20.00 Uhr Berliner Philharmoniker Montag, 24.01.2011
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Berliner Philharmoniker Montag, 24.01.2011 · 20.00 Uhr So klingt nur Dortmund. BERLINER PHILHARMONIKER SIR SIMON RATTLE DIRIGENT ANNE-SOPHIE MUTTER VIOLINE In unserem Haus hören Sie auf allen Plätzen gleich gut – leider auch Husten, Niesen und Handy- klingeln. Ebenfalls aus Rücksicht auf die Künstler bitten wir Sie, von Bild- und Tonaufnahmen während der Vorstellung abzusehen. Wir danken für Ihr Verständnis! 2,50 E 4 I 5 Robert Schumann GABRIEL Fauré (1845 – 1924) »Pelléas et Mélisande«-Suite op. 80 für Orchester (1898) Prélude. Quasi Adagio La Fileuse. Andantino quasi Allegretto Sicilienne. Allegretto molto moderato La mort de Mélisande. Molto Adagio ANTONÍN DVOrákˇ (1841 – 1904) Konzert für Violine und Orchester a-moll op. 53 (1879) Allegro ma non troppo Adagio ma non troppo Finale. Allegro giocoso, ma non troppo – Pause ca. 21.05 Uhr – ROBERt Schumann (1810 – 1856) Sinfonie Nr. 2 C-Dur op. 61 (1846) Sostenuto assai – Allegro ma non troppo Scherzo. Allegro vivace Adagio espressivo Allegro molto vivace – Ende ca. 22.15 Uhr – 6 I 7 PROGRAMM 8 I 9 EINE TÖDLICHE LIEBE Simrock erbat vom Komponisten 1879 auch ein Solokonzert: »Wollen Sie mir ein Violinkonzert GABRIEL FAURÉ »PELLÉAS ET MÉLISANDE«-SUITE OP. 80 FÜR ORCHESTER schreiben? Recht originell, kantilenenreich und für gute Geiger? Bitte ein Wort!« Dvoˇrák schrieb es. Im Spätsommer 1879 übersandte er die Partitur an den berühmten Geiger Joseph Joachim. Der Die Bühnenwerke des belgischen, französischsprachigen Schriftstellers und Dramatikers Maurice Mae- freute sich über die Widmung, machte aber eine ganze Menge Änderungsvorschläge, woraufhin terlinck übten auf die Komponisten der Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert eine geheimnisvolle Fas- Dvoˇrák das Stück noch einmal komplett umarbeitete. Ein zweites Mal schickte er es Joachim, der zination aus. Die schlichte und dennoch verschleierte Sprache, die symbolischen Szenen, die rätselhaften aber erst zwei Jahre später reagierte – und wieder retuschiert und gekürzt hatte. Joachim selbst Charaktere, die oft traumähnlichen Ereignisse – all das regte an zum musikalischen Weiterdichten dessen, hat das Werk dann nicht zur Uraufführung gebracht. Solist der Erstaufführung am 14. Oktober was hinter den Worten verborgen bleibt. »Pelléas et Mélisande«, ein Schauspiel über eine verbotene, töd- 1883 in Prag war der mit Dvoˇrák befreundete Geiger František Ondˇríˇcek. liche Liebe, gilt als Hauptwerk des symbolistischen Theaters und wurde am 16. Mai 1893 in Paris urauf- geführt. Die Handlung: Mélisande heiratet Golaud, einen bretonischen Prinzen. In Abwesenheit des Gatten Das Violinkonzert a-moll op. 53 ist traditionell dreisätzig – mit zwei schnellen Außensätzen und verliebt sich Mélisande in dessen Bruder Pelléas, der ihre Liebe erwidert. Als Golaud zurückkehrt und vom einem langsamen Satz in der Mitte. Dvoˇráks Personalstil kommt hier zur vollen Entfaltung, etwa in der Verhältnis zwischen seiner Frau und seinem Bruder erfährt, tötet er erst Pelléas, dann Mélisande. Synthese einer transparenten, fasslichen Form mit einprägsamen Themen, die auf mitreißende, unkon- ventionelle und einfallsreiche Art verarbeitet werden. Es ist zudem der ungeheure Reichtum an origi- Claude Debussy hat aus dem Stoff eine Oper gemacht (vollendet 1902), Arnold Schönberg eine nellen melodischen Einfällen verbunden mit einem fein ausgeprägten Sinn für metrisch-rhythmische sinfonische Dichtung (1902/03) und Jean Sibelius eine Schauspielmusik (1905). Der französische Finessen, der fasziniert. Oft tendieren die Themen zu einem folkloristischen Tonfall. Die Fülle seiner Ein- Komponist Gabriel Fauré wurde 1898 gebeten, für die englische Erstaufführung des Dramas in Lon- fälle unterwirft Dvoˇrák selbstverständlich der formalen Bändigung – einer originellen freilich: So ist der don Musik zu komponieren. Es war ein recht kurzfristiger Auftrag. Unter enormem Zeitdruck skiz- Kopfsatz ein Zwitter aus Sonaten- und Rondo-Form, eine Kombination, die sonst Schlusssätzen zugrun- zierte Fauré 17 Musiknummern, die er dann zur Instrumentation in die Hände seines Schülers Charles de liegt. Der auf thematische Kontraste aufbauende große Bogen der Sonatenform wird mit dem Ron- Koechlin übergab. Einige Zeit später wählte Fauré aus der zunächst eilig komponierten Musik drei doprinzip verbunden; immer wieder wird ein Gedanke aufgegriffen, im Wechsel mit unterschiedlichen Stücke aus, bearbeitete sie und veröffentlichte sie 1901 als »Suite d’Orchestre de Pelléas et Mélisan- Zwischenspielen. Der Hauptgedanke der Exposition (Vorstellung der Themen) wird vom Orchestertutti de«. Die Suite umfasste zunächst nur drei Sätze – das einleitende Prélude, den Satz ›La Fileuse‹ (›Die präsentiert und von der Solovioline weitergeführt. Es folgt ein rhapsodischer Reigen ausdrucksvoller, Spinnerin‹) und den abschließenden Trauergesang ›La mort de Mélisande‹ (›Tod der Mélisande‹). Der mal tänzerischer, mal melancholisch-sanfter Gedanken in slawischer Prägung. In der Durchführung heute sehr berühmte Tanzsatz ›Sicilienne‹ kam erst 1909 als dritter Satz hinzu. Die komplette Suite, wird das Themenmaterial variativ verarbeitet. Die anschließende Reprise (sonst die leicht veränderte wie sie am heutigen Abend erklingt, wurde erstmals 1912 in Paris aufgeführt. Wiederholung der Exposition) wird überraschenderweise nur angedeutet. Stattdessen führt eine kurze Solokadenz über ein Intermezzo direkt in den folgenden Satz. Das leidenschaftliche, ruhige Adagio ist im schlichten Volksliedton gestaltet. Das gut gelaunte Finale schließlich ist wieder eine Kombination IN SLAWISCHEM TON aus Sonate und Rondo. Mit seinen böhmischen Tanzrhythmen wie dem aufbrausenden Furiant, dessen ANTONÍN DVORÁKˇ KONZERT FÜR VIOLINE UND ORCHESTER A-MOLL OP. 53 Reiz im Wechsel von Zweier- und Dreiertakt liegt, bildet dieser Satz einen tanzwütigen Abschluss. Antonín Dvoˇrák war bis in die späten 1870er-Jahre außerhalb seiner tschechischen Heimat so gut wie unbekannt, obwohl er bereits fünf Opern, diverse Chorwerke, fünf Sinfonien, zehn Streichquartette und HOMMAGE AN BEETHOVEN? noch vieles andere mehr komponiert hatte. Fast kein Werk lag bis dahin im Druck vor. Johannes Brahms ROBERT SCHUMANN SINFONIE NR. 2 C-DUR OP. 61 war es, der den befreundeten Komponisten 1878 an den Berliner Verleger Fritz Simrock empfahl und da- mit die Wende im Arbeitsleben Dvoˇráks brachte. Denn Simrock gab dem böhmischen Komponisten bald Das sinfonische Erbe Beethovens bereitete vielen Komponisten große Schwierigkeiten. Zu mächtig darauf den Auftrag zur Komposition von gut spielbaren Stücken zu vier Händen folkloristischen Charak- war die Wirkung der neun Sinfonien, die die Musikwelt des 19. Jahrhunderts überstrahlte und der ters »in der Art wie die ungarischen von Brahms«. Mit der Erfüllung dieser Bitte, den Slawischen Tänzen sich niemand entziehen konnte. »Die Form ist das Gefäß des Geistes. Größere Räume fordern, sie op. 46, wurde Dvoˇrák über Nacht berühmt und konnte sich in der Folge vor Aufträgen kaum retten. Ein zu füllen, größern Geist. Mit dem Namen ›Sinfonie‹ bezeichnet man bis jetzt in der Instrumentalmu- Fall von glücklicher Fügung, der in der Musikgeschichte eher wenigen Komponisten vergönnt war. sik die größten Verhältnisse«, so schrieb Robert Schumann 1835 über den Rang, den die Sinfonie 10 I 11 WERKE durch Beethoven erlangt hatte. Der hohe Anspruch, der nun an sie als repräsentative Gattung der Themen der Exposition eine Rolle, sondern vielmehr das Material der langsamen Introduktion. Es folgt Instrumentalmusik gestellt wurde, zwang viele Komponisten dazu, Stellung zu beziehen, neue ein dämonisches, rhythmisch explosives, dennoch quecksilbriges Scherzo, das an das Prinzip eines Konzepte zu entwickeln. Wie etwa sollte man auf das auskomponierte Experiment der Neunten Perpetuum mobile erinnert und dessen rasendschnelle Sechzehntelbewegungen nur vorübergehend Sinfonie reagieren? Dort hatte Beethoven selbst mit der Tradition gebrochen, hatte sich erdreistet, von zwei kontrastierenden, lyrischen Trios gestoppt werden. Dem dritten Satz, einem schmerzens- innerhalb der herausragenden Instrumentalgattung zum Wort zu greifen. Schumann konstatierte reichen Adagio espressivo, liegt die dreiteilige Liedform (ABA’) zugrunde, doch spielt der Mittelteil 1935, mit der Neunten sei das »Maß und Ziel« der Sinfonie erschöpft. nur ein marginale Rolle. Das Finale ist in Schumanns Zweiter der zentrale Satz. Er greift zwecks zyklischer Verklammerung thematisch auf das Quint-Motto des Beginns und auf das Hauptthema des In der Orchestermusik gelang es nur wenigen Komponisten, eigenständige Wege zu beschreiten. Adagios zurück. Originell ist hier aber vor allem die Kombination der Sonatenform mit einer erst in der Franz Liszt zum Beispiel überzeugte durch Kompositionen neuartiger Sinfonischer Dichtungen. Richard Reprise auftauchenden, neuen thematischen Episode: Der kurzen Exposition folgt eine ausgiebige Wagner dagegen fand die Lösung im Konzept seines Musikdramas. Auch Franz Schubert, Hector Berli- Durchführung, die durch drei charakteristische Generalpausen beendet wird. Es erklingt dann nicht oz und Felix Mendelssohn Bartholdy gelang es, sich auf ihre Weise vom Vorbild Beethovens zu befreien. wie erwartet die Reprise, sondern ein Zitat aus Beethovens Liederzyklus »An die ferne Geliebte«, das Dasselbe gilt auch für Robert Schumann. Er schrieb vier Sinfonien, in denen seine Auseinandersetzung zunächst von den Holzbläsern intoniert wird: »Nimm sie hin denn, diese Lieder« – ein musikalischer mit der traditionsbeladenen Gattung ganz individuelle Lösungen hervorbrachte. Von Werk