Die Geschichte Des Fc Liverpool
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DIE GESCHICHTE DES FC LIVERPOOL DIETRICH SCHULZE-MARMELING DIETRICH SCHULZE-MARMELING REDS „We’re not English, we’re Scouse.“ Fans des FC Liverpool „Die Stadt, der Verein, das Stadion – das fügt sich zu einem Mythos zusammen. Das muss man gesehen und erlebt haben.“ Didi Hamann ie Geschichte des FC Liverpool Bill Shankly und Jürgen Klopp. Heysel und Hillsborough. Steven REDS D Gerrard und Ian Rush. Istanbul 2005 und Madrid 2019. Die Geschichte des FC Liverpool ist reich an Triumphen und Tragödien, aber auch an legendären Spielern und Trainern. Dieses Buch nimmt den Leser mit auf eine Reise durch die Historie des Kultklubs von der Merseyside und macht dabei auch Ausflüge in die Musikszene der Stadt sowie in ihre sozialen und politischen Kämpfe. ISBN 978-3-7307-0438-7 VERLAG DIE WERKSTATT INHALT VORWORT In Liverpool . 9 KAPITEL 1 „Team of the Macs“ . 17 KAPITEL 2 Bill Shankly und die zweite Geburt des FC Liverpool . 61 KAPITEL 3 Triumphe und Tragödien . 99 KAPITEL 4 Entwicklungshilfe aus Frankreich und Spanien . 163 KAPITEL 5 Die Suche nach dem perfekten Manager . 213 KAPITEL 6 Der beste „Vize“ aller Zeiten und Champions-League-Sieger . 244 Literatur . 282 Die Autoren . 284 „Die Stadt, der Verein, das Stadion – das fügt sich zu einem Mythos zusammen . Das muss man gesehen und erlebt haben .“ Didi Hamann „Wir wissen, dass dieser Klub eine Mischung aus Atmosphäre, Emotionen, Verlangen und fußballerischer Qualität ist . Nimmt man eine Sache davon weg, funktioniert es nicht . Dieser Klub lebt Emotionen und Leidenschaft, in ihm schlägt ein großes Herz .“ Jürgen Klopp VORWORT In Liverpool Hierzulande wird die Stadt Liverpool mit drei Dingen in Verbindung gebracht: Fußball (einschließlich Hooliganismus), Musik und Arbeits- losigkeit. Was den Fußball und die Musik betrifft, wird der Reisende in den Touristenshops in den Albert Docks und der Innenstadt bestens bedient. Diese sind voll mit Beatles- und FC-Liverpool-Devotionalien. Der FC Everton kommt deutlich seltener vor. Vermutlich, weil sich auswärtige Gäste primär für die „Reds“ interessieren. Man bekommt den Eindruck, als würde die Stadt ohne den Fußball und die Musik überhaupt nicht existieren. Über die sozialen Probleme der Stadt, das harte Leben und die Kämpfe ihrer Bürger erfährt man im Bereich des Stadtzentrums nur etwas im Museum of Liverpool am Pier Head und im Casa in der ober- halb des Zentrums gelegenen Hope Street, einem Klub und Kulturzen- trum, dessen Geschichte eng mit dem Streik der Hafenarbeiter in den Jahren 1995 bis 1998 verbunden ist. 2016 war Liverpool die Stadt mit der höchsten Arbeitslosigkeit auf der britischen Insel, aber an der noch in den Thatcher-Jahren revitalisierten schicken Waterfront sieht man davon nichts. Wer das „andere“ Liverpool sehen will, muss dafür das Stadtzentrum verlassen und beispielweise in die Gegend der beiden Stadien fahren. Kulturstadt Liverpool 2008 war Liverpool Europas Kulturhauptstadt, was einer Wiederge- burt gleichkam. In der Tat hat die Stadt kulturell einiges zu bieten. Allein in den Albert Docks, einst das modernste Importlager der Welt, wo Rum, Tabak und Baumwolle umgeschlagen wurden, warten auf den Besucher vier Museen: The Beatles Story, Tate Liverpool, das Mer- seyside Maritime Museum und das International Slavery Museum. Zum bereits erwähnten Museum of Liverpool sind es von hier aus nur wenige Fußminuten. Auch die Walker Art Gallery und das World Museum Liverpool, beide in der William Brown Street, sollte der Besucher nicht auslassen. 9 Englands ehemaliges Tor zur Welt, wo einst mehr gesoffen wurde als in jeder anderen englischen Stadt, hat natürlich auch viele tradi- tionsreiche Pubs und eine große Klubszene. Am Freitag- und Samstag- abend verwandelt sich Liverpool in eine schrille Partystadt, wobei man das Cavern Quarter (Mathew Street), wo einst die Beatles und Gerry and the Pacemakers in einem dunklen Keller Geschichte schrieben, aber auch Eric Clapton, The Who und die Rolling Stones auftraten, eher meiden sollte. Aus dem einst schmutzigen Vergnügungsviertel ist eine touristische Amüsiermeile geworden. Kathedralen hat Liverpool auch. Die mächtige, dunkle und ein- schüchternd wirkende Liverpool Cathedral auf dem St. James Mount, eine anglikanische Trutzburg, an der 74 Jahre gebaut wurde, beher- bergt sogar ein Café und einen Bookshop, in dem man auch Bücher über die beiden Fußballklubs kaufen kann. Und dann ist da noch die römisch-katholische Liverpool Metropolitan Cathedral auf dem Mount Pleasant, ein 1967 in Betrieb genommener kreisrunder Tempel aus Beton und Glas. Die beiden Kathedralen verbindet die Hope Street, an der auch die im Art-déco-Stil gehaltene Philarmonic Hall, Heim des Royal Liverpool Philharmonic Orchestra, und The Philharmonic Dining Rooms, im Volksmund „Phil“ genannt, liegen. Hier tranken die jungen Beatles gern ihre Pints. Liverpools bedeutendste Kathedralen sind aber seine Fußballsta- dien: das Stadion an der Anfield Road und der Goodison Park, die nur wenige Hundert Meter Luftlinie getrennt in einer Gegend liegen, die voller Narben ist und dokumentiert, dass diese Stadt unverändert ihre sozialen Schattenseiten hat. „We’re not English, we are Scouse“ Liverpool ist nicht schön. Liverpool lebt nicht von seinen Gebäuden, sondern seinen Menschen. „Diese Stadt ist nur das Nebenprodukt der Menschen hier“, bemerkte der walisische Maler Ben Johnson, als er wäh- rend des Kulturhauptstadt-Jahres in der Walker Art Gallery öffentlich sein Gemälde The Liverpool Cityscape beendete. Das monumentale Werk ist heute in der Skylight Gallery des Museum of Liverpool zu besichtigen. Am 23. Juni 2016 sprachen sich bei einer Volksbefragung im Ver- einigten Königreich von Großbritannien und Nordirland 51,89 % der Wähler für einen Brexit, d. h. einen Austritt aus der EU, aus. Die höchste 10 Zustimmung für „Leave“, also für das Verlassen der Gemeinschaft, wurde in England registriert, wo 53,4 % für den Austritt stimmten. Hingegen trugen in Schottland und Nordirland mit 62 bzw. 55,8 % die Befürworter eines Verbleibs („Remain“) einen klaren Sieg davon. Der Brexit war also kein britisches Projekt, sondern ein englisches. Aber auch dies stimmt nicht ganz. So votierten in Liverpool 58,2 % für „Remain“ – nur geringfügig weniger als in London und Umgebung (59,9 %). Ähnlich sah es bei den Wahlen zum europäischen Parlament im Mai 2019 aus. Das Ergebnis für Liverpool: Labour 41,4 %, Brexit Party 18,9 %, Liberal Democrats 18,3 %, Green Party 17 %, Conserva- tives 7,7 %, United Kingdom Independent Party (UKIP) 3,1 %. In ganz England hatten 45,9 % für das Brexit-Lager aus Brexit Party, Conser- vative Party und UKIP gestimmt, in Liverpool waren es nur 29,7 %. Labour, Liberal Democrats und Green Party kamen hier auf 76,7 %. Liverpool ist anders. Liverpool ist nicht englisch, sondern britisch und irisch. Ende der 1980er Jahre besuchte der Autor dieses Buchs erstmals die Stadt am Mersey. Vor der Weiterfahrt nach Nordirland – via Stran- raer in Schottland – suchte er in der Nähe von Anfield, dem Stadion des FC Liverpool, eine Tankstelle auf. Als er das Benzin mit einem EC-Scheck bezahlen wollte, war dem Tankwart dieses Zahlungs- mittel völlig unbekannt. (Jüngeren Lesern dieses Buches wird es in diesem Moment vermutlich nicht anders ergehen …) Der Autor war irritiert. Auf der Strecke von Dover nach Liverpool war das Bezahlen mit EC-Schecks kein Problem gewesen. Also versuchte er dem Tank- wart zu erklären, dass das Papier ein auch in England zulässiges und bekanntes Zahlungsmittel sei und er mit seinen Schecks bislang noch an keiner englischen Tankstelle Probleme gehabt hätte. „Dies ist ein EC-Scheck. EC steht für European Community. Und England ist Mit- glied der European Community.“ Der Tankwart blieb unbeeindruckt: „England? Sorry, wir sind hier in Liverpool!“ Ob der Tankwart die Europäische Gemeinschaft mochte oder nicht, weiß ich nicht. Von spürbar größerer Bedeutung war aber, dass er eines überhaupt nicht mochte: dass ich der Auffassung war, Liver- pool sei eine englische Stadt. Nirgendwo in England findet man eine so stark ausgeprägte Loya- lität gegenüber der eigenen Stadt wie in Liverpool. Diese übertrifft bei 11 Weitem die Identifikation mit England und der britischen Monarchie. Liverpool pflegt einen Blick auf den Rest Englands, der von Skepsis bis unverhohlener Ablehnung der nationalen Autoritäten und der zent- ralen Macht geprägt ist. Das war schon immer so. Im 19. Jahrhundert war Liverpool eine Stadt der Extreme: Hochkultur und Welthandel auf der einen Seite, Kriminalität, Bandenwesen, soziales Elend auf der anderen. In den 1880ern tauften die US-Medien die Stadt „Chicago of England“. Die London Illustrated News strapazierten ebenfalls einen Vergleich mit einer amerikanischen Stadt: Liverpool sei das New York von Europa, „eher eine Weltstadt als nur eine britische Provinzmetropole“. In Großbritannien und Irland hieß es, Liverpool sei die „größte irische Stadt“, „Englands Dublin“, „Irlands zweite Hauptstadt“ oder „Irlands eigentliche Hauptstadt“. Liverpools Verhältnis zu London ist ähnlich dem von Marseille zu Paris oder von Neapel zu Rom. Liverpools Bürger werden nach ihrem Dialekt „Scousers“ genannt und nennen sich auch selber so. Das Wort Scouse kommt ursprünglich von „Lobscouse“, einem traditionellen seemännischen Gericht, in Deutschland als Labskaus bekannt. Mit der Zeit erfuhr dieser Dialekt Veränderungen, bedingt durch die Einwan- derung von Iren und Walisern. In den Jahren der konservativen und extrem marktliberalen Regie- rung von Margaret Thatcher erfuhr die Scouse Identity einen Auf- schwung. Damit einher ging