund. So lassen sich anhand der Verflechtungen der Nürnberger in Venedig, ihrer Integra- tion in landsmannschaftliche, deutschsprachige und einheimische Gemeinschaften und Einrichtungen in der Stadt und in die venezianische Gesellschaft sowie anhand ihrer Rückbindung nach Nürnberg drei grobe Stufen der Eingliederung ausmachen. Die vie- len Händler und Besucher, die sich nur kurzfristig in Venedig aufhielten, bewegten sich sprachlich wie sozial vor allem in ihrem herkunftsbezogenen Kontext und pflegten keine oder kaum Kontakte zu Venezianern. Des Weiteren fanden sich Personen, die sowohl in einheimische wie ausländische Gruppen in Venedig integriert waren als auch gleichzeitig enge Beziehungen mit Bekannten und Verwandten in ihrer Vaterstadt unterhielten. Diese zweifache Verbindung prägte sie meist langfristig und entwickelte sich oft zu einer dauer- haften Loyalität beiden Städten gegenüber. Die Kombination von intensiver Vernetzung in Venedig und enger Rückbindung an die Heimat lässt sich vor allem bei den Kaufleuten belegen. Die durch die ausgeprägten kaufmännischen Kommunikationsstrukturen, die dauernde Fluktuation und den intensiven transalpinen Austausch bedingte Verdichtung des sozialen Raums978 zwischen beiden Städten ermöglichte diese zweifache Verbunden- heit jedoch auch anderen Nürnbergern in der Serenissima. Bei einigen Personen, wie Franz Hirschvogel oder Anton Kolb, kam es durch die dauerhafte Übersiedlung nach Ve- nedig und den gleichzeitigen Verbleib im Fondaco und in der deutschen Kaufmannschaft zu besonders intensiven Ausprägungen dieser Zwischenposition. Auf einer dritten Ebene lässt sich eine weitere Gruppe von Nürnbergern ausmachen, die in Venedig und den dortigen Gemeinschaften gut integriert waren, für die aber keine Rückbindung über die

978 Zum Zusammenhang von physischem und so- Stadt-Räume, hg. v. Martin Wentz, (Die Zukunft zialem Raum: Vgl. Pierre Bourdieu, Physischer, des Städtischen 2), Frankfurt u. a.1991, S. 25–34. sozialer und angeeigneter physischer Raum, in: 232 · II. Nürnberger in Venedig

Alpen mehr zu erkennen und anzunehmen ist. Sie hatten ihren Lebensmittelpunkt nach Venedig verlagert und lassen sich teilweise in mehreren Generationen in Venedig nach- weisen. Oftmals handelte es sich dabei um Handwerker. Es war durchaus möglich, dass sie sich auch hier in deutschsprachigen Kontexten, zum Beispiel im Umfeld bestimm- ter Berufe, bewegten, zumindest aber zu Personen aus dem Reich nördlich der Alpen weiterhin in Kontakt standen. Wie eng sie mit Venezianern verbunden waren, konnte dementsprechend sehr unterschiedlich sein. Es kam auch vor, dass sie sich, wie der über mehr als fünfzig Jahre in Venedig lebende Kaufmann Sinibaldo Rizzo, weitestgehend in die venezianische Gesellschaft integrierten. Sie alle entwickelten wohl je nach Art und Ausmaß ihrer Einbindung unterschiedli- che Formen von Identität und Zugehörigkeitsbewusstsein. Nachvollziehen lässt sich dies jedoch nur anhand des Sebaldaltars und der sich hier konstituierenden Gemeinschaft. Deren landsmannschaftliche wie soziale Identität und Exklusivität wurde durch das eng mit den Trägerfamilien verbundene Nürnberger Stadtregiment bewusst gefördert. Zwar definierte sie sich über die Abgrenzung zu anderen Gesellschaftssegmenten in Venedig. Gleichzeitig wurde sie jedoch durch den intensiven Austausch ihrer Träger mit deren deutschsprachigem und venezianischem Umfeld in der Stadt geöffnet und modifiziert. So entstand eine venezianisch-nürnbergische Identität, die durch das Zusammenwirken einer herkunftsspezifischen Vergewisserung und die besonderen Umstände der Anwe- senheit in Venedig geprägt war.

4. Nürnberger in Venedig – Resümee

Seinen halb in Veneziano, halb auf Deutsch verfassten Brief an Willibald Pirckheimer aus Venedig vom 18. August 1508 unterzeichnete Albrecht Dürer mit „Albertus Durer Norikorius cibus“.979 Auch in der Lagunenstadt reichte bereits im frühen 15. Jahrhundert, wie beispielsweise bei Lorenz Pirckheimer, Rudolf Gundelfinger oder Hermann Reck, für die Personen aus der fränkischen Reichsstadt der Zusatz „de Norimberga“ in der Regel als Herkunftsverweis aus.980 Den ganzen Untersuchungszeitraum hindurch wurden

979 A. Dürer aus Venedig an W. Pirckheimer (1506 prot. 2, 11v), Sigmund Schnöd (CIN 226, prot. 2, Aug. 18), in: Pirckheimer Briefwechsel 1, Nr. 118, 158v), Ulrich Ampfanelt (CIN 227, prot., 20r), Ste- S. 385–390, S. 387. fan Koler (CIN 227, prot., 20r), Nicolaus Polmer, 980 Lorenz Pirckheimer (CIN 193, prot. 2, 34v), Rudolf Stefan Zug (CIN 227, prot., 81v), Herman Richt u. Gundelfinger u. Albert Füchsel (CIN 226, prot. 2, Georg Johannes (CIN 227, prot., 213r), Hermann 23), Hermann Reck (CIN 228, prot. 1, 207v). Des Reck (CIN 227, prot., 291r), Heinrich Schnöd Weiteren: Paul Pirckheimer (CIN 193, prot. 2, (CIN 227, prot., 340r), Gotifredus (CIN 227, prot., 151r), Gregorius (CIN 193, prot. 3, 17r), Heinrich 361v), Friedrich (CIN 228, prot. 1, 116v), Johannes (CIN 212, prot. 2, 33r), Franz Pfinzing (CIN 226, Teufel/Terofel (CIN 228, prot. 1, 184r), Sigmund prot. 1, 26), Wilhelm Rummel (CIN 226, prot. 1, Finz/Pfinzing (CIN 228, prot. 1, 188r), Burckhard 141r u. prot. 2, 11v), Andreas Haller (CIN 226, Semeler (CIN 228, prot. 1, 257v), Peter (CIN 228, 4. Nürnberger in Venedig – Resümee · 233 die Nürnberger nur in seltenen Fällen in den amtlichen venezianischen Quellen durch den Vermerk „teotonicus“, sondern meist allein durch die Angabe ihrer Vaterstadt aus- gewiesen. Lediglich die Kaufleute Wilhelm Mendel, Sebald Pirckheimer, Stephan Zec- ce und Friedrich Glaser wurden in den Notariatsakten der Cancelleria Inferiore auch als „Deutsche“ bezeichnet.981 Nur zwei Personen, Jobst Schnöd und Heinrich Imhoff, tauchen in deren Überlieferung in beiden Formen auf. In den eigenen Schriftstücken der Nürnberger sind allein für Sinibaldo Rizzo unterschiedliche Angaben überliefert. Ausschließlich als „burger zw° “ bezeichnete sich hingegen Franz Hirschvo- gel in seinem volkssprachlichen Testament. In die venezianische Fassung wurde dies als „citadin in Nürembergo“ übertragen. Er, der Schuster Johannes, der Koch Nikolaus, der Bäcker Johannes und die meisten anderen ihrer Landsleute sahen sich selbst einfach als Nürnberger.982 Gleichzeitig ging diese Selbst- und Fremdidentifikation mit der fränkischen Reichs- stadt mit einer Verortung als Teil der vielfältigen und großen Gruppe von tedeschi in Venedig einher. Insbesondere die Kaufleute wurden durch die venezianische Regierung im Fondaco über ihre Herkunft aus dem als „Alemagna“ umschriebenen Gebiet defi- niert, um die Händler aus dem Reich nördlich der Alpen und den deutschsprachigen Regionen Mittel- und Osteuropas fassen zu können.983 Dies diente in erster Linie dazu, die wirtschaftlich potente Gruppe dieser Händler zu bestimmen und sich die Teilhabe an ihren Geschäften zu sichern. Wie die differenzierenden Bezüge der venezianischen Signoria in den Quellen zur deutschen Kaufmannschaft zeigen, waren sich auch die Ver- antwortlichen der Serenissima der Unterschiede zwischen den Deutschen bewusst. Ge- rade im Fondaco schlugen sich diese in zahlreichen Spannungen zwischen den Händlern unterschiedlicher Herkunft und in organisatorischen Regelungen wie der Aufteilung der

prot. 2, [2v]), Johannes Gartenor (CIN 228, prot. 2, 982 Zu der doppelten Nennung: Heinrich Imhoff [16r]), Johannes Daga (CIN 228, prot. 2, [36v]), (CIN 193, prot. 3, 17r: Deutscher aus Nürnberg; Artimanus Siede (CIN 228, prot. 2, [107v]), Her- CIN 193, prot. 1, 75r; prot. 2, 59v: nur Nürnberg), manus Fostani (CIN 228, prot. 2, [109v]), Heinrich Jobst Schnöd (CIN 193, prot. 2, 67v: Deutscher aus Hirschvogel (CIN 228, prot. 2, [fol. 121v]), Georg Nürnberg; CIN 227, prot., 340r: nur Nürnberg), Si- Utinger u. Georg Spinger (SC Misericordia Atti 4), nibaldo Rizzo (NT 974, 45: Deutscher aus Nürn- Rigo (BMC, Mariegola 5), Armano (BMC, Marie- berg; NT 1214, 959 u. NT 1216: nur Nürnberg). gola 5). Soweit nicht anders angegeben, beziehen Zum Testament Hirschvogels: (1498 Nov. 2) ASVe, sich die Angaben auf ASVe. NT b. 1211, Nr. 819. Zu den Angaben „Norimber- 981 Die Angaben beziehen sich jeweils auf ASVe: Wil- ga“ o.ä. in Ego-Dokumenten, wobei sich die ganzen helm Mendel (CIN 193, prot. 2, 34v), Sebald Pirck- Angaben auf ASVe beziehen: Schuster Johannes heimer (CIN 193, prot. 2, 87r), Christoph Aisauter (NT 66, 94), Koch Nicolaus (NT 486, 67), Bäcker (CIN 193, prot. 2, 150v), Stephan Zecce (CIN 193, Johannes (NT 1156, 492). Weitere: Peter Burgener prot. 2, 151r), Friedrich Glaser (CIN 227, prot., (NT 360, 102), Anna für ihren Mann Stefan (NT 99v). In den selbstverfassten Schriftstücken fanden 480, 1), Laurentius (NT 481, 550), Nikolaus (NT sich sogar nur zwei Personen, die die Angabe „teo- 852, 419), Anna für ihren Mann Peter (NT 852, tonicus de Norimberga“ wählten, der Spiegelma- 461). cher Leonhard und der Schüsselmacher Salvator: 983 Thomas (Hg.), Capitular, Cap. 13, S. 227. Leonhard (NT 218, 266), Salvator (NT 560, 75). 234 · II. Nürnberger in Venedig

Tafeln nieder. Normalerweise waren sowohl für die Regierungen nördlich und südlich der Alpen wie auch für die deutschsprachigen Personen in Venedig engere regionale Räume und damit einhergehende sprachliche und kulturelle Unterschiede wichtiger als die gemeinsame Herkunft aus dem transalpinen Raum generell. Dies zeigte sich durch eine landsmannschaftliche Solidarität, wie sie beispielsweise bei einer gegenseitigen rechtlichen und geschäftlichen Unterstützung oder der Einsetzung von Mitbürgern als Testamentsvollstrecker zum Tragen kam. In seltenen Fällen lassen sich Momente einer Nürnberger Identität in Venedig feststellen. Nur am Altar des heiligen Sebald in der Kirche der Kaufleute des Fondaco, San Bartolomeo, kann eine solche venezianisierte Nürnberger Identität eindeutig nachgewiesen werden. Diese war durch den Bezug zur fränkischen Reichsstadt, gleichzeitig aber auch durch die Anwesenheit in Venedig und die Einbindung in die dortigen Umstände und Strukturen umschrieben. Die sich hier herausbildende Gemeinschaft von Mitgliedern der Nürnberger Hochfinanz, die sich in Venedig etabliert hatte und die die Beziehungen zwischen beiden Städten maßgeblich prägte, war über ihre Abstammung und durch die Zugehörigkeit zur gleichen berufli- chen und sozialen Gruppe definiert. Sie grenzte sich explizit gegenüber der Gesamtheit der Nürnberger in Venedig ab. Neben ihrer religiösen Aufgabe, den gemeinsamen Kult des Nürnberger Stadtheiligen für alle Landsleute auszuüben, wurde ihr – nicht zuletzt aufgrund ihrer Verknüpfung mit den politischen Entscheidungsträgern der Reichsstadt – durch das Nürnberger Stadtregiment darüber hinaus die Repräsentation der Stadt und ihres Gemeinwesens wie auch ihrer Kaufmannschaft in Venedig aufgetragen. Unter den über 400 Nürnbergern, die zwischen 1400 und 1530 in Venedig belegbar sind, entstammten ungefähr 300 nachweislich oder mit großer Wahrscheinlichkeit dem kaufmännischen Umfeld. Das große Interesse der Regimenter beider Städte an ihren Ak- tivitäten und die stark ausgeprägte Schriftlichkeit der Fernhändler führten zu einer be- sonders breiten Überlieferung in diesem Bereich. Auch hinterließen sie sehr unterschied- liche Zeugnisse, die einen vielfältigen Einblick in die Beziehungen zwischen Venedig und Nürnberg wie auch die individuelle Situation der einzelnen Händler geben. Neben ihrer wirtschaftlichen Relevanz gibt so die numerische und inhaltliche Quellenvielfalt den Kaufleuten eine besondere Bedeutung. Die Anwesenheit der Nürnberger in der Se- renissima war jedoch durch eine ausgesprochene Heterogenität bezüglich des Berufs, der Aufenthaltsdauer ihrer Träger und deren sozialen und gesellschaftlichen Situation in der Stadt geprägt. Die zahlreichen Handwerker, die in den Süden kamen und sich hier oftmals dauerhaft niederließen, sind in den Quellen hingegen nur ansatzweise zu fassen. Ebenso lassen sich die Gelehrten, Religiosen und anderen Nürnberger, die nach Venedig migrierten oder sich hier langfristig aufhielten, nur vereinzelt nachweisen. Die wenigen Berichte, die die Pilger hinterließen, die über Venedig ins Heilige Land reisten, geben durch ihre topische und stark formalisierte Beschreibung ebenfalls wenig Auskunft über die Situation ihrer Verfasser in der Stadt. Die Zugehörigkeit zu bestimmten Personengruppen der Nürnberger in der Serenis- sima und die Dauer des Aufenthalts beeinflussten die unterschiedlichen personellen und 4. Nürnberger in Venedig – Resümee · 235 institutionellen Verflechtungen der Nürnberger in Venedig und mit ihrer Herkunftsstadt. Diese konnten sich auf geschäftlicher, freundschaftlicher oder familiärer Ebene abspielen. Gerade bei den Kaufleuten zeigten sich enge Verbindungen innerhalb der Kernfamilie und der angeheirateten Verwandtschaft. Oftmals waren die verschiedenen Geschlechter, die in Venedig tätig waren, durch Heiraten verwandtschaftlich verknüpft. Dieser starke Bezug auf die eigene Familie und ihren Handel spiegelte sich auch in der Rückbindung an die Vaterstadt wider. Die Kontakte zu anderen Nürnbergern beschränkten sich in der Regel auf das eigene Berufsfeld. Nichtsdestoweniger lassen sich immer wieder auch Be- ziehungen über die professionellen Grenzen hinweg feststellen, die sich im landsmann- schaftlichen oder zumindest deutschsprachigen Rahmen bewegten. Die anderen Berufsgruppen unterhielten ebenfalls Beziehungen zu Personen aus dem gleichen geographischen Herkunftsraum. So scheinen sich bei den Nürnberger Hand- werkern, die sich dauerhaft in der Serenissima niederließen, Beruf und Herkunft als Ver- flechtungsgründe überschnitten und ergänzt zu haben. Klare Tendenzen in eine Richtung können hier aber nicht festgestellt werden.984 In den maßgeblich von Gewerbetreibenden aus dem Reich nördlich der Alpen ausgeübten Berufen, dem Bäcker- und dem Schuster- handwerk, wurde die zweifache Bindung in den landsmannschaftlichen und gleichzeitig berufsbezogenen Bruderschaften institutionell festgeschrieben. Die Anbindung an über- greifende Scuole weist ebenso wie die Einsetzung venezianischer Testamentsvollstrecker bei vielen der Nürnberger Handwerker daneben auf Verbindungen zu Venezianern und eine Integration in einheimische Gesellschaftsgruppen hin. Trotz ihres in der Regel kürzeren Aufenthalts lassen sich entsprechende personelle und institutionelle Anbindungen auch für die Kaufleute nachweisen. Schon um 1400 unterhielten einige Nürnberger Handelsgeschlechter neben intensiven Geschäften auch enge persönliche Verbindungen zu Venezianern, die teilweise über Generationen hin- weg bewahrt wurden. Die Einbindung in venezianische Bruderschaften und die in der Forschung als Zeichen der Integration gewertete Mitgliedschaft in einer der fünf Scuole Grandi985 lassen sich ebenfalls vor allem bei Mitgliedern der bedeutenden Nürnberger Venedig-Familien nachweisen. Dass es sich dabei in der Regel um Personen handelte, die sich immer wieder und langfristig, nicht aber konstant in der Stadt aufhielten und die gleichzeitig eng in spezifisch Nürnberger Strukturen in Venedig wie die Sebaldge- meinschaft eingebunden waren, zeigt, dass eine Integration in einheimische Institutionen nicht zwangsläufig eine dauerhafte Migration voraussetzte. Ein Fokus auf die Reichsstadt und ihre Bürger und eine gute Einbindung in die venezianische Gesellschaft konnten durchaus miteinander einhergehen. Eine gemeinsame Mehrfachbindung mit anderen Deutschen oder Venezianern an Einrichtungen in Venedig legt auch persönliche Kon-

984 Hollberg betonte hingegen die berufsspezifi- 985 Israel, Fremde, S. 117. sche Anbindung: Hollberg, Deutsche in Venedig, S. 248–249. 236 · II. Nürnberger in Venedig takte zu diesen nahe. Dass Gentile Bellini als Sensal im Fondaco wirkte, gemeinsam mit Franz Hirschvogel und Sinibaldo Rizzo Mitglied in der Scuola Grande di San Marco und mit Letzterem auch in der Scuola dei Mercanti war, lässt eine auch persönliche Verbin- dung des Malers zu diesen Kaufleuten, vor allem zu Rizzo, vermuten. Dass er darüber hinaus in Kontakt zu Albrecht Dürer stand, verstärkte diese Nähe zur Nürnberger Ge- meinschaft in Venedig noch. Möglicherweise ist so auch Bellinis Darstellung der drei deutschen Kaufleute als Zuschauer der Prozession auf der Piazza San Marco in diesem Kontext zu sehen.986 Die unterschiedlichen Ebenen der Verflechtungen in Venedig und die enge Rückbin- dung an die Vaterstadt prägten auch den Alltag der Nürnberger in Venedig. Bereits die Ausbildung der jungen Kaufleute hing stark von den persönlichen Beziehungen ihrer Familien und Vorgesetzten ab. Entsprechende Kontakte herstellen und pflegen zu lernen war dabei ebenso Inhalt der Auslandslehre wie der Erwerb von technischen Fähigkeiten, Waren- und Ortskenntnissen. Das Regimennt, das Christoph I. Scheurl für den Venedig- Aufenthalt seines Lehrlings Hieronymus Haller verfasste,987 gibt detaillierte Einblicke in Inhalte und Ablauf der Lehre wie auch in das tägliche Geschäft. Die Ausbildung vermit- telte nicht nur für die zukünftige Tätigkeit notwendiges Wissen, sondern sorgte bereits in frühen Jahren für eine enge Bindung an die venezianischen Handelspartner wie an die Stadt selbst. Die Tradition einer generationenübergreifenden Lehre stabilisierte oftmals die Position der entsprechenden Familien im Handel mit Venedig und den wirtschaft- lichen Austausch an sich. Die sozialen Kompetenzen, Normen und Werte, die die jun- gen Kaufleute in dieser frühen Venedig-Zeit erwarben, waren neben den inhaltlichen Kenntnissen maßgeblich für ihre spätere Tätigkeit und deren Erfolg. Auch die während der Ausbildung erlangten Sprachkenntnisse brachten wirtschaftliche Vorteile und eine gewisse Unabhängigkeit von den lange Zeit rigiden Vorschriften der venezianischen Re- gierung. So erlernte man die venezianische Sprache in erster Linie für den wirtschaftli- chen Erfolg, aus „Liebe zum Fondaco“.988 Im Handelshaus am Rialto und seinem Kontext spielte sich trotz der im Laufe des 15. Jahrhunderts zunehmenden Tendenzen, auch außerhalb zu handeln, ein Großteil des Alltags der Nürnberger Kaufleute ab. Hier tätigten sie ihre Geschäfte. Die sich am Fondaco institutionalisierenden kaufmännischen Strukturen, über die beispielsweise die Kommunikation zwischen den venezianischen Handelsniederlassungen und den Nürn-

986 Zu Gentile als Sensal: Simonsfeld, Fondaco 2, 987 Archiv Scheurl, Cod. AB, fol. 332r–333r. S. 28. Zur Mitgliedschaft in der Scuola dei Mer- 988 „Tu fa sauiamente […] Ele vna bella cossa asauer canti: ASVe, SG Maria Misericordia, Atti, b. 7, todescho in questa terra […] per amore del fonte- (fol. 132r = o. Fol.); sowie: Köster, Künstler und go.“ Georg v. Nürnberg, Sprachlehrbuch, fol. 97r, ihre Brüder, S. 395–396. Zur Mitgliedschaft in der 26–29, S. 257. Scuola Grande di San Marco: Meyer zur Capellen, Gentile Bellini, 24–26. Hier auch zur Verbindung zu Dürer: ebd., S. 20. 4. Nürnberger in Venedig – Resümee · 237 berger Geschäftszentralen oder die Abwicklung des Warentransports liefen, erleichterten die Rückbindung an die fränkische Reichsstadt. Sie wurden nicht nur von den Händlern selbst, sondern auch von vielen weiteren Nürnbergern in der Serenissima genutzt, die so mit ihrer Vaterstadt in Kontakt blieben. Ebenso konnte man dort an die landsmann- schaftlichen Beziehungsgeflechte in Venedig anknüpfen. Der Fondaco entwickelte sich zunehmend zu einem generellen Konzentrationspunkt der deutschsprachigen wie auch der Nürnberger Präsenz in der Stadt. Geographisch äußerte sich dies in der Ansiedelung vieler Nürnberger im Umkreis des Rialto.989 Selbst die Nürnberger, die sich dauerhaft in der Stadt niedergelassen hatten und nicht beruflich am Handelshaus tätig waren, waren, wie der Bäcker Johannes oder der Kürschner Peter,990 daneben oftmals auch über persön- liche Verbindungen mit dem Fondaco verknüpft. Hatte das Handelshaus ursprünglich vor allem dazu gedient, im Sinne der venezianischen Regierung die aus dem Norden stammenden Kaufleute räumlich und definitorisch zusammenzufassen und so ihre Ge- schäfte zu kontrollieren, wurde im 15. Jahrhundert seine Funktion als sozialer, kultureller und kommunikativer Fixpunkt der Nürnberger Gesamtheit in Venedig und als Zentrum des Austausches zwischen beiden Städten immer wichtiger. Auch von Seiten der Serenissima verschoben sich die Gewichte. Die rigiden Vor- schriften wurden zunehmend liberalisiert, um so das Interesse der Kaufleute am Handel mit Venedig aufrechtzuerhalten. Gleichzeitig wurde auch der immer deutlicheren Vor- herrschaft der großen oberdeutschen Handelsgesellschaften Rechnung getragen. Ihnen gestand man die dauerhafte Nutzung von Kammern im Fondaco zu, die die Unterneh- men als feste Niederlassungen und Repräsentationsorte in der Stadt nutzten. Dass auf diese Weise ein Teil der restlichen Kaufmannschaft vom ursprünglich obligatorischen Leben im Handelshaus ausgeschlossen wurde, lockerte auch das Bestreben der Regie- rung, am Fondaco die Gesamtheit der deutschsprachigen Kaufleute zu umschreiben. Die hohen Umsätze der Oberdeutschen waren für die Serenissima weit lukrativer als die Geschäfte der meisten anderen Händler. Viel stärker als die gemeinsame Herkunft aus dem Reich nördlich der Alpen zeichneten sich auch in der Selbstwahrnehmung inner- halb der Kaufmannschaft regionale Differenzen, vor allem zwischen Ober- und Nieder- deutschland, ab. Trotz Konflikten und wirtschaftlicher Konkurrenz zeigte sich unter den Oberdeutschen eine durch ihre geographische Abstammung wie durch ihre wirtschaft- liche Potenz bedingte Solidarität, die mit Abgrenzungstendenzen gegenüber der restli- chen Kaufmannschaft einherging. Daneben versuchten sie über die Geheimhaltung von kaufmännischem und platzspezifischem, nur innerhalb der eigenen Gesellschaft tradier- tem Wissen, ihr wirtschaftliches Monopol aufrechtzuerhalten. Die enge Verknüpfung, oftmals Überschneidung mit der Regierung ihrer Herkunftsstädte und deren intensives

989 Zu den Deutschen: Israel, Fremde, S. 53; Hollberg, 990 Peter: (1460 Feb. 5 m.v. = 1461 Feb. 5), ASVe, NT, b. Deutsche in Venedig, S. 63 u. S. 244. 360, prot., Nr. 102, fol. 72r. Johannes: (1457 Mai 5), ASVe, NT, b. 1195, Nr. 96, fol. 71v–72r. 238 · II. Nürnberger in Venedig

Engagement für die Belange ihrer Händler verstärkten die Dominanz der Oberdeutschen im transalpinen Austausch noch. Den Nürnbergern wurde bereits früh durch die Kaufleute selbst eine besondere Po- sition innerhalb dieser Gemeinschaft zugestanden. Im Streit zwischen den Ober- und Niederdeutschen um die Einhaltung der gemeinsamen Mahlzeiten 1429 vertraten sie ihre Partei. In der diplomatischen Interaktion mit der venezianischen Regierung wäh- rend deren Auseinandersetzung mit der Liga von Cambrai zu Beginn des 16. Jahrhun- derts fungierten die Nürnberger ebenfalls als Sprachrohr und Vermittler für die anderen oberdeutschen Reichsstädte.991 Gleichzeitig zeichneten sie sich bei ihrer regionalen Zu- ordnung durch eine ausgesprochene Flexibilität aus. So waren sie nicht Teil der ober- deutschen Tafel im Fondaco, sondern saßen wohl derjenigen vor, die die mittel- und nie- derdeutschen Städte beherbergte. Auch die häufige Wahl von Nürnbergern zu Konsuln, also den Vertretern der kaufmännischen Selbstverwaltung, verweist auf eine regional übergreifende Zustimmung und auf ihre herausgehobene Stellung im Handelshaus. Wie die jährliche Wahl von Mitgliedern der Familie Imhoff in der Anfangszeit des Konsulnamts in den 1490er Jahren zeigt, kam einigen Familien im Kontext der Bezie- hungen eine besondere Bedeutung zu. Sie entwickelten im Laufe der Zeit Handels- und Ausbildungstraditionen, die nicht nur ihre eigene Position in Venedig stärkten, sondern darüber hinaus einen maßgeblichen Stabilitätsfaktor für den Austausch beider Städte an sich darstellten. Nichtsdestoweniger kam es zu deutlichen Verschiebungen in der Re- levanz einzelner Familien. Zu Beginn des 15. Jahrhunderts traten vor allem die Kress, Mendel und Rummel aufgrund ihres umfangreichen Handels sowie ihrer geschäftlich wie persönlich guten Beziehungen zu venezianischen Kaufleuten als wichtigste Nürn- berger Venedig-Familien in Erscheinung. Um die Jahrhundertmitte wurden sie jedoch zunehmend von den Hirschvogel und Imhoff in dieser Funktion abgelöst, die sich in der zweiten Hälfte des Quattrocento, entsprechend ihrer Stellung im für die Reichsstadt so bedeutenden Venedig-Handel familiär mehrfach miteinander verbanden. Die Imhoff waren bereits um 1400 in Venedig aktiv. Erst mit der Übernahme der halben Kammer der Mendel im Fondaco 1441 entwickelten sie sich gleichwohl zu einer der herausra- genden Familien in der deutschen Kaufmannschaft und zum dominanten Geschlecht in der Nürnberger Handelskommunität in Venedig. Ihre wichtige Rolle wurde gerade am Sebaldaltar deutlich. Nicht nur ist dessen Pfründenbuch im Archiv der Familie in einer Imhoff’schen Abschrift überliefert. Ihre Mitglieder wohnten auch am häufigsten der jährlichen Öffnung der Geldtruhe bei. Ihre Gesellschaften dienten als Finanziers des Altars. Von 1506 bis 1512 übernahm Endres I. Imhoff die Ausrichtung des Sebaldfests

991 Vgl. u. a. die Beteuerung der venezianischen Regie- S. 377. Spätere Abschriften des Briefs gingen an rung gegenüber den Reichsstädten, dass sie diesen Ulm, Straßburg u. Augsburg. Weiteres: Kap. IV.1. wohlwollend gesonnen sei: (1508 Feb. 10 m.v. = Zum Streit von 1429: (1429 Jul. 6), in: Simonsfeld, 1509 Feb. 10), in: Simonsfeld, Fondaco 1, Nr. 670, Fondaco 1, Nr. 357, S. 188–190. 4. Nürnberger in Venedig – Resümee · 239 gar ausschließlich und festigte die zentrale Position der Familie in der für den wirtschaft- lich und gesellschaftlich bedeutendsten Teil der Nürnberger Kaufmannschaft in Venedig wichtigen, gemeinschafts- und identitätsstiftenden Sebaldgemeinschaft. Bei den zentralen Nürnberger Handelsfamilien in der Stadt kristallisierte sich so im Laufe des Untersuchungszeitraums eine signifikante Verschiebung heraus. Am Fondaco zeichneten sich im 15. Jahrhundert ebenfalls deutliche Veränderungen ab. Sie fanden mit dem Brand des Handelshauses und seinem Wiederaufbau 1508 einen Höhepunkt, der sich anhand der Liste der meist den oberdeutschen Handelsgeschlechtern zugehörigen Mieter der Kammern und Magazine auch in den Quellen niederschlug. Trotz des zuneh- menden Interesses der Oberdeutschen an den westeuropäischen Handelsplätzen gelang es, den transalpinen Austausch auch nach 1500 stark zu halten. Die Nürnberger konnten dabei die bedeutende Position unter den oberdeutschen wie den deutschen Kaufleuten generell, die sie Ende des 14. Jahrhunderts erreicht hatten, trotz des Aufstrebens der Augsburger weiterhin aufrechterhalten und bekamen diese Stellung ebenso von außer- halb des Handelshauses zugewiesen. Die These Braunsteins von den drei Zeitaltern des Nürnberger Handels in Venedig und des Verhältnisses der Nürnberger zu Augsburg992 ist also zeitlich zu relativieren. Weder befand sich die Stellung der Nürnberger bereits am Ende des Mittelalters im Niedergang, noch kann von einer Rivalität mit den Schwaben gesprochen werden. Daneben blieb Venedig bei der Vermittlung kaufmännischer Kennt- nisse besonders für die Nürnberger weiterhin maßgeblich. Zwar lassen sich auch hier immer häufiger andere Handelsplätze als Ausbildungsorte der jungen Kaufmannschaft erkennen. Die Lagunenstadt blieb in den meisten Fällen aber wichtige Station in der Laufbahn der Kaufleute und diente darüber hinaus auch an anderen Orten, wie Lissabon oder Lyon, als Vorbild. Die bereits um 1400 bei einigen Familien nachweisbare enge geschäftliche wie per- sönliche Verbindung zu venezianischen Handelspartnern trug zur Bedeutung des Aus- bildungsorts wie des Handelsplatzes Venedig maßgeblich bei. Eine Häufung oder Inten- sivierung entsprechender Beziehungen lässt sich im Laufe des Untersuchungszeitraums jedoch nicht ausmachen. Auffällig ist allerdings die öfter nachweisbare Mitgliedschaft von Nürnbergern in venezianischen Institutionen wie den Bruderschaften. Sie lässt auf die zunehmende und wohl auch durch die Liberalisierung im Fondaco bedingte Teilnah- me am gesellschaftlichen Leben der Stadt und auf die Verankerung in die einheimischen

992 Bezüglich Nürnberg im Kontext der deutschen gründet, folgt das rationale Zeitalter, das die in- Kaufmannschaft konstatierte Braunstein: „Die stitutionelle Koexistenz organisiert; dann kommt drei Lebensalter (Wachstum, Reife, Niedergang) das Zeitalter der Verbindungsnetze, bei dem die bilden das symbolische Gerüst einer Geschichte Qualität der Information die Beweglichkeit des der Kaufmannsstädte des Reiches in ihren Bezie- Handelskapitalismus ausmacht: Augsburg hat hungen zu Venedig am Ende des Mittelalters: Auf künftig Zugang zu einer , die dieje- das epenhafte Zeitalter einer Vormachtstellung, nige seiner Rivalen übertrifft.“ Braunstein, Kollek- die sich auf die Zurschaustellung des Reichtums tivitätsidentität, S. 414. 240 · II. Nürnberger in Venedig sozialen Strukturen schließen. Teilweise führte sie, wie bei Sinibaldo Rizzo, zu einer wei- testgehenden Venezianisierung der Nürnberger. Trotz dieser Tendenzen und der weit dichteren Überlieferung lässt sich in der Zeit um 1500 kein signifikantes Mehr an Perso- nen aus der fränkischen Reichsstadt in Venedig feststellen. Den ganzen Untersuchungs- zeitraum hindurch blieb die Zahl der Nürnberger in der Lagune im Vergleich zu anderen deutschen Minderheiten hoch, wobei fortlaufend Mitglieder aus den unterschiedlichen Berufsgruppen nachweisbar sind. Bereits für die Jahre zwischen 1400 und 1435 finden sich beiderseits der Alpen gehäuft Quellen zur Anwesenheit der Nürnberger in der Sere- nissima. Besonders oft lassen sich Nürnberger in der Zeit von 1465 bis 1510 nachweisen. Vor allem im kaufmännischen Bereich gewährt die Überlieferung einen detaillierten und vielfältigen Einblick in ihre Situation in Venedig. Gerade bei den bedeutenden Handels- gesellschaften wurde das kaufmännische Leben durch ein neues Nebeneinander von fes- ten Niederlassungen mit sich teilweise dauernd in Venedig aufhaltenden Verantwortli- chen, von einer häufig gemeinsamen Anwesenheit mehrerer Verwandter in der Stadt und der gleichzeitig starken Fluktuation der einzelnen Familienmitglieder gekennzeichnet. Im handwerklichen Bereich erweiterte sich das Bild ebenfalls. Neben die dauerhaft nach Venedig migrierten Personen traten immer häufiger auch Gewerbetreibende, die sich nur zeitweise in der Stadt aufhielten, um ihre Kenntnisse durch das Erlernen der verfeinerten italienischen Techniken zu erweitern. Um 1500 lässt sich so eine in ihren unterschiedlichen Facetten besonders vielfälti- ge Nürnberger Präsenz ausmachen. Den ganzen Untersuchungszeitraum zeichnete sie sich jedoch durch eine starke Heterogenität bezüglich der Berufe, der Interessen und der sozialen Verortung ihrer Träger sowie deren Aufenthaltsdauer aus. Venedig konn- te gleichzeitig Aufenthalts- und Schwellenort,993 nur eine Episode oder ein dauerhafter Bezugs-, gar Lebensort sein. Auch war die Anwesenheit der Nürnberger konstant durch eine starke Ambivalenz geprägt, die sich beispielsweise in der Situation der Kaufmann- schaft im Fondaco und der zwiespältigen Haltung der venezianischen Regierung, in der Gleichzeitigkeit familiärer Traditionslinien und dem Bedeutungswandel einiger Fami- lien oder im Miteinander einer starken Anbindung an landsmannschaftliche Gemein- schaften und einer parallelen Verankerung in das venezianische Gefüge widerspiegelte. Häufig trug auch die kontinuierliche Rückbindung an die fränkische Reichsstadt hierzu bei. Diese ambivalente Situation konnte wie bei Franz Hirschvogel oder Albrecht Dürer auch an Einzelpersönlichkeiten deutlich werden. Gerade bei Nürnbergern, die in Venedig weiterhin enge private und geschäftliche Kontakte in den Norden unterhielten, hatte die Integration in die venezianische Gesellschaft oder Venedig-spezifische Strukturen eine

993 Vgl. Klaus Herbers u. Felicitas Schmieder, Zur incrocio di culture. Percezioni di viaggiatori Euro- Einführung: Venedig im Schnittpunkt der Kul- pei e non Europei a confronto, hg. v. dens., (Cen- turen. Wahrnehmungen europäischer und nicht- tro Tedesco Ricerche 4), Rom 2008, S. VII–XXV, europäischer Reisender im Vergleich, in: Venezia S. XXIV. 4. Nürnberger in Venedig – Resümee · 241 regelrechte Existenz zwischen zwei Welten zur Folge. Dies musste sich nicht auf die Zeit des Aufenthalts beschränken. Das besondere Verhältnis zu der Stadt und ihren Bewoh- nern, das die Nürnberger während ihrer Anwesenheit dort oftmals entwickelten, behiel- ten sie häufig auch nach ihrer Rückkehr in ihre Herkunftsstadt bei. Bei vielen führte es zu einer doppelten Loyalität, die beispielsweise in ihren Legaten nach Venedig Ausdruck fand. Darüber hinaus hatte es, meist gemeinsam mit wirtschaftlichen Interessen, Folgen für das zukünftige politische Engagement der in der Regel aus dem Nürnberger Patriziat stammenden Kaufleute. Vor allem aber beeinflusste es die Aufnahme und Rezeption von Waren, Nachrichten, kaufmännischem Wissen, intellektuellen und künstlerischen Inhal- ten in der fränkischen Reichsstadt, die über die Beziehungen vermittelt wurden. Die langen Aufenthalte in Venedig und die Verankerung in den dortigen Strukturen ließen die meisten Nürnberger die Verbindung zu ihrer Vaterstadt nicht vergessen. Be- tonte Hieronymus Reich Linhart Tucher im März 1528 gegenüber noch, dass er sich in Venedig „schon ganzt gewontt hab und mir das wesß ganzt woll gefelt und woll erleiden mag und gernn hie pin“, stellte er knappe eineinhalb Jahre später fest, dass er irgendwann doch auch „mitt freudenn wider heim“ kehren werde.994

994 H. Reich aus Venedig an L. Tucher (1528 Mär. 5) u. (1529 Jun. 6), StadtAN, E 29/IV, Nr. 868 u. Nr. 869.

III. Rückwirkungen der Beziehungen auf Nürnberg

1. Strukturen des Austausches

1.1 Mobilität und der Weg über die Alpen

Wie Hieronymus Reich 1528 äußerte sich auch Endres I. Imhoff zufrieden darüber, dass er nach zwanzig Jahren Unterwegsseins 1525 nach seiner „leczte[n] rais“ aus Venedig „wider gen Nurmberg“ gekommen sei.1 Der Kaufmann war nach einer vierjährigen Lehre in der Serenissima zur Ausbildung und Geschäftsausübung zwischen den unterschied- lichsten Handelsorten, vor allem in Italien und Frankreich, umhergereist und war meist nur einige Wochen in seiner Vaterstadt gewesen. Christoph I. Scheurl klagte bereits ein halbes Jahrhundert zuvor über das „vill raysens“, das seine Geschäfte ihm vor allem in den frühen Jahren abverlangten.2 Das kontinuierliche Unterwegssein, das für eine star- ke Fluktuation der Kaufleute in Venedig selbst und für einen beständigen Austausch zwischen den Städten sorgte, war insbesondere in den großen Handelsgesellschaften an Alter und Position des Kaufmanns gebunden. Vor allem in den ersten Jahren mussten die Kaufleute die Handelsorte kennenlernen, die Geschäfte in den ausländischen Niederlas- sungen versehen oder die Warentransporte begleiten. Diese „Intensität des Unterwegssein“ war durch die Zunahme des Reisens ab dem Ende des 14. Jahrhunderts bedingt und wurde durch das geographische Wissen, die tech- nischen Hilfsmittel, Karten und vor allem die Beschaffenheit der Verkehrswege beein- flusst und erleichtert.3 Dass gerade Nürnberg sich im 15. Jahrhundert zu einem Zentrum der Kartographie entwickelte, verdeutlicht die ausgeprägte Mobilität der Nürnberger, ihr

1 GNM, IA Teil 1, Fasc. 44, Nr. 1, fol. 40r. Er betonte, S. 204. Ebd. zur „Intensität des Unterwegsseins“. Vgl. dass er „in der zeit wenig anhaims gewest“ sei: ebd. hierzu auch Klaus Gerteis, Reisen, Boten, Posten, Selbst nach seiner Hochzeit 1518 blieb er nur 11 Tage Korrespondenz in Mittelalter und Früher Neuzeit, in: in Nürnberg: ebd., fol. 39v. Die Bedeutung der Kommunikation für Wirtschaft 2 Er habe mit seinem Pferd „3500 meyl wegs“ zurück- und Gesellschaft, hg. v. Hans Pohl, (VSWG. Beihef- gelegt: Archiv Scheurl, Cod. AB, fol. 84r. te 87), Stuttgart 1989, S. 19–36, S. 20. Zur Mobili- 3 Heinz-Dieter Heimann, Räume und Routen in der tät im Spätmittelalter als Merkmal der Epoche: ebd., Mitte Europas. Kommunikationspraxis und Raum- S. 19; sowie: Folker Reichert, Erfahrung der Welt. erfahrung, in: Raumerfassung und Raumbewusstsein Reisen und Kulturbegegnungen im späten Mittelalter, im späteren Mittelalter, hg. v. Peter Moraw, (Vorträge Stuttgart 2001, S. 12. Zur besonderen Mobilität von und Forschungen 49), Stuttgart 2002, S. 203–231, Kaufleuten: Gassert, Kulturtransfer, S. 99. 244 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg geographisches Interesse und ihr auf diese Weise angesammeltes Wissen über die europä- ischen Verkehrsrouten.4 Die sich im Laufe des Spätmittelalters allgemein verfestigenden Reisestrukturen erleichterten nicht nur die Fortbewegung, sondern führten auch zu einer wirtschaftlichen und kulturellen Verdichtung des durchquerten Raums und trugen zur Ausbreitung und zum Anwachsen von Wissen und Information bei.5 Die Nürnberger Reisenden konnten im 15. und frühen 16. Jahrhundert auf ihrem Weg nach und von Venedig auf die gut ausgebaute Infrastruktur der österreichischen Alpenpässe zurückgreifen.6 Hans Pömer vermerkte in seinem Brief an Linhart Tucher 1533, sein Geschäftspartner Antonio Vento sei über Salzburg und Villach nach Venedig gereist.7 Meist nutzten die Nürnberger, wie die Pilger Hans VI. Tucher und Sebald II. Rieter, jedoch die Route über den Brenner und Innsbruck, die auch als „Via Norimbergi“ oder „Strada d’Alemagna“ bekannt war.8 Gewöhnlich benötigten sie für die Reise von der Lagune an die Pegnitz knapp zwei Wochen.9 In besonderen Fällen, beispielsweise bei der Vermittlung wichtiger Nachrichten, konnten Eilboten den Weg jedoch auch in vier bis fünf Tagen zurücklegen.10 Die Reisenden waren in der Regel in Gesellschaft unterwegs. Oftmals schlossen sie sich auf ihrem Weg über die Alpen Warentransporten an.11 So verwies der Lehrling Friedrich III. Kress darauf, dass er 1424 mit Hartmann Schedel in den Süden ritt. Endres Imhoff, der 1504 in Begleitung seines Onkels Ludwig nach Vene- dig gekommen war, erwähnte auch in den Folgejahren immer wieder die gemeinsamen

4 Zu Nürnberg als Zentrum der Kartographie: Franz nutzte wohl auch Dürer bei seiner ersten Reise diese Machilek, Kartographie, Welt- und Landesbeschrei- Route: Böckem, Dürer und Italien, S. 56. bung in Nürnberg um 1500, in: Landesbeschreibun- 9 Deutlich wird dies u. a. an den präzisen Tagesanga- gen Mitteleuropas vom 15. bis 17. Jahrhundert, hg. ben bei Endres Imhoff: Zu seiner ersten Reise von v. Hans-Bernd Harder, (Schriften des Komitees der Nürnberg nach Venedig brach er am 16.9.1504 auf Bundesrepublik Deutschland zur Förderung der Sla- und kam am 30. des Monats an. Auch in die ande- wischen Studien 5), Köln u. a. 1982, S. 1–12. re Richtung brauchte er fünf Jahre später knapp 2 5 Häberlein, Handelsgesellschaften, S. 310; Heimann, Wochen (22.4.–6.5.1509): GNM, IA Teil 1, Fasc. 44, Räume und Routen, S. 215–217. Nr. 1, fol. 37v. Anton Tucher veranschlagte in sei- 6 Zu den Alpenübergängen, zu ihrer Infrastruktur nem Pilgerbericht für die Reise 13 Tage, die er auf und deren wirtschaftlicher Bedeutung: Uta Lindgren seiner Reise mit Sebald II. Rieter benötigte: Tucher, (Hg.), Alpenübergänge vor 1850. Landkarten – Stra- „Reise ins Gelobte Land“, S. 341; Rieter, Reisebe- ßen – Verkehr, München [1986]. richt, S. 37 u. S. 137. 7 H. Pömer aus Rothenburg an Linhart Tucher (1533 10 [Paumgartner], Welthandelsbräuche, Kap. I.142, Nov. 6), StadtAN, E 29/IV-1391. S. 188. Vgl. auch: Gerteis, Reisen, S. 31. 8 Simonsfeld, Fondaco 1, S. 90. Hier auch zu den mög- 11 Falls dies nicht gelang, musste man seine Reise ver- lichen Wegen: ebd., S. 90–101. Laut Braunstein wurde schieben oder abbrechen: Jorg Forster berichtete die Brenner-Route von den Nürnbergern weit häufi- an Michael III. Behaim, „Michel Vyscher hat dy ic ger in Anspruch genommen als diejenige über den [=100] duc. mit im her [aus Villach nach Salzburg] Reschenpass: Braunstein, Wirtschaftliche Beziehun- wider pracht, dan er hat nyemmpt mügen gehaben, gen, S. 385. Zu Tucher u. Rieter: „wir reyten semptlich der hinein gein Venedig wolt.“ J. Forster aus Salz- für Landssperg, Ysspruchk und Prauneck und komen burg an M. Behaim (1443 Jan. 31), GNM, BA, Nr. 5. gen Venedig“, in: Rieter, Reisebericht, S. 37. Entspre- Es ist davon auszugehen, dass auch die Studenten chend seinen Aquarellen von Innsbruck, Trient und ihren Weg nach Padua im Gefolge von Kaufleuten anderen Orten innerhalb dieses „Transitraum[s]“ zurücklegten: Bauer, Universität Padua, S. 147. 1. Strukturen des Austausches · 245

Ritte mit Familienmitgliedern und anderen Nürnbergern zwischen den verschiedenen Handelsorten. Eine Reise alleine war hingegen eher außergewöhnlich und wurde daher besonders betont.12 Nachdem die Nürnberger den Weg zwischen Venedig und der Terraferma auf einem Schiff zurückgelegt hatten, erstanden sie dort Pferde für den Landweg. Die Frage des Erwerbs scheint oftmals bereits in der Lagunenstadt geregelt worden zu sein. Thomas Reich, der noch während seines dortigen Aufenthalts ein Pferd in Treviso angeboten bekam, diskutierte den Kauf mit seinem Verwandten Simon Imhoff, der ihm riet, „kein deuers roß kauffen“.13 Zu den Kosten für den Erwerb des Pferds kamen zahlreiche wei- tere Ausgaben hinzu. Sebald II. Rieter gab „zu Venedig und auf dem heymweg“ für Kost und Fuhrlohn 20 Dukaten aus. Für die Kaufleute kamen die Zölle für die Waren hinzu.14 Die Übernachtung im Wirtshaus musste ebenfalls bezahlt werden, wobei man durchaus befürchtete, keine entsprechende Unterkunft zu finden.15 Darüber hinaus wurden für die Reise selbst unterschiedliche Gegenstände benötigt. Walpurga Kress stattete Albrecht Kress mit einem „groben reyt rok“, zwei Paar Stiefeln, einem Sattel, Sporen und einem „svertlein“ aus. Ihr Sohn Friedrich III. bekam sieben Gulden „zu zerunng“ mit auf den Weg. 16

12 Endres Imhoff reiste 1517/1518 alleine von Lyon fol. 38r. Befanden sich die Kaufleute auf dem Weg nach Nürnberg: „Do rait ich allain“: GNM, IA Teil 1, von Nürnberg nach Venedig, veräußerten sie ihr Fasc. 44, Nr. 1, fol. 39v. Sonst zählte er in der von Pferd wie Endres und Wolf Imhoff oder Thomas ihm verfassten Familienchronik nur gemeinsame Reich in Padua oder Treviso und fuhren mit dem Reisen mit Familienmitgliedern auf: Ludwig Imhoff Schiff in die Lagune. Reich beklagte sich bei der (ebd., fol. 37v), seinen Onkel Peter und seinen Bru- Ankunft, er habe sein Pferd aufgrund der „groß der Gabriel Imhoff sowie auf einer späteren Vene- deuerung“ noch nicht verkaufen können: T. Reich dig-Reise seinen Bruder Michael und seinen Neffen aus Venedig an L. Tucher (1529 Mär. 14), StadtAN, E Hieronymus Reich: ebd., 38v u. 40r. 1528 berichtete 29/IV-1438. Das Pferd von Wolf Imhoff wurde 1492 Hieronymus Reich an Linhart Tucher, dass er mit Si- für 7 Duk. verkauft: GNM, IA, Teil 1, Fasc. 7, Nr. 7, mon Imhoff nach Venedig gekommen sei: H. Reich fol. 26b. aus Venedig an L. Tucher (1528 Mär. 5), StadtAN, 14 Rieter, Reisebericht, S. 149. Als sich W. Rummel, K. E 29/IV-868. Auch die Nürnberger Jerusalempilger Pirckheimer u. R. Gundelfinger 1410 beim Nürn- dokumentierten die Mitreisenden. Oftmals reisten berger Rat über neue Durchgangszölle bei Verona sie, wie Stefan Paumgartner und weitere Nürnberger beschwerten, sah der Rat sich gezwungen, sich bei mit Heinrich von Sachsen, im Gefolge eines Fürsten: der venezianische Signoria um deren Abschaffung GNM, Bibliothek, Hs 369, fol. 34r–35r; sowie: Rie- zu bemühen: (1410 Nov. 16), in: Simonsfeld, Fonda- ter, Reisebericht, S. 37. Zu Kress u. Schedel: GNM, co 1, Nr. 304, S. 155–156. KA, Sch. XXVIII, Fasc. E, Nr. 1, fol. 1v. 15 „so wolt ich solche raiß gerren auffschieben. Wan 13 T. Reich aus Venedig an L. Tucher (1529 Feb. 6 m.v. ich naus kum, so waiss ich nit, wo ich ein keren soll, = 1539 Feb. 6), StadtAN, E 29/IV-1437. Auch En- sol ich dan in ein wurczhaus einreyden“ T. Reich dres Imhoff „fur auff dem wasser gen Ferrar. Do aus Venedig an L. Tucher (1529 Feb. 6 m.v. = 1530 kaufft [er] ein pferdlein und riet“ nach Verona. Auf Feb. 6), StadtAN, E 29/IV-1437. dem Hinweg hatte er den Weg von Padua nach Ve- 16 GNM, KA, Sch. XVIII, Fasc. C, Nr. 8, fol. 5r. Zur nedig „auff dem wasser, den Poo genant“ auf dem Zehrung für Fritz Kress: ebd., Fasc. E, Nr. 1, fol. 1v. Schiff zurückgelegt: GNM, IA Teil 1, Fasc. 44, Nr. 1, 246 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg

Mit einem warmen Rock, einer Waffe und in Begleitung weiterer Reisender hoffte man, gegen die Gefahren und Schwierigkeiten der Fahrt einigermaßen gewappnet zu sein. Dennoch finden sich in den Quellen immer wieder Hinweise auf die vielen Probleme, die den Nürnbergern den Weg erschwerten, den sie zu jeder Jahreszeit und auch unter widrigen Umständen aufnahmen. Thomas Reich berichtete an Linhart Tucher von einer Verletzung, die er sich zugezogen habe, als sein Pferd wegen des Glatteises gestürzt sei. Es sei allerdings nichts Schlimmes passiert.17 Weniger Glück hatte hingegen Endres Imhoff. Auf dem Weg nach Venedig starb im Juli 1509 in Padua sein Pferd aufgrund der italie- nischen Sommerhitze. Ein Jahr später erkrankte er selbst in Bari an so heftigem Fieber, dass er mehrere Monate nicht aus Apulien abreisen konnte.18 Neben den Einflüssen natürlicher Gegebenheiten spielte die Sorge um die zu trans- portierenden Waren bei der Reise eine wichtige Rolle. Vor allem bei zerbrechlichen und wertvollen Gegenständen bestand die Gefahr, dass die Objekte beschädigt werden könnten. Hans VI. Imhoff versprach seinem Schwiegervater Willibald Pirckheimer, das von diesem bestellte „glaswerck“ für den Transport gut zu verpacken und selbst mit- zureisen.19 Dies erhöhte auch die Wahrscheinlichkeit, dass die Waren tatsächlich ihren Bestimmungsort erreichten. Selbst die Begleitung durch die Kaufleute war jedoch kei- ne Garantie. Immer wieder finden sich Berichte über Beschlagnahmungen und Stra- ßensperrungen, gegen die der Nürnberger Rat bei den entsprechenden Landesherren Einspruch erhob.20 Mit dem Raub von Geld und Waren hatten die Händler ebenfalls

17 „[…] czwischenn Midenwalt unnd Bardekirchen zw mer (1518 Dez. 3), in: Pirckheimer Briefwechsel 3, morgens ist gefroen‹!› gewessen unnd mein roß hin- Nr. 569, S. 437–438, S. 438. Bereits 1392 finden sich derwerdlich gefallen auff dem eiß und auff die rech Quellen über beschädigte Waren: (1391 Jan. 16 m.v. seyden geschlagen […]. Hat mich am schenckel ein = 1392 Jan. 16), in: Simonsfeld, Fondaco 1, Nr. 273, wenig gedruckt, ist aber kain verlicher truck, bin der S. 131. hoffnug […], sol in czweien oder dreyen tagen die 20 1431 wandte er sich z. B. an Herzog Friedrich von geschwulczt weck gan.“ T. Reich aus Augsburg an Österreich wegen bei Innsbruck beschlagnahmter L. Tucher (1530 Feb. 23), StadtAN, E 29/IV-1445. Waren, 1442 an den Burggrafen von Lienz als Ver- Friedrich III. Kress reiste im Oktober 1424 (GNM, antwortlichen Villachs und an den Grafen von Cilli: KA, Sch. XVIII, Fasc. E, Nr. 1, fol. 1v), Michael Be- (1431 Nov. 7) u. (1442 Jun. 6), in: Simonsfeld, Fon- haim brach am 23.12.1491 nach Venedig auf (GNM, daco 1, Nr. 379, S. 306 u. Nr. 438–439, S. 240–241. BA, Nr. 13 [fol. 1r = o. Fol.]). Eine Reise im Winter 1513 erfuhr man durch die nach Venedig handeln- war durchaus üblich. Die Pilger waren an die Abrei- den Kaufleute von der Sperrung der Straße nach sezeiten der Galeeren aus Venedig gebunden: Den- Venedig durch den kaiserlichen Regenten der Graf- ke, Venedig, S. 30. schaft Tirol: Nürnberger Rat an W. Pirckheimer 18 „kom mich ein schwers fieber an, das selbig hett u. K. Nützel (1513 Sep. 5), in: Pirckheimer Brief- ich zu Bary ganz hefftig.“ GNM, IA Teil 1, Fasc. 44, wechsel 2, Nr. 266, S. 275–276. Auch versuchten Nr. 1, fol. 38v. Zu 1509: „[…] riet ich auff Padoa zu die Regierungen, der Gefährdung des freien Geleits und alls auff ein abent mit grosser hiz im luio dohin bereits vorzubeugen: Vgl. u. a. den Sicherheitsbrief kam, wurd mein pferd kranck und sturb alls pald.“ des Dogen Christoforo Moro 1468 an Johann Gru- Ebd., fol. 37v. ber und seine Brüder (StadtAN, E 1/419–1) oder die 19 „will ich es hin noch schicken und mit dem ein ma- Zusicherung des freien Handels und Wandels 1507 chen, damit nichtz prech, fleys thun und selbs dar- durch den Dogen Leonardo Loredan (Simonsfeld, pey sein.“ H. Imhoff aus Venedig an W. Pirckhei- Fondaco 1, Nr. 652, S. 358–359, S. 358). 1. Strukturen des Austausches · 247 wiederholt zu kämpfen. Wie bei einem nächtlichen Überfall 1443 bei Conegliano setzte sich das Nürnberger Stadtregiment auch in solchen Fällen für seine Bürger ein.21 Die Gefangennahme Georg Mendels, Wilhelm Hirschvogels, Jörg Lengfelders und Anton Ri- gels durch den Grafen von Görz führte 1441 zu intensiven diplomatischen Bemühungen des Rats um die Freilassung der Kaufleute.22 Eine weitere Gefahr auf der Reise konnten kriegerische Auseinandersetzungen darstellen. Wegen der Kämpfe zwischen den Bünd- nispartnern der Liga von Cambrai und der Republik Venedig 1509 entschloss sich Endres Imhoff, „von mer Sicherheit wegen“ über Padua in die Lagunenstadt zu reisen. Dabei geriet er jedoch in die Rückeroberung der Stadt durch Venedig. Selbst die Flucht Imhoffs und anderer Deutscher in ein Kloster half nicht. Sie wurden von italienischen Söldnern gefangengesetzt und erst nach mehreren Tagen wieder freigelassen. Fünf Jahre später klagte auch Hermann von Neuenahr gegenüber Willibald Pirckheimer, dass der Handel durch das Kriegsgeschehen eingeschränkt sei.23 Dass mit solchen Gefahren im Alltag zu rechnen war, zeigen die Zusicherungen der einzelnen Handelsgesellschaften, bei entspre- chenden Vorfällen für ihre Mitglieder und Bediensteten einzutreten. Christoph I. Scheurl verpflichtete sich gegenüber seinem Lehrling Hieronymus Haller 1487, bei einer Gefan- genschaft in seinen Diensten ein Lösegeld von bis zu 200 Gulden zu bezahlen. Auch bei Franz Imhoff wollten seine Brüder für eine Summe bis zum gleichen Betrag aufkommen, solange er sich nicht durch eigenes Verschulden einer Gefahr aussetzte.24 Trotz aller Probleme, die der Weg über die Alpen mit sich bringen konnte, über- wanden die Nürnberger den geographischen Raum und die natürlichen Grenzen mit einer großen Regelmäßigkeit. Die geographische Distanz zwischen Venedig und Nürn- berg wurde durch die Verdichtung und zunehmende Alltäglichkeit des Reisens ebenso relativiert wie durch den Aufbau von Niederlassungen in Venedig, die mit Nürnberg durch einen regen persönlichen und materiellen Austausch sowie durch eine intensive Kommunikation in kontinuierlicher Verbindung stand. Die Quellen deuten auf eine Zunahme der Fluktuation zwischen beiden Städten im Laufe des 15. Jahrhunderts hin. Insbesondere Kaufleute hatten Anteil an dieser ökonomischen, sozialen und kulturellen „Integration“ der Räume,25 die zwar durch die natürliche Grenze der Alpen getrennt

21 „nocturno tempore“ (1443 Jan. 15), in: Simonsfeld, gefangen unnd […] zw schatzung gedrungen wurd, Fondaco 1, Nr. 444, S. 244. Vgl. auch: (1425 Jul. 12) soll ich unnd nach mir meyne erben zw seiner erlo- ebd., Nr. 343, S. 179. sung 200 fl Rh schuldig sein zugeben unnd nit mer.“ 22 (1441 Apr. 6), in: Simonsfeld, Fondaco 1, Nr. 422, Archiv Scheurl, Cod. AB, fol. 333v–334r. S. 232; sowie: ebd., Nr. 426–430, S. 232–236; 25 Schwarzer und Denzel sprachen von einer „Integra- Nr. 432–433, S. 237–239 u. Nr. 435, S. 239. Vgl. tion von Räumen“, die maßgeblich durch Sprache, auch: Schaper, Hirschvogel, S. 81. Schrift und ähnliche Faktoren definiert wurde und 23 „bellorum iniuria“ H. v. Neuenahr an W. Pirckhei- bei der gerade die Kaufleute eine besondere Rolle mer (etwa Anfang 1514), in: Pirckheimer Briefwech- spielten: Oskar Schwarzer u. Markus A. Denzel, sel 2, Nr. 293, S. 325–328, S. 326. Zu Endres Imhoff: Wirtschaftsräume und die Entstehung von Grenzen. GNM, IA Teil 1, Fasc. 44, Nr. 1, 37v–38r. Versuch eines historisch-systematischen Ansatzes, 24 (1528 Aug. 19), GNM, IA Teil 1, Fasc. 22, Nr. 7. Zu in: Sowi 20 (1991/3), S. 172–178, S. 173. Laut Hei- Hieronymus Haller: „ob er in zeit meyns diennsts mann lassen sich insbesondere über die Kommu- 248 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg waren, gerade im Spätmittelalter jedoch zunehmend wirtschaftlich und kulturell ver- schmolzen. Die Nürnberger trugen durch ihre Verbindungen nach Venedig maßgeblich hierzu bei.

1.2 Träger und Strukturen des Austausches zwischen Venedig und Nürnberg

Neben der steten Fluktuation der einzelnen Personen beeinflusste vor allem die kontinu- ierliche und intensive Rückbindung der Nürnberger in Venedig den Austausch zwischen beiden Städten. Besonders das Schreiben von Briefen in die Vaterstadt diente dem Erhalt sozialer Beziehungen über die Alpen hinweg. Oftmals handelte es sich, wie bei Lienhard I. Hirschvogel, der seiner Schwester Elisabeth in seinen Briefen an deren Mann Michael III. Behaim häufig Grüße ausrichten ließ, oder bei Georg Spengler, dessen reger Kontakt mit seinem Bruder Lazarus auch anderen Mitgliedern der Nürnberger Gesellschaft als Infor- mationsmöglichkeit und zum Güteraustausch diente, um Familienmitglieder. Daneben konnten sie wie bei Pirckheimer und Dürer einem durch Freundschaft und Patronage geprägten Verhältnis entstammen. Kaufmannslehrlinge wie Thomas Reich berichteten ihren Oheimen und Herren regelmäßig über wirtschaftliche Entwicklungen wie auch über die eigenen Fortschritte bei der Ausbildung. Handelsdiener und Faktoren mussten je nach Maß ihrer Eigenständigkeit die Nürnberger Zentrale stets informieren. Für die Handelsgeschäfte war die entsprechende Rückbindung anhand von Informationen über Rechnungen, Warenentwicklungen und wirtschaftliche Neuigkeiten bis hin zum tatsäch- lichen Warenaustausch notwendig und alltäglich. Stete Berichterstattung nach Nürnberg wurde auch in der Ausbildung als wichtiger Teil des kaufmännischen Daseins betont.26 Die berufliche und soziale Situation der Nürnberger in Venedig, ihre persönlichen Verflechtungen und Beziehungen, ihre Integration in einheimische, deutsche und Nürn- berger Gesellschaftssegmente in der Stadt und ihre Anbindung an verschiedene Institu­ tionen, allen voran den Fondaco dei Tedeschi, beeinflussten ihre Rückbindung an die fränkische Reichsstadt maßgeblich. So waren hierbei weniger die Nürnberger relevant, die sich nur kurz in der Stadt aufhielten und in ihren Kontakten meist auf den engen Kreis von Landsleuten oder anderen Deutschen beschränkt blieben. Auch diejenigen Nürnberger, die nach Venedig migrierten und sich in der Stadt und in den dortigen sozialen Gemeinschaften etabliert hatten, in der Regel aber keine nachvollziehbaren Kon- takte in die Stadt ihrer Herkunft unterhielten, spielten für den tatsächlichen Austausch zwischen Nürnberg und Venedig meist keine Rolle. Maßgeblich war vor allem die Perso-

nikation „Aussagen über die Intensität von Raum- 26 Vgl. das Regiment des Hieronymus Haller: Ar- erfassung“ treffen: Heimann, Räume und Routen, chiv Scheurl, Cod. AB, fol. 332v–333r; sowie: Kap. S. 209. II.2.2.3. Zur Rückbindung an die Heimat: vgl. Kap. II.3.3. Zur Bedeutung geschäftlicher und ande- rer Informationen und Neuigkeiten: Kap. III.3. 1. Strukturen des Austausches · 249 nengruppe, die intensiv in die Strukturen in Venedig eingebunden war, gleichzeitig aber eine enge Rückbindung an die Heimat aufrechterhielt. Oftmals hatten sie teilweise enge Kontakte zu Venezianern. Gleichzeitig waren sie in den sich in der Stadt herausbildenden deutschsprachigen Gruppierungen, die im Fondaco ihren sozialen und institutionellen Fixpunkt hatten, fest verankert und definierten sich auch in Venedig maßgeblich über ihre Herkunft, wie dies besonders an der identitätsstiftenden Gemeinschaft um den Se- baldaltar in San Bartolomeo greifbar wird.27 Vor allem die Kaufleute blieben über ihre Handelstätigkeit für Nürnberger Gesellschaften und ihre Zugehörigkeit zu meist patri- zischen Familien auch in Venedig eng in die entsprechenden Netzwerke eingegliedert und kehrten nach ihren Aufenthalten in der Lagunenstadt meist dauerhaft nach Franken zurück.28 Die Verankerung in den deutschen und Nürnberger Strukturen in Venedig ent- sprang also der gleichen beruflichen, familiären und persönlichen Motivation wie die en- gen Verbindungen, die diese Personengruppe während ihres ganzen Venedig-Aufenthalts nach Nürnberg aufrechterhielt. Durch dessen Dauer und durch ihre dortigen Tätigkeiten war eine gewisse Anpassung notwendig. Die Begegnung mit venezianischen Besonder- heiten, wie beispielsweise kaufmännischen Techniken, erwuchs häufig aus dem berufli- chen Alltag. Gute Verbindungen zu Venezianern und eine ausgeprägte Marktkenntnis erhöhten die Chancen auf günstige Geschäfte oder die Akquisition außergewöhnlicher Waren. Die Kenntnis von Informationsströmen ermöglichte die gezielte Vermittlung be- stimmter Neuigkeiten. Die Einbindung in die künstlerischen und intellektuellen Zirkel der Stadt half beim Kennenlernen und der Aneignung29 entsprechender Ideen und Fä- higkeiten und deren Transfer nach Norden. Den größten Teil dieser Personen machten Kaufleute aus. Vereinzelt handelte es sich auch um Künstler und Gelehrte. Diese nutzen oftmals ebenfalls die Mechanismen und Gegebenheiten, die sich im wirtschaftlichen Umfeld herausgebildet hatten. Wie die Glaser Hanns Nickel und Oswald Reinhardt oder zahlreiche der in Padua studierenden Nürnberger versorgten sie sich am Fondaco mit Geld. Albrecht Dürer griff nachweislich direkt auf das kaufmännische Boten- und Transportwesen zurück, um im Austausch mit seinem Freund Pirckheimer zu bleiben und die für ihn getätigten Besorgungen in den Norden zu versenden. Als Mittler hielt er aber auch den Kontakt anderer Nürnberger in Venedig mit der Vaterstadt aufrecht.30

27 Vgl. hierzu Kap. II.3.2.2. oder materieller Güter als auch als Gebrauchswei- 28 Zur Bedeutung familiärer Verflechtungen in der sen von Wissensformen, Fähigkeiten und Praktiken Ferne: Gassert, Kulturtransfer, S. 100. Personen wie verstanden.“ Maximilian Schuh, Aneignungen des Franz Hirschvogel, Albrecht Heugel oder Anton Humanismus. Institutionelle und individuelle Prak- Kolb blieben zwar dauerhaft in Venedig. Als Kauf- tiken an der Universität Ingolstadt im 15. Jahrhun- leute, die für deutsche Handelsgesellschaften arbei- dert, (Education and Society in the Middle Ages and teten und im Kontext des Fondaco lebten, behielten Renaissance 47), Leiden u. a. 2013, S. 32. sie jedoch eine intensive Bindung nach Nürnberg. 30 Auch A. Tucher betonte in seinem Brief an Friedrich 29 Zur Aneignung humanistischer Inhalte: „Aneig- v. Sachsen, dass die weitergeleiteten Informationen nung wird dabei sowohl als Inbesitznahme geistiger den Nürnberger Kaufleuten „durch ire gute freund 250 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg

Die kaufmännischen Verbindungen und die etablierten Strukturen der Handelsge- sellschaften dienten so nicht nur dem Transfer von Waren und dem Nutzen der Händler selbst, sondern auch anderen Personengruppen und mit ihnen den künstlerischen, ideel- len, kommunikativen und sozialen Austauschprozessen zwischen Nürnberg und Venedig generell. Die Forschung hat diese Rolle der spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Kaufleute als maßgebliche Wegbereiter kultureller Austauschprozesse oftmals hervorge- hoben.31 Neben ihrer Mobilität32 förderten insbesondere ihre weitreichenden, inter- und transregionalen Netzwerke, die sie durch Partnerschaften, Handelskorrespondenzen und häufige Auslandslehren errichteten, materielle und immaterielle Transfers.33 Um diese Verbindungen dauerhaft aufrechtzuerhalten, waren gut ausgeprägte Kommunikations- strukturen wie auch eine zunehmende Institutionalisierung der wirtschaftlichen Bezie- hungen in Form von Niederlassungen, Faktoreien oder an Handelshäusern wie dem Fon- daco, in denen sie einen festen Bezugs- und Anlaufpunkt hatten, entscheidend. Durch die Strukturen, die am Fondaco zusammenliefen, und durch seine Stellung als Fixpunkt der Nürnberger Präsenz in der Stadt waren das Handelshaus ebenso wie die dortige Stellung der Nürnberger maßgeblich für den Austausch zwischen Venedig und Oberdeutschland. Die sich am Fondaco spiegelnde Position der Nürnberger im ökonomischen Gefüge Ve- nedigs beeinflusste auch die wirtschaftlichen Beziehungen, die Verteilung von Privilegien

unnd verwandten […] zugeschriben sein“: A. Tu- Oswald und Nickel: StadtAN, B 14/II-32, fol. 65v. Zu cher aus Nürnberg an F. v. Sachsen (1508 Mai 13), den Studenten aus Padua und deren Anbindung an in: Sina Westphal (Hg.), Die Korrespondenz zwi- den Fondaco: Bauer, Universität Padua, S. 141. Vgl. schen Friedrich dem Weisen von Sachsen und der generell: Kap. II.3.3 sowie II.3.4. Reichsstadt Nürnberg. Analyse und Edition, (Kieler 31 Vgl. v.a. „Die Fernhandelskaufleute agieren zwi- Werkstücke. Reihe E: Beiträge zur Wirtschafts- und schen Kulturräumen als Vermittler kultureller Sozialgeschichte 10), Frankfurt 2011, Nr. 98, S. 306; Merkmale.“ Gassert, Kulturtransfer, S. 122. Vgl. sowie: StAN, BB (Rep. 61a), Nr. 61, fol. 148v–149r. auch: Häberlein, Oberitalienische und oberdeutsche Pirckheimer bezog Informationen u. a. über seinen Städte, S. 208. Vgl. auch: Roeck, Kunst und Wirt- Schwiegersohn, den Kaufmann Hans VI. Imhoff: schaft, S. 13. H. Imhoff aus Venedig an W. Pirckheimer (1518 32 Gassert, Kulturtransfer, S. 99. Nov. 14), in: Pirckheimer Briefwechsel 3, Nr. 564, 33 Laut Schmale sind kulturelle Transfers die „Folgen S. 429–431. Zu den Besorgungen für Pirckheimer: von Vernetzungen, Mobilität, Kommunikation, „So ich sy hab, will ich sy dem jungen Im hoff geben, Neugier, Ehrgeiz, Modernisierungsdruck, Anpas- dz er sy ewch einschlachen.“ A. Dürer aus Venedig sung, sozialer, ökonomischer und anderer Ver- an W. Pirckheimer (1506 Aug. 18), in: Pirckheimer flechtung.“ Wolfgang Schmale, Kulturaustausch Briefwechsel 1, Nr. 118, S. 385–390, S. 387. Weite- und kulturelle Transfers in der Frühen Neuzeit, in: re Vermerke zu den verschiedenen Mitgliedern der Kultureller Austausch. Bilanz und Perspektiven der Familie Imhoff, die für Dürer Gegenstände nach Frühneuzeitforschung, hg. v. Michael North, Köln Nürnberg brachten: (1506 Feb. 28), (1506 Apr. 2) u. u. a. 2009, S. 11–14, S. 13. Zu der spezifischen Be- (1506 Apr. 25), in: ebd., Nr. 101, S. 335–337, S. 335; deutung kaufmännischer Netzwerke für kulturelle Nr. 108, S. 351–355, S. 352 u. Nr. 111, S. 365–367, Transfers: Gassert, Kulturtransfer, S. 25–26. Gassert S. 366. Einen anderen Boten nutzte er im September sprach gar von einem „transnationale[n] Netzwerk und Oktober: „peim Ferber potten“: (1506 Sep. 23), für Kulturbeziehungen“, das die Fernhandelskauf- in: ebd., Nr. 124, S. 424–427, S. 425; sowie: (1506 leute zwischen den unterschiedlichen Handelsstäd- Okt. 13), in: ebd., Nr. 129, S. 438–444, S. 440. Zu ten etablierten: ebd., S. 122. 1. Strukturen des Austausches · 251 und Zugeständnissen. Als Leonardo Loredan 1507 den deutschen Kaufleuten im ganzen Gebiet Venedigs sicheren Handel und Wandel zusicherte, hob er Hans Imhoff und dessen Söhne im Besonderen hervor.34 Bedeutsam waren dabei einige große Nürnberger Handelsgesellschaften. Sie waren oftmals innerhalb der Kaufmannschaft einer Stadt, wie bei den Imhoff und Hirschvo- gel, aber auch überregional, wie beispielsweise bei den Welser, Paumgartner und Imhoff zwischen Nürnberg und Augsburg, familiär verflochten. Dies förderte sowohl die Durch- setzung gemeinsamer Interessen wie auch den Transfer von Gütern, die Schnelligkeit von Kommunikation und Nachrichtenvermittlung und die Intensität, Kontinuität und Stabilität der Kontakte und des Austausches zwischen beiden Regionen.35 Die familiä- ren Verflechtungen in der Pegnitzstadt erleichterten gleichzeitig die Rezeption und die Rückwirkung der transferierten Inhalte auf Nürnberg sowie deren Diffusion über die fränkische Reichsstadt hinaus. Um Aussagen über die tatsächliche Wirksamkeit von Aus- tauschprozessen, kulturellen Transfers und der Rückwirkung transregionaler Beziehun- gen auf einen spezifischen Ort treffen zu können, muss so der in der Forschung bereits ausführlich dargelegte Zusammenhang von wirtschaftlichen und kulturellen Beziehun- gen auch in der spezifischen und meist äußerst vielschichtigen Situation der Träger im sozialen und kulturellen Umfeld der beiden Ausgangspunkte verortet und aus diesem heraus nachvollzogen werden. So wirkten auch die sozialen, politischen und wirtschaft- lichen Verbindungen der Kaufleute in der Empfangskultur auf die tatsächliche Wirksam- keit des venezianisch-Nürnbergischen Miteinanders.

1.3 Rezeptionsumfeld in Nürnberg

Die stark im Fernhandel engagierte gesellschaftliche und politische Oberschicht der Reichsstadt Nürnberg war nicht nur für den Austausch von Gegenständen und Ideen maßgeblich, sondern prägte auch deren Rezeption und Diffusion.36 Daneben führten

34 (1507 Dez. 17), in: Simonsfeld, Fondaco Tedeschi 1, Krag, Die Paumgartner von Nürnberg und Augs- Nr. 652, S. 358–359, S. 359. Diese Signifikanz der burg. Ein Beitrag zur Handelsgeschichte des XV. u. Nürnberger Stellung im Handelshaus für die Aus- XVI. Jahrhunderts, (Schwäbische Geschichtsquellen tauschprozesse zeigte sich auch am Botenkonflikt und Forschungen 1), München 1914. Zur Bedeutung mit den Augsburgern 1474/75: vgl. Kap. II.2.3.3. der familiären Verbindungen: Gassert, Kulturtrans- Dazu sowie zum Konflikt und zur eigenständigen fer, S. 99. Verwaltung des Botendienstes durch die Deutschen: 36 Entgegen der Annahme Gasserts, der den Fernhan- Simonsfeld, Fondaco 2, S. 88 u. S. 85. delskaufleuten bei der Diffusion eine unwichtige 35 Ernste Konflikte zwischen Nürnberg und Venedig Rolle zuschreibt, spielten z. B. deren personale Netz- gab es nur selten: vgl. Kap. II.2.3.3. Zu den famili- werke sowohl bei durch sie selbst initiierten Trans- ären Verflechtungen der Paumgartner, Welser und fers, aber auch als Mittler für andere Personengrup- Imhoff zwischen Nürnberg und Augsburg: Fleisch- pen eine wichtige Rolle. Ebenso lief ein Großteil von mann, Rat und Patriziat 2, S. 760–762, S. 1077 u. Kommunikation oder z. B. Büchertransfers über sie: S. 606–607. Zu den Paumgartner v.a.: Wilhelm vgl. Kap. III.3 u. III.4. Gassert, Kulturtransfer, S. 70. 252 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg die hohe personelle Fluktuation und der Umstand, dass viele Nürnberger selbst in der Lagunenstadt oder der venezianischen Universitätsstadt Padua gewesen waren, oftmals wohl zu einer persönlichen Bindung an die Serenissima.37 Aus ihr konnte sich eine dop- pelte Loyalität entwickeln, die in beide Richtungen wirksam wurde. Auch diese doppelte Loyalität war von der Einbindung in die mehrschichtige soziale Situation in Venedig, in Nürnberg und vor allem in den sich transalpin konstituierenden Kontext, der beide sozi- alen Umfelder verband, abhängig. Gleichzeitig förderte sie die Tiefe und Kontinuität der Beziehungen und hatte Auswirkungen auf das Handeln des betroffenen Personenkreises auch im Norden. Die Träger der Beziehungen entstammten in erster Linie der Nürnberger Oberschicht und gehörten somit einer sozialen, wirtschaftlichen und politischen Elite an.38 Dabei er- leichterte die enge Verknüpfung von Politik und Wirtschaft nicht nur das ökonomische Handeln und die Umsetzung politischer und gesellschaftlicher Einflüsse in Nürnberg. Die finanzielle Potenz des Patriziats39 war in vielen Bereichen notwendig oder zumindest förderlich für die „Rezeption des Neuen“.40 Die eigene Erfahrung der Nürnberger mit der Fremde und die Funktion ihrer Stadt als wirtschaftlicher und politischer Knoten- punkt im Reich nördlich der Alpen, der Personen unterschiedlicher Herkunft hier zu- sammenbrachte, unterstützten darüber hinaus eine „Weltoffenheit“41, die die Aufnahme und Rezeption der aus Venedig vermittelten Eindrücke, Ideen, Inhalte und Gegenstände förderte. Laut Wolfgang von Stromer war die geschäftliche und verwandtschaftliche Verflech- tung der wichtigen Handelsfamilien untereinander Ausgangspunkt und Voraussetzung für wirtschaftlichen Erfolg und politischen Einfluss. Bereits in seiner grundlegenden Studie zur Oberdeutschen Hochfinanz im späten 14. und der ersten Hälfte des 15. Jahr- hunderts wies er auf die Bedeutung der Handelsbeziehungen mit Venedig hierbei hin.42

37 Vgl.: Espagne, Theoretischer Stand der Kulturtrans- Rückwirkungen verursachend.“ Roeck, Kulturtrans- ferforschung, S. 64. fer, S. 22. Zur Bedeutung finanzieller Ressourcen: 38 Zu den wirtschaftlichen Eliten im Mittelalter und Roeck, Kunst und Wirtschaft, S. 11. Das Studium ihrer kreativen Rolle in der Gesellschaft und zum einer immer größeren Zahl von Mitgliedern der Elitenbegriff im Allgemeinen: Gilomen, Wirtschaft- reichsstädtischen Oberschicht an Universitäten ab liche Eliten, S. 358–360. der zweiten Hälfte des 15. Jahrhundert regte das In- 39 Das Patriziat ist klar vom Adel zu trennen, auch teresse an intellektuellen und gelehrten Inhalten an: wenn es im ausgehenden Mittelalter und der Frü- Wuttke sprach von einem regelrechten „Bildungs- hen Neuzeit zunehmend versuchte, dessen Lebens- enthusiasmus“ in Nürnberg: Dieter Wuttke, Huma- stil und Status zu adaptieren: vgl. u. a. Gilomen, nismus in Nürnberg um 1500, in: ZBLG 48 (1985), Wirtschaftliche Eliten, S. 375. Zu Nürnberg: Mi- S. 677–688, S. 686. chael Diefenbacher, Stadt und Adel – Das Beispiel 41 Fried, Kunst und Kommerz, S. 27. Zur Bedeutung Nürnberg, in: Zeitschrift für die Geschichte des von Handelszentren als Orten von Austausch und Oberrheins 141 (1993), S. 51–69, v.a. S. 60–62 u. Weltoffenheit: Peter Burke, Kultureller Austausch S. 68–69. (Erbschaft unserer Zeit 8), Frankfurt 2000, S. 24. 40 „Entscheidend für die Art der Rezeption des Neuen 42 Stromer, Oberdeutsche Hochfinanz 2, S. 455 u. war die Struktur des intellektuellen Kräftefeldes, auf S. 433. Gleichzeitig gelang es den Nürnbergern u. a. das es traf – und auf das es sich auswirkte, wiederum durch ihr Geld, auf die große europäische Politik 1. Strukturen des Austausches · 253

Gleichzeitig basierte diese familiäre Verbindung innerhalb der Nürnberger Oberschicht oftmals auf der „Verquickung privater und geschäftlicher Interessen“.43 Wirtschaftliche Gründe waren in der Regel auch ausschlaggebend für den Aufstieg in den Rang der Ge- schlechter, der gemeinhin durch mehrfaches Konnubium und eine damit einhergehende oder folgende politische Teilhabe am Kleineren Rat erfolgte.44 So war laut Wolfgang von Stromer beispielsweise der Besitz einer Kammer im Fondaco Zeichen des ökonomischen wie des sozialen Ansehens der Familien in Nürnberg. Die Bedeutung an den wichtigen Handelsorten entschied somit auch über die soziale Position in der Vaterstadt.45 Ob- wohl die Verbindung von „Reichtum und Ratswürde“ ein wesentliches Merkmal der Geschlechter gerade im 15. Jahrhundert darstellte, war das Alter der einzelnen Familien wichtiges Element für ihr Ansehen und das Ausmaß ihres politischen Einflusses.46 Die alten Geschlechter, wie etwa die Tucher, stellten einen Großteil der Ratsherren. Befanden sich zwei Mitglieder gleichzeitig im Kleinen Rat, kann man von einer besonderen Be- deutung der Familie ausgehen. Auch nahmen diese Geschlechter häufiger die wichtigen Ämter innerhalb der Stadtregierung ein.47 Zwar wurden alle wichtigen Nürnberger Venedig-Familien im Tanzstatut von 1521 erwähnt. Die Mendel gehörten mit den Tucher jedoch als einzige zu der Gruppe, die un- ter die alten Geschlechter gezählt wurden.48 Bereits in der ersten Hälfte des 14. Jahrhun- derts mehrfach im Rat vertreten, hatten sie gegen Ende des Jahrhunderts, hauptsächlich durch ihren Handel mit Venedig, großen Reichtum erlangt und zeichneten sich durch eine großzügige Stiftertätigkeit aus. Allerdings konnten sie diesen Status im 15. Jahr- hundert nicht aufrechterhalten. Laut Peter Fleischmann symbolisierte der Verkauf der

Einfluss zu nehmen: ebd., S. 453. Auch die Über- 45 Eine ähnliche Bedeutung maß Stromer der Eintra- gabe der Reichskleinodien durch die Muffel an die gung in die Privilegienlisten in Lyon bei: Wolfgang v. Nürnberger Kaufleute in Venedig 1452 ist wohl in Stromer, Reichtum und Ratswürde. Die wirtschaft- diesem Zusammenhang zu sehen: (1452 Mai 20), in: liche Führungsschicht der Reichsstadt Nürnberg Simonsfeld, Fondaco 1, Nr. 466, S. 254–255. 1348–1648, in: Führungskräfte der Wirtschaft in 43 Fleischmann, Rat und Patriziat 2.1, S. 319. Mittelalter und Neuzeit 1350–1850, hg. v. Herbert 44 Zur Bedeutung des Konnubiums für den Aufstieg Helbig (Deutsche Führungsschichten in der Neu- generell und seiner Wiederholung für die „Verste- zeit 6), Limburg 1973, S. 1–50, S. 19. tigung des Status“: Gerhard Fouquet, Stadt-Adel. 46 Zu „Reichtum und Ratswürde“ s. den gleichnami- Chancen und Risiken sozialer Mobilität im späten gen Aufsatz von Stromer. Zur Bedeutung des Alters: Mittelalter, in: Sozialer Aufstieg. Funktionseliten Fouquet, Stadt-Adel, S. 179 u. S. 184. im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit, hg. 47 Im Tanzstatut von 1521, das die Familien, denen die v. Günther Schulz, (Deutsche Führungsschichten in Teilnahme am Tanz auf dem Rathaus erlaubt war, der Neuzeit 25), München 2002, S. 171–192, S. 190. festschrieb und das als Abschließung des Nürnber- Für Nürnberg: Fleischmann, Rat und Patriziat 1, ger Patriziats anzusehen ist, wurde genau bezüglich S. 230–231. Fleischmann nutzte für die Zeit vor des Alters der Geschlechter unterschieden: Fleisch- 1500 den Begriff „Geschlechter“, erst danach, v. a. mann, Rat und Patriziat 1, S. 224. Zur Abfolge des nach Einführung des geburtsständischen Prinzips in Ranges und zur Bedeutung der doppelten Präsenz Folge des Tanzstatus 1521 den des „Patriziats“: ebd., von Familienmitgliedern im Rat: ebd., S. 307, S. 309, S. 252. S. 311 u. S. 316. 48 Fleischmann, Rat und Patriziat 1, S. 224. 254 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg

Kammer im Fondaco 1441 an Konrad II. Imhoff regelrecht den wirtschaftlichen und sozialen Abstieg der Familie.49 Sowohl die Kress als auch die Rummel gehörten dagegen zu den Familien, die erst kurz nach 1400 die Ratswürde erlangten. In dieser Zeit waren die beiden Familien sowohl geschäftlich wie verwandtschaftlich eng verbunden,50 un- terhielten aber auch zu den alten Geschlechtern durch intensives Konnubium familiäre Beziehungen.51 Die Rummel heirateten bereits in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts in die alten Familien der Pfinzing, Haller, Groland und Schürstab ein. Dieses mehrfache Konnubium verlief dabei parallel zum ökonomischen Aufstieg der Familie. Schon früh unterhielten sie weitreichende Handelsbeziehungen. Die wirtschaftliche Ausrichtung von Heiratsverbindungen zeigt der Umstand, dass sie sich durch ihre Heiraten mit den Pirck- heimer und Hirschvogel auch mit zwei weiteren im Venedig-Austausch aktiven Familien verschwägerten.52 Der Reichtum Heinrichs I. Rummel, der 1402 als erster seiner Familie in den Rat aufstieg, war so groß, dass er sogar als Geldgeber König Ruprechts diente und 1419 in die Auslösung des abgesetzten Papstes Johannes XXIII. involviert war.53 Auch ein großer Teil dieser politischen Einflussnahme lief über Italien und Venedig, wo die Familie bereits früh eine Kammer im Fondaco besaß.54 Die Hirschvogel hatten wahrscheinlich ebenfalls bereits bis 1400 ein beträchtliches Vermögen im Fernhandel erreicht.55 Nach ersten verwandtschaftlichen Kontakten zu den Kress, Kopf und Rummel in dieser Zeit gelang 1420 mit der Verheiratung Elisabe- ths, der Schwester Lienhards I. Hirschvogels, mit Michael III. Behaim das Konnubium mit einem besonders angesehenen alten Geschlecht. Ab der Zeit um 1430, parallel zu ihrem zunehmenden wirtschaftlichen Erfolg und ihrer Bedeutung im Venedig-Handel, kam es zu Heiraten unter anderem mit den Haller, Tucher, Nützel, Pfinzing und Schür- stab.56 Dennoch erlangte mit Lienhard I. nur ein Familienmitglied die Ratswürde.57 Dass

49 Fleischmann, Rat und Patriziat 2.1, S. 704. Die Ge- 53 Fleischmann betitelte das Vermögen als „exorbi- neration der drei Ratsherren Peter I., Konrad I. und tanten Reichtum […]“, der u. a. auf ihre Geschäfte Marquard I., der 1385 in Venedig verstarb, zeichnete mit den Medici zurückzuführen war: Fleischmann, sich durch zahlreiche Stiftungen aus, vor allem die Rat und Patriziat 2.1, S. 879. Vgl. auch: Schaper, Die Stiftung des Zwölfbrüderhauses 1388 durch Kon- Rummel, S. 10 u. S. 31–32. Zu Johannes XXIII.: ebd. rad I. Zu den Mendel allgemein: ebd., v.a. S. 699– S. 39–39. 1433 wurde Franz I. Rummel durch Kaiser 707. Sigismund zum Ritter geschlagen: Fleischmann, Rat 50 Schaper, Rummel, S. 4–5; Fleischmann, Rat und Pa- und Patriziat 2.1, S. 887. triziat 2.1, S. 648. 54 Vgl. Kap. II.2.3.3. Wohl sowohl aufgrund ihrer Po- 51 Die Kress verbanden sich um 1400 u. a. mit den Hal- sition im Venedig-Handel wie ihres zunehmenden ler und Stromer, später mit den Grundherr und Tu- Einflusses in der Reichsstadt waren sie 1437 an der cher. Darüber hinaus verheirateten sie sich mit den Stiftung der Ewiggeldzahlung für den Sebaldaltar Paumgartner und Löffelholz: Fleischmann, Rat und beteiligt: StadtAN, A 1–1437 Apr. 30. Patriziat 2.1, S. 648. Hier auch generell zu den Kress: 55 Schaper, Hirschvogel, S. 22. ebd., v.a. S. 647–652. 56 Schaper, Hirschvogel, S. 72, S. 90, S. 87–88 u. S. 294. 52 Fleischmann, Rat und Patriziat, S. 880–882; Scha- 57 Fleischmann, Rat und Patriziat 1, S. 224 u. S. 312. per, Die Rummel, S. 13. Bereits früh bestanden gute Beziehungen zu den Hirschvogel: ebd., S. 9. 1. Strukturen des Austausches · 255 die Hirschvogel trotzdem im Tanzstatut aufgeführt wurden, lag wohl zum einen an Li- enhards I. Ansehen, aber auch an der engen familiären Verflechtung mit bedeutenden Geschlechtern. Eine besondere familienstiftende Tendenz lässt sich bei den Hirschvogel für das ausgehende 15. Jahrhundert gegenüber den Imhoff, der wichtigsten Venedig- Familie der Zeit, erkennen. So waren Lienhard II. Hirschvogel und sein Bruder Bern- hardin mit Töchtern Konrads III. Imhoff und damit mit Cousinen Peters I., Hans’ V. und Konrads IV. verheiratet.58 Da beide Familien in dieser Generation eine besondere Be- deutung im Venedig-Handel hatten, liegt eine entsprechende Motivation für die Verbin- dung nahe. Die Imhoff unterhielten ebenfalls vielfältige verwandtschaftliche Beziehun- gen zu den Nürnbergern Geschlechtern, die durch ihren großen wirtschaftlichen Erfolg begründet waren.59 Dennoch gelang es ihnen lange Zeit nicht, sich in der politischen Führung der Reichsstadt zu etablieren. Zwar erreichte bereits Hans IV. den Aufstieg in den Rat.60 Größere Bedeutung erlangten die Imhoff hier aber erst in der auch wirtschaft- lich besonders erfolgreichen Generation Peters I. und Konrads IV., wobei Peter I. als Leiter der Handelsgesellschaft selbst nie in den Rat eintrat. In der Folgezeit fanden sich immer häufiger sogar zwei Familienangehörige gleichzeitig im obersten Gremium der Stadt. Konrad IV., der in erster Ehe mit einer Haller und danach mit Ursula, der Tochter des Vordersten Losungers Kaspar Nützel, verheiratet war, war fast drei Jahrzehnte im Rat vertreten. Beim Ämteraufstieg wurde er allerdings wiederholt übergangen.61 Mit Endres I. Imhoff, der fast 55 Jahre im Rat verbrachte und von 1565 bis 1579 gar das oberste politische Amt der Reichsstadt, dasjenige des Vordersten Losungers, bekleidete, wurden die Imhoff dann jedoch endgültig zu einer der wichtigsten Familien Nürnbergs. Die Parallelität des sozialen und politischen Aufstiegs mit der Übernahme der zentralen Position unter den Nürnbergern in Venedig zeigt besonders deutlich den engen Zu-

58 Vgl. Biedermann, Geschlechterregister T. 216. Kon- stätigkeit übergangen: Fleischmann, Rat und Patri- rads IV. Imhoff zweite Ehefrau, Ursula Nützel, war ziat 1, S. 311, sowie: ebd. 2.1, S. 604. Die politische die Tochter der Agnes, geborene Hirschvogel, die Situation entsprach dem enormen wirtschaftlichen wiederum die Tochter des Deokarus Hirschvogel und sozialen Aufstieg der Familie im 15. Jahrhun- und damit Nichte Lienhards I. war: ebd., T. 218 A. dert nicht: ebd., S. 628. 59 Bereits in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts 61 Zur zweifachen Ratsmitgliedschaft: 1478, 1491– verbanden sie sich mit den Pirckheimer und Groß, 1498 (Hans IV. u. Konrad IV.), 1509–1510 (Kon- um 1400 mit den Stromer und Schürstab. Ab der rad IV. u. Franz), 1513–1518 (Konrad IV. u. ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts folgten die Volck- Hans V.); dann erst wieder ab 1532 (Endres I. u. amer und Fütterer, ab 1450 die Haller, Holzschu- Gabriel): Fleischmann, Rat und Patriziat 3, S. 1324, her, Nützel, Muffel und Tucher: Fleischmann, Rat S. 1337–1344, S. 1355–1356, S. 1359–1364 u. und Patriziat, 2.1, S. 602. Zur Verbindung mit den S. 1378. Unter den Brüdern Peters I. waren sowohl Hirschvogel: Schaper, Hirschvogel, S. 136 u. S. 295. Hans V., Konrad IV. u. Franz Ratsmitglieder, aller- Zum wirtschaftlichen Erfolg und dessen Bedeutung dings deutlich kürzer als Konrad IV, der am wich- für den sozialen Aufstieg: Jahnel, Imhoff, S. 6–7 u. tigsten war: Fleischmann, Rat und Patriziat 2.1, S. 51. S. 606–609. Fast alle Brüder waren im Patriziat 60 Hans IV. stieg zwar 1443 in den Rat auf und blieb verheiratet: Holzschuher, Haller, Nützel, Muffel und fast 40 Jahre Ratsmitglied, wurde aber bei der Ver- Paumgartner: vgl. Biedermann, Geschlechterregis- gabe der wichtigsten Ämter trotz seiner langen Rat- ter, T. 217–221 u. T. 235. 256 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg sammenhang der Beziehungen beider Städte mit der gesellschaftlichen Situation in der fränkischen Reichsstadt. Welch großes Interesse die politische Elite Nürnbergs an der Lagunenstadt hatte, wie intensiv die Verknüpfung der bedeutenden Venedig-Familien mit den einflussreichen Geschlechtern beziehungsweise ihre eigene Ratstätigkeit waren und welche politischen Handlungsmotivationen daraus erwuchsen, lässt sich anhand der Rats- und Familien- konstellationen nachvollziehen. In Situationen, in denen der Nürnberger Rat sich ak- tiv für seine Kaufleute in der Serenissima beziehungsweise deren Handel nach Süden einsetzte, bestanden in der Regel enge Verbindungen der wichtigen Venedig-Kaufleute zu Angehörigen des Kleineren Rats. Oftmals saßen sogar direkte Verwandte oder Fa- milienmitglieder der Personen im Gremium, die ein entsprechendes Gesuch betraf. Als etwa 1406 der Rat bei der venezianischen Signoria Erhard, Sebald, Hans und Pangra­ tius Imhoff empfahl, war mit dem älteren Bürgermeister Ulman Stromer ein enger Ver- wandter der Brüder im Rat vertreten.62 Bei der Beschwerde des Rats 1410 bezüglich der neu erhobenen Durchgangszölle bei Verona, über die die Nürnberger durch Wilhelm Rummel, Konrad Pirckheimer und Rudolf Gundelfinger erfahren hatten, saß Wilhelms Bruder Heinrich I. im Rat.63 1444, als überlegt wurde, die venezianische Regierung um die Unterstützung Heinrich Rummels und Lienhard Hirschvogels zu bitten, befanden sich mehrere Verwandte unter den politischen Entscheidungsträgern.64 Als es 1474 zum intensiven Austausch zwischen der Nürnberger und Augsburger Stadtregimentern we- gen der Streitigkeiten ihrer Kaufleute im Fondaco kam, waren mit Hans IV. Imhoff und Endres II. Tucher zwei Ratsherren aufgrund ihrer Venedig-Geschäfte direkt von den Auseinandersetzungen betroffen. Gabriel Nützel, Wilhelm Löffelholz sowie Jobst und Ruprecht I. Haller hatten als Verwandte der Hirschvogel, sowie Karl III. Holzschuher als Verwandter der Imhoff, wohl ebenso über den reinen wirtschaftlichen Nutzen hinaus-

62 (1406 Jun. 4), in: Simonsfeld, Fondaco 1, Nr. 292, Geldes bat, waren gleich zwei Familienmitglieder S. 141–142. Der Vater Niklas – bei Simonsfeld liegt Ratsherren: (1425 Jul. 12), in: ebd. Nr. 343, S. 179; ein Fehler vor – war mit der Nichte Ulman Stromers Fleischmann, Rat und Patriziat 3, S. 1270. verheiratet. Dass Pangratz 1410 Helena Pfinzing, die 63 Simonsfeld, Fondaco 1, Nr. 304–305, S. 155–156. Tochter des Obersten Hauptmanns Seifried und die Fleischmann, Rat und Patriziat 3, S. 1256. Cousine zweiten Grades des 1406 ebenfalls im Rat 64 Das Schreiben wurde jedoch offensichtlich nicht vertretenen Sebald Pfinzing war, ist wohl ebenfalls abgeschickt: (1444 Nov. 5), in: Simonsfeld, Fonda- kein Zufall. Ratsliste: Fleischmann, Rat und Patri- co 1, Nr. 450, S. 246–247. Mit Erhard Schürstab war ziat 3, S. 1252. 1430 u. 1441 hatten z. B. die Mendel Lienhard über seine Heirat mit Anna Schürstab ver- Verwandte im Rat, als dieser wegen ihnen bei der wandt (1435). Sein Bruder Wilhelm I. Hirschvogel Signoria vorstellig wurde: Simonsfeld, Fondaco 1, hatte 1437 Christina, die Tochter Konrad II. Hallers, Nr. 364–365, S. 195–196 u. Nr. 428–430, S. 234– geheiratet, dem Cousin des Ratsherren Ulrich IV. 236. Fleischmann, Rat und Patriziat 3, S. 1276 u. Auch Agnes Hirschvogel war mit einem Haller ver- S. 1287. Stefan Koler saß 1424 selbst im Rat, als man heiratet. Die Rummel unterhielten familiäre Bezie- sich wegen des Betrugs an seinem Sohn an Venedig hungen zu den Schürstab, von denen Erhard und wandte: ebd., S. 1270; (1424 Nov. 20), in: Simons- Hans im Rat vertreten waren: Fleischmann, Rat und feld, Fondaco 1, Nr. 340, S. 177–178. Als man 1424 Patriziat 3, S. 1290. um die Rückgabe des dem Franz Stromer geraubten 1. Strukturen des Austausches · 257 reichende, familienbedingte Interessen an einer Lösung des Konflikts.65 Besonders deut- lich wird die enge Verknüpfung von Politik und Venedig-Interessen im Zusammenhang mit dem Sebaldaltar. Bereits bei der Stiftung des Ewiggelds waren mit dem jüngeren Bürgermeister Heinrich II. Rummel und dem langjährigen Ratsherrn Erkenbrecht Koler Personen aus dem obersten politischen Gremium der Stadt beteiligt. Als der Rat 1521 beschloss, zur Renovierung der Sebaldkapelle finanziell beizutragen, war neben Hans V. Imhoff und dem Schwiegervater Hans VI. Imhoffs, Willibald Pirckheimer, auch Anton II. Tucher im Rat vertreten.66 Bei Gesuchen des Nürnberger Rats hinsichtlich der dauerhaf- ten Nutzung von Kammern im Fondaco oder deren Ausstattung zeigten sich ebenfalls immer wieder Verbindungen der betroffenen Kaufleute zu Ratsherren. Als das Gremium 1412 bat, Wilhelm und Hans Rummel den Bau eines Kamins zu erlauben, waren deren Vater Heinrich I., Hans’ Schwiegervater Ulrich III. Haller sowie der Schwiegervater ihrer Schwester, Martin I. Haller, Mitglieder des Rats.67 1429 erhielten sowohl Peter III. und der gerade in das Gremium gewählte Marquard II. Mendel als auch der Ratsherr Konrad Kress Unterstützung für die Weiterführung ihrer Kammer.68 Die Interessen einiger Familien am Venedig-Handel beeinflussten auch politische Entscheidungen und Aktivitäten des Rats. Als er 1506 die venezianische Signoria um deren Vormundschaftsordnung bat, waren ebenfalls viele der Ratsherren direkt oder in- direkt in den Venedig-Handel involviert. So war Konrad IV. Imhoff, Bruder Peters I., maßgeblich an der Aktion beteiligt. Mit Endres III. Tucher war zu diesem Zeitpunkt eine weitere Person im Rat, deren Familie in Venedig tätig war.69 1509, als die Nürn-

65 Zum Konflikt: Kap. II.2.3.3. Gabriel Nützel war mit S. 1258. Der betroffenen Hans I. Rummel war mit Agnes Hirschvogel, Wilhelm Löffelholz mit Barbara Gerhaus, der Tochter Ulrichs III. verheiratet, Hein- verheiratet, die beide Nichten Lienhards I. waren: richs Tochter Kunigunde mit dem Sohn Martins I., Schaper, Hirschvogel, S. 294. Jobst und Ruprecht I. Andreas: Biedermann, Geschlechterregister, T. 103. Haller waren Cousins Paulus II. Haller, der mit einer Georg, der Sohn Heinrichs I., heiratete ein Jahr spä- weiteren Nichte Lienhards, Anna, verheiratet war. ter die Tochter des sich 1412 ebenfalls im Rat befin- Karl III. Holzschuher war der Cousin von Paulus denden Erhard Schürstab. Imhoffs Frau Ursula: Fleischmann, Rat und Patrizi- 68 (1529 Dez. 7 u. 30), Simonsfeld, Fondaco 1, Nr. 362– at 3, S. 1320. 363, S. 193–195. Auch Kress’ Verwandter Ulrich III. 66 Zum Ratsverlass von 1521: (1521 Jul. 6), StAN, RV Haller saß im Rat: Fleischmann, Rat und Patriziat 3, (Rep. 60a), Nr. 665, fol. 9r. Zur Bedeutung der Tu- S. 1275. 1428 war Stefan Koler bei der Bitte, die von cher am Sebaldaltar und ihren Verbindungen zu seinem Schwiegervater genutzte Kammer weiter- den Hirschvogel: Kap. II.3.2.2. Der Ratsherr Mar- führen zu dürfen, selbst Ratsmitglied: ebd., S. 1274; tin I. hatte 1481 Margarete Imhoff, die Tochter Paul (1428 Apr. 20), in: Simonsfeld, Fondaco 1, Nr. 351, Imhoffs, geheiratet. Um 1530 folgten zwei weitere S. 184–185. Auch im Fall von Wilhelm und Sebald Ehen zwischen den Familien. Wichtig war auch Rummel saßen mit Erhard Schürstab, Berthold XI. die Verbindung über die Ratsfamilie Reich: Sebald und Ludwig Pfinzing 1453 Verwandte im Rat: (1453 Reich hatte in erster Ehe Magdalena Tucher, dann Jan. 18), in: ebd., Nr. 470, S. 257–258. Fleischmann, Helena Imhoff geheiratet. Endres Imhoff heiratete Rat und Patriziat 3, S. 1299. 1526 wiederum Magdalena Reich: Biedermann, Ge- 69 Viele weitere Ratsherren waren mit den wichtigen schlechterregister, T. 244. Venedig-Familien der Zeit verwandt: Fleischmann, 67 (1412 Mai 28 u. Jun. 9), in: Simonsfeld, Fondaco 1, Rat und Patriziat 3, S. 1352. Zu Konrad IV. Imhoff: Nr. 307, S. 158. Fleischmann, Rat und Patriziat 3, Biedermann, Geschlechterregister, T. 218. Georg 258 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg berger sich am Hof Maximilians I. einsetzten, damit eine mögliche Acht Veronas gegen Venedig nicht die Nürnberger Kaufleute in Mitleidenschaft ziehe, waren mit Franz und Konrad IV. gleich zwei Imhoff im höchsten städtischen Gremium vertreten.70 1534 beriet Nürnberg gemeinsam mit Augsburg über ein Engagement gegen Venedig und dessen Handelserschwernisse für die deutschen Kaufleute. Mit Endres I. und seinem Bruder Gabriel waren zwei Imhoff unter den Mitgliedern des Kleineren Rats. Daneben waren die Ratsherren Hieronymus Tucher und Sebastian I. Welser, deren Familien selbst im Venedig-Handel sehr aktiv waren, der noch nicht lange aus der Serenissima wieder nach Nürnberg zurückgekehrte Thomas Reich, Sebald Haller und Hans Geuder mit den Im- hoff verwandtschaftlich verbunden.71 Die Interessen am Venedig-Geschäft wurden zu einem wichtigen Faktor des politischen Handelns des Nürnberger Stadtregiments.

2. Wirtschaftlicher Austausch zwischen Nürnberg und Venedig

2.1 Venedig als Nürnberger Finanzzentrum

Der politische und ökonomische Rang Nürnbergs im Reich nördlich der Alpen und die Bedeutung der Stadt im europäischen Wirtschaftsgefüge entwickelten sich großenteils in Abhängigkeit zu ihren Handels- und Finanzbeziehungen zu Italien, vor allem den- jenigen zu Venedig. Die wirtschaftliche Verknüpfung beider Städte bestand nicht nur im Austausch von Waren. Maßgeblich war auch die Bedeutung Venedigs als wichtiger europäischer Finanzplatz. Die sich entwickelnden Möglichkeiten des bargeldlosen Zah- lungs- und Kreditgeschäfts sowie die finanzielle Potenz der venezianischen Banken und Geldgeber erleichterten den Nürnbergern umsatzstarke Geschäfte und beeinflussten so ihr Handelsvolumen wie auch ihre Stellung als wichtiger Teil der oberdeutschen Hoch- finanz. Als die Rummel gemeinsam mit den Medici 1419 an den Pfalzgrafen bei Rhein einen Wechsel über 38.500 Gulden ausstellten, damit dieser Johannes XXIII. aus der Gefangenschaft lösen könne, lief die Zahlung über den venezianischen Faktor der Rum- mel, Hermann Reck. Zu diesem Zeitpunkt hatte das Nürnberger Handelsgeschlecht über seinen Standort Venedig schon enge Verbindungen zu der Florentiner Großbank und

Holzschuher war der Schwager Peters I. Imhoffs, 71 StadtAN, A 1–1534 Sep. 11. Fleischmann, Rat und eine Schwester von Groß war mit Franz Imhoff, Patriziat 3, S. 1543. Hieronymus Tucher war mit Peters und Konrads Bruder verheiratet. Die Nützel Katharina Imhoff, der Tochter Sebastians I., verhei- hatten zu den Imhoff und den Hirschvogel Verbin- ratet. Thomas Reich war als Neffe Sebald Reichs mit dung. Willibald Pirckheimers Tochter Felicitas hei- den Imhoff und Magdalena Tucher verbunden und ratete neun Jahre später Hans VI. Imhoff. diente als eines der Bindeglieder zwischen den Fa- 70 Rat an J. Rehlinger (1509 Jan. 4), StAN, BB milien. Sebastian I. Welser war mit Gabriel Imhoff (Rep. 61a), Nr. 63, fol. 33r–35r. Fleischmann, Rat verwandt, Sebald Haller Schwiegersohn des Veit Im- und Patriziat 3, S. 1355. hoffs. 2. Wirtschaftlicher Austausch zwischen Nürnberg und Venedig · 259 ihrer Niederlassung in Rom etabliert, die mindestens bis in die späten 1420er Jahre an- hielten. 1427 fanden sich die Rummel noch in den Rechnungsbüchern der römischen Medici-Filiale.72 Bereits seit der Mitte des 14. Jahrhunderts hatten die Nürnberger Handelsfamilien neben dem Warenaustausch auch pekuniäre Beziehungen zu ausländischen Geschäfts- partnern unterhalten, allen voran in den Finanzzentren Nord- und Mittelitaliens.73 Schon früh lässt sich Venedig daneben jedoch auch als Platz von Kapitalgeschäften spezifisch Nürnberger oder deutscher Prägung ausmachen. So fanden sich in den Abrechnungen der venezianischen Niederlassung der Kress im ausgehenden 14. Jahrhundert regelmäßi- ge Vermerke über Schuldner, die ebenfalls aus dem Reich nördlich der Alpen stammten und mit den Kress überdies auch Warenhandel betrieben. Teilweise kamen sie, wie Phil- ipp Groß, Ulrich Granetl, Rudolf Gundelfinger und Heinrich Füchsel gleichfalls aus der fränkischen Reichsstadt. Die Kredite waren entweder bei Konrad Kress in Nürnberg oder direkt bei seinem Bruder Hilpolt in der Lagunenstadt aufgenommen worden, betrafen jedoch in beiden Fällen das Venedig-Geschäft der Gesellschaft.74 Hier lässt sich bereits zu einem frühen Zeitpunkt ein engmaschiges System intensiv verflochtener Nürnberger Kredit- und Handelsbeziehungen in Venedig feststellen, das gleichzeitig mit den wirt- schaftlichen und familiären Beziehungen in der Vaterstadt in Wechselwirkung stand.75 Die Bezahlung der Ausstände erfolgte je nach Zahlort, der vom Ausstellungsplatz Venedig abweichen konnte, zu den unterschiedlichen Messeterminen oder hohen Feier- tagen.76 Als 1406 Lorenz Schürstab und Ulrich Groland um die Bezahlung von 440 Du- katen stritten, die Ersterer Letzterem „vor czeiten czu venedig bezalt solt haben“, legte das

72 Zu den römischen Rechnungen der Medici: de handelte es sich bei den Schuldnern, die auch Mit- Roover, Rise and Decline, S. 209. Bereits 1403 war glieder wichtiger venezianischer Handels- und Pa- Ilarione di Lippaccio de Bardi in Venedig zum Pro- triziergeschlechter einschlossen, mehrheitlich um kurator und Stellvertreter der Rummel in Rom er- Deutsche: ebd., S. 237. nannt worden: (1403 Aug. 28), ASVe, CIN, b. 226, 75 Auch die einzelnen Schuldner der Kress standen prot. 1, Nr. 136, fol. 141r. Zur Auslösung Johan- wohl untereinander in engem Kontakt. Am deut- nes’ XXIII.: Stromer, Oberdeutsche Hochfinanz 1, lichsten zeigt sich dies bei Rudolf Gundelfinger, der S. 198–199 u. ebd. 2, S. 269. Vgl. auch Kap. II.2.4.1, mit Heinrich Füchsels Sohn Albrecht Geschäfte tä- Anm. 456. tigte: (1403 Feb. 5 m.v. = 1404 Feb. 5), ASVe, CIN, 73 Rainer Gömmel, Die Vermittlerrolle Nürnbergs zwi- b. 226, prot. 1, Nr. 23, fol. 34r. Heinrich Füchsel schen Italien und Deutschland vom Spätmittelalter selbst war, u. a. als Schwiegervater Stefan Kolers, bis zum 18. Jahrhundert aus wirtschaftshistorischer auch sonst eng in die Nürnberger Kaufmannschaft Sicht, in: Nürnberg und Italien. Begegnungen, Ein- in Venedig eingebunden: Fleischmann, Rat und Pa- flüsse und Ideen, hg. v. Volker Kapp u. Frank-Rutger triziat 2.1, S. 634. Hausmann, (Erlanger Romanistische Dokumente 76 Im Rechnungsbuch Hans V. Imhoffs werden so z. B. und Arbeiten 6), Tübingen 1991, S. 39–48, S. 44. am häufigsten Weihnachten, Jacobi und Lichtmess 74 V.a. (1389), (1392 Mär. 5), (1392 Jul. 24) u. (1424 als Zahltermine genannt: z. B. „zu Venedig nadal Sep. 14), GNM, KA, Sch. XXVIII, Fasc. A, Nr. 6, „GNM, IA Teil 1, Fasc. 19, Nr. 1, fol. 13b. Weite- Nr. 9, Nr. 12 u. Nr. 30. Ausführlich hierzu: Braun- res: ebd. fol. 18b. Lichtmess: u. a. ebd., 42b, Jacobi: stein, Relations d’affaires, S. 237. Zu den einzelnen ebd. 43b. In Frankfurt wurde oft zur Fastenmesse Nürnbergern: ebd., S. 233–253. Laut Braunstein gezahlt: ebd., fol. 13b. 260 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg

Nürnberger Stadtgericht fest, dass der Betrag, entsprechend einer früheren Vereinbarung, bei der nächsten Herbstmesse in rheinischen Gulden auszuzahlen sei.77 Bei Nicht-Bezah- lung wurde das Pfand, das der Schuldner entrichtet hatte, einbehalten und veräußert. Wie bei dem Nürnberger Franz Horn, der für die Zahlung eines bei seinem Mitbür- ger Bernhard Walter aufgenommenen und in der Serenissima zu begleichenden Kredits von 1800 Dukaten nicht aufkommen konnte, konnte es sich dabei beispielsweise um Kleinodien handeln, die dann nach einer Schätzung ihres Wertes verkauft wurden.78 Die Entscheidung oblag bei den Kreditgeschäften zwischen zwei Nürnbergern, auch wenn eine der Parteien dauerhaft in der Serenissima lebte, der Nürnberger Gerichtsbarkeit. Bei Streitigkeiten zwischen Nürnbergern und Venezianern war es möglich, in der frän- kischen Reichsstadt zu klagen. Dies geschah in erster Linie dann, wenn der Nürnberger bereits wieder in seine Vaterstadt zurückgekehrt war und sich damit der venezianischen Jurisdiktion entzogen hatte.79 Die Unfähigkeit oder der Unwille, die Schulden zurückzu- zahlen, hatte jedoch nicht nur gerichtliche Konsequenzen. Die Weigerung beschädigte auch die Reputation des Kaufmanns und damit sein Geschäft. Wie bei Michael Behaim, der 1443 unter seinen Gesellschaftsdienern und Geschäftspartnern an unterschiedlichen Handelsorten die Kunde verbreitete, dass sein Schuldner Steffan Werder seine Ausstän- de nicht bezahlt habe,80 konnte sich eine solche Information durch die weitverzweigten Handelskontakte der Nürnberger in einem großen Teil des europäischen Wirtschafts- raums herumsprechen. Oftmals handelte es sich bei den Schulden um die Aufnahme eines Kredits, nur in ei- nigen Fällen lassen sich Ausstände eines in Venedig getätigten Warengeschäfts als Grund nachweisen. Das Leihen von Geld in der Fremde beruhte nicht unbedingt auf finan- ziellen Nöten, sondern ermöglichte den Kaufleuten vor allem umfangreiche Investitio- nen und den entsprechend der Preis- und Marktentwicklung möglicherweise lukrativen Aufkauf großer Warenmengen. So konnten hohe Gewinne erzielt werden.81 In Oberita- lien und insbesondere in Venedig entwickelte sich im Spätmittelalter ein ausgeprägtes

77 „daz er im in der nechsten herbstmesse bezalen sulle 80 „als ir dan schreibt von des Steffan Werder wegen, alsvil Reinischer guldem‹!›, als er dafur hat ausgeha- wie er euch nicht zallt hab zw Venedig“; J. Forster ben.“ (1406 Jun. 19), StadtAN, A 1–1406 Jun. 19. Als aus Salzburg an Michael Behaim (1444 Jan. 17), Pfand diente u. a. das staufische Lehen der Schür- GNM, BA, Nr. 5. Auch Erhard Kaller sprach z. B. im stab. Kontext der Schuldstreitigkeiten mit Ludwig Gru- 78 (1492 Nov. 17), StadtAN, B 14/I-12, fol. 190v–192r. ber die Bedeutung des guten Rufs an: (1452 Mai 24), 79 Vgl. hierzu die Streitigkeiten zwischen den Brüdern StAN, 7-farbiges Alphabet Urk. (Rep. 2b), Nr. 2235. Vendramin, die Justus de Albano als Kläger nach Zur Bedeutung der kaufmännischen Reputation für Nürnberg schickten, und ihren Schuldnern Lien- die Geschäfte: vgl. Kap. II.2.2.3. Den Lehrlingen hart und Elisabeth Huber: (1499 Apr. 9), StadtAN, wurde in der Ausbildung vom Leihen und Verleihen B 14/II-L, fol. 159v. Bei der Schuldauseinanderset- von Geld abgeraten: Kap. II.2.2.3. zung zwischen dem Nürnberger Hans Kraus und 81 Stromer, Oberdeutsche Hochfinanz 2, S. 244. den Vormündern der Kinder Fritz Kesslers lebte der Gläubiger, Kraus, in Venedig: (1528 Okt. 30), Stadt- AN, B 14/II-26, fol. 152r. 2. Wirtschaftlicher Austausch zwischen Nürnberg und Venedig · 261 und technisch verfeinertes System der Kredit- und Finanzbeziehungen, das den Han- del entscheidend beeinflusste. Die Intensität und Langfristigkeit der Kontakte, die die in der Lagunenstadt aktiven Handelsfamilien aus Nürnberg unterhielten, und ihr sich so etablierendes Ansehen als finanzkräftige und vertrauenswürdige Geschäftspartner er- höhte ihre Möglichkeiten auf dem venezianischen Kreditmarkt. Dies trug entscheidend zur besonderen Bedeutung Venedigs für die Nürnberger Wirtschaftsinteressen bei. Die Verbindungen zu wichtigen Banken der Stadt, die etwa auf den über sie abgewickelten Zahlungen an einheimische Handelspartner gründeten, erleichterten wohl die Teilnahme am dortigen Finanzgeschäft. Immer wieder wurde in den Rechnungsbüchern ihrer ve- nezianischen Geschäftspartner vermerkt, dass die Nürnberger die Bezahlungen für ihre Einkäufe über die großen Banken Venedigs wie diejenige Andrea Priulis oder diejenige von Nicolò Cocco und Antonio Miorati abwickelten. Es ist davon auszugehen, dass sie sich dieser Geldinstitute besonders vor der Entstehung entsprechender oberdeutscher Einrichtungen auch für ihre eigenen Geldgeschäfte bedienten.82 Zunehmend wurden da- bei bargeldlose Wechsel genutzt, die nicht von der Verfügbarkeit der tatsächlichen Geld- menge abhängig waren.83 Für die nach Venedig handelnden Kaufleute aus dem Reich nördlich der Alpen war der Wechsel auch deswegen von großer Bedeutung, da sie durch ihn das Verbot umgehen konnten, Bargeld aus der Stadt auszuführen.84 Er musste dabei nicht zwangsläufig in Bezug zum Warenhandel stehen. Gemeinsam mit der Übernahme anderer kaufmännischer Fähigkeiten, die die Kaufleute während Ausbildung und Han- delsalltag in Venedig erwarben, adaptierten die Oberdeutschen im Laufe des 15. Jahrhun- derts zunehmend auch die italienischen Finanz- und Bankentechniken und etablierten eigene Strukturen des Geld- und Kreditgeschäfts.85 Immer häufiger wickelten so gerade

82 Zu Zahlungen an die Soranzo über die Banken Wechsels und des bargeldlosen Zahlungsverkehrs: Cocco-Miorati und des Andrea Priuli: ASVe, Misc. u. a. Hans-Jörg Gilomen, Kredit und Innovation im Gregolin, b. 14, LNR, fol. 28a, 33a, 34b, 44a, 50a, Spätmittelalter, in: Aufbruch im Mittelalter – Inno- 57a, 58b, 59b, 60a, 69b, 73b, 79a, 85a, 88b, 89b, 96b, vationen in Gesellschaften der Vormoderne, hg. v. 105b, 112a; sowie: fol. 16b, 18a, 23b, 25a, 27b, 34a, Christian Hesse u. Klaus Oschema, Ostfildern 2010, 39a, 40a, 45a, 48b, 50a, 54a, 55b, 59b, 60a, 71a, 72a, S. 35–68, S. 61–65. 112a, 113a, 113b, 116a, 120b, 125a, 130b u. 132a. 84 Simonsfeld, Fondaco 2, S. 31; Westermann u. Den- Vgl. auch: Stromer, Oberdeutsche Hochfinanz 2, zel, Matthäus Schwarz, S. 46. S. 380 u. S. 408. Auch unterhielten die veneziani- 85 Stromer betonte die grundlegende Bedeutung der schen Handelspartner, wie die Soranzo, eigene Ban- Übernahme italienischer Kaufmannstechniken ken: ASVe, Misc. Gregolin, b. 14; Mueller, Venetian gerade im Bereich des Geldverkehrs als wichtigen Money Market, S. 174–175. Zur internationalen Faktor für die Entwicklung der oberdeutschen Wirt- Nutzung der Banken auch: Luzzatto, Storia econo- schaftsmacht: Stromer, Oberdeutsche Hochfinanz 1, mica, S. 202. Zu venezianischen Banken und der Be- 178–179. Zur Bedeutung der Kontakte nach Italien: deutung für den Warenhandel: Reinhold C. Mueller, ebd., S. 185; sowie: Stromer, Schriftwesen, S. 798. The Role of Bank Money in Venice 1300–1500, in: Auch vermerkte er die zunehmende Etablierung der Studi Veneziani N.S. 3 (1979), S. 47–96. Oberdeutschen auf dem europäischen Geldmarkt: 83 Über den Ablauf und die Vorteile des Wechsels be- Stromer, Oberdeutsche Hochfinanz 1, S. 181. Zur richteten ausführlich: [Paumgartner], Welthandels- konkreten Übernahme kaufmännischer Techniken bräuche, Kap. V.21, S. 323–327. Zur Etablierung des aus Italien bei einzelnen Nürnberger Handelsfami- 262 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg die Nürnberger Venedig-Kaufleute reine Arbitrargeschäfte ab.86 Meist wurde dabei, wie in den Rechnungsbüchern Hans Imhoffs aus den 1480er Jahren, nur die Aufnahme des Geldgeschäfts ohne einen konkreten Verwendungszweck vermerkt.87 Bereits in den 1420er Jahren sind Wechselgeschäfte überliefert, die Nürnberger un- tereinander über Venedig abschlossen. So stellte Wilhelm Scheuenpflug 1426 in der Stadt „Erhart Schurstab dem jungen“ einen Wechsel über 200 Dukaten aus, die 258,5 rheini- schen Gulden entsprachen.88 Lienhard Hirschvogel besorgte 1473 einen Wechsel für Dr. Johann Lochner, mit dem dieser Barbara Gonzaga das von ihr von der Nürnberger Lo- sungsstube abgehobene Geld zukommen ließ.89 In den in ihrer Überlieferung relativ spät einsetzenden Rechnungsbüchern der Imhoff fanden sich für das Ende des Jahrhunderts Geldgeschäfte mit den Waldstromer, Muffel und Stammler.90 Auffällig sind jedoch vor allem die engen Kapitalkontakte der Familie zu anderen Mitgliedern der oberdeutschen Hochfinanz. Gerade die im Handels- wie im Geldgeschäft besonders aktiven Oberdeut- schen bedienten sich Venedigs zunehmend als Ort ihrer gegenseitigen Wechsel- und Kreditgeschäfte.91 Dass sich die Nutzung venezianischer Banken bei Transaktionen zwi- schen Deutschen, die in der ersten Hälfte des Jahrhunderts noch üblich gewesen war, in den Rechnungsbüchern der Imhoff nicht mehr finden lässt, weist darauf hin, dass die oberdeutschen Finanzstrukturen zu diesem Zeitpunkt bereits ausreichend etabliert waren. Die Imhoff unterhielten beispielsweise Finanzbeziehungen zur Großen Ravens- burger Gesellschaft.92 Wichtig waren allerdings insbesondere die Kredit- und Wechsel- geschäfte mit Augsburger Großkaufleuten. Neben „Hans Paumgartner von Augspurgh“ scheint dabei in erster Linie der Kapitalaustausch mit den Fugger über Venedig für die Imhoff eine bedeutende Rolle gespielt zu haben. Immer wieder liehen sie sich von der Augsburger Gesellschaft über die venezianischen Geschäftszweige Geld. Bereits im April 1494 erhielt beispielsweise Hans Imhoff von Hans Fugger 200 Dukaten. Zwei Jahre spä- ter waren es 650 Dukaten, die er von „Rigo Focher Effioli“, also der Gesellschaft Ullrich

lien: ebd., S. 362 (Mendel); sowie: Stromer, Schrift- 90 GNM, IA Teil 1, Fasc. 19, Nr. 1, fol. 58b. Zu den an- wesen, S. 785–788 (Kress). Zur Ausbildung: vgl. deren Nürnbergern, die im Rechnungsbuch Hans Kap. II.2.2. Imhoffs auftauchen, wurden lediglich Warenge- 86 Stromer, Oberdeutsche Hochfinanz 1, S. 179. schäfte genannt. 87 Zu Hans Gartner ist für 1483 nur vermerkt, dass er 91 Venedig als oberdeutsche „Clearing-Stelle“ in Itali- 800 Dukaten gekauft habe. Ebenso zu den 400 von en: Westermann u. Denzel, Matthäus Schwarz, S. 53. Kaspar Lemmel gekauften Gulden: GNM, IA Teil 1, 92 GNM, IA Teil 1, Fasc., 19, Nr. 1, fol. 52b. Um wen es Fasc. 19, Nr. 1, fol. 13, 11b. sich bei „Jorg Herbert Effioli“, also der Gesellschaft 88 Stromer, Oberdeutsche Hochfinanz 2, S. 373. „Jörg Herbert und Söhne“ (vgl. ital. „e figlioli“), 89 Claudia Märtl, Johann Lochner il doctorissimo. Ein 1502 handelte und ob möglicherweise Beziehungen Nürnberger zwischen Süddeutschland und Italien, zur Familie des aus Seligenstadt stammenden Buch- in: Venezianisch-deutsche Kulturbeziehungen in druckers Johannes Herbort bestanden, konnte nicht der Renaissance, hg. v. Klaus Arnold u. a. (Pirck- geklärt werden: GNM, IA Teil 1, Fasc. 16, Nr. 3, heimer Jahrbuch 18), Wiesbaden 2003, S. 86–142, fol. 33r. In der Folge wird die Quellen-Bezeichnung S. 103. Sowie die hier edierten Briefe: ebd., Nr. 15, einer Gesellschaft als „Effioli“ beibehalten. S. 128–132 u. Nr. 19, S. 136–137. 2. Wirtschaftlicher Austausch zwischen Nürnberg und Venedig · 263

Fugger und Söhne, zur Verfügung gestellt bekam, 1495 gar 1000 Dukaten.93 Auffällig ist dabei, dass die Imhoff in der Regel im Kontakt mit den Augsburgern als Kreditnehmer, nicht aber -geber agierten. Dies ist wohl im Zusammenhang mit der generellen Tendenz der Nürnberger Kaufmannsfamilien zu sehen, sich bis weit ins 16. Jahrhundert hinein in deutlich geringerem Maße im Geldgeschäft zu engagieren als ihre schwäbischen Wirt- schaftspartner.94 Als wichtigste Geldgeber in Venedig erschienen die Imhoff im frühen 16. Jahrhun- dert jedoch vor allem im Bereich der Kredite, die an Nürnberger vergeben wurden, die nicht selbst im Handelsgeschäft tätig waren. Auf diese Möglichkeit wurde sowohl von städtischer als auch privater Seite zurückgegriffen. Als der Nürnberger Stadtbote Sebald Haller auf seiner Reise zum kaiserlichen Hof durch Italien 1536 nach Venedig kam, wur- de ihm von Mitgliedern der Imhoff’schen Gesellschaft in der Stadt ein Wechselbrief über „60 Venedisch Cronnen“ ausgestellt. In Rom und Mailand bediente er sich hierfür An- ton und Jakob Welsers.95 Dass von oberster Stelle die Imhoff’sche Handelsgesellschaft in Anspruch genommen wurde, zeigt die Institutionalisierung als Nürnberger Kreditge- ber in Venedig. Die Imhoff waren Teil eines italienüberspannenden Kreditnetzwerks, in dem die in den jeweiligen Handelsstädten dominierenden Nürnberger Unternehmen als wichtigste Kontakte bei Geldwünschen angesehen und genutzt wurden. Auch die Hafner Hanns Nickel und Oswald Reinhardt, die wohl zum Erlernen venezianischer Glastech- niken nach Venedig gekommen waren, griffen mit Hieronymus Reich 1529 auf einen Kontaktmann aus ihrer Vaterstadt zurück, der mit den Imhoff verwandtschaftlich und geschäftlich verbunden war.96 Dabei zeichnet sich eine deutliche Verschiebung gerade bei der Nutzung der Finanz- kontakte nach Venedig von Seiten des Stadtregiments ab. Etablierten sich die Imhoff

93 GNM, IA Teil 1, Fasc. 19, Nr. 1, fol. 31b, 36b, 52b. mann, Rat und Patriziat 2.1, S. 852- 853. Zum Ve- 1491 waren es 600 Dukaten und noch einmal nedig-Aufenthalt Nickels und Oswalds: Kap. II.2.1. 300 Dukaten: ebd., fol. 42b u. 43b. Ähnlich auch Die Nürnberger Studenten, die in Padua studierten, 1503: GNM, IA Teil 1, Fasc. 16, Nr. 3, fol. 33r. griffen wohl für ihren Geldbedarf ebenfalls auf die 94 Fleischmann, Rat und Patriziat 2.1, S. 611. Nürnberger Kaufmannsstrukturen in Venedig zu- 95 StAN, Stadtrechnungsbelege (Rep. 54a II), Nr. 30, rück: Bauer, Universität Padua, S. 158. Johannes fol. 1r. Löffelholz bezog 1465 sein Geld über einen „Wil- 96 „Ieronimus Reich bekent das ime Hanns Nickel helm Pewrll zw Venedigen“ und über einen „wech- unnd Oswald Reinhardt die funffundzwaintzig gul- selln von den Pawmgartner“: GNM, Rep. II /78a, D den, so er inen verschinner zeit zu Venedig gelie- 52, fol. 236r. Zum Paumgartner-Wechsel, der wohl hen, itzo widerumb entricht haben.“ (1531 Mär. 1), ebenfalls über Venedig lief, auch: Bauer, Universi- StadtAN, B 14/II-32, fol. 65v. Hieronymus Reich, tät Padua, S. 158. Auch in anderen Städten kamen der über die Heiraten Anna Reichs mit Anton II. die Nürnberger Studenten auf diese Weise zu Geld: Tucher und Sebald Reichs mit Magdalena Tucher Johannes Schedel erhielt Geld aus Nürnberg über ei- und Helena Imhoff mit den Imhoff und den Tucher nen Wechsel der Gesellschaft der Praun in Bologna: verwandt war, war für beide Familien tätig: vgl. u. a. Hermann Schedel aus Nürnberg an J. Schedel (1468 GNM, IA Teil 1, Fasc. 44, Nr. 1, fol. 40r; StadtAN, E Jul. 25), in: Hermann Schedels Briefwechsel, Nr. 80, 29/IV; Nr. 868–869. Zur Verwandtschaft: Fleisch- S. 178–179, S. 178. 264 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg ab dem ausgehenden 15. Jahrhundert als wichtigste Nürnberger Venedig-Familie auch in der Funktion als Kreditgeber, hatten die Nürnberger Ratsherren zu Beginn des Jahr- hunderts – wohl auch entsprechend der höheren Zahl an Geschlechtern mit intensiven Handelsbeziehungen zur Serenissima – auf einen breiteren Personenkreis zurückgegrif- fen, um diesen für politische Finanzinteressen und den städtischen Zahlungsverkehr zu nutzen. Hierfür hatte man sich in erster Linie auf Personen gestützt, die im Venedig- Handel etabliert waren und gleichzeitig eng mit den Nürnberger Entscheidungsträgern verknüpft oder selbst als Ratsherren tätig gewesen waren. Als König Sigismund den Rat der fränkischen Reichsstadt 1431 bat, ihm ein geheimes Darlehen über 8000 Dukaten zu gewähren, das zu Venedig gezahlt werden sollte, betraute dieser neben Ulrich Ortlieb mit Hans Rummel und Konrad VI. Paumgartner auch zwei selbst im Venedig-Handel sehr aktive und aus Familien mit engen Verbindungen dorthin stammende Ratsherren mit der Aufgabe.97 Derselbe Konrad Paumgartner oder einer seiner Söhne wird wohl auch gemeint gewesen sein, als der Rat „Pawmgartner [und] Hirsvogel“ 1449 beauftragte, „gelt zu leyhen von Venedyern“.98 1432 wollte der Nürnberger Rat die Schulden von 3900 Du- katen für das durch den Faktor der Rummel auf der Frankfurter Messe gekaufte Silber begleichen. Die Wahl des Zahlungsplatzes Venedig lag sowohl aufgrund der wichtigen Funktion der Stadt als Finanzzentrum als auch aufgrund der intensiven Aktivitäten der Handelsfamilie in der Serenissima nahe.99 Der Ratsherr Peter Harsdörffer erhielt 1475 den Auftrag, die Schulden des Bamberger Bischofs, die dieser bei den Nürnbergern hatte, ebenfalls in Venedig einzuziehen.100 Venedig konnte demnach auch als Ort für die Rückzahlung von Krediten, die Auszah- lung von Wechseln und die Begleichung von Schulden, die andernorts aufgenommen wor- den waren, fungieren. Immer wieder tauchten beispielsweise in den Briefen Lienhards I. Hirschvogel an seinen Schwager Michael III. Behaim, für den er in Venedig Geschäfte tätigte, Abrechnungen von Ausständen auf, die Behaims Salzburger Schuldner in Venedig beglichen. Friedrich Werlich sollte die 6000 Dukaten, die er in Frankfurt zur Fastenmes- se von Hans V. Imhoff bekommen hatte, ebenfalls in der Serenissima zurückzahlen.101 Gleichzeitig wurden in Venedig eingegangene Verpflichtungen ebenso an anderen von

97 Zum Darlehen: (1431 Mär. 30), StAN, Amts- und verlässe 1: 1440–1450, (Schriften des Zentralinsti- Standbücher (Rep. 54), Nr. 269, fol. 41v; Schaper, tuts für fränkische Landeskunde und Allgemeine Rummel, S. 44. Konrad VI. Paumgartner unterhielt Regionalforschung an der Universität Erlangen- seit 1406 mit Friedrich Kress eine Venedig-Gesell- Nürnberg 23.1), Neustadt/Aisch 1983, S. 226. schaft, die auch eine eigene Kammer im Fondaco 99 Schaper, Rummel, S. 44. besaß. Ab 1430 tätigte er Venedig-Geschäfte mit 100 (1475 Okt. 10), StAN, RV (Rep. 60a), Nr. 55, seinen Söhnen: Fleischmann, Rat und Patriziat 2.1, fol. 12r. S. 758–759. Hans Rummel ist für diesen Zeitraum 101 GNM, IA Teil 1, Fasc, 19, Nr. 1, fol. 13b; L. Hirsch- im Handel mit den Soranzo nachzuweisen: Vgl. auch vogel aus Venedig an M. Behaim (1443 Jan. 9) u. Sieveking, Venetianische Handlungsbücher 2, S. 220. (1443 Jan. 27), GNM, BA, Nr. 5. Zu Venedig als 98 (1449 Aug. 21), StAN, Ratsverlässe (Rep. 60a), Nr. 8, Wechselplatz auch: Kellenbenz, Meder’sche Han- fol. 9v, in: Irene Stahl (Hg), Die Nürnberger Rats- delsbuch, 57. Ob Sebald Ochsenfelder die 206 Gul- 2. Wirtschaftlicher Austausch zwischen Nürnberg und Venedig · 265 den Nürnbergern frequentierten Handelsplätzen beglichen. In der Reichsstadt selbst sollte Franz Horn 400 in Venedig aufgenommene Dukaten an seinen Gläubiger Endres Stromeir erstatten. Das Geld, das Michael III. Behaim auf Bitte seines Vaters seinem Schwager Hans Dintur 1418 leihen sollte, sollte ebenfalls in Nürnberg gezahlt werden.102 Daneben dien- ten auch weitere wichtige europäische Handels- und Finanzplätze als mögliche Orte zur Einlösung von Wechseln und Schulden. Bereits Hilpolt Kress trat 1392 eine in Brügge zu zahlende Wechselforderung an einen anderen Kaufmann ab.103 Die Imhoff nutzten insbe- sondere den zweiten zentralen Ort des Nürnberger Handels, die Messestadt Frankfurt, zur Bezahlung von Krediten aus Venedig.104 Auch zu Mailand, Genua, Köln und Antwerpen bildeten sich regelrechte Finanzachsen heraus.105 Davon, dass die anderen europäischen Wechselplätze für die Nürnberger Kaufleute in Venedig gleichfalls von Interesse waren, legen beispielsweise die Briefe des Thomas Reich Zeugnis ab, die neben den neuesten Wa- ren- und Preisentwicklungen auch von den Wechselkursen nach Lyon, Antwerpen, Augs- burg, London, Rom und Nürnberg, einige Male ebenfalls von denjenigen nach Frankfurt berichteten.106 Die Nürnberger tätigten ihre Geld- und Kreditgeschäfte demzufolge über ein weitreichendes europäisches Finanznetz, dessen Plätze in intensiver Wechselwirkung miteinander standen. Dabei kam Venedig aufgrund seiner Position als wichtiger Handel- sort der reichsstädtischen Kaufleute, wegen deren guter Kontakte und nicht zuletzt wegen des technischen Fortschritts des dortigen Geldwesens eine herausgehobene Stellung und bei vielen Transaktionen eine Zentrumsfunktion zu.

2.2 Strukturen und Inhalte des Warenaustausches

Wie im Finanzwesen diente Venedig den Nürnbergern auch im Bereich des Warenhan- dels als wichtiger Umschlagplatz für ihre italienischen und europäischen Geschäfte.107 Als Francesco Pico della Mirandola aus Bologna 1530 schwarze Zobelfelle bei Willibald Pirckheimer bestellte, bat er den Humanisten darum, sie möglichst nach Mirandola,

den, die er Jorg Hassler zu Venedig zahlen sollte, glichen: StAN, Stadtrechnungsbelege (Rep. 54a II), auch in Venedig aufgenommen hatte, ist unklar: Nr. 30. (1524 Okt. 10), StadtAN, B 14/II-20, fol. 28v. Die 103 Stromer, Oberdeutsche Hochfinanz 1, S. 121. besondere Bedeutung Venedigs als Wechselplatz 104 (1487), GNM, IA Teil 1, Fasc. 19, Nr. 1, fol. 19b. für die Oberdeutschen betonte auch: Luzzatto, 105 Zu Genua-Mailand: Stromer, Oberdeutsche Hoch- Storia economica, S. 205. finanz 1, S. 179. 102 „wass er dez bedarff, daz leihe im. Den auslag will 106 Vgl. u. a. T. Reich aus Venedig an L. Tucher (1529– ich hye mit im machen.“ M. Behaim aus Nürnberg 1530), StadtAN, E 29/IV, Nr. 1437–1444. Frank- an M. Behaim (1418 Mär. 9), GNM, BA, Nr. 5. Zu furt: ebd., Nr. 1437, Nr. 1441 u. Nr. 1442. Stromeir und Horn: StadtAN, B 14/II-J, fol. 151v. 107 Zu den vielen unterschiedlichen Waren, die die Ebenso wurden die in Venedig und den anderen Nürnberger aus Venedig handelten, zusammen- italienischen Städten eingegangenen Schulden des fassend: Braunstein, Wirtschaftliche Beziehungen, Nürnberger Stadtboten in der Reichsstadt ausge- S. 387–390; Reinhard Stauber, Nürnberg und Ita- 266 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg sonst aber nach Venedig zu schicken.108 Als Zwischenstation diente die Stadt den Nürn- bergern auch im Edelmetallhandel mit der Bank der Medici in Florenz.109 Eine beson- dere Bedeutung hatte sie ab der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts darüber hinaus als Durchgangsort für Gewürze, vor allem für Safran aus Apulien, die die in den jeweilige Städten handelnden Nürnberger Kaufleute an ihre Niederlassungen in Venedig lieferten, um sie von dort weiter zu verschicken. Daneben war die Serenissima, wie bei Endres Imhoff, der zwischen seinen unterschiedlichen Reisen zu den italienischen Safranplät- zen immer wieder nach Venedig zurückkehrte, für die Händler selbst die zentrale An- laufstation während ihrer Italiengeschäfte.110 Auch bezogen Nürnberger Kaufleute, die in anderen italienischen Städten tätig waren, über die Kontakte zu ihren Landsleuten in der Serenissima Waren. So ließen sich die in Bologna agierenden Praun in den 1470er Jahren über die in der Nürnberger Kaufmannschaft in Venedig intensiv verflochtenen Konrad Marstaller, Bernhardin Hirschvogel und Stefan Kolb venezianische Gläser, „feigen und Venedische[…] mandel[n]“, Ingwer, Zucker und andere Gewürze, Konfekt und ein nicht weiter spezifiziertes „püschell mit büchern“ zusenden.111 Die vielfältigen Waren, die in Venedig zu beziehen waren, und die zentrale Position der Stadt als wirtschaftlicher Mittler zwischen Ost und West machten sie für lange Zeit zum wichtigsten Handelsort für die Kaufleute aus Nürnberg. Hier liefen die unterschied- lichen Warenströme aus der Levante und Mittel- und Nordeuropa ebenso zusammen wie die Informationen über die Waren und die Entwicklung der Preise. Die Verordnun- gen der Regierung trugen maßgeblich zu dieser Bedeutung der Stadt als Umschlagplatz zwischen Orient und Okzident bei. Die deutschsprachigen Kaufleute mussten auf die Warenlieferungen, die mit den venezianischen Galeeren aus Alexandria, Beirut oder der Romania in die Serenissima kamen112, zurückgreifen, da ihnen selbst der Levante-Handel

lien in der Renaissance, in: Nürnberg – Eine eu- u. S. 116; [Paumgartner], Welthandelsbräuche, ropäische Stadt in Mittelalter und Neuzeit, hg. v. Kap. I.239–265, S. 223–229 u. Kap. II.5, 239; Mül- Helmut Neuhaus, (Nürnberger Forschungen 29), ler, Welthandelsbräuche, S. 88. Nürnberg 2000, 123–148, 135; Kellenbenz, Nürn- 111 Zu den Gewürzen: StBN, Amb. 22–8°, fol. 9r, 58r, berger Wirtschaftsleben, S. 63. 67v, 68r, 90r. Zu den Mandeln und Feigen: ebd., 108 F. P. della Mirandola aus Bologna an W. Pirck- 58r (Zitat) u. 61v. Die venezianischen Gläser wer- heimer (1530 Mär. 15), in: Willibald Pirckheimer den im Praun’schen Rechnungsbuch auf fol. 120r Briefwechsel, Bd. 7, hg. v. Helga Scheible, München erwähnt, die von Bernhardin Hirschvogel 1477 be- 2009, Nr. 1282, S. 322. sorgten Bücher auf fol. 107v (Zitat). Hierzu auch: 109 Das Metall wurde über Friedrich Glaser importiert Horst Pohl, Das Rechnungsbuch des Nürnberger und war für Pietro und seinen Sohn Francesco Bi- Großkaufmanns Hans Praun von 1471 bis 1478, charano sowie Giovanni de Bicci Medici und seine in: MVGN 55 (1967/68), S. 77–136, S. 114–116. Partner bestimmt, die in dem in Venedig ausge- Zu Bernhardin Hirschvogel, Konrad Marstaller stellten Dokument als Schuldner genannt wurden: und Stefan Kolb und ihrer Bedeutung am Sebald- (1414 Mär. 6), ASVe, CIN, b. 227, prot. 1, fol. 99v. altar: Kap. II.3.2.2. Der ebenfalls genannte Stefan 110 Zu Endres Imhoffs Venedig-Stationen: GNM, IA Lochner ist sonst in den Quellen für den Venedig- Teil 1, Fasc. 44, Nr. 1, fol. 37v–40r. Auf den Saf- Handel nicht auszumachen. ran-Handel der Imhoff und die Vermittlung über 112 Im Archiv der Imhoff ist eine Schiffsladeliste von Venedig verweist auch: Jahnel, Imhoff, S. 69–70 1446 überliefert, die über Lieferungen von Galee- 2. Wirtschaftlicher Austausch zwischen Nürnberg und Venedig · 267 untersagt war. Doch auch die Venezianer, denen der Handel östlich des Rheins verboten war, waren auf die Anwesenheit der Deutschen und die Geschäfte mit ihnen angewie- sen.113 Den genauen Umfang der Geschäfte, der einzelnen Waren, der Umsätze und Gewinne der Nürnberger Kaufleute und damit den Anteil des wirtschaftlichen Austausches mit Venedig am Nürnberger Handel an sich zu erfassen, ist aufgrund der fragmentarischen Überlieferung nicht möglich.114 Darüber hinaus wurden die gehandelten Waren in den erhaltenen Dokumenten oftmals nicht spezifiziert.115 Eine Vielzahl unterschiedlicher Quellen – neben Rechnungsbüchern, Briefen und Abrechnungen beispielsweise auch Berichte über Überfälle oder die Zollregister der Alpenpässe – gibt jedoch ansatzweise Aufschluss und lässt weiterführende Vermutungen darüber zu, welche Waren zwischen Nord und Süd gehandelt wurden.116 Der Export der deutschen Kaufleute aus Venedig umfasste verschiedenste Waren. Ne- ben Gewürzen und Pfeffer aus der Levante brachten sie Lebensmittel117 und Rohstoffe wie Baumwolle oder Farbstoffe, aber auch venezianische Erzeugnisse wie Glas, Seiden- stoffe, Seifen und zahlreiche andere Handelsgüter in den Norden. Sie wurden entweder zum Eigenbedarf genutzt oder von den jeweiligen Städten aus nach Mittel-, Nord- und Osteuropa weiterverbreitet.118 Die vereinzelten Gesamtabrechnungen und Warenlisten

ren aus Beirut und Alexandria Auskunft gibt: (1446 keinen Verweis auf Nürnberger: TLA, Hss, 2632, Dez. 22), GNM, IA Teil 1, Fasc. 8, Nr. 29. Auch in 2636 u. 4027. Auch in den anderen überlieferten den Imhoff’schen Rechnungsbüchern fanden sich Tiroler Zollregistern sind für den Untersuchungs- entsprechende Vermerke: GNM, IA Teil 1, Fasc. 19, zeitraum keine Verweise zu finden. Nr. 1, fol. 23b. In den Rechnungsbüchern der vene- 117 Es fanden sich Nüsse, Datteln, Feigen, Weine und zianischen Handelspartner kamen ebenfalls Verwei- Konfitüren. Sie wurden teilweise ebenfalls unter se dieser Art vor: u. a. bei Andrea Barbarigo (ASVe, die Spezereien gerechnet: Simonsfeld, Fondaco 2, Grimani-Barbarigo, b. 41, reg. 2, fol. 128) oder Alvi- S. 104. Zu den Nusskäufen: ASVe, Misc. Gregolin, se Michiel (ASVe, Misc. Gregolin, b. 15, fol. 102). b. 14, LNR, fol. 40a, 45a, 116a, 123a, 127b; BMC 113 Vgl. auch: Stromer, Oberdeutsche Hochfinanz 1, Mss. PD C.912/2, fol. 3; P. Bicharano aus Venedig S. 102; Heyd, Haus der deutschen Kaufleute, S. 214, an H. Kress (1392 Nov. 4), GNM, KA, Sch. XXVIII, sowie: Kap. I.2. Zum Verbot des Levante-Handels: Fasc. A, Nr. 10. Zu den Datteln: L. Hirschvogel Kellenbenz, Nürnberg Wirtschaftsleben, S. 63. aus Venedig an M. Behaim (1443 Jan. 27) u. (1443 114 Zur fehlenden Handelsstatistik u. a.: Hildebrandt, Jun. 25), GNM, BA, Nr. 5. Zu den Feigen und Man- Wirtschaftliche Beziehungen, S. 282. Zur Proble- deln: GNM, IA, Teil 1, Fasc. 19, Nr. 10, fol. 15b u. matik von Aussagen über Gewinne: Braunstein, GNM, IA Teil 1, Fasc. 45, Nr. 3.7, fol. 16r. Auch Wirtschaftliche Beziehungen, S. 401. die Praun importierten Feigen und Mandeln aus 115 Vgl. hierzu: Barthels, Drogenhandel, S. 77. Venedig: StBN, Amb. 22–8°, fol. 58r u. 61v. Zu 116 Dabei ist jedoch von dem voreiligen Schluss ab- Wein und Konfitüren: Braunstein, Wirtschaftliche zusehen, dass alle Waren in den zum transalpinen Beziehungen, S. 389. Handel überlieferten Quellen auch von Nürnber- 118 Simonsfeld erwähnte viele weitere Waren, wie z. B. gern gehandelt wurden. So verwies z. B. Böckem Waffen, Papier, Kaninchenfelle, Goldfäden oder auf die Tiroler Zollregister als Quelle dafür, dass Golddraht: Simonsfeld, Fondaco 2, S. 103–106, die dort erwähnten Waren, vor allem Gläser, v.a. S. 104. Zu den Exportartikeln auch: Barthels, Gewürze, Seide, Pigmente u. ä., auch von Nürn- Drogenhandel, S. 38; Hildebrandt, Wirtschaftli- bergern gehandelt wurden: Böckem, Dürer und che Beziehungen, S. 282; Rösch, Venedig und das Italien, 57–58. Tatsächlich enthalten diese jedoch Reich, S. 92; Wirtz, Köln und Venedig, S. 254–264. 268 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg von Nürnbergern, die nicht nur Aufschluss über den Handel mit spezifischen Gütern, sondern auch über das umfangreichere Sortiment der Kaufleute geben, verweisen auf einen breitgefächerten Warenhandel.119 Die Zölle, die in den in Nürnberg überlieferten „gesetzte[n], di Venediger gesetzet habent uf alle Teutsch kaufleute“ aus der Mitte des 14. Jahrhunderts erwähnt wurden, geben einen Hinweis darauf, welche Waren für die Nürnberger in dieser frühen Zeit von besonderer Bedeutung waren. Wichtig erscheinen den Verfassern Mandeln, Reis, Weinbeeren und Feigen ebenso wie nach Venedig impor- tiertes Gold und Silber.120 Zentral war für die Nürnberger der Handel mit Spezereien, der eine der Grundla- gen für ihren wirtschaftlichen Erfolg bildete.121 Bereits im Buch der Schürstab von 1353 werden mit Pfeffer, Mandeln, Lorbeer, Zucker, Kümmel und Zimt mehrere aus Venedig importierte Gewürze genannt.122 Besonders häufig tauchten in den Quellen zu den Ein- käufen der Nürnberger neben Pfeffer und Ingwer Muskatblüte und Nelken beziehungs- weise Nelkenstiele auf. Im Handel mit den aus Indien stammenden Muskatblüten (mazis) können zahlreiche Nürnberger Familien nachgewiesen werden, die etwa mit den Soranzo oder Alvise Michiel entsprechende Geschäfte betrieben.123 Mit Nelken (garoffali) und den in der Qualität minderwertigeren Nelkenstielen (fusti), die in einer aufwendigen Prozedur getrennt wurden, handelte neben den Soranzo und Michiel auch Francesco Contarini. Bei den Transaktionen mit Nelkenstielen stachen die Imhoff als Käufer her- vor.124 Zimt wurde von den Behaim, den Imhoff und wahrscheinlich auch den Tucher erworben. Entsprechende Berichte über die Kosten und Interessen an der Preisentwick-

119 In der Überlieferung der Kress fanden sich Waren- ASVe, Misc. Gregolin, b. 15, fol. 165b. Bei den Im- zettel mit Pfeffer, Ingwer, Gewürznelken, Zucker, hoff ist das Produkt besonders häufig erwähnt: u. a. Seide und Pelzen: Braunstein, Relations d’affaires, GNM, IA Teil 1, Fasc. 7, Nr. 7, Fasc. 28, Nr. 1 u. S. 263. In einem dem Nachlass Konrads III. Im- Fasc. 45, Nr. 3.7. Auch die Behaim waren im Mazis- hoff beigelegten Abrechnungszettel wurden u. a. Handel tätig: M. Vischer [k. O.] an L. Hirschvogel, Nelken, Nüsse, Muskat, Weihrauch, Indigo, Pfeffer M. u. L. Behaim (1455 Dez. 16), GNM, BA, Nr. 8. und Aloe erwähnt: (1489 Jan. –Feb. 18), GNM, IA Zur Herkunft: Braunstein, Wirtschaftliche Bezie- Teil 1, Fasc. 7, Nr. 7, fol. 12a u. 12b (eingelegter Zet- hungen, S. 387. tel). 124 Contarini (BMC, Ms. C.911 u. C.912, prot. 1, u. a.: 120 StAN, 7-farbiges Alphabet Urk. (Rep. 2b), Nr. 3735. C. 911, prot. 1, fol. 76) und Michiel (ASVe, Misc. Vgl. auch zur Datierung: Barthels, Drogenhandel, Gregolin, b. 15, u. a.: fol. 144a). Bei den Soranzo S. 40. Bei den frühesten bei Simonsfeld erwähnten sind hingegen Rainald Detil und die Gesellschaft Waren handelt es sich um Seife und Johannisbrot: Konrad Pirckheimers, also „Chorado Prichimer (1334 Aug. 24), in: Simonsfeld, Fondaco 1, Nr. 787, ecompagni“, die häufigsten Abnehmer: ASVe, S. 479. Misc. Gregolin, b. 14, fol. 112b, 128b u. 129b, so- 121 Zum Spezerei-Handel zwischen Venedig und wie: fol. 45a u. 50a. Auch die Tucher waren wohl Nürnberg ausführlich: Barthels, Drogenhandel. im Nelken-Handel tätig, zumindest interessierte 122 Stromer, Schriftwesen, S. 780. sich Linhart Tucher für die Preise von „neglein“: T. 123 Die Granetl handelten in den 1410er Jahren mit Reich aus Venedig an L. Tucher (1529 Feb. 6 m.v. den Soranzo: ASVe, Misc. Gregolin, b. 14, LNR, = 1530 Feb. 6), StadtAN, E 29/IV-1437. Generell: fol. 50a. Alvise Michiel betrieb entsprechende Barthels, Drogenhandel, S. 49. Geschäfte in den 1480er Jahren mit den Imhoff: 2. Wirtschaftlicher Austausch zwischen Nürnberg und Venedig · 269 lung lassen Geschäfte mit diesen Waren vermuten.125 Lienhard I. Hirschvogel lieferte an Michael III. Behaim 1443 Zuckerhut, der bereits knapp 50 Jahre zuvor auch als Handels- gut der Kress Erwähnung fand.126 Diese handelten darüber hinaus mit Ingwer, Myrrhe, Weihrauch und Ambra, die Behaim mit Kümmel, Zimt (canel) und, ebenso wie die Im- hoff, mit Kardamon (Pariskörnern).127 Für die Tucher und Imhoff kann auch der Handel mit Wachs nachgewiesen werden.128 Letztere betrieben Geschäfte mit Kardamon, Mus- katblüte, Nelken, Ingwer, Weihrauch, Indigo, Galanga, Wurmsamen, Aloe, Kurkuma und Zimt.129 In den 1460er Jahren erwarben sie darüber hinaus noch in Venedig Safran. In den folgenden Jahren verlagerte sich das für die Reichsstadt bedeutende Safrangeschäft dann hauptsächlich in die Abruzzen. Die Lagunenstadt wurde jedoch weiterhin als Zwi- schenstation genutzt.130 Wiederholt beauftragte der Nürnberger Rat im Venedig-Handel aktive Kaufleute, dort für die Stadt Salpeter zu kaufen.131 Besonders intensiv aber wurde der Ingwer-Handel betrieben. Bereits bei den Kress wurde Ingwer 1392 als Handelsgut erwähnt. Bei den Soranzo fanden sich vielfache Verweise auf entsprechende Geschäfte mit Nürnbergern. Die Imhoff trieben ebenfalls Handel mit dem Gewürz. Die Praun lie- ßen ihn über ihre reichsstädtischen Kontaktleute in Venedig nach Bologna bringen.132 In den handschriftlichen Notizen Johannes Schedels zur Aritmetica mercantile Pietro Bor- ghis wurde unter den Beispielaufgaben nur der nach Venedig betriebene Ingwer-Handel

125 Zu den Tucher: T. Reich aus Venedig an L. Tucher 129 Zu den Warenliste von 1489: GNM, IA Teil 1, (1529 Feb. 6 m.v. = 1530 Feb. 6), StadtAN, E 29/ Fasc. 7, Nr. 7, fol. 12a u. 12b (eingelegter Zettel). Sie IV-1437. Vgl. auch: (1529 Mär. 14) u. (1529 Mär. gleicht bei den meisten Waren der Schiffsladeliste 23), StadtAN, E 29/IV, Nr. 1438–1439. von 1446: GNM, IA Teil 1, Fasc. 8, Nr. 29. 126 L. Hirschvogel aus Venedig an M. Behaim (1443 130 Zum Kauf von „Venedig saffrann“: GNM, IA Teil 1, Jan. 27) u. (1443 Jun. 25), GNM, BA, Nr. 5; P. Bi- Fasc. 28, Nr. 1, fol. 15b. Zur Entwicklung und Ver- charano aus Venedig an H. Kress (1392 Nov. 4), lagerung des Safrangeschäfts sowie der Bedeutung GNM, KA, Sch. XXVIII, Fasc. A, Nr. 10. Zum für Nürnberg: Braunstein, Wirtschaftliche Bezie- Nürnberger Zuckerhandel mit Venedig auch: hungen, S. 388. Zu seiner Bedeutung auch: Göm- Braunstein, Wirtschaftliche Beziehungen, S. 389. mel, Vermittlerrolle Nürnbergs, S. 41. 127 L. Hirschvogel aus Venedig an M. Behaim (1442 131 Hermann Reck (1421 Mai 19), in: Simonsfeld, Fon- Nov. 15) u. (1443 Jun. 25), GNM, BA, Nr. 5. Zu den daco 1, Nr. 327, S. 170; Heinrich Rummel u. Lien- Imhoff: GNM, IA Teil 1, Fasc. 19, Nr. 1, fol. 15b. hard I. Hirschvogel (1444 Nov. 4), in: ebd., Nr. 450, Zu den Kress: GNM, KA, Sch. XXVIII, Fasc. A, S. 246–247. Vgl.: Barthels, Drogenhandel, S. 91. Nr. 10–12 u. 30. 132 Zu den Kress: GNM, KA, Sch. XXVIII, Fasc. A, 128 Simonsfeld rechnete Wachs unter die Spezereien: Nr. 10–11. Zu den Soranzo u. a.: Mit Rainold De- Simonsfeld, Fondaco 2, 104. Imhoff: GNM, IA til (ASVe, Misc. Gregolin, b. 14, LNR, fol. 128b u. Teil 1, Fasc. 16, Nr. 3; Fasc. 46, Nr. 1, fol. 4r, 7r. u. 132a), Nikolaus Granetl (ebd., fol. 134b u. 140a), 39r. Besonders häufig fand sich Wachs im Haus- Stefan Koler (ebd., fol. 118b), „Zufredo“ Öster- haltsbuch Anton Tuchers. Es wurde meist von Se- reicher (ebd. fol. 118b), Konrad Paumgartner u. bald Reich, aber auch von Hans Imhoff und Georg seiner Gesellschaft (ebd., fol. 118b) u. wohl ei- Spengler nach Nürnberg geliefert: Tucher, Haus- nem gewissen Paul Teuffel (ebd., fol. 134b). Zu haltsbuch, fol. 67r u. 73r (S. 58 u. S. 67), 96v (S. 96), den Imhoff: GNM, IA Teil 1, Fasc. 45, Nr. 3.7 so- 143r (S. 154) sowie 133r (S. 140: ohne Angabe des wie: Fasc. 7, Nr. 7. Zu Praun: StBN, Amb. 22–8°, Käufers). fol. 58r, fol. 67v, fol. 68v u. fol. 90r. 270 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg lokalisiert.133 Ingwer war gemeinsam mit Pfeffer die wichtigste Ware im Austausch zwi- schen Nürnberg und Venedig.134 Die zentrale Bedeutung des Handels mit Pfeffer wird an der Nennung des Ausdrucks „wolt ir pfeffer chawffen“ im Vokabelteil des Sprachlehrbuches des Georg von Nürnberg augenfällig. Dass er als „Grundprodukt“ des europaweiten Handels auch für die Nürn- berger Kaufleute in Venedig eine zentrale Stellung hatte, verdeutlicht darüber hinaus seine kontinuierliche Nennung an der Spitze ihrer Spezereien-Aufzählungen.135 Der aus Indien stammende Pfeffer gelangte wie die meisten anderen Gewürze über die Galeeren aus Alexandria und Beirut in den Westen.136 Die Intensität, mit der die Ankunft der Pfefferlieferungen in den Korrespondenzen thematisiert wurde, zeigt ebenfalls die be- sondere Bedeutung des Produkts für den Handel der Nürnberger. Dabei dienten sowohl venezianische Geschäftspartner, wie Piero Bicharano und Amado di Amadi für Hilpolt Kress 1392137, als auch Nürnberger Kaufleute in der Stadt als Informanten.138 Der Handel mit Pfeffer kann in den Quellen für fast alle venezianischen Handelspartner und für ei- nen Großteil der Nürnberger Kaufleute nachgewiesen werden und erreichte im Vergleich zu den übrigen Waren einen ausgesprochen großen Umfang und hohe Umsätze.139 Die regelmäßigen Lieferungen der erfahrenen und in der Levante gut vernetzten veneziani- schen Kaufleute garantierten Frische und Qualität der Produkte.140 Sie sorgten zusam- men mit den günstigen Preisen dafür, dass die Serenissima auch im frühen 16. Jahr-

133 Aufzeichnungen Schedels in: Borghi, Aritmetica 138 Vgl. hierzu: Kap. III.3.2.2 mercantile; Exemplar: BSB, 4 Inc.c.a. 824 u. Cgm 139 Bereits im Rechnungsbuch der Schürstab von 9520, fol. 30v. 1353 sind die Pfefferumsätze sehr beachtlich: 134 Barthels, Drogenhandel, S. 68. Stromer, Schriftwesen, S. 780. Bei den Soranzo 135 Zum Pfeffer als „Grundprodukt des internationa- kauften u. a. die Granetl (ASVe, Misc. Gregolin, b. len Handels“: Braunstein, Wirtschaftliche Bezie- 14, LNR, fol. 50a), Stefan Koler (ebd., fol. 120b) u. hungen, S. 387. Zur Aufzählung des Pfeffers an Hans Siroff/Sirvof (ebd., fol. 27b u. 39a). Intensi- erster Stelle bei den Kress: Braunstein, Relations ver war der Pfefferhandel noch bei Alvise Michiel: d’affaires, S. 262. Entsprechend stellt sich die Situa- ASVe, Misc. Gregolin, b. 15, fol. 141b, 144b (Paul tion z. B. auch in den Briefen des Thomas Reich an Kolb), 153a (Imhoff), 155a (Levin Memminger), Linhart Tucher (StadtAN E 29/IV, Nr. 1437–1444) 155a u. 155b (Hans Salfelder). Auch Christoph I. oder Lienhard I. Hirschvogels an Michael III. Be- Scheurl handelte mit Pfeffer: Archiv Scheurl, Cod. haim (GNM, BA, Nr. 5) dar. Zu Georg v. Nürnberg: AB, fol. 83v. Ebenso Konrad Paumgartner 1442: Georg v. Nürnberg, Sprachlehrbuch, fol. 21v, Z. 30, (1442 Jul. 5), in: Simonsfeld, Fondaco 1, Nr. 440, S. 135. Er wurde auch hier als erstes Gewürz ge- S. 242. nannt: ebd., fol. 20v, Z. 3–4, S. 133. 140 Darum empfahl sich, laut Hieronymus Imhoff, 136 Bei Soranzo wurde Alexandria erwähnt: „piper ein Ankauf direkt nach Eintreffen der Galeeren- d᾽Alesandra“: ASVe, Misc. Gregolin, b. 14, LNR, ladungen. Gab es keine frische Ware zu kaufen, fol. 39a. Bei Michiel wurden Beirut und Alexand- bevorzugte man zu warten: Er hoffte darauf, dass ria zeitgleich erwähnt: ASVe, Misc. Gregolin, b. 15, „die gallien von Barutty ankumen“, um „was frysch fol. 102a. zw kriegen“: H. Imhoff aus Venedig an L. Tucher 137 F. Amadi aus Venedig an H. Kress (1392 Sep. 12), P. (1545 Mär. 26), StadtAN, E 29/IV-390. Bereits zu- Bicharano aus Venedig an H. Kress (1392 Nov. 4), vor hatte er zugesichert, „[s]ich wol [zu] pefleissen A. Amadi aus Venedig an H. Kress (1392 Okt. 4), frisch und gutt ding zu kauffen und zu uberko- GNM, KA, Sch. XXVIII, Fasc. A, Nr. 8, 10 u. 11. men.“ (1545 Feb. 11), StadtAN, E 29/IV-1139. 2. Wirtschaftlicher Austausch zwischen Nürnberg und Venedig · 271 hundert, entgegen den Befürchtungen der Zeitgenossen und der langjährigen Annahme der Forschung, ihre bedeutende Position im europäischen Pfefferhandel gegenüber dem portugiesischen und später Antwerpener Markt behaupten konnte.141 Als schlechter Pfef- fer aus Antwerpen 1526 den Ruf des Nürnberger Handels zu beinträchtigen drohte, wies der Rat der fränkischen Reichsstadt das Stadtregiment von Antwerpen darauf hin, dass man in diesem Fall auf die besseren Produkte aus Venedig zurückgreifen werde.142 Die besondere Güte der venezianischen Exporte war in den Augen der Nürnberger Kaufleute selbstverständlich.143 Eine herausragende Bedeutung scheint auch im Nürnberger Pfefferhandel den Imhoff zugekommen zu sein. Sie tauchten in den Quellen sehr häufig und mit großen Umsatz- mengen auf. Darüber hinaus waren sie vor allem in den 1480er und 1490er Jahren wohl maßgeblich daran beteiligt, dass sich eine direkte Achse zwischen Venedig, Nürnberg und den Frankfurter Messen als wichtigem Pfefferumschlagplatz im Norden herausbil- dete. Sie wurde in den Rechnungsbüchern der Gesellschaft immer wieder erwähnt. So wurden 1490 die venezianischen Einnahmen von 400 Dukaten von Peter I. Imhoff un- mittelbar und vollständig in Pfeffer investiert, der direkt – also ohne den Umweg über Nürnberg – nach Frankfurt gebracht und dort durch Kaspar Lemmel und Heinz Topler verkauft wurde. Ferner lassen sich bei den Imhoff Verkäufe an andere Nürnberger, deren Familien selbst im Venedig-Handel tätig waren, nachweisen wie derjenige von Peter I. an seinen Schwager Jacob Granetl. Die Imhoff dienten also offensichtlich auch für ihre Landsleute in der Serenissima als wichtige Distributoren.144 Ebenfalls aus dem Osten über die Levante nach Venedig importiert und dort von den Nürnberger Kaufleuten erworben wurden Edelsteine und Perlen. Die Serenissima

141 Vgl. Kap. III.2.2.2. Lane widerlegte die These Markt gut vernetzte Kaufleute Geschäfte betrie- vom Abstieg des venezianischen Gewürzhandels ben: „sy bescheissen vich vnd lewtt, man kawff zw aufgrund des portugiesischen Handels: Frederich Franckfürt pesser ding zw geringe[r]m gelt, den zw C. Lane, The Mediterranean Spice Trade: Further Fenedich.“ A. Dürer aus Venedig an W. Pirckhei- Evidence of its Revival in the Sixteenth Century, mer (1506 Jan. 6), in: Pirckheimer Briefwechsel 1, in: American Historical Review 45 (1940), S. 581– Nr. 91, S. 298–303, S. 299. 590, S. 581. 144 Zur Achse Venedig-Frankfurt: „Item solg 400 du- 142 „besser dan der so von Andtdorf“; Rat an Rat caten sindt Peter Im hoff zu Venedig pezalt wor- Antwerpen (1526 Jun. 20), StAN, BB (Rep. 61a), den und hot sie im‹!› angelegt an piper und solcher Nr. 93, fol. 33rv, 33r. Zur kontinuierlichen Bedeu- […] Ich den Topler uberantwort han mit sampt der tung Venedigs als Lieferant für Rohstoffe, Gewür- rechnung […] Item solchen piper han ich verkauf- ze und Edelsteine im 16. Jahrhundert: Häberlein, ft zu Franckfurt in der herbstmes.“ (1490), GNM, Oberitalienische und oberdeutsche Städte, S. 206; IA Teil 1, Fasc. 19, Nr. 1, fol. 38a. Zum Verkauf an Hildebrandt, Wirtschaftlichen Beziehungen, S. 282. den selbst nach Venedig handelnden Granetl 1487: Hildebrandt sprach gar von einem Höhepunkt GNM, IA Teil 1, Fasc. 19, 1, fol. 18a. Auch auf dem der wirtschaftliche Entwicklung zwischen Ober- Warenzettel von 1489 wird Pfeffer als erstes aufge- deutschland und Venedig um 1600: ebd., S. 287. führt: GNM, IA Teil 1, Fasc. 7, Nr. 7, fol. 12a u. 12b 143 Nur in seltenen Fällen wurde Kritik geäußert. Wie (eingelegter Zettel). U.a. verwies auch die Schiffs- bei Dürer handelte es sich dabei um Personen, die ladeliste von 1446 hierauf: GNM, IA Teil 1, Fasc. 8, nicht als etablierte und auf dem venezianischen Nr. 29. 272 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg war ein wichtiger Umschlagplatz für Juwelen, die in Nürnberg sehr gefragt gewesen zu sein schienen. Dabei lassen sich vor allem Perlen, Türkise, Korallen, Saphire, Rubine und Diamanten belegen. Gute Kontakte zu den venezianischen Kaufleuten halfen, besonders hochwertige Steine zu erhalten. Meist wurden sie einzeln erworben. Durch das bedeuten- de Goldschmiedegewerbe der Reichsstadt wurden sie in der Folge teilweise weiterverar- beitet. Manchmal kauften die Nürnberger, wie Albrecht Dürer für Willibald Pirckheimer, auch bereits fertigen Schmuck.145 Aus dem Orient stammten wahrscheinlich desgleichen die Teppiche, die die Nürnberger, wie Dürer für Pirckheimer, über die Alpen schickten. Sie dienten oftmals wohl dem Eigenbedarf. Dass Georg Spengler den Imhoff 1519 gleich sechs Stück besorgte, legt jedoch die Vermutung nahe, dass mit ihnen im Norden teilwei- se auch gehandelt wurde.146 Der wichtigste aus Venedig exportierte und ebenfalls aus dem Osten stammende Rohstoff war die Baumwolle (gotoni), die in der Regel mit den Galeeren aus der Roma- nia ankam. In nahezu allen Rechnungsbüchern ihrer venezianischen Geschäftspartner und über den ganzen Untersuchungszeitraum hinweg wurde sie in großer Menge im Austausch mit den Franken genannt und von den meisten Nürnbergern gehandelt.147 Häufig wurde, vor allem bei den Soranzo, auch der Baumwollstoff „bochasini“ aufge-

145 Immer wieder fanden sich im Briefwechsel zwi- Nr. 118, S. 385–390, S. 387; Nr. 122, S. 415–422, schen Dürer und Pirckheimer Hinweise auf den S. 415 u. Nr. 124, S. 424–427, S. 425. Kauf von Juwelen: A. Dürer aus Venedig an W. 147 Die Soranzo handelten „gotoni“ mit Rainald De- Pirckheimer (1506 Jan. 6), (1506 Mär. 8) u. (1506 til (ASVe, Misc. Gregolin, b. 14, LNR, fol. 108a u. Apr. 25), in: Pirckheimer-Briefwechsel 1, Nr. 91, 108b), Jacob u. Nikolaus Granetl (ebd., fol. 34b, S. 298–303, S. 299; Nr. 104, S. 343–347, S. 344 u. 45a, 52a u. 73b u. LVR, fol. 51a), einem gewissen Nr. 111, S. 365–367, S. 366. Auch die Kress ver- Gottfried Grandiloch (ebd., LNR, fol. 71a), Ul- wiesen auf teilweise vergoldetes „gesmoyd“: (1392 rich Hirschvogel (ebd., fol. 54b), Konrad Imhoff Jul. 24) u. (1424 Sep. 14), GNM, KA, Sch. XXVIII, (ebd., fol. 107a, 113b u. 114b), Hilpolt Kress (ebd., Fasc. A, Nr. 12 (Zitat) u. 30. In der Korrespondenz fol. 54b, 57b, 58b), Konrad Paumgartner (ebd., Hilpolt Kress mit Francesco Amadi pries Letzterer fol. 54b u. 58b jeweils mehrmals), Konrad Pirck- einen einzelnen, besonders schönen Diamanten heimer (ebd., fol. 34b, 54b, 55b, 57b u. 72b), Peter für 19,5 Golddukaten an: „diamantte senza anelo Praun (ebd., fol. 78b), Wilhelm, Ulrich und Hans e quel sia […] belo diamantte“: F. Amadi aus Ve- Rummel (ebd., 57b, 75a, 121b, 123b, 130b mehr- nedig an H. Kress (1392 Sep. 12), ebd., Nr. 8. Zum mals), Konrad Siaver (ebd., fol. 140b), Hans Sir- Export von Türkisen und Rubinen: „turckesslin vof/Siroff (ebd., fol. 54b), Marco Usenaufer (ebd., und rubinlin […], die im sein bruder von Vene- fol. 112a) u. Stefan Zuzi (ebd., fol. 96b, 164a, 165a). dig geschickt“ (1507 Jun. 14), StadtAN, B 14/II- Zu den Hirschvogel vgl. a.: Schaper, Hirschvogel, T, fol. 126r. Zum Handel mit Edelsteinen auch: S. 45. Bei Andrea Barbarigo wurden Jakob Auer Braunstein, Wirtschaftliche Beziehungen, S. 389. (ASVe, Grimani-Barbarigo b. 41, reg. 2, fol. 111b u. 146 Spengler kaufte die Teppiche für je drei Dukaten: 115a), Hans Gruber (ebd., fol. 133a, 176b, 186a u. „hab ich Jorg Spengler par geben fur 6 debich, er 186b) u. Wilhelm u. Hans Mendel (ebd., fol. 111b mir zu Venedig hot kaufft und anzaigt, einen 3 duc. u. 115a) genannt, bei Francesco Contarini Ul- kost hab, thut 18 duc. in golt.“ (1519 Jan 14), GNM, rich Hirschvogel (BMC, Ms. PD C. 912, prot. 1, IA Teil 1, Fasc. 46, Nr. 1, fol. 44r. Zu den Teppich- fol. 34v). Vgl. hierzu auch Schaper, Hirschvogel, Käufen für Pirckheimer: A. Dürer aus Venedig an S. 99. Daneben fanden sich viele weitere Hinweise W. Pirckheimer (1506 Aug. 18), (1506 Sep. 8) u. auf den Baumwollhandel wie z. B. zu den Imhoff: (1506 Sep. 23), in: Pirckheimer Briefwechsel 1, vgl. Jahnel, Imhoff, S. 119. 2. Wirtschaftlicher Austausch zwischen Nürnberg und Venedig · 273 führt.148 Die gehandelten Tuche konnten aus dem Orient oder aus der Tuchproduktion Venedigs stammen. Die Nürnberger hatten besonderes Interesse an Seide, die meist vom Schwarzen Meer kam und die sie entweder direkt oder als in der bedeutenden venezia- nischen Seidenindustrie verarbeiteten Brokat oder Damast kauften.149 Daneben wurde mit Samt, Zendel, Schamlott, Atlas, golddurchwirkten Stoffen und weiteren Tüchern ge- handelt.150 Manchmal wurden die Stoffe vor dem Weitertransport in Venedig bearbeitet, wie dies bei der Seide geschah, die Konrad IV. und Endres I. Imhoff für sich selbst oder Bekannte zum Färben gaben.151 Bei den Exporten der Nürnberger aus der Lagunenstadt Richtung Norden zeigten sich so sowohl starke Präferenzen bezüglich der gehandelten Güter als auch deutliche Tendenzen bei der Weiterverwendung. Am bedeutendsten scheint der Handel mit Pfeffer und Baumwolle gewesen zu sein, die nachweislich den ganzen Untersuchungszeitraum hindurch von beinahe allen wichtigen Kaufleuten vertrieben wurden. Das Baumwoll- geschäft erlebte in den 1410er Jahren sowie um 1470 Höhepunkte, wobei hier dem Um- stand Rechnung zu tragen ist, dass die Informationen hauptsächlich der umfangreichen

148 Zum Bochasinhandel mit Christoph Aismut der Romania, die Seide an Bord hätten: P. Bichara- (ASVe, Misc. Gregolin, b. 14, LNR, fol. 5a, 20b, 28a, no aus Venedig an H. Kress (1392 Nov. 4), GNM, 34b u. 41b), Rainald Detil (ebd., fol. 107a, 108b u. KA, Sch. XXVIII, Fasc. A, Nr. 10. Vgl.: Braunstein, 112b), Jakob u. Nikolaus Granetl (ebd., fol. 2a, Relations d’affaires, S. 262. Zum frühen Seidenkauf 11a, 14a, 16a, 34b mehrmals, 41b, 44a, 57b), Ul- der Mendel im 14. Jh.: Stromer, Mendel, S. 62. rich Hirschvogel (ebd., 53a, 57a u. 57b mehrmals, 150 Im Samthandel taten sich vor allem die Imhoff 58a, 69b), Hilpolt Kress (ebd., 93b, 107a, 112a u. hervor: GNM, IA Teil 1, Fasc. 19, Nr. 1 u. Fasc. 45, 112b), Jobst Schnöd (ebd., fol. 27b mehrmals, 30b, Nr. 3.7. Aber auch die Kress handelten mit Samt 34a, 34b u. 41b), „Zufredo Ostorich“ (ebd., fol. 40a sowie mit Atlas u. Seide: (1392), GNM, KA, Sch. mehrmals, u. 45a; LVR, fol. 54a), Konrad Paum- XVIII, Fasc. A, Nr. 12. L. Tucher bestellte von gartner (ebd., LNR, fol. 93b, 107a, 116a) Konrad Hieronymus Imhoff in Venedig Samt, Schamlott, Pirckheimer (ebd., 50a mehrmals u. 50b, 56a u. Zendel und weiteres schwarzes Tuch, die er offen- 57b), Konrad Reck (ebd., fol. 60a u. 62b), Wilhelm, bar dringend benötigte: L. Tucher aus Nürnberg Hans u. Ulrich Rummel (ebd., 23a, 30a mehrmals, an H. Imhoff in Venedig (1545 Jan. 9), StadtAN, 33b mehrmals, 53b, 57a, 59a mehrmals, 79b mehr- E 29/IV-281; H. Imhoff aus Venedig an L. Tucher mals), Marco Siefer (ebd., fol. 59b), Paul Teuffel (1545 Feb. 11) u. (1544 Dez. 11), StadtAN, E 29/ (ebd., fol. 45a, 48b, 132b u. 142b Zitat) u. Jakob IV, Nr. 1139–1140. Auch im Haushaltsbuch Anton Waldstromer (ebd., fol. 89a). Zu Bochasin als „aus Tuchers fand sich wiederholt Zendel, der durch Baumwolle hergestellter verfilzter Stoff“: Kellen- Sebald Reich u. Hans Imhoff nach Nürnberg ge- benz, Meder’sche Handelsbuch, Anm. 90, S. 16. bracht wurde: (1509 Aug. 25) u. (1512 Dez. 22), 149 Zur Herkunft der Seide und zur Bedeutung der Tucher, Haushaltsbuch, fol. 77r, S. 72 u. fol. 96v, venezianischen Seidenindustrie: Luca Molà, The S. 96. Die Imhoff handelten ebenfalls mit Zendel Silk Industry of Renaissance Venice, Baltimore u. Schamlott: GNM, IA Teil 1, Fasc. 19, Nr. 1 u. u. a. 2000; David Jacoby, Dalla materia prima ai Nr. 10. Häufig wurden auch „panni“ genannt: z. B. drappi tra Bisanzio, il Levante e Venezia: la prima ASVe, Misc. Gregolin, b. 14, LNR, fol. 97a, 125a u. fase dell’industria serica veneziana, in: La seta in 146b; Simonsfeld, Fondaco 1, Nr. 457, S. 250. Italia dal Medioevo al Seicento. Dal baco al drappo, 151 Endres Imhoff: „zu Venedig zu ferben etlich seiden hg. v. Luca Molà u. a. (Presente storico 11), Vene- der Schluselfelderin gehort“; (1519 Jun. 18), GNM, dig 2000, S. 265–304; Braunstein, Wirtschaftliche IA Teil 1, Fasc. 46, Nr. 1, fol. 7r. Konrad Imhoff: Beziehungen, S. 390. Piero Bicharano berichtete an (1509 Apr. 21), GNM, IA Teil 1, Fasc. 28, Nr. 11b. Hilpolt Kress über die Ankunft von Galeeren aus 274 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg

Überlieferung einiger weniger venezianischer Kaufleute, die im intensiven Austausch mit Nürnberger Handelsfamilien standen, entstammen. Besondere Schwerpunkte bezüglich der einzelnen Gesellschaften lassen sich zwar nicht ausmachen. Allerdings scheint die Rolle der Imhoff entsprechend ihrem generellen Bedeutungszuwachs im Venedig-Han- del im Laufe des Jahrhunderts an Wichtigkeit gewonnen zu haben. Beim Pfefferhandel lässt sich eine Verschiebung von den Kress als wichtige Träger hin zu den Imhoff deut- licher feststellen, die auch die generelle Handelssituation widerspiegelte. Die Imhoff tra- ten darüber hinaus in der Ausfuhr von Luxusprodukten wie Glas, Seife und wertvollen Tuchen hervor, die ab dem ausgehenden 15. Jahrhundert zunehmend in den Quellen auftauchten. Die Menge der transferierten Güter lässt darauf schließen, dass sie oftmals eher für den eigenen Gebrauch als für den Weiterexport nach Franken gebracht wurden. Während sich für die frühere Zeit der Nürnberger Einkäufe in Venedig in den Quellen in erster Linie Produkte finden, die in großen Mengen erstanden wurden und demzufolge größtenteils dem Weiterverkauf dienten, lassen sich in späterer Zeit immer häufiger auch die Bedürfnisse und Interessen der Nürnberger selbst an den in die Reichsstadt gebrach- ten Waren nachvollziehen.152 Der Warenaustausch mit Venedig war durch Wechselseitigkeit geprägt. Zwar waren die Exporte aus Venedig in den Norden in ihrem Umfang und ihrer Vielfältigkeit deut- lich gewichtiger als diejenigen von Nord nach Süd.153 Dennoch hatten die Nürnberger Geschäfte auch für die Lagunenstadt und deren Möglichkeit, auf Waren von nördlich der Alpen zuzugreifen, eine große Bedeutung. Grund hierfür waren das den Venezianern auferlegte Handelsverbot für den Raum östlich des Rheins ebenso wie die etablierten Transport- und Austauschpraktiken der Nürnberger Kaufleute zwischen Nord und Süd und ihre intensive Verflechtung in den Handelszentren Mittel-, Ost- und Nordeuropas, die den Zugriff auf die dortigen Handelsgüter erleichterte154. Die nach Venedig impor- tierten Waren wurden einerseits von der Serenissima für ihre Industrie und ihr Militär- wesen dringend benötigt, dienten den venezianischen Kaufleuten andererseits aber auch als Handelsgüter für ihre Geschäfte in der Levante.155 Im Inventar der Imhoff’schen Kammer im Fondaco von 1509 finden sich Hinweise, dass dort neben Barchent und Leinwand vor allem Fuchsfelle gelagert wurden, die mög- licherweise nicht nur dem Eigenbedarf, sondern auch dem Verkauf in Venedig dien- ten.156 Bereits für die 1420er Jahre ist der Handel von Nürnbergern mit Fuchsfell,157 aber

152 Vgl. zur Bedeutung der venezianischen Waren in te, wurde z. B. durch die Soranzo in die Levante Nürnberg: Kap. III.2.3. weiterverkauft: Schaper, Rummel, S. 43. 153 Hildebrandt, Wirtschaftliche Beziehungen, S. 284. 156 (1509 Apr. 21), GNM, IA Teil 1, Fasc. 28, Nr. 11b. 154 Zur Verflechtung der Nürnberger u. den mit Ve- Vgl. hierzu auch: Jahnel, Imhoff, S. 119. nedig in Beziehung stehenden Handelskontakten: 157 1423 setzte der Nürnberger Kaufmann Artimanus Kap. III.2.4. Siede seinen Landsmann Johannes Daga als Be- 155 Eine Scharsche-Lieferung der Rummel an die So- vollmächtigten ein, um bei seinen Schuldnern die ranzo, die sie mit diesen gegen Baumwolle tausch- Rückstände für die ihm verkauften Fuchsfelle („pro 2. Wirtschaftlicher Austausch zwischen Nürnberg und Venedig · 275 auch mit Pelzen158 aus dem Norden in der Stadt belegt. Hundert Jahre später bestellte Francesco Pico della Mirandola bei seinem Freund Pirckheimer 120 Zobelfelle, die dieser wohl über seine Kontakte zu den Nürnberger Kaufleuten nach Italien bringen lassen soll- te.159 Daneben wurden Federn, die wahrscheinlich aus Böhmen stammten, und englische und spanische Wolle nach Venedig exportiert.160 Zumindest im ausgehenden 14. Jahr- hundert führten die Nürnberger Tuche aus anderen Regionen in Venedig ein. Philipp Groß erhielt 1383 die Erlaubnis, seine Stoffe auch außerhalb des Fondaco feilzubieten.161 Darüber hinaus waren die fränkischen Kaufleute in den Handel mit Vieh aus Ungarn in- volviert, der die Lagunenstadt mit Lebensmitteln versorgte. Zwar konnte Martin Behaim den Rat seines Onkels Lienhard I. Hirschvogel, in der steirischen Stadt Pettau Ochsen- häute zu erwerben und diese in Venedig zu verkaufen, nicht umsetzen.162 Der Hinweis Hirschvogels legt jedoch nahe, dass entsprechende Geschäfte durchaus alltäglich waren. Sehr begehrt waren die sogenannten „Gewürze des Nordens“, unter denen sich Honig, Bernstein, Federn und Rosshaar aus Böhmen, Rauchwaren, Amber, Wachs, Daunen, aber auch polnische Schildlaus und Lapislazuli befanden.163 Sie lassen sich vor allem in der Überlieferung der Kress, Behaim und Imhoff nachweisen.164 Die Mendel,165 vor allem aber die Behaim, trieben daneben Handel mit getrocknetem Hering. In den Berichten Li- enhards I. Hirschvogels an seinen Schwager Michael III. Behaim zeigt sich das Interesse, das in Venedig an der Fastenspeise und ihrem Preis bestand.166 Das Heringsgeschäft der Behaim wurde in erster Linie über die Gesellschaftsniederlassung und die Handelsdie-

varnaciis vulpinis“) einzutreiben: (1422 Jan. 13 161 (1383 Jun. 19), in: Simonsfeld, Fondaco 1, Nr. 247, m.v. = 1423 Jan. 13), ASVe, CIN, b. 228, prot. 2, S. 113–114. (fol. 107v = o. Fol.). Auch Jacob Tetinger handel- 162 M. Behaim aus Salzburg an L. Behaim (1455 te um die gleiche Zeit mit Fuchsfellen: (1426 Dez. Sep. 17), StadtAN, E 11/II-564. Vgl.: Schaper, 8), in: Simonsfeld, Fondaco 1, Nr. 346, S. 180–181. Hirschvogel, S. 104; Othmar Pickl, Inneröster- Auffällig ist hier, dass in beiden Fällen sonst im Ve- reichs Handelsbeziehungen zu Süddeutschland nedig-Handel nicht als bedeutend in Erscheinung und Venedig im Spiegel von Behaim-Handels- tretende Personen als Verkäufer auftauchen. briefen der Jahre 1418 bis 1457, in: Festschrift für 158 Laut Schaper waren die Rummel im Pelzhandel, Friedrich Hausmann, hg. v. Herwig Ebner, Graz vor allem aus Breslau, aktiv, was ein Überfall auf 1977, 379–408, 385. ihren gemeinsamen Zug mit Breslauer Kaufleuten 163 Simonsfeld nannte darüber hinaus viele weitere aus 1422 zeigt: Schaper, Rummel, S. 41. dem Norden stammende Waren: Simonsfeld, Fon- 159 F. P. d. Mirandola aus Bologna an W. Pirckheimer daco 2, S. 103–106, v.a. S. 103–104. Des Weiteren: (1530 Mär. 15), in: Pirckheimer Briefwechsel 7, Rösch, Venedig und das Reich, S. 92; Wirtz, Köln Nr. 1282, S. 322. Auch der venezianische Kauf- und Venedig, S. 251–253. Zum Begriff der „Ge- mann bei Georg von Nürnberg bittet sein deut- würze des Nordens“: Braunstein, Wirtschaftliche sches Gegenüber, ihm aus dem Norden etwas mit- Beziehungen, 394. zubringen, in diesem Fall eine „deucze tasschen“, 164 Braunstein, Wirtschaftliche Beziehungen, S. 394; also ein Erzeugnis des deutschen Handwerks: Braunstein, Relations d’affaires, S. 239. Georg v. Nürnberg, Sprachlehrbuch, fol. 96r, Z. 10, 165 Zum Handel Marquards II. Mendel mit Hering von S. 256. der Nordsee: Fleischmann, Rat und Patriziat 2.1, 160 (1490), GNM, IA Teil 1, Fasc. 28, Nr. 4. Zu Tuch S. 703. u. Wolle: Kellenbenz, Nürnbergs Wirtschaftsleben, 166 L. Hirschvogel aus Venedig an M. Behaim (1442 S. 63. Nov. 15), GNM, BA, Nr. 5 276 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg ner, vor allem Jörg Forster, in Salzburg abgewickelt. So bildete sich bei der Belieferung des venezianischen Absatzmarkts und dem Export südlicher Produkte nach Norden im Behaim’schen Handel ein Dreieck zwischen Salzburg, Nürnberg und Venedig heraus.167 Besondere Bedeutung kam unter den Waren aus dem Norden in Anbetracht seines Umfangs und seiner Wichtigkeit für die venezianische Wirtschaft und Rüstung dem Handel mit Metallen zu. Zwar traten die Nürnberger Geschäfte im Laufe des Jahrhun- derts hinter den Anteil der dominierenden Augsburger zurück.168 Jedoch lassen sich, wie im Vertrieb von Spezereien nach Norden, auch in diesem Bereich des Handels nach Süden beinahe alle namhaften Nürnberger Gesellschaften nachweisen. Die Serenissima hatte, trotz einiger Hütten auf der Terraferma, kaum einen eigenen Zugriff auf Rohstoffe wie Eisen oder Silber. Sie benötigte diese sowohl für den Lebensalltag ihrer Bewohner als auch für das eigene Gewerbe. Vor allem aber verlangte die Produktion der Galeeren und Waffen im venezianischen Arsenal eine große Menge an Metallen. Sie stellte einen wichtigen Wirtschaftszweig dar. Bedeutsam war sie darüber hinaus vor allem für die Wehrfähigkeit der Stadt und damit ihre politische Unabhängigkeit ebenso wie für den Zugriff auf die Handelsplätze im östlichen Mittelmeer, die durch das Vordringen der Os- manen nach Westen ab dem 15. Jahrhundert zunehmend in Gefahr waren.169 Unter den verschiedenen Metallen und Metallerzeugnissen, die die Nürnberger handelten,170 spielte

167 J. Forster aus Salzburg an M. Behaim (1443 Jan. 17) dels in Europa 1500–1650, hg. v. Hermann Kel- u. (1443 Jan. 19), GNM, BA, Nr. 5. Auch sonst wur- lenbenz, Köln u. a. 1977, S. 78–94, S. 78; Philippe den im venezianischen Kontext immer wieder die Braunstein, Le commerce du fer à Venise au XVe Verbindungen zu Salzburg erwähnt: u. a. L. Hirsch- siècle, in: Studi veneziani 8 (1966), S. 267–302, vogel aus Venedig an M. Behaim (1443 Jun. 25) S. 267, S. 277 u. S. 286. Braunstein bezeichnete das oder in den Abrechnung Hirschvogels aus Venedig Arsenal dabei als „client de première importance“: (1443), GNM, BA, Nr. 5. ebd., S. 277. Zur Entwicklung der Metallgewin- 168 Zur Bedeutung Augsburgs: Reinhard Hildebrandt, nung auf der Terraferma: Braunstein, Marché du Augsburger und Nürnberger Kupferhandel 1500– cuivre, S. 78. Quellen zum Arsenal und damit die 1619. Produktion, Marktanteile und Finanzie- Herkunft der hier genutzten Rohstoffe sind für das rung im Vergleich zweier Städte und ihrer wirt- 15. Jahrhundert kaum erhalten: Giovanni Caniato, schaftlichen Führungsschicht, in: Schwerpunkte L’Arsenale: maestranze e organizzazione del lavo- der Kupferproduktion und des Kupferhandels in ro, in: Storia di Venezia 5: Il Rinascimento. Società Europa 1500–1650, hg. v. Hermann Kellenbenz, ed economia, hg. v. Alberto Tenenti u. Ugo Tucci, Köln u. a. 1977, S. 190–224. Im Rechnungsbuch Rom 1996, S. 641–677, S. 641. A. Michiels wurde meist nur Metall als Handels- 170 Zum Handel der Imhoff mit Zinn(stagni)-, Eisen- ware angegeben, ohne dass es spezifiziert wird. Es u. Kupferdraht: BMC, Mss. PD C.911/1, fol. 76a u. ist jedoch davon auszugehen, dass es sich dabei 76b; GNM, IA Teil 1, Fasc. 28, Nr. 4 u. Fasc. 21, um aus dem Norden importiertes Metall handelte, Nr. 7 a-e. Laut Braunstein verkauften die Imhoff: zumal einmal als Herkunftsort Bruneck („rame da „in Venedig tonnenweise Eisendraht und Kupfer- Brunech“) angegeben wurde: ASVe, Misc Gregolin, draht.“ Braunstein, Wirtschaftliche Beziehungen, b. 15, fol. 146b; sowie: fol. 102b, 153b. S. 392. Ebd. auch zum Handel der Kress mit ver- 169 Zum Bedarf an den aus dem Norden gelieferten zinntem Blech, sowie: (1424 Sep. 14), GNM, KA, Metallen: Braunstein, Wirtschaftliche Beziehun- Sch. XXVIII, Fasc. A, Nr. 30. Zum Messing-Handel gen, 390–392; Philippe Braunstein, La marché du der Paumgartner: (1460 Dez. 28), in: Simonsfeld, cuivre à Venise à la fin du Moyen-Age, in: Schwer- Fondaco 1, Nr. 491, S. 269–270. punkte der Kupferproduktion und des Kupferhan- 2. Wirtschaftlicher Austausch zwischen Nürnberg und Venedig · 277 der Import von Eisen, das meist in Halbfertigprodukten geliefert wurde, eine besondere Rolle. Dass der Eisenimport über das Capitular des Fondaco staatlich geregelt wurde,171 zeigt die maßgebliche Bedeutung der deutschen Kaufleute, die vor allem in Tirol und Böhmen ihren Zugriff auf die dortigen Bergwerke ab der zweiten Hälfte des 15. Jahrhun- derts ausbauten. Dies galt auch für den Handel mit dem ebenfalls in Venedig dringend benötigten Kupfer, an dem die Nürnberger durch ihr Engagement in den Mansfelder Bergwerken einen wichtigen Anteil hatten.172 Der Handel mit Gold und Silber wurde bereits Mitte des 14. Jahrhunderts als wichtige Komponente des wirtschaftlichen Austausches zwischen Venedig und Oberdeutschland betrachtet.173 Um 1400 lieferten die Pirckheimer, Kress, Rummel und vor allem die Gra- netl Silber an ihren venezianischen Handelspartner, den Kaufmann und Bankier Gugliel- mo Condulmer, der dieses wiederum an die Zecca, die venezianische Münze, lieferte.174 Hier wurde das venezianische Geld geprägt, das insbesondere im 15. Jahrhundert zu einer der wichtigsten Währungen in Europa wurde.175 Wie sich dies politisch auswirken

171 Zur Regelung über das Capitular des Fondaco: fol. 1v (vier Mal); prot. 7, fol. 2r (zwei Mal). Zu Hil- Braunstein, Commerce du fer, S. 279. Dort auch polt Kress („Lipoldo Chres“): ebd., prot. 4, fol. 6r; ausführlich zur Bedeutung des Eisenimports für prot. 6, fol. 2v. Darüber hinaus wurden noch ein Venedig: ebd., S. 267 u. S. 284. „Sinibaldo a‹!› Noronbergo“ (ebd., prot. 6, fol. 1v), 172 Hildebrandt, Kupferhandel, S. 194–195 u. S. 203. ein „Zafredo da Noronbergo“ (ebd., prot. 6, fol. 2v) Die Augsburger dominierten den Handel mit dem und weitere, namentlich nicht eindeutig identifi- Rohstoff jedoch: ebd. Zur Bedeutung des Kupfer- zierbare Personen „aus Nürnberg“ genannt. Die handels für Venedig: Braunstein, Marché du cuiv- Verzeichnisse sind jeweils ohne Folioangaben. re, S. 78. Zum intensiven Zinn- und Kupferbergbau Vgl. zu den Rummel auch: Schaper, Rummel, der Nürnberger Welser: Wolfgang Wüst, Kunst, S. 34. Auch die Hirschvogel handelten mit Silber: Kommunikation, Kooperation und Konkurrenz. (1410 Feb. 7), in: Simonsfeld, Fondaco 1, Nr. 298, Interessenabgrenzung zwischen Nürnberg und S. 145–146. Vgl. auch: Schaper, Hirschvogel, S. 43. Augsburg, in: Anzeiger des Germanischen Natio- Wahrscheinlich tätigte auch Burckhard Semeler nalmuseums (2002), S. 325–336, S. 331. Eisengeschäfte, zumindest hatte er u. a. Simone 173 „und swelher kaufman golt oder silber gen Venedi Condulmer als Schuldner: (1420 Sep. 10), ASVe, bringet“; StAN, 7-farbiges Alphabet Urk. (Rep. 2b), CIN, b. 228, prot. 1, fol. 257v. Nr. 3735. Der Silberhandel wurde gar ein zweites 175 Tucci sprach von dem venezianischen Golddukaten Mal erwähnt. als „moneta dominante nel mondo mediterraneo“, 174 „l‘arzento pro porta a la zecha afinar“; ASVe, Proc. betonte aber auch die europäische Bedeutung: Ugo San Marco, Misti, b. 182, carte, prot. 4 (= 1397– Tucci, Monete e banche nel secolo del ducato d’oro, 1398), fol. 2r. Vgl. ebd., prot. 5 (= 1399–1401), in: Storia di Venezia 5: Il Rinascimento. Società ed fol. 4r. Zum Handel Condulmers mit Konrad economia, hg. v. Alberto Tenenti u. Ugi Tucci, Rom Pirckheimer: ebd., prot. 4, fol. 2r, 2v; prot. 6 (= 1996, S. 753–805, S. 753–754 u. S. 756. Tucci hob 1403–1404), fol. 1v; prot. 7 (= 1405), fol. 1v (zwei dabei die Bedeutung des Silbers aus Joachimtal Mal), 2r; prot. 8 (= 1407–1410), fol. 3r (zwei Mal), hervor, wo die Nürnberger stark vertreten waren: 3v, 5r, 5v; prot. 9 (=1410–1411), fol. 1v. Zu Jacob ebd., S. 764. Beispielsweise zum Engagement des bzw. Nikolaus Granetl: ebd., prot. 4, fol. 2v; prot. 6, ehemaligen Venedig-Kaufmanns Christoph I. fol. 2v (zwei Mal); prot. 7, fol. 1v (zwei Mal); Scheurl in Joachimstal: Archiv Scheurl, Cod. AB, prot. 8, fol. 2v, 4r, 5v (zwei Mal), 6r, 6v (drei Mal), fol. 118v–120r. Zur Zecca: Alan M. Stahl, Zecca. 7r (zwei Mal), 7v; prot. 9, fol. 1r. Zu Wilhelm Rum- The Mint of Venice in the Middle Ages, Baltimore mel: ebd., prot. 4, fol. 6r; prot. 5, fol. 2v; prot. 6, u. a. 2000, v.a. S. 69–96, S. 201–225 u. S. 369–406. 278 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg konnte und welche Funktion die Nürnberger176 als Silberlieferanten für die Serenissima und ihre Münzproduktion hatten, zeigen die großen Probleme, die sich während der Handelssperre König Sigismunds ergaben.177 Auch im späteren 15. Jahrhunderts waren die Nürnberger, wie die Imhoff oder möglicherweise auch Christoph I. Scheurl, im Sil- berhandel mit Venedig aktiv, wenngleich die Überlieferung hierzu abnahm.178 Obwohl die Nürnberger im Silberhandel das ganze 15. Jahrhundert eine wichtige Rolle gespielt zu haben scheinen, setzt sich in den Quellen die Dominanz, die ihnen in der Zeit um 1400 und in der ersten Jahrhunderthälfte zukam, im späteren Zeitraum nicht fort. Ob dies der Überlieferung oder der zunehmenden Bedeutung der Augsburger im alpinen und osteuropäischen Bergbau geschuldet ist und es so im Metallhandel mit der Lagunenstadt zu einer möglichen Verdrängung der Franken kam, lässt sich dabei nicht feststellen, auch wenn Letzteres zu vermuten ist. Bei dem verzinnten Blech, das die Kress in Venedig vertrieben, handelte es sich um eine Erfindung der Nürnberger Technik. Wie sonst in Europa, waren in Venedig und in den Handelsstädten der Levante die technisch und qualitativ hochwertigen Erzeugnisse des reichsstädtischen Gewerbes sehr gefragt.179 Es wurden, wie von den Imhoff, Speere, Drahte, Stangen oder Ringeldraht exportiert. Daneben handelte man mit Goldschmie- dearbeiten und Präzisionsinstrumenten wie Kompassen, die für die venezianischen Han- dels- und Flottenkapitäne von Interesse waren.180 Darüber hinaus lassen sich unter den Nürnberger Produkten in Venedig Paternoster ausmachen, für deren Herstellung die Reichsstadt berühmt war und die des öfteren aus Materialien angefertigt wurden, die die Franken ihrerseits aus der Lagunenstadt importiert hatten.181 Die Erzeugnisse aus Nürn- berg hatten im Handel mit Venedig folglich eine gewichtige Rolle. Dass ihr Export in die Serenissima einen Höhepunkt um 1500 erreicht zu haben scheint, ist im Kontext der von der Forschung immer wieder betonten Hochzeit des Nürnberger Gewerbes182 bezüglich seiner Innovation, seiner Qualität und seines Umfangs zu sehen.

176 Tucci, Monete, S. 764. Braunstein konstatierte eine Fasc. 28, Nr. 4 u. 11b. Vgl. auch: Jahnel, Imhoff, „klare Vorherrschaft der Nürnberger“: Braunstein, S. 63. Zum Absatz von Goldschmiedeprodukten Wirtschaftliche Beziehungen, S. 392. Zur Bedeu- und Präzisionsinstrumenten: Braunstein, Wirt- tung auch: Stromer, Oberdeutsche Hochfinanz 1, schaftliche Beziehungen, S. 393. S. 120 –121. 181 Ulrich Hirschvogel importierte 1410 eine „quanti­ 177 Tucci, Monete, S. 757; sowie: Frederic C. Lane, Ex- ta[s] modica de instrumentis factis ex ossibus, in portations vénitiennes d’or et d’argent de 1200 à quibus vulgares numerare ac notare solent ora- 1450. 12.–19. siècles, in: Études d’histoire monétaire, cionem dominicam scilicet Paternoster“; (1410 hg. v. John Day, Lille 1984, S. 29–48, S. 35–37. Feb. 7), in: Simonsfeld, Fondaco 1, Nr. 298, S. 145– 178 Zu den Imhoff: Jahnel, Imhoff, S. 64. Christoph I. 146, S. 145. Oftmals handelte es sich um Korallen. trieb gleichzeitig in Schwaz und Venedig Geschäf- Stefan Paumgartner bestellte bei Dürer „50 korner te: Archiv Scheurl, Cod. AB, fol. 84v–85v. zw eim paternoster kawffen, karnioll“ A. Dürer 179 Zu den Nürnberger Erfindungen und deren Be- aus Venedig an W. Pirckheimer (1506 Okt. 13), in: deutung vgl. den einschlägigen Beitrag von: Stro- Pirckheimer Briefwechsel 1, Nr. 129, S. 438–444, mer, Epicentre. Vgl. auch: Stromer, Nürnbergs S. 440. Vgl. auch: Kap. III.2.3. wirtschaftliche Lage, S. 16. 182 Vgl. hierzu: Stromer, Epicentre. Als Überblick zu 180 Zum Handel der Imhoff u. a.: GNM, IA Teil 1, den einzelnen Bereichen vgl. die entsprechenden 2. Wirtschaftlicher Austausch zwischen Nürnberg und Venedig · 279

Die fragmentarische Überlieferungssituation macht nicht nur die genaue Bestim- mung des Handelsumfangs unmöglich. Der Umstand, dass ein Großteil der Quellen Nürnberger Provenienz in den Archiven einiger weniger Kaufmannsfamilien überliefert ist, erschwert überdies Aussagen über den Anteil einzelner Geschlechter am Gesamthan- del. Deutlichere Aufschlüsse lassen die Rechnungsbücher der venezianischen Handels- partner zu. Wie die Soranzo unterhielten sie teilweise mit einer Vielzahl von Nürnberger Kaufleuten Handelskontakte, wobei sich zeitspezifische Schwerpunkte im Handel mit be- stimmten Personen und Firmen erkennen lassen. Daneben lässt sich über deren Position in der Nürnberger Kaufmannschaft in Venedig die wirtschaftliche Bedeutung einzelner Familien einschätzen. Entsprechend ihrer herausragenden Stellung im Austausch mit Venedig und ihrer engen Verknüpfung mit der venezianischen Kaufmannschaft, ragten die Kress sowohl im Warenumfang als auch in der Menge der von ihnen vertriebenen Güter in der Zeit um 1400 hervor. Daneben erscheinen die Rummel und Pirckheimer in dieser Zeit als wichtige Handelspartner für die Venezianer. Die für die Mendel nach- vollziehbaren Geschäfte korrespondierten hingegen nicht mit ihrer Stellung im Fondaco und den generellen Beziehungen zwischen beiden Städten im frühen 15. Jahrhundert. Bei den Hirschvogel zeigt sich die Problematik der fragmentarischen Überlieferung im Bereich des Warenaustausches besonders deutlich. Vor allem für die zweite Hälfte des 15. Jahrhunderts entsprechen die Verweise auf den Güteraustausch in keiner Weise der Position, die die Familie und ihre Mitglieder in Anbetracht ihrer Stellung im Fondaco oder am Sebaldaltar innerhalb der Nürnberger Kaufmannschaft in Venedig einnahmen. Für die Imhoff hingegen zeigte sich die zunehmende Bedeutung des Geschlechts im Venedig-Handel, die sich im Fondaco oder am Sebaldaltar herauskristallisierte, auch in der Entwicklung ihre Warengeschäfte. Ab dem ausgehenden 15. Jahrhundert scheinen sie sowohl den Import von Nürnberger Erzeugnissen nach Venedig als auch den Export von Luxusgütern und Eigenbedarfsartikeln dominiert zu haben. Vor allem aber übernahmen sie spätestens in den 1480er Jahren die Vorherrschaft im Nürnberger Pfefferhandel. Auch im 16. Jahrhundert behielten sie aufgrund der Qualität, des Preises wie wohl auch der guten Geschäftsbeziehungen, die sie in Venedig hatten, und den sich daraus ergebenden Handelsvorteilen den intensiven Pfefferhandel mit der Stadt trotz neuer Möglichkeiten des Pfefferimports über Portugal bei.183 Möglicherweise steigerte sich ihre Bedeutung im venezianischen Gewürzhandel gerade wegen der zunehmenden Orientierung der Kauf- leute aus anderen Städten in Richtung Westen. Das Ausgreifen der Imhoff im europäi- schen Wirtschaftsraum mit Niederlassungen etwa in Antwerpen, Lissabon, Lyon oder

Beiträge aus Gerhard Pfeiffer (Hg.), Nürnberg – und der Kartographie, S. 218–224; sowie: Heinrich Geschichte einer europäischen Stadt, München Kohlhaussen, Nürnberger Kunsthandwerk im 15. 1971: Hermann Kellenbenz, Gewerbe und Handel und 16. Jahrhundert, S. 224–229. am Ausgang des Mittelalters, S. 176–186; Ders., 183 Vgl. auch: Jahnel, Imhoff, S. 155; Fleischmann, Rat Wirtschaftsleben im Zeitalter der Reformation, und Patriziat 2.1, S. 611; Barthels, Drogenhandel, S. 186–194; Fritz Schnelbögl, Stadt des Buchdrucks S. 82. 280 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg

Leipzig ab dem ausgehenden 15. Jahrhundert184 scheint den Warenhandel mit Venedig nicht beeinträchtigt zu haben. Es schuf im Gegenteil neue Umschlagplätze für die aus Venedig exportierten Waren, die mit denjenigen an den jeweiligen Standorten aufgrund ihrer Qualität und ihres Preises in Konkurrenz treten konnten.

2.3 Venezianische Waren in Nürnberg und im Nürnberger Alltag

Als Hans Tetzel vor seinem Eintritt in das Nürnberger Predigerkloster 1464 eine Auf- stellung über sein Vermögen und seinen Besitzstand anfertigte, vermerkte er unter den Kleinodien, dem Hausrat und den Büchern auch zahlreiche Gegenstände venezianischer Herkunft. Neben einem Büchlein „von allerley kauffmannschaft hie zu Venedig“ besaß der Patrizier mehrere wertvolle Bücher, die auf venezianischem Papier gedruckt wor- den waren. Darunter befand sich auch „ein gancze teusche wibell, ist auf getruckt auf papir der grossen Venedischen pogen und in pretter gepunden“, die also offenbar im Reich nördlich der Alpen hergestellt worden war. Zudem besaß er eine venezianische Seidenhaube, und auch die Beschreibung anderer Kleidungsstücke lässt vermuten, dass die Stoffe, aus denen sie angefertigt waren, aus Venedig nach Franken gelangt waren. Bei den vielen Edelsteinen, den Korallen, aus denen seine Paternoster gefertigt waren, und den Steinen eines „gulden ringk mit eym saffir und orientischen amatisten“ ist eben- falls davon auszugehen, dass sie über die Lagunenstadt aus dem Orient bezogen worden waren.185 Wahrscheinlich waren sie dem Patrizier, der selbst in der Überlieferung zum Nürnberger Venedig-Handel nicht in Erscheinung tritt, von Freunden, Verwandten oder Geschäftspartnern mitgebracht worden, oder er hatte sie von den mit der Serenissima in Verbindung stehenden Nürnberger Kaufleuten erworben. Das Salbuch Tetzels zeigt ebenso wie zahlreiche Verweise auf Produkte und Gegenstände in anderen Quellen, dass neben der Weiterverbreitung eines Großteils der Waren ein Teil der Güter dem Nürn- berger Eigenbedarf diente. Diese wurden zu einem Element des Nürnberger Lebens. Die genauen Wege von Süd nach Nord lassen sich nur in einigen Fällen nachvollziehen. Dass die Zahl entsprechender Hinweise ab dem Ende des 15. Jahrhunderts rapide zunahm, ist wohl nicht nur der Überlieferungssituation geschuldet. Die ausgeprägte Fluktuation

184 Vgl.: Fleischmann, Rat und Patriziat 2.1, S. 628; punden und uber czogen mit einem prawn leder“ sowie ausführlich: Jahnel, Imhoff. sowie das „ander halbteill des passionals ist auch 185 Unter den Edelsteinen befanden sich z. B. Tür- auf Venedisch groß pogen geschriben in preter kise, Diamanten, Rubine und Perlen: StAN, Hs. gepunden, mit eim weissen leder überczogen und (Rep. 52a), Nr. 305, fol. 56r. Zu den offenbar sehr disse czwey passinal kosten mit allen dingen pey wertvollen Korallen-Paternostern: ebd., fol. 57rv. 20 gulden“; ebd. 62rv. Zum Kaufmannsbüchlein: Zur Kleidung: ebd. fol. 59v. Unter seinen Büchern ebd., fol. 63r. Die Ausgabe der Bibel konnte nicht befanden sich neben der Bibel ein „halbs passio- ermittelt werden. nal auff venedisch pogen geschriben in preter ge- 2. Wirtschaftlicher Austausch zwischen Nürnberg und Venedig · 281 der Nürnberger in Venedig stärkte den Wunsch nach venezianischen Produkten auch in der Vaterstadt. Zunehmend gewöhnte sich die reichsstädtische Oberschicht an sie. Zudem erhöhte die immer größere Mobilität die Verfügbarkeit und verbesserte die Aus- tauschmöglichkeiten. Gerade im Bereich des Imports von Luxusgütern trugen sowohl die immer stärkeren sozialen Abgrenzungstendenzen der Nürnberger Oberschicht nach unten als auch ihre gleichzeitig steigenden Bestrebungen, sich adeligen Lebensformen anzunähern,186 dazu bei, dass Gegenstände aus Venedig in der fränkischen Reichsstadt verstärkt vorkamen. Besonders häufig finden sich in den Quellen Hinweise auf Schmuck und Edelstei- ne. Neben den von Dürer für Pirckheimer besorgten Edelsteinen und Schmuckstücken ist jedoch nur für den „venedische[n] marcell“, der im Vermächtnis des Nürnbergers Claus Mund erhalten war, Venedig als eindeutiger Herkunftsort angegeben.187 Unter den Kleinodien, die Franz Horn dem Bernhard Walter als Pfand für seine in der Stadt zu be- gleichenden Schulden hinterlegte, befanden sich „orientische berlein“ und „ain grosser orientischer granat“. Auch die in den Schmuckstücken verarbeiteten Rubine und Saphi- re kamen möglicherweise aus dem Orient und waren über Venedig nach Nürnberg ge- langt.188 Im Inventar Hans IV. Imhoffs von 1499 fanden sich unter anderem „drey gulldin saffir ring, ain diemant tefel ringlein [,] ain schwartze seydine schnur mitt perlin, zway hefftlin mitt zwayen saphirn“.189 Die engen Geschäfte der Familie mit Venedig machen eine entsprechende Herkunft noch wahrscheinlicher. Über die Tätigkeit von Familienmitgliedern in der Lagunenstadt gelangte wohl auch ein „gross gemalt Venedig tuch“, möglicherweise eine Art Wandteppich, in den Besitz Hans V. Imhoffs, in dessen Inventar es gemeinsam mit anderem „gemelwerck“ 1536 auf- gezählt wurde.190 Anders als bei dem Imhoff’schen Kunstgegenstand geht aus den Be- stellungen Willibald Pirckheimers an Albrecht Dürer das gewünschte Motiv hervor. Der Humanist begehrte von seinem Freund und Schützling venezianische Historiengemälde. Dass Dürer dabei auf „nix besunders, dz dy Walhen machen, dz sunders lustig in ewer studorio wer“ stieß, kann in Anbetracht des Selbstbewusstseins des Malers und seiner Konkurrenz mit seinen italienischen Kollegen nicht verwundern.191 Die eingehendste Beschreibung eines aus Venedig importierten Gemäldes liefert das Haushaltsbuch von

186 Fleischmann, Rat und Patriziat 1, S. 252–253. 189 (1499 Jan. 14), GNM, IA Teil 1, Fasc. 8, Nr. 17, 187 Zwar handelte es sich dabei eigentlich um eine (fol. 7r = o. Fol.). Münze. Die Tatsache, dass er gemeinsam mit 190 „Ein gross gemalt Venedig tuch an der wanndt Gold- und Silberschmuck und sechs, möglicher- umb ein gulden hat her Enndres Im hoff ange- weise ebenfalls über Venedig importierten Koral- nomen“. Im Gegensatz zu den anderen Gemälden len vermacht wurde, lassen eine Verwendung als wurde das Motiv nicht angegeben. Der Wert lag Schmuckstück vermuten: (1529 Apr. 16), StadtAN, mit einem Gulden im Durchschnitt der Bilder: B 14/II-28, fol. 59r. Zu den Besorgungen Dürers: (1536), GNM, IA Teil 1, Fasc. 15, Nr. 6, S. 44. vgl. Kap. III.2.2.1. 191 A. Dürer aus Venedig an W. Pirckheimer (1506 188 (1492 Nov. 17), StadtAN, B 14/I-12, fol. 191v u. Aug. 18), in: Pirckheimer Briefwechsel 1, Nr. 118, 192r. S. 385–390, S. 387. 282 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg

Anton II. Tucher. Bei der „allten tafel von Venedig, daran kaißer Constantinus und sant Elena in irem leben abconttrafett worden sein“, handelte es sich laut Wilhelm Loose um ein Bild, das die Venezianer 1436 nach der Eroberung eines von Türken besetzten Orts an sich genommen und in ihre Vaterstadt gebracht hatten. Ob dies wirklich zutraf und wie es an Tucher gelangte, welche Rolle dabei möglicherweise Hans VI. Imhoff oder Georg Spengler spielten, die in der Regel die sonstigen Venedig-Besorgungen für ihn abwickel- ten, lässt sich jedoch nicht klären. Allerdings verdeutlicht es den hohen Wert, den nach Nürnberg importierte venezianische Produkte haben konnten. Die große Bedeutung, die es für Tucher hatte, zeigt auch der Auftrag an den Bildhauer Veit Stoß 1517, das Bild für die hohe Bezahlung von 50 Gulden einzufassen.192 Bei den anderen aus Venedig stam- menden Ausstattungsgegenständen in den Nürnberger Patrizierhäusern handelte es sich meist gleichermaßen um luxuriöse Produkte. Ebenfalls im Tucher’schen Haushaltsbuch wurde eine eiserne Truhe aus Venedig erwähnt. Endres Imhoffs Mutter wünschte offen- bar eine „glas truhen von Venedig.“ Auch Pirckheimer ließ sich aus der Stadt eine Truhe, diesmal aus Zypressenholz, von Lazarus Spengler über dessen Bruder Georg besorgen, die Letzterer vor Ort für den Humanisten anfertigen ließ.193 Die türkischen Teppiche, die im Memorialbuch Willibald Imhoffs, Pirckheimers Enkel, auftauchten, gelangten wohl gleichfalls über Venedig nach Nürnberg und stammten möglicherweise vom Großvater. Dass dieser Interesse an Teppichen aus der Lagunenstadt hatte, zeigen die Wünsche, die er gegenüber Dürer äußerte.194 Die patrizische Nachfrage nach Waren aus Venedig offenbaren auch die zahlreichen Stoffe und Kleidungsstücke venezianischer Herkunft. Hans V. Imhoff kaufte seinem Schwiegervater, dem Vordersten Losunger Gabriel Muffel, in Venedig 1491 Samt, Scham- lot und Tuch. Seine Witwe Katharina ließ sich 1536 über die „Tucherin zu Venedig“ „ein stuck zwiffach rot samlot“ besorgen. Immer wieder fanden sich darüber hinaus venezia- nische Kleidungsstücke, wie die Seidenhaube im Inventar Hans Tetzels, in Nürnberg.195 Wiederholt wurden aus Venedig exportierte Lebensmittel und ähnliche Gebrauchsgegen-

192 (1517 Apr. 18), Tucher, Haushaltsbuch, fol. 135v, 194 Zu den Teppichen für Pirckheimer: Kap. III.2.21. S. 143–144. Das Bild soll trotz einer während eines Zu den Teppichen in Willibald Imhoffs Inventar: Kampfes eingeschlagenen Kugel nicht beschädigt StBN, Amb. 65–4°, fol. 53v. worden sein: ebd., Anm. 3. 195 „Venedische newe hauben mit seiden genet“; StAN, 193 „Mein bruder schreibt mir von Venedig, das er Hs (Rep. 52a), Nr. 305, fol. 59v. Zu den Besorgun- euch ain zippressins ledlin machen laß; wöll er gen für Katharina Imhoff: (1536), GNM, IA Teil 1, euch schicken, ehe er außreit.“ L. Spengler aus Fasc. 15, Nr. 1. Heft Apr. 1535-Mai 1536 (o. Nr.), Nürnberg an W. Pirckheimer (1520 Dez. 5), in: (fol. 3v = o. Fol.). Zu den Einkäufen ihres Mannes Pirckheimer Briefwechsel 4, Nr. 737, S. 404–408, für ihren Vater: „Gabriel Muffel im kauft zu Vene- S. 408. Sowie: (1520 Dez. 29), in: ebd., Nr. 742, dig 2 ellen suarz samet“ (1491), GNM, IA, Teil 1, S. 428–430, S. 430. Für die Imhoff’sche Truhe Fasc. 19, Nr. 1, fol. 44b. Mit dem Patrizier Nikolaus wurde der Fuhrlohn vermerkt: GNM, IA Teil 1, Groß betrieben die Imhoff Geschäfte mit rotem u. Fasc. 15, Nr. 1.6b, (fol. 5v = o. Fol.). Zur Truhe schwarzem Stoff aus Venedig: ebd., fol. 40b. Tuchers, die denen aus Rom ähnle: (1516 Feb. 18), Tucher, Haushaltsbuch, fol. 124r, S. 129. 2. Wirtschaftlicher Austausch zwischen Nürnberg und Venedig · 283 stände erwähnt. Elisabeth Behaim bat ihren Bruder, Lienhard I. Hirschvogel, um die Zu- sendung von Konfekt, Datteln und Zuckerhut. Für Katharina Tucher, die Frau Linharts I., besorgte Hieronymus Imhoff in Venedig Seife, „halb in kugeln und halb in teffellein“.196 Auch bei den Spezereien, die Anton Tucher bestellte, handelte es sich wohl um Produkte zum Eigenbedarf, wie aus den kleinen Mengen zu schließen ist.197 Eine Besonderheit stellte der von Georg Spengler für Anton II. Tucher importierte Theriak dar, der laut der Anweisungen Hartmann Schedels im Pilgerbericht Hans VI. Tuchers notwendig für zahlreiche Medizinrezepte war.198 Außergewöhnlich waren auch die Bücher, die einige Patrizier direkt aus Venedig be- zogen oder für die venezianisches Papier genutzt wurde. Ob die „aylff gedruckte welische pucher“, die Veit Imhoff nach seinem Tod hinterließ, von dort kamen, ist nicht nachweis- bar, aufgrund der langjährigen Tätigkeit des Kaufmanns in der Stadt jedoch anzuneh- men.199 Unklar ist, um welche Art von Büchern es sich dabei handelte. Möglicherweise waren es, wie die auf venezianischem Papier gedruckten Passionsbücher und die ent- sprechende Bibel Tetzels, Werke religiösen Inhalts.200 Willibald Pirckheimer ließ sich von Dürer direkt Papier aus Venedig mitbringen, obwohl sich die Nürnberger Produktion in diesem Bereich selbst auf einem sehr hohen Entwicklungsstand befand – was auch der Maler gegenüber seinem Freund bemerkte. Der Humanist wünschte offensichtlich eine ganz besondere Art des venezianischen Papiers, die er, vielleicht aus früheren Einkäufen oder seiner eigenen Zeit in Italien, kannte und besonders schätzte.201 Darüber hinaus bestellte Pirckheimer bei dem Maler gebranntes, wahrscheinlich mit Emailarbeiten ver- sehenes Glas, Öl und Kranichfedern. Bei dem Erwerb Letzterer hatte Dürer, wie häufiger

196 H. Imhoff aus Venedig an L. Tucher (1544 Dez. 199 (1504 Mär. 26), GNM, IA Teil 1, Fasc. 21, Nr. 8, 11), StadtAN, E 29/IV-1140. Zum Erhalt der Seife: (fol. 3v = o. Fol.). Vgl. zu Veit Imhoffs Tätigkeit L. Tucher aus Nürnberg an H. Imhoff in Venedig die Abrechnungen und Schuldverschreibungen (1545 Jan. 9), StadtAN, E 29/IV-281. Zu den Be- aus den 1490er Jahren: GNM, IA, Teil 1, Fasc. 21, stellungen Elisabeth Hirschvogels: „ich sent ir mit Nr. 7a-d. den nehsten tattelen und zukerhut alz si wegert 200 StAN, Hs (Rep. 52a), Nr. 305, fol. 62rv. hat.“ L. Hirschvogel aus Venedig an M. Behaim 201 „Item last mich wissen, was papirs Ir meint, dz ich (1443 Jan. 27), GNM, BA, Nr. 5. kawffen soll, wan ich weis kein subtillers den als 197 „parißkorner[,] piper[,] garoffel“; (1516 Sep. 5), wir doheim kawft hand.“ A. Dürer aus Venedig Tucher, Haushaltsbuch, fol. 44v, S. 45. an W. Pirckheimer (1506 Aug. 18), in: Pirckhei- 198 „beczalt dem Jorg Spengler fur 2 puchß driacker mer Briefwechsel 1, Nr. 118, S. 385–390, S. 387. von Venedig“; (1516 Mai 16), Tucher, Haushalts- Zur Nürnberger Papierproduktion: Lore Sporhan- buch, fol. 125v, S. 131. Zu den Rezepten Hartmann Krempel, Papiererzeugung und Papierhandel in Schedels: Tucher, „Reise ins Gelobte Land“, S. 486– der Reichsstadt Nürnberg und ihrem Territori- 488. Zu Theriak und seiner Verbreitung in Europa: um, in: Beiträge zur Wirtschaftsgeschichte Nürn- Marianne Stößl, Lo spettacolo della Triaca. Produ- bergs 2, hg. v. StadtAN, (Beiträge zur Geschichte zione e promozione della „droga divina“ a Venezia und Kultur der Stadt Nürnberg 11), Nürnberg dal Cinque al Settecento, (Centro Tedesco di Stu- 1967, S. 726–750. Zu den Bücherkäufen Pirckhei- di Veneziani. Quaderni 25), Venedig 1983, S. 37. mers und anderer: vgl. Kap. III.4. Nürnberg war die „prima e più importante metro- pole tedesca della triaca“: ebd., Anm. 28, S. 14. 284 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg bei Bestellungen seines Förderers, allerdings Probleme.202 Dass der Humanist den Maler trotz dessen Akquisitionsschwierigkeiten und seiner eigenen engen Verbindungen zu ei- ner Vielzahl erfahrener Venedig-Händler mit seinen ausgefallenen und exquisiten Wün- schen betraute, lag vermutlich nicht nur an den Verpflichtungen des Künstlers gegenüber seinem Förderer, sondern auch an Dürers Expertise und seinem Geschmack. Von seinem Schwiegersohn Hans VI. Imhoff ließ Pirckheimer sich hingegen meist alltäglichere Arti- kel wie Kämme, Rosenkränze, Gürtel und türkische Felle besorgen.203 Sowohl die Bestellung von Gegenständen an sich als auch der Wunsch nach bestimm- ten Produkten setzte deren Kenntnis durch die Nürnberger Auftraggeber voraus. Diese konnte aus einer eigenen Venedig-Erfahrung herrühren oder, wie dies beispielsweise für Elisabeth Behaim und Katharina Tucher zu vermuten ist, einer gewissen Selbstver- ständlichkeit venezianischer Produkte im Nürnberger Leben geschuldet sein. Vor allem die Wünsche nach speziellen Anfertigungen setzten eine genaue Vorstellung von den in Venedig produzierten Waren voraus. Nicht nur bestellte Pirckheimer dort eine Zypres- senholztruhe, die eigens für ihn hergestellt wurde. Als Hans VI. Imhoff die von seinem Schwiegervater gewünschten Gläser in Venedig nicht finden konnte, ließ er solche, ent- sprechend den Wünschen, die Pirckheimer wohl geäußert hatte, in Murano anfertigen.204 Insbesondere Produkte aus dem venezianischen Glas- und Majolikahandwerk wur- den oftmals speziell auf die Vorstellungen der Käufer abgestimmt.205 Die venezianischen Glaserzeugnisse waren im Reich nördlich der Alpen sehr geschätzt. Immer wieder tau- chen sie in den Nürnberger Quellen auf.206 Dabei konnte es sich um Halbfertigprodukte handeln, die zum Verglasen von Fenstern genutzt, oder, wie die „venedische[n] scheiben“, die sich im Besitz der berühmten Nürnberger Glashandwerker Veit und Augustin Hirsch- vogel befanden, anderweitig weiterverarbeitet wurden.207 Häufiger wurden jedoch Fer- tigprodukte importiert. Aufgrund der zunehmenden Spezialisierung des venezianischen

202 Dürer schickte stattdessen Schwanenfedern: an die Konsumenten aus dem Reich nördlich der A. Dürer aus Venedig an W. Pirckheimer (1506 Alpen anpasste: Carl Pause, Spätmittelalterliche Aug. 18), in: Pirckheimer Briefwechsel 1, Nr. 118, Glasfunde aus Venedig. Ein archäologischer Bei- S. 385–390, S. 387. Zum Glas: ebd., S. 386–387, trag zur deutsch-venezianischen Handelsgeschich- sowie: (1506 Sep. 23) u. (1506 Okt. 13) in: ebd., te, (Universitätsforschungen zur prähistorischen Nr. 124, S. 424–427, S. 425 u. Nr. 129, S. 438–444, Archäologie 28), Bonn 1996, S. 124. S. 440. Zum Öl: ebd., Nr. 124, S. 424–427, S. 425. 206 Im Gegenzug importierten die Nürnberger nach 203 H. Imhoff aus Venedig an W. Pirckheimer (1518 Süden Glasspiegel und farbiges Fensterglas, die in Dez. 3), in: Pirckheimer Briefwechsel 3, Nr. 569, der Lagunenstadt nicht hergestellt wurden: Pause, S. 437–438, S. 438. Glasfunde, 116. 204 H. Imhoff aus Venedig an W. Pirckheimer (1518 207 (1528 Apr. 29), StadtAN, B 14/II-26, fol. 62r. Vene- Dez. 3), in: Pirckheimer Briefwechsel 3, Nr. 569, zianisches Glas zum Verglasen wurde z. B. bei der S. 437–438. Klage des Thomas Fellnstain gegen Anna Krel im 205 Dabei stellt sich, gerade im Hinblick auf typisch Kontext der Verglasung einer Stube mit veneziani- nordalpine Glasgefäßformen wie die Rippenscheu- schem Glas erwähnt: (1523 Jul. 27), StadtAN, B 14/ er, die zunehmend auch in Venedig vorkamen, die II-18, fol. 53v. Frage, inwieweit sich das venezianische Handwerk 2. Wirtschaftlicher Austausch zwischen Nürnberg und Venedig · 285

Glashandwerks und dessen Abschottung gegen Versuche, seine speziellen Techniken, wie den Cristallo oder den besonders teuren Lattimo, zu adaptieren, stieg der Wert venezia- nischer Glasprodukte in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts noch. Gleichzeitig zeigt die rapide Zunahme entsprechender Verweise in den reichsstädtischen Quellen auch ein gesteigertes Interesse der Nürnberger an entsprechenden Erzeugnissen. Es scheint im frühen 16. Jahrhundert so groß gewesen zu sein, dass es für die Handwerker der Stadt erstrebenswert wurde, sich die venezianischen Techniken selbst vor Ort anzueignen.208 Meist handelte es sich bei den eingeführten Fertigprodukten um Gefäße, vor allem Gläser und Becher. In der Regel wurden sie in den Quellen unspezifisch nur als venezianische Trinkgläser bezeichnet.209 Einige Erzeugnisse der venezianischen Glasindustrie sind je- doch erhalten und lassen sich in ihrer Gestalt und ihrer Funktion genauer fassen. Wie bei den von Hans Imhoff für Pirckheimer in Murano bestellten Gläsern wurden auch sie entsprechend ihrer Motivik speziell für Nürnberger Patrizier angefertigt. So zeigt der sogenannte „Behaim-Becher“, der wohl anlässlich der Hochzeit von Michael IV. Behaim und Katharina Lochner 1495 aus Kristall angefertigt wurde und aufgrund seiner Gold- und Emailverzierung einen besonderen Wert hatte, die Wappen der beiden Brautleute.210 Eine venezianische Gürdenflasche der Pfinzing, die zwischen 1520 und 1530 entstand, ist ebenfalls mit dem Familienwappen versehen.211 Unter den 1533 im Nachlassinventar Hans VI. Imhoffs aufgeführten Glasprodukten fand sich eine „schone gleserne Schüssel mit Pirckhaymer wappen“, die der Kaufmann wahrscheinlich von seinem Schwiegervater erhalten hatte.212 Wie Pirckheimer oder Behaim wünschten die Auftraggeber exklusive und äußerst kostbare venezianische Techniken der Glasproduktion und -verzierung, die auch den Wert der Produkte als Repräsentations- und soziale Distinktionsgegenstände steigerten.213

208 Vgl.: Kap. II.2.1. Bei lattimo handelte es sich um rer Berücksichtigung der Werke Albrecht Dürers, eine milchige Glasvariante. Hierzu und zum Wert (Hochschulschriften 90), Münster 1996, S. 52, des Kristalls: McCray, Glassmaking, S. 142–143. Anm. 2. Laut Budde muss es sich um veneziani- 209 So findet sich im Inventar des Venedig-Kaufmanns sche Gläser gehandelt haben: ebd., S. 52. Konrad III. Imhoffs von 1486 „ain ledlin mit Ve- 213 Zum Behaim-Becher und der Repräsentations- nedischen trinckglesern“. GNM, IA Teil 1, Fasc. 7, funktion entsprechender Erzeugnisse: Böckem, Nr. 6, fol. 5r. Auch die Praun ließen sich nach Bo- Dürer und Italien, S. 61. Zur „Indikationsfunktion“: logna venezianische Trinkgläser aus Venedig kom- Pause, Glasfunde, S. 126. Wahrscheinlich stand die men: StBN, Amb. 22–8°, fol. 120r. erhöhte Anzahl der durch Wappen personalisier- 210 McCray, Glassmaking, S. 123; Böckem, Dürer und ten venezianischen Produkte, die mit den Behaim Italien, S. 6. Eine Abbildung des sich im Corning auch für eine der ältesten Nürnberger Patrizierfa- Museum of Glass in New York befindenden Be- milien nachgewiesen sind, im Zusammenhang mit chers: Daniel Hess u. Thomas Eser (Hgg.), Der den zunehmenden Bestrebungen der städtischen frühe Dürer, Nürnberg 2013, S. 61. Oberschichten, sich dem Adel anzupassen. Zum 211 Rainer Rückert, Die Glassammlung des Bayeri- damit einhergehenden Repräsentationsbedürf- schen Nationalmuseums München 1, München nis: Michael Diefenbacher, Stadt und Adel – Das 1982, Nr. 36, S. 51. Nürnberger Patriziat und seine Herrensitze, in: 212 Hendrik Budde, Die Kunstsammlung des Nürn- Adelssitze – Adelsherrschaft – Adelsrepräsenta- berger Patriziers Willibald Imhoff unter besonde- tion in Altbayern, Franken und Schwaben, hg. v. 286 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg

Ein großer Teil der erhaltenen venezianischen Majolika-Produkte in Nürnberger Be- sitz wurde um 1500 hingegen für Mitglieder der Familie Imhoff angefertigt.214 Auch diese dienten entsprechend ihren Wappendarstellungen wohl vor allem Repräsentationszwe- cken. Um eines der ersten bekannten, in Venedig angefertigten Stücke des sogenannten Dekors „alla procellana“ handelte es sich bei dem wohl zwischen 1505 und 1515 entstan- denen Albarello mit dem Allianzwappen Hans V. Imhoffs und Katharina Muffels.215 Ihr Sohn Endres I. Imhoff ließ sich zwischen 1518 und 1525 ein ganzes Service anfertigen, das ebenfalls in dem blau-weißen, die chinesischen Porzellantraditionen der Ming-Zeit rezipierenden Dekor gehalten war und mit seinem Wappen und demjenigen seiner Frau, Ursula Schlaudersbach, geschmückt wurde.216 So etablierten sich in Nürnberg und auch in der Familie der Imhoff venezianische Moden, die sich aus der Mittlerposition Vene- digs zwischen Orient und Okzident heraus auch im Westen durchsetzten und hier das Attribut „alla veneziana“ erhielten. Daneben befanden sich unter den von den Imhoff in Venedig bestellten Majolikagegenständen auch Produkte mit weiteren Verzierungsfor- men, wie der Teller „a foglie“, der, mit dem Allianzwappen Ursula Imhoffs und ihres Ge- mahls Hans Lochinger versehen, vermutlich 1523 in Venedig angefertigt wurde. Durch die Bemalung wurden auch antike Bildmotive in den Norden vermittelt (Abb. 8).217 Der

Gisela Drossbach u. a., (Neuburger Kollektaneen- scher Provenienz waren, ist unklar: Glaser, Majoli- blatt 160), Neuburg 2012, S. 151–179, S. 162. ka, Nr. 195–196, S. 225–227 u. Nr. 199, S. 231. 214 Ab ca. 1550 fanden sich auch Majolika-Gegenstän- 215 Der Albarello wurde wohl gemeinsam mit einem in de venezianischer Provenienz mit den Wappen der derselben Werkstatt entstandenen Stück hergestellt, Behaim-Kötzel (1549) und Scheurl-Derrer (1554): das nach Augsburg ging, und gilt gemeinsam mit Silvia Glaser, Majolika. Die italienischen Fayencen diesem „ als die ersten datierbaren venezianischen im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg. Be- Keramiken dieser Art“: Lessmann, Majolika, S. 237. standskatalog Nürnberg 2000, Nr. 200, S. 231–233 Vgl. auch: Böckem, Dürer und Italien, S. 60. Eine u. Nr. 205, S. 237–239. Bedeutender bei der Majo- Abbildung findet sich in: Silvia Glaser (Hg.), Itali- lika-Produktion waren allerdings Urbino und Fa- enische Fayencen der Renaissance. Ihre Spuren in enza. Von diesen Orten befanden sich zahlreiche, internationalen Museumssammlungen, (Anzeiger meist spätere Gegenstände im Besitz Nürnberger des Germanischen Nationalmuseums. Wissen- Patrizier: Johanna Lessmann, Italienische Majolika schaftliche Beibände 22), Nürnberg 2004, S. 235. in Nürnberg, in: Italienische Fayencen der Renais- 216 Dabei muss es sich um einen äußerst kostspieli- sance. Ihre Spuren in internationalen Museums- gen und damit umso repräsentativeren Auftrag sammlungen, hg. Silvia Glaser, (Anzeiger des Ger- gehandelt haben. Zum Service, mit einer Beschrei- manischen Nationalmuseums. Wissenschaftliche bung der Motive der einzelnen Stücke sowie zur Beibände 22), Nürnberg 2004, S. 235–264, S. 239 Ähnlichkeit zum Augsburger Meuting-Hörwarth- u. S. 242. Zum konkreten Austausch bzw. Trans- Service von 1516: Lessmann, Majolika, S. 237–238. port zwischen Süd und Nord gibt es nur wenige In- Eine Abbildung findet sich: ebd., S. 237. Ebenda formationen. Hieronymus Imhoff berichtete 1546 auch zur Bedeutung Venedigs als Vermittler des aus L’Aquila, dass von den von Paulus I. Behaim Dekors chinesischer Tradition: ebd., S. 238. Zum bestellten Schüsseln einige zerbrochen seien: ebd., Service auch: Glaser, Majolika, Nr. 194, S. 224– S. 354–355. Zu der Majolikasammlung der Imhoff: 225; sowie (wobei es fälschlicherweise Endres II. Budde, Kunstsammlung, S. 48–50. Im Besitz wel- Imhoff zugeschrieben wird): Böckem, Dürer und cher Personen die anderen, nicht durch Wappen Italien, S. 60. gekennzeichneten Majolika-Produkte veneziani- 217 Böckem, Dürer und Italien, S. 60. 2. Wirtschaftlicher Austausch zwischen Nürnberg und Venedig · 287

Umstand, dass die dortige Oberschicht, gerade in Nürnberg, auch aus gelehrten Beweg- gründen zunehmendes Interesse an solchen Strömungen entwickelt hatte, erleichterte die Rezeption.218 Produkte und Waren aus Venedig dienten jedoch nicht nur dem alltäglichen Eigen- bedarf, dem persönlichen Bedürfnis nach venezianischen Kunst- und Ausstattungsge- genständen oder der Repräsentation. Objekte, die die Nürnberger von dort mit in ihre Vaterstadt brachten, erfüllten in dieser auch eine wichtige soziale Funktion bei der Un- terhaltung personaler Beziehungen. Besonders intensiv nutzten die Tucher aus Venedig eingeführte Produkte, um ihre persönliche Verbundenheit und Wertschätzung auszu- drücken. Sie verschenkten Spezereien, Feigen, Datteln, Mandeln, Rosinen, Pomeranzen und wohl die qualitativ besonders hochwertigen venezianischen Kapern an Bekannte, Freunde und Verwandte.219 Wertvollere Geschenke behielt man eher den Angehörigen und nahestehenden Personen vor. So brachte Veit Imhoff seinen Schwestern, die im Klos- ter lebten, aus Venedig „ein petbuchlein“, seiner Frau ein „silbres korblein“ mit. Ferner fanden sich, wie bei Christoph I. Scheurl und Friedrich III. Kress, einige aus wertvol- len Juwelen bestehende Brautgaben.220 Darüber hinaus wurden venezianische Geschen- ke als politisches Kapital eingesetzt. Bereits 1385 hatten mit den Mendel, Pirckheimer und Kress die damals wichtigsten Nürnberger Venedig-Familien der Stadt Köln, deren Kaufleute selbst im Handel mit der Serenissima aktiv waren, unter anderem Pfeffer und

218 Zum Imhoff-Lochinger Teller: Glaser, Majoli- und einmal sogar Safran und Pfeffer: StadtAN, E ka, Nr. 197, S. 227–229; sowie: Lessmann, Ma- 29/IV-1711. Auch Anton II. Tucher tat sich durch jolika, S. 240. Ein Überblick über die weiteren entsprechende Geschenke hervor: (1515 Apr. 28), Imhoff’schen Wappenmajoliken: ebd., S. 240–256. Tucher, Haushaltsbuch, fol. 122v, S. 128. Zu den Möglicherweise handelte es sich auch bei den bei qualitativ besonders hochwertigen venezianischen Willibald Imhoff erwähnten „4 venedisch schus- Kapern: L. Rotengatter aus Antwerpen an L. Tu- seln von mayolika“ um entsprechende Erzeugnis- cher (1528 Mär. 21), StadtAN, E 29/IV-1510. se. Unklar ist, ob es sich, wie Lessmann mutmaßte, 220 Kress brachte seiner Braut Barbara Stromer Dia- um Stücke aus dem Erbe seines Großvaters Wil- manten und korallene Paternoster bzw. zumindest libald Pirckheimer handelte oder um Imhoff’sche das dafür nötige Material aus Venedig mit: GNM, Aufträge: Lessmann, Majolika, S. 239. Auch in KA, Sch. XXVIII, Fasc. E, Nr. 1, fol. 4v. Helena späterer Zeit wurden immer wieder personalisierte Tucher erhielt von ihrem Bräutigam Christoph I. Wappenmajoliken in Auftrag gegeben. Scheurl unter anderem „zwen christallen pater 219 Linhart Tucher schickte 1533 „6 korblen veygen“ noster im werd 5 duc.“ Archiv Scheurl, Cod. AB, an die Frau des Endres Tucher (StadtAN, E 29/IV- fol. 80r. Zur Bedeutung von Geschenken als sozi- 981, fol. 42v), 1539 drei Körbe an Magdalena Kress, ales Distinktions- und Repräsentationsmittel: „Die die Äbtissin des Klosters Pillenreuth (StadtAN, E Kostbarkeit der Geschenke fungiert […] als Grad- 29/IV-1667). An diese schenkte er auch mehr- messer der Ehrung und damit der Reputation des mals Pomeranzen: StadtAN, E 29/IV, Nr. 1677 Beschenkten wie auch als Indikator der Ressour- u. Nr. 1682. Ähnliche Geschenke gingen z. B. an cen des Spenders.“ Harry Kühnel, Die Sachkultur Christoph II. Scheurl, Stefan Tucher oder Kas- bürgerlicher und patrizischer Nürnberger Haus- par Nützel: StadtAN, E 29/IV, Nr. 1667, Nr. 1677, halte des Spätmittelalters und der frühen Neuzeit, Nr. 1682 u. Nr. 1711. In seiner Geschenkliste aus in: Haushalt und Familie in Mittelalter und früher dem Jahr 1526 fanden sich hauptsächlich Feigen, Neuzeit, hg. v. Trude Ehlert, Sigmaringen 1991, aber auch Mandeln, Kapern, Weinbeeren, Rosinen S. 15–31, S. 30. 288 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg

Zimtstängel als Ehrengabe für zugesicherte Handelsvorteile überbracht.221 Anton Tucher bedachte im März 1515 neben dem Kurfürsten Friedrich von Sachsen, mit dem er in engem Kontakt stand, auch den Erzbischof von Bamberg mit jeweils „100 süß pameran- czen“.222 Das Nürnberger Stadtregiment nutzte venezianische Produkte wohl für seine politischen Interessen, als sie dem Erzbischof von Mainz 1523 schwarzen venezianischen Atlas zukommen ließ.223 Über die Einfuhr von Fertigprodukten hinaus wurden zahlreiche Rohstoffe, die aus dem Süden kamen, im bedeutenden Gewerbe der fränkischen Reichsstadt weiterver- arbeitet. Dabei handelte es sich ausschließlich um Luxusgegenstände. Es ist davon aus- zugehen, dass das berühmte Nürnberger Goldschmiedehandwerk die meist einzelnen, über Venedig importierten orientalischen Perlen und Edelsteine weiterverarbeitete. Die edelsteinreichen Geschmeide, wie sie im Salbuch Hans Tetzels oder in der Pfandver- schreibung des Franz Horn genannt werden, waren demnach wohl entweder Fertigpro- dukte aus Venedig oder stammten aus den Nürnberger Schmieden.224 Die bei Tetzel er- wähnte Bibel auf venezianischem Papier wurde zwar nicht in Nürnberg gedruckt. Dass Papierlieferungen aus Venedig auch der fränkischen Presse dienten, ist, auch in Anbe- tracht des offensichtlichen Interesses an solchen Erzeugnissen, jedoch anzunehmen. Die „venedische[n] scheiben“ des Veit und Augustin Hirschvogel dienten ebenfalls den hoch- wertigen Arbeiten der beiden Glaser.225 Einen eindeutigen Verweis darauf, dass man für die Nürnberger Gewerbeproduktion gezielt die Materialien aus Venedig erwarb, findet sich jedoch lediglich in der Aufforderung Stefan Paumgartners an Albrecht Dürer, ihm „50 korner zw eim paternoster kawffen, karnioll“. Wahrscheinlich ließ der Patrizier das Material von den angesehenen reichsstädtischen Paternostermachern weiterverarbeiten. Dass korallene Paternoster bei den Nürnberger Patriziern sehr beliebt waren, berichten zahlreiche Quellen.226 Sie waren auch ein begehrter Exportartikel. Die aus venezianischen

221 Stromer, Mendel, S. 64. Köln und Venedig unter- „Weit gerühmt vor andern Städten“. Kunsthistori- hielten bereits spätestens im frühen 12. Jahrhun- sche Relevanz, städtische Konkurrenz und jüngere dert Handelsbeziehungen: Wirtz, Köln und Vene- Wertschätzungsgeschichte der Nürnberger Gold- dig, S. 29. schmiedekunst, in: Nürnberger Goldschmiede- 222 (1515 Mär. 17 u. 21), Tucher, Haushaltsbuch, kunst 1541–1868 2: Goldglanz und Silberstrahl, hg. fol. 116v, S. 121. Zwei Jahre später schenkte er „her- v. Karin Tebbe, Nürnberg 2007, S. 9–32; Heinrich czog Fridrig churfürst“ wiederum „64 pameran- Kohlhaussen, Nürnberger Goldschmiedekunst des czen in einer schachtel“: (1517 Mär. 21), in: ebd., Mittelalters und der Dürerzeit 1240 bis 1540, Ber- fol. 134v, S. 142. Zu den Geschenken zwischen lin 1968. Tucher und F. dem Weisen: Sina Westphal, Die 225 Zu Veit u. Augustin Hirschvogel: (1528 Apr. 29), Korrespondenz zwischen Kurfürst Friedrich dem StadtAN, B 14/II-26, fol. 62v. Zu Tetzel: StAN, HS Weisen von Sachsen und der Reichsstadt Nürn- (Rep. 52a), Nr. 305, fol. 62v. berg. Analyse und Edition, (Kieler Werkstücke 226 A. Dürer aus Venedig an W. Pirckheimer (1506 E 10), Frankfurt u. a. 2011, v.a. S. 32–38. Okt. 13), in: Pirckheimer Briefwechsel 1, Nr. 129, 223 StAN, Stadtrechnungsbelege (Rep. 54a-I), Nr. 1515. S. 438–444, S. 440. Zur Bedeutung und Einzig- 224 StadtAN, B 14/I-12, fol. 191v–192r; StAN, Hs artigkeit des Nürnberger Paternostergewerbes: (Rep. 52a), Nr. 305, fol. 56r. Zur Bedeutung der Horst-Dieter Beyerstedt, Art. Paternostermacher, Nürnberger Goldschmiedekunst: Thomas Eser, in: Stadtlexikon Nürnberg, hg. v. Michael Die- 2. Wirtschaftlicher Austausch zwischen Nürnberg und Venedig · 289

Rohstoffen angefertigten Gegenstände wurden also nicht nur in der Reichsstadt selbst gekauft. Die exklusiven Produkte des hochentwickelten Nürnberger Handwerks wurden auch an andere Handelsplätze gebracht und dort abgesetzt.

2.4 Venezianische Waren und Nürnbergs Mittlerposition nördlich der Alpen

Die aus Venedig über Nürnberg gehandelten Waren dienten in erster Linie dem Weiter- export nach Mittel- und Nord-, Ost- und Westeuropa, wo sie äußerst gefragt waren.227 Die vielgerühmte Zentrumslage der fränkischen Reichsstadt beförderte die Distribution und machte sie zu einem wichtigen Mittler vor allem im Süd-Nord-Handel.228 Gleichzei- tig war die Stadt ein wichtiges Glied verschiedener europäischer Handelsachsen. Sie trug wesentlich zur Stellung Oberdeutschlands als einem der Mittelpunkte und Motoren im europäischen Wirtschaftsgefüge bei, während der hochentwickelte sowie stark verdich- tete oberdeutsche Wirtschaftsraum und die ökonomische Position der Oberdeutschen in Europa gleichzeitig wiederum die Nürnberger Wirtschaft beflügelten.229 Die genauen Umsätze und Gewinne sowie die konkreten Waren sind aufgrund der fragmentarischen Überlieferung auch für die Handelsbeziehungen Nürnbergs mit den Gebieten nördlich der Alpen allerdings nur ansatzweise abzuschätzen.230 Da die Proveni- enz der Güter häufig nicht angegeben wurde, kann in den meisten Fällen nur gemutmaßt werden, dass Produkte und Rohstoffe aus Venedig stammten, wobei die Nürnberger Wa- renschwerpunkte im Austausch mit der Stadt und die Herkunft bestimmter Güter aus dem Orient wichtige Indikatoren sind. Briefe mit Informationen über die Waren- und Absatzsituation an anderen Handelsplätzen, die von diesen aus durch Handelsdiener, Geschäftspartner oder Teilhaber an Mitglieder der Nürnberger Gesellschaften in der La- gunenstadt geschickt wurden, lassen vermuten, dass zu eben diesen Handelsplätzen auch Venedig-relevante Beziehungen bestanden und venezianische Waren durch die Nürnber-

fenbacher u. Rudolf Endres, Nürnberg ²2000, die Warendistribution: Gömmel, Vermittlerrolle Sp. 798. Möglicherweise handelte es sich auch bei Nürnbergs, S. 40. dem Brautgeschenk für Barbara Stromer um aus 229 Zur Bedeutung Oberdeutschlands als „wichtige Venedig importierte Korallen, die in Nürnberg zu Brücke zum mittel- und osteuropäischen Wirt- einem Paternoster verarbeitet wurden: GNM, KA, schaftsraum“ und der „Achse Oberdeutschland- Sch. XXVIII, Fasc. E, Nr. 1, fol. 4v. Auch Endres Venedig“ als „Art Subsystem im Netzwerk der Imhoff schenkte z. B. seiner Frau zu Weihnach- europäischen Wirtschaft“ im 16. Jahrhundert: ten 1519 ein Korallenpaternoster: (1519 Dez. 24), Hildebrandt, Wirtschaftliche Beziehungen, S. 277. GNM, IA, Teil 1, Fasc. 46, Nr. 1, fol. 44r. 230 Vgl. hierzu im Kontext des Nürnberger Handels 227 Vgl. hierzu: Hildebrandt, Wirtschaftliche Bezie- mit dem Osten: Friedrich Lütge, Der Handel hungen, S. 282; Gömmel, Vermittlerrolle Nürn- Nürnbergs nach dem Osten im 15. / 16. Jahrhun- bergs, S. 40. dert, in: Beiträge zur Wirtschaftsgeschichte der 228 Zur Lage Nürnbergs als, v.a. von den deutschen Stadt Nürnberg 1, hg. v. StadtAN, (Beiträge zur Humanisten, vielgerühmtes „centrum Europe“: Geschichte und Kultur der Stadt Nürnberg 11), vgl. Kap. III.6. Zur Bedeutung dieser Lage für Nürnberg 1967, S. 318–376, S. 343. 290 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg ger dorthin exportiert wurden. So erhielten Mitglieder der Familie Imhoff Briefe mit In- formationen aus München, Pettau, Glagau und Salzburg. Michael III. Behaim und seine Handelsdiener in den österreichischen Städten, allen voran Salzburg, scheinen entspre- chende Berichte an Lienhard I. Hirschvogel verschickt zu haben, ohne dass diese jedoch überliefert sind.231 Erschlossen wurde der mittel-, ost- und nordeuropäische Wirtschafts- raum über Handelsprivilegien sowie immer stärker über ständige Niederlassungen und Vertretungen der Gesellschaften. Dabei waren auch viele der Nürnberger Venedig-Fa- milien aktiv. Bereits um 1400 unterhielten beispielsweise die Mendel Beziehungen unter anderem nach Köln, Brügge, Antwerpen und Prag und die Kress nach Flandern, Krakau und Ungarn. Die Behaim handelten nach Salzburg, Leipzig, Köln, Frankfurt, Kärnten und in die Steiermark und die Rummel nach Wien und Köln.232 Für die Imhoff sind für die erste Jahrhunderthälfte Geschäftskontakte nach Böhmen, Mähren, Schlesien und Sachsen, wenige Jahrzehnte später dann auch nach Linz, Prag, Brünn, Olmütz, Posen, Lyon, Antwerpen und Frankfurt nachweisbar.233 In alle Richtungen scheinen Spezereien und Pfeffer, gefolgt von Tuchen, die Warenschwerpunkte gewesen zu sein. Der Handel mit Österreich und den angrenzenden Gebieten ergab sich nahezu au- tomatisch aus der Zwischenlage zwischen Venedig und Nürnberg. Hierbei trat das in der Steiermark liegende Pettau hervor, über dessen Marktgeschehen beispielsweise die Imhoff von ihrem Geschäftspartner Paul Enzperger nach Venedig informiert wurden.234 Neben Waren in Salzburg hatte Ludwig Imhoff einige Mengen an Pfeffer und Nelken in Linz liegen, mit denen er möglicherweise unabhängig von der Gesellschaft seines Bru-

231 Hirschvogel deutete jedoch in seinen Briefen aus 233 Vgl. hierzu: Jahnel, Imhoff, v.a. S. 31 u. S. 74–79 Venedig an Behaim 1442 und 1443 Entsprechendes (für die spätere Zeit); Fleischmann, Rat und Patri- an: GNM, BA, Nr. 5. Zu den Imhoff z. B. der Brief ziat 2.1, S. 602–604. Zu Posen: Adelheid Simsch, Paul Enzpergers an Hans Imhoff mit Informati- Die Handelsbeziehungen zwischen Posen und onen aus Pettau und München (P. Enzperger aus Nürnberg im 15. und 16. Jahrhundert: Der Au- Glamau an H. Imhoff in Venedig [1491 Aug. 12], ßenhandel Ostmitteleuropas 1450–1650. Die GNM, IA Teil 1, Fasc. 8, Nr. 31l), seine Berichte an ostmitteleuropäischen Volkswirtschaften in ihren Hieronymus Imhoff aus München ([1491 Feb. 20], Beziehungen zu Mitteleuropa, hg. v. Ingomar Bog, GNM, IA Teil 1, Fasc. 20, Nr. 2a) oder diejenigen Köln u. a. 1971, S. 139–146, S. 141. Die Tucher han- an Veit Imhoff von 1492, in denen er angab, für delten nach Lyon, Antwerpen, Spanien, Mailand, Imhoff an den jeweiligen Handelsplätzen tätig zu Zwickau, Leipzig, Böhmen u. Genf wohl auch ve- sein, und Abrechnungen aus München und Salz- nezianische Waren, wobei Lyon am bedeutendsten burg schickte (P. Enzperger aus Glamau an V. Im- war: Michael Diefenbacher, Der Handel des Nürn- hoff in Venedig [1492 Apr. 6 u. Dez. 5], GNM, IA berger Patriziats nach Osten – Das Beispiel Tucher Teil 1, Fasc. 21, Nr. 7a u. 7b). um 1500, in: MVGN 94 (2007), S. 49–80. 232 Die Mendel handelten laut Stromer mit „Ge- 234 P. Enzperger aus Glamau an H. Imhoff (1491 brauchs- und Luxusgüter[n]“, hauptsächlich mit Aug. 12), GNM, IA Teil 1, Fasc. 8, Nr. 31l. Zu Seide, Nelken, Pfeffer aus Venedig, Barchent den Beziehungen zu Pettau: Richard Klier, Be- aus Oberschwaben und Heringen und Salm aus ziehungen Nürnbergs zu Pettau im fünfzehnten der Nordsee: Stromer, Mendel, S. 63. Die Kress Jahrhundert, in: Süddeutsches Archiv 10 (1967), vertrieben wohl Gewürze, Tuche und Ochsen: S. 83–101. Fleischmann, Rat und Patriziat 2.1, S. 648. Zu den Rummel: Schaper, Rummel, S. 17. 2. Wirtschaftlicher Austausch zwischen Nürnberg und Venedig · 291 ders Hans IV. Handel betrieb.235 Für den Handel mit dieser Stadt fanden sich besonders häufige Belege. Vor allem für die Behaim war Salzburg ein entscheidender Handelsort, vornehmlich für ihren Handel mit Venedig. Hier wurde beispielsweise der Hering für die Lagunenstadt umgeschlagen. Daneben bestand eine enge Verbindung der Behaim’schen Geschäfte zwischen Salzburg und Villach, das wiederum an den Venedig-Handel ange- schlossen war. In diesem Dreieck war für das Handelshaus in den 1440er Jahren wohl hauptsächlich ihr Handelsdiener Michel Vischer tätig.236 Über Österreich und Oberdeutschland griffen die Nürnberger in den Osten und Nordosten Europas aus. Nachdem Orientwaren zuvor oft über Lemberg in diese Gebiete gelangt waren, spielte im Laufe des 15. Jahrhunderts zunehmend die über Nürnberg lau- fende Handelsachse eine Rolle.237 Obwohl Händler aus den Städten, zu denen die Nürn- berger Geschäftsbeziehungen unterhielten, teilweise selbst in Venedig und im Fondaco zu finden waren, waren die Nürnberger Importe von großer Bedeutung. Insbesonde- re Prager Kaufleute betrieben im 15. Jahrhundert selbst Handel mit der Serenissima.238 Für die Imhoff war die Stadt an der Moldau dennoch ein wichtiger Stützpunkt. Ludwig Imhoff, der mehrere Jahre in Venedig gelebt hatte, war nach seinem Italien-Aufenthalt dauerhaft in Prag für die Familiengesellschaft tätig und verstarb dort 1464. Er unterhielt weiterhin enge Verbindungen nach Venedig, wie die finanziellen Regelungen seines Tes- taments zeigen. Vermerke zu seinem Erbe verweisen darauf, dass er vor allem Pfeffer in Prag handelte, den er wahrscheinlich von seinen Verwandten aus Venedig bezogen hatte. Daneben betrieben auch die Ketzel, die Nützel und die Nürnberger Welser im frühen 16. Jahrhundert Geschäfte nach Böhmen.239 Neben ihrem Prag-Handel waren die

235 „Item mer habe ich ligende zcu Lincz […] piper schrift für bayerische Landesgeschichte. Beihefte und […] neglein und das gehört mir in sunderheit B 14), München 1980, S. 46. czu und geet die gesellschafft nichts an.“ (1464 Okt. 238 Zu den Händlern aus Prag, die bei Simonsfeld 4), GNM, IA Teil 1, Fasc. 8, Nr. 25. Zum Handel mit jedoch nur für die Zeit vor 1500 aufgeführt sind: Salzburg auch: GNM, IA Teil 1, Fasc. 28, Nr. 1. Simonsfeld, Fondaco 2, S. 80–81. Zu Breslau: ebd., 236 Vgl. die Aufforderung an Vischer, falls er kein Blei S. 72 u. S. 191–192. in Villach kaufen könne, mit den 100 ihm gegebe- 239 Zum Aufrecherhalten der Geschäfte: „Item was nen Dukaten direkt nach Venedig weiterzufahren. zcu Venedi ligt oder unter wegen gehört alles der Auch dies scheiterte. Der Bericht Forsters aus Salz- gesellschafft zcu“ und weitere ähnliche Vermerke burg legt Kontakte Vischers nach Venedig nahe: J. sowie der Vermerk zum Sebaldaltar: (1464 Okt. 4), Forster a. Salzburg a. M. Behaim (1443 Jan. 19) u. GNM, IA Teil 1, Fasc. 8, Nr. 25. Vgl. auch: Bieder- (1443 Jan. 31), GNM, BA, Nr. 5. Zu Forster und mann, Geschlechterregister, T. 216. Offenbar hatte Vischer sowie zur Bedeutung Salzburgs als bedeu- Ludwig „zw Venedig“ im Namen seiner Gesell- tender Behaim’scher Umschlagplatz: Pickl, Han- schaft „ettlich schuld gemachtt“, die er sich ihnen delsbeziehungen, S. 378 u. S. 384. zurückzuzahlen verpflichtete: (1463), GNM, IA 237 Zur Bedeutung des Handels mit dem Osten: Lüt- Teil 1, Fasc. 8, Nr. 22. Zum Prag-Handel generell: ge, Handel Nürnbergs nach dem Osten. Zu dessen Josef Janáček, Prag und Nürnberg im 16. Jahr- Ausbau auch: Hildegard Weiss, Lebenshaltung und hundert, in: Der Außenhandel Ostmitteleuropas Vermögensbildung des „mittleren“ Bürgertums. 1450–1650. Die ostmitteleuropäischen Volkswirt- Studien zur Sozial- und Wirtschaftsgeschichte der schaften in ihren Beziehungen zu Mitteleuropa, hg. Reichsstadt Nürnberg zwischen 1400–1600, (Zeit- v. Ingomar Bog, Köln u. a. 1971, 208–224, v.a. 226. 292 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg

Imhoff in Posen tätig, wohin sie wohl vor allem Gewürze, Seiden und Tuche importier- ten.240 Im Handel mit Venedig-Waren nach Breslau waren hingegen in erster Linie die Rummel und Hirschvogel aktiv. 1422 wurde ein Pelztransport der Rummel überfallen.241 Die Hirschvogel erwarben 1444 in Venedig qualitativ besonders hochwertigen Bochasin und verkauften ihn nach Breslau weiter. Ferner handelte man mit venezianischer Seide. Auch Pfeffer, Safran, Ingwer, Nelken, Mandeln und Korallen aus Venedig wurden von Nürnberg über Leipzig in die Stadt gebracht.242 Davon, dass der ursprünglich aus Bres- lau stammende und dort immer noch tätige Christoph I. Scheurl mit entsprechenden Gütern in seine Vaterstadt handelte, ist auszugehen. Zumindest sind Nachrichten über direkte Reisen zwischen beiden Städten überliefert.243 Im Handel zwischen Nürnberg und Leipzig waren vor allem die Tucher und Hirschvogel aktiv. Die Kaufleute aus der fränki- schen Reichsstadt, die nach Leipzig migriert waren und dort mit Spezereien und Seide handelten, konnten aufgrund ihrer Herkunft wohl auf die Kontakte zu den Nürnberger Venedig-Kaufleuten zurückgreifen.244 In Zwickau, wo ebenfalls die Tucher und Hirsch- vogel mit Geschäften nachgewiesen sind, und wahrscheinlich auch in Erfurt verkauften die Nürnberger Gewürze, Seidenstoffe und exotische Früchte. Die Erfurter Universität bildete möglicherweise einen Absatzmarkt für Bücher aus Venedig.245 Erfurt war darüber hinaus ein wichtiger Haltepunkt auf dem Weg zu den Hansestäd- ten. Auch im Hanseraum trieben die Franken Geschäfte mit Venedig-Waren. Bis 1450 waren ihre Importe venezianischer Gewürze im Deutschordensgebiet so dominant ge- worden, dass der Hochmeister den Nürnberger Handel verbot.246 Bereits für den Anfang des 14. Jahrhunderts findet sich im venezianischen Kontext ein Verweis auf Beziehungen der Kress zu Lübeck. Ein Lübecker Kaufmann hatte behauptet, dass Hilpolt Kress bei ihm in Venedig Schulden gemacht habe, für die dieser mit seinen in der Hansestadt gelagerten

240 Simsch, Posen und Nürnberg, S. 141 u. S. 145. Diefenbacher, Handel des Nürnberger Patriziats, 241 Schaper, Rummel, S. 41. 66. Zu Heinrich Scherl: Gerhard Fischer, Aus zwei 242 (1444 Nov. 27), (1444 Nov. 29) u. (1444 Nov. 22), Jahrhunderten Leipziger Handelsgeschichte 1450– StAN, 7-farbiges Alphabet, Akten (Rep. 2c), 1650. Die kaufmännische Einwanderung und ihre Nr. 135, 12 (Zitat), 13a u. 19. Zum Bochasin: (1444 Auswirkung, Leipzig 1929, S. 143. Nov. 27), ebd., 12. Vgl. auch: Barthels, Drogenhan- 245 Zu Erfurt: Rudolf Endres, Die wirtschaftlichen del, S. 97. Zu den Hirschvogel: Schaper, Hirschvo- Beziehungen zwischen Erfurt und Nürnberg im gel, S. 102. Mittelalter, in: Erfurt. Geschichte und Gegenwart, 243 „Dergleichen besuchet er die vier jarmerckht zw hg. v. Ulman Weiß, (Schriften des Vereins für die Preslaw unnd der Prig, riet zwischen den Märck- Geschichte und Altertumskunde von Erfurt 2), hten gen Venedig gewonlich in 9 tagen“; Archiv Weimar 1995, S. 471–481, v.a. S. 480. Zu Zwickau: Scheurl, Cod. AB, fol. 83rv. Diefenbacher, Handel des Nürnberger Patriziats, 244 Dies ist z. B. für den späteren Leipziger Bürger S. 65. Heinrich Scherl nachzuweisen. Bernhard Kottwig 246 (1448 Mär. 30), in: Hanserecesse, Abt. II.: Hanse- hatte u. a. bei Hans Tucher, Jörg Fütterer u. Sebald recesse von 1431–1476, Bd. 3, hg. v. Goswin v. der Ketzel Schulden für unterschiedliche Waren, dar- Ropp, Leipzig 1881, Nr. 404, S. 333. Barthels, Dro- unter Spezereien und Seidenwaren, die wohl aus genhandel, S. 98; Endres, Erfurt und Nürnberg, Venedig stammten: Schaper, Hirschvogel, S. 193; S. 472. 2. Wirtschaftlicher Austausch zwischen Nürnberg und Venedig · 293

Waren gebürgt habe. Möglicherweise handelte es sich dabei um Güter aus Venedig.247 Ein Jahrhundert später war mit dem aus Nürnberg stammenden und nach Lübeck migrier- ten Kaufmann Matthias Mulich die Verbindung zwischen beiden Städten besonders eng. Mulich handelte unter anderem mit venezianischen Luxusartikeln und Gewürzen in den Norden. Über ihn gelangten aus Venedig stammende Waren von Nürnberg aus gar bis zum dänischen König, was von dem besonderen Ansehen der Güter zeugt.248 Im Westen standen Köln und Brügge, hauptsächlich aber Antwerpen im Vorder- grund. Die ausgeprägten Verbindungen der Rummel nach Brügge scheinen auch in Ve- nedig einen so guten Ruf gehabt zu haben, dass Andrea Barbarigo den Faktor von Hans und Wilhelm Rummel 1431 beauftragte, für ihn Schachteln mit Goldfäden nach Flandern zu bringen.249 Eine besondere Rolle spielten ab dem ausgehenden Jahrhundert für die Nürnberger jedoch die Beziehungen zu Antwerpen. Um 1490 vertrieben die Hirschvogel Spezereien in die Niederlande. Der Austausch zwischen dem in Antwerpen tätigen Lin- hart Rotengatter und Linhart Tucher in Nürnberg über den besonderen Vorzug der nur aus Venedig zu beziehenden, in Salz eingelegten Kapern lässt vermuten, dass mit diesen Handel durch die Nürnberger in Antwerpen betrieben wurde. Die Imhoff setzten dort in den 1530er Jahren wohl aus Venedig bezogene Gewürze und Tuche ab.250 Im Zuge der Erschließung neuer Handelsrouten und der Verlagerung der europäischen Wirtschafts- interessen nach Westen trat die Stadt zunehmend in Konkurrenz zu Venedig, ohne es jedoch zu verdrängen. Eine zentrale Stellung im Nürnberger Handel nahmen die Beziehungen zu Frank- furt und vor allem die Geschäfte auf den dortigen Messen ein. Die Schuldverschreibung Franz Imhoffs von 1499 nannte Venedig und Frankfurt als wichtige Handelsorte, wobei die Lagunenstadt an erster Stelle erwähnt wurde. Gerade über die Imhoff lief ein bedeu- tender Teil des Frankfurt-Handels. Die Familie war bei der Etablierung der für Nürn- berg so wichtigen, aber auch innerhalb der europäischen Wirtschaft bedeutenden Ach- se Venedig-Nürnberg-Frankfurt maßgeblich. Dabei lässt sich ein besonders intensiver Austausch in den letzten beiden Jahrzehnten des 15. Jahrhunderts unter Hans V. Imhoff

247 Die Klage wurde abgewiesen, da die Anwesenheit 249 (1431 Okt. 26), ASVe, Grimani-Barbarigo, b. 41, von Kress in Venedig, für die Werner Ducker Ul- reg. 2, fol. 46. Vgl. auch: Sieveking, Venetianische rich Imhoff als Zeugen angegeben hatte, zu dem Handlungsbücher 2, S. 209. entsprechenden Zeitpunkt nicht nachgewiesen 250 Wichtigstes Handelsgut scheinen Ingwer und werden konnte: (1405 Feb. 18), in: Simonsfeld, Nelken gewesen zu sein, wie die Verweise im Fondaco 1, Nr. 291, S. 140–141. Meder’schen Handelsbuch nahelegen. Interesse 248 Gerhard Fouquet, „Vom Krieg hören und schrei- bestand auch an Pfeffer aus Antwerpen: Meder, ben“. Aus den Briefen an den Lübeck-Nürnberger Handelsbuch, S. 185–186. Zum Handel der Imhoff Kaufmann Matthias Mulich (1522/23), in: Ge- mit Antwerpen: GNM, IA Teil 1, Fasc. 15, Nr. 1, schichtsbilder. FS für Michael Salewski, hg. v. Tho- eingelegter Zettel. Zu den Kapern: L. Rotengatter mas Stamm-Kuhlmann u. a., (HMRG 47), Wiesba- aus Antwerpen an L. Tucher (1528 Mär. 21), Stadt- den 2003, S. 168–187, S. 171. Zur Übermittlung an AN, E 29/IV-1510. Zum Handel der Hirschvogel: den dänischen König: Braunstein, Wirtschaftliche Schaper, Hirschvogel, S. 207. Beziehungen, S. 389. 294 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg feststellen, unter dem auch der Handel der Familie in Venedig einen ersten Höhepunkt fand.251 Die Venedig-Waren wurden von den Nürnbergern, häufig über die fränkische Reichsstadt, zu den Frankfurter Messen gebracht252 und dort verkauft. Von da verbreite- ten sie sich in ganz Europa. Besondere Bedeutung kam dabei dem Pfefferhandel zu. Die über die reichsstädtischen Kaufleute abgewickelte Verbindung zwischen Venedig und Frankfurt konnten auch direkt verlaufen, ohne dass man einen Zwischenstopp in der Geschäftszentrale an der Pegnitz einlegte. In den Rechnungsbüchern der Imhoff fanden sich wiederholt Hinweise, dass die in der Serenissima erworbenen Waren, wie bei den Pfefferkäufen Kaspar Lemmels und Peter I. Imhoffs 1490, auf direktem Weg nach Frank- furt gebracht und dort verkauft wurden.253 Dass dies den einzelnen Personen eine große Mobilität abverlangte, zeigen die Spesenkosten für Franz Imhoff, der sich 1501 offenbar im ständigen Hin und Her zwischen beiden Städten befand.254 Daneben wickelten die Imhoff, ebenso wie die Behaim, zahlreiche Geldgeschäfte über diese Verbindung ab und waren im Dukatenhandel zwischen beiden Städten aktiv.255 An den Geschäften der Imhoff als wichtigster Nürnberger Venedig-Familie wurden im besonderen Maß die kontinuierliche Fluktuation und Wechselwirkung zwischen Ve- nedig und den anderen Handelsorten deutlich, die den wirtschaftlichen Austausch auf den verschiedenen über Nürnberg laufenden Süd-Nord-, Süd-Ost- und Süd-West-Ach- sen prägten. Zwar machte die Verbreitung der venezianischen Waren nördlich der Alpen entsprechend den erhaltenen Quellen den größeren Teil des Austausches aus. Die gute und wohl nicht zuletzt durch die Bereitstellung orientalischer und italienischer Waren gestärkte Stellung der Nürnberger an den jeweiligen Handelsplätzen im Norden begüns- tigte aber zugleich deren Zugriff auf die Waren und „Gewürze des Nordens“. Diese waren wiederum in Venedig gefragt. Ihre Weiterverbreitung in die Levante festigte auch die Position der Serenissima als Handelsstadt und Mittler zwischen Okzident und Orient.

251 „es wer gen Venedig, Franckfurt oder ander enndt“; furt schicken.“ GNM, IA Teil 1, Fasc. 19, Nr. 1, (1499 Jun. 5), GNM, IA Teil 1, Fasc. 9, Nr. 7. Beson- fol. 38a u. 38b. ders häufig wird die Verbindung im Rechnungs- 254 Meist blieb er drei Monate an einem Ort und reis- buch des Hans V. Imhoff von 1481–1499 genannt: te dann weiter: GNM, IA Teil 1, Fasc. 16, Nr. 3, GNM, IA Teil 1, Fasc. 19, Nr. 1. Zum Handel der fol. 34r. Imhoff in Frankfurt: Jahnel, Imhoff, S. 63 u. S. 73– 255 Michael Behaim sollte seinem Schwager Hans Din- 74. Zur Bedeutung Frankfurts für die Nürnberger tur einen Teil der Schulden, die in Frankfurt ein- Wirtschaft: Ammann, Wirtschaftliche Stellung, zutreiben waren, vorstrecken, damit dieser damit S. 174. Geschäfte in Venedig abwickeln könne: M. Behaim 252 Die Kosten des Transports nach Frankfurt wurden aus Nürnberg an M. Behaim (1418 Mär. 9), GNM, auch in den Welthandelsbräuchen beschrieben: BA, Nr. 5. Vgl. auch: Pickl, Handelsbeziehungen, [Paumgartner], Welthandelsbräuche, Kap. I.230– S. 383; Transkription des Briefes: ebd., S. 391. Bei 231, S. 220. den Imhoff finden sich Hinweise, dass Zahlungen 253 „Item solchen piper han ich verkaufft zu Franck- von Krediten aus Frankfurt in Venedig einzulö- furt in der herbstmes“ u. „Item adi 20 luio 1490 sen seien: GNM, IA Teil 1, Fasc. 19, Nr. 1, fol. 13b. hab mir Caspar Lemel 405 gld. do kauft ich im Zum Dukatenhandel Hans’ V. Imhoff: Jahnel, Im- umb 300 gld. […], die schickt ich gen Venedig, sol hoff, S. 59. im p[!] Ludwig piper umb kaufen und gen Franck- 2. Wirtschaftlicher Austausch zwischen Nürnberg und Venedig · 295

2.5 Wirtschaftlicher Austausch zwischen Nürnberg und Venedig – Resümee

Der wirtschaftliche Austausch mit Venedig stellte für Nürnberg im Spätmittelalter und der beginnenden Neuzeit das „Rückgrat [seines] Fernhandels“ dar.256 Zwar lässt die Überlieferung sowohl hinsichtlich der Umsätze und Gewinne als auch im Bereich der gehandelten Waren nur bedingt genaue Aussagen zu. Dennoch werden die herausra- gende Bedeutung der Beziehungen im europäischen Handel und Geldwesen ebenso wie bei der Verbreitung unterschiedlichster Waren nach Nord und Süd deutlich. Eine starke Wechselseitigkeit prägte den Austausch und seine Auswirkungen auf beide Städte. Hatten die bedeutenden Nürnberger Familien schon zu Beginn des Untersuchungs- zeitraums in Venedig mit seinem hochentwickelten Banken- und Finanzwesen Geldge- schäfte mit Venezianern und anderen deutschen Kaufleuten getätigt, wurde die Stadt im Laufe des 15. Jahrhunderts zunehmend zu einem zentralen Finanzumschlagplatz für die Nürnberger und Oberdeutschen untereinander. Neben rein-venezianischen Geschäften wurden in immer größerem Maße von Venedig aus Transaktionen abgewickelt, die sich geographisch über den ganzen europäischen Wirtschaftsraum erstreckten. Die Etablie- rung des Wechselgeschäfts, dessen Mechanismen sich die Nürnberger durch den Mit- vollzug in Venedig aneigneten, förderte diese Entwicklung maßgeblich. Parallel entstand auf der Apenninhalbinsel ein spezifisch Nürnberger Netzwerk von Kreditgebern, auf das nicht nur Kaufleute, sondern auch andere Personengruppen aus der fränkischen Reichs- stadt zugreifen konnten. In ihm kam der Serenissima auch für die hier durchreisenden Nürnberger in Italien generell eine wichtige Funktion zu. Es entwickelte sich eine Domi- nanz der Familie Imhoff, ihrer Verwandten und Geschäftsangehörigen als Kreditgeber für das Nürnberger Stadtregiment, für die Kaufleute und Privatleute aus der Reichsstadt. Entsprechende Entwicklungen zeichneten sich auch im Bereich des Warenhandels ab. Hier ergab sich ebenfalls eine Vorrangstellung der Imhoff, die vor allem im Pfeffer­geschäft die Kress, die um 1400 besonders in Erscheinung getreten waren, ablösten. Der Handel mit Pfeffer, weiteren Spezereien und Baumwolle spielte den ganzen Untersuchungszeit- raum über eine wichtige Rolle. Stoffe, wie die aus dem Orient importierte Seide und deren Verarbeitungserzeugnisse aus Venedig, wurden das 15. Jahrhundert durchweg gehandelt, wohingegen die Hinweise auf sonstige Produkte des venezianischen Gewerbes, vor allem Glas aus Murano, erst gegen Ende des Jahrhunderts zunahmen. Gleichzeitig führten die Nürnberger immer stärker Erzeugnisse des angesehenen reichsstädtischen Gewerbes in die Lagunenstadt ein, wo diese begehrt waren, von wo aus sie aber auch in die Levan- te weitergehandelt wurden. Die herausragende Stellung im Metall­handel mit Venedig, die die Nürnberger im 15. Jahrhundert eingenommen hatten, verloren sie im Laufe der Zeit an die Augsburger Kaufleute, die, allen voran die Fugger, insbesondere das Tiroler Hüttenwesen beherrschten. Dennoch behielten die Nürnberger ihre zentrale Position

256 Ammann, Wirtschaftliche Stellung, S. 173. 296 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg im oberdeutsch-venezianischen Warenhandel bei, über den sie Grund- und Luxusgüter vertrieben. Neben dem Austausch großer Produktmengen, die der Weiterverbreitung an andere Handelsplätze dienten, wurde, hauptsächlich im Bereich der wertvollen Waren, auch für den Nürnberger Eigenbedarf gekauft. Teilweise wurden die Handelsgüter direkt von Personen in Nürnberg bestellt, die die Gegenstände entweder aus eigener Venedig- Erfahrung oder wegen einer zunehmenden Gewöhnung an venezianische Objekte im Nürnberger Alltag kannten. Durch den Austausch mit Venedig entwickelte sich Nürnberg zu einem der bedeu- tendsten Umschlagplätze von Orient- und Venedig-Waren. Dies beeinflusste die öko- nomische Stellung der fränkischen Reichsstadt im Norden maßgeblich. Die Kaufleute belieferten die Absatzmärkte in Ost-, Nord- und Mitteleuropa vornehmlich mit Speze- reien. Durch die langjährigen Kontakte zu venezianischen Handelspartnern und durch die so etablierten guten Geschäftsbeziehungen, die ihnen die Akquisition hochwertige- rer und gleichzeitig günstigerer Waren ermöglichte, hatten die Nürnberger erhebliche Marktvorteile gegenüber den Kaufleuten der ost- und nordeuropäischen Städte, die selbst teilweise versuchten, Beziehungen zur Serenissima aufzubauen.257 Die durch langjährige Platzerfahrung bedingte Warenkenntnis der Nürnberger, der Ausbau ihrer transalpinen Infrastruktur und ihre guten politischen Kontakte, die ihnen Privilegien, Handelsvorzü- ge und die Unterstützung seitens der venezianischen Regierung brachten, waren eben- falls wichtige Vorteile in der Konkurrenz mit Kaufleuten aus anderen Regionen. Durch die frühe und sich im Laufe des 15. Jahrhunderts intensivierende Präsenz der wichtigen Venedig-Familien auch an den Handelsplätzen nördlich der Alpen und die Errichtung entsprechender Strukturen dort gelang es den Nürnbergern, zu einem maßgeblichen Glied im europäischen Handel mit Spezereien und anderen aus der Levante und Venedig stammenden Produkten zu werden. Gleichzeitig etablierten sie bedeutende Achsen der europäischen Wirtschaft, die Venedig als Ausgangspunkt hatten und über Nürnberg nach Köln und Brügge oder Leipzig und Breslau weiterführten. Besondere Relevanz erlang- te die Verbindung mit Frankfurt. Es bildete sich ein regelrechtes Dreieck zwischen den Städten heraus, das gerade ab der Zeit um 1500 an Bedeutung gewann. Ein Großteil der Waren aus der Lagunenstadt wurde auf der Frankfurter Messe verkauft und so in ganz Mitteleuropa verbreitet. Wie im Venedig-Handel selbst nahmen auch dabei die Imhoff eine besondere Position ein. Durch die gleichzeitige Weiterleitung der Waren aus dem Norden über die Alpen in den Süden wurde Nürnberg zu einem wichtigen Drehkreuz der europäischen Wirtschaft.258 Den nach Venedig handelnden Nürnbergern gelang es auf diese Weise, im Laufe des 15. Jahrhunderts in Anknüpfung an die Verbindung zur Lagunenstadt ein ganz Europa umfassendes Handelsnetz zu etablieren. Diese wichtige

257 Vgl. hierzu die bei Simonsfeld aufgeführten Städte: 258 Diefenbacher sprach von einer „internationale[n] Simonsfeld, Fondaco 2. Verteilerrolle“ der Nürnberger: Diefenbacher, Handel des Nürnberger Patriziats, S. 52. 2. Wirtschaftlicher Austausch zwischen Nürnberg und Venedig · 297

Position behaupteten beide Städte im europäischen Wirtschaftssystem auch im 16. Jahr- hundert.259 Die besondere Qualität der über Venedig bezogenen Produkte tat ihr Übriges. So verschoben sich die Wirkungsweisen des ökonomischen Austausches deutlich. War zu Beginn noch der Handel mit Venedig für Nürnberg wichtiger gewesen als umgekehrt, wurden mit der Etablierung der westlichen Handelsplätze im Laufe des Jahrhunderts für die Serenissima und ihre eigene Stellung die Geschäftskontakte mit der fränkischen Reichsstadt, die Eingliederung in deren Handelsnetz und damit die Anknüpfung an de- ren Handelsbeziehungen nach Westen immer bedeutender. Für Nürnberg stellten die Beziehungen zu Venedig das ganze 15. und frühe 16. Jahr- hundert einen entscheidenden Motor des wirtschaftlichen Erfolgs dar. Die Lagunenstadt fungierte als ein Zentralort der Nürnberger Geschäfte. Besonders die Behaim’sche Über- lieferung gibt einen Eindruck, wie die Informationen über die Aktivitäten der Handelsge- sellschaften an den unterschiedlichen europäischen Plätzen und ein erheblicher Teil der Geschäftsstränge in der Niederlassung in Venedig zusammenliefen. So konnte der Ve- nedig-Handel reguliert und den Anforderungen der Absatzmärkte angepasst werden. Gleichzeitig wirkten diejenigen Faktoren, die von Venedig nach Norden ausstrahlten, auf die Position Nürnbergs. Neben den Waren verhalf die mit dem Austausch einhergehende Übernahme kaufmännischer Techniken im Güter- und Finanzgeschäft den Nürnbergern zu einer nicht nur wirtschaftlichen, sondern auch kulturellen Mittlerposition zwischen Nord und Süd. Der Güter- und Finanzaustausch beeinflusste ferner die soziale und kulturelle Situ- ation der fränkischen Reichsstadt. Wie sehr aus Venedig bezogene Waren Eingang in die Nürnberger Alltagskultur fanden, zeigen nicht nur die zahlreichen Bestellungen und Aufträge, die die Kaufleute aus der Pegnitzstadt während ihrer Aufenthalte im Süden erhielten. Auch die Nürnberger Arithmetik-Lehrbücher nutzten, wie dasjenige von 1482, der handschriftliche Nachtrag Johannes Schedels in Pietro Borghis Aritmetica mercantile oder das Rechenbuch Christophs II. und Maximilian Scheurls, venezianische Waren für ihre Beispielaufgaben.260 Vor allem aber beeinflusste der Anteil am Handelsgeschäft mit Venedig den Reichtum der einzelnen Familien und damit auch ihren sozialen Stand in der Reichsstadt. Wie bei den Imhoff konnte die Etablierung im Venedig-Handel den Auf- stieg in die ratsfähigen Geschlechter und damit das Stadtregiment bedeuten.261 Gleichzei-

259 Sowohl Hildebrandt als auch Häberlein betonten, 260 Im Rechnungsbuch der Scheurl ging es v.a. um dass sich der Handel zwischen beiden Regionen um Seide, Damast u. venezianische Nelken: StBN, 1600 auf einem neuerlichen Höhepunkt befand: Amb. 31–8°, fol. 7r. Sowie: Ulrich Wagner, Rechen- Häberlein, Oberitalienische und oberdeutsche buch, Bamberg: Heinrich Petzensteiner 1482 (GW Städte, S. 206; Hildebrandt, Wirtschaftliche Bezie- M3720810; ISTC iw00000500). Borghi, Aritmetica hungen, S. 287. Letzterer stellte auch heraus, dass mercantile; Exemplar: BSB, 4 Inc.c.a. 824 u. Cgm Venedig im 16. Jahrhundert weiterhin bedeutender 9520. Lieferant von wichtigen Rohstoffen wie Baumwolle, 261 Vgl. hierzu: Kap. III.1.3. wertvollen Produkten wie Seide, Glas und Edelstei- nen sowie von Spezereien blieb: ebd., S. 282. 298 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg tig stellte dieser soziale Rang besondere Anforderungen an den Erwerb venezianischer Gegenstände für den persönlichen Gebrauch. Über die Gewöhnung an entsprechende Luxusprodukte hinaus gewannen diese zunehmend auch als Repräsentationsobjekte und soziale Distinktionsmittel an Bedeutung. Dass sich ausgerechnet von den Imhoff besonders viele Wappenmajoliken venezianischer Provenienz erhalten haben, gründete so nicht nur auf den engen Verbindungen zum Handelsplatz Venedig, sondern wohl auch auf dem besonderen Bedürfnis des Geschlechts, seinen sozialen Status durch entspre- chende Repräsentation zu festigen. Der Handel mit Venedig war damit eine Triebfeder der sozialen Entwicklungen in Nürnberg und wirkte gleichzeitig als deren Spiegel. Der hierbei erworbene Wohlstand beeinflusste nicht nur die wirtschaftliche Situation der Stadt. Gerade im ausgehenden 15. und frühen 16. Jahrhundert förderte er durch Stiftun- gen, Aufträge für Kunstwerke oder den Erwerb wertvoller Schriften und humanistischer Drucke überdies ihre künstlerische und intellektuelle Bedeutung.

3. Nürnberg als Nachrichtenzentrum nördlich der Alpen

3.1 Strukturen der Kommunikation zwischen Venedig und Nürnberg

Die engen Verbindungen zu Venedig, die dortige Stellung der Nürnberger und der in- tensive Austausch zwischen beiden Städten prädestinierten die Franken neben der Akquisition und Verbreitung vielfältiger Waren und Güter auch für die Übermittlung unterschiedlichster Informationen und machten die fränkische Reichsstadt zu einem bedeutenden Nachrichtenumschlagplatz.262 Venedig hatte aufgrund seiner Position als wichtiger Handelsplatz, an dem mit den Warenströmen zugleich Informationen zusam- menflossen, und seiner Vermittlerrolle zwischen Orient und Okzident eine maßgebliche Bedeutung als Informations- und Kommunikationszentrum im mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Europa inne.263 Hier lief eine Vielzahl unterschiedlicher Mitteilungen

262 Hauptsächlich für die Frühe Neuzeit: Sporhan- lung gerade Nürnbergs zum Nachrichtenzentrum, Krempel, Nachrichtenzentrum. Hierzu auch: Wer- die Werner v.a. an der Situation als Handelsstadt ner, Nachrichtenwesen, S. 11; Miroslav Polìvka, und an der engen Verknüpfung von Rat und Patri- Nürnberg als Nachrichtenzentrum in der ersten ziat festmachte: ebd., S. 28. Hälfe des 15. Jahrhunderts, in: Kommunikati- 263 Grundlegend für Venedig als Kommunikations- onspraxis und Korrespondenzwesen im Mittelalter u. Nachrichtenzentrum: Sardella, Nouvelles et und in der Renaissance, hg. v. Heinz-Dieter Hei- spéculations. Die Bedeutung Venedigs als Mittler mann, Paderborn 1998, 165–177. Zur Entwicklung zwischen Orient und Okzident wurde wiederholt Nürnbergs zur Informationsdrehscheibe ab dem betont: v. a. in dem Sammelband von Beck u. a.: 14. Jahrhundert: ebd., v. a. 167–168; Wüst, Reichs- Beck u. a. (Hgg.), Venezia; auch: Burke, Venice as städtische Kommunikation, S. 686. Werner sah in Center of Information, S. 390. Dass Venedig gerade Nürnberg den „Mittelpunkt des frühen deutschen als Nachrichtenzentrum zwischen Oberitalien und Nachrichtenwesens“: Werner, Nachrichtenwesen, Oberdeutschland fungierte, wurde bereits von Wer- S. 10. Hier auch zu den Gründen für die Entwick- ner angesprochen: Werner, Nachrichtenwesen, S. 7. 3. Nürnberg als Nachrichtenzentrum nördlich der Alpen · 299 zusammen. Der kosmopolitische Charakter der Stadt trug entscheidend zu dieser Po- sition bei.264 Die wirtschaftlichen und politischen Nachrichten erreichten sie aus allen Himmelsrichtungen. Besonders regelmäßig waren Meldungen aus den Städten des östli- chen Mittelmeerraums, an denen die Venezianer ein vornehmliches wirtschaftliches und politisches Interessen hatten. Die Tagebücher Marin Sanudos, der über einen Zeitraum von fast vierzig Jahren die in Venedig eingehenden und in seinen Augen relevanten Briefe minutiös vermerkte und dessen Schriften zahlreiche Nachrichtenströme abbilden, of- fenbaren die weitreichenden Informationsnetzwerke der Venezianer.265 Dabei zeigt sich die Vielzahl an Nachrichten über wirtschaftliche und politische Entwicklungen, die die Serenissima jeden Tag erreichten. Auch Hieronymus Imhoff verwies Paulus I. Behaim auf die „teglich“ ankommenden ‚Neuen Zeitungen‘.266 Die entsprechenden Neuigkeiten erhielt man in der Regel im politischen Zentrum der Stadt um die Piazza San Marco her- um und am Rialto.267 Dass der ökonomische Mittelpunkt Venedigs die ideale Möglichkeit bot, sich wirtschaftlich und politisch zu informieren, betonte bereits das Regiment Chris- toph I. Scheurls.268 Zwar wurde in den Briefen nach Norden meist nicht explizit erwähnt, auf welchem Wege genau man die Nachrichten erhielt, die intensive soziale Verflechtung der Nürnberger in der Stadt legt jedoch nahe269, dass neben dem Besuch der zentralen Nachrichtenplätze die persönlichen Kontakte eine wichtige Informationsquelle darstell- ten. Direkte Korrespondenzen zwischen Venezianern und Nürnbergern sind nur sehr vereinzelt erhalten, lassen aber durch die Beiläufigkeit ihrer Berichterstattung annehmen, dass ein solcher Austausch üblich war. Hilpolt Kress erhielt Ende des 14. Jahrhunderts

264 Zum Zusammenhang der Funktion von Städten als 266 „dan was sich teglich von neuen zeittungen hie Kommunikationszentren und Treffpunkten von verlauffen und ausgeben werden“; H. Imhoff aus Netzwerken: u. a. Mark Häberlein, Kommunikati- Venedig an P. Behaim (1536 Mai 11), GNM, BA, onsraum Europa und Welt. Einleitung, in: Kom- Nr. 29a. munikation und Medien in der Frühen Neuzeit, 267 Zum Rialto als Nachrichtenzentrum in der Frühen hg. v. Johannes Burkhardt u. Christine Werkstetter, Neuzeit: De Vivo, Information and Communica- (HZ. Beihefte. NF 41), München 2005, S. 295–299, tion, v.a. S. 89–91. Generell zur Bedeutung des Ri- S. 299; Denzel, „Wissensmanagement“, S. 85; Rena- alto als Nachrichtenumschlagsplatz: Burke, Venice te Pieper, Informationszentren im Vergleich. Die as Center of Information and Communication, Stellung Venedigs und Antwerpens im 16. Jahr- S. 392 u. S. 396. Infelise, Merchants’ letters, S. 33; hundert, in: Kommunikationsrevolutionen. Die Neerfeld, Gegenwartschronistik, S. 123–124; Wer- neuen Medien des 16. und 19. Jahrhunderts, hg. ner, Nachrichtenwesen, S. 26. v. Michael North, (Wirtschafts- und Sozialhistori- 268 Archiv Scheurl, Cod. AB, fol. 332rv. sche Studien 3), Köln u. a. ²2001, S. 45–60, S. 50. 269 Auch die grundlegende Bedeutung von „Kom- Zum kosmopolitischen Charakter Venedigs: Bur- munikation als sozialer Interaktion“ und für die ke, Venice as Center of Information, S. 390. Aufrechterhaltung sozialer Beziehungen legt dies 265 Sanuto, Diarii. Neerfeld, Gegenwartschronistik, nahe: North, Kommunikationsrevolutionen, S. X. S. 124. Daher erweist es sich als aufschlussreich, Gassert betonte die „vielfältige[n] Kommunikati- auch bei Nachrichten, über deren Übermittlungsort onsbeziehungen“ der Kaufleute an ihren jeweiligen keine konkrete Auskunft gegeben wurde, zu unter- Aufenthaltsorten: Gassert, Kulturtransfer, S. 229. suchen, inwiefern, wann und mit welchen genauen Inhalten Neuigkeiten bei Sanudo überliefert sind. 300 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg von seinen venezianischen Handelspartnern, den Brüdern Amadi und Piero Bicharano, Informationen über die Entwicklung der Gewürz- und Edelsteinpreise, über die Ankunft der Galeeren aus der Romania und der Levante sowie über die Verfügbarkeit und Qua- lität bestimmter in Venedig zu beziehender Waren.270 Dass über solche Wege politische Neuigkeiten vermittelt wurden, lässt sich hingegen erst über ein Jahrhundert später aus- machen. Der venezianische Gelehrte Baptista Egnatius erklärte seinem Briefpartner Wil- libald Pirckheimer 1529, dass zwar im Augenblick nichts Neues über das Vordringen der Osmanen nach Westen zu berichten sei, er ihn aber direkt informieren werde, sobald er Meldung „über den Krieg der Türken“ habe.271 Im Laufe des Spätmittelalters war es durch eine zunehmende Verschränkung von Schriftlichkeit und Mündlichkeit und eine damit einhergehende Ausweitung des Brief- verkehrs zu einer außerordentlichen Verdichtung von Kommunikation gekommen. Vor allem im ausgehenden 15. Jahrhundert schwoll die Vermittlung von Informationen und Nachrichten in Korrespondenzen an,272 wobei die Verfestigung einer entsprechen- den Infrastruktur die Grundlage hierfür bildete. Eine besondere Rolle kam hierbei den Fernkaufleuten zu, deren Bedürfnis nach Schriftlichkeit und Kommunikation mit ih- rer zunehmenden Sesshaftigkeit und der Etablierung europaweiter Handelsnetzwerke, Gesellschaftsniederlassungen und Faktoreien stieg und das Schreiben von Briefen zu einem wichtigen Teil ihrer Tätigkeit werden ließ.273 Der kontinuierliche und schnelle

270 F. Amadi aus Venedig an H. Kress (1392 Sep. 12), P. S. 20. Zur Intensivierung im ausgehenden 15. Jahr- Bicharano aus Venedig an H. Kress (1392 Nov. 4), hundert: u. a. Oswald Bauer, Zeitungen vor der A. Amadi aus Venedig an H. Kress (1392 Okt. 4), Zeitung. Die Fuggerzeitungen (1568–1605) und GNM, KA, Sch. XXVIII, Fasc. A, Nr. 8, 10 u. 11. das frühmoderne Nachrichtensystem, (Colloquia Vgl. hierzu auch: Braunstein, Relations d’affaires, Augustana 28), Berlin 2011, S. 12. Zur „Informa- S. 261–262; Stromer, Oberdeutsche Hochfinanz 1, tion als Kategorie historischer Forschung“: Arndt S. 121. Brendecke u. a., Information als Kategorie histori- 271 B. Egnatius aus Venedig an W. Pirckheimer (1529 scher Forschung. Heuristik, Etymologie und Ab- Sep. 15), in: Pirckheimer Briefwechsel 7, Nr. 1243, grenzung vom Wissensbegriff, in: Information in S. 243–247, S. 247. der Frühen Neuzeit. Status, Bestände, Strategien, 272 Heimann sprach für das 14. und 15. Jahrhundert hg. v. dens. (Pluralisierung & Autorität 16), Berlin von einer „Achsenzeit“ der Kommunikation: Hei- u. a. 2008, S. 11–44. mann, Briefwesen, S. 10. Zur Kommunikationsver- 273 Zur Bedeutung der sich verfestigenden Infra- dichtung und ihren Gründen: ebd., S. 10 u. S. 11; struktur: Heimann, Briefwesen, S. 15. Zum Brief- Christian Jörg, Kommunikative Kontakte – Nach- schreiben als zentralem Teil kaufmännischer Tä- richtenübermittlung – Botenstafetten: Möglichkei- tigkeit: Maschke, Berufsbewusstsein, S. 391. Zum ten zur Effektivierung des Botenverkehrs zwischen Zusammenhang zwischen der zunehmenden den Reichsstädten am Rhein an der Wende zum Sesshaftigkeit der Kaufleute und der Verdichtung 15. Jahrhundert, in: Kommunikation im Spät- von Kommunikation: v.a. Gassert, Kulturtransfer, mittelalter: Spielarten – Wahrnehmungen – Deu- S. 248; Denzel, „Wissensmanagement“, S. 73–74. tungen, hg. v. Romy Günthart u. Michael Jucker, Zur Bedeutung der Struktur der Handelsgesell- Zürich 2005, S. 79–89, S. 80 (Zitat). Als Gründe schaften und ihres Faktoreiensystems im Kontext: für den gesteigerten Informationsbedarf nannte v.a. Jürgen Schneider, Die Bedeutung von Konto- Gerteis u. a. den Aufschwung der Städte und die ren, Faktoreien, Stützpunkten (von Kompagnien), zunehmende „Monetarisierung“: Gerteis, Reisen, Märkten, Messen und Börsen in Mittelalter und 3. Nürnberg als Nachrichtenzentrum nördlich der Alpen · 301

Austausch zwischen den Firmenzentralen und ihren Vertretern an unterschiedlichen Or- ten über Geschäfte, Waren- und Preisentwicklungen und die Situation an den einzelnen Absatzmärkten war notwendig für erfolgreiches Handeln.274 Hatte sich bereits Mitte des 14. Jahrhunderts ein regelmäßiges Botensystem zwischen Oberitalien und Oberdeutsch- land etabliert und bildete sich spätestens seit den 1370er Jahren auch in Nürnberg ein städtisches Botenwesen heraus, so gewannen doch vor allem die Kommunikationssyste- me der Kaufleute an Wichtigkeit.275 Die großen Nürnberger Handelsgesellschaften un- terhielten eigene Boten, auf die auch Verwandte und Freunde zurückgreifen konnten.276 Ebenso wie beim Warentransport waren sie dabei untereinander vernetzt und arbeiteten zusammen. Während beispielsweise die Kress die Boten der Imhoff in Anspruch nah- men, nutzte Hans IV. Imhoff 1491 für die Übersendung eines Briefes nach Norden die Kommunikationsmechanismen der Hirschvogel.277 Thomas Reich versandte die Schrei-

Früher Neuzeit, in: Die Bedeutung der Kommu- sches. Für einen Paradigmenwechsel in der Erfor- nikation für Wirtschaft und Gesellschaft, hg. v. schung der ‚neuen Zeitungen‘, in: Kommunikation Hans Pohl, (VSWG. Beihefte 87), Stuttgart 1989, und Medien in der Frühen Neuzeit, hg. v. Johannes S. 37–63, S. 38; Häberlein, Handelsgesellschaften, Burkhardt und Christine Werkstetter, (HZ. Beihef- v.a. S. 310 u. S. 312. Zum kaufmännischen Briefwe- te. NF 41), München 2005, S. 409–425, S. 416. sen auch: Trivellato, Merchants’ letters, S. 83; Spor- 275 Zum oberdeutsch-oberitalienischen Botenwesen: han-Krempel, Nachrichtenzentrum, S. 29. Wie Werner, Nachrichtenwesen, S. 6; Häberlein, Han- wichtig z. B. die Vermittlung von Rechnungen war delsgesellschaften, S. 310. Zu den ersten Belegen für und wie massiv deren Ausbleiben das Verhältnis ein Botenwesen in den Nürnberger Stadtrechnun- zwischen beiden Parteien stören konnte, zeigte der gen 1377: Gerteis, Reisen, S. 21; Sporhan-Krempel, Brief Michels IV. Behaim an seinen Bruder Wolf in Nachrichtenzentrum, S. 21. Einen Überblick über Lissabon bezüglich einer Beschwerde Linhards II. die Entwicklung des Nürnberger Botenwesens: Hirschvogels: „Nun ist Linhart Hirsfogel bey mir ebd., S. 21–22 u. S. 26. Zur Verdichtung des städti- […], beclagt sich er hab dir vor deinem abschei- schen Botenwesens im 15. und 16. Jahrhundert v.a. den hie muntlich befolhen, […] di rechnung her in den Handelsstädten: Gerteis, Reisen, S. 21. Dass zuschicken. Dess er von euch nit bekumen mug, auch im Kontext der Beziehungen zu Venedig dem des er zw mercklichen schaden kumpft […]. So dw durch die Kaufleute selbst geregelten Botenwesen sein bevelg nit konst nach kummen, sol[st du] im eine besondere Bedeutung zukam, verdeutlicht der pillich zugeschriben haben, auss wass ursach dw Konflikt zwischen Augsburg und Nürnberg in den solchss unterlest. […] Darumb […] schreib dem 1470er Jahren. L.H. mit dem aller ersten auf sein begeren antwort 276 So ließ Hieronymus Imhoff seinen Brief an Linhart oder dw wirst nachred musen warten. Es ste di Tucher 1544, ebenso wie Hieronymus Reich 1528 sach, wy sy woll, ge mit der warheit umb und ver- und dessen Vetter Thomas 1529, über die Boten halt nichtz. Dess pis[t du] bey dein eren zu thun der Gesellschaft Endres Imhoff zustellen („durch schuldig.“ M. Behaim aus Nürnberg an W. Behaim hernn Endres Im hoff“): StadtAN, E 29/IV, Nr. 281 (1507 Jan. 30), StadtAN, E11/II-585. (Zitat), Nr. 738 u. Nr. 1437. Thomas nutzte auch 274 Denzel, „Wissensmanagement“, S. 75; Gassert, die Botenstrukturen seines anderen Oheims Hans Kulturtransfer, S. 248. Gerteis betonte, dass „das Koberger: StadtAN, E 29/IV-1441. Hierzu generell Sammeln von Nachrichten aller Art zu den Ei- auch: Gassert, Kulturtransfer, S. 250. genschaften [gehörten], die den ‚guten‘ Kaufmann 277 „ewr schreiben per Hirsfogel diener hab ich ver- auszeichneten“: Gerteis, Reisen, S. 26. Auch: Gas- numben“; P. Enzperger aus Glamau an H. Imhoff sert, Kulturtransfer, S. 246 u. S. 248–250. Mauels- (1491 Aug. 12), GNM, IA Teil 1, Fasc. 8, Nr. 31l. Zu hagen bezeichnete wirtschaftliche Nachrichten als den Kress: „per Ludwig Im hoff per via de Vene- „handlungsrelevante Informationswerte“: Franz zia“; GNM, KA, Sch. XXIX, Fasc. C, Nr. 4a, fol. 3r. Mauelshagen, Netzwerke des Nachrichtenaustau- 302 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg ben an seinen Oheim Linhart Tucher über die Boten seines weiteren Vormunds Endres I. Imhoff. Wie Albrecht Dürer, der die Botenstrukturen der Imhoff oder der Augsburger Kaufleute für seinen Kontakt mit Pirckheimer nutzte, konnte ein breiter Personenkreis auf das ausgeprägte Kommunikationswesen zurückgreifen.278 Immer wieder bedienten sich darüber hinaus auch die Stadtregimenter der Botenstrukturen ihrer Kaufleute.279 Gleichzeitig wurden das Kommunikationssystem und der Fondaco, an dem es sich institutionalisierte, auch genutzt, um die Korrespondenzen, die aus dem Norden kamen, in Italien zu verteilen. 1537 schickte Paulus Behaim an Hieronymus Imhoff einen Brief für dessen Bruder Paulus, den Hieronymus diesem nach Triest weiterleiten sollte, was er auch unverzüglich tat.280 Georg Kress sandte im Dezember 1511 einen Brief an Ambrogio da Saronno in Mailand über Ludwig Imhoff in Venedig. Der Mailänder Geschäftspartner nutzte die Kommunikationsverbindungen zwischen der Serenissima und der Reichsstadt ebenfalls, um Kress Schreiben zukommen zu lassen.281 Auch Dr. Johann Lochner nutzte für die Zustellung seiner Korrespondenz mit der Markgräfin von Mantua, Barbara Gon- zaga, seine Kontakte in Venedig, wobei er auf Lienhard II. Hirschvogel zurückgriff. Selbst Briefe von Lübeck nach Mantua wurden über die Verbindung zwischen Nürnberg und Venedig zugestellt.282 Diese wurde zu einer zentralen Achse des europäischen Kommu- nikationswesens.

278 A. Dürer aus Venedig an W. Pirckheimer (1506 hungen Sarono-Kress: Aloys Schulte, Geschichte Apr. 25), in: Pirckheimer Briefwechsel 1, Nr. 111, des mittelalterlichen Handels und Verkehrs zwi- S. 365–367, S. 366. schen Westdeutschland und Italien mit Ausschluß 279 Als der Nürnberger Rat die Signoria 1506 um von Venedig 1, Leizpig 1900, S. 587–589. Dass eine Abschrift der Vormundschaftsordnung bat, Nürnberger, die sich in anderen Städten aufhielten, verwies er ausdrücklich darauf, über diese und den Fondaco nutzten, zeigt sich z. B. bei Johannes ihre Vorzüge durch die in der Serenissima tätigen Schedel in Bologna: H. Schedel aus Nürnberg an J. Nürnberger Kaufleute erfahren zu haben: Rat an L. Schedel (1468 Jul. 25), in: Hermann Schedels Brief- Loredan (1506 Jun. 6), StAN, BB (Rep. 61a), Nr. 56, wechsel, Nr. 80, S. 178–179, S. 178. fol. 302rv, fol. 302r. Zum Nutzen der kaufmänni- 282 „dornoch im fodern tage seyn mir briffe kommen schen Botenstrukturen durch die venez. Regie- von Lubeck […] ewer gnaden furpasser uff das rung: Werner, Nachrichtenwesen, S. 6. peldest zuzusenden. Also hab ich die gen Venedig 280 „sambtt einem prieff an Paulus Imhoff gen Triest, geschiket ewerm factor und dopey losen sagen, solchen ich im mitt aller ersten dohin gesandtt das er sie weyter von stund an gen Mantua bestel- hab.“ H. Imhoff aus Venedig an P. Behaim (1536 let.“ J. Lochner aus Nürnberg an B. Gonzaga (1473 Dez. 15), GNM, BA, Nr. 29a. Zur Verwandtschaft Apr. 27), in: Märtl (Hg.), Johann Lochner, Nr. 19, zwischen Hieronymus und Paulus Imhoff: Bieder- S. 136–137, S. 136. Ebenfalls: „durch eyn laufen- mann, Geschlechterregister, T. 221. den poten, der do gewesse ist und gen Venedig czu 281 Dabei nutzte er einen gewissen Jacob Bechono als geet, der noch gen Mantua lauffen solle“; J. Loch- Bote: „1 pryff von Ambroxi de Sarono yst geben ner aus Nürnberg an B. Gonzaga (1473 Jan. 26), in: […] auff 11 dytto [August 1507] per Jacob Becho- edb., Nr. 14, S. 127–128, S. 127. Zu Hirschvogel als no […] via de Venezia“, ebenso wie am 23. August, Boten: „moget irß gen Venedig schiken demsel- am 8. Oktober (mit Angabe „pey Jacob Bechono bigen ewern factor, das er die brieffe gebe Leon- von Florentz“) und am 16. Oktober; sowie: „1 pryff hardo Hirßfogel von Nurenberg, der ym die auch gen Maylandt an Ambroxi da Sarono per Ludwig uberantwort hadt.“ J. Lochner aus Nürnberg an B. Im hoff per via de Venezia“; GNM, KA, Sch. XXIX, Gonzaga (1473 Apr. 27), in: ebd., Nr. 19, S. 136– Fasc. C, Nr. 4a, fol. 2v u. 3r. Zu den Geschäftsbezie- 137, S. 136. 3. Nürnberg als Nachrichtenzentrum nördlich der Alpen · 303

Nicht nur war das kaufmännische Austauschsystem strukturell besonders gut ausge- prägt, durch die maßgebliche Bedeutung der Aktualität und Zuverlässigkeit von Infor- mationen für wirtschaftliche Vorteile gegenüber Konkurrenten und für den Erfolg von Geschäften283 zeichnete es sich auch durch eine besondere Schnelligkeit aus. Oftmals übertraf es das städtische Botenwesen. So teilte der Nürnberger Rat 1434 Friedrich I. von Brandenburg ausdrücklich mit, dass man die Nachricht über die Kaiserkrönung Sigismunds, die man an den Markgrafen weiterleitete, über die Nürnberger Kaufleute in Venedig erhalten habe, dem Stadtregiment selbst jedoch bisher „kein eygne schrifft noch potschaft“ zugekommen sei.284 Als Hieronymus Reich Linhart Tucher 1529 vom Aufrüsten der Osmanen berichtete, betonte er daher ausdrücklich, dass die Schreiben, denen er die Informationen entnahm, „frisch priff“ seien, die einige Tage zuvor aus Kon- stantinopel in Venedig eingetroffen waren. Dies steigerte den Wert der Mitteilungen und verbesserte damit auch die Rolle des Nachrichtenübermittlers innerhalb der Korrespon- denzbeziehung.285 Die Zustellung von Nürnberg nach Venedig dauerte um 1500 in der Regel zwei Wo- chen.286 Wichtige Nachrichten konnten jedoch in vier bis sechs Tagen übermittelt wer- den. Dabei wurde der Lohn der Boten nach seiner Schnelligkeit gestaffelt. Bereits um 1400 waren solche Bezahlungsmechanismen in Venedig vorgekommen. Wie das Han- delsbuch der Paumgartner zeigt, wurde dies ein Jahrhundert später auch im oberdeut- schen Bereich üblich.287 Dabei wurden bereits Verzögerungen von einzelnen Stunden

283 Stromer, Oberdeutsche Hochfinanz 2, S. 89 u. Schnelligkeit: Dauser, Informationskultur, S. 50; S. 437; Fried, Kunst und Kommerz, S. 20–21. Neerfeld, Gegenwartschronistik, S. 129. 284 „daz etlichen unsern kauffleuten yeczo von Vene- 286 Vgl. hierzu die Briefe Thomas Reichs an Linhart dig herauß brief kumen sein, darynne in nemlich Tucher: StadtAN, E 29/IV, Nr. 1438–1444. Einmal verschriben und verlaudet worden ist, wie daz dauerte die Zustellung über zwanzig Tage: ebd., derselb […] unser gnedigister herren der kunig Nr. 1443. Für die 1530er und 1540er Jahre sind czu Römischen keyser an dem heiligen Pfingstag mehrfach 14 Tage Zustellungszeit überliefert: ebd., nehst vergangen gar löblich gekrönet worden sey.“ Nr. 1397 u. Nr. 1140; GNM, BA, Nr. 29a. Teilweise Rat an F. v. Brandenburg (1433 Jun. 25), StAN, BB wurden Briefe, wie zwischen Hieronymus Imhoff (Rep. 61a), Nr. 10, fol. 197r. und Linhart Tucher 1544, auch in sieben Tagen 285 H. Reich aus Venedig an L. Tucher (1529 Jun. 6), zugestellt: StadtAN, E 29/IV-1138. In Einzelfällen StadtAN, E 29/IV-869. Auch versicherte er, sol- konnten Briefe jedoch auch einen Monat brau- le er neue Informationen erhalten, werde Tucher chen: Das Schreiben Imhoffs aus Venedig an Pau- dies sofort erfahren: „Ein wenig die neu zeittung lus Behaim, das am 17.5.1537 ausgestellt worden was weyder darmitt verfolgt mitt ersten solst ver- war, ging erst am 17.6. in Nürnberg ein: GNM, BA, nemen.“: ebd. Die Bedeutung von Schnelligkeit Nr. 29a. Sanudo gab für die Zustellung von Infor- zeigte sich auch im Konflikt um das Botenwesen mationen aus Nürnberg nach Venedig explizit acht zwischen Augsburg und Nürnberg. Ebenso fiel bei Tage an: Sanuto, Marino, I Diarii di Marino Sanu- der Vermittlung der möglicherweise aus Venedig to 48, hg. v. Federico Stefani u. a., Venedig 1897, stammenden Nachrichten über den Tod Selims I. Sp. 58. 1520 die Schnelligkeit der Informationsvermitt- 287 Um „von Venetia gen Nürnberg eyllend bottschaft lung auf: M. Behaim aus Spalt an F. Behaim (1520 zu senden“ wurden die Kosten von Eilboten nach Nov. 16), GNM, BA, Nr. 64. Zur Bedeutung v. der Dauer gestaffelt: für vier Tage 78–80 rheini- 304 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg berechnet. Als Jakob Kraus 1494 Christoph I. Scheurl beauftragte, eine Botschaft Herzog Albrechts von Sachsen in vier Tagen nach Venedig zu liefern, versprach er ihm dafür 84 Gulden. Für jede Stunde, die Scheurl länger brauchte, sollten zwei Gulden abgezogen werden. Akribisch wurde vermerkt, dass die Zustellung sich um neundreiviertel Stunden verzögert hatte.288 Auch der Nürnberger Rat begründete seine Bitte an den in Granada weilenden Michael von Laden, die Informationen zukünftig in mehrfacher Ausführung über die kaufmännischen Netzwerke nach Barcelona und von dort über die Niederlande, Rom und Venedig zu versenden, damit, dass so die Schnelligkeit erhöht und die Regel- mäßigkeit des Informationsflusses gesichert werde.289 Die Bedeutung der regelmäßigen Berichterstattung offenbaren auch andere Brief- wechsel. Lienhard I. Hirschvogel schickte seinem Schwager Michael III. Behaim 1442 und 1443 in der Regel einmal im Monat einen Brief. Thomas Reich berichtete seinem Oheim Linhart Tucher meist im Abstand von zwei Wochen aus Venedig. Bei den nicht- kaufmännischen Korrespondenzen, wie bei der Dürers an Willibald Pirckheimer, wur- de ebenso Wert auf häufiges Schreiben gelegt. Als der Maler seinem Förderer längere Zeit keinen Brief schickte, wurde er gar von seiner Mutter ermahnt, dies baldmöglichst zu tun. Er entschuldigte sich bei dem Humanisten damit, dass er zu faul gewesen und darüber hinaus davon ausgegangen sei, Pirckheimer befinde sich nicht in Nürnberg.290 Normalerweise rechtfertigte man längeres Schweigen jedoch durch Unpässlichkeit, die viele Arbeit oder weil man seit dem letzten Schreiben „nicz sonders vernomen hab[e]“.291 Hieronymus Reich gab seinem Vetter Linhart Tucher gegenüber gar an, dass er nicht

sche Gulden, für vier Tage und 6 Stunden 50 Gold- Nr. 108, S. 351–355; Nr. 111, S. 365–567; Nr. 118, dukaten: [Paumgartner], Welthandelsbräuche, S. 385–390; Nr. 122, S. 415–422; Nr. 124, S. 424– Kap. I.142, S. 188. Hierzu auch: Häberlein, Han- 427 u. Nr. 129, S. 438–444. Zu Reich-Tucher: delsgesellschaften, S. 310; Gömmel, Vermittlerrolle StadtAN, E 29/IV, Nr. 1437–1443. Zu Hirschvogel- Nürnbergs, S. 45. Zur Preisstaffelung in Venedig: Behaim: GNM, BA, Nr. 5. Werner, Nachrichtenwesen, S. 6. 291 „und dir wie pillich lengst geschriben soltt haben. 288 Stromer, Oberdeutsche Hochfinanz 1, S. 182. Auf- Aber noch dem in deinem schreiben nicz sonders grund der Kosten erfolgte eine solch schnelle Zu- vernomen hab, auch ich dir nicz sonders zu schrei- stellung jedoch nur in Sonderfällen: Gerteis, Rei- ben gewist hab.“ H. Imhoff aus Venedig an P. Be- sen, S. 31. haim (1536 Dez. 15), GNM, BA, Nr. 29a. Ähnlich 289 Rat an M. v. Laden (1526 Sep. 12), StAN, BB berichtete Hans Pömer an Linhart Tucher: „Ich (Rep. 61a), Nr. 93, fol. 160v–162r. Dabei sollte er hett euch gernn voer dysser zeytt geschryben. So die Augsburger und Nürnberger Netzwerke der hab ich wye iczt auch nichs zwschreyben gewyst“; Hochstätter und Tucher nutzen. Zur Bedeutung H. Pömer aus Venedig an L. Tucher (1534 Jun. 9), etablierter Strukturen für die Schnelligkeit und StadtAN, E 29/IV-1397. Eine entsprechende Ent- Regelmäßigkeit der Korrespondenz: Mauelshagen, schuldigung seines Schwiegersohns Hieronymus Netzwerke, S. 420. Imhoff konnte Tucher einige Jahre später nach- 290 A. Dürer aus Venedig an W. Pirckheimer (1506 vollziehen. Es sei ihm nur wichtig zu wissen, wie Feb. 7), in: Pirckheimer Briefwechsel 1, Nr. 98, es Imhoff gehe: „wie dw dich entschuldigst, nit zw S. 319–329, S. 319–320. Zu den weiteren Briefen, verdencken, das dw mir nit ee geschryben habst. die ungefähr im Abstand von zwei Wochen bis ei- Des hab ich gar kein beschwerd. Ich kann woll ge- nem Monat geschickt wurden: ebd., Nr. 91, S. 298– dencken, das dw sunst mit grossermm thun und 303; Nr. 101, S. 335–337; Nr. 104, S. 343–347; gescheftenn beladenn pist: so ich nur wayß, das es 3. Nürnberg als Nachrichtenzentrum nördlich der Alpen · 305 schreibe, weil sich etwas Berichtenswertes ereignet habe, sondern „allein ausß‹!› gutter gewonheitt“292. Dementsprechend trug Christoph I. Scheurl seinem Schützling Hieronymus Haller auf, regelmäßig die wichtigen Themen, die Entwicklung der „pfennbart“, „was yederman hanndlet“ und sonstige Neuigkeiten nach Nürnberg zu berichten. Jede Information, die er bis zum Aufbruch des Boten in den Norden erfahre, solle er hinzufügen. Die Fragen seines Nürnberger Briefpartners solle er gewissenhaft beantworten.293 Das Führen von Korrespondenzen war wichtiger Teil der Kaufmannsausbildung.294 Vermittelt wurde den angehenden Händlern dabei auch die Form der Berichterstattung, in der sich anhand der Abfolge der Nachrichten ihre direkte Relevanz für die Geschäfte abbildete. Besonders augenfällig wird dies in der Korrespondenz Thomas Reichs. In jedem seiner Briefe gab er nach einer kurzen Abhandlung über seine eigenen Tätigkeiten erst Auskunft über die Entwicklung der Waren und Preise sowie die aktuellen Wechselkurse zu den wichtigen europäischen Handelsorten, um dann über die politischen Neuigkeiten zu berichten. Letztere, die als „neue zeittungen“ bezeichnet wurden,295 waren bei Reich und den meis- ten anderen Briefschreibern in den normalen Textfluss eingegliedert. Vereinzelt legten die Nürnberger sie jedoch bereits auf Extra-Blättern bei. Teilweise wurden die ‚Neuen Zeitungen‘, wie bei den Behaim, auch direkt mit dem „gesellschaffttprieff“ nach Nürn- berg gesandt.296 Zum Schluss fügte Reich manchmal Berichte über andere Nürnberger in Venedig an. Stets folgen einige Bemerkungen über sein Befinden und von Zeit zu Zeit persönliche Kommentare wie die Betonung des besonderen Fleißes, den er für die Briefe an seinen Oheim aufwende. Über diesen sitze er oftmals bis spät in die Nacht.297 Auch die einzelnen Briefteile selbst unterlagen einer klaren Ordnung. Eine deutliche Hierar-

recht umb dich stett.“ L. Tucher aus Nürnberg a. Sporhan-Krempel. Nachrichtenzentrum. Zu den H. Imhoff in Venedig (1545 Jan. 9), StadtAN, E 29/ Charakteristiken der sog. „avvisi“ als Zusammen- IV-281. stellung von Exzerpten von informativen Passagen 292 Er entschuldigte sich gleichzeitig, „daß ich dir nitt aus Texten: Infelise, Merchants’ letters, S. 39. lengst ein moll ein prifflein geschriben“: H. Reich 296 H. Imhoff aus Venedig an P. Behaim (1536 Mai 11), aus Venedig an L. Tucher (1528 Mär. 5), StadtAN, GNM, BA, Nr. 29a. Im Laufe des 16. Jh.s entwickel- E 29/IV-868. ten sich die Extrablätter zu einer eigenständigen 293 „nit spar dein schreyben“; Archiv Scheurl, Cod. Form der Nachrichtenübermittlung: So handelte AB, fol. 332v. Am Ende seines Regiments wies er es sich bei den Abschriften von Briefen über die Haller darauf hin, wichtige Nachrichten im folgen- Entwicklungen um Rhodos in den 1520er Jahren, den Brief zu wiederholen, falls der erste verloren die sich als separate Blätter im Nachlass Willibald gehe: ebd., fol. 332v–333r. Ähnliche Anweisungen Pirckheimers finden, wahrscheinlich um die Bei- aus Lyon: H. Tucher aus Lyon an A. Tucher (1518 lage eines Briefs Hans VI. Imhoffs aus Venedig: Apr. 28), StadtAN, E 29/IV-249. StBN, Pirckheimer-Papiere 461, Anl. 1–4. Zur zu- 294 Vgl. Kap. II.2.2.3. nehmend separaten Übermittlung entsprechender 295 Zur Definition von „Neuen Zeitungen“ eher als Nachrichten: Werner, Nachrichtenwesen, S. 24; „Nachricht“ und nicht als „Zeitung“ im heutigen Bauer, Zeitungen, S. 13. Sinn: Werner, Nachrichtenwesen, S. 3. Zu ‚Neu- 297 T. Reich aus Venedig an L. Tucher (1529 Mär. 14), en Zeitungen‘ generell sowie ihrer Verbreitung in StadtAN, E 29/IV-1438. Nürnberg, v.a. ab dem späteren 16. Jahrhundert: 306 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg chie zeigte sich bei der Aufzählung der unterschiedlichen Waren. Die erste Information betraf stets das Pfeffergeschäft. Danach ging Reich auf die weiteren Spezereien ein. Bei dem Bericht über die Wechselkurse nannte er zu Beginn mit Antwerpen und Lyon die beiden neben Venedig wichtigsten Handelsorte der Nürnberger. Entsprechende Abfolgen in der Berichterstattung lassen sich bereits in den Briefen Lienhards I. Hirschvogel an Michael III. Behaim aus den 1440er Jahren feststellen, waren jedoch weit weniger stark ausgeprägt als in der Korrespondenz Reichs. Die Formalisierung nahm im Laufe des 15. Jahrhunderts deutlich zu. Gleichzeitig scheint sie in ihrem Ausmaß allerdings vom Verhältnis zum Korrespondenzpartner abhängig gewesen zu sein. Schreiben zwischen sich persönlich nahestehenden oder geschäftlich ähnlich gestellten Personen waren deut- lich formloser.298 Über die reine Berichterstattung hinaus waren die Briefe vor allem eine Interaktion zwischen den Korrespondierenden. Neben den Besorgungen, die die Nürnberger für ihre Landsleute im Norden tätigten, hielten sie die Verbindungen in ihre Vaterstadt, zu ihren dortigen Verwandten, Freunden und Geschäftspartnern hauptsächlich durch eine intensive Korrespondenz aufrecht. Per- sönliche Verbundenheit und Loyalität gegenüber einem Förderer oder Freund konnten ebenso Beweggründe für einen stetigen Austausch sein wie Verpflichtungen gegenüber Oheimen und Lehrherren oder geschäftliche Interessen. In der Regel beruhte die Verbrei- tung von Neuigkeiten nicht auf für diesen Anlass neu geschaffenen Kontakten, sondern auf Verbindungen, die bereits aus anderen Kontexten, oftmals aus dem sozialen und wirt- schaftlichen Bezugsrahmen der fränkischen Reichsstadt selbst stammten. Die Mitteilung von Nachrichten und Informationen und die damit verbundene intensive Kommuni- kation ermöglichten eine Aufrechterhaltung der Kontakte auch über die geographische Distanz.299 So versorgte Willibald Pirckheimer den aus Nürnberg stammenden Bamber- ger Kanoniker Lorenz Beheim wohl nicht nur regelmäßig mit Gegenständen aus der Lagunenstadt, darunter wahrscheinlich auch der Venedig-Vedute des Jacopo de’Barbari,

298 Vgl. z. B. die Briefe H. Reichs an Linhart Tucher aus Stabilisierung von Gruppen und Identitäten“ be- dem gleichen Zeitraum: H. Reich aus Venedig an tont: Depkat, Kommunikationsgeschichte, S. 26. L. Tucher (1528 Mär. 5) u. (1529 Jun. 6), StadtAN, Vgl. auch: Heimann, Briefwesen, S. 15. Mauelsha- E 29/IV, Nr. 868–869. Die Briefe Thomas Reichs: gen verwies konkret auf die Funktion von Nach- StadtAN, E 29/IV, Nr. 1437–1444. In dem Augen- richten als Mittel von Inklusion und Exklusion in blick, in dem Reich Venedig verließ, wich auch der Netzwerken: Mauelshagen, Netzwerke, S. 424. Zur Aufbau des Briefs von der vorherigen Form ab: T. Bedeutung von Informationen als politischem und Reich aus Augsburg an L. Tucher (1530 Feb. 23), kulturellem Kapital innerhalb von Beziehungen StadtAN E 29/IV-1445. Zur Formalisierung von und zu deren Aufrechterhaltung: Dauser, Infor- Briefen bei Lehrlingen generell: Häberlein, Kauf- mationskultur, S. 402 u. S. 49. Auf die konkrete mannswissen, S. 277–278. Zur Dreiteilung der Bedeutung von Briefwechseln in diesem Kontext Briefe in wirtschaftliche, politische und persönliche im 15. Jh. geht ein: Lang, Cosimo de’Medici, S. 417. Informationen: Trivellato, Merchants’ letters, S. 87. Vgl. hierzu: Kap. II.3.3. Zur Bedeutung von Kom- 299 In der Forschung wurde die zentrale Bedeutung munikation für die Überwindung von Räumen: von Kommunikation für die „Konstituierung und u. a. Gassert, Kulturtransfer, S. 294. 3. Nürnberg als Nachrichtenzentrum nördlich der Alpen · 307 sondern auch mit Informationen. In einem seiner zahlreichen Schreiben an Pirckheimer bedankte sich Beheim im Oktober 1516 auch für „Neuigkeiten aus Venedig“, die der Hu- manist ihm kürzlich geschrieben hatte.300

3.2 Informationen zwischen Venedig und Nürnberg

3.2.1 Persönliche und kulturelle Neuigkeiten

Die meisten der überlieferten Korrespondenzen zwischen Nürnbergern in Venedig und ihren Bekannten in der fränkischen Reichsstadt begannen und endeten mit persönlichen Bemerkungen und Wünschen. Gleich in welcher professionellen und sozialen Beziehung die Briefpartner zueinander standen, war neben politischen und wirtschaftlichen Inter- essen in der Regel auch eine zwischenmenschliche Komponente von Bedeutung.301 Die Nürnberger berichteten meist über ihre eigene Situation in Venedig. Dies hatte, wie die Schreiben Thomas Reichs an Linhart Tucher zeigen, einen festen Platz auch im forma- lisierten Brief. Der Kaufmannslehrling teilte seinem Oheim zu Beginn seine Lernfort- schritte, die eigene Ausbildungssituation und, nach den Meldungen über wirtschaftliche und politische Entwicklungen, seine persönlichen Befindlichkeiten mit. So thematisierte er neben den Konflikten mit seinem Herrn Burckhard de Burckhardi seine Versuche, sein Pferd zu verkaufen, ebenso wie seine Probleme mit dem Weingenuss bei der venezi- anischen Hitze.302 Albrecht Dürer erzählte Pirckheimer von seinen Arbeiten am Rosen- kranzfest und dem Unmut über dessen Bezahlung, seinen Problemen mit den veneziani- schen Malern und seinem steigenden sozialen Ansehen. Daneben waren Informationen über Landsleute in Venedig berichtenswert. Dürer schrieb wiederholt von der schweren und langen Krankheit Endres Kunhofers. Als Kun- hofer einige Monate später selbst nach Venedig kam, erwähnte der Maler, dass der Stu-

300 „Intellexi nova de Venetis, quae scripsisti. Gratias 301 Selten wurde sie so offen thematisiert wie im Brief ago.“ L. Beheim aus Bamberg an W. Pirckheimer der Katharina Imhoff an ihren Sohn Endres in Ve- (1516 Okt. 13), in: Pirckheimer Briefwechsel 3, nedig, der wohl während der Ausbildungszeit des Nr. 401, S. 34–35, S. 35. Der entsprechende Brief jungen Imhoff in Venedig verfasst wurde, oder in Pirckheimers ist nicht erhalten: Vgl. Ebd., Anm. 8. den Briefen Albrecht Dürers an Willibald Pirck- Möglicherweise behandelte er den Konflikt zwi- heimer: „wan ich halt ewch nit anderst den vür schen Venedig und dem Kaiser: (1517 Jan. 15), ein vater.“ A. Dürer aus Venedg an W. Pirckhei- in: ebd., Nr. 413, S. 58–59. Zu L. Behaim, der aus mer (1506 Feb. 7), in: Pirckheimer Briefwechsel 1, der Nürnberger Geschützgießerfamilie stamm- Nr. 98, S. 319–329, S. 320. K. Imhoff aus Nürnberg te: Christa Schaper, Lorenz und Georg Beheim. a. E. Imhoff in Venedig (o. Dat.), GNM, IA Teil 1, Freunde Willibald Pirckheimers, in: MVGN 50 Fasc. 13, Nr. 6. (1960), S. 120–221. Zur möglichen Übersendung 302 T. Reich aus Venedig an L. Tucher (1529 Jun. 26), der Venedig-Vedute: (1511 Okt. 16), in: Pirckhei- StadtAN, E 29/IV-1441. Zum Pferd: (1529 Mär. mer Briefwechsel 2, Nr. 198, S. 113–119, S. 116 u. 14) u. (1529 Mär. 23), StadtAN, E 29/IV, Nr. 1438– S. 119, Anm. 41. 1439. 308 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg dent „noch [immer] nit am schtercksten“ sei.303 Den Tod Bernhardin II. Hirschvogels, über den sein Vater, der als Gesandter des Nürnberger Stadtregiments in Venedig weilte, „gantz vol betrübtnus“ sei, teilte Dürer dem Humanisten ebenfalls mit.304 Auch Thomas Reich berichtete Linhart Tucher über den tragischen Tod eines Nürnbergers in Venedig: Endres Weiss habe sich beim Ballspielen erhitzt und dann wahrscheinlich Wasser ge- trunken. Danach sei er 20 Tage mit Fieber darniedergelegen, bevor er am 5. April 1529 verstorben sei.305 Die persönlichen Erlebnisse konnten sich mit kulturellen Ereignissen in Venedig ver- mischen, über die die Briefe in diesem Zusammenhang manchmal ebenfalls Auskunft ga- ben. Dürers Äußerungen über die besondere Kunstfertigkeit Giovanni Bellinis entspran- gen wohl, neben beruflichen Interessen, vor allem der Tatsache, dass dieser als einziger der venezianischen Maler Dürers Können anerkannte. Die Bemerkung Dürers, dass es in Venedig weit bessere Maler als Jacopo de’Barbari gebe und dieser in Venedig nicht sehr geschätzt werde, der Nürnberger Kaufmann Anton Kolb jedoch nach wie vor ein großer Anhänger des Künstlers sei, steht wohl im Zusammenhang mit dem Aufenthalt Barba- ris in Nürnberg in Diensten Maximilians I.306 Auch an den Informationen, die Lazarus Spengler 1520 an Pirckheimer über Geschehnisse im Fondaco übermittelte und die er wohl von seinem Bruder Georg erhalten hatte, hatte der Patrizier persönliches Interesse. Johann Eck habe „vor allen kauffleuten im teutschen haus zu Venedig“ polemische Reden gegen Luther gehalten. Nicht nur war Pirckheimer selbst mit Eck in Konflikt geraten. Die Nürnberger hatten, kurze Zeit vor Einführung der Reformation in ihrer Stadt, auch ein generelles Interesse an diesem ideologischen Austausch unter den Deutschen im Han- delshaus am Rialto.307

303 A. Dürer aus Venedig an W. Pirckheimer (1506 306 „Awch las ich ewch wissen, dz vill pesser moler hy Aug. 18), in: Pirckheimer Briefwechsel 1, Nr. 118, sind weder dawssen meister Jacob ist. Aber Antho- S. 385–390, S. 387. Im April 1506 hatte er berich- ni Kolb schwör ein eyt, es lebte keim pessrer mo- tet, es sei ihm zu Ohren gekommen, „Endres Kun- ler awff erden den Jacob. Dy andern spotten sein, hofer ist thottlich kranck.“ (1506 Apr. 25), in: ebd., sprechen, wer er gut, so belib er hy etc.“ A. Dürer Nr. 111, S. 365–367, S. 366. aus Venedig an W. Pirckheimer (1506 Feb. 7), in: 304 A. Dürer aus Venedig an W. Pirckheimer (1506 Pirckheimer Briefwechsel 1, Nr. 98, S. 319–329, Sep. 8), in: Pirckheimer Briefwechsel 1, Nr. 122, S. 320. Zu Bellini: „Er ist ser alt vnd ist noch der S. 415–422, S. 415. Bernhardin I. bat die Signoria pest im gemell.“: ebd. im Auftrag des Rats um die venezianische Vor- 307 L. Spengler aus Nürnberg an W. Pirckheimer mundschaftsordnung: Vgl. Kap. III.5. (1520 Nov. 19), in: Pirckheimer Briefwechsel 4, 305 „Item wissen, das […] Endryß Weiß auß dissem Nr. 730, S. 362–365, S. 363. Zu Pirckheimer, der jamertal verschieden ist pey 20 tagen kranck Auseinandersetzung mit Eck und der Streitschrift gewessen, hat sich erhiczigt gehept mit dem pal Eckius Dedolatus: Niklas Holzberg, Nachwort, in: spillen und darauff gedruncken.“ T. Reich aus Pirckheimer, Willibald, Eckius dedolatus / Der Venedig an L. Tucher (1529 Mai 4), StadtAN, E enteckte Eck. Lateinisch / Deutsch, hg. v. dems., 29/IV-1440. Erwähnung im Totengeläutbuch von Stuttgart 1983, S. 115–127; Niklas Holzberg, Wil- St. Sebald: Burger (Hg.), Totengeläutbücher 3, libald Pirckheimer, Griechischer Humanismus in Nr. 882, S. 35. Deutschland, (Humanistische Bibliothek. Reihe I: Abhandlungen 41), München 1981, S. 186–195. 3. Nürnberg als Nachrichtenzentrum nördlich der Alpen · 309

3.2.2. Wirtschaftliche Informationen

Frühe Berichte aus Venedig über wirtschaftliche Entwicklungen sind in Nürnberg bereits aus dem 14. Jahrhundert überliefert. Ein Brief des Nürnberger Ratsherren Erhard Vor- chtel von 1370 informierte über das Fallen des Preises für Wachs aufgrund einer großen Galeerenlieferung, die in Venedig eingegangen war.308 In den 1390er Jahren versorgten Bicharano und die Amadi Hilpolt Kress mit Informationen über die Ankunft neuer Wa- ren, vor allem von Seide und Gewürzen, die auf Galeeren aus der Romania und der Le- vante in Venedig eintrafen.309 Bei einer entsprechenden Aufstellung aus der Imhoff’schen Überlieferung von 1446 handelte es sich wohl ebenfalls um die Aufzählung der geladenen Güter von Galeeren aus Beirut und Alexandria.310 Die Gerüchte über die baldige An- kunft von Schiffen aus diesen beiden Städten, die in den nächsten zwei Wochen erfolgen sollte, veranlassten Lienhard I. Hirschvogel 1443 dazu, seinen Schwager Michael III. Be- haim sofort darüber zu informieren und ihm zu raten, den gelagerten Pfeffer möglichst schnell zu veräußern. Tatsächlich verkaufte Behaim seine Bestände unverzüglich, was Hirschvogel nicht einmal zwanzig Tage später zufrieden bemerkte, und sicherte sich so möglicherweise einen entscheidenden Vorteil gegenüber seinen Konkurrenten.311 Auch die Nachricht, dass die Galeeren aus Alexandria und Beirut im März 1529 aufgrund der gefährlichen Lage im Mittelmeerraum nicht als Handelsschiffe, sondern als „armada“ eingesetzt würden, hatte direkte Konsequenzen für die Geschäfte der Kaufleute.312 Zwei Monate später beklagte Thomas Reich, dass drei Schiffe verdorbenes Korn nach Venedig gebrächt hätten und „die groß theurung nider druck alle hendell“.313

308 „daz wahs ze Venedig galt 26 lb, daz hat abslagen 312 „wil diß ostern ain jeneral machen, zw sorgen die und gilt itzunt 23 lb und daz ist dovon, daz die gallie de Allesandria und Barutti werden nit nach galein vil wahs haben braht.“ Anonymus aus Vene- speczie farn und in armada farn“; T. Reich aus Ve- dig an E. Vorchtel (um 1370), in: Walter Schultheiß, nedig an L. Tucher (1529 Mär. 23), StadtAN, E 29/ Nürnberger Handelsbriefe aus der 2. Hälfte des IV-1439. Engpässe entstanden, wie Reich berich- 14. Jahrhunderts. Beiträge zur Wirtschaftsgeschich- tete, auch wenn sich die Ankunft der Galeeren te Nürnbergs, in: MVGN 51 (1962), S. 60–69, S. 62. aus Witterungsgründen verzögerte: „Ittem wist, Vgl. auch: Werner, Nachrichtenwesen, S. 12. das die herschafft 5 gallien in viazo zw schicken, 309 F. Amadi aus Venedig an H. Kress (1392 Sep. 12), P. nemlich 3 per Alexandria und 2 per Barudo, wel- Bicharano aus Venedig an H. Kress (1392 Nov. 4), che 2 per Baruto sollen […] 15 ditto abfaren und A. Amadi aus Venedig an H. Kress (1392 Okt. 4), die per Alexandria sollen […] 25 ditto abfaren […] GNM, KA, Sch. XXVIII, Fasc. A, Nr. 8, 10 u. 11. unnd wert 20 tag. Als dan sollen sye wider abfaren. 310 (1446 Dez. 22), GNM, IA Teil 1, Fasc. 8, Nr. 29. Ist aber zw besorgen, dem nach die windt izundt Es handelte sich wohl nicht, wie Jahnel annahm, selzam sein, die gallienn werden vor Ostern hart um Bestellungen oder Lieferungen an die Imhoff her raichen. Was die bringen werden, wird zeyt zw selbst: Jahnel, Imhoff, S. 31. erkenen geben.“ (1529 Sep. 10), StadtAN, E 29/IV- 311 „Ich hör gern, daz du dein pypper verkauft hot‹!›.“ 1443. Lieferengpässe erwähnte auch Hieronymus L. Hirschvogel aus Venedig an M. Behaim (1443 Imhoff: L. Tucher aus Nürnberg an H. Imhoff in Jan. 27), GNM, BA, Nr. 5. Zum Brief zuvor: (1443 Venedig (1545 Jan. 9), ebd., Nr. 281. Jan. 9), ebd. Unter Einberechnung der Zustellungs- 313 T. Reich aus Venedig an L. Tucher (1529 Mai 4), zeit muss Behaim den Pfeffer äußerst schnell ver- StadtAN, E 29/IV-1440. kauft haben. 310 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg

Neben Neuigkeiten über die Verfügbarkeit waren Meldungen über Qualität und Prei- se der Waren314 sowie die unterschiedlichen Wechselkurse315 wichtige Informationen, die nach Norden geschickt wurden. So war es den dortigen Kaufleuten möglich, ihre eigenen Preise dem venezianischen Markt anzupassen. War man über die neuesten Entwicklun- gen nicht informiert, so konnten, wie bei den Behaim, schlechte Geschäfte die Folge sein.316 Gleichzeitig mussten jedoch auch die Nürnberger Händler in Venedig über die Absatzlage im Norden informiert sein.317 Auf diese Weise konnten sie, unter Einberech- nung der sonstigen anfallenden Kosten318 und der Wechselkurse, abschätzen, wieviel sie für die venezianischen Waren zahlen und ihrer Gesellschaft dabei dennoch einen Ge- winn319 ermöglichen konnten. Außerdem konnten politische Entwicklungen Einfluss auf den Handel haben. Bereits während der Handelssperre König Sigismunds zeigten die Korrespondenzen deutlich die möglichen Einschränkungen des wirtschaftlichen Austausches durch politische Ge- schehnisse. Als der Nürnberger Rat an Willibald Pirckheimer und Kaspar Nützel 1513 berichtete, dass der kaiserliche Regent der Grafschaft Tirol die Straßen nach Venedig gesperrt habe und damit die erworbenen Waren nicht transportiert werden könnten, wurde der Zusammenhang zwischen politischen Entwicklungen und dem wirtschaftli- chen Geschehen ausdrücklich thematisiert.320 Christoph II. Scheurl schrieb 1539 an einen ungenannten Fürsten, dass der Spezereienhandel im östlichen Mittelmeer aufgrund der

314 Francesco Amadi ging z. B. ausführlich auf die be- 317 Vgl. z. B. die Abrechnungen Paul Enzpergers an sondere Qualität der in Venedig erhältlichen Edel- Hans Imhoff 1491 und Veit Imhoff 1492 in Vene- steine ein: F. Amadi aus Venedig an H. Kress (1392 dig: GNM, IA Teil 1, Fasc. 8, Nr. 31l u. Fasc. 21, Sep. 12), GNM, KA, Sch. XXVIII, Fasc. A, Nr. 8. Nr. 7a u. b. Vgl. hierzu auch: Kap. III.2.2.2. Amado Amadi betonte, dass Safran, Zucker und 318 Hierunter fielen z. B. die Kosten für die Kammer Nüsse in Venedig gerade nicht teuer seien: „vero im Fondaco und die dort anfallenden Gebühren chel zenzero essta chonprado […] pocho charo e für Zölle, Hilfspersonal und Verpackung. Auf per simele zucharo e nose.“ A. Amadi aus Venedig die Kosten für den Fuhrlohn verweisen u. a. die an H. Kress (1392 Okt. 4), GNM, KA, Sch. XXVIII, Tucher: (Tucher, Haushaltsbuch, fol. 96v, S. 96; Fasc. A, Nr. 11. Auch Lienhard I. Hirschvogel be- StadtAN, E 29/IV-1139) u. die Kress (GNM, KA, richtete wiederholt über Preise: L. Hirschvogel aus Sch. XXVIII, Fasc. A, Nr. 12). Die Kosten für die Venedig an M. Behaim (1442 Nov. 15) u. (1443 Jun. Zölle an den Alpenpässen wurden durch Geld oder 25), GNM, BA, Nr. 5. Besonders ausführliche Ver- Waren beglichen. Zum Zoll für Glas bei Fernstein merke in diese Richtung: T. Reich aus Venedig an (wohl 1500) z. B.: „Item fuert ainer glesser von ve- L. Tucher: StadtAN, E 29/IV, Nr. 1437–1444. nedig der geit ungferlich ain glas darfon zu zoll“ 315 Umrechnungs- und Wechselkurse sowie Waren- TLA, Hs. 2633, (fol. 3r = o. Fol.). preise wurden in jedem der Briefe T. Reichs an 319 Die Notwendigkeit, Gewinn zu machen, und die Linhart Tucher aus Venedig thematisiert: StadtAN, zusätzlichen Kosten nennt auch der deutsche Di- E 29/IV, Nr. 1437–1444. alogpartner bei Georg von Nürnberg als Grund 316 So argumentierte Jörg Forster, er „hab nicht ge­ für sein Zögern beim Kauf: Georg v. Nürnberg, wesst, daz man zw Venedig xxxv auff gybt“ J. Fors- Sprachlehrbuch, fol. 87v, Z. 18, S. 242 u. fol. 90r, Z. ter aus Salzburg an M. Behaim (1443), GNM, BA, 11–13, S. 246. Nr. 5. 320 Rat an W. Pirckheimer u. K. Nützel (1513 Sep. 5), StAN, BB (Rep. 61a), Nr. 71, fol. 93v. 3. Nürnberg als Nachrichtenzentrum nördlich der Alpen · 311

Kriegssituation zwischen Christen und Türken darniederliege.321 Die zunehmende Stö- rung des Levante-Handels durch die osmanische Expansion Richtung Westen und die Probleme durch die mit den französischen Ambitionen in Italien einhergehenden krie- gerischen Auseinandersetzungen auf der Apenninhalbinsel selbst rückten Nachrichten über diese politischen Brennpunkte verstärkt in den Fokus der geschäftlichen Interessen. Sie wurden jedoch, entgegen den Vermutungen Sporhan-Krempels,322 auch außerhalb ihres rein ökonomischen Nutzwerts ein immer wichtigerer Teil des Informationsaustau- sches der Nürnberger. So nahm im Verlauf des 15. und vor allem ab dem frühen 16. Jahr- hundert die Verbindung wirtschaftlicher und politischer Nachrichten zu. War dies, wie bei dem Brief Lienhard Hirschvogels an seinen Schwager vom Januar 1443, in dem er neben geschäftlichen Informationen über den Zug des Papstes von Florenz nach Rom berichtete, in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts noch eher selten, wurden Meldun- gen über das politische Geschehen im frühen 16. Jahrhundert ein integraler Bestandteil kaufmännischer Korrespondenz.323

3.2.3 Nachrichten über politische Entwicklungen in Italien und dem Reich

Der erste im Untersuchungszusammenhang erhaltene Bericht über die politischen Ereig- nisse in Italien handelte 1433 von der Kaiserkrönung Sigismunds, über die die Nürnberger Kaufleute aus Venedig erfahren hatten.324 Nur vereinzelt finden sich jedoch solche ‚Neue Zeitungen‘ aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts.325 Die meisten Nachrichten, die die

321 „Dieweil die Niderlag der Specereien unnd kauff- 323 L. Hirschvogel aus Venedig an M. Behaim (1443 mannßhandel Zu Irem [der Venezianer] entlichen Jan. 9), GNM, BA, Nr. 5. Werner konstatierte, dass verderbenn thut Raichenn.“ C. Scheurl an unge- sich „Berichterstattung[en] über Tagesereignisse“ nannten Fürsten (1539 Mär. 6), in: Scheurl’s Brief- bereits im 14. Jahrhundert in Kaufmannskorres- buch 2, Nr. 272, S. 219–221, S. 220. Lane warnte pondenzen im deutschen Raum fanden: Werner, dennoch davor, die wirtschaftlichen Konsequen- Nachrichtenwesen, S. 10. Inwieweit die entspre- zen der osmanischen Eroberung auf Venedig über- chende Entwicklung schon in der zweiten Hälfte zubewerten, und erwähnte auch positive Faktoren des 14. Jahrhunderts einsetzte, kann aufgrund der der Expansion: Frederic C. Lane, Recent Studies on Überlieferung nicht festgestellt werden. Polívka the Economic History of Venice, in: Ders., Studies betonte, dass politische Nachrichten im frühen in Venetian Social and Economic History, hg. v. 15. Jh. noch sehr selten waren: Miloslav Polívka, Benjamin G. Kohl u. Reinhold C. Mueller, London Nürnberg als Nachrichtenzentrum in der ersten 1987, S. 312–334, S. 332. Hälfte des 15. Jahrhunderts, in: Kommunikati- 322 Sporhan-Krempel, Nachrichtenzentrum, S. 24. onspraxis und Korrespondenzwesen im Mittelalter Auch die politischen Nachrichten hatten eine feste und in der Renaissance, hg. v. Heinz-Dieter Hei- Hierarchie in der Briefform, falls nicht besonders mann, Paderborn u. a. 1998, S. 165–177, S. 168. dringliche Neuigkeiten zu übermitteln waren. In 324 Nürnberger Rat an F. v. Brandenburg (1533 der Regel wurden erst Neuigkeiten aus Italien und Jun. 25), StAN, BB (Rep. 61a), Nr. 10, fol. 197r. Venedig und dann solche über die Osmanen be- 325 Ausnahme ist Hirschvogels Bericht: L. Hirschvogel richtet. aus Venedig an M. Behaim (1443 Jan. 9), GNM, BA, Nr. 5. 312 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg

Nürnberger in Venedig über die Entwicklungen auf der Apenninhalbinsel berichteten,326 betrafen die ab den 1490er Jahren im Zuge des französischen Vorrückens aufkommenden Konflikte, die sich bald zu einem europäischen Kampf um Italien entwickelten und die Venedig und seine Macht vom Festland aus bedrohten. Vor allem aufgrund des Machtge- winns der Serenissima auf der Terraferma im Laufe des 15. Jahrhunderts, der das Gleich- gewicht der italienischen Pentarchie zu stören drohte, und der ambivalenten Stellung der Serenissima bei den westlichen Bestrebungen um die Türkenabwehr richtete sich der Fokus auf die Stadt. In den ständig wechselnden Bündnissen am Beginn des 16. Jahr- hunderts kam ihr als Gegner wie als Partner wiederholt eine Schlüsselposition zu.327 Die Auseinandersetzung mit der Liga von Cambrai stellte neben der osmanischen Expansion die größte Bedrohung der Serenissima seit dem Chioggia-Krieg dar. Dem Zusammen- schluss Kaiser Maximilians I., des französischen Königs Ludwigs XII., Papst Julius’ II., Ferdinands von Aragon und weiterer europäischer Herrscher gelang es, mit dem Sieg von Agnadello den Venezianern eine empfindliche Niederlage zuzufügen, in der Folge einen großen Teil der venezianischen Terraferma-Besitzungen zumindest zeitweise zu erobern und bis kurz vor die Stadt selbst zu ziehen.328 Sowohl die nach Nürnberg handelnden Kaufleute als auch das Nürnberger Stadtregiment, das aufgrund seines Zwiespalts zwi- schen wirtschaftlichen und politischen Interessen in alle Richtungen diplomatisch tätig wurde, brachten den Entwicklungen in Italien eine besondere Aufmerksamkeit entgegen, die auch in ihren Korrespondenzen einen breiten Raum einnahm. Immer wieder trafen in Nürnberg aus Orten südlich der Alpen, aus Mailand und Trient, sowie über die Ach- se Rom-Augsburg Berichte über die Ereignisse ein. Zahlreiche Informationen gelangten aus Innsbruck und über den Kaiserhof nach Franken.329 Besonders häufig erhielten die

326 Zu Informationsachsen für andere Nachrichten: 327 Zu Venedig und den italienischen Kriegen, der Sowohl aus Lyon als auch aus Antwerpen wur- Liga von Cambrai, der Heiligen Liga und der den Informationen über den französischen König Liga von Cognac: Kretschmayr, Geschichte von verbreitet. Aus Lyon: u. a. A. Tucher aus Nürnberg Venedig 2, S. 424–447 u. Heinrich Kretschmayr, an F. v. Sachsen (1509 Apr. 9), in: Westphal (Hg.), Geschichte von Venedig 3: Der Niedergang, (ND Korrespondenz, Nr. 130, S. 345–348 (= StAN, BB Ausgabe Gotha 1920), Aalen 1964, S. 13–21. [Rep. 61a], Nr. 63, fol. 197r–199r; H. Tucher aus 328 Mallet bezeichnete den Konflikt als „uno dei mo- Lyon an A. Tucher (1521 Mai 15), StadtAN, E 29/ menti più drammatici nella storia di Venezia“: IV-268. Aus Antwerpen: u. a. H. Tucher aus Ant- Michael E. Mallet, Venezia e la politica italiana: werpen an A. Tucher (1521 Jun. 5) u. (1521 Jul. 6), 1454–1530, in: Storia di Venezia 4: Il Rinascimen- StadtAN, E 29/IV, Nr. 319–321. Teilweise kamen to. Politica e cultura, hg. v. Alberto Tenenti u. Ugo entsprechende Informationen aus Lyon über Ve- Tucci, Rom 1996, S. 245–310, S. 285. Zur Liga von nedig nach Nürnberg: H. Pömer aus Venedig an Cambrai und Agnadello: Giuseppe Gullino (Hg.), L. Tucher (1534 Jun. 9), StadtAN, E 29/IV-1397. L’Europa e la Serenissima, la svolta del 1509. Nel Nachrichten über die englischen Könige, z. B. über V centenario della battaglia di Agnadello, Venedig die Ehen Heinrichs VIII. liefen ebenfalls über Ant- 2011. Zur Haltung Nürnbergs: vgl. Kap. IV.1. werpen: u. a. A. Tucher aus Antwerpen an L. Tu- 329 Nachrichten aus Trient über Italien und Vene- cher (1529 Jul. 5) u. (1529 Jul. 31), StadtAN, E 29/ dig vermittelte der Nürnberger Rat 1508 an H. IV, Nr. 29 u. Nr. 32. Holzschuher und ein Jahr später Anton Tucher 3. Nürnberg als Nachrichtenzentrum nördlich der Alpen · 313

Nürnberger entsprechende Nachrichten jedoch von ihren Landsleuten in Venedig. Die dort lebenden oder mit der Stadt Handel treibenden Nürnberger waren wiederholt direkt von den italienischen Konflikten betroffen.330 Der Briefwechsel zwischen Anton Tucher und Friedrich dem Weisen, in dem der Ratsherr dem sächsischen Kurfürsten die aus Venedig in Nürnberg eintreffenden Neuigkeiten weiterleitete,331 trägt dazu bei, dass die Überlieferung zum venezianisch-nürnbergischen Nachrichtenaustauch über die italieni- schen Ereignisse besonders dicht ist. Für die ‚Neuen Zeitungen‘, bei denen nicht explizit vermerkt wurde, dass sie aus Venedig stammten, können die Tagebuchaufzeichnungen Marin Sanudos, die für diesen Zeitraum besonders ausführlich sind, Hinweise über die Herkunft geben. Bereits im Vorfeld des tatsächlichen Bündnisschlusses berichteten die Nürnberger in Venedig ihren Korrespondenzpartnern intensiv über die italienischen Ereignisse. Al- brecht Dürer schickte bereits im September 1506 Nachrichten über die zunehmenden militärischen Aktivitäten der verschiedenen Parteien in Italien an Pirckheimer.332 Mögli- cherweise stammte auch die „newe gezeittung“ über den geplanten Romzug Maximilians, dem die Serenissima die Durchquerung ihres Territoriums verweigerte und über die der Nürnberger Rat dem Bischof von Eichstätt berichtete, aus Venedig.333 Es ist anzunehmen, dass Anton Tucher die Nachrichten über die Eroberung von Görz durch die Venezianer im Frühjahr 1508, die ihn durch die kaufmännischen Informationsnetze erreicht hatten und die er an Friedrich den Weisen weitergab, sowie die weiteren Meldungen, die sich in seiner Korrespondenz mit dem Kurfürsten über die Entwicklungen des Konflikts finden,

an Friedrich den Weisen: (1508 Mai 1), StAN, Italien nachgewiesen: A. Tetzel aus Nürnberg an BB (Rep. 61a), Nr. 61, fol. 128v–129r u. (1509 G. v. Eichstätt (1509 Dez.15), StAN, BB (Rep. 61a), Jun. 20), in: Westphal, (Hg.), Korrespondenz, Nr. 63, fol. 165r. Nr. 138, S. 353–354 (= StAN, BB [Rep. 61a], 330 So bat der Nürnberger Rat 1508 Jörg Fütterer, den Nr. 64, fol. 64r–65r). Aus Mailand berichteten C. König daran zu erinnern, dass „unnsere burger Koler u. M. Zinner an Pirckheimer: C. Koler aus unnd kawffleut ainßtails mit irem leiben und gü- Mailand an W. Pirckheimer (1525 Jun. 23), in: Wil- tern in der stat Venedig unnd anderen iren gepie- libald Pirckheimer Briefwechsel Bd. 5, hg. v. Hel- ten“ seien: Rat an G. Fütterer (1507 Nov 25), StAN, ga Scheible, München 2001, Nr. 953, S. 435–436; BB (Rep. 61a), Nr. 60, fol. 130r–131r, fol. 131v. Zu M. Zinner aus Mailand an W. Pirckheimer (1529 einem ähnlichen Auftrag an Johann Rehlinger: Rat Feb. 13), in: Pirckheimer Briefwechsel 7, Nr. 1212, an J. Rehlinger (1509 Jan. 4), StAN, BB (Rep. 61a), S. 164–168. Zu den Briefen aus Innsbruck: D. de Nr. 63, fol. 33r–35r. Marchello an W. Pirckheimer (1511 Mai 26), in: 331 Zum Briefwechsel: Westphal, Korrespondenz. Pirckheimer Briefwechsel 2, Nr. 190, S. 76–79; 332 Er betonte dabei, dass er nicht wisse, was dies für L. Kreber an W. Pirckheimer (1525 Jan. 23), in: Konsequenzen haben werde: A. Dürer aus Venedig Pirckheimer Briefwechsel 5, Nr. 892, S. 292–293; an W. Pirckheimer (1506 Sep. 8), in: Pirckheimer N. Zinner an W. Pirckheimer (1525 Feb. 27 u. 28), Briefwechsel 1, Nr. 122, S. 415–422, S. 416. in: ebd., Nr. 908, S. 321–325. Zur Achse Rom- 333 Rat an G. v. Eichstätt (1507 Okt. 17), StAN, BB Augsburg-Nürnberg: A. Vento aus Nürnberg an (Rep. 61a), Nr. 60, fol. 84v–85v (Zitat: fol. 84v). W. Pirckheimer (1527 Mai), in: Pirckheimer Brief- Zur Verweigerung des Romzugs: Kretschmayr, wechsel 6, Nr. 1109, S. 333–334. Auch Böhmen ist Geschichte von Venedig 2, S. 421–422. einmal als Distributionsort für Nachrichten über 314 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg aus Venedig erhalten hatte.334 In der Folge des Bündnisschlusses wurde gleichfalls immer wieder aus Nürnberg über die Erfolge der Ligatruppen gegen die Venezianer berich- tet.335 Zwar wurden auch bei diesen Informationen konkrete Herkunftsorte meist nicht genannt, die Aufzeichnungen Sanudos über die in Venedig eintreffenden Nachrichten lassen jedoch sowohl in Anbetracht der Inhalte als auch der zeitlichen Abstände auf eine Herkunft der Meldungen aus der Serenissima schließen.336 Besondere Aufmerksamkeit erregte wohl der Kampf um Padua.337 Bei keinem ande- ren Ereignis im Kontext der italienischen Kriege lässt sich die direkte Betroffenheit der Nürnberger Kaufleute so klar nachvollziehen. Wie Endres I. Imhoff in seinen biogra- phischen Aufzeichnungen berichtete, war er „von mer Sicherheit wegen“ im Juli 1506 nicht direkt nach Venedig, sondern erst nach Padua gereist. Als in derselben Nacht je- doch die Venezianer wieder die Oberhand in der Stadt erlangten, floh Imhoff mit ei- nigen anderen Deutschen in ein Kloster. Dennoch gerieten sie dort in Gefangenschaft

334 A. Tucher aus Nürnberg an F. v. Sachsen (1508 lichen Nähe zwischen den Briefen an Friedrich Mai 13) u. (1508 Jul. 8), in: Westphal (Hg.), Kor- den Weisen und den Einträgen bei Sanudo: Tu- respondenz Nr. 98, S. 306 u. Nr. 103, S. 312–313 cher berichtete Friedrich dem Weisen am 20. Juni (= StAN, BB [Rep. 61a], Nr. 61, fol. 148v–149r u. über venezianische Verluste: A. Tucher aus Nürn- 238v–240r). Laut Westphal war Tucher, der die In- berg an F. v. Sachsen (1509 Jun. 20), in: Westphal formationen an den Kurfürsten weiterleitete, auf- (Hg.), Korrespondenz, Nr. 138, S. 353–354, S. 354 grund seiner Venedig-Kontakte „über Neuigkeiten (= StAN, BB [Rep. 61a], Nr. 64, fol. 64r–65r). Die aus Oberitalien […] in der Regel gut unterrichtet“: ersten Nachrichten über die Niederlage bei Agna- Westphal, Korrespondenz, S. 28. Auch der Dichter dello erreichten Venedig am 15. Mai 1509, einen Hans Schneider verwies in seinem gedicht von der Tag nach der Schlacht: Marino Sanuto, I Diarii di ungehorsame der Venediger, das zwar in Nürnberg Marino Sanuto 8, hg. v. Nicolò Barozzi, Venedig gedruckt, dessen Vertrieb aber durch den Rat ver- 1882, Sp. 249–254 u. Sp. 268–270. Bis zum 5. Juni boten wurde, darauf, dass die Meldungen über die berichtete der Venezianer immer wieder über Er- venezianischen Eroberungen, so auch diejenige oberungen durch die Liga: ebd. Sp. 332–333 (Vero- von Görz, u. a. über „der kaufleut schrifft“ in den na), Sp. 346, Sp. 352 u. Sp. 354 (Vicenza u. Padua) Norden gelangt seien: Hans Schneider, Ain gedicht u. Sp. 423 (Triest). von der ungehorsame der Venediger, Nürnberg: o. 337 A. Tucher aus Nürnberg an F. v. Sachsen (1509 Aug. Drucker 1509. Vgl. hierzu: Teil IV, Anm. 14. 7), in: Westphal (Hg.), Nr. 145, S. 360 (= StAN, BB 335 „in krafft uffgerichs irer pundtnus die herschafft [Rep. 61a], Nr. 64, fol. 161v–162r). Es wurden auch zu Venedig mit gewalt und heres krafft uberzo- einige ‚Neue Zeitungen‘ über den Kampf um Padua gen“; Nürnberger Rat an K. Schlick (1509), StAN, in Venedig gedruckt, ohne dass jedoch nachgewie- BB (Rep. 61a), Nr. 64, fol. 115rv, fol. 115r. Bei den sen werden könnte, wie sie nach Nürnberg gelangt Nachrichten über den Bündnisschluss selbst kön- waren: Wolfgang Mährle, „Deus iustus iudex“. La nen die einzelnen Herkunftsorte der Informatio- battaglia di Agnadello e l’opinione pubblica nei nen nicht ausgemacht werden. Nachrichten über paesi tedeschi, in: L’Europa e la Serenissima. La die Niederlage von Agnadello sind nicht erhalten. svolta del 1509. Nel V centenario della battaglia di 336 Auch könnten die expliziten Verweise auf die Agnadello, hg. v. Giuseppe Gullino, Venedig 2011, Nürnberger Kaufleute als Informationsträger S. 207–228, S. 212, Anm. 20. Als Beispiel wäre hier in diese Richtung deuten: „das unns ytzo durch zu nennen: Newe tzeittung von Padua vnnd von vil schrifften ettlicher von unnsern kauffleuten an- anderen Stetten in welschen landen gelegen kurtz- gelangt“; Nürnberger Rat an Bischof v. Würz- lich ergangen, Nürnberg: o. Drucker 1509 (VD 16 burg (1509 Jun. 25), StAN, BB (Rep. 61a), Nr. 64, N 950). fol. 75r–76r, fol. 75r. Zu der zeitlichen und inhalt- 3. Nürnberg als Nachrichtenzentrum nördlich der Alpen · 315 italienischer Söldner. Erst nachdem sie drei Tage später dem venezianischen Hauptmann ihre rein kaufmännischen Absichten schworen, durften sie sich wieder auf den Weg in die Lagunenstadt machen.338 Es ist davon auszugehen, dass die zahlreichen, sich oftmals widersprechenden Gerüchte und Berichte, über die Anton Tucher Friedrich den Wei- sen in mehreren Briefen informierte und die die Reichsstadt laut Tucher explizit über kaufmännische Nachrichtennetzwerke erreichten, direkt von den betroffenen Händlern in Venedig stammten.339 Auch für die Meldungen über die weiteren Entwicklungen im Kampf der Liga gegen Venedig und die sich in den folgenden Jahren formierenden Parteiungen, die von Nürn- berg aus im Reich nördlich der Alpen weiterverbreitet wurden,340 sind die Kaufleute in der Serenissima aufgrund ihrer Nähe zum Geschehen als Quelle in Betracht zu ziehen. Die Briefe Thomas und Hieronymus Reichs an Linhart Tucher Ende der 1520er Jahre zeigen, dass die Neuigkeiten über die Entwicklungen in Italien noch in späterer Zeit ein integraler Bestandteil in den Korrespondenzen der sich in Venedig aufhaltenden Nürnberger waren. Sie stärken so die Annahme, dass bereits zuvor Italien-Neuigkeiten auf gleichem Wege nach Norden gelangten.341 Hans Geuder berichtete 1529 an Willi- bald Pirckheimer, dass er über „zeytung khomen von Venedig“, die er selbst über Endres Hirschvogel erhalten habe, von den verschiedenen militärischen Aktivitäten in Italien erfahren habe.342

338 GNM, IA, Teil 1, Fasc. 44, Nr. 1, fol. 37v–38r (Zitat: und wurde bereits am 17.12.1509 nach Sachsen fol. 37v). weiterversandt: ebd.; Sanuto, Diarii 9, Sp. 355. 339 Als Anton Tucher an Friedrich den Weisen am Auch die Warnungen des Papstes 1513 an Venedig, 18. Juli berichtete, dass die Venezianer, wie es „an das noch mit Frankreich ein Bündnis unterhielt, etliche kauffleut zu Nurmberg“ geschrieben wor- sich nicht mit dem Kaiser zu einigen, könnten den sei, erfolglos versucht hatten, die Stadt, die durch die Nürnberger Kaufleute in Venedig über- nach Agnadello in kaiserliche Hand geraten war, mittelt worden sein: C. Scheurl aus Nürnberg an zurückzuerobern und sechshundert Venezianer J. Trutwetter (1513 Jul. 22), in: Christoph Scheurl’s dabei ums Leben gekommen seien, konnte er von Briefbuch 1, hg. v. Franz v. Soden u. Joachim Karl der tatsächlichen Einnahme Paduas durch die Ve- Friedrich Knaake, Potsdam 1867, Nr. 78, S. 120– nezianer einen Tag zuvor noch nichts wissen: A. 121. Entsprechende Verweise finden sich im Juni Tucher aus Nürnberg an F. v. Sachsen (1509 Jul. und Juli 1513 auch sehr zahlreich bei Sanudo, der 18), in: Westphal (Hg.), Korrespondenz, Nr. 142, v.a. entsprechende Berichte des venezianischen S. 356–357 (= StAN, BB [Rep. 61a], Nr. 64, Botschafters in Rom aufzeichnete: Marino Sanuto, fol. 120r–121r). I Diarii di Marino Sanuto 16, hg. v. Federico Stefani 340 Über die Eroberung Vicenzas, die bei Sanudo für u. a., Venedig 1886, u. a. Sp. 414–415 u. Sp. 429. den 13.11.1509 vermerkt wurde (Marino Sanuto, I 341 Reich berichtete z. B. über die Stärke der Floren- Diarii di Marino Sanuto 9, hg. v. Federico Stefani, tiner (StadtAN, E 29/IV-1437), Berichte aus Rom Venedig 1883, Sp. 311), berichtete Willibald Pirck- (ebd., Nr. 1438), die Pläne des Kaisers, nach Italien heimer an Lorenz Beheim: L. Beheim aus Bamberg zu ziehen (ebd., Nr. 1439) und deutsche Lands- an W. Pirckheimer (1509 Dez. 8), in: Pirckheimer knechte im päpstlichen Heer (ebd., Nr. 1443). Briefwechsel 2, Nr. 185, S. 48–51; A. Tucher aus Hieronymus Reich schrieb über eine mögliche Nürnberg an F. v. Sachsen (1509 Dez. 17), in: West- Einigung zwischen Kaiser und Frankreich ohne phal (Hg.), Korrespondenz, Nr. 155, S. 371–377 (= Aufnahme Venedigs (ebd., Nr. 869) StadtAN, E 29/IV-705). Die Nachricht von der Er- 342 Sie meldeten die Belagerung Florenz, den Angriff oberung Veronas erreichte Venedig am 30.11.1509 auf Pavia, Vicenza und Padua, berichteten aber 316 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg

Der Nachrichtenstrom verlief jedoch nicht nur von Süd nach Nord. Die oberdeut- schen und vor allem Nürnberger Kommunikationsachsen, ob direkt nach Venedig oder über andere wichtige Handelsplätze der Nürnberger, dienten den Venezianern als wichti- ge Quelle für Nachrichten über die Geschehnisse im Reich nördlich der Alpen. Vor allem die Neuigkeiten über die Entwicklungen um die Reformation wurden in der Serenissima mit großem Interesse verfolgt. Ein Brief aus Venzone berichtete im Februar 1527 nach Venedig über die voraussichtlichen Teilnehmer des Reichstags von Worms. Ein Venzo- ner Bürger hatte in Villach von seinem „guten Freund, der aus Nürnberg kam“, davon erfahren. Einen Monat später erhielt man über einen Kaufmann aus der fränkischen Reichsstadt ähnliche Informationen.343 Direkt nach Venedig wurde aus Nürnberg Anfang April 1528 der wohl bevorstehende militärische Konflikt „der lutherischen Herren gegen die Bischöfe und Päpstlichen“ gemeldet, weswegen im ganzen Land aufgerüstet werde. Im gleichen Monat berichtete auch ein Italiener aus Nürnberg über den Reichstag in Re- gensburg und die Verhandlungen bezüglich der Lutheraner und Johann von Sachsen.344 Am 9. Juni 1528 kam nach acht Tagen Reise ein Kurier „nämlich aus Nürnberg und Augsburg“ in Venedig an, der Nachrichten über die religiösen Auseinandersetzungen im Reich brachte.345 Die venezianische Signoria bestellte sogar Nürnberger Kaufleute ein, damit diese ihnen über die Geschehnisse im Norden Auskunft gaben. Wie Hans Pömer 1534 an Linhart Tucher meldete, wurde sein Geschäftspartner, der Nürnberger Bürger und gebürtige Genueser Antonio Vento, vor das venezianische Stadtregiment berufen, um die Venezianer über die Entwicklungen bezüglich der Reformation und des Schwä- bischen Bunds sowie die Auseinandersetzungen in Württemberg, die möglichen politi- schen Konsequenzen für Bayern und eine dadurch entstehende potentielle Gefährdung des venezianischen Territoriums zu informieren.346 Die Reaktionen der Venezianer auf die Meldung politischer Ereignisse, ihre Stim- mung und die durch die Neuigkeiten ausgelösten Aktivitäten in der Stadt waren oftmals

auch über den Krieg zwischen dem Sophi und 1897, Sp. 379–380. Der Brief von Anfang April: „si dem osmanischen Sultan: „gleych iczt sindt End- stima guerra tra signori lutherani contra li signori resen Hirsfogel zeytung khomen von Venedig“; H. episcopi et papali“ in der „Copia de uno capitolo, Geuder aus Nürnberg an W. Pirckheimer (ca. 1529 de 2 april 1528, scritto a Venetia, data in Nuri- Okt. 20), in: Pirckheimer Briefwechsel 7, Nr. 1249, mergho“; ebd., Sp. 223–224. S. 256–257, S. 256. 345 „Uno corier venuto in 8 zorni di Alemagna, vide- 343 „Hanne referito uno nostro cittadin, qual vien da licet da Norimberga et Augusta, referisse la causa Villaco, haver parlato con uno mercadante suo co- de la sublevation del duca Joanne de Saxonia esser gnoscente et bon amico, qual veniva da Nurimberg processa“; Sanuto, Diarii 48, Sp. 58. [.]“ Marino Sanuto, I Diarii di Marino Sanuto 44, 346 „Adi 6 ditto hatt dy Signorya hye denn Anthoni hg. v. Federico Stefani u. a., Venedig 1895, Sp. 79. Vento beschickt alß er komen ist […] Nachvol- Aufgrund der häufigen Anwesenheit von Nürnber- gendt haben sy gefragt, wye eß im thewczen landt ger Kaufleuten in Villach handelte es sich wohl um stett mit den Lutterischen, Zwinglischenn unnd einen Nürnberger Kaufmann. Sowie: ebd., Sp. 287. Wydertauffern“ H. Pömer aus Venedig an L. Tu- 344 (1528 Apr. 28), Marino Sanuto, I Diarii di Mari- cher (1534 Jun. 9), StadtAN, E 29/IV-1397. no Sanuto 47, hg. v. Federico Stefani u. a., Venedig 3. Nürnberg als Nachrichtenzentrum nördlich der Alpen · 317 ein Spiegel der politischen Entwicklungen in Italien und im Mittelmeerraum. Sie erschie- nen den Nürnbergern daher ebenfalls berichtenswert. Laut der Briefe Thomas Reichs rief beispielsweise die mögliche Einigung zwischen dem Kaiser und dem französischen König 1529 unter den Einwohnern der Serenissima große Sorgen hervor.347 Ein besonderes In- teresse lösten die Aktivitäten im venezianischen Arsenal aus, an denen sich die Konflikte mit den Osmanen im Mittelmeer abzeichneten. Im März 1529 schrieb Thomas Reich an Linhart Tucher, man arbeite „tag und nach[t]“ für die Aufrüstung der venezianischen Flotte. Ähnliche Nachrichten erhielt Tucher im Juni desselben Jahres von Hieronymus Reich. Auch Hans Pömer berichtete dem Patrizier fünf Jahre später von unermüdlichen venezianischen Schiffsbauarbeiten, die im Zusammenhang mit der christlichen Flotte gegen Kheir-ed-Din Barbarossa standen.348 Als Christoph II. Scheurl 1533 dem Erzbi- schof von Mainz meldete, dass die Venezianer ihre Flotte in der Adria in Anbetracht der osmanischen Bedrohung aufgestockt hätten, hatte er diese Informationen ebenfalls aus Venedig erhalten.349 Sein ausführlicher Bericht an den Erzbischof von 1537 über die langen Verhandlungen der Signoria, ob man nach dem Angriff auf Korfu den Kaiser um Hilfe bitten oder sich, um Schlimmeres zu vermeiden, mit den Türken verbünden solle, verdeutlicht, wie sehr die politischen Entscheidungen der Serenissima auch die Gemüter in Nürnberg und im Reich bewegten.350 Die Tatsache, dass die Venezianer keine biscotti backen würden, wertete Scheurl sechs Jahre später hingegen als Zeichen dafür, dass sie einen Frieden mit den Osmanen einzugehen bereit seien.351

347 T. Reich aus Venedig an L. Tucher (1529 Mär. 14), russten sich die Venediger auch ser, haben woll pey StadtAN, E 29/IV-1438. Vom möglichen Frieden 50 gallea d‘armada hinwegt‹!› geschickt“; H. Reich zwischen dem Kaiser und Frankreich berichtete aus Venedig an L. Tucher (1529 Jun. 6), StadtAN, Sanudo am 4. März 1530, also zehn Tage vor dem E 29/IV-869. „tag und nach‹!›“, T. Reich aus Vene- Brief Reichs, und betonte dabei die Furcht Ve- dig an L. Tucher (1529 Mär. 23), StadtAN, E 29/ nedigs, die Ereignisse um die Liga von Cambrai IV-1439. könnten sich wiederholen: Marino Sanuto, I Diarii 349 „darauf schreibt man den 8 dits aus Venedig“; C. di Marino Sanuto 50, hg. v. Federico Stefani u. a., Scheurl an Erzbischof v. Mainz (1533 Jun. 26), in: Venedig 1898, Sp. 22. Im August des gleichen Jah- Scheurl’s Briefbuch 2, Nr. 238, S. 140–144, S. 142. res berichtete Reich, „hie ist nemlich das geschray, 350 C. Scheurl aus Nürnberg an Erzbischof v. Mainz kaiserliche Maiestat sol mit kung von Franckreich (1537 Sep. 30), in: Scheurl’s Briefbuch 2, Nr. 261, dachordo sein“; T. Reich aus Venedig an L. Tucher S. 196–199. Die Venezianer entschieden sich für (1529 Aug. 18), StadtAN, E 29/IV-1442. Die ers- ein Bündnis mit dem Kaiser. Vgl. auch: H. Reich ten Nachrichten über den Beschluss des Friedens aus Venedig an L. Tucher (1529 Jun. 6), StadtAN, erreichen die Stadt laut Sanudo am 5. August. In- E 29/IV-869. formationen über seine Verkündigung kamen u. a. 351 biscotti waren eine Art Zwieback für die Schiffsbe- mit Briefen aus Rom und Lyon: Marino Sanuto, I satzung: „das sie kein wiscotti pachenn unnd wol Diarii di Marino Sanuto 51, hg. v. Federico Stefani gar in kainer Ristung seienn. Darumb viel vermut- u. a., Venedig 1898, Sp. 247, Sp. 282 u. Sp. 308. tenn, das sie sich mit dem Turckenn vergleichenn 348 „dy Venediger haben ungeverlich 14 tag her unnd mechtenn“; C. Scheurl an ungenannten Fürsten noch stettigs inn irem Arsynael stattlich lossen ar- (1539 Mär. 6), in: Scheurl’s Briefbuch 2, Nr. 272, beytten mit zwrichttung der gallea“; H. Pömer aus S. 219–221, S. 220. Er schrieb in der Folge, dass er Venedig an L. Tucher (1534 Jun. 9), StadtAN, E 29/ Briefe aus Venedig erhalten habe, die über die Un- IV-1397. Zu Hieronymus und Thomas Reich: „so entschlossenheit der Venezianer bezüglich eines 318 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg

3.2.4 Nachrichten über die osmanische Expansion

Die Bedrohung des Westens durch das Vorrücken der Osmanen war im Laufe des 15. Jahrhunderts, mit Höhepunkten im Fall Konstantinopels 1453, den päpstlichen Kreuzzugsplänen und dem venezianisch-osmanischen Krieg ab 1463, immer virulenter geworden. Im frühen 16. Jahrhundert nahmen die Gefahr und damit auch die Angst vor dem Ausgreifen der Türken erneut zu. Dies führte zu einem gesteigerten Interesse am Er- halt möglichst detaillierter, zuverlässiger und schneller Informationen über die Osmanen. Für die Serenissima war die Ausbreitung des osmanischen Reichs seit dem ausgehenden 15. Jahrhundert eine entscheidende Gefährdung ihrer politischen und wirtschaftlichen Stellung. Am 11. März 1500 klagte der Kirchenmeister von St. Sebald, Sebald Schreyer, gegenüber dem Humanisten Konrad Celtis, dass Italien politisch zugrunde gehe, weil „das Haupt dieses Italiens“, Venedig, „von den Türken zerschmettert werde“.352 Die Stadt war durch das Vordringen der Osmanen im Mittelmeerraum in zweifacher Hinsicht be- droht. Zum einen wurden immer mehr Besitzungen des Stato del Mar durch die Türken erobert. Vor allem aber gefährdeten die osmanische Expansion und die militärischen Auseinandersetzungen mit dem Sultan den freien Zugang zu den Häfen der Levante, die den Grundstock des venezianischen Handels bildeten. Gleichzeitig rückte das türkische Heer auch auf dem Festland immer weiter nach Westen vor und konnte sich bereits früh auf dem Balkan festsetzen, also in unmittelbarer Nähe der dortigen venezianischen Besit- zungen, die der Lagunenstadt die Nutzung der Adria sicherten. Die Venezianer waren da- her in besonderem Maß an Entwicklungen im Osmanischen Reich und den Ereignissen um dessen festländische Expansion interessiert. Die intensiven Handelsbeziehungen in die Levante führten überdies zu einem Zusammenlaufen entsprechender Informations- ströme in der Stadt, die in den Aufzeichnungen Sanudos besonders augenfällig werden. Venedig wurde zum wichtigsten Zentrum für Nachrichten über die Osmanen.353

türkischen Waffenstillstands berichteten: „Vonn Sebald Schreyer, Ein Lebensbild aus dem vorre- Vennedig schreibt mann“ u. „[…] etwas gespaltenn formatorischen Nürnberg, in: MVGN 56 (1969), warn, Die Inn die Thurcken handeln begernn mit S. 1–213. dem thurcken frid zumachenn, Die anndernn als 353 Zur Bedeutung Venedigs als Informationszentrum gut kayserrisch besorgenn“; C. Scheurl aus Nürn- über die Türken und die Funktion der in der Le- berg an Erzbischof v. Mainz (1539 Apr. 25), in: vante lebenden Venezianer: Kissling, Centro di in- Scheurl’s Briefbuch 2, Nr. 274, S. 223–224. formazioni, S. 97 u. S. 102. Kissling betonte auch, 352 „In Italia etiam nihil operis committendum esse dass dieses System der Ansammlung von Informa- censeo; etenim Venetiae, ipsius Italiae caput, om- tionen „un metodo caratteristico per lo Stato mer- nibus palam est quantis hodie cladibus a Thurco cantile“ gewesen sei: ebd., S. 108. Zu den Gründen percellantur.“ S. Schreyer aus Nürnberg an K. Cel- für diese Position, u. a. der Notwendigkeit, die tis (1500 Aug. 11), in: Der Briefwechsel des Konrad osmanische Politik zu kennen: Robert Mantran, Celtis, hg. v. Hans Rupprich, (Veröffentlichungen Venise. Centre d’informations sur le Turcs, in: der Kommission zur Erforschung der Geschichte Venezia. Centro di Mediazione tra Oriente e Oc- der Reformation und Gegenreformation. Huma- cidente (Secoli XV-XVI). Aspetti e problemi 1, hg. nistenbriefe 3), München 1934, Nr. 246, S. 411– v. Hans-Georg Beck u. a. (Civiltà Veneziana. Stu- 414, S. 413. Zu Sebald Schreyer: Elisabeth Caesar, di 32), Florenz 1977, S. 111–116, S. 112 u. S. 111. 3. Nürnberg als Nachrichtenzentrum nördlich der Alpen · 319

Ein Großteil der ‚Neuen Zeitungen‘ erreichte die Serenissima, wie aus den Aufzeich- nungen Sanudos hervorgeht, aus Konstantinopel. Die Nachrichtenvermittlung zwischen der Stadt am Bosporus und Venedig zeichnete sich, wie auch die Nürnberger immer wieder betonten, durch eine hohe Frequenz und Geschwindigkeit aus. Thomas und Hieronymus Reich berichteten, dass Meldungen die Lagunenstadt teilweise innerhalb von 14 Tagen erreichten.354 Diese Schnelligkeit konnte sich durch die gut ausgebauten kaufmännischen Verbindungen zwischen Venedig und Nürnberg auch in den Norden fortsetzen. Die ‚Neuen Zeitungen‘, die laut Hieronymus Reich am 8. Mai in Konstantino- pel abgeschickt worden seien, erreichten die fränkische Reichsstadt eineinhalb Monate später, am 25. Juni, obwohl der Absender in Venedig sich fast zwei Wochen Zeit ließ, über den eingegangenen Brief zu berichten.355 Unter Umständen verbreiteten die Osmanen auch selbst Nachrichten über ihr Vorrücken. Als sie nach ihrem Aufmarsch in Koron ein venezianisches Schiff kaperten und es nach einiger Zeit wieder frei ließen, kam es mit „zeittungen“ über den Angriff zurück.356 Daneben brachten Pilger Neuigkeiten von ihren Fahrten in den Nahen Osten mit. Die Passagiere der Pilgergaleere, auf der sich Stefan Paumgartner 1498 eingeschifft hatte, erfuhren beispielsweise durch ein Schiff aus Rhodos von Überfällen durch die Türken.357

354 Sonst musste man für die Übermittlung der Nach- 355 Am 23. Mai seien die Briefe in Venedig angekom- richten aus der Levante mindestens 20 Tage, eher men. Reich selbst schrieb jedoch erst am 6. Juni: einen Monat rechnen. Thomas Reich: „neu zey- H. Reich aus Venedig an L. Tucher (1529 Jun. 6), tung, geben auß der herschafft brieff, sol sein ko- StadtAN, E 29/IV-869. Eingangsvermerk: „1529 men in 13 tagen von Constantinopoly“; T. Reich Adi 25 Zonigo“. aus Venedig an L. Tucher (1529 Mai 4), StadtAN, 356 „das auch die turckisch Armada ain Venedisch E 29/IV-1440. Über die hohe Frequenz berichtete schif gefangen und wieder ledig gelassen hab, das Hieronymus Imhoff: „Allain die tag sinnd prieff sey haim khomen mit zeittungen, das die turckhen von Constantinopoli di primo und 2 del passado zw wasser und land Choron gesturmbt und merck- her komen“; H. Imhoff aus Venedig an L. Tucher lichen schaden enpfangen“; Scheurl aus Nürnberg (1544 Dez. 11), StadtAN, E 29/IV-1140. Besonders an Erzbischof v. Mainz (1533 Jun. 26), in: Scheurl’s häufig fanden sich entsprechende Verweise im Briefbuch 2, Nr. 238, S. 140–144, S. 142. Briefwechsel Christoph Scheurls mit Erzbischof 357 Ob der Patrizier die Nachricht direkt nach Nürn- Albrecht v. Mainz: „daneben ist auch von Cons- berg berichtete, ist unbekannt, ist aber in Anbe- tantinopl gen Venedig geschriben“; C. Scheurl aus tracht der Tatsache, dass er sie als wichtig genug Nürnberg an Erzbischof v. Mainz (1536 Nov. 21), empfand, sie in seinem Pilgerbericht zu erwähnen, in: Scheurl’s Briefbuch 2, Nr. 251, S. 172–173, anzunehmen: „Da kham gegen unns gefahrenn ein S. 173; sowie: (1533 Mär. 26) u. (1533 Jun. 26), in: schiff vonn Radies, dz saget unns wie der Turckh ebd., Nr. 237, S. 137–140 u. Nr. 238, S. 140–144. erst zwey schiff hat gefangen.“ GNM, Bibliothek, Auch: C. Scheurl an ungenannten Fürsten (1539 Hs 369, fol. 7v. Auch Rieter berichtete entsprechen- Mär. 6), in: ebd., Nr. 272, S. 219–221. Scheurl des: „in der zeyt kom des Türcken pottschaft“ über berichtete auch über Briefe aus Beirut: „Verner deren Vorhaben in Morea: Rieter, Reisebericht, schreibt man auf Venedig und augspurg vilualtig S. 134: Hierzu auch: Kissling, Centro di informa- aus brieffen von baruto“; C. Scheurl aus Nürnberg zioni, S. 104. Vgl.: H. Imhoff aus Venedig an W. an Erzbischof v. Mainz (1533 Jun. 26), in: ebd., Pirckheimer (1518 Nov. 14) in: Pirckheimer Brief- Nr. 238, S. 140–144, S. 142. wechsel 3, Nr. 564, S. 429–431, S. 430. 320 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg

Das früheste Ereignis, das von den Nürnbergern nachweislich intensiver rezipiert wurde, war die Eroberung der venezianischen Hafenstadt Modon. Die erste Nachricht über den Fall der Stadt erreichte Venedig am 2. September 1500 aus Ferrara.358 Zwei Tage später verzeichnete Sanudo zahlreiche Schreiben aus verschiedenen Orten, die über die Eroberung berichteten. Aus Venedig seien die ‚Neuen Zeitungen‘, wie Sebald Schreyer Celtis informierte, durch die Venezianer selbst an das Nürnberger Stadtregiment und die Fürsten des Reichs in „Latein oder der italienischen Sprache“ geschickt worden, woraufhin sie ins Deutsche übersetzt worden seien. Diese Übersetzung übersende er Celtis.359 Die beigefügte ‚Neue Zeitung‘ selbst ist nicht erhalten. Es könnte sich jedoch um den sich auch im Besitz Hartmann Schedels befindlichen Druck Wie die herschafft zu Venedig hat auß schreiben lassen in welhisch volgt hernach in teutsch. Die geschicht der belegerung vnd eroberung der armen ellenden Stat Modon..., der 1500 in Nürnberg erschien, gehandelt haben.360 Die von Hieronymus Hölzel gedruckte Schrift stellt eine Kompilation der unterschiedlichen Berichterstattungen dar, die Sanudo für den 4. Sep- tember in seinem Tagebuch niederschrieb. Dabei lässt sich die Vorgehensweise bei der Erstellung einer ‚Neuen Zeitung‘ konkret nachvollziehen. Die von der Signoria versandte Zusammenfassung orientierte sich hauptsächlich am Bericht des venezianischen Gene- ralkapitäns Benedetto Pesaro vom 15. August, in dem dieser von der Eroberung Modons am 9. August, von der Aufopferungsbereitschaft der Verteidiger und der taktisch ge- schickten Unterstützung durch die venezianische Flotte berichtete. Sie konnte der osma- nischen Übermacht jedoch nicht dauerhaft standhalten. Es folgte ein gewaltiges Feuer und die Gefangenschaft und Versklavung zahlreicher christlicher Frauen und Kinder. Neben den großen inhaltlichen Übereinstimmungen bediente sich die Signoria in ihrem Bericht auch des Resümees Pesaros: „Questo è il miserando et infelice excidio di la cità di Modom“. Die Nürnberger Übersetzung wandelte es nur geringfügig ab: „Das ist die er- parmlich zerstoerung der armen elenden Stat Modon“.361 Zusätzlich wurden Ausschnitte

358 „Da Ferara, dil vicedomino, di ultimo avosto. bulo atque Venetorum imperio subjectam ac ab Come have la cativa novella dil perder di Modom“; Venetis mille fere milibus passuum remotam in Marino Sanuto, I Diarii di Marino Sanuto 3, hg. Aegeoque mari sitam“; ebd., S. 425. v. Rinaldo Fulin 1880, Sp. 707. Zur Bedeutung der 360 Die geschicht der belegerung und eroberung der ar- Stadt für Venedig: „Modom è chiave di tutto el Le- men ellenden Stat Modon, Nürnberg: Hieronymus vante“; ebd., Sp. 728. Ausführlicher: „considerato Hölzel 1500 (GW M24916; ISTC im00738200); l’importantia di quella ixola, qual bisogna, hora ch’è Exemplar: BSB, Clm 428#Beibd. 1. (BSB-Ink perso Modon, sia il reduto de tutti i navilij nostri G-202,1; Stauber 118). Vgl. auch: Karoline D. Dö- „; ebd. Sp. 719. Zum Fall Modons: Stephen B. Luce, ring, Türkenkrieg und Medienwandel im 15. Jahr- Modon – A Venetian Station in Mediaeval Greece, hundert. Mit einem Katalog der europäischen in: Classical and Mediæval Studies in Honor of Türkendrucke bis 1500, (Historische Studien 503), Edward Kennard Rand, hg. v. Leslie Webber Jones, Husum 2013, Kat. 1500–27. Ein weiteres Exemplar New York 1938, S. 195–208, S. 203–204. findet sich in Weimar: HAAB, Inc.303a.1–3(1). 359 „Latino seu lingua Italica“ S. Schreyer aus Nürn- 361 BSB, Clm 428#1, fol. 2r. Zum Brief Pesaros: Sa- berg an K. Celtis (1500 Okt. 18), in: Celtis Brief- nuto, Diarii 3, Sp. 717. Ähnlichkeiten zeigen sich wechsel, Nr. 252, S. 425–428, S. 428. Er definierte v.a. bei der Schilderung des trotz der Übermacht die Stadt „quandam urbem Modon Italico voca- der osmanischen Flotte geglückten Vorstoßes von 3. Nürnberg als Nachrichtenzentrum nördlich der Alpen · 321 aus anderen in Venedig ankommenden Briefen eingefügt. Berichte über die Zerstörung des Stadtturms hoben die Stärke des Angriffs hervor. Die Gegenwehr der Einwohner wurde durch die Betonung der zahlreichen Verluste illustriert, die sie den Angreifern zufügten und von denen bereits der Provveditore von Koron, Paolo Valaresso, einige Tage zuvor nach Venedig berichtet hatte.362 Die Meldung über die Eroberung Modons und den heldenhaften Widerstand der Venezianer gelangte auf diese Weise nicht nur von Venedig über Nürnberg auf direktem Wege zu den Herrschaften in anderen Teilen Europas. Zur breiten Diffusion der Nachricht trug überdies der Nürnberger Druck bei. Gleichzeitig wurde sie Teil einer generellen Beschäftigung mit den Völkern des Ostens, die über die Betrachtung der Osmanen als Feinde der Christenheit und die Furcht vor ihnen hin- ausging. Der sich im Besitz Hartmann Schedels befindende Druck über die Eroberung Modons war der bei Peter Wagner erschienenen Nürnberger Ausgabe der Geschicht von der Turckey des Jörg von Nürnberg aus demselben Jahr beigeheftet.363 Die Veröffentli- chung des Texts des Jörg von Nürnberg verdeutlichte ebenso wie die Bitte Pirckheimers an seinen in Venedig weilenden Schwiegersohn, Hans VI. Imhoff, 1518, ihm den Liber Historiarum partium Orientis des Hethum von Korykos auf Latein oder Italienisch zu besorgen, ein historisch-ethnographisches Interesse, das im Zuge des Kontakts mit den Osmanen auch unter den Nürnberger Gelehrten zunahm.364

vier Galeeren an die Stadtmauern Modons, wo es über das in der Folge erwähnte Interesse der Os- gelang, die Besatzung zur Verstärkung der Belager- manen an „Napoli di Romania“ wird bei Sanudo ten an Land zu schicken: „Item auff den newnden und im Nürnberger Druck berichtet: ebd., fol. 2v tag des monats Augusti, nach mittag furen funff u. Sanuto, Diarii 3, Sp. 731. Deutlich wurde betont, unnser Galea subtil mittenn durch dye Schiff der dass die Belagerten „mit fursacz zu sterben umb veind […]. vier auß den selben Galea stiessen mit Cristenlichen glauben“ kämpften: BSB, Clm 428#1, den prora, daz ist den vordern tail der Schiff an das fol. 1rv. Land und auff die Muola, von wiewol die Turcken 363 BSB, Clm 428#1. Zu Jörg von Nürnberg: „Wie die hindten an in warn, prachten sy doch In die Stat heerschafft zu Venedig hat auß schreiben lassen in grosse anzal pulfers vnd ander notturfft mit Tau- wellisch volget hernach in deutsch“ Jörg von Nürn- sent czwaihundert redlichen mannen.“ BSB, Clm berg, Geschicht von der Turckey, Nürnberg: Peter 428#1, fol. 1v; Sanuto, Diarii 3, Sp. 717. Zum Feuer: Wagner 1500 (GW M12698; ISTC ij00224000); „et se brusò più de la mità de la terra“ ebd. sowie: Exemplar: BSB, 4 Inc. a. 1780w (BSB-Ink I-277,1). BSB, Clm 428#1, fol. 2r. Zu Jörg v. Nürnberg: Döring, Türkenkrieg, S. 155– 362 „E nostri da Modon stano con festa, e fanno di- 164 u. Kat. 1500–26. fese teribelissime, e danno grandissimo a‘ turchi“; 364 „ich alhie noch dem puch gefrogt hab, so ir mir Sanuto, Diarii 3, Sp. 728. Der Brief findet sich auff gezaichnet habt, genant Aytonus Armenius, ebenfalls beim Eintrag am 4. September unter den De gestis Tartarorum. Aber ich kon es nit finden Berichten über die bereits erfolgte Eroberung. Dies welsch noch lateynisch. Und pey allen puchdru- zeigt das System Sanudos, die Briefe entsprechend ckern, auch sunst darnoch gefrogt hab.“ Auch war ihrer Ankunft aufzuzeichnen. Ebenfalls aus Koron er auf der Suche nach weiteren Drucken über die berichtete Gabriel Venier über die Eroberung des Ereignisse im Osmanischen Reich, die er nicht Turms: ebd. Entsprechend im Druck: „Sy schos- bekommen konnte: H. Imhoff aus Venedig an W. sen auch da selbst ain grossen dicken thurn nie- Pirckheimer (1518 Nov. 14), in: Pirckheimer Brief- der“; BSB, Clm 428#1, fol. 1v. Ähnlich auch zur wechsel 3, Nr. 564, S. 429–431, S. 429–430. Zu Erwähnung der Kampforte: ebd., Sp. 724, Sp. 726 Hethum: ebd., Anm. 2, S. 430. u. Sp. 727, sowie: BSB, Clm 428#1, fol. 1r. Auch 322 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg

In eine besonders kritische Phase trat die Bedrohung des christlichen Westens durch die Osmanen ab den 1520er Jahren, mit dem Regierungsantritt Süleymans, ein.365 Nach- dem 1521 Belgrad erobert worden war, wurden die Entwicklungen um die im folgenden Jahr stattfindende Belagerung der Insel Rhodos im Westen mit großem Interesse verfolgt. Obwohl die Stadt seit Juni umstellt war, fanden sich erste Verweise auf eine Nürnberger Rezeption erst Anfang Dezember 1522. Anton Tucher vermerkte in einem Brief an Kur- fürst Friedrich von Sachsen, „das diese tag auß Rom und Venedig schrifften komen sind, darynn angeczaigt und geschriben worden, das der Turck von Rodis abgeczogen sey und mercklichen schaden erlitten habe“.366 Tatsächlich hatte das osmanische Heer bei einem Großangriff am 24. September wohl zwischen 15.000 und 20.000 Mann verloren.367 Es hatte sich jedoch nicht entfernt, wie Tucher selbst 20 Tage später berichtigte, wobei er betonte, dass auch diese Informationen nicht sicher seien.368 In der Zwischenzeit, am 12. Dezember, hatte der Nürnberger Rat Informationen aus Venedig eingeholt, wobei er ausdrücklich seine dorthin handelnden Kaufleute, allen voran die Hirschvogel beauf- tragte, „domit sie furderlichen poten gen Venedig sanden auf eins ratz kosten und erfarn lassen wie es mit Rodes stett, als dan solchs dem reichsrat anzaigen.“369 Wenngleich auch von anderen Seiten Nachrichten über die Entwicklungen um Rhodos ins Reich nördlich der Alpen drangen, wurden diejenigen aus Nürnberg offenbar als besonders vertrauens- würdig betrachtet. So bat Friedrich von Sachsen Anton Tucher am 3. März 1523 darum, ihm zu berichten, falls Tucher bezüglich der Gerüchte über Rhodos, die dem Kurfürsten von anderer Seite zu Ohren gekommen seien, verlässliche Informationen habe.370 Tat-

365 Finlay bezeichnete die späten 1520er Jahre als „the acostarse a nui“. Der Brief war laut Sanudo am 13. most dangerous years the Republic had experi- November eingegangen, die Informationsvermitt- enced since the War of Cambrai“: Robert Finlay, „I lung dauerte also ungefähr einen Monat: Marino am the servant of the Turkish sultan“: Venice, the Sanuto, I diarii di Marino Sanuto 33, hg. v. Federico Ottoman Empire, and Christendom, 1523–1534, Stefani u. a., Venedig 1892, Sp. 514. in: Venice Besieged. Politics and Diplomacy in the 367 Klaus-Peter Matschke, Das Kreuz und der Halb- Italian Wars, 1494–1543, hg. v. dems., Aldershot mond. Die Geschichte der Türkenkriege, Darm- u. a. 2008, S. 1–45, S. 6. stadt 2004, S. 236. 366 A. Tucher aus Nürnberg an F. v. Sachsen (1522 368 „Unnd als ich eurn churfurstlichen gnaden jungst Dez. 2), in: Westphal (Hg.), Korrespondenz, von wegen der stat Rodiß ein zweyfennlich antzei- Nr. 399, S. 569–570, S. 570 (= StadtAN, E 29/IV- gen gethan hab, will ich eurn churfurstlichen gna- 738). Siehe auch den entsprechenden Vermerk in den nit verhalten, das solich anzeigung nit volgen Tuchers Briefbuch: „Sunst von neuen zeittungen will. Unnd ist die sag, das der Turck noch davor waiß ich nit sunders, dann von Rom und Venedig lige.“ A. Tucher aus Nürnberg an F. v. Sachsen hat mir schrift, wie der Turck von Rodiß abge- (1522 Dez. 22), in: Westphal (Hg.), Korrespon- czogen und großen schaden dafor erlyden hab.“ denz, Nr. 402, S. 571–572, S. 572 (= StadtAN, E Ebd., Nr. 448.18, S. 630 (= StadtAN, E 29/IV-1632, 29/IV-739). fol. 5r). Sanudo vermerkte zahlreiche sehr wider- 369 (1522 Dez. 12), StAN, RV (Rep. 60a), Nr. 684, fol. 8r. sprüchliche Berichte über die Entwicklungen, be- Ebd.: „mit Hirsfogel und andernn kaufleuten“. tonte jedoch die Angst vor den Türken, die Marco 370 „Das dye stadt Rodis vonn dem Turckenn erobert Bagnolo aus Rhodos in seinem Brief vom 10. Ok- und sye ime die ubergebenn haben sollenn, ist tober 1522 beschrieb: „Speramo in Dio haver bona unns von andern auch geschriebenn wurdenn, wir vitoria contra li nostri nimici, perchè loro tremano wissenn aber eygentlich nit, wie es entlich domit 3. Nürnberg als Nachrichtenzentrum nördlich der Alpen · 323 sächlich waren die Johanniter am Neujahrstag 1523 von Rhodos abgezogen und hatten Stadt und Burg an die Osmanen übergeben. Die Meldung hatte genau einen Monat später die Serenissima erreicht, wo sie mit großer Bestürzung aufgenommen worden war.371 In seinem nächsten Brief musste Tucher dem Kurfürsten folglich verkünden, dass die Insel wohl tatsächlich „von dem Turcken eingenomen [worden] sey“.372 Die Nachricht erschüt- terte den Kurfürsten ebenso sehr wie die Venezianer: „Aber die zeitung, Rodyß betref- fendt, haben wir nit gern gehort.“373 Auch die ‚Neuen Zeitungen‘, die im Nachlass Willi- bald Pirckheimers erhalten sind und von den Ereignissen in Rhodos berichten, gelangten wahrscheinlich über die Verbindungen mit Venedig nach Nürnberg. Für die Abschrift eines Briefs vom März 1523 wurde in der Forschung bereits gemutmaßt, dass diese über Hans VI. Imhoff aus Venedig geschickt worden sei. Imhoff diente dem Humanisten auch sonst als Informant über Nachrichten dieser Art. Daneben könnte es sich bei dem in der Abschrift genannten „Fra Martenego“ um denselben Gabriel da Martinego handeln, der wiederholt über die Ereignisse in Rhodos nach Venedig berichtete.374 Ebenso stammte die „Zusammenfassung von Briefen über die Dinge in Rhodos, die aus Candia kamen“ im Besitz Pirckheimers in Anbetracht zahlreicher übereinstimmender Vermerke bei Sanudo wohl aus der Serenissima.375 Ähnlich wie die Berichterstattung um die Ereignisse in Modon und Rhodos erreich- ten die Gerüchte über die Eroberung Korfus Nürnberg ebenfalls über Schreiben aus Ve- nedig. In einem Brief an einen ungenannten Fürsten betonte Christoph II. Scheurl, dass sie erst „acht tag alt“ seien. Man berichte, es habe Plünderungen und ein großes Gemetzel gegeben.376 Dem Erzbischof von Mainz gegenüber hob er hervor, dass man aus Vene- dig bereits vier Schreiben, davon zwei alleine in den letzten fünf Tagen, erhalten habe, die von den Angriffen auf Korfu berichteten. Die Insel sei nach dem brutalen Überfall

stehet. Wo euch nu derhalben ethwas warhafftigs 375 „Sumario de lettere de le cose de Rhodi venute de und bestenndigs anlangen und furkomenn wurde, Candia“ StBN, Pirckheimer-Papiere 461, Anl. 1. ist unnser gnedigs begern, ir wollet unns solchs nit Die ‚Neuen Zeitungen‘ finden sich zwar in einem verhaltenn.“ F. v. Sachsen aus Lochau an A. Tucher Faszikel mit Briefen David de Marchellos, schei- (1523 Mär. 5), in: Westphal (Hg.), Korrespondenz, nen aber, wie die wohl von Imhoff übermittelten Nr. 413, S. 580 (= StadtAN, E 29/IV-685). Neuigkeiten, nicht von Marchello, sondern aus 371 „Come quelli di Rhodi capitularono con il Turcho Venedig geschickt worden zu sein. Auch bei der […]; sichè Rhodi è perso. La qual nuova fè molto Briefabschrift an den „capitaneo nostro Generale stornir il Collegio e fo cattivissima.“ Sanuto, Diarii de Candia“ ist eine venezianische Provenienz an- 33, Sp. 600. zunehmen: ebd., Anl. 3. 372 A. Tucher aus Nürnberg an F. v. Sachsen (1523 Mär. 376 „Itzo seyen prieff acht tag alt vonn venedig ku- 22), in: Westphal (Hg.), Korrespondenz, Nr. 416, menn, Das doselbst die gemainn sag sey, der S. 583–585, S. 584 (= StadtAN, E 29/IV-742). Turck hab inn abfarnn vonn valona seiner pundt- 373 F. v. Sachsen aus Colditz an A. Tucher (1523 gnossenn Der venediger Insel Corfhun gwaltiglich Mär. 31), in: Westphal (Hg.), Korrespondenz, uberfallenn, geblundertt, vhil Tausent menschenn Nr. 417, S. 585 (= StadtAN, E 29/IV-688). umbracht“; C. Scheurl aus Nürnberg an unge- 374 Abschrift des Briefes: Pirckheimer Briefwechsel 5, nannten Fürsten (1537 Sep. 21), in: Scheurl’s Brief- Nr. 784, S. 65–69. Zu Gabriele da Martinego: u. a. buch 2, Nr. 260, S. 194–196, S. 195. Sanuto, Diarii 33, Sp. 601 u. Sp. 602. 324 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg eingenommen worden. Nach längerer Diskussion hätten sich die Venezianer trotz eines osmanischen Bündnisangebots für eine Allianz mit dem Kaiser, dem Papst, Ferrara und Mantua gegen die Türken entschieden, um Korfu zurückzuerobern.377 Die Meldungen über die Osmanen wurden, wie die Briefe von Nürnberger Kaufleu- ten in Venedig aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts zeigen, im Laufe der Zeit zum festen Bestandteil der Berichterstattung. Immer wieder erhielt Linhart Tucher von Hans Pömer und Thomas Reich aus Venedig Mitteilungen über die Lage in Konstantinopel.378 Oftmals wurden aus der Stadt am Bosporus auch Nachrichten über das Aufrüsten der Osmanen für ihre Ungarn-Feldzüge in den Westen geleitet. Thomas Reich schrieb sei- nem Oheim im März und Mai 1529 noch besorgt über entsprechende Gerüchte.379 Die ‚Neuen Zeitungen‘, über die Hieronymus Reich Linhart Tucher im Juni desselben Jahres berichtete und die ganz „frisch“ aus „Constandinopell“ in Venedig eingetroffen seien, meldeten hingegen schon den Abmarsch von über 250.000 Soldaten unter Führung des Sultans selbst.380 Bereits zu Beginn der Bedrohung des Westens durch das osmanische Vorrücken hatte der Weg über den Balkan und Osteuropa die zweite Gefahrenachse gebildet. Spätestens mit der Eroberung Belgrads und der Schlacht bei Mohács am 29. August 1526, bei der der ungarische König Ludwig II. starb und das Reich in osmanische Hände fiel, war die Angst vor einem Einfall der Türken über den Landweg im Westen groß.381 Diese Meldungen ge-

377 C. Scheurl an Erzbischof v. Mainz (1537 Sep. 30), 380 „vonn neuhen zeittung, daß die Venediger hie priff in: Scheurl’s Briefbuch 2, Nr. 261, S. 196–199. Zu vom Durchen von Constandinopell haben gehabt, dem Schreiben: „Seint meins Jungstenn schreibens aldar gebenn auff 8 mey und her komen auff 23 habenn wir 4 mal schreiben und sunderlich Itzo mey, so frisch priff sindt. Darinn man inn schreibt, Letzlich von 16 und 21 Septembris vonn venedig daß sich der Durch fasten rusten soll auff Unger- auf ein ander sagent und gleich Lautent empfan- landt zu und schonn 200000 man zu fuß hinwegt genn ungeferlich Diser mainung.“ ebd., S. 196. Vgl. geschickt und 60000 man zu roß und dar nebenn hierzu auch Sporhan-Krempel, Nachrichtenzent- 124000 stuckt vonn geschoß klein und groß. Auch rum, S. 80. ist er willens gewest mitt 15000 pis inn 20000 ma- 378 Reich berichtete, dass man Briefe aus Konstantino- nen inn eigner personn her nach zu ziehenn und pel über das Aufrüsten des Sultans erhalten habe: denn negsten auff Ungernn […]“ H. Reich aus Ve- T. Reich aus Venedig an L. Tucher (1529 Mai 4), nedig an L. Tucher (1529 Jun. 6), StadtAN, E 29/ StadtAN, E 29/IV-1440. 1544 schrieb Hieronymus IV-869. Imhoff an Tucher über das osmanische Winter- 381 Zur europäischen Perspektive der Expansion in lager in Konstantinopel und die große Macht des Osteuropa u. a.: Bodo Guthmüller u. Wilhelm Sultans: H. Imhoff aus Venedig an L. Tucher (1544 Kühlmann (Hgg.), Europa und die Türken in der Dez. 11), StadtAN, E 29/IV-1140. Renaissance, (Frühe Neuzeit 54), Tübingen 2000. 379 „neu zeytung […] von Constantinopoly, das der Zur zeitgenössischen Wahrnehmung: Corinne Durck groß rustung und folck auff Ungern ge- Lucas-Fiorato, Cavalli, Ramberti, Barbaro: Re- sanndt hat“ T. Reich aus Venedig an L. Tucher gards vénitiens sur la Hongrie entre Mohács et (1529 Mai 4), StadtAN, E 29/IV-1440; „man wil Buda, in: La circulation des hommes, des œuvres sachen der durcken sol in Ungeren ziehen. Got et des idées entre la France, l’Italie et la Hongrie verhutt als ubelß undt ergecz alle, die so schad (XVe-XVIIe siècle) hg. v. Amedeo Di Francesco u. haben von im“ T. Reich aus Venedig an L. Tucher Adelin Charles Fiorato, (Hungarica et Slavica 3), (1529 Mär. 14), StadtAN, E 29/IV-1438. Neapel 2004, S. 62–95, S. 63–72. 3. Nürnberg als Nachrichtenzentrum nördlich der Alpen · 325 langten in den meisten Fällen durch Kaufleute ins Reich. Wie die Venedig-Kaufleute bei der Einholung von Neuigkeiten aus Rhodos beauftragte das Nürnberger Stadtregiment parallel dazu seine Fernhändler in Ostmitteleuropa direkt mit der Beschaffung von Nach- richten.382 Als Sultan Süleymann im Frühjahr 1521 mit „zwayen großen heren, auff hun- dert tausent starck“ Richtung Westen in die Walachei und nach Belgrad zog, erhielten die Nürnberger „kauffleut auß dem lannd Hungern mer dann ein schrifften“, wahrschein- lich durch ihre dortigen Handelsvertreter. Sie wurden im Nürnberger Rat behandelt und dann im Juli 1521 unter anderem an Friedrich den Weisen weitergeleitet. Im Oktober schrieb Anton Tucher über einen ebenfalls von „meiner freund kauffleut“ empfangenen Bericht, der das vorläufige Scheitern der osmanischen Angriffe auf Belgrad meldete und wohl ebenfalls über den Osten direkt nach Nürnberg gelangt war.383 Die Meldungen über den Erfolg der Türken bei Mohács, die der Nürnberger Rat an Pfalzgraf Ludwig, Johann von Sachsen und den Graf von Wertheim am 9. Oktober 1526 übermittelte, hatte man ebenfalls über Kaufleute erhalten.384 Die Neuigkeiten „das grausam und erschrecklich des Turcken furnemen belangend“, die Hieronymus Ebner und Kaspar Nützel fünf Tage später an Johann von Sachsen und Pfalzgraf Ludwig schickten, waren aus Coburg nach Nürnberg gelangt.385 Auch aus Graz und Wien erreichten Nachrichten über die Nieder- lage des ungarischen Heers die Stadt.386 Die erfolglose Belagerung Wiens 1529 wurde ebenfalls vor allem aus Böhmen, Bayern und Österreich berichtet.387 Die Informationen

382 Zu einem entsprechenden Ratsverlass von 1522: 386 Aus Graz berichtete Leonhard Kreber an W. Pirck- „Auf bergern des reichsrat sol mon ein eillenden heimer über den bevorstehenden Einfall der Tür- poten gen Ungern machenn und den kaufleuten ken in Ungarn: L. Kreber aus Graz an W. Pirckhei- schreiben und begernn zu wissen, wie es mit dem mer (1526 Mär. 9), in: Pirckheimer Briefwechsel 6, Turcken stet in Ungern und Crabaten und furder- Nr. 1017, S. 119–121. Gabriel v. Malon schrieb aus lich antworte begernn.“ (1522 Dez. 13), StAN, RV Wien: G. v. Malon aus Wien an W. Pirckheimer (Rep. 60a), Nr. 684, fol. 8v. (1526 Apr. 26), in: Pirckheimer Briefwechsel 6, 383 A. Tucher aus Nürnberg an F. v. Sachsen (1521 Nr. 1028, S. 138–142. Sogar aus Lyon schickte Hi- Okt. 12), in: Westphal (Hg.), Nr. 385, S. 557–559, eronymus Reich zwei Monate nach dem Ereignis S. 559 (= StAN, BB [Rep. 61a], Nr. 82, fol. 266r– entsprechende Nachrichten. Dabei wollte er jedoch 267v u. StadtAN, E 29/IV-737). Zum vorherigen in erster Linie die Informiertheit der in Lyon Han- Brief: Rat an F. v. Sachsen (1521 Jul. 9), in: West- del treibenden Kaufleute ausdrücken: „dan das ich phal (Hg.), Nr. 381, S. 554–555, S. 554 (= StAN, BB leyder auch vernomen hab die possen mer, wie das [Rep. 61a], Nr. 82, fol. 186rv). Zu dieser Zeit hatte der Durch [= Türcke, Anm. d. Autorin] dem konig die Belagerung bereits begonnen. von Ungerlandt ein schlacht abgewanhen hott und 384 In der Folge sind keine weiteren Berichte über die er erschlagen sey worden und im das ganzt landt am 29. Juli tatsächlich erfolgte Eroberung an den verderbt.“ H. Reich aus Lyon an L. Tucher (1526 Kurfürsten überliefert: Rat an L. bei Rhein (1526 Okt. 26), StadtAN, E 29/IV-867. Auch in Spani- Sep. 10), StAN, BB (Rep. 61a), Nr. 93, fol. 160r. en trauerte man um den Tod Ludwigs II. und die 385 Die Coburger wiederum hatten die Nachrichten, Eroberung Ungarns durch die Türken: G. Geuder laut Nützel und Ebner, direkt von ihrem Gesandten aus Granada an W. Pirckheimer (1526 Dez. 2), in: bei der ungarischen Königin erhalten: Rat an L. bei Pirckheimer Briefwechsel 6, Nr. 1068, S. 242–245. Rhein (1526 Sep. 15), StAN, BB (Rep. 61a) Nr. 93, 387 Der Nürnberger Rat vermittelte die ‚Neuen Zeitun- fol. 166r. gen‘, die man vom Pfalzgrafen bei Rhein erhalten hatte, an Straßburg, Augsburg und Ulm weiter: Rat 326 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg

über das Vorrücken der Osmanen zu Land liefen demnach zu einem großen Teil über Nachrichtenverbindungen nach Osten. Die kaufmännischen Informationskanäle erstreckten sich jedoch nicht nur ins Reich nördlich der Alpen, sondern erreichten umgekehrt die deutschen Kaufleute in Venedig. Viele der mit der Stadt handelnden oberdeutschen Gesellschaften unterhielten daneben Geschäftsbeziehungen nach Ungarn. Über die innergesellschaftlichen und innerfami- liären Kommunikationsstrukturen gelangten die Neuigkeiten auf direktem Weg nach Venedig,388 wo sie sich im Fondaco und anschließend in der Stadt verbreiteten. Bereits bezüglich der Belagerung Belgrads berichtete Sanudo von Briefen, die im Handelshaus eingetroffen seien.389 Die Informationen über die Schlacht von Mohács und den Tod Ludwigs II. von Ungarn kamen teilweise über den Fondaco und die dortigen Kaufleute, meist die Augsburger, in die Serenissima. Der nach Wien handelnde Kaufmann Hans Fugger, der sich auf einen zwei Tage nach der Schlacht verfassten Brief aus Budapest bezog, leitete die Informationen wohl an die in Venedig tätigen Mitglieder seiner Ge- sellschaft weiter.390 Als die Nachricht von dem erfolgreichen Widerstand Wiens gegen die osmanische Belagerung durch einen Brief aus Augsburg in Venedig eintraf, „feierten die Deutschen in dieser Nacht ein großes Fest im Fondaco“.391 Auch aus Nürnberg selbst erreichten die Serenissima Meldungen über die Kriegsgeschehnisse in Ostmitteleuropa, diesmal über türkische Gräuel in Kroatien.392 Die Nürnberger dienten nicht nur im Reich

an L. bei Rhein (1529 Okt. 6), StAN, BB (Rep. 61a), 390 „Etiam fo lecto uno aviso hauto per via del Fon- Nr. 100, fol. 89r–90r. Die Nachrichten, die man an tego di todeschi, per lettere ha hauto Zan Focher Johann von Sachsen weiterleitete, kamen aus Ös- mercadante di Vienna, di 5; acusa haver lettere di terreich: Rat a. J. v. Sachsen (1529 Okt. 21), ebd., Buda di 31 Avosto, con la nova di la rotta del cam- fol. 111r. Am 12. November schickte man Neuig- po di hongari, et il Re esser morto“; (1526 Sep. 18), keiten an diesen, die man direkt aus Wien erhal- Marino Sanuto, I Diarii di Marino Sanuto 42, hg. ten hatte: H. Ebner u. C. Kress aus Nürnberg an v. Federico Stefani u. a., Venedig 1895, Sp. 635. Be- J. v. Sachsen (1529 Nov. 12), ebd., fol. 135v–136r, reits zuvor waren Nachrichten über den Fondaco fol. 136r. eingetroffen: „Di Viena, fo letto una lettera di 2 et 388 Auch sonst erhielten die Venezianer solche Infor- 3 di questo, scritta a Iseppo Estaier todesco merca- mationen nicht, wie die anderen Meldungen über dante in Fontego […]“ u. „Item, uno altro capitolo die Türken, aus der Levante, sondern in der Regel di lettere, di 10, di Augusta, scritto a uno merca- über östliche Nachrichtenachsen (meist Udine, dante todesco in Fontego. Scrive la rota del campo aber auch Görz und direkt aus Ungarn). Vgl. zur di hongari. È morto il Re in bataia, lo Turco va per Belagerung Belgrads: Marino Sanuto, I Diarii di tutta l’Hongaria. Dio voia non vadi più avanti.“ Marino Sanuto 31, hg. v. Federico Stefani u. a., Ve- ebd., Sp. 629 [kursiv im Original]. nedig 1891, Sp. 160–161 (aus Ungarn), Sp. 240 (aus 391 „Noto. Fo dito in fontego de todeschi esser lettere Görz), Sp. 362 u. Sp. 363 (aus Udine). di Augusta, di 5, in mercanti, che quelli de Viena 389 „che è letere in Fontego di Todeschi di 9 dil hanno dato una rota a turchi numero… per il che mexe, che Belgrado ancora si teniva“; in: Sanu- todeschi questa notte hanno festa fato in fontego, to, Diarii 31, Sp. 439. Die Information entsprach grande.“ (1528 Okt. 19), in: Marino Sanuto, I Diarii zu diesem Zeitpunkt nicht mehr der Realität. Zu di Marino Sanuto 52, hg. v. Guglielmo Berchet u. a., ausländischen Kaufmannskorrespondenzen als Venedig 1898, Sp. 99. Informationsquelle für Venedig: Neerfeld, Gegen- 392 Ob die Neuigkeiten auch in diesem Fall durch wartschronistik, S. 142. Kaufleute vermittelt wurden, ist unklar. Es gibt 3. Nürnberg als Nachrichtenzentrum nördlich der Alpen · 327 nördlich der Alpen, sondern auch nach Süden als Vermittler von Nachrichten über die osmanische Bedrohung. So zeigen sich deutlich zwei unterschiedliche Nachrichtenwege, über die die fränki- sche Reichsstadt Neuigkeiten erhielt. Dass diese vom Nürnberger Stadtregiment auch bewusst eingesetzt wurden, ergeben die beiden Ratsverlässe vom 12. Dezember 1522, die die Kaufleute in Venedig und Ungarn jeweils mit der Einholung von Informationen über die Osmanen beauftragten.393 Während die Route aus dem Osten die Stadt mit Informati- onen über das türkischen Vordringen nach Ostmitteleuropa versorgte, war die Achse Ve- nedig- Nürnberg für die ‚Neuen Zeitungen‘ über die Türken im Mittelmeer, die Ereignisse in der Levante und die Entwicklungen im Osmanischen Reich verantwortlich. Gerade in diesem Bereich scheint der fränkischen Reichsstadt und ihren Bürgern bezüglich ihres Kenntnisstands, der Vielzahl, Schnelligkeit und vor allem Qualität der Informationen eine herausragende Bedeutung im Norden zugekommen zu sein.394 Die Verbindungen zu Venedig als dem wichtigsten europäischen Nachrichtenzentrum über die Türken trugen dazu bei, dass Nürnberg im Reich nördlich der Alpen zu einem maßgeblichen Informati- onsknotenpunkt über das osmanische Vordringen nach Westen wurde. Unterschiedliche Nachrichtenströme liefen in der Stadt zusammen, wurden dort gesammelt und weiter- geleitet. Die Informanten, die aus anderen Orten, wie beispielsweise Lyon oder Wien, entsprechende Meldungen nach Nürnberg sandten, vermerkten dabei in der Regel, dass man dort wohl schon von den Geschehnissen wisse. Informationen träfen „gemaynigk- lich ee bey euch oben als bey unns“ ein. Man füge die Notiz jedoch der Vollständigkeit halber dennoch an.395

keinen Verweis auf den Fondaco: „Da Norimberg (1522 Dez. 2), in: Westphal (Hg.), Korrespondenz, sono avisi come turchi sono corsi in Croatia et me- Nr. 399, S. 569–570 (= StadtAN, E 29/IV-738). Die nato via da doa milia anime“ (1524 Feb. 21 m.v. = Gerüchte, die Scheurl an den Mainzer Erzbischof 1525 Feb. 21), Marino Sanuto, I Diarii di Marino berichtete, kamen aus Venedig und Augsburg: Sanuto 35, hg. v. Federico Stefani u. a., Venedig C. Scheurl aus Nürnberg an Erzbischof v. Mainz 1892, Sp. 451. Die entsprechenden Nachrichten (1533 Jun. 26), in: Scheurl’s Briefbuch 2, Nr. 238, scheinen dabei zum ersten Mal in Venedig berich- S. 140–144, S. 142. tet worden zu sein: Es fanden sich bei Sanudo zu- 395 Tschertte berichtete Neuigkeiten aus dem Os- vor keine entsprechenden Berichte. manischen Reich, nicht über das Vordringen der 393 (1522 Dez. 12), StAN, RV (Rep. 60a), Nr. 684, Osmanen nach Osteuropa: J. Tschertte aus Wien fol. 8r u. 8v. an W. Pirckheimer (1524 Apr. 15), in: Pirckheimer 394 Vereinzelt erreichten auch Nachrichten über die Briefwechsel 5, Nr. 833, S. 153–155, S. 154. Jacob Entwicklungen im Mittelmeerraum aus Florenz u. Reuter sandte 1537 eine aus Venedig stammende Wien die fränkische Reichsstadt. Aus Florenz be- ‚Neue Zeitung‘ in Abschrift aus Lyon an Linhart richtete Pierantonio de Nobili über die Expedition Tucher: J. Reuter aus Lyon an L. Tucher (1537 Aug. Andrea Dorias mit seiner Flotte gegen die Osma- 21), StadtAN, E 29/IV-1454. Noch 1557 berichtete nen bei Koron: P. de Nobili a. Florenz a. F. Behaim Herdegen Tucher aus Lyon über ‚Neue Zeitungen‘, (1533 Aug. 14), GNM, BA, Nr. 64. Die von Tucher die man aus Venedig erhalten habe: H. Tucher an an Friedrich den Weisen verschickten ‚Neuen Lyon an L. Tucher (1557 Jan. 23), StadtAN, E 29/ Zeitungen‘ über Rhodos kamen aus Venedig und IV-215. Rom: A. Tucher aus Nürnberg an F. v. Sachsen 328 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg

3.3 Wahrheit oder Gerücht: Wert und Nutzen von Informationen

Am 5. März 1523 beklagte sich Kurfürst Friedrich von Sachsen in einem Brief an Anton Tucher, dass er so unterschiedliche Informationen über die Lage in Rhodos bekommen habe, dass er „eygentlich nit [wisse], wie es entlich domit stehet“. Aus diesem Grund bat er den Nürnberger, ihm sofort mitzuteilen, falls diesem „ethwas warhafftigs und bestenn- digs anlangen und furkomen wurde“. Tucher betonte darauf in seinem nächsten Schrei- ben, dass er „sorgfelltig“ sei, dass die ernüchternden Berichte über die Eroberung der Insel durch die Osmanen wahr seien. Dass sich die Bewohner von Rhodos dem Sultan ergeben hätten, sei jedoch nicht bewiesen. Tucher unterschied dabei explizit zwischen der Nachricht, die er als wahr und glaubwürdig einschätzte, und den Meldungen, die bisher nicht bestätigt worden waren.396 Diese ausdrückliche Differenzierung zwischen belegten Nachrichten und Gesagtem fand sich auch in den Aufzeichnungen der venezi- anischen Tagebuchschreiber, die es, wie Tucher, für notwendig hielten, ihre eigene Ein- schätzung über den Wahrheitsgehalt der Neuigkeiten zu verzeichnen. Oftmals mangelte es an Beweisen für Nachrichten, und man war, wie die Korrespondenz zwischen Tucher und dem sächsischen Kurfürsten über Rhodos zeigt, auf Gerüchte als lange Zeit wichtigs- te und häufig einzige Informationsquelle angewiesen. Gerade wenn man divergierende Auskünfte von verschiedenen Orten erhielt, war eine Einschätzung des Wahrheitsgehalts äußerst schwierig.397 Die explizite Unterscheidung erfolgte nicht aus dem Glauben her-

396 „Aber betreffennd Rodiß bin ich sorgfelltig, das StadtAN, E 29/IV-699) u. Nr. 145, S. 360 (StAN, BB dieselb stat von dem Turcken eingenomen sey, [Rep. 61a], Nr. 64, fol. 161v–162r). Oftmals wur- unnd ist wol die sag […]“ A. Tucher aus Nürnberg den bestimmte Nachrichten aus unterschiedlichen an F. v. Sachsen (1523 Mär. 22), in: Westphal (Hg.), Perspektiven vermittelt: Infelise, Merchants’ letters, Nr. 416, S. 583–585, S. 584 (= StadtAN, E 29/IV- S. 37. Auch konnten Gerüchte und Gerede in ho- 742). Sowie: F. v. Sachsen aus Lochau an A. Tucher hem Maße die öffentliche Meinung beeinflussen, (1523 Mär. 5), in: ebd., Nr. 413, S. 580–581, S. 580 wie die Reaktionen der Venezianer auf die Nach- (= StadtAN, E 29/IV-685). richt vom vermeintlichen Tod Papst Clemens’ VII. 397 Wie Friedrich der Weise hatte auch Christoph zeigten. Die Venezianer hätten, wie Nikolaus Zin- Scheurl verschiedenartige Informationen über das ner aus Mailand an Pirckheimer berichtete, „freud Vorrücken der Türken erhalten, die in seinem Fall geleutet und geschossen“: N. Zinner aus Mailand aus Polen und Venedig stammten. Sie seien un- an W. Pirckheimer (1529 Feb. 13), in: Pirckheimer terschiedlich und daher unsicher: C. Scheurl aus Briefwechsel 7, Nr. 1212, S. 164–168, S. 168. Auch Nürnberg an ungenannten Fürsten (1539 Mär. 6), Christoph II. Scheurl berichtete Georg von Sachsen in: Scheurl’s Briefbuch 2, Nr. 272, S. 219–221. So die falsche Nachricht, betonte jedoch die besonde- waren sich auch die Informanten der Unvollkom- re Freude der Florentiner: C. Scheurl aus Nürnberg menheit ihres Wissens und der Unsicherheit der an G. v. Sachsen (1529 Feb. 6), in: ebd., Nr. 1201 von ihnen vermittelten Nachrichten bewusst: Dau- Anhang, S. 142–143, S. 143. Bereits zwei Tage nach ser, Informationskultur, S. 53. Immer wieder wider- den Meldungen über den angeblichen Tod gingen sprachen sich die vermittelten Nachrichten, wie bei in Venedig Nachrichten ein, dass der Papst doch der Frage nach der Position Paduas während der nicht gestorben sei. Aufgrund der widersprechen- Liga von Cambrai: A. Tucher aus Nürnberg an F. v. den Informationen blieb die Lage jedoch noch Sachsen (1509 Jul. 31) u. (1509 Aug. 7), in: West- weitere drei Tage unsicher. Vgl. zur Krankheit und phal (Hg.), Korrespondenz, Nr. 144, S. 358–359 (= zum angeblichen Tod Clemens: Ludwig v. Pas- 3. Nürnberg als Nachrichtenzentrum nördlich der Alpen · 329 aus, dass Gerüchte und unbelegte Meldungen negativ zu bewerten seien.398 Sie waren ebenfalls berichtenswert und für Vermittler und Rezipienten von großem Interesse.399 Immer wieder berichteten die Nürnberger in Venedig daher auch von Gerüchten und unklaren Meldungen über das osmanische Vordringen nach Westen. Hans Pömer schrieb 1534 an Linhart Tucher, dass es in Venedig das Gerede gebe, die Flotte Barbaros- sas in Konstantinopel bestehe aus hundert Schiffen. Der Bericht Christoph II. Scheurls an einen ungenannten Fürsten 1537 über den vermeintlichen Überfall auf Korfu durch die Osmanen, die Plünderung und das folgende Blutbad, beruhte gleichfalls auf einer in Venedig verbreiteten „gmainn sag“.400 Die Gerüchte über begangene Gräueltaten sind da- bei ebenso im Zusammenhang des zeitgenössischen Türken-Diskurses zu sehen wie die europäische Stilisierung der Venezianer als Feinde der Christenheit in den Momenten, in denen in der Serenissima über ein Bündnis mit den Osmanen diskutiert wurde oder sich entsprechendes Gerede verbreitete.401 In den meisten Fällen handelte es sich bei den

tor, Geschichte der Päpste seit dem Ausgang des was news [aus Venedig zu] schreiben“: H. Imhoff Mittelalters 4, Geschichte der Päpste im Zeitalter aus Venedig an P. Behaim (1537 Mai 17), GNM, der Renaissance und der Glaubensspaltung von BA, Nr. 29a. der Wahl Leos X. bis zum Tode Klemens’ VII. 400 C. Scheurl aus Nürnberg an ungenannten Fürsten 2: Adrian VI. und Klemens VII., Freiburg 1907, (1537 Sep. 21), in: Scheurl’s Briefbuch 2, Nr. 260, S. 349–352. Zu den in Venedig eintreffenden Be- S. 194–196, S. 195. Zu Pömer: „Hye ist dy sag, der richten: Marino Sanuto, I Diarii di Marino Sanuto Barba Rossa hab zw Constantynopoli pey 100 gal- 49, hg. v. Federico Stefani, Venedig 1897, Sp. 374 u. lea unnd fusti. Vermeindt man, er werde sich unt- Sp. 475. Der Bericht über die genauen Ereignisse tersten, etwaß mit außzwrichtten. In welicher ardt vom venez. Botschafter in Rom kam am 26.01. an: weyß man nit.“ H. Pömer aus Venedig an L. Tucher ebd., Sp. 386. (1534 Jun. 9), StadtAN, E 29/IV-1397. Tatsächlich 398 Laut Neerfeld nutzten die Diaristi Zusätze wie <è handelte es sich wohl um 84 Schiffe: Ernle Brad- fama che>, oder , um darauf zu verweisen, dass London 1969, S. 131. Auch Imhoff berichtete an es sich um unbelegte Meldungen handelte: Neer- Paulus Behaim: „So ist gancz still alhie, allain was feld, Gegenwartschronistik, S. 128. Tucher schrieb: man vom durcken sagtt“; H. Imhoff aus Venedig an „So hat es auch ain laut“; A. Tucher aus Nürnberg P. Behaim (1537 Mai 17), GNM, BA, Nr. 29a. an F. v. Sachsen (1509 Jun. 20), in: Westphal (Hg.), 401 Die ambivalente Haltung der Venezianer in der Korrespondenz, Nr. 138, S. 353–354, S. 354 (= Auseinandersetzung des Westens mit den Osma- StAN, BB [Rep. 61a], Nr. 64, fol. 64r–65r). nen hatte bereits im 15. Jahrhundert während der 399 Thomas Reich schrieb seinem Oheim 1529 aus Ve- Kreuzzugsbestrebungen Enea Silvio Piccolominis nedig von den neuesten Berichten in Rom: T. Reich beziehungsweise Papst Pius’ II. zu einer deutli- aus Venedig an L. Tucher (1529 Mär. 14), StadtAN, chen anti-venezianischen Polemik geführt und E 29/IV-1438. Unter Umständen konnte die Ak- blieb auch in den folgenden Jahrzehnten ein maß- tualität von Gerüchten entscheidendes Kriterium geblicher Konfliktpunkt zwischen den westlichen sein: Neerfeld, Gegenwartschronistik, S. 129. Wie Mächten und der Serenissima: Johannes Helmrath, bei den Belagerungen von Belgrad oder Rhodos Pius II. und die Türken, in: Europa und die Tür- konnten auch die als wahr vermittelten Nachrich- ken in der Renaissance, hg. v. Bodo Guthmüller u. ten durch die tatsächlichen Ereignisse bereits über- Wilhelm Kühlmann, (Frühe Neuzeit 54), Tübingen holt sein. Entscheidend war, ob der Absender und 2000, S. 79–138. Sie führte zu einer regelrechten der Empfänger sie als neu empfanden: Dauser, In- Dämonisierung Venedigs, die gerade in der ersten formationskultur, S. 50. Auch Hieronymus Imhoff Hälfte des 16. Jahrhunderts auch zur Legitimie- äußerte seinen Wunsch an Paulus Behaim, „geren rung des Vorgehens gegen die Stadt in Italien dien- 330 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg aus Venedig nach Nürnberg verbreiteten Gerüchten jedoch um Unsicherheiten bezüglich der tatsächlichen Ereignishergänge.402 Die genaue Unterscheidung von belegbaren Informationen und unsicheren Mittei- lungen war nicht nur bezüglich der Qualität und der Relevanz der Nachrichten, bei- spielsweise für politisches und wirtschaftliches Handeln, von Bedeutung, sondern auch für die Glaubwürdigkeit und damit für die Stellung und das Ansehen des Informations- vermittlers. So schränkte Hieronymus Imhoff die Verlässlichkeit der von ihm an Linhart Tucher 1545 vermittelten Neuigkeiten aus Adrianopel über das Aufrüsten der Türken ausdrücklich ein und verwies seinen Briefpartner darauf, mit den berichteten Informa- tionen vorsichtig umzugehen. Man könne sich „so gar noch nitt darauff […] verlossen“ und müsse erst die nächsten Briefe abwarten. 403 Durch die Betonung von Unsicherhei- ten und Zweifel erwies sich der Absender als glaubwürdiger Informant. Dies steigerte das Vertrauen innerhalb der brieflichen Interaktion. Das Bekenntnis, dass man nur aus der Erinnerung berichte, das Schreiben aber nicht vor sich habe, trug ebenfalls dazu bei.404 Gleichzeitig waren vom Ruf des Informanten auch die Zuverlässigkeit der Meldun- gen und damit das Funktionieren der Nachrichtenübermittlung abhängig.405 Bei einer engen Einbindung in die Beziehungsgeflechte in Venedig selbst wie in diejenigen, die sich zwischen beiden Städten konstituierten, konnte die Vertrauenswürdigkeit über Ge-

te und auch auf andere Beteiligte der italienischen vermerkte Scheurl gegenüber dem Erzischof von Konflikte übertragen werden konnte, wie z. B. den Mainz nur: „Die warheit gibt die zeit zuerkennen.“ Papst: „dz ir heiligkeit sampt den Venedigern die C. Scheurl an Erzbischof v. Mainz (1533 Jun. 26), Turken inn dz land bringen […] wollen“; A. Tu- in: Scheurl’s Briefbuch 2, Nr. 238, S. 140–144, cher u. A. Tetzel aus Nürnberg an F. v. Sachsen S. 142. (1511 Jun. 1), in: Westphal (Hg.), Korrespondenz, 403 „mitt ersten und nagsten prieffen von dannen Nr. 186, S. 401–404, S. 403 (= StadtAN, E 29/IV- wurdtt man pessern grund und peschayd derhal- 710). Auch in der gedruckten ‚Neuen Zeitung‘ über ben vernemen mögen“; H. Imhoff aus Venedig an die Türckische belegerung der stat Wienn werden L. Tucher (1545 Feb. 11), StadtAN, E 29/IV-1139. Papst und Venezianer zu Verbündeten der Osma- Hier lassen sich Ähnlichkeiten zur Ausbildung nen stilisiert: „Es ist auch zů Vngern vnnd Oster- Hallers ausmachen. Für C. I. Scheurl war es zen- reich das gemürbel, der Babst vnd Venediger seyen tral, dass er von Haller mit wahren Nachrichten des Tuercken yeczigen zugs in Vngern nit wenig vr- versorgt wurde: Archiv Scheurl, Cod. AB, fol. 333r. sacher. Dann hieuor in einem scharmueczel etlich 404 C. II. Scheurl berichtete über das Aufgebot des Welsch wo eren gefunden worden sind.“ Türckische venezianisch-kaiserlichen Bündnisses zur Rück- belegerung der stat Wienn 1529, Nürnberg: Jobst eroberung Korfus aus seiner Erinnerung: „Sovil Gutknecht 1529 (VD 16 T 2243), Exemplar: BSB, mir noch bewust Ist von dem Capittel“; C. Scheurl Res. 4/Turc. 81,15, fol. 3r. Zur zunehmenden Ver- aus Nürnberg an Erzbischof v. Mainz (1537 klärung eines Angriffes gegen Venedig als Kampf Sep. 30), in: Scheurl’s Briefbuch 2, Nr. 261, S. 196– gegen die Verbündeten der Türken in den späten 199, S. 198. Nicht immer wurden die Nachrichten 1520er Jahren: Finlay, „I am the servant of the Tur- also unter Zuhilfenahme eines vorliegenden Texts kish sultan“, S. 8. oder einer Abschrift reproduziert. 402 Zu den Gerüchten über Pläne der Portugiesen, 405 Vgl.: Dauser, Informationskultur, S. 43; Mauelsha- zusammen mit dem Priesterkönig Johannes Syrien gen, Netzwerke, S. 424; Werner, Nachrichtenwe- und Ägypten zu erobern, die aus Beirut über Vene- sen, S. 3; Infelise, Merchants’ letters, S. 36. dig und Augsburg nach Nürnberg gelangt waren, 3. Nürnberg als Nachrichtenzentrum nördlich der Alpen · 331 währsmänner abgesichert werden. Ferner gab es weitere Möglichkeiten, die Richtigkeit der Meldungen auszumachen. Wurden die Informationen aus unterschiedlichen Orten und unabhängig voneinander vermittelt, verstärkte dies die Wahrscheinlichkeit, dass sie den Tatsachen entsprachen. Als Hans Geuder Willibad Pirckheimer berichtete, dass er von Endres Hirschvogel über ‚Neue Zeitungen‘ aus Venedig vom Einfall des persischen Sufi im Osmanischen Reich erfahren habe, steigerte er durch die Nennung seines Ge- währsmannes die Glaubwürdigkeit seiner Mitteilungen. Verstärkt wurde diese wohl noch durch die gute Vernetzung der Hirschvogel.406 Die Herkunft der Informationen aus dem Nachrichtenzentrum Venedig trug gleichfalls dazu bei.407 Konnte man, wie Christoph II. Scheurl, außerdem auf mehrere Meldungen aus der Serenissima zurückgreifen,408 erhöh- ten sich Glaubwürdigkeit und Wert der Nachrichten ebenso. Die Vielzahl an persön- lichen Verbindungen, über die die Neuigkeiten aus Venedig in den Norden gelangten, unterstützte die Zuverlässigkeit der von Nürnberg aus weitervermittelten Informationen.

3.4 Weiterverbreitung von Informationen nördlich der Alpen

Die aus Venedig stammenden ‚Neuen Zeitungen‘ wurden im Reich nördlich der Alpen intensiv rezipiert. Die Nürnberger tauschten entsprechende Neuigkeiten und Schriften untereinander aus.409 Darüber hinaus wurden die politischen Informationen, die man aus der Serenissima empfangen hatte, im Norden weiterverbreitet. Dies konnte im direkten Kontakt oder anhand brieflicher Berichte geschehen. Die Korrespondenzen wurden so- wohl in der privaten Interaktion als auch im herrschaftlichen Austausch für das Sammeln von Nachrichten genutzt. Zudem wurden Abschriften und Übersetzungen vervielfältigt und so, gerade wenn dies in gedruckter Form geschah, einem breiteren Interessenten- kreis zugänglich gemacht. Aufgrund der engen Verflechtung der Nürnberger Ratsmitglieder mit der städtischen Fernhandelskaufmannschaft und dem dadurch gewährleisteten direkten Zugriff auf die kaufmännischen Nachrichtennetzwerke waren die Gremien der Reichsstadt außeror-

406 H. Geuder aus Nürnberg an W. Pirckheimer (ca. 408 C. Scheurl aus Nürnberg an Erzbischof v. Mainz 1529 Okt. 20), in: Pirckheimer Briefwechsel 7, (1537 Sep. 30), in: Scheurl’s Briefbuch 2, Nr. 261, Nr. 1249, S. 256–257, S. 256. Gleichzeitig übertrug S. 196–199, S. 196. er damit auch die Verantwortung für die Richtig- 409 Vgl. hierzu die ‚Neue Zeitung‘, die Hans Geuder keit der Informationen auf Imhoff. Zur Bedeutung über Endres Hirschvogel erhalten hatte und an der Nennung des Autors oder des Verweises auf Pirckheimer weitergab: H. Geuder aus Nürnberg offizielles Schriftgut zur Verifizierung von Infor- an W. Pirckheimer (1529 Okt. 20), in: Pirckheimer mationen auch: Neerfeld, Gegenwartschronistik, Briefwechsel 7, Nr. 1249, S. 256–257, S. 256. Ob S. 147. er ebenfalls von Pirckheimer entsprechende Infor- 407 „Naturally, Venice also re-exported news which mationen erhielt, ist unklar, wäre aber aufgrund was considered reliable at an international level.“ der Sammlung ‚Neuer Zeitungen‘ des Humanisten Infelise, Merchants’ letters, S. 37. durchaus möglich. 332 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg dentlich gut informiert.410 Häufig wurden die politischen Mitteilungen vom Nürnberger Rat gesondert weitergeleitet. Im Austausch mit den anderen Städten im Reich nördlich der Alpen scheinen Meldungen über das Vorrücken der Osmanen besonders wichtig gewesen zu sein, wobei in der Überlieferung diejenigen über Gefahren in Ostmitteleu- ropa hervortreten.411 Die nach Franken durch den böhmischen König und den Herzog von Bayern vermittelten Neuigkeiten über die Belagerung Wiens leitete der Rat sowohl an Straßburg als auch an Ulm und Augsburg weiter. Nicht zuletzt versuchte man so, die Städte von der Notwendigkeit der Türkenhilfe zu überzeugen.412 Auch an den Kaiserhof sowie an königliche und fürstliche Höfe versandten die Nürn- berger direkt oder über Mittler ‚Neue Zeitungen‘. Dies konnte aus unterschiedlichen Mo- tiven heraus geschehen. Das aus der Serenissima 1508 an den Nürnberger Rat geschickte Schreiben bezüglich der venezianischen Empörung über das Agieren des Kaisers in Ita- lien wurde an den städtischen Gesandten am kaiserlichen Hof übermittelt, damit dieser die Reaktion des Herrschers und mögliche Konsequenzen für die Nürnberger erkunden könne. Der reinen Information diente hingegen die ganz frisch aus Venedig „durch einen unsern verwandten burger“ übermittelte „newe zeytung[,] wie es des Turck rustung halb gestalt“ stehe, die Pangratz Wagner für den Rat an Ferdinand von Österreich weiterleiten sollte. Zwar gehe man davon aus, dass der nach der Schlacht von Mohács eingesetzte König von Ungarn bereits „dieses auszugs und rustung wissen haben mög“. Man gebe je- doch zu bedenken, dass „beyweilen die post entweder spat ankumen“ oder falsche Nach- richten vermittelt würden, und wolle durch diesen Brief eine mögliche Ahnungslosigkeit des Königs vermeiden.413 Den Reichsgremien planten die Nürnberger die Informationen

410 Vgl. hierzu: Stromer, Oberdeutsche Hochfinanz 1, in dreyssig tausenndt starck seins soll […] Unnd S. 193 u. ebd. 2, S. 443; sowie: Sporhan-Krempel, alle flecken prenne er auß, erwürge, was er von Nachrichtenzentrum, S. 24. manns und weybs personen ankomme lass, auch 411 Jörg betonte die in der Forschung bisher meist ver- alle junge kynnder, so er betrette mitten enntzway nachlässigte Bedeutung des Informationsaustau- reyssen unnd an den weg werffen, unnd hanndel sches zwischen den Städten, wobei er die Informa- so ganntz grausam und tyrannisch, das es pillich tionsquellen, die an der Nachrichtenvermittlung der natur zuvernemen erschröcklich sey“; Rat an beteiligten Entscheidungsträger und die Konse- Rat v. Straßburg (1529 Okt. 5) StAN, BB (Rep. 61a), quenzen für die „Beschleunigung des Nachrich- Nr. 100, fol. 87v–88v fol. 87v–88r. Der Rat betonte tenaustauschs“ hervorhob: Jörg, Kommunikative auch, dass dies wahr sei: „dieweyl wir nun dises Kontakte, S. 80. annzaigen layder zu vyl gegründt unnd warhafft 412 Sowohl aus Augsburg als auch aus Straßburg sind befinden“ ebd., fol. 88r. Auf die Frage der Türken- Dankesschreiben erhalten: Straßburger an Nürn- hilfe kann in diesem Kontext nicht eingegangen berger Rat (1529 Nov. 6), StadtAN, A 1–1529 werden. Nov. 6. Die Augsburger beklagten „beschwerd 413 Der Rat versprach auch, sobald man Neuigkeiten er- unnd laid“, die ihnen die Nachricht bereitet hätte: halte, diese weiterzugeben: „in dieser stund sind uns Augsburg an Nürnberger Rat (1529 Okt. 8), Stadt- von Venedig durch einen unsern verwandten burger AN, A 1–1529 Okt. 8. Die außerordentliche Stärke newe zeytung zwkumen, wie es des Turck rustung und Grausamkeit des türkischen Heeres wurde halb gestalt, als du inligend vernymbst. Wiewol wir betont: „das der Türck in aigner person mit aller nun nit zweifeln die kg. Mt. unser gnedigster herr seiner macht die stat Wien sampt dem kriegsvolck von Hungern und Beheim dieses auszugs und rus- und geschütz darynn, welliches volck dannoch biß tung wissen haben mög, so bedenck wir doch, das 3. Nürnberg als Nachrichtenzentrum nördlich der Alpen · 333 weiterzuleiten, die man von den Nürnberger Kaufleuten aus Venedig über die Situation in Rhodos in Erfahrung bringen lassen wollte.414 Über die Position der Stadt Nürnberg als Nachrichtenknotenpunkt wurde nicht nur die Informiertheit der Korrespondenzpart- ner garantiert, sondern durch die Verfügbarkeit und Bereitstellung gefragter Neuigkeiten auch der politische Einfluss der Stadt gestützt. Den Schwerpunkt der Informationsverbreitung bildete jedoch die persönliche Wei- tergabe ‚Neuer Zeitungen‘ durch einzelne Nürnberger an Fürsten und Würdenträger im Reich. Sehr gewissenhaft und ausführlich berichtete der reichsstädtische Ratskonsulent Christoph II. Scheurl deutschen Herrschaftsträgern, wie auch persönlichen Freunden und Bekannten von den in Nürnberg eingehenden Mitteilungen über die politischen Ereignisse in Europa und im Mittelmeerraum. In der Regel handelten die Schreiben aus- schließlich von ‚Neuen Zeitungen‘.415 Regelmäßig schickte er dem Erzbischof von Mainz Berichte über das Vorrücken der Osmanen. Es fanden sich dabei häufig direkte Verwei- se auf eine venezianische Provenienz der Neuigkeiten.416 In seinen Schreiben an einen ungenannten Fürsten betonte er ebenfalls immer wieder, dass seine regelmäßigen In- formationen über das Vorrücken der Osmanen nach Westen aus Venedig stammten.417 Venezianischer Herkunft war auch die Nachricht über den Aufbruch der christlichen Flotte unter Andrea Doria gegen Barbarossa aus Messina, die Scheurl im Oktober 1538 an den Herzog von Sachsen meldete.418

beyweilen die post entweder spat ankumen oder nit 416 C. Scheurl aus Nürnberg an Erzbischof v. Mainz so lauterer bericht mög bescheen. Darumb unser (1537 Sep. 30), in: Scheurl’s Briefbuch 2, Nr. 261, bevelh, du wollest mit dem furderligsten, so du gen S. 196–199. Zu dem Brief ein Jahr zuvor: (1536 Prag kumbst, dich zu kg. Mt. fugen unnd Irer Mt. Nov. 21), in: ebd. Nr. 251, S. 172–173. Weitere solchs eroffnen mit anzaige, wes uns weiter anlangt, Nachrichten über die türkischen Entwicklungen, das wir solchs seiner kg. Mt. unterteniglich auch nit bei denen Venedig nicht explizit als Herkunftsort wollen verhalten.“ Nürnberger Rat an P. Wagner der Informationen angegeben, aber anzunehmen (1528 Apr. 7), StAN, BB (Rep. 61a), Nr. 97, fol. 108rv. ist: C. Scheurl aus Nürnberg an Erzbischof v. Mainz Zum Austausch von Nachrichten über die Türken (1536 Mai 12), in: ebd., Nr. 241, S. 147–151. zwischen befreundeten Regierungen auch: Werner, 417 Auch in diesen Fällen entstammten die Nachrich- Nachrichtenwesen, S. 11. ten ursprünglich häufig Briefen aus Konstantino- 414 (1522 Dez. 12), StAN, RV (Rep. 60a), Nr. 684, pel und wurden über die Kaufleute, „[d]ie genn fol. 8r. Venedig hanndelnn“, vermittelt: C. Scheurl aus 415 Sehr ausführlich berichtete Scheurl über die Ent- Nürnberg an ungenannten Fürsten (1539 Mär. 6), wicklungen im Reich und Italien auch an Otto in: Scheurl’s Briefwechsel 2, Nr. 272, S. 219–221. Beckmann und Johann Trutwetter. Da sich bei Ausdrücklich verwies er auch auf Venedig als diesen Informationen jedoch keine Verweise auf Vermittlungsort: (1537 Sep. 21), in: ebd., Nr. 260, eine Herkunft der Nachrichten aus Venedig finden, S. 194–196. Weitere Informationen zu den Os- wurden sie in die Untersuchung nicht aufgenom- manen: (1537 Okt. 3) u. (1538 Jul. 20), in: ebd., men. An Trutwetter: Scheurl’s Briefbuch 1, Nr. 76, Nr. 262, S. 199–202 u. Nr. 265, S. 205–209. S. 119; Nr. 78, S. 120–121; Nr. 83, S. 128–129; 418 „So hat man von Venedig, das die Christlich ar- Nr. 87, S. 134–135 u. Nr. 102, S. 153–154. An Beck- mada zu Messina abgefarnn sey“; C. Scheurl mann: ebd., Nr. 61, S. 89–93; Nr. 64, S. 96–100; aus Nürnberg an G. v. Sachsen (1538 Okt.), in: Nr. 68–70, S. 106–114; Nr. 85, S. 130–132; Nr. 96, Scheurl’s Briefbuch 2, Nr. 266, S. 209–210 Zu den S. 144–147; Nr. 104, S. 155–158 u. Nr. 107, S. 160– möglicherweise aus Venedig stammenden Nach- 161 u. Scheurl’s Briefbuch 2, Nr. 142, S. 26–27. richten: (1537 Mär. 17) u. (1537 Jul. 26), in: ebd., 334 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg

Eine besondere Bedeutung kam der Korrespondenz Nürnbergs mit dem sächsischen Kurfürsten Friedrich dem Weisen zu. Der Briefwechsel sticht wegen seines Umfangs, vor allem aber aufgrund der Vielfalt an Informationen hervor. Er thematisierte die Ent- wicklungen in Italien ebenso wie das Vorrücken der Türken. Außerdem umfasste die Korrespondenz mit knapp 40 Jahren einen sehr langen Zeitraum, darunter die besonders ereignisreichen Jahre an der Wende zum 16. Jahrhundert. Auf Nürnberger Seite lief der Kontakt in den meisten Fällen über Anton Tucher, der über seine offizielle Funktion als Ratsherr und später Vorderster Losunger hinaus zunehmend auch persönliche Kontakte zum Kurfürsten pflegte.419 Die Vermittlung von politischen Nachrichten war nicht der einzige Inhalt des Briefwechsels, machte aber einen wichtigen Teil aus. Am 14. Mai 1509 sandte der Nürnberger dem Kurfürsten „ain verzaichnus neuer gezeittungen, wie die ver- schiner tag von Venedig gein Nurmberg gelangt sein“, ohne dabei jedoch auf deren Inhalt einzugehen.420 Auch die Gerüchte und Nachrichten über die Belagerung und Eroberung von Rhodos hatte der Vorderste Losunger aus Venedig erhalten.421 Für den Kurfürsten war Tucher nicht nur die wohl regelmäßigste, sondern vor allem die glaubwürdigste Quelle über die Ereignisse im Kontext der Osmanischen Expansion. Über den direkten Austausch zwischen zwei Korrespondenten oder Herrschaftsins- tanzen hinaus wurden die ‚Neuen Zeitungen‘, die aus Venedig nach Nürnberg gelangten, in gedruckter Form auch einem breiteren Rezipientenkreis zugänglich gemacht. Dafür wurden sie in der Regel „[a]usz Jtalianischer Sprach neuw verteutschet“.422 Dabei konnten sich die unterschiedlichen Vermittlungsebenen überschneiden. So legte Sebald Schreyer seinem Brief an Konrad Celtis im Oktober 1500 wohl den Hölzel-Druck über die Er- oberung Modons bei. Durch die Erwähnung im Brief selbst und Schreyers Einordnung

Nr. 255, S. 181–183 u. Nr. 259, S. 191–194. Immer 420 A. Tucher aus Nürnberg an F. v. Sachsen (1509 Mai wieder berichtete er über die Osmanen, teilte aber 14), in: Westphal (Hg.), Korrespondenz, Nr. 133, auch weitere Nachrichten mit, wie z. B. die Hin- S. 349–350, S. 350 (= StAN, BB [Rep. 61a], Nr. 64, richtung Anne Boleyns, die Ankunft von Gold fol. 4r–5r). Zu Informationen über die Entwicklun- aus Peru oder neue Entdeckungen: (1536 Jun. 19) gen in Italien auch: A. Tucher aus Nürnberg an F. v. u. (1537 Mär. 17), in: ebd., Nr. 243, S. 153–156 u. Sachsen (1512 Mai 24), in: Westphal (Hg.), Korre- Nr. 255, S. 181–183. Die ‚Neuen Zeitungen‘ kamen spondenz, Nr. 218, S. 421–422, S. 421 (= StadtAN, aus Lissabon, von wo über die Eroberung der Ge- E 29/IV-711). würzhäfen im Roten Meer berichtet wurde, oder 421 A. Tucher aus Nürnberg an F. v. Sachsen (1522 aus Antwerpen mit Nachrichten über Frankreich Dez. 2), in: Westphal, Korrespondenz, Nr. 399, und die Niederlande: ebd., Nr. 243, S. 153–156 S. 569–570, S. 570 (= StadtAN, E 29/IV-738). Vgl. u. (1537 Apr. 26), in: ebd., Nr. 257, S. 187–189. hierzu: Kap. III.3.2.3. Nachrichten über die Türken, jedoch ohne einen 422 [Scheurl, C.,], Die grosse erlegung des Türkischen Verweis auf eine venezianische Herkunft: ebd., heers Vom Sophi in Persien beschehen. Von Con- Nr. 243, S. 153–156; Nr. 247, S. 161–164 u. Nr. 258, stantinopel glaublich zugeschriben Auss Jtalie- S. 189–191. nischer Sprach neuw verteuschet …, Nürnberg: 419 Vgl. Westphal, Korrespondenz. Zum besonderen Hans Guldenmund 1535 (VD 16 G 2786); Exem- Verhältnis zu Anton Tucher: ebd., S. 23–40. Vor plar: BSB, Res. 4/Turc. 82, 12e. allem ab den 1510er Jahren wurde des Verhältnis persönlicher: ebd., S. 39. 3. Nürnberg als Nachrichtenzentrum nördlich der Alpen · 335 des Berichteten als göttliche Strafe für den sittlichen Verfall seiner Zeit erhielt der Druck gleichzeitig einen persönlichen Gehalt.423 Die gedruckte Nachricht selbst wurde vermut- lich im größeren Umfang rezipiert. Hartmann Schedel interessierte sich ebenfalls für sie, wie das in seiner Bibliothek erhaltene und heute in der Bayerischen Staatsbibliothek be- findliche Exemplar zeigt. Dass die Rezeption auch über Nürnberg hinaus reichte, legt die Überlieferung eines zweiten Exemplars der Hölzel’schen Ausgabe in der Anna-Amalia- Bibliothek in Weimar nahe.424 Für die vielen weiteren ‚Neuen Zeitungen‘ aus Venedig, die in Nürnberg oder auf Ver- anlassung von Nürnbergern gedruckt wurden, können keine konkreten Rezipienten aus- gemacht werden. In einigen Fällen lässt sich allerdings feststellen, wie die Schriften nach Nürnberg gelangten und wer ihre Verbreitung möglicherweise initiierte. Bei dem 1523 bei Jobst Gutknecht in Nürnberg erschienenen Summarium der brief auss Candia von ge- schichten der Stat Rodiß, wie die dem Türcken vbergeben ist worden425 handelte es sich um eine beinahe wortwörtliche Übersetzung des im Pirckheimer-Nachlass überlieferten und dem Humanisten mit großer Wahrscheinlichkeit aus Venedig von seinem Schwiegersohn gesandten „Sumario de lettere de le cose de Rhodi venute de Candia“ sowie einer wei- teren hier überlieferten, nicht betitelten ‚Neuen Zeitung‘.426 Der 1535 von Christoph II.

423 S. Schreyer aus Nürnberg an K. Celtis (1500 allain bey seinen Ordenßleüten. Aber das ander Okt. 18), in: Celtis Briefwechsel, Nr. 252, S. 425– volck zu Rodiß, den von disem thun gar nichts 428, S. 428. Zum Druck und der Herkunft der angezaygt wurde, das kam zu handt in einen arck- Informationen: Kap. III.3.2.3. Zur Übersetzung won, das sie yendert verkaufft oder veruntrewet vgl. auch den entsprechenden Druck (Zitat): „Wie wurden, fiengen an erstlich auffruerig zu werden“; die herschafft zu Venedig hat auß schreiben lassen Summarium der brieff aus Candia von geschich- in welhisch volgt hernach in teutsch“; BSB, Clm ten der Stat Rodiß , BSB, Res/4 Turc. 81,8, fol. 2r), 428#1, fol. 1r. über das Vorhandensein von Lebensmitteln in der 424 Die geschicht der belegerung und eroberung der ar- Stadt für sechs Monate, aber den Mangel an Wein men ellenden Stat Modon, Nürnberg: Hieronymus („che de vituaglie haveva per mesi sei ma cares- Hölzel 1500 (GW M24916; ISTC im00738200), tia de vino“ StBN, Pirckheimer-Papiere, Nr. 461, Exemplar: HAAB, Inc.303a.1–3(1). Anl. 1, fol. 1v / „Speiß moecht villeicht noch auff 425 (VD 16 S 10180); Exemplar: BSB, Res 4/Turc. 81,8. sechs monat verhanden gewesen sein, aber an Der Druck ist auch in Wolfenbüttel überliefert: wein hetten sie mangel.“ Summarium der brieff HAB 104.16 Quod. (25). aus Candia von geschichten der Stat Rodiß, BSB, 426 StBN, Pirckheimer-Papiere, Nr. 461, Anl. 1. Zur Res/4 Turc. 81,8, fol. 2v–3r.) oder die Verluste der Herkunft aus Venedig: vgl. Kap. III.3.2.3. Einige Osmanen aufgrund von Kämpfen, Krankheiten Sätze lassen sich als weitestgehend direkte Über- und Stürmen („el Signore Turcho haver perso gran setzung ausmachen, z. B. über den Aufstand der numero de gente in questa impresa si in bataglia Bevölkerung von Rhodos, weil der Großmeister come in malatia, et de saxi.“ StBN, Pirckheimer- das Angebot des Sultans, die Insel zu übergeben, Papiere, Nr. 461, Anl. 2, fol. 2r / „das der Tuerck in nur mit seinen Mitbrüdern diskutierte, die Bevöl- disem furnemen ein treffenliche anzall volcks ver- kerung aber nicht informierte („Consegliando la lorn habe, das in schlachtungen durch kranckhait cosa cum qualchuno de li frieri solamente. El po- und stuermen sey umbkummen“; Summarium der pulo de Rhodi al qual non se parlava de tal cosa in- brieff aus Candia von geschichten der Stat Rodiß, tro subito in suspitione de essere venduti et prima BSB, Res/4 Turc. 81,8, fol. 4r). Unterschiede finden piorno a tumultuare“ StBN, Pirckheimer-Papiere, sich nur zu den Kosten des Kampfs und zur Um- Nr. 461, Anl. 1, fol. 1r / „Also beratschlagte er dises wandlung der Kirche v. St. Johannes in eine Mo- 336 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg

Scheurl herausgegebene Druck Keyserlicher Majestat Eroberung des Königreychs Thuni- si, wie die vergangener Tag von Rom, Neapls vnd Venedig gen Augspurg gelangt hat vnd von Genua den xij Augusti hieher geschrieben ist verweist explizit auf die Lagunenstadt als einen der Herkunftsorte der Nachrichten. Neben Venedig erscheinen auch andere italienische Städte als Informationspunkte. Zwar wurden die Neuigkeiten nicht direkt in die fränkische Reichsstadt gesandt, gelangten aber über Augsburg auch zu Scheurl nach Nürnberg. Neben dem Druck bei Petreius in Nürnberg erschienen zahlreiche weitere Ausgaben in Breslau, Dresden, Erfurt und Magdeburg.427 Wahrscheinlich waren die Neu- igkeiten über Die grosse erlegunng des Türckischen heers, Vom Sophi in Persien beschehen ebenfalls über Venedig an Scheurl gelangt. Der Hinweis, dass sie ursprünglich aus Kons- tantinopel stammten, legt dies nahe. Auch diese ‚Neue Zeitung‘ wurde an verschiedenen Orten vervielfältigt, wobei sie in Nürnberg 1535 gleich zweimal, von Hans Guldenmund und Johann Petreius, gedruckt wurde.428 Auf welchen Wegen und durch wen die War- hafftige zeytung, das der Großmeister von Rodiß durch seinen Capitanio Saluiaten vnd Kayserlicher Maiestat Haubtman Andre de Doria die Stat Modona … yetzo widerum ab- gewunnen hat, die 1531 bei Jobst Gutknecht in Nürnberg erschien, dorthin gelangte, lässt sich nicht ermitteln. Sie enthielt jedoch „Schreyben auß Venedig den 28 Septembris Anno 1531“, die in Venedig am 24. September eingegangen waren und von der Rückeroberung

schee: StBN, Pirckheimer-Papiere, Nr. 461, Anl. 2, Drucke in Speyer (VD 16 G 2788) u. Wittenberg fol 1v / Summarium der brieff aus Candia von (VD 16 G 2789). Zwar ist nur bei dem Wittenber- geschichten der Stat Rodi, BSB Res/4 Turc. 81,8, ger Druck ein Hinweis auf Scheurl zu finden. Auch fol. 5r; sowie: StBN, Pirckheimer-Papiere, Nr. 461, in den anderen Fällen war dieser aber, wie u. a. aus Anl. 2, fol. 2r bzw. Summarium der brieff aus identischen Texten hervorgeht, verantwortlich: Candia von geschichten der Stat Rodiß, BSB Res/4 vgl. Franz Fuchs, Art. Scheurl, Christoph (II.), in: Turc. 81,8, fol. 5v. Verfasserlexikon. Deutscher Humanismus (1480– 427 [Scheurl, C.], Keyserliche Majestat eroberung des 1520) 2, hg. v. Franz Josef Worstbrock, Berlin u. a. Königreychs Thunisi wie die vergangener tag von 2013, Sp. 840–877, Sp. 867–871. Auch diesbe- Rom, Neapls vnd Venedig gen Augspurg gelangt züglich finden sich keine Schreiben Scheurls. Da hat vnd von Genua den xij. Augusti hieher geschri- die Tagebücher Marin Sanudos kurz zuvor enden, ben ist, Nürnberg: Johann Petreius 1535 (VD 16 S lässt sich auch anhand dieser nicht feststellen, ob 2792); Exemplar: BSB, Res 4/Turc. 82, 11m. Zu den es sich um Briefe nach Venedig gehandelt haben jeweiligen VD 16-Nummern der einzelnen Ausga- könnte. Die Verteutschte Copia eines Welschen ben: Breslau (S 2788), Dresden (S 2789), Erfurt schreybens aus Constantinopel den 13. Nouemb- (S 2790), Magdeburg (S 2791). Dem Augsburger ris jnhaltent Des Sophi victori wider den grossen Druck fehlt das Schreiben an Nürnberg (VD 16 S Türcken [….] von 1536, die ebenfalls bei Petreius 2792). erschien, entspricht zwar inhaltlich nicht in allen 428 [Scheurl, C.] Die grosse erlegung des Türkischen Punkten den Scheurl’schen Drucken, könnte sich heers Vom Sophi in Persien beschehen. Von Con- aber möglicherweise auf diese beziehen bzw. die stantinopel glaublich zugeschriben Auss Jtalie- gleiche Quellengrundlage haben. Auch hier ist also nischer Sprach neuw verteuschet …, Nürnberg: von einer venezianischen Provenienz auszugehen: Hans Guldenmund 1535 (VD 16 G 2786); Exemp- Nürnberg: Johann Petreius 1536 (VD 16 V 589); lar: BSB, Res. 4/Turc. 82, 12e. Die Ausgabe bei Pe- Exemplar: BSB, Res/4 Turc. 82,11. Ein weiteres treius: Nürnberg: Johann Petreius 1535 (VD 16 G Exemplar findet sich in Wolfenbüttel: HAB 171.27 2787); Exemplar: BSB, Res. 4/Turc. 82,12. Weitere Quod.(17). 3. Nürnberg als Nachrichtenzentrum nördlich der Alpen · 337 berichteten, ebenso wie Nachrichten aus Ungarn und Böhmen.429 Die in dem Druck ge- sammelten ‚Neuen Zeitungen‘ deckten so die beiden wichtigsten Informationsachsen zur osmanischen Expansion ab. Das Wissen um die besonders gute Informiertheit der Nürnberger und ihre Glaub- würdigkeit als Vermittler sowie um die hohe Aktualität der in der Reichsstadt verfüg- baren Neuigkeiten veranlasste Personen und Herrschaftsträger im Reich immer wieder dazu, auch direkt wegen Auskünften in Nürnberg anzufragen. So trat Lukas Straub 1528 aus Leipzig mit der Bitte an Pirckheimer heran, ihn über nicht weiter spezifizierte „neue zeytung […] auß Welschlandt“ zu benachrichtigen.430 Während Friedrich von Sachsen Anton Tucher um Aufklärung bezüglich der widersprüchlichen Nachrichten über die Belagerung von Rhodos bat, wandten sich andere Interessenten an das Stadtregiment, um Informationen über die Lage in Italien zu erhalten. So bat der Bischof von Eichstätt den Nürnberger Rat um Meldungen über den Romzug, die das Gremium ihm gemeinsam mit dem Bericht über ein geplantes anti-venezianisches Bündnis Maximilians mit dem Papst und eine Einigung mit Frankreich zukommen ließ.431 Die selbständige Berichterstattung wie die Bereitstellung erbetener Informationen trugen über deren reine Verbreitung hinaus zur Aufrechterhaltung und Stabilisierung der persönlichen und politischen Beziehungen zwischen den Korrespondenzpartnern bei.432 Anton Tucher erwähnte ausdrücklich, dass er dem sächsischen Kurfürsten das „verzaichnus neuer gezeittungen, wie die verschiner tag von Venedig gein Nurmberg gelangt sein“ schicke, um seine „dinstperkait und wolgefallen ganntz berait unnd willig“ auszudrücken. Im Gegenzug sicherte Friedrich ihm sein besonderes Wohlwollen zu.433 Durch die Möglichkeit, Informationen zur Verfügung zu stellen, wurde folglich die Posi- tion des Nachrichtenvermittlers innerhalb des Kommunikationsverhältnisses beeinflusst. Informationen mit hohem Neuigkeitswert, die sonst unbekannt oder gar geheim waren, hatten einen besonders hohen Wert. Die Glaubwürdigkeit der Vermittler und ihrer In- formationen erhöhte ihr Ansehen und damit ihr soziales und gegebenenfalls auch poli-

429 Warhafftige zeytung das der Großmeister von 431 Nürnberger Rat an G. v. Eichstätt (1507 Okt. 17), Rodiß durch seinen Capitanio Saluiaten und Kay- StAN, BB (Rep. 61a), Nr. 60, fol. 84v–85v, 85v. serlicher Maiestat Haubtman Andre de Doria die 432 Vgl. hierzu: Dauser, Informationskultur, S. 49. Stat Modona […] abgewunnen hat, Nürnberg: 433 „Daran thut ir unns zugefallenn. Dan euch gnedi- Jobst Gutknecht 1531 (VD 16 W 591); Exemplar: genn willenn zuertzeigen sindt wir geneigt.“ F. v. BSB, Res/4 Turc. 81,37. Ein weiteres Exemplar be- Sachsen aus Lochau an A. Tucher (1523 Mär. 5), in: findet sich in Würzburg: UBW, 11an Techn. q.2. Zu Westphal (Hg.), Korrespondenz, Nr. 413, S. 580– den Ereignissen auch: Marino Sanuto, I Diarii di 581, S. 580 (= StadtAN, E 29/IV-685). Sowie: A. Marino Sanuto 54, hg. v. Guglielmo Berchet u. a., Tucher aus Nürnberg an F. v. Sachsen (1509 Mai Venedig 1899, Sp. 603–607. 14), in: Westphal (Hg.), Korrespondenz, Nr. 133, 430 L. Straub aus Leipzig an W. Pirckheimer (1528 S. 349–350, S. 350 (= StAN, BB [Rep. 61a], Nr. 64, Dez. 20), in: Pirckheimer Briefwechsel 7, Nr. 1200, fol. 4r–5r). S. 138–139, S. 139. 338 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg tisches Kapital noch.434 Dass gerade aus Venedig besonders zuverlässige Informationen zu bekommen waren, stärkte die Position der Nürnberger daher ebenso wie die intensive kaufmännische Vernetzung mit ihren ausgeprägten Kommunikationsstrukturen, über die man in die unterschiedlichen Richtungen Höchstzeiten bei der Nachrichtenvermitt- lung erzielen konnte. Die Gegenseitigkeit der Informationsvermittlung festigte die Beziehung der Korre- spondenzpartner.435 Der Dank von Hieronymus Imhoff an Paulus I. Behaim in seinem Brief vom 11. Mai 1536 für die ihm in einem Schreiben vom 23. April zugesandten Neu- igkeiten aus dem Norden verdeutlicht, wie ausgeprägt der Nachrichtenaustausch zwi- schen den Nürnbergern in Venedig und ihren Briefpartnern in der Vaterstadt in beide Richtungen war.436 1544 zeigte Imhoff sich erfreut, dass Linhart Tucher ihm „Newe[…] Zeittung[en]“ zugesandt hatte, musste aber selbst den Mangel an Neuigkeiten eingeste- hen.437 Ein Jahr später hatte er mehr zu vermelden. Tucher bedankte sich bei ihm für Nachrichten aus Adrianopel und schickte selbst Informationen über die Entwicklungen im Norden nach Venedig. Dabei beklagte er, dass die chaotischen Zustände im Reich dazu führten, dass man „des turcken werden vergessen […] der doch unsser groster feindt ist“.438 So wurde der Fondaco, wie Sanudo wiederholt erwähnte, auch für die Se- renissima zu einem wichtigen Ort der Versorgung mit politischen Nachrichten aus dem Norden und Osten.439 Ebenso wurden auch geschäftliche Informationen gegenseitig aus- getauscht.440 Im besonderen Maße waren jedoch persönliche Neuigkeiten für die Nürn- berger in Venedig von Interesse. Wie Imhoff, der Behaim drängte, ihn „was sich doch mitt allen verlaufftt, [...] zu zeitten wissen zu lossen“, baten sie immer wieder um Mittei- lungen über Verwandte und Freunde in Nürnberg.441 Neben dem tatsächlichen Interesse an deren Wohlbefinden, von dem auszugehen ist, festigte der Erhalt von persönlichen

434 Zur Bedeutung von ‚Beziehungsarbeit’ im Sinne 437 H. Imhoff aus Venedig an L. Tucher (1544 Jan. 15), Bourdieus für den Erhalt von sozialem Kapital StadtAN, E 29/IV-1138. und der Anwendbarkeit dieses Erklärungsansatzes 438 Er selbst berichtete u. a. über den Reichstag und im Kontext der Nachrichtenvermittlung: Dauser, die Ereignisse um den Kurfürsten von Köln: „waß Informationskultur, S. 47. Vgl. hierzu auch: Hei- nun auff dissen reichstag soll ausgericht wernn, mann, Briefwesen, S. 15. Mauelshagen unterstrich, das kann noch niemandt urttailn“ L. Tucher aus dass die Nachrichtenübermittlung auch der Inklu- Nürnberg an H. Imhoff in Venedig (1545 Mär. 26), sion und Integration in Netzwerke diente: Mauels- StadtAN, E 29/IV-390. hagen, Netzwerke, S. 424. 439 Vgl. hierzu Kap. III.3.2.3. 435 Dies betonte auch: Mauelshagen, Netzwerke, 440 Vgl. die Briefe Paul Enzpergers an Hans und Veit S. 409. Imhoff in Venedig: GNM, IA Teil 1, Fasc. 8, Nr. 31l, 436 H. Imhoff aus Venedig an P. Behaim (1536 Mai 11), Fasc. 20, Nr. 2a u. Fasc. 21, Nr. 7a u. b; sowie: GNM, BA, Nr. 29a. Auch Dürer verwies immer Kap. III.3.2.2. wieder auf Nachrichten, die er aus Nürnberg erhal- 441 H. Imhoff aus Venedig an P. Behaim (1537 Mai 17), ten habe, wie z. B. über die Hochzeit Stefan Paum- GNM, BA, Nr. 29a. Eine Bitte um persönliche In- gartners: A. Dürer aus Venedig an W. Pirckheimer formationen aus Nürnberg äußerte er auch im De- (1506 Sep. 8), in: Pirckheimer Briefwechsel 1, zember des Vorjahrs: (1536 Dez. 15), ebd. Nr. 122, S. 415–422, S. 416. 3. Nürnberg als Nachrichtenzentrum nördlich der Alpen · 339

Informationen aus dem Norden die eigene Bindung an den Herkunftsort und die dorti- gen Personen. Die Nürnberger in Venedig blieben integriert in die kommunikativen und damit sozialen Beziehungen mit und in der Vaterstadt.

3.5 Nürnberg als Nachrichtenzentrum nördlich der Alpen – Resümee

Die Beziehungen zwischen Nürnberg und Venedig waren für beide Städte ein wichti- ger Informationsfaktor. Die Wechselseitigkeit des Nachrichtenaustausches zeigte sich dabei nicht nur auf zwischenstädtischer Ebene, sondern auch innerhalb der persönli- chen Informationsbeziehungen unter einzelnen Personen. Immer wieder wurde von den Absendern betont, dass die Informationsvermittlung aus persönlicher oder politischer Verbundenheit erfolgte. Über den Inhalt und die Vermittlung selbst hinaus waren die Aktualität und Exklusivität der Meldungen von Bedeutung für ihren Wert und damit gleichzeitig ausschlaggebend für die Güte der Kommunikationsbeziehung ebenso wie für die Position der Partizipienten innerhalb des sich über den Austausch konstituierenden sozialen und politischen Gefüges. Die Zuverlässigkeit der Übermittler, die sich in ihrer klaren Differenzierung zwischen Fakten und Gerüchten äußern konnte oder sich an ihrer Reputation bemessen ließ und die auch den Berichten selbst Glaubwürdigkeit verlieh, war ein wichtiges Kriterium. Gerade im Bereich des Nachrichtenaustausches trug die Kommunikation über persönliche, wirtschaftliche und politische Neuigkeiten zur „Kon- stituierung“ ebenso wie zur „Stabilisierung“ 442 der Beziehungen bei. Die Einbindung in die auch durch den Austausch von Neuigkeiten gefestigten Netz- werke, die sich zwischen Nürnberg und Venedig herausbildeten, erleichterte ebenso wie die Integration in die verschiedenartigen Verflechtungen in beiden Städten selbst den Informationsfluss in den Norden und die dortige Verbreitung der Meldungen. Vor allem die Integration in die kaufmännischen Kommunikationsstrukturen unterstützte die Regelmäßigkeit und die Aktualität der Meldungen. Immer wieder wurde explizit auf Kaufleute als Informanten verwiesen. Sie waren Vermittler von Nachrichten über die Liga von Cambrai, die folgenden Entwicklungen in Italien, die Eroberung von Rhodos oder die vielen anderen Neuigkeiten über das Vorrücken der Osmanen nach Westen. Durch die enge Verknüpfung des Nürnberger Stadtregiments mit der reichsstädtischen Kaufmannschaft wurden auch der Rat der Stadt und seine Ratsherren kontinuierlich mit Informationen aus Venedig versorgt. Wie bei der Übermittlung von Neuigkeiten aus dem Reich nach Süden spielte der Fondaco dei Tedeschi durch die dort zusammenlaufenden Nachrichtenstränge und die sich dort institutionalisierenden Kommunikationsnetzwerke und -strukturen auch in die entgegengesetzte Richtung eine zentrale Rolle für die Dis- tribution der unterschiedlichen Informationen. Gleichzeitig fungierten das Handelshaus

442 Depkat, Kommunikationsgeschichte, S. 27. 340 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg am Rialto und die Stadt Venedig als Verteilerstation von Nürnberger Korrespondenzen in Italien. Beide Städte wurden durch den gegenseitigen Austausch zu strukturellen „Drehscheibe[n]“ 443 in Europa. Die Bedeutung Venedigs als Nachrichten- und Kommunikationszentrum beeinflusste überdies die Wertschätzung, die man den aus der Stadt stammenden Mitteilungen im Nor- den beimaß. Dabei konnte es sich um persönliche, wirtschaftliche und kulturelle Informa- tionen handeln, wobei deren Vermittlung oftmals spezifische Funktionen hatte. Während Nachrichten über das eigene Wohlbefinden und Meldungen über andere, dem näheren sozialen Umfeld entstammende Personen die Aufrechterhaltung sozialer Beziehungen för- derten, dienten wirtschaftliche Neuigkeiten hauptsächlich geschäftlichen Interessen. Sie stellten bis auf wenige Ausnahmen im 15. Jahrhundert den Schwerpunkt der Berichterstat- tung dar. Daneben informierten die Nürnberger ab der Jahrhundertwende gehäuft auch über Ereignisse in Venedig, die Gemütslage der Venezianer und deren Aktivitäten, die den Nürnbergern oftmals als Spiegel aktueller politischer Entwicklungen dienten. Immer stärker rückten im frühen 16. Jahrhundert Meldungen über politische Ereig- nisse, ‚Neue Zeitungen‘, in den Mittelpunkt des Nachrichtenaustausches. Es konnte sich hier um belegbare Ereignisse oder Gerüchte und unbewiesenes „Gerede“ handeln. Be- sonderes Interesse hatten die Nürnberger an der politischen und militärischen Situation in Italien, das sich nach dem Einfall Ludwigs XII. von Frankreich in einen zentralen Konfliktpunkt des Kontinents verwandelt hatte. Die Aufmerksamkeit, die der Ausein- andersetzung der Liga von Cambrai mit Venedig von den Nürnbergern in der Serenis- sima wie auch denjenigen im Norden entgegengebracht wurde, beruhte nicht nur auf der ambivalenten Stellung, in der sich die Reichsstadt in Anbetracht ihrer politischen und wirtschaftlichen Interessen befand. Auch aufgrund ihrer geographischen Nähe zum Geschehen waren die Nürnberger in Venedig regelrecht prädestiniert für die Verbreitung einschlägiger Informationen. Mit der für den Westen immer bedrohlicher werdenden Expansion der Osmanen stieg das Interesse an entsprechenden Neuigkeiten. Sie wurden zum wichtigsten politischen Thema der Nachrichtenvermittlung in die Reichsstadt und der von dort erfolgenden Weiterleitung der Berichte im Norden. Bereits die Eroberung Modons 1500 hatte die Aufmerksamkeit der Nürnberger geweckt. Der Kampf um die Insel Rhodos 1522 führte zu einer besonders intensiven Auseinandersetzung mit dem osmanischen Vorrücken. Auch in der Folge trafen aus Venedig immer wieder Berichte über die Osmanen im Mittelmeerraum in Nürnberg ein und wurden von dort verbreitet. Noch in den 1540er Jahren kam der Verbindung Venedig-Nürnberg große Bedeutung für die Berichterstattung über die Türken zu.444 Besonders wichtig war in diesem Zusam- menhang die Nachrichtenachse von Konstantinopel über Venedig nach Nürnberg. Die

443 Märtl spricht in diesem Kontext von Nürnberg als 444 H. Imhoff aus Venedig an L. Tucher (1545 Feb. 11) „Drehscheibe zwischen Nordeuropa und Italien“: u. (1544 Dez. 11), StadtAN, E 29/IV, Nr. 1139–1140. Märtl, Johann Lochner, S. 103. Zu ‚Neuen Zeitungen‘ aus Venedig auch: L. Tucher 3. Nürnberg als Nachrichtenzentrum nördlich der Alpen · 341

Position Venedigs als „Informationszentrale“ (H. Kissling) über die Geschehnisse in der Levante war dabei entscheidend für die bedeutende Distributionsfunktion auch der frän- kischen Reichsstadt. Gleichzeitig wurde sie jedoch aus dem Osten mit Nachrichten über das Vordringen der Osmanen nach Europa auf dem Landweg versorgt. Diese wurden von Nürnberg aus ebenfalls an andere Orte, unter anderem nach Venedig, weitervermittelt. Durch die beiden Informationsachsen wurde Nürnberg zum europäischen Knotenpunkt für Nachrichten über die Osmanen und verfestigte seine sich seit dem 14. Jahrhundert herausbildende Zentrumsfunktion für die Nachrichtenverbreitung nördlich der Alpen. Die Meldungen aus Italien blieben weiterhin relevant.445 Über den Zusammenfluss der Informationen in der Stadt hinaus war die regelmäßige Weitervermittlung von Neuigkeiten durch den Rat, vor allem aber durch Einzelpersonen an Freunde, Verwandte, Geschäftspartner, andere Städte und Herrscher ausschlaggebend für Nürnbergs Stellung als Nachrichtenzentrum. Sie konnte auf unterschiedlichen Ebenen ablaufen. In den meisten Fällen ist ein direkter Kontakt zwischen den Briefpartnern nach- vollziehbar. Durch die Drucke der eintreffenden Nachrichten in Nürnberg kam es zu einer breiten Diffusion der Neuigkeiten vor allem über die Osmanen. Wie im Briefwechsel zwi- schen Sebald Schreyer und Konrad Celtis konnten sich beide Ebenen durch die Beifügung eines Drucks zu einem Brief überschneiden. Überschneidungen lassen sich auch in der sozialen Ausrichtung der Nachrichtenverteilung erkennen. Anton Tucher korrespondierte mit Friedrich dem Weisen sowohl in seiner Funktion als Mitglied des Nürnberger Stadtre- giments als zunehmend auch aus persönlicher Verbundenheit. Der Ratskonsulent Chris- toph II. Scheurl berichtete seinen Briefpartnern ebenso meist aus zweifacher Perspektive. Gerade Scheurl und Tucher stachen bei der Weitervermittlung der ‚Neuen Zeitungen‘ be- sonders hervor. Wurden die Nachrichten selbst in erster Linie durch Kaufleute und über kaufmännische Strukturen aus Venedig berichtet, erfolgte die Diffusion von Nürnberg aus oftmals über Personenkreise, die selbst nicht dem kaufmännischen Berufsfeld angehörten, auch wenn sie über ihre familiären Beziehungen eng mit der Kaufmannschaft verknüpft waren. Je größer der Informationsradius wurde, umso breiter wurden auch die Rezeption der Inhalte und ihre Trägerschaft. So entwickelten sich aus den anfänglich vor allem kauf- männischen Nachrichtennetzwerken zwischen Venedig und Nürnberg überberufliche und geographisch weit ausgreifende „Wissensnetzwerke“446, in denen die übermittelten Informationen zu einer Vermehrung des Wissens447 beitrugen.

aus Nürnberg an H. Imhoff in Venedig (1545 Jan. 9) kaufmännischer Unternehmungen, in denen zu u. (1545 Mär. 26), ebd., Nr. 281 u. Nr. 390. einer bestimmten Zeit aktuelles kaufmännisches 445 Bei deren Vermittlung hatte die Stadt noch Ende Wissen weitergegeben wurde“: Denzel, „Wissens- des 16. Jahrhunderts, trotz zunehmender Konkur- management“, S. 75. renz durch Augsburg, eine führende Stellung im 447 Dauser bezeichnete dies als „Wissenserweiterung“. Norden inne: Gömmel, Vermittlerrolle Nürnbergs, Bei Wissen handle es sich um den „Inhalt eines S. 45; Werner, Nachrichtenwesen, S. 28. Kommunikationsprozesses“: Dauser, Informati- 446 Bei „Wissensnetzwerke“ handelte es sich um onskultur, S. 50. „Netzwerk[e] zwischen Kaufleuten und innerhalb 342 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg

Insbesondere bei der Familie Tucher zeigte sich im frühen 16. Jahrhundert die in- nerfamiliäre Aufteilung des Nachrichtentransfers. Die Neuigkeiten wurden in der Regel durch kaufmännische Informanten aus Venedig an Linhart Tucher, der die Handelsge- schäfte der Familie betrieb, nach Nürnberg geschickt. Über seinen Vater, den Ratsherrn und ab 1508 Vordersten Losunger Anton II. Tucher, gelangten sie wohl in den Rat. Anton leitete sie in seiner politischen Funktion oder im persönlichen Austausch weiter. Seine Position erleichterte es ihm, mit wichtigen Persönlichkeiten im Reich nördlich der Alpen in Kontakt zu treten. Die Tucher waren über die eigenen Verwandten ebenso wie über befreundete Kaufleute eng in die kaufmännischen Austauschstrukturen der Reichsstadt eingebunden. Vater und Sohn scheinen das Zentrum eines sehr ausgeprägten Kommu- nikationsnetzwerks gewesen zu sein, über das sie aus Venedig Nachrichten empfingen, die sie dann in andere Regionen des Reichs weiterleiteten. Für andere Familien sind ähnlich ausgeprägte Kommunikationsnetze anzunehmen. Die fehlenden Quellen sind wohl in erster Linie der Überlieferungssituation geschuldet und lassen nicht darauf schließen, dass die wichtigen und auch politisch einflussreichen Nürnberger Venedig-Familien nicht ebenfalls einen intensiven Nachrichtenaustausch betrieben. Aufgrund des großen Handelsradius’ ihrer Gesellschaften lässt sich für be- stimmte Geschlechter eine besondere Bedeutung annehmen. Über ihre Kommunikati- onsstrukturen liefen die Neuigkeiten zusammen und wurden wohl auch zwischen den einzelnen Handelsplätzen direkt vermittelt. Wahrscheinlich besaßen manche Familien ein regelrechtes Nachrichtenmonopol. Als häufigste Übermittler von Informationen aus Venedig kristallisierten sich die Mitglieder der Imhoff’schen Handelsgesellschaft heraus, die zudem Kontakte zu Korrespondenzpartnern aus verschiedenen Nürnberger Patri- zierfamilien unterhielten. Ab dem frühen 16. Jahrhundert waren sie selbst politisch zu- nehmend etabliert. Darüber hinaus wurden ihre Boten besonders häufig von anderen Personen für die Beförderung von Schreiben genutzt. Dass keine Briefe an eigene Fami- lien- oder Gesellschaftsmitglieder erhalten sind, ist, wohl vor allem im Fall der Imhoff, der Überlieferung zuzuschreiben. Im Bereich der Türkennachrichten traten hingegen die Hirschvogel besonders oft in Erscheinung. Hans Geuder berichtete Willibald Pirckhei- mer über ‚Neue Zeitungen‘ aus Venedig, die er selbst von Endres Hirschvogel empfangen hätte. Als der Nürnberger Rat es aufgrund des unsicheren Kenntnisstands über die Lage in Rhodos 1522 für notwendig erachtete, Informationen aus der Serenissima einholen zu lassen, nannte man stellvertretend für die mit der Aufgabe betrauten Kaufleute die Hirschvogel.448 Während für die Imhoff und Hirschvogel vor allem Aktivitäten bei der Übersendung von Nachrichten aus Venedig nach Nürnberg nachweisbar sind, agierten andere, wie die Tucher, auf beiden Seiten des Informationsaustausches, wobei den Fa- milienmitgliedern unterschiedliche Aufgaben bei der Übermittlung zukamen. Bei der

448 (1522 Dez. 12), StAN, RV (Rep. 60a), Nr. 684, mer (1529 Okt. 20), in: Pirckheimer Briefwechsel 7, fol. 8r. H. Geuder aus Nürnberg an W. Pirckhei- Nr. 1249, S. 256–257. 4. Büchertransfer zwischen Venedig und Nürnberg · 343

Weiterverbreitung von Nürnberg aus traten einzelne Personen, wie Anton II. Tucher oder Christoph II. Scheurl, in den Vordergrund. Die Träger des Austausches entstammten so meist dem gleichen sozialen Kontext, jedoch verschiedene beruflichen Feldern, die entsprechend ihre Position in der Vermittlungsabfolge bestimmten. Während Kaufleute in den häufigsten Fällen als Vermittler agierten, traten als Empfänger oftmals Mitglieder des Stadtregiments und Gelehrte auf. Gerade in humanistischen Korrespondenzen lässt sich ein großes Interesse an den ‚Neuen Zeitungen‘ aus Venedig ausmachen, das Informationen über die Entwicklungen auf der Apenninhalbinsel selbst, vor allem aber Neuigkeiten über die Osmanen betraf. Immer wieder fanden sich entsprechende Nachrichten sowohl in Briefen zwischen Ve- nedig und Nürnberg, wie bei Willibald Pirckheimer und Baptista Egnatius, als auch in gelehrten Briefwechseln zwischen den Humanisten im Norden. Die Berichte wurden von den Nürnberger Gelehrten überdies gesammelt. Besonders großes Interesse an den ‚Neuen Zeitungen‘ über die Türken und an deren Verbreitung durch den Druck zeigte Christoph II. Scheurl.449 Auch im Nachlass Pirckheimers finden sich mehrere Abschrif- ten von Briefen aus der Levante, die über das osmanische Vordringen Auskunft gaben. Die Sammlung von Nachrichten und die Aufmerksamkeit gegenüber den Entwicklun- gen im Osten entstammten dabei nicht allein der Furcht vor den Osmanen. Hinzukam ein historisch-ethnographisches Interesse an den Völkern des Ostens, das sich im Zuge des Kontakts und im Kontext der zunehmenden Beschäftigung mit den humanistischen Studien auch unter den Nürnberger Gelehrten verbreitete. Es fand seinen Ausdruck im Druck von Texten wie der Geschicht von der Turckey des Jörg von Nürnberg in der frän- kischen Reichsstadt ebenso wie in Bestellungen, die die Kaufleute im Fondaco von ihren Freunden und Verwandten erhielten.450 Auch für entsprechende Bücher diente Venedig als wichtiger Bezugsort.

4. Büchertransfer zwischen Venedig und Nürnberg und ­Humanismusdiffusion nördlich der Alpen

4.1 Humanismus und Buchdruck in Nürnberg und Venedig: Strukturen und Voraussetzungen

Am 26. Dezember 1506 übersandte der mehrere Jahre in Venedig tätige und gerade in Padua weilende Nürnberger Dominikanermönch Johannes Cuno Willibald Pirckheimer eine Liste griechischer Handschriften, die in Venedig auf „Pergament und Papier“ zu

449 Laut Fuchs war Scheurl ein „eifriger Sammler der 450 H. Imhoff aus Venedig an W. Pirckheimer (1518 ‚Neuen Zeitungen‘„: Fuchs, Art. Scheurl, Chris- Nov. 14), in: Pirckheimer Briefwechsel 3, Nr. 564, toph (II.), Sp. 868. Auflistung der von ihm heraus- S. 429–431, S. 429–430. gegebenen ‚Neuen Zeitungen‘: ebd., Sp. 868–871. 344 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg kaufen seien, unter ihnen eine Ausgabe der Reden des Gregor von Nazianz für vier Du- katen.451 Diese Nachricht wird Pirckheimers Gefallen gefunden haben. Noch kurze Zeit zuvor hatte Albrecht Dürer ihm berichtet, dass in Venedig unlängst keine griechischen Ausgaben auf den Markt gekommen seien. Der Maler habe bei einem Buchdrucker nach- gefragt, dieser habe aber „nix Krichisch“ gewusst. Dürer versicherte, falls er etwas Neues erfahre, würde er den Humanisten jedoch umgehend informieren.452 Ein entsprechender Bericht blieb aus, wohl auch, weil Aldus Manutius, der bedeutende venezianische Dru- cker griechischer Originaltexte, zeitweilig seine Tätigkeit eingestellt hatte. Cuno selbst, der durch seinen Aufenthalt in Italien und seine intensiven Studien zu einem wichtigen Vertreter des griechischen Humanismus nördlich der Alpen wurde453, war wohl schon 1499 in Kontakt zu Aldus getreten, ist aber erst 1507 in Venedig und dem dortigen Umfeld des Druckers belegbar. Möglicherweise hatte der Dominikaner be- reits in den 1490er Jahren unter der Anleitung von Johann Pirckheimer mit seinen Grie- chisch-Studien begonnen. Erste Hinweise auf den Besitz griechischer Texte aus Venedig finden sich für 1501.454 Die Verbesserung seiner Kenntnisse von Sprache und Texten war Grund für seinen Aufbruch nach Italien und Venedig. Hier fand er in Aldus einen versierten Griechisch-Lehrer. Dass Cuno für den Drucker in dessen Offizin tatsächlich tätig war, hält Sicherl zwar für fraglich, da der Dominikaner zumindest zu Beginn seines Aufenthalts in Italien noch nicht über ausreichende Kenntnisse des Griechischen ver- fügt habe.455 Die Tatsache, dass sich in seinem Nachlass die verbesserten Druckvorlagen beispielsweise zum aldinischen Aristoteles-Druck von 1495 bis 1498 oder der Euripides- Aldina von 1503 erhalten haben, die von Cuno intensiv studiert und teilweise hand- schriftlich revidiert wurden, lässt jedoch zumindest eine besondere Nähe zu Aldus und dem Zirkel um ihn vermuten.456 Ferner unterhielt er weitere gelehrte Kontakte in der

451 „Aliud quoque novitatis huic subiicere volui, libros 454 Zu Herkunft und Selbstbezeichnung als Nürn- quosdam graece scriptos et membranis et papiro berger: Sicherl, Johannes Cuno, S. 34. Zu Johann Venetiis haberi venales, videlicet Gregorium Nazi- Pirckheimer als seinem Lehrer und Cunos Besitz anzenum in membrana pro 4 duc[atis], Chrysos- griechischer Texte: ebd., S. 37. Zu den Kontakten tomum in membrana pro 4 duc., Basilium pro 3 zu Aldus und den ersten Jahren seiner Italienreise: duc., Bibliae quosdam libros pro 4 duc., Librum ebd., S. 45. legum [Platonis?] pro 5 duc.“ J. Cuno aus Padua 455 Sicherl, Johannes Cuno, S. 49. Zu Aldus als, laut an W. Pirckheimer (1506 Dez. 26), in: Pirckheimer Cuno, erstem wirklichen Griechisch-Lehrer: ebd., Briefwechsel 1, Nr. 139, S. 456–458, S. 457. S. 47. 452 A. Dürer aus Venedig an W. Pirckheimer (1506 456 Er besaß auch die Druckvorlage der aldinischen Aug. 18), in: Pirckheimer Briefwechsel 1, Nr. 118, Musaeus-Ausgabe von ca. 1495: Sicherl, Johan- S. 385–390, S. 387. Auch im Oktober 1506 hatte nes Cuno, S. 78–79. Zu den Ausgaben: Aristote- Dürer noch keine Informationen über griechische les, Opera, Venedig: Aldus Manutius 1495–1498 Drucke (1506 Okt. 13) in: ebd., Nr. 129, S. 438– (GW 2334; ISTC ia00959000; Renouard 7.5, 10.1, 444, S. 440. 11.2, 11.3, 16.1). Euripides, Tragoediae septende- 453 Martin Sicherl, Nürnberg und der griechische cim, Venedig: Aldus Manutius 1503 (Renouard, Humanismus in Deutschland, in: Jahres- und Ta- 43.10). Musaeus, De Herone et Leandro, Vene- gungsbericht der Görresgesellschaft 1971 (1972), dig: Aldus Manutius ca. 1495 (GW M25737; ISTC S. 33–51, S. 42. im00880000; Renouard 257.3). Die Angaben zu 4. Büchertransfer zwischen Venedig und Nürnberg · 345

Lagunenstadt, vor allem zu Vertrauten des Michael Apostolis. Der Zugang zu den grie- chischen Gelehrtenkreisen der Serenissima förderte seine Griechisch-Studien und den Erwerb entsprechender Texte.457 Trotz der engen Verbindungen Cunos in das Umfeld des griechischen Humanismus in Venedig entschied sich der Nürnberger aus dem Wunsch heraus, seine Kenntnisse zu verbessern, nach Padua zu gehen, wie er an Pirckheimer schrieb. Möglicherweise stand der Weggang aus Venedig auch im Zusammenhang mit der zeitweiligen Schließung der aldinischen Offizin. In der Universitätsstadt lehrte der ihm bereits aus Venedig bekannte Markos Musuros.458 Die humanistischen Kreise in der Serenissima und das Paduaner studium waren eng verknüpft. Als der Krieg gegen die Liga von Cambrai die Universität gefährdete und letztlich auch zu ihrer zeitweiligen Schließung führte, verließ Cuno – ebenso wie sein Lehrer – die Stadt.459 Bereits vor dem Dominikanermönch hatten immer wieder Studenten aus der fränki- schen Reichsstadt, unter ihnen Hartmann Schedel, Thomas und Willibald Pirckheimer oder Sixtus Tucher, ihren Weg an die Universität in Padua gefunden. Sie stellte für die Nürnberger einen der wichtigsten Anlaufpunkte unter den italienischen Hochschulen dar, an denen sie neben ihrem oftmals vorrangigen Studium der Rechte oder der Medizin auch mit den neuen Strömungen der studia humanitatis in Berührung kamen. Zuneh- mend brachen sie wegen der humanistischen Studien in den Süden auf.460 Bei deren

Renouard erfolgen unter Anführung der Seiten- chischen Handschriften Cunos lässt sich jedoch zahl und der dort vermerkten Nummer des Drucks nicht nachweisen, ob die Abschriften in Venedig nach dem Punkt: Antoine Augustin Renouard, oder Padua entstanden: ebd., S. 78. Annali delle edizioni aldine. Con notizie sulla fa- 458 Möglicherweise sah Cuno in ihm den bereits zu- miglia dei giunta e repertorio delle loro edizioni vor gesuchten „ausreichenden Lehrer“: „praecep- fino al 1440, (ND Ausgabe Paris ³1834), Bologna torem […] sufficientem.“ J. Cuno aus Venedig an 1953. Die Ausgaben befanden sich alle auch in W. Pirckheimer (1505 Dez. 21), in: Pirckheimer der Bibliothek Pirckheimers: Emile Offenbacher, Briefwechsel 1, Nr. 86, S. 280–288, S. 282. Vgl. La Bibliothèque de Wilibald Pirckheimer, in: La hierzu auch Sicherl, der ohne weitere Belege mit Bibliofilia 40 (1938), S. 241–263, S. 253 u. S. 254. Sicherheit von Musuros als „praeceptor“ ausgeht: Zur 1500 von Manutius gegründeten Aldinischen Sicherl, Johannes Cuno, S. 90. Neben der Schlie- Akademie: Horatio F. Brown, The Venetian Prin- ßung der Offizin von Aldus hält Sicherl auch das ting Press 1469–1800. An Historical Study Based sich verschlechternde Verhältnis zu Manutius als upon Documents for the Most Part Hitherto Un- Grund für den Aufbruch aus Venedig für möglich. published, (ND Ausgabe London 1891), Amster- Zum Wunsch Cunos, wegen der Griechisch-Studi- dam 1969, S. 44–45; Sicherl, Johannes Cuno, S. 49. en nach Padua zu gehen: J. Cuno aus Padua an W. Cuno revidierte die Texte in Padua: ebd., S. 80. Pirckheimer (1506 Dez. 26), in: Pirckheimer Brief- 457 Es können von Michael Apostolis verfasste Ma- wechsel 1, Nr. 139, S. 456–458, S. 457. nuskripte im Besitz Cunos nachgewiesen werden: 459 Wohin Cuno direkt im Anschluss ging, ist unklar. Sicherl, Johannes Cuno, S. 83. Belegt sind Kontak- 1510 ist er jedoch in Rom nachweisbar: Sicherl, te zum Sohn des Michael Apostolis, Aristobulos Johannes Cuno, S. 106–107. Zur Situation der Pa- Apostolides u. Schülern des Apostolis: ebd. Ein duaner Hochschule während des Krieges: Bauer, Schüler des Apostolides war der „Mitarbeiter des Universität Padua, S. 49. Der Begriff „studium“ als Aldus und Freund und Lehrer Cunos in Venedig“, Bezeichnung für Universität ist von demjenigen Ioannes Gregoropulos: ebd., S. 83. Es handelte des „Studiums“ als Tätigkeit zu unterscheiden. sich also um zwei unterschiedliche, sich allerdings 460 Zu den Nürnberger Studenten in Padua: Bauer, überschneidende Gelehrtenkreise. Bei vielen grie- Universität Padua. Ein Überblick zu einzelnen 346 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg

Vermittlung führte der direkteste Verbreitungsweg über die Kontakte der deutschen Stu- denten zu den italienischen Universitäten.461 Nürnberger, die in Italien studierten, hatten maßgeblichen Anteil an der Ausbreitung der Bildungsströmung in ihrer Stadt, in der der Humanismus nördlich der Alpen besonders früh rezipiert wurde und sich, spätestens seit den 1480er Jahren, zunehmend „fest etabliert[e]“. Getragen wurde sie zu großen Teilen von der reichsstädtischen Oberschicht.462 Ähnlich der kaufmännischen Ausbildung in Venedig entwickelten einige Familien regelrechte Traditionen des italienischen Studiums und des Interesses an den studia humanitatis. So hatten bereits Willibald Pirckheimers Großvater Hans, sein Vater Johann und sein Großonkel Thomas in Italien studiert, Bü- cher gesammelt und ihre Interessen und Kenntnisse tradiert. Dr. Johann Pirckheimer, der vermutlich auch bei Johannes Cuno entsprechende Vorlieben weckte, hatte wohl in Padua Kenntnisse des Griechischen erworben.463 Willibald, Hartmann Schedel und

Nürnbergern: ebd., S. 120 u. S. 122. Bauer betonte, Renaissance (1469–1523), (Ausstellungskataloge dass es sich bei dem Studium in Padua in der Regel der Herzog-August-Bibliothek 59), Weinheim u. a. um die erste, wenn nicht einzige Station in Italien 1989, S. 49. Maßgeblich waren in den 1480er Jah- handelte: Bauer, Universität Padua, S. 125. ren die Schedel-Vettern, Hans und Dr. Johann 461 Vgl. hierzu die Studien von Agostino Sottili, u. a.: Pirckheimer, Konrad Heinfogel, Johann Lochner Agostino Sottili, L’Università italiana e la diffusi- und Johannes Löffelholz: Bauer, Universität Padua, one dell’umanesimo nei Paesi Tedeschi, in: Hu- S. 245. Auch Regiomontanus und Konrad Celtis manistica Lovaniensia 20 (1971), 5–21; Ders., Die ließen sich kurzzeitig in Nürnberg nieder: Sicherl, humanistische Ausbildung deutscher Studenten Nürnberg und der griechische Humanismus, S. 38. an italienischen Universitäten im 15. Jahrhun- Zentrale Interessensgebiete der Nürnberger Hu- dert: Johannes Löffelholz und Rudolf Agricola in manisten waren Geographie, Kosmographie, His- Padua, Pavia und Ferrara, in: Ders., Humanismus toriographie, Städtebeschreibungen, Mathematik und Universitätsbesuch. Die Wirkung italienischer und christlicher Humanismus: Wuttke, Humanis- Universitäten auf die Studia Humanitatis nördlich mus in Nürnberg, S. 682. der Alpen, (Education and Society in the Midd- 463 Zu der Humanismus-Tradition der Pirckheimer le Ages and Renaissance 26), Leiden u. a. 2006, nach wie vor maßgeblich: Arnold Reimann, Die S. 211–297. älteren Pirckheimer. Geschichte eines Nürnber- 462 Um 1500 hatte sich der Humanismus in Nürnberg ger Patriziergeschlechts im Zeitalter des Früh- „bereits fest etabliert“: Bauer, Universität Padua, humanismus (bis 1501), Leipzig 1944. Zu Hans: S. 245. Zum Humanismus in Nürnberg und den Franz Fuchs, Hans Pirckheimer († 1492), Rats- sozialen Hintergründen: Berndt Hamm, Lazarus herr und Humanist, in: Die Pirckheimer. Huma- Spengler (1479–1534). Der Nürnberger Rats- nismus in einer Nürnberger Patrizierfamilie, hg. schreiber im Spannungsfeld von Humanismus v. dems. (Pirckheimer Jahrbuch 21), Wiesbaden und Reformation, Politik und Glaube, (Spätmit- 2006, S. 9–44. Zu Thomas: Georg Strack, Tho- telalter und Reformation. NR 25), Tübingen 2004, mas Pirckheimer (1418–1473). Gelehrter Rat und S. 1–72, v.a. S. 6–7, S. 22–25, S. 29–39; Ders., Hu- Frühhumanist, (Historische Studien 496), Husum manistische Ethik und reichsstädtische Ehrbarkeit 2010, S. 35–37. Generell auch: Sicherl, Nürnberg in Nürnberg, in: MVGN 76 (1989), S. 65–147, v.a. und der griechische Humanismus, S. 38. Auch bei S. 99–106. Erst in den 1480er Jahren erreichte der den Tucher studierten mehrere Familienmitglieder Nürnberger Humanismus eine breitere Basis: Ni- in Italien und gerade in Padua: Bauer, Universität klas Holzberg, Willibald Pirckheimer, S. 49; Dieter Padua, S. 101. Bereits die Büchersammlung Jo- Harlfinger u. Reinhard Barn (Hgg.), Graecogerma- hann Pirckheimers war außergewöhnlich umfas- nia. Griechischstudien deutscher Humanisten. Die send, gerade im Bereich zeitgenössischer Literatur: Editionstätigkeit der Griechen in der italienischen Holzberg, Willibald Pirckheimer, S. 87. Die Grie- 4. Büchertransfer zwischen Venedig und Nürnberg · 347

­Johannes Löffelholz widmeten sich ebenfalls sehr früh, und zumindest teilweise während ihrer Paduaner Studienzeit, dem Studium der griechischen Sprache und Texte.464 Trotz der intensiven Studien einzelner Gelehrter, allen voran Johannes Reuchlins, setzte ein breiteres Interesse an den griechischen Texte im Norden erst relativ spät ein.465 Als prob- lematisch erwies sich dabei lange Zeit vor allem der Mangel an Lehrern und Übungsma- terialien, die die am Griechischen Interessierten daher meist direkt aus Italien, vor allem Venedig, beziehen mussten.466 Das große und gerade bei den Nürnbergern sehr ausgeprägte Interesse am Paduaner studium gründete neben dem hohen Ansehen der dortigen Fächer auch auf der Nähe zu Venedig. Die Studenten konnten auf die etablierten institutionellen, kaufmännischen und sozialen Strukturen ihrer Landsleute zurückgreifen, die diese in der Stadt und zwischen Nürnberg und Venedig unterhielten. Dies war ihnen bereits für die Reise in den Süden von Nutzen. Während ihrer Studienzeit konnten sie auf diese Weise die kontinuierliche Kommunikation mit ihrer Vaterstadt aufrechterhalten und gleichzeitig ihre alltäglichen Bedürfnisse in anderen Bereichen, gerade bei der Versorgung mit Geld, decken.467 Wil- libald Pirckheimer bat seinen Vater mehrfach, für ihn Geld an seine Verwandten, wahr- scheinlich die Imhoff, zurückzuzahlen, das er laut eigener Aussage aufgrund der hohen Paduaner Preise in Venedig bei diesen hatte aufnehmen müssen.468 1464 ließ Hermann Schedel seinem Vetter Hartmann, der zu diesem Zeitpunkt in Padua studierte, aus Augs- burg medizinische Bücher über Venedig schicken. Dabei bediente er sich des Nürnberger Kaufmanns Konrad Stetpeck, der in Diensten der Gesellschaft des Augsburger Ulrich

chisch-Studien Dr. Johann Pirckheimers in Padua S. 327–334. Zu Johannes Löffelholz: ebd., Nr. 63, bei Demetrios Chalcondyles können nicht nachge- S. 432–439. Zu Pirckheimer: Pirckheimer, Vita, wiesen werden, sind aber anzunehmen, da er zum S. 141. selben Zeitpunkt in Padua weilte, in der Hartmann 465 Die ersten Lehrstühle für Griechisch wurden 1515 Schedel und Johannes Löffelholz bei dem Griechen in Leipzig und 1518 in Wittenberg gegründet. Bis studierten: ebd., S. 251. Über sein eigenes Studium 1526 folgten acht weitere, u. a. in Heidelberg, Tü- in Padua berichtete Willibald Pirckheimer in sei- bingen und Wien: Holzberg, Willibald Pirckhei- ner „Autobiographie“: Willibald Pirckheimer, Cl. mer, S. 84. Zu Reuchlin als einem der Vorreiter des Viri, D. Bilibaldi Pirckeymheri, Senatoris quondam griechischen Humanismus nördlich der Alpen: Si- Nurenbergensis, Vita, in: Wilibald Pirckheimers cherl, Nürnberg und der griechische Humanismus, Schweizerkrieg, hg. v. Karl Rück, München 1895, S. 36. S. 139–152, S. 141–142. 466 Zum Mangel an Materialien: Holzberg, Willibald 464 Bauer, Universität Padua, S. 251. Zum frühen grie- Pirckheimer, S. 85. chischen Humanismus auch: Sicherl, Nürnberg 467 Vgl. Bauer, Universität Padua, S. 83 u. S. 157. und der griechische Humanismus, S. 37; Harl- 468 W. Pirckheimer aus Padua an J. Pirckheimer (1491 finger u. Barn (Hg.), Graecogermania, S. 290. Zu Mai 4), in: Pirckheimer Briefwechsel 1, Nr. 1, Hartmann Schedel: Richard Stauber, Die Schedel- S. 1–12, S. 1. Reicke gibt an, dass es sich „wohl“ sche Bibliothek. Ein Beitrag zur Geschichte der um die Imhoff gehandelt habe: ebd., Anm. 9, S. 2. Ausbreitung der italienischen Renaissance, des Zu den hohen Preisen in Padua und einer Bitte um deutschen Humanismus und der medizinischen weitere 10 Dukaten, die wohl ebenfalls über die Literatur, (Studien und Darstellungen aus dem Imhoff aufgenommen worden waren und gezahlt Gebiete der Geschichte 4, 2. und 3. Heft), Freiburg werden mussten: (1491 Jul. 12), in: ebd., Nr. 2, 1908, S. 48–49; Bauer, Universität Padua, Nr. 20, S. 13–17, S. 13. 348 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg

Artzt stand.469 Gleichzeitig fand man bei den Landsleuten in der Lagunenstadt persön- lichen Anschluss. Der ebenfalls in Padua studierende Endres Kunhofer stand offenbar während des ganzen Aufenthalts Albrecht Dürers in Venedig mit diesem im Kontakt, bat ihn, sich um Unterstützung für seine Anliegen in Franken zu bemühen, und kam im Zuge einer schweren Krankheit selbst in die Serenissima.470 Bei Johannes Schedel, dem Bruder Hartmanns, brachen 1469 psychische Probleme in Venedig selbst aus, wo er sich bereits 1459 und 1461 bei seinem Verwandten, dem Nürnberger Kaufmann Lorenz Memminger, aufgehalten hatte. Möglicherweise absolvierte er dort zumindest in Ansät- zen eine kaufmännische Ausbildung, wie seine Notizen in der in Hartmanns Bibliothek überlieferten Aritmetica mercantile des Pietro Borghi nahelegen. Seine eigenen Aufzeich- nungen über seine Aufenthalte zeigen eine ausgeprägte Adaption des venezianischen Di- alekts. Zwischenzeitlich studierte er in Padua.471 Das Paduaner studium und Venedig, die Präsenz der Nürnberger in beiden Städten und die universitäre und kaufmännische Ausbildung der reichsstädtischen Oberschicht konnten also auch in einzelnen Personen eng miteinander verknüpft sein. Über die Vorteile der Anbindung an die Nürnberger in Venedig für das alltägliche Leben hinaus erwies sich die Nähe zur Lagunenstadt auch als Standortvorteil für den Erwerb und Transfer von Büchern, die für die Studenten in Padua ebenso wie für die Nürnberger im Norden relevant waren. Das ausgeprägte Interesse der an den studia hu- manitatis orientierten Nürnberger an den Neuerscheinungen und der Verfügbarkeit von Erzeugnissen der venezianischen Buchproduktion beruhte auf der besonderen Bedeu- tung Venedigs als europäischem Druckzentrum. Zwar war die Stadt nicht der erste Ort

469 „[…] emi hijs diebus certos libellos […] ut videbis, (Heiligenviten mit handschriftlichen Zusätzen Jo- quos tibi mittere curavi Venecias versus cuidam hannes Schedels) BSB, Cgm 409, fol. 305v. Hier- mercatori Conrado Stepeck de Nuremberga de so- zu auch: Bauer, Universität Padua, S. 462. Borghi, cietate Ulrici Arczet de Augusta“; Hermann Sche- Aritmetica mercantile, Exemplar: BSB, 4 Inc. c.a. del aus Augsburg an Hartmann (1464), in: Her- 824 u. Cgm 9520. Bauer attestierte Johannes zwar mann Schedels Briefwechsel, Nr. 55, S. 109–112, nur mathematisches Wissen. Der Beruf seines S. 111. Vaters Hermanns d. Ä., der Kaufmann war, lässt 470 „Item Endres ist hy, […] ist noch nit am schtercks- jedoch vermuten, dass sich auch Johannes zuerst ten, hatt mangell an gelt, wan sein lange kranck- in diesem Metier versuchte. Zum Ausbruch der heit vnd verschuld hat ims als gfressen.“ A. Dürer Krankheit bei Johannes in Venedig, während der aus Venedig an W. Pirckheimer (1506 Aug. 18), in: er offenbar bei einem Kaspar Haser wohnte: „Ca- Pirckheimer Briefwechsel 1, Nr. 118, S. 385–390, lamo depingere vitam statusque qualitatem, prout S. 387. Zur Bedeutung des persönlichen Anschlus- petitis, germani vestri, domini Johannis, quibusve ses generell: Bauer, Universität Padua, S. 125. morbis laboraverit, longum esset enarrare, quare 471 Zu Johannes Schedels Studium in Padua: Bauer, brevissime transcurram.“ bzw. „Veneciis quasi per Universität Padua, Nr. 71, S. 460–464. Zu sei- quindenam in habitacione mea fuit et penitus se nen Aufenthalten: „Item io Zuan Schedel anda- voluntati mee optemperavit.“ C. Haser aus Venedig va a Venesia quod ser Lorenczo Memminger e si an H. Schedel (1469 Jul. 29), in: Hermann Schedels rivassemo a Venesia adi 9 de mazo 1459 […] e si Briefwechsel, Nr. 82, S. 180–182, S. 180 u. S. 181. andessemo via a Venesia adi 13 del febrer 1461 e Hierzu auch: Bauer, Universität Padua, S. 463. Zur si venissimo a Nüremberg adi 26 del febrer 1461“ Bedeutung Memmingers: Kap. II.3.2.2. 4. Büchertransfer zwischen Venedig und Nürnberg · 349 in Italien, an dem sich die Erfindung Guttenbergs etablierte, diese erreichte dort jedoch ihren Höhepunkt.472 Hierfür waren die geographische Lage und die Position der Stadt als Handels- und Kommunikationszentrum ausschlaggebend. Die Blüte der Universität Padua und der dortigen juristischen, medizinischen und humanistischen Studien trug dazu bei, dass gerade in diesen Bereichen, allen voran bei den lateinischen und grie- chischen Klassikern, der venezianischen Produktion eine wichtige Bedeutung zukam.473 Entsprechend seiner Herkunft wurde das Gewerbe in Venedig anfangs von Druckern aus dem Reich nördlich der Alpen beherrscht.474 Für deren Ansiedlung spielte der Fon- daco als wirtschaftlicher, institutioneller und sozialer Anknüpfungspunkt eine zentrale Rolle. So ließen sich auch viele aus dem Norden stammende Drucker in geographischer Nähe zum Handelshaus nieder.475 Unter den deutschsprachigen Druckern stach aufgrund seiner zahlreichen stilistischen und technischen Neuerungen sowie seiner bedeutenden Produktion vor allem der aus Augsburg stammende Erhard Ratdolt hervor.476 Für seine Euklid-Ausgabe von 1482 arbeitete er kurzfristig mit dem Nürnberger Ulrich Kraftshofer zusammen.477 Trotz der großen Präsenz deutscher Drucker in der Serenissima und unge-

472 Zum venezianischen Buchdruck nach wie vor Simonsfeld, Fondaco 2, S. 287–288. Vlg. auch: grundlegend: Brown, Venetian Printing Press. Zur Roeck, Kulturtransfer, S. 13–15; Burke, Venice as Stellung Venedigs innerhalb der italienischen Ent- Center of Information, S. 400. wicklung: ebd., S. 50. Zum venezianischen Buch- 475 Vgl.: Brown, Venetian Printing Press, S. 28. Die druck und seiner Bedeutung zwischen 1469 u. ca. Drucker siedelten v.a. in Santi Apostoli, San Bar- 1500: Neri Pozza, L’Editoria Veneziana da Giovan- tolomeo, San Giovanni Crisostomo und San Pa- ni da Spira ad Aldo Manuzio. I Centri Editoriali ternian: Mariarosa Cortesi, Humanistische Bücher di Terraferma, in: Storia della Cultura Veneta, 3.2, im Transfer vom Veneto nach Deutschland, in: hg. v. Girolamo Arnaldi u. Gianfranco Folena, Vi- Venezianisch-deutsche Kulturbeziehungen in der cenza 1980, S. 215–244. Hier auch zur Entwick- Renaissance, hg. v. Klaus Arnold u. a. (Pirckheimer lung des venezianischen Buchdrucks als „sviluppo Jahrbuch 18), Wiesbaden 2003, S. 9–24, S. 17. più intenso che in altri centri non solo d’Italia ma 476 Ratdolt kam spätestens 1476 nach Venedig. Er d’Europa“, ebd., S. 215. Vgl. auch: Marino Zorzi, druckte viele Erstausgaben bzw. erstmals in Ve- Dal manoscritto al libro, in: Storia di Venezia 4: nedig gedruckte Bücher, u. a. das Calendarium Rinascimento. Politica e cultura, hg. v. Alberto des Regiomontanus: Christoph Reske, Erhard Tenenti u. Ugo Tucci, Rom 1996, S. 817–958. Ratdolts Wirken in Venedig und Augsburg, in: 473 Burke, Venice as Center of Information, S. 398. Venezianisch-deutsche Kulturbeziehungen in der Laut Burke wurden im Laufe des 15. Jahrhunderts Renaissance, hg. v. Klaus Arnold u. a., (Pirckhei- mehr Bücher in Venedig gedruckt als in jeder an- mer Jahrbuch 18), Wiesbaden 2003, S. 25–43, v.a. deren Stadt: ebd. Zur Bedeutung Paduas: Bauer, S. 28–30 u. S. 32. Im selben Jahr erschien auch eine Universität Padua, S. 48. Zur generellen Bedeutung italienische Ausgabe: Johannes Regiomontanus, von Handelsstädten für den Buchdruck: Michael Kalendarium, Venedig: Erhard Ratdolt 1476 (GW Giesecke, Der Buchdruck in der frühen Neuzeit. M37456; ISTC ir00093000). Zu Ratdolt ebenfalls: Eine historische Fallstudie über die Durchsetzung Gilbert R. Redgrave, Erhard Ratdolt and His Work neuer Informations- und Kommunikationstech- at Venice, (Illustrated Monographs issued by the nologien, Frankfurt 42006, S. 391; Gassert, Kultur- Bibliographical Society 1), London 1894; Zorzi, transfer, S. 108 u. S. 110. Dal manoscritto al libro, S. 884–885. 474 Johann von Speyer veröffentlichte mit Ciceros 477 In einer überlieferten Druckprobe ist Kraftshofer Epistulae ad familiares 1469 das erste gedruckte als Mitherausgeber genannt, tauchte dann im ei- Buch in der Serenissima: Pozza, L’Editoria Vene- gentlichen Druck aber nicht mehr auf: Reske, Er- ziana, S. 220. Zu den deutschen Druckern bereits: hard Ratdolt, S. 33. Zum Druck: Renzo Baldasso, 350 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg achtet der engen Beziehungen der Stadt zu Nürnberg traten Drucker aus der fränkischen Reichsstadt in Venedig kaum in Erscheinung. Neben Ulrich Kraftshofer befand sich auch Konrad Zeninger, der Drucker des Pilgerberichts Hans Tuchers, in den 1480er Jahren in Venedig.478 Johannes Volkrath gab dort 1495 die Agenda brevis et perutilis, die Agenda dioecesis Aquileiensis und eine Horae-Ausgabe heraus.479 Grund für das geringe Enga- gement von Nürnberger Druckern in der Lagunenstadt war wohl die relativ späte Eta- blierung des Gewerbes in Nürnberg um 1470, das erst mit der Tätigkeit des Druckers und Buchhändlers Anton Kobergers eine europaweite Bedeutung erlangte.480 Ab den 1480er Jahren ließ mit der häufigeren Niederlassung italienischer Drucker in der Sere- nissima die deutschsprachige Dominanz nach.481 Eine neue Bedeutung erhielt der Druckort Venedig mit der Ausweitung der Grie- chisch-Studien im Westen im ausgehenden 15. Jahrhundert. Die osmanische Expansion hatte im Laufe des Jahrhunderts und vor allem nach dem Fall Konstantinopels mit dem immer größeren Exodus von Personen aus dem byzantinischen Reich einhergehend zu einer zunehmenden Übermittlung griechischer Wissensbestände geführt. Im Zuge des humanistischen Interesses an den Originaltexten der Antike wurden diese auch in den italienischen Gelehrtenkreisen rezipiert. Gerade Venedig bildete aufgrund seiner tradi- tionell engen Beziehungen zu Byzanz, seiner bereits bestehenden großen griechischen

La stampa dell’editio princeps degli Elementi di Volkarths erwähnt „Iohannis volkarth de noreber- Euclide (Venezia, Erhard Ratdolt, 1482) in: The ga‹!›“: Agenda brevis et perutilis, Venedig: Johann Books of Venice. Il libro veneziano, hg. v. Lisa Pon Hamann für Johann Volkrath 1495 (GW 453; ISTC u. Craig Kallendorf, (Miscellanea Marciana 20), ia00158000). Venedig 2008, S. 61–100. 480 Zum Beginn des Buchdrucks in Nürnberg: Her- 478 Schnelbögl gab für Zeninger 1482 als Wirkungs- mann Mauè, Der Nürnberger Buchdruck. Erste jahr in Venedig an, ohne dies jedoch nachzuwei- Anfänge und Standortvorteile, in: Quasi Centrum sen: Fritz Schnelbögl, Stadt des Buchdrucks und Europae. Europa kauft in Nürnberg 1400–1800, der Kartographie, in: Nürnberg – Geschichte einer hg. v. dems. u. a., Nürnberg 2002, S. 272–283, europäischen Stadt, hg. v. Gerhard Pfeiffer, Mün- S. 274 ; Schnelbögl, Stadt des Buchdrucks, S. 219. chen 1971, S. 218–224, S. 219. Im Gesamtkatalog Zur Bedeutung Kobergers: ebd.. Zu den Druck- der Wiegendrucke finden sich zwei Einträge für tätigkeiten der Koberger: Oscar v. Hase, Die Ko- Zeninger in Venedig im Jahr 1486: Kalendarium, berger. Eine Darstellung des buchhändlerischen Venedig: Konrad Zeninger 1486 (GW M15982; Geschäftsbetriebs in der Zeit des Überganges vom ISTC ik00000540); Exemplar: BSB, Einbl. Kal. Mittelalter zur Neuzeit, Amsterdam u. a. ³1967. 1486cm (BSB-Ink Z-37,1). Sowie: Kalendarium, Vgl. auch Kap. III.4.2 u. 4.4. Schon 1477 druckte Venedig: Konrad Zeninger 1486 (GW M15983; Friedrich Creußer, als zweiter deutscher Drucker ISTC ik00000543). Zeninger druckte auch in nach Hausmann 1474, die Reisebeschreibungen Nürnberg. Marco Polos: Schnelbögl, Stadt des Buchdrucks, 479 „cura et impensis prouidi Iohannis volkarth de S. 220; Roeck, Kulturtransfer, S. 15. Marco Polo, Il Noremberga“; Horae, Venedig: Johann Hamann Milione [dt.], Nürnberg: Friedrich Creußner 1477 für Johann Volkarth 1495 (GW 13380; ISTC (GW M34804; ISTC ip00901000). ih00419500). Agenda dioecesis Aquileiensis, Ve- 481 Reske, Erhard Ratdolt, S. 31; Victor Scholderer, nedig: Johann Hamann für Johann Volkarth 1495 Printing at Venice to the end of 1481, in: Ders., (GW 459; ISTC ia00159500), Exemplar: 4 Inc.c.a. Fifty Essays in Fifteenth- and Sixteenth-Century 1172 (BSB-Ink R-194,1). Auch in der Agenda Bibliography, hg. v. Dennis E. Rhodes, Amsterdam brevis et perutilis wird die Nürnberger Herkunft 1966, S. 74–89, S. 89. 4. Büchertransfer zwischen Venedig und Nürnberg · 351

Kommunität sowie seiner geographischen Position eine zentrale Anlaufstelle für die Di- aspora byzantinischer Gelehrter. Gemeinsam mit seiner Universität in Padua nahm es demzufolge bei der Etablierung des griechischen Humanismus in Italien eine besondere Rolle ein.482 Die venezianische Hochschule erhielt 1463 einen Griechisch-Lehrstuhl, der auch bei den Studenten aus dem Norden großes Interesse hervorrief.483 1468 vermachte Kardinal Bessarion der Stadt seine 482 griechische Handschriften umfassende Biblio- thek. Sie wurde zwar erst einige Jahrzehnte später einem breiteren Kreis an Gelehrten zugänglich gemacht, die Schenkung zeigt jedoch bereits Bessarions Ein- und Wertschät- zung Venedigs als wichtiger Ort der Griechisch-Studien.484 Das Interesse an dieser Aus- richtung der studia humanitatis, die Verfügbarkeit des Wissens in der Stadt und ihre Bedeutung beim Druck mit beweglichen Lettern machte die Serenissima so über ihre Funktion als Verbreitungsort griechischer Handschriften hinaus auch zum Zentrum des Drucks griechischer Originaltexte.485 Bereits 1471 hatte Nicolas Jenson die Orthographia dictionum e graecis tractarum des Giovanni Tortelli gedruckt. Die griechische Schrift erwies sich jedoch als grundlegendes Problem für die neue Drucktechnik. Erst dem Römer Aldus Manutius gelang es, eine na- hezu vollendete griechische Type herzustellen. Mit der Eröffnung seiner Offizin in Vene- dig 1494 setzte die Hochblüte der griechischen Buchproduktion in der Stadt ein. Weitere Drucker griechischer Texte kamen nach Venedig.486 Aldus nahm jedoch auch fortan die

482 Agostino Pertusi, L’Umanesimo greco dalla fine tion de manuscrits grecs – ou comment contribuer del secolo XIV agli inizi del secolo XVI, in: Storia à l’intégration du patrimoine littéraire grec et by- della cultura veneta 3.I, hg. v. Girolamo Arnaldi u. zantin en Occident, in: „Inter graecos latinissimus, Manlio Pastore Stocchi, Vicenza 1980, S. 177–264, inter latinos graecissimus“. Bessarion zwischen den S. 190–193; Sicherl, Johannes Cuno, S. 25; Sicherl, Kulturen, hg. v. Claudia Märtl u. a., (Pluralisierung Nürnberg und der griechische Humanismus, & Autorität 39), Berlin u. a. 2013, S. 187–202. Zu S. 34–35. Zur griechischen Minderheit: Kap. I.2. Bessarion als interkulturellem Akteur sowie seinen 483 Bauer, Universität Padua, S. 77. Bauer betonte die unterschiedlichen Interessens- und Betätigungs- Nähe zu Venedig als zentrales Element für die feldern: Claudia Märtl u. a. (Hgg.), „Inter graecos Etablierung des Griechischen in Padua: ebd. Zum latinissimus, inter latinos graecissimus“. Bessarion Lehrstuhl auch: Sicherl, Johannes Cuno, S. 25. zwischen den Kulturen, (Pluralisierung & Autori- 484 Wilson betonte, dass die Schenkung Bessarions das tät 39), Berlin u. a. 2013. tatsächliche Wissen um die griechischen Original- 485 Bauer bezeichnete Venedig als das „größte Verbrei- texte erst mit der Eröffnung der hierfür errichteten tungszentrum für griechische Bücher und Hand- Biblioteca Marciana erweiterte: Nigel Wilson, The schriften“: Bauer, Universität Padua, S. 77. Book Trade in Venice ca. 1400–1515, in: Venezia. 486 Brown, Venetian Printing Press, S. 42–43. Griechi- Centro di Mediazione tra Oriente e Occidente (Se- sche Buchstaben waren auch von Pannartz, Ratdolt coli XV-XVI). Aspetti e Problemi 1, hg. v. Hans- und Sweynheïm gedruckt worden. Intensiv an der Georg Beck u. a., (Civiltà veneziana. Studi 32), Entwicklung einer griechischen Type war jedoch Florenz 1977, S. 381–397, S. 387. Zur Schenkung: zuvor nur in Florenz gearbeitet worden: ebd., S. 42. Pertusi, L’Umanesimo greco, S. 252. Zur Biblio- Zur Bedeutung des Manutius u. a. für die Etablie- thek Bessarions: Lotte Labowsky (Hg.), Bessarion’s rung eines regelmäßigen griechischen Schriftbilds: Library and the Biblioteca Marciana. Six early in- Nicolas Barker, Aldus Manutius and the Develop- ventories, (Sussidi eruditi 31), Rom 1979; oder als ment of Greek Script and Type in the Fifteenth einer der neueren Beiträge: Brigitte Mondrain, Le Century, Sandy Hook 1985, S. 2. cardinal Bessarion et la constitution de sa collec- 352 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg zentrale Stellung ein. Über die technischen Errungenschaften hinaus schuf er durch die Auswahl der von ihm veröffentlichten griechischen und lateinischen Texte ein „klassi- sches Korpus“ für die Beschäftigung mit der griechischen und römischen Antike.487 Oft- mals handelte es sich um Editiones principes der jeweiligen Autoren. Insbesondere für seine griechischen Ausgaben arbeitete Aldus mit bedeutenden Druckern und Gelehrten wie beispielsweise dem 1503 auf den Paduaner Griechisch-Lehrstuhl berufenen Markos Musuros488 zusammen und garantierte so die philologische Qualität seiner Editionen. Diese machte die Aldinen für die Humanisten besonders attraktiv. Manutius unterhielt eine intensive geschäftliche Zusammenarbeit mit dem Kreter Zacharias Callierges, dem zweiten bedeutenden griechischen Drucker in Venedig.489 Um die Etablierung und Dif- fusion des Griechischen im Westen bemühte Aldus sich neben seiner hochwertigen Pro- duktion auch durch selbst verfasste Grammatiken. Bei der Veröffentlichung lateinischer Texte kam ihm zwar keine entsprechende Vorreiterrolle zu wie beim griechischen Druck. Auch diese Ausgaben waren jedoch aufgrund ihrer von den Zeitgenossen immer wieder betonten Qualität ein bedeutender Beitrag zur humanistischen Auseinandersetzung mit den Originaltexten.490 Johannes Cuno bezeichnete Manutius gegenüber Pirckheimer als „berühmtesten Drucker der lateinischen und griechischen Literatur.“491 Während die In- halte der studia humanitatis so zu einem großen Teil über die Universität in Padua ver- mittelt wurden, lieferte die naheliegende Lagunenstadt die für die Beschäftigung mit der neuen Geistesrichtung notwendigen Textausgaben. Die Nähe zum bedeutenden Druck- ort gab Pirckheimer noch Jahre später als wichtigen Vorzug des Paduaner studium an: Im nahen Venedig drucke Aldus Manutius.492

487 Ralph Hexter, Aldus, Greek, and the Shape of the 490 Brown, Venetian Printing Press, S. 46. „Classical Corpus“, in: Aldus Manutius and Re- 491 „Aldus […], graecarum litterarum et latinarum naissance Culture, hg. v. David S. Zeidberg, (The informator hac tempestate famosissimus“, J. Cuno Harvard University Center for Italian Renaissance aus Venedig an W. Pirckheimer (1505 Dez. 21), in: Studies 15), Florenz 1998, S. 143–160, S. 144. Pirckheimer Briefwechsel 1, Nr. 86, S. 280–288, 488 Musuros besorgte für ihn z. B. die Ausgabe der S. 280. Komödien des Aristophanes von 1498, der Editio 492 „propter vicinitatem Veneciarum, ubi Aldus Ro- princeps der Werke Platons 1513 oder der Reden manus eos imprimit.“ W. Pirckheimer aus Nürn- Gregors von Nazianz 1516: Sicherl, Johannes Cuno, berg an A. Kress (1501 Jul. 19), in: Pirckheimer S. 53. Daneben arbeitete Manutius u. a. auch mit Briefwechsel 1, Nr. 40, S. 121–124, S. 122. Kress Scipio Carteromachus und Johannes Gregoropulos studierte hauptsächlich in Pavia: Agostino Sottili, zusammen: ebd., S. 50 u. S. 52. Zu Musuros: Deno Nürnberger Studenten an italienischen Renais- John Geanakoplos, Greek Scholars in Venice. Stu- sance-Universitäten mit besonderer Berücksich- dies in the Dissemination of Greek Learning from tigung der Universität Pavia, in: Nürnberg und Byzantium to Western Europe, Cambridge/Mass. Italien. Begegnungen, Einflüsse und Ideen, hg. v. 1962, S. 111–166. Volker Kapp u. Frank-Rutger Hausmann, (Erlan- 489 Brown, Venetian Printing Press, S. 44–45. Zu Cal- ger romanistische Dokumente und Arbeiten 6), legheri: Geanakoplos, Greek Scholars, S. 201–222. Tübingen 1991, S. 49–103, v.a. S. 62. 4. Büchertransfer zwischen Venedig und Nürnberg · 353

4.2 Büchertransfer von Venedig nach Nürnberg

Als Willibald Pirckheimer 1492 zum juristischen Studium nach Padua aufbrach, gab sein Vater ihm einen Merkzettel mit Ratschlägen mit, was der junge Student während seiner Studien zu beachten habe. Neben den religiösen und sittlichen Ermahnungen betonte er die Wichtigkeit, die Lateinkenntnisse zu vertiefen, und ermunterte ihn, sich zusätzlich zu den Rechten besonders mit den studia humanitatis auseinanderzusetzen. Zugleich gab er ihm praktische Ratschläge für sein alltägliches Leben und für den Bücherkauf, für den er rechtliche und vor allem humanistische Werke vorsah. Bei der Auflistung der zahlreichen Buchtitel auf der Rückseite des Zettels, unter denen sich im Wesentlichen Texte antiker Autoren und „Vokabularien“ befanden, könnte es sich um eine Bestellung von Büchern handeln, die Willibald seinem Vater in Italien besorgen sollte.493 Falls sich die Nürnberger nicht selbst in Italien befanden, mussten sie auf ihre dorti- gen Bekannten oder Verwandten zurückgreifen, um ihr Verlangen nach venezianischen Drucken zu stillen. Voraussetzung war dafür jedoch das Wissen um die Situation der ve- nezianischen Presse, um bereits erschienene oder noch in Arbeit befindliche Neuerschei- nungen und das Vorhandensein bestimmter Drucke. Die Informationen über Venedigs Buch- und Handschriftenmarkt wurden, wie in den Berichten Pirckheimers aus Padua und Pavia an seinen Vater in den frühen 1490er Jahren, aus ganz Italien zusammengetra- gen.494 Ob beispielsweise Johannes Cuno Pirckheimer aus Padua über zum Verkauf ste- hende Handschriften informierte, weil der Patrizier entsprechende Kaufabsichten hegte, lässt sich nicht eindeutig sagen. Das große Interesse Pirckheimers an einem der genann- ten Autoren, Gregor von Nazianz, und der Besitz mehrerer, später gedruckter Texte des Kirchenvaters kann jedoch als Hinweis in diese Richtung gewertet werden.495 In der Regel

493 Pirckheimer Briefwechsel 1, Anhang I zu Nr. 1–4, mer aus Pavia an J. Pirckheimer (1494 Nov. 23), in: S. 29–31, S. 29. Zur Bücherbestellung, u. a. den „Vo- Pirckheimer Briefwechsel 1, Nr. 3, S. 17–25, S. 22. cabularios“: in: ebd., 30. Im Bereich der religiösen Reicke identifizierte den Druck mit Marcus Tul- und sittlichen Ermahnungen fällt die Ähnlichkeit lius Cicero, De natura deorum, Venedig: Simon zum Regiment Christophs I. Scheurl für Hiero- Bevilaqua 1496 (GW 6905; ISTC ic00572000): nymus Haller ins Auge: „Item habeas timorem ebd., S. 25, Anm. 45. Um venezianische Ausgaben domini / Item audias saepe missam et recordare handelte es sich wohl bei den von ihm erwähnten passionis domini / Item pacificus et supportabilis Quintilian, Sueton, den von Valla kommentier- cum hominibus / Item non ludas pro pecuniis / ten Sallust und möglicherweise den Reden Cice- Item caveas a meretricibus […]“, in: ebd., S. 29 so- ros: W. Pirckheimer aus Padua an J. Pirckheimer wie: „Item am ersten unnd vor allen dingen hab got (1491 Mai 4), in: Pirckheimer Briefwechsel 1, Nr. 1, den almechtigen vor augen […] unnd hare vor allen S. 1–12, S. 1 sowie: Anm. 12–16, 2–3. Auch im Juli dingen mess […]. Bis diemutig, freuntlich, diennst- war der Quintilian noch nicht fertig: (1491 Jul. 12), lich gegen den leutten […] Meyd […] frawen, spil in: ebd., Nr. 2, S. 13–17, S. 13. unnd anndere laster […]“ Archiv Scheurl, Cod. AB, 495 „Aliud quoque novitatis huic subiicere volui, libros fol. 332r–333r. Vgl. zu Merkzettel u. Bücherbestel- quosdam graecae scriptos et membranis et papiro lung: Holzberg, Willibald Pirckheimer, S. 43. Venetiis haberi venales“; J. Cuno aus Padua an W. 494 Aus Pavia berichtete er über eine kürzlich, wohl in Pirckheimer (1506 Dez. 26), in: Pirckheimer Brief- Venedig hergestellte Cicero-Ausgabe: W. Pirckhei- wechsel 1, Nr. 139, S. 456–458, S. 457. Zu dem Be- 354 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg lief die Übermittlung von Informationen über den venezianischen Druckmarkt jedoch über die Serenissima selbst. Johannes Cuno musste Pirckheimer im Dezember 1506 be- richten, dass Aldus vorübergehend seine Druckertätigkeit eingestellt hatte.496 Auch Dürer konnte wiederholt nichts Positives berichten.497 Hans VI. Imhoff hatte dagegen mehr Erfolg als der Künstler. Zwar sagten auch ihm die Buchdrucker, dass „man itz gar nichtz kriechisch druck noch underhanden sey.“ Er habe aber zwei griechische Bücher finden können, „so auff dem eingelegten zettelein geschrieben steen“. Pirckheimer solle ihn oder Imhoffs Verwandten informieren, ob er Interesse an diesen habe. Sein Schwiegersohn würde sie ihm sofort schicken. Der Zettel selbst ist nicht erhalten. Knapp drei Wochen später erwähnte Imhoff dann die Versendung eines Buchs, wohl des von Pirckheimer bestellten, ohne dass er jedoch dessen Titel nannte.498 Wilhelm Lindemar musste Hart- mann Schedel ebenfalls vermelden, dass die von diesem gewünschten Drucke des Mar- silio Ficino nicht verfügbar seien. Die Übersetzung der Opera des Aristoteles durch den Venezianer Ermolao Barbaro sei jedoch im Druck.499 Die Kontaktpersonen in Venedig dienten häufig ebenso als Informanten wie als Lieferanten der dort erzeugten Drucke. Die Bücher erreichten die Interessenten in Nürnberg nicht zwangsläufig direkt aus der Lagunenstadt. In Padua erwarb der junge Willibald Pirckheimer während seiner Studienzeit venezianische Drucke.500 Anton Kress, mit dem Pirckheimer in besonders

sitz von Nazianz-Drucken und den entsprechen- 499 Zu Ficino: „sobald ich ainen erfragen mog, will den Übersetzungen: Kap. III.4.4. ich euch den sennden“. W. Lindemar (nicht klar 496 „Tamen sors ipsa sic tulit. Aldus namque […] om- aufzulösen, wohl aber aus Venedig) an Hartmann nem imprimendi rationem operibus Vergilii lit- Schedel (1494 Apr. 16), angehängter Brief in Sche- tera, ut aiunt, cursiva Venetiis conclusit“; J. Cuno dels Haly-Exemplar, in: Haly Abbas, Regalis dis- aus Venedig an W. Pirckheimer (1505 Dez. 21), in: positio, Venedig: Bernardinus Rizus für Johannes Pirckheimer Briefwechsel 1, Nr. 86, S. 280–288, D. de Nigro 1492 (GW 12116, ISTC ih00003000); S. 280. Sowie: (1506 Dez. 26), in: Pirckheimer Exemplar: BSB, Rar. 320 (BSB-Ink H-3,1), fol. 189r. Briefwechsel 1, Nr. 139, S. 456–458, S. 457. Aldus Zwei Jahre später bestellte Schedel die Briefe des druckte erst deutlich später entsprechende Ausga- Ficino, wie der Bestellzettel in seiner veneziani- ben: ebd., Anm. 5, S. 458. schen Ausgabe der Epistulae von 1495 zeigt. Wahr- 497 A. Dürer aus Venedig an W. Pirckheimer (1506 scheinlich handelte es sich um eben den Druck, Okt. 13), in: Pirckheimer Briefwechsel 1, Nr. 129, dem der Zettel beigeheftet ist: Marsilius Ficinus, S. 438–444, S. 440; (1506 Aug. 18), in: ebd., Epistulae. Mit Privileg, Venedig: Matteo Capcasa Nr. 118, S. 385–390, S. 387. für Hieronymus Blondus 1495 (GW 9873; ISTC 498 H. Imhoff aus Venedig an W. Pirckheimer (1518 if00154000); Exemplar: BSB, 2 Inc. c.a. 3202 (BSB Dez. 3), in: Pirckheimer Briefwechsel 3, Nr. 569, Ink F-119,1). Zu Aristoteles: „sagt man mir, man S. 437–438, S. 438. Sowie: „Dar auff, woe ir die druck sÿ yecz“: W. Lindemar an Hartmann Sche- gemelten 2 pucher vor nit het oder die haben wolt, del (1494 Apr. 16), angehängter Brief in Schedels so wölt mich es wissen lossen oder es neurt mei- Haly-Exemplar, in: Haly Abbas, Regalis dispositio; nem vatter sagen. So will ich si als pald kauffen und Exemplar: BSB, Rar. 320, fol. 189r. hin aus schickenn, dergleychen was ir sunst haben 500 Pirckheimer selbst brachte z. B. einen in Venedig wolt; darin will ich allen fleys fur kern.“ H. Imhoff gedruckten Horaz nach Nürnberg mit: Bauer, Uni- aus Venedig an W. Pirckheimer (1518 Nov. 14), in: versität Padua. Zu den Erwerbungen fränkischer Pirckheimers Briefwechsel 3, Nr. 564, S. 429–431, Studenten in Padua: ebd., S. 240; Cortesi, Huma- S. 430. nistische Bücher, S. 15. 4. Büchertransfer zwischen Venedig und Nürnberg · 355 engem Austausch über griechische Druckerzeugnisse stand, erwarb zumindest einige der von Pirckheimer bestellten venezianischen Drucke in Pavia. So gelangten beispielsweise Teile der aldinischen Gesamtausgabe des Aristoteles nach Nürnberg.501 In Mailand hatte sich Kress ebenfalls nach Büchern für Pirckheimer umsehen sollen. Als er nichts fand, teilte Pirckheimer ihm mit, er habe nach Venedig geschrieben, wo er hoffe, dass sie ihm besorgt werden würden.502 Die Aussicht auf Verfügbarkeit, niedrigere Preise503 und die Vielzahl von in der Stadt gut vernetzten Nürnbergern, über die die Geschäfte abgewickelt werden konnten und zu denen die an den Drucken interessierten Personen im Norden nicht selten in persönli- cher Beziehung standen, machten Venedig zum wohl wichtigsten Bezugsort der Nürn- berger sowohl bei Erwerbungen für den Eigenbedarf wie bei Besorgungen für andere Personen. Willibald Pirckheimer konnte dabei auf ein ausgeprägtes Netzwerk an Kon- takten in der Stadt zurückgreifen. Bei seinem Schwiegersohn Hans VI. Imhoff und, laut Johannes Cochläus, auch seinen Neffen bestellte er griechische Drucke, die diese ihm aus der Lagunenstadt schickten.504 Albrecht Dürer war zwar bei der Akquisition nicht er- folgreich gewesen, diente Pirckheimer jedoch offensichtlich als möglicher Kontaktmann. Hinzukam seine Verbindung zu dem venezianischen Gelehrten Baptista Egnatius, der dem Nürnberger mehrfach griechische Handschriften für seine Studien übersandte. Der spätere Jerusalempilger Hans VI. Tucher erstand 1470 selbst die Naturalis historia des Plinius in Venedig, und es ist in Anbetracht der engen Verbindungen der Familie in die Stadt wahrscheinlich, dass auch die weiteren venezianischen Drucke in ihrem Besitz ent- weder durch den direkten Erwerb einzelner Familienmitglieder oder durch die Kontakte in die Serenissima direkt von dort nach Nürnberg gelangten.505 Hartmann Schedel griff über Konrad Armbauer und den intensiv in der deutschsprachigen Kommunität in der Stadt verankerten Albrecht Heugel auf die Verbindungen und Transferstrukturen der deutschen Kaufleute zurück. 1470 ließ er von Armbauer eine kürzlich gedruckte und besonders schöne Ausgabe des Plinius erwerben, die dieser offenbar zum gleichen Preis

501 Zur Bitte an Kress, ihm die Aristoteles-Aldina „meliori precio Venetiis comparantur.“ W. Pirck- zu schicken: W. Pirckheimer aus Nürnberg an A. heimer aus Nürnberg an A. Kress (1503 Jan. 31), Kress (1502 Apr. 14), in: Pirckheimer Briefwechsel in: Pirckheimer Briefwechsel 1, Nr. 57, S. 189–191, 1, Nr. 50, S. 164–165, S. 164. Bereits 1499 schick- S. 190. te Kress Bücher an Pirckheimer: (1499 Jan. 12), 504 J. Cochläus aus Florenz an W. Pirckheimer (1517 in: ebd. 1, Nr. 6, S. 73–75, S. 73. Zu den Text- Sep.14), in: Pirckheimer Briefwechsel 3, Nr. 469, sendungen auch: (1501 Jul. 19), in: ebd., Nr. 40, S. 178–179, S. 179. S. 121–124, S. 122. Zur Bedeutung Kress’ für den 505 „Johannes vero Tucher nunc Venecijs eciam al- Büchertransfer Pirckheimers: Holzberg, Willibald terum Plinium in litera tamen consimili et pro Pirckheimer, S. 87. eadem summa comparavit“; Hermann Schedel 502 W. Pirckheimer aus Nürnberg an A. Kress (1502 aus Nürnberg an Hartmann (wohl 1470), in: Her- Aug. 15), in: Pirckheimer Briefwechsel 1, Nr. 55, mann Schedels Briefwechsel, Nr. 85, S. 185–187, S. 179–185, S. 180. S. 186. Zu den Buchbeständen der Tucher: vgl. 503 Gegenüber Kress betonte Pirckheimer, man könne Kap. III.4.3. die Bücher in Venedig zu „besserem Preis“ kaufen: 356 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg wie Hans Tucher kaufte und die der von Tucher erstandenen Ausgabe ähnelte.506 Knapp 25 Jahre später nutzte Hartmann seine fränkischen Kontakte in Padua und Venedig, um die von ihm gewünschte und dort bei Bernardinus Rizius gedruckte Regalis dispositio des Haly Abbas zu bekommen. Dabei bezog er sowohl den in Padua studierenden Hi- eronymus Holzschuher als auch Wilhelm Lindmar, der sich wahrscheinlich in Venedig aufhielt, ein. Bei Letzterem hatte er sich auch nach anderen in der Lagunenstadt zum Verkauf stehenden Büchern erkundigt und ihn gebeten, neben dem Haly auch Vitruvs De architectura, Frontinus’ Strategemata und einen Text des Dionysius Periegetes zu senden. Die Bezahlung lief über Albrecht Heugel, der, laut Lindemar, darüber hinaus in Venedig weitere Bücher erwarb, an denen es Schedel „mangllt[e]“ und unter denen sich mögli- cherweise die bestellte Vitruv-Ausgabe befand.507 Konnte man nicht selbst auf entsprechende Netzwerke zurückgreifen, bestand die Möglichkeit, sich für den Erwerb venezianischer Drucke an die Buchhändler zu wenden, die nach Venedig handelten. Hierbei stach besonders Anton Koberger hervor, der ein

506 „Librum Plinij in historia naturali Venecijs pro- tagematibus. ‹Haly› in disposicione regali. ‹Opera› xime impressum, stilo eleganti quamvis difficili Dionisii Ariopagite.“ in: Mittelalterliche Biblio- omnia, que naturalem scire expedit, elegantissime thekskataloge Deutschlands und der Schweiz 3.3: continentem ex Venecijs per ipsum Armbauer pri- Bistum Bamberg, hg. v. der Bayerischen Akademie die accepi, pro quo tantum ut Venecijs emptus est der Wissenschaften, bearb. v. Paul Ruf, München exposui, 8 videlicet ducatos aut x flor. reynenses.“ 1939, Nr. 152, S. 843. Der Zettel findet sich in dem Hermann Schedel aus Nürnberg an Hartmann Druck De arte militari aus dem Besitz Schedels, (wohl 1470), in: Hermann Schedels Briefwechsel, der auch die Strategemata enthält, allerdings in Nr. 85, S. 185–187, S. 186. Zur Position Albrecht einem Bologneser Druck, der erst zwischen 1495– Heugels in der Nürnberger Kaufmannschaft in Ve- 1496 entstand und daher nicht Teil der Heugel- nedig: vgl. Kap. II.3.2.2. Lieferung von 1494 sein konnte: De arte militari, 507 W. Lindemar an Hartmann Schedel (1494 Apr. 16), Bologna: Franciscus de Benedictus (GW 10410, angehängter Brief in Schedels Haly-Exemplar, in: ISTC is00345000); Exemplar: BSB, 2° Inc.c.a. 3328 Haly Abbas, Regalis dispositio; Exemplar: BSB, (BSB-Ink D-48,3, Stauber 212). Eine venezianische Rar. 320, fol. 189r. Die Ausgabe erwarb Holzschu- Vitruv-Ausgabe, die mit der Provenienz der baye- her wohl in Padua: „So ist das puch, so der Holtz- rischen kurfürstlichen Bibliothek möglicherweise schucher geschickt hatt, verhannden, schick ich ursprünglich aus dem Besitz Schedels stammte, mit der ersten fur hinaus. Darum han ich 8 pfund entstand ebenfalls erst 1495–1496: Vitruvius Pollio, geben, ist i ducaten und 4 grossi.“ ebd. Schedel bat Marcus, De architectura, Venedig: Christophorus Holzschuher, Albrecht Heugel das Geld zu erstat- de Pensis 1495 (GW M50994, ISTC iv00307000); ten: Hermann Schedel aus Nürnberg an H. Holz- Exemplar: BSB, 2 Inc.c.a. 3671a#Beibd. 2 (BSB-Ink schuher in Padua (1494 Jan. 22), in: ebd., fol. 190r. V-271,2). Bei dem Dionysius-Druck handelte es Dass Heugel für den Haly bezahlt werden sollte, sich wohl nicht um eine Opera-Ausgabe, sondern legt nahe, dass er diesen auch kaufte. Die Bestel- um den venezianischen Druck von Ratdolt u. a. lung des Haly und der anderen Texte bei Lindmar von De situ orbis, der sich im Besitz Schedels be- ist nur fragmentarisch erhalten und nicht datiert. fand: Dionysius Periegetes, De situ orbis, Venedig: Es ist jedoch davon auszugehen, dass sie vor den Bernhard Maler, Erhard Ratdolt u. Peter Löslein anderen Briefen zum Kauf der Haly-Ausgabe ent- 1477 (GW 8426, ISTC id00253000); Exemplar: stand: „Lieber Wilhalm, erfart, ob man -- Venedig BSB, 4 Inc.c.a. 97#Beibd. 1 (BSB-Ink D-177,2, Stau- verkauff und -- -- itlichs geb. Wolt auf das zetel ber 195). Zu Holzschuher in Padua: Bauer, Univer- -- -- lassen und mir wider senden: ‹Vitruv›ius de sität Padua, Nr. 36, S. 364–367. architectura et aqueductibus. ‹Frontinu›s de stra- 4. Büchertransfer zwischen Venedig und Nürnberg · 357 europaweites Buchhandelsnetz mit zahlreichen Faktoreien unterhielt. In Zeiten, in denen die Frankfurter Messe für den Büchermarkt bereits große Bedeutung hatte, pflegten die Koberger intensive Geschäftskontakte in den Süden, die sie, wie bei dem Tausch von 300 Exemplaren einer von Koberger gedruckten Glossa ordinaria des Accursius zum Corpus iuris civilis gegen venezianische Bücher im Jahr 1501, auch für den Absatz eige- ner Erzeugnisse nutzten.508 Gerade bei spezielleren Wünschen schien es jedoch geraten, falls irgend möglich, selbst entfernte eigene Kontakte in die Serenissima zu aktivieren. So berichtete Philipp Melanchthon Hieronymus Baumgärtner 1524 von seiner Bitte an Lazarus Spengler, dessen Bruder Georg möge ihm in Venedig „ausgefallenere“ Drucke besorgen. Die Buchhändler würden immer nur „gewöhnliche“ und „nutzlose“ Dinge kommen lassen.509 Bei Georg Spengler handelte es sich um einen von mehreren Nürnbergern in Venedig, die gleichzeitig als wichtige Träger des Büchertransfers zwischen der Serenissima und der fränkischen Reichsstadt sowie durch ihre gute Verankerung in die sozialen und berufli- chen Gemeinschaften in Venedig hervorstachen. Der Bruder des Stadtschreibers Lazarus Spengler ist spätestens seit 1507 als einer der aktivsten Nürnberger Kaufleute in der La- gunenstadt nachzuweisen. Er stand in engem Kontakt zur Sebaldgemeinschaft, für die er 1514 das Fest ausrichtete, scheint aber selbst kein Mitglied gewesen zu sein. Außerdem war er für den Nürnberger Rat in Venedig aktiv und tätigte gleichzeitig Erledigungen für Personen in der Reichsstadt, wie für Willibald Pirckheimer oder seinen Verwandten Anton Tucher. Daneben arbeitete er zeitweilig im Auftrag Augsburger Handelshäuser. In Venedig selbst war er also gut in die nürnbergischen und deutschen Gemeinschaften integriert. In Anbetracht seiner langen Anwesenheit in der Stadt ist davon auszugehen, dass er auch Kontakte zu Venezianern unterhielt. Die Anbindung in Venedig und die Kenntnis des venezianischen Markts erleichterten die Akquisition von Büchern. Gleich- zeitig war Spengler durch einen kontinuierlichen Austausch Teil der sich zwischen bei-

508 Hase, Koberger, S. 351. Möglich sind die Ausga- Klassiker druckte, die ebenfalls in Venedig heraus- ben von 1482 (GW 7662; ISTC ij00549000), von gebracht worden waren, stand wohl mit der Ver- 1483 (GW 7708; ISTC ij00569000) oder von 1488 bindung nach Venedig in Zusammenhang: ebd., (GW 7735; ISTC ij00581000). Zum Umfang der S. 380. Geschäfte Kobergers und den mehrfachen Auf- 509 „S. Scripsi ad Spenglerum, ut, si qua ratione fieri enthalten Hans Kobergers, der erstmals 1501 nach potest, per fratrem Venetiis haerentem libros huc Venedig kam: Hase, Koberger, S. 146 u. S. 292. mitti lectiores curet, quandoquidem reliqui biblio- Sowie: Hans-Otto Keunecke, Anton Koberger (ca. polae usque adeo insaniunt, ut praeter nugas illas 1440–1513), in: Fränkische Lebensbilder 10, hg. v. vulgares nihil advehant aut importent.“ P. Melan- Alfred Wendehorst u. Gerhard Pfeiffer, Würzburg chthon aus Wittenberg an H. Baumgartner (ca. u. a. 1982, S. 38–56, S. 51. Ähnlich umfangreich 1424 Apr. 16), in: Melanchthons Briefwechsel T 2: war das Druckgeschäft Kobergers, der in unter- Texte 255–520 (1523–1526), hg. v. Helga Scheible, schiedlichen Städten, wie Paris, Basel oder v.a. Stuttgart-Bad Canstatt 1995, Nr. 319, S. 126–127, Lyon regelrechte „Druckfaktoreien“ betrieb: Hase, S. 127. Normalerweise bezog Melanchthon seine Koberger, S. 145–147 (Zitat: S. 147) u. S. 381. Auch Bücher aus Nürnberg über Koberger. Vgl. auch: die Tatsache, dass Koberger zunehmend selbst Hase, Koberger, S. 383. 358 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg den Städten konstituierenden personalen Netzwerke und nicht zuletzt durch seine Ehe mit Juliana Tucher in die sozialen Verflechtungen in Nürnberg selbst eingebunden.510 Über seinen Bruder, den Humanisten und Ratsschreiber Lazarus, hatte er Anschluss an die gelehrten Kreise seiner Vaterstadt.511 Lazarus agierte dabei in der Regel als Mittler. So wurde Georg Spengler zu einem der wichtigsten Gewährsmänner für die Akquisition und den Transfer humanistischer Drucke aus Venedig. Neben Melanchthon ließ sich auch Willibald Pirckheimer über Georg Erzeugnisse der venezianischen Druckerpresse nach Nürnberg kommen. Die Bomberg-Bibel für Pirckheimer kam, wie Lazarus Spengler berichtete, tatsächlich bei dem Patrizier an, während ein Exemplar der gleichen Ausgabe, das für Martin Luther bestimmt gewesen war, kurz vor Augsburg verloren ging.512 Der, wie Albrecht Heugel und möglicherweise auch Georg Spengler, dauerhaft in Ve- nedig wohnhafte Anton Kolb war ebenfalls in den Büchertransfer zwischen Nürnberg und Venedig eingebunden. Wie Heugel, der für Hartmann Schedel Bücher lieferte, war er Mitglied der Sebaldgemeinschaft und lässt sich ebenso wie Spengler in Augsburger Diensten nachweisen. Seine Bedeutung in der deutschsprachigen Kaufmannsgemein- schaft war zeitweilig so groß, dass er eine eigene Kammer im Fondaco an prominentem Platz direkt neben derjenigen der Fugger besaß.513 Wahrscheinlich hatte er auch gehofft, dass seine guten Kontakte in der Stadt ihm helfen würden, die 34 gebundenen und unge- bundenen Exemplare des bei Anton Koberger gedruckten Liber Chronicarum Hartmann Schedels in der deutschen wie in der lateinischen Version abzusetzen.514

510 Zur Verankerung Spenglers in Venedig: Kap. Kap. II.3.2.2. Über das Ausmaß seiner Rückbin- II.3.2.2. Zu den Besorgungen: Kap. II.3.2.2. u. dung nach Nürnberg sind keine Quellen über- Kap. III.2.3. liefert. Aufgrund der Mitgliedschaft in der Se- 511 Zu Lazarus Spengler, seine humanistischen Inte- baldgemeinschaft ist jedoch von einer solchen ressen und seine Verbindungen: Hamm, Lazarus auszugehen. Zumindest stand er wohl auch nach Spengler. Unklar ist, inwieweit Georg selbst gelehr- De’Barbaris Umzug nach Nürnberg mit diesem te Interessen hegte. in Kontakt, da er die Supplik zum Copyright und 512 „Ich hör gern, das ir euer bibel empfangen habt. zum Vertrieb der von den beiden wohl gemeinsam Dann mein bruder schickt ytzo zwen pallen mit produzierten Vedute Venetie MD erst im Okto- vil dinglichs herauß, vil mein herrn, auch anndern ber desselben Jahres bei der Signoria einreichte: guten gesellen, ime und mir zustendig; darin ain (1500 Okt. 30), ASVe, Collegio, Notatorio, reg. 15, solche bibel ist, doctor Martino zugehorig. Ist bis fol. 26r. Abgedruckt, mit falscher Folio-Angabe, gein Augspurg komen und, alls man mich bericht, in: Juergen Schulz, Jacopo de’Barbari’s View of schier alles ertruncken und verdroben. Hab ich Venice: Map Making, City Views, and Moralized besorgt, euer bibel wer dabey.“ L. Spengler aus Geography Before the Year 1500, in: Art Bulletin Nürnberg an W. Pirckheimer (1520 Okt. 30), in: 60 (1978), S. 425–474, S. 473. Zur Frage des Urhe- Pirckheimer Briefwechsel 4, Nr. 718, S. 313–320, berrechts um 1500: Grebe, Dürer, S. 181–182. S. 315. In Anbetracht der engen Beziehungen zu 514 Peter Zahn, Die Endabrechnung über den Druck den Tucher war Spengler möglicherweise auch in der Schedelschen Weltchronik (1493) vom 22. Juni deren Bucherwerb involviert. 1509. Text und Analyse, in: Gutenberg-Jahrbuch 513 Zur Verflechtung Kolbs in der deutschsprachi- 66 (1991), S. 177–213, S. 182. Hase ging davon aus, gen Kommunität vgl.: Kap. II.3.1.1, 3.1.2 u. 3.2.4. dass Kolb eventuell ein „Halbbuchhändler“ gewe- Zu seiner Anbindung an den Sebaldaltar vgl.: sen und er „auch oft von den Nürnberger Gelehr- 4. Büchertransfer zwischen Venedig und Nürnberg · 359

Die für Willibald Pirckheimer und seinen großen Bedarf an venezianischen Drucken maßgeblichen Kontaktpersonen in Venedig waren wohl die mit dem Humanisten ver- schwägerten Imhoff. Vor allem nutzte Pirckheimer dafür seinen Schwiegersohn Hans VI. Zwar wurde auch er nur zwei Mal tatsächlich als Beauftragter für den Kauf griechischer Drucke sowie deren Transfer in den Quellen erwähnt.515 Die lange Zeit, die der Kauf- mann in Venedig verbrachte, und die enge Verbindung zwischen beiden lassen allerdings vermuten, dass sich Pirckheimer dieses Kontakts des Öfteren bediente, um die von ihm und seinen gelehrten Freunden begehrten Drucke nach Norden bringen zu lassen. Mög- licherweise hegte Imhoff selbst ein gewisses Interesse an den neuen Geistesströmungen, besaß er doch mehrere Übersetzungen griechischer Autoren, die sein Schwiegervater angefertigt hatte. Ob er für sich selbst ebenfalls Drucke in Venedig erstand, lässt sich allerdings nicht feststellen.516 Auch Imhoff verfügte über gute Kontakte sowohl zu den deutschsprachigen Personenkreisen als auch zu Venezianern, die auf der jahrelangen Ak- tivität seiner Familie in der Stadt beruhten. Es ist davon auszugehen, dass er selbst wäh- rend seines sechsjährigen Aufenthalts in Venedig zwischen 1501 und 1507 entsprechende Verbindungen knüpfte.517 Für die Akquisition venezianischer Drucke und die Kontakte zu den gelehrten Zirkeln der Stadt war darüber hinaus die institutionelle Anbindung der Imhoff in Venedig an soziale und religiöse Einrichtungen von Bedeutung. Viele Fami- lienangehörige waren Mitglieder der Sebaldgemeinschaft in San Bartolomeo und in ve- nezianischen Scuole, wobei die Affinität zum heiligen Rochus und der ihm gewidmeten Scuola Grande besonders hervorstach.518 Gerade über die Bruderschaften waren die Nürnberger Kaufleute mit den Druckern der Stadt sozial verflochten. Besonderes Interesse unter den venezianischen Buchprodu- zenten weckten die Scuola Grande di San Rocco und die Scuola di San Girolamo. Wie ausgeprägt die einzelnen Kontakte innerhalb der Rochusbruderschaft waren, lässt sich aufgrund ihrer Größe allein anhand einer gemeinsamen Mitgliedschaft nicht sagen, sie wurden durch diese aber sicher gefördert.519 Größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass en-

ten mit Bücherbesorgungen beauftragt“ worden dem Transfer des Kults durch die Familie nach sei. Quellen dazu finden sich jedoch nicht: Hase, Nürnberg: Dormeier, Venedig als Zentrum des Koberger, S. 353. Rochuskultes, u. a. S. 117. 515 H. Imhoff aus Venedig an W. Pirckheimer (1518 519 Zur Mitgliedschaft der Drucker in den scuole Nov. 14) u. (1518 Dez. 3), in: Pirckheimer Brief- von San Rocco und San Girolamo: Cristina Don- wechsel 3, Nr. 564, S. 429–431, S. 430 u. Nr. 569, di, Printers, Traders, and their Confraternities in S. 437–438, S. 438. Fifteenth-century Venice, in: Urban Networks and 516 Zum Besitz von Pirckheimer-Übersetzungen: the printing trade in early modern Europe. Papers Holzberg, Willibald Pirckheimer, S. 232. Auch presented on 6 November 2009 at the CERL Semi- über seine Sprachkenntnisse ist nichts bekannt, es nar hosted by the Royal Library of Belgium / Brus- ist jedoch nicht davon auszugehen, dass er Grie- sels, hg. v. Renaud Adam, London 2010, S. 97–108, chisch beherrschte. S. 98. Zu San Rocco: ebd., S. 104. Zur Frage der 517 Zu seinem Aufenthalt in Venedig zwischen 1501 Bekanntschaft in den Scuole Grandi aufgrund der und 1507: GNM, IA, Teil 1, Fasc. 44, 1, fol. 29r. Größe der Mitgliederzahl: Köster, Künstler und 518 Zur Mitgliedschaft der Imhoff in San Rocco und ihre Brüder, S. 86. Vgl. generell: Kap. II.3.2.1. 360 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg gere Beziehungen zwischen den einzelnen Brüdern bestanden, hingegen bei der Scuola piccola von San Girolamo. Die Scuola war nicht nur bei den Betreibern der veneziani- schen Buchproduktion besonders beliebt. Hier lassen sich auch die meisten Nürnberger Kaufleute im Untersuchungszeitraum nachweisen. Möglicherweise gründete dies auf der ausgesprochenen Beliebtheit des Kirchenvaters in Nürnberg, der beispielsweise auch die elf Darstellungen des Hieronymus von Albrecht Dürer entstammten, und mit der die Nürnberger eine allgemeine Tendenz spätmittelalterlicher Frömmigkeit aufgriffen, in der Hieronymus unter den Kirchenvätern besonders verehrt wurde. Dass durch die gemein- same Mitgliedschaft in dieser Bruderschaft folglich Kontakte entstanden oder gefestigt wurden, die bei der Akquisition von venezianischen Druckerzeugnissen behilflich waren, ist anzunehmen.520 Darüber, inwieweit die Nürnberger Händler selbst humanistische Interessen heg- ten, in der Stadt bereits bestehende Interessen möglicherweise vertieften oder mit den studia humanitatis in Venedig erstmals in Berührung kamen, geben die Quellen kei- ne Auskunft. Die Herkunft vieler Kaufleute aus der Nürnberger Oberschicht und ihre häufig engen Verbindungen zu Personenkreisen, die im Laufe ihres Studiums mit dem Humanismus in Kontakt kamen, legt zumindest eine gewisse Aufgeschlossenheit in die- sem Bereich nahe.521 Die in Venedig etablierten und wie in der fränkischen Reichsstadt gleichfalls von der Oberschicht getragenen humanistischen Studien522 machten es den Nürnbergern möglich, in der Lagunenstadt entsprechenden Interessen nachzugehen. Möglicherweise erhielten sie dort zudem Anstöße für die Beschäftigung mit den stu- dia humanitatis. In diesem Fall erleichterte ihre institutionelle Verankerung ebenfalls Kontakte zum gelehrten Umfeld der Stadt. Die Kirche von San Bartolomeo diente nicht

520 Zu den Nürnbergern in der Scuola di San Giro- of Patrician Dominance, Princeton 1986. Zum lamo: BMC, Mariegola 113, fol. 53v, 60v u. 82r. merkantilen Patrizierhumanismus: Ugo Tucci, Il Zur Hieronymus-Verehrung in Nürnberg: Berndt patrizio veneziano mercante e umanista, in: Vene- Hamm, Hieronymus-Begeisterung und Augusti- zia. Centro di Mediazione tra Oriente e Occidente nismus vor der Reformation. Beobachtungen zur (Secoli XV-XVI). Aspetti e Problemi 1, hg. v. Hans- Beziehung zwischen Humanismus und Frömmig- Georg Beck u. a., (Civiltà veneziana. Studi 32), Flo- keitstheologie, in: Ders., Religiosität im späten renz 1977, S. 335–357, v.a. S. 335 u. S. 345 Zum Mittelalter. Spannungspole, Neuaufbrüche, Nor- Humanismus in Venedig generell: Vittore Branca, mierungen, hg. v. Reinhold Friedrich u. Wolfgang L’Umanesimo, in: Storia di Venezia 4: Il Rinasci- Simon, (Spätmittelalter, Humanismus, Reforma- mento. Politica e cultura, hg. v. Alberto Tenenti u. tion 54), Tübingen 2011, S. 154–243, v.a. S. 154– Ugo Tucci, Rom 1996, S. 723–755. Hamm betonte, 159. Zu den Druckern: Dondi, Printers, S. 99 u. dass es sich in Nürnberg um einen Humanismus S. 101. Vgl. generell: Kap. II.3.2.1 der Oberschicht gehandelt habe, der jedoch nur 521 Durchaus konnten sich Universitätsstudium und teilweise patrizisch gewesen sei. Er habe zwar viele eine Kaufmannstätigkeit in Venedig auch bei ein- patrizische Unterstützer gehabt, es hätte aber nur zelnen Personen, wie bei Albrecht Scheurl, verbin- einige wenige tatsächliche Humanisten aus dem den. Besondere humanistische Interessen scheint Nürnberger Patriziat gegeben: Hamm, Lazarus Scheurl dabei jedoch nicht gehegt zu haben: Ar- Spengler, S. 6, S. 32, S. 29 u. S. 35. Deutlich wird die chiv Scheurl, Cod. AB, fol. 201r. Nähe zwischen Nürnberger Humanismus und der 522 Zum patrizischen Humanismus in Venedig: v.a. Kaufmannschaft in Venedig z. B. bei den Brüdern Margaret L. King, Venetian Humanism in an Age Lazarus und Georg Spengler: ebd, S. 29–39. 4. Büchertransfer zwischen Venedig und Nürnberg · 361 nur religiösen Gemeinschaften, sondern auch intellektuellen Zirkeln als Treffpunkt. De- ren Offenheit für unterschiedliche, auch kaufmännische, Interessenten zeigt die Hete- rogenität des Personenkreises, der sich zur „Antrittsvorlesung“ des Luca Pacioli 1508 im Gotteshaus versammelte. Unter den Zuhörern des Arithmetikers befand sich unter anderem Aldus Manutius.523 Die guten persönlichen Verbindungen und die etablierten und am Fondaco institutionalisierten Kommunikations- und Transportstrukturen der Fernhändler förderten darüber hinaus den Erwerb und Transfer der Drucke über die Alpen.524 Immer wieder betonten daher Willibald Pirckheimers Briefpartner, dass er ge- rade wegen seiner guten Kontakte nach Venedig und zu den dortigen Kaufleuten für den Büchertransfer prädestiniert sei. Als Johannes Cochläus 1520 die von Wolfgang Capito gewünschte Cicero-Aldina in Frankfurt nicht bekommen konnte, bat er Pirckheimer, sie zu besorgen. Für den Patrizier sei dies „leichter und bequemer“, da er so gute Kontakte zu „den venezianischen Kaufleuten [habe], die [ihm] nichts abschlagen“ würden.525 Auch die Venezianer selbst nutzten diese kaufmännischen Strukturen, um Texte in den Norden zu versenden. Wahrscheinlich nahm sogar Aldus Manutius die Nürnberger Händler für die Versendung von Texten in Anspruch: Martin Sicherl ging davon aus, dass der Dru- cker Johannes Cuno zahlreiche Druckvorlagen seiner Ausgaben als Belohnung zukom- men ließ. Sie wurden dem Dominikanermönch gemeinsam mit vielen anderen Texten, unter denen sich auch venezianische Drucke befanden, über einen Faktor der Hirschvo- gel aus der Lagunenstadt nach Bassano geliefert.526 Bereits 1477 waren die Hirschvogel

523 L’elenco tratto dall’edizione degli Elementi di Eucli- 525 „Petit in posterioribus literis, ut mittam sibi opera de del 1509 a cura di Pacioli, hg. v. Erin Mae Black, Ciceronis omnia in forma portatili de litera aldina. in: Dies., La prolusione di Luca Pacioli del 1508 Inquisivi hic, sed frustra. Non scio alium certe, nella chiesa di San Bartolomeo e il contesto intel- qui te possit aut facilius aut commodius ea in re lettuale veneziano, in: La chiesa di San Bartolomeo morem gerere. Habes ad nutum mercatores ve- e la comunità tedesca a Venezia, hg. v. Natalino netianos, qui nihil tibi denegent.“ J. Cochläus aus Bonazza u. a., (Chiese di Venezia 1), Venedig 2013, Frankfurt an W. Pirckheimer (1520 Jun. 12), in: S. 87–104, S. 103–104, S. 104. Zur Bedeutung der Pirckheimer Briefwechsel 4, Nr. 698, S. 259–262, Kirche als religiöser und intellektueller Treffpunkt: S. 261. Unklar ist hier, ob Cochläus sich tatsächlich Bonazza u. a. (Hgg.), Chiesa di San Bartolomeo. auf venezianische Kaufleute bezog, an die Pirck- Vgl. auch: Kap. II.3.2.2. heimer durch seine Gewährsleute in der Serenissi- 524 Zur Bedeutung kaufmännischer Strukturen für ma angebunden war. Wahrscheinlich waren jedoch den Büchertransfer: Gassert, Kulturtransfer, S. 115; eher die nach Venedig handelnden Nürnberger Häberlein, Kaufmannswissen, S. 273–274. So ließ gemeint, da diese generell für den Büchertransfer auch Kress aus Pavia Pirckheimer Drucke zukom- zuständig waren. men, die über Kaufleute bezahlt wurden: Pirck- 526 Sicherl, Johannes Cuno, S. 110. Eine genaue Auflis- heimer aus Nürnberg an A. Kress (1502 Apr. 14) tung der Texte und die Identifikation als aldinische u. (1502 Aug. 15), in: Pirckheimer Briefwechsel 1, Druckvorlagen bzw. Drucke: ebd., S. 108–111. Zu Nr. 50, S. 164–165, S. 164 u. Nr. 55, S. 179–185. Die Sicherls These, es handele sich um die Entlohnung Schedel nutzten z. B. den in Florenz u. Rom tätigen für Cunos mögliche Tätigkeit bei diesem, zumin- Hieronymus Praun, um Bücher aus Rom kommen dest aber um eine Gabe Manutius’: Sicherl, Nürn- zu lassen: Hermann Schedel aus Nürnberg an An- berg und der griechische Humanismus, S. 43. onymus (wohl 1470), in: Hermann Schedels Brief- wechsel, Nr. 87, S. 189–190. 362 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg als Lieferanten von Büchern aus Venedig in andere Teile Italiens, in diesem Fall für die in Bologna tätigen Praun, aufgetreten.527 Ebenso informierte der venezianische Gelehrte Baptista Egnatius 1529 Pirckheimer, dass er die für diesen von dem Venezianer abgeschriebenen Reden des Gregor von Na- zianz einem „Kaufmann Jakob“ für den Transfer in den Norden anvertraue. Aller Wahr- scheinlichkeit nach handelte es sich dabei um den Nürnberger Jakob Welser, der 1525 Konsul des Fondaco gewesen war und Geschäftsbeziehungen zu Konrad IV. Imhoff und Christoph I. Scheurl unterhielt.528 Wie der Kontakt zwischen Pirckheimer und Egnatius entstand und ob der Venezianer bereits vor den ersten erhaltenen Briefen von 1527 Texte aus Venedig an Pirckheimer schickte, ist unklar; die Verbindung scheint zu diesem Zeit- punkt aber bereits bestanden zu haben. Der Nürnberger ließ dem Venezianer mehrfach seine Übersetzungen griechischer Autoren zukommen, die dieser, der ein guter Kenner des Griechischen war und selbst Ausgaben für die aldinische Presse besorgte, hoch lob- te.529 Im Gegenzug schickte Egnatius aus Venedig Texte und forderte Pirckheimer auf, ihm seine Wünsche über venezianische Schriften und Bücher mitzuteilen. Er würde sie freudig annehmen.530 Als Pirckheimer 1529 Interesse bekundete, auch die restlichen der von ihm bereits teilweise übertragenen Reden des Gregor von Nazianz zu übersetzen, von denen einige in keiner der in seinem Besitz befindlichen Ausgaben enthalten wa- ren, machte sich Egnatius in Venedig auf die Suche nach einer entsprechenden Hand- schrift.531 Bereits zuvor hatte der Venezianer wohl auf Bitten Pirckheimers Abschriften von Reden des griechischen Kirchenvaters geschickt.532 Am 14. November konnte er

527 Diese wurden jedoch im Rechnungsbuch der 530 „Quo animo cum semper erga te fuerim, ex quo Praun lediglich als „püschell mit büchern“ bezeich- mihi de litteris et officiis multis es cognitus, futu- net, die Dr. Schütz gehörten: StBN, Amb. 22–8°, rusque perpetuo sim, ita tamen plane mihi accidit, fol. 107v; vgl. auch: Pohl, Hans Praun, S. 116. ut minime mihi in te amando satisfaciam, tametsi 528 „Quae tibi fide operaque Iacobi mercatoris of- tibi et aliis fortasse satisfaciam.“ B. Egnatius aus ficiosissimi reddita non dubito.“ B. Egnatius aus Venedig an W. Pirckheimer (1529 Nov. 13), in: Venedig an W. Pirckheimer (1529 Nov. 13), in: Pirckheimer Briefwechsel 7, Nr. 1254, S. 266–269, Pirckheimer Briefwechsel 7, Nr. 1254, S. 266–269, S. 267. S. 267. Hier auch zur Identifizierung Welsers und 531 Holzberg, Willibald Pirckheimer, S. 353. Viele sei- zu seiner Verbindung zu den Imhoff: ebd., Anm. 2, ner Übersetzungen fertigte Pirckheimer nach der S. 269. Simonsfeld gibt ihn als Augsburger an. Tat- Aldina an. Auch hatte ihm Johannes Heß aus Bres- sächlich handelte es sich jedoch um ein Mitglied lau einen Codex geschickt: ebd. Aldina: Gregor v. des Nürnberger Zweigs: Simonsfeld, Fondaco 2, Nazianz, Gregorii Nazanzeni Theologi Orationes S. 207. Zu Egnatius: Mario E. Cosenza, Biographi- lectissimae XVI. bearb. M. Musuros, Venedig: Al- cal and Bibliographical Dictionary of the Italian dus 1516 (Renouard 75.1). Humanists and of the World of Classical Schol- 532 Dabei handelte es sich wohl um eine Abschrift arship in , 1300–1600 2: Cat-J, Boston 1962, aus dem BMV, Cod. Ven. Marc. 264 aus dem S. 1280–1284. 14. Jahrhundert: B. Egnatius aus Venedig an W. 529 B. Egnatius aus Venedig an W. Pirckheimer (1527 Pirckheimer (1529 Sep. 15) u. (1529 Okt. 20), in: Jan. 20) in: Pirckheimer Briefwechsel 6, Nr. 1078, Pirckheimer Briefwechsel 7, Nr. 1243, S. 243–247 S. 259–262, S. 260–261. Zum Celsus-Druck: Cel- u. Nr. 1248, S. 255. Zum Codex in der Marciana: sus, hg. v. B. Egnatius, Venedig: Aldus 1524 (Re- ebd., Nr. 1243, S. 247, Anm. 14. nouard 99.4). 4. Büchertransfer zwischen Venedig und Nürnberg · 363 berichten, er habe sie gefunden und für Pirckheimer abgeschrieben.533 Die gleichzeitig mitgesandten Reden des Synesius sollten ausdrücklich das Interesse des Nürnbergers an dem hochgelobten Autor wecken. Falls sie Pirckheimer gefielen, würde er weitere schicken. So wolle Egnatius Pirckheimer eine „Zuflucht“ nach der Beendigung seiner Nazianz-Übersetzung aufzeigen.534 Nur einen Tag später sandte er dem Nürnberger auch die von diesem gewünschte Literatur über die Eroberung Syriens und Ägyptens durch die Türken.535 Während die direkten Kontakte zu Venezianern die Beschaffung gewünschter Texte erleichterten, diente dieser Austausch von Schriften und Büchern gleichzeitig der Aufrechterhaltung gelehrter Freundschaften zwischen beiden Städten. Die Abschrift der fehlenden Nazianz-Rede sah Egnatius als Ausdruck seiner „Dankbarkeit und Geneigt- heit“ gegenüber Pirckheimer.536

4.3 Humanistische Drucke in Nürnberg

Das Interesse, das in Nürnberg an Drucken aus Venedig bestand, zeigte sich sowohl bei privaten Büchersammlern als auch auf institutioneller Ebene. Auf Letzterer sticht vor allem die Nürnberger Ratsbibliothek hervor. Für bedeutende Ankäufe venezianischer In- kunabeln zeichnete Hans VI. Tucher verantwortlich, der sich selbst in Venedig die Histo- ria naturalis des Plinius gekauft hatte.537 Die 1472 von Nicolas Jenson gedruckte Ausgabe

533 B. Egnatius aus Venedig an W. Pirckheimer (1529 precibus, ut tantum mihi ab hoc profitendi mune- Nov. 13), in: Pirckheimer Briefwechsel 7, Nr. 1254, re quietis et otii detur, quantum testandae gratiae et S. 266–269, S. 267. benevolentiae erga te meae et amicissimos aliquot 534 „[…] ut, cum a vertendo Gregorio cessabitur, ha- sit satis.“ B. Egnatius aus Venedig an W. Pirckhei- beas et stationem alteram, in qua iucunde tutoque mer (1529 Nov. 13), in: Pirckheimer Briefwechsel 7, conquiescas.“ B. Egnatius aus Venedig an W. Pirck- Nr. 1254, S. 266–269, S. 267. heimer (1529 Nov. 13), in: Pirckheimer Briefwech- 537 Die Ratsbibliothek ist bereits 1370 urkundlich be- sel 7, Nr. 1254, S. 266–269, S. 268. Die Überset- legt: Christine Sauer, Rats- und Stadtbibliothek von zung „Zuflucht“ ist aus dem Regest übernommen: der Einrichtung bis zum Verlust der Eigenständig- ebd., S. 267. Des Weiteren: „Quamobrem, si tibi keit, in: 642 Jahre Stadtbibliothek Nürnberg. Von Synesium placuisse intellexero, non gravabor et der Ratsbibliothek zum Bildungscampus, hg. v. alia quaedam egregii hominis monumenta ad te ders. (Beiträge zur Geschichte und Kultur der Stadt mittere, quae te, nisi fallor, post Gregorium tuum, Nürnberg / StBN 26), Wiesbaden 2013, S. 15–20. non minus oblectent quam iuvent.“ u. „Cuius ego Zur Erwerbung Tuchers: Eva Pleticha, Adel und ingenio cum maxime semper delectari soleam, eu- Buch. Studien zur Geisteswelt des fränkischen ndem tibi non iniucundissimum fore existimavi.“ Adels am Beispiel seiner Bibliotheken vom 15. Ebd., S. 268 u. S. 267. bis zum 18. Jahrhundert, (Veröffentlichungen der 535 B. Egnatius aus Venedig an W. Pirckheimer (1529 Gesellschaft für fränkische Geschichte IX. Darstel- Nov. 14), in: Pirckheimer Briefwechsel 7, Nr. 1255, lungen aus der fränkischen Geschichte 33), Neu- S. 269–271, S. 270. Es handelte sich bei dem Druck stadt/Aisch 1983, S. 49. Zur Bedeutung Tuchers um die Florentiner Ausgabe von Giunta von 1529: als Förderer und Freund der Humanisten: Hamm, ebd., Anm. 8, S. 271. Lazarus Spengler, S. 24 u. S. 31. 536 „Idque cum optem etiam posteris testatum esse, non desino cotidie deum immortalem fatigare 364 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg des Werks erstand er 1486 für die Ratsbibliothek aus den Beständen Johann Lochners.538 Möglicherweise befanden sich unter den Erwerbungen von Teilen der Schedel’schen Bi- bliothek und anderer privater Bücherbestände ebenfalls venezianische Ausgaben. Dane- ben besaß die Bibliothek zahlreiche weitere Drucke aus der Serenissima. In der Regel ist der Übergang dieser in die Bibliothek jedoch nicht nachzuvollziehen. Die Käufe Tuchers und die immer stärkere humanistische Ausrichtung der Ratsbibliothek zeigen das zuneh- mende Interesse des Nürnberger Stadtregiments an den studia humanitatis. Die Öffnung der Ratsbibliothek für interessierte Nutzer machte diese Texte auch Personen zugänglich, die sich die Anschaffung entsprechender Drucke nicht leisten konnten, und ermöglichte eine breitere Rezeption. Mit der Auflösung der Nürnberger Klöster im Zuge der An- nahme der Reformation durch die Reichsstadt gelangten klösterliche Bücherbestände ebenfalls in den Besitz der Ratsbibliothek. Unter ihnen befand sich beispielsweise die von Andreas Torresanus und Bartholomäus de Blavis 1483 gedruckte Ausgabe der Opera des Aristoteles mit einem Kommentar von Averroes, die der Mathematiker Konrad Heinfo- gel dem Nürnberger Kartäuserkloster vermacht hatte.539 Neben der Heinfogel-Stiftung war das Kartäuser-Kloster im Besitz weiterer venezia- nischer Druckerzeugnisse, unter anderem der Praeparatio evangelica des Eusebius von Caesarea aus der Presse Leonhard Aurls oder einiger Bände der von Jenson gedruckten Ausgabe des Digesten-Kommentars des Bartolus de Saxoferrato.540 Auch in den Biblio- theken anderer Klöster waren zahlreiche venezianische Drucke unterschiedlicher Sujets vorhanden. Das Minoritenkloster verfügte über mehrere juristische Texte aus Venedig. Es war nachweislich unter anderem im Besitz des von Johann Hammann für Petrus Liech- tenstein wahrscheinlich 1497/98 gedruckten Catholicon des Johannes Ianuensis, des Sup-

538 Mittelalterliche Bibliothekskataloge 3.3, Nr. 143, de Blavis (zum Teil für Johannes v. Köln) 1483 S. 778–795, S. 780 u. 785. Gaius Secundus Plini- (GW 2337; ISTC ia00962000), Exemplar: StBN us, Historia naturalis, Venedig: Nicolaus Jenson Philos 31.2°. Vgl.: Christine Sauer (Hg.), Anton 1472 (GW M34326; ISTC ip00788000), Exemplar: Koberger. Zum 500. Todestag des Druckers der StBN, Inc. 23.2°. Zu Lochner und dem Verkauf Schedelschen Weltchronik, (Ausstellungskatalog seiner Bibliothek auch: Märtl, Johann Lochner, der StBN 107), Nürnberg 2013, Nr. 21, S. 65–66. v.a. S. 95. Sauer, Rats- und Stadtbibliothek, S. 16; Zum Aufgehen der Kloster- in der Ratsbibliothek: sowie: Dies., Gelehrten- und Institutsbibliothe- Sauer, Rats- und Stadtbibliothek, S. 9–43. Zum ken, Vor- und Nachlässe in der Stadtbibliothek, Interesse des Stadtregiments an der Rezeption des in: 642 Jahre Stadtbibliothek Nürnberg. Von der Humanismus auch in breiteren Bevölkerungskrei- Ratsbibliothek zum Bildungscampus, hg. v. ders., sen u. den Folgen für die Ratsbibliothek: Hamm, (Beiträge zur Geschichte und Kultur der Stadt Lazarus Spengler, S. 32–33 u. S. 40. Nürnberg / StBN 26), Wiesbaden 2013, S. 347– 540 Bartolus de Saxoferrato, Super Digesto novo 1 u. 2, 391. Zu Büchersammlungen und Bibliotheken: Re- Venedig: Nicolaus Jenson 1478 (GW 3550; ISTC nate Jürgensen, Bibliotheca Norica. Patrizier und ib00217000; sowie GW 3569; ISTC ib00221200); Gelehrtenbibliotheken in Nürnberg zwischen Mit- Exemplar: UBE, 2 Inc. 191. Eusebius, De Evange- telalter und Aufklärung, (Beiträge zum Buch- und lica Praeparatione, Venedig: Leonhard Aurl 1473 Bibliothekswesen 43), Wiesbaden 2002. (GW 9442; ISTC ie00120000); Exemplar: UBE Inc. 539 Aristoteles, Opera. Mit Kommentar v. Averroes, 1225. Venedig: Andreas Torresanus u. Bartholomäus 4. Büchertransfer zwischen Venedig und Nürnberg · 365 plementum Summae Pisanellae des Nicolaus de Auximo von 1474 und des ebenfalls bei Franz Renner erschienen Breviarium Romanum von 1479.541 Besonders deutlich zeigt sich das Interesse an humanistischen Inhalten in den Nürnberger Klöstern542 und dar- aus folgend der Besitz venezianischer Drucke bei den Augustiner-Eremiten. Dort fand sich vermutlich gleichfalls die Historia naturalis, diesmal in der Ausgabe von Benalius. Vor allem aber war das Kloster im Besitz mehrerer venezianischer Aristoteles-Drucke, darunter der Werkausgabe von Johannes und Gregorius de Gregoriis von 1477. Auch De animalibus des Albertus Magnus, ebenfalls aus der Presse der de Gregoriis, war vor- handen. An theologischen und kirchenrechtlichen Texten konnte man unter anderem auf die Gregoriis-Ausgaben des Bibelkommentars des Hieronymus, die Novella super quinque libris Decretalium des Johannes Andreae oder das 1505 durch Anton Kress an das Kloster vermachte Repertorium in opera Nicolai de Tudeschis von Antonio Corsetti zurückgreifen. Neben weiteren venezianischen Drucken verfügte das Kloster wohl über eine in Venedig gedruckte Ausgabe der Epitoma in Almagestum Ptolemaei des längere Zeit in Nürnberg tätigen Regiomontan.543 Bei einigen Klöstern, wie dem Dominikaner-

541 Breviarium Romanum, Venedig: Franz Renner is00138000); Exemplar: UBE, 2 Inc. 198. Zum Mi- 1479 (GW 5149; ISTC ib01118700); Exemplar: noriten- bzw. Franziskanerkloster und den mittel- BSB, 4 Inc.c.a. 133 (BSB-Ink B-890,1). Nicolaus alterlichen Bibliothekskatalogen auch: Mittelalter- de Ausmo, Supplementum Summae Pisanellae, liche Bibliothekskataloge 3.3, S. 752–765. Venedig: Franz Renner u. Nikolaus v. Frankfurt 542 Zum Nürnberger Klosterhumanismus: Franz Ma- 1474 (GW M26252; ISTC in00060000); Exemp- chilek, Klosterhumanismus in Nürnberg um 1500, lar: UBE, Inc. 848. Johannes Balbus, Catholicon, in: MVGN 64 (1977), S. 10–45. Venedig: Johann Hamann für Peter Liechtenstein 543 Johannes Regiomontanus, Epitoma in Almagestum 1497/98? (GW 3203; ISTC ib00034000); Exemplar: Ptolemaei, Venedig: Johannes Hammann für Cas- StBN, Inc. 364.2°. Sowie: Bartolus de Saxoferrato, par Grosch u. Stephan Römer 1496 (GW M37523; Super Codice, Venedig: Johann v. Köln u. Johann ISTC ir00111000); Exemplar: StBN, Med. 211.2. Manthen 1480 (GW 3493; ISTC ib00193000); Ex- Antonio Corsetti, Repertorium in opera Nicolai de emplar: UBE 2 Inc. 206. Bartolus de Saxoferrato, Tudeschis, Venedig: Baptista de Tortis 1499 (GW Super Infortiato 2, Venedig: Andreas Torresanus 7784; ISTC ic00933000); Exemplar: UBE, 2 Inc. 1492 (GW 3640; ISTC ib00241400); Exemplar: 181. Johannes Andreae, Novella super quinque li- UBE 2 Inc. 187. Bartolus de Saxoferrato, Super Di- bris Decretalium, Venedig: Johannes u. Gregorius gesto veteri 1, Venedig: Johann v. Köln u. Johann de Gregoriis 1489 (GW 1729; ISTC ia00630000); Manthen 1479 (GW 3584; ISTC ib00225000); Exemplar: UBE, 2 Inc. 196. Albertus Magnus, Exemplar: UBE, 2 Inc. 208. Bartolus de Saxofer- De animalibus, Venedig: Johannes u. Gregorius rato, Super Digesto novo 2, Venedig: Johann v. de Gregoriis 1495 (GW 589; ISTC ia00225000); Köln u. Johann Manthen 1478 (GW 3568; ISTC Exemplar: UBE, Inc. 47. Zur Werkausgabe des ib00221000); Exemplar: UBE, 2 Inc. 141. Nicolaus Aristoteles: Aristoteles, Opera, Venedig: Johannes Tudeschis, Glossae Clementinae, Venedig: Johann u. Gregorius de Gregoriis 1496 (GW 2341; ISTC v. Köln u. Johann Manthen 1480 (GW M48053; ia00966000); Exemplar: BSB, 2 Inc.c.a.3293 (BSB- ISTC ip00041500); Exemplar: UBE, 2 Inc. 173. Ni- Ink A-705,1); hier auch der Vermerk: „Opus istud colaus Tudeschis, Lectura super quinque libros De- Aristotelicum conventus esse Nurembergani non cretalium, Venedig: Andreas Torresanus 1482/83 dubitetur: fratrumque Conradi videlicet helt‹!› (GW M47874; ISTC ip00049000); Exemplar: UBE, et Johannis Generij usui destinatum ab omnibus 2 Inc. 176. Johannes Antonius de Sancto Georgio, sciatur.“ Zur Benalius-Ausgabe: Gaius Secundus Lectura super quarto libro Decretalium, Venedig: Plinius, Historia naturalis, Venedig: Bernardinus Bernardinus Stagninus 1493 (GW M39967; ISTC Benalius 1497 (GW M34321; ISTC ip00799000); 366 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg kloster, lässt sich auch der Weg genauer nachvollziehen, über den zumindest manche der venezianischen Drucke in ihren Besitz gelangten. Wahrscheinlich erwarb Johannes Cuno die einer aldinischen Astronomensammlung von 1499 entnommene Aratea des Germanicus, Cicero und Avienus und die von Philipp Pincius gedruckten Noctes Atticae des Aulus Gellius in Venedig oder Padua und brachte sie nach seiner Rückkehr mit in den Norden. In seinem Testament vermachte er die Texte seinem ehemaligen Kloster.544 Die bei Liechtenstein 1484 gedruckte Orthographia des Johannes Tortellius Aretinus hatte er selbst von seinem „Lehrer“ Johann Pirckheimer erhalten, der diese wohl wiederum direkt aus dem venezianischen Umfeld bezogen hatte.545 Die Bibliothek der Dominikaner um- fasste folglich nicht nur Drucke antiker Autoren, sondern trug auch mit entsprechenden Lehrbüchern den Studieninteressen ihrer Nutzer Rechnung. Das Schicksal des Liech- tenstein-Drucks der Orthographia zeigt dabei deutlich, wie die venezianischen Bücher innerhalb der gelehrten Kreise Nürnbergs tradiert wurden. Die Weise, auf die die Drucke in den Besitz der Klöster gelangten, lässt sich auch beim Egidienkloster nachvollziehen. Das Supplementum des Nicolaus de Auximo übergab ihm 1514 Johannes Züll. Daneben wurde dem Kloster die 1487 von Nikolaus von Frankfurt gedruckte Summa angelica de casibus conscientiae des Angelus Carletus geschenkt. Den Liber Extra Gregors IX., den Johann Herbort für Johann von Köln und Nicolas Jenson 1481 gedruckt hatte, und die von Rainald von Nimwegen 1483 produzierte Historia naturalis des Plinius erwarb der Abt des Klosters, Johann Radenecker.546 Konrad Heinfogel schenkte dem Kloster 1517

Exemplar: StBN, Med. 220.2°. Die Summa casuum it00167000); Exemplar: UBE, Inc. 1218. Zur His- conscientiae bzw. die Rosella casuum des Baptista toria Naturalis: „Iste liber est monasterii sanc- de Salis, die 1495 von Arrivabene gedruckt worden ti Egidii in Nuremberga Ordinis divi benedicti. war, wurde dem Kloster noch im selben Jahr vom Bambergensis diocesis. Emptus per reverendum Bamberger Bischof übergeben: Baptista de Salis, patrem dominum Johannem Rottennecker abba- Summa casuum conscientiae, Venedig: Georgius tem Eiusdem monasterii Anno domini 1492°.“ Arrivabene 1495 (GW 3325; ISTC is00049000); Gaius Secundus Plinius, Historia naturalis, Ve- Exemplar: WLS, Inc.qt.14183. nedig: Rainald v. Nimwegen 1483 (GW M34329; 544 Aulus Gellius, Noctes Atticae, Venedig: Philippus ISTC ip00794000); Exemplar: StBN, Med. 229.2°. Pincius 1500 (GW 10602; ISTC ig00127000). Iulius Zu den Dekretalen: „Iste liber est monasterii Sancti Firmicus Maternus, Mathesis. Angeb. Marcus Ma- Egidii in Nuremberga ordinis divi benedicti Bam- nilius, Astronomia.- Aratus, Venedig: Aldus Manu- bergii diocesis emptus per Reverendum patrem tius 1499 (GW 9981; ISTC if00191000; Renouard dominum Johannem Rotenecker abbatem eius- 20.3). Vgl. Sicherl, Johannes Cuno, S. 163–614. dem monasterii Anno domini 1482.“ Gregorius, 545 „Hoc volumine donavit me praeceptor meus sua- Decretales, Venedig: Johann Herbort für Johann vissimus dominus Johannes birccheimerus iuridice v. Köln, Nicolaus Jenson u. Genossen 1481 (GW discipline nulli secundus, quem favore p(atris) pri- 11460; ISTC ig00453000); Exemplar: UBE, Inc. oris ad usum meum concessum habeo.“ Johannes 34. Zur Summa des Angelus Carletus: Angelus Tortellius, Orthographia, Venedig: Hermann Liech- de Clavasio, Summa angelica de casibus consci- tenstein 1484 (GW M47221; ISTC it00399000); zi- entiae, Venedig: Nikolaus v. Frankfurt 1487 (GW tiert nach: Sicherl, Johannes Cuno, S. 165. 1925; ISTC ia 00715000); Exemplar: UBE, 4 Inc. 546 Auch besaß man die Liechtenstein-Ausgabe des 102/2. Zum Supplementum des Nicolaus de Au- Thomas von Aquin: Thomas v. Aquin, Scripta ximo: „Liber iste oblatus est monasterio S. Egidii super quattuor Sententiarum. Liber 3, Venedig: pro memoria anime Domini Joannis Züllen. Anno Hermann Liechtenstein 1490 (GW M46382; ISTC dominice incarnationis 1514 23 Junii. Requiescat 4. Büchertransfer zwischen Venedig und Nürnberg · 367 die von Jenson gedruckten Ausgaben der Lectura super quinque libri Decretalium des Nicolaus de Tudeschis.547 Seine venezianische Werkausgabe des Aristoteles vermachte er hingegen dem Kartäuserkloster. Entsprechend der Bindung und der Herkunft der Mini- aturen aus einer Nürnberger Werkstatt ist davon auszugehen, dass Heinfogel das Buch unmittelbar nach seinem Erscheinen ohne Illuminierungen und in losen Lagen erworben hatte und die Ausstattung in der Reichsstadt ausführen ließ. Dass er das Buch studiert hatte, zeigen die Anmerkungen.548 Inwieweit sich das Nürnberger Interesse an Drucken aus Venedig in den Sammlungen von Privatleuten niederschlug, lässt sich in Anbetracht der Überlieferungssituation nur ­in Ansätzen nachvollziehen. Die meisten Privatbibliotheken wurden im Laufe der Zeit zertreut und sind oftmals nicht zu rekonstruieren. In der Regel lässt sich nur anhand zufälliger Quellenverweise oder vereinzelter Provenienzangaben ein Interesse an venezi- anischen Erzeugnissen vermuten. Dieses hatte jedoch möglicherweise zu einem größeren Besitz entsprechender Drucke geführt.549 Ob der Vorliebe von Hans VI. Imhoff für die Übersetzungen Pirckheimers oder dem Besitz italienischer, nicht weiter spezifizierter Bü- cher bei Veit Imhoff550 umfassendere Bemühungen um die Sammlung entsprechender Texte in der Familie Imhoff zu Grunde lagen, lässt sich so beispielsweise nicht klären. Dass bei verhältnismäßig vielen Nürnbergern vereinzelte Drucke aus Venedig nachzu- weisen sind, zeugt von einem breit gefächerten Interesse an Erzeugnissen der veneziani- schen Presse in Nürnberg.551 Oftmals handelte es sich bei diesen Büchern um Ausgaben

in pace. Amen.“ Nicolaus de Ausmo, Supplemen- tragenen venezianischen Drucken z. B.: Cristina tum Summae Pisanellae, Venedig: Franz Renner Dondi, La circolazione europea degli incunaboli u. Nicolaus v. Frankfurt 1474 (GW M26252; ISTC veneziani documentata dalle edizioni conservate in00060000); Exemplar: StBN, Jur. 292.2°. Die alla Biblioteca Bodleiana, Oxford, in: The Books of umfangreichen erhaltenen Kataloge des Egidien- Venice, hg. v. Lisa Pon u. Craig Kallendorf, (Mis- klosters: Mittelalterliche Bibliothekskataloge 3.3, cellanea Marciana 20), Venedig 2008, S. 179–190. S. 422–569. Zur Entwicklung und Differenzierung privater 547 Nicolaus Tudeschis, Lectura super quinque libros Büchersammlungen bis zur 1. Hälfte des 16. Jh.: Decretalium, Venedig: Nicolaus Jenson 1477 (GW Jürgensen, Bibliotheca Norica 1, S. 27–40. M47867; ISTC ip00046000) Exemplar: UBE, 2 Inc. 550 (1504 Mär. 26), GNM, IA Teil 1, Fasc. 21, Nr. 8, 185. Das andere Exemplar trägt die Signatur: UBE, (fol. 3v = o. Fol.). 2 Inc. 165. 551 Unklar ist, wann genau die folgenden Drucke sich 548 Aristoteles, Opera. Mit Kommentar v. Averroes, in Nürnberger Besitz befanden, aber sie tragen die- Venedig: Andreas Torresanus u. Bartholomäus de sen als erste Provenienzangabe: Appianus, Historia Blavis (zum Teil für Johannes v. Köln) 1483 (GW Romana, Venedig: Erhard Ratdolt u. Peter Löslein 2337; ISTC ia00962000); Exemplar: StBN Phi- 1477 (GW 2290; ISTC ia00928000); Exemplar: los 31.2°. Die Miniaturen stammten möglicher- BSB, ESIg/4 A.gr.b. 141 (BSB-Ink A-651,1 u.3). weise aus der Werkstatt Kobergers: Sauer, Anton Decimus Iunius Iuvenalis, Satirae, Venedig: Bone- Koberger, Nr. 21, S. 65–66. tus Locatellus für Octavianus Scotus 1492 (GW 549 Bettina Wagner, Nürnberger Büchersammler um M15775; ISTC ij00658000); Exemplar: BSB, 2 Inc. 1500. Inkunabeln aus dem Besitz von Christoph c.a. 2725 (BSB-Ink I-689,2). Franciscus Zabarellis, Scheurl und einigen seiner Zeitgenossen in Oxfor- Lectura super Clementinis, Venedig: Johannes der Bibliotheken, in: MVGN 82 (1995), S. 69–87, Herbort für Johann v. Köln, Nicolaus Jenson u. S. 69. Zu den in der Bodleian Library in Oxford Genossen 1481 (GW M51996; ISTC iz00004000); überlieferten und aus ganz Europa zusammenge- Exemplar: 2 Inc. c.a. 1128a (BSB-Ink Z-3,2). 368 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg antiker Autoren oder kirchenrechtlicher Texte. Hektor Pömer, der ab 1521 Probst der Lorenzkirche war, besaß die Historiae adversus paganis von Paulus Orosius von 1499.552 Lorenz Beheim erwähnte in einem Brief an Willibald Pirckheimer, dass neben diesem auch Wilhelm Haller den 1493 von Bonetus Locatellus für Octavianus Scotus gedruckten Liber quadripartitus des Ptolemäus besäße.553 Die bei Baptista de Tortis 1483 erschienene Punica des Silius Italicus befand sich ebenfalls im Besitz von mindestens zwei Nürnber- gern, Hartmann Schedel und Sebald Spalatin.554 Der lange Zeit in Italien lebende und in Pavia ausgebildete Johann Lochner verfügte möglicherweise über mehrere venezianische Drucke. Zumindest die Jenson-Ausgabe der Historia naturalis des Plinius, die Hans VI. Tucher 1486 für die Nürnberger Ratsbibliothek erstand, stammte nachweislich aus der Serenissima.555 Die von Stagninus 1488 gedruckte Ausgabe der Lectura des Tudeschis, die für 1492 den Besitzvermerk des promovierten Juristen Erasmus Topler trägt und in der sich Glossen von seiner Hand finden, gelangte über einen weiteren Nürnberger nach Sulzbach.556 Reges Interesse an Drucken aus Venedig hegten offenbar vor allem die Tucher. Aus ihrer Provenienz sind mehrere Erzeugnisse der venezianischen Presse überliefert, die meist prunkvoll ausgestattet sind und teilweise handschriftliche Glossen aufweisen, also wohl tatsächlich studiert wurden.557 Anton Tucher erstand ferner meh-

552 Paulus Orosius, Historiae adversus paganos, Ve- 555 Gaius Secundus Plinius, Historia naturalis, Vene- nedig: Christophorus de Pensis für Octavianus dig: Jenson 1472 (GW M34326; ISTC ip00788000), Scotus 1499 (GW M28410; ISTC io00100000); Exemplar: StBN, Inc. 23.2°. Wagner, Büchersammler, S. 86. 556 „Ex dono Domini Christophori Gugels Jurium 553 „Opus est autem, ut habeas Ptholomeum de eadem Doctoris, Normimbergae habitantis. Sum ego impressura, qua meus est, sicuti et ille d. Wilhel- Pauli Saur Zapffen ex Sultzbach. Anno domini mus Haller habet, Venetiis impressus per Bonetum 1536.“ bzw. „nunc vero Pauli SaurZapffen ex Sult- 1493.“ L. Beheim aus Bamberg an W. Pirckheimer zbach titulo donationis a Domino Gugel factae. (1511 Herbst), in: Pirckheimer Briefwechsel 2, 1536“ Nicolaus Tudeschis, Lectura super quinque Nr. 196, S. 104–111, S. 104–105. Es handelte sich libros Decretalium, Venedig: Bernardinus Stagni- um: Claudius Ptolemaeus, Quadripartitum, Vene- nus 1487–1488 (GW M4796840, GW M4796810, dig: Bonetus Locatellus für Octavianus Scotus 1493 GW M47992, GW M47995, GW M47996, GW (GW M36394; ISTC ip01089000). Auch: Pirckhei- M48003; ISTC ip00051500); Exemplar: BSB, 2 Inc. mer Briefwechsel 2, Nr. 196, S. 104–111, Anm. 6, c.a. 2093 (BSB-Ink T-518,1). Daneben besaß Topler S. 109. Der Druck ist über die Arundel-Sammlung noch die Carmina des Gregorius Tifernas, die in in der Bibliothek Pirckheimers nachweisbar: David einem Sammelexemplar der 1472 in Venedig ge- Paisey, Searching for Pirckheimer’s books in the re- druckten Opera des Ausonius enthalten sind: De- mains of the Arundel Library at the Royal Society, cimus Magnus Ausonius, Opera, Venedig: Drucker in: Enea Silvio Piccolomini nördlich der Alpen, hg. des Ausonius 1472 (GW 3090; ISTC ia01401000); v. Franz Fuchs, (Pirckheimer Jahrbuch 22), Wies- Exemplar: UBW Inc.f.84 angb.4. baden 2007, S. 159–218, Nr. 212, S. 63. 557 Glossen finden sich in: Guido de Baisio, Rosari- 554 Silius Italicus, Punica, Venedig: Baptista de Tortis um super Decreto, Venedig: Johann Herbort für 1483 (GW M42117; ISTC is00507000). Verweis auf Johann v. Köln, Nicolaus Jenson u. Genossen 1481 die Provenienz aus dem Besitz Sebald Spalatins in: (GW 3747; ISTC ib00288000), Exemplar: BSB, 2 BSB, Res/2A.lat.a293#Beibd. 1 (BSB-Ink S-385,3). Inc. c.a. 1025 (BSB-Ink B-248,3). Die Ausgabe ist Zu Schedel: BSB, 2 Inc.c.a.1374 (BSB-Ink S-385,2; mit Miniatur, Goldgrundinitiale und Blütenranken Stauber 213). geschmückt. Ebenso ausgestattet sind die Jenson- 4. Büchertransfer zwischen Venedig und Nürnberg · 369 rere der Übersetzungen Pirckheimers, was ebenfalls auf gelehrte Interessen schließen lässt. Anders als bei vielen anderen privaten Buchbesitzern geben der Kauf der Historia naturalis des Plinius durch Hans VI. Tucher 1470 in der Lagunenstadt und die engen kaufmännischen Kontakte der Familie nach und in Venedig Hinweise darauf, wie die Drucke wohl in den Besitz der Tucher und nach Norden gelangten.558 In den wenigen größeren Büchersammlungen in Privatbesitz, die sich zumindest teilweise rekonstruieren lassen, machten Drucke aus Venedig einen großen Anteil der Bestände aus. Selten finden sich so explizite Angaben über den Erwerbsort der Bücher wie bei Hieronymus Münzer. Den Grundstock seiner Bibliothek bildete wohl der in Pavia 1476 erstandene Druck De Animalibus des Aristoteles, der im selben Jahr von Johann von Köln und Johann Manthen herausgegeben worden war.559 Auf den zahlreichen Stationen seiner italienischen peregrinatio erwarb Münzer, der bereits während seiner Studienzeit venezianische Drucke aus Pavia mitgebracht hatte, in Mailand und Venedig Bücher. Auf einen Erwerb in der Lagunenstadt verweist der Kaufvermerk in der Rubeus-Ausgabe der Historien Herodots. Die Opera des Mesue und der Liber Aggregationes des Johannes Serapion, die beide 1479 von Rainald von Nimwegen gedruckt worden waren und von denen Letzterer sich auch im Schedel’schen Besitz befand, ließ Münzer sich hingegen aus Venedig mitbringen.560 Die venezianischen Ausgaben machten mit 66 Titeln über ein Drittel der 178 von Goldschmidt identifizierten Drucke der Bibliothek Münzers aus. Kein anderer Druckort fand sich bei ihm annähernd häufig.561 Die Texte waren durch- weg lateinisch, bei einigen handelte es sich um Übersetzungen aus dem Arabischen und

Ausgaben des Gratian und ded Liber Extra: Gra- hannes Mesue, Opera, Venedig: Rainald v. Nim- tianus, Decretum, Venedig: Nicolaus Jenson 1477 wegen 1479 [GW M23013; ISTC im00513000]): (GW 11357; ISTC ig00366000); Exemplar: BSB, ebd., 79. Goldschmidt gab jedoch ein falsches 2 Inc. c.a. 623 (BSB-Ink G-258,1). Gregorius, Datum an. Zum Herodot (Herodotus, Historiae, Decretales, Venedig: Nicolaus Jenson 1479 (GW Venedig: Jacobus Rubeus 1474 [GW 12321; ISTC 11459; ISTC ig00452000); Exemplar: BSB, 2 Inc. ih00088000]): „comparatus Venecijs anno domi- c.a. 856 (BSB-Ink G-337,1). ni 1479 die 20 mensis Octobris“, zitiert nach: ebd., 558 Zu den Erwerbungen Anton Tuchers auch: Holz- Nr. 106, S. 133. Zu den in Pavia erstandenen Dru- berg, Willibald Pirckheimer, S. 232. cken: ebd., Nr. 51, S. 124, Nr. 96, S. 131 u. Nr. 138, 559 Aristoteles, De animalibus, Venedig: Johann v. S. 139. Zu den Käufen in Italien generell: ebd., Köln u. Johann Manthen 1476 (GW 2350; ISTC S. 27. Christoph II. Scheurl erwarb z. B. venezia- ia00973000; Goldschmidt 51). Goldschmidt be- nische Drucke in Rom und Bologna: Wagner, Bü- zeichnete den Aristoteles-Druck als „Grundstein“ chersammler, S. 75–78. der Bibliothek Münzers: Ernst P. Goldschmidt, Hi- 561 Dabei handelte es sich um genauso viele Drucke eronymus Münzer und seine Bibliothek, (Studies wie sonst aus ganz Italien gesamt, wovon die Mai- of the Warburg Institute 4), London 1938, S. 22. länder Presse mit dreizehn Titeln der am häufigs- 560 „quem mihi procuravi ex Venetiis ad Nurember- ten vertretene Druckort war. Darunter fanden sich gam anno 1486;“ Johannes Serapion, Liber Serapi- auch zahlreiche Bücher aus der nächsten Umge- onis aggregatus in medicinis simplicibus, Venedig: bung Venedigs bzw. der venezianischen Terrafer- Rainald de Nimwegen 1479 (GW M41691; ISTC ma. In Padua wurden fünf, in Treviso sieben und is00468000); zitiert nach: Goldschmidt, Hierony- in Vicenza sechs Werke gedruckt: Goldschmidt, mus Münzer, Nr. 87, S. 130. Das Buch wird hier Hieronymus Münzer. als Liber aggregationes aufgeführt. Zu Mesue (Jo- 370 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg

Griechischen. Die Themenfelder waren hingegen sehr vielfältig. Entsprechend seinem Beruf besaß der Arzt vor allem medizinische und naturwissenschaftliche Drucke, mit fünfzehn Titeln waren jedoch auch antike Autoren und mit zehn Titeln philosophische Werke stark vertreten.562 Deutliche Überschneidungen weist die Bibliothek Münzers mit derjenigen Hartmann Schedels auf. Viele der von Münzer besessenen Titel befanden sich auch in dieser wohl umfassendsten Nürnberger Büchersammlung.563 Wie bei dem Teisir sive rectificatione des Avenzoar, 1490 gedruckt von Johannes und Gregorius de Gregorii, den von Pincius herausgegebenen Werken des Galen oder dem Breviarium medicinae des Serapion, han- delte es sich bei Drucken, die im Besitz beider Ärzte waren, oftmals um medizinische Werke. Bei den Texten antiker Autoren entsprachen sich die Sammlungen Schedels und Münzers ebenfalls wiederholt. Einzelne Überschneidungen ergaben sich daneben in den Bereichen der Theologie, der Historiographie und Geographie, wobei sich einige der Texte, wenn auch wie beim Ratdolt-Druck von Ptolemäus’ Quadripartitum teilweise in unterschiedlichen Auflagen, ebenso in Pirckheimers Besitz befanden.564 Thematisch war die Sammlung Schedels sehr breit gefächert. Dennoch lässt sich ein Schwerpunkt bei medizinischen Werken und antiken Texten im Generellen ausmachen. Ein besonderes Interesse an bestimmten Autoren zeigen die biographischen Notizen und Abrisse, die Hartmann Schedel, beispielsweise zu Avenzoar, Averroes, Herodot, Horaz, Iuvenal, Pet- rarca und Ptolemäus, in die Bücher schrieb.565 Unter den Druckern bevorzugte Schedel,

562 Zehn Titel waren medizinische, zwölf naturwissen- tus in medicinis simplicibus, Venedig: Rainald de schaftliche Texte: Goldschmidt, Hieronymus Mün- Nimwegen 1479 (GW M41691; ISTC is00468000). zer, S. 116–145. Bei sieben der 185 Titel handelt es Ebenfalls im Besitz Pirckheimers: Gazius, Antoni- sich um Handschriften: ebd., Nr. 25, S. 120, Nr. 38, us, Corona florida medicinae, sive De conserva- S. 121, Nr. 78, S. 128, Nr. 80, S. 129, Nr. 83, S. 129, tione sanitatis, Venedig: Johannes u. Gregorius Nr. 92, S. 130 u. Nr. 109, S. 133. de Gregoriis 1491 (GW 10563; ISTC ig00111000). 563 Worstbrock betonte, dass die Bibliothek „in In allen drei Bibliotheken kam z. B. auch die von Deutschland um 1500 nach Umfang und Inhalt al- Ratdolt 1477 gedruckte Historia Romana Appians les ihresgleichen überragte.“ Sie sei dabei ein „ge- (GW 2290; ISTC ia00928000), Eusebius‘ Chroni- samthaftes Programm“ als „eine im Ensemble ihrer con im Ratdolt’schen Druck von 1483 (GW 9433; Wissensgebiete strukturell universale Sammlung“, ISTC ie00117000) und die Historia rerum ubique die sich in ihrem Aufbau, entsprechend den von gestarum Piccolominis, gedruckt 1477 von Johann Schedel selbst überlieferten Bücherverzeichnissen, v. Köln u. Johann Manthen, (GW M33756; ISTC an der Wissensstrukturierung der Universitäten ip00730000) vor. Einige Drucke fanden sich in orientierte. Dabei machte er sich in einigen Berei- zwei Bibliotheken aus der gleichen Ausgabe und in chen Besonderheiten Paduas zu eigen: Franz Josef der jeweils dritten in einer anderen Ausgabe: die Worstbrock, Hartmann Schedels ,Index Librorum‘. Opera des Pontanus, das Quadripartitum Ptole- Wissenschaftssystem und Humanismus um 1500, mäus’, Herodots Historien u. Serapions Breviarium in: Studien zum 15. Jahrhundert. FS für Erich Meu- medicinae . then 2, hg. v. Johannes Helmrath u. Heribert Mül- 565 Avenzoar, Teisir sive rectificatio medicationis ler, München 1994, S. 697–715, S. 697 (Zitate) u. et regiminis, Venedig: Johannes u. Gregorius de S. 700–701. Gregoriis 1490/91 (GW 3103; ISTC ia01408000); 564 Weitere medizinische Werke im Besitz beider Ärz- Exemplar: BSB, 2 Inc.c.a. 2365 (BSB-Ink A-950,1; te: Johannes Serapion, Liber Serapionis aggrega- Stauber 159). Averroes, Colliget, Venedig: 4. Büchertransfer zwischen Venedig und Nürnberg · 371

ähnlich wie Münzer, Erhard Ratdolt und dessen venezianische Arbeiten. Grundsätzlich lassen sich besonders viele Erzeugnisse von in Venedig tätigen Buchproduzenten aus dem deutschen Sprachraum in seiner Sammlung aufspüren. Großes Interesse galt daneben den Drucken des Aldus Manutius.566 Von diesem besaß er mehrere Bücher, unter ihnen die griechische Musaeus-Ausgabe De Herone et Leandro, die eine lateinische Überset- zung von Markos Musuros enthielt, die griechisch-lateinische Aesop-Aldina von 1505 und die Introductio brevissima in litteras Graecas.567 Hartmann Schedel selbst hatte in Padua bei Chalcondyles Griechisch studiert. Von seinem Vetter Hermann waren einige venezianische Drucke, wie die von Jenson 1475 gedruckten und mit handschriftlichen Notizen des älteren Schedel versehenen Horae oder die Vitae Tynei des Philostratus, in seinen Besitz übergegangen.568 Dass bei der handschriftlichen Preisangabe Hermanns auf dem Rückdeckel der von Wendelin von Speyer 1472 gedruckten Ausgabe von Appians De bellis civilibus ausdrücklich darauf verwiesen wurde, dass es sich um den Preis „ohne Bindung“ handle, lässt darauf schließen, dass Hermann sie in Venedig erwarb.569 Die dort über Albrecht Heugel besorgte Haly-Ausgabe gab hingegen Hartmann in Auftrag.

Laurentius de Rubeius 1482 (GW 3107; ISTC 567 Introductio brevissima in litteras Graecas, Ve- ia01411000); Exemplar: BSB, 2 Inc.c.a. 1165 (BSB- nedig: Aldus Manutius o. Dat. (Stauber 187). Ae- Ink A-952,1; Stauber 159). Herodotus, Historiae, sopus, Vita e fabellae, Venedig: Aldus Manutius Venedig: Jacobus Rubeus 1474 (GW 12321; ISTC 1505 (Renouard 49.6; Stauber 154). Musaeus, De ih00088000); Exemplar: BSB, 2 Inc.c.a. 292 (BSB- Herone et Leandro, Venedig: Aldus Manutius ca. Ink H-120,1; Stauber 183). Horatius Flaccus Quin- 1495 (GW M25737; ISTC im00880000; Renouard tus, Carmina, Venedig: Johannes u. Gregorius de 257.3); Exemplar: BSB, Rar. 303 (BSB-Ink M-592,1; Gregoriis u. Jacobus Britannicus 1483 (GW 13459; Stauber 197). Des Weiteren: Alexander Benedictus, ISTC ih00448000); Exemplar: BSB, 2 Inc.c.a. 1341 Diaria de bello Carolino, Venedig: Aldus Manu- (BSB-Ink H-363,2; Stauber 185). Decimus Iunius tius o. Dat. (GW 863; ISTC ib00320400; Renou- Iuvenal, Satirae, Venedig: Baptista Tortis 1483 ard 260.9; Stauber 308). Poetae christiani veteres (GW M15813; ISTC ij00649000); Exemplar: BSB, Bd. 1 u. 3, Venedig: Aldus Manutius 1501 u. 1503 2 Inc.c.a. 1346 (BSB-Ink I-683,2; Stauber 185). (Renouard 24.1; Stauber 204). Valerius Maximus, Petrarca, Trionfi, Venedig: Bartholomaeus Zanis Dictorum et factorum memorabilium libri novem, (GW M31739; ISTC ip00392000); Exemplar: BSB, Venedig: Aldus Manutius 1502 (Renouard 36.10; 2 Inc.c.a. 3521 (BSB-Ink P-286,1; Stauber 199). Stauber 221). Claudius Ptolemaeus, Quadripartitum, Venedig: 568 Philostratus, De Vita Tyanei, Venedig: Bernardinus Ratdolt 1484 (GW M36411; ISTC ip01088000); Venetus 1502 (Stauber 200). Im Jenson-Druck fin- Exemplar: BSB, 4 Inc.c.a. 380 (BSB-Ink P-862,2; det sich ein handschriftlicher Text von Hermann: Stauber 205). Weitere Drucke mit biograph. No- Horae, Venedig: Nicolaus Jenson 1475 (GW 13356; tizen: Leonardus Brunus, Epistulae familiares, ISTC ih00357260); Exemplar: Rar. 343 (BSB-Ink Venedig: Drucker d. L. Brunus 1472 (GW 5606; H-334,1; Stauber 197). Zur Entwicklung der Bib- ISTC ib01242000); Exemplar: BSB, 2 Inc.c.a. 95 liothek und umfangreichen Sammlung Hermanns: (BSB-Ink B-940,1; Stauber 157). Marcus Valeri- v.a. Stauber, Schedelsche Bibliothek. Zur Bibliothek us Martialis, Epigrammata, Venedig: Thomas de Hermanns: ebd., S. 12–40. Vgl. auch: Bauer, Uni- Blavis 1482 (GW M21272; ISTC im00305000); versität Padua, S. 233. Exemplar: BSB, 2 Inc.c.a. 1233 (BSB-Ink M-196,1; 569 „Constat Venetiis sine ligatura 1 ½ duc“. Appianus, Stauber 194). Historia Romana, Venedig: Wendelin v. Speyer 566 Zum Interesse der Deutschen an bestimmten Dru- 1472 (GW 2293; ISTC ia00931000); Exemplar: ckern: Dondi, Circolazione europea, S. 188–189. StBN, 2 Inc. 48.2° (Stauber 157). 372 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg

Daneben sind venezianische Drucke aus dem Besitz anderer Familienmitglieder in der Bibliothek nachweisbar. Die von Bartolomeo da Cremona gedruckten Expositiones et quaestiones in Aphorismos des Iacobus de Forlivio tragen das auf das Jahr 1513 datierte Exlibris Anton Schedels. Die 1475 bei Jenson gedruckten Horae verweisen auf Hartmann Schedel als Eigentümer, befanden sich jedoch wohl auch im Besitz Hermanns und später Antons.570 Mit der Aritmetica mercantile des Pietro Borghi, die Johannes Schedel gehör- te, spiegelt die Bibliothek Schedels auch die unterschiedlichen, am Transfer beteiligten Trägerschichten wider. Über wen Hartmann in den Besitz der Korrekturexemplare der Diaria de bello Carolino und der Musaeus-Aldina kam, die die Druck- und handschrift- lichen Revisionen der Aldinischen Offizin enthalten, ist unklar.571 Sicherlich waren sie nicht auf dem normalen Büchermarkt erhältlich, sondern über die direkten Kontakte Schedels in Venedig in seinen Besitz gelangt. Auch Willibald Pirckheimer besaß seltene venezianische Bücher, an die er wohl nur aufgrund seiner guten Beziehungen in die Serenissima gelangen konnte. Erasmus von Rotterdam schrieb ihm in einem Brief von 1499, dass er verzweifelt versucht habe, die Ausgabe der Institutiones Graecae Grammaticae des Urbano Bolzanio zu bekommen, die Manutius zwei Jahre zuvor gedruckt hatte. In der Bibliothek des Nürnbergers dage- gen befand sich ein Exemplar des von Erasmus begehrten Drucks, das Pirckheimer von Dürer illuminieren ließ.572 Aufgrund der ausführlichen Korrespondenzen des Patriziers sind über die Entwicklung seiner Bibliothek und seine Motive für den Bücherkauf im Vergleich zu den anderen Nürnbergern die aufschlussreichsten Informationen erhalten. Nichtsdestoweniger lässt sich die Sammlung nur in Ansätzen rekonstruieren, wie dies durch Emile Offenbacher und David Paisey geschehen ist. Sie wurde in den Jahrzehn- ten nach dem Tod ihres Besitzers zerstreut.573 Bereits unter seinem Vater Johann, der zahlreiche Bücher aus Italien mitgebracht hatte, erreichte sie einen großen Umfang, vor allem im theologischen und juristischen Bereich. In der Folge wurde sie durch Willibald erweitert.574 Thematisch deckte die Bibliothek, ähnlich wie diejenige Schedels, alle an

570 Horae, Venedig: Nicolaus Jenson ca. 1475 (GW M48900; ISTC iu00066000; Renouard 11.4). Vgl. 13356; ISTC ih00357260); Exemplar: BSB, Rar. 343 auch: Offenbacher, Bibliothèque, S. 255. (BSB-Ink H-334,1; Stauber 8 u. 197). Forlivio trägt 573 Zum weiteren Schicksal der Bibliothek: Paisey, den Besitzverweis „Liber magistri artium Antonii Pirckheimer’s Books, S. 163; Reimann, Die älteren Schedel Nurembergensis.“ Jacobus de Forlivio, Ex- Pirckheimer, S. 197–230; Offenbacher, Biblio- positiones et quaestiones in Aphorismos Hippocra- thèque, S. 250. Ein Teil befindet sich heute in der tis, Venedig: Bartolomeo da Cremona 1473 (GW Arundel Bibliothek der Royal Society, einige Ex- M10637; ISTC ij00043300); Exemplar: BSB, 2 Inc. emplare in der Nürnberger Stadtbibliothek und an c.a. 211 (BSB-Ink I-15,1; Stauber 8). anderen Orten: Paisey, Pirckheimer’s Books. Hier 571 Alexander Benedictus, Diaria de bello Carolino, auch zur Schwierigkeit, die Bibliothek zu rekons- Venedig: Aldus Manutius: o. Dat. (GW 863; ISTC truieren: ebd., S. 160. Sowie: Offenbacher, Biblio- ib00320400; Renouard 260.9); Exemplar: BSB, 4 thèque. Inc. s.a. 308 (BSB-Ink B-277,1; Stauber 162 u. 308). 574 Holzberg, Willibald Pirckheimer, S. 87. Auch über 572 Urbanus Bellunensis, Institutiones graecae gram- das Erbe Johannes Cunos, der Teile seiner Bücher- maticae, Venedig: Aldus Manutius 1497 (GW sammlungen an Willibald vermachte, kamen vene- 4. Büchertransfer zwischen Venedig und Nürnberg · 373 den Universitäten vertretenen Wissensbereiche ab, wenngleich klassische Autoren den Schwerpunkt seiner Sammlung bildeten. Bedeutend waren daneben medizinische und historiographische Werke, gefolgt von Texten zur Astronomie sowie den Lehrwerken und Traktaten zur griechischen und lateinischen Grammatik.575 Die Studienzeit in Padua, in der er unter anderem bei Laurentius Camers Griechisch lernte, prägte den jungen Pirckheimer nachhaltig.576 Sein in der venezianischen Hochschule entwickeltes Interesse am Studium antiker Autoren setzte sich nach seiner Rückkehr fort. Er wurde zu einem der wichtigsten Humanisten im Reich nördlich der Alpen.577 Besondere Bedeutung kam seiner intensiven Auseinandersetzung mit der griechischen Sprache und den griechi- schen Autoren zu. Konrad Celtis gegenüber betonte er, er studiere „fleißig griechische Schriftsteller“, von denen er viele besitze.578 Für seine autodidaktischen Studien nördlich der Alpen benötigte Pirckheimer, ebenso wie für sein gelehrtes Interesse an den Original- texten, möglichst fehlerfreie Ausgaben.579 Die mangelnde Verfügbarkeit adäquater Text- ausgaben im Norden machte den Bezug von entsprechenden Büchern aus Italien not- wendig.580 Neben der Tatsache, dass viele der Originaltexte erstmals über Aldus lieferbar

zianische Texte in die Bibliothek: Sicherl, Johannes für die Erzeugnisse der bedeutenden italienischen Cuno, S. 166; Sicherl, Nürnberg und der griechi- Drucker Venedigs, v.a. von Johannes und Gregor sche Humanismus, S. 45. de Gregoriis, Bernardinus Venetus, Benetus Lo- 575 Holzberg betonte, dass es sich um eine „zu ihrer catellus, der für Octavianus Scotus druckte, von Zeit einmalige[…] Sammlung von Frühdrucken“ Simon Bevilaqua und Baptista de Tortis. zur Philosophie, Theologie, Rechtswissenschaft, 576 Vgl. Holzberg, Willibald Pirckheimer, S. 83; Bauer, Medizin, Mathematik, Astrologie, Geographie, Ge- Universität Padua, Nr. 128, S. 579–586. schichte und zeitgenössischen humanistischen Li- 577 Sicherl nannte Pirckheimer einen „Propagator teratur gehandelt habe: Holzberg, Willibald Pirck- griechischer Bildung […], wie er nur mit Reuchlin heimer, S. 87. Paisey hob hervor, dass Pirckheimer verglichen werden kann“: Sicherl, Nürnberg und auch über wichtige medizinische Texte verfügte, der griechische Humanismus, S. 45. wie beispielsweise den Fasciculus medicinae des 578 W. Pirckheimer aus Nürnberg an K. Celtis (1503 Johannes de Ketham: Johannes Ketham, Fascicu- Mär. 10), in: Pirckheimer Briefwechsel 1, Nr. 59, lus medicinae, Venedig: Johannes u. Gregorius de Regest, S. 194–197, S. 194. Zwei Jahre zuvor hat- Gregoriis 1500. Welche der beiden Ausgaben (GW te er sich gegenüber Kress geäußert, dass es sich M14183 u. ISTC ik00015000 od. GW M14181 u. gerne „mit guten [griechischen] Texten bereichere ISTC ik00016000) Pirckheimer besaß, vermerkte und daran wachse“:„quae Graeca ibi venalia essent; Paisey nicht: Paisey, Pirckheimer’s Books, S. 193. quae maximo me affecere gaudio, cum videam Im Gegensatz zu Schedel interessierte sich Pirck- quotidie bonas augeri literas ac crescere“; W. Pirck- heimer in erster Linie für die Erzeugnisse itali- heimer aus Nürnberg an A. Kress (1501 Jul. 19), enischer Drucker in Venedig. Auch von Ratdolt in: Pirckheimer Briefwechsel 1, Nr. 40, S. 121–124, finden sich im rekonstruierten Besitz nur vier S. 121–122. Ausgaben, Appians Historia Romana, der bedeu- 579 Holzberg ging davon aus, dass Pirckheimers Grie- tende Ratdolt-Druck des Liber elementorum des chisch-Kenntnisse nach der Rückkehr nur rudi- Euklid, Eusebius’ Chronicon und Rechtstraktate mentär gewesen seien: Holzberg, Willibald Pirck- des Baptista de Sancto Blasio: Offenbacher 253, heimer, S. 92, S. 94 u. S. 100. 256 u. 258. Unter den sonstigen Druckern aus 580 Vgl. hierzu: Holzberg, Willibald Pirckheimer, dem Norden sind nur Jenson (2), Johannes v. Köln S. 84–86. Nur wenige Drucker, z. B. Koberger, ver- u. J. Manthen v. Gerresheim (3) u. R. v. Nimwe- suchten sich an dem Druck der griechischen Type: gen mehrmals vertreten. Großes Interesse hegte er ebd., S. 85. 374 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg waren, waren auch die besondere Qualität und philologische Genauigkeit der Aldinen ausschlaggebend dafür, dass Pirckheimer zu einem intensiven Sammler von Produkten der aldinischen Presse wurde. Die von Aldus verfassten Grammatiken und Wörterbücher unterstützten den Humanisten bei seinem Selbststudium des Griechischen.581 Er bezog auch mehrfach Erzeugnisse des Zacharias Callierges,582 die Aldinen bildeten jedoch den deutlichen Schwerpunkt der in seiner Bibliothek nachweisbaren venezianischen Drucke. Sie machten unter den 136 Drucken aus Venedig mit 48 Exemplaren deutlich mehr als ein Drittel aus. Bei knapp der Hälfte der in seinem Besitz nachzuvollziehenden Aldinen handelt es sich um auf Griechisch gedruckte Texte, darunter auch die von Markos Musu- ros für Aldus besorgten Ausgaben der Komödien des Aristophanes von 1498, der Editio princeps der Werke Platons von 1513 und der Reden des Gregor von Nazianz von 1516.583 Noch vor 1500 erwarb Pirckheimer hauptsächlich lateinische Drucke. Vor allem für die Zeit zwischen 1501 und 1513 spiegelt sich in seiner Bibliothek dann jedoch ein deutliches Interesse an griechischen Ausgaben wider. 1504 behauptete er Celtis gegenüber, er sei im Besitz aller griechischen Texte, „die in ganz Italien gedruckt“ worden seien.584 Tatsächlich befanden sich von den 29 griechischen Büchern, die zwischen 1494 und dem Tod Aldus’ 1514 aus dessen Offizin kamen, 26 im Besitz Pirckheimers.585 Er entwickelte sich, ähnlich wie Johannes Reuchlin, zum „systematischen Sammler“ griechischer Texte.586 Zwar stand

581 Pirckheimer nutzte u. a. die von Aldus gedruckte Printing Press, S. 46. Nach einem zwischenzeitli- Grammatik des Bolzanio, die als erste griechische chen Abfall der Qualität wegen der zunehmenden Grammatik in Latein gedruckt wurde (Urbanus Massenproduktion konnten die venezianischen Bellunensis, Institutiones graecae grammatices, Erzeugnisse ihr früheres Niveau um 1500 wieder- Venedig: Aldus Manutius 1497 [GW M48900; erlangen: ebd., S. 51. ISTC iu00066000; Renouard 11.4]), sowie z. B. 585 Hierunter befand sich z. B. die griechische Aris- die 1494/95 ebenfalls bei Aldus gedruckten tophanes-Aldina mit einem Kommentar von Handbücher des Konstantin Laskaris (Konstan- Markos Musuros, die 1498 gedruckt worden war tin Lascaris, Erotemata, Venedig: Aldus Manutius und die Pirckheimer den „sensum poetae“ eröff- 1494/95 [GW M17107; ISTC il00068000; Renou- nete: W. Pirckheimer aus Nürnberg an K. Celtis ard 1.1]): Holzberg, Willibald Pirckheimer, S. 91 (1503), in: Pirckheimer Briefwechsel 1, Nr. 58, u. S. 94. S. 191–194, S. 192. Aristophanes, Comoediae no- 582 Galenus, Therapeutica, Venedig: Zacharias Cal- vem, Venedig: Aldus Manutius 1498 (GW 2333, lierges für Nicolaus Blastus 1500 (GW 10482; ISTC ISTC ia00958000; Renouard 16.3). Generell ig00038000; Paisey 29); Horologium, Venedig: Za- enthielt seine Bibliothek 28 griechische Drucke, charias Callierges 1509 (Offenbacher 260). die in Venedig hergestellt worden waren. Aus dem 583 Zu Aristophanes, Nazianz u. Platon: Holzberg, sonstigen Italien lassen sich hingegen nur vier grie- Willibald Pirckheimer, S. 289 u. S. 302. Daneben chische Drucke nachweisen, unter anderem die arbeitete Manutius u. a. auch mit Scipio Cartero- Editio princeps der Werke des Homer, die 1488 machus und Johannes Gregoropulos zusammen: von Chalkondyles in Florenz (Homerus, Opera, Sicherl, Johannes Cuno, S. 50 u. S. 52. Zu Musuros: Florenz: Drucker des Vergilius für Bernardus u. Geanakoplos, Greek Scholars, S. 111–166. Nerius Nerlius u. Demetrius Damilas 1488 [GW 584 „Omnes enim per universam Italiam impressi pe- 12895; ISTC ih00300000]) herausgegeben worden nes me sunt.“ W. Pirckheimer aus Nürnberg an K. war: Offenbacher, Bibliothèque, S. 253; Holzberg, Celtis (1504 Mär. 14), in: Pirckheimer Briefwechsel Willibald Pirckheimer, S. 88. 1, Nr. 63, S. 206–210, S. 206. Zur Qualität: Poz- 586 Sicherl, Nürnberg und der griechische Humanis- za, L’Editoria Veneziana, S. 216; Brown, Venetian mus, S. 46. Vgl. auch: Holzberg, Willibald Pirck- 4. Büchertransfer zwischen Venedig und Nürnberg · 375 er im Gegensatz zu anderen Humanisten nicht im direkten Kontakt zu Aldus. Johannes Cuno diente ihm aber als wichtiger Mittler. Über ihn ließ sich der Patrizier über die Neuigkeiten der Aldinischen Presse unterrichten.587 Indem Pirckheimer seine Bibliothek Freunden und Verwandten zur Verfügung stellte, ermöglichte er auch Personen mit ge- ringeren Mitteln den Zugang zu den antiken Autoren und trug so in bedeutendem Maß zur Ausbreitung und Verfestigung des Humanismus in Nürnberg bei.588 Auskunft über das tatsächliche Studium der Texte geben handschriftliche Einträ- ge und Bearbeitungen durch ihre Besitzer. Während das Anlegen von Indices und die Foliierung nur eine Benutzung nahelegen,589 aber keine Aussagen über deren Intensität geben, weist die Glossierung auf eine tatsächliche Auseinandersetzung mit den gedruck- ten Inhalten hin.590 Auch dies geschah auf verhältnismäßig breiter Ebene. Entsprechen- de Anmerkungen finden sich in dem von Johann Herbort für Johann von Köln und Nicolas Jenson gedruckten Rosarium super Decreto des Baisio, der sich im Besitz der Tucher befand, oder in Erasmus Toplers Exemplar der Lectura des Nicolaus Tudeschis, die 1488 bei Stagninus erschien.591 In den venezianischen Drucken der Schedelschen Bi-

heimer, S. 88. Hier auch zur Anzahl der griechi- Quintus Asconius Pedianus, Commentarii in Ci- schen Aldinen bei Pirckheimer: ebd., S. 88. ceronis Orationes, Venedig: Johann v. Köln u. Jo- 587 J. Cuno aus Padua an W. Pirckheimer (1506 hann Manthen 1477 (GW 2739; ISTC ia01154000; Dez. 6), in: Pirckheimer Briefwechsel 1, Nr. 139, Goldschmidt 116). Avenzoar, Teisir sive rectifica- S. 456–458. tio medicationis et regiminis, Venedig: Johannes 588 Bereits das Motto seines Exlibris „Sibi et amicis“ u. Gregorius de Gregoriis 1490 (GW 3130; ISTC zeigt diesen Ansatz. Er empfing dafür von anderen ia01408000; Goldschmidt 85); Simon Ianuensis, Gelehrten großes Lob, wie z. B. in einem lateini- Synonyma medicinae, Venedig: Guglielmus de Ce- schen Lobgedicht des Hermann von dem Busche: reto 1486 (GW M42210; ISTC is00528000; Gold- Pirckheimer Briefwechsel 1, Nr. 63bis, S. 210–213, schmidt 94). S. 211, Z. 11–14. Auch Osopoeus lobte Pirckheimer 590 Laut Schuh seien „[ü]ber die Sammlung von Tex- hierfür: Widmungsepistel des Vincentius Osopo- ten hinaus […] ihre Glossierungen bemerkens- eus zu: Basilii Magni et Gregorii Nazanzeni Epis- werte Zeugnisse der Aneignung humanistischer tolae graecae (1528 April), in: Pirckheimer Brief- Bildungsinhalte.“ Schuh, Aneignungen des Hu- wechsel 7, Nr. 1159, S. 36–41, S. 38. 1502 schickte manismus, S. 194. Zur Aneignung humanistischen seine Schwester Caritas ihm ein geliehenes Buch, Wissens: ebd., 32; Nikolaus Henkel, Text – Glos- wahrscheinlich die bei Aldus im Jahr zuvor er- se – Kommentar. Die Lektüre römischer Klassiker schienen Opera des Prudentius zurück: C. Pirck- im frühen und hohen Mittelalter, in: Lesevorgän- heimer aus Nürnberg an W. Pirckheimer (1502), ge. Prozesse des Erkennens in mittelalterlichen in: Pirckheimer Briefwechsel 1, Nr. 48, S. 153–158, Texten, Bildern und Handschriften, hg. v. Eckart S. 154. Zur Verfügungstellung auch: Sicherl, Nürn- Conrad Lutz u. a., (Medienwandel – Medienwech- berg und der griechische Humanismus, S. 46. sel – Medienwissen 11), Zürich 2010, S. 237–262, 589 Schedel fertigte Indices an u. a. für: Guarinus S. 245–246 u. S. 253–254. Veronensis, Regulae grammaticales, Venedig: 591 Nicolaus Tudeschis, Lectura super quinque li- Guilelmus Anima Mia 1490 (GW 11660; ISTC bros Decretalium, Venedig: Bernardinus Stag- ig00537280 / Exemplar: BSB, 4 Inc.c.a. 754 [BSB- ninus 1488 (GW M4796840, GW M4796810, Ink G-420,1; Stauber 182]); Johannes Ferrarien- GW M47992, GW M47995, GW M47996, GW sis, De coelesti vita, Venedig: Matteo Capcasa M48003; ISTC ip00051500); Exemplar: BSB, 2 für Hieronymus Blondus 1494 (GW M13549; Inc.c.a. 2093 (BSB-Ink, T-518,1). Guido de Baisio, ISTC ij00313000; Stauber 187). Münzers Indices: Rosarium super Decreto, Venedig: Johann Her- 376 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg bliothek finden sich vielfach Glossierungen, beispielsweise in den Epistulae familiares des Leonardo Bruni von 1472 und in Quintus Curtius Rufus’ De rebus gestis Alexandri Magni. Die Schedelsche Philostratus-Ausgabe von De vita Tyanei von 1502 wurde von beiden Vettern studiert.592 Zahlreiche handschriftliche Notizen sind auch in den venezi- anischen Drucken der Bibliothek Münzers enthalten. Er bearbeitete unter anderem die Eusebius-Ausgabe De Evangelica Praeparatione, die Pharsalia des Lukian von 1477, die Historia rerum ubique gestarum Piccolominis, die Opera des Pontanus und die Invectivae in A. Raudensem et Poggium des Lorenzo Valla von 1481. Entsprechende Spuren finden sich darüber hinaus in seiner Torresanus-Ausgabe der Opera des Aristoteles, deren Ex- emplar im Besitz Konrad Heinfogels ebenfalls von diesem glossiert wurde.593 Pirckhei- mers äußerst intensives Studium seiner venezianischen Drucke offenbaren hingegen vor allem seine ausführlichen Abhandlungen über einzelne Texte und Drucke aus Venedig in seinen Korrespondenzen und die zahlreichen Übersetzungen, die er mit deren Hilfe anfertigte.594 Die großen Privatsammlungen wiesen in der Auswahl ihrer venezianischen Dru- cke eine ausgesprochene thematische Vielfalt auf. Sowohl Münzer als auch Schedel und Pirckheimer zeigten sich besonders interessiert an antiken Autoren. In allen drei Biblio- theken kamen venezianische Drucke des Aristoteles, Cicero, Lukian und Sallust vor. Von Letzterem besaßen Pirckheimer, Münzer und Schedel jeweils unterschiedliche Gesamt- ausgaben.595 Bei allen Dreien fanden sich auch zahlreiche medizinische und naturwissen- schaftliche Werke unter den aus Venedig stammenden Drucken. Jede der Sammlungen enthielt das von Ratdolt 1483 gedruckte Chronicon des Eusebius.596 Alle drei besaßen mit der Piccolomini-Inkunabel des Johann von Köln und Johann Manthen von Gerresheim

bort für Johann v. Köln u. Nicolaus Jenson 1481 ISTC il00296000; Goldschmidt 124). Eusebius, (GW 3747; ISTC ib00288000); Exemplar: BSB, 2 De Evangelica Praeparatione, Venedig: Leonhard Inc.c.a.1025 (BSB-Ink B-248,3). Aurl 1473 (GW 9442; ISTC ie00120000; Gold- 592 Sie weist v.a. Glossen Hermanns, vereinzelt auch schmidt 5). Es finden sich Glossen in mehreren Hartmanns auf: Philostratus, De Vita Tyanei, Ve- anderen Werken. nedig: Bernardinus Venetus 1502. Siehe: Stauber, 594 Vgl.: Kap. III.4.4. Schedelsche Bibliothek, S. 200. 595 Pirckheimer: Gaius Crispus Sallustius, Opera, 593 Aristoteles, Opera, Venedig: Andreas Torresanus hg. Iulius Pomponius Laetus. Kom. Laurentius u. Bartholomeus Blavis 1483 (GW 2337; ISTC Valla, Venedig: Bernardinus Benalius ca. 1493 ia00962000); Exemplar: StBN, Philos. 31.2°. Sonst (GW M39586; ISTC is00079000; Offenbacher zu Münzer: Lorenzo Valla, Invectiva in Antonium 257); Schedel: Gaius Crispus Sallustius, Opera, Raudensem, Venedig: Lucas Dominici 1481 (GW Venedig: Johannes Tacuinus 1500 (GW M39618; M49334; ISTC iv00069000; Goldschmidt 160). ISTC is0008500); Exemplar: BSB-Ink S-52,2; Stau- Giovanni Pontanus, Opera, Venedig: Bernar- ber 210). Münzer: Gaius Crispus Sallustius, Ope- dinus de Vianis 1501 (Goldschmidt 157). Enea ra, Venedig: Filippo di Pietro 1478 (GW M39604; Silvio Piccolomini, Historia rerum ubique gesta- ISTC is00063000; Goldschmidt 118). rum, Venedig: Johann v. Köln u. Johann Manthen 596 Eusebius, Chronicon, Venedig: Ratdolt 1483 (GW 1477 (GW M33756; ISTC ip00730000; Gold- 9433; ISTC ie00117000); Exemplare: Offenba- schmidt 70). Marcus Annaeus Lucanus, Pharsalia, cher 256; Stauber 174; BSB-Ink E-109,1; Gold- Venedig: Juvenis Guerinus 1477 (GW M18856; schmidt 6). 4. Büchertransfer zwischen Venedig und Nürnberg · 377 von 1477 und der Vercellensis-Ausgabe des Giovanni Pontanus darüber hinaus auch zeitgenössische humanistische Texte, die in Venedig gedruckt worden waren.597 Eben- so wird das starke, gerade in Nürnberg besonders ausgeprägte humanistische Interesse an der Kartographie und den Werken des Ptolemäus deutlich.598 Die Vorliebe Schedels und Pirckheimers an historiographischen Werken scheint Münzer hingegen nur bedingt geteilt zu haben. In den venezianischen Beständen der drei Büchersammler zeichnete sich folglich ein gewisser Kanon bevorzugter Autoren ab, der auch den übergreifenden Ausrichtungen ihrer Sammlungen entsprach. Sie spiegeln alle, wie beispielsweise bei dem Interesse an Ptolemäus, in ihrer Entstehungszeit aufkommende und sich etablierende Tendenzen und Moden wider. Gleichzeitig waren sie, wie bei den griechischen Drucken Schedels und vor allem Pirckheimers, Ausdruck des persönlichen Bildungswegs und der spezifischen Interessen der Buchbesitzer. Der Umstand, dass sich in den Bibliotheken nicht nur Werke der gleichen Autoren und gleiche Texte, sondern teilweise Exemplare aus denselben Auflagen befanden, hatte seinen Grund möglicherweise in der besonderen Qualität bestimmter Ausgaben.599 Ob man die Bücher gemeinsam in Venedig bestellte oder ob sie unabhängig voneinander nach Nürnberg gelangten, lässt sich in der Regel nicht klären. Vielleicht waren gerade die Drucke besonders beliebter Autoren über die Nürnberger Buchhändler, vor allem über Anton Koberger, erhältlich und damit für einen breiteren Interessentenkreis verfügbar. In Hieronymus Münzers venezianischen Büchern finden sich mehrere Verweise darauf, dass der Arzt sie in Nürnberg gekauft hatte.600 Auch Eobanus Hessus versuchte, in der Reichsstadt über Anton Koberger griechische Drucke aus Venedig zu erwerben. Er war dabei jedoch wenig erfolgreich. 1526 waren keine Ausgaben von Galen und Hippocrates

597 Giovanni Pontanus, Opera, Venedig: Bernardus Hammann für Caspar Grosch u. Stephan Römer Vercellensis 1501 (EDIT 16 CNCE 38468; Offen- 1496 (GW M37523; ISTC ir00111000; Paisey 54; bacher 263; Stauber 194; Goldschmidt 157). Enea Goldschmidt 72). Silvio Piccolomini, Historia rerum ubique gesta- 599 So waren Pirckheimer und Münzer im Besitz von rum, Venedig: Johann v. Köln u. Johann Manthen Euclides, Elementa, Venedig: Erhard Ratdolt 1482 1477 (GW M33756; ISTC ip00730000; Offenba- (GW 9428; ISTC ie00113000; Offenbacher 258; cher 256; Stauber 216, BSB-Ink P-492,1; Gold- Goldschmidt 56). schmidt 70). 600 Sextus Aurelius Victor, De viris illustribus, Vene- 598 Pirckheimer: Claudius Ptolemaeus, Quadriperti- dig: Andreas de Paltasichis 1477 (GW M50404; tum, Venedig: Bonetus Locatellus für Octavianus ISTC ia01386000; Goldschmidt 140). Sophro- Scotus 1493 (GW M36394; ISTC ip01089000; nius Eusebius Hieronymus, Epistulae, Venedig: Paisey 63). Schedel: Claudius Ptolemaeus, Quad- Antonio Miscomini 1476 (GW 12426; ISTC ripertitum, Venedig: Ratdolt 1484 (GW M36411; ih00166000; Goldschmidt 7). Marcus Iunianus ISTC ip01088000); Exemplar: BSB 4 Inc.c.a.380 Iustinus, Epitome in Trogi Pompeii Historias, Ve- [BSB-Ink P-862,2; Stauber 205]). Münzer: eben- nedig: Filippo di Pietro 1479 (GW M15634; ISTC falls Ausgabe Ratdolt 1484 (Goldschmidt 60). ij00618000; Goldschmidt 137). Aristoteles, Opera, Zur Ptolemäus-Rezeption in Nürnberg: Machilek, Venedig: Filippo di Pietro 1482 (GW 2336; ISTC Kartographie, S. 5–6. Münzer und Pirckheimer ia00961000). Aristoteles, Organon, Venedig: Fil- besaßen auch Johannes Regiomontanus, Epitoma ippo di Pietro 1481 (GW 2391; ISTC ia01013000; in Almagestum Ptolemaei, Venedig: Johannes Goldschmidt 27). 378 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg erhältlich. Joachim Camerarius dem Älteren teilte er mit, er müsse zwei Monate war- ten, bis entsprechende Bücher aus Venedig geliefert würden. Auch sechs Jahre später entschuldigte Hessus sich bei Johannes Lange, dass er ihm gerne die erbetenen Bücher geschickt hätte, augenblicklich aber alle Exemplare des griechischen Xenophon bei Ko- berger ausverkauft seien. Ihm sei jedoch versichert worden, dass bald neue aus der La- gunenstadt eintreffen würden.601 Anton Koberger hatte griechische Drucke demzufolge in seinen regelmäßigen Beständen.602 Der Umstand, dass in Nürnberg offensichtlich ein ausreichender Absatzmarkt bestand, um entsprechende Titel ohne konkrete Bestellun- gen zum Verkauf in den Norden zu bringen,603 zeigt, dass in der Reichsstadt im frühen 16. Jahrhundert ein ausgeprägtes Interesse am griechischen Humanismus und an venezi- anischen Drucken bestand. In der Regel konzentrierten sich die Buchhändler dabei wohl auf einen bestimmten Kanon an Werken und Autoren, wie er sich auch in den Bibliothe- ken Pirckheimers, Schedels und Münzer herauskristallisierte.

4.4 Verbreitung venezianischer Drucke und Diffusion des griechischen Humanismus nördlich der Alpen

Besonders deutlich tritt Anton Koberger in der Überlieferung zur Verbreitung veneziani- scher Drucke im Norden in Erscheinung. Der größte Teil der Bücherdistribution durch die Koberger lief über deren umfassendes Handelsnetz und ihre zahlreichen Faktoreien und Handelsdiener.604 Die Bestellungen und Wünsche wurden in der Regel nicht direkt

601 „Heri hic ego apud bibliopolam Cobergum fui Egenolff 1543 (VD 16 E 1493), S. 80. Dass es sich […]: Galenum & Hippocratem: Nam uterque ex- auch bei Galen und Hippocrates um griechische tat & Graece & latine. Verum respondit bibliopola, Drucke gehandelt haben muss, zeigt der Verweis nondum habere se, habiturum intra menses duos auf einen lateinischen Druck des Hippocrates, den utrunque; utraque; lingua. […] expectare me donec Hessus vor kurzem gesehen habe, der jedoch nicht Venetijs libri adveherentur. Quod faciendum mihi als mögliche Kaufoption behandelt wird. existimo nec enim aliter possum.“ E. Hessus aus 602 Laut Holzberg wurden nur ganz selten griechische Nürnberg an. J. Camerarius (1526 Dez. 19), in: Joa- Texte auch im Norden gedruckt: Holzberg, Willi- chim Camerarius, Libellus Nouus. Epistolas et alia bald Pirckheimer, S. 85. quaedam monvmenta..., Leipzig: Hans Rambau 603 In der Frühzeit des venezianischen Buchdrucks und 1568 (VD 16 C 411), fol. C4v–5r. Sowie: „Libros damit zu Beginn seines Ruhms konnten in einigen de quibus scribis, missurus eram tibi, si Bibliopoles Fällen, wie bei Rechlinger 1474, Absatzprobleme für nostri habuissent, sed ita fortè fortuna accidit, ut venezianische Drucke in Deutschland entstehen, nuper omnia exemplaria græci Xenophontis uen- wobei Nürnberg auch dann der sicherste Absatzort derentur, nihilque; extaret eorum apud Cobyrgios war: Cortesi, Humanistische Bücher, S. 21–23. nostros, qui affirmant mihi uenturos sibi Xeno- 604 Die Koberger nutzten ihr Handelsnetz z. B. auch, phontas è Venetijs breui, qui ubi uenerint, mittam um Drucke aus Venedig direkt nach Lyon weiter- tibi si voles.“ E. Hessus aus Nürnberg an J. Lange zuleiten: „auff furlon gangen von hinn auß auff ve- (1532 Jan. 28), in: Helius Eobanus Hessus, Helii nedig vnd von venedig auff lion“; A. Koberger aus Eobani Hessi, poetae excellentiss. Et Amicorum Nürnberg an H. Amerbach (1501 Mai 29), in: Hase ipsius, Epistolarum libri XII, Marburg: Christian (Hg.), Die Koberger, Nr. 36, S. XL-XLI, S. XLI. 4. Büchertransfer zwischen Venedig und Nürnberg · 379 an den Buchhändler gestellt, sondern erfolgten über Dritte, meist gelehrte Nürnberger, die mit den Auftraggebern in engerem Kontakt standen. Besonders häufig diente Chris- toph II. Scheurl den deutschen Humanisten als Kontaktperson zu Koberger. Bei ihm er- kundigten sie sich über die Verfügbarkeit griechischer Drucke und forderten diese gege- benenfalls an. Stella in Zwickau informierte der Nürnberger Ratsschreiber darüber, dass Koberger die Ankunft einer Discorides-Ausgabe mit Anmerkungen des Galen aus Vene- dig erwarte.605 Philipp Melanchthon bat den Nürnberger im September 1518, ihm die im Februar desselben Jahres bei Aldus und Torresanus erschienene griechische Bibel über Koberger schicken zu lassen: Melanchthon brauche sie für seine kommentierte Ausgabe griechischer, hebräischer und lateinischer Bibelstellen. Kurze Zeit später ließ Koberger dem Wittenberger Humanisten das einzig verfügbare Exemplar der gewünschten Aus- gabe zukommen.606 Der Transfer von Drucken aus Venedig in die fränkische Reichsstadt und deren Verbreitung im Norden durch die Nürnberger dienten folglich nicht nur der Lektüre und Produktion der Humanisten selbst. Melanchthons Bitte zeigt, welch maß- gebliche Bedeutung die Texte auch für die weitere Diffusion des Griechischen wie des Humanismus im Norden hatte. Wahrscheinlich stammte die Theokrit-Ausgabe, nach der Melanchthon über Camerarius bei Koberger anfragte und die er für seine Vorlesungen in Wittenberg benötigte, ebenfalls aus Venedig. Derselben Herkunft war möglicherweise der von ihm bereits erhaltene Hesiod-Kommentar.607 Auch Willibald Pirckheimer fungierte bei der Verbreitung venezianischer Drucke als Kontaktperson zu den Buchhändlern. Sein häufiger Korrespondenzpartner, der Bam- berger Kanoniker Lorenz Beheim, zeigte eine besondere Vorliebe für die Erzeugnisse aus der Presse des Baptista de Tortis. Als er den Nürnberger Humanisten bat, ihn über die Verfügbarkeit des von dem Venezianer gedruckten Corpus Iuris Civilis bei Koberger zu informieren, begründete er sein besonderes Interesse damit, dass der Druck „sowohl

605 „Koburger autem prorsus negat Iheronimi opera rung: „Interea mittit Koberger unicum quod habet remissius octo aureis divendi posse: Dioscoridem exemplum Bibliae Graecae Lipsim institori suo, expectat, sin minus curabo una cum annotationi- quod estimat aureis octo; forsan cum meo nomi- bus Galeni Veneciis adferri.“ C. Scheurl aus Nürn- ne aliquid remittit.“ C. Scheurl aus Nürnberg an berg an E. Stella (1517 Aug. 18), in: Scheurl’s Brief- P. Melanchthon (1518 Okt. 23), in: ebd., Nr. 32, buch 2, Nr. 135, S. 20–21, S. 20. S. 88–89, S. 89. Vgl. auch Hase, Koberger, S. 383. 606 „Statui autem primo quoque tempore quaedam 607 „Coburgum hortare, ut huc mittat Theocriti ex- sacra Hebraea, Graeca, Latina scholiis illustrata empla, sum enim enarraturus. Hesiodi commen- edere. Quare te quaeso, vel hoc communibus stu- tariolum accepi.“ P. Melanchthon aus Wittenberg diis vel principis optimi Saxoniae Friderici honori an J. Camerarius (1526 Jul. 2), in: Melanchthon vel academiae nostrae laudibus dederis et nostris Briefwechsel T 2, Nr. 473, S. 435–437, S. 436. Die sumptibus ad nos cures per Koburgos bibliopolas Herausgeber hielten die Martens-Ausgabe des mittere Biblia Γraeca; nam Hebraica, eaque longe Theokrit von 1520 aus Löwen sowie die Hesiod- pulcherrima, habemus.“ P. Melanchthon aus Wit- Ausgabe des Zürichers Christoph Froschauer d. Ä. tenberg an C. Scheurl (1518 Sep. 24), in: Melan- von 1526 (VD 16 H2693) für möglich: ebd. Anm., chthons Briefwechsel T 1: 1–254 (1514–1522), hg. S. 436. Hase hingegen war davon überzeugt, dass v. Helga Scheible, Stuttgart-Bad Cannstatt, 1991, es sich um ein Buch aus Venedig handle: Hase, Die Nr. 25, S. 76–77, S. 77. Zur tatsächlichen Liefe- Koberger, S. 384. 380 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg schön als auch korrekt“ sei. Er sei nur mit der Tortis-Ausgabe zufrieden, nicht hingegen mit derjenigen der Nürnberger Drucker Sensenschmid oder Koberger. Daneben würde er gerne den Preis des ebenfalls von Tortis gedruckten Speculum iudiciale des Wilhelmus Duranti erfahren. Bereits wenige Tage später meldete Beheim dem Patrizier, dass er sich entschlossen habe, den „Speculator“ zu kaufen, und das Geld schicken werde.608 1507 bat er Pirckheimer wiederholt, sich bei Koberger nach Büchern zu erkundigen und, falls der Buchhändler die wiederum von Tortis gedruckten Ausgaben des Liber Sextus und der Constitutiones Clementiae habe, ihm diese zu schicken.609 Falls nicht, solle Pirckheimer anderswo oder bei dem Buchhändler Ketmer fragen, auch wenn Beheim den Patrizier ausdrücklich darauf hinwies, dass er mit diesem so wenige Geschäfte wie möglich be- treiben solle.610 Bereits in dem Corpus Iuris Civilis des Tortis, das er letztlich wohl über Ketmer bezogen hatte, habe ein Bogen gefehlt, was der Buchhändler gewusst habe. Das Buch sei in diesem Zustand „nutzlos“ gewesen.611 Obwohl sich Beheim wiederholt über die qualitativ minderwertigen und teuren Waren Ketmers beklagte, ließ er immer wieder Erkundigungen über dessen neue Lieferungen aus Venedig einholen.612 Klagen über die Qualität der bei den Buchhändlern erhältlichen Drucke äußerten auch andere Interes- senten. Eobanus Hessus beschwerte sich in einem Brief an Johannes Lange 1532, dass die von ihm gesuchten Ausgaben des Catull und Lucretius in Nürnberg zwar verfügbar seinen, diese aber aus Basel stammten und „falsch“ seien. Die Tatsache, dass es sich nicht um Aldinen handelte, war an sich bereits ein Makel.613

608 L. Beheim aus Bamberg an W. Pirckheimer (1506 als Rom: ebd., Anm. 12, S. 486. Er wiederholte sei- Okt. 5), in: Pirckheimer Briefwechsel 1, Nr. 128, ne Bitte einige Tage später: (1507 Feb.13), in: ebd., S. 435–438, S. 436. „Scias oro et rescribas, quanti Nr. 150, S. 493–495, S. 493. possum habere ex d[omino] Coburger Digestum 610 L. Beheim aus Bamberg an W. Pirckheimer (1507 vetus et novum cum Codice, Volumine et Inforti- Feb. 13), in: Pirckheimer Briefwechsel 1, Nr. 150, ato dalla stampa de Tortis Venetiana, quia vellem S. 493–495, S. 493. emere. Item quanti valeat Speculator de Tortis.“ 611 „Alioquin liber ille inutilis erit.“ (1506 Nov. 20), in: (1506 Sep. 29), in: ebd., Nr. 127, S. 434–435, S. 434. Pirckheimer Briefwechsel 1, Nr. 137, S. 452–454, Die Schönheit und seinen Wunsch nach der Tortis- S. 452. Vgl. auch: (1506 Dez. 22), in: ebd., Nr. 138, Ausgabe betonte er zwei Mal: (1506 Nov. 20), in: S. 454–456, S. 455. ebd., Nr. 137, S. 452–454, S. 453. Bereits zuvor hat- 612 „Si quid novi haberet Ketpner ex libris Venetis, te er darauf verwiesen, dass die Drucke Tortis’ von fac me cerciorem.“ L. Beheim aus Bamberg an W. deutlich höherer Qualität seien als diejenigen Ko- Pirckheimer (1508 Okt. 29), in: Pirckheimer Brief- bergers, die qualitiativ „minderwertiger und nicht wechsel 2, Nr. 180, S. 36–39, S. 38. Auch später er- korrekt“ seien: „emas et bene aspicias, ut illi libri hielt Beheim fehlerhafte Lieferungen Ketmers, die sint dalla stampa de Tortis. Alioquin non volo, quia er zurückschicken und das Geld zurückverlangen prius habeo Digestum vetus et novum et Codicem wollte: (1507 Feb. 7), in: Pirckheimer Briefwech- dalla stampa de Coburger, quae non placet, cum sel 1, Nr. 146, S. 484–488, S. 485. Über zu teure sit minuta et incorrecta.“ (1506 Okt. 24), in: ebd., Bücher des Ketmer beklagte er sich bereits 1506: Nr. 131, S. 446–447, S. 446. (1506 Okt. 5), in: ebd., Nr. 128, S. 435–438, S. 435. 609 Die römischen Ausgaben besitze er bereits: L. 613 „Lucretij & Catulli multi sunt apud nos, sed in li- Beheim aus Bamberg an W. Pirckheimer (1507 tera Basiliensi, & plerunque falsa, in Aldina nulli Feb. 7), in: Pirckheimer Briefwechsel 1, Nr. 146, prorsus, de his item quid fieri uelis significabis.“ S. 484–488, S. 485. Zur Übersetzung von „urbe“ E. Hessus aus Nürnberg an J. Lange (1532 Jan. 28), 4. Büchertransfer zwischen Venedig und Nürnberg · 381

Doch auch die direkte Bestellung von Büchern aus Venedig über die persönlichen Beziehungen der Nürnberger Kontaktpersonen in die Lagunenstadt garantierte keine einwandfreie Qualität oder Vollständigkeit der Drucke. Kilian Leib bat Willibald Pirck- heimer darum zu überprüfen, ob die hebräische Bibel des venezianischen Druckers Bomberg von 1517, die der Patrizier ihm besorgen sollte, auch vollständig sei.614 Lorenz Beheim betonte ebenso die Bedeutung korrekter Drucke, sah jedoch eine Qualitätssi- cherheit durch einen Transfer über Pirckheimer nicht zwangsläufig gewährleistet. Er mutmaßte, dass Pirckheimer die Bücher, die er nach Bamberg versandte, nur kaufe, sie aber nicht überprüfe: Immer fehle etwas oder sie hätten Fehler.615 Gegenüber Hermann von Neuenahr, der sich offensichtlich ebenfalls über einen Defekt an einem aus Italien gelieferten Lukian beschwert hatte, rechtfertigte Pirckheimer sich, dass an der schlechten Qualität der Buchhändler schuld sei, über den er den Druck bezogen habe.616 Der Briefwechsel Neuenahrs mit Pirckheimer zeigt, wie sehr private Bücherliefe- ranten von unbeeinflussbaren Faktoren abhängig sein konnten. So musste Pirckheimer dem Grafen Anfang 1514 berichten, dass es aufgrund der „Nachlässigkeit“ der Kaufleute ebenso wie wegen des Krieges zwischen Maximilian I. und Venedig seit drei Monaten in Nürnberg an griechischen Drucken fehle und er dementsprechend nichts an Neuenahr schicken könne. Darüber hinaus seien die aldinischen Ausgaben der Opera des Lukian, der Hellenica des Xenophon und der Argonautica des Apollonius Rhodius, die Neue- nahr offensichtlich bei Pirckheimer bestellt hatte, in Venedig, wie sein kaufmännischer Gewährsmann ihm versichert habe, nicht zum Verkauf zu finden. Er habe von einem kürzlich zurückgekehrten Nürnberger aber vom Druck eines Pindar mit Kommenta- ren gehört. Offensichtlich handelte es sich dabei um die bei Aldus erschienene Editio princeps. Auch gebe es einen in Venedig, wohl ebenfalls von Manutius, gedruckten Ko- dex griechischer Reden, der sich durch seine Eleganz auszeichne.617 Pirckheimer war für

in: Hessus, Epistolarum libri XII, S. 80. Bei den an W. Pirckheimer (1520 Jul. 3), in: Pirckheimer Ausgaben handelte es sich wohl um: Gaius Va- Briefwechsel 4, Nr. 702, S. 268–270, S. 269. lerius Catullus, Valerii catvlli veronensis liber I. 615 „Et ego (salva tua pace) credo, quod libros emis et Alb. Tibvlli equitis Romani libri IIII. Sex…, Basel: non aspitias, quia semper aliquid aut deest aut ma- Heinrich Petri 1530 (VD 16 C 1740); Titus Lucreti- culi habet.“ L. Beheim aus Bamberg an W. Pirck- us Carus, T. Lvcretii cari poetae, nec minvs philo- heimer (1507 Mär. 8), in: Pirckheimer Briefwech- sophi vetvstissimi, de rervm natvra libri sex, Basel: sel 1, Nr. 155, S. 503–504, S. 503. Heinrich Petri 1531 (VD 16 L 3123). Siehe: Hase, 616 „ut negligenciam illam non culpae meae ascri- Koberger, S. 386. bas, sed perfidiae librariorum.“ W. Pirckheimer 614 „Amici igitur officium facies – id quod semper aus Nürnberg an H. v. Neuenahr (wohl 1514), in: facis –, si egeris, ut e Veneciis quam primum ha- Pirckheimer Briefwechsel 2, Nr. 294, S. 328–329, beamus. Si spes est precium amicorum quempiam S. 328. Veneciis expensurum, quoad codex veniat, bene 617 „Sunt vero isti Luciani opera, Xenophon et Apolonj est. Sin iam solvi opportet, scribe et e vesitigo mit- Argonautica reliqui, ut mercator asserit, venales tam. Scribas oro ei, qui librum accipiet, apud bib- non reperiebantur. Intelexi interim a fratre quod- liopolam agat, ne quid volumini desit, cum hic non am, qui nuper e Veneciis advenit, Pindar quicquid sit, une perfici queat.“ K. Leib aus Kloster Rebdorf extat cum commentariis impressum esse. Ostendit 382 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg

Neuenahr also nicht nur Kontaktperson für die Erfüllung seiner teilweise sehr speziellen Wünsche, sondern durch ihn erfuhr der Graf gleichzeitig auch von der augenblickli- chen Situation auf dem venezianischen Buchmarkt, an der er seine weiteren Wünsche an Pirckheimer ausrichten konnte. Nürnberger Privatpersonen waren für die Humanisten nördlich der Alpen folglich besonders geschätzte Ansprechpartner für die Besorgung von venezianischen Drucken. Während die Gelehrten bei den Buchhändlern in der Regel auf deren Sortiment zurück- greifen mussten, konnten sie über die persönlichen Kontakte der Nürnberger und deren Verbindungen nach Venedig den Büchertransfer direkt steuern und den eigenen, oftmals sehr spezifischen Wünschen anpassen. So wandte sich Philipp Melanchthon direkt an Lazarus Spengler, um über dessen Bruder Georg in Venedig Bücher zu bekommen, die er über Koberger nicht erhalten konnte.618 Wahrscheinlich bestellte auch Martin Luther über den Nürnberger Ratsschreiber eine Ausgabe der Bomberg-Bibel bei dessen Bruder Georg in Venedig. Zumindest nutzte er den Nürnberger Kaufmann als Träger des Trans- fers. Die gleiche Lieferung enthielt auch das Exemplar für Pirckheimer, das im Gegensatz zu demjenigen für Luther tatsächlich im Norden ankam. Bereits zuvor hatte Pirckheimer ein Exemplar derselben Ausgabe, die ebenfalls über Georg Spengler in Venedig besorgt worden war, an Kilian Leib geschickt.619 Willibald Pirckheimer trat am häufigsten als Vermittler von Bücherkäufen in Venedig in Erscheinung. So verhalf er Lorenz Beheim nicht nur über die Nürnberger Buchhändler zu Drucken, sondern lieferte ihm auch direkt venezianische Bücher, die er wohl über seine eigenen Kontakte in Venedig bezog. Im Oktober 1506 bestellte der Bamberger bei Pirckheimer beispielsweise Ausgaben von Tortis. Einen knappen Monat später berichtete er, dass er die Bücher, die der Nürnberger ihm gekauft habe, erhalten habe.620 Auch sonst

insuper ille codicem graecarum oracionum, quem ebd., Nr. 702, S. 268–270, S. 269. Zur Lieferung für nostri breviarium sanctorum apellant, Veneciis Luther und Pirckheimer: L. Spengler aus Nürnberg eleganti impressum caractere.“ W. Pirckheimer aus an W. Pirckheimer (1520 Okt. 30), in: Pirckheimer Nürnberg an H. v. Neuenahr (etwa Anfang 1514), Briefwechsel 4, Nr. 718, S. 313–320, S. 315. in: Pirckheimer Briefwechsel 2, Nr. 293, S. 325– 620 „Hodie habui libros, quos emisti“; L. Beheim aus 328, S. 326. Zu den Gründen für die Wartezeit: Bamberg an W. Pirckheimer (1506 Nov. 20), in: „[…] sed rei publicae causa absentem fuisse, libros Pirckheimer Briefwechsel 1, Nr. 137, S. 452–454, vero, ante menses tres emptos huc usque minus S. 452. Zu dem Wunsch nach Pirckheimers Tortis- allatos esse idque vel bellorum iniuria aut etiam Besorgungen: (1506 Okt. 24), in: ebd., Nr. 131, mercatorum negligencia accidisse.“ Ebd. S. 446–447, S. 446. Möglicherweise handelte es 618 P. Melanchthon aus Wittenberg an H. Baumgärtner sich bei den Lieferanten um Hans VI. Imhoff oder (ca. 1524 Apr. 16), in: Melanchthon Briefwechsel Georg Spengler, die auch sonst des Öfteren in die- T 2, Nr. 319, S. 126–127, S. 127. ser Funktion auftauchen. Wie wenige andere der 619 „quare e Veneciis fac intelligamus, quo quantove vel Briefpartner des Nürnberger Patriziers zeichnete ere vel argento liber ille veneat.“ K. Leib aus Klos- sich Beheim nicht nur durch seine Bibliophilie, ter Rebdorf an W. Pirckheimer (1520 Mai 12), in: sondern auch durch seine besondere Vorliebe für Pirckheimer Briefwechsel 4, Nr. 690, S. 246–247, die Werke eines bestimmten venezianischen Dru- S. 247. Scheible identifiziert „ille“ mit Georg Speng- ckers und seine gute Kenntnis des dortigen Mark- ler: ebd., Anm. 5, S. 247. Vgl. auch: (1520 Jul. 3), in: tes aus. 4. Büchertransfer zwischen Venedig und Nürnberg · 383 wandten sich die Gelehrten in erster Linie an Willibald Pirckheimer, um an Drucke di- rekt aus Venedig zu gelangen. Neben den engen Kontakten des Patriziers in die Stadt wer- den die durch seine Verbindungen besonders gute Kenntnis des venezianischen Markts und möglicherweise seine eigene Expertise eine Rolle gespielt haben. Dieselbe hebräische Bibelausgabe des in Venedig tätigen Bomberg, die Pirckheimer für Kilian Leib besorgt hatte, die er selbst für seinen Eigenbedarf von Georg Spengler hatte liefern lassen und die auch Martin Luther bei Spengler bestellt hatte, ließ Pirckheimer 1520 Johannes Reuchlin zukommen. Dabei zeigt sich, dass die Nürnberger die Strukturen der buchhändlerischen Netzwerke durchaus für ihren privaten Büchertransfer nutzten. Pirckheimer schickte das Buch über seinen Freund, Erasmus Santbach, einen Faktor Kobergers. Die Lieferung enthielt daneben eine Ausgabe des 1514 bei Aldus gedruckten Lexikons des Hesychios. Das Geld dafür wollte Reuchlin dem Nürnberger wiederum über Santbach und Hans Koberger zukommen lassen.621 Für den Pforzheimer Humanisten622 war er auch bei der Beschaffung von Aldinen tätig. Hatte Reuchlin, der mit dem venezianischen Drucker persönlich korrespondierte, anfangs direkt bei Aldus bestellt, nutzte er in späteren Jahren wohl in erster Linie seine Verbindung zu Pirckheimer und dessen Transferbeziehungen nach Venedig.623 Als Pirckheimer längere Zeit keine Nachricht erhielt, ob die von ihm an Reuchlin versandten Orationes des Demosthenes, die 1504 bei Aldus erschienen waren, angekommen seien, bat er seinen Korrespondenzpartner um Auskunft.624 Der Wittenberger Humanist Johannes Rhagius Aesticampanius ging dankbar auf Pirckheimers offensichtlich vorausgegangenes Angebot ein, ihm aus Italien Drucke zu besorgen. Er bat den Nürnberger, ihm zahlreiche Aldinen nach Leipzig oder direkt nach Wittenberg zu schicken, unter denen sich die von Erasmus von Rotterdam kommentierte Ausgabe der Opuscula des Lukian von 1516, die von Pirckheimer ebenfalls an Reuchlin

621 J. Reuchlin aus Ingolstadt an W. Pirckheimer (1520 la apologetica: Holzberg, Willbald Pirckheimer, Jun. 2), in: Pirckheimer Briefwechsel 4, Nr. 693, S. 251–252. S. 251–252. Das Dictionarium des Hesychius er- 623 Hase, Koberger, S. 382. Hase ging hingegen davon schien 1514 bei Aldus (Renouard 66.3). Vgl.: (1518 aus, dass Reuchlin die hebräische Bibel bei Kober- Okt. 25), in: Pirckheimer Briefwechsel 3, Nr. 561, ger bestellt habe. Pirckheimer nutzte jedoch nur S. 400–426, Anm. 69, S. 425 bzw. Pirckheimer die Koberg’schen Handelsstrukturen zur Übersen- Briefwechsel 4, Nr. 689, S. 244–246, Anm. 5, dung des Bomberg-Drucks an Reuchlin. Zur Be- S. 246. Zu Reuchlins direkten „Kontakte[n] zu ita- ziehung Reuchlins zu Manutius: Dall’Asta, Bücher lienischen Buchhändlern und Druckern“: Matthias aus Italien, S. 29–36. Dall’Asta, Bücher aus Italien. Reuchlins Kontakte 624 „[…] simulque tibi ostendi, Demosthenis oratio- zu italienischen Buchhändlern und Druckern, nes una cum commentariis ex Venetiis allatas esse. in: Reuchlin und Italien, hg. v. Gerald Dörner, Inde, cum reversus essem, a meis intellexi, libros (Pforzheimer Reuchlinschriften 7), Stuttgart 1999, illos ad te fuisse transmissos utrum vero illos re- S. 23–43, v.a. S. 29–39 u. S. 42–43. ceperis nec ne, hauddum compertum habeo.“ W. 622 Das Verhältnis Pirckheimers zu Reuchlin drückt Pirckheimer aus Nürnberg an J. Reuchlin (1512 sich in der Widmungsepistel für diesen in seiner Dez. 1), in: Pirckheimer Briefwechsel 2, Nr. 234, Übersetzung von Lukians Piscator aus, die auf der S. 210–212, S. 211. Vorlage der Aldina von 1503 beruhte, der Episto- 384 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg geschickte Demosthenes-Aldina und die Reden des Gregor von Nazianz befanden. Von den Opera omnia des Homer wünsche er nur deswegen die Florentiner Ausgabe, weil er die entsprechende Aldina schon besitze.625 An Georg Spalatin schickte Pirckheimer eine griechische Sprichwortsammlung, die eventuell ebenfalls aus der Presse des Aldus stammte.626 Über die Bestellung einer aldinischen Werkausgabe des Cicero durch Johan- nes Cochläus, der sich in Frankfurt aufhielt und von seinem Bekannten Wolfgang Capito aus Mainz um die Ausgabe gebeten worden war, erreichte die Verbreitung venezianischer Drucke über Nürnberg eine weitere Ebene. Da Cochläus selbst in der Messestadt keinen Cicero erhalten konnte, wandte er sich an den Nürnberger Patrizier. Die guten Kontak- te Pirckheimers zu venezianischen Kaufleuten erleichterten es ihm, den gewünschten Druck im Taschenformat zu besorgen.627 Die direkte Verbindung zur Serenissima machte Nürnberg zum sicheren Ort für die Erfüllung der Wünsche von Gelehrten im Norden nach humanistischen Texten und Drucken antiker Autoren. Bedeutende Humanisten wie Reuchlin oder Melanchthon griffen, vor allem für ihre Griechisch-Studien, auf die Trans- ferachse Venedig-Nürnberg zurück. Gerade die venezianischen Drucke gewährleisteten in der Regel die für die humanistischen Textstudien notwendige Korrektheit und philo- logische Qualität. Der Büchertransfer war somit ein wichtiger Beitrag zur Verbreitung und Festigung humanistischer Tendenzen im Norden, besonders für den griechischen Humanismus. Die Nürnberger waren durch ihre enge Vernetzung mit dem Zentrum des griechischen Buchdrucks für die Verbreitung der entsprechenden Bücher im Reich prädestiniert. Auch die Drucktätigkeit des Aldus in Venedig hatte dabei großen Einfluss auf die zentrale Position der fränkischen Reichsstadt im transalpinen Büchertransfer.628 Gleichzeitig gelangten über die venezianischen Verbindungen der Nürnberger jedoch auch Drucke in den Süden. Neben Bologna, Florenz, Genua, Como und Mailand ver- merkte die Abrechnung für den Liber Chronicarum Hartmann Schedels die noch ausste-

625 Marcus Annaeus Lucianus, Opuscula, Venedig: 626 W. Pirckheimer aus Nürnberg an G. Spalatin (nach Aldus Manutius 1516 (Renouard 76.2). Demos- 1508 Aug. 27), in: Pirckheimer Briefwechsel 2, thenes, Orationes duae et sexagina..., Venedig: Nr. 178, S. 29–34, S. 30. Aldus Manutius 1504 (Renouard, 47.7). Gregor v. 627 Wichtig war dabei besonders das Format: „in Nazianz, Gregorii Nazanzeni Theologi Orationes forma portatili de litera aldina“; J. Cochläus aus lectissimae XVI. bearb. M. Musuros, Venedig: Al- Frankfurt an W. Pirckheimer (1520 Jun. 12), in: dus Manutius Nachfolger 1516 (Renouard 75.1). Pirckheimer Briefwechsel 4, Nr. 698, S. 259–262, Daneben wünschte er noch: Suidas, Praesens liber S. 261. est Suidae, Venedig: Aldus Manutius 1514 (Renou- 628 Vereinzelt erfüllten die Nürnberger darüber hinaus ard 70. 11). Vor Pirckheimers Angebot habe Ae- auch andere Wünsche ihrer Korrespondenzpart- sticampianus sich aufgrund der Bildung und des ner an die venezianische Druckerpresse. Lorenz Standes des Nürnbergers nicht getraut, ihn um die Beheim bat seinen Freund um ein Exemplar der Besorgung von Büchern zu bitten: J. R. Aesticam- von Anton Kolb und Jacopo de’Barbari gedruck- pianus aus Wittenberg an W. Pirckheimer (1519 ten Vedute Venetie MD: L. Beheim aus Bamberg Feb. 16), in: Pirckheimer Briefwechsel 4, Nr. 585, an W. Pirckheimer (1511 Okt. 16), in: Pirckheimer S. 17–18, S. 18. Briefwechsel 2, Nr. 198, S. 113–119, S. 116. Reicke identifizierte dies mit der Kolb/Barbari-Vedute: ebd., Anm. 41, S. 119. 4. Büchertransfer zwischen Venedig und Nürnberg · 385 hende Bezahlung Anton Kolbs für die ihm nach Venedig gelieferten 34 lateinischen und deutschen Exemplare. Während Kolb mit den lateinischen Drucken wohl auf Venezianer ebenso wie auf Personen aus dem Norden als Käufer zielte, sollte die deutsche Version höchstwahrscheinlich der Versorgung Letzterer mit der Weltchronik dienen.629 Von den 300 Exemplaren der Glossa ordinaria, die Anton Koberger 1501 in die Lagunenstadt sandte, um sie dort gegen Bücher eines venezianischen Druckers einzutauschen, gelang- ten die meisten sicherlich auf den venezianischen und italienischen Absatzmarkt.630 Der private Transfer von Drucken631 erfolgte ebenfalls in beide Richtungen über die Alpen hinweg. Willibald Pirckheimer sandte seinem venezianischen Briefpartner, Baptista Eg- natius, neben seinen lateinischen Übersetzungen griechischer Autoren offenbar des Öf- teren Bücher.632 Darüber hinaus erstreckte sich diese Gegenseitigkeit auch auf weitere Ebenen des gelehrten Austausches. So bat Aldus Manutius offenbar Johannes Cuno um die Unterstützung der Nürnberger für sein Gesuch bei Maximilian I., eine humanistische Ritterakademie zu gründen. Der Drucker war sich des Interesses an seinen Ausgaben wie der Nähe der Nürnberger zum König bewusst und versuchte, sich ihre Netzwerke zwischen Venedig und dem Norden zu Nutze zu machen.633 Die Unterstützung beim Besorgen von Drucken und Texten half darüber hinaus, gelehrte Bekanntschaften und Freundschaften aufrechtzuerhalten und zu festigen, sie möglicherweise sogar zu initiieren. Der kommunikative Austausch über die Drucke, die

629 Zahn, Endabrechnung, S. 182. Die Abrechnung menthandschriften mit Werken des Nikolaus von zeigt, dass auch direkt in andere italienische Städte Lyra, möglicherweise auch ein Werk Wilhelms von geliefert wurde. Daher ist davon auszugehen, dass Auvergne, aus dem Karthäuserkloster nach Vene- es sich bei Kolbs angestrebten Kunden um Perso- dig mitgebracht: Machilek, Klosterhumanismus, nen in oder im Umkreis Venedigs handeln musste. S. 16. Zur Legation Bessarions zuletzt: Claudia 630 „ich hab gesantt 300 gloß ordinaria auff venedig Märtl, Kardinal Bessarion als Legat im Deutschen vmb Die Do verstechen an ander bucher vnd hab Reich (1460/61), in: „Inter graecos latinissimus, in- warlich ein groß Summ gelcz auch hin ein zw ter latinos graecissimus“. Bessarion zwischen den wechsel gemacht vnd mein vetern Hanssen Ko- Kulturen, hg. v. ders. u. a., (Pluralisierung & Auto- berger auch auff venedig gesant mit Sampt sol- rität 39), Berlin u. a. 2013, S. 123–150. chen buchern“; A. Koberger aus Nürnberg an H. 632 Auf Titel oder den Umstand, ob es sich um Drucke Amerbach (1501 Mai 29), in: Hase (Hg.), Koberger, oder Handschriften handelte, wurde nicht einge- Nr. 36, S. XL-XLI, S. XL. Sowie: Hase, Koberger, gangen: B. Egnatius aus Venedig an W. Pirckhei- S. 352. Zur Abrechnung der Schedelschen Welt- mer (1527 Jan. 20), in: Pirckheimer Briefwechsel 6, chronik: Zahn, Endabrechnung; Hase, Koberger, Nr. 1078, S. 259–262. S. 352. Zum Buchbesitz der Venezianer: Anselm 633 J. Cuno aus Venedig an W. Pirckheimer (1505 Fremmer, Venezianische Buchkultur. Bücher, Dez. 21), in: Pirckheimer Briefwechsel 1, Nr. 86, Buchhändler und Leser in der Frührenaissance, S. 280–288, S. 280–281. In seinem nächsten Brief (Beihefte zum Archiv für Kulturgeschichte 51), teilte Cuno die Enttäuschung Aldus’ über das Köln u. a. 2001. Scheitern mit: J. Cuno aus Padua an W. Pirckhei- 631 Beim Transfer von Handschriften lässt sich nur in mer (1506 Dez. 26), in: ebd., Nr. 139, S. 456–458, sehr seltenen Fällen eine entsprechende Bewegung S. 457. Vgl. auch: Sicherl, Johannes Cuno, S. 49 u. von Nord nach Süd feststellen, dies jedoch an ei- S. 89; Sicherl, Nürnberg und der griechische Hu- nem sehr prominenten Beispiel: Kardinal Bessa- manismus, S. 40; Hans Ankwicz v. Kleehoven, Al- rion hatte wohl während seines Aufenthalts in dus Manutius und der Plan einer deutschen Ritter- Nürnberg als päpstlicher Legat 1460 einige Perga- akademie, in: La Bibliofilia 52 (1950), S. 169–177. 386 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg

Texte und ihre Autoren im Zuge des Transfers trug zu einer ersten Diffusion634 des Wis- sens auch um ihre Inhalte bei, das in der Folge durch die Rezeption der übersandten Schriften vertieft wurde. Hierbei kam Willibald Pirckheimer mit seinem umfangreichen Korrespondenznetz, über das er in Kontakt mit wichtigen Humanisten seiner Zeit wie Reuchlin, Erasmus oder Celtis stand, eine maßgebliche Bedeutung zu.635 In den Briefen wurden Informationen über die Lage des Druckgewerbes in Venedig, die Verfügbarkeit venezianischer Drucke in Nürnberg, den Ablauf des Transfers oder die Beschaffenheit und Qualität einzelner Bücher ausgetauscht. An Hermann von Neuenahr schickte Pirck- heimer beispielsweise Auskünfte über einen gerade in Venedig gedruckten Pindar sowie Texte, die noch nicht erschienen waren, und leitete ebenso Informationen über Bücher weiter, die er aus anderen Städten und Ländern, beispielsweise von Freunden aus Mai- land oder Kaufleuten aus Spanien erhalten hatte. Lorenz Beheim und Kilian Leib baten den Patrizier wiederholt um Auskunft über die Verfügbarkeit und Preise von Drucken, wie beispielsweise der Bomberg-Bibel, an der Leib sich interessiert zeigte. Auch hier bil- dete Philipp Melanchthon eine Ausnahme: Er erbat entsprechende Informationen nicht von Pirckheimer, sondern von Georg Ebner.636 Vor allem aber enthalten die Korrespon- denzen neben diesem Austausch über praktische Aspekte des Büchertransfers eine in- tensive Auseinandersetzung über die Texte selbst, die Bedeutung ihrer Autoren und den philologischen und literarischen Wert der jeweiligen Ausgaben.637

634 „Zwischen den Begriffen Transfer, der stärker den Voet, Erasmus and his Correspondents, in: Eras- aktiven, und Rezeption, der stärker den empfan- mus of Rotterdam. The Man and the Scholar, hg. v. genden Aspekt der Vorgänge betont, ist Diffusion Jan Sperna Weiland und Wim Frijhoff, Leiden u. a. der neutralere Begriff […]“ Johannes Helmrath, 1988, S. 195–202, S. 200. Diffusion des Humanismus. Zur Einführung, in: 636 W. Pirckheimer aus Nürnberg an H. v. Neuenahr Diffusion des Humanismus. Studien zur nationa- (etwa Anfang 1514) u. (wohl 1514), in: Pirck- len Geschichtsschreibung europäischer Humanis- heimer Briefwechsel 2, Nr. 293, S. 325–328 u. ten, hg. v. dems. u. a., Göttingen 2002, S. 9–29, Nr. 295, S. 330–331. K. Leib aus Kloster Rebdorf S. 19. Helmrath betonte auch, dass für die Erfor- an W. Pirckheimer (1520 Mai 12), in: Pirckheimer schung der „Diffusion des italienischen Humanis- Briefwechsel 4, Nr. 690, S. 246–247; L. Beheim mus als Prozeß“ neben seinen Inhalten auch seine aus Bamberg an W. Pirckheimer (1507 Feb. 7), Medien, Träger, Wege, Rezipienten, Transformati- in: Pirckheimer Briefwechsel 1, Nr. 146, S. 484– onen etc. in den Blick genommen werden müssen: 488. P. Melanchthon aus Wittenberg an G. Ebner Ebd., S. 9. Vgl. auch: Paul Oskar Kristeller, The (1521 Feb. 12), in: Melanchthon Briefwechsel T 1, European Diffusion of Italian Humanism, in: Itali- Nr. 124, S. 252–256. ca 39 (1962), S. 1–20. 637 Bereits in den Briefwechseln zwischen Nürnberg 635 Zur engen Verbindung zu Erasmus, der wohl gar und Italien, z. B. zwischen Pirckheimer und Jo- einen der Dürer-Stiche Pirckheimers in seinem hannes Cuno und v.a. Anton Kress, wurden ent- Studierzimmer hängen hatte: Wilhelm Ribhegge, sprechende Themen ausführlich erörtert: J. Cuno Erasmus von Rotterdam, (Gestalten der Neuzeit), aus Venedig an W. Pirckheimer (1505 Dez. 21), in: Darmstadt 2010, S. 108 u. S. 114–116; Wilhelm Pirckheimer Briefwechsel 1, Nr. 86, S. 280–288; J. Maurer, Humanismus und Reformation im Nürn- Cuno aus Padua an W. Pirckheimer (1506 Dez. 26), berg Pirckheimers und Dürers, in: Jahrbuch für in: ebd., Nr. 139, S. 456–458. Vgl. auch: Holzberg, fränkische Landesforschung 31 (1971), S. 19–34, Willibald Pirckheimer, S. 70. Zum Briefwechsel S. 25. An Erasmus sind 55 Briefe erhalten: Leon mit Kress und dessen Bedeutung: ebd., S. 87. 4. Büchertransfer zwischen Venedig und Nürnberg · 387

Insbesondere in dem Briefwechsel mit dem venezianischen Gelehrten Baptista Eg- natius, dem laut Veit Werler einzigen wirklichen Kenner des Griechischen in Italien,638 verbanden sich der Transfer von Texten aus Venedig, die Kommunikation über antike Autoren und der Austausch von Ergebnissen ihrer Nürnberger Rezeption. Geprägt war die Korrespondenz von einer beidseitigen Bewunderung. Wiederholt äußerte Egnatius sein großes Lob für die Übersetzungen griechischer Texte, die Pirckheimer ihm nach Venedig übersandte. Durch ihn werde der Ruhm der fränkischen Reichsstadt erhöht.639 Die Gelehrsamkeit Pirckheimers sei Grund dafür, dass Egnatius ihn bei seinen Arbeiten unterstützen wolle, indem er die von dem Patrizier benötigten oder gewünschten Texte nach Franken schicke.640 Durch diese Gelehrsamkeit gewann Nürnberg für die venezia- nischen Humanisten an Attraktivität. Gleichzeitig versuchte der Venezianer das Interesse Pirckheimers an den diesem bisher wohl unbekannten Autoren zu wecken. Aufgrund dessen sandte er dem Nürnberger Texte des Synesios. Diesen Autor lobte Egnatius auf- grund seiner literarischen und moralischen Exzellenz in höchsten Tönen und verwies auf die unterschiedlichen Werke, die von ihm in Venedig verfügbar seien. Hauptsächlich seine von der aldinischen Offizin gedruckten Reden erregten bei den „gelehrtesten Män- nern“ jederzeit „Bewunderung“.641 In der Korrespondenz Pirckheimers mit seinen Briefpartnern im Norden waren die venezianischen Drucke, die Verbreitung humanistischer Inhalte und deren Rezeption ebenfalls wichtige Themen. Gegenüber Neuenahr betonte Pirckheimer den eleganten Stil der venezianischen Typen. Und auch im Austausch mit Lorenz Beheim wurde immer wieder die besondere Qualität der venezianischen Drucke betont, die weit größer sei als

638 „solus Baptista Egnacius in Venetorum florentissi- hoc alumno praefaerre et ostentare sese nobis suo ma urbe inventus est, qui graeci latinique sermonis iam iure potest.“ (1529 Sep. 15), in: Pirckheimer mira facundia reliquis omnibus longe prestabat. Briefwechsel 7, Nr. 1243, S. 243–247, S. 245. Ductu illius ac opera rarissima quaeque ac visu 640 B. Egnatius aus Venedig an W. Pirckheimer (1527 dignissima tot quatriduo illic sum diligentius con- Jan. 20), in: Pirckheimer Briefwechsel 6, Nr. 1078, templatus.“ V. Werler aus Pavia an W. Pirckheimer S. 259–262; sowie: (1529 Sep. 15), in: Pirckheimer (1519 Dez. 16), in: Pirckheimer Briefwechsel 4, Briefwechsel 7, Nr. 1243, S. 243–247. Nr. 649, S. 153–155, S. 154. 641 „Siquidem praeter orationes περὶ προνοίας eius 639 B. Egnatius aus Venedig an W. Pirckheimer (1529 epistolae ab Aldo excusae in admirationem sem- Nov. 14), in: Pirckheimer Briefwechsel 7, Nr. 1255, per a doctissimis viris sint lectae.“ B. Egnatius aus S. 269–271, S. 270. Des weiteren: „Ego vero, quod Venedig an W. Pirckheimer (1529 Nov. 13), in: etiam ad te scripsi antea, admirabar etiam atque Pirckheimer Briefwechsel 7, Nr. 1254, S. 266–269, etiam nobilitatem hanc tuam et gentis et animi, S. 268; sowie: „Qua laude etiam cum eloquentis- admirabar litteraturae utriusque excellens studium simis viris conferri habeat.“ Ebd. Egnatius selbst tuum.“ B. Egnatius aus Venedig an W. Pirckheimer habe der Scharfsinn aufs Höchste erfreut: ebd., (1527 Jan. 20), in: Pirckheimer Briefwechsel 6, S. 267. Bereits vorher thematisierte Egnatius den Nr. 1078, S. 259–262, S. 260. Sowie: „Quodsi ve- Autor selbst, seine Werke, die Inhalte seiner Reden rum fateri tecum ingenue velim, invideo plane und deren Übersendung: (1529 Sep. 15) u. (1529 tantae virtuti tuae, invideo huic tuae laudi, invideo Okt. 20), in: ebd., Nr. 1243, S. 243–247 u. Nr. 1248, non solum patriae, quae te genuit, verum etiam S. 255. universae Germaniae iam tuae, quae nostrae Italiae 388 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg diejenige der Nürnberger Produkte.642 Gegenüber Gabriel Hummelburg erwähnte er die von Baptista Egnatius besorgte Celsus-Aldina von 1524. Hummelburg musste jedoch gestehen, dass er diese nicht kenne.643 Bessere Kenntnisse über den italienischen Buch- markt besaß Konrad Celtis. Aus diesem Grund hielt Pirckheimer es nicht für nötig, ihn über griechische Neuerscheinungen zu informieren.644 Sein Wissen um den Buchmarkt und der Umstand, dass ausgerechnet für den an griechischen Texten interessierten Celtis keine Lieferung venezianischer Drucke durch Pirckheimer nachzuweisen ist, gründete wohl auf dem direkten Kontakt, den Celtis zu Aldus pflegte.645 Auf die Verbindungen Pirckheimers nach Venedig war Celtis für den Büchertransfer nicht angewiesen. Beide tauschten sich jedoch intensiv über die Texte selbst und ihre Inhalte aus. Pirckheimer stellte seine Kenntnis der von Aldus gedruckten Schriften des Philostrat und des Herodot beispielsweise durch einen kurzen inhaltlichen Abriss Celtis gegenüber unter Beweis.646 Die Aldina des Aristophanes sei es gewesen, die ihm geholfen habe, den „Gedanken“ dieses zu diesem Zeitpunkt nördlich der Alpen nur von sehr wenigen Gelehrten rezi- pierten Autors zu erschließen. Der Druck diente dem Nürnberger zur gleichen Zeit als Vorlage bei der Anfertigung einer seiner ersten Übersetzungen aus dem Griechischen.647 Auch für seine im nächsten Brief an Celtis erwähnte Lukian-Übersetzung nutzte er eine Aldina als Grundlage. Das Schreiben ist ganz in Griechisch gehalten. Auf diese Weise wollte Pirckheimer seinem Briefpartner die Fortschritte seines Studiums demonstrieren. Er betonte, dass er für dieses nicht auf einen Lehrer habe zurückgreifen können. Seine Kenntnisse musste er sich selbst aneignen.648 Mit anderen Briefpartnern, wie Johannes

642 Dies ging meist von Beheim aus: L. Beheim aus (1504 Mär. 14), in: Pirckheimer Briefwechsel 1, Bamberg an W. Pirckheimer (1506 Okt. 24), (1506 Nr. 63, S. 206–210, S. 206. Nov. 5), (1506 Nov. 20), (1507 Feb. 7), in: Pirckhei- 645 Aldus schickte Celtis auch direkt Drucke: A. Ma- mer Briefwechsel 1, Nr. 131, S. 446–447; Nr. 133, nutius aus Venedig an K. Celtis (1497 Okt. 13) S. 447–449; Nr. 137, S. 452–454 u. Nr. 146, u. (1501 Jul. 7), in: Celtis Briefwechsel, Nr. 175, S. 484–488. Zur Eleganz der venezianischen Type: S. 287–288 u. Nr. 262, S. 451–452. W. Pirckheimer aus Nürnberg an G. v. Neuenahr 646 W. Pirckheimer aus Nürnberg an K. Celtis (1503 (etwa Anfang 1514), in: Pirckheimer Briefwech- Nov. 17), in: Pirckheimer Briefwechsel 1, Nr. 60, sel 2, Nr. 293, S. 324–328, S. 326. Auch Hermann S. 197–200, S. 198. Die Herodot-Ausgabe wird in Schedel lobte in einem Brief an Hartmann aus- Nr. 59, S. 194–197 als Aldina identifiziert: ebd., drücklich die Schönheit und Eleganz der durch Anm. 17, S. 197. Sie kann ebenso wie die Philos- Armbauer gelieferten Historia Naturalis des Plini- trat-Ausgabe als Besitz Pirckheimers erschlossen us: Hermann Schedel aus Nürnberg an Hartmann werden: Holzberg, Willibald Pirckheimer, S. 88. (wohl 1470), in: Hermann Schedels Briefwechsel, 647 „comentaria nactus Aristophanis, quae mihi sensum Nr. 85, S. 185–187. poetae aperiunt.“ W. Pirckheimer aus Nürnberg an 643 „Nescio, qualis sit Celsus, quem tu Venetiis impres- K. Celtis (1503 vor März), in: Pirckheimer Brief- sum scribis“; G. Hummelburg aus Feldkirch an W. wechsel 1, Nr. 58, S. 191–194, S. 192. Zur Bedeu- Pirckheimer (1528 Okt. 4), in: Pirckheimer Brief- tung der Aldina für die Aristophanes-Übersetzung wechsel 7, Nr. 1193, S. 129–131, S. 130. Pirckheimers und den Austausch darüber mit Kress 644 „Adnotassem libros graecos nuper impressos, nisi und Celtis: Holzberg, Willibald Pirckheimer, S. 105. illorum titulos te iam pridem intellexisse arbitra- 648 „Καὶ σοὶ διό έλληνιστί γεγράφα ἴνα όράοις ἐὰν rer.“ W. Pirckheimer aus Nürnberg an K. Celtis πεπροκόφω καὶ χωρίς διδάσκαλου.“ W. Pirckhei- 4. Büchertransfer zwischen Venedig und Nürnberg · 389

Reuchlin oder Johannes Trithemius, korrespondierte Pirckheimer zumindest teilweise ebenfalls auf Griechisch. In seinem Brief an Letzteren von 1507 zitierte er gar wörtlich die griechische Theokrit-Ausgabe des Aldus.649 Nicht nur die Lektüre der griechischen Originaltexte diente Pirckheimer als Mittel zur Verbesserung seiner Griechischkenntnisse in Nürnberg. Maßgeblich hierfür waren laut Niklas Holzberg auch seine deutschen, vor allem aber lateinischen Übersetzungen griechischer Texte aus der Zeit zwischen 1501 und 1513/14.650 Für fast alle dieser frü- hen ebenso wie der späteren Übersetzungen bildeten gedruckte griechische Schriften die Grundlage. Meist handelte es sich dabei um Erzeugnisse der aldinischen Offizin, die, wie Holzberg betonte, mit großer Wahrscheinlichkeit fast ausschließlich über Venedig und Padua nach Nürnberg gelangten.651 Gerade für die Übersetzungen spielte die besondere philologische Genauigkeit der Aldinen eine ausschlaggebende Rolle. Die Übertragungen des Aristophanes, des Horapollon, des Pseudo-Galen, des Thukydides und der Sententiae hatten ebenso Aldinen zur Grundlage, wie wohl die Demosthenes-Übersetzung von 1504.652 Zwar hatte Pirckheimer den ersten und vierten Band der Opera des Aristoteles, die Aldus zwischen 1495 und 1498 gedruckt hatte, durch Anton Kress aus Pavia erhal- ten. Seine Übersetzung von 1502 beziehungsweise 1503 basierte jedoch auf dem dritten Band, der auf anderem Wege in Pirckheimers Besitz gelangt war.653 Nur für die Homer- Übertragung lässt sich eindeutig die Florentiner Editio princeps des Chalcondyles von 1488 belegen.654 Während Pirckheimers frühe Übersetzungen in erster Linie als wichtige Grundlage für die Verbesserung seiner Sprachkenntnisse und die Vertiefung seines Wissens um die griechische Literatur dienten und dabei Zeichen seiner humanistischen Interessen waren, leisteten die im Druck erschienenen späteren Übersetzungen einen maßgeblichen Beitrag zur Diffusion der jeweiligen Texte und des griechischen Humanismus nördlich

mer aus Nürnberg an K. Celtis (1503 Mär. 10), in: erst die späteren Übersetzungen gedruckt wurden, Pirckheimer Briefwechsel 1, Nr. 59, S. 194–197, davon, dass es sich anfangs um Übungen handelte: S. 195. ebd., v.a. S. 100 u. S. 375. 649 W. Pirckheimer aus Nürnberg an J. Trithemi- 651 Holzberg, Willibald Pirckheimer, S. 88. us (1507 Jul. 1), in: Pirckheimer Briefwechsel 2, 652 Laut Holzberg lässt der Umstand, dass Pirckheimer Nr. 172, S. 2–6, S. 4. Rupprich identifizierte hier- die bei Aldus gedruckte Editio princeps des De- für: Theokrit, Idyllia, Venedig: Aldus 1495 (GW mosthenes an Reuchlin schickte, darauf schließen, M45831; ISTC it00144000; Renouard 5.3; Offen- dass er diese auch selbst besaß: Holzberg, Willibald bacher 254): ebd., Anm. 10, S. 6. Zum Besitz der Pirckheimer, S. 152. Hier auch zu den anderen Theokrit-Aldina: Holzberg, Willibald Pirckheimer, Übersetzungen und den ihnen als Vorlage dienen- S. 88. Zum griechischen Brief an Johannes Reuch- den Aldinen: Aristophanes (1502/03): ebd., S. 105; lin: J. Reuchlin aus Ingolstadt an W. Pirckheimer Horapollon (vor April 1514): ebd., S. 214; Pseudo- (1520 Jun. 2), in: Pirckheimer Briefwechsel 4, Galen (1502/03): ebd., S. 136; Thukydides (1503): Nr. 693, S. 251–252. ebd., S. 141; Sententiae (1502/03): ebd., S. 130 . 650 Möglicherweise erhielt er Unterstützung durch 653 Holzberg, Willibald Pirckheimer, S. 134. W. Pirck- Cuno: Holzberg, Willibald Pirckheimer, S. 70. Laut heimer aus Nürnberg an A. Kress (1502 Apr. 14), Holzberg zeugen die Qualitätsunterschiede, die in: Pirckheimer Briefwechsel 1, Nr. 50, S. 164–165. Fortschritte Pirckheimers und der Umstand, dass 654 Holzberg, Willibald Pirckheimer, S. 113. 390 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg der Alpen.655 Die Resonanz war unterschiedlich. Kein großes Echo fand die schon 1515 begonnene, jedoch erst 1523 von Friedrich Peypus herausgebrachte Übertragung von Di- alogen des Pseudo-Platon, die Pirckheimer nach der von Markos Musuros besorgten Edi- tio princeps des Aldus von 1513 anfertigte.656 Einige seiner einzeln erschienenen Überset- zungen wurden später in Gesamtausgaben aufgenommen. Den „größten Widerhall“ fand Pirckheimers Übersetzung des Piscator des Lukian. Sie war ein so großer Erfolg, dass Cochläus dem Patrizier im April 1520 berichtete, der Druck sei bei seinem Buchhändler in Frankfurt vergriffen. Mehrmals wurde sie nachgedruckt.657 Hatte er für seine frühen Lukian-Übersetzungen, mit denen er bereits 1502/03 begonnen hatte, vermutlich noch die Florentiner Laskaris-Edition von 1496 oder Handschriften herangezogen, basierten seine späteren Übertragungen auf der Lukian-Ausgabe des Aldus von 1503.658 Durch sei- ne Lukian-Bearbeitungen beeinflusste Pirckheimer die Rezeption des Autors im Norden entscheidend.659 Selbst nicht gedruckt, aber eventuell für den Druck konzipiert, war die erste Lukian-Übersetzung Pirckheimers von 1512, der Περί πένθους. Der Umstand, dass sie Erasmus von Rotterdam erreichte, führte dennoch zu ihrer breiten Diffusion und zu ihrer großen Bedeutung für die Lukian-Rezeption im Norden, da Erasmus sie 1514 für die Erweiterung seiner ursprünglich mit Thomas Morus herausgegebenen Sammlung von Lukian-Texten nutzte.660 Auch die Übersetzungen der Reden des Gregor von Nazianz, die ab 1521 erschie- nen, beruhten zum großen Teil auf einer von Markos Musuros besorgten Aldina.661 Als

655 Holzberg, Willibald Pirckheimer, S. 375. 659 Zur großen Bedeutung für die Rezeption: Holz- 656 Plato, Dialogi Platonis, Nürnberg: Friedrich Pey- berg, Willibald Pirckheimer, S. 120. Zur Aufnah- pus 1523 (VD 16 P 3322). Holzberg, Willibald me anderer Übersetzungen (Marcus Annaeus Pirckheimer, S. 310–311. Zur Vorlage: ebd., S. 302. Lucianus, Lvciani rhetor a Bilibaldo Pirckaimero 657 J. Cochläus aus Frankfurt an W. Pirckheimer (1520 in latinvm versus, Hagenau: Thomas Anselm 1520 Apr. 5), in: Pirckheimer Briefwechsel 4, Nr. 678, [VD 16 L 3035]; Ders., Lvciani fvgitivi. A Bilibaldo S. 213–217, S. 215. Zum „Widerhall“ des Piscator: Pirckhaimero in latinvm versus, Hagenau: Thomas Holzberg, Willibald Pirckheimer, S. 259. Holzberg Anselm 1520 [VD 16 L 2986]) in Gesamtausgaben: betonte zwar, dass die große Resonanz v.a. durch ebd., S. 262. Daneben erschienen auf Grundlage die Widmungsepistel an Reuchlin, die Epistola der Aldina noch: Marcus Annaeus Lucianus, Luci- apologetica, begründet war: ebd., S. 261. Gera- anus de ratione conscribendae historiae ex graeco de dies trug jedoch maßgeblich zur Verbreitung in latinum traductus, Nürnberg: Friedrich Peypus des Textes und damit der Übersetzung bei. Zum 1515 (VD 16 L 3033) u. Ders., Navis sev vota Lv- Druck: Lucianus, Lvciani piscator, sev reuiuiscen- ciani, Nürnberg: Friedrich Peypus 1522 (VD 16 L tes. Bilibaldo Pirckheymero […] interprete. Eius- 3008). dem Epistola Apologetica..., Nürnberg: Friedrich 660 Holzberg, Willibald Pirckheimer, S. 222. Marcus Peypus 1517 (VD 16 L 3025). Annaeus Lucianus, Dialogi et alia emuncta, hg. v. 658 Holzberg, Willibald Pirckheimer, S. 120, S. 222, Desiderius Erasmus, Paris: Ascenius 1514. S. 249 u. S. 298. Zum Druck: Marcus Annaeus 661 Holzberg, Willibald Pirckheimer, S. 289 u. S. 344. Lucianus, Opera, Venedig: Aldus 1503 (Renouard Dass Pirckheimer auch die Aldina der Carmina 39.3). Über die frühen Lukian-Übersetzungen be- von 1504 offensichtlich sehr schätzte, zeigt die richtete er auch Celtis: W. Pirckheimer aus Nürn- Ausstattung mit Miniaturen durch Dürer: Gregor berg an K. Celtis (1503 Mär. 10), in: Pirckheimer v. Nazianz, Carmina, Venedig: Aldus Manutius Briefwechsel 1, Nr. 59, S. 194–197. 1504 (Renouard 46.4; Offenbacher 260). 4. Büchertransfer zwischen Venedig und Nürnberg · 391

Grundlage für die posthum erschienene Gesamtausgabe der Übersetzungen, die bereits ein Jahr später neu aufgelegt und auch in der Folge immer wieder nachgedruckt wurde662, diente hingegen wahrscheinlich ein von dem Breslauer Humanisten Johannes Heß an Pirckheimer versandter Kodex, der wie die Aldina allerdings nicht alle Reden enthielt. Vermutlich handelte es sich um die im Hess’schen Kodex fehlende Rede 12, von der Egnatius Baptista dem Nürnberger im November 1529 berichtete, dass er sie in einer venezianischen Bibliothek gefunden habe und sie Pirckheimer in Abschrift zukommen lassen würde.663 Zwar ist unklar, ob dieser die Abschrift des Egnatius Baptista wirklich erhielt,664 doch zeigt sich hier, wie eng die gegenseitige Unterstützung zur Förderung der humanistischen Studien auch über die Alpen hinweg war. Gleichzeitig wird deutlich, dass der Transfer von Texten ebenso in den Süden laufen konnte. Pirckheimer schickte seinem venezianischen Briefpartner selbst vermutlich sowohl die 1521 als auch die 1528 erschienenen Nazianz-Bearbeitungen.665 Die große Anerkennung der Arbeit des Nürn- bergers und der durch die Übersendung der Übersetzung wohl angestoßene inhaltliche Austausch über die Reden des Kirchenvaters waren ausschlaggebend für die Bemühun- gen des Egnatius, dem Nürnberger bei der Beschaffung des fehlenden Textes aus Venedig behilflich zu sein. Gleichzeitig war dies Dank und Gegendienst für die ihm zugeeigneten Exemplare der Übersetzungen und für weitere Büchersendungen Pirckheimers.666 Auch

662 Drucke gab es auch nach 1569 noch, obwohl die warte: StBN, Pirckheimer-Papiere, Nr. 85a: Holz- Pirckheimer’sche Übersetzung durch die 1569 er- berg, Willibald Pirckheimer, 353. schienene Überarbeitung des Jakob Bilius verdrängt 665 „Nam cum Nazianzeni Orationes lego abs te ver- wurde: Holzberg, Willibald Pirckheimer, S. 362. sas, iurare tibi possem, idque sanctissime, ne illum 663 B. Egnatius aus Venedig an W. Pirckheimer (1529 quidem ipsum tam pure, tam ornate loqui usque Nov. 13), in: Pirckheimer Briefwechsel 7, Nr. 1254, adeo, ut tamen, etsi Athenas ipsas oleat, in qui- S. 266- 269, S. 267. Vgl. auch: Kap. III.4.2 u. Holz- bus diu versatus est, tu hoc ipso coelo ab illis tam berg, Willibald Pirckheimer, S. 353. Es könnte dissito easdem pene auribus doctissimi cuiusque sein, dass es sich bei der Abschrift der Rede um reddas. Verum haec, quae in aliis admiranda fo- eine Handschrift Bessarions handelte, auch wenn rent, obscurantur abs te maiore tu uberiore laude.“ die Zugänglichkeit seiner Handschriften vor dem B. Egnatius aus Venedig an W. Pirckheimer (1527 Bau der Biblioteca Marciana laut Wilson sehr ein- Jan. 20), in: Pirckheimer Briefwechsel 6, Nr. 1078, geschränkt war: Wilson, Book Trade, S. 394. Zum S. 259–262, S. 260–261. Scheible ging davon aus, Hesus-Kodex: Holzberg, Willibald Pirckheimer, dass es sich bei den 1527 erwähnten Reden um S. 352. Zum Druck: Gregor v. Nazianz, D. Gregorii den Druck von 1521 handle: ebd., Anm. 2, S. 261. Nazianzeni Orationes XXX, Bilibaldo Pirckhei- Es wäre jedoch auch denkbar, dass Pirckheimer mero interprete, Basel: Hieronymus Froben 1531 Egnatius vorab handschriftliche Übersetzungen (VD 16 G 3082). Auch die 1529 erschienene Rede 2 zukommen ließ. Zu den Ausgaben: Gregor v. Na- hatte nicht die Aldina als Vorlage. Sie ist in dieser zianz, D. Gregorii Nazanzeni theologi orationes nicht enthalten: Holzberg, Willibald Pirckheimer, sex, Nürnberg: Friedrich Peypus 1521 (VD 16 G S. 348. Zur Ausgabe von 1529: Gregor v. Nazianz, 3038) u. Gregor v. Nazianz, Beati Gregorij Nazan- Beati Gregorii Nazanzeni de officio Episcopi Ora- zeni theologi oratio(n)es duae Iulianum Caesarem tio. Bilibaldo Pirckeymhero Consiliario Caesareo infamia notantes. Bilibaldo Pirckheymhero Cae- Interprete, Nürnberg: Friedrich Peypus 1529 (VD sareo consiliario interprete, Nürnberg: Friedrich 16 G 3073). Peypus 1528 (VD 16 G 3081). 664 Pirckheimer berichtete noch ein Jahr später an 666 In seinem Brief vom 20. Januar 1527 bedankte Froben, dass er auf die entsprechende Abschrift sich Egnatius für die Übersendung eines Textes 392 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg im Reich nördlich der Alpen initiierte der Nürnberger Humanist die Diffusion seiner Na- zianz-Übertragungen. Mehrere seiner Freunde und Bekannten, unter anderem Johannes Cochläus und wohl auch Konrad Peutinger und Beatus Rhenanus, erhielten Exemplare der 1528 gedruckten Reden.667 Eigenen Anteil an der Verbreitung humanistischen Gedankenguts hatte Pirckheimer daneben durch seine bereits 1513, ebenfalls bei Peypus gedruckte, erste Plutarch-Bear- beitung Plvtarchi chaeronei stoici ac viri clarissimi de his qvi tarde a nvmine corripivntvr libellus, von der er an zahlreiche Freunde, darunter Hartmann Schedel und Erasmus von Rotterdam, Exemplare verschickte. Auch sie fand starken Nachhall und stellte ei- nen „wichtige[n] Beitrag zur Plutarch-Rezeption im 16. Jahrhundert“ dar.668 Wie bei der Übersetzung von De vitanda vsvra, die zwei Jahre später bei dem Nürnberger Drucker erschien, beruhte die erste gedruckte Übersetzung Pirckheimers auf der Editio princeps von Plutarchs Moralia, die Demetrius Dukas unter der Mitarbeit von Erasmus von Rotterdam und Aldus selbst für die aldinische Offizin besorgt hatte und die dort 1509 erschienen war. Sehr viel deutlicher als seine späteren Arbeiten stellte Pirckheimer De vitanda vsvra noch in einen tagesaktuellen Kontext, indem er Bezug auf die Problematik der Raubritter nahm. Eine genauere Betrachtung der Gegenwartsbezüge und die teilweise in diesem Kontext stattfindende Anpassung der Settings wäre gerade bezüglich der Frage nach dem Kulturtransfer innerhalb der Texte interessant, ist aber aufgrund des Umfangs in der vorliegenden Studie nicht durchzuführen. Die Übersetzung der Plutarch-Schrift über das Zinsverbot erlebte zahlreiche Nachdrucke in Sammelausgaben und wurde von Michael Herr aus der Pirckheimer’schen Fassung ins Deutsche übertragen.669 Einige Tex- te Plutarchs erschienen in Pirckheimers 1523 bei Peypus herausgegebenen Sammlung

und verwies dabei darauf, dass er bereits zuvor des bellus, Nürnberg: Friedrich Peypus 1513 (VD 16 P Öfteren Bücher von Pirckheimer erhalten habe: 3634). B. Egnatius aus Venedig an W. Pirckheimer (1527 669 Plutarch, Plutarchi von Cheronea gůter Sitten Jan. 20), in: Pirckheimer Briefwechsel 6, Nr. 1078, einvnd zwentzig Buecher. Durch D. Michael Herr S. 259–262, S. 260. der Artzney vnnd Freyer Künsten lyebhaber new- 667 Es handelte sich um die Reden 4 und 5: Holzberg, lich verteütscht, Straßburg: Johann Schott 1535 Willibald Pirckheimer, S. 347. Johannes Alexander (VD 16 P 3686). Holzberg, Willibald Pirckhei- Brassicanus erhielt die 1521 gedruckte Überset- mer, S. 220. Zum Druck Pirckheimers: Plutarch, zung: „N‹azanzeni› orationes tibi mitto vi quod- De vitanda vsvra ex greco in latinvm tradvctvs, amodo ab amicis extortas, cum securius delituis- Nürnberg: Friedrich Peypus 1515 (VD 16 P 3784). sent. De Homero tibi morem gessissem, si venalis Zur Vorlage: ebd., S. 217. Plutarch, Opuscula, Ve- fuisset. Sed illum praeterquam Venetiis aut Fran- nedig: Aldus Manutius 1509 (Renouard 55.1). Zum cfordiae non facile reperies.“ W. Pirckheimer aus zeitgenössischen Bezug: ebd., S. 219. Generell dis- Nürnberg an J. A. Brassicanus (1521, nach Mär. 4), tanzierte sich der Patrizier zunehmend von tages- in: Pirckheimer Briefwechsel 4, Nr. 751, S. 476– aktuellen Bezügen und nutzte stärker überzeitliche 477, S. 476. Einordnungen: ebd., S. 310; Niklas Holzberg, Wil- 668 Holzberg, Willibald Pirckheimer, S. 206 (Zitat) libald Pirckheimer als Wegbereiter der griechi- u. S. 210. Zur Vorlage: ebd., S. 201. Zur Ausgabe: schen Studien in Deutschland. Zum 450. Todestag Plutarch, Plvtarchi Chaeronei stoici ac viri claris- des Humanisten, in: MVGN 67 (1980), S. 60–78, simi. De his qui tarde a numine corripiuntur li- S. 74 u. S. 76–77. 4. Büchertransfer zwischen Venedig und Nürnberg · 393 von Übersetzungen des Autors zum ersten Mal auf Latein und somit zwei Jahre vor der Edition des Erasmus von Rotterdam.670 Für die breitere Auseinandersetzung mit anderen antiken Schriften gab der Nürnberger durch seine Bearbeitung ebenfalls den Anstoß. So berief sich die durch Hieronymus Boner bearbeitete und von Heinrich Steiner 1540 in Augsburg gedruckte erste deutsche Ausgabe von Xenophons Kyropädie, Anabasis und Hellenika auf die entsprechende Übersetzung Pirckheimers.671 Durch die Übertragung der Pirckheimer’schen Bearbeitungen ins Deutsche erreichten diese ein breiteres, auch nicht der antiken Sprachen mächtiges Publikum und damit eine noch größere Diffusion als seine lateinischen Übersetzungen. Die eigenen deutschen Übersetzungen Pirckheimers fanden hingegen keinen großen Nachhall. Von ihnen erschien nur der Pseudo-Isokrates unter dem Titel Ein nutzbar vn- derweysung des hochberumten redners Jsocratis zu einem jungenn Demonicus genant im Druck, der allerdings vermutlich auf der von Chalcondyles bearbeiteten Editio princeps aus Mailand von 1493 basierte.672 Noch in ungedruckter Form erwarb Anton Tucher die Übersetzung 1514 wohl zweimal.673 Die Handschriften wurden also durchaus kommer- ziell und damit über den engsten Kreis an Vertrauten hinaus verbreitet. Wie Hans VI. Imhoff an die verschiedenen handschriftlichen Übertragungen seines Schwiegervaters gelangte, die schon 1517 in seinem Besitz nachzuweisen sind, ist unklar. Der einzige Text, bei dem es sich wahrscheinlich um eine Aldina handelte, war die Plutarch-Übersetzung von 1517. Pirckheimer machte durch sein intensives Interesse am griechischen Huma- nismus diesen nicht nur durch die Öffnung seiner Bibliothek und durch die lateinischen Übersetzungen den Gelehrten nördlich der Alpen, sondern anhand seiner deutschen Bearbeitungen auch seinem breiteren Nürnberger Umfeld zugänglich. Dass diese Texte meist nicht im Druck erschienen, begrenzte ihre Wirkung allerdings auf einen engeren geographischen Rahmen. Erst im Laufe der Zeit und meist ohne Zutun des Humanisten

670 Plutarch, De compescenda Ira. De Garrulitate. Nutzung der Aldina von 1503 als Vorlage: ebd., De Curiositate. De iis qui sero a numine corripi- S. 366. untur. De vitanda Vsura, Bilibaldo Pirckeymero 672 Pseudo-Isokrates, Ein nutzbar vnderweysung interprete, Nürnberg: Friedrich Peypus 1523 (VD des hochberumbten redners Jsocrates zů einem 16 P 3602). Holzberg, Willibald Pirckheimer, jungenn Demonicus genant, durch herr Wil- S. 312. wolt Birckhaimer auß kriechischer sprach in das 671 Xenophon, Des Hochgeloertesten philosophen teutsch getzogen, Augsburg: Sigmund Grimm u. warhafftigsten Geschichtschreiber vnd allerthe- Marx Wirsung 1519 (VD 16 I 501). ürsten Hauptmanns Xenophontis Commenta- 673 „Item adi 14 jener beczalt dem Feuchterlen von 11 rien... Hieronymus Boner oberstmaister zů Col- pleter schrift, ist ein leer einem jungen man, die mar auß dem Latein inns Theütsch gebracht..., her Wilbolt Pirchamer von kriegisch in dewtsch Augsburg: Heinrich Steiner 1540 (VD 16 X 30). gemacht, facit 5 fl.“ (1514 Jan. 14), Tucher, Haus- Die Übersetzung Boners beruhte auf dem Basler haltsbuch, fol. 105r, S. 107. Sowie: (1514 Nov. 11), Nachdruck der Pirckheimer-Übersetzung von ebd., fol. 112r, S. 116. Sowohl der unterschiedliche 1534. Zur Basler Ausgabe: Xenophon, Xenophon- Preis als auch das unterschiedliche Datum weisen tis philosophi et historici clarissimi opera, Basel: darauf hin, dass es sich um verschiedene Schriften Andreas Cratander 1534 (VD 16 X 11). Vgl. hier- gehandelt haben muss: Holzberg, Willibald Pirck- zu: Holzberg, Willibald Pirckheimer, S. 370. Zur heimer, S. 232–233. 394 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg selbst wurden sie, wie die Plutarch-Übersetzung von 1517, die 1606 in dem von Konrad Rittershausen im Namen von Pirckheimers Urenkel, Hans VII. Imhoff, bearbeiteten Tu- gendbüchlein erschien, in ihrer deutschen Übersetzung einem breiteren Publikum zu- gänglich gemacht.674 Die von Venedig ausgehende und durch die intensiven Kontakte Nürnbergs mit der Serenissima begünstigte Verbreitung antiker Texte675 lässt drei Stufen erkennen. Zum einen bildete der Transfer der Bücher selbst die Grundlage für die Rezeption der antiken Texte und damit für die humanistischen Studien im Norden. Hierbei kam den Nürn- bergern aufgrund ihrer Verbindung zum Zentrum des griechischen Buchdrucks und ihrem erleichterten Zugriff auf die für die meisten griechischen Autoren maßgeblichen aldinischen Textausgaben beim Transfer griechischer Drucke über die Alpen und deren Verbreitung im Norden eine herausgehobene Bedeutung zu. Auf einer zweiten Ebene trugen die Briefwechsel von Nürnberger Gelehrten, an der Spitze Willibald Pirckheimer, dazu bei, das Interesse an den Drucken und das Wissen um ihre Inhalte auszuweiten. Zur breiteren und von persönlichen Verbindungen in der Regel unabhängigen Diffusion kam es in einer dritten Stufe vor allem durch die Übersetzungen, die Willibald Pirckhei- mer meist auf Grundlage der entsprechenden aldinischen Drucke anfertigte. Sie wurden so auch für Gelehrte, die nicht des Griechischen mächtig waren, zugänglich. Durch die Übersetzung der Texte wie durch ihre Bearbeitung durch andere Humanisten fanden sie und ihre Autoren nicht nur Eingang in die humanistische Gelehrtenkultur im Norden, sondern wurden gleichzeitig Teil der literarischen Produktion. Die Rezeption und Dif- fusion der aus Venedig importierten Texte und Inhalte in Nürnberg und von dort ausge- hend im Reich nördlich der Alpen machten den Büchertransfer zwischen der Reichsstadt und Venedig zu einem bedeutenden Aspekt des spätmittelalterlichen Kulturtransfers. Die transferierten Inhalte wurden zu einem integralen Bestandteil der kulturellen Entwick- lungen im Norden. Dass Hans Sachs’ Comedi, mitt 11 person zu recidirn, der Pluto, ein gott aller reichthumb, unnd hat fünff actus gleichzeitig mit der Aristophanes-Übertra- gung des Thomas Venatorius erschien, die 1531 gedruckt wurde und wohl auf den Über- setzungen Pirckheimers beruhte, legt Mutmaßungen über einen Zusammenhang nahe. Zumindest zeigt sie, dass die Rezeption griechischer Autoren in Nürnberg zu diesem frühen Zeitpunkt bereits geläufig war.676 Daneben brachten die Nürnberger die antiken

674 Holzberg, Willibald Pirckheimer, S. 234–235. Zum gerade bei Büchern und Büchersammlungen um Besitz Imhoffs und Tuchers: Holzberg, Wegberei- „Träger fremder Kulturgüter“ handelte: Espagne, ter der griechischen Studien, S. 74. Theoretischer Stand der Kulturtransferforschung, 675 Zum Zusammenhang zwischen Transfer, Diffusi- S. 64. on und Rezeption generell, gerade im Kontext des 676 Zur Aristophanes-Übersetzung Pirckheimers, die Humanismus: Helmrath, Diffusion des Humanis- auf der von Musuros besorgten Aldus-Ausgabe mus, S. 18. Helmrath betonte, dass „das Ergeb- der Komödien des Aristophanes beruhte, und zu nis von Transfer und Diffusion […] produktive der Komödie des Hans Sachs: Holzberg, Willibald Transformation“ sei: ebd., S. 20. Espagne unter- Pirckheimer, S. 105 u. S. 111–112. Hans Sachs, Ein strich – allerdings generalisierend – dass es sich comedi, mitt 11 person, zu recidirn, der Pluto, ein 4. Büchertransfer zwischen Venedig und Nürnberg · 395

Texte und die humanistischen Strömungen teilweise direkt von Venedig aus in verschie- dene Gegenden nördlich der Alpen. Johannes Cuno kehrte nach seinem Aufenthalt in Italien nicht nach Nürnberg zurück, sondern ging nach Basel, wo er seine Griechisch- Kenntnisse weitervermittelte. Einen Großteil seiner Bücher, unter ihnen auch einige, die mit Sicherheit aus Venedig stammten, vermachte er Beatus Rhenanus. Sie wurden in Schlettstadt von diesem und anderen Humanisten für ihre Studien genutzt.677

4.5 Büchertransfer und Humanismusdiffusion – Resümee

Der Transfer von Büchern und für die humanistischen Studien relevanten Texten von Süd nach Nord erfolgte auf vielfältige Weise. Häufig handelte es sich um direkte Be- stellungen. Hinter dem unaufgeforderten Übermitteln von Texten konnte, wie bei den von Baptista Egnatius übersandten Synesios-Reden, der Wunsch stehen, das Interesse der Austauschpartner nördlich der Alpen an bestimmten Autoren zu wecken. Daneben brachten die Nürnberger immer wieder selbst Bücher aus Italien mit über die Alpen, die sie persönlich nutzten oder weitergaben. Nachvollziehbar ist der Transfer von Texten oft lediglich für gedruckte Bücher. Hierbei kam auch die Position der Serenissima als eines der wichtigsten Zentren des europäischen Buchdrucks zum Tragen, die stark von ihrer Mittlerposition zwischen Ost und West bedingt war. Während die Drucker aus dem Reich nördlich der Alpen das Handwerk nach Venedig brachten und es dort etablierten, trug die griechische Diaspora dazu bei, dass die Texte der antiken griechischen Autoren in die Stadt kamen. Diese bildeten die Grundlage für das Aufkommen des griechischen Buchdrucks in Venedig, der viele der Texte zum ersten Mal für einen größeren Leserkreis rezipierbar machte und so maßgeblich zur Ausbreitung des griechischen Humanismus beitrug. Das Wirken des Aldus Manutius in der Stadt hatte durch die Qualität seiner Drucke, die Herausgabe zahlreicher Editiones principes und das dadurch hervorgerufe- ne Interesse an seinen Erzeugnissen zentralen Anteil an der Entwicklung Venedigs zum wichtigsten Druckort griechischer Texte. Die Nürnberger waren aufgrund ihrer engen Verbindungen nach Venedig besonders begünstigt, auf die Erzeugnisse der dortigen Druckerpresse zuzugreifen und an deren Verbreitung mitzuwirken. Die Kontakte, die die Nürnberger in Venedig in der Stadt selbst unterhielten, erleich- terten das Sammeln von Informationen über die Entwicklungen auf dem Buchmarkt und die Akquisition von Drucken. Gelehrte, allen voran Johannes Cuno, unterhielten aus eigenem Interesse gute Beziehungen zu den humanistischen Kreisen in der Stadt.

gott aller reichthumb, unnd hat fünff actus, in: tophanes, Comoediae novem, Venedig: Aldus 1498 Hans Sachs 7, hg. v. Adelbert v. Keller, (Bibliothek (GW 2333, ISTC ia00958000; Renouard 16.3). des Litterarischen Vereins in Stuttgart 110), Tübin- 677 Zu Cunos Büchern in Schlettstadt: Sicherl, Johan- gen 1872, S. 65–97. Zur Ausgabe des Aldus: Aris- nes Cuno, S. 145 u S. 169–195. 396 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg

Die Nürnberger Kaufleute dienten vor allem als Kontaktpersonen in Venedig, die die von Personen in Nürnberg gewünschten Bücher besorgten und sie nach Norden schickten. Personen, die institutionell gut verknüpft und eng in die unterschiedlichen beruflichen und sozialen Gruppierungen in der Stadt eingebunden waren, waren in den Augen ihrer Landsleute besonders prädestiniert für den Erwerb der Bücher und traten so in dieser Funktion am häufigsten hervor. Einige Nürnberger im Norden nutzten auch ihre direk- ten Kontakte zu Venezianern. Die Personen, die in den Büchertransfer zwischen den Städten involviert waren, mussten nicht zwangsläufig selbst humanistisch interessiert sein, wurden aber durch ihre Anwesenheit in Venedig, ihre Verbindungen in die Stadt oder ihre transalpinen Geschäfte zu Trägern des Austausches. Dabei wurden in der Regel von Nürnbergern wie von Venezianern die kaufmännischen Strukturen, die im Fondaco zusammenliefen, genutzt.678 Über sie wurden die Drucke übersandt und die Bezahlung abgewickelt. Auch tauschte man über das Handelshaus Informationen zum Buchmarkt in der Stadt aus und tätigte Bestellungen. Die guten Kontakte der Nürnberger zu den venezianischen Kaufleuten begünstigten den Büchertransfer und machten sie zu bewähr- ten Ansprechpartnern für Dritte. Die Nürnberger Studenten, die an der venezianischen Universität Padua studierten, nutzten die kaufmännischen Strukturen ihrer Landsleute in Venedig ebenfalls. Oftmals waren sie familiär mit den dortigen Kaufleuten verbun- den. So machte auch die Nähe zu Venedig und den dort anwesenden Nürnbergern sowie dem dortigen Büchermarkt die Universitätsstadt für die aus der Reichsstadt stammenden Scholaren zum attraktiven Studienort. Häufig kamen sie dort zum ersten Mal mit den humanistischen Studien in Berührung. Ein großer Teil des Interesses an der griechischen Sprache und den griechischen Autoren in Nürnberg nahm hier seinen Anfang. Die ent- sprechenden Texte erwarb man in Padua und Venedig. Das besondere Interesse der Nürnberger und ihrer Bekannten nördlich der Alpen speziell an Drucken aus Venedig tritt in den Quellen immer wieder deutlich hervor. Häu- fig wurde die besondere Schönheit und Korrektheit der venezianischen Ausgaben betont. Diese waren nicht nur aus ästhetischen Gründen relevant, sondern auch Grundlage für die philologische Auseinandersetzung mit den Werken und für fundierte Studien. Oft- mals fanden sich mehrere venezianische Ausgaben derselben Werke aus unterschied­ lichen Offizinen oder aus verschiedenen Produktionsphasen derselben Drucker im Be- sitz einzelner Nürnberger. Erleichtert wurde die Rezeption in Nürnberg durch die Aufgeschlossenheit des Pa- triziats gegenüber den neuen Bildungsströmungen. Die intensive Verknüpfung mit der nach Venedig handelnden Kaufmannschaft vereinfachte die Akquisition der Drucke, für deren Erwerb auch die finanziellen Mittel der reichsstädtischen Oberschicht förderlich

678 Egnatius nutzte ebenso Nürnberger Kaufleute für (1529 Nov. 13), in: Pirckheimer Briefwechsel 7, den Transfer wie möglicherweise auch Aldus Ma- Nr. 1254, S. 266–269; Sicherl, Johannes Cuno, nutius: B. Egnatius aus Venedig an W. Pirckheimer S. 108. 4. Büchertransfer zwischen Venedig und Nürnberg · 397 waren. Aufgrund der Überlieferungssituation ist der Besitz von venezianischen Büchern in der Nürnberger Oberschicht dennoch meist nur in Einzelexemplaren nachvollziehbar. Lediglich in den Bibliotheken Hieronymus Münzers, Hartmann Schedels und Willibald Pirckheimers lassen sich in einem größeren Umfang Bestände venezianischer Drucke nachweisen. Diese bildeten die deutliche Mehrheit der italienischen Druckerzeugnisse sowie einen großen Anteil der Büchersammlungen an sich. Obwohl in der Regel die Transferwege nicht nachzuverfolgen sind, ist davon auszugehen, dass die meisten der venezianischen Drucke direkt aus der Lagunenstadt stammten. Daneben besaßen auch institutionelle Nürnberger Büchersammlungen in Venedig gedruckte Texte. Durch die Bestände der Ratsbibliothek machte das den humanistischen Studien zu weiten Teilen aufgeschlossene Stadtregiment entsprechende Bücher einem größeren Benutzerkreis zugänglich. Während in den Klosterbibliotheken normalerweise Texte zum kanoni- schen Recht überwogen, umfassten die anderen rekonstruierbaren Büchersammlungen unterschiedliche Themenbereiche. Bei allen werden jedoch ausgeprägte humanistische Interessen deutlich. Das Vorhandensein von Werken bestimmter Autoren in mehreren Bibliotheken zeigt die Herausbildung eines gewissen Kanons an Texten, deren venezia- nische Drucke besonders gefragt waren. Gleichzeitig spiegelten die Büchersammlungen die individuellen Interessen ihrer Besitzer wider. So besaß Hartmann Schedel mehrere Aldinen. Entsprechend seinen eingehenden Griechischstudien und seiner intensiven Übersetzertätigkeit war Willibald Pirckheimer im Besitz beinahe aller Drucke des Al- dus. Das besondere Interesse an den Erzeugnissen des Manutius bezog sich nicht nur auf die Tatsache, dass es ihm als erstem Drucker gelungen war, ganze Ausgaben in einer griechischen Type zu drucken. Auch zeichneten sich seine Drucke durch ihre Schönheit und philologische Genauigkeit aus. So erhöhte gerade die Möglichkeit der Nürnberger, relativ leicht auf Aldinen zuzugreifen, die Bedeutung ihrer Stadt als Knotenpunkt des Transfers. Während im Austausch zwischen Venedig und Nürnberg und innerhalb der frän- kischen Reichsstadt Texte zu ganz unterschiedlichen Themenbereichen gefragt waren, spielten die Drucke griechischer Originaltexte, vor allem Aldinen, in der Verbreitung der venezianischen Bücher von Nürnberg aus in den Norden eine zentrale Rolle. Nur vereinzelt scheint Interesse an anderen Drucken bestanden zu haben, wie bei Lorenz Beheims Vorliebe für die Erzeugnisse des Baptista de Tortis oder dem Interesse Johan- nes Reuchlins und Kilian Leibs an der einzigen gedruckten hebräischen Bibel aus der venezianischen Offizin des Daniel Bomberg.679 Die Verbreitung im Norden erfolgte so- wohl über Buchhändler wie über bekanntschaftliche Beziehungen, wobei als Nürnber- ger Kontaktpersonen vor allem Willibald Pirckheimer und Lazarus Spengler hervorsta-

679 J. Reuchlin aus Ingolstadt an W. Pirckheimer (1520 Pirckheimer (1520 Mai 12) u. (1520 Jul. 3), in: Jun. 2), in: Pirckheimer Briefwechsel 4, Nr. 693, Pirckheimer Briefwechsel 4, Nr. 690, S. 246–247 S. 251–252; K. Leib aus Kloster Rebdorf an W. u. Nr. 702, S. 268–270. 398 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg chen. Dieser persönliche Austausch von Büchern ebenso wie über sie, ihre Inhalte und Autoren war darüber hinaus Ausdruck gelehrter Freundschaften und trug dazu bei, diese zu festigen. So wurden über die Verbindungen nicht nur die Texte, sondern auch das Wissen um sie verbreitet. Die von Nürnberg aus weitergeleiteten Schriften dienten den Empfängern nördlich der Alpen sowohl für das eigene Studium als auch, beispiels- weise bei Philipp Melanchthon, für deren Adaption im eigenen Werk. Daneben wurden sie wohl für den Unterricht der studia humanitatis und des Griechischen im Norden genutzt. Die Verbindung zwischen dem östlichen Mittelmeerraum, Venedig, Nürnberg und dem Reich nördlich der Alpen wurde zur zentralen Diffusionsachse für antike griechi- sche Texte und das Wissen um sie. Daneben trugen die meist auf Aldinen beruhenden Übersetzungen durch Willibald Pirckheimer zur Diffusion des griechischen Humanis- mus bei. So kam es nicht nur zur Aneignung und Rezeption durch Personen, die des Griechischen mächtig waren. Auch ein breiterer Kreis an Gelehrten und Interessierten erhielt Zugang zu diesem Wissen. Die Nachdrucke der Übersetzungen oder die Integ- ration in Textausgaben bedeutender Humanisten, wie des Erasmus von Rotterdam, ver- stärkten dies noch. Dem Nürnberger Patrizier Pirckheimer, der aus einer bereits seit Generationen hu- manistisch interessierten Familie stammte und wie kaum ein anderer Nürnberger an der Schnittstelle zwischen Stadtregiment, Kaufmannschaft und humanistischen Gelehrten stand, kam über seine Übersetzungen hinaus eine maßgebende Bedeutung für die Re- zeption des griechischen Humanismus in Nürnberg selbst wie auch für dessen Verbrei- tung nördlich der Alpen zu. Mit Johannes Reuchlin war er einer der ersten deutschen Humanisten, die sich intensiv mit der griechischen Sprache und ihren Texten auseinan- dersetzten. Zusammen mit Reuchlin, Erasmus und Ulrich von Hutten trug er darüber hinaus maßgeblich zu deren publizistischer Verbreitung bei. Daneben unterhielt er ein weitreichendes und zahlreiche bedeutende Gelehrte seiner Zeit umfassendes Korrespon- denznetzwerk. Es wurde ein wichtiger Schnittpunkt für den inhaltlichen Austausch über humanistische Texte ebenso wie für den Büchertransfer zwischen Venedig und dem Nor- den. So gelang es ihm wohl auch, durch die Zusendung seiner Übersetzungen und die Öffnung seiner Bibliothek für Freunde bereits vorhandene Interessen seiner Bekannten zu fördern und neue anzuregen.

5. Ausprägungen des Kulturtransfers von Venedig nach Nürnberg

In der Bibliothek Pirckheimers liefen zwei bedeutende Einflüsse der Nürnberger Bezie- hungen mit Venedig und des Kulturtransfers zwischen beiden Städten zusammen. Ab 1495 begann Dürer Bücher des Humanisten, meist Aldinen, zu illuminieren, darunter auch die Editio princeps der Komödien des Aristophanes, die Aldus 1498 gedruckt und Pirckheimer teilweise übersetzt hatte, sowie die ebenfalls von Aldus verlegte Carmina 5. Ausprägungen des Kulturtransfers von Venedig nach Nürnberg · 399 des Gregor von Nazianz von 1504 und die Aristoteles-Aldina.680 Dabei offenbarten sich deutliche Reminiszenzen an künstlerische Eindrücke aus Italien. Die Miniatur des Ti- telblatts der Theokrit-Aldina von 1495 zeigt einen Geige spielenden Hirten, der in einer bukolischen Landschaft, umgeben von ihm lauschenden Tieren, sitzt und den italieni- schen Interpretationen des Orpheus und anderer venezianischer Handschriften gleicht. Die Belebung der ihn umrahmenden Landschaft scheint nach dem Vorbild Bellinis ge- staltet.681 Die Miniatur der zwischen 1495 und 1498 von Aldus herausgegebenen Opera des Aristoteles greift nicht nur die italienische Motiv- und Formensprache auf, sondern wandelt sie durch die Interpretation Dürers ab und setzt sie in neue, nordisch geprägte Sinnzusammenhänge. So erscheinen beispielsweise die auf Delphinen reitenden Putti mit ihren fantastischen Helmen, die auf anscheinend spielerische Weise miteinander fechten, weit lebendiger als ihre venezianischen Vorbilder (Abb. 9).682 Albrecht Dürers Buchmalereien zeigen durch ihr Aufgreifen von Elementen der Bu- chillustration südlich der Alpen und deren Interpretation durch den Maler deutliche Einflüsse seiner Venedig-Erfahrung. Gleichzeitig führte die Ausgestaltung der meist aus Venedig stammenden, oftmals griechischen Bücher zu einer Verschmelzung kultureller Einflüsse, die von der Serenissima auf die fränkische Reichsstadt wirkten. Die Erfahrung der Kunst der italienischen Renaissance in Venedig hatte, wie in der Forschung ausführ- lich erörtert, maßgeblichen Einfluss auf die Entwicklung und das Werk des Nürnber- ger Künstlers und dessen Nachwirken. In Venedig erhielt Dürer vielfache motivische, ikonographische und möglicherweise architektonische Anregungen. Deren Transfer in das Werk des Künstlers erfolgte in der Regel nicht durch direkte Kopien, sondern durch die Aufnahme in die eigenen Bildwelten und damit in neue Kontexte.683 An Pirckhei-

680 Gregor v. Nazianz, Carmina, Venedig: Aldus Ma- in: Jahrbuch der Preußischen Kunstsammlungen nutius 1504 (Renouard 46.6; Offenbacher 260). 49 (1928), Beiheft 1, S. 1–54. Hier auch eine Ab- Aristophanes, Comoediae novem, Venedig: Al- bildung der Aristophanes-Miniatur: ebd., Abb. 13, dus Manutius 1498 (GW 2333; ISTC ia00958000; Farbtafel. Renouard 16.3; Offenbacher 253). Zu den weite- 681 Vgl. Rosenthal, Dürers Buchmalereien, S. 10. Die ren Aldinen: Thesaurus Cornu copiae et Horti Miniatur ist abgebildet in: ebd., Abb. 1, S. 5. Theo- Adonidis, Venedig: Aldus Manutius 1496 (GW critus, Idyllia, Venedig: Aldus Manutius 1495 (GW 7571; ISTC it00158000; Renouard 9.1; Offen- M45831; ISTC it00144000; Renouard 5.3; Offen- bacher 255). Urbanus Bellunensis, Institutiones bacher 254). graecae grammatices, Venedig: Aldus Manutius 682 Sander (Hg.), Dürer, S 174–174; Rosenthal, Dürers 1497 (GW M48900; ISTC iu00066000; Renou- Buchmalereien, S. 15. Hier auch zu den Vorlagen ard 11.4; Offenbacher 255). Von Callierges: Ety- der Putti: ebd., S. 15. Aristoteles, Opera, Vene- mologicum Magnum Graecum, hg. v. M. Musuros, dig: Aldus Manutius 1495–1498 (GW 2334; ISTC Venedig: Zacharias Callierges 1499 (GW 9426; ia00959000; Renouard 7.5, 10.1, 11.2, 11.3, 16.1; ISTC ie00112000; Offenbacher 255). Der einzige Offenbacher 253). nachweislich nicht-griechische von Dürer illumi- 683 Die venezianischen Damengewänder gingen etwa nierte Druck ist: Appianus, Historia Romana, Ve- in die Gestaltung der Hure Babylon ein: Panofsky, nedig: Erhard Ratdolt u. Peter Löslein 1477 (GW Albrecht Dürer, S. 47–49. Mehrfach wurde davon 2290; ISTC ia000928000; Offenbacher 256). Zu ausgegangen, dass die in der British Library be- weiteren Buchmalereien: Erwin Rosenthal, Dü- findliche Federzeichnung eines Hauses einen vene- rers Buchmalereien für Pirckheimers Bibliothek, zianischen Palazzo darstelle. Oakes betonte jedoch, 400 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg mer berichtete der Maler, er habe parallel zum Rosenkranzfest „awch ein ander quar, des gleichen ich noch nie gemacht hab“, fertiggestellt.684 Besonderen Einfluss hatten da- bei die Werke von Gentile und vor allem Giovanni Bellini.685 Der Nürnberger Künstler nahm auch die theoretischen Ansätze der Renaissance-Kunst, mit denen er in Italien in Berührung kam, auf und legte sie seiner Auseinandersetzung mit den Grundlagen der Malerei zugrunde. Durch den venezianischen Maler Jacopo de’Barbari kam er, wie er selbst in der Pirckheimer gewidmeten Vorrede seiner Proportionslehre von 1521 betonte, mit der Lehre der menschlichen Proportionen in Berührung, auch wenn der Venezianer, wie Dürer kritisierte, ihm die Kunst der Darstellung nicht in ihrer Gänze habe zeigen wollen.686 Seine Beschäftigung mit der Perspektive, die in ein allgemeines Lehrbuch zur Malerei einfließen sollte, basierte, teilweise wörtlich, auf Euklids Elementen, von denen Dürer 1507 in Venedig eine Ausgabe erwarb, wie er handschriftlich darin vermerkte. Bei der Übersetzung half ihm Willibald Pirckheimer, der den Maler auch sonst bei seinen kunsttheoretischen Studien unterstützte.687 Die Venedig-Erfahrung beeinflusste so die

dass es Abweichungen gebe, und ging davon aus, Eser (Hgg.), Der frühe Dürer; Grebe, Dürer; sowie dass es sich um eine Verbindung venezianischer nach wie vor: Panofsky, Albrecht Dürer. und Nürnberger Elemente handle: Simon P. Oa- 686 Ursprünglich sei ihm Barbaris Meinung wertvol- kes, Dürers Antwort auf die Renaissance-Architek- ler erschienen „dan ein neu kunigraich“: Entwurf tur in Venedig, in: Dürer-Forschungen 1 (2007), einer Widmungsvorrede zur Proprotionslehre, in: S. 241–260, S. 258. Zu den vorherigen Annahmen Pirckheimer Briefwechsel 6, Nr. 975, Anhang 3, von Conway und Panofsky: ebd., S. 246. Bereits im S. 28–29, S. 29. Zu Dürer und Barbari auch: Te- Rosenkranzfest, das Dürer für San Bartolomeo an- risio Pignatti, Dürer und Jacopo de’Barbari, in: fertigte, zeigen sich deutliche Einflüsse seines ve- Kunstchronik 25 (1972), S. 197–200. Pignatti, nezianischen Umfeldes: ebd., S. 147 u. S. 153–155. German and Venetian painting, S. 250–251; Simo- Zur Frage des italienischen Einflusses auch: Grebe, ne Ferrari, Dürer e Jacopo de’Barbari: persistenza Dürer, S. 235; Böckem, Dürer und Italien, S. 53. di un rapport, in: Dürer, l’Italia e l’Europa, hg. v. 684 A. Dürer aus Venedig an W. Pirckheimer (1506 Sibylle Ebert-Schifferer u. Kristina Hermann Fiore, Sep. 23), in: Pirckheimer Biefwechsel 1, Nr. 124, Mailand 2011, S. 39–46. Vgl. zu Barbari und Vit- S. 424–427, S. 424; Grebe, Albrecht Dürer, S. 78. ruv, den Dürer heranzog, um seine Kenntnisse zu 685 Aikema u. Brown, Rinascimento a Venezia, 20. Zu verfeinern, auch: Birgit Seidenfuß, „Daß wirdt also den Einflüssen Bellinis: Pignatti, German and Ve- die Geometrische Perspektiv genandt“. Deutsch- netian painting, S. 257–258; Grebe, Albrecht Dü- sprachige Perspektivtraktate des 16. Jahrhunderts, rer, S. 77; Panofsky, Albrecht Dürer, S. 150; sowie: Weimar 2006, S. 94. Katherine Crawford Luber, Albrecht Dürer and 687 „Daz puch hab ich zw Venedich vm ein Dugatn the , Cambridge u. a. 2005. kawft im 1507 jor. Albrecht Dürer.“ Dürer, Schrift- Gegenüber Pirckheimer äußerte sich Dürer wert- licher Nachlass 1, S. 221; Euclides, Megarensis phi- schätzend: A. Dürer aus Venedig an W. Pirckhei- losophi Platonici Mathematicarum ..., Venedig: G. mer (1506 Feb. 7), in: Pirckheimer Briefwechsel 1, Tacuinus 1505. Vgl. auch: Seidenfuß, Persepek- Nr. 98, S. 319–329, S. 320. Mit dem Einfluss der ve- tivtraktate, S. 95–96 u. S. 98; Panofsky, Albrecht nezianischen Reisen auf das Werk Dürers hat sich Dürer, S. 157; Holzberg, Willibald Pirckheimer, die Forschung intensiv auseinandergesetzt. Da in S. 69. Welche Bedeutung Pirckheimer sonst für der vorliegenden Arbeit kein Beitrag zu der kunst- die geistigen Interessen Dürers hatte und inwie- historischen Debatte geleistet werden soll, sei in weit der Maler sich eventuell selbst mit dem Hu- diesem Zusammenhang nur auf die Beiträge und manismus beschäftigte, wurde in der Forschung Literaturangaben verwiesen von bzw. bei: Hess u. in unterschiedliche Richtungen ausführlich dis- 5. Ausprägungen des Kulturtransfers von Venedig nach Nürnberg · 401

Entwicklung Albrecht Dürers und fand über sein Werk Eingang in die Malerei nördlich der Alpen.688 Gleichzeitig hinterließ der Nürnberger Maler in der venezianischen Kunst Spuren. Pirckheimer gegenüber erwähnte er selbst, dass seine Werke in der Lagunenstadt kopiert würden.689 Mit Tizian und nahmen einige der wichtigsten Maler des frühen Cinquecento seine Einflüsse auf, wobei Dürer trotz seiner Bedeutung nur Teil ei- ner intensiven Rezeption der nordischen Kunst in Venedig und Italien war.690 Ein weit umfangreicherer Transfer berufsbezogener Praktiken zwischen Venedig und Nürnberg, der schon um 1400 ausdrücklich forciert wurde, zeigt sich im kaufmännischen Bereich. Bei der Entwicklung und Verfeinerung der Geschäftstechniken war Italien im Spätmittelalter führend, wobei Venedig vor allem im Bereich der Doppelten Buchfüh- rung eine wichtige Rolle zukam. Der Erwerb dieser Kenntnisse war grundlegend für den Aufschwung und die Verdichtung des Handels der Nürnberger Kaufleute und damit für

kutiert. Sicherlich kam Dürer jedoch maßgeblich 690 Grebe hob die besonders “schnelle[…] und zahlrei- über seinen Freund mit den neuen Geistesströ- che[…]” Rezeption hervor: Grebe, Dürer, S. 202. mungen in Berührung: u. a. Franz Machilek, Al- Hier auch generell zur Frage der Rezeption, de- brecht Dürer und der Humanismus in Nürnberg, ren Intensität und Ausformung: ebd., S. 182–184, in: Albrecht Dürer – ein Künstler in seiner Stadt, S. 201–203 u. S. 234–235. Zum ikonographischen hg. v. Matthias Mende, Nürnberg 2000, S. 44–76. Einfluss: Giovanna Nepi-Scirè, La pittura del Nord Hamm bezeichnete Dürer ausdrücklich „auch als e l’Umanesimo veneziano, in: Il Rinascimento a literarisch aktive[n] Humanist[en]“: Hamm, La- Venezia e la pittura del Nord ai tempi di Bellini, zarus Spengler, S. 22. Holzberg ging davon aus, Dürer, Tiziano, hg. v. Bernard Aikema u. Beverly dass Dürer zumindest passiv gut Latein konnte: Louise Brown, Mailand 1999, S. 56–59, S. 56. Zu Holzberg, Willibald Pirckheimer, S. 69. Auch die Giorgione: Pignatti, German and Venetian pain- Beschäftigung Pirckheimers mit Lukian in den frü- ting, S. 260–261. Hier auch generell zum Einfluss hen 1520er Jahren hatte wohl direkten Einfluss auf Dürers auf die venezianische Kunst: ebd. Zum Ein- Dürer und seine Motive. So fertigte er im gleichen fluss auf Tizian: Terisio Pignatti, Über die Bezie- Jahr, in dem auch die Übersetzung von Lukians hungen zwischen Dürer und dem jungen Tizian, Navis gedruckt wurde, eine Federzeichnung an, in: Anzeiger des Germanischen Nationalmuseums die eine bei dem Dichter beschriebene Gerichts- (1971–72), S. 61–69. Zur Wechselwirkung der Ein- szene darstellte: Holzberg, Willibald Pirckheimer, flüsse: u.a. Bernard Aikema u. Andrew John Mar- S. 298. tin, Venezia e la Germania: il primo Cinquecento, 688 Immer wieder wurde Dürer in der Forschung als in: Il Rinascimento a Venezia e la pittura del Nord herausragendes Beispiel des kulturellen Kontakts ai tempi di Bellini, Dürer, Tiziano, hg. v. Bernd zwischen Italien und dem Norden betrachtet. Mi- Aikema u. Beverly Louise Brown, Mailand 1999, chel Espagne bezeichnete ihn gar als Prototyp des S. 332–422, S. 332; Pignatti, German and Venetian Renaissance-Kulturtransfers: Espagne, Theore- painting, S. 244. Zum zentralen Einfluss der nie- tischer Stand der Kulturtransferforschung, S. 73. derländischen Malerei: Grebe, Dürer, S. 202. Ne- Roeck nannte Dürer den „[l]’incontro di gran ben den inhaltlichen Eindrücken beeinflussten v. a. lunga più importante tra il mondo culturale della die technischen Entwicklungen der Druckgraphik città imperiale franca e quello veneziano“: Roeck, im Norden entsprechende Entwicklungen in Ve- Venezia e la Germania, S. 48. nedig und Italien: vgl. u. a. Nepi-Scirè, Pittura del 689 A. Dürer aus Venedig an W. Pirckheimer (1506 nord, S. 57. Zur Druckgraphik-Rezeption: Andrew Feb. 7), in: Pirckheimer Briefwechsel 1, Nr. 98, Morrall, Dürer und die Rezeption seiner Kunst S. 319–329, S. 320. Ausführlich hierzu: Grebe, Dü- im Venedig der Renaissance, in: Dürer. Kunst – rer, S. 182–184. Künstler – Kontext, hg. v. Jochen Sander, München u. a. 2013, S. 169–173. 402 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg ihre Stellung in der europäischen Wirtschaft.691 Welche spezifischen Aspekte der Buch- führung die Nürnberger aus Venedig übernahmen und wie sich dieser Transfer zeitlich entwickelte, lässt sich in Anbetracht der Überlieferung nicht eindeutig erschließen. Die kaufmannstechnischen Errungenschaften in Venedig, die engen wirtschaftlichen Aus- tauschbeziehungen, die intensive Nutzung der Stadt als Ausbildungsort, die guten Kon- takte zu venezianischen Kaufleuten und die frühe und weite Entwicklung der kaufmän- nischen Buchführung in Nürnberg lassen allerdings auf einen maßgeblichen Einfluss Venedigs schließen.692 So gehörten die Aufzeichnungen der Kress in Venedig zu den frü- hesten Nürnberger Überlieferungen im kaufmännischen Bereich und waren in der Nut- zung mehrerer aufeinander abgestimmter Bücher, in ihrer italianisierten Sprache und in der Anwendung arabischer Ziffern sehr fortschrittlich. Wolfgang von Stromer bemerkte zwar, dass sie in vielen Bereichen nicht an das Niveau italienischer Bücher heranreichten, aber „allen vorangehenden, zeitgenössischen und – auf Generationen hinaus – folgenden deutschen Handelsbüchern weit überlegen“ gewesen seien. Dies führt er auf die engen Kontakte der Kress zu venezianischen Kaufleuten zurück.693 Ausgerechnet für die Imhoff lassen sich hingegen erst gegen Ende des 15. Jahrhunderts überhaupt Rechnungsbücher nachweisen. Es ist entsprechend den Imhoff’schen Handelserfolgen, ihrer venezianischen Ausbildungstradition und der Fortschrittlichkeit der Aufzeichnungen, die sich in den überlieferten Büchern zeigt, von einem deutlich früheren Aufgreifen der italienischen Techniken auszugehen.694 Auch in anderen Bereichen des kaufmännischen Alltags finden sich zahlreiche Hinweise auf eine intensive Rezeption venezianischer Gepflogenheiten durch die Nürnberger. So griffen sie früh die Technik des Wechsels auf und nutzten ihn für ihre Transaktionen.695 Welche Bedeutung das Erlernen der Arithmetik während der

691 Stromer nannte die „finanz- und betriebswirt- 693 Stromer, Schriftwesen, S. 786–788, v.a. S. 788 (Zi- schaftlichen Errungenschaften“ die „bestim- tat). Auch von anderen Kaufleuten, z. B. den Men- menden Faktoren der wirtschaftlichen Expan- del, ist überliefert, dass sie im Fondaco mehrere sion Nürnbergs – und anderer Oberdeutscher unterschiedliche Bücher führten: (1430 Jun. 21), Städte – im 14. und 15. Jahrhundert“; Stromer, in: Simonsfeld, Fondaco 1, Nr. 364, S. 195. Bei der Schriftwesen, S. 799. Zur Entwicklung der Buch- Nutzung arabischer Ziffern waren die Kress sogar führungstechnik in Italien: ebd., S. 752. Häberlein fortschrittlicher als die Venezianer. Vgl. auch Stro- betont, dass es sich gerade bei der Doppik um eine mer, Schriftwesen, S. 770. wichtige „betriebswirtschaftliche Innovation“ wie 694 Für den Untersuchungszeitraum sind u. a. einige „Kulturtechnik“ handelte, die maßgeblich zum der Bücher Hans V., Peter u. Endres Imhoffs über- kaufmännischen Wissensmanagement beitrug: liefert: GNM, IA Teil 1, Fasc. 19, Nr. 1; Fasc. 36, Häberlein, Kaufmannswissen, S. 279. Nr. 2 u. Fasc. 46, Nr. 1 u. 2. Daneben noch: ebd., 692 Zu den frühen Aufzeichnungen der Nürnberger Nr. 16, Nr. 1 u. Nr. 3 (Rechnungsbuch 1497–1525); Kaufleute: Stromer, Schriftwesen, S. 753 u. S. 761– Fasc. 19, Nr. 10 (Rechnungsbuch ab 1488); Fasc. 28, 763. Hier auch zum Problem der Überlieferung: Nr. 1. Zu den Imhoff und ihren Rechnungsbüchern ebd., S. 755 u. S. 761. Einen nahezu umfassenden auch: Stromer, Schriftwesen, S. 772–773. Überblick über die venezianischen Rechnungsbü- 695 Vgl.: Kap. III.2.1. Zu weiteren Übernahmen: Laut cher: Lane, Andrea Barbarigo, S. 140–150. Nicht Barthels wurde die Nünberger Safranschau nach verzeichnet ist z. B. das Rechnungsbuch des Alvise venezianischem Vorbild eingerichtet: Barthels, Michiel: ASVe, Misc. Gregolin, b. 15. Drogenhandel, S. 52 u. S. 56. Auch bei der Ein- 5. Ausprägungen des Kulturtransfers von Venedig nach Nürnberg · 403

Ausbildung in Venedig hatte, zeigen die zahlreichen Aufzeichnungen über Ausgaben für Rechenmeister und die Ermahnung Scheurls an Hieronymus Haller, zwei Mal am Tag den Rechenunterricht zu besuchen, ebenso wie die handschriftlichen Aufzeichnungen Johannes Schedels in seiner Ausgabe der Aritmetica mercantile des Pietro Borghi. Die Summa Arithmetica Luca Paciolis diente Heinrich Schreiber als Vorlage seiner um 1520 in Nürnberg erschienenen Behend und kunstlich Rechnung.696 Oftmals handelte es sich, wie beispielsweise bei den Kaufmannslehrlingen, um eine bewusste Aneignung bestimmter Techniken. Ganz gezielt versuchte auch der in beruf- liche und finanzielle Schwierigkeiten geratene Christoph I. Scheurl venezianische Pro- duktionstechniken aufzugreifen, um so erneut wirtschaftlichen Erfolg zu erreichen. Seine Versuche gelangen jedoch nicht. Die Aufzeichnungen seines Sohns sind eines der selte- nen Zeugnisse, die Einblick in das Scheitern versuchter Transfers geben. Im Fall Scheurls waren triviale Gründe Ursache für seine mehrfachen Misserfolge. Das Vorhaben, 1489 in Venedig das Seifensieden zu erlernen „unnd dy khunst heraus [zu] bringen“, wurde durch die Ermordung seines Lehrers verhindert.697 Als er versuchte, das Spinnen von Gold- und Silberfäden und die Herstellung entsprechender Stoffe nach orientalischem Vorbild in den Norden zu transferieren und sich dafür in Venedig und Mailand um Han- delsmöglichkeiten, kundiges Personal und ordentliches Material bemühte, scheiterte dies am Mangel guter Werkzeuge. Trotz eineinhalbjähriger Bemühungen und großem Geld- aufwand musste Scheurl das Vorhaben aufgeben.698

richtung des Nürnberger Banco Publico 1600 ori- ward der mayster vonn seynem khnecht ermord.“ entierte man sich am Beispiel Venedigs: Markus Archiv Scheurl, Cod. AB, fol. 107rv. In anderen A. Denzel, Der Nürnberger Banco Publico, seine Bereichen verhinderte wohl die restriktive Politik Kaufleute und ihr Zahlungsverkehr (1621–1827), der venezianischen Regierung, z. B. gegenüber der (VSWG. Beihefte 217), Stuttgart 2012. Glasproduktion, eine Adaption. 696 Heinrich Schreiber, Ayn new kunstlich Buech..., 698 „welchs er doch, sambt annderer notturfftiger zu- Nürnberg: Johannes Stücks für Lucas Alantsee beraytung nach seyner ledigung lennger dann in [1518?] (VD 16 S 4144); Eva-Maria Wilhelm, Ita- annderhalb jaren mit vill costens unnd versawm- lianismen der Handelssprache im Deutschen und nus, dadurch er ye lennger ye mer […] verarmu- Französischen. Eine diachrone Spurensuche, in: tet, nit zuwegen bringen, sonnder im ennd vallen Mitteilungen des SFB 573 1/2010, S. 14–23, S. 19. lassen unnd auf annder weg sein leibsnarung zu Vielfach wurde der Text, auch in Nürnberg, nach- gewynnen, gedennckhen must.“ Archiv Scheurl, geahmt: ebd. Pacioli besprach explizit den „modo Cod. AB, fol. 110r. Zur ganzen Episode: ebd., de Vinegia“: Luca Pacioli, Trattato di partita dop- fol. 108v–110r. Seit dem 14. Jh. hatte sich die Gold- pia. Venezia 1494, hg. v. Basil Yamey, Venedig drahtindustrie zunehmend in Venedig, Mailand 1994, 51–112, 58. Zu Borghi: Borghi, Aritmeti- und Florenz verbreitet, da die orientalische Pro- ca mercantile; Exemplar: BSB, 4 Inc. c.a. 824 u. duktion nicht mehr ausreichte. In Augsburg und Cgm 9520. Zur Übernahme von Rechenkenntnis- Nürnberg etablierte sie sich bereits im 15. Jh., al- sen auch: Gassert, Kulturtransfer, S. 106. Zur Be- lerdings für groben Draht: Max Beckh, Die Nürn- deutung des Arithmetikunterrichts während der berger echte und leonische Gold- und Silberdraht- Ausbildung: Kap. II.2.2.3. industrie, München 1917, S. 5 u. S. 10. Bei Scheurl 697 „Anno 1489 wolt er zw Venedig lernen sayffen- handelte es sich offensichtlich um dünnen Draht. sieden, unnd dy khunst heraus bringen, in dem 404 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg

Darüber hinaus kamen viele Nürnberger durch ihre oftmals längerfristige Anwesen- heit in Venedig und ihre Teilnahme am gesellschaftlichen Leben der Stadt mit sozialen und religiösen Gepflogenheiten in Berührung, die in Venedig praktiziert wurden. Als der Nürnberger Rat 1506 an die Signoria die Bitte herantrug, den Nürnbergern eine Ab- schrift der venezianischen Vormundschaftsordnung zukommen zu lassen, betonte man, dass man schon lange nach einer entsprechenden Ordnung gesucht und von den eige- nen Kaufleuten in Venedig von den dortigen, beispielhaften Regelungen für Waisen und Mündel erfahren habe. Die direkte Verbindung der wichtigen Venedig-Familien in den Nürnberger Rat begünstigte wohl den Beschluss eines entsprechenden Gesuchs, mit dem das Nürnberger Stadtregiment Bernhardin Hirschvogel beauftragte.699 Dass sich eine der politisch wichtigsten Städte im Reich nördlich der Alpen, deren rechtliche und gesell- schaftliche Verfasstheit man selbst in Venedig achtete,700 die Serenissima zum Vorbild nahm, schien der Signoria Ausdruck der eigenen Größe. So ließ man das Vorsprechen Hirschvogels im Dogenpalast sowohl in der Sala delle Quattro Porte als auch in der Sala del Maggior Consiglio bildlich verewigen (Abb. 11 u. 12).701 Das Gesuch der Nürnberger fand somit Eingang in die staatlichen702 Repräsentationsstrategien. Bereits zuvor hatten die Nürnberger Interesse an venezianischen Regelungen zur Kriminalität gezeigt und sich möglicherweise auch die dortigen Verordnungen über das Apothekenwesen zum Vorbild für ihre eigenen Regelungen genommen.703 Im Zusammenhang mit der Errichtung des

699 Man bitte „pro utilitate rei publice nostre“ um sind zwei Abschriften der Ordnung erhalten: die venezianischen „leges in pupillorum opha- StadtAN, B 5/IV-26 u. StBN, Amb. 526–2°. norumque favorem“ , von denen man von den 700 Vgl. z. B. das venezianische Sprichwort, dass alle Kaufleuten erfahren habe („a mercatoribus sub- deutschen Städte blind seien und nur Nürnberg ditis nostris intelleximus“). Man habe sich bisher auf einem Auge sehe. Zitiert u. a. von: Chris- vergeblich („frustra“) um eine Ordnung bemüht: toph Scheurl, Libellus De Laudibus Germanie Nürnberger Rat an L. Loredan (1506 Jun. 6), StAN, & ducu(m) Saxonie, Leipzig: o. D 1508 (VD 16 BB (Rep. 61a), Nr. 56, fol. 302r. Der Auftrag an S 2795). Hirschvogel: Nürnberger Rat an B. Hirschvogel 701 Wolfgang Wolters, Der Bilderschmuck des Dogen- (1506 Jun. 6), ebd., fol. 302v–303r. Die Venezia- palastes. Untersuchungen zur Selbstdarstellung der ner kamen der Bitte nach: ASVe, Commemorali, Republik Venedig im 16. Jahrhundert, Wiesbaden reg. 19, fol. 84rv. Entsprechender Eintrag des Briefs 1983, 228–229. Vgl.: Abb. 11 u. 12. in Venedig, Antwortschreiben und Abschrift der 702 Zu diesem Zeitpunkt konnte man in Venedig be- übersendeten Ordnung: ebd., fol. 76v u. 84r–91v. reits von einem ausgeprägten Staatswesen und Zum Beschluss: „ain concept stells an die herschafft einem deutlichen staatlichen Bewusstsein („senso gein Venedig und sie pitten, inen die ordnung […] dello stato“) sprechen: Alberto Tenenti, Il senso der vormundschafft zuzuschick / W Birckhaimer“ dello stato, in: Storia di Venezia 4: Il Rinascimento. (1506), StAN, RV (Rep.60a), Nr. 463, fol. 30v. Im Politica e cultura, hg. v. dems. u. Ugo Tucci, Rom Rat waren zu diesem Zeitpunkt zahlreiche Perso- 1996, S. 311–344, v.a. S. 311 u. S. 313. nen mit direkten Venedig-Interessen oder im Ve- 703 Barthels betonte die Ähnlichkeiten des Capitolare nedig-Geschäft tätigen Verwandten vertreten: Vgl. de Spetialibus von 1258 mit dem Nürnberger Apo- Kap. III.1.3, Anm. 69. Wahrscheinlich erleichterte thekeneid von 1338/60 und der Apothekenpflicht die wichtige Stellung der Nürnberger in Venedig von 1442 und verwies darüber hinaus darauf, eine positive Antwort der Signoria. In Nürnberg dass auch in späterer Zeit mehrere der Nürnber- 5. Ausprägungen des Kulturtransfers von Venedig nach Nürnberg · 405

Sebastianspitals, des Nürnberger Pestspitals, in den ersten Jahrzehnten des 15. Jahrhun- derts griff man auf Eindrücke zurück, die Nürnberger während ihrer Zeit in Venedig gesammelt hatten. Nicht nur stellte man 1520 einen Paduaner Arzt ein, wahrscheinlich diente die zwei Jahre zuvor vom Rat, dem zu diesem Zeitpunkt auch Konrad IV. Imhoff angehörte, ausdrücklich verhandelte venezianische Lazarettordnung den Nürnbergern ebenso als Anregung.704 Die Imhoff waren zudem entscheidend für die Nürnberger Rezeption des kulturell- religiösen Umgangs Venedigs mit der Seuche. Ihre bewusste Förderung des Rochuskults in Nürnberg zeigt deutlich, wie eng die Venedig-Erfahrung der Nürnberger und die Ein- bindung in die dortigen kulturellen und sozialen Gefüge die Kenntnis, den Transfer und die Aufnahme entsprechender Inhalte in der fränkischen Reichsstadt bedingten. Der Kult um den Pestheiligen hatte sich in Venedig im ausgehenden 15. Jahrhundert etabliert. 1489 wurde die Rochusbruderschaft zu einer Scuola Grande erhoben. Spätestens für 1500 lässt sich mit Franz Imhoff ein Angehöriger der Familie als Mitbruder nachweisen, wo- bei deren Stellung innerhalb der deutschen Kaufmannschaft und in der Stadt selbst die Aufnahme in die Bruderschaft mit Sicherheit begünstigte. Der Kult des Heiligen in der Serenissima hatte nachhaltige Wirkung auf die Imhoff. Bereits 1493 stifteten sie einen Rochusaltar in Sankt Lorenz, 1518 ein Rochusfest und schließlich 1520, als sich die Vi- rulenz der Seuche auch im Bau des Sebastianspitals niederschlug, die Kapelle auf dem Rochusfriedhof. Nürnberg wurde zum Zentrum des Rochuskults nördlich der Alpen.705

ger Apothekendeputierten zuvor als Kaufleute in Ordnungen anführte: Barthels, Drogenhandel, Venedig tätig gewesen seien: Barthels, Drogenhan- S. 119. Auch Dormeier verwies, jedoch ebenfalls del, S. 131–133 u. S. 106. Dass im medizinischen ohne die Angabe von Quellen, auf „Pestordnun- Bereich durchaus Interesse an venezianischen Vor- gen nach dem Muster Venedigs“: Dormeier, Ve- bildern bestand, zeigt das venezianische Rezept ge- nedig als Zentrum des Rochuskultes, S. 105. Zum gen Schwindel am Ende des Salbuchs von Michael Sebastiansspital und der Anstellung des Paduaner und Peter Grundherr („Consilium de bono medi- Arztes Antonio Gazio: Charlotte Bühl, Die Pestepi- co de Venecia“): StadtAN, E 13/III-B 178, fol. 34rv, demien des ausgehenden Mittelalters und der Frü- fol. 34v (Zitat). Zu den Kriminalgesetzen: „Nota: hen Neuzeit in Nürnberg (1483/84 bis 1533/34), Item in gedechtnus haben der Venediger schrift in: Nürnberg und Bern. Zwei Reichsstädte und von der dieberey wegen etc.“ (1449 Mär. 27), StAN, ihre Landgebiete, hg. v. Rudolf Endres, (Erlanger RV (Rep. 60a), Nr. 3, fol. 11r, in: Stahl, Nürnberger Forschungen. Reihe A: Geisteswissenschaften 46), Ratsverlässe 1, S. 61. Erlangen 1990, S. 121–168, S. 140–144. Bereits zu- 704 „die ordnung des Lazarets zu Venedig bey ainem vor hatte man Pestordnungen erlassen, von denen rat hören“; (1518), StAN, RV (Rep. 60a), Nr. 620, 1517 die erste gedruckt wurde: ebd., S. 134. Die fol. 20r. Im Rat saßen zu diesem Zeitpunkt je- Nürnberger rezipierten auch Paduaner Pestconsi- weils zwei Mitglieder wichtiger Venedig-Familien: lia: Bauer, Universität Padua, S. 252. Konrad IV. u. Hans V. Imhoff sowie Anton II. u. 705 Zur Bedeutung Nürnbergs für den Rochuskult Endres Tucher: Fleischmann, Rat und Patriziat, 3, und zur Etablierung seiner Verehrung: Heinrich S. 1364. Laut Barthels wurde die Ordnung von Ge- Dormeier, St. Rochus, die Pest und die Imhoffs in org Spengler übersetzt, ohne dass Barthels jedoch Nürnberg vor und während der Reformation. Ein Verweise auf das Einholen, die Übersetzung oder spätgotischer Altar in seinem religiös-liturgischen, die angeblich danach konzipierten Nürnberger wirtschaftlich-rechtlichen und sozialen Umfeld, 406 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg

Neben der bewussten Übernahme sozialer Ordnungen, religiöser Praktiken und berufsspezifischer Techniken schlugen sich die Beziehungen zu Venedig in vielen Be- reichen des Alltagslebens der Nürnberger Oberschicht nieder. Der intensive Austausch führte beispielsweise zu einer Übernahme von Italianismen. Dies beschränkte sich nicht nur auf venezianische Geschäftsausdrücke in den Nürnberger Rechnungsbüchern. Die Korrespondenzen der fränkischen Kaufleute wiesen, unter anderem bei der Datierung aber auch in der Ausdrucksweise, Adaptionen italienischer Eigenarten und Wörter auf. Bereits in den 1410er Jahren diente das Venezianische den Nürnberger Handelshäusern teilweise als innergesellschaftliche Geschäftssprache.706 Johannes Schedel bezeichnete sich entsprechend seinem langen Aufenthalt in der Serenissima in seinen biographischen Notizen selbst mit der spezifisch venezianischen Form seines Vornamens, „Zuan“.707 Wie gut Albrecht Dürer sich die fremde Sprache aneignete, lässt sich nicht feststellen. Die venezianischen Passagen und Worteinschübe in seinen Briefen an Pirckheimer zeigen allerdings, dass er es zumindest versuchte. Vor allem aber machen sie deutlich, dass eine Kommunikation auf Italienisch unter den Nürnbergern auch in nicht-kaufmännischen Kreisen durchaus nichts Ungewöhnliches war.708

6. Transfer und Austausch zwischen Nürnberg und Venedig – Resümee

Venedig war für die Nürnberger beiderseits der Alpen ein maßgeblicher Bezugspunkt. Die Stadt und ihre soziale und kulturelle Verfasstheit, die Beziehungen Nürnbergs zur Serenissima und der Austausch zwischen beiden Städten waren Teil des geschäftlichen, politischen und intellektuellen Alltags in der fränkischen Reichsstadt. Die Einflüsse aus Venedig fanden Eingang in die Nürnberger Lebenswelt. Wie die aus dem Süden mitge- brachten Gegenstände konnten sie dabei unterschiedliche Funktionen erfüllen. Vene-

in: Anzeiger des Germanischen Nationalmuseums H. Kress (1392 Nov. 4), A. Amadi aus Venedig an (1985), S. 7–72; Dormeier, Venedig als Zentrum H. Kress (1392 Okt. 4), GNM, KA, Sch. XXVIII, des Rochuskultes, S. 106. Zur Mitgliedschaft Franz Fasc. A, Nr. 8, 10 u. 11. Italianisierungen, vor allem Imhoffs, des Bruders des Gesellschaftsoberhauptes bei Angabe des Datums, fanden sich in fast allen Peter, in der Scuola Grande di San Rocco: ebd., Briefen, Lienhard I. Hirschvogel nutzte darüber S. 115. hinaus z. B. den Gruß „Saluti“: GNM, BA, Nr. 5. 706 StadtAN, A 1–1419 Feb. 19 u. 1419 Apr. 16. Zur Wilhelm betonte, dass italienische Lehnwörter im Nutzung venezianischer Ausdrücke (z. B. „fazio“, Deutschen in Spätmittelalter u. Früher Neuzeit nur „Notta“, Monatsnamen) in den Nürnberger Rech- in oberdeutschen Dialekten vorkamen: Wilhelm, nungsbüchern und Abrechnungen: z. B. GNM, IA Italianismen, S. 30. Teil 1, Fasc. 7, Nr. 7; Fasc. 19, Nr. 1; StadtAN, E 29/ 707 BSB, Cgm 409, fol. 305v. IV-1139. Die Korrespondenz der Kress mit den 708 A. Dürer aus Venedig an W. Pirckheimer (1506 Amadi u. Bicharano zeigte bereits für die Zeit um Aug. 18) u. (1506 Sep. 8), in: Pirckheimer Brief- 1400 eine sehr gute Beherrschung des Italienischen wechsel 1, Nr. 118, S. 385–390 u. Nr. 122, S. 415– durch die Nürnberger: F. Amadi aus Venedig an H. 422. Kress (1392 Sep. 12), P. Bicharano aus Venedig an 6. Transfer und Austausch zwischen Nürnberg und Venedig – Resümee · 407 zianische Trinkgläser, Teppiche oder Kleidungsstücke, die sich in den Haushalten der Nürnberger Oberschicht fanden, dienten als Gebrauchsgegenstände, gaben darüber hi- naus aber auch Auskunft über den Reichtum der Familien. Die mit Wappen verzierten Majolikagefäße fungierten durch ihre Gestaltung in besonderem Maße als Ausdruck des sozialen Status. Dass gerade die Imhoff, die erst im Laufe des 15. Jahrhunderts in die Geschlechter aufgestiegen waren, besonders viele Wappenmajoliken anfertigen ließen, zeigt nicht nur ihre besonders engen Kontakte nach Venedig, sondern auch die Funk- tionalisierung der venezianischen Produkte als Mittel der Repräsentation und sozialen Distinktion. Die Rezeption der venezianischen Gepflogenheiten und Praktiken sowie deren Ein- gliederung in die soziale Ordnung in Nürnberg gingen so in erster Linie von der die Venedig-Verbindungen auch maßgeblich bestimmenden, reichsstädtischen Oberschicht aus.709 Neben ihren direkten Kontakten nach Süden, die den Austausch erleichterten, schufen ihre finanziellen Möglichkeiten in Nürnberg einen Absatzmarkt für Waren aus Venedig ebenso wie für Produkte, die, wie die Gemälde Dürers, venezianische Inhalte und Methoden adaptierten.710 Gleichzeitig erhöhte eine persönliche Verbundenheit zur Serenissima auch nach einer Rückkehr nach Nürnberg das Interesse an der Rezeption venezianischer Ideen, Gewohnheiten und Moden. Dabei waren die Eintauchtiefe in der Lagunenstadt und die Verankerung in dortige Gemeinschaften und soziale Institutionen wesentlich. Das Aufrechterhalten von Kontakten nach Venedig festigte diese doppelte Lo- yalität. Die ausgeprägte Fluktuation der Nürnberger verstärkte den kontinuierlichen Aus- tausch zwischen beiden Städten und ermöglichte gleichzeitig vielzählige, mehrschichtige und intensive Transferprozesse. Eine besondere Rolle kam dem Nürnberger Rezeptionsumfeld beim Transfer von in Venedig gedruckten Büchern zu. Nicht nur waren in Nürnberg die finanziellen Mittel für den Erwerb der Drucke gegeben, vor allem auch fanden sich entsprechende intel- lektuelle Voraussetzungen. Bereits früh hatten einzelne Nürnberger ein Interesse an den humanistischen Studien entwickelt. Die neuen Geistesströmungen hatten sie meist an den italienischen Universitäten kennengelernt, die zunehmend auch von Personen aus der fränkischen Reichsstadt frequentiert wurden. Das studium in Padua war aufgrund der Bedeutung seiner Lehre und wegen der Möglichkeiten, die die Nähe zu Venedig und den dort ansässigen Nürnbergern für die Kommunikation in die Vaterstadt ebenso wie für die finanzielle und anderweitige Unterstützung der Studenten bot, von besonderem Interesse. Beim humanistischen Büchertransfer zeigten sich die unterschiedlichen Ebenen in der Trägerschaft des Austausches. Häufig brachten die humanistisch interessierten Per-

709 Zur Bedeutung des Rezeptionsumfelds: Schmale, 710 Zum finanziellen Zusammenhang von Wirtschaft Konzept „Kulturtransfer“, S. 43 u. S. 48; Middell, und Kunst u. a.: Roeck, Kunst und Wirtschaft, Wechselseitigkeit, S. 20; Roeck, Kulturtransfer, S. 9. S. 22. 408 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg sonen die von ihnen für ihre Studien benötigten Texte nach ihrer Universitätszeit, wäh- rend der sie die Texte in Venedig oder Padua erworben hatten, selbst mit in den Norden oder versandten die Bücher an Verwandte und Bekannte in der Reichsstadt. Ein großer Teil der Akquisition der Drucke lief jedoch direkt über Kontaktpersonen, meist Kaufleu- te, in Venedig, die diese an ihre gelehrten Bekannten und Auftraggeber weiterleiteten. Die Händler zeichneten dabei in der Regel nicht selbst für die Auswahl der Drucke ver- antwortlich, sondern fungierten nur als Vermittler der gewünschten Bücher. Neben den guten Kontakten nach Venedig machte die Bedeutung der Stadt als eines der Zentren des europäischen Buchdrucks Erzeugnisse der venezianischen Presse für die Nürnberger attraktiv. In Venedig konnte man auf eine Vielzahl verschiedener Texte zurückgreifen, die sich meist durch eine besondere Qualität auszeichneten. Die Mittler- position der Stadt zwischen Ost und West, das Einströmen griechischer Gelehrsamkeit im Zuge der osmanischen Expansion und das sich so im ausgehenden 15. Jahrhundert in Venedig und Padua entwickelnde humanistische Interesse an Autoren der griechischen Antike führten dazu, dass die Serenissima zum wichtigsten Produktionsort entspre- chender Bücher wurde. Die Tätigkeit des bedeutendsten Druckers griechischer Texte, Aldus Manutius, in Venedig trug maßgeblich hierzu bei. Gleichzeitig hatte sich unter den Nürnberger Gelehrten aufgrund ihrer Studien ein besonderes Interesse am griechischen Humanismus herausgebildet. Für die Erweiterung der in Italien erworbenen Kenntnisse und die Fortführung der Studien war nach der Rückkehr nach Nürnberg in Ermangelung entsprechender Schriften und Studienmöglichkeiten nördlich der Alpen der Zugriff auf Grammatiken, Lehrbücher und Texte aus dem Süden notwendig. Er wurde durch die Kontakte nach Venedig gewährleistet. Die Verbindung des leichten Zugangs der Nürn- berger zum venezianischen Buchmarkt mit der Qualität und Vielfalt von dessen Produk- ten machten die fränkische Reichsstadt zu einem wichtigen europäischen Liefer- und Umschlagsort für Inkunabeln und Frühdrucke. Zwar wurden nicht nur Drucke mit hu- manistischer Relevanz in den Norden gebracht, das besondere Interesse der Nürnberger am griechischen Humanismus stärkte jedoch die Transferachse Venedig-Nürnberg und war gleichzeitig auch für die Funktion Nürnbergs bei der Weiterverbreitung der Drucke nördlich der Alpen entscheidend. Diese konnte sowohl über Privatpersonen ablaufen als auch über Nürnberger Buchhändler, die in Venedig Geschäfte tätigten. Eine beson- dere Bedeutung kam unter Letzteren Anton Koberger zu, der unter anderem Philipp Melanchthon oder Eobanus Hessus mit griechischen Drucken aus Venedig versorgte. Für spezifische Wünsche war jedoch für Personen, die nicht selbst Verbindungen nach Venedig unterhielten, die direkte Kontaktaufnahme in den Süden über Nürnberger Ge- währsmänner ratsam. Im Fokus des Interesses standen vor allem die griechischen Dru- cke des Aldus Manutius. Auch der hebräische Bibeldruck Daniel Bombergs wurde des Öfteren über die Nürnberger angefragt. Als wichtigste Bezugsperson erwies sich dabei Willibald Pirckheimer. Er hatte in Padua Griechisch-Kenntnisse erworben und war selbst im Besitz einer umfangreichen Sammlung griechischer Drucke und vor allem Aldinen. Seine guten Verbindungen nach Venedig, wo beispielsweise sein Schwiegersohn Hans VI. 6. Transfer und Austausch zwischen Nürnberg und Venedig – Resümee · 409

Imhoff oder Georg Spengler für ihn Bücher erwarben, und sein umfassendes Kontakt- netz zu bedeutenden Humanisten nördlich und südlich der Alpen ließen ihn zu einem wichtigen Träger des Büchertransfers werden. Gleichzeitig machten seine ab 1513 im Druck erscheinenden und meist auf venezianischen Ausgaben basierenden Übersetzun- gen die griechischen Texte auch einem Publikum zugänglich, das, wenn auch in der Regel gelehrt, des Griechischen selbst nicht mächtig war. Durch die Aufnahme einiger seiner Arbeiten in spätere deutsche Übersetzungen anderer Personen und die Verarbeitung in der volkssprachlichen Literatur leistete der Nürnberger überdies einen indirekten Beitrag zur breiteren Diffusion der Inhalte der aus Venedig transferierten Bücher. In Nürnberg machte er diese seinen Bekannten und Freunden zugänglich. Neben dem Transfer der Drucke diente sein Kommunikationsnetz gleichzeitig der Erörterung ihrer Inhalte mit seinen gelehrten Briefpartnern. Darüber hinaus zeigte der Kontakt zu dem veneziani- schen Humanisten Baptista Egnatius, über den in beide Richtungen Texte transferiert wurden, die Gegenseitigkeit auch des gelehrten Austausches zwischen Nürnberg und Venedig. Den größten Teil des Transfers materieller Güter umfassten jedoch nicht die spezi- ellen Besorgungen, wie humanistische Bücher, Gemälde oder eigens angefertigte Majo- likagefäße, Gläser, Möbel oder andere Gegenstände, sondern die in größerem Umfang gehandelten Waren, die für den Eigenbedarf oder den Weitervertrieb bestimmt waren. Der in beide Richtungen verlaufende Warenhandel bildete sowohl den Ausgangspunkt der Verbindung beider Städte als mit seiner zunehmenden Verfestigung auch die Grund- lage für Austauschprozesse in anderen Bereichen. Durch den Handel, den Transport der Güter und die Anforderungen, die sich durch die für die transalpin agierenden Gesell- schaften wichtige kontinuierliche Kommunikation ergaben, wurden die entsprechenden strukturellen Grundlagen geschaffen. Die Netzwerke und Kontakte der Nürnberger, die sich durch ihre wirtschaftliche Tätigkeit in Venedig entwickelten, förderten den Zugriff auf spezifische Produkte wie auch Erfahrungen im kulturellen Bereich. Die durch den Umsatz ihrer Geschäfte bedingte Position der Nürnberger Kaufleute in der Stadt be- günstigte ebenfalls den Austausch. Im Fondaco ermöglichte ihnen ihre zentrale Stellung zusammen mit den Kaufleuten aus Augsburg die Lenkung der transalpinen Kommu- nikation. Vom venezianischen Stadtregiment wurden ihnen Privilegien verliehen, die ökonomische Konkurrenzvorteile brachten. Gleichzeitig versuchte man von Seiten der Signoria, die wirtschaftlich für die Serenissima immer bedeutenderen Beziehungen durch weitere Bekundungen der Verbundenheit, wie die Übergabe der Vormundschafts- ordnung, zu stabilisieren. Der Fondaco dei Tedeschi diente als Ort, an dem die Kontakte mit dem Norden zusammenliefen, und als Anknüpfungspunkt für die Kaufleute selbst ebenso wie für die sonstigen Nürnberger in Venedig und andernorts. Auch in der fränki- schen Reichsstadt legte der Handel in vielerlei Hinsicht die Grundlage für die kulturellen und sozialen Rückwirkungen der Beziehungen beider Städte auf Nürnberg. Der Waren- transfer führte zu einer Kenntnis der Produkte und zu einer zunehmenden Gewöhnung an sie, die sich zum Beispiel in gezielten Bestellungen und Aufträgen äußerte. Dabei kam 410 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg es zu ausgeprägten Wechselwirkungen: Während die Aufenthalte vieler Nürnberger in Venedig und die regen Beziehungen zwischen beiden Städten die Kenntnis veneziani- scher Produkte, intellektueller, sozialer und künstlerischer Inhalte bewirkte und deren Rezeption im Norden anregte, nahmen diese Interessen wiederum Einfluss auf die An- forderungen, die die Nürnberger an den Austausch und die Lieferung von Produkten stellten. Gleichzeitig stammten die finanziellen Mittel, die die Befriedigung entsprechen- der Bedürfnisse ermöglichten, zum großen Teil direkt aus dem Handel mit Venedig oder waren indirekt durch den auch auf diesem gründenden wirtschaftlichen Wohlstand der fränkischen Reichsstadt bedingt. Der soziale Aufstieg einiger Familien, wie der Imhoff, beruhte weitgehend auf ihrem erfolgreichen Venedig-Geschäft und wurde oftmals durch venezianische Produkte repräsentiert. Ebenso verschaffte die Förderung von Kunst und Bildung oder die Errichtung von Stiftungen nach venezianischem Vorbild Prestige. Der wirtschaftliche Austausch mit Venedig schuf so auch in anderen Bereichen eine wichtige Grundlage für die Blüte der Stadt um 1500. Venedig hatte sich seit dem ausgehenden 14. Jahrhundert zu einem Zentralort der Nürnberger Wirtschaft entwickelt, an dem die Nürnberger Kaufleute nicht nur inten- siven Warenaustausch, sondern auch umfangreiche Geldgeschäfte betrieben. Über die Lagunenstadt unterhielten sie zudem Verbindungen zur italienischen Hochfinanz, bei- spielsweise zu den Medici. Daneben wickelten sie in Venedig untereinander Geldgeschäf- te ab. Die Stadt war auch für Nürnberger, die selbst nicht als Kaufleute tätig waren, ein wichtiger Anlaufort für die Aufnahme von Krediten in Italien. Zunehmende Bedeutung als Kreditgeber kam dabei den Imhoff zu, die im Laufe des 15. Jahrhunderts im Handel die dominante Position unter den Nürnberger Venedig-Familien einnahmen. Daneben lässt sich, trotz der relativ spärlichen Überlieferungslage, die nur bruchstückhafte Einbli- cke in den Güteraustausch zwischen beiden Städten gewährt, eine Vielzahl unterschied- licher Handelswaren feststellen. Dabei handelte es sich sowohl um Grund- als auch Luxusprodukte. Den Schwerpunkt bildete der Erwerb von meist aus der Levante impor- tierten Spezereien, wobei der Pfeffer das wichtigste Vertriebsgut in den Norden darstellte. Daneben wurden zahlreiche Artikel nach Nürnberg geliefert, die dort weiterverarbeitet wurden und, wie die von den reichsstädtischen Goldschmieden und Paternostermachern verarbeiteten Edelsteine und Korallen, Rohstoffe für die bedeutende Gewerbeproduktion der Stadt bildeten. Die von den Nürnbergern nach Venedig importierten Waren dienten dem Weitervertrieb von dort in die Levante. Die Metalllieferungen, die trotz zunehmen- der Dominanz der Augsburger Kaufleute auch gegen Ende des Untersuchungszeitraums immer noch von Nürnbergern betrieben wurden, waren wesentlich für die venezianische Rüstungsproduktion und den Betrieb des venezianischen Arsenals, die wiederum die militärische und wirtschaftliche Position Venedigs im Mittelmeerraum beeinflussten. Für Nürnberg selbst war nicht nur die Verfügbarkeit von Waren für den eigenen Bedarf eine Konsequenz des Warenhandels. Vor allem hatte die Weiterverbreitung der aus Venedig importierten Güter nach Norden und Osten eine große Bedeutung für den Ausbau und die Verdichtung eines europaweiten Handelsnetzes der Nürnberger Kaufleute, in dem 6. Transfer und Austausch zwischen Nürnberg und Venedig – Resümee · 411 die fränkische Reichsstadt Umschlagplatz und Mittelpunkt war. Auch dabei diente die herausgehobene Stellung der Nürnberger in Venedig und im Fondaco gegenüber den Händlern aus Osteuropa und Niederdeutschland, die selbst in der Lagunenstadt kaum Fuß fassen konnten, als wichtiger Konkurrenzvorteil für den Vertrieb von veneziani- schen Waren an den nördlichen Handelsorten wie auch für den Export der von dort stammenden Güter nach Süden. Die Bedeutung der Achse von der Levante über Venedig und Nürnberg in den Norden und der sich daraus ergebenden Stellung der fränkischen Reichsstadt im Wirtschaftsraum nördlich der Alpen trug dazu bei, dass im Zuge der Ori- entierung der europäischen Wirtschaft zu den Märkten Westeuropas ab dem ausgehen- den 15. Jahrhundert die Beziehungen zu Venedig weiterhin einen tragenden Pfeiler des Nürnberger Handels bildeten. Für Venedig erlangte der Austausch mit der Reichsstadt in Anbetracht dieser Entwicklungen über den reinen Umsatz der Nürnberger Kaufleute in der Lagune hinaus eine immer größere Bedeutung für die Aufrechterhaltung der vene- zianischen Position als europäisches Wirtschaftszentrum und Umschlagplatz zwischen Ost und West. Wichtiges Mittel für den ökonomischen Erfolg der über große geographische Distan- zen agierenden Händler war es, dass die Nürnberger in Venedig wie im Norden ständig über die Geschäfte der eigenen Gesellschaft und die Entwicklungen des Markts infor- miert waren. Neben Waren liefen in den Niederlassungen der fränkischen Kaufleute in der Serenissima auch Neuigkeiten ihrer Geschäftspartner in anderen Handelsstädten zusammen. Von Venedig aus versandten sie Informationen über die Entwicklung von Warenpreisen und Wechselkursen und bereits im ausgehenden 14. Jahrhundert auch Meldungen über die Ankunft und Lieferungen der Galeeren aus der Levante und damit über die Verfügbarkeit von Gütern, die dann das geschäftliche Handeln der Adressaten in Nürnberg und an anderen Handelsplätzen beeinflussten.711 Dabei waren die Aktua- lität der Informationen, die Schnelligkeit ihrer Vermittlung und die damit erreichbare Exklusivität ausschlaggebend für ihren wirtschaftlichen Nutzen. Der Ausbau der kauf- männischen Infrastruktur zwischen beiden Städten und der durch die Stellung der Nürn- berger im Fondaco bedingte Einfluss auf das von hier gesteuerte Botenwesen führten zu einer Verdichtung der Kommunikation zwischen Venedig und Nürnberg. In Anbetracht der wirtschaftlichen Bedeutung des kontinuierlichen und schnellen Austausches war es wichtiger Bestandteil der kaufmännischen Ausbildung, den Erwerb solcher Informatio- nen und das Führen von Korrespondenzen zu erlernen. Neben wirtschaftlichen Grün- den beruhte das Bemühen, die Rückbindungen in die Heimat aufrechtzuerhalten, auch auf sozialen und emotionalen Interessen. Das Verhältnis der Briefpartner konnte dabei, wie zwischen Ausbilder und Lehrling, unter Geschäftspartnern oder zwischen Faktor

711 Anonymus aus Venedig an E. Vorchtel (um 1370), no aus Venedig an H. Kress (1392 Nov. 4), A. Ama- in: Schultheiß, Handelsbriefe, S. 62–63; F. Amadi di aus Venedig an H. Kress (1392 Okt. 4), GNM, aus Venedig an H. Kress (1392 Sep. 12), P. Bichara- KA, Sch. XXVIII, Fasc. A, Nr. 8, 10 u. 11. 412 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg und Gesellschafter, durch ein berufliches Rechenschaftsverhältnis, durch eine Patronage- Beziehung wie bei Pirckheimer und Dürer oder durch familiäre und freundschaftliche Motive geprägt sein, wobei sich die verschiedenen Bereiche oftmals überschnitten. Die Vermittlung von persönlichen, wirtschaftlichen und politischen Informationen war in- tegraler Bestandteil dieser Beziehungen, die sich zwischen Nürnberg und Venedig kon- stituierten und über die auch die sonstigen Austauschprozesse entscheidend gesteuert wurden.712 Hatten die erhaltenen Korrespondenzen bis in die zweite Hälfte des 15. Jahrhunderts noch hauptsächlich wirtschaftliche Informationen zum Thema, traten ab der Zeit um 1500 immer stärker auch politische Neuigkeiten in den Mittelpunkt. Im Hinblick auf die Wirtschaftsentwicklung und den Fernhandel waren solche Ereignisse von großem Inter- esse. Die sogenannten ‚Neuen Zeitungen‘, die entweder stark gekürzt innerhalb des Brief- texts oder als Beilage in den Norden gesandt wurden, dienten nicht nur der Information der Nürnberger, sondern wurden von hier oftmals auch weitergeleitet. Lief der Transfer von Informationen aus Venedig noch meist über die kaufmännischen Korrespondenzen, so wurden die politischen Neuigkeiten in Nürnberg von einem breiteren Kreis von In- teressenten aufgenommen. Hierbei spielte die intensive Verflechtung der nach Venedig handelnden Kaufleute mit den politischen Entscheidungsträgern eine wichtige Rolle, da gerade für die städtischen Gremien das Wissen um diesbezügliche Entwicklungen von besonderem Interesse war. Es hatte Einfluss auf ihr Agieren, konnte dem Nürnberger Rat jedoch, gerade bei einem Kenntnisvorsprung, auch als politisches Kapital gegenüber anderen Herrschaften dienen. Die Vermittlung von zuverlässigen Nachrichten half, wie das Beispiel der Korrespondenz zwischen Anton II. Tucher und Kurfürst Friedrich von Sachsen zeigt, politische Beziehungen zu festigen. Tucher wiederum erhielt wohl einen Großteil seiner Informationen über seinen Sohn Linhart, der den Geschäften der Familie vorstand, und dessen Kontaktpersonen in Venedig. Gerade bei den Tucher zeigen sich auf diese Weise sowohl die Bedeutung, die die enge Verbindung zwischen Kaufleuten und Ratsherren für den Austausch von Nachrichten hatte, als auch die Aufgabenteilung innerhalb der Familien, die sich ebenfalls auf die Informationsvermittlung auswirkte. In- wieweit Händler selbst entsprechende ‚Neue Zeitungen‘ von Nürnberg aus weiterleiteten, lässt sich kaum beurteilen, da vermutlich wichtige Kaufmannskorrespondenzen, wie die der Imhoff, nicht erhalten sind. Von Interesse waren in erster Linie Nachrichten über die politischen Entwicklungen in Italien, die unmittelbaren Einfluss auf den Handel der Nürnberger hatten. Insbesonde- re während der Auseinandersetzungen Maximilians I. mit Venedig, die einen Höhepunkt im Krieg der Liga von Cambrai gegen die Serenissima fanden, waren die Informatio- nen über den Stand der Lage nicht nur wirtschaftlich, sondern auch für die politische

712 Zu „Kommunikation als sozialer Interaktion“: u. a. North, Kommunikationsrevolutionen, S. X. 6. Transfer und Austausch zwischen Nürnberg und Venedig – Resümee · 413

Haltung des Nürnberger Stadtregiments bedeutsam. Gleichzeitig berichtete man nach Venedig über die Entwicklungen im Reich nördlich der Alpen. Mit dem zunehmenden Ausgreifen der Osmanen im Mittelmeerraum und nach Ostmitteleuropa rückten Infor- mationen über diese Entwicklungen in den Vordergrund des Interesses. Hierbei nahm die fränkische Reichsstadt eine besondere Mittlerfunktion ein. Während die Nachrich- ten über die Ereignisse im Mittelmeerraum Nürnberg über Venedig erreichten, wurden Informationen über das Vorrücken nach Osteuropa von den Kontakten der Nürnberger in diesen Regionen nach Westen geleitet. Teilweise ließ der reichsstädtische Rat die Mel- dungen auch gezielt einholen. In Nürnberg trafen die Informationsstränge zusammen und wurden in die jeweils entgegengesetzten Richtungen an Fürsten, Städte, aber auch Gelehrte und Kaufleute weitergeleitet. Durch die Sammlung von ‚Neuen Zeitungen‘ und deren Druck erreichten die Informationen außerdem einen breiteren Rezipientenkreis. Nürnberg entwickelte sich so in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts zu einem der wichtigsten europäischen Nachrichtenzentren über das Vorrücken der Osmanen. Die engen Kontakte nach Venedig waren für Nürnberg auf ganz unterschiedlichen Ebenen von Bedeutung. Der wirtschaftliche Austausch war Ausgangspunkt, Grundlage und in den meisten Fällen über den ganzen Untersuchungszeitraum hinweg Triebfeder der Beziehungen. Neben der Verfügbarkeit von Waren und dem Beitrag der ökonomi- schen Kontakte zur wirtschaftlichen und kulturellen Blüte Nürnbergs nahmen die Bezie- hungen durch die vom Handel bedingten Vermögensverschiebungen auch Einfluss auf das soziale Gefüge der Stadt und dessen Ausdrucksformen.713 Über den wirtschaftlichen Bereich hinaus beruhten die Beziehungen in anderen Kontexten ebenfalls auf einer aus- geprägten Gegenseitigkeit. Gerade der kulturelle Austausch festigte dabei, wie bereits Henry Simonsfeld betonte, in den Zeiten der wirtschaftlichen Schwerpunktverlagerung in Europa ab dem ausgehenden 15. Jahrhundert die Verbindungen.714 Gleichzeitig hatten die Beziehungen zu Venedig in einigen Bereichen, wie beispielsweise bei der Vermittlung ‚Neuer Zeitungen‘, beim Transfer venezianischer Drucke, bei der Rezeption der Kunst der italienischen Renaissance oder bei der Verbreitung kaufmännischen Wissens, nicht nur Einfluss auf die Reichsstadt selbst, sondern verstärkten Nürnbergs Bedeutung als eine kulturelle Schnittstelle im Reich nördlich der Alpen. Für die Zeitgenossen war die Stadt nicht zuletzt wegen ihrer Beziehungen zur Serenissima das „centrum Europe“.715 Es bil-

713 Einen kurzen Überblick über die Bereiche des medie ferme est et situ et lingua ac virtute. Situ in- Austausches gab auch: Braunstein, Wirtschaftliche quam nedum Germanie, verum etiam totius Euro- Beziehungen. pe media comperitur.“ Johannes Cochläus, Brevis 714 Simonsfeld, Fondaco 2, S. 123. Germanie Descriptio, hg. v. Karl Langosch, Darm- 715 Die Bezeichnung Nürnbergs durch Cochläus wur- stadt 1960, Kap. IV. 1, S. 74–75. Ähnlich ist es mit de in der Forschung immer wieder ausführlich der Begründung Regiomontanus gegenüber Chris- diskutiert und soll daher hier nur kurz erwähnt tian Roder, dass er sich in Nürnberg aufgrund sei- werden: „Norinberga centrum Europe simul atque ner Zentrumslage niedergelassen habe, die durch Germanie. In hac Germanie descriptione urbs den wirtschaftlichen Austausch begründet sei. Norinberga centri rationem subit, quandoquidem Dies mache die Stadt auch zu einem Zentrum des 414 · III. Rückwirkungen der Beziehungen auf ­Nürnberg dete sich eine Achse heraus, die sich von der Levante über Venedig und Nürnberg bis in den Norden erstreckte und in der die fränkische Reichsstadt in beide Richtungen agierte. Ähnlich wie Venedig zwischen Ost und West fungierte Nürnberg als Mittler zwischen Süd und Nord.

gelehrten Austausches: „tum propter universalem Geschichte der Mathematik im Mittelalter und der conversationem facilius habendam cum studiosis Renaissance 1, (Abhandlungen zur Geschichte der viris ubicumque vitam degentibus, quod locus ille mathematischen Wissenschaften mit Einschluß perinde quasi centrum Europe propter excursum ihrer Anwendungen 12), hg. v. Maximilian Curtze, mercatorum habeatur.“ Regiomontanus aus Nürn- Leipzig 1902, S. 324–336, S. 327. Vgl. u. a.: Stauber, berg an C. Roder (1471 Jul. 4), in: Urkunden zur Nürnberg und Italien, S. 145. IV. Nürnberg und Venedig im Austausch – Resümee und Ausblick

1. Venedig und Nürnberg im 15. und frühen 16. Jahrhundert – Resümee

Die Beziehungen zwischen Nürnberg und Venedig erschlossen im 15. und frühen 16. Jahrhundert einen Wirtschafts-, Kommunikations- und Kulturraum, der von der Levante bis nach Nordeuropa reichte. Der ökonomische, intellektuelle, künstlerische, soziale und informative Austausch1 wirkte in beide Richtungen über die Alpen hinweg, wenngleich die Transfers in den Norden in der Regel stärker ausgeprägt waren. Auch wurden die Verbindungen aufgrund der politischen und wirtschaftlichen Umstände in erster Linie von den Nürnbergern getragen, deren Stellung, Kontakte und Agieren in Venedig die Beziehungen maßgeblich beeinflussten. So lässt sich die Präsenz einer her- kunftsgemäß eng umgrenzten Personengruppe in der Fremde im Spätmittelalter und in der Renaissance in ihren unterschiedlichen Ausprägungen fassen. Gleichzeitig zeigt die enge Rückbindung der in Venedig weilenden Nürnberger zu ihren Freunden, Verwand- ten und Geschäftspartnern im Norden die intensive transalpine Interaktion und die enge Verflechtung auch über die Alpen hinweg. Zwar bildete der Handel im Hochmittelalter den Ausgangspunkt der Beziehungen und blieb für einen Großteil der Träger weiterhin wichtiger Beweggrund. Zunehmend wurde er überdies jedoch Grundlage eines ausge- prägten kulturellen Austausches, der sich gerade in Nürnberg vielfältig manifestierte und über die Stellung der Stadt als Wirtschaftszentrum hinaus auch ihre intellektuelle und künstlerische Bedeutung sowie ihre Funktion als Nachrichtenknotenpunkt prägte. Die Trägerschaft der Beziehungen und vor allem der Kreis der sich in Venedig auf- haltenden Nürnberger waren ausgesprochen heterogen. Neben Kaufleuten lassen sich hierunter Handwerker und Künstler ebenso wie Drucker, Gelehrte, Kleriker oder Pilger finden. Die Zugehörigkeit zu einer dieser Berufs- und Personengruppen beeinflusste die Dauer des Aufenthalts, das Maß der Verflechtung in Venedig, eine mögliche Integration in die einheimische Gesellschaft und die Existenz wie Intensität der Rückbindung an die Vaterstadt. Diese Umstände waren wiederum ausschlaggebend für die Stellung der ein- zelnen Personen und Berufsgruppen der Nürnberger in Venedig und für ihr Agieren in der Stadt ebenso wie für ihren Einfluss auf den transalpinen Austausch und die Rückwir-

1 Zur Vielfältigkeit der Beziehungen der Deutschen mit Venedig auch: Braunstein, Venezia e la Germania, S. 49. 416 · IV. Nürnberg und Venedig im Austausch – Resümee und Ausblick kungen der Beziehungen auf Nürnberg. Trotz der Vielschichtigkeit des Personenkreises, der im Kontext der Beziehungen fassbar wird, treten in Anbetracht ihrer Zahl und der Überlieferung die Kaufleute in den Vordergrund. Auch innerhalb der Kaufmannschaft lassen sich deutliche Unterschiede ausmachen, die durch den sozialen Status, den Um- fang der Geschäfte und die Verflechtung in Venedig geprägt waren. Sie entschieden über die Position innerhalb der Berufsgruppe und beeinflussten das Ausmaß der Beteiligung am Austausch zwischen beiden Städten. Dass dieser maßgeblich über die Kaufleute lief, verstärkte deren Bedeutung. Der kaufmännischen Strukturen bedienten sich jedoch ebenso Personen anderer Professionen, sei es für finanzielle Geschäfte inVenedig, für die Kommunikation mit Nürnberg oder für den Transport von Gütern. In der fränkischen Reichsstadt selbst erweiterte sich dann wieder der Kreis der Träger, die die vermittelten Güter, Moden, Ideen und anderen Inhalte des Transfers rezipierten und weitergaben oder auf die Beziehungen von politischer Seite Einfluss nahmen. Meist waren sie verwandt- schaftlich, freundschaftlich oder geschäftlich jedoch eng mit den Nürnberger Venedig- Kaufleuten verflochten. Auch lassen sich nur bei den Fernhändlern detaillierte Aussagen über die Stellung der Nürnberger in Venedig treffen. Politisch wurden sie beiderseits der Alpen als Vertreter der oberdeutschen Kaufmannschaft wahrgenommen. 1429 gestattete König Sigismund inmitten seiner Handelssperre gegen Venedig den oberdeutschen Kaufleuten und explizit den Nürnbergern den Handel mit der Stadt. Noch 1507 hob der Doge Leonardo Lore- dan, ebenfalls in Zeiten einer kritischen Auseinandersetzung der Serenissima Repubblica mit dem deutschen König, bei seiner Zusicherung der Handelsfreiheit auf veneziani- schem Gebiet unter den Deutschen mit den Imhoff eine Nürnberger Familie hervor. Während des folgenden Krieges mit der Liga von Cambrai traten die Nürnberger immer wieder als Vermittler im Namen der oberdeutschen Kaufmannschaft auf.2 Am Fonda- co dei Tedeschi, dem Handelshaus für die Kaufleute aus der „Alemagna“, und damit im kaufmännischen Alltag hatten die Nürnberger ebenfalls eine wichtige Stellung inne. Ihre Bedeutung zeigte sich nicht nur in dem frühen und besonders häufigen Zugeständnis der venezianischen Regierung, ihnen Kammern dauerhaft als Wohn- und Geschäftsraum zur Verfügung zu stellen, sondern auch in ihrer Rolle als Vertreter der Oberdeutschen in Konfliktsituationen mit den Niederdeutschen. Gleichzeitig agierten sie jedoch als Mittler zwischen den beiden Parteiungen, wie ihr Vorsitz der hauptsächlich von niederdeutschen Kaufleuten frequentierten Essenstafel zeigt. Möglicherweise gründete auf dieser Funkti- on auch der Umstand, dass trotz der zunehmenden Bedeutung der Augsburger beson- ders häufig Nürnberger in das Amt der von der Gemeinschaft der Kaufleute ernannten Konsuln des Fondaco gewählt wurden.

2 (1507 Dez. 17), in: Simonsfeld, Fondaco 1, Nr. 652, S. 227–228, S. 228; sowie: (1429 Sep. 24), in: ebd., S. 358–359, S. 359. Zu Sigismund: „sunderlich die Nr. 359, S. 191–192. von Núremberg“ (1537 Jul. 24), in: ebd., Nr. 413, 1. Venedig und Nürnberg im 15. und frühen 16. Jahrhundert – Resümee · 417

Hinsichtlich der Stellung von Händlern aus bestimmten Städten, in der Wahl der Konsuln, der Zuweisung der Kammern, dem Interesse der venezianischen Regierung am Handelshaus oder bei den sich unter den Kaufleuten ergebenden Konflikten fun- gierte der Fondaco als Spiegel der oberdeutschen Kaufmannschaft und deren Entwick- lung. Besonders deutlich zeichnete sich hier die zunehmende Dominanz der Händler aus Oberdeutschland ab. Durch ihre Bestrebungen, die Kammern des Fondaco als Geschäfts- niederlassungen und Repräsentationsräume dauerhaft zu nutzen, wurden Händler aus anderen Regionen immer mehr aus dem Fondaco verdrängt. Ebenso kontrollierten die Kaufleute aus Nürnberg und Augsburg die Aufgabenbereiche, die den Händlern selbst oblagen, wie das Nachrichten- und Botenwesen. Sie versuchten sich, beispielsweise bei der Tradierung von kaufmännischem Wissen innerhalb ihres eng begrenzten Kreises, bewusst von den anderen deutschen Kaufleuten abzusetzen und so ihre wirtschaftliche Vorrangstellung aufrechtzuerhalten. Das besondere Interesse der venezianischen Regie- rung am oberdeutschen Handel führte zu einer Liberalisierung der strikten Regeln, die die Serenissima ursprünglich für die Kaufleute aus dem Norden erlassen hatte, um auf diese Weise über den Fondaco ihre wirtschaftliche Aktivität zu fassen und so Anteil an ihren Gewinnen zu haben.3 Gleichzeitig wurde die von venezianischer Seite intendierte Zusammenfassung der deutschen Kaufleute und damit ihres Handels aufgeweicht. Den- noch bildete das Handelshaus auch im frühen 16. Jahrhundert noch immer ein Sym- bol der Deutschen in der Stadt.4 Nicht nur war es Mittelpunkt der Handelsgeschäfte, es stellte, im Zentrum Venedigs gelegen, auch die maßgebliche Anlaufstelle für andere Personen aus dem Reich nördlich der Alpen dar. Hier fanden Nürnberger, die nur kurz in die Lagunenstadt kamen, Anschluss an ihre Landsleute. Aber auch Personen, die sich langfristig dort aufhielten, wie beispielsweise den Nürnberger Handwerkern, diente der Fondaco oftmals als geographischer und personeller Anknüpfungspunkt. Überdies kam ihm eine maßgebliche Bedeutung beim transalpinen Austausch zu. Die hier institutio- nalisierten kaufmännischen Strukturen waren über den reinen Warentransport hinaus Grundlage für die Kommunikation und somit für die kontinuierliche Verbindung mit Nürnberg. Von Albrecht Dürer oder den Trägern des humanistischen Büchertransfers wurden sie für den künstlerischen und intellektuellen Austausch genutzt. Ebenso dienten sie, wie bei der Adaption des Rochuskults durch die Imhoff in Nürnberg, religiösen und sozialen Transferprozessen. Die über die Kaufleute und ihre Botensysteme vermittelten ‚Neuen Zeitungen‘ führten zur Verdichtung der Nachrichtenübermittlung. Der Fondaco dei Tedeschi bildete sowohl für die Beziehungen, die die Nürnberger in Venedig unterhielten, als auch für die personelle Verflechtung zwischen der Serenissima und Nürnberg einen wichtigen Bezugspunkt. Die Kaufleute aus der Reichsstadt unter-

3 Das Verhältnis der venezianischen Regierung zu den 4 Braunstein, Kollektivitätsidentität, S. 411. deutschen Kaufleuten war durch den kontinuierli- chen Kontrast zwischen Kontrolle und Wertschät- zung geprägt: Fedalto, Minoranze straniere, S. 152. 418 · IV. Nürnberg und Venedig im Austausch – Resümee und Ausblick hielten hier zu anderen Nürnbergern oder deutschsprachigen Händlern Kontakte. Auf- grund der Bedeutung des Handelshauses als Konzentrationspunkt der deutschen Präsenz in Venedig trafen sich hier auch überprofessionelle Verbindungen. Indem einheimische Kaufleute den Fondaco frequentierten, entstanden überdies Kontakte zu Venezianern. Institutionsgebunden ergaben sich diese Kontakte zu Venezianern jedoch in erster Linie an denjenigen venezianischen Scuole, deren Mitglieder sich herkunftsübergrei- fend zusammensetzten. War ein Nürnberger Mitglied einer Scuola Grande, konnte er als weitestgehend in die venezianische Gesellschaft integriert gelten. Dabei musste es sich nicht zwangsläufig um Personen handeln, die dauerhaft in Venedig lebten. Ein langfris- tiger Aufenthalt oder eine anerkannte Stellung konnten ebenfalls ausschlaggebend sein. Gleichzeitig lassen sich über die Mitgliedschaften Kontakte der Nürnberger zu Landsleu- ten oder anderen Personen aus dem Norden nachvollziehen. Vor allem wenn beide Par- teien mehreren gleichen Einrichtungen angehörten, beispielsweise am Fondaco handel- ten und gemeinsam in einer oder mehreren Bruderschaften waren, ist von einem, wenn auch in seiner Intensität nicht weiter spezifizierbaren Kontakt auszugehen. Daneben exis- tierten jedoch auch Scuole, die sich über einen gleichen Herkunftsraum oder eine Lands- mannschaft definierten. Die Gemeinschaft um den Sebaldaltar in San Bartolomeo, bei der es sich möglicherweise ebenfalls um eine Bruderschaft handelte, bezog sich nur auf Nürnberger und stand selbst unter den Kaufleuten aus der fränkischen Reichsstadt nicht allen offen. Hier versammelte sich eine soziale Elite, die sich sowohl durch ihre Stellung in Nürnberg und die Zugehörigkeit zur oberdeutschen Hochfinanz als auch durch ihre Position in Venedig und im Kontext der Beziehungen definierte. Ihre Mitglieder waren in der Regel verwandtschaftlich vernetzt und hatten entscheidenden Einfluss auf die Be- ziehungen beider Städte. Der Sebaldaltar war der einzige Punkt in der Stadt, an dem sich eine „venezianisierte“ Nürnberger Identität ausmachen lässt. Bei den personalen Beziehungen, die die Franken in Venedig unterhielten, waren Landsmannschaft und Profession ebenfalls häufig wichtige Voraussetzungen. Persön- liche Kontakte konnten geschäftlicher, freundschaftlicher oder familiärer Natur sein, wobei sich dies nicht selten überschnitt. Kontakte zu Venezianern existierten wie bei den Kress, die bereits zu Beginn des 15. Jahrhunderts intensive Beziehungen zur Familie Amadi unterhielten, oder bei Franz Hirschvogel ebenfalls oft im Kontext des „Deutsch- seins“. Sie konnten jedoch auch, wie bei Sinibaldo Rizzo, der außerhalb des Fondaco lebte und dessen soziales Umfeld weitestgehend einheimisch geprägt war, unabhängig davon sein. Die intensivsten Beziehungen unterhielten die Nürnberger zu anderen Deutschen und zu ihren Landsleuten. Gerade die oberdeutsche Kaufmannschaft war sehr eng, oft- mals familiär miteinander verflochten. Ihre Mitglieder, in erster Linie Nürnberger oder Augsburger, waren durch geschäftliche Interessen und das Ziel verbunden, den heraus- gehobenen Status in Venedig aufrechtzuerhalten. Dies erwies sich als stärker als die wirt- schaftliche Konkurrenz. Die Verflechtung der Nürnberger in Venedig war entscheidend für ihr Leben und ihren Alltag in der Stadt. Kontakte zu Einheimischen oder anderen Kaufleuten aus dem 1. Venedig und Nürnberg im 15. und frühen 16. Jahrhundert – Resümee · 419

Norden ermöglichten die Ausbildung des Nachwuchses. Die Vernetzung mit Venezia- nern brachte den Nürnberger Händlern geschäftliche Vorteile. Diese beeinflussten dar- über hinaus den wirtschaftlichen Austausch zwischen beiden Städten und verbesserten die Position der Nürnberger im nordalpinen Handel. Auch ist davon auszugehen, dass die Verflechtungen in Venedig die affektive Bindung der Nürnberger an die Stadt stärk- ten, die für eine doppelte Loyalität, eine Verbundenheit beiden Städten gegenüber sorgte und in Nürnberg die Rezeption von aus Venedig vermittelten Inhalten förderte. Maß- geblich beeinflusst wurden die Rückwirkungen auf Nürnberg von den Kontakten, die die Nürnberger in Venedig mit ihren Landsleuten im Norden unterhielten, die also zwi- schen beiden Städten bestanden. Sie beruhten ebenfalls auf unterschiedlichen Motiven und vielfältigen sozialen Bezügen, die sich überschneiden oder ergänzen konnten. Die enge Verknüpfung der Venedig-Familien im Norden untereinander und die ausgeprägte Verflechtung von Kaufmannschaft und Patriziat wirkten sich auf die politischen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen beiden Städten selbst aus. Gleichzeitig wurde so die Rezeption von Nachrichten, intellektuellen oder künstlerischen Inhalten und deren Weiterverbreitung gefördert. Die Familien, die mit ihren Gesellschaften den Handel mit Venedig im 15. und frühen 16. Jahrhundert bestimmten, entstammten alle der sozialen und politischen Oberschicht Nürnbergs. In der Regel handelte es sich um aufsteigende Geschlechter, denen, nicht zuletzt aufgrund ihres erfolgreichen Handels mit Venedig und dem damit einhergehen- den sozialen Ansehen, im Laufe des 15. Jahrhunderts die Konsolidierung ihrer Stellung gelang und die im Tanzstatut von 1521 als patrizisch festgeschrieben wurden. Insbeson- dere bei den Imhoff ging der Aufbau ihrer Stellung als dominantes Venedig-Geschlecht ab dem ausgehenden 15. Jahrhundert mit dem Anwachsen des politischen Einflusses der Familie einher. Um 1400 traten die Imhoff in Venedig nur ansatzweise in Erschei- nung. Zu diesem Zeitpunkt wurde der transalpine Handel von den Rummel, Kress und Mendel kontrolliert. Für die Kress sind schon in dieser Zeit intensive Beziehungen zu Venezianern nachzuweisen, die sich unter anderem in einer ausgeprägten und mehre- re Generationen überspannenden Ausbildungs- und Handelstradition niederschlugen. Nichtsdestoweniger kam es unter den im Venedig-Handel aktiven Geschlechtern um die Mitte des 15. Jahrhunderts zu einer signifikanten Verschiebung. Immer stärker traten die Hirschvogel und die Imhoff in den Vordergrund, die sich gegen Ende des Jahrhun- derts, in den Generationen Lienhards II. Hirschvogel und Peters I. Imhoff, auch familiär verflochten. Die Aktivitäten der Hirschvogel in Venedig erreichten in dieser Zeit ihren Höhepunkt. Die Imhoff etablierten sich spätestens unter Peter Imhoff als eines der füh- renden Nürnberger Venedig-Geschlechter. Unter Endres I. Imhoff erlangten sie, parallel zum Niedergang des Hauses Hirschvogel,5 endgültig die dominierende Stellung im Vene-

5 Die Hirschvogel lösten 1536 ihre Kammer im Fonda- 1538 hervorgeht: StadtAN, B 14/III-16, fol. 35r–50r, co auf, wie aus den Nürnberger Gerichtshändeln von fol. 35r. Vgl.: Schaper, Hirschvogel, S. 190. 420 · IV. Nürnberg und Venedig im Austausch – Resümee und Ausblick dig-Handel der fränkischen Reichsstadt. Die Serenissima war für die Imhoff im Laufe des 15. Jahrhunderts zum zentralen Handels- und Ausbildungsort geworden und blieb dies, trotz der Etablierung von Handelsbeziehungen nach Westeuropa und ihrer Beteiligung an der Indienfahrt oberdeutscher Gesellschaften 1505,6 auch im folgenden Jahrhundert. Neben seiner Funktion als wichtigste Ausbildungsstätte der Nürnberger Kaufleute hat- te Venedig für die fränkische Reichsstadt in weiteren Bereichen wesentliche Bedeutung. Als zentraler Handels- und Finanzort war es für die ökonomische Stellung Nürnbergs maßgeblich. Der wirtschaftliche Austausch mit der Serenissima beeinflusste überdies die sozialen Entwicklungen an der Pegnitz. Er hatte Auswirkungen auf den Aufstieg einzel- ner Familien, auf die vermögensbezogene Verschiebungen unter den Geschlechtern, die Verflechtung von Kaufmannschaft und Stadtregiment und damit auf dessen politisches Agieren. Bereits um 1400 war der Venedig-Handel ein ausschlaggebender Faktor für die Zugehörigkeit zur oberdeutschen Hochfinanz. Im Lauf des folgenden Jahrhunderts trat immer deutlicher auch die Bedeutung der aus Venedig eingeführten Gegenstände als Mittel der Repräsentation, sozialen Vergewisserung und Distinktion für die Nürnberger Geschlechter hervor. Die aus der Lagunenstadt gehandelten Waren dienten so nicht nur dem weiteren Vertrieb nördlich der Alpen, sondern wurden auch immer stärker zum Teil des patrizischen Alltags. Zahlreiche Mitglieder der Nürnberger Oberschicht lernten in Venedig die dortigen Lebensweisen, Kunstgegenstände oder Moden kennen. Ihr Inte- resse an diesen Elementen der venezianischen Lebensart wirkte nach der Rückkehr fort. Südlich der Alpen fungierte Venedig als zentraler Durchgangsort des Nürnberger Aus- tausches mit Italien generell. Als Finanzzentrum liefen über die Serenissima die Nürn- berger Geldgeschäfte mit italienischen Handelshäusern und Banken, wie beispielsweise derjenigen der Medici. Auch versandten die Franken über Venedig Waren an andere Nürnberger Kaufleute auf der Apenninhalbinsel. Die Stadt diente als Zwischenstation für Briefe an andere italienische Orte wie Triest oder den Mantuaner Hof und für die Übermittlung von Büchern an die Paduaner Studenten. Gleichzeitig gelangten Briefe, Waren oder Nachrichten, die aus den verschiedenen Teilen Italiens kamen, über Venedig in den Norden. Die Attraktivität des Produktions- und Handelsorts Venedig, die hohe Qualität der dort vertriebenen Waren, das Ansehen der venezianischen Buchproduktion und die Position der Stadt als Nachrichtenzentrale steigerten auch die Stellung und Bedeutung Nürnbergs im europäischen Miteinander. Wie die Serenissima zwischen Orient und Ok- zident wurde die fränkische Reichsstadt zu einem bedeutenden Mittler zwischen Süd und Nord. Durch die Handelsachse Levante-Venedig-Nürnberg-Norden und das sich zunehmend herausbildende Dreieck zwischen Venedig, Nürnberg und der Messestadt

6 Hermann Kellenbenz, Die Beziehungen Nürnbergs StadtAN, Nürnberg 1967, S. 456–493, S. 471; Michael zur iberischen Halbinsel, besonders im 15. und in Diefenbacher, Art. Indienexpedition, in: Stadtlexikon der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, in: Beiträge Nürnberg, hg. v. Michael Diefenbach und Rudolf En- zur Wirtschaftsgeschichte Nürnbergs, Bd. 1, hg. v. dres, Nürnberg ²2000, S. 471. 1. Venedig und Nürnberg im 15. und frühen 16. Jahrhundert – Resümee · 421

Frankfurt leisteten die Nürnberger Kaufleute einen wichtigen Beitrag zur Verdichtung des europäischen Wirtschaftsraums. Mit den ökonomischen Beziehungen einhergehend waren sie auch an der Intensivierung von Kommunikation und kulturellen Wechselbe- ziehungen im 15. und frühen 16. Jahrhundert beteiligt.7 Durch die wirtschaftlichen In- formationen und ‚Neuen Zeitungen‘, die Nürnberg aus Venedig erreichten und die von dort aus nördlich der Alpen weitergeleitet wurden, festigte die fränkische Reichsstadt ihre Stellung als „Nachrichtenzentrum“8. Eine besondere Mittlerposition nahm Nürnberg bei der Verbreitung von Meldungen über die osmanische Expansion nach Westen ein. Hierbei trafen zwei Informationsströme zusammen. Aus Venedig gelangten Neuigkeiten über die Situation im Mittelmeerraum in die Reichsstadt. Aus Osteuropa wurde über die dortigen türkischen Aktivitäten berichtet. Die Mitteilungen wurden jeweils in die ande- re Richtung, auch nach Venedig, weitergeleitet. Ebenso erfolgten die Kommunikation zwischen Gelehrten und der Austausch von humanistischen Texten transalpin in beide Richtungen. Der Transfer von Handschriften und vor allem von in Venedig gedruckten Büchern in den Norden war jedoch deutlich stärker ausgeprägt. Die Texte dienten nicht nur den Nürnbergern selbst zum Studium. Über sie wurden insbesondere Werke antiker griechischer Autoren auch an Interessierte weitergeleitet und fanden teilweise in deren eigene Schriften direkten Eingang. Durch Willibald Pirckheimers Übersetzungen aus dem Griechischen wurden die Texte darüber hinaus einem breiteren, der Sprache nicht mächtigen Publikum zugänglich gemacht. Das Aufgreifen von künstlerischen oder hand- werklichen Techniken durch Nürnberger in Venedig führte zwar nicht immer zu einer über die Reichsstadt hinausreichende Verbreitung des technischen Wissens selbst, da dessen wirtschaftlicher Wert hauptsächlich in seiner Exklusivität lag. Die Produkte und Formensprachen fanden jedoch über Nürnberg Eingang in die Lebenswelt nördlich der Alpen. Albrecht Dürer, der in der Serenissima die Kunst der Renaissance kennenlernte, ist das berühmteste Beispiel dieses Moments des Kulturtransfers zwischen Venedig und Nürnberg. Die Mittlerfunktionen Venedigs zwischen Ost und West und diejenige Nürnbergs zwischen Nord und Süd ergänzten und verstärkten sich gegenseitig. Neben den Gütern, die aus der Levante in den Norden gelangten, dienten reichsstädtische Erzeugnisse und Waren aus Nordeuropa, die die Nürnberger in die Lagunenstadt brachten, den Venezi- anern im östlichen Mittelmeerraum als begehrtes Handelsgut. Bei der Nachrichtenver- mittlung ergänzten sich die beiden Städte ebenfalls komplementär. Maßgebliche Aus- wirkungen auf die kulturellen Entwicklungen im Norden hatten Venedigs Verbindungen nach Byzanz, die die Stadt zum wichtigsten Einfallstor des griechischen Humanismus im Westen machten, der den Norden wiederum vor allem über Nürnberg erreichte. Bei der

7 Zur „Parallelität wirtschaftlicher und kultureller 8 Sporhan-Krempel, Nachrichtenzentrum. Verbindungen“ im deutsch-venezianischen Kontext: Roeck, Kunst und Wirtschaft, S. 13. Vgl. auch: Fried, Kunst und Kommerz. 422 · IV. Nürnberg und Venedig im Austausch – Resümee und Ausblick

Übernahme künstlerischer Elemente griff die Serenissima als Schnittstelle zwischen Ost und West gar noch weiter nach Asien aus. So gelangten über ihre Adaption in der vene- zianischen Majolikaproduktion auch chinesische Motive in den nordalpinen Kulturraum. Der Einfluss der Beziehungen zu Venedig auf Nürnberg und die Stellung der Stadt im Reich nördlich der Alpen setzten sich trotz gewisser inhaltlicher Verschiebungen den ganzen Untersuchungszeitraum hinweg fort. Auch die Funktionen der Serenissima als wichtigste Ausbildungsstätte und einer der Fixpunkte der Nürnberger Wirtschaft stellten wesentliche Kontinuitäten dar. Trotz der Zunahme der Überlieferung im ausgehenden 15. und frühen 16. Jahrhundert lassen sich keine signifikanten Veränderungen bei der Zahl der Nürnberger in der Lagunenstadt ausmachen. Allerdings hielten sich vor allem die Kaufleute öfter in Venedig auf. Im Laufe des 15. Jahrhunderts nahm die Fluktuation der einzelnen Träger der Beziehungen deutlich zu. Auch ist weit häufiger die gleichzei- tige Anwesenheit von mehreren Mitgliedern einer Handelsfamilie nachweisbar. Dabei kam es zu einer drastischen Verschiebung beim Einfluss bestimmter Geschlechter. Par- allel dazu wurde die anfangs noch stark ausgeprägte geschäftliche Zusammenarbeit der miteinander verschwägerten Handelsfamilien im Laufe der Zeit schwächer. Zunehmend lässt sich aus den Quellen nur noch die soziale Interaktion in Venedig ausmachen. Ein Wandel vollzog sich auch hinsichtlich der Dominanz der Oberdeutschen. Sie wurde im- mer stärker über den Fondaco institutionalisiert und dadurch im venezianischen Kontext festgeschrieben. Die Augsburger Kaufleute spielten dabei im Laufe des 15. Jahrhunderts eine zunehmend wichtige Rolle, ohne jedoch die Nürnberger aus ihrer bedeutenden Stel- lung zu verdrängen. Vielmehr entwickelte sich ein Neben- und Miteinander der beiden Reichsstädte, die sich die rechtliche Liberalisierung des Fondaco für die Etablierung der oberdeutschen Vorherrschaft im venezianischen Wirtschaftsgefüge zu Nutze machten. Um die Anbindung an das Handelshaus und damit den Zugriff auf die Geschäfte der deutschen Kaufleute weiterhin zu gewährleisten, schuf die venezianische Regierung verstärkt Anreize, wie bei der Verleihung von Privilegien oder der immer häufigeren Bereitstellung von Kammern zur Etablierung fester Niederlassungen. Dass mit der Li- beralisierung der Regeln zunehmend auch außerhalb des Fondaco Kaufleute zu finden waren, trug zu einer noch größeren Heterogenität der Nürnberger Präsenz in Venedig bei. Für das ausgehende 15. Jahrhundert lässt sich diese auch verstärkt in der Anbindung an Institutionen außerhalb des Fondaco greifen. Gleichzeitig intensivierte sich jedoch die Bedeutung des Handelshauses als Kommunikationszentrale und Fixpunkt des kulturellen Austausches zwischen Oberitalien und Oberdeutschland. Der Fondaco behielt weiterhin seine zentrale Bedeutung bei, es kam jedoch zu inhaltlichen Verschiebungen. Nicht nur in der Wertschätzung der Signoria gegenüber den Nürnberger Kaufleuten und den damit einhergehenden Zugeständnissen zeichnete sich im Untersuchungszeit- raum ein deutlicher Wandel ab. Auch das Verhältnis der Stadtregimenter veränderte sich. Auf beiden Seiten waren die politischen Entscheidungen durch die enge Verflechtung von Patriziat und Kaufmannschaft stark an den Handelsinteressen der Kaufleute ausgerichtet. Im Austausch zwischen den Regierungen, beispielsweise beim Eintreten für finanzielle 1. Venedig und Nürnberg im 15. und frühen 16. Jahrhundert – Resümee · 423 oder geschäftliche Interessen der eigenen gegenüber den Kaufleuten der anderen Stadt, berief man sich auf die alten guten Verbindungen untereinander. In Konfliktsituationen wurde sie genutzt, um den jeweiligen Belangen Nachdruck zu verleihen.9 Ebenso konn- ten sie ein Grund sein, der anderen Stadt bei deren Anliegen entgegenzukommen und so die Verbundenheit auszudrücken. Als der Nürnberger Rat 1506 die Signoria um eine Abschrift der venezianischen Vormundschaftsordnung bat, erfüllte man den Wunsch. Die Nürnberger hätten – was jedoch tatsächlich nicht zutraf – die Bitte unter der Beru- fung auf „die alte Freundschaft“ gestellt.10 Dass die Idee der traditionellen Freundschaft auch in senatsinternen Gesprächen als Argument genutzt und stilisiert wurde, zeigt ihre Wirkmächtigkeit.11 Gleichzeitig jedoch konnte das Verhältnis der Stadtregimenter ambi- valente Züge haben. Gerade bei Konflikten zwischen Venedig und dem Reich standen sich vor allem in der Reichsstadt Nürnberg wirtschaftliche Interessen und die Loyalität zum König beziehungsweise Kaiser gegenüber. Im Kontext dieser Fälle offenbaren sich deutliche Verschiebungen bei der jeweiligen Position der Städte in der Beziehung zuein- ander. Wurden bei der Handelssperre durch König Sigismund gegen Venedig zwischen 1412 und 1433 in Nürnberg noch Fraktionen zwischen den Befürwortern der Aktion und den direkt betroffenen Gesellschaften sichtbar, zeigte sich während der Konflikte Maxi- milians I. mit der Serenissima in den frühen Jahren des 16. Jahrhunderts innerhalb ein- zelner Nürnberger Venedig-Geschlechter selbst ein Zwiespalt.12 Ausgerechnet die Imhoff machten Geschäfte mit Maximilian und unterstützten diesen so in der Auseinanderset- zung. Zur gleichen Zeit setzten sie ihren Handel mit der Serenissima jedoch unvermin- dert fort.13 Ähnlich ambivalent war auch die Haltung des Nürnberger Rats selbst: Zwar verbot er 1509 die Verbreitung eines Flugblatts mit dem gedicht von der ungehorsame der Venediger des Hans Schneider, gleichzeitig durften jedoch antivenezianische Flugblätter, einschließlich dem Gedicht Schneiders, in der Stadt gedruckt werden.14 Sowohl während der Handelssperre15 als auch während des Kriegs der Liga von Cambrai gegen Venedig

9 Vgl. die Auseinandersetzung um die Schulden des 12 Stromer, Landmacht gegen Seemacht, S. 156 u. Konrad Kress: (1431 Dez. 29), in: Simonsfeld, Fon- S. 183. Ob sich einige Nürnberger Familien tatsäch- daco 1, Nr. 380, S. 207. lich für eine Handelssperre einsetzten, ist jedoch in 10 „pro iure veteris amicitie nostrae“ (1506 Nov. 9), der Forschung umstritten: Braunstein, Wirtschaft- ASVe, Commemorali, reg. 19, fol. 84rv, fol. 84r. Die liche Beziehungen, S. 383. Zur Sperre generell, den Nürnberger lobten lediglich die Vormundschafts- Zielen, Ursachen und Ergebnissen: Stromer, Land- ordnung (1506 Jun. 6), ebd., fol. 76v u. 84r (Ab- macht gegen Seemacht. schriften) sowie: Rat an L. Loredan (1506 Jun. 6), 13 (1521 Nov. 12), GNM, IA Teil 1, Fasc. 28, StAN, BB (Rep. 61a), Nr. 56, fol. 302rv, fol. 302r. Nr. 14. Auch wurde Hirschvogel, zumindest in seiner offi- 14 Hans Schneider, Ain gedicht von der ungehorsame ziellen Bestellung, nicht nahegelegt, entsprechende der Venediger, Nürnberg: o. D. 1509. Vgl.: Schanze, Argumente zu nutzen: Rat an B. Hirschvogel (1506 Frieder, Art. Hans Schneider, in: Die deutsche Lite- Jun. 6), ebd., fol. 302v–303r. ratur des Mittelalters. Verfasserlexikon 8, hg. v. Kurt 11 „amiciciam et benivolentiam, que semper fuit et est Ruth, (neubearbeitete Ausgabe), Berlin u. a. 1992, inter eos et nostrum dominium“; (1431 Sep. 25), in: Sp. 786–797, Nr. 11, Sp. 792–793. Zur „öffentlichen Simonsfeld, Fondaco 1, Nr. 375, S. 203–204. Meinung“ und der antivenezianischen Polemik im 424 · IV. Nürnberg und Venedig im Austausch – Resümee und Ausblick

1508/09 und den folgenden Spannungen hielten die Nürnberger die Beziehungen weit- gehend aufrecht. Selbst der Nürnberger Rat ließ 1421 in der Lagunenstadt Salpeter kau- fen.16 Auch bemühten sich die Nürnberger in den 1420er Jahren ebenso wie 1509 intensiv bei ihrem Herrscher darum, dass die Beschränkungen eingestellt und die Handelswege wieder geöffnet würden. Sowohl bei Sigismund17 als auch bei Maximilian18 waren sie damit zumindest vorübergehend erfolgreich. Während das Nürnberger Stadtregiment im Verlauf der Handelssperre im direkten Austausch mit der Signoria immer wieder das gute Verhältnis beider beschwor, deutet die Überlieferung eher auf eine Zurückhal- tung Venedigs hin.19 Ein anderes Bild zeigte sich während der Liga von Cambrai. Von venezianischer Seite wurden den Nürnbergern mehrfach Privilegien verliehen. Bereits 1507 sicherte Loredan den deutschen Kaufleuten, und speziell den Imhoff, freien Handel und Wandel im venezianischen Gebiet zu. Auch in der folgenden Zeit beteuerten die Venezianer ihr Wohlwollen. Man sah sich genötigt, nicht nur „die fortwährende […] Freundschaft“ zu Kaiser und Reich zu betonen, sondern das eigene Verhalten dadurch zu rechtfertigen, dass Maximilian die von Venedig eingehaltene Bündnistreue gebrochen habe.20 Im Gegensatz zur ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts waren die Venezianer äu- ßerst bedacht, sich die Gunst der Oberdeutschen und speziell der Nürnberger zu sichern. Die Serenissima befand sich nicht nur in einem existentiellen Konflikt, der die Republik selbst ungleich stärker bedrohte als knapp hundert Jahre zuvor, als Venedig auf der Ter-

Reich sowie zu den Nürnberger Drucken: Mährle, erlaubt sei: (1423 Nov. 24), in: Simonsfeld, Fonda- Battaglia di Agnadello. Zu dem Verbot des Gedichts co 1, Nr. 336, S. 175. Zu den vorherigen Bemühun- Schneiders: ebd., Anm. 31, S. 214 u. Schanze, Art. gen: (1423 Okt. 9) u. (1423 Sep. 22), in: ebd., Nr. 335, Hans Schneider, Sp. 792. S. 174–175 u. Nr. 334, S. 174. 15 Die 1410er und 1420er gehörten, z. B. bei der 18 Nürnberger Rat an W. Pirckheimer u. K. Nüt- Ausstellung von Procurae, zu den überlieferungs- zel (1513 Sep. 5), in: Pirckheimer Briefwechsel 2, reichsten Jahren. 1424 bis 1427 befand sich z. B. Nr. 266, S. 275–276; K. Nützel an W. Pirckheimer, Friedrich III. Kress zur Ausbildung in Venedig: vgl. L. Groland u. L. Spengler (1513 Dez. 25), in: ebd., Kap. II.2.2. Den Rummel gelang es, den ganzen Nr. 289, S. 315–318. Auch setzten sich die Nürnber- Zeitraum ihre Handelsgeschäfte verdeckt weiterzu- ger für die Sistierung des Kammergerichtsprozesses führen, während die Pirckheimer bestraft wurden: gegen Venedig ein: (1509), in: Simonsfeld, Fonda- Stromer, Landmacht gegen Seemacht, S. 157. Nur co 1, Nr. 665–666, S. 369–372; Nr. 669, S. 374–377 1420 mussten die Kaufleute die Stadt tatsächlich u. Nr. 675, S. 381–384. zeitweise verlassen. Der Aufforderung des Rats 19 (1421 Mai 19) u. (1421 Jul. 12), in: Simonsfeld, Fon- folgten die meisten Kaufleute unverzüglich, wie daco 1, Nr. 327–328, S. 170–172. die Vollmacht Hermann Recks an drei Venezianer 20 „perpetuam pacem et amicitiam“: Das Wohlwol- zeigt, ihn während seiner Abwesenheit zu vertreten: len beteuerte man Nürnberg, Ulm, Straßburg und (1420 Mär. 22), ASVe, CIN, b. 228, prot. 1, fol. 207v. Augsburg gegenüber: (1508 Feb. 10 m.v. = 1509 Nur 19 Tage zuvor war der Brief des Rats ausgestellt Feb. 10), in: Simonsfeld Fondaco 1, Nr. 670, S. 377. worden: Rat an Kaufleute (1420 Mär. 5), StAN, BB Zum Privileg von 1507: (1507 Dez. 17), in: ebd., (Rep. 61a), Nr. 5, fol. 51r. Nr. 652, S. 358–359. Zur Verleihung von General- 16 (1421 Mai 19), in: Simonsfeld, Fondaco 1, Nr. 327, privilegien: (1509 Apr.) u. (1510 Dez. 30), in: ebd., S. 170. Nr. 674, S. 380–381 u. Nr. 681, S. 387–388. 17 Im November 1423 teilte der Nürnberger Rat denen von Ulm und Konstanz mit, dass der Handel wieder 2. Umbruch um 1500, Mythos und similitudo – Ausblick · 425 raferma expandiert und den Höhepunkt seines Festlandbesitzes eingeleitet hatte. Durch das Ausgreifen der Oberdeutschen nach West- und Südwesteuropa war auch die Gefahr weit größer, dass die Kaufleute sich tatsächlich von der Lagunenstadt als Handelsort ab- wenden könnten. Dass jedoch gerade bei den Nürnbergern eine starke Tendenz bestand, die Geschäftsbeziehungen aufrechtzuerhalten, führte zu einem nachhaltigen Wandel der Beziehungen und gab der fränkischen Reichsstadt in der Wahrnehmung Venedigs eine besondere Bedeutung.

2. Umbruch um 1500, Mythos und similitudo – Ausblick

Als 1501 Nachrichten nach Venedig drangen, dass portugiesische Kaufleute auf dem Seeweg nach Indien gereist seien, um dort direkt Pfeffer zu kaufen, weckten sie große Besorgnis unter den Venezianern. Girolamo Priuli sah bereits den „Ruin der Stadt Vene- dig“ gekommen. In seinem Tagebuch vermerkte er, dass mit den finanziellen Einbußen, die der Serenissima durch diese neuen Warenwege entstünden, auch „Glanz und Ruhm“ Venedigs gefährdet seien.21 Obwohl Priulis Befürchtungen nicht eintraten und die portu- giesische Entdeckung die Wirtschaft Venedigs kaum einschränkte,22 wird in seiner Klage deutlich, wie kritisch die Zeitgenossen die Situation der Serenissima um 1500 empfan- den. Bedrohlicher für die wirtschaftliche Stellung Venedigs als die Entdeckung der neuen Handelsroute war das generelle Ausgreifen der oberdeutschen Kaufleute auf den west- und südwesteuropäischen Wirtschaftsraum, das seit dem ausgehenden 15. Jahrhundert deutlich zunahm und in dessen Kontext der Handel mit portugiesischem Pfeffer nur einen Aspekt darstellte. Dass mit den Imhoff, Hirschvogel, Welser und Fugger die be- deutendsten oberdeutschen Gesellschaften, die mit Venedig handelten, 1505 selbst eine Indienfahrt unternahmen, verdeutlicht das Ausmaß ihrer Bestrebungen, sich neue Ge- schäftsmöglichkeiten zu erschließen. Darüber hinaus wurden immer häufiger die wich- tigen westeuropäischen Niederlassungen, Antwerpen und Lyon, zu Ausbildungszwecken genutzt. Über die Anreize, die die Venezianer schufen, um den für sie so wichtigen Han- del der Oberdeutschen23 in der Stadt zu halten, gelang es zwar, den Verschiebungen in der europäischen Wirtschaft zumindest für die nächsten Jahrzehnte zu widerstehen,24 in der Mentalität der Venezianer hinterließen die Entwicklungen jedoch deutliche Spuren.

21 „Et per questo vedo chiaramente la ruina dela citade nische und oberdeutsche Städte, S. 206. Generell: veneta, perchè, manchando il trafego, mancharanno Lane, Mediterranean Spice Trade. li danari, quali he proceduto la gloria et reputatione 23 Die Bedeutung des Handels mit den deutschen veneta.“ (1501 Jul.), Priuli, G., Diarii 2, S. 156. Kaufleuten und die Gefahr seines Ausbleibens erör- 22 Simonsfeld sprach von der ersten Hälfte des terte wiederholt auch Priuli u.a.: (1506 Jul. u. Aug.), 16. Jahrhundert als einer „Blüthezeit dieses Han- Priuli, Diarii 2, S. 156 u. S. 431. dels“: Simonsfeld, Fondaco 2, S. 123. Vgl. auch: 24 Vgl. Hildebrandt, Wirtschaftliche Beziehungen, Lane, Venice, S. 291–292; Häberlein, Oberitalie- S. 278. 426 · IV. Nürnberg und Venedig im Austausch – Resümee und Ausblick

Die politischen Geschehnisse des ausgehenden 15. und frühen 16. Jahrhunderts wur- den hingegen tatsächlich zu einer existentiellen Bedrohung für die Serenissima Repub- blica. Durch die osmanische Expansion kam es nicht nur zu Störungen des Levante-Han- dels. Venedig verlor auch Teile des Stato del Mar an die Osmanen. Vor allem aber drangen diese bis ins Friaul und damit in die unmittelbare Nähe der Lagune vor. Die Kriege mit den italienischen und europäischen Mächten auf der Terraferma, insbesondere gegen die Liga von Cambrai, erreichten ebenfalls die direkte Umgebung der Stadt und gefährdeten über Einschränkungen des Handels mit den Deutschen25 und den zeitweiligen Verlust der Festlandsbesitzungen hinaus auch die politische Freiheit der Venezianer. Die Ausei- nandersetzung mit der Liga von Cambrai war einer der „dramatischsten Momente der Geschichte Venedigs“.26 Sie beeinflusste auch entscheidend die Selbstwahrnehmung der Venezianer und das Bild, das sie von ihrer Stadt nach innen wie nach außen entwarfen. Für die Ausformung des Mythos’ Venedig, der sich im Laufe des Spätmittelalters entwi- ckelt hatte, bildeten die Krisenmomente der Zeit um 1500 den maßgeblichen Stimulus. Ihnen setzte man das Idealbild einer freien, politisch perfekten wie ruhmreichen Stadt27 entgegen, um sich so seiner selbst zu vergewissern und Freunden und Feinden die Größe Venedigs zu verdeutlichen. Der Krieg mit der Liga und die Niederlage von Agnadello hatten zentrale Bedeutung für die mythische Überhöhung der Serenissima.28 Das frühe 16. Jahrhundert war in mehrfacher Hinsicht ein „Wendepunkt“ für die Republik.29 Deutliche Veränderungen lassen sich um 1500 auch in der Nürnberger Präsenz in Venedig ausmachen, die sich in erster Linie im Sebaldbüchlein widerspiegelten.30 Die Imhoff übernahmen ab 1503 die Vorherrschaft am Altar und verdrängten das Mitein- ander der gemeinsam Verantwortlichen. Wiederholt fiel das Fest des Nürnberger Stadt-

25 Vgl. W. Pirckheimer aus Nürnberg an H. v. Neue- 1973, S. 431– 444; Gaeta, Mito di Venezia, S. 63–66. nahr (etwa Anfang 1514), in: Pirckheimer Brief- Nach Ansicht Gaetas wurde der Mythos durch die wechsel 2, Nr. 293, S. 325–328, S. 326. Auch Priuli Liga von Cambrai erst „geboren“: ebd., S. 63. Zur beklagte dieses: Rinaldo Fulin (Hg.), Documenti per Bedeutung von Agnadello auch: Lester J. Libby, Ve- servire alla storia della tipografia veneziana, in: Ar- netian History and Political Thought after 1509, in: chivio veneto 23 (1882), S. 84–394, S. 205. Studies in the Renaissance 20 (1973), S. 7–45, S. 7. 26 Mallet, Venezia e la politica italiana, S. 285. Fasoli betonte die entscheidende Bedeutung von 27 Zu den einzelnen Aspekten des Mythos („stato li- Krisen als Stimulus des Mythos: Gina Fasoli, Nascita bertà“, „città galante“„stato misto“): Franco Gaeta, di un mito, in: Studi Storici in onore di Gioacchino Alcune considerazioni sul mito di Venezia, in: Bi- Volpe 1, o. Hg., Florenz 1958, S. 445- 479, S. 448. bliothèque d’Humanisme et Renaissance 23 (1961), Laut Crouzet-Pavant war die Möglichkeit eines Nie- S. 58–75, S. 60. dergangs in der Vorstellung der Venezianer nicht ge- 28 Zum Mythos der venezianischen Verfassung als geben: Crouzet-Pavan, Immagini di un mito, S. 582. Gegengewicht zum „Schock“ des frühen 16. Jahr- 29 „turning point of Venetian history“ Lane, Venice, hunderts: Elisabeth Crouzet-Pavan, Immagini di S. 242. Luzzatto bezeichnete die Zeit um 1500 als un mito, in: Storia di Venezia 4: Il Rinascimento. „un periodo che […] è fra i più critici e dinamici Politica e cultura, hg. v. Alberto Tenenti u. Ugo Tuc- della sua lunga vita.“, Luzzatto, Storia economica, ci, Rom 1996, S. 579–601, S. 597; Myron Gilmore, S. 172. Myth and Reality in Venetian Political History, in: 30 Zur Bedeutung des Sebaldbüchleins als „Chronik“ Renaissance Venice, hg. v. John R. Hale, London („Cronaca“): Eser, In onore della città, S. 82. 2. Umbruch um 1500, Mythos und similitudo – Ausblick · 427 heiligen nach 1503 aus verschiedenen Gründen aus oder wurde von Personen außerhalb der Gemeinschaft ausgerichtet. Wie 1509 waren in den letzten beiden Jahren, 1513 und 1514, aufgrund der kriegerischen Auseinandersetzungen in Italien keine Mitglieder der Bruderschaft anwesend. Ebenso führte das Chaos, das der Brand des Fondaco und der Umzug in die Ca’Lippomani offenbar in der deutschsprachigen Kaufmannschaft ausge- löst hatten, zu Unordnung am Altar.31 Die ersten Jahrzehnte des 16. Jahrhundert waren auch für die Nürnberger Kaufleute in Venedig kritische Momente. Trotz der schwierigen Situation kann jedoch nicht von einer Krise in den Beziehun- gen zwischen den beiden Städten gesprochen werden. Die Nürnberger hielten weiter- hin ihre Geschäfte nach Venedig aufrecht, und die Lagunenstadt blieb für sie auch im 16. Jahrhundert ein zentraler Handelsort. Neben der größeren Warenvielfalt und der in der Regel besseren Qualität der Güter ist davon auszugehen, dass die geschäftlichen und persönlichen Verbindungen, die man im Laufe der Zeit aufgebaut hatte, dafür aus- schlaggebend waren. Daneben wurde Venedig weiterhin als wichtigster Ausbildungsort der Nürnberger Kaufleute genutzt. Zwar gingen immer mehr Kaufmannslehrlinge an anderen Orten, beispielsweise in Lyon, Antwerpen oder Pilsen, in die Lehre. Venedig wurde jedoch stets als Vorbild gesehen und stellte in vielen Fällen weiterhin eine Station der Ausbildung dar.32 Durch die stetigen Reisen der Kaufleute zwischen den einzelnen Handelsplätzen und deren Austausch wurde auch die Lagunenstadt an die neu aufstre- benden Wirtschaftszentren in Westeuropa an- und in das europaweite Handelsnetz der Nürnberger eingebunden. Sie trugen bei zu einer neuen Internationalisierung des Han- delsorts Venedig innerhalb des sich im 16. Jahrhundert neu ordnenden europäischen Wirtschaftssystems. In den Beziehungen zwischen den beiden Städten kam es zu einem entscheidenden Wandel. Die besondere Treue, die die Nürnberger dem Handelsplatz Ve- nedig trotz der ökonomischen Entwicklungen entgegenbrachten, machte sie in den für die Serenissima immer substantielleren Geschäftsbeziehungen mit den Oberdeutschen zu einem besonders wichtigen Partner. Dies führte zu einer deutlichen Zunahme der Wertschätzung der Nürnberger durch Venedig, die sich nicht nur in der Verleihung von Privilegien oder den Zugeständnissen am Fondaco äußerte. Es kam zu einer mentalen Veränderung. Die fränkische Reichsstadt und die Beziehungen zu dieser erhielten in zu- nehmendem Maße eine ideelle Bedeutung für die Serenissima, die sie endgültig von den sonstigen Verbindungen Venedigs zu den oberdeutschen Städten abhob. Sie gingen ein in den Mythos Venedig und fanden Ausdruck in der Darstellung der prachtvollen und rei- chen Stadt ebenso wie in ihrer politischen Verklärung. Die dadurch evozierte Erhöhung Nürnbergs diente im Wechselspiel wohl auch als Mittel, die Loyalität der Nürnberger zu Venedig zu erhalten und zu festigen.

31 GNM, IA Teil 1, Fasc. 19, Nr. 20, S. 31. Zum Ausfall: Venedig im 16. Jahrhundert immer noch selbstver- ebd., S. 31 u. S. 28. ständlich: GNM, IA Teil 1, Fasc. 44, Nr. 1, fol. 37v– 32 V.a. für die zukünftigen Firmenoberhäupter, wie 40r u. fol. 47r. Endres I. und Endres II. Imhoff, war die Lehre in 428 · IV. Nürnberg und Venedig im Austausch – Resümee und Ausblick

Besonders augenfällig wurde die Wertschätzung gegenüber den Kaufleuten aus dem Reich nördlich der Alpen und in Anbetracht ihrer herausgehobenen Position besonders gegenüber den Nürnbergern in der Gestaltung des nach dem Brand von 1505 wiederauf- gebauten Fondaco. Die Signoria entschied sich außergewöhnlich schnell, das Gebäude neu zu errichten. Dabei beschloss man explizit eine schöne Ausstattung des Hauses.33 Für die Bemalung der Fassade wurden die aufstrebenden venezianischen Künstler Giorgione und Tizian engagiert, die, wie Francesco Sansovino in seiner Beschreibung Venetia Citta nobilissima et singolare knapp achtzig Jahre später schreiben sollte, „ersten Männer Ita- liens“. Der Fondaco wurde als „kostbares Ornament“ wiederaufgebaut und erhielt eine künstlerische und geographische „Prominenz im Bühnenbild der Lagune“.34 Er wurde zum Ausdruck venezianischer Stilisierung und Selbstvergewisserung, der, wie bei San- sovino deutlich, auch lange später noch wirksam sein sollte. Bereits Simonsfeld warf die Frage auf, ob die Ausstattung unter anderem dem Ziel diente, durch die hier deutlich werdende Wertschätzung die Kaufleute in der kritischen Zeit um 1500 an die Stadt zu binden.35 Wahrscheinlich ist das von der Signoria in Auftrag gegebene Bildprogramm vor dem Hintergrund der Auseinandersetzung mit der Liga von Cambrai zu sehen.36 Aufgrund der Witterungsverhältnisse sind nur Bruchstücke der Fresken erhalten. An- hand einiger Zeichnungen kann das Programm jedoch in Ansätzen rekonstruiert wer- den. Über dem Haupteingang stellte Tizian eine Frau dar, die entweder als Judith oder Justitia zu deuten ist und die durch einen Soldaten ergänzt wird, der einen Dolch im Rücken hält.37 Ob es sich dabei um eine Anklage gegen den Vertragsbruch Maximilians gegenüber Venedig handelte, kann nicht geklärt werden. Eine solche Lesart ließe sich aber nur schwer mit den sonstigen Zeichen des Wohlwollens der Serenissima gegenüber den deutschen Kaufleuten und dem Wunsch nach einer Aufrechterhaltung des Handels vereinbaren.38 Eher handelte es sich bei dem Bildprogramm um eine Beschwörung von Frieden und Gerechtigkeit als Grundlage der Prosperität.39 Möglicherweise diente eine Darstellung der Justitia als Hinweis auf das Handelshaus selbst und die Rechtssicherheit,

33 Schweikhart, Fondaco, S. 41; Simonsfeld, Fondaco 2, bei: Sylvia Ferino-Padgen (Hg.), Giorgione entmy- S. 107–108. Zum Ausdruck des Fondaco als Zeichen thisiert, Turnhout 2008, S. 90. der Wertschätzung gegenüber den Deutschen: Ales- 35 Simonsfeld, Fondaco 2, S. 117. Schweikhart betonte, sandro Nova, Giorgione e Tiziano al Fondaco dei dass die Ausstattung der Bedeutung des Handels- Tedeschi, in: Giorgione entmythisiert, hg. v. Sylvia hauses in Venedig entspreche: Schweikhart, Fonda- Ferino-Pagden, Turnhout 2008, S. 71–104, S. 79. co, S. 45. 34 „una riconoscibilità eccezionale e irrepetibile sul 36 Nova, Giorgione e Tiziano, S. 84. palcoscenico lagunare“ Romanelli, Fondaco, S. 79. 37 Vgl. die Abbildung in: Ferino-Padgen (Hg.), Giorgi- Sowie: „Per questo suo complesso architettonico e one, S. 93. pittorico, il nuovo Fondaco appariva come un pre- 38 Vgl. Schweikhardt, Fondaco, S. 44–45. Zur Kla- zioso ornamento nella pur splendente Venezia cin- ge über den Vertrauensbruch in Schreiben an die quecentesca“; Brunetti, Fondaco, S. 64. Vgl. auch: Oberdeutschen: (1508 Feb. 10 m.v. = 1509 Feb. 10), Simonsfeld, Fondaco 2, S. 107; Fedalto, Stranieri, in: Simonsfeld, Fondaco 1, Nr. 670, S. 377. Zur Justi- S. 515. Eine Vedute aus dem 18. Jahrhundert zeigt tia als Anklage: Schweikhart, Fondaco 1, S. 45. den farbig freskierten Fondaco. Vgl. die Abbildung 39 Nova, Giorgione e Tiziano, S. 89. 2. Umbruch um 1500, Mythos und similitudo – Ausblick · 429 die den Kaufleuten im Fondaco und darüber hinaus in Venedig und seinem Territo- rium gewährt wurde. Die Darstellung des Levantino von Tizian lässt hingegen klarere Bezüge zu. Sie kann als Sinnbild des Austausches mit dem Orient gedeutet werden40 und scheint, angebracht am Handelshaus der deutschen Kaufleute, die Wirtschaftsachse Levante-Venedig-Norden symbolisch zu vervollständigen. Eindeutig erschließt sich die mehrfache Darstellung des Markuslöwen am Fondaco. Als wichtigstes Element der städ- tischen Machtikonographie verkörperte er den fortwährenden Anspruch Venedigs dar- auf, den Handel der Kaufleute aus dem Reich nördlich der Alpen auf seinem Territorium zu kontrollieren und an ihm zu partizipieren. Gleichzeitig wurde jedoch auch der den Händlern gewährte Schutz versinnbildlicht. Die Neugestaltung des Fondaco diente somit der „Sinn- und Bedeutungsstiftung“ der Serenissima in ihrer Selbstauffassung ebenso wie im Bild, das sie der Außenwelt vermittelte.41 Der Demonstration des Venedig-Bilds nach innen und außen diente ebenfalls die acht Jahre zuvor fertiggestellte Vedute Venetie MD des Venezianers Jacopo de’Barbari (Abb. 10). Sie verband eine weitgehend wirklichkeitsgetreue Darstellung der Stadt mit ihrer mythischen Überhöhung. Auch bei Barbari wurde dem Fondaco (Abb. 3) und mit ihm den oberdeutschen Kaufleuten eine herausgehobene Position zugewiesen, wobei den Nürnbergern nicht nur im Bild selbst, sondern auch bei dessen Herstellung eine beson- dere Bedeutung zukam. Die Vedute sollte explizit dem „Ruhm dieser hocherhabenen Stadt Venedig“ dienen42 und vereinte die zentralen Aspekte des Mythos. Die Kunstfertig- keit der Darstellung verdeutlichte die Idee der prunkvollen Stadt,43 die Ausgewogenheit des Bildes die vorbildliche politische Verfasstheit und das idealtypische Gemeinwesen. Die Hervorhebung ihrer Lage im Wasser als Stadt ohne Mauern symbolisierte die Frei- heit Venedigs,44 die durch die Betonung ihrer Wehrhaftigkeit anhand der prominenten Darstellung des Arsenals noch unterstrichen wurde. Daneben wurden der Markusplatz als politischer und der Rialto mit dem Fondaco als wirtschaftlicher Mittelpunkt auch in das Zentrum des Bildes gerückt. Gemeinsam mit dem Arsenal verkörperten sie die Grundlagen der Exzellenz Venedigs. Die Besonderheit der Vedute lag in ihrem inno- vativen Blickwinkel, der die Stadt aus der Vogelschau erfasste und damit eine bis dahin weitgehend neuartige Perspektive einnahm.45 Ebenso stach sie durch ihre Detailliertheit

40 Schweikhart, Fondaco, S. 44. (Studien zur Kunstgeschichte 106), Hildesheim 41 Zur „Sinn- und Bedeutungsstiftung“ als Teil des u. a. 1997, S. 171. Schulz bezeichnete die Vedute Kulturtransfers: Schmale, Konzept „Kulturtransfer“, als eines der „major works of art“: Juergen Schulz, S. 42 (auch Zitat). Laut Romanelli war das Resultat The printed plans and panoramic views of Venice des Wiederaufbaus ein „sovrapporsi […] di volontà (1486–1797), in: Saggi e Memorie di Storia dell’arte politica e necessità pratiche, di diplomazia e progetti 7 (1970), S. 7–182, S. 17. d‘architettura“: Romanelli, Fondaco, S. 78. 44 Zur Bedeutung der Erschaffung Venedigs aus dem 42 „principalmente ad fama de questa excelsa cita de Wasser im Kontext des Mythos: Crouzet-Pavan, Im- Venetia“ (1500 Okt. 30), ASVe, Collegio, Notatorio, magini di un mito, S. 589. reg. 15, fol. 26r. 45 Zur Entwicklung des Vogelschauplans u.a.: Schulz, 43 Friedl Brunckhorst, Architektur im Bild. Die Dar- View of Venice, S. 426, S. 453 u. S. 462; Schulz, Prin- stellung der Stadt Venedig im 15. Jahrhundert, ted plans and panoramic views, S. 17–18. 430 · IV. Nürnberg und Venedig im Austausch – Resümee und Ausblick und topographische Genauigkeit hervor, die nicht aus der direkten Ansicht übernom- men werden konnte, sondern wohl auf einer in der Forschung immer noch ungeklärten Art der Vermessung beruhte.46 Auch die technische Umsetzung ist nach wie vor nicht eindeutig nachzuvollziehen. Wahrscheinlich wurden die dafür nötigen Kenntnisse und Apparaturen aus dem Norden eingeführt. Gerade Nürnberg hatte sich zu einem Zen- trum der Kartographie entwickelt und war führend bei der Produktion hochwertiger astronomischer Instrumente und der Entwicklung und Perfektionierung von Vermes- sungstechniken. Mit Albrecht Dürer und Michael Wolgemut nahm die Stadt darüber hinaus im Bereich des Holzschnitts und der Druckgraphik eine Vorrangstellung ein.47 Die Übernahme von Techniken und die Nutzung von Hilfsmitteln aus Nürnberg legen daneben insbesondere die an der Herstellung des Plans beteiligten Personen nahe. An- ton Kolb, der im Oktober 1500 an die Signoria ein Gesuch für die zollfreie Ausfuhr der Vedute stellte und der wohl für deren Druck und Vertrieb verantwortlich war, wurde im Kontext des Vogelschauplans als einziger namentlich genannt. Möglicherweise handelte es sich bei ihm um den „leitende[n] Kopf des Projektes“.48 Auch Jacopo de’Barbari, der mit größter Wahrscheinlichkeit für die künstlerische Ausführung verantwortlich war, unterhielt enge Verbindungen zur fränkischen Reichsstadt. Nicht nur lehrte er Dürer die menschlichen Proportionen und wurde in dessen Briefen an Willibald Pirckheimer in enge Verbindung zu Kolb gesetzt. Als der Kaufmann im Oktober 1500 bei der veneziani- schen Regierung vorsprach, befand sich Barbari selbst bereits in Diensten Maximilians I. in Nürnberg.49 Überdies stellt die Vedute einen bildlichen Bezug zur Reichsstadt her. Der Fondaco und der Rialto stehen im Zentrum des Vogelschauplans und bilden durch die topographische Verzerrung der Ansicht eine geographische und ideelle Achse mit dem politischen Zentrum der Stadt, San Marco. Diese setzt sich nach Norden fort und stößt auf den einzigen Durchgang in dem am oberen Bildrand dargestellten Alpenrand, Seravalle, der den Weg auf die sogenannte Via Norimbergi eröffnet.50 Trotz seines Pro- duktionsorts und seines vordergründigen Sujets nimmt Venetie MD eine geographische

46 Den größten Anklang findet die These Terisio Herstellung solcher Schnitte entsprach der künstle- Pignattis, dass dafür ein Kompass benutzt worden rischen Vorreiterstellung der Drucktechnik nördlich sei. Einen Überblick über die unterschiedlichen der Alpen: Schulz, View of Venice, S. 426. Theorien gab Schulz: Juergen Schulz, Rivisitando 48 Martin, Anton Kolb und Jacopo de’Barbari, S. 89. la grande veduta di Venezia di Jacopo de’Barbari, Zum Gesuch: ASVe, Collegio, Notatorio, reg. 15, in: L’attenzione e la critica. Scritti di storia dell’arte fol. 26r. Auch bei Sanudo findet sich ein Verweis auf in memoria di Terisio Pignatti, hg. v. Maria Agne- die Bemühungen Kolbs: Sanuto, Diarii 3, Sp. 1006. se Chiari Moretto Wiel u. Augusto Gentili, Padua 49 Levenson, Jacopo de’Barbari, S. 4. Zur Urheber- 2008, S. 85–95, v.a. S. 87. schaft: Schulz, View of Venice, S. 424. 47 Zur Bedeutung der Nürnberger Produktion für 50 Martin, Anton Kolb und Jacopo de’Barbari, S. 92. den Plan: Piero Falchetta, La misura dipinta. Ri- Zur Via Norimbergi: Braunstein, Wirtschaftliche lettura tecnica e semantica della veduta di Venezia Beziehungen, S. 385. Zur Hervorhebung des Rial- di Jacopo de’Barbari, in: Ateneo Veneto 179 (1991), to und der Achse Markusplatz-Rialto: Brunckhorst, S. 273- 305, S. 276. Vgl. auch: Stromer, Epicentre. Architektur im Bild, S. 135. Das besonders hohe Niveau bei der technischen 2. Umbruch um 1500, Mythos und similitudo – Ausblick · 431

Zwischenstellung zwischen Pegnitz- und Lagunenstadt ein, die sich in den Personen und der technischen Umsetzung, aber auch in der Verknüpfung des Mythos Venedig mit der Verherrlichung des deutschsprachigen und im Besonderen des Nürnberger Elements in der Stadt ausdrückt. Über die Vedute verbreitete sich das idealisierte Bild Venedigs und seiner transalpinen Beziehungen in Europa. Bereits die von Kolb beantragte Zollfreiheit legt nahe, dass sie auch zu diesem Zweck angefertigt worden war. Wahrscheinlich stieß der Vogelschauplan vor allem in Oberdeutschland auf Interesse. Aus der ersten Druck- fassung sind zwölf Exemplare erhalten, eines davon im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg.51 Möglicherweise bezog sich auch Lorenz Beheim auf die Vedute, als er Wil- libald Pirckheimer 1511 bat, ihm eine Ansicht der Stadt zu schicken. Er wolle zumindest „einen kleinen Teil“ Venedigs haben.52 Fanden die Beziehungen zu Nürnberg im Vogelschauplan Barbaris und in der Ausge- staltung des Fondaco ihren Ausdruck innerhalb des urbanen und speziell des oberdeut- schen Kontexts, wurden sie im Dogenpalast als eigenständiges Element in die Repräsen- tationsstrategien der Serenissima eingebunden. Gleich zwei Mal wurden das Nürnberger Gesuch um die Vormundschaftsordnung und ihre Übergabe dargestellt.53 Das Bild von Carlo und Gabriele Caliari (Abb. 11) in der Sala delle Quattro Porte schmückt zwar nur ein Warte- und Durchgangszimmer zu den wichtigen Räumen des Palasts, wurde auf diese Weise aber von zahlreichen Besuchern gesehen und diente gerade dadurch dazu, jedermann auf die Vorbildlichkeit der venezianischen Ordnung hinzuweisen. Die Abbil- dung der Übergabe von Gesetzestexten durch den Dogen an die Nürnberger, die Andrea Vicentino anfertigte (Abb. 12), ist gar Teil des Bildprogramms des wichtigsten Saals, der Sala del Maggior Consiglio. Die „verallgemeinernd[e]“ Darstellung der Übernahme einer Mehrzahl von Gesetzen entsprang einer Stilisierung des Ereignisses, die bereits von den Zeitgenossen, wie Willibald Pirckheimer, genutzt wurde.54 Auch Christoph II. Scheurl nahm die Vorbildlichkeit Venedigs bei der Waisenfürsorge und deren Einfluss auf Nürn- berg in seiner Epistola ad Staupitium de rei publicae Norimbergensis regimine auf.55 Die

51 Terisio Pignatti, Jacopo de’Barbari, Vita e opere, in: di un mito, S. 585. Vor allem die Dekoration der Sala La pianta prospettica di Venezia del 1500, hg. v. Giu- del Maggior Consiglio habe der Verherrlichung des seppe Mazzariole u. Terisio Pignatti, Venedig 1962, Ruhms der Stadt gedient: ebd., S. 586. S. 7–12, S. 11–12. Brunckhorst vermutete, dass ober- 54 Für Pirckheimer war sie einer der Gründe für die deutsche Kaufleute so Bedeutung und Umfang ihrer Ähnlichkeit und Freundschaft der beiden Städte: Geschäfte repräsentieren wollten: Brunckhorst, Ar- „ob similem rei pu‹blicae› administrationem […] chitektur im Bild, S. 139. quam vobis olim accepisse adeo non pudet“; W. 52 „ut et ego habeam partem ex Venetis misellam.“ L. Be- Pirckheimer aus Nürnberg an B. Egnatius (1521), in: heim aus Bamberg an W. Pirckheimer (1511 Okt. 16), Pirckheimer Briefwechsel 4, Nr. 748, S. 461–468, in: Pirckheimer Briefwechsel 2, Nr. 198, S. 113–119, S. 463. Zur „verallgemeinernd[en]“ Darstellung der S. 116. Zur Zuordnung: ebd., S. 119, Anm. 41. „„ bei Vincentino: Wolters, Bilderschmuck 53 Wolters, Bilderschmuck des Dogenpalastes, S. 228– des Dogenpalastes, S. 229. 229. Grundlegend zur Bedeutung des Bilder- 55 In deutscher Übersetzung: Christoph Scheurl, schmucks des Dogenpalasts für die Selbstdarstellung Christoph Scheurl’s Epistel über die Verfassung der Venedigs: ebd. Vgl. auch: Crouzet-Pavan, Immagini Reichsstadt Nürnberg 1516, in: Die Chroniken der 432 · IV. Nürnberg und Venedig im Austausch – Resümee und Ausblick

Nürnberger adaptierten so die Idee von Venedig als Beispiel politischer Weisheit und trugen zu deren Verbreitung bei. Für die Venezianer war im Gegenzug der Umstand, dass sich eine der bedeutendsten Städte im Reich nördlich der Alpen die Ordnung der Serenissima zum Vorbild machte, gewichtig genug, um ihn in den Mythos der eigenen Verfassung aufzunehmen. Dass es sich bei den überlieferten Darstellungen um Abbil- dungen handelt, die erst Ende des 16. Jahrhunderts, also im Zuge des Wiederaufbaus des Palasts nach dem Brand von 1577, entstanden und möglicherweise vorherige Bilder ersetzten, zeigt die anhaltende Wirksamkeit dieser Vorstellung. Auch in die textliche Konstruktion des Mythos von der hervorragenden politischen Verfassung Venedigs ging Nürnberg in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts ein.56 Sie griff die Idee der guten politischen Ordnung der Reichsstadt auf, die nicht zuletzt auf der Übernahme der venezianischen Gesetze beruhte. Bereits in dem von der Academia Venetiana 1558 herausgegebenen Traktat I Dieci Circoli dell’Imperio wurde die Epistel Scheurls in Übersetzung in einem separaten Kapitel als Descrittione della Repvblica di Norimbergo beigefügt.57 Dass der Text des Nürnberger Ratskonsulenten in Venedig rezi- piert wurde, zeigt die Überlieferung eines lateinischen Exemplars in der Biblioteca Marci- ana.58 Neun Jahre später griff Francesco Sansovino in der Neuausgabe seiner Del Governo et amministratione di diversi regni et republiche cosi antique è moderne Libri XXI die Übersetzung auf. Grund für die gute Verfasstheit Nürnbergs sei, wie in der Serenissima auch, die Weisheit ihrer Träger.59 Die Anordnung der Beschreibung beider Ordnungen in unmittelbarer Abfolge verstärkt die hier evozierten Gemeinsamkeiten. Nürnberg bil- det, direkt nach der Darstellung Venedigs, das zwanzigste Kapitel, auf das nur noch der „Governo della Repubblica d’Utopia“ folgt. Gemeinsam mit der Utopia stellte die fränki- sche Reichsstadt die „ideale[…] Analogie“ zur Serenissima Repubblica dar.60 Nürnbergs Positionierung zwischen diesen beiden Idealstaaten erhöhte auch die Stadt an der Pegnitz

fränkischen Städte. Nürnberg 5, hg. v. der Histori- war „[i]n der Beschreibung der kollektiven politi- schen Commission bei der königlichen Academie schen Gremien Nürnbergs und seines Patriziats die der Wissenschaften, (Die Chroniken der deutschen similitudo mit Venedigs Verfassungsmechanismen Städte vom 14. bis in’s 16. Jahrhundert 11), Leipzig impliziert“: ebd., S. 240. 1874, S. 779–804, S. 799. 58 BNM, Cod. Class. XXII Nr. 328, 2r–10v. Fuchs, Art. 56 Laut Crouzet-Pavan war der Mythos Venedig zu Scheurl, Christoph (II.), S. 860. großen Teilen ein Mythos der Texte: Crouzet-Pavan, 59 „e reggimento depende dall’eterno fonte di sapienza; Immagini di un mito, S. 582. et che questo è quello, da cui procede ogni bene, et 57 I Dieci Circoli dell’Imperio, Venedig: Academia ogni dono in perfettione.“ Francesco Sansovino, Del Venetiana 1558; Exemplar: BSB, 4 J.publ.g.260, Governo de Regni et Republiche Antiche et moderne fol. 26r–35r. Zum Verweis auf die Übernahme Libri XXI, Venedig: Marchio Sessa 1567, fol. 176v. der Vormundschaftsordnung von Venedig: ebd., 60 Marx, Stadt als Buch, S. 260. Zur Anordnung des fol. 32v. Barbara Marx, Die Stadt als Buch. Anmer- „Governo della Repubblica Vinitiana“, des „Governo kungen zur Academia Venetiana und zu Francesco della Repubblica di Norimberga“ und des „Governo Sansovino, in: Venedig und Oberdeutschland in della Repubblica d’Utopia“: Sansovino, Del Governo der Renaissance. Beziehungen zwischen Kunst und de Regni et Republiche, fol. 149r–176r, 176v–181v u. Wirtschaft, hg. v. Bernd Roeck u.a., (Studi 9), Sigma- 182r–194v. ringen 1993, S. 233–260, S. 236 u. S. 260. Laut Marx 2. Umbruch um 1500, Mythos und similitudo – Ausblick · 433 und ließ sie die anderen beschriebenen Monarchien und Republiken, wie beispielsweise die athenischen und römischen Republiken oder den „Regno della Germania“, über- ragen. Das Werk stieß auch nördlich der Alpen auf Interesse. Durch die Übersetzung und den Nürnberger Druck 1578 gelangte überdies die Epistel Scheurls zurück in den Norden.61 Bereits zu Beginn des 16. Jahrhunderts hatte die venezianische Würdigung Nürn- bergs Eingang in das deutsche Städtelob gefunden. In seinem Libellus De Laudibus Ger- manie & ducu[m] Saxonie von 1508 griff Christoph II. Scheurl für die Beschreibung der Reichsstadt ein venezianisches Sprichwort auf, dass alle Städte nördlich der Alpen blind seien, Nürnberg als einzige jedoch zumindest auf einem Auge sehe. Ulrich von Hutten setzte es zehn Jahre später in den Kontext der Nürnberger Verdienste um die lateinischen und griechischen Studien im Norden.62 Zwar war die Redensart in erster Linie Ausdruck venezianischer Größe, sie festigte jedoch auch in der humanistischen Auffassung eine ideelle Verbindung, die sich auf beiden Seiten der Alpen zu einer zuneh- menden Stilisierung Nürnbergs als deutschem Venedig entwickelte. Der Umstand, dass diese in ganz unterschiedlichen Kontexten argumentativ eingesetzt wurde, zeigt ihre to- pische Verwendung. Wolfgang von Wolfsthal bemerkte in einem Brief an Anton Tucher, die Nürnberger wollten im Verhältnis zu den Reichsständen in ihrer patrizischen Ver- fasstheit wie die Venezianer werden. Das Fragment einer Nürnberger Chronik von 1552 definierte in einem einleitenden Kapitel „Der Stadt Beschreibung zu Nürnberg, Teutsch Venedig“ den Ruhm der Reichsstadt gänzlich über seinen Ruf als deutsches Venedig.63 Der venezianische Gesandte Alvise Mocenigo erwähnte in dem Abschlussbericht über seinen Aufenthalt am Hof Karls V. 1548 die ähnliche Verfassung beider Städte und mel- dete, dass Nürnberg den Ruf „genieße, sich besser zu regieren als jede andere Stadt in Deutschland, weshalb sie auch von vielen Venedig Deutschlands genannt“ werde.64 Auch die similitudo zwischen Venedig und Nürnberg wurde zu einem humanistischen Topos. Willibald Pirckheimer betonte im Konzept eines Briefs an Baptista Egnatius, dass die Städte sich „nicht nur wegen ihres Handels“ glichen. Vor allem seien sie, wie auch Egna- tius selbst geschrieben habe, durch die ähnlichen politischen Ordnungen und das sich

61 Marx, Stadt als Buch, S. 260. 63 StAN, HS (Rep. 52a), Nr. 89, fol. 1r. 62 „apud Venetos adagio locum […]: omnes alias in 64 „Questa città ha nome di gouernarsi meglio, che Germania civitates caecutire, unam adhuc Norin- alcun altra di Germania, onde da molti è chiamata bergam altero videre oculo.“ Ulrich v. Hutten, Epis- Venetia di Alemagna.“ Alvise Mocenigo, Relatione tolae vitae suae rationem exponens an W. Pirckhei- di me Aluise Mocenigo K. ritornato oratore de la mer (1518 Okt. 25), in: Pirckheimer Briefwechsel 3, Cesa. Mta. di Carlo V, in: Relationen venetianischer Nr. 561, S. 400–426, S. 406. „Hinc Veneti prouer- Botschafter über Deutschland und Österreich im bialiter asserunt Germanie ciuitates cecas esse: Nu- 16. Jahrhundert, hg. v. Joseph Fiedler, (Fontes Re- renbergam vero monoculam.“ Christoph Scheurl, rum Austriacarum. Zweite Abteilung: Diplomataria Libellus De Laudibus Germanie & ducu(m) Saxo- et Acta 30), Wien 1870, S. 11–179, S. 70. Wolfsthal: nie, Leipzig: o. D 1508 (VD 16 S 2795); Exemplar: W. v. Wolfsthal aus Farnbach an A. Tucher (1519 BSB, Rar. 1648, fol. 40r. Aug. 28), StadtAN, E 29/IV-1606. 434 · IV. Nürnberg und Venedig im Austausch – Resümee und Ausblick daraus ergebende gemeinsame Schicksal verknüpft. Seine Verbundenheit gegenüber dem venezianischen Gelehrten gründe in der „gewissermaßen schicksalhaften und angebore- nen innerlichen Anziehung zwischen Venezianern und Nürnbergern“.65 Der Wandel von den anfangs hauptsächlich ökonomischen Beziehungen hin zu einem immer intensiveren kulturellen Austausch setzte sich fort und erreichte unter dem Einfluss der politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen des ausgehenden 15. und frühen 16. Jahrhunderts zunehmend auch eine ideelle Ebene. Er mündete in eine Verklärung der Verbindung und ihre topische Stilisierung, die sich im Laufe des Cinquecento noch verstärkten. Beide Seiten nutzten sie zur Überhöhung der eigenen Stadt ebenso wie zur Vergewisserung der gegenseitigen Verbundenheit, die gerade für die Serenissima an Wichtigkeit gewann. Nürnberg erhielt auf diese Weise endgültig eine herausragende Stellung in den Beziehun- gen Venedigs mit dem Norden.

65 „Nec inficias eo fatalem quandam et inatam animi nistrationem“; W. Pirckheimer aus Nürnberg an B. propensionem esse inter Venetos et Nurenbergen- Egnatius (1521), in: Pirckheimer Briefwechsel 4, ses non solum ob mercaturae comertium sed, ut Nr. 748, S. 461–468, S. 463. tu quoque scribis, ob similem rei pu‹blicae› admi- V. Anhang

1. Quellen- und Literaturverzeichnis

1.1 Quellen Germanisches Nationalmuseum (GNM), Bibliothek Handschriften 1.1.1 Ungedruckte Quellen und – Nr. 369 benutzte Inkunabeln Germanisches Nationalmuseum (GNM), Erlangen Historisches Archiv Universitätsbibliothek (UBE) Behaim-Archiv – 2 Inc.: 141, 165, 173, 176, 181, 185, 187, 196, 198, 206, – Nr. 5 208 – Nr. 8 – 4 Inc.: 102/2 – Nr. 29a – Inc.: 34, 47, 1218 – Nr. 32 – Nr. 64 Innsbruck Imhoff-Archiv, Teil. 1 Tiroler Landesarchiv (TLA) – Fasc. 5, Nr. 15, 18–19 – Hss: 2632, 2633, 2636 u. 4027 – Fasc. 7, Nr. 6, 7 – Fasc. 8, Nr. 17, 22, 25, 29, 31l München – Fasc. 9, Nr. 7 Bayerische Staatsbibliothek (BSB) – Fasc. 13, Nr. 6 – 2 Inc.c.a.: 95, 133, 211, 292, 623, 856, 1025, 1128a, – Fasc. 15, Nr. 1, 1.6, 6 1165, 1233, 1346, 2093, 2725, 2362, 3202, 3293, 3328, – Fasc. 16, Nr. 1, 3 3521 – Fasc. 19, Nr. 1, 10, 20, 21 – 4 Inc.c.a.: 308, 380, 754, 824 – Fasc. 20, Nr. 2a – Cgm 409, 9520 – Fasc. 21, Nr. 7a-e, 8 – Clm 428#Beibd. 1 – Fasc. 22, Nr. 7, 10a – Cod. ital. 362 – Fasc. 28, Nr. 1, 4, 11b, 14, 17 – ESIg/4 A.gr.b. 141 – Fasc. 36, Nr. 2 – Einbl. I, 21 – Fasc. 44, Nr. 1 – Rar: 303, 320, 343 – Fasc. 45, Nr. 3.7 – Res/ 2A.lat.a293#Beibd. 1 – Fasc. 46, Nr. 1, 2 – Res. 4/Turc.: 81,8 u. 81,15 Löffelholz-Archiv – Rep. II /78a, D 52 Bayerisches Hauptstaatsarchiv (HstA) Kress-Archiv – Reichskammergericht: RKGA, Nr. 5841, 12598 – Sch. XXV, Fasc. C, Nr. 2, 4 – Sch. XXVIII, Fasc. A, Nr. 6, 9–12, 15–18, 22–25, Nürnberg 30, 36 Archiv Scheurl, Fischbach bei Nürnberg – Sch. XXVIII, Fasc. C, Nr. 8 Codex AB – Sch. XXVIII, Fasc. E, Nr. 1 – Sch. XXIX, Fasc. C, Nr. 4a 436 · V. Anhang

Staatsarchiv (StAN) – Nr. 31–8° Amts- und Standbücher (Rep. 54): Nr. 269 – Nr. 65–4° Briefbücher der Älteren Herren (Rep. 61a): Nr. 1, 3–5, – Nr. 173–2° 8, 10, 34b, 56, 60–61, 63–64, 71, 82, 93–95, 97, 100 – Nr. 526–2° Handschriften (Rep. 52a): Nr. 89, 305 – Nr. 1236–8° Ratsverlässe (Rep. 60a): Nr. 8, 55, 463, 620, 665, 684 Inkunabeln Siebenfarbiges Alphabet – Philos. 31.2° – Urkunden (Rep. 2b): Nr. 2235, 2456, 3311, 3342, – Med.: 211.2°, 220.2°, 229.2° 3523, 3735 – Inc. 364.2° – Akten (Rep. 2c): Nr. 135 – Jur. 292.2° Stadtrechnungsbelege (Rep. 54a II): Nr. 30, 1515 – 2 Inc. 48.2° Pirckheimer-Papiere Stadtarchiv (StadtAN) – Nr. 85a Sammlungen und Selekte – zwischen Nr. 267 u. Nr. 268 – A 1 (Urkundenreihe): 1406 Jun. 19; 1419 Feb. 19; – Nr. 364, Umschlag 17 1419 Apr. 19; 1426 Feb. 22; 1437 Apr. 30; 1475 – Nr. 461, Anl. 1–4 Sept. 01; 1499 Apr. 20; 1511 Aug. 28; 1529 Okt. 08; 1529 Nov. 06; 1534 Sept. 11 Rom Amtliche Provenienzen der reichsstädtischen Zeit Biblioteca Apostolica Vaticana – B 5/IV (Vormundamt / Akten): Nr. 26 – Ross. 546 – B 14/I (Libri Litterarum): Nr. 8, 14, 28 – B 14/II (Libri Conservatorii): Nr. D, J, L, N, S, T, U, Stuttgart 12, 15, 17–18, 20, 26–28, 32, 33 Württembergische Landesbibliothek – B 14/III (Gerichtshändel): Nr. 16 – Inc.qt.14183 Dokumentationsgut privater Provenienz – E 1/419 (Genealogische Papiere und kleinere Venedig ­Erwerbungen – Familie Gruber): Nr. 1 Biblioteca Nazionale Marciana (BNM) – E 1/617 (Genealogische Papiere und kleinere – Cod. Class. XXII Nr. 328 ­Erwerbungen – Familie Hirschvogel): Nr. 1 – Cod. Ven. Marc. 264 – E 1/1086 (Genealogische Papiere und kleinere ­Erwerbungen – Familie Mendel): Nr. 1 Biblioteca Museo Correr (BMC) – E 11/II (Familienarchiv von Behaim / Akten – Manoscritti privati diversi: C. 911/I, C. 912/I, C 912/2 u. ­Bände): Nr. 564, 585. – Mariegole: Nr. 5, 113 – E 13/I (Familienarchiv von Grundherr / Urkunden): Nr. 69 Staatsarchiv (ASVe) – E 13/III (Familienarchiv von Grundherr / Akten Cancelleria Inferiore, Notai: b. u. Bände): Nr. B 178 – 22 – E 29/III (Familienarchiv von Tucher / Gesamt­ – 28 (Pietro Batallis) geschlecht u. Jüngere Linie / Bände): Nr. 258 – 74–76 (Francesco degli Elmi) – E 29/IV (Familienarchiv von Tucher / Ältere Linie / – 104 (Luciano Tomaso fu Agostino / De Medaschis) Briefarchiv): Nr. 29, 32, 215, 241, 249, 268, 281, – 175 (Giovanni Rizzo) 319–321, 390, 557, 585, 685, 688, 699, 705, 710–711, – 193 (Francesco Soris) 737–739, 742, 867–869, 981, 1138–1140, 1388–1389, – 212 (Tomaso de Tomasi) 1391, 1397, 1438–1445, 1454, 1510, 1606, 1632, 1667, – 226–228 (Angeletto de Venetiis) 1677, 1682, 1711 Cinque Savi alla Mercanzia: b. 73 – E 49/III (Familienarchiv Holzschuher / Bände): Nr. 1 Collegio, Notatorio: reg. 15 Commemorali: reg. 19 Stadtbibliothek (StBN) Grimani-Barbarigo: b. 41 Bestand Amberger Miscellanea Gregolin: b. 14, 15 – Nr. 22–8° Notarile Testamenti: b. – Nr. 28–8° – 66 (Priamo Businelli) 1. Quellen- und Literaturverzeichnis · 437

– 128 (Francesco Bianco) Appianus, Historia Romana, Venedig: Erhard – 218 (Marco Cavanis) Ratdolt u. Peter Löslein 1477 (GW 2290; ISTC – 360 (Nadal Colonna) ia00928000). – 480–481 (Bartolomeo Grasolario) Aristophanes, Comoediae novem, Venedig: Aldus – 486 (Francesco Gibillino) ­Manutius 1498 (GW 2333, ISTC ia00958000; – 560 (Francesco Gritti) Renouard 16.3). – 852 (Francesco Rizolo) Aristoteles, De animalibus, Venedig: Johann v. – 974 (Antonio da Treviso) Köln u. Johann Manthen 1476 (GW 2350; ISTC – 995 (Marco Taiapetra) ia00973000). – 1156 (Benedetto Croce) Aristoteles, Opera, Venedig: Filippo di Pietro 1482 – 1195 (Vettore de Rosati) (GW 2336; ISTC ia00961000). – 1211 (Giovanni Bernardus) Aristoteles, Opera. Mit Kommentar v. Averroes, Vene- – 1214–1216 (Antonius Marsilius) dig: Andreas Torresanus u. Bartholomäus de Blavis – 1229 (Christoforo Rizzo) (zum Teil für Johannes v. Köln) 1483 (GW 2337; – 1233 (Francesco Soris) ISTC ia00962000). – 1238 (Tomeo de Tomei) Aristoteles, Opera, Venedig: Aldus Manutius Procuratori di San Marco, Misti: b. 182 1495–1498 (GW 2334; ISTC ia00959000; Renouard Provveditori Comun, Registri: b. V 7.5, 10.1, 11.2, 11.3, 16.1). Scuola Grande di San Marco, Atti: b. 3, 4 Aristoteles, Opera, Venedig: Johannes u. Gregorius de Scuola Grande di Santa Maria della Misericordia, Atti: Gregoriis 1496 (GW 2341; ISTC ia00966000). b. 4, 7 Aristoteles, Organon, Venedig: Filippo di Pietro 1481 Senato, Deliberazioni, Misti, Registri: b. 48 (GW 2391; ISTC ia01013000). Senato, Deliberazioni, Secreti, Registri: b. 7 Asconius Pedianus, Quintus, Commentarii in Cicero- nis Orationes, Venedig: Johann v. Köln u. Johann Wolfenbüttel Manthen 1477 (GW 2739; ISTC ia01154000. Herzog August Bibliothek Aurelius Victor, Sextus, De viris illustribus, Venedig: – Aug. 18.4.4° Andreas de Paltasichis 1477 (GW M50404; ISTC ia01386000). Ausonius, Decimus Magnus, Opera, Venedig: Drucker 1.1.2 Inkunabeln und Frühdrucke des Ausonius 1472 (GW 3090; ISTC ia01401000). Avenzoar, Teisir sive rectificatio medicationis et regi- Aesopus, Vita e fabellae, Venedig: Aldus Manutius minis, Venedig: Johannes u. Gregorius de Gregoriis 1505 (Renouard 49.6). 1490/91 (GW 3103; ISTC ia01408000). Agenda brevis et perutilis, Venedig: Johann Ha- Averroes, Colliget, Venedig: Laurentius de Rubeius mann für Johann Volkrath 1495 (GW 453; ISTC 1482 (GW 3107; ISTC ia01411000). ia00158000). Bartolus de Saxoferrato, Super Digesto novo 1 u. 2, Agenda dioecesis Aquileiensis, Venedig: Johann Venedig: Nicolaus Jenson 1478 (GW 3550; ISTC Hamann für Johann Volkarth 1495 (GW 459; ISTC ib00217000; sowie GW 3569; ISTC ib00221200). ia00159500). Bartolus de Saxoferrato, Super Digesto novo 2, Albertus Magnus, De animalibus, Venedig: Johan- Venedig: Johann v. Köln u. Johann Manthen 1478 nes u. Gregorius Gregoriis 1495 (GW 589; ISTC (GW 3568; ISTC ib00221000). ia00225000). Bartolus de Saxoferrato, Super Digesto veteri 1, Andreae, Johannes, Novella super quinque libris De- Venedig: Johann v. Köln u. Johann Manthen 1479 cretalium, Venedig: Johannes u. Gregorius Gregoriis (GW 3584; ISTC ib00225000). 1489 (GW 1729; ISTC ia00630000). Bartolus de Saxoferrato, Super Codice, Venedig: Johann Angelus de Clavasio, Summa angelica de casibus v. Köln u. Johann Manthen 1480 (GW 3493; ISTC conscientiae, Venedig: Nikolaus v. Frankfurt 1487 ib00193000). (GW 1925; ISTC ia 00715000). Bartolus de Saxoferrato, Super Infortiato 2, Vene- Appianus, Historia Romana, Venedig: Wendelin v. dig: Andreas Torresanus 1492 (GW 3640; ISTC Speyer 1472 (GW 2293; ISTC ia00931000). ib00241400). 438 · V. Anhang

Baisio, Guido de, Rosarium super Decreto, Venedig: Ficinus, Marsilius, Epistulae. Mit Privileg, Venedig: Johann Herbort für Johann v. Köln, Nicolaus Jenson Matteo Capcasa für Hieronymus Blondus 1495 u. Genossen 1481 (GW 3747; ISTC ib00288000). (GW 9873; ISTC if00154000). Benedictus, Alexander, Diaria de bello Carolino, Firmicus Maternus, Iulius, Mathesis. Angeb. Marcus Venedig: Aldus Manutius: o. Dat. (GW 863; ISTC Manilius, Astronomia.-Aratus, Venedig: Aldus Ma- ib00320400; Renouard 260.9). nutius 1499 (GW 9981; ISTC if00191000; Renouard Borghi, Pietro, Aritmetica mercantile, Venedig: Nico- 20.3). laus de Ferrariis 1491 (GW 4938; ISTC ib01036000). Galenus, Therapeutica, Venedig: Zacharias Callier- Breviarium Romanum, Venedig: Franz Renner 1479 ges für Nicolaus Blastus 1500 (GW 10482; ISTC (GW 5149; ISTC ib01118700). ig00038000). Brunus, Leonardus, Epistulae familiares, Venedig: Gazius, Antonius, Corona florida medicinae, sive Drucker des L. Brunus 1472 (GW 5606; ISTC De conservatione sanitatis, Venedig: Johannes u. ib01242000). Gregorius de Gregoriis 1491 (GW 10563; ISTC Camerarius, Joachim, Libellus Nouus. Epistolas et alia ig00111000). quaedam monvmenta doctorvm superioris & huius Gellius, Aulus, Noctes Atticae, Venedig: Philippus aetatis complectens, Leipzig: Hans Rambau 1568 Pincius 1500 (GW 10602; ISTC ig00127000). (VD 16 C 411). Die geschicht der belegerung und eroberung der armen Catullus, Gaius Valerius, Valerii catvlli veronensis liber ellenden Stat Modon, Nürnberg: Hieronymus Hölzel I. Alb. Tibvlli equitis Romani libri IIII. Sex…, Basel: 1500 (GW M24916; ISTC im00738200). Heinrich Petri 1530 (VD 16 C 1740). Gratianus, Decretum, Venedig: Nicolaus Jenson 1477 Cicero, Marcus Tullius, De natura deorum, Ve- (GW 11357; ISTC ig00366000). nedig: Simon Bevilaqua 1496 (GW 6905; ISTC Gregor von Nazianz, Carmina, Venedig: Aldus Manu- ic00572000). tius 1504 (Renouard 46.4). Celsus, Venedig: Aldus Mantius Nachfolger 1524 Gregor von Nazianz, Gregorii Nazanzeni Theologi (Renouard 99.4) Orationes lectissimae XVI. bearb. M. Musuros, Ve- Corsetti, Antonio, Repertorium in opera Nicolai de Tu- nedig: Aldus Manutius Nachfolger 1516 (Renouard deschis, Venedig: Baptista de Tortis 1499 (GW 7784; 75.1). ISTC ic00933000). Gregor von Nazianz, D. Gregorii Nazanzeni theologi De arte militari, Bologna: Franciscus de Benedictis orationes sex, Nürnberg: Friedrich Peypus 1521 (VD 1495–1496 (GW 10410; ISTC is00345000). 16 G 3038). Demosthenes, Orationes duae et sexagina..., Venedig: Aldus Manutius 1504 (Renouard, 47.7). Gregor von Nazianz, Beati Gregorij Nazanzeni theo- I Dieci Circoli dell’Imperio, Venedig: Academia Vene- logi oratio(n)es duae Iulianum Caesarem infamia tiana 1558. notantes. Bilibaldo Pirckheymhero Caesareo consi- Dionysius Periegetes, De situ orbis, Venedig: Bern- liario interprete, Nürnberg: Friedrich Peypus 1528 hard Maler, Erhard Ratdolt u. Peter Löslein 1477 (VD 16 G 3081). (GW 8426; ISTC id00253000). Gregor von Nazianz, Beati Gregorii Nazanzeni de Etymologicum Magnum Graecum, hg. v. M. Musuros, officio Episcopi Oratio. Bilibaldo Pirckeymhero Venedig: Zacharias Callierges 1499 (GW 9426; ISTC Consiliario Caesareo Interprete, Nürnberg: Fried- ie00112000). rich Peypus 1529 (VD 16 G 3073). Euclides, Elementa, Venedig: Erhard Ratdolt 1482 Gregor von Nazianz, D. Gregorii Nazianzeni Orationes (GW 9428; ISTC ie00113000). XXX, Bilibaldo Pirckheimero interprete, Basel: Euclides, Megarensis philosophi Platonici Mathemati- Hieronymus Froben 1531 (VD 16 G 3082). carum disciplinarum Janitoris, Venedig: Giovanni Gregorius, Decretales, Venedig: Nicolaus Jenson 1479 Tacuinus 1505. (GW 11459; ISTC ig00452000). Eusebius, Chronicon, Venedig: Erhard Ratdolt 1483 Gregorius, Decretales, Venedig: Johann Herbort für (GW 9433; ISTC ie00117000). Johann v. Köln, Nicolaus Jenson u. Genossen 1481 Eusebius, De Evangelica Praeparatione, Venedig: (GW 11460; ISTC ig00453000). ­Leonhard Aurl 1473 (GW 9442; ISTC ie00120000). Guarinus Veronensis, Regulae grammaticales, Euripides, Tragoaediae septendecim, Venedig: Aldus ­Venedig: Guilelmus Anima Mia 1490 (GW 11660; Manutius 1503 (Renouard, 43.10). ISTC ig00537280). 1. Quellen- und Literaturverzeichnis · 439

Haly Abbas, Regalis dispositio, Venedig: Bernardinus Ketham, Johannes, Fasciculus medicinae, Vene- Rizus für Johannes D. de Nigro 1492 (GW 12116, dig: Johannes u. Gregorius de Gregoriis 1500. ISTC ih00003000). (GW M14183 u. ISTC ik00015000 od. GW M14181 Herodotus, Historiae, Venedig: Jacobus Rubeus 1474 u. ISTC ik00016000). (GW 12321; ISTC ih00088000). Lascaris, Konstantin, Erotemata, Venedig: Aldus Hessus, Helius Eobanus, Helii Eobani Hessi, poetae Manutius 1494/95 (GW M17107; ISTC il00068000; excellentiss. Et Amicorum ipsius, Epistolarum libri Renouard 1.1). XII, Marburg: Christian Egenolff 1543 (VD 16 E Lucanus, Pharsalia, Venedig: Juvenis Guerinus 1477 1493). (GW M18856; ISTC il00296000). Hesychius, Dictionarium, Venedig: Aldus Manutius Lucianus, Opera, Venedig: Aldus 1503 (Renouard 1514 (Renouard 66.3). 39.3). Hieronymus, Sophronius Eusebius, Epistulae, Vene- Lucianus, Dialogi et alia emuncta, hg. v. Desiderius dig: Antonio Miscomini 1476 (GW 12426; ISTC Erasmus: Paris: Ascenius 1514. ih00166000). Lucianus, Lucianus de ratione conscribendae historiae Homerus, Opera, Florenz: Drucker des Vergilius für ex graeco in latinum traductus, Nürnberg: Friedrich Bernardus u. Nerius Nerlius u. Demetrius Damilas Peypus 1515 (VD 16 L 3033). 1488 (GW 12895; ISTC ih00300000). Lucianus, Opuscula, Venedig: Aldus Manutius 1516 Horatius Flaccus Quintus, Carmina, Venedig: Johan- (Renouard 76.2). nes u. Gregorius de Gregoriis u. Jacobus Britannicus Lucianus, Lvciani piscator, sev reuiuiscentes. Bilibaldo 1483 (GW 13459; ISTC ih00448000). Pirckheymero […] interprete. Eiusdem Epistola Horae, Venedig: Nicolaus Jenson ca. 1475 (GW 13356; Apologetica..., Nürnberg: Friedrich Peypus 1517 ISTC ih00357260). (VD 16 L 3025). Horae, Venedig: Johann Hamann für Johann Volkarth Lucianus, Lvciani rhetor a Bilibaldo Pirckaimero in 1495 (GW 13380; ISTC ih00419500). latinvm versus, Hagenau: Thomas Anselm 1520 Horologium, Venedig: Zacharias Callierges 1509. (VD 16 L 3035). Introductio brevissima in litteras Graecas, Venedig: Lucianus, Lvciani fvgitivi. A Bilibaldo Pirckhaimero Aldus Manutius o Dat. in latinvm versus, Hagenau: Thomas Anselm 1520 Iustinus, Marcus Iunianus, Epitome in Trogi Pom- (VD 16 L 2986). peii Historias, Venedig: Filippo di Pietro 1479 Lucianus, Navis sev vota Lvciani, Nürnberg: Friedrich (GW M15634; ISTC ij00618000). Peypus 1522 (VD 16 L 3008). Iuvenalis, Decimus Iunius, Satirae, Venedig: Baptista Tortis 1483 (GW M15813; ISTC ij00649000). Lucretius Carus, Titus, T. Lvcretii cari poetae, nec Iuvenalis, Decimus Iunius, Satirae, Venedig: minvs philosophi vetvstissimi, de rervm natvra libri Bonetus Locatellus für Octavianus Scotus 1492 sex, Basel: Heinrich Petri 1531 (VD 16 L 3123). (GW M15775; ISTC ij00658000). Martialis, Marcus Valerius, Epigrammata, Vene- Jacobus de Forlivo, Expositiones et quaestiones in dig: Thomas de Blavis 1482 (GW M21272; ISTC Aphorismos Hippocratis, Venedig: Bartolomeo da im00305000). Cremona 1473 (GW M10637; ISTC ij00043300). Mesue, Johannes, Opera, Venedig: Rainald v. Nim­ Johannes Ferrariensis, De coelesti vita, Venedig: wegen 1479 (GW M23013; ISTC im00513000). Matteo Capcasa für Hieronymus Blondus 1494 Musaeus, De Herone et Leandro, Venedig: Aldus Ma- (GW M13549; ISTC ij00313000). nutius ca. 1495 (GW M25737; ISTC im00880000; Johannes Balbus, Catholicon, Venedig: Johann Ha- Renouard 257.3). mann für Peter Liechtenstein 1497/98? (GW 3203; Newe tzeittung von Padua vnnd von vil anderen Stet- ISTC ib00034000). ten in welschen landen gelegen kurtzlich ergangen, Jörg von Nürnberg, Geschicht von der Turckey, Nürnberg: o D. 1509 (VD 16 N 950) Nürnberg: Peter Wagner 1500 (GW M12698; ISTC Nicolaus de Ausmo, Supplementum Summae Pisanel- ij00224000). lae, Venedig: Franz Renner u. Nikolaus v. Frankfurt Kalendarium, Venedig: Konrad Zeninger 1486 1474 (GW M26252; ISTC in00060000). (GW M15982; ISTC ik00000540). Orosius, Paulus, Historiae adversus paganos, Venedig: Kalendarium, Venedig: Konrad Zeninger 1486 Christophorus de Pensis für Octavianus Scotus 1499 (GW M15983; ISTC ik00000543). (GW M28410; ISTC io00100000). 440 · V. Anhang

Petrarca, Francesco, Trionfi, Venedig: Bartholomaeus Ptolemaeus, Claudius, Quadripartitum, Venedig: de Zanis (GW M31739; ISTC ip00392000). Benetus Locatellus für Octavianus Scotus 1493 Philostratus, De Vita Tyanei, Venedig: Bernardinus (GW M36394; ISTC ip01089000). Venetus 1502. Regiomontanus, Johannes, Epitoma in Almagestum Piccolomini, Enea Silvio, Historia rerum ubique gesta- Ptolemaei, Venedig: Johannes Hammann für Caspar rum, Venedig: Johann v. Köln u. Johann Manthen Grosch und Stephan Römer 1496 (GW M37523; 1477 (GW M33756; ISTC ip00730000). ISTC ir00111000). Plato, Dialogi Platonis, Nürnberg: Friedrich Peypus Regiomontanus, Johannes, Kalendarium, Venedig: Er- 1523 (VD 16 P 3322). hard Ratdolt 1476 (GW M37456; ISTC ir00093000). Plinius Secundus, Gaius, Historia naturalis, Vene- Salis, Baptista de, Summa casuum conscientiae, ­Venedig: Georgius Arrivabene 1495 (GW 3325; dig: Nicolaus Jenson 1472 (GW M34326; ISTC ISTC is00049000). ip00788000). Sallustius Crispus, Gaius, Opera, Venedig: Filippo di Plinius Secundus, Gaius, Historia naturalis, Venedig: Pietro 1478 (GW M39604; ISTC is00063000). Rainald v. Nimwegen 1483 (GW M34329; ISTC Sallustius Crispus, Gaius Opera, hg. Iulius Pom- ip00794000). ponius Laetus. Kom. Laurentius Valla, Venedig: Plinius Secundus, Gaius, Historia naturalis, Venedig: Bernardinus Benalius ca. 1493 (GW M39586; ISTC Bernardinus Benalius 1497 (GW M34321; ISTC is00079000). ip00799000). Sallustius Crispus, Gaius, Opera, Venedig: Johannes Plutarch, Plvtarchi Chaeronei stoici ac viri clarissimi. Tacuinus 1500 (GW M39618; ISTC is0008500). De his qui tarde a numine corripiuntur libellus, Sancto Georgio, Johannes Antonius de, Lectura super Nürnberg: Friedrich Peypus 1513 (VD 16 P 3634). quarto libro Decretalium, Venedig: Bernardinus Plutarch, Opuscula, Venedig: Aldus Manutius 1509 Stagninus 1493 (GW M39967; ISTC is00138000). (Renouard 55.1). Sansovino, Francesco, Del Governo de Regni et Plutarch, De vitanda vsvra ex greco in latinvm tradv- Republiche Antiche et moderne Libri XXI, Venedig: ctvs, Nürnberg: Friedrich Peypus 1515 (VD 16 P Marchio Sessa 1567. 3784). [Scheurl, Christoph], Die grosse erlegung des Tür- Plutarch, De compescenda Ira. De Garrulitate. De kischen heers Vom Sophi in Persien beschehen. Curiositate. De iis qui sero a numine corripiuntur. Von Constantinopel glaublich zugeschriben Auss De vitanda Vsura, Bilibaldo Pirckeymero interprete, Jtalienischer Sprach neuw verteuschet …, Nürnberg: Nürnberg: Friedrich Peypus 1523 (VD 16 P 3602). Hans Guldenmund 1535 (VD 16 G 2786). Plutarchi, Plutarchi von Cheronea gůter Sitten einvnd [Scheurl, Christoph] Die groß erlegung des Türkischen zwentzig Buecher. Durch D. Michael Herr der heers vom Sophi in Persien beschehen, Nürnberg: Artzney vnnd Freyer Künsten lyebhaber newlich Johann Petreius 1535 (VD 16 G 2787). verteütscht, Straßburg: Johann Schott 1535 (VD 16 [Scheurl, Christoph], Keyserliche Majestat erobe- rung des Königreychs Thunisi wie die vergangener P 3686). tag von Rom, Neapls vnd Venedig gen Augspurg Poetae christiani veteres Bd. 1 u. 3, Venedig: Aldus gelangt hat vnd von Genua den xij. Augusti hieher Manutius 1501 u. 1503 (Renouard 24.1). geschriben ist, Nürnberg: Johann Petreius 1535 (VD Polo, Marco, Il Milione [dt.], Nürnberg: Friedrich 16 S 2792). Creussner 1477 (GW M34804; ISTC ip00901000). Scheurl, Christoph, Libellus De Laudibus Germanie Pontanus, Ioannis, Opera, Venedig: Bernardus Vercel- & ducu(m) Saxonie, Leipzig: o. D 1508 (VD 16 S lensis 1501 (EDIT 16 CNCE 38468). 2795). Pseudo-Isokrates, Ein nutzbar vnderweysung des Schneider, Hans, Ain gedicht von ungehorsame der hochberumbten redners Jsocrates zů einem jungenn Venediger, Nürnberg: o D. 1509. Demonicus genant, durch herr Wilwolt Birckhaimer Schreiber, Heinrich, Ayn new kunstlich Buech..., auß kriechischer sprach in das teutsch getzogen, ­Nürnberg: Johannes Stücks für Lucas Alantsee Augsburg: Sigmund Grimm u. Marx Wirsung 1519 [1518?] (VD 16 S 4144). (VD 16 I 501). Serapion, Johannes, Liber Serapionis aggregatus in Ptolemaeus, Claudius, Quadripartitum, Venedig: Er- medicinis­ simplicibus, Venedig: Rainald de Nim­ hard Ratdolt 1484 (GW M36411; ISTC ip01088000). wegen 1479 (GW M41691; ISTC is00468000). 1. Quellen- und Literaturverzeichnis · 441

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2. Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Albrecht Dürer, Nürnbergerin und Vene- Abb. 8: Teller mit Wappen Lochinger / Imhoff (1523 zianerin (um 1495). Frankfurt, Städel-Museum, oder später). Nürnberg, Germanisches Nationalmu- Graphische Sammlung (2015 © Städel Museum – U. seum. Zitiert nach: Silvia Glaser (Hg.), Italienische Edelmann/ARTOTHEK). Fayencen der Renaissance. Ihre Spuren in interna- Abb. 2: Fondaco dei Tedeschi (moderne Ansicht). tionalen Museumssammlungen, Nürnberg 2004, (2015 © Bettina Pfotenhauer). S. 241. Abb. 3: Jacopo de’Barbari, Venetie MD (1500). Detail: Abb. 9: Albrecht Dürer, Miniatur des Aristoteles, Ope- Fondaco. Venedig, Museo Correr (2015 © Archivio ra, Venedig: Aldus Manutius 1495-98, Hannover, Fotografico - Fondazione Musei Civici di Venezia). Gottfried Leibniz Bibliothek, Ink. 153, Bd. 1. Zitiert Abb. 4: Albrecht Dürer, Rosenkranzfest (1506). Prag, nach: Jochen Sander (Hg.), Dürer. Kunst – Künst- Nárdoni Galerie. Zitiert nach: Franco Cardini (Hg.), ler – Kontext, München u. a. 2013, S. 175. Venezia e la Germania, Mailand 1986, S. 95. Abb. 10: Jacopo de’Barbari, Venetie MD (1500). Vene- Abb. 5: Gentile Bellini, Prozession auf der Piazza San dig, Museo Correr (2015 © Archivio Fotografico – Marco (1496). Venedig, Gallerie dell’Accademia Fondazione Musei Civici di Venezia). (2015 © Mauro Magliani – Alinari/Artothek). Abb. 11: Carlo und Gabriele Caliari, Nürnberger Ab- Abb. 6: Gentile Bellini, Prozession auf der Piazza San gesandte beim Dogen (nach 1570). Venedig, Palazzo Marco (1496). Detail: Deutsche Kaufleute, Venedig, Ducale, Sala delle Quattro Porte (2015 © Archivio Gallerie dell’Accademia (2015 © Mauro Magliani – Fotografico – Fondazione Musei Civici di Venezia). ­Alinari/ARTOTHEK). Abb. 12: Andrea Vicentino: Die Nürnberger Abgesand- Abb. 7: Sebastiano del Piombo, San Sinibaldo (ca. ten empfangen vom Dogen Gesetze (nach 1570). 1507–1509). Venedig, Gallerie dell’Accademia. Venedig, Palazzo Ducale, Sala del Maggior Consiglio Zitiert nach: Bernd Wolfgang Lindemann (Hg.), (2015 © Archivio Fotogra­fico – Fondazione Musei Raffaels ­Grazie, Michelangelos Furor, Mailand 2008, Civici di Venezia). S. 117. 466 · V. Anhang

3. Abkürzungsverzeichnis Jun. Juni KA Kress-Archiv im GNM Abb. Abbildung Kap. Kapitel Anl. Anlage Kat. Katalog Anm. Anmerkung KHI Kunsthistorisches Institut Florenz Apr. April LNR Libro Nuovo Real (Rechnungsbuch ASVe Archivio di Stato Venezia Soranzo: ASVe, Misc. Greg., 14) Aug. August LVR Libro Vecchio Real (Rechnungsbuch b. Busta Soranzo: ASVe, Misc. Greg., 14) BA Behaim-Archiv im GNM k. O. kein Ort BayHStA Bayerisches Hauptstaatsarchiv München Mär. März BAV Biblioteca Apostolica Vaticana Misc. Miscellanea Bd. / Bde. Band / Bände Mss. PD Manoscritti Privati Diversi (Bestand in BMC Biblioteca Museo Correr der BMC) m.v. more veneto (Jahresbeginn = 1. März) BSB Bayerische Staatsbibliothek MVGN Mitteilungen des Vereins für Geschichte BSB-Ink Inkunabelkatalog der Bayerischen der Stadt Nürnberg ­Staatsbibliothek Ms. Manuskript / manoscritto BW Briefwechsel NA Neuausgabe bzw. beziehungsweise ND Nachdruck CIN Cancelleria Inferiore Notai (Bestand im NF Neue Folge ASVe) Nov. November Cod. Codex NR Neue Reihe Ders. Derselbe (bzw. Dies. = Dieselbe; NT Notarile Testamenti (Bestand im ASVe) Dems. = Demselben; Dens. = Denselben) o. D. ohne Drucker: keine Angabe des Druckers Dez. Dezember o. Dat. ohne Datum Ebd. Ebenda o. Fol. ohne Folierung f. für o. Hg. ohne Herausgeber angegeben Fasc. Faszikel Okt. Oktober Feb. Februar PBW Pirckheimer-Briefwechsel fol. folio PP Pirckheimer-Papiere FS Festschrift Proc. Procuratori (Procuratori di San Marco, GG Geschichte und Gesellschaft Bestand im ASVe) GNM Germanisches Nationalmuseum prot. protocollo ­Nürnberg, Historisches Archiv reg. registro Greg. Misc. Gregolin (Bestand im ASVe) RKGA Reichskammergerichtsakten Grim. Barb. Grimani Barbarigo (Bestand im ASVe) (Bestand im BayHStA) GW Gesamtkatalog der Wiegendrucke RTA Deutsche Reichstagsakten. Ältere Reihe HAAB Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek S. Seite ­Weimar Sch. Schachtel hg. herausgegeben Sep. September Hg. / Hgg. Herausgeber SG Scuola Grande (Bestand im ASVe) Hs. Handschrift Sp. Spalte HRG Handwörterbuch zur deutschen StAN Staatsarchiv Nürnberg ­Rechtsgeschichte StadtAN Stadtarchiv Nürnberg HZ Historische Zeitschrift StBN Stadtbibliothek Nürnberg IA Imhoff-Archiv im GNM T. Tafel ISTC Incunabula Short Title Catalogue – TLA Tiroler Landesarchiv Innsbruck British­ Library U Umschlag (Teil. einer Signatur) Jan. Januar u. und Jul. Juli u. a. und andere bzw. unter anderem 4. Überblick: Nürnberger in Venedig · 467

UBE Universitätsbibliothek Erlangen vgl. vergleiche UBW Universitätsbibliothek Würzburg vorauss. voraussichtlich unpubl. unpubliziert VSWG Vierteljahrschrift für Sozial- und Urk. Urkunden ­Wirtschaftsgeschichte v. a. vor allem WLS Württembergische Landesbibliothek Vat. Vaticana Stuttgart VD 16 Verzeichnis der im deutschen z. B. zum Beispiel ­Sprachbereich erschienenen Drucke des ZBLG Zeitschrift für Bayerische 16. Jahrhunderts ­Landesgeschichte venez. venezianisch zit. zitiert

4. Überblick: Nürnberger in Venedig

Quellen: Chroniken = Die Chroniken der fränkischen Städte. Nürnberg. Müllner, Annalen = Müllner, Annalen 2. Stromer, Püchel = Stromer, Püchel von meim geslechet. Totengeläutbücher = Burger, Totengeläutbücher

Sekundärliteratur: Aign = Aign, Ketzel. Barthels = Barthels, Drogenhandel. Bauer = Bauer, Universität Padua. Biedermann = Biedermann, Geschlechtsregister. Böninger = Böninger, Einwanderung. Braunstein, Affaires = Braunstein, Relations d’affaires. Dormeier = Dormeier, Venedig als Zentrum des Rochuskultes. Fleischmann = Fleischmann, Rat und Patriziat 2.1. Fuchs = Fuchs, Scheurl. Goldschmidt = Goldschmidt, Hieronymus Münzer. Haller = Haller, Vermögen. Hase = Hase, Koberger. Hollberg = Hollberg, Deutsche in Venedig. Jahnel = Jahnel, Imhoff. Kirchhoff = Kirchhoff, Gedächtnis. Klier = Klier, Pettau. Märtl = Märtl, Johann Lochner. Orlando = Orlando, Migrazioni. Reske = Reske, Erhard Ratdolt. Röhricht = Röhricht, Pilgerreisen. Roth = Roth, Geschichte des Nürnberger Handels. Schaper = Schaper, Hirschvogel. Sieveking = Sieveking, Venetianische Handlungsbücher. Simonsfeld = Simonsfeld, Fondaco. Treue = Treue, Hausbuch. Wirtz = Wirtz, Köln und Venedig. Wirtz, Mercator = Wirtz, „Mercator in Fontico nostro“.

Name Lebensdaten Beruf Aufenthalt in Venedig Quellen Sekundärliteratur (mit Seitenangaben) Aisauter, Christopher Kaufmann 1416 ASVe, CIN, 193. Aismut, Christofallo Kaufmann mgl. 1406, 1409 –1417 ASVe, Misc. Greg., 14. Sieveking II, 221. Angeli (Engel?) Kaufmann 1487 Simonsfeld I, 567. Simonsfeld II, 79. Ampfanelt, Ulrich Kaufmann 1412 ASVe, CIN, 227, 228. Auer, Jakob Kaufmann 1418, 1420 –1429, Simonsfeld I, 366. StAN, Müllner, Annalen, 229, mgl. 1433– 44 Rep. 54a, 179. ASVe, Anm. 730. Schaper, 60. Grim.-Barb., 41 Simonsfeld II, 76, 77. Roth I, 112. Babenberger, wohl Kauf- 1426 Simonsfeld I, 348. Simonsfeld II, 77. Konrad mann Behaim, Friedrich VII. 1491–1533 wohl Kauf- unbekannt Barthels, 25 –26. mann Behaim, Hans Baumeister 1527 StAN, Rep. 61a, 96. Schaper, Behaim, 155. Behaim d. J. Behaim, Konrad wohl Kauf- 1377–1379 Simonsfeld II, 75. mann Fleischmann, 319. Behaim, Lorenz †1398 wohl Kauf- StdAN E 11/II-533. mann Behaim, Martin I. 1437–1474 wohl Kauf- unbekannt Schaper, 99. mann Behaim, Michael II. 1373 –1446 Kaufmann unbekannt Fleischmann, 321. 468 · V. Anhang

Name Lebensdaten Beruf Aufenthalt in Venedig Quellen Sekundärliteratur (mit Seitenangaben) Behaim, Michael III. 1398 –1449 Kaufmann 1426 GNM, BA, 5. Fleischmann, 322. Schaper, 49. Behaim, Michael IV. 1473 –1522 Kaufmann 1491–94/95 GNM, BA, 13. (wohl 1495) Behaim, Michael VII. 1459 –1511 Kaufmann Vor 1486 Fleischmann, 323. Behaim, Paulus 1527 StAN, Rep. 61a, 96. Schaper, Behaim, 155. Burgener, Peter Kürschner 1461 ASVe, NT, 360. StAN, Rep. 2b, 2456. Burkhardt, Ulrich Kaufmann 1422, 1423, 1424 GNM, KA, XXVIII, A, 27–30. Casb/lin Zan Kaufmann mgl. 1414 u. 1425 ASVe, Misc. Greg. 14. Sieveking II, 219. Wilhelm v. Castell Kaufmann 1418 Simonsfeld II, 76. Roth I, 112. Chanslich, Hans Kaufmann mgl. 1425 ASVe Misc. Greg., 14 “Chorno Samban de Kaufmann mgl. 1420, 1421 ASVe, Misc. Greg., 14. Sieveking II, 221. Vellan“, Konrad Conolf, Sebald Kaufmann 1505 StBN, PP 364, U 17. Schaper, 130. Cuno, Johannes 1463 –1513 Mönch 1505 PBW 1, 86 u. 139. Sicherl, Cuno.

Daga, Johannes wohl Kauf- 1421, 1422, 1423 Simonsfeld I, 329. ASVe, Simonsfeld II, 76. Mueller, mann CIN, 228. 561. Schaper, Rummel, 20. Detil, Rainald Kaufmann mgl. 1422–29; ASVe, CIN, 74; Misc. Sieveking II, 220. sicher 1428 Greg., 14. Derrer, Balthasar I. 1509 –1586 Kaufmann 1530 – 32 Fleischmann, 346 – 47.

Dürer, Albrecht 1471–1528 Maler ev. 1494/5 PBW 1 , 91, 98, 101, 104, 1506 108, 111, 118, 122, 124, 129. PBW 2, 63. Dürr, Niclas Kaufmann vor März 1526 StadtAN, B 14/II-22. (wohl i. Venedig) Eberhardt, Heinrich wohl Kauf- 1456, 1460 Simonsfeld I, 490. GNM, Simonsfeld II, 78. mann BA, 8. StdAN, E 11/II-565. Ebner, Hieronymus 1501 PBW 1, 44 Ebner, Ulrich Kaufmann 1418, 1420 Simonsfeld II, 76. Roth I, 112. Eisenhuter, † 1416 Kaufmann 1416 Simonsfeld II, 76. Schaper, ­Christoph 10. Eisvogel, Lucas wohl Kauf- Handel m. Venedig StadtAN, B 14/I-9. mann Eisvogel, Konrad wohl Kauf- 1432 Simonsfeld I, 388 – 89. Simonsfeld II, 77. mann Chroniken 1, 373. Ellwanger, Sebold wohl Kauf- 1402 RTA 5, 427, Nr. 50. Simonsfeld II, 75. mann Erber, Ullrich Kaufmann 1418 StAN, Rep. 54, 179. Müllner Annalen, 229, Anm. 730. Fenz, Sigsimondo Kaufmann mgl. 1418 ASVe, Misc. Greg., 14. Sieveking II, 219. Festemberger, wohl Kauf- 1417 ASVe, CIN, 104. Hermann mann Fischer, Moritz Kaufmann 1528 –1529 Simonsfeld II, 194. Roth II, 251. Foith, Hieronymus Kaufmann 1508 Simonsfeld I, 653. Simonsfeld II, 192. Fosse, Berthold ev. Notar 1397, 1398 Simonsfeld I, 270, 279. Simonsfeld II, 75. Franchus (Frank od. Schuhmacher 1483 Simonsfeld II, 66, S. 326. Simonsfeld II, 275. Frey), Johannes ASVe, CIN, 228. Friedrich („Fedrigo“) Kaufmann 1508 Simonsfeld I, 653. Simonsfeld II, 192. Fröschel, Georg wohl Kauf- 1507 Simonsfeld I, 643. Simonsfeld II, 195. mann 4. Überblick: Nürnberger in Venedig · 469

Name Lebensdaten Beruf Aufenthalt in Venedig Quellen Sekundärliteratur (mit Seitenangaben) Füchsel, Albrecht Kaufmann 1392, 1403 GNM, KA, XXVIII, A, 12 u. Braunstein, Affaires, 246. 6. ASVe, CIN 226. Füchsel, Heinrich Kaufmann 1391, 1427, 1428 GNM, KA, XXVIII, A 6 Braunstein, Affaires, 246. u. 9. Simonsfeld II, 77.

Fürer, Christoph I. 1479 –1537 Kaufmann 1498 GNM, IA Teil. 1, Fasc. 19, Fleischmann, 384. Nr. 20. Fütterer, Gabriel Pilger 1436 StBN, Amb. 28 – 8°. Fütterer, Hans † 1533 1533 Fleischmann 405 u. 406. Futach, Johann Kaufmann 1526, 1530, Tucher, Haushaltsbuch, Simonsfeld II, 194. (ev. Füterer) 1531 177. Gartenor, Johannes wohl Kauf- 1421 ASVe, CIN, 288. mann Georg, Sohn d. Magister 1416 ASVe, CIN, 227. Johannes aus Nürnberg Georg, Sohn d. Magister 1420 ASVe, CIN, 193. Johannes aus Nürnberg (wohl derselbe wie anderer Magister Georg) Georg v. Nürnberg Schulmeister 1424 G. v. Nürnberg, Sprach- (möglicherweise lehrbuch. identisch mit Magis- ter Georg) Geuder, Hans 1517 PBW 3, 487. Gewein, Endres Kaufmann 1420 Simonsfeld II, 76. Roth I, 112. Git(?), Michael wohl Kauf- 1470 GNM, IA Teil. 1, Fasc. mann 19, 20. „Giovanni“ 1475, 1476 Orlando, 268 –270 u. 352. Glaser, Friedrich wohl Kauf- 1414 ASVe, CIN 227. mann Gnam, Michel wohl Kauf- 1465 GNM, IA Teil. 1, Fasc. mann 19, 20. Gottfried wohl Kauf- 1418 ASVe, CIN, 227. mann „Grandiloch“, Kaufmann mgl. 1417–1418 ASVe, Misc. Greg., 14. Sieveking II, 219. Gottfried Granetl, Jacob Kaufmann 1402, 1403, 1406, ASVe Proc. San Marco Simonsfeld II, 75. Sieveking 1408, 1415, 1416, 1418 Misti, 182; Misc. Greg., 14. II, 219. Granetl, Niclas Kaufmann 1405, 1408, 1410, Simonsfeld I, 348 u. 821. Sieveking II, 219. Simons- 1412–1416, 1418, ASVe, Proc. S. Marco Misti, feld II, 52 u. 77. 1426, mgl. 1427 182; Misc. Greg., 14. Granetl, Ulrich Kaufmann 1391– 92 GNM, KA, XXVIII, A, 6 Braunstein, Affaires, 247. u. 9. Groland, Lorenz Kaufmann unbekannt GNM, KA, XXVIII, A, 12 Braunstein, Affaires, 247. u. 30. Groland, Ulrich II. † 1407 Kaufmann vor Juni 1406 StadtAN A1- 1406 Juni 19. (wohl II.) Groß, Johannes wohl Kauf- 1476 Simonsfeld I, 549 u. 547. Simonsfeld II, 79. mann 1478 Groß, Philipp † 1409 Kaufmann 1383 Simonsfeld I, 247. ASVe, Simonsfeld II, 75. Fleisch- Sen., Misti, 38. GNM, KA, mann, 462. Braunstein, XXVIII, A, 12 u. 30. Affaires, 247. Gruber, Hans Kaufmann mgl. 1434 –35, 1437, Simonsfeld I, 439. ASVe, Simonsfeld II, 78. 1442, vor 1449 Grim.-Barb., 41 Gruber, Hans Kaufmann 1467 Simonsfeld I, 504, 512 u. Simonsfeld II, 78. Stromer, (ev. derselbe wie 1469 516. StAN, Rep. 2b, 3311. Gruber-Podmer-Stromer, Johannes) 150, Nr. 119. 470 · V. Anhang

Name Lebensdaten Beruf Aufenthalt in Venedig Quellen Sekundärliteratur (mit Seitenangaben) Gruber, Jakob Kaufmann mgl. 1435 ASVe, Grim.-Barb. 41. Gruber, Johann(es) wohl Kauf- 1468, 1469 Simonsfeld I, 512. StAN Stromer, Gruber-Podmer- mann Rep. 2b, 3311u. 3342. Stromer, 151, Nr. 121, 123 u. 124. Gruber, Konrad vor 1449 Simonsfeld II, 78. Gruber, Konrad † 1480 Kaufmann 1470er (wohl i. Venedig) ASVe, SG San Marco, Atti, 3 u. 4. Gruber, Ludwig wohl Kauf- 1426, vor 1449 Simonsfeld I, 348. Simonsfeld II, 77–78. mann Gruber, Ludwig wohl Kauf- 1444, 1449, 1452 StAN, Rep. 2b, 2235 u. Stromer, Gruber-Podmer- (wohl ders.) mann 24 47. Stromer, 119 –122, Nr. 52; S. 128, Nr. 70. Gruber, Peter mgl. 1435 ASVe, Grim.-Barb., 41. Gruber, Wolf † 1528 Bote StadtAN, B 14/II-27. Gründlach, Sebald Pilger 1436 StBN, Amb. 28 – 8°. Gundelfinger, Rudolf Kaufmann 1387, wahrs. 1390, Simonsfeld I, 256, 293, Braunstein, Affaires, 245. 1402, 1403, 1406, 304 –305, 361–362. Simonsfeld II, 75 –77. Roth 1410, 1418, 1429 StAN, Rep. 61a, 3. ASVe, I, 112. Senato, Misti 40, CIN 226. Hainzerlein, Heinrich Kaufmann 1420 Simonsfeld II, 76. Roth I, 112. Halbach (Halbwach- Kaufmann 1420 Simonsfeld II, 76. Roth sen?), Sebald I, 112. Halbwachs, Nicolaus wohl Kauf- 1421 Simonsfeld I, 328. Simonsfeld II, 76. mann Haller, Albert wohl Kauf- 1492 Simonsfeld I, 590. Simonsfeld II, 79. mann Chroniken 4, 344. Haller, Andreas wohl Kauf- 1401, 1402 RTA 4, 427, Nr. 357 u. RTA Simonsfeld II, 75. mann 5, 37, 58 u. 60. Haller, Hierony- †1519 Kaufmann 1488, 1493 Archiv Scheurl, Cod. AB. Fleischmann, 514 – 515. mus II. Haller, Hieronymus Kaufmann 1493 GMN, IA Teil. 1, Fasc. (wohl ebenfalls II.) 19, 20. Haller, Konrad wohl Kauf- 1402 RTA 5, 427, 50. Simonsfeld II, 75. mann Haller, Lorenz wohl Kauf- 1492 Simonsfeld I, 590. Chroni- Simonsfeld II, 79. mann ken 4, 344. Haller, Peter † 1405 wohl Kauf- 1405 Simonsfeld II, 231, 55. Simonsfeld II, 76. mann Chroniken 1, 89. Haller, Ruprecht † 1560 wohl Kauf- 1533 mann Haller, Sebald Gesandter 1536 StAN Rep. 54a II, 30. Haller, Ulrich 1493 GNM, IA, Teil. 1, Fasc. 7,7. Hamerpach, Peter Notar / 1455 StAN, Rep. 2b, 2456. Gesandter Hans Kaufmann 1405 ASVe, Proc. San Marco, Misti, 182. Hans Kaufmann mgl. 1411, 1412, 1413 ASVe, Misc. Greg., 14. Harsdörffer, Peter Pilger 1436 StBN, Amb. 28 – 8°. Haser, Kaspar Kaplan 1469 Schedel BW, 82. Bauer, 478 – 479. Hassler, Jorg 1524, 1525 StadtAN, B 14/II-20. (Nbger.?) Heinrich 1/15. Jh. ASVe, CIN, 212. Heinrich „filio Mulii 1414 ASVe, NT, 1233. de Nurimbergo“ Herl, Ulrich Diener 1442 Simonsfeld I, 443. Simonsfeld II, 78. Hermann, Heinrich ab 1444 Banca dati „Cives“. 4. Überblick: Nürnberger in Venedig · 471

Name Lebensdaten Beruf Aufenthalt in Venedig Quellen Sekundärliteratur (mit Seitenangaben) Hermann Bäcker 1471 ASVe, Arti, 446. BMC, Mariegola 5. Hermann (wohl Bäcker 1472 Hollberg, Nr. 153. derselbe wie anderer Bäcker Hermann) Heßlein, Hans Kaufmann 1496, 1497, 1499 GNM, IA Teil. 1, Fasc. Schaper, 187. (ev. 1498) 19, 20. Heugel, Albrecht † wohl 1499 Kaufmann 1478 GNM, IA Teil. 1, Fasc. 19, Schaper, 27, 134 u. 153 20. StadtAN, A 1–1499 Apr. 20; B 14/I-14, B 14/ II-N. Hiltprand, Fritz Kaufmann 1442 Simonsfeld I, 439. Simonsfeld II, 78. Hirschvogel, 1452 –1516 Kaufmann 1473,1476 u. 1477, PBW 1, 122. GNM, IA Schaper, 125 u. 134. ­Bernhardin 1477–1478, 1505, 1506 Teil. 1, Fasc. 19, 20; BA, 29a. StAN, Rep. 61a, 56. StBN, PP 364, U 17; Amb. 22– 8°. BMC, Mariegola 113. Hirschvogel, 1494- 1506 1506 PBW 1, Nr. 122. StadtAN, Schaper, 137. ­Bernhardin (II.) E 1/617–1. Hirschvogel, † 1486 Kaufmann 1443 Simonsfeld I, 421, Schaper, 58. Simonsfeld ­Bartholomäus 428 –33. GNM, BA, Nr. 5. II, 78. Hirschvogel, 1405 –1493 Kaufmann 1441, 1442 GNM, BA, Nr. 5. Schaper, 58. Deokarus Hirschvogel, Franz 1450 –1505 Kaufmann 1471, 1476, 1478, Simonsfeld II, 589, 615. Schaper, 115, 125 –127, 1480 – 81, 1488 – 89, Totengeläutbücher 1, 181, 185 u. 187. Simons- 1490–1505 1505. GNM, IA Teil. 1, feld II, 97 u. 207. Böninger, Fasc. 19, 20. StAN, 264. Hollberg, 294, Rep. 61a, 59 u. 61. Stadt- Nr. 180. Wirtz, Mercator. AN E 1/617–1; B 14/I-28; B 14/II-S. StBN, PP 364, U 17, zw. 267 u. 268. BayHStA, RKGA, 12598, 6. ASVe, SG San Marco, Atti, 4; NT, 1211. Hirschvogel, † 1440 Kaufmann 1420, 1423 StAN, Rep. 61a, 5. ASVe, Simonsfeld II, 76. Roth I, Heinrich CIN, 228. 112. Schaper, 47. Hirschvogel, ca. 1400 – Kaufmann 1427, 1442, 1443 GNM, BA, 5. StadtAN, E Schaper, 49, 55 u. 59. ­Lienhard I. 1490 ev. 1444 1/617–1. Stromer, Gruber-Podmer- Stromer, 116, Nr. 41. Simonsfeld II, 78. Hirschvogel, 1440 –1525 Kaufmann 1465, 1466, 1467, Simonsfeld I, 450, 598, Schaper 65, 67– 68, 111 u. ­Lienhard II. 1468, 1469, 1471, 653 u. 568. StadtAN, B 183– 84. Märtl, Nr. 15. 1472, 1473, 1481(?), 11– 825. GNM, IA Teil. 1, 1487, 1486, ev. 1493(?), Fasc. 19, 20; BA, 13. ev. 1505 Hirschvogel, 1464 –1504 Kaufmann 1490 Schaper, 127 u. 186. Sebald II. Hirschvogel, Ulrich † 1436 Kaufmann 1410, ev. 1415 –1418, Simonsfeld I, 298 u. 348. Simonsfeld II, 76, 77. 1418, 1426, ev. 1434 ASVe, Misc. Greg., 14; Schaper, 45. Grim.-Barb., 41.

Hofmann, Cyriacus Kaufmann Ev. 1448 Simonsfeld I, 457. Simonsfeld II, 78. Holzbock Bernhard 1506 PBW 1, 101 u. 124. Simonsfeld II, 195. Horn, Franz Kaufmann vor Nov. 1492 StadtAN, B 14/I-12. Hot, „Zedue“ Kaufmann 1405 ASVe, Proc. San Marco, Misti, 182. Huber, Lienhart wohl Kauf- 1490er StadAN, B 14/II-L. mann Imhoff, Beatrix Nonne wohl 1510er, 1520er Biedermann, 213. Imhoff, Bernhardin wohl Kauf- 1537 GNM, BA, 29a. mann 472 · V. Anhang

Name Lebensdaten Beruf Aufenthalt in Venedig Quellen Sekundärliteratur (mit Seitenangaben) Imhoff, Elisabeth Nonne wohl 1510er, 1520er Biedermann, 213. Imhoff, Endres I. 1491–1579 Kaufmann, 1504 –1508, 1506, GNM, IA Teil. 1, Fasc. 13, Fleischmann, 610. Ratsherr 1507, 1508, 1512, 1530 6; Fasc. 19, 20; Fasc. 44, 1; Fasc. 45, 3.7. Imhoff, Endres II. 1529 –1597 Kaufmann 1542–1547 GNM, IA Teil. 1, Fasc. 44, 1. StadtAN, E 29/IV-281. Imhoff, Erhard Kaufmann 1406 Simonsfeld I, 292 Simonsfeld II, 75. Imhoff, Franz 1475 –1537 Kaufmann 1498, 1499, wohl 1500, Simonsfeld II, 203. PBW 1, Simonsfeld II, 79. Dor- 1501, 1502, wohl 1500 101. GNM, IA Teil. 1, Fasc. meier, 115. Fleischmann, u. 1505/06 16, 1; Fasc. 22, 7 u. 10a; 607–609. Fasc. 44, 1. Imhoff, Hans II. † 1389 Kaufmann unbekannt Simonsfeld I, 292. Fleischmann, 602. Jahnel, StAN, Rep. 61a, 1. 29. Imhoff, Hans IV. 1419 –1499 Kaufmann 1461, 1490, 1491 GNM, IA Teil. 1, Fasc. 8, 31l-n; Fasc. 20, 2; Fasc. 44, 1. Imhoff, Hans V. 1461–1522 Kaufmann 1486 GNM, IA Teil. 1, Fasc. 19,1; Jahnel, 59. Fasc. 44, 1. Imhoff, Hans VI. 1488 –1526 Kaufmann 1501–1507, 1518, 1523 PBW 3, 564 u. 569. PBW 5, 784. GNM, IA, Teil. 1, Fasc. 44, 1. Imhoff, Heinrich † 1450 Kaufmann 1402, 1404, 1406, Simonsfeld I, 288 u. 293. Simonsfeld II, 75 u. 76. 1411, 1414, 1415, 1416, GNM, IA, Teil. 1, Fasc. 1417, 1419, 1420 44,1. ASVe, CIN, 193. BMC, Mariegola 118 Imhoff, Hieronymus 1467–1539 Kaufmann 1489, 1493, 1494, GNM, IA Teil. 1, Fasc. 7, 7; Simonsfeld, II, 79. Fleisch- 1508, 1509 Fasc. 20, 2a-c; Fasc. 44, 1. mann, 607. Imhoff, Hieronymus 1529 StadtAN, E 29/IV-1442. (ders.?) Imhoff, Hierony- 1512–1577 wohl Kauf- 1536, 1537, 1544, 1545 GNM, BA, 29a-b. StdAN, E mus I. mann 29/IV, 1454, 390 u. 281. Imhoff, Johannes / Kaufmann 1406 Simonsfeld I, 292. Simonsfeld II, 76. Hans Imhoff, Konrad I. † 1396 Kaufmann 1396 Simonsfeld II, 232 u. 62. Fleischmann, 602–3. Imhoff, Konrad Kaufmann 1426 Simonsfeld I, 348. Simonsfeld II, 77. (ders.?) Imhoff, Konrad IV. 1463 –1519 Kaufmann 1476, 1484 –1486, GNM, IA Teil. 1, Fasc. 7, Fleischmann, 608. 1488, 1509 7; Fasc. 19, 20; Fasc. 28, 1u. 11b. Imhoff, Konrad Kaufmann 1494, 1498, 1501, GNM, IA Teil. 1, Fasc. (ders.?) 1505, 1507 19, 10. Imhoff, Ludwig † 1464 Kaufmann 1462/63 GNM, IA Teil. 1, Fasc. 8, 20 –22 u. 25. Imhoff, Ludwig † 1533 wohl Kauf- 1492, 1501, 1503, GNM, IA, Teil. 1, Fasc. 7, Simonsfeld II, 79. Dormei- mann 1504, 1507 7; Fasc. 16, 3; Fasc. 44, 1; er, 115. KA, XXIX, C, 4a Imhoff, Michael 1506 –1571 wohl Kauf- 1521 GNM, IA Teil. 1, Fasc. mann 44, 1. Imhoff, Paul Kaufmann 1406 Simonsfeld I, 292. Simonsfeld II, 76. Imhoff, Paul 1426 –1478 Kaufmann 1467, 1469, 1475, 1478 Simonsfeld I, 504, 512 u. Simonsfeld II, 78. Schaper, 516. StAN, Rep. 2b, 3342. 177. Fleischmann, 605 u. GNM, IA Teil. 1, Fasc. 19, 1017. Jahnel, 79. 20. Totengeläutbücher 2: Lorenz, Nr. 1762. Imhoff, Pankratz † 1456 Kaufmann 1406 Simonsfeld I, 292. Simonsfeld II, 76. Imhoff, Peter (wohl Kaufmann 1465, 1466, 1467, Reisebuch Rieter. GNM, IA Schaper, 174 –176. Simons- nicht Peter I.) 1468, 1469, 1470, Teil. 1, Fasc. 19, 20. feld II, 79. Fleischmann, 1471, 1472, 1473, 1479 606 u. 608. Dormeier, 106. 4. Überblick: Nürnberger in Venedig · 473

Name Lebensdaten Beruf Aufenthalt in Venedig Quellen Sekundärliteratur (mit Seitenangaben) Imhoff, Peter I. 1454 –1528 Kaufmann 1490, 1492, 1494, 1499 Simonsfeld II, 203. GNM, Simonsfeld II, 79. IA Teil. 1, Fasc. 7, 7; Fasc. 19, 1, Fasc. 44, 1. Stadt- AN, B 14/I-8. Imhoff, Sebald † 1450 Kaufmann 1406, 1409 Simonsfeld I, 292. GNM, Simonsfeld II, 76. Jahnel, IA Teil. 1, Fasc. 44, 1. 32. StAN, Rep. 61a, 1. Imhoff, Sebastian I. † 1534 (?) Kaufmann 1493, 1494, 1506 Simonsfeld II, 203. PBW 1, Simonsfeld II, 79. Fleisch- 91 u. 101. GNM, IA Teil. 1, mann, 606. Fasc. 7, 7; Fasc. 44, 1. Imhoff, Simon wohl Kauf- 1499, 1501, 1528, 1529 GNM, IA Teil. 1, Fasc. mann 16, 3. StadtAN, E 29/IV, 868 u. 1437. Imhoff, Ulrich † 1413 wohl Kauf- vor Februar 1405, 1407 Simonsfeld I, 291. Simonsfeld II, 76. mann Imhoff, Ulrich ca. 1476 – Kaufmann 1493 Schaper, 240. 1507 Imhoff, Veit 1473 –1506 Kaufmann 1492, ev. 1495, Simonsfeld II, 20 u. 598. Simonsfeld II, 79 (bei S.: vor 1496 GNM, IA Teil. 1, Fasc. 21, „Guido“). 7a-c; Fasc. 44, 1. Imhoff, Wolf † 1526 Kaufmann 1492–1494, 1526 GNM, IA Teil. 1, Fasc. 7, 7; Fasc. 44, 1. Itzelholtze, Peter Kaufmann 1423 GNM, KA, XXVIII, A, 32. Jacob („Jude v. 1467, 1471, 1472 StAN, Rep. 2b, 3269, Citatel“) 3415, 3419, 3430 u. 3431. Jacob Nyclas wohl Kauf- 1426 Simonsfeld I, 348. Simonsfeld II, 77. man Johannes † vor 17.09. Bäcker 1450, 1457 ASVe, NT, 1156 u. 1195. Hollberg, Nr. 114 u. 1463 Nr. 139. Johannes Schnitzer 1453 Hollberg, Nr. 120. Johannes Kaufmann wohl 1497 ASVe, CIN, 28 . Johannes zw. 1500 –1520 ASVe, NT, 66. Johannes (ders.?) 1502 ASVe NT, 66. Kacht(?), Hans wohl Kauf- 1500 GNM, IA Teil. 1, Fasc. mann 19, 20. Kaufmann, Niclas Kaufmann 1420 Simonsfeld II, 76. Roth I, 112. Ketzel, Endres 1443, um 1447 GNM, BA, 5. Archiv Stromer, Gruber-Podmer- Scheurl, Cod. AB. Stromer 116, Nr. 41. Ketzel, Endres 1461 ASV, CIN, 175. Ketzel, Georg I. 1423 –1488 Kaufmann 1453 StadtAN, E 13/1– 69. Aign, 60 u. 120. Ketzel, Georg 1461 ASV, CIN, b 175. (ders.?) Ketzel, Georg II. 1463 –1533 Pilger 1498 GNM, Hs, 369. Aign, 63– 64 u. 124. Röhricht, 195. Ketzel, Martin † wohl nach Kaufmann 1476 Aign, Ketzel, 61– 62 u. 1507 121. Röhricht, 188. Ketzel, Sebald d. J. 1472–1530 Kaufmann 1498 GNM, Hs, 369. Ketzel, Ulrich Pilger 1462 StadtAN, E 13/III-A 377. Ketzel, Wolf 1472–1544 Kaufmann April 1493 Aign, 62– 63. Röhricht, 173. Klieber, Hans wohl Kauf- 1465 GNM, IA Teil. 1, Fasc. mann 19, 20. Knebel, wohl Kauf- 1426 Simonsfeld I, 348. Simonsfeld II, 77. ­Bartholomeus mann Kneussel, Hans Kaufmann, 1479 Haller. 474 · V. Anhang

Name Lebensdaten Beruf Aufenthalt in Venedig Quellen Sekundärliteratur (mit Seitenangaben) Kneussel, Sebald Kaufmann Vor 1505, 1505, 1506, GNM, IA Teil. 1, Fasc. 28, Schaper, 128 u. 131. 1507 17. StBN, PP 364, U. 17; Simonsfeld II, 207. Haller. zw. 267 u. 268. ASVe, NT, 1211. Koberger, Anton Buchhändler, 1501 Simonsfeld II, 289. Hase, Drucker 292 u. 294. Koberger, Hans Buchhändler 1501 Simonsfeld II, 289. Hase, 292, 345 u. 352 Kolb, Anton 1470 –1541 Kaufmann 1494, 1495, 1496, PBW 1, 98 u. 118. PBW 6, Schaper, 186. Simonsfeld 1497, 1498, 1500, 975. GNM, IA Teil. 1, Fasc. II, 79 u. 192. ev. 1501, 1506, 1508, 19, 20. ASVe, Collegio, 1529, 1541 Notatorio, Reg. 15; NT, 128 u. 218. Kolb, Franz 1477, 1488 GNM, IA Teil. 1, Fasc. Schaper 134 u. 186. 19, 20. Kolb, Paul (ev.) 1470er-80er Simonsfeld I, 567. ASVe, Simonsfeld II, 79. 1484 Misc. Greg., 15. Köler, Hieronymus Kaufmann 1526 Barthels, 24. d. Ä. Koler, Johannes wohl Kauf- 1424 Simonsfeld I, 340. Simonsfeld II, 76. mann Koler, Marquart Kaufmann 1423 GNM, KA, XXVIII, A, 33. Koler, Nicolaus wohl Kauf- 1442 Simonsfeld I, 439. Simonsfeld II, 78. mann Koler, Stefan † 1435 Kaufmann 1424, ev. 1425, 1427, Simonsfeld I, 340. StAN, Fleischmann, 634 – 635 u. 1428 Rep. 61a, 8. ASVe, Misc. 882. Simonsfeld II, 76 –77. Greg., 14; CIN, 193. Sieveking II, 219. Braun- stein, Affaires, 247. Kraftshofer, Ulrich Drucker wohl 1482 Reske, 33 Kraus, Jakob 1490er StadtAN, B 14/II-H. Krauss, Bruder des vor Juni 1507 StadtAN, B 14/II-T. Heinrich (wohl i. Venedig) Kress, Albrecht 1424 –1427 GNM, KA, XXVIII, C, 8. Kress, Friedrich † 1406 Kaufmann 1370er, 1397, 1401, GNM, KA, XXVIII, A, Fleischmann, 648. nach 1402 15 –16. Kress, Friedrich III. 1408 –1471 Kaufmann 1424 –27 GNM, KA, XXVIII, C, 8; Simonsfeld II, 76 –77. XXVIII, E, 1. Braunstein, Affaires, 259. Kress, Georg † 1455? Kaufmann 1440, 1441 Simonsfeld I, 421 u. 428 – Simonsfeld II, 78. Schaper, 33. ASVe, CIN, 75. GNM, 95. Wirtz, 270. IA Teil. 1, Fasc. 5, 18. Kress, Hans wohl Kauf- 1401, 1402 RTA 4, 427, Nr. 357 u. RTA Simonsfeld II, 75 mann 5, 216, Nr. 37, 58, 60. Kress, Hans Kaufmann mgl. 1433–1435 ASVe, Grim.-Barb., 41. Kress, Hieronymus wohl Kauf- 1430 GNM, KA, XXV, C, 4. Braumstein, Affaires, 258. mann Kress, Hilpolt † 1427 Kaufmann 1389, 1392, 1398, RTA 5, 427, Nr. 50. ASVe, Barthels, 87. Braunstein, 1402, 1403, 1405, ev. Proc. S. Marco d. c., 182; Affaires, 259. Simonsfeld 1416 –18, 1421–1423, Misc. Greg., 14. II, 75 –76. Sieveking II, 1424 219. Kress, Johannes wohl Kauf- 1407 Simonsfeld II, 76. mann Kress, Konrad † 1430 Kaufmann wohl 1391–97 Simonsfeld I, 372–73, Braunstein, Affaires. 375 –76, 378, 380 – 83 u. Simonsfeld II, 77. 388. GNM, KA, XXVIII, A, 1–30. Kress, Martin (als Pilger i. 1498 GNM, Hs, 369. Aign, 63– 64 u. 124. Venedig) Röhricht, 195. Krug, Hans um 1500 StadtAN, B 14/II-N. 4. Überblick: Nürnberger in Venedig · 475

Name Lebensdaten Beruf Aufenthalt in Venedig Quellen Sekundärliteratur (mit Seitenangaben) Kugler, Konrad wohl Kauf- 1426 Simonsfeld I, 348. Simonsfeld II, 77, mann Kunhofer, Endres Student 1506 PBW 1, 101, 104 u. 118. PBW 1, Nr. 101, Kommen- tar Anm. 9. Simonsfeld II, 195. Kunhofer, Konrad Theologe, wohl 1432 Simonsfeld I, 383 u. 384. Doktor beider Rechte Kurn, Treulieb Kaufmann Archiv Scheurl, Cod. AB. Landauer, Marcus Kaufmann 1449 Simonsfeld I, 458. Simonsfeld II, 78. (Nbger.?) Landemeyer (Linde- wohl Kauf- 1500 GNM, IA Teil. 1, Fasc. 19, mar?), Wilhelm mann 20. BSB, Rar. 320 Laner, Görg Kaufmann 1418 StAN, Rep. 54, 179. Müllners Annalen, 229, Anm. 730. Lazarus Ebreus 1416 Hollberg, Nr. 28. Lengenfelder, Jörg Kaufmann 1441 Simonsfeld I, 421 u. Simonsfeld II, 78. Schaper, 428 –33. 95. Leonhard Spiegel- 1528 ASVe, NT, 218. macher Letscher, Kaspar wohl Kauf- 1509 Tucher, Haushaltsbuch, 69. Simonsfeld II, 195. mann Lochner, Heinrich Kaufmann 1424 GNM, KA, XXVIII, A, 33. Löffelholz, Christoph 1475 –1506 Kaufmann 1498 GNM, Hs, 369. Aign, 63– 64 u. 124. Röhricht, 195. Löffelholz, Thomas 1472–1527 Kaufmann Juni u. Oktober 1498 GNM, Hs, 369. Aign, 63– 64 u. 124. Röhricht, 195. Lohner, Georg Kaufmann 1418 Simonsfeld II, 76. Roth I, 112 Lorenz 1458 ASV, NT, 481. Mangemaster, Peter Kaufmann mgl. 1420, 1421 ASVe, Misc. Greg., 14. Sieveking II, 220. Marstaller, Konrad Kaufmann 1466, 1467, 1468, GNM, IA Teil. 1, Fasc. Fleischmann, 1016. Scha- 1469, 1470 19, 20. per, 175. Mayer, Ulrich (ev. Kaufmann 1513 –1516 Simonsfeld II, 194. Nbger?) Meischner, Heinrich Kaufmann 1460 Simonsfeld I, 491. Melber, Sohn des wohl Kauf- vor 15.09.1521 StadtAN, B 14/II-15. Mathes mann Memminger, Jobst Kaufmann 1508 Simonsfeld I, 653. Simonsfeld II, 192. Roth I, 345. Memminger, Levin Kaufmann 1470, 1476, 1479, GNM, IA, Teil. 1, Fasc. 19, Schaper, 134. 1480, 1481, 1482 20. ASVe, Misc. Greg., 15. Memminger, Lorenz Kaufmann 1459, 1461, BSB, Cgm 409. GNM, IA Bauer, 462. Schaper, 149. 1465, ev. 1491 Teil. 1, Fasc. 19, 20. Mendel, Marquard I. † 1385 Kaufmann 1377, 1385 Simonsfeld I, 240. Stadt- Simonsfeld II, 75 Fleisch- AN, E 1/1086 –1. mann, 699 –700. Kirch- hoff, 107. Treue, 85. Mendel, Marquard † 1438 Kaufmann 1418, 1429 Simonsfeld I, 361–362. Schaper, 38. Fleischmann, II. ASV, CIN, 104. 703. Simonsfeld II, 77. Mendel, Peter II . † 1452 Kaufmann 1429 Simonsfeld I, 361– 62. Simonsfeld II, 77. Mendel, Wilhelm † 1425 wohl Kauf- 1392, 1414 Simonsfeld I, 273. ASVe, Simonsfeld II, 75. mann CIN, 193. Mendel, Wilhelm † 1452 Kaufmann 1433 –1434 ASVe, Grim.-Barb., 41. Michael Küster 1445 ASVe, CIN, 74. Michel, Ulrich wohl Kauf- 1451 Simonsfeld I, 460 – 63, Simonsfeld II, 78. mann 466 – 69 u. 471–74. Milic (ev. Mülich), Kaufmann 1501 Simonsfeld II, 203. Simonsfeld II, 79. Marcus 476 · V. Anhang

Name Lebensdaten Beruf Aufenthalt in Venedig Quellen Sekundärliteratur (mit Seitenangaben) Mis, Nicolaus 1454 Simonsfeld I, 475. Simonsfeld II, 78. (Nbger?) Muffel, Anton Kaufmann 1437– 38 StdAN, B 14/III- 3. Schaper, 275 –76 u. 284. Muffel, Gabriel † 1498 (Pilger) wohl 1465 Röhricht, 133 Mufflinger, Burkhard wohl Kauf- 1431 Simonsfeld I, 379 u. 384. Simonsfeld II, 77. mann Münzer, Hieronymus Arzt 1484 BSB, Clm 431. Goldschmidt 27, 33 u. 34. Neumeister, Konrad Kaufmann vor Dez. 1492 StadtAN B 14/I-9. (wohl i. Venedig) Neumeister, Peter Kaufmann 1420 Simonsfeld II, 76. Roth I, 112. Nickel, Hanns Hafner vor / in 1531 StadtAN, B 14/II-32 u. 33.

Nikolaus Koch 1424 ASVe, NT, 486. Hollberg, Nr. 59. Nikolaus 1432 ASVe, NT, 852. Hollberg, Nr. 68. Nikolaus 1442 ASVe, CIN, 74. Nördlinger, Lorenz Kaufmann 1420 Simonsfeld II, 76. Roth I, 112. Ortlieb, Hans Kaufmann 1427 GNM, KA, XXVIII, A. Ortlieb, Jacob † 1416 wohl Kauf- 1402 RTA 5, 427, Nr. 50. Simonsfeld II, 75. Fleisch- mann mann, 1129 Österreicher, Seiz Kaufmann 1420, 1426 Simonsfeld I, 348. GNM, Braunstein, Affaires, KA, XXVIII, A, 6 u. 30. 249 – 50. Simonsfeld II, 76, 77. Roth I, 112. „Ostorich“ (Öster- Kaufmann mgl. 1411, 1413–1417, ASVe, Misc. Greg., 14. Sieveking II, 219. reicher?), „Zufredo“ 1423–1426 Ottnant, Hans Kaufmann 1392, 1420, 1428 GNM, KA, XXVIII, A, 9. Braunstein, Affaires, 250. Simonsfeld II, 76. Roth I, 112. Panckelsheim, Hans vor 1515 StadtAN, B 14/II-7. v. (Nbger?) Paumgartner, Anton 1418 –1475 Kaufmann 1460 –1466 Simonsfeld I, 491 u. 498. Simonsfeld II, 78. Schaper, 174. Fleischmann, 760 – 61. Paumgartner, Franz Kaufmann 1508 Simonsfeld I, 633. BMC, Simonsfeld II, 192. Mariegola 113. Paumgartner, wohl Kauf- 1491, 1508 Simonsfeld I, 586. Simonsfeld II, 79 u. 192. Johannes mann (wohl i. Venedig) Paumgartner, 1380 –1464 Kaufmann 1402, mgl. 1416 –17, Simonsfeld I, 348, 388 – Sieveking II, 220. Simons- Konrad VI. 1423, 1426, 1427, 1432, 389 u. 491. ASVe, Misc. feld II, 77–78. Fleisch- 1434, Greg., 14; Grim.-Barb., 41. mann, 760, 648 u. 759. Chroniken 1, 373. Paumgartner, Kon- 1380 –1464 / Kaufmann 1442, 1443, 1456 Simonsfeld I, 439, 480, rad VI. oder VII. 1406 –1457 482, 485 u. 491. GNM, BA, 5. Paumgartner, Martin 1436 –1478 Kaufmann wohl vor / um 1460 Simonsfeld I, 490 u. 491. Simonsfeld II, 78. Fleisch- mann, 760. Paumgartner, Sebald wohl zw. 1424 –27 GNM, KA, XXVIII, E, 1 1427 u. C, 8. Paumgartner, Sebald 1438 –1497 wohl Kauf- 1487 (wohl i. Venedig) Archiv Scheurl, Cod. AB . mann Paumgartner, 1462–1525 (als Pilger i. 1498 GNM, Hs, 369 . Fleischmann, 762. Aign, Stefan I. Venedig) 63– 64 u. 124. Röhricht, 195. Peter 1430er ASVe, NT, 852. Petrer, Sohn. d 1421 ASVe, CIN, 228 Heinrich 4. Überblick: Nürnberger in Venedig · 477

Name Lebensdaten Beruf Aufenthalt in Venedig Quellen Sekundärliteratur (mit Seitenangaben) Pfinzing, Franz 1403, 1410 Simonsfeld I, 298. ASVe, Simonsfeld II, 76. CIN, 226. Pfinzing, Jörg Pilger 1436 StBN, Amb. 28 – 8°. Pfinzing, Peter Kaufmann 1418, 1420 Müllners Annalen II, 229 Simonsfeld II, 76. Roth u. 233–234. ASVe, CIN, I, 112. 228. Pfinzing, Sigmund † 1438 Kaufmann 1420 Müllners Annalen III, Simonsfeld II, 76. Roth I, 233–34. ASVe, CIN, 228. 112. Fleischmann, 791. „Phanawer“, Wolff Kaufmann vor 1517 StadtAN, B 14/II-9. Piliparius, Heinrich 1424 ASVe, CIN, 74. Piliparius, Peter 1473 ASVe, CIN, 98. (Nbger?) Pinfließer, Sebald Anwalt vor Sep. 1521 StadtAN, B 14/II-15. Stromer, Gruber-Podmer- (Nbger.?) Stromer, 40 u. 140, Nr. 91. Pirckheimer, Kaufmann 1411, 1418 Braunstein, Affaires, 250. Friedrich Pirckheimer, Franz Kaufmann 1414 ASVe, CIN, 193. (ders.?) Pirckheimer, Georg Kaufmann 1429 Simonsfeld I, 361– 62. Braunstein, Affaires, 250. Simonsfeld II, 77. Pirckheimer, Hans Kaufmann 1402 RTA 5, 427, Nr. 50 . Simonsfeld II, 75. Pirckheimer, Konrad Kaufmann ev. 1387, 1390, 1397, Simonsfeld I, 288 –293 Simonsfeld II, 75 –76. 1404 – 06, 1408, 1410, u. 304 –305. GNM, KA, Braunstein, Affaires, 250. 1411, ev. 1414 –1415, XXVIII, A, 12. ASVe, Proc. Sieveking II, 220. 1417–1419 San Marco, Misti, 182; Misc. Greg., 14; CIN, 193 u. 228. Pirckheimer, Lorenz Kaufmann ev. 1412, 1415, 1416 ASVe, Misc. Greg., 14. Sieveking II, 220. Pirckheimer, Nascim- Kaufmann nach 1414 ASVe, CIN, 193. boldo Pirckheimer, Sebald Kaufmann um / nach 1415, 1416, StAN, Rep. 54a, 179. 1417, 1418 ASVe, CIN, 193. Podmer, Leonhard Kaufmann 1458 ASV, CIN, 75. Podmer, Peter Kaufmann 1458, 1459 StBN, Hs Testamente. ASVe, CIN, 75. Polmer, Nicolaus wohl Kauf- 1413 ASVe, CIN, 227. mann Pömer, Hans 1499 –1547 Kaufmann 1534 StadtAN, E 29/IV, 981 u. 1397. Praun, Peter Kaufmann ev. 1419 ASVe, Misc. Greg., 14. Prewnlein (Bräun- Kaufmann 1496 Simonsfeld I, 600. Simonsfeld II, 79. lein; Borlinus), Johannes Querrer (Quetrer?), Kaufmann 1418 StAN, Rep. 54, 179. Müllner Annalen, 229, Peter Anm. 730. Ra(?), Georg Kaufmann 1417 ASVe, CIN, 227. Rab, Hans Kaufmann 1418, 1420 StAN, Rep. 54, 179. Müllner Annalen, 229, Anm. 730. Simonsfeld II, 76. Roth I, 112. Rammler, Georg Kaufmann 1486 StadtAN, A 1–1486 Jul. Schaper, 184. 08. Rapolt, Thomas 1456 Totengeläutbücher 2, 1456 (L 156). Rappen, Jacob 1467, 1471, 1472 StAN Rep. 2b, 3269, 3415, (wohl i. Venedig) 3419, 3430 u. 3431. Raynaldus 1446 ASVe, CIN, 74. 478 · V. Anhang

Name Lebensdaten Beruf Aufenthalt in Venedig Quellen Sekundärliteratur (mit Seitenangaben) Reck, Hermann Kaufmann 1417, 1418, 1419, 1420, Simonsfeld I, 327, 369, 1421, 1422, 1426, 1431, 370, 387 u. 407. Müllner, 1432 Annalen II. StAN, Rep. 61a, 5. StadtAN A 1–1419 Feb. 19 u. 1419 Apr. 16. ASVe, Senato, Deliberazioni Secreti, 7; CIN, 104, 227 u. 228; Misc. Greg. 14. Reck, Konrad Kaufmann mgl. 1416, 1417, 1418, GNM, KA, Fasc. A, 36. Sieveking, II, 219. Simons- 1421, 1424 ASVe, Misc. Greg., 14. feld II, 76. Barthels, 87. Reich, Hieronymus Kaufmann 1506 GNM, IA Teil. 1, Fasc. 44, 1. Reich, Hieronymus Kaufmann 1525, 1528, 1529, 1531 StadtAN, B 14/II-32; E 29/ (ders.?) IV, 557, 868, 869. Reich, Sebald (ev. Kaufmann 1508 Simonsfeld I, 658. Tucher, Simonsfeld II, 193. Rizzo, Sinibaldo) Haushaltsbuch, 58. Stadt- AN, E 29/IV-1440. Reich, Thomas † 1547? Kaufmann 1529 –1530 StdAN, E 29/IV, 1437–1445. Reinhardt, Oswald Hafner um 1531 StadtAN, B 14/II-32 u. 33. Reinsberger, Kaufmann 1418 StAN, Rep. 54a I, 179. Müllner, Annalen, 229, Hermann Anm. 730. Simonsfeld II, 76. Roth I, 112. Renbart, Christoph wohl Kauf- 1545 StadtAN, E 29/IV- 281. (Nbger.?) mann Res, Peter ev. Wirt 1413 ASVe, NT, 1233. Richt Hermanus 1416 ASVe, CIN, 227. Rieter, Eustachius 1468 –1530 (als Pilger i. 1498 GNM, Hs, 369. Aign, 63– 64 u. 124. Venedig) Röhricht, 195. Rieter, Peter I. 1401–1462 Pilger 1436 StBN, Amb., 28 – 8°. Rieter, Sebald I. 1426 –1471 Pilger 1464 Reisebuch Rieter. Rieter, Sebald II. † 1488 Pilger 1479, 1480 Reisebuch Rieter. Tucher, Reisebericht. Rigler, Kaufmann 1441, 1459 Simonsfeld I, 421 u. Simonsfeld II, 78. Schaper, Anton 428 –33. 72 u. 95. Stromer, Gruber- Podmer-Stromer, 140, Nr. 91. Rigler, Stephan 1513 –1514 Simonsfeld II, 194. Rigo Kaufmann ev. 1409 ASVe, Misc. Greg., 14. Rigo Bäcker 1471 ASVe, Arti, 446. BMC, Mariegola 5. Ris, Ulrich Kaufmann 1403 ASVe, CIN, 226. Rizzo, Sinibaldo † vor 1541 Kaufmann ev. 1508, 1515, 1517, Simonsfeld I, 658. Capi- Simonsfeld II, 193 1521 tolare della Broche. ASVe, NT, 974, 1214 u. 1264; SG San Marco, Atti, 4, 5 u. 7; SG Maria Misericordia. BMC, Mariegola 113. Rorer, Linhart wohl Kauf- (ev. i. Venedig) StadtAN, B 14/I-37. mann Rot, Konrad wohl Hand- 1416 ASVe, CIN, 104. werker Rottmund, Hiero- 1497 StadtAN, B 14/II-J. nymus Rummel, Hans † 1434 Kaufmann mgl. 1412, 1417–1419, Simonsfeld I, 307. ASVe, Simonsfeld II, 76. Sie- 1421, 1425 –1428 Misc. Greg., 14. veking, 220. Rummel, Heinrich um Kaufmann 1406, 1411 ASVe, CIN 226 u. 193. Fleischmann, 880. wohl I., ev. II. 1340 –1417 / † 1446 4. Überblick: Nürnberger in Venedig · 479

Name Lebensdaten Beruf Aufenthalt in Venedig Quellen Sekundärliteratur (mit Seitenangaben) Rummel, Heinrich II. † 1446 Kaufmann 1407, 1425, 1432, 1434 Simonsfeld I, 388 – 89. Simonsfeld II, 76 –77. Chroniken I, 373. ASVe, Schaper, Rummel, 45. Misc. Greg., 14. Fleischmann, 882. Rummel, Heinrich wohl Kauf- 1468 Simonsfeld I, 511. Simonsfeld II, 78. mann Rummel, Johannes wohl Kauf- 1468 Simonsfeld I, 511. Simonsfeld II, 78. Schaper, mann Rummel, 53. Rummel, Peter † vor 1425 wohl Kauf- 1411 ASVe, CIN, 193. mann Rummel, Sebald † 1483 1453 Simonsfeld I, 470 u. 490. Simonsfeld II, 78. Rummel, Sebastian wohl Kauf- 1460 Simonsfeld I, 490. Simonsfeld II, 78. mann Rummel, Ulrich † 1463 Kaufmann mgl. 1425 –1428, 1432 Simonsfeld I, 388 – 89. Sieveking II, 220. Simons- Chroniken I, 373. ASVe, feld II, 77. Misc. Greg., 14. Rummel, Wilhelm I. Um Kaufmann 1400, 1401, 1402, Simonsfeld I, 304 –305 u. Braunstein, Affaires, 242 u. 1350 –1425 1403, 1404, 1405, 307. RTA 4, 427, Nr. 357: 251. Simonsfeld II, 75 –76. 1406, 1410, 1412 RTA 5, 216, Nr. 37, 58, Fleischmann, 880 – 81. 60. ASVe, Proc. S. Marco, Sieveking II, 220. Schaper, Misti, 182; CIN, 226. Rummel, 37 u. 45. Rummel, Wilhelm I. Kaufmann mgl. 1410 –12, 1417, Simonsfeld I, 330. ASVe, (ev. auch II.) 1418, 1419, mgl. 1421, CIN, 228. 1423 Rummel, Wilhelm † 1480 wohl Kauf- 1453 Simonsfeld I, 470. Simonsfeld II, 78. IV. mann Sailer/Seyler, Konrad wohl Kauf- 1401, 1402 RTA 4, 427, Nr. 357 u. RTA Simonsfeld II, 75. mann 5, 216 Nr. 37, 58, 60 u. 427, Nr. 50. Salfelder, Hans † 1481 Kaufmann 1466, 1476, 1477, 1481 GNM, IA Teil. 1, Fasc. 19, Schaper, 154. 20. StadtAN, B 14/II-S; E1/617–1. ASVe, Misc. Greg., 15. Salvator Schüssel- 1447 ASVe, NT, 560. Hollberg, Nr. 107. macher Samboch, Konrad Kaufmann mgl. 1421 ASVe, Misc. Greg., 14. Saur, Angelus(?) Kaufmann zw. 1530 u. 1540 Simonsfeld II, 195.

Scharrer, Clement wohl Kauf- ca. 1500 StadtAN, B 14/II – N. (Nbger.?) mann Schedel, Hartmann 1440 –1514 Arzt 1424 GNM, KA, XXVIII, E, 1. Schedel, Hermann 1410 –1485 Kaufmann 1418, 1420 StAN, Rep. 54, 179. Müllner, Annalen, 229, Anm. 229. Simonsfeld II, 76. Roth I, 112. Schedel, Johannes 1459, 1461, 1469 Schedel BW, 82. BSB, Bauer, 462, 463 u. Cgm 409. 478 – 479. Scheurl, Albrecht V. 1482–1531 Kaufmann 1498 bis ca. 1501 Archiv Scheurl, Cod. AB. Scheurl, 20. Fuchs. StBN, Amb., 53– 4° Scheurl, Christoph I. 1457–1519 Kaufmann 1475 –1478; dann „fast Archiv Scheurl, Cod. AB. Scheurl, 13, 15. jährlich“, 1484 –1487, GNM, IA Teil. 1, Fasc. Fleischmann, 890 –91. 1488, 1489, 1494 19, 20. Simonsfeld II, 78. Stromer, Hochfinanz, 182, Anm. 13. Scheurl, Christoph II. 1481–1542 Jurist, Rats- 1499 Fuchs. konsul Schmelzing, Seiz Kaufmann 1418, 1420, 1426 StAN, Rep. 54, 179. Simonsfeld II, 76 u. 77. Simonsfeld I, 346, 353 Roth I, 112. u. 388 – 89 . Chroniken I, 373. Schnöd, Heinrich Kaufmann 1417 u. wohl später ASVe, CIN, 227. 480 · V. Anhang

Name Lebensdaten Beruf Aufenthalt in Venedig Quellen Sekundärliteratur (mit Seitenangaben) Schnöd, Jobst Kaufmann 1408, ev. 1411–1413, ASVe, CIN,193, 226, 227 Sieveking II, 221. Simons- 1413, 1414, 1416, 1417, u. 228; Misc. Greg., 14; feld II, 76. Roth I, 112. 1418 NT, 1233. Schnöd, Sigmund Kaufmann 1408 ASVe, CIN, 226. Schnöd, Wilhelm Kaufmann wohl 1414 ASVe, CIN, 193. Schopper, † 1397 1397 Stromer, Püchel, 87. Sigmund Schopper: Söhne der wohl Kauf- 1428 Simonsfeld I, 354. Simonsfeld II, 77. „Witwe S.“ leute Schürstab, Friedrich 1402 RTA 5, 427, Nr. 50. Simonsfeld II, 75. Schürstab, Lorenz Kaufmann vor Juni 1406 StadtAN, A 1–1406 Juni 19. Schütz, Ambrosius wohl Kauf- 1507 Simonsfeld II, 195. mann Schütz, Johann wohl Kauf- 1507 Simonsfeld II, 195, mann (Schwab), Johannes Diener 1436 Simonsfeld II, 77, Schwarz, Hans Bote 1529 StadtAN, E 29/IV, 1438 – 40. Schwarz. Wolfgang Kaufmann vor / um 1511 StadtAN, A 1–1511 Aug. 28. Schwarz, Wolfhard wohl Kauf- 1508 Simonsfeld II, 192, (Nbger.?) mann Sebald („Sinibaldo a Kaufmann 1404 ASVe, Proc. San Marco, noronbergo“) Misti, 182. „Sedaze“ („Sedaze Kaufmann 1403 ASVe, Procuratori San de Noronbergo“) Marco, Misti, 182. Seiz Kaufmann ev. 1409, 1410 ASVe, Misc. Greg., 14. Semeler, Burckhard Kaufmann 1420 ASVe, CIN, 228. Semeler, Heinrich Kaufmann vor Sept. 1420 ASVe, CIN, 228. Semler, Ulrich Kaufmann 1402 GNM, KA, XXVIII, A, 6. Braunstein, Affaires, 251. Simonsfeld II, 75. Siaver, Konrad Kaufmann ev. 1427 Sieveking II, 220. Siede, Artimanus Kaufmann 1423 ASVe, CIN, 228. Siefer, Markus Kaufmann ev. 1417 ASVe, Misc. Greg., 14. Sigwein, Hans Kaufmann 1420, 1431 Simonsfeld I, 366. Simonsfeld II, 76 u.77. Roth I, 112. Sinibaldo (Nbger.?) Kellermeister ASVe, CIN, 228. Sirvof, Hans (Zan) Kaufmann 1413, 1416 ASVe, Misc. Greg., 14. (ev. i. Venedig) Sirvof, Michael (ev. Kaufmann 1417 (ev. i. Venedig) ASVe, Misc. Greg., 14 ebenfalls Nürn- berger) Soris, Francesco Notar 1410er–1420er ASVe, NT, 1233–34; CIN, Hollberg, 52, (Nbger.?) 193. Spengler, Georg II. † 1529 Kaufmann 1507, 1514, 1516, 1517, Simonsfeld I, 645. Tucher, Schaper, 189 u. 191. PBW 1519, 1520, 1523 Haushaltsbuch. PBW 1, 4, Nr. 118, Anm. 12. 118. PBW 3, 722. PBW 4, 690, 718, 730 u. 737. Melanchthon BW T 1, 319. GNM, IA Teil. 1, Fasc. 19, 20. StBN, Amb., 1236 – 8°. StAN, Rep. 61a, 58. BAV, Vat. Ross., 546. Spengler, Georg III. *1503 Kaufmann StBN, Amb. , 1236 – 8°. Spinger, Georg Kaufmann 1509 ASVe, SG Maria Misericor- dia, Atti, 4. 4. Überblick: Nürnberger in Venedig · 481

Name Lebensdaten Beruf Aufenthalt in Venedig Quellen Sekundärliteratur (mit Seitenangaben) „Spopo“, Zan Kaufmann 1405 ASVe, Proc. San Marco, Misti, 182. Staler, Hans Kaufmann vor 1479 StAN, Rep. 2b, 3523. Stark, Ulrich I. † 1478 wohl Kauf- 1440 Simonsfeld II, 78. Fleisch- mann mann, 931. Ecke vom Sterne wohl Kauf- 1402 RTA 5, 427, Nr. 50. Simonsfeld II, 75. mann Stetbeck, Konrad Kaufmann 1460, 1464 Simonsfeld I, 491. Schedel Simonsfeld II, 78. (Nbger.?) BW, 55. Stoler, Johannes Kaufmann 1479 Simonsfeld I, 551. Simonsfeld II, 79. Streber, Nicolaus Kaufmann 1443 Simonsfeld I, 444. Simonsfeld II, 78. Stromer, Endres wohl 1496 StadtAN, B 14/II-J. Stromer, Franz 1525 Simonsfeld I, 343. Simonsfeld II, 76. Stromer, Jacob Kaufmann mgl. 1419, 1420 ASVe, Misc. Greg., 14. Stromer, Schriftwesen, 781. Sieveking II, 220. Studenicher, Stefan wohl Hand- vor 1464 ASV, NT, 480. werker Swetkowitz, Kaufmann 1496 StadtAN, B 14/I-13. Klier, 99 Sigmund Sydel, Hans Kaufmann vor 1517 StadtAN, B 14/II-9. (Nbger.?) Tetinger, Jacob wohl Kauf- 1426 Simonsfeld I, 346 u. 353. Simonsfeld II, 77 mann Tetzel, Friedrich wohl Kauf- 1495 GNM, IA Teil. 1, Fasc. mann 19, 20. Tetzel, Gabriel † 1440 Pilger 1436 StBN, Amb., 28 – 8°. Tetzel, Konrad 1432 Simonsfeld I, 388 – 89. Simonsfeld II, 77. Chroniken I, 373. Tetzel, Lucas 1465 GNM, IA Teil. 1, Fasc. 19, 20. Teufel, Hans † 1441 Kaufmann 1418, 1420, 1426, 1432 Simonsfeld I, 348. Chroni- Simonsfeld II, 76 u. 77. ken I, 373 . Roth I, 112. Teufel („Terofel“), Kaufmann 1420 ASVe, CIN, 228. Johannes (warsch. derselbe wie Hans Teufel) Teufel, Paul mgl. 1425 –28, 1432 ASVe, Misc. Greg., 14. Sieveking II, 220. Simonsfeld I, 388 – 89. Tillinger, Oswald Kaufmann 1420 Simonsfeld II, 76. Roth I, 112. Tockler, Marquard Kaufmann 1332 Fleischmann II, 318. Tucher Anton I. 1412–1476 Kaufmann 1440 Simonsfeld II, 78. (wohl I.) ­Fleischmann, 1009 –10. Tucher, Anton II. 1458 –1524 Kaufmann 1473, 1476 Tucher, Haushaltsbuch. Fleischmann, 1013. GNM, IA Teil. 1, Fasc. 19, ­Schaper, 177. 20. Ev. BMC, Mariegola 118. Tucher, Berthold III. 1386 –1454 Kaufmann Kurz vor 1402 StdAN, E 29/III-258. BAV, Fleischmann, 1007– 08. Vat. Ross, 546. Tucher, Bertholt 1454 –1519 Kaufmann 1473 (ev. 1466 –73) BAV, Vat. Ross, 546. Tucher, Endres I. † 1440 Kaufmann 1437 Tucher, Memorial. BAV, Simonsfeld II, 77. Vat. Ross, 546. Tucher, Endres III. 1453–1531 Kaufmann 1466 –1473 Anton Tucher Haushalts- Simonsfeld II, 78. buch. StAN. Rep. 2b- 3444. BAV, Vat, Ross 546. Tucher, Hans VI. 1428 –1491 Pilger 1479, wohl zw. Tucher Pilgerbericht. Simonsfeld II, 79. 1480 – 91 StadtAN, E 56/II-57. BAV, Vat. Ross, 546. 482 · V. Anhang

Name Lebensdaten Beruf Aufenthalt in Venedig Quellen Sekundärliteratur (mit Seitenangaben) Tucher, Hans (wohl 1476 GNM, IA Teil. 1, Fasc. VI.) 19, 20. Tucher, Herdegen † 1462 Kaufmann 1440 Simonsfeld II, 78. ­Fleischmann, 1011. Tucher, Lorenz 1490 –1554 1528 StadtAN, E 29/IV-420. (wohl II.) Tucher, Martin I. 1460 –1528 Kaufmann GNM, IA Teil. 1, Fasc. 19, Fleischmann, 1017. 20. Archiv Scheurl, Cod. AB. BAV, Vat. Ross, 546. Ev. BMC, Mariegola 118. Ufenaufer, Marco Kaufmann ev. 1423 ASVe, Misc. Greg., 14. Ugus Schuster 1441 Hollberg, 166. Ulrich, Fritz wohl Kauf- 1442 Simonsfeld I, 438. Simonsfeld II, 78. mann Usmer, Friedrich wohl Kauf- 1427 Chroniken II, 86. Simonsfeld II, 77. mann Uttinger, Georg wohl Kauf- 1509, 1535 StadtAN, B 14/III-16. mann ASVe, SG Maria Misericor- dia, Atti, 4. Vento Antonio Kaufmann 1533 StadtAN, E 29/IV, 981, 1388, 1389, 1391, 1393 u. 1397. StBN, Amb., 53– 4°. Vohenstein, Kaufmann 1420 Simonsfeld II, 76. Roth ­Hermann I, 112. Volckamer, Hans VI. 1439 –1484 Kaufmann 1470 GNM, IA Teil. 1, Fasc. 19, 20. ASVe, Misc. Greg., 15 . Volkrath, Johannes Drucker 1495 GW 453 u. 459. Waldstromer, Hans 1395–1467 wohl Kauf- 1426 Simonsfeld I, 348. Simonsfeld II, 77. mann Waldstromer, Jakob Kaufmann mgl. 1420, 1421 ASVe, Misc. Greg., 14. Sieveking II, 221. Walther, Bernhard Kaufmann vor Nov. 1492 StadtAN, B 14/I-12. Weiß, Endres † 1529 1529 StdAN, E 29/IV-1440. Welser, Jakob I. 1486 –1541 Kaufmann 1525 PBW 7, 1254. Archiv Haller. Scheurl, Codex AB. Wimpfen, Johann v. wohl Kauf- 1518 –19 Simonsfeld II, 194. Roth (Nbger.?) mann II, 262. Winter, Johannes wohl Kauf- 1475 Simonsfeld I, 535. Simonsfeld II, 78. mann Wittich, Veit Kaufmann 1520 –22 Simonsfeld II, 194. Roth (Nbger.?) II, 117 Wolf, Hanns Bote 1485 StadtAN, B 14/II- D. „Zafredo da Noron- Kaufmann 1403 ASVe, Proc. San Marco, bergo“ Misti, 182. Zeichenmeister, Kaufmann 1420 Simonsfeld II, 76. Roth Barthl I, 112. Ziegler, Barthl Kaufmann 1420 Simonsfeld II, 76. Roth I, 112. Zucce, Stefan Kaufmann 1416 ASVe, CIN, 193. Zugler, Bartholo- wohl Kauf- 1416 ASVe, CIN, 193. mäus mann Zuzi/Zug(?), Stefan wohl Kauf- 1413 bzw. später ASVe, CIN, 227. (möglicherweise mann ders. wie S. Zucce) „Zuzi“, Stefan Kaufmann ev. 1421–22, 1427 ASVe, Misc. Greg., 14. Sieveking II, 220. (wahrscheinlich ders. wie Zuzi/Zug) 5. Ortsregister · 483

5. Ortsregister Beirut: 266, 370, 309; Anm.: 319 Frankreich: 71, 147, 253, 337; Anm.: (III.354), 330 (III.402), 367 312 (III.326), 315 (III.340–341), (Nürnberg und Venedig werden (III.112) 317 (III.347), 334 (III.418) ebenso wie Italien, das Deutsche Belgrad: 322, 324–326; Anm.: 329 Friaul: 426 Reich nördlich der Alpen, Ober- (III.399) deutschland und Niederdeutsch- Böhmen: 217, 275, 277, 290–291, Genua: 136, 265, 316, 336, 384 land im Ortsregister nicht explizit 325, 337; Anm.: 313 (III.329), Glagau: 290 Görz: 313; Anm.: 314 (III.334), 326 aufgeführt.) 332 (III.413) Bologna: 265–266, 269, 362, 384; (III.388) Granada: 304 Abruzzen: 269 Anm.: 264 (III.96), 356 (III.507), Graz: 325 Adrianopel: 330, 338 369 (III.560) Brenner: 244 Agnadello: 312, 426; Anm.: 314 Heidelberg: 73; Anm.: 71 (II.159), Breslau: 73, 292, 296, 336, 391; (III.335–336), 315 (III.339) 83 (II.232), 347 (III.465) Ägypten: Anm.: 330 (III.402) Anm.: 362 (III.531), 275 (III.158), Alexandria: 61, 266, 270, 309; Indien: 96, 268, 270, 420, 425 Anm.: 267 (II.112) Brügge: 169, 265, 290, 293, 296 Innsbruck: 244, 312, Anm.: 246 Antwerpen: 71, 100, 135, 150, 265, Brünn: 290 (III.20), 313 (III.329) 271, 279, 290, 293, 306, 425, Budapest: 326 Israel / Heiliges Land: 62, 234; 427; Anm.: 299 (III.264), 312 Byzanz: s. Konstantinopel Anm.: 211 (II.889) (III.326), 334 (III.418) Candia: 323, 335; Anm.: 336 Apulien: 246, 266 Jerusalem: 59, 60–62, 156, 219; (III.426) Augsburg / Augsburger: 78–79, 98, Anm.: 60 (II.105) Castelmaggiore: 76; Anm.: 151 106–107, 109, 110, 112, 114, 121, Joachimstal: Anm.: 277 (III.175) (II.573) 148–151, 163–166, 168, 174, 185, Judenburg: Anm.: 109 (II.379) China: 286, 422 200, 217, 222, 239, 251, 256, 258, Coburg: 325 Kärnten: 290 262–263, 265, 276, 278, 295, Como: 384 Köln: 15, 24, 112–113, 140, 174, 302, 312, 316, 326, 332, 336, 347, Concordia Sagittaria (VE / Veneto): 217, 265, 287, 290, 293, 296; 349, 357–358, 393, 409–410, 183–184; Anm.: 185 (II.766) Anm.: 99 (II.317) 416–418, 422; Anm.: 72 Conegliano: 247 Konstantinopel / Byzanz: 303, (II.168), 74 (II.177), 91 (II.279), 318–319, 324, 329, 336, 340, 350, 173 (II.699), 194 (II.803), Damaskus: 169 417, 421; Anm.: 333 (III.417) 215 (II.911), 238 (II.991), 251 Dresden: 336 Konstanz: Anm.: 424 (IV.17) (III.34–35), 277 (III.172), 313 Korfu: 317, 323–324, 329; Anm.: (III.329), 325 (III.387), 327 Erfurt: 292, 336 330 (III.404) (III.394), 330 (III.402), 341 Koron: 319, 321 Krakau: 290; Anm.: 93 (II.292) (III.445), 362 (III.528), 286 Faenza: Anm.: 286 (III.214) Kroatien: 326 (III.215), 301 (III.275), 303 Ferrara: 320, 324; Anm.: 71 (II.159), (III.285), 304 (III.289), 403 245 (III.13), 346 (III.461) Landsberg am Lech: Anm.: 244 (III.698), 424 (IV.20) Flandern / Niederlande: 147, 290, (III.8) 293, 304; Anm.: 334 (III.418) L’Aquila: 72 Balkan: 15, 318, 324 Florenz: 22, 68, 266, 311, 384, Leipzig: 280, 290, 292, 296, 337, Bamberg: 264, 288, 306, 379, 389–390; Anm.: 71 (II.161), 383; Anm.: 71 (II.159), 347 381–382; Anm.: 223 (II.948), 82 (II.220), 315 (III.341–342), (III.465) 366 (III.543) 327 (III.394), 328 (III.397), Lemberg: 291 Barcelona: 304 351 (III.486), 361 (III.524), 374 Levante / Orient: 17, 96–97, 117, Bari: 246 (III.585), 403 (III.698) 169, 266–267, 270–271, 274, Basel: 380, 395; Anm.: 357 Frankfurt/Main: 113, 264–265, 278, 294–296, 300, 309, 311, (III.508), 393 (III.671) 271, 290, 293–294, 296, 357, 318, 327, 341, 343, 410–411, Bassano: 361 361, 384, 390, 421; Anm.: 123 414–415, 420–421, 426, 429; Bayern: 316, 325 (II.445), 259 (III.76) Anm.: 319 (III.354), 326 (III.388) 484 · V. Anhang

Linz: 290 245 (III.13), 250 (III.30), 263 Steiermark: 290 Lissabon: 71, 94, 135, 239, 279; (III.96), 315 (III.339 u. 342), 328 Straßburg: 332; Anm.: 238 (II.991), Anm.: 87 (II.255), 301 (III.273), (III.397), 369 (III.561), 325 (III.387), 424 (IV.20) 334 (III.418) Partenkirchen: Anm.: 246 (III.17) Sulzbach: 368 London: 265 Pavia: 353, 355, 368–369, 389; Syrien: 363; Anm.: 330 (III.402) Lübeck: 113, 160, 292–293, 302 Anm.: 315 (III.342), 352 Lyon: 72, 94, 135, 145, 150, 239, (III.492), 361 (III.524) Terraferma: 15, 18, 53, 59, 245, 276, 265, 279, 290, 306, 327, 425, 427; Persien: 336 312, 426 Anm.: 31 (I.96), 40 (I.150), 80 Peru: Anm.: 334 (III.418) Tirol: 277, 295, 310; Anm.: 246 (II.214), 86 (II.250), 147 (II.566), Pettau: 275, 290 (III.20), 267 (III.116) 211 (II.889), 245 (III.12), 253 Pforzheim: 383 Torcello: 62; Anm.: 58 (II.95) (III.45), 312 (III.326), 317 Pillenreuth: Anm.: 287 (III.219) Toskana: 22, 87 (III.347), 325 (III.386), 378 Pilsen: 427 Treviso: 22, 245; Anm.: 369 (III.604), Polen: 217; Anm.: 328 (III.397) (III.561) Portugal: 271, 279, 425 Trient: 312 Magdeburg: 336 Posen: 290, 292 Triest: 312, 420; Anm.: 244 (III.8) Mähren: 290 Prag: 225–226, 290–291; Anm.: Tripolis: 169 Mailand: 187, 263, 265, 302, 312, 333 (III.413) Tübingen: Anm.: 347 (III.465) 355, 369, 384, 386, 393, 403; Anm.: 160 (II.623), 290 (III.233), Ravensburg / Ravensburger: 164, Udine: Anm.: 326 (III.388) Ulm / Ulmer: 332; Anm.: 173 313 (III.329), 328 (III.397) 261; Anm.: 173 (II.699) (II.699), 238 (II.991), 325 Mainz / Mainzer: 113, 163, 288, 384; Regensburg / Regensburger: 17, 97, (III.387), 424 (IV.17) Anm.: 58 (II.98) 107, 113, 210, 217, 316; Anm.: 215 Ungarn: 217, 275, 290, 324–327, Mansfeld: 277 (II.911) 337; Anm.: 332 (III.413) Mantua: 302, 324, 420 Reschenpass: Anm.: 244 (III.8) Urbino: Anm.: 286 (III.214) Messina: 333 Rhodos: 319, 322–323, 325, Mirandola: 265 328, 333–335, 337, 339–340, Venzone (UD / Friaul): 316, Anm.: Mittenwald: Anm.: 246 (III.17) 342; Anm.: 305 (III.296), 327 183 (II.756) Modon: 320–321, 323, 334, 336, (III.394), 329 (III.399) Verona: 256, 258; Anm.: 181 340; Anm.: 337 (III.429) Rom: 22, 60, 203, 259, 263, 265, (II.743), 245 (III.13–14), 311 Mohács: 324–326, 332 304, 311–312, 322, 336; Anm.: (III.340) Morea: Anm.: 319 (III.357) 139 (II.533), 155 (II.596), 282 Vicenza: Anm.: 369 (III.561), 315 München: 290 (II.193), 313 (III.329), 314 (III.340 u. 342) Murano: 62, 67, 284–285, 295; (III.329), 315 (III.340–341), 317 Villach: 244, 291, 316; Anm.: 246 Anm.: 66 (II.137) (III.347), 329 (III.397 u. 399), (III.20) 345 (III.459), 361 (III.524), Neapel: 336 Romania: 15, 266, 272, 300, 309; Walachei: 325 Anm.: 273 (III.149) Weimar: 335 Olmütz: 290 Wien: 290, 325, 327, 332; Anm.: Osmanisches Reich: 318, 327, 331; Sachsen: 290 347 (III.465) Anm.: 321 (III.364) Salzburg: 101, 166, 178, 200, 219, Windsor: Anm.: 78 (II.201), 168 Österreich: 217, 290–291, 325; 244, 264, 276, 290–291; Anm.: (II.663) Anm.: 246 (III.20), 326 (III.387), 173 (II.699), 225 (II.952) Wittenberg: 379, 383; Anm.: 336 330 (III.401), 433 (IV.64) Schlesien: 290 (III.428), 347 (III.465) Schlettstadt: 395 Wolfenbüttel: Anm.: 85 (II.243), Padua: 53, 59, 62, 147, 219, 246– Schwaben: 217 336 (III.428) 247, 249, 252, 314, 343, 345–349, Schwaz: Anm.: 278 (III.178) Württemberg: 316 351–354, 356, 366, 371, 373, Seravalle: 430 Würzburg: Anm.: 337 (III.429) 389, 396, 405, 407–408, 420; Spanien: 386; Anm.: 325 (III.386) Anm.: 58 (II.95), 59 (II.99), 71 Speyer / Speyrer: 78, 167–168, 200; Zürich: Anm.: 379 (III.607) (II.159), 129 (III.96), 244 (III.11), Anm.: 336 (III.428) Zwickau: 292, 379 6. Personenregister · 485

6. Personenregister Aurl, Leonhard: 364 (II.214), 303 (III.286), 329 Auro, Antonio de: 123, 170 (III.399 u. 400) Aesticampianus, Johannes Rhagius: Behaim, Stefan: 153 383; Anm.: 384 (III.625) Backmann, Sibylle: 23; Anm.: 46 Behaim, Wolf: 94, Anm.: 87 Agnes, Frau des Peter: Anm.: 57 (II.15) (II.255), 301 (III.273) (II.91) Bagnolo, Marco: Anm.: 322 Beheim, Lorenz: 306–307, 368, Aisauter, Christoph: 140; Anm.: 233 (III.366) 379–382, 386–387, 397, 432; (II.981) Balbi, Francesco: 120 Anm.: 315 (III.340), 384 Aismut, Christoph: Anm.: 120 Balsa, Wilhelm: 180; Anm.: 162 (III.628), 388 (III.642), 431 (II.428), 273 (III.148) (II.635) (IV.52) Albano, Justus de: 171; Anm.: 122 Baptista, Egnatius: 300, 343, Bellini, Gentile: 69, 189–190, 236, (II.439), 260 (III.79) 355, 362–363, 385, 387–388, 399–400; Anm.: 98 (II.313) Albrecht von Brandenburg, Erzbi- 391, 395, 409, 433; Anm.: 396 Bellini, Giovanni: 49, 68, 186, 308, schof von Mainz: 288, 317, 323, (III.678) 399–400; Anm.: 69 (II.149), 98 333; Anm.: 319 (III.354), 330 Barbarigo, Andrea: 20, 169, 173, (II.313), 190 (II.783) (III.402) 178, 293; Anm.: 267 (III.112), Benedetto, Pietro: 122, 141 Allemanti, Alvise: 105 272 (III.147) Bernabe, Michele: 183 Amadi (Familie): 78, 80, 83, 130, Bardi, Bartolomeo: 125; Anm.: 155 Bessarion, Basilius: 351; Anm.: 385 169, 174–175, 179, 188, 226, 418; (II.596) (III.631), 391 (III.663) Anm.: 406 (III.706) Barthels, Karl Heinz: 24 Bevilaqua, Simon: Anm.: 373 Amadi, Alvise: 174–175; Anm.: 77 Bartolomeo, Girolamo de: Anm.: (III.575) Bicharano, Francesco: Anm.: 266 (II.195) 123 (II.443), 171 (II.688) (III.109) Amadi, Amado: 174, 182, 270, 300, Baumgärtner, Hieronymus: 357 Bicharano, Piero: 175, 178, 270, 309; Anm.: 310 (III.314) Bechono, Jacob: Anm.: 302 (III.281) 300, 309; Anm.: 266 (III.109), Amadi, Francesco: 170, 174, Beckmann, Otto: Anm.: 333 273 (III.149), 406 (III.706) 300, 309; Anm.: 45 (II.13), (III.415) Blavis, Bartholomäus de: 364 158 (II.616), 272 (III.145), 310 Behaim (Familie / Gesellschaft): Böckem, Beate: Anm.: 14 (I.3), 49 (III.314) 129, 132, 157, 268–269, (II.35) Amadi, Giovanni: 175 275–276, 285, 290–291, 294, Boleyn, Anna: Anm.: 334 (III.418) Ampfanelt, Ulrich: Anm. 232 297, 305, 310; Anm.: 20 (I.33), Bombene, Bartolomeo: 140 (II.980) 107 (II.366), 286 (II.214) Bombene, Jacopo: 140 Anna, Frau des Peter aus Nürnberg: Behaim, Elisabeth (geb. Hirschvo- Bomberg, Daniel: 358, 381, Anm.: 233 (II.982) gel): 128–129, 157, 221, 248, 254, 382–383 386, 397, 408 Apostolides, Aristobulos: Anm.: 283–284 Bonavoia, Rigo de’: 162–163, 180, 345 (III.457) Behaim, Friedrich VII.: Anm.: 93 220 Apostolis, Michael: 345 (II.292) Bondi, Carlo: Anm.: 104 (II.350) Argentino, Francesco: 178; Anm.: Behaim, Katharina (geb. Lochner): Boner, Hieronymus: 393 180 (II.760) 285 Böninger, Lorenz: 22, 24, 38, 40 Argentino, Giovanni: 183 Behaim, Martin I.: 275 Bono, Ambrosio: 180 Armano / Armanus aus Nürnberg Behaim, Michael III.: 125, 128, 132, Bono, Machomo: Anm.: 172 (Bäcker): 50, 52, 195; Anm.: 233 157, 220–221, 248, 254, 260, (II.696) (II.980) 264–265, 269, 275, 290, 304, Braunstein, Philippe: 23–24, Armbauer, Konrad: 355; Anm.: 356 306, 309; Anm.: 105 (II.358), 43, 55, 77, 130, 174, 218, 239; (III.506); 388 (III.642) 154 (II.591), 244 (III.11), 270 Anm.: 19 (I.27 u. 29), 31 (I.98), Artzt, Ulrich: 348 (III.135), 294 (III.255) 64 (II.126), 105 (II.358), 112 Aserico, Antonio Bandini: Anm.: Behaim, Michael IV.: 93, 153, 285; (II.394), 187 (II.772), 189 177 (II.721) Anm.: 87 (II.255), 246 (III.17), (II.779), 244 (III.8), 259 (III.74), Aserico, Nicolò Bonifacio: 170, 176; 301 (III.273) 278 (III.176) Anm.: 177 (II.721) Behaim, Michael VII.: 73; Anm.: 74 Breydenbach, Bernhard: 60, 63 Auer, Jakob / Jacobus de Auro: 177; (II.174) Burckhardi, Burckhard de: 78–79 , Anm.: 173 (II.700), 272 (III.147) Behaim, Paulus I.: 227, 299, 302, 86, 102, 104, 149, 151, 159, Augustini, Maffeus de: 166 338; Anm.: 93 (II.292), 286 166–168, 188, 200, 213, 227, 486 · V. Anhang

229, 307; Anm.: 80 (II.212), Contarini, Francesco: 132, 173, 421, 430; Anm.: 78 (II.201), 98 113 (II.398), 160 (II.629), 183 176, 268; Anm.: 183 (II.756), 272 (II.316), 168 (663), 208 (II.872), (II.758), 210 (II.882) (III.147) 228 (II.972), 244 (III.8), 250 Burg(e)ner, Johannes: 53, 65 Corner, Marco: Anm.: 135 (II.503) (III.30), 271 (III.143), 278 Burg(e)ner, Peter (Kürschner): Corner, Nicolò: Anm.: 135 (II.503) (III.181), 338 (III.436) 52–53, 56, 65, 162–163, 181–182, Creußner, Friedrich: Anm.: 352 Dürer, Barbara: 220, 226, 304 220, 225, 237; Anm.: 51 (II.52), (III.480) Dürer, Hans: 220; Anm.: 67 (II.140) 228 (II.975), 233 (II.982) Cristofalo aus Nürnberg: Anm.: 172 Burke, Peter: 38; Anm.: 37 (I.136 u. (II.693) Eber(h)ardus aus Mainz: 63; Anm.: 137), 349 (III.473) Cuno, Johannes: 55, 343–346, 59 (II.98) Burkhardt, Mike: 29 352–354, 361, 366, 375, 385, Ebner, Georg: 386 Businelli, Priamo: 102; Anm.: 166 395; Anm.: 370 (III.574), 386 Ebner, Hieronymus: 325 (II.658) (III.637) Eck, Johannes: 308 Ekol, Heinrich: Anm. 163 (II. 640) Caliari, Carlo: 431 Daga, Johannes: 125, 140–141, Endorffer, Georg: Anm.: 140 Caliari, Gabriele: 431 158–159, 167, 182, 189, 224; (II.541) Callierges, Zacharias: 352, 374 Anm.: 137 (II.524), 139 (II.533), Engel, Lorenz: Anm.: 109 (II.380) Camerarius, Joachim: 378–379 218 (II.925), 225 (II.951), 233 Enzperger, Paul: 290; Anm.: 310 Camers, Laurentius: 373 (II.980), ), 274 (III.157) (III.317) Canal (Familie): 88 Dandolo, Giovanni: Anm.: 170 Erasmus von Rotterdam: 372, 383, 386, 390, 392–393, 398 Capito, Wolfgang Fabritius: 361, (II.683) De’Barbari, Jacopo: 45, 65, 207, 306, Espagne, Michael: 37; Anm.: 26 384 308, 400, 429–431; Anm.: 358 (I.70), 394 (III.675), 401 (IV.688) Caravazzo, Zuan: Anm.: 104 (III.513), 384 (III.628) Eyb, Gabriel v. (Bischof v. Eich- (II.350) Decolato, Giovanni: 170; Anm.: 158 stätt): 313, 337 Carteromachus, Scipio: Anm.: 352 (II.616) (III.488), 374 (III.583) Derrer (Familie): Anm.: 286 Fabri, Felix: 60, 63 Catanio, Matheo: 140 (II.214) Falasco, Antonio: 180; Anm.: 92 Celtis, Konrad: 318, 320, 334, 341, Dessa, Giovanni de: 156, 170–171; (II.288), 123 (II.443), 181 (II.745) 373–374, 384, 388, Anm.: 346 Anm. 122 (II.441) Fellnstain, Thomas: Anm.: 284 (III.462), 390 (III.658) Detil, Rainald: 172; Anm.: 120 (III.207) Chalcondyles, Demetrios: 371, 389, (II.428), 143 (II.556), 268 Ferdinand von Aragon: 312 393; Anm.: 347 (III.463) (III.124), 269 (III.132), 272 Ferdinand von Österreich: 332 Charte, Nicolò dela: 162 (III.147), 273 (III.148) Fischer, Moritz: Anm.: 112 (II.391) Cholber (Kolb?), Matio: Amm.: 200 Dintur, Hans: 265; Anm.: 294 Fissman, Mates: 164 (II.834) (III.255) Fleischmann, Peter: 253; Anm.: 211 Cipriano Tornaquinci, Neri di: Dolfin (Familie / Gesellschaft): 175 (II.889), 254 (III.53) Anm.: 155 (II.596) Donati, Pietro: 177 Florino, Pietro: 180 Clemens VII. (Papst): Anm.: 328 Doria, Andrea: 333; Anm.: 327 Fontana, Giovanni:180; Anm. 162 (III.397) (III.394) (II.635) Cocco, Nicolò: 120, 261 Ducker, Werner: 160; Anm.: 293 Forster, Jörg: 276; Anm.: 244 Cochläus, Johannes: 355, 361, 384, (III.247) (III.11), 291 (III.236), 310 390, 392; Anm.: 413 (III.715) Dukas, Demetrius: 392 (III.316) Colonna, Vincenzo: 180 Dulce, Daniele: 177 Foscari, Francesco: Anm.: 156 Condulmer (Familie / Gesellschaft): Durati, Albigo: Anm.: 176 (II.720) (II.600) 141 Dürer, Albrecht: 13–14, 20, 28, Fosse, Berthold: 182 Condulmer, Guglielmo: 131, 172, 39, 48–49, 59, 67–69, 127–128, Fostani, Hermann: 140; Anm. 233 175, 178, 277 156, 159, 163, 167, 185–188, (II.980) Condulmer, Simone, 122; Anm.: 220–221, 226–227, 232, 236, Franchus (Frank od. Frey), Johan- 277 (III.174) 240, 248–249, 272, 282–284, nes: 51, 196 Contarini (Familie / Gesellschaft): 288, 302, 304, 307–308, 313, Friedrich III. (König / Kaiser): 175 344, 348, 354–355, 360, 372, Anm.: 181 (II.746) Contarini, Agostino: 61 400–401, 406–407, 412, 417, Friedrich I. von Brandenburg: 303 6. Personenregister · 487

Friedrich II. von Brandenburg: 92 (II.284), 98 (II.316), 275 Groland, Ulrich (II.?): 259; Anm.: Anm.: 60 (II.105) (III.159), 310 (III.319) 121 (II.437) Friedrich aus Nürnberg (Kauf- Georg aus Nürnberg (Magister; Groß (Familie): Anm.: 255 (III.59) mann): Anm.: 109 (II.382) mgl. ders. wie Sprachlehrer): 58, Groß, Nikolaus: Anm.: 282 (III.195) Friedrich aus Nürnberg (Schnei- 153, 156, 182 Groß, Philipp: 154, 259, 275; Anm.: der): 51 Georg von Sachsen: Anm.: 328 114 (II.401) Friedrich aus Nürnberg: Anm. 232 (III.397) Gruber, Hans: 173; Anm.: 272 (II.980) Georg III. Schenk von Limpurg, (III.147) Friedrich von Österreich: Anm.: Erzbischof von Bamberg: 288 Gruber, Jakob: 183 246 (III.20) Geuder, Hans: 258, 315, 331, 342 Gruber, Johannes: 171, 177; Anm.: Friedrich von Sachsen (Kurfürst): Giacomo, Alvise de: 17; Anm.: 111 246 (III.20) 229, 288, 313, 315, 322–323, 325, (II.441) Gruber, Konrad: 46, 102, 199; 328, 334, 337, 341, 412; Anm.: Giorgione (Giorgio da Castelfran- Anm.: 44 (II.7) 249 (III.30), 314 (III.336), 327 co): 401, 428 Gruber, Ludwig: Anm.: 260 (III.80) (III.394), 379 (III.606) Glaser, Friedrich: 233; Anm.: 266 Gruber, Wolf: 57 Fuchs, Franz: Anm.: 73 (II.169– (III.109) Grundherr (Familie): Anm.: 254 170), 343 (III.149) Gnam, Michel: 206 (III.51) Füchsel (Familie / Gesellschaft): 154 Goldschmidt, Ernst P.: 369 Grundherr, Michael: Anm.: 405 Füchsel, Albert: 183; Anm.: 232 Gonzaga, Barbara: 262, 302 (III.703) (II.980) Gossemprot, Sigmund: 165 Grundherr, Peter: Anm.: 405 Füchsel, Albrecht: Anm.: 259 Gottfried aus Nürnberg: 141; Anm. (III.703) (III.75) 170 (II.683), 232 (II.980) Grundlach, Sebald: 56, Anm.: 112 Füchsel, Heinrich: 259 Grander, Andreas: Anm.: 166 (II.391) Fugger (Familie / Gesellschaft): 109, (II.654) Guldenmond, Hans: 332 112, 132, 164, 166, 169, 262, 295, Grandiloch, Gottfried: Anm.: 120 Gundelfinger, Rudolf: 143, 155, 358, 425; Anm.: 107 (II.367) (II.428), 272 (III.147) 178, 183, 256, 259; Anm.: 108 Fugger, Anton: 165 Granetl (Familie / Gesellschaft): (II.373), 109 (II.377), 245 (III.14) Fugger, Georg: 174 154, 172, 277; Anm.: 120 Gutknecht, Jobst: 335–336 Fugger, Hans: 262, 326 (II.428), 268 (III.123), 270 Fugger, Jakob: Anm.: 166 (II.654) (III.139) Habelzhamer, Friedrich: 164 Fugger, Johannes: 166 Granetl, Jacob: 172, 271; Anm.: Häberlein, Mark: Anm.: 28 (I.76), Fugger, Lukas: 174 Fugger, Ulrich: 174, 262–263 153 (II.584), 272 (III.147), 273 48 (II.32), 88 (II.265), 89 (II.279), Fürer, Christoph: 227 (III.148), 277 (III.174) 93 (II.288), 297 (III.259), 402 Futtach, Johann: Anm.: 112 (II.391) Granetl, Niclas / Nikolaus: 172; (III.691) Fütterer (Fam.): Anm.: 255 (III.59) Anm.: 269 (III.132), 272 Haller (Familie): 254–255; Anm.: Fütterer, Jörg: Anm.: 207 (II.870), (III.147), 273 (III.148), 277 74 (II.176), 282 (III.244), 313 (III.330) (III.174) Haller, Agnes (geb. Hirschvogel): Granetl, Ulrich: 154, 259 Anm.: 256 (III.64) Gartenor, Johannes: Anm.: 170 Grau, Konrad: 164 Haller, Andreas: 152, 155; Anm.: (683), 233 (II.980) Grebe, Anja: Anm.: 401 (III.690) 230 (II.980) Gartner, Hans: Anm.: 262 (III.87) Gregoriis, Johannes und Gregori- Haller, Anna (geb. Hirschvogel): Garzoni, Francesco de: Anm.: 170 us de (Gesellschaft): 365, 370; Anm.: 253 (III.65) (II.678) Anm.: 373 (III.575) Haller, Hieronymus II.: 73–75, 81, Gasar, Stefan: 137 Gregorius aus Nürnberg: Anm.: 232 84–88, 90–91, 93–94, 99, 116, Gasparo, Francesco de: Anm.: 176 (II.980) 121, 126, 145, 219, 227, 236, 247, (II.720) Gregoropulos, Johannes: Anm.: 305, 403; Anm.: 80 (II.212), 92 Gassert Michael: 35 345 (III.457), 352 (III.488), 374 (II.285), 248 (III.26), 258 (III.71), Gazio, Antonio: 405 (III.704) (III.583) 330 (III.403), 353 (III.493) Georg aus / von Nürnberg (Sprach- Grimani (Familie / Gesellschaft): Haller, Jobst I.: 73–75, 90, 256; lehrer): 57–58, 83–84, 91, 99, 122 Anm.: 257 (III.65) 116, 118–119, 144–145, 169, Groland (Familie): 254 Haller, Konrad II.: Anm.: 256 182, 270; Anm.: 86 (II.246), Groland, Lorenz: 154 (III.64) 488 · V. Anhang

Haller, Kunigunde (geb. Rummel): Heugel, Albrecht: 64, 100, 181, 207, 220–221, 252–256, 264, 269, Anm.: 253 (III.67) 222, 255–256, 358, 371; Anm.: 275, 283, 290, 304, 306, 309, 311; Haller, Martin I.: 257 249 (III.28) Anm.: 105 (II.358), 270 (III.135), Haller, Paulus II.: Anm.: 257 Heyd, Wilhelm: 22, 217 310 (III.314), 406 (III.706) (III.65) Hirschvogel (Familie / Gesell- Hirschvogel, Lienhard II.: 73, 100, Haller, Ruprecht: 252; Anm.: 60 schaft): 24, 45, 100, 109, 120, 129, 132, 153, 157–158, 164, (II.102), 257 (III.65) 129, 132, 146, 152, 157, 158, 171, 200, 206–212, 255, 262, Haller, Sebald: 220, 258, 263; Anm.: 172–173, 178–179, 194, 206, 302, 419; Anm.: 97 (II.331), 57 (I.90) 208, 210–212, 231, 238, 251, 122 (II.441), 179 (II.733), 301 Haller, Ulrich: 73; Anm.: 74 (II. 254–256, 264, 279, 292–293, (III.273) 301, 322, 342, 361, 419, 425; Hirschvogel, Sebald: 208 174) Anm.: 74 (II.174), 93 (II.290), Hirschvogel, Ulrich: 100, 157–159, Haller, Ulrich III.: 257 128 (II.475), 136 (II.516), 171 173; Anm.: 272 (III.147), 273 Haller, Ulrich IV.: Anm.: 252 (II.685), 257 (III.66), 258 (III.69), (III.148), 278 (III.181) (III.64) 272 (III.147), 277 (III.174) Hirschvogel, Veit: 284, 288 Haller, Wilhelm (III. od. IV.): 368 Hirschvogel, Anna (geb. Schürstab): Hirschvogel, Wilhelm: 247; Anm.: Hamerpach, Peter: 181, Anm.: 51 Anm.: 256 (III.64) 256 (III.64) (II.52) Hirschvogel, Augustin: 65–66, 69, Hispruch, Gaspar von: 99, 140; Hammann, Johann: 364 284, 288 Anm.: 182 (II.753), 130 (II.482) Hans (Schuster): 163 Hirschvogel, Bartholomäus: 132, Hochstätter (Familie): Anm.: 304 Harder, Matthäus: Anm.: 194 155, 220; Anm.: 208 (II.877) (III.289) (II.803) Hirschvogel, Bernhardin I.: 129, Hollberg, Cecilie: 21, 40–41, 43, Harsdörffer, Peter: 264 157–158, 168, 185, 200, 208– 50, 55, 59, 161, 199; Anm.: Haser, Kaspar: 58, Anm.: 348 212, 216, 221–223, 225, 255, 266, 119 (II.421), 121 (II.438), 187 (III.471) 308, 404; Anm.: 97 (II.308), 101 (II.772), 189 (II.780), 193 Hassler, Jorg: Anm.: 265 (III.101) (II.327 u. 331), 165 (II.653), 179 (II.795), 201 (II.842), 225 Haut, Cordula (geb. Hirschvogel): (II.733), 201 (II.836), 423 (IV.10) (II.954), 235 (II.984) Anm.: 101 (II.331) Hirschvogel, Bernhardin II.: 203, Holzberg, Niklas: 389; Anm.: 373 Heinfogel, Konrad: 364, 366–367, 308 (III.575), 378 (III.602), 401 376; Anm.: 346 (III.462) Hirschvogel, Christina (geb. Hal- (III.687) Heinrich VIII. von England: Anm.: ler): Anm.: 256 (III.64) Hölzel, Hieronymus: 320 312 (III.326) Hirschvogel, Deokarus: Anm.: 255 Holzschuher (Familie): Anm.: 255 Heinrich aus Nürnberg: 58; Anm.: (III.58) (III.59 u. 61), 312 (III.329) 232 (II.980) Hirschvogel, Endres: 315, 331, 342 Holzschuher, Georg: Anm.: Heinrich von Sachsen: 60–61, 131; Hirschvogel, Franz: 42, 46, 64, 71, 257–258 (III.69) Anm.: 245 (III.12) 100–102, 109, 111, 122, 129, Holzschuher, Hieronymus: 356 132, 136, 157, 166–168, 170, 178, Holzschuher, Karl III.: 256; Anm.: Heinrich Hermann aus Nürnberg: 180–182, 186, 193, 197–200, 257 (III.65) 57, Anm.: 189 (II.779) 202–203, 207–208, 211–212, Hongeleing, Albrecht: 164 Helena, Dienerin der Anna Stude- 216, 219, 222–225, 231, 233, Honold, Hans: Anm.: 166 (II.654) nicher: 53 236, 240, 266, 418; Anm.: 46 Horn, Franz: 260, 265, 281, 288 Helmrath, Johannes: Anm.: 386 (II.15), 55 (II.82), 82 (II.220), 92 Hörwarth (Familie): Anm.: 286 (III.634), 394 (III.675) (II.288), 93 (II.290), 97 (II.308), (II.216) Herbort, Johann(es): 366, 375; 120 (II.432), 129 (II.477), Huber, Elisabeth: 171; Anm.: 260 Anm.: 262 (III.92) 165 (II.653), 171 (II.685), 183 (III.79) Hermann von Nürnberg (Bäcker): (II.758), 190 (II.783), 191 (II. Huber, Linhart: 171; Anm.: 260 225 788), 196 (II.818), 201 (II.842), (III.79) Herr, Michael: 392 249 (III.28) Hummelburg, Gabriel: 388 Heß, Johannes: 391; Anm.: 362 Hirschvogel, Heinrich: 141, 159, Hute, Georg: Anm.: 140 (II.541) (III.531) 182; Anm.: 139 (II.533), 233 Hutten, Ulrich von: 398, 433 Hessus, Helius Eobanus: 377–378, (II.980) 380, 408 Hirschvogel, Lienhard I.: 100, 125, Imhoff (Familie / Gesellschaft): 24, Heubissweybler, Heinrich: 164 128–129, 132, 153, 157, 211–212, 39, 44–45, 72, 74, 79, 109–111, 6. Personenregister · 489

120, 129–130, 132–135, 146, 77 (II.192), 122 (II.441), 135 Imhoff, Magdalena (geb. Tucher): 150 –152, 156 –159, 165, 168, (II.512), 136 (II.515) Anm.: 128 (II.475), 257 (III.66) 172, 176 –177, 185, 188, 200, Imhoff, Hans V.: 103, 164, Imhoff, Michael: 156; Anm.: 82 204–205, 207–213, 226, 229, 208–209, 212, 251, 255, 257, (II.220), 245 (III.12) 231, 238, 251, 255–256, 258, 262, 264, 281, 282, 286, 293; Imhoff, Niklas: 133; Anm.: 256 262–263, 265, 268–269, Anm.: 75 (II.179), 153 (II.584), (III.62) 271–272, 274–275, 278–279, 211 (II.891), 259 (III.76), 269 Imhoff, Pangratius: 133, 256 286, 290–298, 301–302, 309, (III.128), 273 (III.150), 290 Imhoff, Paul(us): 95, 171, 177, 183, 342, 347, 359, 367, 402, 405, 407, (III.231), 294 (III.251 u. 255), 302; Anm.: 211 (II.891), 257 410, 412, 416 –417, 419–420, 310 (III.317), 338 (III.440), 402 (III.65), 302 (III.280) 423–426; Anm.: 107 (II.366), (III.694), 405 (III.704) Imhoff, Peter d. Ä.: 206–207, 209, Imhoff, Hans VI.: 74, 128, 156, 185, 138 (II.527), 170 (II.678), 211; Anm.: 210 (II.888) 226, 246, 257, 282, 284–285, 171 (II.691), 178 (II.731), 194 Imhoff, Peter I.: 45, 61, 77, 111, 321, 323, 323, 335, 354–355, 359, (II.802), 218 (II.928), 250 134–135, 152, 157–158, 160, 177, 367, 393, 408–409; Anm.: 228 (III.30), 266 (III.110 u.112), 188, 209–210, 212, 255, 257, 271, (II.972), 250 (III.30), 258 (III.69), 267 (III.112), 270 (III.139), 273 294, 419; Anm.: 71 (II.161), 136 (III.150), 276 (III.170), 362 305 (III.296), 382 (III.620), 394 (III.674) (II.515), 151 (II.573), 245 (III.12), (III.528) 258 (III.69), 402 (III.694), 406 Imhoff, Anna (geb. Pirckheimer): Imhoff, Hans VII.: 394 Imhoff, Heinrich: 58–59, 121, 123, (III.705) Anm.: 156 (II.602) Imhoff, Sebald: 132, 164, 256 Imhoff, Endres I.: 44, 46, 71–78, 133, 139, 142–143, 155–156, 170–171, 176, 233; Anm.: 122 Imhoff, Sebastian: 77, 156, 185, 227; 81, 133–134, 147, 151–152, 156, (II.439 u. 441), 153 (II.586), 156 Anm.: 111 (II.388), 258 (III.71) 159, 168–169, 177, 209–210, (II.602), 177 (II.721) Imhoff, Sibylle (geb. Paumgartner): 212–213, 220, 226, 238, 243– Imhoff, Helena (geb. Pfinzing): 165 244, 246–247, 255–256, 258, Anm.: 256 (III.62) Imhoff, Simon: 77, 79, 156, 159, 266, 273, 283, 286, 302, 314, 419; Imhoff, Hieronymus: 45, 76–77, 165, 245; Anm.: 168 (II.669) Anm.: 57 (II.90), 79 (II.204), 82 95, 128, 134, 136, 151–152, Imhoff, Ulrich: 160, Anm.: 291 (II.220), 89 (II.204), 91 (II.274), 165, 227, 283, 299, 302, 330, (III.247) 100 (II.321), 110 (II.384), 121 338; Anm.: 79 (II.209), Anm.: Imhoff, Ursula (geb. Holzschuher): (II.435), 128 (II.472), 138 111 (II.388), 138 (II.527), 270 Anm. 257 (III.65) (II.527), 245 (III.12), 257 (III.66), (III.140), 273 (III.150), 286 Imhoff, Ursula (geb. Honold): 165 281 (III.190), 289 (III.226), (III.214), 270 (III.231), 301 (III. Imhoff, Ursula (geb. Nützel): 255 301 (III.276), 307 (III.301), 402 276), 303 (III.286), 304 (III.291), (III.694), 427 (IV.32) Imhoff, Ursula (geb. Schlauders- 309 (III.312), 318 (III.354), 329 bach): 286; Anm.: 289 (III.226) Imhoff, Endres II.: 72; Anm.: 286 (III.399–400) (II.216), 427 (IV.32) Imhoff, Veit: 120 126, 135, 283, Imhoff, Johannes: 132 287, 367; Anm.: 86 (II.246), 93 Imhoff, Erhard: 132, 256 Imhoff, Katharina (geb. Muffel): (II.289–290), 105 (II.357), 111 Imhoff, Felicitas (geb. Pirckheimer): 74, 226, 282, 286; Anm.: 128 (II.388), 139 (II.531), 258 (III.71), 226; Anm.: 128 (II.472), 258 (II.473), 307 (III.301) 290 (III.231), 310 (III.317), 338 (III.69) Imhoff, Konrad II.: 110, 133–134, (III.440) Imhoff, Franz: 135, 156, 167, 185, 156, 204, 206, 209, 225, 254; Imhoff, Willibald: 282; Anm.: 285 194, 247, 258, 293–294, 405; Anm.: 205 (II.857), 216 (II.917) Anm.: 74 (II.183), 91 (II.279), 111 Imhoff, Konrad III.: 45, 77, 133, (III.212), 287 (III.218) (II.388), 137 (II.524), 255 (III.61) 152, 173, 176, 209, 212, 255; Imhoff, Wolf: 45, 77–80, 85, 152, Imhoff, Gabriel: 71, 258; Anm.: 82 Anm.: 135 (II.512), 207 (II.867), 164, 188; Anm.: 245 (III.13) (II.220), 245 (III.12), 255 (III.61), 268 (III.119), 285 (III.209) Israel, Uwe: 22, 26, 40, 193; Anm.: 258 (III.71) Imhoff, Konrad IV.: 177, 209, 255, 19 (I.26), 32 (I.104), 103 (II.342), Imhoff, Georg: 159 258, 273, 362, 405 179 (II.733), 189 (II.778),194 Imhoff, Hans III.: Anm.: 156 Imhoff, Ludwig: 45, 77, 151–152, (II.805) (II.602) 225, 244, 290–291, 302; Anm.: Imhoff, Hans IV.: 133–134, 171, 136 (II.515), 244 (III.12), 301 Jacobi, Zaninus: 141; Anm.: 140 211, 255–256, 281, 301; Anm.: (III. 276) (II.542) 490 · V. Anhang

Jenson, Nicolas: 351, 363–364, Kheir-ed-Din Barbarossa: 317, 329, Kraus, Marita: Anm.: 30 (I.90) 366–368, 371–372, 375; Anm.: 333 Krauss, Heinrich: Anm.: 128 373 (III.575) Khurn, Eberhard: Anm.: 76 (II.190) (II.471) Johannes XXIII. (Papst): 124–125, Khurn, Marquard: Anm.: 76 Kreber, Leonhard: Anm.: 325 254, 258; Anm.: 45 (II.13), 120 (II.190) (III.386) (II.431), 155 (II.596), 259 (III.72) Khurn, Treulieb: Anm.: 76 (II.190) Krel, Anna: Anm.: 284 (III.207) Johann(es) von Köln (Drucker): Kneussel, Hans: 156 Kress (Familie / Gesellschaft): 366, 369, 375–376; Anm.: 373 Kneussel, Sebald: 111, 157, 178, 219; 30, 39–40, 45, 77, 83, 120, (III.575) Anm.: 93 (II.290), 182 (II.751), 129–131, 138, 146, 154, 157–158, Johannes aus Nürnberg (Bäcker): 367 (III.548) 163 –164, 172, 174 –178, 188, 50, 54–55, 162–163, 180–181, Koberger (Familie / Gesellschaft): 204, 210, 231, 238, 254, 259, 269, 187, 197–198, 220, 224, 233, 237; 229, 357, 382; Anm.: 378 274–275, 277–279, 287, 290, Anm.: 56 (II.84); 196 (II.817), (III.604) 292, 295, 301, 402, 418–419; 201 (II.842) Koberger, Anton: 350, 356–358, Anm.: 123 (II.446), 124 (II.453), Johannes aus Nürnberg (Kauf- 377–380, 385, 408; Anm.: 383 262 (III.85), 268 (III.119), 270 mann): Anm. 183 (II.756) (III.623) (III.135), 272 (III.145), 273 Johannes aus Nürnberg (Schnit- Koberger, Hans: 168, 383; Anm.: (III.150), 276 (III.170), 310 zer): 65 79 (II.204), 301 (III. 276), 357 (III.318), 406 (III.706) Johannes aus Nürnberg (Schuster, (III.508), 373 (III.580), 385 Kress, Albrecht: 245 Ende 15. Jh.): 161–162 (III.630) Kress, Anton: 354–555, 365, Johannes aus Nürnberg (Schuster; Kolb, Anton: 46, 64, 100, 109–110, 389; Anm.: 352 (III.492), 361 Anf. 16. Jh.) 51–53, 55–56, 128, 157, 159–160, 165–166, 178, (III.524), 373 (III.578), 386 161–162, 191, 196, 201, 233 185, 187, 207, 222, 225, 231, 308, (III.637), 388 (III.647) Johannes aus Nürnberg (Vater des 358, 385, 430–431; Anm.: 46 Kress, Barbara (geb.: Stromer): 287 Sprachlehrers Georg): 58 (II.15), 101 (II.333), 179 (II.731), (II.220), 289 (III.226) Johannes aus Nürnberg: Anm.: 51 202 (II.845), 206 (II.864), Kress, Friedrich (II.): 130, 154, 158; (II.52) 208 (II.872), 249 (III.28), 384 Anm.: 45 (II.12), 264 (III.97) Johann von Sachsen: 325; Anm.: (III.628) Kress, Friedrich III.: 46, 77, 79–81, 316 (III.345), 326 (III.387) Kolb, Franz: Anm.: 211 (II.893) 85, 169, 174–175, 189, 204, Johannes (Bäcker): 163; Anm.: 160 Kolb, Johannes: 207 206, 244–245, 287; Anm.: 45 (II.623) Kolb, Paul: 174; Anm.: 270 (III.139) (II.12), 76 (II.189), 91 (II.274), Johannes (Deutscher): 163 Kolb, Stefan: 207, 266; Anm.: 206 205 (II.857), 246 (III.17), 264 Johannes (Schuster): 51–52 (II.864) (III.97), 424 (IV.15) Johannes, Georg: Anm. 232 (II.980) Koler (Familie / Gesellschaft): 109, Kress, Georg: 302 Julius II. (Papst): 312 204; Anm.: 120 (II.428) Kress, Hieronymus: 46, 175; Anm.: Koler, Erkenbrecht: 204, 206, 257; 163 (II.639) Kaller, Erhard: Anm.: 260 (III.80) Anm.: 57 (II.90) Kress, Hilpolt: 130, 160, 163, Kamerer, Ulrich: 164, 175 Koler, Johannes: Anm. 171 (II.691) 174, 182, 203, 210, 226, 259, Karl V. (Kaiser): 433 Koler, Seufried: Anm.: 101 (II.331) 265, 270, 292, 299, 309; Anm.: Kaser, Stefan: 101, 166, 178, Koler, Stefan: 109, 143, Anm.: 124 (II.453), 175 (III.716), 199–200, 219; Anm.: 93 (II.288), 98 (II.316), 164 (II.642), 232 178 (II.730), 214 (II.910), 216 97 (II.308), 179 (II.732), 208 (II.980), 256 (III.62), 257 (III.68), (II.917), 272 (III.145 u. 147), 273 (II.873) 259 (III.75), 269 (III.132), 270 (III.148–149), 274 (III.174), 293 Kellenbenz, Hermann: 39; Anm.: (III.139) (III.247) 16 (I.12) Konrad aus Nürnberg: 195; Anm.: Kress, Konrad: 123–124, 126, Kessler, Fritz: Anm.: 260 (III.79) 163 (II.640), 256 (III.62) 130–131, 145–146, 171, 174, 176, Ketmer (Buchhändler): 380 Kopf (Familie): 254 257, 259; Anm.: 109 (II.377), 124 Ketzel (Familie): 60, 291 Kottwig, Bernhard: Anm.: 292 (II.453), 423 (IV.9) Ketzel, Endres: 153, 157, 171 (III.244) Kress, Leopold: Anm.: 154 (II.593) Ketzel, Georg II.: 60, 171 Kötzel (Familie): Anm.: 286 (II.214) Kress, Magdalena: Anm.: 287 Ketzel, Sebald: 60; Anm.: 292 Kraftshofer, Ulrich: 349–350 (II.219) (III.244) Kraus, Hans: Anm.: 260 (III.79) Kress, Martin: 60, 131 Keyfferer, Jacob: Anm.: 105 (II.357) Kraus, Jakob: 304 Kress, Sebald: 131 6. Personenregister · 491

Kress, Ulrich: 174; Anm.: 130 Loredan, Marco Antonio: 180 Melanchthon, Philipp: 357–358, (II.484) Lorenz aus Nürnberg: 43, 56; Anm.: 379, 382, 384, 386, 398, 408 Kress, Walpurga: 175, 189, 245; 160 (II.625), 233 (II.982) Melber, Mathes: Anm. 121 (II.437) Anm.: 80 (II.211), 174 (II.711) Luca (Kaplan des Sebaldaltars): Memminger, Jobst: Anm.: 105 Kunhofer, Endres: 59, 185, 220, 307, 200, 213; Anm.: 190 (II.784) (II.382) 348; Anm.: 308 (III.303) Ludwig II. von Ungarn: 324, 326; Memminger, Levin: 173, 207–208; Kunhofer, Konrad: 124 Anm.: 325 (III.386) Anm.: 211 (II.893), 270 (III.139) Kurz, Thomas: 131, 207, 210 Ludwig III. von der Pfalz: 125, 258, Memminger, Lorenz: 262, 348 325 Mendel (Familie / Gesellschaft): 45, Laden, Michael: 304 Ludwig XII. von Frankreich: 312, 61, 108–110, 115, 120, 129–131, Lange, Johannes: 378, 380 340 133, 146, 154–155, 158, 178, 231, Langnase, Angelinus: Anm. 164 Ludwig (Bäcker): 162 238, 253, 275, 279, 287, 290, 419; (II.642) Lumini(bus), Biasio de: Anm.: 140 Anm.: 173 (II.700), 210 (II.887), Laskaris, Konstantin: 390 (II.542), 170 (II.683) 254 (III.49), 256 (III.62), 262 Leib, Kilian: 381–383, 386, 397 Luther, Martin: 308, 358, 382–383 (III.85), 273 (III.149), 402 Lemmel, Kaspar: 271, 294; Anm.: (III.693) 262 (III.87) Maduzio, Paolo: 171 Mendel, Georg: 99, 110, 130, Lengenfelder, Jörg: 155, 247 Mair, Rigo: 166 140–141, 155–156, 209, 247; Leonhard aus Nürnberg (Spiegel- Malon, Gabriel: Anm.: 325 (III.386) Anm.: 130 (II.482), 182 (II.753) macher): 52–53, 55–56, 160, Mangemaster, Peter: Anm.: 120 Mendel, Hans: 173, 178; Anm.: 272 187; Anm.: 51 (II.52), 54 (II.72), (II.428) (III.147) 231 (II.981) Manthen von Gerresheim, Johann: Mendel, Konrad I.: Anm.: 254 Letscher, Kaspar: Anm.: 81 (II.216) 369, 376; Anm.: 373 (III.575) (III.49) Liechtenstein, Peter / Petrus: 364, Manutius, Aldus: 59, 344, 351–352, Mendel, Marquard I.: 108, 178; 366 354, 361, 371–375, 379–381, Anm.: 129 (II.481), 254 (III.49) Lindemar, Wilhelm: 354, 356 383–385, 388–390, 392, 395, Mendel, Marquard II.: 108, 124, Lippaccio de Bardi, Ilarione: 155; 397–399, 408; Anm.: 345 143, 155, 257; Anm.: 100 (II.322), Anm. 139 (II.533), 259 (III.72) (III.457–458) 109 (II.379), 138 (II.529), 275 Lippomani (Familie / Gesellschaft): Maria, Frau des Bäckers Johannes: (III.165) 120; Anm.: 133 (II.503) Anm.: 51 (II.48) Mendel, Peter I.: 104; Anm.: 254 Locatellus, Bonetus: 368; Anm.: 373 Marsilius, Antonius: Anm.: 103 (III.49) (III.575) (II.343) Mendel, Peter III.: 257 Lochinger, Hans: 286 Marstaller, Konrad: 207, 212, 166; Lochinger, Ursula (geb. Imhoff): Anm.: 210 (II.888) Mendel, Wilhelm: 141, 153, 155, 286 Martinego, Gabriel da: 323 173, 178, 233; Anm.: 272 Lochner, Johann: 262, 302, 364, Matthias, Sohn des Kochs Nikolaus: (III.147) 368; Anm.: 346 (III.462) 57 Menego, Antonio: 122, 140 Lochner, Stefan: Anm.: 266 (III.111) Maych, Martino de: Anm.: 163 Meuting (Familie): Anm.: 286 Löffelholz (Familie): Anm.: 254 (II.639) (II.216) (III.51) Mayer, Ulrich: Anm.: 112 (II.391) Michael aus Nürnberg (Küster): 58 Löffelholz, Barbara (geb. Hirschvo- Maximilian I. (König/Kaiser): 213, Michiel, Alvise: 120, 169, 173, 174, gel): Anm.: 257 (III.65) 258, 308, 312–319, 337, 381, 385, 176, 268; Anm.: 129 (II.477), Löffelholz, Christoph: 60 412, 423–424, 428, 430 133 (II.503), 207 (II.869), 267 Löffelholz, Johannes: 347; Anm.: Meder, Lorenz: 87–88, 118; Anm.: (III.112), 270 (III.136), 276 263 (III.96), 346 (III.462) 99 (II.317), 116 (II.405) (III.168), 402 (III.692) Löffelholz, Thomas: 60 Medici (Familie / Bank): 120, 125, Miorati, Antonio: 120, 261 Löffelholz, Wilhelm: 256; Anm.: 131, 155, 175, 258–259, 266, Mistrom, Antonio: Anm.: 183 257 (III.65) 410, 420; Anm.: 45 (II.13), 139 (II.756) Loose, Wilhelm: 39, 282; Anm.: 104 (II.533), 254 (III.53) Mocenigo, Alvise (Doge): 16, (II.346) Medici, Giovanni di Bici: Anm.: 155 170 –171, 179 Loredan, Leonardo: 134, 251, 416, (II.596), 266 (III.109) Mocenigo, Alvise: 433 424; Anm.: 149 (II.571), 179 Meischner, Heinrich: Anm.: 138 Mocenigo, Jacopo: 171, 177, 183 (II.735), 246 (III.20) (II.529) Morel, Ervoem: Anm. 143 (II.559) 492 · V. Anhang

Moro, Christoforo: Anm.: 246 Orlando, Ermanno: 26; Anm.: Paurlen, Wilhelm: Anm.: 215 (III.20) 15 (I.9), 18 (I.25), 21 (I.36), 56 (II.913) Morosini, Alvise: Anm. 123 (II.443) (II.83), 149 (II.570) Pender, Peter:Anm.: 48 (II.30), 57 Morus, Thomas: 390 Ortl, Mathias: 165 (II.90) Mueller, Reinhold C.: Anm.: 57 Ortlieb, Ulrich: 264 Pesaro, Benedetto: 320 (II.92) Osopoeus, Vincentius: Anm.: 375 Peter aus Nürnberg: 163; Anm.: 57 Muffel (Familie): 262; Anm.: 255 (III.588) (II.91), 232 (II.980) (III.59 u. 61), 253 (III.42) Ott, David: 227 Petreius, Johann: 336 Muffel, Gabriel I.: 62, 282; Anm.: Ottnant, Hermann: 154 Peurl (Pewrll), Wilhelm: Anm.: 263 153 (II.584) (III.96) Peutinger, Konrad: 392 Mühlich, Christoph: 165 Pacioli, Luca: 361 Peypus, Friedrich: 390, 392 Mulich, Matthias: 293 Paisey, David: 372; Anm.: 373 Pfinzing (Familie): 254, 285 Müller, Karl Otto: 39 (III.575) Pfinzing, Berthold XI.: Anm.: 257 Mund, Claus: 281 Panckelsheim, Hans v.: 57; Anm.: (III.68) Münzer, Hieronymus: 369–371, 21 (I.36) Pfinzing, Franz: 170; Anm.: 232 376 –378, 397 Pandolfi, Konrad: Anm.: 100 (II.325) (II.980) Musuros, Markos: 345, 352, 371, Pfinzing, Jörg: 60 374, 390; Anm.: 394 (III.676) Pannartz, Arnold: Anm.: 351 (III.486) Pfinzing, Ludwig: Anm.: 257 (III.68) Nasi, Benedetto: 184 Panofsky, Erwin: 13 Parduzi, Andrea: 158, 170; Anm. Pfinzing, Peter: Anm. 122 (II.441); Neuenahr, Heinrich v.: 247, 170 (II.683) 140 (II.541) 381–382, 386–387; Anm.: 220 Pfinzing, Sebald: Anm.: 256 (III.62) Parduzi, Giovanni: 170, 182 (II.940) Pfinzing, Seifried: Anm.: 256 Paumgartner (Familie): 88, 131, Neumeister, Konrad: 177 (III.62) 146, 157, 251, 303; Anm.: 107 Nickel, Hanns: 49, 65–69, 159, 219, Pfinzing, Sigmund: Anm.: 120 (II.366), 120 (II.428), 158 249, 263; Anm.: 250 (III.30) (II.428), 143 (II.557), 170 (II.612), 173 (II.700), 254 (III.51), Nikolaus von Frankfurt (Drucker): (II.683), 232 (II.980) 255 (III.61), 263 (III.96), 276 366 Pico dela Mirandola, Francesco: (III.170) Nikolaus aus Nürnberg (Koch): 265, 275 Paumgartner, Anna (geb. Kress): 57, 233 Piero, Girolamo de: 74, 77, 151, 154 Nikolaus aus Nürnberg: 56; Anm.: 169, 177 Paumgartner, Anton: Anm.: 138 Pilatto, Conte: 177 53 (II.66), 57 (II.91) (II.529) Nikolaus aus Ulm: Anm.: 172 Pincius, Philipp: 366, 370 Paumgartner, Caspar: 137, 145 Pinfließer, Sebald: Anm.: 121 (II.696) Paumgartner, Franz: 197, 200–201, Nikolaus (Bäcker): 51–52, 162, 196 (II.437) 223 Piombo, Sebastiano del: 204 Nobili, Pietro Antonio de: Anm.: 93 Paumgartner, Hans: 262 Pirckheimer (Familie / Gesell- (II.292), 327 (III.394) Paumgartner, Konrad IV.: Anm.: schaft): 45, 120, 129, 143, 146, Nützel (Familie): 254, 291; Anm.: 130 (II.484) 154–156, 158, 172, 178, 254, 277, 255 (III.59 u. 61), 258 (III.69) Konrad VI.: 154, 173, 264; Anm.: 279, 285, 287, 398; Anm.: 125 Nützel, Agnes (geb. Hirschvogel): 124 (II.453), 269 (III.132), 270 (II.454), 255 (III.59), 424 (IV.15) Anm.: 255 (III.58), 257 (III.65) (III.139), 272 (III.147), 273 Pirckheimer, Caritas: Anm.: 375 Nützel, Gabriel I.: 256; Anm.: 153 (III.148) (III.588) (II.584), 177 (II.723), 257 (III.65) Paumgartner, Konrad VI.: 173 Pirckheimer, Franz: 141, 153, 155 Nützel, Kaspar: 255, 310, 325; Paumgartner, Martin: Anm.: 178 Pirckheimer, Georg: Anm.: 108 Anm.: 94 (II.294), 287 (III.219) (II.729) (II.373), 109 (II.377) Paumgartner, Sebald: 90, 137; Pirckheimer, Hans: 346 Offenbacher, Emile: 372 Anm.: 158 (II.612) Pirckheimer, Johann: 344, Österreicher, Seiz/Seyfried: 154, Paumgartner, Stefan: 60, 62, 131, 346–347, 353, 366, 372 172; Anm.: 120 (II.428), 173 288, 319; Anm.: 147 (II.566), Pirckheimer, Konrad: 122, 124, (II.698), 269 (III.132), 273 221 (II.942), 245 (III.12), 278 133, 139, 142–143, 155, 170–172, (III.148) (III.181), 338 (III.436) 178, 256; Anm.: 125 (II.454), 6. Personenregister · 493

156 (II.602), 245 (III.14), 268 Priuli, Girolamo: 96, 183, 425; Reich, Sebald: 103; Anm.: 104 (III.124), 272 (III.147), 273 Anm.: 150 (II.572). 426 (IV.25) (II.346), 257 (III.66), 258 (III.71), (III.148), 277 (III.174) Priuli, Vincenzo: 183 263 (III.96) Pirckheimer, Lorenz / Laurenz: Priuli, Zuan Francesco: Anm.: 133 Reich, Sebald (ev. Rizzo): Anm.: 124–125, 141, 153, 155, 172, 232; (II.503) 269 (III.128), 273 (III.150) Anm.: 138 (II.529) Pronsteter, Hans: 174 Reich, Thomas: 56, 71,74, Pirckheimer, Nascimbaldo: 142; 77–81, 86, 91–92, 102, 151, Anm.: 153 (II.586), 156 (II.602) Querini (Familie / Gesellschaft): 175 156, 159, 168, 188, 200, 227, Pirckheimer, Paul: 142; Anm.: 232 229, 245–246, 248, 258, 265, (II.980) Radenecker, Johann: 366 301, 304–309, 315, 317, 319, Pirckheimer, Sebald: 139, 141–142, Rainald von Nimwegen (Drucker): 324; Anm.: 66 (II.133), 75 (II. 233; Anm.: 153 (II.586), 156 366, 369; Anm.: 373 (III.575) 182), 93 (II.292), 100 (II.321), (II.602) Rammler, Georg: Anm.: 93 (II.290), 105 (II.358), 119 (II.425), 138 Pirckheimer, Thomas: 345–346 136 (II.516) (II.527), 228 (II.974), 258 Pirckheimer, Willibald: 14, 20, 28, Rapolt, Thomas: 56 (III.71), 270 (III.135), 303 39, 48–49, 67–69, 74, 127–128, Ratdolt, Erhard: 349, 370–371, (III.286), 306 (III.298), 310 (III. 156, 159, 185–187, 220–221, 376; Anm.: 351 (III.486), 356 315), 329 (III.399) 226–227, 232, 246–249, 257, (III.507), 373 (III.575) Reicke, Emil: Anm.: 353 (III.494), 265, 272, 275, 281–285, 300, Rauchfass, Hans: Anm. 123 (II.445) 384 (III.628) 302, 304, 306–308, 310, 313, Reck (Familie): Anm.: 120 (II.428) Reinhard, Wolfgang: Anm.: 151 315, 321, 323, 331, 335, 337, Reck, Hermann: 45, 122–126, 130, (II.575) 140, 143, 145–146, 148, 154–155, 342–347, 352–355, 357–359, Reinhardt, Oswald: 65–69, 159, 361–363, 367–370, 372–394, 157–159, 170 –172, 174, 178, 182, 219, 249, 263 397–401, 406, 409, 412, 421, 232, 258; Anm.: 120 (II.428), Reinsberger / Remsperger, Hans: 430–431, 433; Anm. 101 (II.331), 137 (II.524), 269 (III.131), 424 174 250 (III.30), 256 (III.69), 287 (IV.15) Rem, Andreas: 166 (III.218), 305 (III.296), 325 Reck, Konrad: 124, 172; Anm.: 154 Renner, Franz: 365 (III.386), 329 (III.397) (II.593), 273 (III.148) Res, Peter: 163 Pirovemo, Alexander: 187; Anm.: Reck, Marquard: 124 Reuchlin, Johannes: 347, 374, 160 (II.623) Regiomontanus: 365; Anm.: 346 383–384, 386, 389, 397–398; Pisani, Lorenz: 179 (III.462), 377 (III.598), 413 Anm.: 373 (III.577) Podmer, Leonhard: 140–141 (III.715) Reuter, Jacob: Anm.: 327 (III.395) Podmer, Peter: 140–141 Rehlinger (Familie): 109, 112, 132, Polis, Andrea de: 170 ; Anm.: 158 165; Anm.: 165 (II.653), 168 Rhenanus, Beatus: 392, 395 (II.616) (II.666) Ricci, Alvise: 204 Polmer, Nicolaus: Anm.: 232 Rehlinger, Johann: Anm.: 313 Richt, Hermann: 58–59, 153, 182; (II.980) (III.330) Anm.: 232 (II.980) Polo, Marco: Anm.: 350 (III.480) Rehlinger, Konrad: Anm.: 166 Rieter (Familie): 60 Pömer, Hans: 136–137, 145, 244, (II.654) Rieter, Eustachius: 60 316–317, 324, 329; Anm.: 95 Rehlinger, Wilhelm: 78, Anm.: 165 Rieter, Peter: 60 (II.296), 304 (III.291) (II.653) Rieter, Sebald I.: 60,62 Pömer, Hektor: 368 Reich (Familie): Anm.: 257 (III.66) Rieter, Sebald II.: 59–62, 156, 160, Pontanus, Giovanni: 377 Reich, Helena (geb. Imhoff): 103; 211, 219, 244–245; Anm.: 319 Ponte, Antonio de: 122, 171 Anm.: 257 (III.66), 263 (III.96) (III.357) Posta, Luca: 129 Reich, Hieronymus: 66, 68, 77, Rigel, Anton: 247 Praun (Familie): 86, 266, 269, 362; 156, 159, 219, 241, 243, 263, Rigler, Anton: 155 Anm.: 263 (III.96), 267 (III.117), 303–304, 315, 317, 319, 324; Rigler, Stephan: Anm.: 112 (II.391) 285 (III.209) Anm.: 82 (II.220), 147 (II.567), Rigo aus Nürnberg (Bäcker): 50,52, Praun, Hans: Anm.: 266 (III.111) 245 (III.12), 301 (II.276), 306 56, 195; Anm.: 233 (II.980) Praun, Hieronymus: Anm.: 361 (III.298), 325 (III.386) Ris, Ulrich: 155; Anm.: 139 (II.533) (III.524) Reich, Magdalena (geb. Tucher): Rittershausen, Konrad: 394 Praun, Peter: Anm.: 272 (III.147) 103; Anm.: 257 (III.66), 258 Rizius, Bernardinus: 356 Priuli, Andrea: 120, 261 (III.71), 263 (III.96) Rizolo, Francesco: Anm.: 57 (II.91) 494 · V. Anhang

Rizzo, Andrea: Anm.: 104 (II.347), Rummel, Heinrich I.: 254, 256–257 373 (III.575), 76 (II.189), 388 193 (II.799) Rummel, Heinrich II.: 143, 152, (III.642) Rizzo, Christoforo: Anm.: 179 178, 204, 206, 210, 257 Schedel, Hermann d. Ä.: Anm.: 348 (II.733) Rummel, Heinrich III.(?): 109 (III.471) Rizzo, Helena / Elena: Anm.: 185 Rummel, Johann(es): 109, 152; Schedel, Hermann: 347, 371–372; (II.765) Anm.: 143 (II.559) Anm.: 76 (II.189), 388 (III.642) Rizzo, Lorenzo: Anm. 171 (II.691) Rummel, Peter: 143, 152 Schedel, Johannes: 58, 71, 85, 269, Rizzo, Nicolò: 93; Anm.: 104 Rummel, Sebald: Anm.: 131 297, 348, 372, 403, 406; Anm.: (II.347), 105 (II.353), 193 (II.799) (II.488), 257 (III.68) 263 (III.96), 302 (III.281) Rizzo, Piero: 184–185; Anm.: 185 Rummel, Ulrich: 172, 178; Anm.: Scherl, Heinrich: Anm.: 292 (II.765) 272 (III.147), 273 (III.148) (III.244) Rizzo, Sinibaldo: 46, 64, 93, 102– Rummel, Wilhelm I.: 122, 125, Scheuenpflug, Wilhelm: 262 105, 110, 149, 182–184, 186, 193, 131, 143, 152, 154, 172, 174, 178, Scheurl (Familie): 73, 75; Anm.: 195, 197–202, 223, 232–233, 224, 256–257, 293; Anm.: 45 286 (II.214) 236, 240, 418; Anm.: 44 (II.7), (II.13), 139 (II.533), 232 (II.980), Scheurl, Albrecht: 71, 73; Anm.: 47 (II.23), 55 (II.82), 116 (II.405), 245 (III.14), 272 (III.147), 273 360 (III.521) 189 (II.779), 190 (II.783), 191 (III.148), 277 (III.174) Scheurl, Christoph I.: 44, 67–68, (II.789), 218 (II.925) Ruprecht (König): 254; Anm.: 45 73–75, 81, 84–87, 90–91, 93– Rizzo, Sinibaldo (Sohn des Fried- (II.13), 155 (II.595) 95, 109, 116–117, 121, 145, 212, rich): Anm.: 183 (II.759) 219, 227, 236, 243, 247, 278, 287, Rizzo, Zuan Batista: 184, 197, 202; Sachs, Hans: 394 292, 299, 304–305, 362, 403; Anm.: 103 (II.343), 190 (II.783), Salfelder, Hans: 129, 169, 173, 208; Anm.: 70 (II.157), 76 (II.190), 193 (II.799) Anm. 171 (II.685), 270 (III.139) 80 (II.212), 92 (II.284–285), Robert, Jörg: Anm.: 185 (II.766) Salvator aus Nürnberg (Schnitzer): 136 (II.518), 270 (III.139), 277 Roder, Christian: Anm.: 413 52, 55–56, 65; Anm.: 51 (II.52), (III.175), 330 (III.403), 353 (III.715) 53 (II.66) (III.493) Rorer, Linhart: Anm.: 123 (II.443), Salvator aus Nürnberg (Schüssel- Scheurl, Christoph II.: 73, 136–137, 171 (II.688) macher): 197; Anm.: 233 (II.981) 287, 297, 310, 317, 323, 329, 331, Rorer, Petronella: Anm.: 123 Samboch, Konrad: Anm.: 120 333, 335–336, 341, 343, 379, (II.443) (II.428) 431–433; Anm.: 67 (II.139), Rösch, Gerhard: Anm.: 96 (II.301) Samer, Ulrich: Anm.: 225 (II.952) 71 (II.159), 85 (II.243), 287 Rosso, Domenico: 170 Rosso, Menegino: Anm. 122 Sansovino, Francesco: 428, 432 (III.219), 319 (III.354), 327 (II.439) Santbach, Erasmus: 383 (III.394), 328 (III.397), 330 Rotengatter, Linhart: 293 Sanudo, Marin: 96, 299, 313–314, (III.402 u. 404), 369 (III.560) Rummel (Familie / Gesellschaft): 318–320, 323, 326, 338; Anm.: Scheurl, Helena (geb. Tucher): 212; 24, 45, 108, 120, 124–125, 131, 303 (III.286), 315 (III.340), Anm.: 287 (III.220) 154–155, 157–158, 169, 172, 317 (III.347), 321 (III.362), 322 Scheurl, Maximilian: 297; Anm.: 85 174–175, 178, 204, 207, 210, (III.366), 327 (III.392), 336 (II.243) 231, 238, 254, 258–259, 264, (III.428), 430 (IV.48) Schmelzing, Seyfried / Seiz: Anm. 277, 279, 290, 292–293, 419; Saronno, Ambrogio da: 302 153 (II.582), 154 (II.591) Anm.: 74 (II.174), 143 (II.559), Schaper, Christa: 131; Anm.: Schmidt, Konrad: Anm.: 140 256 (III.64), 274 (III.155), 275 73–74 (II.174), 100 (II.324), 101 (II.541) (III.158), 424 (IV.15) (II.327), 109 (II.381), 125 (II.454) Schmugge, Ludwig: 60 Rummel, Franz I.: Anm.: 254 Schauerte, Thomas: Anm.: 185 Schneider, Hans: 423; Anm.: 314 (III.53) (II.766) (III.334), 424 (IV.14) Rummel, Georg: Anm.: 257 (III.67) Schedel (Familie): Anm.: 361 Schneider, Philipp: Anm.: 164 Rummel, Gerhaus (geb. Haller): (III.524) (II.646) Anm.: 257 (III.67) Schedel, Anton: 372 Schneyker, Pandulf: 111 Rummel, Hans: 125, 143, 154, Schedel, Hartmann: 58, 62, 84, 244, Schnöd (Familie / Gesellschaft): 172, 257, 264, 293; Anm.: 131 283, 320–321, 335, 345–348, Anm.: 120 (II.428) (II.488), 272 (III.147), 273 354–356, 358, 364, 368–372, Schnöd, Heinrich: 139; Anm.: 232 (III.148) 375–378, 384, 392, 397; Anm.: (II.980) 6. Personenregister · 495

Schnöd, Jobst: 45, 138–139, 143, 175–176, 178, 268–269, 272, 279; Studenicher, Stefan: 53; Anm.: 52 163, 233; Anm.: 273 (III.148) Anm.: 120 (II.428), 122 (II.446), (II.56), 228 (II.975) Schnöd, Sigmund: 143, Anm.: 120 261 (III.82), 274 (III.155) Süleyman (Sultan): 322, 325 (II.428), 232 (II.980) Soranzo, Gabriel: Anm.: 120 Sulzer (Familie / Gesellschaft): Schnöd, Wilhelm: 143 (II.428) Anm.: 168 (II.666) Schreiber, Heinrich: 403 Soris, Francesco de: 59, 121; Anm.: Sulzer, Leonhard I.: 78, 166 Schreyer, Sebald: 157, 318, 320, 334, 123 (II.444) Sweynheim, Konrad: Anm.: 351 341; Anm.: 153 (II.584) Spalatin, Georg: 384 (III.486) Schürstab (Familie): 254, 268; Spalatin, Sebald: 368 Anm.: 255 (III.59), 256 (III.64), Spengler, Georg: 165–167, 169, Tesser, Johannes: 168 260 (III.77), 270 (III.139) 211, 213–214, 226, 248, 272, Tetinger, Jacob: Anm.: 275 (III.157) Schürstab, Erhard: 262; Anm.: 256 282–283, 308, 357–358, 382– Tetzel, Gabriel: 60 (III.64), 257 (III.67–68) 383, 408; Anm.: 102 (II.337), Tetzel, Hans: 88, 280, 282–283, 288 Schürstab, Hans: Anm.: 256 (III.64) 210 (II.882), 269 (III.128), 270 Tetzel, Lucas: 206 Schürstab, Lorenz: 259; Anm.: 121 (III.136 u. 139), 261 (III.82), 264 Teufel, Johannes: Anm.: 143 (II.437) (III.97), 405 (III.704) (II.557), 232 (II.980) Schürstab, Ursula (geb. Hirschvo- Spengler, Georg (Sohn des Laza- Teuffel, Paul: Anm.: 269 (III.132), gel; zuvor verheiratete Salfelder): rus): 169 273 (III.148) Anm.: 101 (II.331) Spengler, Juliana (geb. Tucher): Thomas, Georg Martin: 22 Schuster, Leo: 24 213, 358 Tizian (Tiziano Vecellio): 401, Schütz, Dr.: Anm.: 362 (III.527) Spengler, Lazarus: 169, 226, 248, 428–429; Anm.: 98 (II.313) Scotus, Octavianus: 368; Anm.: 373 282, 308, 357–358, 382, 397 Tomaso, Paolo de: Anm. 176 (III.575) Spinger, Georg: 194, 200; Anm.: (II.720) Seiz aus Nürnberg: Anm.: 120 233 (II.980) Topler, Erasmus: 368, 375 (II.428) Sporhan-Krempel, Lotte: 35, 311 Topler, Heinz: 271 Selim I. (Sultan): Anm.: 303 Stagninus, Bernardinus: 375, 368 Torre, Mattia de: Anm. 171 (II.691) (III.285) Stahl, Magdalena (Frau des Zacha- Torresanus, Andreas: 364, 376, 379 Semeler, Burckhard: 122, 141; rias): 102; Anm.: 166 (II.658), Tortis, Baptista de: 368, 379–380, Anm.: 232 (II.980), 277 (III.174) 218 (II.925) 382, 397; Anm.: 373 (III.575) Semeler, Heinrich: 122 Stahl, Zacharias: 101–102, 149, Trithemius, Johannes: 389 Semmser, Bernhard: Anm.: 172 166 –167 Trutwetter, Otto: Anm.: 333 (II.696) Stammler (Familie): 262 (III.415) Sensenschmid, Johannes: 380 Stammler, Gotthard: 164 Tschertte, Johann: 327 (III.395) Serenis, Giovanni de: 140 Stammler, Heinrich: 164, 200; Tucher (Familie / Gesellschaft): Siaver, Konrad: Anm.: 272 (III.147) Anm.: 177 (II.725) 39–40, 61, 86, 129, 152, 159, Sicherl, Martin: 361 Stammler, Matthias: Anm.: 200 210 –212, 253 –254, 268 –269, Siede, Artimanus: 140, 159, 182; (II.835) 287, 292, 342, 357, 368–369, Anm.: 233 (II.980), 274 (III.157) Stella, Erasmus: 379 375, 412; Anm.: 73 (II.169), Siefer, Markus / Marco: Anm.: 120 Steiner, Heinrich: 393 74 (II.175), 211 (II.890), 214 (II.428), 273 (III.148) Stengel, Walter: Anm.: 66 (II.134) (II.906), 216 (II.917), 255 Sigismund (König / Kaiser): 17, 125, Stetbeck, Konrad: Anm.: 138 (III.59), 257 (III.66), 263 (III.96), 170, 264, 278, 303, 310–311, 416, (II.529) 290 (III.233), 304 (III.289), 423–424; Anm.: 254 (III.53) Stoß, Veit: 282 310 (III.318), 346 (III.463), 358 Simonsfeld, Henry: 22–23, 38, Straub, Lukas: 337 (III.512) 40, 43, 102, 413; Anm.: 107 Stromer (Familie): Anm.: 254 Tucher, Anna (geb. Reich): Anm.: (II.367–368 u. 370), 112 (II.391 (III.51), 255 (III.59) 263 (III.96) u. 393) Stromer, Endres: 265 Tucher, Anton I.: 211 Sinibaldo aus Nürnberg: Anm.: 172 Stromer, Franz: Anm.: 256 (III.62) Tucher, Anton II.: 73, 103, 211, (II.693), 277 (III.174) Stromer, Ulman: 256 213–214, 226, 228–229, 257, Sirov, Zuan: Anm.: 120 (II.428), 270 Stromer, Wolfgang v.: 16, 24, 93, 282–283, 288, 313, 315, 322– (III.139), 272 (III.147) 252–253, 402; Anm.: 261 (III.85) 323, 325, 328, 334, 337, 341–343, Soranzo (Familie / Gesellschaft): Studenicher, Anna: 53; Anm.: 52 357, 368, 393, 412, 433; Anm.: 100, 124, 131–132, 155, 172–173, (II.56), 228 (II.975) 86 (II.250), 104 (II.346), 244 496 · V. Anhang

(III.9), 249 (III.30), 263 (III.96), Tucher, Sebald IV.: 213 Waldstromer (Familie): 262; Anm.: 269 (III.128), 273 (III.150), Tucher, Stefan: Anm.: 287 (III.219) 120 (II.428) 287 (III.219), 312 (III.329), 314 Tucher, Sixtus: 345 Waldstromer, Franz: 81 (III.334 u. 336), 327 (III.394), Waldstromer, Jakob: Anm.: 273 394 (III.674), 405 (III.704) Uf/senaufer, Marco: Anm.: 120 (III.148) Tucher, Anton V.: Anm.: 128 (II.428), 272 (III.147) Walter, Bernhard: 260, 281 (II.475) Ugelheimer, Peter: Anm.: 60 Weiß, Endres: 56, 92, 159; Anm.: Tucher, Barbara (geb. Hirschvogel): (II.107) 308 (III.305) 211 Ulfilt, Konrad: Anm.: 23 (I.18), 143 Weiss, Peter: Anm.: 109 (II.379) Tucher, Berthold III.: Anm.: 73 (II.556) Welser (Familie / Gesellschaft): 251, (II.169), 211 (II.889) Uttinger, Catherina: 194 291, 425; Anm.: 107 (II.366), 111 Tucher, Berthold V.: 207; Anm.: 73 Uttinger, Georg: 194, 200; Anm.: (II.390), 135 (II.512), 168 (II.666) (II.169) 233 (II.980) Welser, Anton: 263; Anm.: 166 Tucher, Endres I.: 72; Anm.: 73 (II.654) (II.169) Valaresso, Paolo: 321 Welser, Bartholomäus: 78 Tucher, Endres II. 72, 256 Valerio (Beichtvater in Santo Welser, Jakob: 111, 263, 362 Tucher, Endres III.: 207, 212, 257; Stefano): 196 Welser, Sebastian I.: 258 Anm.: 287 (III.219), 405 (III.704) Vanette, Petrus de: Anm.: 122 Wendelin von Speyer (Drucker): Tucher, Felicitas (geb. Imhoff): (II.441), 170 (II.683) 371 Anm.: 128 (II.475) Vazoni, Francesco di: 122 Werder, Steffan: 260 Tucher, Hans IV.: 160 Venatorius, Thomas: 394 Werler, Veit: 387 Tucher, Hans VI.: 59–62, 211–212, Werlich, Friedrich I.: 264 Vencelino, Nicolò: 140 219, 244, 283, 350, 355–356, Werner, Michael: 37 Vendramin (Familie / Gesellschaft): 363–364, 368–369; Anm.: 207 Wilson, Nigel: Anm.: 351 (III.484), Anm. 122 (II.439), 260 (III.79) (II.867) 391 (III.663) Vendramin, Giovanni: 171 Tucher, Hans IX.: Anm.: 211 (II.890) Wimpfen, Johann v.: Anm.: 112 Vendramin, Leonardo: 171 Tucher, Hans XI: 211 (II.391) Vendramin, Luca: 171 Tucher, Herdegen: Anm.: 327 Wirt zu Mayster: Anm.: 164 Venetiis, Angeletto: 121 (III.395) (II.646) Venetus, Bernardinus: Anm.: 373 Tucher, Hieronymus: 258, Anm.: 80 Wirtz, Carolin: 24; Anm.: 19 (I.29), (III.575) (II.214), 86 (II.250) 99 (II.317) Venier, Antonio: 182 Tucher, Katharina (geb. Imhoff): Wittich, Veit: Anm.: 112 (II.391) 283–284; Anm.: 258 (III.71) Venier, Gabriel: Anm.: 321 (III.362) Wolfsthal, Wolfgang: 433 Tucher, Linhart I:. 71,77–78, Venier, Marco: Anm.: 170 (II.678); Wolgemut, Michael: 220, 430 80–81, 86, 92, 128, 136, 151, 171 (II.691), 176 (II.720) Worstbrock, Franz: Anm.: 370 159, 168, 227–229, 241, 244, 246, Vento, Antonio: 136–137, 145, 244, (III.563) 283, 293, 302–303, 304, 307– 316; Anm.: 95 (II.296) 308, 315–317, 324, 329, 330, 338, Vicentino, Andrea: 431 Zafredo aus Nürnberg: Anm.: 277 342, 412; Anm.: 66 (II.133), 74 Vilt, Leonhard: 195; Anm.: 215 (III.174) (II.175), 79 (II.204), 91 (II.274), (II.911) Zantani, Pasqua: 58, 123, 156, 95 (II.296), 105 (II.358), 137 Vischer, Michael: 291 170–171; Anm.: 122 (II.441), 177 (II.519–520), 138 (II. 527), Visini, Zuan: Anm.: 120 (II.428) (II.721) 211 (II.889), 245 (III.12), 268 Volckamer (Familie): Anm.: 205 Zecce, Stephan: 142, 233 (III.124), 270 (III.135), 273 (II.857), 255 (III.59) Zen (Familie / Gesellschaft): 175 (III.150), 287 (III.219), 301 (III. Volkrath, Johannes: 52, 350 Zeninger, Konrad: 52, 350 276), 306 (III.298), 310 (III.315), Von dem Busche, Hermann: Anm.: Zimmermann, Markus: 166 327 (III.395) 375 (III.588) Zinner, Nikolaus: Anm.: 328 Tucher, Margarethe (geb. Imhoff): Vorchtel, Erhard: 309 (III.397) Anm.: 211 (II.891), 257 (III.66) Zug, Stefan: Anm.: 232 (II.980) Tucher, Martin I.: 137, 211; Anm.: Wagner, Pangratz: 332 Zugler, Bartholomäus: 140 73 (II.169), 147 (II.567), 153 Wagner, Peter: 321 Züll, Johannes: 366 (II.584), 212 (II.894), 257 (III.66) Wagner, Ullrich: 85 Zuzi, Stefan: Anm.: 120 (II.428), Tucher, Sebald III.: 211 Waiblinger, Heinrich: 165 272 (III.147) 7. Abbildungen · 497

7. Abbildungen

Abb. 2: Venedig, Fondaco dei Tedeschi (moderne Ansicht)

Abb. 3: Jacopo de’Barbari, Venetie MD, Detail: Fondaco (1500). Venedig, Museo Correr 498 · V. Anhang

Abb. 4: Albrecht Dürer, Rosenkranzfest (1506). Prag, Národní Galerie 7. Abbildungen · 499

Abb. 5: Gentile Bellini, Prozession auf der Piazza San Marco (1496). Venedig, Gallerie dell’Accademia

Abb. 6: Gentile Bellini, Prozession auf der Piazza San Marco, Detail: Deutsche Kauflaute (1496). Venedig, Gallerie dell’Accademia 500 · V. Anhang

Abb. 7: Sebastiano del Piombo, San Sinibaldo (ca. 1507–1509). Venedig, Gallerie dell’Academia

Abb. 8: Teller mit Wappen Lochinger / Imhoff (1523 oder später). Nürnberg, ­Germanisches National­museum 7. Abbildungen · 501

Abb. 9: Albrecht Dürer. Miniatur zu Aristoteles, Opera, Venedig: Aldus Manutius 1495–98. Hannover, Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek, Ink. 153, Bd. 1 502 · V. Anhang Abb. 10: Jacopo de’Barbari, Venetie MD (1500). Venedig, Museo Correr (1500). MD Museo Venetie Venedig, de’Barbari, 10:Abb. Jacopo 7. Abbildungen · 503

Abb. 11: Carlo u. Gabriele Caliari, Nürnberger Abgesandte beim Dogen (nach 1570). Venedig, Palazzo Ducale, Sala delle Quattro Porte 504 · V. Anhang

Abb. 12: Andrea Vicentino, Die Nürnberger Abgesandten empfangen vom Dogen Gesetze (nach 1570). Venedig, Palazzo Ducale, Sala del Maggior Consiglio