Nun Kann Ich Darüber Sprechen...”
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Hansjörg Noe „Nun kann ich darüber sprechen...” Zeitzeugen, Tagebücher und autobiograische Dokumente zum Nationalsozialismus in Lörrach Lörracher Hefte Nr. 22, hrsg. v. Andreas Lauble und Markus Moehring 1 Dreiländermuseum Lörrach Inhalt Einführung der Herausgeber 5 I. Ich war dabei, heute schäme ich mich 10 Ich kenne viele, die dabei waren und sich heute als Demokraten gebärden 15 Das sind halt Soldatenspiele bei der Hitlerjugend 20 Impressum Lieder, die mir nicht aus dem Kopf gehen 23 Herausgeber: In diesem Geschäft werden keine Juden bedient 25 Andreas Lauble, Markus Moehring Ein Ur-Lörracher erzählt 29 Grafik und Satz: Verlag Waldemar Lutz II. Mein Vater war der Bahnhofsgastwirt 34 Druck und Einband: Ki6 - EDITORI S.R.L, Bozen/Italien Die Reklameschrift leuchtet die ganze Nacht 36 Abbildungen: Die Bildrechte liegen bei den Institutionen oder Personen, die jeweils Ich wünsche Ihnen viel Glück in dem Haus 38 bei der Abbildung angegeben sind. Den umfangreichen Fotonachlass von Eugen Zürcher hat Karlfrieder Vortisch im Stadtar- III. chiv ehrenamtlich sortiert und erschlossen. Seine Arbeit bildete auch die Grundlage für die Der Angeklagte räumt unumwunden ein, 44 Fotoseiten im Mittelteil des Buches. kein Anhänger der Nationalsozialisten zu sein Buchtitel: Dieser stammt aus dem Bericht eines Zeitzeugen (Seite 14) Nun häuften sich die Besuche der Gestapo 49 Titelbild: Ausschnitt eines Fotos von Eugen Zürcher; es zeigt Hitlerjungen in der Stadtmitte von Lörrach (StALö Zü 6.361.17) Im Papageienviertel von Lörrach 56 Online-Sammlungsdatenbank: Einen Einblick in die Sammlung des Dreiländermu- Vom NS-Regime verfolgt: Die Sozialdemokraten 60 seums zum Nationalsozialismus bietet die Online-Datenbank unter: dreiländermuseum.eu IV. „Aktion Gewitter“ 68 © Stadt Lörrach (Stadtarchiv Lörrach und Dreiländermuseum), Hansjörg Noe Er ist verdächtig, den schweizerischen Sender Beromünster gehört zu haben 73 Verlag Waldemar Lutz, Lörrach 2015 ISBN 978-3-922107-06-4 Man war am Abend im Unklaren, ob man den Morgen noch erlebte 77 2 3 Dreiländermuseum LörrachDreiländermuseum Lörrach Einführung V. Einführung Auch Fotografien sind Zeitzeugnisse: 86 Bilder aus dem Nachlass von Eugen Zürcher VI. Sie gaben ihr einen Tritt in den Hintern 104 Die Zeit des Nationalsozialismus liegt über 70 Die Nazicamorra des Dorfes war versammelt 107 Jahre zurück. Der zeitliche Abstand macht es mög- lich, dass heute Zeitzeugen eher bereit sind, ihre Ich beschloss, den Hitlergruß nicht mitzumachen 111 Erinnerungen an die damalige Zeit mitzuteilen und dass breitere Bevölkerungsschichten daran Interes- Der vergessene Weltmeister: Albert Richter 114 se haben. Ein für dieses Buch befragter Zeitzeuge drückte es bei einer Führung durch die Ausstellung Täglich sah man neue Gesichter, alte verschwanden 117 „Lörrach und der Nationalsozialismus“ im Dreilän- dermuseum so aus: „Nun kann ich darüber spre- Im Gewann „Zehn Juchert” erschossen 122 chen und bin froh darüber”. (vgl. dazu Text S. 14) VII. Schmerzliche Erinnerungen kommen dabei ge- Ich habe gedacht, dass er nicht mehr lange leben wird 128 rade auf lokaler Ebene besonders nahe: Hier be- treffen sie den eigenen Ort, die eigene Familie, Eines Morgens stand eine Leiter am Grenzzaun 135 die eigene Person. Zugleich bleibt für Interviews von Zeitzeugen nicht mehr viel Zeit. Bereits heute Die schönsten Jugendjahre wurden vertan 138 sind es fast ausschließlich Kindheitserinnerungen, die wir erfragen können. Mit bewundernswerter Erinnerungen wie „zufällige Lichter“ 142 Energie und einem enormen Arbeitspensum hat Hansjörg Noe die Aufgabe übernommen zusam- Ramadan am Kriegsende in Lörrach 150 menzutragen, was wir von Zeitzeugen heute noch erfahren können. Entstanden ist ein überaus le- Rettung des Gaswerks Lörrach 155 senswertes Buch, das auch über viele Facetten des Dritten Reiches in Lörrach berichtet, die bislang Der letzte Kriegstag in Lörrach aus der Sicht eines Volkssturmmannes 157 so noch nicht öffentlich bekannt waren. Das Buch bildet außerdem zahlreiche Fotos und Archivalien Es drängt mich, alles, was ich erlebt habe, aufzuschreiben 158 aus dem Stadtarchiv Lörrach ab, die unveröffent- licht waren, und macht Quellen aus Privatbesitz Bis zum bitteren Ende 165 oder anderen Archiven öffentlich. Im Auftrag des Lörracher Gemeinderates hat- Literatur zu Lörrach im Nationalsozialismus 172 te Dr. Robert Neisen die Zeit des Nationalsozia- Anmerkungen 173 lismus in Lörrach systematisch wissenschaftlich Archivsignaturen 175 untersucht. Die Ergebnisse wurden der Öffent- lichkeit 2013 in einer umfangreichen Publikation vorgestellt.1 Zeitgleich zeigten Dreiländermuseum und Stadtarchiv die große Sonderausstellung „Lör- rach und der Nationalsozialismus”. Zu ihr erschien 4 5 Dreiländermuseum Lörrach Einführung Einführung in der Reihe „Lörracher Hefte” ein Begleitband, der ist, hat sich dem Projekt versagt. Es hat keinen öf- Autor und Herausgeber haben die Beiträge nach Zeitzeugen geben in Interviews immer Persönli- Neisens wichtigste Forschungsergebnisse zusam- fentlichen Aufruf der Stadt Lörrach gegeben, sich einem wiederkehrenden Schema geordnet. Die ches wieder und berichten Details aus einer ganz menfasst und Exponate aus der umfangreichen als Zeitzeugen zu melden. Beiträge sind meist mit einem Zitat des Zeitzeugen bestimmten Perspektive. Denn menschliche Erin- Sammlung des Dreiländermuseums sowie Fotos aus dem nachfolgenden Text überschrieben. Wenn nerungen sind immer lückenhaft und emotional und Dokumente des Stadtarchivs abbildet2. Die in- Die Auswahl der befragten Personen erhebt nicht Noe eine persönliche Beziehung zum Zeitzeugen gefärbt. Schon zum Zeitpunkt eines Ereignisses, tensive Beschäftigung mit dem Thema zeigte auch, den Anspruch, repräsentativ zu sein, doch bemüh- hat, macht er darauf im einführenden Text auf- an das später erinnert wird, nimmt jeder Mensch dass Robert Neisen im Rahmen seiner dreijähri- te sich Hansjörg Noe intensiv darum, unterschied- merksam. Hier werden auch die Entstehung des nur Ausschnitte wahr. Später wird zudem vieles gen Forschungen nicht alle Aspekte zur NS-Zeit in liche Erinnerungen und Perspektiven auf das Drit- Textes, das Entstehungsjahr und Noes Zugang zu vergessen, verdrängt, revidiert, angepasst und ver- Lörrach hatte bearbeiten können. Der Auftrag an te Reich festzuhalten. „Opfer“ und „Mitläufer“ sind den zusätzlich verwendeten Quellen erläutert. ändert. Jede Erzählung interpretiert Geschehnisse ihn bestand darin, schwerpunktmäßig die Rolle dabei stärker berücksichtigt als „Täter“. Die Texte aus der Rückschau. Eine Rolle spielen dabei der ei- der Stadtverwaltung im Dritten Reich zu untersu- sind durch Befragung entstanden. Meistens hat Die Beiträge selbst sind in drei verschiedenen gene Wissensstand, die öffentliche Wahrnehmun- chen. die erste Befragung mehrere Stunden gedauert. Schriften gesetzt, um auf die Unterschiedlichkeit gen, der Einfluss anderer Menschen oder von Me- Die Mehrzahl der befragten Personen war über der Textgattungen aufmerksam zu machen. Ziel dien und viele weitere Faktoren. Deshalb darf man Im März 2014 beschloss der Gemeinderat weitere 80 Jahre alt. Der Interviewer Noe hat die Befrag- ist dabei, Art und Ursprung der Texte so weit wie eine historische Narration weder verwechseln mit Forschungen zum Nationalsozialismus in Lörrach ten erzählen lassen und dabei kein Aufnahmegerät möglich kenntlich zu machen, ohne zu sehr in die der „originalen“ vergangenen Erfahrung des Zeit- und konkrete Maßnahmen, um die öffentliche Aus- verwendet. Ihre Aussagen hat er unmittelbar pro- Lesbarkeit der Beiträge und den Stil des Autors ein- zeugen und erst recht nicht mit dem historischen einandersetzung mit dieser Zeit zu intensivieren. tokolliert, danach sofort den Erzähltext niederge- zugreifen. Ereignis selbst. Weil die menschliche Erinnerung Dazu gehörte auch der Beschluss, noch lebende schrieben und den Interviewten zum Gegenlesen unzuverlässig ist und viele psychische Faktoren Zeitzeugen zu befragen und Ergebnisse in der Rei- vorgelegt. In einem weiteren Durchgang haben die In serifenloser Schrift gesetzt sind Texte, in de- über die Erinnerung entscheiden, kann es zu un- he „Lörracher Hefte” zu veröffentlichen. Eine sys- Befragten dann oft viele Erinnerungen aus ihrem nen Noe klar als Autor formuliert, zusammenfasst terschiedlichen Versionen selbst gemeinsam und tematische wissenschaftlich durchgeführte Befra- Gedächtnis „ausgegraben”. Manche Beteiligte sind und interpretiert. Davon heben sich in Normal- gleichzeitig erlebter Ereignisse kommen. Dies zeigt gung erschien angesichts des enormen Aufwandes vor der zweiten Sitzung ihre persönlichen Unter- schrift gesetzte Texte ab, in denen die Zeitzeugen auch das hier vorliegende Buch. Auch bilden sich aus finanziellen und organisatorischen Gründen lagen durchgegangen und haben Dokumente vor- als Ich-Erzähler zu Wort kommen. Diese Texte sind durch Jahrzehnte langes und häufiges Erzählen als nicht durchführbar. Möglich wurde das Projekt gelegt, die dann eingeflossen sind. Das ist auch nicht in Anführungszeichen gesetzt. Es handelt oft ausgearbeitete Geschichten heraus, die sich im zur Zeitzeugenbefragung nur, weil Hansjörg Noe anhand von Bildern aus den Alben geschehen, zu sich meist um Texte, die Hansjörg Noe im Sinne der Laufe der Zeit erst so entwickelt haben. anbot, diese umfangreiche Arbeit eigenständig und denen sie erzählt haben. Noe hat einzelne Zeitzeu- Zeitzeugen nach seinen Gesprächen ausformuliert ehrenamtlich durchzuführen. Stadtarchivar und gen bis zu vier Mal besucht. Alle befragten Perso- hat und später von diesen freigegeben