Bis an Die Zähne Bewaffnet Mit Schlagzeug Und E-Gitarren …“ - Der Wandel Rechter Musik in Der Bundesrepublik Deutschland 1

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Bis an Die Zähne Bewaffnet Mit Schlagzeug Und E-Gitarren …“ - Der Wandel Rechter Musik in Der Bundesrepublik Deutschland 1 ISSN: 2196-8136 Special Issue: Music and Radicalism Ausgabe: 3/2014 „Bis an die Zähne bewaffnet mit Schlagzeug und E-Gitarren …“ - Der Wandel rechter Musik in der Bundesrepublik Deutschland 1 Florian Pascal Bülow Hinweis In dieser Arbeit zitiert der Autor aus jugendgefährdenden Medien, die aufgrund von Volksverhetzung und Gewaltdarstellung nach § 130 StGB und § 131 StGB indiziert beziehungsweise beschlagnahmt sind. Die entsprechenden Textstellen dürfen Jugendlichen unter 18 Jahren daher nicht zugänglich gemacht werden. Bei den einzelnen Liedzitaten werden die Namen der Interpreten kursiv geschrieben, die Liedtitel sind in Anführungszeichen gesetzt. Beispiel: Das Lied „Europa“ der Band Faustrecht . Eine Auflistung der zitierten Lieder findet sich im Anhang. 1 Der Text wurde als Magisterarbeit an der Philosophischen Fakultät im Fachbereich Geschichtswissenschaften der Eberhard Karls Universität Tübingen betreut durch Prof. Dr. Anselm Doering-Manteuffel im Juli 2013 angenommen. Florian Pascal Bülow: „Bis an die Zähne bewaffnet mit Schlagzeug und E-Gitarren …“ - Der Wandel rechter 179 Musik in der Bundesrepublik Deutschland ISSN: 2196-8136 Special Issue: Music and Radicalism Ausgabe: 3/2014 Inhaltsübersicht Abkürzungsverzeichnis 1.Einleitung 1.1. Forschungsstand 1.2. Quellenlage 2. Bedeutung(-sphasen) von Musik 3. Rechte Musik – Was ist das überhaupt? 4. Die Historie rechter Musik in der Bundesrepublik nach 1945 4.1. 1945 – 1980 4.2. Exkurs: Der Einfluss aus Großbritannien 4.3. 1980 – 1989 4.4. 1989 – 1993 4.5. 1993 – 2013 5. Wandlungsprozesse rechter Musik 5.1. Wandel der Musikstile 5.2. Wandel im Inhalt 5.3. Wandel im Image – von Scheitelträgern und Rebellen 5.4. Wandel im Einsatz 6. Wandel durch Differenzierung. Oder: Organisation, Struktur und Größe des Marktes rechter Musik 7. Rechte Musik und Straftaten 8. Fazit 9. Quellen 10. Literaturverzeichnis Florian Pascal Bülow: „Bis an die Zähne bewaffnet mit Schlagzeug und E-Gitarren …“ - Der Wandel rechter 180 Musik in der Bundesrepublik Deutschland ISSN: 2196-8136 Special Issue: Music and Radicalism Ausgabe: 3/2014 Abkürzungsverzeichnis AHF Allgermanische Heidnische Front AN Autonome Nationalisten apabiz Antifaschistisches Pressearchiv und Bildungszentrum BfV Bundesamt für Verfassungsschutz BHJ Bund Heimattreuer Jugend BPjM Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien HDJ Heimattreue Deutsche Jugend HJ Hitler-Jugend HVD Heimattreue Vereinigung Deutschland IdM In itiative „Identität durch Musik“ JN Junge Nationaldemokraten JF Junge Freiheit LfV Landesamt für Verfassungsschutz NDW Neue Deutsche Welle NS Nationalsozialismus NSBM National Socialist Black Metal NSHC National Socialist Hardcore NSU Nationalsozialistischer Untergrund RR RechtsRock StGB Strafgesetzbuch WJ Wiking-Jugend ZOG Zionist Occupied Government 1. Einleitung Florian Pascal Bülow: „Bis an die Zähne bewaffnet mit Schlagzeug und E-Gitarren …“ - Der Wandel rechter 181 Musik in der Bundesrepublik Deutschland ISSN: 2196-8136 Special Issue: Music and Radicalism Ausgabe: 3/2014 „Musik ist das ideale Mittel, Jugendlichen den Nationalsozialismus näher zu bringen, besser als dies in politischen Veranstaltungen gemacht werden kann, kann damit Ideologie transportiert werden.“ 2 Ian Stuart, Sänger der Band Skrewdriver und Gründer des rechtsextremen Musiknetzwerkes Blood & Honour „Music was my first love and it will be my last...“ (John Miles - „Music“) Mag diese Liedzeile auch pathetisch klingen, trifft ihre Kernaussage doch auf den Alltag vieler junger Menschen zu. Im Alter von 14 bis 29 Jahren hören sie im Durchschnitt fast vier Stunden Musik pro Tag und damit viel mehr als die Angehörigen aller anderen Altersklassen. 3 Neben der rein quantitativen, hat Musik in diesem Lebensabschnitt auch eine starke qualitative Bedeutung für sie. Häufig erfolgt über die Musik der Einstieg in die jeweiligen (Jugend-)Szenen, die oftmals nach den Musikgenres benannt sind. In den 1950er Jahren grenzten sich die Jugendlichen mit dem Konsum von Rock'n'Roll ab und verorteten sich in der Gesellschaft, heute geschieht der gleiche Prozess über Hardcore oder Metal. Es sind aber nicht allein nur junge Leute, die Musik nutzen, um sich von anderen Personen abzugrenzen; Musik ist einer der „Feinen Unterschiede“, über die sich Menschen aller Altersklassen definieren. Anders gesagt: Ich höre, also bin ich. Musik wurde zu allen Zeiten eingesetzt, um zum Hass gegen Feinde aufzurufen oder um Gegner zu beleidigen. Im Mittelalter schmähten Musiker mit ihren Liedern benachbarte Landesfürsten, heute hetzen rechte Bands gegen „Kanaken und Schwule“. Eine solche 2 Vgl. Frank Huber/Thomas Kuban, Europa rockt völkisch (2009). http://www.bpb.de/politik/extremismus/rechtsextremismus/41252/europa-rockt-voelkisch (1. Oktober 2012). 3 Vgl. Christa-Maria Ridder/Bernhard Engel, Massenkommunikation 2010: Mediennutzung im Intermediavergleich. Ergebnisse der 10. Welle der ARD/ZDF Langzeitstudie zur Mediennutzung und - bewertung, in: Media Perspektiven (2011), S. 523–536, 11/2010, hier S. 526. Florian Pascal Bülow: „Bis an die Zähne bewaffnet mit Schlagzeug und E-Gitarren …“ - Der Wandel rechter 182 Musik in der Bundesrepublik Deutschland ISSN: 2196-8136 Special Issue: Music and Radicalism Ausgabe: 3/2014 Verbindung von rechtem Gedankengut und Musik ist nicht neu: Schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts kombinierten einzelne Interpreten volkstümliche Musik und Marschrhythmen mit nationalistischen Gedichten. Die Nationalsozialisten steigerten diese Entwicklungen, indem sie Musik gezielt einsetzten, um Hass gegen ihre Gegner zu schüren. Hierbei griffen sie auch auf Lieder aus der Revolutionszeit von 1848/1849 wie das „Hecker-Lied“ zurück und dichteten es teilweise um, so dass es unter anderem die Strophe enthält: „Wetzt die langen Messer auf dem Bürgersteig, laßt die Messer flutschen in den Judenleib / Blut muss fließen knüppelhageldick und wir scheißen auf die Freiheit dieser Judenrepublik“. Heute ist es zum Kulthit der rechten Szene avanciert. Andere populäre Lieder aus der Zeit des NS, wie die de facto zweite Hymne des Dritten Reiches, das „Horst-Wessel-Lied“, rufen zum Kampf auf und glorifizieren den NS. Die Nationalsozialisten setzten die Musik jedoch nicht alleine ein, um ihre Ideologie zu verbreiten, sondern in starkem Maße auch, um Gemeinschaft zu stiften und erfahrbar zu machen. Der große Erfolg des „Wunschkonzerts der Wehrmacht“ und die vielen emotionalen Rückmeldungen auf die Sendungen unterstreichen, dass die Verbindung von Front und Heimat zu einer Gemeinschaft für viele Menschen erfahrbar wurde. Da die rechten Vereinigungen der Nachkriegszeit, wie die Sozialistische Reichspartei, sich ideologisch und ästhetisch stark an der NSDAP und dem Dritten Reich orientierten, blieb eine Entwicklung im Feld der rechten Musik aus. Die politische Rechte lehnte jede äußere Modernisierung ihrer Ideologie ab und beharrte weiterhin auf ihrem althergebrachten Kulturbegriff, der für sie aus Fahrtenliedern, bündischer Lagerfeuerromantik, Volks- und Marschmusik bis hin zu deutscher Klassik à la Richard Wagner bestand. Rechte Jugendkultur definierte sich in Zeiten stabiler kultureller und gesellschaftlicher Ordnungsmuster somit bis in die 1980er Jahre allein über uniformierte Wanderungen mit der Wiking-Jugend (WJ) sowie morgendliche Fahnenappelle mit Absingen des „Horst-Wessel-Liedes“. Heranwachsende, die der gesellschaftlichen Enge der Bundesrepublik entkommen wollten, kamen daher kaum auf die Idee, sich den Freizeitaktivitäten der Rechten zuzuwenden, dafür war rechte Jugendkultur einfach zu „uncool“. Dies änderte sich in den 1980er Jahren, als der strukturelle Wandel in Wirtschaft und in Gesellschaft an Dynamik zulegte und die in England Florian Pascal Bülow: „Bis an die Zähne bewaffnet mit Schlagzeug und E-Gitarren …“ - Der Wandel rechter 183 Musik in der Bundesrepublik Deutschland ISSN: 2196-8136 Special Issue: Music and Radicalism Ausgabe: 3/2014 entstandene Oi!-Musik in Deutschland zunehmend populär wurde. Die Oi!-Musik, die sich in Teilen zum RechtsRock (RR) entwickelte, verband erstmals das progressive Image der Rockmusik mit rechter Ideologie. Die wachsende Popularität des RR in Deutschland löste einen großen Wandlungsprozess im gesamten Spektrum der rechten Musik aus, der nicht allein auf die Musik beschränkt bleiben sollte. Wie ich in meiner Arbeit zeige, ist rechte Musik seit den 1980er Jahren durch Wandlungsprozesse auf den vier Ebenen Form, Inhalt, Image und Zweck gekennzeichnet. Rechte Ideologie ist nicht mehr alleine auf volkstümliche Musik (in welcher sie aktuell kaum noch in Erscheinung tritt) oder Rockmusik als Träger ihrer Vorstellungen angewiesen – rechte Inhalte lassen sich heute auch in dem als „Nigger-Musik“ verschrienen HipHop finden. Da sich Jugendszenen stets abgrenzen wollen und somit thematisch individuell ausgerichtet sind, ergibt sich durch die Pluralität der Szenen zwangsläufig auch eine Pluralität der Inhalte. Eine moderne rechte Jugendkultur wie die National Socialist Hardcore (NSHC)-Szene verbindet antikapitalistische Forderungen mit einer rassistischen Ideologie zum Kampf gegen die Wallstreet und die „Auserwählten“, die erklärtermaßen wollen, dass sich ganze Völker hassen und die Geschichte wegen des Geldes niemals ruhen lassen. Der Wandel in den Inhalten, weg von platt-rassistischen und -revisionistischen Texten, hin zu Texten, die auf kämpferische Weise vermeintlich die Lebenswelt der Menschen spiegeln (und mit moderner Musik unterlegt sind), änderte das Image rechter Musik. Galt diese in den 1980ern noch als deutschtümelnde Vertriebenenmusik, als
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