Schmetterlinge (Lepidoptera) an Der Innstaustufe Kufstein-Langkampfen
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ZOBODAT - www.zobodat.at Zoologisch-Botanische Datenbank/Zoological-Botanical Database Digitale Literatur/Digital Literature Zeitschrift/Journal: Wissenschaftliches Jahrbuch der Tiroler Landesmuseen Jahr/Year: 2012 Band/Volume: 5 Autor(en)/Author(s): Huemer Peter, Tarmann Gerhard Michael Artikel/Article: Schmetterlinge (Lepidoptera) an der Innstaustufe Kufstein-Langkampfen. Zwischenbilanz einer Langzeitstudie. 247-283 © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at Abb. 1: Der Große Schillerfalter (Apatura iris) lebt bevorzugt an Salweide. © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at Schmetterlinge (lepidoptera) an der innStauStufe KufStein-langKampfen Zwischenbilanz einer langzeitstudie Peter Huemer, Gerhard M. Tarmann AbstrAct mentation, die den meisten Universitätsinstituten wie auch professionell arbeitenden Umweltforschungsbüros aus orga- The Lepidoptera fauna in the surroundings of the river nisatorischen und wirtschaftlichen Gründen nicht möglich power plant “Langkampfen” (river Inn, Tyrol, Austria) has ist. Auch spielt die Bewahrung und Pflege des dokumentier- been monitored from 1988 to 2010. Altogether 741 species ten Originalmaterials in Sammlungen für eventuelle spätere have been recorded in the nature reserve “Kufsteiner- Studien (z. B. chemische oder genetische Untersuchungen) Langkampfener Innauen” and compensating areas, among eine wichtige Rolle, ein Faktor, den nur Museen mit einem them 11 new county records. Different sections of the nature fachspezifischen Sammlungsschwerpunkt abdecken können. reserve and nearby artificial habitats still considerably differ So finden im Bereich des in den späteren 1990er Jahren in the faunal composition which is mainly interpreted as a durch die Tiroler Wasserkraft AG TIWAG am unteren Inn consequence of habitat composition. The ecological depen- errichteten Flusskraftwerkes Kufstein-Langkampfen seit dency of the species inventory from host-plants and habitat 1988 langfristige Beobachtungen zur Entwicklung der is discussed in some detail. Schmetterlingsfauna statt, über die hier berichtet werden soll. Sie umfassen den Zeitraum vor Baubeginn, während des Kraftwerkbaues und die Entwicklung des Artenbestan- 1. EinlEitung und ZiElsEtZung des nach Abschluss der baubegleitenden Landschaftsgestal- tungs- und -pflegemaßnahmen. Dabei wurde die Schmet- Langzeitstudien bieten die Möglichkeit kontinuierlicher terlingsfauna sowohl in den beiden Naturschutzgebieten Beobachtung von Entwicklungen in einem größeren Zeitrah- „Kufsteiner-Langkampfener-Innauen“ vergleichend erhoben, men. Sie sind die einzige seriöse Methode, die Aussagen als auch Beobachtungen in den neu gestalteten Landschafts- über tatsächlich stattfindende Veränderungen zulässt. In flächen beidseitig des Inns durchgeführt. Zwischenergeb- einer Zeit, in der der Zeitfaktor für Forschungsprojekte eine nisse wurden bereits mehrfach veröffentlicht (Huemer 1989, zunehmend limitierende Größe ist, werden solche Studien Huemer & Tarmann 1997, 2000). Seither wurden in den Jahren daher nur selten durchgeführt. Die Naturwissenschaftliche 2000 und 2001 die neu geschaffenen Flächen erstmals Abteilung der Tiroler Landesmuseen mit ihren umfangreichen mittels Lichtfallen beprobt und 2005 punktuell (orographisch historischen und rezenten Belegsammlungen hat es sich linksseitig) mit individuell betreuten Leuchtanlagen. Im Jahre seit Jahren zum Ziel gesetzt, naturkundlicher Landesdoku- 2010 wurde wiederum in den beiden Naturschutzgebieten mentation in kontinuierlichen Beobachtungsprojekten einen „Kufsteiner-Langkampfener-Innauen“ beidseitig des Inns hohen Stellenwert einzuräumen. Die Zielsetzung eines eine Schwerpunktstudie mit vier automatischen Lichtfallen Landesmuseums ermöglicht eine Form der Langzeitdoku- durchgeführt. Die vorliegende Arbeit fasst alle diese Beob- 247 © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at achtungen zusammen und gibt somit einen knappen Über- Zwischen 1996 und 1998 wurden im Flussoberlauf unmit- blick über die bisherigen Ergebnisse aus mehr als 20 Jahren telbar an die beiden Auwaldreste anschließend durch die Felderhebungen. TIWAG das Kraftwerk Langkampfen errichtet. Die früher Eine möglichst lückenlose Dokumentation langfristiger Ent- landwirtschaftlich intensiv genutzten Flächen westlich und wicklungen der Naturwerte lag und liegt auch im Interesse südlich des Kraftwerkes zwischen Autobahn und Inn und von Projektwerbern, einerseits um zukünftige Konflikte östlich zwischen Inn und der Landesstraße Kufstein–Kirch- bereits im Vorfeld lösen zu können, andererseits auch aus bichl wurden von der TIWAG aufgekauft und landschafts- rein ökonomischen Erwägungen bei Planungen weiterer Vor- technisch zu einer naturnahen Flussbegleitlandschaft haben. Im Bereich des Innkraftwerkes Kufstein-Langkampfen gestaltet (Abb. 4). Es wurde auf jeder der beiden Innseiten wurden daher durch die TIWAG über die vorliegende Studie je ein Ausgleichsgerinne mit Aufstiegsleitern für Fische hinaus etliche botanische (BorTenscHlager 1988, 1993a, gebaut. Der Bereich des Lurchweihers wurde erweitert und 1993b, HiesBerger 1996, scHiffer & BurgsTaller 2000a, 2000b, an dessen Nordende eine kleine Spiel- und Erholungszone 2000c, 2008, Zimmermann 1987) und zoologische (landmann mit Klettergarten für die Bevölkerung geschaffen. Auf der 1988, meyer & THaler 1989, 1990, sTeinBerger & Kopf 1998a, Langkampfener Seite wurde eine Teichlandschaft angelegt. 1998b, sTeinBerger eT al. 2000) Erhebungen beauftragt. Zur Autobahn hin wurde ein Lärmschutzhügel aufgeschüt- tet und diese Flächen mit über 80.000 standortrelevanten Gehölzpflanzen bepflanzt. Eine große Kiesdeponie aus dem 2. untErsuchungsgEbiEt, MEthodik Aushub des Flussbettes mit zahlreichen Kieshügeln wurde nicht begrünt, sondern der natürlichen Sukzession überlas- 2.1. untersuchungsgebiet sen. Heute bilden die Ausgleichsflächen eine artenreiche, von Wasserläufen durchzogene Laubwaldgemeinschaft, die Die Innauen bei Kufstein-Endach (orographisch rechts- optisch einen sehr ansprechenden, naturnahen Eindruck seitig am Inn) und Langkampfen (orographisch linksseitig macht. Die Bäume haben bereits Kronenhöhen von bis zu am Inn) sind letzte Auwaldreste in einer ansonsten zehn Metern. Zahlreiche Wasservögel und zumindest eine intensiv genutzten Talfläche (Verbauung, Landwirtschaft) größere Biberfamilie haben sich hier angesiedelt. Vor allem und wurden daher bereits im Jahr 1972 von der Tiroler der Einfluss der Biberpopulation ist beachtlich. Durch das Landesregierung als Naturschutzgebiet ausgewiesen Fällen ganzer Baumgruppen entstanden Offenlandflächen (Abb. 2). Ihre Vegetationszusammensetzung entsprach und mit Trockenrasenelementen sowie trockene und feuchte entspricht auch heute weitgehend jener einer typischen Totholzbereiche. Weichholzaue vom Typ Alnetum incanae mit Beständen der Die beiden bereits vor dem Kraftwerksbau existierenden Grauerle, Bruch- und Silberweiden, Schwarzpappeln, ver- geschützten Auwaldbereiche haben sich gegenüber 1988 mischt mit Elementen des Pruno-Fraxinetum (Eschen und optisch und vegetationsmäßig nur unwesentlich verändert. Traubenkirschen) (Abb. 3). Nur im Kufsteiner Bereich treten Allerdings fanden in der Umgebung starke anthropogene Ein- vereinzelt Harthölzer wie Ulmen und Eichen auf. Sandbank- griffe statt. Auf Kufsteiner Seite grenzen an den geschützten Pioniergesellschaften waren einstmals wohl ausgedehnter Auwaldbereich östlich aktuell ein großes Holzlager, der neue vorhanden und sind heute auf einige ganz wenige Stellen Recyclinghof der Stadt und ein großer Erweiterungsbau des beschränkt. Röhrichtgesellschaften fanden sich zu Beginn Kraftwerkes Endach. Der Auwaldstreifen ist also weitgehend unserer Erhebungen in bescheidenem Ausmaß am Natur- isoliert und hat nur mehr eine ganz schmale Verbindung zum denkmal Lurchweiher südöstlich des Kufsteiner Auwaldes. nahen Hangwald im Süden. Auf der Langkampfener Seite Sie haben sich heute durch Pflegemaßnahmen etwas ist der Fall umgekehrt. Früher grenzten im Westen intensiv erweitert. genutzte Felder an den Auwald. Jetzt besteht eine nahtlose 248 © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at Abb. 2: Lage der Hauptuntersuchungsräume im Tiroler Unterinntal (Kartengrundlage TIRIS). Abb. 3: Autochthoner Auwaldrest im Naturschutzgebiet Kufsteiner- Abb. 4: Neu angelegte Ausgleichsflächen auf Langkampfener Innseite. Langkampfener Innauen. 249 © Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck download unter www.biologiezentrum.at Verbindung zu den großflächigen und inzwischen mit einem – Sporadischer Einsatz von Fressködern (Naturschutzge- standortstypischen Baumbestand schön bestockten Aus- biet) gleichsflächen sowie zu den neu geschaffenen Teichen und Ausgleichsgerinnen. Methodisch wurde insbesondere auf die Erfassung nacht- Unterschiedlich und teils mit divergierender Methodik aktiver Lepidopteren Wert gelegt, da diese in Mitteleuropa beprobte Kleinlokalitäten werden hier für die Naturschutz- ca. 85–90 % des Artenbestandes an Schmetterlingen aus- gebiete Langkampferner und Kufsteiner Innauen (inkl. machen. Naturdenkmal Lurchweiher) sowie für die Ausgleichsflächen Die Arten wurden soweit als möglich vor Ort determiniert in Langkampfen und Kufstein (bis Kirchbichl) zu vier Untersu- und semiquantitativ erfasst, Lichtfallenmaterial hingegen chungsräumen zusammengefasst (Abb. 2). genau ausgezählt, und alle Daten in Feldprotokollen festge- halten. Nicht sofort bestimmbare Individuen sowie