Zeitschrift der Bundespolizei 40. Jahrgang ISSN 2190-6718 2-2013

Wenn Helfer Hilfe brauchen

In- & Ausland Letzte Destination: der Flughafen Khartum Seite 15

Sport & Gesundheit Was tun bei Kontakt mit HIV-Infizierten? Seite 32

Zu guter Letzt Identitätsfeststellung auf dem Bahnhofsvorplatz Seite 38 | 2-2013

Inhalt

Der verlängerte Arm der Damals … Mot-Streife an Fankundige Beamte der Kriminalitätsbekämpfung der Westgrenze Bundespolizeidirektion

Die Beamten der Mobilen Fahndungs- Rolf Steffes war im Jahr 1976 Mot- Sie beschaffen Informationen über einheiten observieren aus getarnten Streifer der ersten Stunde. Er erinnert das Fanverhalten und begleiten die Lieferwagen heraus oder klären auf sich an eine Zeit, als an Reisefreiheit Fußballanhänger. Bundespolizei offener Straße verdeckt auf. noch nicht zu denken war. kompakt traf zwei von ihnen.

Seite 11 Seite 20 Seite 25

„„ Titelthema „„ Personal & Haushalt „„ Sport & Gesundheit Sie helfen nach belastenden Damals ... Was tun bei Kontakt mit Einsätzen: Peers ...... 4 Mot-Streife an der Westgrenze . 20 HIV-Infizierten? ...... 32 „Niemand möchte von anderen als 5 Fragen an ...... 23 schwach hingestellt werden!“ . .8 Außenansicht ...... 24 „„ Technik & Logistik Kommentar...... 10 Medizinische Hilfe auf hoher „„ Portrait See ...... 34 „„ In- & Ausland „Leidenschaft und Beruf muss Der verlängerte Arm der man trennen können.“ . . . .25 „„ Leserbriefe Kriminalitätsbekämpfung . . .11 ...... 37 Letzte Destination: „„ Recht & Wissen der Flughafen Khartum . . . 15 Es kommt Besuch ...... 28 „„ Zu guter Letzt Menschenhandel - STAR – International Police Identitätsfeststellung auf dem ein brutales Geschäft . . . . 18 Exchange ...... 30 Bahnhofsvorplatz ...... 38 | 2-2013

Impressum

Herausgeber Bundespolizeipräsidium

Redaktion Ivo Priebe (V.i.S.d.P.) 3 Anja Voss, Marcus Bindermann, Nathalie Lumpé, Ines Rabe, Daniela Scholz, Ulrike Wulf, Torsten Tiedemann, Thomas Borowik, Thorsten Völlmecke, Sven Drese, Christian Altenhofen, Rudolf Höser, Kurt Lachnit, Torsten Tamm

Anschrift Heinrich-Mann-Allee 103 14473 Potsdam Liebe Leserinnen und Leser, Telefon 0331 97997-9405, als sich das tragische Unglück am auch mit dem Ziel, der Auffassung Telefax Berliner Olympiastadion ereignete, entgegenzutreten, dass Polizistinnen 0331 97997-9411 befand sich die aktuelle Ausgabe der und Polizisten in jeder Situation ihren gerade im Schlusslektorat. Mann beziehungsweise ihre Frau zu E-Mail kompakt [email protected] Das Titelthema „Wenn Helfer Hilfe stehen haben. Wir funktionieren zwar brauchen“ war plötzlich mehr denn je in der Abarbeitung einer polizeilichen Intranet Bundespolizei traurige Realität. Lage, aber auch gerade deshalb kompakt.polizei.bund.de sollten wir nicht vergessen, dass auch

Internet Am 27. März haben rund 1 000 wir mit dem Erlebten umgehen und bundespolizei.de/kompakt Kollegen, Weggefährten und Freunde klarkommen müssen. in einer bewegenden Trauerfeier im Layout & Satz Beisein der Familie Abschied von Nach belastenden Situationen Fachinformations- und Medienstelle der Bundespolizei unserem verstorbenen Kollegen ist Hilfe da. Die Peers der Bundes- genommen. Die gesamte Bundespo- polizei helfen und begleiten, hören Druck lizei hat in dieser Zeit der Trauer viel zu und vermitteln. Sie bieten, falls ge- Bonifatius GmbH Paderborn Anteilnahme und Zuspruch erfah- wünscht, auch weitergehende Unter- ren. Behördenvertreter, Bürger und stützung an. Das Thema „Wenn Helfer Auflage Kollegen aus vielen Ländern Euro- Hilfe brauchen“ soll Sie daher nicht 10 600 pas kondolierten. Ein Netzwerk aus nur informieren, sondern auch als Ap-

Erscheinung psychosozialer Notfallversorgung und pell verstanden werden, in psychisch 6-mal jährlich kirchlicher Seelsorge hat unmittelbar belastenden Situationen Hilfe für sich nach dem Unglück mit der Betreuung einzufordern und anzunehmen. Wir danken allen Autoren für die in dieser der unmittelbar Betroffenen begon- Ausgabe veröffentlichten Beiträge. Für den Inhalt der Beiträge sind nen. Viele Kolleginnen und Kollegen Den Hinterbliebenen unseres grundsätzlich die Autoren verantwortlich. sind in diesen schweren Stunden Kollegen wünschen wir viel Kraft und Die Redaktion behält sich das Recht der näher zusammengerückt. unseren verletzten Kolleginnen und Kürzung und Änderung von Beiträgen vor. Kollegen baldige Genesung. Redaktionsschluss In den darauffolgenden Tagen für die Ausgabe 3-2013 haben wir in der Redaktion intensiv Passen Sie auf sich auf! 17. April 2013 miteinander diskutiert, ob wir die

Titelbild bereits druckfertigen Artikel in dieser Ihr Ivo Priebe Christian Skerbic Form noch veröffentlichen wollen Redaktion Bundespolizei kompakt oder nicht. Letztendlich haben wir uns dann doch dazu entschieden – Titelthema

Sie helfen nach belastenden Einsätzen: Peers

An einem Bahnübergang in Süddeutschland erfasst am 27. Dezember 2012 eine Regionalbahn eine 15-jährige Jugendliche, die auf der Stelle tot ist. Ihre 16-jährige Begleiterin muss den Unfall hilflos mit ansehen und erleidet einen Schock. Die Zugreisenden und das Zugpersonal bleiben unverletzt. Kein alltäglicher Einsatz für die Bundespolizisten, die als Erste am Unfallort eintreffen.*

Nachsorge- Der Peer schaut ihn an und sagt: scheinlich im Laufe ihrer Dienstzeit mit Beim gespräch mit dem „Ich weiß, wie du dich fühlst!“ Die solchen oder ähnlichen Ereignissen Peer der Dienststelle berichtet einer beiden schauen sich lange an, der konfrontiert. In ihren Reaktionen auf der Beamten, dass die eigene Tochter Beamte schnauft hörbar durch und außergewöhnliche Belastungen unter- die gleiche Jacke trägt wie die Ver- sagt: „Danke.“ scheiden sie sich von den unmittelbar storbene. Das Bild der Jacke mit der Betroffenen – den Opfern oder deren Vorstellung, die eigene Tochter wäre Viele Beamte der Bundespolizei, Angehörigen. Während diese unter bei dem Unfall verstorben, gehe ihm insbesondere in bahnpolizeilichen dem Eindruck des Ereignisses häufig seitdem nicht mehr aus dem Kopf. Aufgabengebieten, werden sehr wahr- wie gelähmt erscheinen, greifen | 2-2013

Der Begriff „Peer“ (aus dem Englischen: Kollege, Kamerad, Freund) bezeichnet 5 Mitarbeiter, die im Fachgebiet Psychotrauma- tologie besonders geschult sind. Ein Peer unterstützt die Kollegen nach belastenden Einsätzen. Oftmals sind sie auch die ersten Ansprechpartner nach solchen Ereignissen. Der wesentliche Vorteil der Peers besteht zum einen in der Sachkenntnis, der sogenannten Feldkompetenz. Peers wissen häufig aus eigener langjähriger Erfahrung, was an einem Einsatzort abläuft und wie die Arbeit in einer Dienststelle or- ganisiert ist. Zum anderen sind es die Zugehörigkeit zur selben Organisati- on, die Kameradschaft der Polizisten untereinander und ein unausge- häufig: „Während des Einsatzes habe sprochenes kollektives Wissen über Einsatzkräfte dagegen oftmals auf ich nicht groß darüber nachgedacht, gemeinsam durchstandene Einsätze, erlernte Handlungsmuster zurück, die es hat sich bei mir der Autopilot ein- die eine Akzeptanz schaffen, an die es ihnen ermöglichen, die Arbeit vor geschaltet.“ Der erlebte Anteil der kaum ein Externer heranreicht. Nur Ort zu bewältigen. Die Verarbeitung Geschehnisse wird jedoch inner- die konkrete Erfahrung im Einsatz- des Erlebten setzt oft erst verzögert psychisch „nachgeholt“ und drängt bereich ermöglicht es dem Peer, in einige Stunden oder Tage nach dem sich später in das Erleben der Gesprächen zu sagen: „Ich denke, Einsatz ein. Einsatzkräfte berichten Beamten. ich weiß, wie es dir jetzt geht.“

An einem Unfallort werden die Einsatzkräfte mit unzähligen Eindrücken konfrontiert, die sie oft erst später verarbeiten. Foto: Bundespolizei | 2-2013

6 | 2-2013

Coolness und Verdrän- informiert. Jeder kann nach solchen ich immer noch davon träume?“) und gung machen krank Einsätzen Hilfe bei der Verarbeitung zur Normalisierung von Veränderun- in Anspruch nehmen. Alle Angebote gen nach belastenden Ereignissen, basieren auf Freiwilligkeit. Zumeist wie Schlafstörungen, sich aufdrän- „Junge, wenn du das nicht ab- führen die Peers Gespräche mit genden Wiedererinnerungen oder kannst, musst du Bäcker werden!“ einzelnen Beamten. Handelt es sich Verhaltensänderungen, beitragen. Mit solchen oder ähnlichen Aus- jedoch um ein Ereignis, bei dem Übersteigen die in den Gesprächen 7 sprüchen sahen sich vermutlich viele mehrere Beamte beteiligt und sicht- vorgetragenen Inhalte die Kompetenz schon konfrontiert. Peers können lich betroffen sind, kann das Erlebte der Peers oder halten die Verände- in der persönlichen Betreuung der auch zusätzlich in der Gruppe bei rungen an, vermitteln die Peers vermeintlichen Stärke durch Verdrän- einem sogenannten „Debriefing“ mit Kontakt zu psychosozialen Fach- gung oder Verleugnung von Belas- mehreren Peers oder psychosozialen kräften der Bundespolizei oder tungen wirksam begegnen. Denn vor Fachkräften aufgearbeitet werden. externen Ärzten und Psychothera- allem unter jungen oder unerfahrenen peuten. Einsatzkräften ist diese Haltung noch Die Peers sind in ihren Dienst- häufig verbreitet. Und nur so kann es stellen Ansprechpartner für Mitarbei- Nach mehreren Gesprächen mit gelingen, eine adäquate Form der ter und Vorgesetzte in allen Belangen dem Peer konnte der beim eingangs Bewältigung von Belastungen anzu- zum Thema psychosoziale Notfallver- erwähnten Zugunglück eingesetzte regen, die zur Erholung und Gesund- sorgung. Sie bilden zusammen mit Beamte die schlimmen Erlebnisse erhaltung der Einsatzkräfte führt. den Psychosozialen Fachkräften in verarbeiten. Er war dankbar für die der Bundespolizei (Ärzten, Psycho- Betreuung, die er so noch nicht Nicht für jede Einsatzkraft sind logen, Seelsorgern, Leitern Sozial- kannte: „Jetzt bin ich schon so lange bestimmte Einsätze gleich belastend, wissenschaftlicher Dienste) ein Team dabei und es ist das erste Mal, dass jedoch gelten folgende Ereignisse zur Betreuung der Einsatzkräfte nach mich jemand fragt, wie es mir danach bei Polizei, Feuerwehr und Rettungs- belastenden Ereignissen. Zentral und ergangen ist …“ diensten als besonders belastend: fachlich koordiniert werden die Peers beim Referat 83 im Bundespolizei- * Aus Rücksicht auf die Beteiligten „„ Konfrontation mit Schwerverletzten präsidium, dem Ärztlichen und wurde der Sachverhalt anonymisiert oder Toten bei Einsätzen und Er- Sicherheitstechnischen Dienst. (Anmerkung der Redaktion). mittlungen, beispielsweise Körper- verletzungen, Selbsttötungen, Peers werden in einem Verwen- Bahnbetriebs- oder Verkehrs- dungslehrgang in den Themen- Erika Bröstler unfälle bereichen Psychotraumatologie und Fotos: Christian Skerbic Gesprächsführung geschult. Sie „„ Großschadenslagen, Naturkatas- können so Auskunft auf häufige trophen, Kriegseinsätze, Anschläge Fragen geben („Ist es normal, dass oder Amoklagen, bei denen es viele Opfer gibt Stressbearbeitung nach belastenden Ereignissen (SbE) „„ Eigene Betroffenheit von gewalttä- und Psychosoziale Notfallversorgung (PSNV) tigen Angriffen gegen die eigene Person, Infektionsgefahren und In der Bundespolizei regelt die Konzeption für Arbeitsunfälle, aber auch die An- die Stressbearbeitung nach belastenden Er- wendung von Zwang gegen andere eignissen (SbE) vom 6. März 2009 die Orga- nisation der Betreuung nach entsprechenden „„ Verletzte oder getötete Kollegen, Einsätzen. Sie wird derzeit neu überarbeitet. ob im Einsatz, durch Unfälle oder Eine wesentliche Änderung werden die Begrif- Selbsttötungen fe sein. Der Begriff „Stressbearbeitung“ nach belastenden Ereignissen (SbE) wird ersetzt. Im täglichen Dienst werden die Zukünftig wird der bundesweit und überbe- Peers in den Dienststellen regelmäßig hördlich geltende Begriff „Psychosoziale durch Lagemeldungen über potenziell Notfallversorgung“ (PSNV) genutzt. belastende Ereignisse in ihrer Region | 2-2013

8

„Niemand möchte später von anderen als schwach hingestellt werden!“

Für die kompakt sprach Thomas Gerbert von der Bundespolizeiinspektion Weil am Rhein mit Alexandra Meyer und Norbert Prause über ihre Arbeit als Peers, das Vertrauen unter Kollegen und Emotionen in der Polizeiarbeit.

kompakt: Wie seid ihr Peers Ich habe mich dann nach kurzer Be- Norbert: Ich bin seit dem Jahr geworden? denkzeit bereit erklärt, Peer für das 2005 Peer. Bereits in der Altorgani- Bundespolizeirevier Freiburg zu wer- sation habe ich die Aufgabe für die Alexandra: Erika Bröstler, die den. Das war im September 2010. ehemalige Bundespolizeiinspektion Leiterin des Sozialwissenschaftlichen Ich hatte dann zunächst ein Erstge- Waldshut ausgeführt und hierfür Dienstes Oerlenbach, hatte sich vor spräch beim Sozialwissenschaftlichen spezielle Schulungsmaßnahmen einiger Zeit an die Dienststellen ge- Dienst und konnte anschließend durchlaufen. Zudem bin ich in der wandt, um Peers zu gewinnen. kurzfristig die Fortbildung absolvieren. kirchlichen Seelsorge tätig. | 2-2013

kompakt: Welche Vorteile seht ihr Menschen, die in extremen Situa- in eurer Arbeit für die Kollegen und tionen, auch Ausnahmesituationen die Bundespolizei? extrem ausgeprägte Gefühle und ein entsprechendes Verhalten zeigen, Alexandra: Kollegen fällt es erleben wir immer wieder. Und des- leichter über das Erlebte zu spre- wegen haben viele von uns den Beruf chen, wenn jemand außerhalb der ergriffen – weil wir mit Menschen zu 9 Dienstgruppe sich um ihre Belange tun haben wollen. Aber: Emotionen kümmert. Es kann eine ganz andere stecken an und deswegen ist eine Vertrauensbasis entstehen, denn man gute Psychohygiene so wichtig wie will im engeren Kollegenkreis nicht Händewaschen: Man muss auf sich auffallen, sich nicht anmerken lassen, aufpassen, auf den eigenen Ausgleich dass es einem nach einem belasten- achten und über Belastendes spre- den Ereignis schlecht geht. Niemand chen. möchte später von anderen als schwach hingestellt werden. Ich habe Norbert: In belastenden Situatio- den Vorteil, dass ich als Kontroll- und nen solltet ihr Vertraute suchen. Das Streifenbeamtin selbst immer wieder kann ein Peer sein, jedoch auch die mit belastenden Ereignissen zu tun eigene Familie. Niemals solltet ihr habe. So bin ich bei den Betroffenen Dinge, die euch im Hinblick auf ein Alexandra Meyer, 39 Jahre alt, „Gleiche unter Gleichen“, weil ich extremes Ereignis belasten, für euch ist seit 1990 Bundespolizistin. mich in deren Lage hineinversetzen behalten. Es ist in diesen Phasen Sie arbeitet als Kontroll- und kann. wichtig zu kommunizieren, bevor es Streifenbeamtin im Bundes- zu Reaktionen des eigenen Körpers polizeirevier Freiburg. Norbert: Viele Kollegen stecken kommt. Das können beispielsweise belastende Ereignisse gut weg. Doch Schlafstörungen sein, denn sie sind es gibt auch diejenigen, die unsere eine natürliche Reaktion des Körpers Hilfe benötigen. Es kommt immer auf ein unnormales, unnatürliches wieder vor, dass Mitarbeiter sich aus Ereignis. Angst nicht offenbaren. Dafür ist un- ser Gesprächsangebot da, damit von kompakt: Wer kann sich an euch den Kollegen der Druck genommen wenden? wird. Zudem können zur weiteren Betreuung externe Psychologen her- Alexandra und Norbert: Jeder An- angezogen werden. Die Dienstgrup- gehörige der Bundespolizeiinspektion penleiter der Bundespolizeiinspektion Weil am Rhein, der das Bedürfnis hat, Weil am Rhein gehen sehr umsichtig uns zu Rate zu ziehen. Unsere priva- mit dem Thema um. Ein weiterer ten Telefonnummern sind ebenfalls Vorteil: Ein Peer kann dazu beitragen, hinterlegt, sodass wir auch außerhalb dass sich Belastungssymptome der Dienstzeit erreichbar sind. normalisieren, Informationen wirken glaubhafter und können besser an- kompakt: Liebe Alexandra, lieber genommen werden. Norbert, vielen Dank, dass ihr euch bereit erklärt habt, uns etwas über Welchen Rat möchtet ihr eure Arbeit als Peer der Bundes- kompakt: Kollegen zum Umgang mit belasten- polizeiinspektion Weil am Rhein zu Norbert Prause, 56 Jahre alt, den Ereignissen geben? erzählen. ist seit 1974 bei der Bundes- Alexandra: Passt gut auf euch polizei. Er ist Ermittlungsbeam- auf! Achtet darauf, dass der innere Fotos: Bundespolizei ter beim Bundespolizeirevier Akku nicht zu leer wird. Es ist gut zu Waldshut. wissen: Polizeiarbeit ist ein Stück weit Emotionsarbeit. Den Umgang mit | 2-2013

Kommentar: Der gepflegte Albtraum 10

kann mich noch gut ich nicht sicher, was damals in seiner aber einfach ein mental einigermaßen Ich erinnern, wie ich zum Stimme mitschwang. War es ein Aus- robuster Typ. Ich weiß es nicht und ersten Mal wegen eines tödlichen Un- druck der Fürsorge? Oder klang es werde es wohl nie herausfinden. falls ausrücken musste. Als Anwärter wie: „Mir macht es nichts aus, denn absolvierte ich gerade mein bahn- ich bin ein Profi. Und du …?“ Was ich weiß, ist, dass ich damit polizeiliches Praktikum. „Person von Glück hatte. Denn in der Polizeiausbil- Zug erfasst“, hieß es bereits in einer dung hatte mich niemand auf solche meiner ersten Nachtschichten. Bei so dramatischen Situationen vorbereitet. einer Meldung weiß man nie sicher, Niemand hatte mir erklärt, wie mit ob es noch Hoffnung gibt oder ob es belastenden Erlebnissen umzugehen für jede Hilfe zu spät ist. Nein, stimmt ist. Und das beiläufige „Alles klar?“ in nicht – Hoffnung gibt es immer! Also der von Scheinwerfern zerschnittenen rannten wir aus der Wache. Dunkelheit blieb die einzige Einsatz- nachbereitung, die einzige Nachsor- Das rhythmisch aufblitzende Blau- ge, die ich erfahren habe. licht bahnte uns den Weg durch die zähe Dunkelheit, das laute Aufheulen Heute sieht die Welt anders aus. des Martinshorns übertönte dabei Mittlerweile gibt es bei der Bundes- jeden aufkeimenden Gedanken dar- polizei eigens dafür ausgebildete über, was uns am Unfallort erwartet. Kollegen, die einen auffangen kön- Als wir ankamen, sahen wir im Schein nen, wenn die psychische Belastung unserer Taschenlampen sofort, dass zu groß wird. Das ist gut. Das ist fort- all die Eile umsonst war: Aus diesem schrittlich. Und – das ist zu wenig. Körper war der allerletzte Hauch des Lebens bereits entwichen. Es reicht nicht, sich dem Leiden Ich war noch lange kein Profi, doch zu widmen, wenn es schon da ist. Uns blieb nur, den Unfall zu doku- diese Einsatztaufe (sic!) überstand ich Besser ist, vorzubeugen. Eigentlich mentieren. Bevor die Kollegen von ohne Schaden: kein Schock, keine wissen wir es. Aber es ist wohl typisch der eintrafen, um zu wiederkehrenden Albträume, keine für unsere europäische Mentalität, übernehmen, gab es jede Menge schlaflosen Nächte. Vielleicht halfen erst dann einen Arzt um Hilfe zu bit- Details, die wir festhalten mussten. mir dabei Erfahrungen, die ich vor ten, wenn man schon krank ist – um Ich weiß noch, wie mir einer meiner Jahren in der Altenpflege gemacht die Symptome zu behandeln. In einem „Bärenführer“ die dienstliche Pola- hatte – da wird man zwangsläufig Artikel über die traditionelle chinesi- roidkamera reichte. „Du machst die des Öfteren mit der Endlichkeit des sche Medizin habe ich mal gelesen, Fotos“, sagte er und deutete auf die menschlichen Daseins konfrontiert. dass es auch anders geht. Chinesen Leiche. Nachdem ich mich daraufhin Vielleicht blieb mir ein Trauma erspart, lassen sich regelmäßig auch dann von allen Seiten über den Getöteten weil ich als Jugendlicher ehrenamtlich untersuchen, wenn sie gesund sind. gebeugt und ein paar Mal auf den in einer chirurgischen Notaufnahme Um gesund zu bleiben. Alles klar? Auslöser gedrückt hatte, sah der gearbeitet hatte – der Anblick von viel Kollege von seinem Schreibblock auf. Blut und schlimmen Verletzungen war „Alles klar?“, fragte er. Bis heute bin mir nicht ganz neu. Vielleicht bin ich Thomas Borowik In- & Ausland

Der verlängerte Arm der Kriminalitätsbekämpfung

Wenn man von den Mobilen Fahndungseinheiten der Bundespolizei spricht, dann hört man nicht selten Sätze wie: „Was machen die eigentlich? Ich wusste gar nicht, dass die Bundespolizei so etwas hat. Das ist ja wie im Tatort!“ Für die kompakt gibt Thomas Müller, Leiter der Mobilen Fahn- dungseinheit (MFE) , einen Einblick in die Aufgaben, den täglichen Dienst und die Geschichte der noch jungen Einheiten.

Uhr, eine Groß- Sie müssen melden, wenn sich die vation, um weitere Erkenntnisse zu 23:30 stadt in Süd- Zielperson bewegt. Das Team, das in sammeln. deutschland. In einem Industriegebiet einiger Entfernung bereitsteht, ist auf steht vor einer Spielhalle ein Liefer- sie angewiesen. Heute soll ein Treffen Rund um die Uhr zu zweit oder wagen. Seit Stunden sitzen darin zwei zwischen einem unbekannten Schleu- gar allein vor irgendeiner Haustür, Beamte und warten darauf, dass sich ser und der Zielperson stattfinden. eine Tüte mit Hamburgern und Pom- die Zielperson regt. Es regnet und Das bedeutet höchste Konzentration, mes auf dem Schoß – so kennt man wird immer kühler. Die Thermoskanne auch über Stunden hinweg. Plötzlich die Observation aus dem ARD-Tatort. mit dem Tee war schon um 19:00 Uhr geht Licht im Gebäude an. Der Be- Dies entspricht natürlich in keiner leer. Aber Einkuscheln oder gar schuldigte kommt aus dem Haus, Weise der Realität – bis auf die Fast- Schlafen sind tabu. Denn die beiden steigt in eine Limousine und fährt mit Food-Tüte. Verdeckte Ermittlungs- Beamten sind das „Auge“ der Obser- quietschenden Reifen davon. Die unterstützung ist Teamarbeit. Bei der vation. Sie beobachten den Objekt- Beamten melden die Abfahrt. Das Bundespolizei wird sie in großem ausgang und einen Monitor, der das andere Team startet – quasi „von null Umfang von den MFE geleistet. Videobild des Seitenausganges zeigt. auf hundert“ – in die mobile Obser- Ein Rückblick

Die Mobilen Fahndungseinheiten der Bundespolizeiinspektionen Kriminalitätsbe- kämpfung haben sich zum unverzichtbaren Bestandteil in der kriminalpolizeilichen Arbeit 12 der Bundespolizei entwickelt. Bei der dama- ligen Bundesgrenzschutzinspektion Ver- brechensbekämpfung (Oder) wurden sie 1995 im Rahmen des Pilot- Inspektionsmodells entwickelt. Die Einheiten sollten in die Lage versetzt werden, sowohl spezialisiert zu fahnden als auch konspirativ Informationen für Ermittlungs- verfahren zu gewinnen. Die positiven Erfahrungen im Testlauf in Frankfurt (Oder) waren letztlich die Basis für

Bildunterschrift | 2-2013

deren bundesweiten Aufbau. Durch Organisations- und Improvisations- zum Beispiel in Fällen von banden- aufwändige Strukturermittlungen in talent der Mitarbeiter und Verant- und gewerbsmäßigem Diebstahl, der mittleren, schweren und organi- wortlichen. Mit der Neuorganisation tätig. Bei Maßnahmen für externe sierten Kriminalität entstand seitdem 2008 kam dann der Durchbruch. Behörden werden die Einheiten in bei den Ermittlungsdienststellen im- Bundesweit entstanden neun MFE, nahezu allen Deliktfeldern eingesetzt, mer mehr Observationsbedarf. und deren Aufgaben wurden in Kon- wobei die Observation im Mittelpunkt Die Zeit von der Jahrtausendwende zeptionen umfassend beschrieben. steht. Für ihre tägliche Arbeit gliedern 13 bis zur Neuorganisation 2008 war Zusätzlich wurde ein spezialisierender sich die MFE in Fahndungs- und Ob- geprägt durch einen hohen Improvi- Grundlehrgang eingeführt, und es er- servationsgruppen sowie technische sationsgrad in der täglichen Arbeit der folgte die behördliche Anerkennung, Einsatztrupps. MFE, vor allem weil spezielle Füh- dass für spezielle Aufgaben auch be- rungs- und Einsatzmittel für verdeckte sondere Führungs- und Einsatzmittel Maßnahmen fehlten. Da wurde schon zur Verfügung stehen müssen. Anforderungen an die mal bei anderen Behörden angeklopft Beamten und Videotechnik ausgeliehen oder das Funkgerät 10a mit Paketband Aufgaben und Bedarfs- Um den besonderen Anforderun- eng an der Brust befestigt. Fortbil- träger gen, die an die Beamten in Mobilen dungen fanden teilweise bei anderen Fahndungseinheiten gestellt werden, Behörden statt. In dieser Phase ent- Hauptbedarfsträger für den Einsatz gerecht zu werden, wurde 2012 ein wickelten sich die MFE durch das der Mobilen Fahndungseinheiten sind Eignungsfeststellungsverfahren ein- die Ermittlungsdienste der Bundes- geführt, das die Felder Kreativität, polizeiinspektion Kriminalitätsbekämp- Merkfähigkeit, Stressstabilität, fung, gefolgt von den Bundespo- Orientierungs- und Teamfähigkeit lizeiinspektionen. Aber auch abprüft. Eine weitere wesentliche bei Großeinsätzen werden Eigenschaft, die für den Dienst in der die Fahnder eingesetzt. Einheit gefordert wird, ist maximale Immer häufiger wer- Flexibilität. Der tägliche Dienst sieht den sie zudem von keine Regelmäßigkeit vor. Prägend ist externen Bedarfs- die Fremdbestimmtheit in zeitlicher trägern wie den und örtlicher Hinsicht. Die Beurteilung Zollfahndungs- der Ermittlungslage am Ende eines ämtern, dem Observationstages mit den Erkennt- Zollkriminalamt nissen aus sämtlichen verdeckten oder dem Bun- Maßnahmen führt in der Regel zur deskriminalamt kurzfristigen Planung für den kom- angefordert. menden Tag. Auch ist zum Dienst- Aber auch beginn oftmals nicht klar, an welchem - Ort, in welchem Hotel der Tag enden dienststellen der wird. So kann es passieren, dass man Landespolizei be- sich nach einer 1 500-Kilometer-Fahrt nötigen regelmä- im Rahmen einer grenzüberschreiten- ßig Unterstützung. den Observation an der ungarischen In eigener bundespo- Grenze wiederfindet. Der gepackte lizeilicher Zuständigkeit Koffer sollte also immer dabei sein. werden die MFE haupt- sächlich bei den Straftaten Was heißt das für das private und nach dem Aufenthaltsgesetz, soziale Umfeld? Vereinbarkeit von beispielsweise dem Einschleusen Familie und Beruf scheint angesichts von Ausländern, sowie bei Taten zum der Rahmenbedingungen innerhalb Nachteil der Deutschen Bahn AG, wie der MFE nur schwerlich möglich. Natürlich gestaltet sich die private Aus der Distanz wird die Zielperson fotografiert. Die Aufnahmen sind Planung schwieriger, doch wird im in dem späteren Gerichtsverfahren wichtige Bewesimittel. Rahmen des Machbaren auf die | 2-2013

14

Von ihrem Fahrzeug aus observieren die Fahnder ein Zielobjekt.

persönlichen Belange Rücksicht ge- servation. All diese Szenarien prägen müssen kontinuierlich den Erforder- nommen, beispielsweise durch mittel- den Alltag in der MFE. nissen einer umfassenden modernen bis langfristige Kräfteplanungen. Kriminalitätsbekämpfung angepasst werden. Quo vadis Kriminalitäts- Abwechslung als bekämpfung? Inzwischen ist es 00:30 Uhr. Nach- Motivation dem die Zielperson mit ihrem Fahr- Bestimmten Täterstrukturen und zeug mit bis zu 90 Stundenkilometern Für Außenstehende mögen diese deren Verhaltensweisen kann heute durch die Stadt gerast ist und dabei Umstände zunächst abschreckend nur mit hoch spezialisierter Technik zwei Mal eine rote Ampel überfahren wirken. Sie haben jedoch auch ihren und gut ausgebildetem Personal be- hat, trifft sie sich mit zwei bis dato Reiz. Dieser liegt in der Abwechslung gegnet werden. Hand in Hand mit den unbekannten männlichen Personen. – Fahndung, Observation und Auf- Operativtechnikern und den Ermittlern Welche Rolle die im Ermittlungs- klärung. Ständig wechselnde Ziel- gilt es, kriminelle Machenschaften zu verfahren spielen, wird sich später personen, neue Anforderungen, bekämpfen. Die zukünftigen Heraus- zeigen. Wichtig ist, dass die Personen sämtliche Deliktsfelder und Modi forderungen in der Kriminalitätsbe- fotografiert und deren Fahrzeuge Operandi. Man muss sich immer wie- kämpfung werden nicht einfacher. festgestellt werden konnten. Auftrag der auf neue Sachverhalte einstellen. Um den oftmals international vernetz- erfüllt, aber noch ist nicht Dienst- Heute die „Wutbürger“ bei „Stuttgart ten und hoch technisierten Tätern ihre schluss. Kurz danach geht es weiter 21“ erleben, morgen den tatverdächti- Taten nachweisen zu können, betreibt – die nächste rote Ampel kommt gen Schleuser und Menschenhändler die Bundespolizei inzwischen einen bestimmt … aus der Türsteherszene, der ständig erheblichen finanziellen und personel- Angst vor der Konkurrenz hat und des- len Aufwand. Daher bleibt auch für die Thomas Müller halb hinter jeder Ecke einen Verfolger MFE in der Bundespolizei keine Zeit, Fotos: Bundespolizei vermutet. Und nach oft monatelangen sich auf dem Erreichten auszuruhen. Christian Skerbic Ermittlungen endlich die Zugriffsob- Leistungsstand und Ausstattung

Orignialaufnahmen von Observationen: verdeckt wird jede Bewegung dokumentiert. | 2-2013

15

Letzte Destination: der Flughafen Khartum

40 Jahre lang waren Bundespolizisten für die Deutsche Lufthansa im Einsatz, um weltweit Passagiere und Flugzeuge vor Ort zu schützen. Ihre Einsätze führten sie nach Abuja und Kinshasa, aber auch nach Palma und Kairo. Vergangenes Jahr endete nun der Einsatz von Beamten der Bundespolizei auf Auslandsstationen der Lufthansa. Zwei Ehemalige blicken zurück.

zu Anfang war hatte Probleme mit einem Vorgesetz- Verwendung führte den jungen Bun- „Ganz es einfach nur ten, der auch gleichzeitig mein Fuß- desgrenzschutzbeamten dann im Jahr aufregend. Ich war ja gerade mal 21 balltrainer war. Die Vermischung von 1980 von der Grenzschutzabteilung Jahre alt“, erinnert sich Yalon Gräber Privatem und Dienstlichem machte Küste 3 zur Lufthansa. an den Tag seiner Ankunft in Istanbul. mir dann irgendwann Schwierigkeiten Hier in der Türkei, fern der Heimat, während der Arbeit. So suchte ich für Rückblende. Im Oktober 1972 sollte er für die nächsten Wochen und mich nach einem Ausweg und habe vereinbarte die Deutsche Lufthansa, Monate Flugzeuge und Passagiere damals in diesem Auslandseinsatz damals noch in Staatsbesitz, mit den von Condor, Hapag Lloyd oder der eine Lösung für mich gefunden.“ Die Bundesministerien des Innern und Deutschen Lufthansa schützen. „Ich Suche nach einer neuen dienstlichen für Verkehr den Einsatz von Bundes-

Der Flughafen Khartum in der Dämmerung: hier schützten bis Ende des Jahres 2012 Bundespolizisten Flugzeuge und Passagiere der Deutschen Lufthansa. | 2-2013

grenzschutzbeamten auf Auslands- Ende der 1970er-Jahre waren bis zu stationen der Deutschen Lufthansa. 250 Beamte auf fast allen ausländi- Als Reaktion auf die zunehmende schen Flughäfen, die die Lufthansa terroristische Bedrohung des Luft- anflog, für die Gesellschaft im Einsatz. verkehrs sollten die Beamten die Schutzmaßnahmen in den Zielländern Yalon Gräbers Dienst begann im- 16 gewährleisten. Die Erfahrung hatte mer dann, wenn ein deutsches Flug- zuvor gezeigt, dass die lokalen Behör- zeug in Istanbul landete. Nachdem den und örtlichen Sicherheitskräfte die Passagiere ausgestiegen waren, diese Maßnahmen nur unzureichend durchsuchten er und seine Kollegen und nicht mit der erforderlichen zunächst die Maschine. Anschlie- Sorgfalt durchführten. Noch im selben ßend überwachten sie die türkischen Monat wurden bereits die ersten Be- Sicherheitskräfte bei der Kontrolle der amten für Sicherungsmaßnahmen Reisenden und beim Einladen des ins Ausland entsandt. Die Beamten Gepäcks. „Sobald die Passagiere zum konnten sich dafür freiwillig melden. Flugzeug kamen, wurde vor der Trep- Sie wurden von der Lufthansa in pe ein mobiles Häuschen hingestellt, einem Schnellkurs fortgebildet, um deutsches Gebiet anzuzeigen“, mussten einen Gesundheitstest be- berichtet Yalon Gräber schmunzelnd stehen und erhielten die notwendigen und fügt hinzu: „Darin haben wir dann Impfungen. die Passagiere und das Handgepäck erneut kontrolliert. Blieb ein Flieger So überwachten die Beamten die über Nacht auf dem Flughafen, so Kontrollen der Passagiere und ihres hatten wir die Maschine zu checken Gepäcks, überprüften Fracht und und danach abzusiegeln.“ Am nächs- Post und durchsuchten das Flugzeug ten Morgen überprüften die Beamten nach gefährlichen Gegenständen. dann als Erstes, ob das Siegel noch Dass die Sorge um die Sicherheit intakt war. des Luftverkehrs nicht unberechtigt war, zeigten mehrere Vorfälle. Der An den Auslandsstationen waren dere ihre Ausbildung und ihre beruf- wohl bekannteste unter ihnen war Yalon Gräber und seine Kollegen lichen Erfahrungen qualifizierten sie die Entführung der Lufthansa-Boeing unbewaffnet. Bei ihrer Arbeit trugen für die Aufgaben vor Ort. Aber auch „Landshut“ im Oktober 1977. Bis sie eine Lufthansa-Uniform. Insbeson- oder gerade wegen ihrer Herkunft und Mentalität wurden sie von den lokalen Sicherheitskräften respektiert. Swen Klingbeil kontrolliert Passagiere auf dem Flughafen Khartum. Seinen Dienst versah er in einer Denn vielerorts führten die örtlichen Lufthansa-Uniform. Heute arbeitet er im Bundespolizeipräsidium in der Auskunftsstelle Visa. Beschäftigten die Kontrollen nicht einheitlich durch. Reisende nutzten persönliche Kontakte oder auch Bestechungsgelder, um Ausnahmen oder Begünstigungen bei den Sicher- heitskontrollen zu erhalten. Hinzu kam, dass die örtlichen Kontrollkräfte häufig keine Kritik von Einheimischen annahmen.

Nach der Privatisierung der Luft- hansa im Jahr 1997 wurde die Zahl der eingesetzten Beamten auf 40 verringert. Ihre letzten Einsatzorte im Streckennetz der Lufthansa waren schließlich Kairo, Lagos und Khartum. | 2-2013

17

Yalon Gräber war zwischen 1980 und 1982 drei Mal für die Lufthansa im Einsatz. Er lebt heute mit seiner Familie in der Nähe von Tel Aviv, wo er als Reiseleiter arbeitet und Überlebende des Holocaust berät. Foto: Jürgen Pflugner

Dort war Swen Klingbeil seit dem Jahr erinnert sich Swen Klingbeil an seine wie andere Fluggesellschaften auch, 2006 mehrfach im Einsatz. Auch er Zeit in Ägypten: „Der Kontakt zu Land lokale Sicherheitsdienstleister ein. hatte nach einer neuen beruflichen und Leuten in der arabischen Welt Zusätzlich werden nun eigene Mit- Herausforderung gesucht und seine war eine schöne Erfahrung. Und man arbeiter als Supervisor entsandt, um Arbeit als Ermittlungsbeamter in Berlin lernt Dinge wieder zu schätzen, die in die Sicherheitsmaßnahmen vor Ort gegen den Dienst in Kairo und Khar- Deutschland selbstverständlich sind, zu überwachen. Yalon Gräber denkt tum eingetauscht. „Ich fand meine wie beispielsweise im Wald spazieren auch noch 30 Jahre später gern an neue Aufgabe von Anfang an span- zu gehen oder gefahrenfrei den die Zeit bei der Lufthansa zurück. nend und abwechslungsreich. So öffentlichen Nahverkehr zu nutzen.“ Nach dem Einsatz wurde er Gruppen- habe ich neben den Passagieren und führer in einer Einsatzhundertschaft. ihrem Gepäck auch Fremdpersonal Nach rund 40 Jahren endete im In den zwei Jahren bei der Lufthansa beim Zutritt zum Flugzeug kontrolliert Jahr 2012 der Einsatz von Beamten hat er neben Istanbul auch viel Zeit und notfalls während seiner Arbeit be- der Bundespolizei bei der Lufthansa. in Tel Aviv und Nairobi verbracht. „Ich aufsichtigt“, berichtet Swen Klingbeil. Der Flughafen Khartum im Sudan, wo habe dort Land und Leute kennenge- „Und die Zusammenarbeit mit den Swen Klingbeil und sein Kollege ar- lernt, und zwar viel intensiver, als man Kollegen von der Lufthansa funktio- beiteten, war der letzte Einsatzort. Sie es als ein Tourist kann, der nur drei nierte durchweg positiv, das hat den kehrten im Dezember des vergange- Wochen lang unterwegs ist.“ Alltag sehr erleichtert.“ Vor Ort lebte nen Jahres nach Deutschland zurück. er in einer der Privatwohnungen, die das Unternehmen für die Beamten An sogenannten Hochrisikodesti- Marcus Bindermann angemietet hatte. Besonders gern nationen setzt die Lufthansa heute, Fotos: privat | 2-2013 Menschenhandel – ein brutales Geschäft 18 Sie stehen im Schatten eines zusammenwachsenden Europas und einer der Globalisierung entgegenstrebenden Welt: Opfer von Menschenhandel. In den letzten Jahren haben Opferschutzbestimmungen der Europäischen Union (EU) die Viktimisierung und den Schutz der Geschädigten in den Blickpunkt gerückt.

Zwei Straßen- tierungslosigkeit den Tätern hilflos Zum anderen sind es die Abhängigkeit Tatort: bordelle in ausgeliefert, sehen sich die Opfer mit vom Täter hinsichtlich Unterkunft und Niedersachsen. Der Bordellbetreiber schweren Formen der Viktimisierung Verpflegung sowie die Wegnahme lässt über ausländische Schleuser konfrontiert. Viele Opfer sind nicht des Passes der Opfer. Hintermänner Prostituierte aus Russland und der deutsche Frauen. Den Lageberichten werben die Opfer oft durch Verspre- Ukraine mit verfälschten Pässen des Bundeskriminalamtes zufolge chungen von Jobangeboten an, ausstatten und zur Einreise verhelfen. kommen sie vor allem aus Bulgarien, beispielsweise in der Gastronomie, Die Frauen werden von sogenannten Rumänien, Russland, der Türkei, Gebäudereinigung oder in Kindergär- Platzmännern täglich von ihrer Un- Nigeria und Thailand. ten. Nach der Einreise in Deutschland terkunft zu den Bordellen gebracht, werden die Frauen mit hohen Geldfor- wo sie zu festgesetzten Zeiten und Im statistischen Hellfeld ist der An- derungen für Einreisehilfe, Transport, Entgelten zum Arbeiten gezwungen teil der Opfer von Menschenhandel, Pass- und Visabeschaffung sowie werden. Dem Bordellchef müssen sie die aus Staaten der Europäischen Unterkunft und Verpflegung konfron- den größten Teil ihres Freierlohns für Union stammen, deutlich höher als tiert. Zum Abarbeiten dieser Schulden Wohnung und Arbeitsplatz überlas- der Anteil derer aus Drittstaaten. drängt man sie dann zur Prostitution. sen. Die Frauen werden stets beglei- Die Überschneidung zwischen tet, auch wenn sie beispielsweise Menschenhandel und Schleuserkrimi- Auch bei der Einreisekontrolle an tagsüber Gaststätten aufsuchen. nalität ist deshalb seltener. So wurde Außengrenzen gibt es Berührungen Kontaktaufnahmen zu Personen in den letzten Jahren in weniger als von Menschenhandel mit dem Auf- außerhalb des Milieus sind so un- zehn Prozent der Ermittlungsverfah- gabenbereich der Bundespolizei, vor möglich. Ein Zeuge wird durch den ren wegen Menschenhandels auch allem mit Fällen legendierter Einreise. Bordellchef brutal misshandelt, um wegen eines Schleusungsdelikts Dabei werden oft für touristische die anwesenden und zuschauenden ermittelt. Dennoch kann der Krimina- Zwecke ausgestellte Schengen-Visa Prostituierten weiter einzuschüchtern. litätsbereich Menschenhandel auch in vorgelegt – Einreisebefragung und Ständig kontrolliert, ohne Pässe, die Zuständigkeit der Bundespolizei Abholersituation aber führen zu dem mittellos, orts- und sprachunkundig, fallen – nicht nur in jenen Fällen der Verdacht geplanter irregulärer Mig- sehen sich die Frauen ohnmächtig Überschneidung mit Schleusungen, ration; und zwar insbesondere dann, dem Einfluss des Chefs ausgesetzt. sondern auch im Falle von Inlands- wenn Einlader und Abholer verschie- aufgriffen, bei denen aufgrund der dene Personen sind oder die Visum- Anschaulicher als dieser Realfall Umstände der Verdacht des Men- inhaberin den Einlader oder Abholer kann das brutale System aus Ein- schenhandels besteht. nicht kennt. Bei Inlandsfeststellungen schüchterung, Kontrolle und Gewalt werden drittstaatsangehörige Opfer kaum dargestellt werden, das den Merkmale dafür sind zum einen oft im Status der Ausreisepflicht Menschenhandel (§§ 232-233a Straf- das Ausnutzen herkunftsbedingter angetroffen. In diesem Fall darf eine gesetzbuch (StGB)) prägt. In ihrer Hilflosigkeit der Opfer, die sich haupt- Abschiebung nicht erfolgen, ohne Arbeitskraft oder sexuell ausgebeutet, sächlich in mangelnder Sprachkennt- dem Opfer zuvor eine Ausreisefrist in ihrer herkunftsbedingten Orien- nis und fehlenden Barmitteln zeigt. von mindestens drei Monaten zu | 2-2013

gewähren (§ 59 Abs. 7 Aufenthaltsge- von Menschenhandel vorzusehen, einer aussageunabhängigen Betreu- setz (AufenthG)). Sie müssen zudem um einen Aufenthaltsstatus zur Ge- ung insbesondere Zugang zu Rechts- über die Möglichkeit belehrt werden, winnung einer Zeugenaussage gegen beratung und Unterstützung bei der mit einem Opferschutz-Aufenthaltstitel die Täter zu ermöglichen. Die Umset- Durchsetzung von Entschädigungs- gegen die Tatverdächtigen aussagen zung im deutschen Recht findet sich ansprüchen zu gewähren. Zudem zu können. Dasselbe gilt übrigens in § 25 Abs. 4a AufenthG. Danach haben sie, wenn es erforderlich ist, auch für alle illegal Beschäftigten ist die Erteilung einer Aufenthaltser- Anspruch auf Zeugenschutz. 19 (§ 59 Abs. 8 AufenthG) und lässt laubnis vorgesehen, wenn das Opfer sich auch auf die Zurückschiebung jede Verbindung zum Beschuldigten Fälle wie der eingangs geschilderte übertragen. abgebrochen hat und zur Zeugen- lassen die schwere Viktimisierung und aussage bereit ist. Zugleich kann die Traumatisierung der Opfer erahnen Der Opferschutz hat durch das Erpressbarkeit des Opfers wegen – und zeigen, wie wichtig es ist, die Recht der Europäischen Union neue illegaler Beschäftigung oder unerlaub- gesetzlichen Möglichkeiten zum Akzentuierungen erfahren. Seit fast ten Aufenthaltes über die Einstellung Opferschutz in diesem Bereich an- einem Jahrzehnt verpflichtet die EU- des Verfahrens nach § 154c Abs. 2 zuwenden und auszubauen. Opferschutzrichtlinie RL 2004/81/ Strafprozessordnung (StPO) beseitigt EG die EU-Staaten, einen Aufenthalts- werden. Nach der neueren Richtlinie titel für drittstaatsangehörige Opfer 2011/36/EU ist den Opfern neben Prof. Dr. Tilmann Schott

Mit falschen Versprechungen nach Deutschland gelockt und hier zur Prostitution gezwungen: viele Opfer von Menschenhandel sind Frauen aus Bulgarien und Rumänien, aber auch aus Russland und der Türkei. Bildquelle: picture alliance/Süddeutsche Zeitung Photo/Florian Peljak Personal & Haushalt

Damals ...

Mot-Streife an der ehemaligen Westgrenze: ein pensionierter Grenzschützer erinnert sich

haben mehrfach tele- Streife war er an der Westgrenze be- Jetzt schweifen seine Gedanken zu- Wir foniert und schließlich kannt und gefürchtet – wie eben ein rück in diese Zeit. „Hier, ein Foto von einen Termin gefunden. Heute ist es Wolf. Motorisiert – daher der Name unserer Behausung. In dieser alten so weit. Rolf Steffes wartet schon Mot-Streife – waren sie unterwegs. Baracke im ,Seehaus Lager Tanne’, auf den Redakteur der Bundespolizei Vielfach besser und moderner ausge- einer ehemaligen Munitionsfabrik, da kompakt. Er steht in der Tür seines stattet als die Kollegen an den Grenz- waren wir untergebracht“, sagt er und Hauses im Trierer Stadtteil Zewen und übergängen im stationären Dienst. kramt weiter in der Bilderkiste. winkt mich auf den Parkplatz. „Früher „Mit einem mit Wechselkennzeichen hieß das einfach ,Buscho-Bravo’, erin- versehenen zivilen VW-Transporter, 1976 begann die Zeit der Mot- nert sich der heute 74-Jährige an die dem sogenannten Bully, und komplet- Streife. Statt Reisefreiheit gab es damalige Mitarbeiterzeitschrift. „Mein tem Büro darin. Wir konnten per Funk noch Vollkontrollen, auch innerhalb Leben war der BGS – und der BGS Abfragen beim Bundeskriminalamt Europas. und war mein Leben“, gesteht er bei einer durchführen und hatten Schreibma- Zoll hielten die größeren Übergänge Tasse Kaffee und frischen Brötchen. schinen sowie sämtliche Vordrucke an ständig besetzt. Der Schlagbaum „Lass uns erst mal was Anständiges ,Bord’. Wir verfügten sogar über einen bestimmte den Takt des Straßen- , dann packen wir Erinnerungen Koffer für erkennungsdienstliche Maß- verkehrs. Oft bildeten sich lange und Fotos aus“, schlägt der Mann mit nahmen, waren also autark arbeits- Fahrzeugschlangen beiderseits der den grauen Haaren vor. Die graue fähig“, erinnert sich Steffes. Er ist Grenze. Die Grenzschützer achteten Haarpracht trug er schon, als er noch Jahrgang 1939, geboren in Prüm in auf den Personenverkehr, die Zöllner aktiver Grenzschützer war. Damals der Eifel, und wurde im Februar 1958 kontrollierten die Waren. „Da lief vie- hörte er auch auf den Namen „Grau- als Grenzjäger in Clausthal-Zellerfeld les Hand in Hand. Es gab eine enge er Wolf“, wie Freunde ihn nennen im Harz bei Goslar in der damaligen und gute Zusammenarbeit“, erinnert durften. Mit seinen Kollegen der Mot- Grenzschutzabteilung 4 eingestellt. sich Steffes, dessen Vater Zollbeam- | 2-2013

Die Mot-Streife im Einsatz: Mit einem zivilen „Bully“ und einem weiteren Fahrzeug, wie hier in Fölken- bach bei Echternacherbrück an der Grenze zu Luxemburg, patrouillierten die Mot-Streifer an der Westgrenze. Foto: Privatarchiv Volker Barth

ter war und mit dem er auch gemeinsam Dienste verrichtete. 21

Die Mot-Streifen waren nicht an bestimmte Standorte gebunden. Sie kontrollierten im gesamten Grenzgebiet. „Das ging vom Losheimer Graben an der bel- gischen Grenze bis südlich von Perl an der französischen Grenze“, erklärt der ehemalige Mot-Truppfüh- rer. Im damaligen Grenzschutzamt Saarbrücken gab es den „Mot-Leiter“. Ihm waren 24 Beamte unterstellt, die in Trupps mit jeweils vier Leuten unterwegs waren. Davon waren im Raum Bienwald acht Beamte statio- niert, zwei Trupps in Echternacher- brück und zwei Beamte direkt beim Grenzschutzamt Saarbrücken.

„Unser Vorteil war: Wir waren nicht berechenbar. Zu unterschiedlichen Tages- und Nachtzeiten waren wir an verschiedenen Örtlichkeiten unter- wegs, überraschten zuweilen auch die Kollegen“, erzählt Steffes und weiß, dass denen die Anwesenheit der Mot-Streife nicht immer gefiel. Denn bei deren Auftreten war es vor- bei mit der Ruhe. Fahrzeuge und Per- sonen wurden „auf den Kopf gestellt“. Schließlich mussten auch die Mot- Streifer nachweisen, dass sie nicht zum Vergnügen unterwegs waren. „Nein, wir wollten auch Erfolge auf- zuweisen haben. Und das hatten wir auch“, resümiert Steffes mit Stolz. Er erinnert sich an die ungezählten Fälle, in denen die Mot-Streifen illegale Grenzübertritte verhinderten, Waffen und Rauschgift fanden und sicher- stellten. Die acht Mann teilten sich

Rolf Steffes als Polizeimeister mit dem Zollbeamten Hans Trapp am Grenzübergang zu Luxemburg in Wasserbilligerbrück. Foto: Privatarchiv Rolf Steffes | 2-2013

Gemeinsame Freizeitaktivitäten, wie hier bei einer Bootsfahrt auf dem Grenzfluss Sauer, schweißten die Mot-Streifer zusammen. Foto: Privatarchiv Rolf Steffes

auf, fuhren mindestens zu dritt auf In einem ande- Streife. Dabei wurde darauf geachtet, ren Fall stellten 22 dass die Spezialisten gut gemischt die Mot-Streifer waren. „Die einen waren spezialisiert einen Mann, der auf Rauschgift, andere waren sehr gut während der im Erkennen von gefälschten Doku- Überprüfung menten, wiederum andere kannten seines Fahrzeu- sich mit Waffen exzellent aus. So ges ein kleines haben wir uns sehr gut ergänzt und verschnürtes waren gemeinsam erfolgreich“, sagt Paket in den Steffes. nahen Fluss Sauer warf. Geschickt Doch auch neben dem Dienst holten die Grenzschützer das nasse hatten die Mot-Streifer ein gutes Auf einem der sogenannten Amts- Etwas wieder an Land. Sie staunten Einvernehmen. Sie teilten viele Stun- plätze am Grenzübergang, dort wo nicht schlecht, als sie es öffneten: den ihrer Freizeit und unternahmen Fahrzeuge und Personen intensiven „Es war nicht weniger als eine Million gemeinsame Ausflüge. Gerne erinnert Überprüfungen unterzogen wurden, gefälschte US-Dollar, wie das an- sich Rolf Steffes noch heute an die beobachteten die Mot-Streifer einen schließend eingeschaltete Bundes- vielen Sport- und Schießwettkämpfe, Mann. Der telefonierte, so wie damals kriminalamt seinerzeit feststellte“, die wie gemeinsame Märsche die üblich, in einer Telefonzelle. „Als er sagt Steffes. Sogar ein Mörder ging Truppe zusammenschweißten. Der uns sah, wollte er schnell davon- der Mot-Streife seinerzeit an der Zusammenhalt war gut, man war in rennen. Aber unser Kollege Lothar Westgrenze ins Netz. Der Mann hatte gewisser Weise aufeinander ange- Seipp, ein flotter Leichtathlet, war seine Mutter erschlagen und war mit wiesen. Gemeinsam unternahmen schneller und schnappte den Mann, einem geladenen Kleinkalibergewehr die Mot-Streifer eine Segeltour nach der sich in einem Gehöft verstecken unterwegs. Kroatien, machten Radtouren in die wollte. Unsere Ermittlungen ergaben, Berge oder Kanufahrten auf dem dass es sich bei dem Kerl um einen Neben den Routineeinsätzen an Grenzfluss Sauer. Auch ihre Frauen gesuchten Autodieb und -schieber der Westgrenze gab es auch viele waren bei vielen Festen dabei. Seine handelte“, erzählt Steffes. Öchsle Sondereinsätze. In diesen Fällen wur- Bärbel hat Rolf Steffes übrigens aus hieß der, weiß der Mot-Streifer noch den die Mot-Streifen gebündelt. Sie Clausthal-Zellerfeld mit an Mosel und ganz genau. „In einer Pause der mussten dann etwa am Frankfurter Sauer gebracht. Nach 14 Jahren im späteren Gerichtsverhandlung konnte Flughafen Hunderte von Asylanträgen Ruhestand blickt er auf eine erfolg- der Mann aber aus dem Justizgebäu- bearbeiten oder in Aachen, in Saar- reiche und schöne Zeit in der Mot- de fliehen“, ergänzt Steffes schmun- brücken oder Bienwald Schwerpunkt- Streife zurück. zelnd. einsätze leisten. Mit den Schengener Verträgen wurde das Ende der Mot-Streifen eingeläutet: Als die Schlagbäume wegfielen und die Reisefreiheit be- gann, musste sich auch der damalige Bundesgrenzschutz neu aufstellen. Die Mot-Streifer wurden auf die neu entstandenen Dienststellen verteilt.

Rudolf Höser

Pensioniert und mit guten Erinnerungen an die Mot-Streife: Rolf Steffes hält die mit den Kollegen errungenen Pokale in Ehren. Foto: Rudolf Höser | 2-2013

23 Fragen5 an ... Roberto Neumann Roberto Neumann ist 37 Jahre alt und wohnt in Gommern bei Magdeburg. Seinen Dienst beim Bundesgrenzschutz begann er 1991 in Uelzen. Auf mehrere Abordnungen an die damalige Ostgrenze folgten Wechsel nach Leipzig und später nach Halle, wo er 2004 Diensthundeführer wurde. Seit 2008 sind er und sein Diensthund „Cooper“ nun in der Bundespolizeiinspektion Magdeburg tätig.

1. Was schätzen Sie bei der Bundespolizei am meisten? Am meisten schätze ich es, den Status eines Beamten genießen zu dürfen und somit einen sicheren Beruf mit regelmäßiger Gehaltszahlung zu haben. Im privaten 2. Was schätzen Sie bei der Umfeld stelle ich immer häufiger das Gegenteil fest. Hier sind Existenzängste aufgrund drohender Arbeitslosigkeit Bundespolizei am wenigsten? und finanzieller Engpässe an der Tagesordnung. Ich habe das Gefühl, dass sich die Bundespolizei in der letzten Zeit mehr mit sich selbst beschäftigt, als sich 3. Was war Ihr bisher schönstes Erlebnis ihren eigentlichen Aufgaben zuzuwenden. Als Kontroll- und Streifenbeamter hat man das Gefühl, dass die im Dienst? eigentliche Polizeiarbeit kaum noch Beachtung findet. Als ich die Dienstpostenzuweisung für eine Verwendung als Vielmehr scheint es wichtig, sich über Statistiken, Ziel- Diensthundeführer übertragen bekam. Damit konnte ich Hobby vorgaben und innerdienstliche Querelen den Kopf zu und Beruf vereinen. Als mir dann einige Jahre später durch ein zerbrechen. Tauschgesuch noch ein Dienstposten in Heimatnähe zugewie- sen wurde, war das Glück perfekt. Jetzt erfreue ich mich vor allem an geschlossenen Einsätzen, die den Einsatzwert des 4. Was war das Schlimmste, was Sie Diensthundes aufzeigen. im Dienst erlebt haben? Richtig schlimme Erfahrungen habe ich zum Glück noch 5. Was wäre Ihre erste Amtshandlung, nicht gemacht. Aber ich finde es schlimm, mitansehen zu müssen, wie viele Kollegen, vor allem auch lebensältere, wenn Sie heute zum Präsident der durch die letzte Reform aus ihrem sozialen Umfeld her- Bundespolizei ernannt würden? ausgerissen wurden und sich seitdem auf Reisen befin- Ich würde die letzte Reform in Teilen rückgängig machen, den. Ich hoffe, dass mir so etwas erspart bleibt! denn das eigentliche Ziel, mehr Personal auf die Straße zu bekommen, ist für mich klar verfehlt. Stattdessen habe ich den Eindruck, dass der Verwaltungsapparat enorm und über Das Interview führte Chris Kurpiers. den eigentlichen Bedarf hinaus angewachsen ist. Foto: privat | 2-2013

Kolumne: Die Außenansicht Einfach mal „arme 24 Schweine“ fragen

armen Schweine!“ oder auch die Unkenntnis. Sie wis- „Die – Das sagt man sen, was die Leute da draußen beson- bestimmt nicht, aber das denke ich ders auf die Palme bringt. Sie haben manchmal. Genau: über Sie. Das doch garantiert längst ein Gespür da- denke ich zum Beispiel, wenn ich vor für, wann auch solche Menschen zur der Tagesschau sitze und höre, dass Gewalt neigen, die eigentlich weder ein Zug von der französischen Wie- einen an der Schüssel haben noch deraufbereitungsanlage in La Hague ohnehin Rumgeprügel gut finden. nach Gorleben fährt. Oder so. Ließen sich diese Kenntnisse nicht als eine Art Radarsystem nutzen? Bei manchen Ereignissen oder Beschlüssen der Bundesregierung ist Andere werden doch auch ge- einfach klar, dass es wieder Zoff gibt. fragt, ehe wichtige Entscheidungen Da sind Sie doch garantiert wieder getroffen werden. Die Arbeitgeber mittendrin. Unschön, ausgesprochen und die Gewerkschaften, die Kir- unschön. Ich stelle mir dann vor, wie chen oder die Verbraucherzentralen. auch Sie Nachrichten sehen und Aber wir sind uns einig: Das wäre Verbände-Anhörung heißt so etwas, genau wissen, dass Ihnen mal wieder absurd. Es gibt eben unangenehme auch Gesetzesfolgenabschätzung. So tüchtig Ärger ins Haus steht. Wäre ich Entscheidungen, die müssen trotz- sollen ungewollte Nebenwirkungen an Ihrer Stelle, würde ich vermutlich dem getroffen werden. Um noch ein- vermieden werden. so etwas denken wie: „Na toll, jetzt mal das Anfangsbeispiel zu nennen: haben die das beschlossen und wir Wir können den Franzosen unseren Es ist wirklich nur eine Überle- dürfen es wieder ausbaden!“ Atommüll ja schlecht dalassen, nur gung. Aber ich finde den Gedanken weil es hier Bambule an den Gleisen charmant, dass man auch Sie fragen Anschließend überlege ich mir, gibt: „Lieber François, tut mir echt könnte. Ich wüsste zum Beispiel bei dass Sie sich aber schließlich für leid, aber wir wollen unseren ver- manchem Beschluss gern, ob Sie diesen Job entschieden haben. Hat strahlten Dreck nicht mehr, lass Dir dadurch den sozialen Frieden gestört Sie ja keiner zu gezwungen. Und dass selbst was einfallen. Meine Polizisten sehen. Ob es hilfreich wäre, irgend- Polizisten eher da eingesetzt werden, haben gegen den Rücktransport was nicht einfach durchzusetzen, wo es unangenehm wird, das wussten gestimmt. `Tschuldigung, aber da sondern erst mal zu erklären. Ob ein Sie vermutlich vorher. kann ich nix machen. Tschüss, Deine bisschen mehr Zeit helfen könnte, Angela.“ den schlimmsten Konflikten die Spitze Vor allem geht es natürlich nicht, zu nehmen. dass gewählte Volksvertreter erst bei Ihnen nachfragen müssen, ob sie die- Geht nicht, Vielleicht ist das alles Unsinn. ses entscheiden oder jenes beschlie- geht gar nicht. Vielleicht könnte das Gespräch mit ßen dürfen. Das wäre verkehrte Welt. Ihnen aber auch für ein ganz klein Okay, die Vorstellung ist lustig: Sie Und doch. Sie sind wohl oder übel wenig mehr Sensibilität sorgen. Eine sitzen da in Ihrer Uniform und lassen verflixt nah dran an den Menschen. Überlegung ist es wert. einen Minister nach dem anderen Sie erleben die Wut und die Enttäu- abblitzen. schung vieler Menschen, den Frust Christian Arns Portrait

„Leidenschaft und Beruf muss man trennen können.“

Regelmäßig kommt es bis in die unteren Spielklassen bei Fußballspielen zu Auseinandersetzungen: Fußballanhänger zünden Pyrotechnik, verwüsten Zugabteile und gehen ohne Hemmungen aufeinander los. Auch der Konflikt mit der Polizei wird oftmals nicht gescheut. An manchem Wochenende sind bundesweit mehrere Tausend Polizisten eingesetzt. Darunter: Fankundige Beamte (FKB) der Bundespolizei. Sie beschaffen vor den Spielbegegnungen Informationen über das erwartete Fanverhalten, begleiten die Fußballanhän- ger an den Spieltagen und führen, wenn nötig, auch Eingriffsmaßnahmen durch. Für die kompakt sprach Meik Gauer mit Frank R. (40) und Sandro W. (34), zwei Fankundigen Beamten der Bundespolizeidirektion Berlin, über ihre Tätigkeit, Erlebnisse und Erfahrungen.

kompakt: Es gibt Fans, die zahlen rungen gibt, dann sind die 90 Minuten man nicht sein. Leidenschaft und jedes Wochenende viel Geld, um die langweiligste Zeit des Einsatzes. Beruf muss man trennen können. ihren Verein zu sehen. Für euch ist das quasi umsonst. Also: Hobby zum Frank: Natürlich muss man wissen, kompakt: Fußballspiele finden in Beruf gemacht? was aktuell um den Verein passiert, der Regel am Wochenende statt. wo die Mannschaft in der Tabelle Wie oft seid Ihr unterwegs? Sandro: (lacht) Nein. Die Sportart steht und ob es Spannungen im Fußball hat mich noch nie interessiert. Umfeld gibt. Eine Sympathie ist in Wenn es auf den Rängen keine Stö- Ordnung. Ein fanatischer Fan sollte | 2-2013

Frank: Im Schnitt sind wir an 40 Frank: Wir müssen unsere Szene gibt es oftmals keine uniformierten Wochenenden im Dienst. Das ist aber kennen. Immer nah dran sein, ohne Einsatzkräfte. In kritischen Situationen in Ordnung. Wir richten uns darauf zu tief hineinzurutschen. Ein Fankun- muss dann schnellstmöglich die Lage ein, sodass wir auch unsere freie Zeit diger Beamter sollte teamfähig und erfasst und bewertet werden. Wenn gut gestalten können. Familie und kommunikativ sein. Eine hohe physi- nötig, muss auch gegen eine Über- Freunde haben sich darauf einge- sche und psychische Belastbarkeit ist zahl von Gewalttätern eingeschritten 26 stellt. Unser Familiensonntag ist nun enorm wichtig. werden. der Mittwoch. Sandro: Er sollte auch keine Hem- kompakt: Hast du dafür ein Bei- kompakt: Was zeichnet einen mungen und einen gewissen Blick für spiel? guten Fankundigen Beamten aus? Situationen haben. Wo wir auftreten, Sandro: Bei einem Länderspiel in Berlin drohte am Bahnhof Olympia- Zwischenfall vor Spielbeginn: ein Fußballfan liegt regeungslos an Boden. stadion die Lage zu eskalieren. Rund 250 deutsche Hooligans wurden in der Menschenmenge erkannt und wollten gleichgesinnte Engländer angreifen. Zwei Braunschweiger Polizeibeamtinnen standen getrennt von ihrer Einheit dazwischen. Wir sind sofort dorthin gelaufen und haben die Hooligans mit allen Mitteln bis zum Eintreffen weiterer Kräfte ausein- andergehalten. Ärgerlich war, dass ich dabei auch etwas auf die Nase bekam.

Frank: Es gibt immer wieder Ausnahmesituationen. Allerdings ist Rückzug auch keine Form von Schwäche, sondern manchmal ein- fach notwendig.

kompakt: Das bedeutet, eure Aufgabe beinhaltet insbesondere die Aufklärung?

Frank: Das stimmt. Und wer richtig aufklärt, befindet sich an den Brenn- punkten. Aber unsere Aufgaben sind vielfältiger. Wir müssen unter der Woche belastbare Informationen er- langen, damit das Kräftemanagement vernünftig planen kann. Wir beschrei- ben die Lage, beraten den Polizeifüh- rer und analysieren nach dem Einsatz den Verlauf. Kurz gesagt, wir müssen klären, wer wann, womit und wohin fährt.

kompakt: Habt ihr auch schon einmal im Einsatz Angst gehabt? | 2-2013

27

Fankundige Beamte der Bundespolizei arbeiten eng mit den Szenekundigen Beamten der Länderpolizeien zusammen.

Sandro: Angst bedeutet für mich, Eingang zum Tierpark. Es wird freund- extremer Gewalt entwendet. In der die Kontrolle über das eigene Han- lich und respektvoll gegrüßt, und das Gruppe wird respektlos gegenüber deln zu verlieren. Das kam bisher war es. Natürlich werden die eigenen uniformierten Einsatzkräften aufge- noch nicht vor. Situationen, die ein Sinne unterschwellig geschärft. treten. flaues Gefühl im Magen verursachen, haben wir aber schon sehr häufig kompakt: Hat sich die Szene ver- kompakt: In der Bundespolizeiin- erlebt. ändert? Gibt es Ehrenkodexe? spektion Polizeiliche Sonderdienste gibt es neun Fankundige Beamte. kompakt: Wie haltet ihr euch Sandro: Die richtigen Hooligans Was würden die sich wünschen? körperlich fit? sind nicht immer im polizeilichen Blickfeld. Sie treffen sich an Drittorten Frank: Die Ausstattung in Berlin Frank: Wir machen im Dienst und tragen dort ihre Konflikte aus. Es ist in Ordnung. Wir haben alles, um Kampfsport. Einige sind auch privat gibt klare Absprachen und Regeln. unsere Aufgabe gut und vernünftig sehr engagiert. Hin und wieder wer- Sogar „Schiedsrichter“ werden einge- erfüllen zu können. Das liegt sicher- den auch die Turnschuhe geschnürt. setzt. Als Ort wird oftmals ein ehe- lich auch daran, dass die Leitung die Körperliche Fitness ist aber die maliges Kasernengelände oder eine Wichtigkeit der Fankundigen Beamten Grundvoraussetzung für die Tätigkeit. Waldlichtung ausgesucht. Es ist nicht erkannt hat und uns vollends unter- das vorrangige Ziel, in die Öffentlich- stützt. Schön wäre allerdings ein kompakt: Ihr seid für die Berliner keit zu gelangen oder Unbeteiligte zu Dienstposten. Szene zuständig. Von welcher verletzen. Allerdings gibt es immer Größenordnung sprechen wir? wieder Ausnahmen. Anmerkung: Fankundige Beamte sind im Organi- Frank: In Berlin gehen wir von Frank: Problematisch sind sations- und Dienstpostenplan nicht circa 1 250 relevanten Fans aus. Strömungen in der sogenannten unterlegt. Sie haben in der Regel Ultraszene. Die setzt sich aus erleb- einen Dienstposten als Streifen- und kompakt: Trifft man den einen oder nisorientierten und gewaltbereiten Kontrollbeamter in einer Bundes- anderen „Bekannten“ auch in der Jugendlichen und Heranwachsenden polizeiinspektion und sind seit Freizeit? zusammen. Ihr Verein ist ihnen heilig. mehreren Jahren abgeordnet. Straftaten wie Sachbeschädigung, Sandro: Berlin ist auch nur ein Körperverletzung und Raubstraften Dorf. Natürlich sieht man mal einen werden hingenommen. Fahnen, Fotos: Steffen Pletl an der Kasse im Supermarkt oder am Schals und Fanutensilien werden mit Recht & Wissen

Es kommt Besuch …

Sie kommen nie unangemeldet und immer stellen sie Fragen. Sie lassen sich Dokumente zeigen, besichtigen Räume und tippen fleißig in ihre Laptops. Sie, das sind die Mitarbeiter der Revision Informationssicherheit (IS-Revision).

Angelegenheiten Deshalb wurden Viele können ohne mit der Einführung ver- funktionierende Informationstechnik schiedener technischer nicht mehr erledigt werden. Infor- Systeme zur Datenver- mationstechnik in der Bundespolizei arbeitung auch Stück für umfasst neben den klassischen Stück die Regeln und Maß- Desktop-Computern und Notebooks nahmen zu deren Sicherung auch das angeschlossene Zubehör angepasst. Zusammengefasst – von der Maus bis zum Drucker. Aus werden diese unter dem Begriff der Abhängigkeit von der Informati- der Informationssicherheit. Diese onstechnik entstehen aber Risiken für wird erreicht, wenn alle Regelungen die Arbeit der Bundespolizei. Nicht zur Vertraulichkeit, Verfügbarkeit oder auszudenken, wenn beispielsweise Integrität von Informationen eingehalten plötzlich flächendeckend das Vor- werden. gangsbearbeitungssystem @rtus- Bund ausfällt, bei einem Castoreinsatz Seit Jahresbeginn sind nun Revisions- die Stromversorgung zusammenbricht Teams in den Dienststellen unterwegs. Sie oder, schlimmer noch, Hacker sich prüfen vor Ort, ob alle Maßnahmen zum Zugriff auf die gespeicherten Daten Schutz der Informationstechnik richtig umgesetzt verschaffen würden. wurden und wirksam sind. Denn nur so können die | 2-2013

„IS-Revisoren“ Mike-Uwe Pandorf, Michael Schubert, Vito Nöldner bei der Arbeit. verschiedenen technischen Syste- ob die Anwender wissen, wie sie sich den turnusmäßig geprüft, sodass die me und damit die verhalten müssen, wenn auf ihrem bisher bestehenden vier Teams der gespeicherten Computer eine Virenwarnung er- IS-Revision gut zu tun haben. Sie Daten ausreichend scheint. Zu den Aufgaben der Teams werden im Schnitt etwa alle zwei geschützt werden. gehört weiterhin die Besichtung Jahre jede Dienststelle aufsuchen. 29 Und auch wenn die der Technikräume. Hier prüfen die Bezeichnung „IS-Revisi- IS-Revisoren, ob die technischen Si- Noch sind die Teams, die in on“ Verunsicherungen bei cherungsmaßnahmen dem Standard Lübeck, Potsdam, Swisttal und den Beschäftigten auslöst entsprechen und richtig angewendet Rosenheim ihren Dienstort haben, – diese Teams gehören nicht werden. nicht vollständig besetzt. Um IS- zur Innenrevision und auch Revisor zu werden, ist es nicht nicht zur allgemeinen Revision. Da bei vielen Anwendern die IS- zwingend erforderlich, umfangreiche Revision Unbehagen auslöst, sei an Erfahrungen in der Informationstech- Um zu erfahren, wie die dieser Stelle betont: Die persönlichen nik zu haben. Vielmehr kommt es IT-Grundschutzmaßnahmen Dateien und Ablagen oder E-Mails darauf an, sich mit seinen persön- umgesetzt werden, befragen die sind nicht Ziel der IS-Revision! lichen Stärken in das Team einzu- Mitarbeiter der IS-Revision zunächst bringen und motiviert zu sein, sich die Beschäftigten, die mit besonderen Zum Abschluss der Prüfung wird einer komplexen Aufgabe zu stellen Aufgaben betraut sind. Dazu zählen durch die IS-Revision ein Bericht und diese selbstständig zu bewälti- neben dem Standortservice beispiels- gefertigt, um der Dienststellenleitung gen. Die Fachkenntnisse werden den weise Beauftragte für den Brand- einen Überblick über das erreichte Mitarbeitern in verschiedenen Lehr- schutz oder die Arbeitssicherheit. IT-Sicherheitsniveau zu geben. Die gängen und der Praxis vermittelt. Dabei stehen organisatorische Fragen Dienststellen der Bundespolizei wer- Durch die stete Weiterentwicklung der im Vordergrund, beispielsweise wer Technik muss sich jeder IS-Revisior die Administratoren vor Ort vertritt, aber auch ständig selbst fortbilden, wenn sie einmal nicht im Dienst sind. um auf hohem Niveau arbeiten zu Gefragt wird aber beispiels- können. weise auch,

Nathalie Lumpé Fotos: Bundespolizei | 2-2013 STAR – International Police Exchange 30 “Hands across the sea”

Are you interested in learning about police organisations in other countries, especially those in the United States? Would you like to get an official behind-the-scenes look and build lasting connections with your American counterparts? Then the STAR International Police Exchange just might be for you.

STAR International Currently, there are about 250 details of the visit. A key element of The Police Exchange was German members in this non-profit the programme is that the guests are founded 27 years ago with the goal organisation. The number of members able to participate in the daily police of providing a platform for sharing in the United States is unclear, as the routine of the host country. The Ger- experiences about policing in the chapters in the United States do not man chapters are dedicated not only context of different cultures, while en- have the same operating guidelines. to sharing police-related activities but couraging networking and friendships To be eligible for membership, you also showing their counterparts the between police officers of must be an active or retired peace of- German country and culture. For that and the United States. Although the ficer or an active or retired civilian of a reason, German hosts plan city tours, STAR organisation has mainly been an . In addition, show special sights, and make sure exchange between Germany and the STAR members must be willing to host the visiting officers sample the local US, two further countries, Switzerland visiting police officers and participate cuisine. and Spain, have recently joined its list in organising the programme for the of partners. guests. This year, is playing host to six American police officers from I interviewed Malte Hoffmann, a Once a year in May, police officers May 11 – 25. The other German police officer with the from the United States visit one of the chapters are located in: and a 12-year member of STAR; he German chapters for a two-week wor- is also responsible for STAR’s public king vacation. The hosting chapter „„ Schleswig-Holstein relations. arranges the lodging and organises „„ Berlin

German police officers with members of Austin, Texas Mounted Patrol German STAR members at a shooting gallery in the US | 2-2013

„„ Lower Saxony the meals, which also includes one Vocabulary „„ North Rhine-Westphalia formal dinner. There is also time for „„ Hesse personal sightseeing and special re- to be eligible quests are always taken into conside- infrage kommen, berechtigt sein September is the month when Ger- ration and arranged for each individual man police officers visit their coun- group. working vacation terparts in the United States at one of Arbeitsurlaub 31 the following chapters located in: German police organisations have different policies regarding the time ride-alongs „„ Alabama spent on an exchange programme. Mitfahrten „„ California Some organisations give their police paid educational leave „„ Mississippi officers time for a paid educational Bildungsurlaub „„ Oklahoma leave, and others reimburse at least „„ Texas some of the days spent on the ex- probable cause „„ Washington change. hinreichender Verdacht

This year, 25 officers are sche- Malte himself has already been to breach of the peace duled to make the trip. German police the US with the STAR programme six Ruhestörung officers pay for their airfare and an times. He says that he is often asked additional $250, which is for the local what the biggest difference is bet- aggravated assault chapter. This money is used to fund ween policing in the US and Germany. schwere Körperverletzung the various activities during the two- He and his American colleagues have week programme. While in the US, come to the conclusion that some German police officers visit various things are almost identical: both the On the other hand, Malte told a sto- police organisations in the surroun- US and Germany have the same kinds ry about being on patrol with a visiting ding area, go on ride-alongs, visit of criminals, but the manner that the American colleague. He was called to police academies, take part in driving countries deal with criminal activity a location because of a complaint of training, go to shooting ranges, and is different. For example, it is very a loud party (breach of the peace). visit special units or other agencies. popular to believe that the American Everything was fine until one drunken Some of those agencies could police enjoy more authority, but this is partygoer decided to smash a beer include harbour police, SWAT units, not always the case. American police bottle on Malte’s head. Before Malte K-9 units, mounted police, or federal officers are shocked to learn that the was even back from the emergency agencies like the Drug Enforcement German state police are allowed to room, the offender had already left Administration (DEA). run routine checks on vehicles. This the police station. The visiting US po- practice would be impossible in the lice officer was shocked because in The German visitors stay at the US because a police officer needs the US the offender would have been home of a fellow American officer, and probable cause to stop a vehicle. in jail for quite some time, as he would the local chapter even arranges for have committed aggravated assault against a peace officer.

STAR members agree that partici- pating in this programme allows police officers to get new ideas, see policing from a different perspective, and net- work with fellow police officers from around the world.

For more information and to find out how to become a member, visit their website at: www.star-ipe.com

Visiting the Austin, Texas Police Department Melissa Lindner Sport & Gesundheit

[Aus lizenzrechtlichen Gründen ist die Abbildung/Grafik in der Online-Version nicht mehr enthalten.]

Was tun bei Kontakt mit HIV-Infizierten?

Polizisten sind vielfältigen Gefahren ausgesetzt. Manche davon sind sichtbar, andere nicht. Die Immunschwächekrankheit AIDS ist eine solche unsichtbare Gefahr. Doch wie schützt man sich im Dienst wirksam beim Umgang mit Infizierten? Und was tun, wenn es möglicherweise zu einer Ansteckung kam?

wurden Übertragen wird das Virus von zungen. Deshalb sind Drogenab- Weltweit bisher Mensch zu Mensch, durch den hängige, die sich Betäubungsmittel mehr als 30 Millionen HIV-positive Austausch von Körperflüssigkeiten intravenös spritzen, Prostituierte und Menschen registriert, zwei Millionen oder Blut. Eine hohe Infektionsgefahr Gefängnisinsassen häufiger betroffen von ihnen sterben jährlich an AIDS. besteht nicht nur bei Sexualkontakten, als andere. Der Erreger, der vermutlich durch sondern auch bei Nadelstichverlet- eine Mutation von Affenviren entstand, wurde 1983 identifiziert. Das Virus Auf einen Blick: befällt eine ganz wesentliche Zelle HIV-Infektionen erfolgen durch Sexualkontakte oder direkten Blutkontakt, unseres Immunsystems, die T-Helfer- insbesondere durch Nadelstichverletzungen. Die Erkrankung ist immer noch zelle, die die Reifung und Aktivierung unheilbar; einmal positiv, immer positiv. Durch sofortige Medikamentengabe innerhalb von wenigen Stunden kann die drohende Infektionsgefahr in vielen der Immunzellen unterstützt. Wird Fällen erfolgreich und komplett abgewendet werden. Polizeibeamte sollten diese Zellgruppe zerstört, bricht die wissen, welches Krankenhaus in der Nähe ihrer Dienststelle Medikamente Funktion unseres Immunsystems zu- für den Notfall bereithält. Weitere Informationen erhalten Sie beim Arbeits- sammen; der Körper kann sich dann medizinischen oder Polizeiärztlichen Dienst oder der Deutschen AIDS-Hilfe, nicht einmal mehr gegen harmlose darunter zum Beispiel eine Liste der Kliniken mit 24-Stunden-Postexposi- Krankheitserreger wehren. tionsprophylaxe (www.aidshilfe.de). | 2-2013

Die Postexpositions- tionszeitpunkt sollte die Therapie aber prophylaxe beginnen.

Somit besteht Sollte es zu einem Kontakt mit Die Postexpositionsprophylaxe auch für Polizeibe- potenziell infiziertem Blut gekommen kann eine schwere, todbringende Er- amte ein erhöhtes sein, kommt die sogenannte Post- krankung verhindern. Die Wirksamkeit Infektionsrisiko. Sie expositionsprophylaxe zum Tragen. ist hoch, die Nebenwirkungen, bei- 33 können sich beispiels- Dabei handelt es sich um eine The- spielsweise grippeähnliche Symptome weise infizieren, wenn rapie nach einer möglichen Infektion oder Magen-Darm-Probleme, sind in sie einen Drogenabhängi- (Postexposition), aber noch vor dem dieser Situation in Kauf zu nehmen. gen durchsuchen, der eine Erkrankungsbeginn (Prophylaxe). Die Medikamenteneinnahme ist un- offene Nadel mit sich führt. Ein erhöhtes Infektionsrisiko besteht kompliziert, da es sich um Tabletten Gefahr droht auch bei Erste- vor allem beim Kontakt mit dem Blut handelt. Das wichtigste ist allerdings, Hilfe-Maßnahmen. In beiden Fällen sollten Schutzhandschuhe verwendet werden. Zwar kann eine Injektionsnadel auch Einweg- oder Gummihandschuhe durchstechen, die Menge an infektiösem Material, mit dem die Beamten in Kontakt kom- men, verringert sich aber, weil Blut von der Nadel abgestreift wird. Eine wesentlich geringere Ansteckungsge- fahr hingegen besteht bei Kontakt von Mundschleimhaut mit infiziertem Blut. Ebenso gering ist das Risiko, sich mit HIV zu infizieren, wenn man mit Urin Ob bei Erste-Hilfe-Maßnahmen oder Durchsuchungen: Schutzhandschuhe sollten immer getragen werden. Foto: Walter Sprenz oder Speichel eines Erkrankten in Berührung kommt. einer HIV-positiven Person. Deshalb dass die erste Dosis umgehend nach ist es hilfreich zu wissen, ob eine einer möglichen Infektion eingenom- Wenn das Virus doch in den Person HIV-positiv ist. Dies kann über men wird. Die nächste Dosis muss Körper gelangt ist, befindet es sich den Betroffenen selbst, seine Ange- dann bei den heute verwendeten zunächst in der Blutbahn. Es braucht hörigen oder andere Quellen, wie Medikamenten erst nach weiteren dann ungefähr zwei Stunden, bis es beispielsweise das polizeiliche Infor- 24 Stunden folgen. zu seinen Zielzellen, den T-Helfer- mationssystem INPOL, in Erfahrung Zellen, gelangt. Dank moderner The- gebracht werden. Aber auch wenn Nach einer möglichen HIV- rapie vergehen mittlerweile oft Jahre, eine Infektion nur vermutet wird, ist Übertragung ist also niemand hilflos. bis das Vollbild der Krankheit beginnt. es wichtig, unverzüglich zu handeln, Schnelles und überlegtes Handeln Erst dann spricht man von AIDS. denn bei einer rechtzeitig begonne- kann eine Erkrankung verhindern. In nen Therapie sinkt die Gefahr einer allen Dienststellen sollte deshalb das Zwar gelingt es heute, die Über- Erkrankung auf ein Zwanzigstel! Das nächste Krankenhaus bekannt sein, lebensdauer eines an AIDS Erkrank- heißt: Von 20 Infizierten wird nur in dem jederzeit die erforderlichen ten deutlich zu erhöhen. So gibt es einer „positiv“, alle anderen bleiben Medikamente zur Verfügung stehen. mittlerweile zahlreiche Medikamente gesund. Je früher die Prophylaxe gegen das Virus, welche durch beginnt, desto besser. Spätestens intensive, kombinierte Therapie auch nach 24 Stunden ab möglichem Infek- Dr. Wulf-Thorsten Gerdts der Resistenzentwicklung lange entgegenwirken können. Man spricht Abkürzungen: dann von der HAART, der hochaktiven antiretroviralen Therapie. Die Erfolge HIV: Mensc hliches Immunmangelvirus (von Englisch human immunodeficiency virus) dieser Therapie sind gut, nur eines gelingt immer noch nicht: AIDS zu AIDS: Erworbenes Immundefizitsyndrom (von Englisch acquired immunodeficiency syndrome) heilen. Technik & Logistik

Medizinische Hilfe auf hoher See

Kommt es auf See zu einem medizinischen Notfall, entscheiden häufig die Erstmaßnahmen über Leben und Tod. Doch anders als an Land sind Notarzt und Rettungsdienst weit entfernt und benötigen oft Stunden, um vor Ort zu sein. Wie die Besatzungen auf den Schiffen der Bundespolizei auf solch ein Szenarium vorbereitet sind und über welches technische und logistische Know-how sie verfügen – diesen Fragen ging kompakt-Redakteur Torsten Tamm nach.

den Abendstunden an schen Insel Borkum. Bis zum nächs- Position der „ALANA“ entfernt und In einem Frühsommertag. ten Hafen sind es etwa 20 Seemeilen, kann diese in 45 Minuten erreichen. Gegen 22 Uhr empfängt das Maritime also mehr als 37 Kilometer. Sofort Jetzt zählt jede Minute. Mit Höchst- Rescue Coordination Centre (MRCC) entsendet das MRCC Bremen den fahrt läuft BP 24 „Bad Bramstedt“ die Bremen über Seefunk einen Notruf Rettungskreuzer „ALFRIED KRUPP“ Position der „ALANA“ an. des Küstenmotorschiffs „ALANA“: mit einem Notarzt an Bord. Doch die- „Es gab einen Unfall an Bord. Ein ser wird die „ALANA“ frühestens um Gleichzeitig beginnt die Besatzung Seemann hat eine offene Wunde und 23:30 Uhr erreichen können. der BP 24 mit den Vorbereitungen verliert viel Blut. Sein Zustand scheint für den medizinischen Notfall. Ronald lebensbedrohlich, er benötigt drin- Zeitgleich empfängt auch das in Börmel, Torsten Lüders und Helge gend ärztliche Hilfe.“ An Land wäre See stehende Bundespolizeischiff Pingel, Angehörige der Bundespoli- ein Notarzt innerhalb von zehn Mi- BP 24 „Bad Bramstedt“ den Notruf. zeiinspektion See Cuxhafen, treffen nuten vor Ort und könnte den Verun- Ein kurzer Blick des Nautikers in die im Behandlungsraum des Schiffes, fallten versorgen. Doch die „ALANA“ Seekarte genügt. Die „Bad Brams- der auch „Bordhospital“ genannt wird, befindet sich nordöstlich der ostfriesi- tedt“ ist nur 15 Seemeilen von der ein, um alles für die Erstversorgung | 2-2013

Mit der TRANSACO-Rettungstrage können Verletzte auch im Wasser sicher geborgen und abtranspor- Deren Kernstück ist der Behand- kenhaus Cuxhaven übernimmt. Unter tiert werden. lungsraum mit der Bordapotheke, den besonderen Bedingungen auf die sowohl der Versorgung der See ist es bei lebensbedrohlichen eigenen Besatzung als auch der Notfallsituationen unabdingbar, dass des Verletzten Notfallversorgung Dritter dient. In den Ersthelfern an Bord der Schiffe vorzubereiten. diesem Raum befindet sich auch eine Ärzte an Land zur Seite stehen. Dies „Tausende Gedanken Basisausstattung an medizinischen wird durch Fachärzte des Kranken- 35 schwirren einem da Geräten, und alles darin ist auf die hauses Cuxhaven gewährleistet, die durch den Kopf. Wir Bedürfnisse der Handelsschifffahrt in der maritimen Medizin besonders schauen uns gegenseitig abgestimmt. Die Bordapotheke ist erfahren sind. Denn die beteilig- in die Augen und stellen die beispielsweise durch eine standar- ten Personen an Land und auf See uns beherrschenden Fragen: disierte Nummerierung der Ausstat- müssen sich „blind“ verstehen und Schaffen wir es noch rechtzei- tung so aufgebaut, dass sich auch die gleiche „Sprache“ sprechen. Um tig zu dem Verunfallten und sind ein bordfremder Helfer, wie Notarzt das sicherzustellen, durchlaufen die wir überhaupt in der Lage, ihm bis oder Rettungspersonal, schnell darin Angehörigen der Schiffsbesatzungen zum Eintreffen des Rettungskreu- zurechtfinden können. Sie ist auch der Bundespolizei See individuelle zers zu helfen?“, schildert Ronald die Grundlage der funkärztlichen notfallmedizinische Kurse, in denen Börmel seine Gefühlslage in solchen Beratung, der sogenannten medical sie die besonderen Anforderungen für Momenten. advice by radio, die das Stadtkran- diese Behandlungsart erlernen.

Doch auf welches medizinische Equipment können die Beamten an Bord eines Einsatzschiffes in solch einem Notfall zurückgreifen? Alle Bun- despolizeischiffe verfügen über eine medizinische Ausrüstung, die sich nach der Verordnung über die Kran- kenfürsorge auf Kauffahrteischiffen nach internationalem Standard richtet. Mithilfe dieses medizinischen Gerätes werden die Polizeivollzugsbeamten als Ersthelfer in die Lage versetzt, im Notfall zu einer eigenen Diagnose zu gelangen und im Rahmen ihrer Möglichkeiten die notwendigen Maß- nahmen zu treffen, bis ärztliche Hilfe eintrifft. Schnellstmöglich medizini- sche Versorgung auch über längere Zeit zu leisten, ist eine besondere Herausforderung in der Seefahrt, der sich die Bundespolizisten auch bei starkem Wind und rauer See stellen müssen. Deshalb absolvieren alle Besatzungsmitglieder auf den Schif- fen der Bundespolizei See auch eine erweiterte Sanitätshelferausbildung, die ihnen den sicheren Umgang mit der medizinischen Ausrüstung an Bord ermöglicht.

Ein Polizeihubschrauber nimmt einen Verletzten von Bord auf, um ihn zum nächstgelegenen Kranken- haus zu transportieren. | 2-2013

36

Ronald Börmel (links) erläutert die Bordapotheke. Der einheitliche Aufbau ermöglicht auch schiffsfremden Helfern, Verletzte schnell zu versorgen.

Nachdem Ronald Börmel, Torsten Lüders kann durch mehrere Druck- durchgeführten Maßnahmen. Nach- Lüders und Helge Pingel den Notfall- verbände zunächst die Blutung der dem der Arzt den Patienten übernom- rucksack einsatzbereit gemacht und Wunde stoppen. Schwieriger gestaltet men und untersucht hat, wird der ver- zusätzliches Verbands- und Infusi- es sich, dem Verletzten einen Zugang letzte Seemann für den Abtransport onsmaterial in ihren Taschen verstaut zu legen, um ihn mit einer Infusion zu mit dem Hubschrauber vorbereitet. Er haben, bereiten sie sich auf das versorgen. Seine Venen sind durch kann schließlich über die Seilwinde ei- Übersetzmanöver auf die „ALANA“ den Blutverlust nur noch schwach zu nes Hubschraubers von der „ALANA“ vor. Die BP 24 erreicht um 22:38 Uhr erkennen. Letztlich gelingt es Ronald abgeborgen und in das Krankenhaus ihre Position und setzt mit dem Kon- Börmel, eine Infusion anzulegen und nach Emden geflogen werden. Später trollboot das Rettungsteam mit den dem Verletzten so Flüssigkeit zuzufüh- erfahren die Beamten, dass das drei Beamten auf die „ALANA“ über. ren. Sein Zustand verbessert sich von Leben des Seemanns nur durch den Sie treffen dort auf eine völlig überfor- da an spürbar. Einsatz des Rettungsteams der BP 24 derte Besatzung. Der schwer verletzte gerettet werden konnte. Seemann ist zwar noch bei Bewusst- Um 23:36 Uhr setzt der Rettungs- sein, hat aber bereits sehr viel Blut kreuzer „ALFRIED KRUPP“ den Not- Torsten Tamm, verloren. Sein Gesicht ist fahl und die arzt auf die „ALANA“ über. Als Erstes Hans-Jürgen Buchelt Lippen werden schon weiß. Torsten informiert Ronald Börmel ihn über die Fotos: Wolfgang Rodehorst

Der Notfallrucksack ähnelt dem eines Rettungswagens und enthält neben Verbandsmaterial auch Notfallmedikamente und Beatmungsgerät. Leserbriefe

Zum Thema „e-Plan“ Zum Thema „Fasten – Zum Leserbrief von Horst ein Erfahrungsbericht“ Iderhoff aus Simmozheim

Erstaunen habe ich habe gerade mit großem habe ich durch Mit den Artikel über ePlan Ich Interesse den Bericht Heute einen Zufall gelesen. Ich selbst „musste“ mich drei über das Fasten gelesen. Ich konnte die Zeitschrift der Bundespolizei Monate im Probelauf damit abmühen. mir den Duft dieser leckeren Kartoffel in der Bundespolizeidienststelle in Aus diesem Erfahrungsschatz kann sehr gut vorstellen. Meine Frau und Aachen-Lichtenbusch in die Hände ich die Ausführungen des Artikel- ich fasten seit Aschermittwoch bis bekommen. Nachdem ich die Zeit- schreibers in sehr geringer Weise un- Ostern das erste Mal. Wir verzichten schrift mit Interesse gelesen hatte, terstützen. Es ist schon richtig, dass lediglich „nur“ auf Fleisch, Alkohol stutzte ich am Ende über den Leser- die Mitarbeiter ihre Stundenübersicht und ich habe meinen Zigarettenkon- brief „Der Grenzgänger a. D. – Eine sehr aktuell erfahren können. Das sum halbiert. Dass die Autorin sich herbstliche Reminiszenz“! Sofort ist aber auch leider schon (zumin- gewagt hat zu fasten – komplett auf fesselte mich der Name des Herrn dest in meiner Ebene) der einzige feste Nahrung zu verzichten –, General. Ich selbst war ein sogenann- Vorteil. Im Gesamten betrachtet ist hört sich extrem spannend an. tes „18-Monatskind“, und zwar von das Programm zu umständlich. Die Vielen Dank, dass sich die kompakt- April 1963 bis September 1964 bei Dienstplanung ist zu steif und nimmt Redaktion an dieses Thema gewagt der 6. Hundertschaft in Duderstadt. wesentlich mehr Zeit in Anspruch, als hat. Ein jeder von uns wünscht sich Dort habe ich den Herrn Thieser als dies auf der Excel-basierten Variante mal eine Auszeit, mit einer Menge Zeit Major und Abteilungschef gehabt. Ich der Fall war. Darüber hinaus bestand zum Schlafen, Lesen - einfach um zur erinnere mich immer gerne daran, keine Möglichkeit, den Monatsplan im Ruhe kommen dürfen. dass wir, wenn die Hundertschaft am Gesamten auszudrucken. Die Stär- Stabsgebäude vorbeimarschierte, zur keübersicht ist mehr als umständlich Jürgen Mertesdorf, Swisttal Freude von Herrn Major Thieser das und nach meiner Ansicht nicht zu Lied „Alte Kameraden“ mit Inbrunst gebrauchen. Das Programm erweckt singen mussten. Anscheinend war es den Eindruck, dass zumindest die ein Lieblingslied von ihm. operative Ebene des Streifendienstes nicht daran beteiligt war. Ich kann Ih- Rüdiger Hinn, Siegen nen gar nicht deutlich genug machen, wie viel Nerven dieses Programm bei der Dienstplanung gekostet hat.

Armin Hansmann, Offenburg Zu guter Letzt

Identitätsfeststellung auf dem Bahnhofsvorplatz

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz in Koblenz hat ent- schieden, dass die Bundespolizei die Identität einer Person auf dem Bahnhofsvorplatz in Trier wegen eines begründeten Gefahrenverdachts feststellen durfte. Anmerkungen zum Urteil1 von Dr. Ralf Gnüchtel, Leiter der Bundespolizeiinspektion Trier.

Kläger, ein Rentner, durchsucht, ohne etwas festzustellen. davon habe es auch an einer hinrei- Der unterhielt sich am Zu dem Kläger lagen keine Erkennt- chend konkreten Gefahr gefehlt. 23. Juni 2011 mit mehreren Jugend- nisse über Handel oder Konsum von lichen, die vor dem Hauptbahnhof in Betäubungsmitteln vor. Die Beklagte und zugleich Beru- Trier neben der Treppe des Hauptein- fungsklägerin, vertreten durch den gangs zur Bahnhofshalle standen. Das Verwaltungsgericht Koblenz Präsidenten der Bundespolizeidirek- Gegen 17:50 Uhr kamen zwei Beam- hatte mit Urteil vom 11. April 2012 tion Koblenz, machte im Wesentlichen te der Bundespolizei und forderten ihn der Klage stattgegeben und zur geltend, dass das Verwaltungsge- und die Jugendlichen auf, die Auswei- Begründung ausgeführt, dass die richt sich für seine Auffassung, dass se auszuhändigen. Im Rahmen eines Bundespolizei zu einer präventiven Bahnhofsvorplätze nicht zu den Datenabgleichs wurde festgestellt, Identitätsfeststellung auf dem Bahn- Bahnanlagen gehören, auf eine ältere dass zu einer Person Erkenntnisse hofsvorplatz sachlich nicht zuständig Rechtsprechung gestützt habe, die älteren Datums als Betäubungsmittel- gewesen sei, da ein Bahnhofsvorplatz nach einer Änderung der hier maß- konsument vorlagen. Die von ihr mit- nicht mehr zum Gebiet der Bahnanla- geblichen Vorschrift überholt sei. geführten Sachen wurden daraufhin gen des Bundes gehöre. Unabhängig Auch hätten hinreichende tatsächliche | 2-2013

Der Vorplatz des Trierer Hauptbahnhofes. Hier hat- ten Bundespolizisten im Juni 2011 einen Rentner kehrsfunktion und den räumlichen oder Ordnung eintreten wird. Nach kontrolliert, der später gegen die Maßnahme klagte. Zusammenhang mit dem Eisenbahn- Auffassung des Gerichts bedurfte es betrieb, ab. Demnach gehört zumin- aber einer solchen vollendeten kon- dest der Bereich des Bahnhofsvor- kreten Gefahr nicht. Die Identitätsfest- Anhaltspunkte für platzes, der in unmittelbarer Nähe des stellung war vielmehr als Gefahren- das Vorliegen eines Eingangs zur Bahnhofshalle liegt, zu erforschungseingriff zulässig. Dazu Gefahrenverdachts den Bahnanlagen. Diese Abgrenzung das Gericht: „Besteht demnach ein 39 bestanden. ist für das Gericht gerade bei größe- auf Tatsachen begründeter Gefahren- ren Bahnhofsvorplätzen von Bedeu- verdacht, das heißt hält die Bundes- Das OVG Koblenz hat tung, da ansonsten für den Bürger polizei aufgrund objektiver Umstände die Klage auf die Berufung nicht mehr ohne Weiteres erkennbar das Vorhandensein einer Gefahr für der Beklagten hin abgewie- wäre, wo die Zuständigkeit der Bun- möglich, ist sich aber nicht sicher, sen. Demnach dürfe die Bun- despolizei endet. Festzuhalten bleibt, so ist sie berechtigt, Maßnahmen zu despolizei auf dem Bahnhofs- dass wenn der Bahnhofsvorplatz treffen, die zur weiteren Erforschung vorplatz die Identität des Klägers gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 EBO zu und Aufklärung des Sachverhaltes wegen eines begründeten Gefah- den Bahnanlagen gehört, dies nicht erforderlich sind.“ renverdachts feststellen. Im Zuge zwangsläufig für den gesamten Platz der Rechtsfortbildung ist das Urteil in gelten muss. Ein auf Tatsachen begründeter zweierlei Hinsicht von Bedeutung: Gefahrenverdacht ergab sich aus Auch diente nach Meinung des folgender Sachlage: Den Beamten Gerichtes der polizeiliche Eingriff der war vor der Identitätsfeststellung 1. Sachliche Zuständig- Abwehr einer Gefahr für die Benutzer bekannt, dass am Trierer Hauptbahn- keit auf dem Bahnhofs- der Bahn. Der Kläger und die Jugend- hof die Jugendkriminalität besonders lichen befanden sich auf dem Gebiet hoch ist und insbesondere in den vorplatz der Bahnanlagen. Die handelnden Abendstunden zunehmend Straftaten, Beamten wollten einen für möglich unter anderem Körperverletzungs- Der Begriff der Bahnanlagen wird gehaltenen Handel und Konsum von delikte, Betäubungsmitteldelikte und in § 4 Abs. 1 der Eisenbahn-Bau- und Drogen und damit auch eine Gefahr Sachbeschädigungen, begangen wer- Betriebsordnung (EBO) in der Fas- für die Gesundheit der Jugendlichen den. Der Kläger stand mit mehreren sung vom 8. Mai 1991 bestimmt. – oder anderer Benutzer der Bahn, an Jugendlichen in einer Nische auf dem Zu den Bahnanlagen gehören auch die die Drogen hätten weiterverkauft Platz vor dem Hauptbahnhof. In der Nebenbetriebsanlagen sowie sonsti- werden können – verhindern. Die Gruppe fiel der Kläger aufgrund sei- ge Anlagen einer Eisenbahn, die das Anforderungen an die Bahnbenutzer- nes Alters auf. In welcher Beziehung Be- und Entladen sowie den Zu- und eigenschaft sind demnach eher er zu den Jugendlichen stand, war Abgang ermöglichen oder fördern geringer Natur. allerdings unklar. Zuvor erhielten die (Satz 2). Nach Auffassung des Beamten den Hinweis eines Passan- Gerichts gehört ein Bahnhofsplatz ten, es würden dort Drogengeschäfte insoweit zu den Bahnanlagen, als er 2. Die Identitätsfest- getätigt. den Zu- und Abgang ermöglicht oder stellung als Gefahren- fördert. Damit verdeutlicht das Ge- richt, dass die teilweise immer noch erforschungseingriff Dr. Ralf Gnüchtel zitierte Rechtsprechung der Oberlan- Foto: Rudolf Höser desgerichte2 aus den 1970er- und Tatbestandliche Voraussetzung der 1980er-Jahren, wonach Bahnhofs- in dem vorliegenden Fall einschlägi- vorplätze keine Bahnanlagen seien, gen Identitätsfeststellung nach § 23 1 OVG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 24. überholt ist. Abs. 1 Nr. 1 Bundespolizeigesetz Januar 2013 – 7 A 10816/12.OVG (BPolG) ist das Vorliegen einer kon- (juris). Als gemeinsames Kriterium für kreten Gefahr. Darunter ist eine Sach- die objektive Zugehörigkeit zur lage zu verstehen, bei der im Einzelfall 2 So unter anderem OLG Hamburg, Bahnanlage stellt das Gericht auf die hinreichende Wahrscheinlichkeit Beschluss v. 16. Januar 1987 – 3 Ss die sogenannte Eisenbahnbetriebs- besteht, dass in absehbarer Zeit ein 30/86 OWi. bezogenheit, das heißt auf die Ver- Schaden für die öffentliche Sicherheit Spenden für Helfer in Not:

Bundespolizei-Stiftung Sparda-Bank West eG Konto-Nr.: 683 680 BLZ: 370 605 90 Die Spenden werden aus- schließlich und unmittelbar zu mildtätigen Zwecken verwen- det. Die Geldzuwendungen können zweckgebunden erfolgen. Die Bundespolizei- Stiftung ist befugt, Spenden- quittungen auszustellen. Mehr erfahren Sie unter: www.bundespolizei.de