Laufkäfer Im Monheimer Rheinbogen, Einer Zukünftigen Überflutungsfläche Am Niederrhein 37-50 ©Gesellschaft Für Angewandte Carabidologie E.V
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ZOBODAT - www.zobodat.at Zoologisch-Botanische Datenbank/Zoological-Botanical Database Digitale Literatur/Digital Literature Zeitschrift/Journal: Angewandte Carabidologie Jahr/Year: 2006 Band/Volume: 7 Autor(en)/Author(s): Topp Werner, Struebig Anke Artikel/Article: Laufkäfer im Monheimer Rheinbogen, einer zukünftigen Überflutungsfläche am Niederrhein 37-50 ©Gesellschaft für Angewandte Carabidologie e.V. download www.laufkaefer.de Laufkäfer im Monheimer Rheinbogen, einer zukünf- tigen Überflutungsfläche am Niederrhein Anke STRUEBIG und Werner TOPP Abstract: On the Lower Rhine, north of Cologne, a polder was chosen as a retention area. Before the dike was opened in 2001, we studied the ground beetle fauna and environmental factors of seven distinct sites situated in front of and within the polder. We collected about 22,200 beetles belonging to 99 species, i.e. 25 % of the fauna known from North Rhine-Westphalia. Eighteen species belonged to the Red List. These were hygrophilous species living mainly on clay soils but also xerophilous and thermophilous species which inhabited the sandy soils at higher elevation. The environmental factors studied were: water holding capacity of the upper soil layer, shade provided by trees and shrubs on the soil surface, proportion of macronutrients such as calcium and magnesium, pH-value, and organic content of the upper soil. A canonical correspondence analysis (CCA) was used to explain 34 % of cu- mulative percentage variance of species data and 94 % of the species-to-environment relationship. The strongest effect was caused by the pH-value which gave an explanation of 20 % . It is assumed that the pH-value is also responsible for the proportion of beetles belonging to certain feeding types. On soils characterized by relatively high pH-values (pH 6.7 to pH 7.5) we found a wide spectrum of omnivorous beetles. On acid soils (pH < 3) predators of springtails were more common than on alkaline soils. 1 Einleitung gerte Deich an seiner flussabwärts gelegenen Seite durchstochen. Der Durchstich ermöglichte es, eine Im vergangenen Jahrhundert wurden zahlreiche Fläche von etwa 200 ha für zukünftige Hochwässer Fließgewässer in West- und Mitteleuropa begradigt, zugänglich zu machen (Abb. 1). die tiefgelegenen Auengebiete eingedeicht und tro- Zeitgleich mit dem Deichbau im Jahre 2001 ha- ckengelegt. Ziel dieser Maßnahmen war es, exten- ben wir damit begonnen, die wirbellosen Tiere der siv bewirtschaftete Agrarflächen in eine intensive Bodenoberfläche zu erfassen. Eine Dokumentation Bewirtschaftungsform überführen zu können oder über das Vorkommen und das Verteilungsmuster neuen Siedlungsraum zu schaffen. Es entstanden ausgewählter Tiergruppen soll belegen, welche oft homogen strukturierte Flächen von großer Besonderheiten der Besiedlung vor Deichöffnung Einförmigkeit. und vor zukünftigen Überflutungen vorgelegen Im letzten Jahrzehnt traten vermehrt „Jahrhun- haben. dert“-Hochwasserereignisse ein. Diese wurden auf Für eine zukünftige Entwicklung haben wir Klimaveränderungen, aber auch auf die Kanalisati- folgende Vermutungen: 1. Überflutungen führen on von Flussläufen (u.a.), zurückgeführt. Um für zu einer Neustrukturierung von Habitaten, wie sie die Zukunft bestehende Überflutungsgefahren zu ansatzweise im Deichvorland ausgeprägt sind. 2. vermindern, wird angestrebt, Flussläufe zurück- Bestehende Habitate werden durch Überflutungs- zubauen. So sollen Retentionsräume geschaffen ereignisse kleinräumig zerteilt. 3. Überflutungen werden, die bei Bedarf zusätzliche Wassermassen zwischen und innerhalb von Habitaten führen zu aufnehmen können. einem höheren Anteil an hygrophilen Arten. Eine Im Rahmen eines Renaturierungsprojekts fand zunehmende Strukturheterogenität steigert das mit umfangreichen und aufwändigen Baumaßnah- Artenspektrum und wirkt so einem überregional men die Deichrückverlegung im Monheimer Rhein- auftretenden Artenschwund (MÜLLER-MOTZFELD bogen statt. So wurde landeinwärts ein neuer Deich 1991) entgegen. gebaut und der nun auf einer Landzunge vorgela- Angewandte Carabidologie 7 (2006): 37–50 ISSN: 1437-0867 ©Gesellschaft für Angewandte Carabidologie e.V. download www.laufkaefer.de Es handelte sich um eine Holunderhecke (Sam- bucus nigra) und einen ausgedehnten Brennnes- selbestand (Urtica dioica). Dieser Bereich soll als N zukünftige Flutmulde (FM) gestaltet werden. In der Nähe liegt ein Acker (A), auf dem 2001 Gerste angebaut wurde. Am weitesten östlich liegt der n Bauhof (BH) mit angrenzender Ackerbrache und Rhei BH umfangreicher Ruderalvegetation. Im südlichen, VD höher gelegenen Bereich des Monheimer Rhein- bogens beprobten wir die Südseite einer West-Ost A FM ausgerichteten Hecke (H), die mit einem Wirt- schaftsweg zwei Ackerkulturen voneinander trenn- te. Die Hecke war durch eine gemischte Baum- und Strauchvegetation charakterisiert. Am weitesten H südlich gelegen sind Brachfläche (BF) und Wald (W). Bei dem Wald handelt es sich um einen 50 W Jahre alten Stieleichenwald (2 ha) mit spärlich BF ausgeprägtem Unterwuchs. Die Brachfläche (häu- fige Arten: Cirisum arvense, Cirisum vulgare, Poa trivialis) war zum Zeitpunkt der Untersuchung acht Jahre alt. Die Höhenunterschiede zwischen 500 m Vordeich und Wald liegen bei 2,50 m. Abb. 1: Übersicht über das Untersuchungsgebiet „Monheimer Rhein- 2.2 Erfassung der Laufkäfer bogen“ mit Angaben zur Lage der Versuchsflächen (VD = Vordeich, FM = Flutmulde, BH = Bauhof, A = Acker, H = Hecke, W = Wald, Die Probenflächen, in denen sich jeweils 10 Bar- BF = Brachfläche). Der Pfeil kennzeichnet die Stelle, an welcher der berfallen befanden, besammelten wir von April bis alte Deich geöffnet und zukünftig der Zufluss für die Überflutungsflä- che liegen wird. Oktober 2001. Die Fallen hatten einen Abstand von 10 m zueinander und wurden in zweiwö- 2 Material und Methoden chentlichem Rhythmus geleert (= 13 Zeitserien). Kontinuierlich während einer Vegetationsperiode 2.1 Untersuchungsgebiet durchgeführte Probenserien ermöglichen eine zu- Das Untersuchungsgebiet „Monheimer Rheinbo- verlässige Abschätzung zur relativen Größe von gen“ liegt am rechten Ufer des Niederrheins etwa Laufkäferpopulationen (BAARS 1979). Ergänzend 25 km nördlich von Köln zwischen den Rheinkilo- erfolgten Handaufsammlungen außerhalb des Pol- metern 708 und 713. Nach Hochwässern in den ders. Für die Nomenklatur bezogen wir uns auf frühen 20er Jahren des letzten Jahrhunderts und Angaben bei SCHÜLE & TERLUTTER (1998). dem katastrophalen Hochwasser im Jahre 1926 plante man den heutigen Banndeich zum Schutz 2.3 Umweltparameter der Siedlungen und stellte diesen 1930 fertig. Die- se Maßnahme verhinderte weitere Überflutungen Im November 2001 entnahmen wir im Umkreis des überwiegend landwirtschaftlich genutzten Pol- von 50 cm um jede Falle Bodenproben (Ah-Hori- ders (PETERS et al. 1993). zont) und trennten den Feinboden (Sieb mit 2 mm Für unsere Untersuchungen wurden sieben Maschenweite) von gröberen Bodenpartikeln. Die Probenflächen ausgewählt. Eine liegt im Deichvor- originalfeuchte gesiebte Feinerde untersuchten wir land (Vordeich), die übrigen sechs befinden sich auf den pH-Wert in 1 M KCl (SCHLICHTING et al. innerhalb des Polders (Abb. 1). Im Vordeich (VD) 1995). Die maximale Wasserhaltekapazität (%) be- wurde die Grenze eines Flutrasens beprobt. In stimmten wir gravimetrisch. Zusätzlich ermittelten unmittelbarer Nähe befinden sich mehrere Auskol- wir an getrockneter Feinerde durch Veraschung kungen. Im nördlichen, tiefer gelegenen Bereich bei 550 °C (TOC, Ströhlein) den Gehalt an orga- des Rheinbogens wählten wir drei Versuchsflächen: nischem Kohlenstoff (%, prozentualer Anteil am 38 Angewandte Carabidologie 7 (2006) ©Gesellschaft für Angewandte Carabidologie e.V. download www.laufkaefer.de Tab. 1: Kenngrößen im Oberboden der ausgewählten Versuchsflächen. VD = Vordeich, FM = Flutmulde, BH = Bauhof, A = Acker, H = Hecke, BF = Brachfläche, W = Wald (Median ± MAD, n = 10). pH = pH-Wert, Ca = Calciumgehalt, Mg = Magnesiumgehalt, Corg = Gehalt an orga- nischem Kohlenstoff, WHKmax = maximale Wasserhaltekapazität, KS = Bedeckung durch die Krautschicht, BG = Beschattung durch Gehölz (vgl. Material und Methoden). pH Ca [g/kg] Mg [mg/kg] Corg [%] WHKmax [%] KS BG VD 7,1 ± 0,0 4,6 ± 0,6 505 ± 28,8 1,7 ± 0,1 51,0 ± 4,0 3,0 ± 0,0 0,0 ± 0,0 FM 7,3 ± 0,0 3,9 ± 0,2 286 ± 17,5 2,6 ± 0,6 44,0 ± 1,0 1,5 ± 0,5 2,0 ± 0,5 BH 7,4 ± 0,0 3,6 ± 0,1 165 ± 6,0 1,3 ± 0,1 47,0 ± 3,0 2,0 ± 0,0 0,0 ± 0,0 A 7,5 ± 0,0 4,0 ± 0,1 143 ± 15,0 3,6 ± 0,2 45,0 ± 3,0 2,0 ± 0,0 0,0 ± 0,0 H 7,3 ± 0,1 2,0 ± 0,2 206 ± 21,3 0,7 ± 0,0 41,0 ± 3,0 3,0 ± 0,5 1,0 ± 0,5 BF 6,7 ± 0,4 0,9 ± 0,5 110 ± 38,8 1,8 ± 0,1 45,0 ± 4,0 2,0 ± 0,0 0,0 ± 0,0 W 2,7 ± 0,2 1,0 ± 0,1 225 ± 11,3 4,3 ± 1,9 32,0 ± 3,0 0,0 ± 0,0 3,0 ± 0,0 Gesamt-Kohlenstoff). Den Gehalt an Calcium und 3 Ergebnisse Magnesium erhielten wir über die Extraktion mit Umweltfaktoren charakterisierten die Probeflä- 1 M Ammonium-Nitrat-Lösung und anschließender chen. In Tabelle 1 sind ausgewählte Kenngrößen, Messung am Atomabsorptions-Spektrometer (AAS, die in unmittelbarer Nähe der Bodenfallen gemes- Perkin Elmer). Auf den Versuchsflächen wurden sen wurden, als Median und Medianabweichung außerdem die Beschattung durch Gehölz und zusammengefasst. die Bedeckung durch die Krautschicht aufgenom- Mit Bodenfallen erfasste Individuen verteilten men. Dabei unterschieden wir folgende Stufen: sich auf 95 Arten. Von diesen waren Pterostichus 0 = 0–5 % , 1 = 6–50 % , 2 = 51–94 % und melanarius, Pseudoophonus rufipes sowie Nebria tt3 = 95–100 % . brevicollis besonders zahlreich und machten je- weils