Issue VIII Rwanda
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Heft 8 Die aktuelle politische und wirtschaftliche Situation in Ruanda Perspektiven aus Wissen- schaft und Praxis Oktober 2017 Wien und Kleve PSCA Heft 8 (Okt 2017) – ISSN 2306-5907 POLITICAL SCIENCE APPLIED Zeitschrift für angewandte Politikwissenschaft Heft 8 Oktober 2017 Die aktuelle politische und wirtschaftliche Situation in Ruanda Perspektiven aus Wissenschaft und Praxis Herausgeber Prof. Dr. Jakob Lempp , Hochschule Rhein-Waal [email protected] Dr. Angela Meyer , Organization for International Dialogue and Conflict Management [email protected] Dr. Jan Niklas Rolf , Hochschule Rhein-Waal [email protected] Redaktionsteam Dr. Reinhard Brandl , Mitglied des Deutschen Bundestages Prof. Dr. Alexander Brand , Hochschule Rhein-Waal Dr. Stephan Dreischer , Konrad-Adenauer-Stiftung Gregor Giersch , Organisation for International Dialogue and Conflict Management Dr. Elsa Hackl , Universität Wien Dr. Frieder Lempp , Massey University New Zealand Dominik Meier , Deutsche Gesellschaft für Politikberatung Prof. Dr. Werner J. Patzelt , Technische Universität Dresden Dr. Thomas Pfister , Zeppelin Universität Friedrichshafen Dr. Hermann van Boemmel , Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit Kontaktadresse: Organisation for International Dialogue and Conflict Management, Mumbgasse 6/27, 1020 Vienna, Austria Frei verfügbar unter: www.psca.eu PSCA Heft 8 (Okt 2017) – ISSN 2306-5907 Alle Rechte vorbehalten. Abdruck oder vergleichbare Verwendung der gesamten Zeitschrift oder einzelner Artikel ist auch in Auszügen nur mit vorheriger schriftlicher Genehmigung der Herausgeber gestattet. PSCA-Artikel unterliegen einem Begutachtungsverfahren durch das Redaktionsteam. Sie geben ausschließlich die persönliche Auffassung der Autoren und Autorinnen wieder. © IDC, 2017 ISSN 2306-5907 IDC Organisation for International Dialogue and Conflict Management Mumbgasse 6/27 1020 Wien, Österreich www.idialog.eu www.psca.eu [email protected] Herausgeber: Prof. Dr. Jakob Lempp Dr. Angela Meyer Dr. Jan Niklas Rolf PSCA Heft 8 (Okt 2017) – ISSN 2306-5907 1 Editorial Am 4. August 2017 wurde Paul Kagame mit offiziell knapp 99 Prozent der Wählerstimmen als Präsi- dent Ruandas wiedergewählt. Er regiert den kleinen ostafrikanischen Staat bereits seit April 2000 und könnte die Geschicke des „Landes der tausend Hügel“ noch für viele weitere Jahre prägen. Einige Beobachter rücken die Leistung seiner Präsidentschaft in den Fokus und arbeiten die positiven Ent- wicklungen der ruandischen Wirtschaft heraus, verweisen auf die vergleichsweise stabil funktionie- renden staatlichen Institutionen oder die Erfolge bei der Beendigung und Aufarbeitung des Völker- mords von 1994. Andere wiederum beklagen den autoritären Regierungsstil des Präsidenten, die nach wie vor bestehenden Defizite bei der Umsetzung zentraler Menschenrechte oder die umstritte- ne Rolle Ruandas in den Kriegen im Osten der Demokratischen Republik Kongo. In jedem Fall handelt es sich bei Geschichte und aktueller Entwicklung Ruandas um ein Spezifikum staatlicher Entwicklung sowohl in Ostafrika als auch im gesamten afrikanischen Kontext. Und genau dieser Besonderheit widmet sich die vorliegende Ausgabe von Political Science Applied in gewohnter Weise, nämlich so- wohl durch eher theoretisch motivierte Beiträge als auch durch Praxisbeispiele und Fallstudien. Die achte Ausgabe von Political Science Applied – Zeitschrift für angewandte Politikwissenschaft ist erstmals als Länderbericht konzipiert und widmet sich am Beispiel der Republik Ruanda zentralen politikwissenschaftlichen Fragestellungen der Funktionsweise von Staaten in einem Entwicklungskon- text. Ein erster Teil enthält vier einleitende Überblicksartikel zum politischen System der Republik Ruanda (Jakob Lempp), zur bisherigen Bilanz der Präsidentschaft von Paul Kagame (Thomas Spiel- büchler), zur (Erfolgs-)Geschichte Ruandas auf dem Weg vom Völkermord zu einem deliberativen Modell demokratischer Legitimität in Afrika (Fidelis Etah Ewane) sowie zur Einbettung Ruandas in die Systeme regionaler Integration in Zentral- und Ostafrika (Angela Meyer). Es folgen sechs Praxisbe- richte, teils aus politikwissenschaftlicher, teils auch aus makroökonomischer Perspektive. Christian Hergolitsch bespricht die ruandische Erinnerungskultur am Beispiel des Murambi Genocide Memorial Centre, Lisa Trogisch widmet sich dem trinationalen Park im Dreiländereck zwischen Ruanda, der Demokratischen Republik Kongo und Uganda und seiner Bedeutung für den Tourismussektor in Ru- anda, aber auch der Rolle des Parks für die länderübergreifende Friedensarbeit. Zunera Rana und Gregor van der Beek untersuchen die Rolle von Entwicklungszusammenarbeit im Gesundheitssektor am Beispiel Ruandas, Hermann van Boemmel stellt ein konkretes Projekt der Entwicklungszusam- menarbeit zwischen Deutschland und Ruanda im Bereich zur Verbesserung der Entscheidungsprozes- se in der ruandischen Finanz- und Wirtschaftspolitik vor, und Oliver Serfling und Lena Paßelewitz fokussieren auf die Rolle von Forschungsnetzwerken in der Armutsreduktion in Ruanda. Abschlie- ßend analysieren Zunera Rana, Gregor van der Beek und Richard Kabanda die Entwicklung des ruan- dischen Haushalts zwischen 1990 und 2015. Wir wünschen allen Lesern eine spannende Lektüre! Jakob Lempp, Angela Meyer und Jan Niklas Rolf 1 Es wird darauf hingewiesen, dass aus Gründen der besseren und flüssigeren Lesbarkeit im gesamten Journal auf eine genderspezifische Schreibweise verzichtet wird. Alle Bezeichnungen gelten sinngemäß für beide Geschlechter. 5 PSCA Heft 8 (Okt 2017) – ISSN 2306-5907 Inhalt Editorial S. 5 Jakob Lempp, Angela Meyer und Jan Niklas Rolf Einführende Überblicksartikel Jakob Lempp S. 7 Das politische System der Republik Ruanda – ein Überblick Thomas Spielbüchler S. 10 Paul Kagame: Zwischen Erfolg und Scheitern Fidelis Etah Ewane S. 15 Rwanda from Genocide to Prosperity: Toward a Deliberative Model of Democratic Legitimacy in Africa? Angela Meyer S. 19 There and Back Again! – Rwanda’s Regional Choices between Central and East Africa Praxisberichte Christian Hergolitsch S. 23 Murambi – Der Hauch des Todes als Erinnerungskultur? Lisa Trogisch S. 26 Gorillas für Frieden? Die Bedeutung des Tourismussektors für Ruanda Zunera Rana and Gregor van der Beek S. 31 “Crowding Out” of Development Assistance for Health: The Case of Rwanda Hermann van Boemmel S. 35 Development of a Framework for Macroeconomic Decision Making in Rwanda Oliver Serfling and Lena Paßelewitz S. 38 The Contribution of Research Networks to Implementing Vision 2020 – Experiences of a Development Project Dealing with Macroeconomic Policy Advice Zunera Rana, Gregor van der Beek and Richard Kabanda S. 42 Where Does the Money Come From? An Analysis of the Public Budget of Rwanda’s Economy between 1990 and 2015 6 PSCA Heft 8 (Okt 2017) – ISSN 2306-5907 Das politische System der Republik sche Patriotische Front (RPF), die aus jener Ruanda – ein Überblick Rebellenarmee hervorging, welche 1994 den Völkermord an den Tutsi beendet hatte und Jakob Lempp der auch der Staatspräsident Paul Kagame angehört. Mit der RPF sind eine Reihe weite- Prof. Dr. Jakob Lempp ist Professor für Politik- rer Parteien verbündet. Lediglich die liberale wissenschaft mit dem Schwerpunkt Internati- und die sozialdemokratische Partei stellten in onale Beziehungen an der Hochschule Rhein- der letzten Zeit eine auch bei Wahlen antre- Waal. Er arbeitet als Fachexperte für Policy tende Alternative dar. Analysis and Design für ein GIZ-finanziertes Die Verfassung Ruandas definiert den Staat als makroökonomisches Beratungsprojekt für die gewaltenteilig (Art. 61) und führt das Prinzip ruandische Regierung. der Machtteilung ein, welches beispielsweise festlegt, dass der Staatspräsident und der Präsident der Abgeordnetenkammer nicht Die Verfassung der Republik Ruanda ist ge- derselben politischen Organisation angehör- prägt von der leidvollen Vergangenheit des ten dürfen. Zudem ist es erforderlich, die Re- Völkermords im Frühjahr 1994. So konstatiert gierungsmitglieder aus allen im Parlament bereits Art. 1 der ruandischen Verfassung, vertretenen politischen Organisationen ent- dass keine Bevölkerungsgruppe sich anmaßen sprechend ihrer Stimmstärke zu rekrutieren, dürfe, die gesamte Staatsmacht für sich zu wobei keine politische Organisation mehr als beanspruchen. Die ab Art. 12 aufgelisteten 50% der Regierungsmitglieder stellen darf. Grundprinzipien und Grundrechte beginnen Eine für parlamentarische Regierungssysteme mit dem Staatsziel der Verhinderung und Be- charakteristische auf dem Mehrheitsprinzip strafung von Völkermord sowie der Aufgabe, aufbauende Regierungsbildung ist in Ruanda die Leugnung von Völkermord und die hinter damit ausgeschlossen. dem Völkermord stehende Ideologie zu be- Die ruandische Legislative setzt sich aus zwei kämpfen. Der Staat ist zudem gehalten, gegen Parlamentskammern zusammen, der Abge- Diskriminierung und ethnische Spaltung zu ordnetenkammer und dem Senat, die die klas- wirken. Darüber hinaus benennen die Art. 50 sischen Parlamentsaufgaben der Gesetzge- und 52 der ruandischen Verfassung explizit die bung, der Repräsentation, der Regierungskon- Fürsorgepflicht des Staates für bedürftige trolle und teilweise auch der Wahl wichtiger Überlebende des Völkermordes sowie die Ämter wahrnehmen. Pflicht zur Erhaltung der Gedenkstätten. Die Abgeordnetenkammer umfasst insgesamt Aus der Erfahrung des Völkermordes resultiert 80 Abgeordnete, von welchen 53 alle fünf auch eine starke Orientierung auf die Einheit Jahre in allgemeinen Wahlen