SPORTJOURNALISMUS – WORKSHOP 321, KAPITEL 2 EINE STORY FINDEN

“Sporttexte ganzheitlich gestalten!“ Pit Gottschalk

- ist Sportjournalist, Medienmacher und Fußballliebhaber - war Chefredakteur von Sport BILD - war Chefredakteur Sport der Funke Mediengruppe - lehrt Sportjournalismus - ist seit 2019 Inhaber und Publisher von Fever Pit’ch, einem täglichen Fußball-Newsletter

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ZUSAMMENFASSUNG

Der Dreisprung von Journalisten beschreibt die drei Schritte, die zu einem guten Artikel führen. Das ist einmal die Recherche, aus der dann die Stoffsammlung hervorgeht. Schließlich folgt das entscheidende Storytelling. Denn was Journalisten Artikel-Robotern voraushaben, ist die Fähigkeit, Themen- Journalismus zu betreiben. Das heißt: Nach der Recherche aus der Stoffsammlung das Thema herauszusuchen, das für die Geschichte zentral ist. Es heißt außerdem, dieses Thema durch eine Story aufzubereiten.

Seite 1 von 4 DER DREISPRUNG JOURNALISTISCHER ARBEIT

Recherche

Die Recherche ist der Beginn jeder journalistischen Arbeit. Je erfahrener und bewanderter ein Journalist im Thema ist, desto tiefer kann er direkt zu Beginn einsteigen. Ein unvertrautes Thema bedeutet eine längere Recherche, bei der ganz am Anfang begonnen werden muss.

Stoffsammlung

Die Stoffsammlung ist alles zusammengetragene Material, das in der Recherche gesammelt wurde. Ein klassischer Anfängerfehler ist, alle in der Stoffsammlung gesammelten Fakten im späteren Text unterzubringen. Besser ist es, sich früh zu überlegen, was das eigene Thema ist und dieses so konkret wie möglich zu benennen. Nachdem das Thema klar ist, müssen konsequent alle Dinge aus der Stoffsammlung weggelassen werden, die nicht mit diesem Thema zu tun haben.

Storytelling

Wenn der inhaltliche Kern eines Textes feststeht, bereitet man ihn am besten durch gekonntes Storytelling auf. Hierzu lohnt es sich, eine Szene aus der Stoffsammlung auszuwählen, an der das Thema exemplarisch erzählt werden kann. Wichtig ist es, den szenischen Einstieg auf Augenhöhe mit dem Leser zu erzählen.

ENGE UND BREITE EINES THEMAS

Um einen erfolgreichen Titel zu schreiben, der zu der jeweiligen Publikation und ihren Lesern passt, muss ein Journalist entscheiden, wie eng oder breit er das Thema setzt. Aufgrund dieser Entscheidung wird aus der Stoffsammlung ausgewählt, wie viele Informationen im Artikel landen.

Bei der BILD-Zeitung werden Themen beispielsweise sehr eng gesetzt. So werden Fakten aus der Stoffsammlung ausgeklammert, die ein komplexeres Bild ergeben würden oder für eine differenzierte Meinung sorgen. Bei der ZEIT hingegen ist das Thema oft so breit gesetzt, dass lange, tiefe Texte entstehen, in denen Raum für vielfältige Aspekte ist.

Seite 2 von 4 MEHR ZUM THEMA

Pit Gottschalk erklärt in Kapitel 2 den sogenanntem Robo-Journalismus. „Roboter“ generieren aus den Daten von Fußballspielen automatische Artikel. Wie sich das liest, sehen Sie hier in einem Artikel aus der RevierSport.

Bonner SC fordert RWE heraus

Rot-Weiss Essen will die Erfolgsserie von drei Siegen gegen den Bonner SC ausbauen. RW Essen gewann das letzte Spiel gegen den TV Herkenrath mit 2:0 und belegt mit zwölf Punkten den ersten Tabellenplatz. Die zweite Saisonniederlage kassierte Bonner SC am letzten Spieltag gegen die SG Wattenscheid 09.

Vier Siege und eine Niederlage schmücken die aktuelle Bilanz des RWE. 14 Tore – mehr Treffer als die Heimmannschaft erzielte kein anderes Team der West. Der Bonner SC findet sich aktuell in der unteren Tabellenhälfte wieder: Rang zwölf. In der Fremde ist beim Gast noch Sand im Getriebe. Erst ein Punkt sammelte man bisher auswärts. Die Offensive von Rot- Weiss Essen kommt torhungrig daher. Über zwei Treffer pro Match markiert der Essen im Schnitt. Auf dem Papier ist Bonner SC zwar nicht der Favorit, insgeheim hofft man aber auf etwas Zählbares. (RevierSport, 30. August 2018, online)

Laut Pit Gottschalk braucht Sportjournalismus aber mehr als Datenverarbeitung.

Wenn Journalisten ihre Daseinsberechtigung behalten wollen, müssen sie Dinge leisten, die Maschinen nicht können. Denn guter Sportjournalismus lebt von Einordnung, Kontext, Kommentar und Analyse – Dinge, die ein Roboter nicht bieten kann.

Seite 3 von 4 Falls Sie mehr dazu lesen möchte, wie Robo-Journalismus funktioniert, können Sie sich unter folgenden Links informieren:

Robo-Journalismus, Süddeutsche Zeitung, 29.03.2018

Schreibt der Roboter in Zukunft den Zeitungsbericht?, Hamburger Abendblatt, 18.06.2019

Die Schreib-Maschine, die aus Daten Fußballberichte macht, Übermedien, 19.08.2019

JETZT SIND SIE GEFRAGT!

Aufgabe A: Was beschreibt der sogenannte Dreisprung von Journalisten?

1. 1. Recherche, Stoffsammlung, Storytelling 2. 2. Thema finden, runterschreiben, verkaufen 3. 3. erste Szene finden, auf Augenhöhe bleiben, dann von oben auf das Thema schauen

Aufgabe B: Was ist Robo-Journalismus?

1. Programme, die journalistische Texte mit Roboter-Stimme vorlesen 2. Texte, die wie am Fließband von Journalisten geschrieben wurden, und sich lesen als wären sie von Robotern erstellt worden 3. die automatische Textgenerierung durch Computer-Programme

Aufgabe C: Welche Informationen aus der Stoffsammlung schaffen es in den fertigen Artikel?

1. Alle Informationen, die der Journalist spannend findet. 2. Immer so viele Informationen, wie reinpassen. 3. Nur die Informationen, die dem ausgewählten Thema dienen.

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