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TOURISMUS

Das Niederhorn am Thunersee

Schönheit und Vielfalt der Region Thunersee-Hohgant – finden sie Anerkennung als Naturpark?

Faszinierende Landschaften mit Graten, Schluchten, dehnte Moorlandschaft und sein riesiges Höhlensystem Höhlen und Mooren. Alte Handwerke wie das Kalk- verleihen der Gegend eine Seele mit besonderer Aus- brennen und der Kohleabbau, überlieferte Sagen strahlung. In der Schweiz existiert kaum ein zweites Ge- von Riesen und Zwergen, gelebte Traditionen und biet, wo Agglomerationen mit internationaler Verkehrs- moderner, aber sanfter Tourismus – etwa beim Esel- anbindung und kulturlandschaftlich hochrangige Werte trekking. Dies alles und noch viel mehr ist in der Nä- so nahe beieinander liegen.» Käufeler ist Co-Projektlei- he Thuns zu entdecken: im Naturpark Thunersee- ter bei der Realisierung des geplanten Naturparks. Hohgant. Zehn Gemeinden sowie die Stadt haben sich in einem Verein zusammengeschlossen, Thuner Ausflügler wohnen unmittelbar am Tor zur Re- der sich um das Naturpark-Label bewirbt. Nur zehn gion. Ihnen fallen etwa das Eriz, , das Nieder- Moorlandschaft im Rotmoos, Eriz solche Naturparks wird der Bund unterstützen. horn, das Justistal oder der Hohgant ein, wenn sie nach Osten blicken. Doch die abwechslungsreiche Landschaft eiringen, Grindelwald, Wengen, Mürren, Lenk, aus Mooren, Alpweiden, Gebirgswäldern, Karrenfeldern MAdelboden, Gstaad – «grosse» Namen im Berner und schroffen Kalkgipfeln hat noch viel mehr zu bieten, Oberland. Prominente Orte, die national und internatio- birgt zahlreiche wenig bekannte Natur- und Kultur- nal bekannt sind und hauptsächlich vom Tourismus le- Schätze. Wer weiss beispielsweise, ben. Wer aber kennt den «Naturpark Thunersee-Hoh- – dass in Beatenberg früher Kohle abgebaut wurde? gant»? Es ist eine jener abgelegenen Gegenden, deren – dass sich die Steinböcke am Gemmenalphorn aus der faszinierende landschaftliche und kulturelle Vielfalt den Nähe beobachten lassen? grossen Namen in nichts nach steht. Das östliche Hinter- – dass in jeden Winter ein «Horeschlittenren- land Thuns und des Thunersees erstreckt sich von dessen nen» veranstaltet wird? Ufern bis zum Hohgant, vom Schallenberg-Pass bis an die – dass noch bis Anfang des 20. Jahrhunderts zahlreiche Brienzerrothorn-Kette am Nordufer des Brienzersees. Kalkbrennöfen jenes Material produzierten, das frü- Waldarbeiten Bruno Käufeler vom Thuner Büro IMPULS: «Seine ausge- her an Stelle von Zement verwendet wurde?

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– dass grossflächig zerklüftete Kalkfelsen – Charrenfel- Ausflüge ins Gebiet – der – unter anderem an der Ostflanke der Sieben zwei Tipps Hengste zu finden sind und sich darunter eines der Wer das Gebiet Thunersee- weltgrössten Höhlensysteme verbirgt? Hohgant erleben will, findet – dass aus dieser Gegend zahlreiche Sagen – von Rie- auf der Homepage sen und Zwergen beispielsweise – überliefert sind? www.region-thunersee.ch – dass Eseltrekkings angeboten werden? zahlreiche Hinweise und Ausflugstipps. Hier zwei mit Längst lockt das Gebiet von der Grösse des Kantons Ausgangspunkt Thun: Schaffhausen Ausflügler und Gäste, die einen nachhal- tigen, «sanften» Tourismus schätzen. In diesen Qualitä- Rotmoos im Eriz ten erkannten die drei Gemeinden Eriz, Habkern und – 1,5- bis 2-stündiger Rund- Beatenberg im Jahr 2000 grosse Chancen für die Zu- weg ab Säge Innereriz, kunft. Sie gründeten den Verein Region Thunersee, durch Hoch- und Flach- schlossen sich mit acht weiteren Gemeinden – darunter moore. auch Thun – zusammen und bewarben sich als eine von – Alpkäserei Drüschhubel mit 30 Regionen der Schweiz um die Auszeichnung «regio- Degustation und Kaufmög- naler Naturpark». Deren zehn werden das Label und da- lichkeit von Alpprodukten. mit Unterstützungsbeiträge des Bundes erhalten, um – Es ist auch eine begleitete nicht nur die Region selbst bekannt zu machen, sondern Führung mit Führerinnen auch deren ureigene Produkte wirksamer zu vermark- vor Ort buchbar. ten. Entscheiden wird der Bundesrat ab dem Jahr 2007. – Zufahrt: Ab Thun mit Post- auto bis Säge Innereriz.

Beatenberg-Habkern: lidarisch unter einem Dach zu vereinen, um gemeinsame Wanderung durchs Ziele zu erreichen», meint Käufeler. «Seefeld» – 5- bis 6-stündige Wande- Elf Gemeinden warten auf den Entscheid rung Beatenberg–Vorsass Nebst einer Reihe von Tourismus-, Kultur- und Umweltor- –Oberburgfeld–Oberberg ganisationen sowie Kantons- und Bundesstellen sind elf –Seefeld–Habkern. Gemeinden Partner des Projektes Naturpark Thunersee- – Moorlandschaft und Kar- Hohgant, nämlich Beatenberg, Eriz, Habkern, Homberg, renfelder. Horrenbach-Buchen, Oberhofen, , , – Unterwegs Blick in das , Thun und Unterseen. Noch stehen definitive Häliloch, eine riesige senk- politische Entscheide aus. Der Entscheid des Bundesrates rechte Höhle. wird erst 2007 erwartet. – Zufahrt: Ab Thun bis Beat- enberg–Vorsass. Retour Inwiefern werden die Bewohnerinnen und Bewohner Wird die Region Thunersee-Hohgant tatsächlich als Natur- mit Postauto ab Habkern- der Stadt und der Region Thun von einem anerkannten park anerkannt, werden keine zusätzlichen Gebiete unter Interlaken. Danach Bahn Naturpark Thunersee-Hohgant profitieren? «Ein Natur- Schutz gestellt. «Bereits heute sind hier sehr viele Natur- Interlaken-Thun. park eröffnet den beteiligten Gemeinden neue Finanzie- schutzgebiete, sowie national und international eingestuf- rungs- und Verdienstmöglichkeiten», sagt Bruno Käufe- te Landschaften und Objekte zu finden», sagt Co-Projekt- Details sind ausser im ler. «Die Menschen im Naturpark profitieren von der leiter Bruno Käufeler. Die Anerkennung würde für die Internet (s. oben) auch beim erhöhten kulturlandschaftlichen Qualität durch konkrete Region bedeuten, dass Geld für die Förderung des sanften Info-Center Gunten, Telefon Pflegemassnahmen. Zudem wird der Wertschöpfungs- Tourismus und die Vermarktung der regionalen Produkte 033 251 11 46 und Beaten- kreislauf in der Region mit einer gezielten Produkte- und fliessen würde. «Davon könnten alle in der Region Thun berg-Tourismus, Telefon Angebotsgestaltung für den qualitätsvollen Tourismus ge- profitieren», ist Käufeler überzeugt. 031 841 18 18 zu erfahren. steigert. Ein Naturpark lockt international neue Gäste an. Für Thun als Einstiegspforte in den Naturpark bieten sich Konkret könnten etwa die Angebote des sanften Touris- damit neue Werbe- und Wertschöpfungsmöglichkeiten.» mus im Naturpark gebündelt und besser vermarktet, neue Und was geschieht, wenn der Naturpark als solcher nicht praxisorientierte Bildungs- und Einsatzmöglichkeiten für anerkannt wird? «Die Bestrebungen des Vereins Region Schüler und Studienabgänger geschaffen sowie innovati- Thunersee für eine nachhaltige Entwicklung werden ve Projekte zu Produkteverarbeitung und -absatz (z. B. für trotzdem weitergehen. Es ist dann allerdings wesentlich Holz und Käse) einfacher gefördert werden. ˾ mehr Überzeugungskraft erforderlich, die Gemeinden so- Text: Jürg Alder – Bilder: Büro IMPULS

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