EDITORIAL EDITORIAL

Liebe Genoss*innen, werte Öffentlichkeit!

um sechsten Mal erscheint nun zelpersonen riefen Vorträge, Demos le Essenzen anarchistischer Strömun- unser „Dokument A – Berliner und andere Aktivitäten zu diesem The- gen und Bewegungen verschiedenster Z anarchistisches Jahrbuch“, mit ma ins Leben. Zusätzlich sorgte auch Gruppen und Einzelpersonen in einem dem wir euch die anarchistischen- Ak eine Gruppe von Senior*innen da- Jahrbuch zu vereinen. So gibt es auch tivitäten im Berlin des Jahres 2012 prä- für, dass sich das stereotype Bild von wie im letzten Jahr neben den von den sentieren. Hausbesetzer*innen veränderte und Gruppen eingebrachten Texten wieder diese Thematik ebenfalls in Medien eine Liste anarchistischer Veranstal- Nachdem sich im August diesen - Jah und „Normalgesellschaft“ einen Auf- tungen und Publikationen aus dem res, in St. Imier, Anarchist*innen aus schwung erhielt. Diese von der Politik Raum Berlin. der ganzen Welt versammelten, um zu geschaffenen und auf dem Rücken der debattieren und sich auszutauschen, Menschen ausgetragenen Machtkämp- Um auch weiterhin eine breite Masse und dieses Treffen auch in den Medi- fe sorgten dafür, dass sich in verschie- zu erreichen, wird unsere Kooperation en vielfach Beachtung erhielt, rückte densten gesellschaftlichen Bereichen mit dem Verlag Edition AV fortgesetzt, der Anarchismus auch in diesem Jahr Menschen vernetzten und gemeinsam sodass unser Dokument A dieses Jahr wieder in den Blickpunkt, nicht nur bei versuchten, dieser Entwicklung ent- wieder unter der ISSN: 2193-7850 zu Menschen, die mit der Thematik ver- gegenzutreten. Aber auch kleinere beziehen ist. traut sind, sondern auch viel mehr in Themenbereiche finden ihren Einzug der allgemeinen Öffentlichkeit. in das diesjährige Dokument A. So Unser Dank gilt allen, die das diesjäh- beschäftigen sich dieses Jahr Beiträge rige anarchistische Jahrbuch möglich Aber nicht nur das Anarchistische mit der Wahl in Weissrussland, dem gemacht haben. Welttreffen erregte Aufmerksamkeit. europäischen Die Krise der EU und des Kapitalismus setzte sich weiter fort. Besonders in Aktionstag gegen den Kapitalismus, Nun wünschen wir euch aber erst mal Südeuropa, wo die Krise die Bevölke- aber auch leicht Verdaulichem wie viel Freude beim Lesen und hoffen, rung besonders stark traf, gab es einen dem Tattoo Circus, welcher dieses Jahr dass euch das diesjährige Ergebnis un- Auftrieb anarchistischer Strömungen, im Bethanien (NewYorck) stattfand. serer Arbeit gefällt. welcher dann auch bei uns Einzug Anfang des Jahres gründete sich in hielt, nicht zuletzt durch den Zuzug Neukölln die Gruppe „Friends of Fritz Die temporäre Redaktion von arbeitssuchenden Genoss*innen Scherer“, die sich nach dem einstigen des Dokument A aus Spanien und Griechenland. Neuköllner FAUD-Aktivisten Fritz Scherer benannt hat und die in dieser Auch das erneute Aufkeimen der De- Ausgabe des Dokument A ebenfalls batte um Asylpolitik im Rahmen des mit einem Text vertreten ist. Refugee-Protest-March sorgte dafür, dass selbst in der breiten Gesellschaft Eine Neuerung ist auch die diesjährige heftigste Debatten entstanden; zahlrei- Veranstaltung, die mit der Veröffent- che anarchistische Gruppen und- Ein lichung des Dokument A einhergeht. Neben einem Vortrag, der das Doku- ment A im Großen und Ganzen vor- stellen wird, werden auch möglichst viele der Gruppen, die dieses Jahr Bei- träge beisteuerten, sich in Kurzvorträ- gen präsentieren. Auch in diesem Jahr wurde wieder versucht, möglichst vie-

 3 6 Tempest Library Collective Cries cast in concrete – In Beton gegossene Schreie

7 Anarchistische Gruppe Neukölln EUROPÄISCHER AKTIONSTAG GEGEN DEN KAPITALISMUS

8 Bibiliothek der Freien/Jochen Knoblauch „IST DOCH ALLES NUR PAPIER!“

9 Gruppe Kriselotte (Anarchistischen Föderation Berlin) KRISE EINFACH ERKLÄRT

11 Bibliothek der Freien WICHTIGE ANARCHO-SYNDIKALISTISCHE MATERIALIEN IN DER „BIBLIOTHEK DER FREIEN“ – EIN INTERVIEW

14 Anarchistisches Radio Berlin GESCHICHTE DER CSAF MEHR ALS 15 JAHRE ANARCHISTISCHER ORGANISIERUNG IN OSTEUROPA

17 Jochen Knoblauch VON BOLO’BOLO ZU KRAFTWERK1, KRAFTWERK2 USW… USW…

18 A-Laden/ Ralf Landmesser INTEGRALER ANARCHISMUS

22 Anarchosyndikalistische Jugend Berlin NARBEN DER LOHNARBEIT

23 Friends of Fritz Scherer IN NEUKÖLLN!

24 Aktivist_innen aus Tunesien FREIHEIT IST EINE TÄGLICHE PRAXIS

25 Anarchistische Föderation Berlin … DANN BESETZEN WIR EBEN

26 Berlin SÄGEBLATT? WIE ODER WAT?

27 Tempest Library Collective IN RUSSIA

28 Forum deutschsprachiger Anarchist*innen (FdA) „EINE FARCE PAR EXCELLENCE“ - ZUR WAHL IN WEISSRUSSLAND

29 Forum deutschsprachiger Anarchist*innen (FdA) „LIEBER DIKTATOR SEIN, ALS SCHWUL“

4  INHALTSVERZEICHNIS

31 St. Imier-Nachbereitungstreffen „LICHT UND SCHATTEN“ – EINE ST.IMIER AUSWERTUNG AUS BERLIN

33 North East Antifascists NAZIS AUS DER DECKUNG HOLEN!

34 Tattoo Circus Berlin TATTOO CIRCUS BERLIN

35 Stanley Beamish (Anarchistische Föderation Berlin) WIE ICH EINMAL IN DER TRISTEZA AN EINER PODIUMSDISKUSSION TEILNAHM

36 Anarchistische Föderation Berlin SOZIALE, UMWELTPOLITISCHE UND ANARCHISTISCHE KÄMPFE IN CHILE

37 S. L. WEHE, WENN SIE LOSGELASSEN

39 Bibliothek der Freien BUCH DES JAHRES 2012

40 Jochen Knoblauch P.M.; KARTOFFELN UND COMPUTER. MÄRKTE DURCH GEMEINSCHAFTEN ERSETZEN

41 Jochen Knoblauch BERLINER ANARCHISTISCHES JAHRBUCH 2011

41 A-Laden / Ralf Landmesser ORGASMUS! – DER AUFSTAND KOMMT.

45 Forum deutschsprachiger Anarchist*innen (FdA) FREIHEIT FÜR DIE GEFANGENEN IN WEISSRUSSLAND

46 Freie ArbeiterInnen Union (FAU) Berlin RUNTER VOM SOFA – RIN IN DIE KARTOFFELN

47 Freie ArbeiterInnen Union (FAU) Berlin FAU BERLIN BEI DER 14N-SOLIDEMO

48 Anarchist Black Cross Berlin GRENZEN UND MAUERN EINREISSEN – FÜR EINE SOLIDARISCHE GESELLSCHAFT!

50 Veranstaltungsverzeichnis

56 Veröffentlichungen

57 Gruppenporträts

 5 6  FEBRUAR / MÄRZ EUROPÄISCHER AKTIONSTAG GEGEN DEN KAPITALISMUS Anarchistische Gruppe Neukölln

uropa und die Europäisch e Uni- Die Krise hat System Korruption einer kleinen Elite, wie on (EU) befi nden sich im Aus- viele glauben. Sch uld ist die alltäglich e Enahmezustand. Seit Monaten Die kapitalistisch e Globalisierung Profi tlogik, der wir alle unterworfen spitzt sich die Kredit- und Sch uldenkri- der vergangenen Jahrzehnte hat die sind, ob wir wollen oder nich t. se zu. Auf immer neuen Regierungs- Konkurrenz der Unternehmen und konferenzen werden Notprogramme Standorte zugespitzt. Alle führenden Das EU­Regime knacken besch lossen, um den Kapitalismus zu Industriestaaten haben ihre Märkte sanieren. Glaubt man Politik und Me- umfassend dereguliert. Sie haben so- 2011 ist die europäisch e Sch ulden- dien, drohen sonst Zusammenbruch , ziale Sich erheiten gestrich en, öff entli- und Währungskrise eskaliert. Einige Rezession und neue Armut. Mit dieser ch e Güter privatisiert, die Rech te von Staaten stehen vor dem Bankrott , und Katastrophenrhetorik werden markt- Lohnabhängigen besch nitt en und sozi- gefährden damit den Euro. Vorder- radikale Reformen durch gesetzt, die ale Kontrollen versch ärft , im Interesse gründig haben diese Staaten „über unsere Gesellsch aft und unser Leben eines möglich st ungehinderten kapi- ihre Verhältnisse gelebt“. In Wahr- auf Jahrzehnte bestimmen – wenn wir talistisch en Wach stums. Doch selbst heit haben auch sie nur versuch t, über uns nich t wehren. In den ersten Jah- in Europa, auf der Sonnenseite dieses Sch ulden kapitalistisch es Wach stum ren der Krise hieß es, der Kapitalis- weltweiten Systems, wird unser Le- anzustoßen. Sie taten was alle tun, mus müsse gezügelt werden. Banken ben von Jahr zu Jahr unsich erer, und nur weniger erfolgreich . Ihre Un- und Konzerne sollten einen Teil der die soziale Spaltung nimmt zu. In den terstützung durch die Europäisch e Lasten tragen, die sie selbst mit verur- sogenannten „aufstrebenden Märkten“ Zentralbank (EZB) und neue, milli- sach t hatt en. Doch gerade passiert das herrsch t ohnehin eine permanente so- ardensch were „Rett ungsfonds“ sind genaue Gegenteil: Die EU, ihre Mit- ziale Krise: Enteignung und skrupello- an rück sich tslose Aufl agen gebunden. gliedsstaaten und Beitritt skandidaten se Ausbeutung mit staatlich er Rück en- Eine europäisch e „Sch uldenbremse“ setzen auf mehr „Wett bewerb“ und deck ung, für ein nationales Wach stum, soll „die Märkte beruhigen“, natürlich einen brutalen Sparkurs, um das „Ver- das nur Privilegierten zu Gute kommt. zu Lasten von Lohnabhängigen, Er- trauen“ und die Profi te der Privatwirt- Die neoliberale Transformation der werbslosen und Mensch en in Ausbil- sch aft zu sich ern. Genau damit aber vergangenen Jahrzehnte hat auch die dung. Private Profi te werden dagegen bestätigen sie die destruktive Logik Finanzmärkte überkoch en lassen. Ob nich t angetastet. Ähnlich ergeht es den des Kapitalismus. Kapitalismus heißt DotCom-Boom, Immobilienfonds oder ost- und südosteuropäisch en Beitritt s- Krise und Ohnmach t, Armut inmitt en Derivatehandel – seit Jahren plat- kandidaten, die von EU und Interna- von privatem Reich tum. Organisieren zen die Spekulationsblasen, auf jeden tionalem Währungsfonds (IWF) zu wir uns für eine bessere Gesellsch aft ! Boom folgt ein Einbruch . Sch uld daran umfassenden Kürzungen und Priva- sind nich t die vermeintlich e Gier und tisierungsprogrammen genötigt wer- den. All das soll das krisenträch tige Wett bewerbsregime der EU sch ützen, und natürlich die Ansprüch e der do- minanten Ökonomien Kerneuropas: Die Regierungen Deutsch lands und Frankreich s konnten ihre Interessen fast ungehindert durch setzen, trotz eigener politisch er Diff erenzen. Kein Zweifel, in vielen Ländern wurde hef- tig protestiert. Überall sind Basisiniti- ativen entstanden, um die eigene poli- tisch e Ohnmach t zu überwinden. Doch bislang blieben selbst Massenstreiks erfolglos. Die großen nationalen Ge-

 7 werkschaften stützten letztlich doch Weg, nur permanentes Krisenmana- gen Atem haben. Die Krise verläuft in die Standortpolitik ihrer jeweiligen gement. Sollen wir unser Leben dafür unseren Ländern sehr unterschiedlich. Staaten und forderten allenfalls sozi- verschwenden? Besser wir kämpfen ge- Aber wir haben ein gemeinsames Ziel: ale Trostpflaster. Es gab keine effekti- meinsam gegen das Diktat des Mark- Wir wollen den Kapitalismus nicht ret- ve gewerkschaftliche Solidarität über tes, und organisieren uns endlich eu- ten, sondern überwinden. Wir wider- Landesgrenzen hinweg. Wenn sich ropaweit. Der Europäische Aktionstag setzen uns nationaler Interessenpolitik daran etwas ändern soll, müssen wir am 31. März 2012 ist dafür ein erster und nationalistischer Krisenideologie. selbst dafür sorgen Schritt. Gleichzeitige Demonstrationen Der Kampf gegen den fortgesetzten . in mehreren europäischen Staaten sind Abbau sozialer Sicherheiten und Rech- Wir können das besser mehr als ein Zeichen antikapitalisti- te ist wichtig, aber unsere Perspektive scher Solidarität. Sie sind schon jetzt muss weiter sein. Wir müssen die fata- Die europäische Krisenpolitik ist so Teil einer europaweiten Diskussion len Zwänge des Kapitalismus und sei- spekulativ, wie es der Kapitalismus und Vernetzung. Wir laden alle eman- ner politischen Institutionen brechen. immer war. Denn schärferes Sparen zipatorischen Initiativen ein, diesen „Echte Demokratie“, wie sie in vielen gefährdet die ökonomische Stabilität Prozess mit zu gestalten. Wir müssen Protesten gefordert wird, das geht nur genau so wie Wachstum auf Pump. Es uns außerhalb der staatstragenden Ins- ohne Kapitalismus! gibt im Kapitalismus keinen sicheren titutionen organisieren, und einen lan-

„IST DOCH ALLES NUR PAPIER!“  Bibiliothek der Freien/Jochen Knoblauch

ltes Problem ganz neu: Die und muss sich ändern, denn wir haben überweisen. Ansonsten sind Spenden Bibliothek der Freien braucht noch eine Menge vor! in Form von Büchern und/oder Ein- A(auch) Geld mal-Spenden herzlich willkommen. Wir gründen einen Freundeskreis der (Aufruf vom 15. März 2012) Bibliothek der Freien. Die Aufgabe Geld ist auch nur Papier. dieses Freundeskreises sollte es z.B. Seit nunmehr fast 20 Jahren existiert sein, durch Daueraufträge die laufen- Habt Ihr Fragen an uns? E-Mail: in Berlin die ›Bibliothek der Freien‹, den Kosten der Bibliothek abzudecken, [email protected] die als unabhängige Institution einen auch mal einen Fahrkostenzuschuss für Schwerpunkt auf libertäre Literatur Referent*innen zu begleichen, Büro- Persönlicher Ansprechpartner: legt. Allein in den letzten 3 Jahren gab material kaufen zu können (hier wird Jochen Knoblauch es ca. 2.000 Neuzugänge. Neben einer auch ein Laptop gebraucht und Interne- Präsenzbibliothek, aus der auch Bücher tanschluss) und als ein mittelfristiges Spenden mit dem Stichwort entliehen werden können, gibt es (Teil- Ziel: Neue Räume anmieten zu können. »Bibliothek« bitte auf das Spenden- ) Nachlässe / archivalische Sammlun- Wir möchten durchaus, dass die - Bi konto der Bibliothek der Freien: gen und ein umfangreiches Zeitschrif- bliothek im Haus der Demokratie Konto-Nr.: 456 65 48 tenarchiv mit libertären Zeitschriften bleibt, aber die jetzige Situation, dass Bankleitzahl: 830 654 10 aus zahlreichen Ländern der letzten ca. Teile des Bibliotheksbestands we- Initiative Glückliche Leserinnen und 150 Jahre, die gerade mit viel Aufwand gen Platzmangels auf mehrere Pri- Leser / Freundeskreis der Bibliothek sortiert und katalogisiert worden sind. vatwohnungen verteilt ist, scheint der Freien Neben dem Betrieb der Bibliothek uns ein unmöglicher Zustand. wurden zahlreiche kostenlose Ver- Auch um die zahlreichen Archivalien anstaltungen organisiert. Es gab präsentieren und bearbeiten zu kön- Beratungen zu wissenschaftlichen nen, braucht die Bibliothek eine solide Arbeiten, Gedankenaustausch und auch und gesicherte finanzielle Basis. zahlreiche Publikationen aus dem Umfeld der Bibliothek. Ziel des Freundeskreises ist es, 100 Die Betreiber*indoor the Library Personen zu finden, die je 10 Euro als trugen bisher die Hauptlast der Finan- Dauerauftrag pro Monat auf das Spen- zierung. Das ist so nicht fortführbar denkonto der Bibliothek der Freien

8  MÄRZ

müssen, um genau so toll zu werden KRISE EINFACH ERKLÄRT wie andere (auch das stimmt in der Realität nicht, aber dazu später …). Gruppe Kriselotte – Das nennt sich dann „freier Markt“. föderiert in der Anarchistischen Föderation Berlin Es gibt viele Varianten vom Kapita- lismus, die sich darin unterscheiden, wie stark der Markt reguliert wird. as ist eigentlich Kapitalis- Geld wieder verkaufen möchte. Oder Die einen wollen gar keine Regulation, mus? Keine einfache Frage! dadurch, dass ich eine Firma kaufe, also auch gar keinen Staat und keine WWir versuchen sie in drei in der ich Leute beschäftige, die- Din Regierung. Andere wollen mehr Staat, Fragen zu unterteilen. ge herstellen. In der kapitalistischen der ab und zu die Banken unterstützt, Logik ist es so, dass diese Dinge mehr wenn die Krise zu hart wird, oder de- Wo findet Kapitalismus statt? wert sind, als das Instandhalten der nen, die auf dem Markt keine Chance Firma und der Lohn für die Beschäf- haben, ein wenig Geld gibt, damit sie Das System, nach dem unser Zusam- tigten kostet. Die Beschäftigten haben sich Dinge kaufen können. Denn wenn menleben auf diesem Planeten orga- also nicht nur ein Ding sondern auch keiner mehr Dinge kauft, kommt schon nisiert ist, wird Kapitalismus genannt. ein „mehr“ produziert, das sie mir wieder eine Krise. Gemeinsam ist die- Der Kapitalismus betraf in seinen An- als Firmenbesitzerin schenken müs- sen Varianten, dass ihnen der Wettbe- fängen, vor etwa 300 Jahren, nur Roh- sen. Wenn ich so etwas mache, dann werb zwischen Menschen wichtiger ist, stoffbeschaffung und einige Produk- nicht, weil ich eine böse Kapitalistin als den Menschen das zu geben, was tionsbereiche. Nach und nach dehnte bin, sondern weil ich das „mehr, mehr, sie benötigen. sich der Kapitalismus in immer neue mehr“ des Kapitalismus verinnerlicht Regionen des Planeten und in immer habe und weil ähnliche Firmen meine Was sind die Auswirkungen von neue Gesellschaftsbereiche aus. Immer Firma kaputt machen können, wenn Kapitalismus? neue Bereiche unseres Lebens werden die besser sind. Deshalb muss, muss, nach und nach zur Ware gemacht. muss ich mindestens so viel „mehr“ Kapitalismus ist ganz schön kom- Heute hat der Kapitalismus Auswir- aus meiner Firma rausholen wie ande- pliziert. Auch sogenannte Experten kungen unter anderem auf Gesund- re aus ihrer, um überleben zu können. können selten sicher vorhersagen, wie heitssystem, Bildungssystem, Kultur, Und deshalb müssen die Rechte der sich die wirtschaftliche Situation- ent Medien, Politik, Immobilienmarkt, Menschen, die die Dinge produzieren, wickeln wird, wann die nächste Krise Altenpflege, Emissionshandel, Strom- möglichst eingeschränkt sein, damit kommt und was dagegen unternom- und Wasserversorgung, ja sogar auf sie mir weiterhin das „mehr“ schen- men werden könnte. Das ist doof, denn unser Denken. Auch unser Denken? Ja, ken. Ist das die Logik? Oder Irrsinn? wenn mal wieder eine schlimme Krise da der Kapitalismus so viele Bereiche Offiziell soll der Kapitalismus Fort- kommt, sind viele wichtige Lebens- durchdringt, haben wir die kapitalis- schritt und Wohlstand für alle brin- bereiche betroffen: Menschen finden tische Logik weitgehend verinnerlicht gen. In der Realität funktioniert das keine Arbeit mehr, haben nicht mehr und können uns Alternativen kaum nicht ganz, aber dazu später. Die Lo- genügend Geld, können sich den Arzt, vorstellen. gik des Kapitalismus ist, dieses Ziel das Kino, die Wohnung und die Nach- durch Konkurrenz zu erreichen. Das hilfe nicht mehr leisten. Viele Men- Was ist die Logik des bedeutet, dass alle versuchen sollten, schen haben Angst davor. Besonders, Kapitalismus? besser zu sein als andere, damit ihre weil sie keinen Einfluss darauf nehmen Fähigkeiten und Leistungen von ande- können, wann mal wieder eine Krise Die Logik des Kapitalismus ist „mehr, ren auf dem „Markt“ wahrgenommen kommt. Je mehr Angst sie haben, um mehr, mehr“. Es geht darum Dinge mit und belohnt werden. Diese Beloh- so verbissener, trauriger oder wütender Wert in Dinge mit noch mehr Wert zu nung erfolgt durch andere Leistungen werden sie. Mit so viel Wut kann der verwandeln. Zum Beispiel dadurch, oder Geld. Nach der Logik des Kapi- Wettbewerb ganz schön unmenschlich dass ich etwas kaufe, nicht weil ich es talismus sind alle gleichberechtigt, werden. Die Gedanken drehen sich nur benötige, sondern weil ich es für mehr da sie sich nur genügend anstrengen noch darum zu gewinnen, zu überle-

 9 ben, egal wie es den anderen geht. Zusagen sein. Irgendwer leiht sich chen. Wir meinen aber, dass der Ka- Das alles ist zwar schon schlimm ge- Geld für ein neues Projekt, das Projekt pitalismus ständig von Krise zu Krise nug, aber Kapitalismus hat noch mehr scheitert und das Geld kann nicht -zu schlittert. Und der Irrsinn des Kapita- Auswirkungen. Er sorgt dafür, dass rück bezahlt werden. Wenn die Bank, lismus fängt nicht bei den Krisen an. Menschen ihre Existenz beim Jobcen- die das Geld ausgeliehen hat, sich von Er fängt schon dann an, wenn eine ter rechtfertigen müssen. Er sorgt da- einer anderen Bank auch Geld geliehen Person etwas besitzt, was sie nicht un- für, dass in Universitäten zunehmend hat und diese wieder von einer ande- bedingt benötigt, eine andere Person von Dingen erzählt wird, die Markt- ren Bank, kann es eine Kettenreakti- dies braucht, es aber nicht bekommen vorteile versprechen. Er sorgt dafür, on geben, wenn einige Zusagen, Geld kann, ohne die erste Person mit Geld dass außer Menschen auch die Umwelt zurückzugeben, nicht gehalten werden oder einer anderen Leistung zu be- ausgebeutet und verschmutzt wird, da können. Wenn wegen der Kettenreak- zahlen. Die erstere Person könnte aber auch das Marktvorteile verspricht. tion Projekte nicht realisiert werden auch ablehnen und so verhindern, dass können, verlieren wieder viele Leute die zweite Person bekommt, was sie Was ist eine ökonomische Krise? Arbeit und so weiter … braucht. So geht es vielen Menschen, … wieder so eine schwierige Frage … die hungern oder gar verhungern, ob- Wie lassen sich Krisen vermeiden? wohl bei geschickter Verteilung genug Was sind die Ursachen von für alle da sein könnte. Das alles ist Krisen und wie entstehen sie? Hierauf gibt es selbst von den „Ex- nach der Logik des Kapitalismus keine perten“ keine überzeugende Ant- ökonomische Krise, nach unserer Lo- Eine ökonomische Krise herrscht nach wort. Eine Expert*in widerspricht gik jedoch eine große, nicht akzeptable der Logik des Kapitalismus dann, oft wenig konstruktiv der anderen, Katastrophe. wenn die Märkte zusammenbrechen, denn sie müssen sich schließlich weil keiner mehr was kaufen will. Das auf dem Expert*innenmarkt durch- Aber es gibt keine Alternative, oder kann aus unterschiedlichen Gründen setzen, um überleben zu können. doch? … endlich mal eine einfache Frage! passieren. Ein recht häufiger Grund Uns ist klar, dass es keine „Schuldi- Doch! Zum Glück gibt es viele Alter- ist, dass die Produktion von Dingen gen“ für Krisen gibt. Nicht die Ban- nativen. immer weiter verbessert wird (um ken, nicht die Menschen, die wenig auf dem Markt gegen die anderen zu Chancen auf dem Markt haben, nicht Was genau ist am Kapitalismus gewinnen), sodass immer mehr und die Politiker*innen und auch nicht die nicht ok? mehr produziert wird. Irgendwann ist Arbeitgeber*innen, die Arbeiter*innen das soviel, dass diese Dinge (z.B. Autos entlassen. Denn all diese Menschen Wir meinen, dass Konkurrenz nicht oder Häuser) nicht mehr alle benötigt und Institutionen folgen der Logik des unbedingt zu Fortschritt führt, da und deshalb nicht gekauft werden. Kapitalismus. Sie müssen dieser ver- Konkurrenz auch darauf beruht, In- Wenn nicht mehr gekauft wird, macht innerlichten Logik mehr oder weniger formationen geheim zu halten, um es auch keinen Sinn mehr zu produzie- folgen, ihre Rolle spielen, weil sie sonst den eigenen Vorsprung auf dem Markt ren, und die Menschen, die in dieser auf dem Markt ziemlich verloren wä- zu sichern. Gemeinsame konstrukti- Produktion beschäftigt waren, verlie- ren. Vermeiden lassen sich Krisen also ve Diskussionen der Informationen ren ihre Arbeit. Wenn sie keine Arbeit nicht durch das Finden von Schuldigen, könnten dagegen zu mehr Fortschritt mehr haben, bekommen sie auch kei- sondern durch das Ändern der Logik, führen. Wir meinen, dass die An- nen Lohn (Geld) mehr und können sich also durch die Abschaffung des Kapi- nahme, alle seien am Markt gleichbe- nichts mehr kaufen. Es gibt also zu viele talismus. rechtigt, falsch ist. Menschen haben Dinge, die die Menschen mit Geld nicht unterschiedliche Fähigkeiten und ihre mehr haben wollen, und Menschen, Wann fängt die Krise an? Chancen sind abhängig z. B. davon, die diese Dinge gebrauchen könnten, wie sie aufgewachsen sind und was sie aber nicht bekommen können, weil Die ökonomische Krise fängt nach sie bereits besitzen. Wir meinen, dass sie kein Geld haben. So ein Irrsinn! kapitalistischer Logik erst dann an, die Annahme, dass der Kapitalis- Eine andere Ursache einer ökonomi- wenn der Markt nicht mehr funktio- mus zu Fortschritt und mehr Wohl- schen Krise können nicht gehaltene niert oder die Banken zusammenbre- stand für alle führt, falsch ist. Es gibt

10  MÄRZ viele Statistiken, die zeigen, dass sich oder die Regierung von jemand ande- produziert und dann an die Regionen immer mehr Geld bei wenigen Men- rem ist. Und wenn die Menschen das, verteilt, die die Dinge benötigen. Ganz schen ansammelt, während die meis- was sie tun, freiwillig tun. Wenn sie einfach ohne Geld und ganz einfach ten Menschen immer weniger haben. nicht von irgendwem oder von ihrem ohne Nachweise vom Jobcenter und Auch wenn viele Menschen ein wenig Hunger zu etwas getrieben werden, ganz unabhängig von Leistungen oder mehr haben als zuvor, ist der grö- was sie gar nicht wollen. Fähigkeiten. Etwas zu benötigen, ist ßer werdende Unterschied zwischen Grund genug, es benutzen zu dürfen. „arm“ und „reich“ nicht akzeptabel. Ist das wirklich realisierbar? Wie Die Produktion wäre insgesamt we- Das schlimmste jedoch, was am Kapi- sieht eine solche Alternative in niger aufwändig, da nichts mehr talismus nicht ok ist, ist die Priorität der Praxis aus? produziert werden müsste, was so- des Wettbewerbs vor der Sorge um das fort wieder kaputt geht, da das Wis- Wohl der Menschen. Auf diese Frage gibt es viele Antworten sen geteilt würde, da viele Menschen und somit viele unterschiedliche Mög- aus Handels- und Finanzbranchen Welche Grundsätze sind für eine lichkeiten für Alternativen zum Kapi- und Werbung (diese Bereiche sind Alternative zum Kapitalismus talismus. Und während wir weiter in nicht mehr nötig) Zeit hätten, in der wichtig? Richtung dieser Möglichkeiten laufen Produktion mitzuhelfen und weil und mehr verstehen, verändern sich Erfahrungen zur Optimierung der Das wichtigste ist die Solidarität zwi- diese Möglichkeiten. Hier malen wir Produktion über verschiedene Betrie- schen Menschen. Solidarität bedeutet, eine dieser dynamischen Möglichkei- be hinweg geteilt werden könnten. Andere zu unterstützen, wenn dies ten zur besseren Vorstellung mal aus: Dass ein solches auf Solidarität und möglich und nötig ist. Das bedeutet, Es gibt genügend Untersuchungen, die Freiwilligkeit beruhendes System Interesse daran zu haben, dass nicht zeigen, dass ausreichend Nahrungsmit- funktionieren kann, zeigen nicht nur nur die eigenen, sondern auch die Be- tel umweltschonend angebaut werden Beispiele aus Geschichtsbüchern wie dürfnisse der Menschen im Umfeld können, sodass kein Mensch hungern in der Ukraine (1917–1921) oder Spani- möglichst erfüllt sind – unabhängig muss. Geld braucht es nicht mehr. Die en (1936–1939), sondern auch aktuelle von deren Fähigkeiten. Wieso sollte Menschen aller Regionen legen in ihrer Großprojekte wie Linux, die Kommu- irgendwer weniger Recht auf ein gu- Region fest, was sie brauchen – Kar- ne Niederkaufungen oder Wikipedia. tes Leben haben, nur weil ihre Eltern toffeln, Fahrzeuge, Bücher, alles – und keine Eliteschule bezahlen konnten? was sie produzieren können. Diese Da- Jetzt eigene Schritte zu Alter­ Solidarität bedeutet auch zu erken- ten werden von Computern verarbeitet, nativen zum Kapitalismus gehen nen, dass ich mich nur dann wirklich sodass klar wird, wovon es zu viel und gut fühlen kann, wenn ich die glei- wovon es zu wenig geben wird. Dann Auch nach dem europäischen Aktions- chen Rechte und Möglichkeiten, die ich überlegen die Menschen nochmal, ob tag gegen den Kapitalismus am gerne hätte, auch anderen zugestehe. sie vielleicht doch ein paar Fahrzeuge 31. März 2012 in Frankfurt ist konti- Solch eine Solidarität ist unserer Mei- weniger benötigen oder ob noch ein nuierliche antikapitalistische Aktivität nung nach nur möglich, wenn Men- paar Leute mehr Lust haben, Fahrzeu- wichtig. Beispielsweise in Gruppen schen sich gleichberechtigt gegenüber ge zu produzieren. Wenn alles gemein- deiner Region. treten, also wenn nicht einer der Chef sam geklärt ist, wird wie besprochen

WICHTIGE ANARCHO-SYNDIKALISTISCHE MATERIALIEN IN DER „BIBLIOTHEK DER FREIEN“ – EIN INTERVIEW  Bibliothek der Freien

H.D.: Wer seid ihr, was macht ihr? ressierten Öffentlichkeit authentische siedelt, dort ist der Freihandbestand Informationsangebote zum Anarchis- der Bibliothek öffentlich zugänglich, B.d.F.: Die ‘Bibliothek der Freien’ ist mus machen und sammeln hierfür ungefähr 3500 Bände. Daneben exis- eine anarchistische Leihbücherei, die Publikationen und Archivalien al- tieren zwei große separate Bereiche: seit Dezember 1993 in Berlin existiert. ler anarchistischer Strömungen, aus Das Archiv sowie eine umfangreiche Aus unserer Sicht ist Deutschland allen Zeiten und in allen Sprachen. Zeitschriftensammlung: ungefähr 8000 eine Art anarchistisches Entwick- Seit 2000 sind wir im ‘Haus der Demo- Exemplare von 600 anarchistischen lungsland, daher wollen wir der inte- kratie’ in BerlinPrenzlauer Berg ange- Periodika. Eine der Schwerpunkte

 11 sind spanischsprachige Zeitschrif- B.d.F.: Ja, das Kater-Material ist recht tung sich jede*r Nutzer*in vorher mit ten, unsere älteste Nummer bis jetzt: gut erhalten, aus gepflegtem Familien- Unterschrift verpflichten muss – wie in ‘La Revista Social. Eco del Proleta- besitz. allen Archiven. Es gibt ein paar wenige riado’ aus Madrid vom 6. März 1884. Materialien der jüngeren Gegenwart, Außerdem organisieren wir gele- H.D.: Woher stammt der Bestand, durch die noch gesperrt sind, größtenteils ist gentlich Veranstaltungen, veröffentli- wen habt ihr ihn bekommen? unser Archiv aber zugänglich. Die Do- chen die Broschürenreihe ‘Findmittel kumente zum Buch von Theissen/Wal- und Bibliographien’ und vergeben B.d.F.: Im Herbst 2009 schrieb uns die ter/Wilhelms sind uns erst vor ein paar im Herbst jeden Jahres die Auszeich- Urenkelin von Kater an, ob wir an der Monaten übergeben worden, sie müs- nung ‘Buch des Jahres’. Wer an einer Sammlung Interesse hätten. Na klar sen noch nach fachlichen Standards Mitarbeit interessiert ist oder einfach hatten wir. archiviert werden und sind dann un- nur stöbern möchte, kann gerne vor- gefähr ab Herbst/Winter zugänglich. beikommen. Wir sind auch im Internet H.D.: Desweiteren habt ihr Unterla- Benutzungsanfragen für unser Archiv unter BibliothekderFreien.de zu fin- gen zum sehr lesenswerten Buch „An- halten sich noch in Grenzen. Die Bib- den. Mit unserem Namen beziehen wir archo-Syndikalistischer Widerstand liothek der Freien hat sich ja über die uns übrigens auf die Berliner ‘Freien’. an Rhein und Ruhr“ von Rolf Theißen, Jahre hin vor allem wegen ihres Be- Im unruhigen Berlin vor der 1848er Peter Walter und Johanna Wilhelms, stands an anarchistischer Fachliteratur hatten sie sich zu einem erschienen im Ems-Kopp-Verlag (Mep- einen Namen gemacht, der Archivbe- kritisch-respektlosen Debattierclub -zu pen). Im Buch selber sind leider kaum reich wurde jedoch erst vor drei- Jah sammengeschlossen und gleich mehre- Quellenangaben zu finden. Jedoch wird ren reorganisiert und muss erst noch re Autoritäten auf einmal herausgefor- im Vorwort erwähnt, dass es diese gibt bekannter werden. Die bisherigen dert. und auch beziehbar sind. Allerdings ist Nutzer*innen waren jedoch entzückt. das Buch und damit die Bezugsadresse H.D.: Wir haben gesehen, dass ihr Be- über 30 Jahre alt….sind es diese Unter- Bibliothek der Freien. stände zu Fritz Kater archiviert. Worum lagen zum Buch, also Fußnotenapparat Anarchistische Bücherei im Haus der handelt es sich dabei genau? und Quellen- und Literaturangaben, die Demokratie, Greifswalder Str. 4 (2. man bei euch jetzt einsehen kann? Hof, Raum 1102), 10405 Berlin B.d.F.: Das betrifft unseren Archiv-Be- reich, der bis jetzt insgesamt 11 Abtei- B.d.F.: Die Sammlung enthält das Ar- e-mail: DieFreien@BibliothekderFrei- lungen umfasst, darunter eine Samm- beitsmaterial von Theissen/Walter/ en.de lung zum Spanischen Bürgerkrieg, Wilhelms zu ihrem Buch, darunter den Internet: BibliothekderFreien.de eine Flugblattsammlung von 1968 usw. erhaltenen Teil der Korrespondenz mit Öffnungszeiten: Freitags 18-20h und Das ‘Archiv Fritz Kater’ besteht zum Zeitzeugen, und zwar vor und nach der nach Vereinbarung einen aus Familiendokumenten (Ge- Publikation, darunter mit Willy Hup- burtsurkunden usw.), zum andern aus pertz, Rudolf de Jong, Otto Reimers, einer Fotosammlung der Familie Kater Augustin Souchy, Kurt Zube und an- Der Archivbereich – zum Beispiel Fritz Kater auf seinem deren aus den Jahren 1976–1984. Das Der Archivbereich der ‘Bibliothek der Laubengrundstück beim Skatspielen. Buch ist ja insbesondere als Pionier- Freien’ besteht derzeit aus folgenden Daneben finden sich auch Porträts -sei arbeit sehr verdienstvoll, die befrag- Sammlungen: ner Angehörigen, teilweise von den ten Alt-Anarchisten waren Ende der damals ziemlich bekannten anarchisti- 1970er Jahre teilweise richtig gerührt, Fonds 1: Bibliothek der Freien – schen Fotografen-Profis SEMO (Mollie dass sich mal jemand für ihre Ge- Altbestand Steimer und Senya Flechine). Der Clou schichte interessierte, und haben »den Bücher und Widmungsexemplare | ist ein großes SEMO-Porträtfoto Ka- jungen Leuten« viel Quellenmaterial Hefte und Broschüren | Kleinformate | ters, signiert von Flechine und mit dem überlassen, insbesondere aus der frü- Broschüren-Reprints | deutschsprachi- Vermerk: „1. Juni 1930 | 18. Kongreß der hen Nachkriegszeit, das in die Samm- ge libertäre Zeitschriften bis 1963 F.A.U.D.“ Wir wollen zu dieser Samm- lung eingegangen ist. lung (wie auch zu allen anderen) per- Fonds 2: Bibliothek der Freien – spektivisch ein Verzeichnis erstellen, H.D.: Sind die Materialien für die Öf- Organisationsarchiv das in unserer Reihe ‘Findmittel und fentlichkeit einsehbar, und finden sie Bibliographien’ publiziert wird. Zuspruch? Fonds 3: Libertäres Forum Berlin – Organisationsarchiv H.D.: In welchem Zustand befindet sich B.d.F.: Bei der Benutzung unserer Ar- das Material, ist es gut erhalten geblie- chivalien sind natürlich ein paar Spiel- Fonds 4: Teilnachlass Rudi Dutschke ben? regeln zu beachten, zu deren Einhal- Bücher und Broschüren | Zeitschriften

12  MÄRZ

| Materialien | Typoskripte | Flug- Nr. 131–133: Aus der Bibliothek Zubes | Fonds 10: Archiv Fritz Kater schriften / blätter | Rundschreiben Nr. 134–135: Diverses | Nr. 136: Addenda Zur Person: Fritz Kater (1861–1945), Nachlassverzeichnis 2006 erschienen gelernter Maurer, anarchosyndikalis- Fonds 5: Nachlass Kurt Zube als Heft 1 der ‘Findmittel und Biblio- tischer Agitator, Organisator, Publi- Zur Person: Der Individualanarchist graphien der Bibliothek der Freien’ zist und Verleger. 1887 SPD-Beitritt, Kurt Zube wird am 14. Juli 1905 in seit 1892 in Berlin, Mitglied der Frei- Dirschau bei Danzig geboren. Ende Fonds 6: Sammlung Spanischer en Vereinigung deutscher Gewerk- der 1920er Jahre knüpft er nähere Be- Bürgerkrieg (Brendel/Kramer) schaften (FVdG), seit 1904 Vorsit- kanntschaft mit John Henry Mackay Zeitgenössische Drucksachen | - Zei zender ihrer Geschäftskommission, und Walther Borgius, deren Verleger tungsausschnitte und Zeitschrif- 1908 Austritt aus der SPD. 1919 bis er wird. 1933 Beschlagnahme seiner ten-Einzelnummern | Materialien 1930 Vorsitzender der Berliner Ge- Verlagswerke, Berufsverbot durch über den Spanischen Bürgerkrieg schäftskommission der Freien - Ar die Reichsschrifttumskammer und aus den 1950er bis 1970er Jahren beiter-Union Deutschlands (FAUD), Vernichtung seiner Privatbibliothek Bücher (Auswahl): Vicente Perez Leiter des Verlags ›Der Syndikalist‹. durch die Gestapo. 1934 Initiator und (Combina): Un militante de la C.N.T. Propagandist der Wirtschaftsring- en Rusia. Ediciones populares, Barce- Fotos | Famliendokumente | Typoskript Genossenschaft (WIR) in Zürich. 1935 lona 1932. 221 S. | R.: Los Crímenes del (Durchschlag) der Kater-Biographie Ausbürgerung und Emigration nach Nacionalsocialismo. Ediciones de ›La von Österreich, Zube wird staatenlos. Bis Revista Blanca‹, Barcelona 1935. 48 S. 1938 Arbeitsverbot, anschließend Be- (= El Mundo al Día; 11) | Gruppe DAS Fonds 11: Materialsammlung zum rufstätigkeit als Fakturist und kauf- (Hrsg.): Schwarzrotbuch. Dokumente Buch ›Anarcho-Syndikalistischer männischer Angestellter. 1946–1947 über den Hitlerimperialismus. ASY- Widerstand an Rhein und Ruhr‹ Verleger und Publizist in Österreich, Verlag, Barcelona 1937. 335 S. (1980) 1950 Rückkehr nach Deutschland, Arbeitsmaterialien der Autoren des Gründung eines Versandbuchhandels, Fonds 7: Archiv Karin Kramer Verlag Buches Rolf Theissen, Peter Walter, 1954–1968 Herausgeber des Bücher-Di- Verlagsmaterialien | Dokumentation Johanna Wilhelms: Der Anarcho- gest ›Erlesenes‹. Ab 1962 Initiativen zu Rätekommunismus | Bakunin-Expona- Syndikalistische Widerstand an Rhein neuartigen Kredit und Zahlungssys- te | Quellensammlung zu Bernd Kra- und Ruhr. Ems-Kopp-Verlag, Meppen/ temen (SAG, ESAG usw.). 1974 Grün- mer: Bakunin/Wagner (1999) Ems 1980. 207, 75 S. (= Antiautori- dung der ›Mackay-Gesellschaft‹, in täre Arbeiterbewegung im Faschis- deren Verlag eine Vielzahl von Werken Fonds 8: Anarchismus – Varia mus; 1–2) aus den Jahren 1945–1981. des individualistischen Anarchismus Materialien außerhalb des Buchhan- erscheint, darunter auch Zubes eigene dels | graue Literatur | Flugblätter | Korrespondenz der Autoren mit Willy Bücher (unter dem Pseudonym K. H. Veranstaltungshinweise | Verlagspro- Huppertz, Rudolf de Jong, Otto Rei- Z. Solneman) ›Manifest des Friedens gramme | Aufkleber | Uniarbeiten | Se- mers, Augustin Souchy, Kurt Zube und und der Freiheit‹ (1977) und ›Der Bahn- minarreader | Plakate anderen (1976–1984) | Briefe und Doku- brecher John Henry Mackay. Sein Le- mente der Nachkriegszeit (1945–1959) | ben und sein Werk‹ (1979). Zube stirbt Fonds 9: Sammlung Heinz Seidel Ankündigungen und Rezensionen des am 7. Mai 1991 in Freiburg/Breisgau. Zur Person: Heinz Seidel (16. März Buches 1941 – 27. Mai 2008), Werkzeugma- Nr. 1–18: John Henry Mackay | Nr. 19- cher in Hamburg, kam Anfang der Quelle: Syfo – Forschung & Bewegung. 27: Walther Borgius | Nr. 28-30: Emile 1960er Jahre nach West-Berlin, arbei- Mitteilungen des Instituts für Armand – Publikationen und Überset- tete nach FH-Abschluß als Dipl.-Ing. Syndikalismusforschung, zungen | Nr. 31: Persönliche Dokumente bei Siemens, aktiv in der Außerpar- Nr. 2, 2012, S. 6-9 von Zube | Nr. 32-42: Publikationen von lamentarischen Opposition (APO), Zube | Nr. 43-49: Mackay Gesellschaft Mitglied im Republikanischen Club, (Interview: Helge Döhring). / Verlag der Mackay Gesellschaft | Nr. Gründungsmitglied der IDK, Kon- 50-83: Typoskripte | Nr. 84-87: Briefe | takte zu anarchistischen Millieus. Nr. 88–111: Briefe und Materialien zu Zubes Kredit- und Zahlungssystemen Flugblätter, Plakate, Postkarten und | Nr. 112–119: Individualanarchistische Zeitschriften der außerparlamenta- Publikationen | Nr. 120–127: Materiali- rischen Opposition aus den Jahren en zum Anarchismus allgemein | Nr. 1968–1970 128: Libertarians (USA) | Nr. 129–130: Publikationen von Jörn (John) Zube |

 13 GESCHICHTE DER CSAF MEHR ALS 15 JAHRE ANARCHISTISCHER ORGANISIERUNG IN OSTEUROPA  Anarchistisches Radio Berlin

as Anarchistische Radio Berlin Opernball, eine erfolgreiche Erste- führte 2011 ein Interview mit Mai-Demo, die Zurückschlagung eines DMilan durch, einem Genossen Nazi-Angriffs und die Störung eines der CSAF, der Tschechoslowakischen umstrittenen Pferderennens durch Anarchistischen Föderation, das 2012 radikale Umweltschützer*innen und mit zusätzlichen Informationen ergänzt Tierrechtsaktivist*innen. wurde. Die CSAF ist Mitglied in der Internationalen der Anarchistischen A-Radio Berlin: Nach einem Streit Föderationen (IFA), die 1968 im italieni- tschechischer und slowakischer schen Carrara gegründet wurde. Milan Politiker*innen kam es 1993 ja zur gibt einen ausführlicheren Einblick in Spaltung der Tschechoslowakei in zwei sehr bekannte Besetzungen waren die mehr als 15-jährige Geschichte der unabhängige Staaten: die Tschechische Ladronka und Milada, die 1998 besetzt CSAF. Republik und die Slowakei. Wie ging es wurden.(1) nach 1993 weiter? A-Radio Berlin: Wie begann die Ge- A-Radio Berlin: Aus welchen anderen schichte der CSAF? In den nächsten Jahren etablierte sich Quellen speiste sich die anarchistische eine ganze Reihe an anarchistischen Bewegung in Tschechien damals? Milan: Ich werde zunächst etwas über Organisationen, unter anderem die den Anarchismus in der Tschechischen bereits erwähnte Gruppe um die Zeit- Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, Republik erzählen. Das Thema ist je- schrift „A-Kontra“, die von 1991 bis 1995 dass der Anarchismus in Tschechien doch viel zu breit, um es ausführlich erschien und dann später noch - ein starke öko-anarchistische Wurzeln besprechen zu können. Daher wer- mal von 1998 bis 2008. Die Zeitschrift hat. Gleich zu Beginn gab es viele de ich mich auf einen kurzen Abriss wurde sogar neben kommerziellen Anarchist*innen, die sich in Gruppen seit den Neunzigern beschränken Zeitungen an den Kiosken verkauft. wie „Earth First“ oder „Animal Libe- und dann etwas zur 15-jährigen Ge- 1995 wurde die Tschechische Anar- ration Front“ bewegten. Es gab ver- schichte der Tschechoslowakischen chistische Föderation gegründet, die schiedenste Zeitschriften und Ende der Anarchistischen Föderation sagen. später in Tschechoslowakische- An Neunziger kam auch eine „Reclaim the Vor der so genannten Samtenen Revo- archistische Föderation umbenannt Streets“-Gruppe hinzu. lution, dem Zusammenbruch des bol- wurde. Aus dieser Föderation spalte- schewistischen Systems 1989, tauchten te sich eine anarchosyndikalistische 1998 gab es mit der „Global Street Par- Anarchist*innen praktisch nicht in Föderation ab, die als „Föderation ty“, einer Demo in Prag als Teil eines der Öffentlichkeit auf. In gerade mal sozialer Anarchist*innen“ versuchte, globalen Events, den ersten großen drei Jahren entwickelte sich jedoch subkulturelle Themen hinter sich zu Protest gegen die Globalisierung des aus dem Stand eine lautstarke anar- lassen und sich mehr der arbeitenden Kapitalismus in Tschechien. Zahlrei- chistische Bewegung. Eine Gruppe Bevölkerung zuzuwenden. Mit ORAS- che Fensterscheiben multinationaler um die „Tschechische Anarchistische SOLIDARITA entstand eine weitere Konzerne gingen zu Bruch und die De- Vereinigung“ begann 1992 mit der He- anarchosyndikalistische Gruppe, die monstration endete mit massiver Poli- rausgabe der Zeitschrift „A-kontra“, später plattformistisch wurde. Und es zeibrutalität. Der Protest war dennoch die bis heute als wichtigste anarchis- gab auch die ersten Besetzungen, mit ein Erfolg, da die Massenmedien da- tische Zeitschrift in Tschechien gilt. denen die Leute versuchten, Freiräume mals zum ersten Mal überhaupt anfin- Bald kam auch die Zeitschrift „Auto- zu schaffen. Dazu gehört auch die erste gen, die Probleme der Globalisierung nomie“ heraus. 1992 selbst gab es eine ernsthafte Besetzung: 1990 das besetz- zu thematisieren. Anschließend fan- ganze Reihe erfolgreicher Aktionen, te Haus Sochorka in Prag, das später den viele „Street Partys“ statt: in Prag, darunter der Angriff auf den Prager legalisiert wurde. Andere ebenfalls in Brno und in Bratislava. Die größte

14  APRIL solche Veranstaltung fand vermutlich 1999 in Prag statt. Es nahmen 6.000 Aktivist*innen teil, und dabei wurde sogar die US-Botschaft angegriffen. 1999 gab es auch eine relativ große 1.-Mai-Demo. Diese fand wie gewohnt auf einem Platz mit dem Namen „Shooter’s Island“ statt. Der Fokus der Aktivitäten lag zu diesem Zeitpunkt allerdings bereits auf der Vorberei- tung eines Zusammenschlusses mit dem Namen „INPEG“ (Initiative gegen wirtschaftliche Globalisierung), der angelehnt war an PGA (People’s Glo- bal Action). Dieser Zusammenschluss organisierte eine Kampagne gegen den Die Aktivist*innen der ersten Stunde binierten. Es gab auch weiterhin De- Internationalen Währungsfonds (IWF) waren langsam erschöpft und viele monstrationen, allerdings nur klein und die Weltbank. Außerdem organi- von ihnen zogen sich zurück. Es gab und auf lokaler Ebene. sierte er den Gegengipfel in Prag im verschiedene Gründe dafür, aber die Jahr 2000. bereits erwähnte fehlende Kommuni- A-Radio Berlin: Du hast jetzt viel zur kation mit älteren Generationen war Geschichte des Anarchismus seit 1990 Das Treffen der Staats- und Regie- auch hier ein Problem. Der Bewegung gesagt. Kannst du uns von der Tsche- rungschefs wurde massiv auf der Stra- gelang es darüber hinaus nicht, sich choslowakischen Anarchistischen Fö- ße gestört. Die tschechische Bewegung auch außerhalb des Aktivist*innen- deration erzählen, ihrem Aufbau und hatte durch diese ganzen Aktivitäten Ghettos zu etablieren. Der Kern der ihren Tätigkeiten? viele Erfahrungen gesammelt, die es Bewegung war stets auf Prag ausge- ihr ermöglichten, ein solch großes richtet. Es waren daher immer wieder Die Föderation setzt sich zusammen Event zu organisieren. Was uns jedoch dieselben Leute, die die Events organi- aus lokalen Gruppen und Einzelperso- nicht gelang, war das Thema der Glo- sierten, und es waren immer dieselben nen, die anarchistischen Ideen anhän- balisierung in Beziehung zu setzen mit Leute, die zu den Events kamen. gen. Es handelt sich um eine Organisa- den Lebensbedingungen der ganz nor- tion von Arbeiter*innen, Studierenden malen Leute. Und ich glaube, hier fin- Die Krise betraf auch den NGO-Sek- und Arbeitslosen, die gemeinsame det sich auch ein ganz großes Problem tor. Das letzte große Event war eine anarchistische Prinzipien propagiert. der tschechischen Bewegung: die feh- Demonstration gegen soziale Aus- Dazu gehören der Föderalismus, eine lende Motivation, mit den älteren Ge- grenzung. Gleichzeitig war dies eine Selbstorganisierung von unten, die nerationen ins Gespräch zu kommen. Reaktion auf die stärker gewordene Abwesenheit von Hierarchien und Un- Neonazi-Szene. Die Antifa hatte zu gleichheiten. Die CSAF setzt sich für Mit dem beginnenden „Krieg gegen dieser Zeit ihre Taktik geändert und eine freie und selbstorganisierte Ge- den Terror“ wurde der Fokus nun- setzte auf direkte Intervention vor Ort, sellschaft ein, deren Grundlage selbst- mehr auf die antimilitaristische Ar- basierend auf einer groß angelegten organisierte Regionen und eine selbst- beit gelegt. Der wichtigste Punkt war Observation. verwaltete Produktion sind. die Einrichtung einer gemeinsamen Anti-NATO-Plattform mit anderen an- Einen großen Einschnitt bedeutete die Die Föderation wurde 1995 von den archistischen Gruppen aus Osteuropa. Reform des Polizeigesetzes, die die Herausgeber*innen der anarchisti- Der Schlusspunkt dieser Kampagne Vermummung auf Demonstrationen schen Zeitschrift „Freier Geist“ ge- war eine Demonstration gegen den verbot und darüber hinaus den Einsatz gründet. In der zweiten Ausgabe NATO-Gipfel in 2002. Die antimilita- von Tasern erlaubte sowie Hausdurch- riefen diese in einem Kommuniqué ristische Arbeit wurde auch während suchungen ohne richterliche Erlaubnis. zur Gründung der Föderation auf. des Irakkrieges fortgesetzt, aber dieses Aktivist*innen reagierten darauf mit 1997 kam eine Gruppe slowakischer Mal war die Bewegung deutlich ge- dem Aufbau stärkerer lokaler Gruppen Anarchist*innen hinzu, weswegen sie schwächt. mit lokalen Aktivitäten, wie Filmclubs, in Tschechoslowakische Föderation Workshops, Ausstellungen, direkten umbenannt wurde. In den beiden da- A-Radio Berlin: Was waren die Ursa- Aktionen. Das bevorzugte Mittel zur rauf folgenden Jahren kristallisierten chen dafür? Waren es interne Gründe Verbreitung von Ideen wurden große sich zwei wichtige, autonome Strö- oder eher externe Faktoren? Festivals, die Kultur mit Politik kom- mungen innerhalb der Föderation her-

 15 chischen Republik, die wie bereits - er von Fällen in anderen Ländern: Grie- wähnt der erste massive Protest gegen chenland, Belarus, Russland, Großbri- die Globalisierung des Kapitalismus tannien. Neben Soli-Events, z.B. für war. ABC Moskau, gab es eine Reihe von Konzerten in verschiedenen Städten in Ein wichtiges Thema für uns war vor Tschechien und der Slowakei. einiger Zeit der öffentliche Transport. Wir lancierten eine Kampagne zur A-Radio Berlin: Was macht ihr zur- Sicherung des regionalen Transports zeit? und gegen die Erhöhung der Fahr- preise. Als Föderation entwickelte die Unser wichtigstes Kommunikations- CSAF ein eigenes Konzept zur Einfüh- medium ist aktuell unsere täglich rung eines kostenlosen öffentlichen aktualisierte Webseite. Heutzutage Nahverkehrs. konzentriert sich die Arbeit auf drei Projekte: Der Schwerpunkt der Aktivitäten lag auf dem Erfahrungsaustausch. Zu · D ie Zeitschrift „Existence“ richtet sich Bildungszwecken wurden Workshops an Menschen, die bereits mit anar- aus: eine anarchosyndikalistische und organisiert. Auch die Verbreitung von chistischen Gedanken vertraut sind, eine öko-anarchistische. Beide gaben anarchistischen Werken kann zur Ver- Menschen aus dem anarchistischen eine eigene Zeitschrift heraus: „Syndi- breitung des Wissens um den Anar- Umfeld. kalista“ und „Gegen den Strom“. chismus beitragen, aber in 15 Jahren wurde nur ein Buch herausgegeben. · U nsere Zeitung „Zdola“ ist für die Im Herbst 1997 verließen einige An- Die CSAF war im vorher bereits er- Verteilung auf großen Kultur-Events archo-Syndikalist*innen die Organi- wähnten Bündnis „INPEG“ involviert, gedacht. sation und gründeten die Föderation das eine Kampagne gegen IWF und sozialer Anarchist*innen (FSA). Die Weltbank organisierte. Neben dem · U nd dann haben wir mit der „A3“ Zeitschrift „Freier Geist“ wurde ein- Anti-NATO-Bündnis in 2002 und einer noch eine Wandzeitung, die wir auf gestellt, weswegen die CSAF begann, antimilitaristischen Kampagne wäh- den Straßen plakatieren. ihre Zeitschrift „Existence“ heraus- rend des Irakkrieges, organisierten wir zugeben, während die FSA eine Zeit- auch die Hilfe für politische Gefangene Wir haben eine Zusammenstellung schrift mit dem Namen „Freie Arbeit“ im Anarchist Black Cross (ABC). unserer langjährigen Aktivitäten in herausgab. „Existence“ kam von 1998 Form einer Broschüre erstellt. Bei Inte- bis 2002 heraus. In diesem Zeitraum A-Radio Berlin: In einem Bericht An- resse könnt ihr euch gerne im englisch- gab es 14 Ausgaben, in denen haupt- fang 2012 schriebt ihr, dass es zwar kei- sprachigen Bereich unserer Webseite sächlich Themen wie Globalisierung, ne ernsthaften Repressionsfälle gegen umgucken, unter csaf.cz. Militarismus, Repression und prakti- Anarchist*innen in den beiden Ländern scher Anarchismus diskutiert wurden. gab, ihr aber dennoch Anti-Repressi- ______Neben der wichtigsten Zeitschrift gab onsarbeit leistet. Was bedeutet das? (1) E s gibt einen ganz spannenden Dokumen- tarfilm zum Thema Hausbesetzungen in der es auch andere regelmäßige Publikati- Tschechischen Republik, der auch online- ver onen, wie z. B. „Tunnel“, „Work“, „From Unsere ABC-Gruppe konzentriert sich fügbar bist. Den Link zu „Squat Wars“ findet Below“, „Past Away“ und „Exhaust“. hauptsächlich auf die Unterstützung ihr auf dem Blog des Anarchistischen Radios Berlin unter aradio.blogsport.de.

A-Radio-Berlin: Und was waren bzw. Anzeige sind jenseits der Propaganda eure Tä- Aktuelle Ausgabe – Direkte Aktion:

tigkeitsfelder?

Die Föderation organisierte alljähr- Digital ist besser? lich eine traditionelle 1.-Mai-Demons- Printmedien in der Krise. Umstrukturierungen, Ein- tration, die an den Kampf um den sparungen, Rationalisierungen, Freiberuflichkeit, stressi- 8-Stunden-Tag erinnert. Sie fanden auf ge Arbeitsbedingungen, mangelnde soziale Ab- dem traditionell dafür genutzten Platz sicherung & unsichere Perspektiven: Der Umbruch in „Shooter’s Island“ in Prag statt. Die der Medienbranche aus gewerkschaftlicher Sicht. CSAF beteiligte sich auch an der Glo- Probeheft gratis: www.direkteaktion.org bal Street Party in 1998 in der Tsche-

16  APRIL VON BOLO’BOLO ZU KRAFTWERK1, KRAFTWERK2 USW… USW… Jochen Knoblauch

Rundumpaket Lust & Luxus Es war die Beharrlichkeit der Aktivist* innen, der Glaube daran, dass Woh- Im Jahre 2011 konnte das Wohnprojekt nen nicht immer auch teuer sein muss, KraftWerk1 in Zürich seinen 10. Ge- dass Ökologie kein Verzicht bedeutet, burtstag feiern und die gleichnamige dass biologische Ernährung nicht Bau- und Wohnungsgenossenschaft nur Besserverdiener*innen vergönnt konnte 2010 bereits auf ein 15jähriges ist. Ein Rundumpaket, wo Lust und Bestehen zurückblicken. Sicherlich Luxus mit drin sein sollte, wo al- gibt es ältere Bau- und Wohnungsge- les, wofür die Straßenschlachten nossenschaften, aber das interessante der 1980er Jahre standen, umgesetzt an diesem Projekt ist, dass dies ein werden sollte. An den hohen An- Ergebnis der Zürcher Jugendrevolte sprüchen sind schon manche Pro- zu Beginn der 1980er Jahre war, mit jekte zerbrochen. Auch KraftWerk1 seinen Kämpfen um Wohnraum, den musste auf seinem langen Weg über Kraftwerk1 - Heizenholz (Foto: Katrin Simonett) Hausbesetzer*innen. Und am Anfang 5 Jahre verschiedene Probleme lösen, war ein Buch: Bolo’bolo vom Schwei- Kompromisse machen. Wenn etwa abzielt. Ein Mosaiksteinchen. Aber zer Autor P. M. von Seiten der Radikalen KraftWerk1 je entfernter die Draufsicht auf das die Zusammenarbeit mit Banken vor- Ganze ist, desto deutlicher wird »Wer hat’s erfunden? Die Schweizer.« geworfen wird. Aber wenn wir schon das Bild sein. Ein KraftWerk an das Nun, dass wäre mit Sicherheit etwas nicht alle Banken ausrauben können, andere, bis es ‘ zumindest in der übertrieben. Der Wunsch nach einem warum dann nicht deren Geld für un- Schweiz ‘ zu einem Neustart kommt. solidarischen, einem guten Leben ist sere Häuser benutzen? (Wer letztlich Allein die Idee besitzt schon viel Kraft, sicherlich so alt wie die Menschheit, natürlich wen benutzt, bleibt eine Fra- so wie eben aus einem kleinen Büchlein und die recht betuchte Schweiz nicht ge der Ideologie.) eine recht große Genossenschaft ge- zwingend der Ausgangspunkt für re- worden ist. voltierende Massen. Aber 1980–1982 Und bei aller Kritik: Die KraftWerkle- erlebte auch die Schweiz für ihre Ver- rInnen mischen sich auch weiterhin in P. M. gibt in seinem Artikel einen klei- hältnisse recht radikale Kämpfe um stadtpolitische Kämpfe ein, sie begnü- nen geschichtlichen Überblick. Andre- bezahlbaren Wohnraum. gen sich nicht nur mit ihrem warmen as Hofer, einer der Mitbegründer der Plätzchen, sondern es geht weiter… Genossenschaft KraftWerk1, nähert In dieser Zeit tauchte ein kleines Im Februar 2012 wurde KraftWerk2 sich unserem Thema eher auf theo- Büchlein mit dem kryptischen Titel bezogen, KraftWerk3 scheint geschei- retischer Ebene mit der Frage nach Bolo’bolo auf. Der Autor wählte als tert zu sein, aber inzwischen gibt der Partizipation in Genossenschaf- Pseudonym die Initialen P. M. (die es weitere Menschen, die an Kraft- te und ein kleines Interview mit dem häufigsten Buchstaben im Zürcher Te- Werk4 stricken. Auch das ist eine Verleger, Buch- und Weinhändler Tho- lefonbuch), um nicht als Leitfigur einer Bolo’bolo-Idee: Jeder Stein, der ins mas Geiger sollen einen kleinen Ein- undogmatischen Linken hingestellt zu Wasser fällt, verursacht Wellen. Und blick in den Alltag von KraftWerk1 werden. Ebenso wie in seinem Buch, trägt somit die Idee weiter und immer geben. ging es um Vorschläge, um eine »re- mehr Menschen schließen sich ihnen ale Utopie«, die sofort umsetzbar sei, an, bzw. bauen ‘ wortwörtlich ‘ auf be- wenn nur genügend Menschen mitma- stehende Erfahrungen auf und treiben aus CONTRASTE Nr. 331 chen würden. Ganz so einfach ist die das Gesamte weiter voran. (April 2012, Schwerpunktthema, Seite 1) Sache dann doch nicht, aber aus der Bolo’bolo-Idee wuchs langsam aber Die Idee bzw. das Projekt KraftWerk1 stetig mit langen Diskussionen und ist ein Teil einer Bewegung, die auf Kämpfen die Idee zu »KraftWerk1« he- Genossenschaften, auf solidarisches ran. Handeln und soziales wirtschaften

 17 INTEGRALER ANARCHISMUS A-Laden/ Ralf Landmesser

ie Situation des Anarchismus ausdrückt, ist nicht zu leugnen. Hier Leute wie Julien Assange oder hier in der ersten Dekade des 21. hat anarchistisches Engagement auch und da auftauchende marginale DJahrhunderts ist dadurch ge- seine größten Erfolge zu verzeichnen, Anarchoterrorist*innen oder der so- kennzeichnet, dass zwar anarchisti- nämlich im Spirit der auf- und ausbre- genannte Schwarze Block, haben dem sches Denken diffus in vielen gesell- chenden antiautoritären 68’er Revolte Anarchismus zu einer eher fragwürdi- schaftlichen Bereichen präsent ist, aber und Transformation, sowie in seinem gen Medienpräsenz verholfen, die alte der Anarchismus als Vision einer kom- nicht zu verkennenden Einfluss durch Klischees wieder aufleben lässt. plexen libertären Gesellschaft eher individuelles Engagement auf der ein Schattendasein führt und wenig Ebene der Bürgerinitiativen und bei Was wäre nun ein „integraler Anar- bekannt ist. Zwar nehmen in wachsen- ähnlichen Bewegungen. Auch in Wis- chismus“? Ein integraler Anarchismus dem Ausmaß auch bürgerlich-konser- senschaft und Lehre sind die Einflüsse wäre ein Anarchismus, dessen Theo- vative Medien wie z.B. die FAZ positiv unverkennbar, gibt es heute doch eine rie und Praxis nicht vom alltäglichen Bezug auf den zeitgenössischen und Vielzahl libertär orientierter oder be- Leben abgekoppelt ist, sondern sich historischen Anarchismus und selbst einflusster Dozent*innen und wissen- aktiv in es einbringt und seine Le- ehemals marxistisch-kommunistische schaftlicher Autor*innen. Selbst in der bensvision positiv und gewaltlos nach Betonköpfe wachen auf und erblicken dem Anarchismus eigentlich fremden außen trägt. Integraler Anarchismus plötzlich im Anarchismus eine wich- Parteienlandschaft hat der Anarchis- meint einen einschließlichen Anar- tige Ergänzung, aber dieser Trend ist mus Spuren hinterlassen: bei den Grü- chismus, der auch die verschiedenen noch zu schwach ausgebildet. nen, der Linkspartei, neuerlich den Pi- Realitäten anderer Menschen partiell raten oder solch schillernden Gebilden mit in sein Überlegen und Handeln Insbesondere im deutschsprachi- wie der „Anarchistischen Pogo Partei einschließt und mit ihnen in positive gen Raum sind Anarchismus und Deutschlands“ (APPD). Kommunikation tritt, ohne sie a priori Anarchist*innen für die Menschen aus Gründen stereotyper „politischer keine alltägliche Realität – und schon In einer Vielzahl von Städten und Ge- Korrektheit“ auszuschließen. Es wäre gar keine realistische Alternative zum meinden existieren Projekte wie Ju- ein gesellschaftlich ganzheitlichlicher Raubkapitalismus. Zwischen allen gendzentren, Infoläden, Kulturhäuser Ansatz, der die Ideen des Anarchismus Stühlen sitzend haben Anarchist*innen oder Kultur-Kneipen, Hausprojekte, (das Label ist zweitrangig) wieder in in den vergangenen Jahrzehnten nicht Kommunen, usw. usf. … die mehr oder die Mitte der Gesellschaft bringt, wie verstanden, sich selbst einen Stuhl zu weniger im Geiste des Anarchismus es anarchosyndikalistische Gewerk- bauen, mit dem sie sich eigenständig handeln und angesiedelt sind. Den- schaften in verschiedenen Teilen der an den Tisch setzen könnten. Das liegt noch ist der Anarchismus weit davon Welt zeitweise geschafft haben. nicht an ihrer geringen Anzahl und entfernt, zu einer sogenannten Leit- auch nicht an den wenigen zur- Ver kultur zu werden und ist auch heute Dies bedeutet aber, die Mehrheitsge- fügung stehenden Mitteln, sondern eher noch als periphäre Subkultur an- sellschaft in ihren Vorbehalten und im wesentlichen an der offenbaren zusehen. Sich als Anarchist*innen be- Einwänden gegen das ihr weitgehend Unfähigkeit der Menschen, die sich zeichnende Menschen bewegen sich am unbekannte libertäre Lebensmodell anarchistisch deklarieren, sich mittel- sichtbarsten noch in den Ghettos der ernstzunehmen und in fruchtbare Aus- und langfristig zu koordinieren. Ihre linksradikalen Subkultur oder sind als einandersetzung mit ihr zu treten. Es Stärken scheinen eher in spontanen anarchophile historisierende Schreib- geht also mithin darum, mit Menschen Zusammenschlüssen und kurzfristig stubengelehrte mit gelegentlichen öf- in Gespräch und Austausch zu - kom organisierten Einmal-Events zu liegen, fentlichen Auftritten bekannt. Persön- men, mit denen mensch im Normalfall als in einer durchaus notwendigen lichkeiten des öffentlichen Lebens, die seltener oder gar nicht redet. Das wür- nachhaltigen Koordination zum Zwe- sich offensiv zum Anarchismus beken- de heißen, in weiten Teilen die Selbst- cke gemeinsamer Lebensgestaltung nen, sind eher die Ausnahme als die bezüglichkeit aufzugeben, in der sich und Außenwirkung. Regel, obwohl es von ihnen mehr gibt, als anarchistisch orientierter Mensch als selbst in anarchistischen Kreisen hauptsächlich an tendenziell Gleichge- Seine diffuse Präsenz, die sich auch bekannt ist. Bezeichnenderweise sind sinnte gewandt wird oder an vermeint- in der Vielzahl der erschienenen an- besonders in Künstler*innen-Kreisen lich ähnlich Gesinnte in der linksradi- archistischen Nachkriegsliteratur viele von ihnen zu finden. kal-alternativ ausgerichteten Szene.

18  APRIL

Letztere Szene hat sich aber in den vergangenen Jahrzehnten von einer authentischen Selbstsuche und expe- rimentierfreudigen Lebensformen zu einer Szene vielfacher Konformitäten, sinnentleerter Nachahmungen und retromoderner Verhaltensweisen ver- ändert. Vielfach ist diese selbstgenüg- same Szene auch in das Hamsterrad des Konsumismus eingestiegen und besorgt sich ihre identitätsstiftenden Versatzstücke auf dem kapitalisti- schen Markt – oft ohne mehr nach der Herkunft und den Bedingungen ihrer Produktion zu fragen. Die Kommuni- kation innerhalb dieser Subkulturen erweist sich häufig als schwierig und bewegt sich in tief eingegrabenen Spu- ren, die sich mehr oder weniger im Kreise drehen.

Sich den Fragestellungen und Heraus- forderungen der Mehrheitsgesellschaft stellen heißt aber, sich auf das Unge- wohnte einzulassen und auch auf das Abzulehnende, um es argumentativ und gegenbeispielgebend herauszufor- dern. Einfache Provokationen wie in der 1968er Zeit sind selten noch Mittel, mit denen sich die daran aus der Wer- bewirtschaft, Kino, Theater und Politik Preis einer Langsamkeit, die der Dring- gen menschlichen Lebens bedarf, um gewöhnte Bevölkerung aus der Reser- lichkeit heute zu lösender Probleme zu retten was noch zu retten ist. Nicht ve locken lässt. Schließlich und endlich wenig gerecht wird. Im Weltmaßstab nur ökodiktatorische Verhältnisse, ge- wäre es aber absurd, die Normalbevöl- erleben wir ökologisch und wirtschaft- paart mit einem neuerlichen „grünen“ kerung zu Lebensformen auffordern zu lich apokalyptische Entwicklungen, Kapitalismus ökogerechtfertigter Aus- wollen, wie sie in manchen abgeranz- die uns sehenden Auges in die Vernich- beutungsverhältnisse drohen, sondern ten Wohnprojekten oder einst besetz- tung führen. Vieles davon ist längst eine außer Rand und Band geratene ten Häusern zu finden sind. Mensch irreversibel – nicht mehr rückgängig mutagene Umwelt und der Untergang muss die Leute dort abholen, wo sie zu machen, und wenn, dann nur noch des Menschen, wie wir ihn kennen sind und darf nicht ausschließen, auch in Jahrhunderten oder Jahrtausenden. oder gar als Art. Hinzu kommen neue von ihnen etwas lernen zu können. Das betrifft zum Beispiel offensichtlich Gefährdungen durch energetische den weiter anwachsenden Atommüll Kriegführung und eine außer Kontrol- Der heute existierende diffuse Anar- und die Klimaerwärmung aufgrund le geratene Roboter- und Elektronen- chismus, der osmotisch, also langsam des Industrialismus und der devastie- hirn-Kultur. durchdringend auf die Gesellschaft renden Flächenverbräuche (LandGrab- wirkt, wird zweifellos weiterbestehen bing), von tausenden ausgerotteten Ar- Es wäre also Zeit, alle Kräfte zusam- und hat seine Vorteile – beispielsweise ten in der Tier- und Pflanzenwelt gar menzunehmen und libertärem Le- den einer relativen Unangreifbarkeit, nicht zu reden. ben zu mehr Daseinsberechtigung weil es keine öffentlich wahrnehm- zu verhelfen, indem mensch sich zu baren Leitfiguren und kaum physisch Diese letztere Problemstellung ver- existenzfähigen, experimentellen und angreifbare Projekte gibt. Der diffuse deutlicht, dass es mit einer langsamen potentiell beispielgebenden Gesell- Anarchismus garantiert eine weitere Durchdringung der Gesellschaft- al schafts-Clustern zusammentut und langsame Durchdringung gesellschaft- leine nicht getan sein kann, sondern viele anarcho-gallische Dörfer im rö- licher Verhältnisse, allerdings um den dass es erheblicher Kursveränderun- mischen Imperium des Kapitalismus

 19 g r ü ndet. Dies w ü rde ei ne neue l iber t ä re wohnen bleiben zu können, bis mensch der Stadt. Des Ideengebers Horst Sto- Projektkultur bedeuten, die wesentlich sich verändern will oder natürlich aus wasser Vorstellung nach sollte es eine mehr Breitenwirkung und Kommuni- dem Leben scheidet. Heute stehen wir Kleinstadt sein, in die anfangs eine kationsfähigkeit hat, als versprengte vielfach gerade in Berlin und anderen kritische Masse von 200 Leuten hinzie- kurzlebige Grüppchen libertärer Indi- Großstädten vor der Realität, nach 20- hen sollte. Dies war keine „Stadtüber- viduen oder als anarchoindividuelle*r 30-40-50 Jahren von einem profitgeilen nahme“ oder „Unterwanderung einer Einzelkämpfer*in im Dschungel des Spekulanten oder einer gesichtslosen Kleinstadt“, wie es einige Leute herbei- kapitalistischen Daseins. Kapitalgesellschaft aus der zur Heimat phantasieren wollten, sondern schlicht gewordenen Umgebung per Mieterhö- die Herstellung eines kommunika- Eine naheliegende Form wäre schon hungen oder durch perfiede Terrori- tions- und arbeitsfähigen Zusammen- einmal, libertäre Wohn- und Bauge- sierung durch Baulärm oder ständige hangs, der den Mitbewohner*innen im nossenschaften zu gründen, ähnlich Bedrängung hinausgekantet zu wer- Ort „Anarchisten“ weniger als bom- dem (Freiburger) Mietshäusersyndi- den. Nicht ohne durch den neureichen benwerfende Phantasiemonster zeigen kat. Wohnungen und Wohnen ist ein Nachfolgemieter oder -käufer der nun würde, sondern als die etwas anderen unumgängliches Grundbedürfnis je- Eigentumswohnung dreist angegrinst Nachbarn, mit denen mensch ganz ver- des Menschen und die meisten von uns zu werden: „Na nun sei’n se doch mal nünftig reden kann, bei denen mensch tragen nach wie vor monatlich einen demokratisch: Sie haben jetzt so lange seine BioBrötchen kauft oder sich vom Großteil ihres Geldes auf die Bank- hier gewohnt und die Umgebung ge- anarchistischen Klempnerkollektiv die konten von Immobilienspekulanten nossen, nu lassen’Se andere auch mal!“ Leitung reparieren lässt. Ein Schritt jeder Art. Sie setzen sich unendlich -er Zusammen wohnen heißt aber auch zur Normalität von Anarchismus also, höhbaren Mieten und unbefriedigen- andere Dinge gemeinsam organisie- ein Ansatz zu integralem Anarchis- den Wohnformen aus und befähigen ren zu können, wie den gemeinsamen mus, der sich im Experiment beweisen die Kapitalinhaber mit dem Surplus- Einkauf, z.B. mit einer Food-Coop oder musste. gewinn weitere mehr oder weniger einem Genosschafts-Einkaufsmarkt Leider hat dies nicht so richtig funk- komfortable Mietmaschinen zu bauen, und die Gestaltung der Umgebung. tioniert, was aber weniger an den die ihnen endlos Geld drucken und Im eigenen Genossenschaftsbau las- normalen Nachbarn lag, als an der somit täglich ihre Macht über unsere sen sich auch Geschäftsräumlichkeiten Binnenstruktur der leider viel klei- Grundbedürfnisse erhöhen. Rechnet unterbringen, in denen für den Broter- ner als geplanten anarchistischen Ge- jede*r von uns einmal die Nettomiete werb gearbeitet werden kann. Dieser meinschaft. Aber es sind wertvolle zusammen, die sie* oder er* ein Le- Broterwerb kann ja auch politisch sein Erfahrungen gemacht worden und in ben lang an Mietherren zahlt, wird – muss es aber nicht unmittelbar. In Neustadt an der Weinstraße existieren mensch zu dem Ergebnis kommen, gewissem Ausmaß können auch sozi- noch einige respektable Hinterlassen- dass mit diesem Kapitalaufwand zwei ale Einrichtungen wie Versammlungs- schaften dieses Versuchs, wie z.B. der oder drei Ein-Familien-Häuser hätten räume, Vereinscafés, Mediatheken, ÖkoHof oder der Tante-Emma-Laden, gebaut oder erworben werden kön- Kultureinrichtungen, Kinderläden, ein anarchistischer Infoladen letzterer nen. Es liegt also auf der Hand, dass Pflegedienste, Arztpraxen etc. bereit- 2012 geschlossen. es günstiger wäre, selbst Teil z.B. ei- gestellt werden. Dies sind alles vitale ner Baugenossenschaft zu sein. Beim Bedürfnisse einer altersgemischten Das letzte Projekt, das Horst Stowas- Mietshäusersyndikat wird auf die Gemeinschaft. Mit „Karthago“ in- Zü ser angeschoben hat, war das eines günstigen Mieten ein kleiner Solida- rich hat der Genosse P.M. mit seinen generationenübergreifenden Wohnens ritätszuschlag erhoben, der weiteren Genossenschaftler*innen in teuerster nach libertären Grundideen, dem sich Non-Profit-Projekten die Befreiung Innenstadtlage ein Gebäude zu Woh- JEDER Mensch anschliessen konnte, von der Mietsklaverei, für die wir nor- nungen umgebaut. Weitere Gebäude der sich auf diese Grundlagen einlas- malerweise ein bis schlimmstensfalls sind in Planung und es gibt dort einen sen wollte – Anarchist*in musste er zwei Drittel des Monats erwerbstätig Zusammenschluss von Genossenschaf- nicht sein. Dies war artverwandt zu sein müssen, gestattet. ten. Es ist also möglich – selbst im ka- den Prinzipien der anarchosyndika- pitalistischen Kerngebiet. listischen Gewerkschaften, die auch Mit dem Zusammenwohnen und nichtanarchistische Menschen aufnah- Selbstverwalten des eigenen Wohn- Infos: www.karthago.ch men, wenn diese sich den Prinzipien projektes wird zunächst einmal inter- der Gewerkschaft anschlossen. libertäre Kommunikation möglich und Die Idee des Projektanarchismus ist eröffnen sich andere Lebensperspekti- nicht neu: es gibt einige anarchistisch Auch dieses Projekt Horst Stowassers, ven – zum Beispiel die, wenn mensch motivierte Kommuneprojekte, aber es der Eilhardshof, ist gescheitert – dies- das möchte, im eigenen Hausprojekt gab auch die Idee eines „Projekt A“ in mal an den Tücken des Alltags: der

20  APRIL

Architekt hatte sich bei den Baukosten Öffentlichkeit stellen. Heute suchen um gut 100% verkalkuliert! Das Projekt viele Menschen nach alternativen war so nicht mehr finanzierbar. Horst Möglichkeiten ihr Leben zu leben und Stowasser, der 2009 urplötzlich einer zu gestalten, nach Perspektiven, die Sepsis erlegen ist, hat dies zum Glück Gesellschaft neu zu erfinden. Ein neuer nicht mehr erleben müssen. Versuch wäre möglich und nötig.

Aber gerade Modelle generationen- Aber ich will die Idee des Integralen übergreifenden Wohnens können für Anarchismus nicht nur auf Projekt A libertäre Menschen heute attraktiv verengen, sondern habe es nur als ein sein, entsprechen sie doch schon immer Beispiel angeführt, wie ein Weg zu ei- gehegten Vorstellungen des Zusam- nem projektorientierten Anarchismus menlebens. Da solche Projekte heute zunächst regionaler Art eingeschlagen vielfach gefördert werden, ist dies eine werden könnte, der in internationale reale Chance für neue Projektwillige. Vernetzung mündet. Sicher gibt es heute in einer Vielzahl Die Idee des „Projekt A“ war jedoch von Projekten und Gruppen libertäre nicht nur die einer Anarch@gemein- Inspirationen, die erst in der nahen schaft, sondern auch die, über diese Ge- und weiteren Zukunft ihre Wirkungen meinschaft nach außen zu wirken und zeigen werden. Diffuse und projek- viele ähnliche Projekte in aller Welt zu torientierte Vorgehensweisen gehen beflügeln. Aus der gemeinschaftlichen auch ineinander über und bedingen wirtschaftlichen Leistung würde es einander. Es gibt da keine Trennschär- besser möglich sein, Zeitungen, Bücher fe. Aber deutlich ist, dass die projek- und sonstige Medien zu finanzieren torientierte Seite deutlich zu wenig und herzustellen, Radio- und Fernseh- entwickelt ist und dass sie in unseren sender auf Internetbasis zu gründen Verhältnissen eine große Wirkungs- Horst Stowasser: Projekt A und andere Dinge mehr. Es sollte keine mächtigkeit entfalten könnte, gewinnt (Foto: www.lunisolar-fotodesign.de) selbstgenügsame Gemeinschaft sein, sie erst einmal an Dynamik. sondern eine außenwirkende, beispiel- Da Anarchismus auch auf sozialer gebende, initialzündende. Tatsächlich Integral anarchistisch leben heißt Verantwortung beruht, beinhaltet er kamen in den Gründungstagen des auch im Einklang mit sich selbst und auch die Verantwortung für Umwelt. Projekt A teils wahre Pilgerscharen in Offenheit zu Anderen. Ein von gro- Eine intakte Umwelt ist die Bedingung nach zunächst Alsfeld in Hessen und ßen Teilen der sozialen Wirklichkeit unseres Lebens und für Einklang und dann nach Neustadt an der Weinstra- abgekoppelter Anarchismus ist ein Glück. Integralen Anarchismus leben ße, auch aus dem Ausland. Widerspruch in sich, hat doch der- An heißt so auch in dieser Hinsicht die Da aber letztendlich diese Gemein- archismus erstmalig in der Geschichte Dinge in Gänze zu betrachten und ein- schaft innerlich nicht funktionierte, den Anspruch auf die Durchdringung zubeziehen. brach auch die Außenwirkung wieder aller Teile des Lebens mit dem sozialen ein. Gedanken und einem Leben in völliger Wenn Anarchismus den Anspruch ein- Freiheit von Fremdbestimmung for- lösen will, die Welt fundamental im Ich würde das „Projekt A“ nicht erwäh- muliert. Klammert der sich als anar- Sinne der Freiheit umzugestalten, auf nen, wenn ich es als für alle Zeiten ge- chistisch selbstverstehende Mensch aus dass sie ein besserer Ort werde, müs- scheitert betrachten würde. Aus Feh- oder blendet Teile der ihn umgebenden sen sich anarchistisch orientierte -Men lern kann mensch lernen und es war sozialen Wirklichkeit aus, kann er schen auf die Welt in ihrer Gesamtheit ja auch nicht alles falsch. Auch positive nicht als wahrhaftig befreiter Mensch einlassen und nicht nur eine mehr oder Erfahrungen lassen sich ableiten und leben. Bakunin hat als Bedingung sei- weniger haltbare Nische in ihr suchen. weiternutzen, weitergeben. Ein oder ner eigenen Freiheit, die Freiheit aller Das bedeutet, das Leben anzunehmen mehrere neue „Projekt A“-Gründun- Menschen benannt. Wenn auch nur wie es ist und es zu verändern wie gen könnten der libertären Bewegung ein Mensch nicht frei sein könne, kön- mensch kann. Das bedeutet integraler einen Schub vorwärts geben und sie ne er es auch nicht. Umfassender kann Anarchismus. in einer offeneren Zeit, die nicht mehr mensch einen Anspruch auf Ganzheit- wie die 1970er/1980er Jahre von Terro- lichkeit nicht formulieren. ristenhetze und politischer Verfolgung geprägt ist, in eine aufnahmebereitere

 21 man uns arbeiten lässt. Profit lässt sich nun mal nicht erzielen, wenn man teure Sicherheitsstandards einhalten muss. Ein Arbeitgebersprecher würde wohl entgegnen: „Aber die Unfallrate am Arbeitsplatz findet doch heute -ih ren geschichtlichen Tiefststand. Es gibt sowenig Arbeitsunfälle wie nie zuvor.“ Nun, er hat Recht. Doch diese Ent- wicklung offenbart keinen roten Faden deutscher Unternehmenspolitik, diese Entwicklung wurde in zähen Ausein- andersetzungen gegen die Interessen NARBEN DER LOHNARBEIT von Arbeitgeber*innen erkämpft. Narben wieder bewusst machen! Anarchosyndikalistische Jugend Berlin Die Möglichkeit Arbeitsplätze si- cher zu gestalten, fällt im derzeiti- rschienen in der achten Ausga- belastet sein, werden sich fürchten, gen Wirtschaftssystem in erster- Li be des Schwarzen Kleeblatts im wieder an den Ort des Geschehens zu- nie den Chefs zu, doch wie gesagt: EApril 2012. rückkehren zu müssen – an ihren täg- Unsichere Arbeit kann sich rechnen lichen Arbeitsplatz. und so besteht oft kein Interesse an Ein Aufruf zum Workers‘ der Sicherheit der Arbeiter*innen. Memorial Day am 28ten April Narben diagnostizieren! Das Interesse der Arbeitgeber*innen an sicheren Arbeitsbedingungen ist Die Arbeit zeichnet uns. Sie ist oft ge- Die Bedingungen, welche unsere Nar- ein wirtschaftlich kalkuliertes oder fährlich, oft erschöpfend, oft ungesund. ben verursachen, sind schnell gefun- gesetzlich erzwungenes. Im günstigs- Nach einem harten Arbeitstag sind es den: Es sind unsichere Arbeitsbedin- ten Fall, wird sich an die Unfallver- häufig physische und psychische- Nar gungen, mangelhafte Ausbildungen hütungsvorschriften der Berufsgenos- ben, die uns ungewollt an die Schufte- und das Restrisiko gefährlicher Jobs, senschaft gehalten. Im ungünstigen rei vom Tag erinnern. Wie gern würden das man uns zumutet. Ein Risiko, Fall interessiert nur, inwiefern mit wir doch dem Stress, der Hetzerei, dem das man versucht uns schmackhaft einem Arbeitsunfall das durchschnitt- Mobbing, für nur einen Feierabend zu machen, indem mensch es entwe- liche Unfallrisiko im Betrieb und da- entkommen, das alles einfach ausblen- der verharmlost, oder es glorifiziert, mit der Jahresbeitrag an die Berufs- den. Doch so läuft das nicht. Der Druck es als Wert an sich darstellt. So wer- genossenschaft steigt. Die Gefahr am bleibt da. Nach Arbeitsende bleibt die den riskante Tätigkeiten mit Slogans Arbeitsplatz wird auf eine Variable Angst. Angst vor dem nächsten An- wie „Jobs für ganze Kerle“ beworben. betriebswirtschaftlicher Logik redu- schiss, der nächsten Erniedrigung, Eine Werbestrategie, die versucht, ziert, die nur wichtig ist, weil sich die oder vor der Kündigung. Schon der mittels entsprechender Symbolik an Arbeitgeber*innen mit ihr ausrech- bloße Gedanke reicht aus, um in Stress sexistische Idealbilder anzuknüpfen. nen können, inwieweit es sich lohnt, zu geraten. Wir schmeißen uns daher Manche Berufsfelder, wie solche zur Gefahr am Arbeitsplatz zuzulassen. auf die Couch, um in die Glotze zu See oder unter Tage, werden dann In jedem Fall bleibt das Risiko für starren, bewusstlos zu werden, uns ein ganz bewusst als Arbeit in einer Män- die Lohnarbeiter*innen ungewiss. Sie Lächeln ins Gesicht zaubern zu lassen. nergemeinschaft beworben. Oft ist es sind dem Gutdünken des Chefs aus- Im Jahr 2010 ereigneten sich in der allerdings auch einfach so, dass ge- geliefert und müssen es hinnehmen, BRD 1.178.432 Wege- und Arbeitsun- fährliche Arbeit romantisiert wird, in- wenn Sicherheitsvorschriften lax ge- fälle, davon 16.564 schwere (Angabe dem sie so dargestellt wird, als ob sie handhabt werden. So lässt mensch im der dguv). Ebenso viele Menschen wer- Raum zur Selbstverwirklichung biete. Betrieb auch mal unter schwierigen den, dort wo einst eine Wunde klaff- Doch wo liegt die Ursache für das gan- Bedingungen weiterarbeiten, wenn te, eine Narbe entwickelt haben. Sie ze Übel? Zum einen ist es der Druck am es der zeitliche Druck eines Auftrags werden mit kleineren und größeren Arbeitsplatz, das „ Schnell, schnell!“ verlangt. Wenn dann etwas passiert, Beschwerden zu leben haben. Einige welches uns aus dem Takt einstudier- sind die Arbeitgeber*innen in der werden noch immer traumatisiert sein. ter und sicherer Arbeitsschritte bringt Regel von einer Haftung befreit. Es Sie werden von ihrem Unfall psychisch und die veralteten Geräte an denen muss erstmal nachgewiesen werden,

22  APRIL/MAI dass der Unfall kein Selbstverschul- Leid. Wir müssen uns nur die Häu- tut. Zeigt eure Narben offen und er- den war. Tritt dieser Fall nicht ein, figkeit seines Auftretens bewusst -ma klärt euren FreundInnen und Kolle- dann haben die Lohnarbeiter*innen chen. Niemand soll uns erzählen, wir gInnen woher sie stammen. Der 28. nur Anspruch auf Leistungen aus seien ein Einzelfall. Unsere Narben April bietet die Gelegenheit dazu. der gesetzlichen Unfallversicherung. sind Narben der Lohnarbeit! An diesem Tag, dem Workers‘ Me- Es sollte klar geworden sein: Unser morial Day, wird weltweit den durch Interesse an der Vermeidung unsi- Narben sichtbar machen! Arbeitsunfälle verletzten oder umge- cherer Arbeitsbedingungen ist ein kommenen Arbeiter*innen gedacht. grundlegend anderes, als das der Narben verdecken wir oft. Wir tra- In Deutschland wurde im letzten Arbeitgeber*innen. Es ist nicht die gen sie unter unserer Kleidung oder Jahr erstmals mit Aktionen und Ver- Angst, die Gefahr, oder das Leid, wel- retuschieren sie. Psychische Narben anstaltungen seitens der FAU zur che Arbeitgeber*innen zur Vermeidung kennzeichnen wir oft als selbstver- Begehung des Tages aufgerufen. In von Arbeitsrisiken bewegt. Es ist in schuldete Idiotie oder Verrücktheit. diesem Jahr sollten wir ihn nutzen, erster Linie die finanzielle Kalkulation Unter keinen Umständen möchten um die Logik einer messerscharfen und der gesetzliche Zwang. Doch auch wir sie offenbart sehen. Denn ob psy- Marktwirtschaft sichtbar zu machen. der Druck von uns Lohnarbeiter*innen chisch oder physisch, wir sehen- Nar Im Jahr 2010 starben allein in Deutsch- führt dazu, dass Sicherheitsstan- ben als unsere persönlichen Makel land 886 Lohnarbeiter*innen an Wege- dards überhaupt als solche aner- an. Aus dieser Selbstverurteilung und Arbeitsunfällen (Angabe der dguv). kannt, und wir nicht ausschließlich ziehen die Verursacher*innen und Weltweit sterben jährlich etwa 2,2 Mil- als Ressource betrachtet werden. Wir Urheber*innen Stärke. Sie können dar- lionen Menschen durch Arbeitsunfäl- Lohnarbeiter*innen sind gezwun- auf spekulieren, dass Narben versteckt le und berufsbedingte Erkrankungen. gen, ein Spiel auf Messerschneide zu und Missstände verborgen bleiben. Doch wir Lohnarbeiter*innen sind kei- spielen. Ob unsere Arbeitsbedingun- Wir, die ASJ-Berlin, rufen euch dazu ne Masochist*innen, wir wollen nicht gen sicher sind, darauf ist kein Ver- auf, Schluss zu machen mit diesem in einem System leben, in dem auf- lass. Wir selbst bleiben im Ungewis- Maskenball. Weder seid ihr verant- grund von Profitstreben das Vermeid- sen, ob unsere Arbeitsbedingungen wortlich für eure Narben, noch wird bare weiter passiert. In diesem Sinne: die notwendigen Standards erfüllen. euch jemand verantwortlich für diese „Remember the dead – fight for the Unser Leid ist also ein systhematisches machen, solange ihr das nicht selber living!“

Doch auch in anderen Epochen gab es ANARCHY IN NEUKÖLLN! teils starke anarchistische Strömungen im Neuköllner Kiez. Beispielsweise Friends of Fritz Scherer waren die späten 60er bzw. 70er Jah- re auch nicht ohne, wie z.B. der Blick ie Geschichte des Anarchismus Aspekte hervor. Wer hätte beispielswei- auf die „Bewegung 2.Juni“ zeigt. Wer in Neukölln ist sehr reichhaltig se gedacht, dass sich in den Neuköllner hätte gedacht, dass zu dieser Zeit re- Dund interessant und wesent- Wohnungen Erich Mühsams und Ru- volutionäre 1.Mai-Demos mit 50.000 lich umfangreicher, als wir es gedacht dolf Rockers die internationale anar- Menschen durch Neuköllns Straßen hätten. Zudem reichen die libertären chistische „Prominenz“ die Klinke in liefen (und das war damals nur „West- Fußstapfen weit über 100 Jahre zurück, die Hand gab? Nicht nur Durruti und Berlin“)…? erste Spuren lassen sich bereits im 19. Ascaso kamen hierher, sondern darüber Jahrhundert finden. In der Broschü- hinaus auch Machno, Goldman, Berk- Den damals entstandenen und sehr re wird versucht, einen historischen man, Schapiro, Wollin, Santillán, Pesta- wichtigen „Karin-Kramer-Verlag“ gibt Überblick über „Anarchy in Neukölln“ na, Borghi u.v.m. Spannend fanden wir es bis heute! In den 1980ern ging es in darzustellen und eine kontinuierliche auch die Tatsache, dass bereits in den Sachen Hausbesetzungen auch in Neu- Linie nachzuweisen. 1920er Jahren „Anarchistische Abende“ kölln hoch her und selbst in den ver- in Neukölln organisiert wurden (da- worrenen 90ern war es nicht gänzlich Eingeteilt ist sie in die Kapitel: „Erste mals im Lokal Köhler). Oder aber auch, still im Bezirk. Dass auch heutzutage Spuren“, „Die Umbruchzeit 1918–1920“, dass es zu jener Zeit nicht nur diverse was los ist, steht ja wohl außer Frage, „Die wilden 20er“, „Die harten 30er: An- lokale Gruppen gab, sondern sogar eine auch wenn wir uns natürlich wün- archisten im Widerstand“, „Nachkriegs- „anarchistische Kindergruppe“ und schen würden, dass es noch viel mehr zeit“, „Die ´68er´ und ´APO´“, „Die 80er überhaupt ein breitgefächertes kulturel- Gruppen, Aktionen, Anarchistische und 90er Jahre“ und natürlich „Heute“. les und soziales Angebot mit freiheitli- Abende und Zeitschriften geben täte … Dabei treten zum Teil sehr interessante chem Bezug existierte.

 23 24  JULI

vor der geplanten Schließung kurzer- … DANN BESETZEN WIR EBEN hand besetzt. „Wenn alle Stricke rei- ßen, besetzen wir das Haus.“, erzählte VOM UNGEWÖHNLICHEN KAMPF UM EINEN eine der Vertreter*innen in einem taz- Interview, „Das haben sie uns schein- SENIOR*INNENTREFF IN BERLIN-PANKOW bar nicht geglaubt und waren dann mächtig überrascht, dass die Alten Anarchistische Föderation Berlin das machen. Wir hatten den Eindruck, dass man uns schon ein bisschen für senil hielt.“ m 30. Juni wurde in Berlin der Priorität müsste es besser heißen. mal wieder ein Haus besetzt. So hat Berlin z.B. genug Geld, einen Seit über 14 Jahren wird das Haus AEigentlich nichts ungewöhn- immer teurer werdenden Flughafen als Treffpunkt genutzt: hier wird zu- liches. Doch diesmal ist es anders. zu bauen, der nicht funktioniert, oder sammen Schach und Bridge gespielt, Die Besetzer*innen sind allesamt äl- ein Stadtschloss neu zu errichten, das gesungen und getanzt, gemalt, Spra- ter als 60 Jahre, der Frauenanteil ist niemand so wirklich haben möchte. chen gelernt und zusammen gefeiert. überdurchschnittlich hoch und beim Der Verkauf des Seniorentreffs ist für Die meisten Senior*innen kommen Gespräch im Garten gibts Kaffee und den Bezirk natürlich finanziell nicht aus der näheren Umgebung und wol- selbstgebackenen Kuchen statt vega- uninteressant, liegt doch das Gebäude len sich auch weiterhin im Klub tref- ner Vokü. Das seit nunmehr über eine in einer recht beliebten Wohngegend fen. Hier ist über die Jahre hinweg Woche besetzte Haus in der Stillen unweit zweier Parks in unmittelbarer eine Gemeinschaft entstanden, die Straße ist eine kleine Villa in Berlin- Nähe des Majakowskirings, dem ehe- auch das Leben im Alter lebenswert Pankow und bis zu jenem Tag noch maligen Bonzenviertel der DDR. Mitt- macht. Die Senior*innen verbringen eine Senioreneinrichtung. Der Bezirk lerweile reihen sich zwischen Erich viel Zeit zusammen im Klub und un- muss jedoch sparen und will nun das Honeckers Ex-Häuschen und der Chi- terstützen sich darüber hinaus auch Haus verkaufen. Insgesamt würde die nesischen Botschaft immer mehr mo- gegenseitig z.B. beim Einkaufen oder Sanierung des Hauses nach Angaben derne Stadtvillen für Gutbetuchte. Wer der Pflege. Deshalb lehnen sie auch der zuständigen Bezirksstadträtin für interessiert sich da noch für ein paar Angebote des Senats ab, sie könnten Gesundheit, Soziales und Schule Frau betagte Rentner*innen? sich doch auf die anderen noch be- Zürn-Kasztantowicz (SPD) 2,5 Milli- stehenden Treffs verteilen. Eine Ab- onen Euro kosten. Geld, das sich der Da der Bezirk nicht mit sich über die lehnung schon allein deshalb, weil es Bezirk lieber sparen möchte. Wie die Sparmaßnahme reden ließ, haben die bislang noch kein schlüssiges Konzept genannte Summe zustande kam ist Nutzer*innen des „Klubs“, wie er von des Bezirks gibt, wie alle bisherigen unklar, ein Gutachter etwa, der sich die ihnen genannt wird, nun entschlossen Kurse und Gruppen in andere Einrich- Bausubstanz mal ansah, wurde noch zu handeln und das Haus einen Tag tungen integriert werden können. >>> nicht gesehen. Zwar fiel dem Bezirk nach fast 15 Jahren auf, dass das Haus nicht behindertengerecht ist und einen Aufzug benötigt, allerdings dürfte der auch nur einen Bruchteil der genann- ten Summe ausmachen. Aber auch die laufenden Kosten will sich der Bezirk Pankow für den Seniorentreff nicht mehr leisten und hat jetzt beschlos- sen, das Gebäude zu verkaufen und die Einrichtung, die bis vor kurzem noch ca. 300 Rentner*innen als Treffpunkt diente, zu schließen. Ein Trend, der sich in Berlin zunehmend durchsetzt. Nicht nur der Seniorentreff in der Stil- len Straße ist davon betroffen, auch bei anderen Senioren- und Jugendtreffs hat der Sparkurs schon zu Schließun- gen geführt. Aus Kostengründen, wie es offiziell immer heißt - Aus Gründen

 25 >>> Die Senior*innen sind fest ent- Menschen, die gegen Verdrängung und SÄGEBLATT? schlossen, trotz aller körperlicher und Mietsteigerung kämpfen, wie z.B. dem gesundheitlicher Anstrengungen nicht Camp am Kottbusser Tor in Berlin- WIE ODER WAT? zu räumen. Um sich dennoch zwi- Kreuzberg, wird gepflegt. Sie wollen schendrin ein wenig zu erholen ist die die Solidarität, die ihnen entgegenge- Anarchist Black Cross Berlin Besetzung in mehrere Schichten auf- bracht wird, auch gerne wieder an -an geteilt, sodass nicht alle rund um die dere zurückgeben. it dem Sägeblatt – anarchisti- Uhr da sein müssen, aber dennoch im- Mscher Newsletter zu Repression, mer jemand im Haus ist. Nicht nur das Während wir zu Besuch sind, sitzen Solidarität, Gefangenen und ihren Schlafen auf Campingliegen und Iso- einige der Besetzer*innen erstmals Kämpfen – wollen wir in regelmäßi- matten ist anstrengend, auch der Tru- seit Beginn der Besetzung mit Be- gen Abständen Informationen und bel im Haus muss nebenbei geschultert zirksstadträtin Zürn-Kasztantowicz Entwicklungen über repressive An- werden. Dass sie mit ihrer Besetzung im Nebenzimmer für Verhandlungen griffe des Staates und über Gefangene ein derartiges mediales Echo hervor- zusammen. Wie zu erfahren war, sieht und ihre Kämpfe in gedruckter Form rufen werden, damit haben sie ja nicht der Bezirk für sich nach wie vor keine verbreiten. Dies soll unabhängig von gerechnet. So gibt sich die Presse die Möglichkeit für den Erhalt des Hau- der Schnelllebigkeit und der erdrü- Klinke in die Hand, Kamerateams ge- ses. Man wäre aber einer Übernahme ckenden Informationsflut des Inter- hen ein und aus, Interviews und Foto- durch einen externen Träger wie z.B. nets geschehen. termine reihen sich aneinander. Mit Caritas, Volkssolidarität oder AWO ein wenig Stolz zeigt eine Besetzer*in aufgeschlossen, heißt es. Die zeigen Wir wollen die Solidarität mit Gefan- die Pressemappe mit Artikeln der ver- sich bislang aber noch recht zurückhal- genen und mit denen, welche durch gangenen Woche: Nicht nur Beiträge tend. Es bleibt also spannend wie sich die Repression in ihren Kämpfen ein- der Berliner Presse sind dort vertreten, die Verhandlungen und die Lage wei- geschränkt werden, verbreitern. Dabei sondern auch Ausschnitte aus größe- terhin entwickeln. Wir drücken aber geht es auch darum, den Kampf gegen ren, überregionalen Zeitungen wie z.B. auf jeden Falle die Daumen, dass sich Knäste und alle Formen der Einsper- der Süddeutschen. „Das ZDF kommt dieser Kampf gelohnt hat. Die Chan- rung in dieser Knastgesellschaft fort- morgen auch noch mal“, ergänzt sie und cen stehen jedenfalls nicht so schlecht. zuführen, hin zu einer befreiten Ge- fügt hinzu „jetzt schon das dritte Mal.“ Immerhin wird an einer Schließung sellschaft. Doch nicht nur Medienvertreter*innen nicht mehr kategorisch festgehalten auch zahlreiche Unterstützer*innen und nach Alternativlösungen wie der In Hamburg und Berlin wird das Sä- besuchen die Besetzerrentner*innen Übernahme durch Externe gesucht geblatt an den bekannten Orten in in „ihrem“ Haus. Einige bringen und eine polizeiliche Lösung mit einer gedruckter Form zu finden sein. In Kuchen mit oder ein Fläschchen Räumung scheint derzeit auch ausge- anderen Städten soll es das Ziel sein, Wein, andere kochen für die ganze schlossen. Die Bilder von Senior*innen, dass Menschen, die unser Projekt un- Besetzer*innengruppe, andere kom- die von der Polizei im besten Falle aus terstützen wollen, selbstständig Kopi- men „nur“ um ihre Sympathie zu be- dem Haus getragen werden müssen, en anfertigen und diese verteilen. Die kunden und mit den Besetzer*innen möchten die Verantwortlichen vermei- jeweils aktuelle Ausgabe wird immer zu diskutieren oder zu plaudern. Auch den. Eine breite Welle der Sympathie unter abc-berlin.net/saegeblatt zu fin- wir werden freundlich mit einer Tasse weit über die Bezirks- und Stadtgren- den sein. Kaffee empfangen, aber gebeten, et- zen hinaus tut ihr übliches und sorgt was in die „Besetzerkasse“ zu spenden, für die nötige Öffentlichkeit. Die soge- ABC Berlin + Anarchist*innen in weil die Bewirtung langsam ins Geld nannte „Berliner Linie“, wonach Be- Solidarität geht, da es mittlerweile so viele sind, setzungen binnen 24 Stunden geräumt die im Laufe des Tages vorbeischauen. werden, wurde von den entschlosse- http://www.abc-berlin.net/saegeblatt Und dass es viele Besucher*innen sind, nen Rentner*innen längst geknackt. davon zeugen auch die Eintragungen Besetzer*innengeschichte muss in im Soli-Gästebuch, das am Tisch aus- Berlin in jedem Falle neu geschrieben liegt. Doch nicht nur die direkte Hilfe werden. für die Besetzer*innen vor Ort wird angeboten, einige haben bereits auch Zu Besuch waren sub + marcos (afb). ihre kostenlose Unterstützung bei der Sanierung des Gebäudes angekün- Aktuelle Infos unter: digt, sollte das Haus weiterhin als http://stillestrasse10bleibt.blogsport.eu Seniorentreff genutzt werden können. Auch der direkte Kontakt mit anderen

26  JULI

 27 „EINE FARCE PAR EXCELLENCE“ - ZUR WAHL IN WEISSRUSSLAND Forum deutschsprachiger Anarchist*innen (FdA)

as Wahlen selten halten was zum Wahlboykott aufriefen und die sie versprechen, nämlich eine Teilnehmer*innen einer Protestakti- Daktive Mitbestimmung am on einige Tage vor der Wahl in Minsk politischen Geschehen, dürfte weithin verprügelt. Arbeiter*innen, Angestell- bekannt sein. Zu einer Farce par excel- te, Schüler*innen, Student*innen und lence werden sie allerdings, wenn sie Soldat*innen wurden in mehreren in einer De-Facto Diktatur stattfinden, Fällen zur Wahl gezwungen und dazu in diesem Fall die Parlamentswahlen angehalten, abweichendes Wahlver- Ende September in Weissrussland. halten ihrer Mitmenschen zu denun- zieren. Schon im Vorfeld der Wahl wurde deutlich, dass die – ohnehin geringe Mit diesen Vorzeichen überraschte – Hoffnung auf einen Machtwechsel das vorläufige Wahlergebnis dann oder zumindest ein deutliches Zeichen auch niemanden. Von den 110 zu des Protestes gegen den „letzten Dik- wählenden Parlamentssitzen stehen tator Europas“, Alexander Lukaschen- bisher 109 namentlich fest. Die Op- ko wieder einmal unbegründet blieb. position – letztmalig 2004 in einem Die sozialdemokratische Partei durfte Parlament vertreten – erhielt keinen nicht zur Wahl antreten, ebenso wenig einzigen Sitz. Auch die offizielle Wahl- wie das Bündnis des liberalen Oppo- beteiligung von 74,3% darf angezwei- sitionspolitikers Ales Michalewitsch. felt werden, mehrere unabhängige Letzterer befindet sich bezeichnen- Wahlbeobachter*innen berichteten derweise seit März letzten Jahres im von verwaisten Wahllokalen, selbst tschechischen Exil, nachdem er aus in der Hauptstadt Minsk. Auch dies kalai Dziadok, Artsiom Prakapenka, dem Gefängnis des weissrussischen überrascht wenig, waren doch einer Aliaksandr Frantskievich und der Ak- Geheimdienstes KGB entlassen wurde, Umfrage des Meinungsforschungsin- tivist Jauhen Vas’kovich. Alle wurden in dem er seit der letzten Präsident- stituts IISEPS zufolge, 55 Prozent der im Mai 2011 zu Freiheitsstrafen zwi- schaftswahl 2010 inhaftiert war. Weißrussen vor den Wahlen über- schen 3 und 8 Jahren verurteilt. Ihnen zeugt, dass die Ergebnisse nicht von werden verschiedene Aktionen gegen Einige, unter anderem die beiden größ- ihrer Stimme abhängen. das Regime Lukaschenkos zur Last ten Oppositionsparteien „Vereinigte gelegt, unter anderem Brandanschlä- Bürgerpartei“ und „Weissrussische Na- Lukaschenko selbst lobte die ge auf die russische Botschaft und die tionale Front“ zogen wenige Tage vor Wähler*innen für ihr „bewusstes po- Zentrale des weissrussischen Geheim- dem Wahltermin ihre Kandidaten zu- litisches Handeln“ und wies jeden dienstes. rück und riefen ihre Anhänger*innen Vorwurf der Manipulation als westli- zum Wahlboykott auf. Unter anderem che Propaganda zurück. "Wahlen, die Aus Solidarität mit den inhaftier- verweigerte die Wahlkommission, die langweilig sind und friedlich verlau- ten Genoss*innen fanden deshalb am ausschließlich aus Mitgliedern der fen, sind gut für die Bürger und die Re- Wochenende der Wahl, in mehreren regimeloyalen „Belaja Rus“ bestand, gierung" kommentierte er lapidar den europäischen Städten Aktionen vor ohne Begründung mehreren Kandida- Wahlausgang, um im Anschluss anzu- weissrussischen Vertretungen statt, ten die Teilnahme an der Wahl oder kündigen das der Frieden „nicht halten die ihre sofortige Freilassung und ein weigerte sich die Programme der Par- würde, sollte die Opposition gegen das Ende der Repression forderten. In Pa- teien zu veröffentlichen. Wahlergebnis protestieren“. ris organisierte die Federation Anar- Auch die weissrussischen Sicherheits- chiste eine Kundgebung vor dem Eif- kräfte ließen keinen Zweifel am Aus- Das solche Sätze handfeste Folgen felturm. Im Anschluss zogen die etwa gang der Wahl. So wurden Menschen haben können, erleben zur Zeit die 70 Teilnehmer*innen noch lautstark bedroht, die über soziale Netzwerke Anarchist*innen Ihar Alinevich,- Mi durch die Innenstadt. In London war

28  SEPTEMBER es die Anarchist Federation, die zu Auch das Anarchistische Netzwerk Aktivist*innen laut eigener Aussage Protesten vor der weissrussischen Bot- Südwest sendete solidarische Grüße. „lieber jeden einzelnen Tag absitzen, schaft aufrief und auch in Rom folgten als bei Lukaschenko um Gnade zu bet- einige Dutzend Menschen dem Auf- Eine erste erfreuliche Nachricht ist die teln“, ist deren Freilassung weiterhin ruf der Federazione Anarchica Italia Freilassung von Pawel Syromolotov. unwahrscheinlich. Umso notwendiger (FAI). Des weiteren fanden kleinere Der anarchistische Aktivist, der mit ist es deshalb, weiterhin vielfältig ih- Kundgebungen in Turin, Reggio Emi- den oben genannten verurteilt wur- nen und der weissrussischen Regierung lia, Livorno und Bonn statt. In Berlin de, kam vergangene Woche nach 620 zu zeigen, dass kein Mensch alleine ist, dekorierten solidarische Menschen die Tagen frei. Der offizielle Grund dafür der für eine Welt ohne Diktaturen, Un- Botschaft mit Slogans und protestie- ist jedoch ein Gnadengesuch, welches terdrückung und Repression kämpft. renden Kuscheltieren und sprühten So- er aus persönlichen Gründen an Luka- lidaritätsgrafittis an mehreren Stellen. schenko gestellt hat. Da die restlichen

„LIEBER DIKTATOR SEIN, ALS SCHWUL“ Forum deutschsprachiger Anarchist*innen (FdA)

ählen ändert nichts – erst permanente Missachtung von Men- Der Vater Weissrusslands recht nicht in einer Diktatur. schenrechten, die brutale Nieder- WSolidarität mit der Protest- schlagung von Protesten gegen offen- Lukaschenko ist seit 1994 durchgängig bewegung in Belarus und den einge- sichtlich gefälschte Wahlen, oder das „gewählter“ Präsident. Laut dama- sperrten Genoss*innen. jahrelange Wegsperren unliebsamer ligem Wahlrecht hätte er 2006 nicht Aktivist*innen die öffentliche Presse, wieder antreten dürfen. Doch 12 Jahre Die Reaktion des amtierenden Prä- sondern eine Vielzahl von Anekdoten schienen dem selbsternannten „Vater sidenten Weissrusslands, Alexander über eine fruchtbare deutsch-weiss- Weissrusslands“ nicht genug, so ord- Lukaschenko, auf den Kommentar russische Zusammenarbeit. So wurde nete er kurz vor der Wahl ein Refe- des deutschen Außenministers Gui- kürzlich bekannt, dass weissrussische rendum (eine Art staatlich bestimmter do Westerwelle, Weissrussland sei Sicherheitskräfte nicht nur in einer Volksentscheid) ein, den er natürlich „die letzte Diktatur Europas“, lässt Reihe von Seminaren im Umgang mit für sich entschied. Dieses Referen- tief blicken. Dabei überrascht we- „(Sport-)Großveranstaltungen“ von dum gab ihm das Recht unendlich oft niger die offensichtliche Feindlich- ihren deutschen Kollegen unterrichtet auf sein Amt zu kandidieren. Und so keit Lukaschenkos gegenüber Ho- wurden, sondern darüber hinaus das scheint das Wintermärchen noch - lan mosexuellen, diese hat er bereits in vermittelte Wissen während des Cas- ge nicht ausgestanden, ganz nach dem der Vergangenheit oft und offen zur tor-Transportes 2010 ins niedersächsi- biblischen Motto: Bis das der Tod euch Schau gestellt, sondern vielmehr sei- sche Gorleben auch in der Praxis beob- scheidet. ne Eigenbezeichnung als Diktator. achten konnten. Ob die belarussischen Nun könnte naiverweise angenommen Beobachter*innen bei den zahlreichen werden, dass ein Land wie Deutsch- Gewaltexzessen und Übergriffen der land, welches die eigene Demokratie, deutschen Sicherheitskräfte wirklich Rechtsstaatlichkeit und Meinungsfrei- viel neuen Input erhielten, sei an die- heit so hoch wertschätzt, spätestens ser Stelle mal dahingestellt. Darüber nach solchen Verlautbarungen die Be- hinaus berichteten verschiedene Zei- ziehungen zu solch einem Land zumin- tungen über weitere Kooperationen, dest kritisch prüft. Aber weit gefehlt, wie etwa die Ausrüstung weissrussi- hat Deutschland in der Vergangenheit, scher Polizist*innen mit Schlagstöcken wie etwa bei den umstrittenen Waffen- und anderen Accessoires zur Kontrol- lieferungen nach Saudi Arabien doch le von Großereignissen, die Ausbil- mehrfach bewiesen, dass die eigenen dung von Einheiten der gefürchteten Ansprüche nicht zwingend für poten- Miliz oder eine Textilfirma nahe der zielle Handelspartner gelten müssen. Hauptstadt, die bis vor wenigen Jahren Und so bestimmen seit kurzem auch noch fleißig Uniformen für deutsche keine Schlagzeilen über deutsche - In Polizeibeamt*innen herstellte. terventionen oder Proteste gegen die

 29 Gefangene eingestuft. Ihre Chancen freigelassen zu werden erhöhen sich zwar aufgrund des dadurch entstehen- den öffentlichen Drucks, machen dies jedoch nicht sicher. Am 23. September fanden in Weiss- russland wieder Parlamentswahlen statt, die aller Voraussicht nach wie- der zu einem „100%-Sieg“ regimetreu- er Abgeordneten geführt haben. Für uns ist klar das sich die Situation aller kritisch denkenden und freiheitslie- benden Menschen in Weissrussland damit weiter zementiert, denn ein Einlenken des letzten Diktators Euro- pas scheint unwahrscheinlich. Umso dringlicher ist daher unsere direkte Doch das Volk zeigte sich erstaunlich Trotz alledem wurde die junge Pro- Solidarität mit der weissrussischen undankbar, angesichts einer drohen- testbewegung ein ums andere Mal mit Protestbewegung, allen anarchisti- den Dynastie Lukaschenko bis zum St. brutaler Repression überschüttet, sei schen Aktivist*innen und besonders Nimmerleinstag und zweifelte sowohl es durch das – wortwörtliche – - Zer mit den 6 inhaftierten Genoss*innen. die Richtigkeit und das Ergebnis des schlagen von Demonstrationen, Kund- Wir fordern die sofortige Freilassung Referendums, als auch der anschlie- gebungen oder Veranstaltungen, oder von Igor Olinewitsch, Artem Proko- ßenden Wahl an. Es kam zu massiven durch das exemplarische Wegsperren penko, Pawel Syromolotov, Alexan- Protesten, die auch nicht abrissen, als von unbliebsamen Aktivist*innen in dr Frantzkewitsch und Eugenij Vas- sich der weissrussische Geheimdienst haarsträubenden Gerichtsverfahren. kovich, sowie ein Ende der brutalen – bezeichnenderweise immer noch Repression und der unterdrückenden KGB genannt – genötigt sah darauf Unter ihnen sitzen auch 6 anarchisti- Gesetze. Alle Menschen in Weissruss- hin zu weisen, dass Regimegegner sche Genoss*innen, die im Mai 2011 zu land sollen frei und ohne staatlichen mit lebenslangen Haft- oder sogar 3-8 Ja h ren Ha ft ver u r tei lt w u rden. Ei n i- Druck darüber diskutieren können, der Todesstrafe rechnen müssten. ge von ihnen sind seit ihrer Festnahme wie sie ihr Zusammenleben zukünftig Dementsprechend hoch waren die -Er in einer groß angelegten Polizeiopera- gestalten wollen, welche Probleme und wartungen an die Wahl 2010, doch tion am 3. September 2010 durchgän- Ungerechtigkeiten in der Gesellschaft der selbsternannte „Vater Weissruss- gig inhaftiert. Als Vorwand für diese vorhanden sind und vor allem: wie sie lands“ sorgte schon im Vorfeld mit Operation und dutzende Festnahmen angegangen und gelöst werden kön- offensichtlichen Verstößen gegen das und Verhöre nutzte der Geheimdienst nen. Wahlrecht für Negativ-Schlagzeilen. verschiedene Brandanschläge, unter Das große Teile der Bevölkerung da- anderem auf die russische Botschaft in Wählen ändert nichts, erst recht nicht raufhin der Verdacht beschlich, dass Minsk im August 2010. Eine vorzeitige in einer Diktatur. Solidarisiert euch auch diese Wahl nicht korrekt verlief, Begnadigung, wie es die lokale Oppo- mit den Gefangenen und allen an- durfte wenige überrascht haben. Und sition und zahlreiche Solidaritätsbe- deren, von Repression betroffenen so kam es schon am Wahltag selbst kundungen gefordert haben können sie Aktivist*innen in Belarus. Schreibt zu massiven Protesten, die allesamt nur mit einem Gnadengesuch an den ihnen, organisiert Kundgebungen und brutal durch die Sicherheitskräfte nie- Präsidenten, welches auch ein eindeu- Demonstrationen, oder zeigt den weis- dergeschlagen wurden. Doch selbst tiges Schuldeingeständnis beinhaltet, srussischen Behörden und ihren deut- Brutalität und ein abstruses Demons- erwarten. Nur Artem Prokopenko ließ schen Handelspartner*innen was ihr trationsverbot hielten die Menschen sich aus persönlichen Gründen darauf dazu zu sagen habt. nicht davon ab, am 24.12.2010 mit über ein, sitzt aber allen Versprechungen 5000 Teilnehmer*innen in der Haupt- zum Trotz immer noch im Gefängnis. Für ein Ende aller Diktaturen, egal stadt Minsk zu demonstrieren. Die ob durch Staat, Nation oder Kapital. vorrangigsten Ziele der heterogenen Im Oktober 2011 wurden die 6 Für die sofortige Freilassung der Protestbewegung waren der Rücktritt Genoss*innen von verschiedenen Men- Gefangenen in Belarus und überall. Lukaschenkos, Neuwahlen und die schenrechtsorganisationen und NGOs Aufarbeitung der Betrugsfälle von (Nicht staatliche Organisationen, bspw. Für die soziale Revolution! 2006. Attac oder Greenpeace) als politische

30  SEPTEMBER „LICHT UND SCHATTEN“ – EINE ST.IMIER AUSWERTUNG AUS BERLIN

orwort der Redaktion: Am 24. provisierten Awareness-Struktur oder · Einige der Referent*innen oder September fand in Berlin ein einigen Vernetzungstreffen. Sprecher*innen übten sich in Selbstbe- VNachbereitungstreffen des - an weihräucherung ihrer Person, Organi- archistischen Welttreffens im schwei- · Das Programm war gut und ausge- sation oder ideologischer Ausrichtung. zerischen St.Imier statt, welches allen wogen geplant, (Einführendes, Ge- Teilnehmer*innen Raum bieten soll- schichte, aktuelle Kämpfe, Antifa etc.) · Generell wurde die Auswahl der te, um gemeinsam ein Resümee zu konnte in der Praxis durch verschiede- Sprecher*innen kritisiert, besonders ziehen. Das folgende, ausführlichere, ne Probleme leider nicht halten, was es im Hinblick auf ihrer genderbezogene Protokoll erhebt keinen Anspruch auf versprach Zusammensetzung, aber auch dahin- Vollständigkeit. gehend, dass die meisten von „großen · die Toiletten waren sauber. :) Organisationen“ waren. Die Bewertung des Treffens in St.Imier · Die Form der Podiumsdiskussion fiel unter den Teilnehmer*innen ge- Kritik gab es an folgenden fanden einige befremdlich und in kon- mischt aus, jedoch überwogen positive Punkten: kreten Fällen wenig befriedigend, da Fazite, die jedoch teils verschiedene immer nur eine Hand voll Menschen Begründungen hatten. Dennoch war · es gab weder tägliche Gesamt- bzw. sprechen konnte und eine wirkliche klar, dass viele Dinge nicht funktio- Deliplena, noch besetzte Infopunkte Diskussion mit vielen Beteiligten ent- niert haben. oder sonstige Ansprechstellen für Fra- weder nicht zustande kam, oder sogar gen, Anregungen oder Kritik. Dadurch offen verhindert wurde. Was positiv bemerkt wurde: entstand ein Gefühl der Intranspa- renz, der hierarchischen Organisation · Dies trifft auch auf die meist überfüll- · super viele Menschen mit verschie- des Treffens und teilweise ein Gefühl ten Räume zu und das generelle Kon- densten Hintergründen, die sich ohne der Hilflosigkeit bei konkreten Proble- zept von „Großveranstaltungen“, durch das Treffen womöglich niemals real men oder Kritik. die sich nur sehr schwer wirkliche Dis- begegnet wären. Daraus ergaben sich kussionen entwickeln konnten. viele interessante Gespräche, Diskussi- · Einzelne Personen, die „etwas zu onen und Kontakte. melden hatten“ waren sehr autoritär · Die Sprachbarriere und besonders der und teilweise rüde und unfreundlich, Umgang damit machten es teilweise · Generell war der informelle Teil für bspw. Bei Fragen nach spontanen Rau- unmöglich Veranstaltungen zu besu- viele der positivste Aspekt des Tref- mänderungen bzw. Wünschen danach, chen, da diese oft nur auf Französisch fens. Dynamiken während (Podiums-) Dis- waren oder die Diskussionen im An- kussionen und wenn mensch generell schluss auf Französisch (bzw. der do- · Das schöne Wetter verlieh dem Tref- etwas wollte. minierenden Sprache) geführt wurden. fen eine gute Portion „Urlaubsfeeling“.

· Die Voküs waren klasse organisiert und super lecker.

· Die Buchmesse war gut organisiert, reichhaltig bestückt und ein Ort an dem viel Kennenlernen und Austausch stattfand.

· Die Selbstorganisation, gerade in Bereichen wo die „offizielle“ Orga- Struktur versagt hat, war für einige sehr motivierend, bspw. Bei der im-

 31 de, dass niemand an ein spontanes „Berliner*innen(vernetzungs-)tref- fen“ gedacht hat, wie es etwa für den süddeutsch-schweizerisch-österreichi- schen Raum geschehen ist.

Trotz der Vielzahl an Kritikpunkten hoben einige den Aufwand und Kom- plexität hervor, den die Organisation eines solchen Treffens in dieser Größe bedeutet und äußerten bis zu einem gewissen Grad Verständnis für das – offensichtlich – überforderte Orgako- mitee. · Die Programme waren meist veraltet, Bezug auf Awareness und Safer Spaces da permanent Veranstaltungen ausfie- war unterirdisch. Es gab’ keine Unter- Verbesserungsvorschläge: len, verschoben wurden oder woan- stützung im Vorfeld, vor Ort wurde ders als angegeben stattfanden. Dazu mühsam abgeschwatzte Infrastruktur Neben einer reinen Aufzählung von waren die Programme auf Deutsch kurzfristig anderweitig genutzt und positiven und negativen Punkten, schnell vergriffen und wurden ab- ei auch ansonsten gab es keinen Support wurden auch einige konkrete Verbes- nem gewissen Zeitpunkt auch nicht seitens „offizieller“ Stellen. serungsvorschläge für zukünftige Tref- mehr nach kopiert. fen dieser Art zumindest angerissen: · Ebenfalls unterirdisch war der · Der Großteil des Treffens war nicht Umgang mit Helfer*innen. Die ver- · Die Orgastruktur muss transparenter barrierefrei, was darüber hinaus auch sprochenen kostenlosen Schlafmög- und ansprechbarer sein, etwa durch äußerst unzureichend kommuniziert lichkeiten wurden viel zu spät bereit- einfach auffindbare, wirklich besetzte worden war. gestellt und anstatt eines gemeinsamen und informierte Infopunkte, mit ent- · Zu viele Veranstaltungen und Bei- Helfer*innentreffens wurden die Auf- sprechender Struktur dahinter. träge bezogen sich auf historische The- gaben einfach via Listen zugeteilt, was men, besonders auf Bakunin und die einige Menschen dazu veranlasste ihre · Es muss ein Raum bereitgestellt Antiautoritäre Internationale. Schichten nicht anzutreten. werden, in dem generelle Probleme, Fragen und Anregungen diskutiert · Die IFA erschien durch mangelnde · Alleine der Versuch, eine gemeinsa- werden können und gleichzeitig so Transparenz und Kommunika t ion me Abschlussresolution zu verfassen viele Menschen die Möglichkeit der nach außen bei großen Teilen der wurde kritisiert. Selbst wenn eine sol- Teilnahme und Partizipation besitzen Teilnehmer*innen als alleinige Orga- che zustanden gekommen wäre, hätte wie möglich. Dazu würden sich tägli- nisatorin. Ebenfalls wurde nicht klar, sie – ihrer Außenwahrnehmung zum che „Orga-Plena“, die offen für alle sind dass der IFA-Kongress unabhängig Trotz – nur die „großen Organisatio- anbieten, bzw. bei Treffen dieser Größe vom restlichen Welttreffen stattfand nen“ repräsentiert, da diese allein die eher Delegierten-Plena. So ein Werk- und wieso dort nur IFA-Mitglieder Möglichkeit zur Beteiligung hatten. zeug könnte auch viel mehr Menschen teilnehmen konnten. Neben der feh- zum selbstständigen Mitmachen und lenden Vermittlung wurden einzelne · Die Teilnahme der OSL (Organisati- Einbringen bewegen. Personen auf autoritäre und grobe Art on Socialiste Libertaire) am Orgako- am Betreten des Kongresses gehindert, mitte und allgemein am Treffen wurde · Die Veranstaltungen / Diskussionen ohne die Gründe dafür zu nennen was kritisiert, da sie und besonders ihre sollten – zumindest teilweise – verklei- den genannten Eindruck noch - ver „charismatische“ Führungsfigur – die nert werden, damit wirkliche Diskus- stärkte. Person die getortet wurde – in der Ver- sionen entstehen können bzw. schon gangenheit und während des Treffens darauf ausgelegt sein, d. h. beispiels- · Es gab keine eingeplanten Räumlich- mit einer Vielzahl von – der Einfach- weise nicht in Podiumsform, oder mit keiten und Zeiträume für Open Space, heit halber – unanarchistischem Ver- einem Handout anstatt eines langen, sodass viel improvisiert und bspw. halten bestochen haben. verbalen Inputs. Letzteres könnte auch draußen stattfinden musste. der Übersetzungsproblematik entge- genwirken, da der Input direkt in meh- · Der Umgang der Orga-Strukturen im · Da scheinbar sehr viele Menschen reren Sprachen verteilt werden kann. Vorfeld und während des Treffens in- aus Berlin vor Ort waren, war es scha- · Am Sprachproblem muss allgemein

32  SEPTEMBER dringend gearbeitet werden, ange- Charakters des Anarchismus wegen sierte Veranstaltungen, Treffen, Work- fangen mit einer besseren Kommuni- Menschen zur Diskussion zu bewegen, shops oder Vernetzungen eingeplant kation darüber auf welcher Sprache, die sich einfach nicht verstehen. Das und vor Ort auch flexibler gehandhabt welche Veranstaltung ist; bis hin zu ei- schürt nur Unzufriedenheit und Frus- werden. nem pragmatischeren Umgang. Wenn tration bei denen, deren Sprachfähig- bspw. deutlich wird, dass unter den keiten in dem Moment zufällig in der · Awareness-Konzept(e) und Safer Teilnehmer*innen einer Veranstaltung Minderheit sind. Spaces müssen schon in der Planung extreme Sprachbarrieren herrschen berücksichtigt, vorbereitet und kom- und auch keine angemessene Überset- · Es sollte schon ein Rahmenprogramm muniziert werden. All das nützt we- zung geleistet werden kann, wäre es geben, dieses sollte jedoch nicht jegli- nig, wenn nur wenige wissen das so zu überlegen die Diskussion bewusst che Infrastruktur und Zeit schon im etwas existiert und noch weniger sich nach den einzelnen Sprachfertigkei- Vorfeld in Anspruch nehmen. Es muss mit der Idee und dem Konzept dahin- ten aufzuteilen und nicht zwanghaft bereits in der Planung genügend Raum ter beschäftigt haben und diese aktiv zu versuchen, des internationalen und Zeit für spontane, selbstorgani- oder passiv unterstützen.

NAZIS AUS DER DECKUNG HOLEN! North East Antifascists

er 64-jährige Arnulf Priem war gur und stärkten seine Kontakte ins einer der zentralen Akteure neonazistische Terror-Milieu. So un- Dund Aufbauhelfer neofaschisti- terstützte er beispielsweise Anfang der scher Strukturen in den letzten Jahr- 1990er Jahre die Pogrome in Hoyers- zehnten in der Bundesrepublik. Er ist werda und Rostock und erhoffte sich Gründer und Unterstützer zahlreicher dadurch eine neue „deutsche Revoluti- Kameradschaften, Neonazi-Parteien on“. An der Vorbereitung und Durch- und diverser rechtsterroristischer führung der rassistischen Angriffe in Gruppen. In diesem Zusammenhang Rostock war er aktiv beteiligt, das Po- hat er in den vergangenen 40 Jahren grom 1991 in Hoyerswerda bezeichnete zahlreiche Neonazis ideologisch ge- er gar als „Selbstreinigungsprozess des schult. Mittels völkisch-rassistischer deutschen Volkes“. Propaganda suchte er Kontakt, vor al- Die Vorliebe für rechte Hetze und die lem zu Jugendlichen, um diese in sei- Bedrohung von Menschen ist bis heute nen Bann eines faschistischen Reiches geblieben. Nach einer Zeit der relati- zu ziehen. Nicht wenige seiner Zöglin- ven Passivität trat Priem 2011 als Red- ge erlangten später traurige Berühmt- ner auf einer Neonazidemonstration heit. So gilt er als politischer Ziehvater in Hamm (NRW) auf. Im Juni dieses der Mörder von Dieter Eich, welcher Jahres bedrohte er einen Nachbarn in zu setzen. Wir rufen darum für den im Jahr 2000 von vier Neonazis in Ber- seinem Haus in der Siemensstraße in 14. September 2012 zur antifaschisti- lin-Pankow getötet wurde. Auch den Moabit mit einer Schusswaffe. Für uns schen Demonstration in Moabit auf. Polizisten-Mörder Kay Diesner unter- Grund genug, ihn aus der Anonymität Wir stellen die Demonstration in den wies er regelmäßig in seiner damali- zu reißen! Rahmen der Kampagnen „Niemand ist gen Wohnung in Berlin-Wedding. vergessen!“ und „Rassismus tötet!“, die Angesichts des 20. Jahrestages der Pog- das Gedenken an Dieter Eich und die Zahlreiche illegale Aktionen, der rome von Rostock und der Debatte um Opfer der Pogrome der 90er wach hal- Handel mit Militaria-Bedarf und die den Terror des Nationalsozialistischen ten wollen. „Erziehung“ des militanten rechten Untergrunds (NSU) erachten wir es als Nachwuchses machten ihn bei Ost- wichtig, den Wegbereitern des rech- Kein Kiez für Nazis! Neonazis zur populären Führungsfi- ten Terrors unseren Protest entgegen Arnulf Priem? Halt’s Maul!

 33 TATTOO CIRCUS BERLIN

attoo-Circus ist ein nach den Euro geht an Strukturen, die Gefange- Grundsätzen des Do-It-Yourself ne und den Anti-Knast-Kampf unter- TPrinzips organisiertes Festi- stützen. Information über die Fälle der val gegen Repression und Knast und einzelnen Genoss*innen werden wäh- für die Unterstützung Gefangener. rend des Tattoo-Circus bereitgestellt. Obwohl dieses Jahr zum ersten Mal Der Tattoo-Circus will sich aber nicht ein Tattoo-Circus in Berlin veranstal- lediglich auf die Tattoo-Kultur be- tet wird, ist die Idee nicht neu! Nach- schränken! Es wird ein vielschichtiges dem der erste Tattoo-Circus 2007 in Programm vorbereitet, dass sich auf Rom stattfand, griffen Aktivist*innen unterschiedliche Weise mit den The- aus Barcelona, London, Thessalo- men Knast und Repression beschäftigt niki und Zaragoza (um nur einige und zum Mitmachen einlädt. So wird Städte zu nennen) das Konzept auf. es Vorträge, Workshops, Lesungen, Mittlerweile haben Tausende daran Ausstellungen, Infos zu Gefangenen, teilgenommen und blicken heute auf eine Gefangenenpost- Ecke, sowie das einen Fleck ihres Körpers, mit dem erste Anti-Knast-Filmfestival geben. sie damals diejenigen unterstütz- Für den Unterhaltungsfaktor wer- ten, die nicht unter uns sein dürfen. den Performances, Theater, Konzer- Die Idee hinter dieser Soli-Veran- te sowie Essen und Bar organisiert. staltung ist, eine Schnittstelle zwi- Wir laden alle herzlich dazu ein, schen Selbst-Expression und poli- sich zu beteiligen, zu helfen und die- unterstützen, die gegen Knast und tischem Engagement zu schaffen. ses Projekt zu bereichern. Denn die dessen System kämpfen. Durch euren Während des Tattoo-Circus wird ein Stärke unseres Widerstandes be- Konsum auf dem Festival, sowie Täto- Raum entstehen, in dem die Tattoo- misst sich auch an der Solidarität zu wierungen, Piercings, etc werden alle Kultur und der Kampf gegen Knast unseren inhaftierten Genoss*innen! eure Spenden direkt in diesen Kampf und Repression zusammenkommen. Für eine Gesellschaft ohne Knäste und fließen und Genoss*innen hinter Git- Verschiedene Tattoo-Künstle*Innen Repression! Für eine Welt ohne Herr- tern unterstützen. Hierzu hast du die stellen ihre Zeit, Erfahrung, Kreativi- schaft! Gelegenheit, dir drei Tage von erfah- tät und so viel Tinte wie möglich zur renen Tätowierer*innen, die unsere Verfügung um diese Kämpfe zu un- Der Vorbereitungskreis hohen Hygienestandards erfüllen, ei- terstützen und zu einem Teil davon zu nes ihrer Kunstwerke auf den Körper werden. Das Prinzip des Tattoo-Circus Wie bekomme ich ein Tattoo / stechen zu lassen. ist es, dass niemand persönlich an die- Piercing ser Veranstaltung verdient, weder die Tattoowierer*innen oder Piercer*innen Die Idee des Tattoo-Circus ist, ein Wie wird es nun auf dem noch die Bands, Referent*innen oder Anti-Knast Festival zur Vernetzung, Festival aussehen? Performer*innen arbeiten für ihren ei- Information und Verbreitung des Anti- genen Profit. Alle Unterstützer*innen Knast Kampfes zu machen, welches · D u solltest ein Bild mitbringen, das stellen ihre Fähigkeiten, Energien unkommerziell organisiert ist, nach du tätowiert haben möchtest. Natür- und Ressourcen aus Überzeugung den Prinzipien von solidarischem Han- lich kann der*die Künstler*in einige und Solidarität bereit, mit dem Be- deln und Miteinander. Das bedeutet, Details ändern oder seinen*ihren wusstsein, dass die kompletten Erlö- dass sich alle, die an dem Tattoo-Cir- Style mit einbringen, aber für lange se denen zu Gute kommen, die ent- cus in irgendeiner Weise beteiligt sind Zeichenstunden wird leider keine schlossen gegen Staat und Kapital (Artists, Bar-, Security-, Putzschichten, Zeit sein. kämpfen. Anders als bei conventions Orga-Crew, etc) ihre Zeit und Ener- findet der Tattoo-Circus in einer- At gie nicht „bezahlen“ lassen, nach - ei · D as Bild sollte in ca. 3 Stunden stech- mosphäre statt, die nicht konkurrenz- ner kapitalistischen Verbrauchslogik, bar sein betont, kommerziell oder elitär ist. sondern für ein gemeinsames Projekt Indem Solidarität und Zusammen- geben. · A uf dem Festival werden Listen aus- handeln an erster Stelle stehen, helfen hängen, in die ihr euch eintragt. Also wir denjenigen, die für eine andere Welt Wir möchten mit dem Tattoo-Circus kommt zahlreich und zeitig! kämpfen und diese verteidigen. Jeder existierende Gruppen und Strukturen

34  SEPTEMBER

· D ie Künstler*innen werden jeden Tag wir die Türen und nicht fertiggestell- Auch erfahrene Piercer*innen werden (Freitag bis Sonntag) von 11:00-22:00 te Tattoos müssen am nächsten Tag euch zur Verfügung stehen. Komm für euch da sein. Um 22:00 schließen weiter gestochen werden vorbei und lass dich überraschen!

WIE ICH EINMAL IN DER TRISTEZA AN EINER PODIUMSDISKUSSION TEILNAHM Stanley Beamish (Anarchistische Föderation Berlin)

Am 20.9.12 lud die ANA (Autonome ten detailliert anzuführen. Jedenfalls wir Freigetränke hatten und es Cider Neuköllner Antifa) zu einer Podiums- machten wir deutlich, dass wir die vom Fass gab, langte ich ordentlich zu; diskussion unter dem Titel „Wege und Selbstorganisation in allen Lebensbe- also musste ich irgendwann saudrin- Ziele-Anarchismus oder Kommunis- reichen voranbringen wollen, die dann gend und kam gerade noch rechtzeitig, mus?“ in die Tristeza, einer „linken“ irgendwann die jetzigen Herrschafts- um die Frage nach dem Mensch-Tier- Kneipe in Berlin-Neukölln. strukturen ersetzen soll, dass wir den Verhältnis zu beantworten. Klassenkampf bejahen und dass wir Mit „Kommunismus“ meinten sie na- eine Organisation von entschiedenen Ins Schlingern kam ich nur, als ich- un türlich Marxismus. Ich sollte für die Revolutionär_innen befürworten, die seren bzw. meinen Freiheitsbegriff be- A FB (A na rchistische Föderation Berl i n) aber niemals eine Avantgarde sein antworten sollte- peinlich, daran muss sprechen. Außer mir waren auf dem darf. ich arbeiten. Zumindest hab ich - an Podium jemand vom Forum deutsch- deuten können, daß schon Marx selbst sprachiger Anarchistinnen (FdA), zu Was mundus magenta vortrug, war unglaublich autoritär war und nicht dem die AFB ja auch gehört, Detlev dafür, dass es marxistisch war ganz erst Lenin, Stalin und Mao (Wolfgang Georgia Schulze von der trotzkisti- okay, klare Ablehnung von Lenin usw., Eckharts Bücher zum Konflikt in der 1. schen (also eigentlich leninistischen) ließ mich aber auch relativ kalt, ich Internationale sind da sehr aufschluß- „Sozalistischen Initiative Berlin (SIB)“ mach mir nunmal nichts aus Religion, reich). Ich konnte mich bis heute nicht sowie eine Vertreterin von „mundus auch nicht wenn Marx ihr Stifter ist. überwinden, den Podcast der Veran- magenta“, einer Fakegruppe. Ihre ei- Detlev Georgia (SIB) erzählte irgend- staltung anzuhören (www.official.fm/ gentliche Gruppe sollte aus Angst vor ein Leninzeug, was mir natürlich nicht tracks/UHJ5). Repression nicht genannt werden, da- sehr gefiel, auch wenn einige interes- mit sie sich freier äußern kann. Als sante strategische Überlegungen dabei Ich fand den Abend sehr anstrengend, erstes sollten alle vier Diskutant*innen waren. Die Tristeza war brechend voll auch wenn es für das Publikum sicher jeweils ein paar Minuten ihre Positio- (ca. 150 Leute). Nach meiner Erfahrung unterhaltsam war und der Cider super nen vortragen; danach wurden von der bringen Podiumsdiskussionen we- schmeckte. Bei einer Podiumsdiskus- ANA-Moderation, später dann vom nig bis keinen Erkenntnisgewinn. Ich sion wird nicht wirklich miteinan- Publikum Fragen formuliert, auf die nahm also alles eher als Showveran- der diskutiert, sondern um die Gunst wir nacheinander antworteten. staltung (daher ist dieser Bericht auch des Publikums gestritten. Mit dem nicht zu ernst gehalten) und schaffte es Marxismus kann ich nun genausowe- Gleich zu Beginn machte ich klar, dass ganz gut, das Publikum mit bildhafter nig anfangen wie zuvor. Dass Detlev ich nur für mich spreche, mit Verweis Sprache, Alltagsbeispielen und einigen Georgia durch unsere Argumente auf unser Organisationskonzept (syn- manipulativen Einflechtungen auf -un sonderlich bewegt wurde, glaube ich thetische, also strömungsübergreifen- sere Seite zu ziehen. Ich bemühte mich, auch nicht, aber „mundus magenta“ de Föderation). Dennoch erzählte mein die irrsinnige Verwechslung von Mar- wirkte interessiert. Ich werd ihr mal FdA-Genosse ganz ähnliche Sachen xismus mit Kommunismus aufzuklä- Berkmans „ABC des Anarchismus“ wie ich bzw. wie ergänzten uns. Unter ren, führte Berkman und Kropotkin vorbeibringen. Schließlich sind viele anderem wurde nach unserer Strategie als Vertreter des anarchistischen Kom- in unserer Bewegung irgendwann mal gefragt, nach unserem Verhältnis zur munismus an. Bei „mundus magenta“ marxistisch gewesen … Klassenfrage, nach dem Verhältnis zu kam raus, dass sie fast nichts über An- Tieren und zur „Natur“. Es würde hier archismus wusste; inwieweit mich das zu weit führen, alle unsere Antwor- Publikum verstand, weiß ich nicht. Da

 35 36  OKTOBER

sich so aus der – sei sie gut oder böse gemeinten – Verwaltung des Flücht- WEHE, WENN SIE lingselends zu lösen.

Zu dem radikalen Willen der Streiken- LOSGELASSEN den, sich nicht mehr abspeisen zu las- Über weitgehende Selbst­ und Basisorganisation sen, kam ab Februar eine gute Orga- im aktuellen Flüchtlingsprotest nisationsarbeit, die ohne hierarchische Strukturen auskam. Häufig wurde in S.L. diesem Zusammenhang auf die poli- tische Sozialisation der Initiatoren des Vorwort der Redaktion: einem Flüchtlingslager in der Ober- Protestes in der iranischen „grünen Wir dokumentieren hier einen Artikel, pfalz, protestierte in der Regensburger Revolution“ 2009 verwiesen. Teilweise der für die anarchistische Monatszeit- Innenstadt und ist von Würzburg nach kaum älter als 20 Jahre, haben viele schrift Gaidao geschrieben wurde. Die Berlin gelaufen. „Es muss sich endlich einen anarchistischen oder kommunis- Gaidao, die auch in Berlin entsteht, ist etwas tun!“, fordert er. Abschaffung tischen Hintergrund, manche kannten die Zeitung des Forums deutschsprachi- des Lagersystems, Ende der Residenz- sich bereits aus der Gefangenschaft im ger Anarchist*innen (FdA), zu dem in pflicht, Arbeitserlaubnis und Stopp der Iran. Plena stehen und standen immer Berlin die AFB mitsamt ihrer Mitglieds- Abschiebungen lauten weiterhin die auf der Tagesordnung. Unverzichtba- gruppen gehört. zentralen Forderungen. re Unterstützung kam den in den La- gern Isolierten zudem „von außen“ zu: Obwohl wir nicht den Eindruck - ver Nur wenn mit der Präsenz in Presse, Vor allem von Einzelpersonen, die die mitteln möchten, dies wäre ein Protest, Funk und Fernsehen schon etwas ge- Asylbewerber *innen teilweise mona- der im bedeutenden Maße von anar- wonnen wäre, ließe sich der Flücht- telang unterstützten. chistischen Kreisen geprägt gewesen lingsprotest in Deutschland 2012 be- ist, so wissen wir doch von sehr vielen reits als großer Erfolg bezeichnen. „Die Die gelungene Selbstorganisation Anarchist*innen aus der Stadt, die sich Journalisten in Deutschland fragen macht die neue Qualität des Protes- individuell (oder im Rahmen kleinerer und schreiben immer viel“, spöttelt tes aus. Da ist plötzlich ein Aufschrei, Bezugsgruppen) stark eingebracht ha- etwa Hassan Osman Jeger, Flüchtling der weder symbolisch noch repräsen- ben, zum Beispiel bei der Übernahme aus dem Irak, der ebenfalls an dem tativ noch demonstrativ ist, nicht auf nächtlicher Schutzschichten am - Orani Protestmarsch teilnahm, „aber wann etwas oder jemand anderes verweist, enplatz. ändert sich etwas in der Politik?“ Ne- sondern auf das Leid der Aufschrei- ben Tagesspiegel, zeit.de, Frankfurter enden selbst. Gerade jedoch weil der Nur wenige Meter neben der vielbefah- Rundschau oder Süddeutsche berichte- Protest anders entstanden ist als die renen Oranienstraße stehen im Berli- ten auch stern.de, Welt oder B.Z. wohl- üblichen symbolischen Protestformen ner Herbstwetter die großen, weißen wollend bis neutral über den Protest- von DGB bis Greenpeace, drohte ihm Zelte der Flüchtlinge. Wie Mahnmale, marsch. Im Radio unter anderem der von Beginn an, im Keim erstickt zu dass noch keine echten Verbesserungen Deutschlandfunk, im Fernsehen Tages- werden. Nur extreme Hartnäckigkeit erreicht wurden, dass die Protestieren- schau, frontal21, 3sat oder die Deutsche und Kühnheit ermöglichten das stetige den noch immer auf der Flucht sind, Welle. Nicht zuletzt dieses Medienecho Wachstum des Protests. noch immer angewiesen auf Spen- unterscheidet den aktuellen von vorhe- den und Unterstützung, weiterhin im rigen Protesten, bei denen normaler- Anfänge in Würzburg Kampf um ein selbstbestimmtes Leben. weise bei der taz Schluss war. Am Anfang war der Streik eine di- Der 28jährige Omid Moradian will Auch wenn die Demo zum Bundestag rekte Antwort auf den Selbstmord endlich konkrete Verbesserungen -er mit 3000 bis 6000 Teilnehmer*innen die Mohammad Rahsepars am 29. Januar reichen: „Wir protestieren schon seit bisher größte dieser Art in Deutsch- 2012 in der „Gemeinschaftsunterkunft sieben Monaten, wir können nicht land gewesen sein dürfte, lässt sich die (GU)“ Würzburg. Nur wenige Tage sieben weitere Monate auf der Stra- neue Qualität des Protestes nicht allein nach dem Suizid traten über hun- ße bleiben“, sagt er am Rande einer an der Zahl der Teilnehmer*innen fest- dert Asylbewerber*innen in eine Art abendlichen Infoveranstaltung in machen. Denn anders als in der Ver- Hungerstreik und verweigerten die Berlin. Nach einem langen Tag voller gangenheit ist es ab Februar 2012 einer vorgeschriebenen Essenspakete. Die Plena, Planungen und Diskussionen Gruppe von Flüchtlingen gelungen, in Flüchtlinge verfassten sodann einen wirkt er müde. Er hat im Iran ge- eigener Sache zu sprechen, eigene, -ra Aufruf mit der Bitte um Solidarität, kämpft, verbrachte fast drei Jahre in dikale Protestformen zu wählen und worauf Unterstützer*innen Autos voll

 37 tagsspaziergänger wurde dem Protest Als sich bis zu sieben hungerstreiken- unterstellt, von Hintermännern ge- de Flüchtlinge Anfang Juni außerdem steuert zu werden. „Der Würzburger die Münder zunähten – „es gibt nichts Ausländerbeirat vermisste Klarheit mehr zu sagen, es wurde alles gesagt“, über die Organisatoren der Demons- schrieben sie – sorgte das für weitere tration“, berichtete die Mainpost. Und hastige Distanzierungen. Die grund- im Bayerischen Rundfunk behaupte- sätzlich solidarische grüne Landtags- te die Heimcafé-Leiterin Eva Peteler: abgeordnete Simone Tolle etwa kri- „Den meisten Flüchtlingen sind weder tisierte in einem offenen Brief, damit die Initiatoren dieser Demonstration sei „eine Grenze überschritten“, auch bekannt, noch ihre Forderungen und der Bayerische Flüchtlingsrat und die Ziele. Deshalb distanzieren sich viele Internationale Föderation Iranischer heute und sagen: Was ich nicht kenne, Flüchtlinge (IFIR) verurteilten die Pro- kann ich nicht unterstützen!" testform. „Besorgt, wohin die Eskala- tion treiben würde“ waren laut einer Zu ungeheuerlich war wohl der Ge- Stellungnahme auch Pro Asyl, die den danke, dass tatsächlich einmal - ei Protest aber ohnehin schon monate- nige Flüchtlinge als Individuen ihre lang ignorierten. Michael Koch vom eigene Protestform und ihre eigenen Freundeskreis für ausländische Flücht- Verbündeten gewählt haben könnten. linge in Unterfranken behauptete, die Obwohl es gerade individuelle Kraft- Aktion mache „die Arbeit kaputt, die mit Lebensmitteln in die Unterkunft anstrengungen inner- und außerhalb hier seit Jahren für sie betrieben wird“ brachten. „Dadurch fanden Flüchtlinge der GU waren, die die Demo jenseits und sei „von vornherein egoistisch an- und nicht-organisierte Aktivisten in von Pro Asyl, kirchlichen oder kari- gelegt“ gewesen. Würzburg zum ersten Mal in größe- tativen Einrichtungen ermöglichten, rem Maßstab zusammen“, erzählt eine wurden wahnhaft versteckte Organi- Wie durch ein Wunder gelang es den Würzburger Aktivistin. Geldspenden, satoren im Hintergrund halluziniert. Protestierenden trotz aller Widrigkei- Sachspenden, juristische und organisa- Als rund einen Monat später, am 19. ten, ein halbes Jahr, bis September, im torische Hilfen wurden für den Protest März, zehn iranische Flüchtlinge in Zelt auszuharren. Die Aktion wurde gesammelt. einem Zelt mitten in der Würzburger im Lauf der Zeit Vorbild für ähnliche Innenstadt in den Hungerstreik traten Proteste in Düsseldorf, Osnabrück, Dass diese neuen Kontakte in die tra- – nicht einmal das Zelt wurde gespen- Aub, Regensburg, Bamberg, Berlin, ditionell kleine politische Szene Würz- det, sondern musste gekauft werden –, Nürnberg und Passau. Am 8. Septem- burgs für die Zukunft wichtig sein soll- zeigten sich die gleichen Reflexe. „Das ber starteten die Flüchtlinge schließ- ten, zeigte sich nur wenige Tage später, alles findet sehr im Verborgenen statt. lich den Fußmarsch von Würzburg als Flüchtlinge eine explizit politische Man weiß nicht, wer dort mit welchen nach Berlin. Demo organisieren wollten, dabei Zielen operiert“, äußerte sich die schon aber auf heftigen Gegenwind stießen. zitierte Heimcafé-Leiterin in der Lo- Auf dem Marsch „Diese Demonstration war im übrigen kalpresse. diejenige“, schrieb GU-Bewohner und Auch mit dieser Aktion, die sich kei- Journalist Arash Zehforoush, „welche Je länger das Zelt danach stand, des- ne PR-Agentur besser hätte ausden- seitens einiger der ‘sozial Engagierten’ to mehr wurde der Flüchtlingsprotest ken können, spielten die Flüchtlinge nicht nur boykottiert, sondern auch durch Stadt und Polizei mit teils absur- im Grunde ihr eigenes Spiel. Dadurch massivst sabotiert wurde“. den Auflagen mit noch absurderen Be- konnten sie entlegene Lager passieren, gründungen gegängelt: Nächtigungs- sich mit Leidensgenossen austauschen „Zu politisch“, „zu ideologisch“, „welt- verbot, Verbot des Heizens, Offen ha lten und sich konkret etwas von der Frei- anschaulich nicht auf neutralem Bo- des Pavillons, Beschränkung auf ein heit nehmen, die ihnen durch Lage- den“, „Instrumentalisierung“ des Bett, etc. Die Aktivist*innen zogen runterbringung, Essenspakete und Suizids von Rahsepar waren die gegen die Stadt Würzburg bis vor den Residenzpflicht monate- und jahrelang Stichworte, mit denen die erste Demo Verwaltungsgerichtshof in München. genommen war. am 13. Februar diskreditiert wurde. Anwaltsgebühren und Gerichtskosten Von Seiten des in der Gemeinschafts- im vierstelligen Bereich hätten den Wie die Helfer*innen in Würzburg unterkunft ehrenamtlich geführten Protest damals mehr als einmal an nicht glauben konnten, dass ihr Zelt Heimcafés, des Würzburger Auslän- den Rand des Scheiterns gebracht, be- länger als einige Wochen in der Fuß- derbeirats oder der Würzburger Mon- richten Helfer*innen. gängerzone stehen würde, war auch

38  OKTOBER der Marsch nach Berlin jedoch eine- un schon erwähnte große Demo, die vom absehbare Angelegenheit. Würde ein Camp am Oranienplatz vor den Bun- BUCH DES massenhafter und bewusster Verstoß destag führte. Nur zwei Tage darauf gegen die Residenzpflicht nicht sofort besetzten Flüchtlinge die nigerianische von der Polizei unterbunden werden? Botschaft, um gegen Abschiebungen JAHRES 2012 Die bayerisch-thüringische Grenze zu demonstrieren. Mehr als 20 Men- überquerten die Flüchtlinge aber nicht schen wurden verhaftet, einige durch Bibliothek der Freien bloß unbehelligt, sondern zerrissen die Polizei verletzt. Daraufhin folgten auch noch in einer spontanen Aktion in nur einer Stunde 500 Menschen ei- ihre Aufenthaltspapiere vor den Ka- nem Online-Aufruf und machten eine ls ›Buch des Jahres 2012‹ meras. Demo zur Gefangenensammelstelle. wurde prämiert: Jan-Christoph Versuche der Polizei, die Spontandemo AHauschild: B. TRAVEN – DIE Die Entschlossenheit, sich nichts mehr aufzuhalten, scheiterten. UNBEKANNTEN JAHRE. gefallen zu lassen und die Dinge selbst in Edition Voldemeer / Springer, Zürich / die Hand zu nehmen, äußerte sich auch Dass die Ankunft in Berlin-Kreuzberg Wien / New York 2012, 696 S., ISBN: während des vierwöchigen Marsches. aber auch neue Herausforderungen 978-3-7091–1154-3, 38.86€ Verlags- Wurden NPD-Plakate an Straßenlater- mit sich bringen würde, war vielen Präsentation nen entdeckt, wurden sie ohne Zögern Teilnehmer*innen schon während des abgerissen. Tauchten, wie am Erfurter Marsches klar, da viele neue Flüchtlin- Im Herbst jeden Jahres verleiht die Landtag, NPD-Anhänger*innen auf, ge und Supporter*innen hinzukommen ›Bibliothek der Freien‹ gegebenen- entriss man ihnen unter „Haut ab!“- würden. Tatsächlich zeigten sich viele falls einer oder mehreren Neuer- Rufen ihre Transparente und gestaltete der Flüchtlinge, die den Protestmarsch scheinungen die Auszeichnung Buch diese kreativ um. mitgemacht haben, nach einiger Zeit des Jahres, womit auf exzellente (vor mit der Situation am Oranienplatz un- allem deutschsprachige) Publikatio- Der Protestmarsch selbst wurde so zufrieden. Man habe sich dort zu dau- nen zu einem anarchistischen Thema weit wie möglich gemeinschaftlich und erhaft, zu gemütlich eingerichtet und aufmerksam gemacht werden soll. in wenigen Wochen organisiert. Im treibe den Protest nicht konsequent Zu den Beurteilungs-Kriterien ge- Vorfeld fuhren zwei Flüchtlinge die 600 genug voran, meint etwa der 22jähri- hören die wesentliche Vermehrung Kilometer lange Strecke mit dem Fahr- ge Ali Reza Mirzai: „Wir können und des Wissensstands zum jeweiligen rad ab, über ein Unterstützernetzwerk wollen nicht mehr monatelang am Themenkomplex, sorgfältige Ausfüh- wurden anschließend Übernachtungs- Lagerfeuer auf eine Verbesserung un- rung in Druck und Layout sowie be- möglichkeiten organisiert. Während serer Lage warten“, sagt er. Und fügt sondere Recherchequalität, Origina- des Fußmarsches gab es täglich zwei hinzu: „Das Zeltlager in Kreuzberg ist lität und Internationalität, wodurch Plena: Eines für die Helfer*innen, die immer noch ein Lager, nur eben eines der Publikation insgesamt bleibender Verköstigung, Nachtlager und Schutz von den Flüchtlingen selbst“. Wert zukommt. Die Auflagenhöhe vor Nazis organisierten und ein großes spielt für die Prämierung keine Rolle. Plenum aller Beteiligten am Abend. Deshalb sind er, Omid Moradian, Has- Die Auszeichnung Buch des Jahres ist san Osman Jeger und rund 20 andere ein ideeller Preis. Die Auswahl erfolgt Ähnlich wie in der Würzburger Innen- Asylbewerber*innen am 24. Oktober in durch die ›Bibliothek der Freien‹. Eine s t a d t h i e l t e n s i ch d i e U n t e r s t ü t z e r * i n n en den unbefristeten Hungerstreik getre- eigene Ausschreibung findet nicht auch auf dem Marsch im Hinter- ten. Kurz vor Redaktionsschluss haben statt, Vorschläge werden jedoch gern grund. So war es für Journalist*innen sie ihr Zelt mit dem Mut der Verzweif- per E-Mail entgegengenommen. etwa sehr schwierig, eine „Stimme“ lung direkt vor dem Brandenburger der deutschen Helfer*innen zu be- Tor aufgeschlagen. Dass es ab diesem kommen. Konsequent wurde darauf Zeitpunkt zwei Flüchtlingscamps in verwiesen, dass dies der Streik der Berlin geben wird, soll aber nicht als Asylbewerber*innen sei und man mit Spaltung des Protestes verstanden ihnen selbst zu sprechen habe. werden, wird von allen Seiten betont. Stattdessen sprechen Aktivist*innen Neuer Hungerstreik in Berlin von „zwei Taktiken“. Die beiden Zelt- gruppen blieben sich solidarisch ver- Nach der euphorisch gefeierten - An bunden. kunft in Berlin am 5. Oktober wurden in wenigen Wochen eine Reihe von Aktionen durchgeführt. Als erstes die

 39 vorhanden wäre. Viele Dinge würden P.M.; KARTOFFELN UND sich von allein erledigen, die uns jetzt noch hindern. Ziehen wir in unserem Leben eine gewisse Konsequenz, erüb- COMPUTER. rigen sich automatisch einige überflüs- sige Dinge, die jetzt u.a. noch eher dem MÄRKTE DURCH GEMEIN- Neidfaktor zum Opfer fallen würden. Und so pochte P.M. auch immer - da rauf, dass soziale Experimente nicht SCHAFTEN ERSETZEN in irgendwelchen Exklaven stattfin- den zum Wohle von Sozialstudien (die Jochen Knoblauch letztlich niemanden interessieren). Je mehr sich Anarchist*innen – oder wie .M.; Kartoffeln und Computer. Watt pro Person, das wäre mit einigen auch immer sie sich heute nennen wol- Märkte durch Gemeinschaften Einschränkungen verbunden – aber len – sich in der Mitte der Gesellschaft Persetzen. Reihe: Nautilus Flug- welche Einsparmaßnahme wäre dies bewegen, und über ihre sozialen Vor- schrift. Edition Nautilus, Hamburg nicht? Wenn wir über unsere Verhält- stellungen nicht mehr nur reden und/ 2012, 76 S., 6,90 Euro (auch als E-Book nisse leben, dann gilt es im Sinne der oder theoretisieren, sondern sie auch erhältlich) Gerechtigkeit entsprechend abzugeben. vorleben, können wir nachhaltig Ver- In der 1.000 Watt-Gesellschaft hätte je- änderungen erreichen. Eben: Märkte Der Schweizer Autor P.M., dessen der Mensch von uns einen „Anspruch“ durch Gemeinschaften ersetzen. Ein Bücher jetzt in der Hamburger Editi- auf 20 qm beheizter Wohnfläche, ca. guter Schritt vorwärts. on Nautilus ercheinen, legt im Herbst 2.000 km Bahnfahrt, 12.000 Km Schiffs- gleich zwei Neuerscheinungen vor. reise und 18 Kg Fleisch im Jahr, sowie P. M. hat diesen unverbesserlichen Op- Seinem Rhythmus, abwechselnd Sach- 70 Liter Wasser und eine Zeitung pro timismus. Und diese Leichtigkeit trägt buch und Roman zu schreiben, bleibt 10 Menschen am Tag. Aber vor allem: auch diese kleine, effiziente Schrift. er treu. Verzicht auf ein Privatauto sowie auf Gut geeignet zum Verschenken und Flugreisen. Für den individualisierten zum Selberlesen, wenn einen mal Mü- Irgendwie macht sich in der libertären Haushalt mag das eine recht radikale digkeit überkommen sollte, oder Du Szene ein Optimismus breit, der Glau- Einschränkung sein, aber für ein kol- noch neugierig genug darauf bist, aus ben macht, dass das ständige Gerede lektives Leben beinhalten diese Zah- Träumen Wirklichkeit werden zu las- von der kapitalistischen Krise plus dem len durchaus eine erweiterte Lebens- sen. Aufkommen aktionistischer Grup- qualität für alle. pen, wie etwa der Occupy-Bewegung, P.S.: Das zweite Buch von P. M. in die- zur Euphorie Anlass geben könnte. Menschen, die die P.M.-Schriften seit sem Herbst, wie oben schon erwähnt, Auch P.M., der sich seit „bolo’ bolo“ Jahrzehnten kennen, werden die dann ist der Roman „Manetti lesen oder: immer wieder mit der Überwindung folgenden Vorschläge über den Um- Vom guten Leben“, der mir leider bei kapitalistischer Unzulänglichkeiten bau der Großstädte, den Szenarien GWR-Redaktionsschluß noch nicht beschäftigt, zitiert eine BBC-Studie, des Übergangs, über Subkontinentale vorlag, aber schon in den Buchhand- nach der die meisten AnhängerInnen Zweckverbände, kulturellen Pluralis- lungen ausliegt. Vermutlich doch ein des jetzigen Systems mit gerade mal mus usw., usw. bekannt vorkommen, weiteres Leseabenteuer, welches ich 25% Befürworter*innen in den USA aber deshalb sind sie nicht weniger hoffentlich in einer der nächsten -Aus (wen wunderts?) und in Pakistan interessant und richtig. Eine wichtige gaben hier vorstellen kann. (huch!) existieren. Agitationsschrift für anderes Leben. Und wie immer bei P.M. geht es nicht, Aus: Graswurzel - revolution Nr. 372, Ein Problem ist sicherlich der Ver- die Revolution vorzubereiten, sondern Oktober 2012, brauch von Ressourcen und Energie eine Veränderung aufgrund der Not- Beilage: Libertäre in der sog. ersten Welt. Hier wird ge- wendigkeit und Vernunft. Wenn aus Buchseiten prasst, was das Zeug hält, und ver- dem Golfplatz erstmal ein Gemüsegar- hindert wird somit eine gerechtere ten geworden und die Autobahn über- Verteilung, sowie überhaupt eine Teil- wuchert von Pflanzen ist, spielt der nahme der ärmeren Regionen am all- Sportwagen keine Rolle mehr, abgese- gemeinen Wohlstand. Dazu strebt P.M. hen davon, dass der Sprit für ein der- die 1.000 Watt-Gesellschaft an. 1.000 artiges Fahrzeug so gut wie nicht mehr

40  OKTOBER

ls ich das Editorial des diesjäh- rigen Berliner anarchistischen BERLINER ANARCHISTISCHES Jahrbuchs gelesen hatte wun- derteA ich mich etwas über die doch recht euphorische Sichtweise der Re- JAHRBUCH 2011 daktion. Selbstüberschätzung? Nicht unbedingt. Seit Monaten sind auch die Jochen Knoblauch bürgerlichen Zeitungen von Süddeut- scher Zeitung oder FAZ bis zum Neuen Stadtteilgruppen getragen worden ist, nin. Eine Übersicht der letztjährigen Deutschland auf einmal mit den un- begleiten heute wieder anarchistische Veranstaltungen, anarchistische Pub- terschiedlichsten libertären Themen Prinzipien die unterschiedlichsten Pro- likationen der Berliner Verlage, Grup- bestückt: „Der unsichtbare Aufstand“, testbewegungen, ohne explizit von der penporträts usw. Stirner, Graeber, Occupy usw. Was ist anarchistischen Bewegung initiiert da bloß los? Das Interesse an „horizon- worden zu sein. Die anarchistische Auf den ersten Blick hat das Ganze was talen Hierarchien“, mehr Transparenz Idee als Selbstläufer, als Grundbedürf- von einem Rechenschaftsbericht, und, in Politik und Ökonomie ist spürbar nis. selbst wenn man dies negativ sehen auch im bürgerlichen Lager vermehrt mag, es ist nicht das Schlechteste. Eine angekommen (siehe auch „Stuttgart Das Jahrbuch hat wieder die übliche Dokumentation von strömungsüber- 21“). Alles Themen, die in den Diskus- Mischung unterschiedlichster Beiträ- greifenden Aktivitäten, die Anregun- sionen unter Anarchist*innen längst ge von Einzelpersonen und Gruppen. gen geben können, die eine Arbeits- zur Tagesordnung gehören, bzw. ihnen Die Themen und die Präsentation der und Diskussionsgrundlage bieten, die inhärent sind. Beiträge geht von Gedichten über his- weit über die Berliner Stadtgrenze hin- torische Betrachtungen bis zu den -ak ausgehen kann. Für Interessent*innen Und so, wie die libertären Gedanken tuellen Themen: Wahlen, Autorität, an der Bewegung eine nützliche Bro- von einer hierarchielosen Gesellschaft der Papst, Mieterhöhungen, Demonst- schüre und für die anarchistische Idee bereits in den 1970er Jahren in die rationen in Athen, Kommunismus bis eine gute Empfehlung. Bewegung der Bürgerinitiativen und zum Verhältnis von Marx und Baku- ORGASMUS! – DER AUFSTAND KOMMT.  A-Laden / Ralf Landmesser

lle reden vom Aufstand. in ihrer unmittelbaren Folge häufig Der heroische Mythos von Revolu- Alle? Wir nicht! kaum die Lebensbedingungen verbes- tionen und Aufständen war in der A sert und meist vielen Menschen das Vergangenheit von einer gewalthaf- Dass Aufstände kommen, kamen und Leben oder die psychische Gesundheit ten Gesellschaft geprägt, die Krieg, gingen ist unbestreitbar und unzwei- gekostet, von den massiven materiel- Schlachtengetümmel, Eroberung, - ko felhaft. Denn die Lage ist oft verzwei- len Zerstörungen von Bürgerkriegs- loniale Räuberei verherrlicht hat und felt und unerträglich. Sich erhebenden handlungen ganz zu schweigen. Das Menschen kann meistens kein Vor- seinerzeit völlig zerstörte Beirut ist ein wurf daraus gemacht werden, dass sie mahnendes Beispiel dafür. sich in ein Abenteuer mit ungewissem Ende gestürzt haben, in der Hoffnung, Dennoch schwelgen heute eine ganze durch ihre Opferbereitschaft werde am Anzahl von Menschen wieder in den Ende alles besser. Vorstellungen von gewaltsamer Re- volte, von zügellosem Aufstand oder Blicken wir uns aber die Geschehnis- von vermeintlicher Revolution. Sie se der Vergangenheit an, so sehen wir finden Aufstände geil (ohne daran fast immer, dass sich die Verhältnisse beteiligt zu sein) und geilen sind am wenig verbessert haben, ja in vielen Kampf anderer Menschen auf. Diese Fällen sogar verschlimmerten. Auf- Aufstandsfetischist*innen scheinen stände und Revolutionen haben in der aus der Geschichte kaum gelernt zu -ha Geschichte zwar Impulse gesetzt, aber ben und die Gegenwart zu ignorieren.

 41 damit auch das Weltbild ihrer Jugend aus seiner Kriegsteilnahme im grausa- und Abhängigkeitsverhältnisse auf prägte. Letztendlich führte diese ge- men Balkankrieg andere Schlüsse ge- noch niedrigerem Niveau zementiert. samtgesellschaftliche Haltung des zogen und wurde zum konsequenten Dies gilt bis auf den heutigen Tag. Helden- und Raubabenteurertums in Antimilitaristen und Pazifisten. Bis zu die Katastrophe von zwei Weltkriegen seinem Lebensende unterstützte er mit Heroisch ist auch der Kampf der - Pa und des zyninschen Hitlerismus und erheblichen Summen und seiner mora- riser Kommunard*innen in der Com- Stalinismus. Kriegskult bedeutet Füh- lischen Autorität entsprechende Bewe- mune von 1871 überliefert und ange- rerkult und Heldenkult. Dies gilt auch gungen wie zuletzt die Duchoborzen. sehen, in dem auch Anarchist*innen für revolutionäre Kriege und weitest- wie mitkämpften. Aus- gehend auch für Aufstände. Der Mythos des aufständischen Helden geblendet wird dabei jedoch regelmä- manifestierte sich innerhalb der sozia- ßig die auch nationalistischen Motive Der bekannte Anarchist Michael - Ba listischen Arbeiter*innenbewegung in dieses Kampfes, der sich ja vorwie- kunin wollte am Ende seiners Lebens der Figur des aufständischen Sklaven gend gegen die Deutsche Armee zur nur noch heldisch auf den Barrika- und Gladiatoren SPARTAKUS, der es Verteidigung von Paris richtete, die den sterben, was ihm tragisch-grotesk z eit wei se m it sei nen M it k ä mpfer*i n nen im Krieg von 1871 vor Paris stand mißlang, nicht ohne einer Reihe von schaffte, das Römische Imperium an und erst sekundär gegen die royalis- Genossen das Leben zu kosten, die sei- den Rand des Zusammenbruchs zu tische Französische Armee, der das ne Flucht aus Italien deckten. Er, der bringen. Der Aufstand gegen das deutsche Oberkommando „großzü- vom revolutionären Arzt und Schrift- Sklavendasein wurde zum Mythos gig“ freie Hand zur Unterwerfung der steller Fritz Brupbacher (CH) als „Sa- der Arbeiterbewegung und klassifi- Communards gab und hierzu sogar tan der Revolte“ charakterisiert wur- zierte den aufständischen Arbeiter französische Gefangene freiließ und de, stammte aus der militaristischen als Soldaten der Revolution. Genau so Korridore zum Einmarsch der Franzö- Tradition des russischen Adels und wurde er dann auch von den führen- sischen Armee öffnete. Große Teile von war ebenso wie Tolstoi Offizier in der den Cliquen und Parteien betrachtet Paris wurden damals zerstört, tausen- zaristischen Armee gewesen. Als Ar- und als Menschenmaterial gegen den de Communard*innen starben und tilleriekommandant stand er 1848 mit absolutistischen und kapitalistischen die Deutschen konnten ihre Hände dem späteren Nationalisten und An- Feind eingesetzt, auf dessen Seite wie- in Unschuld waschen, denn es waren tisemiten Richard Wagner in Dresden derum loyale Sklaven und Arbeiter ja Franzosen die Paris unterwarfen. auf den Barrikaden und wurde dafür standen. Die untere Klasse massak- Der Kampf der Münchener zum Tode verurteilt. Immer wieder in rierte sich in unschöner Regelmäßig- Kommunard*innen von 1919 war im seinem Leben plante er Aufstände und keit gegenseitig als Verfügungsmasse übrigen nicht weniger heroisch, nur Umstürze, von denen keiner gelang. der Herrschenden jedweder Couleur. dass die Sozialdemokraten damals Leo Tolstoi, ebenfalls russischer Ade- Schaut mensch sich jedoch historisch- die reaktionärsten Teile der deutschen liger und ebenfalls als anarchistischer kritisch die wirklichen Gründe für die Weltkriegsarmee auf die Münchener Theoretiker angesehen, hatte hingegen Abschaffung des Sklaventums an, so Räterepublik warfen, ebenso wie we- waren sie vorwiegend wirtschaftlicher nig später 1920 auf das Ruhrgebiet. Natur. Tatsächlich hatte die Befrei- ung der Sklaven nicht unbedingt ihre Heroisiert wird auch der Kampf der wirkliche Freiheit zur Folge, sondern Partisan*innen – v.a. jener im Zweiten häufig eine noch tiefere Abhängigkeit Weltkrieg. Dieser nötige und verzwei- und Verelendung als sie vorher exis- felte Kampf gegen die Mordmaschi- tierte, als sich der Eigner der jeweili- ne Hitlers wird häufig besungen und gen Sklaven noch darum kümmern beschönigt. Jede*r von uns kennt das musste, sein teures Menschenmaterial Lied der italienischen Partisan*innen in Form zu halten und oft genug pa- „Bella Ciao!“ und hat es schon ein- triarchale Verantwortung für diese mal mitgesungen oder wenigstens Menschen übernahm. Mit der Frei- mitgesummt. Die Wirklichkeit des setzung dieser Menschen (ich benutze Partisan*innenkrieges war jedoch das Wort „Freisetzung“ hier bewusst), eine dreckige. Auf beiden Seiten wur- war die Aussetzung in ein Heer von de gefoltert und liquidiert, oft nur auf Elenden verbunden, die zum bestmög- Verdacht oder Angst hin. Überliefert lichen Marktpreis nun selbst ihre Ar- werden nur die heroischen Angriffe beitskraft zu Hungerlöhnen verkaufen mit meist unzureichender Bewaff- mussten. So wurde die Sklaverei zwar nung und die erfolgreichen Attacken, offiziell abgeschafft, aber durch Lohn- nicht jedoch die vielen Niederlagen

42  OKTOBER und nicht die häufige Liquidation von gruppen und Geldgeber, alle mögli- Partisan*innen-Gruppen NACH dem chen Waffenschieber sind daran betei- eigentlichen Krieg, v.a. in der dama- ligt, den Konflikt anzuheizen und ihre ligen Sowjetunion. Auch die Intrigen Interessen durchzusetzen. In Libyen unterschiedlicher Gruppen unterein- hat der NATO-unterstützte Aufstand ander sind selten Thema, so z.B. Resis- gegen Gaddhafi’s Clique einen Un- tancegruppen in Frankreich, die von rechtsstaat geschaffen, in dem gemor- konkurrierenden Gruppen bei der Ge- det und gefoltert wird. Auch hier gibt StaPo denunziert wurden. Statt dessen es eine kaum überschaubare Anzahl wird ein unkritischer Heldenmythos von Akteuren, deren Spektrum von gepflegt und als Beispiel hochgehalten. libertären Linken bis zu reaktionären Nationalisten, Fundamentalisten und Dies sind alles nur Beispiele. Um nicht natürlich kapitalistischen Interessen in den Verdacht zu geraten, dass ich reicht, nicht zu vergessen geopolitische mich nur in der Vergangenheit bewe- Interessen von sogenannten befreun- der natürlichen Ressourcen. Wir haben ge und bediene, seien einige kurz zu- deten Staaten. Die Lage in Ägypten, uns die theoretische Frage zu stellen, rückliegende und heutige Aufstände Tunesien und Algerien ist ungewiss. ob all dies durch einen rechtzeitigen angesprochen. Kein Aufstand findet Vieles deutet darauf hin, dass v.a. mit Aufstand, eine Art Weltrevolution zu im luftfreien Raum statt. Das sehen Hilfe fundamentalistisch-islamischer verhindern gewesen wäre, oder ob wir wir gerade drastisch und erneut nach Kräfte die erkämpften Freiheiten Zug tiefer ansetzen müssen: bei den Men- Libyen in Syrien. Jeder Aufstand und um Zug wieder zurückgenommen wer- schen als Art und deren kollektivem jede Revolution wird von Interessen- den sollen und ein pseudodemokrati- Verhalten. Wir sind eine Gesellschaft gruppen im In- und Ausland beein- sches Regime errichtet wird, wie es in mit beschränkter Hoffnung gewor- flusst. Schon Lenin reiste mit freiem vielen Teilen der Welt existiert. den, in der viele Menschen keinen Mut Geleit und Millionen Goldmark der Die Ergebnisse solcher Aufstände sind mehr haben, Kinder in diese verhunzte Deutschen Generalität nach Russland also zumindest fragwürdig. Zu fragen Welt zu setzen. Unzweifelbar wandeln um die russische Kriegsfront im In- ist aber auch, was angesichts ungeheu- wir, was unsere kollektive Existenz neren destabilisieren zu helfen. Das rer militärischer und polizeitaktischer betrifft, auf Messers Schneide und die Geld war gut eingesetzt. Im russischen Aufrüstung in der westlichen Welt kommenden Zeiten werden für Milli- Bürgerkrieg, gemeinhin Revolution nach der sogenannten Wende und dem onen oder Milliarden Menschen hart, genannt, war es nicht anders. Hun- Zerfall des Warschauer Paktes rich- egal wie die Sache ausgeht. derte Interessengruppen des In- und tige und wirksame Strategie für ge- Also doch Aufstand? „Für einen an- Auslandes kämpften und spekulierten sellschaftliche Emanzipation sei. Dem ständigen Aufstand!“, wie es die an- um die Macht, die schließlich in den schließt sich die Frage an, wieviel Zeit archosyndikalistische FAU mal vor Händen der staatsusurpierenden Bol- hierzu zur Verfügung steht und ob es einiger Zeit parolenhaft skizzierte? schewiki blieb. Diese schafften kein in vieler Hinsicht nicht schon für eini- Wir haben jeden Grund aufzuste- neues sozialistisches System der Frei- ges zu spät ist. hen, uns zu erheben gegen die herr- heit, sondern eine neue bürokratische schenden Zustände. Aber gerade wir und militaristische Staats-Sklaverei. Wir können uns nicht der Resignation Anarchist*innen haben aus unserer Aber zurück zu Syrien: der anfänglich hingeben. Auch ist festzustellen, dass Vergangenheit zu lernen, dass die weitgehend gewaltlose Massenprotest viele Jahre demokratischer Kämp- bewaffnete Insurrektion selten das schlug mit gezielten Provokationen der fe nicht völlig wirkungslos gewesen probate Mittel der Wahl ist und nur Staatsmacht durch die permanente -Er sind und die Gesellschaft tatsächlich absoluten Notwehrsituationen vorbe- mordung von Aktivisten zunächst in gewandelt haben. Dennoch versuchen halten bleiben sollte, in denen es kei- bewaffnete Geplänkel und schließlich die Herrschenden im Westen und den ne Alternative dazu gibt. Zum Glück in den Bürgerkrieg mindestens zweier sich an ihnen orientierenden Ländern, sind jedoch nicht alle Tage „Hitlers“ Armeen und ihrer Sub-Gruppen um, die positiven Entwicklungen perma- an der Tagesordnung und die Gesell- die nun massenhaft Tod und Vernich- nent zu unterlaufen und für ihre Zwe- schaft ist im Gegensatz zu der vor tung um sich verbreiten. Eine unüber- cke zu funktionalisieren. Wir sehen 100 Jahren nicht mehr rein militaris- schaubare Zahl von Akteuren aus dem in vieler Hinsicht die Welt den Bach tisch geprägt – das ist unser Erfolg als In- und Ausland ist an den bewaffneten heruntergehen, sind dies nun irrever- Antimilitarist*innen und Libertäre. Konflikten beteiligt, die in einen inter- sible Umweltschäden durch chemische Dennoch ist nicht zu übersehen, dass nationalen Krieg umzuschlagen dro- Gifte, Atomwirtschaft, Abholzung, der Militarismus auch erfolgreich in hen, an dem die NATO über die Türkei Artensterben, Klimaerwärmung und diese Gesellschaft interveniert hat und beteiligt ist. Alle möglichen Einfluss- alle möglichen Folgen von Ausbeutung nicht von ungefähr Baller- und Kriegs-

 43 nie. Nicht dass die Gesellschaften -vor her nicht auch psychisch krank waren. Gewalthafte Ansätze sind wie geschaf- Sie waren es. Aber sie waren es noch fen für die altbekannten Provokationen auf eine andere Art als die heutigen. der Staatsmacht und der herrschenden Und mit weniger Schlachtenmaterial. Kapitalist*innenklasse. Das alte Kon- Das Leben ist unglaublich diversifi- zept der Agents Provocateurs funkti- zierter geworden und mit ihm die psy- oniert noch immer erschreckend gut. chischen Verwirrungen und Irrungen. Wir sehen es alle Nase lang an aufflie- Kaum vorstellbar, was passieren wür- genden Spitzeln in unseren Gruppen, de, wenn all diese Psychopathen mit an Gewalttätern die sich oft genug als Waffen aufeinander losgelassen wür- bezahlte Polizei- und Geheimdienst- den, aufeinander eindreschen würden. Mitarbeiter*innen herausstellen. Ge- Wieviele Jahrzehnte, wieviele mög- walthaft orientierte Gruppen ziehen licherweise Jahrhunderte würde ein solches Geschmeiß an wie die Scheiße solcher Krieg dauern? Oder sind wir die Fliegen. Und sie schaden damit der schon mitten drin? allgemeinen Emanzipationsbewegung immer wieder und immens. Gesetzt, dass die Herrschenden noch nie mit soviel Herrschafts- und Ge- Auf der letzten internationalen Po- waltmitteln ausgestattet waren wie lizeikonferenz in Berlin bei der es heute – ist da ein Aufstand alter Art u.a. um Insurrektionalist*innen wie noch sinnvoll? Anno 1848 wurden die sog. „Federazione Anarchica In- noch die Zeughäuser gestürmt und die formale“ ging, wurde ein führender spiele auf den multimedialen Plattfor- Hinterlader-Schießprügel aufeinander Polizeioffizier sinngemäß so zitiert: men gezielt und öffentlich fördert. Die gerichtet. Auch da gab es keine- Waf „Nicht die Insurrektionalisten sind das Medienindustrie hat ebenfalls ihren fengleichheit, wie die Niederlage von Problem, sondern die Anarchisten.“ Beitrag dazu geleistet, weiterhin Krieg Rastatt bewies. Aber immerhin waren Wir sehen also, wohin die Spitze und Gewalt zu verherrlichen und in die Chancen noch höher, die Gegen- der Lanze zielt. Es geht nicht um ein die Köpfe v.a. junger Menschen zu partei bewaffnet zu überwinden. Das paar marginale Aufständische oder pflanzen. Alte Rollenklischees werden zeigte 1910 die exzessive Revolution Insurrektionalist*innen, die sich in Re- ständig reproduziert mit dem einzigen von Mexico. Aber zu welchem Preis? volutions- und Klandestinitätsphanta- Unterschied, dass nun auch Frauen Kil- Leben die Menschen dort heute besser? sien ergehen, sondern es geht um die lerinnen sein dürfen. Gewalt und Sex Im Zeitalter der chemischen Waffen, anarchistische, die libertäre Bewegung werden ständig zusammen präsen- die bei fast jeder auch noch so harm- an sich, die für die Herrschenden struk- tiert. Überall, in Krimis, Action- und losen Demonstration gegen Menschen turell als Bedrohung empfunden wird, Abenteuerfilmen, Historienfilmen, eingesetzt werden (Tränengas, CS, weil sie zunehmend weitere Bevölke- Fantasyfilmen, Comix und Spieleplatt- Pfefferspray etc.) und die im konven- rungskreise beeinflusst und ergreift. formen begegnet uns absurd-grotesk tionellen Kriegsfall übrigens verboten Wir Libertären sind also offensicht- übersteigerte und anscheinend folgen- sind, im Zeitalter der flächendecken- lich gar nicht so erfolglos, wie wir uns lose Gewalt, die sich subtil in den Ge- den elektronischen Überwachung, der manchmal empfinden. Aber wir haben hirnen einnistet. Roboterisierung und aufkommenden nur so lange Erfolg, wie wir kreativ elektronischen Waffen (Mikrowellen- und unberechenbar sind, solange wir Was wäre wenn? Was wäre, wenn es werfer, Blendlaser, Teaser etc.) müssen beweglicher und kreativer als die Ge- tatsächlich in Deutschland-Europa- neue Formen von Demonstration und genseite bleiben. Insurrektionalismus USA-Russland-China-Afrika-Latein- Sabotage von Herrschaftsdurchsetzung ist ein schädlicher Schritt zurück in die amerika zu gewalthaften Aufstän- gefunden werden. Der Krawall, die Zeiten niedergeschlagener Aufstände den käme? Ein Weltbürgerkrieg? Der Randale, der Aufstand im alten Sin- und kriminalisierter Genoss*innen, Vierte Weltkrieg ausgelöst durch Irre, ne ist etwas für einfache Gemüter, die die die Gefängnisse und Lager fül- die in den Besitz von Massenvernich- sich abreagieren wollen, aber nichts len. Wir müssen das Neue denken und tungswaffen gelangen – abgesehen was uns weiterbringt in der sozialen umsetzen und dürfen nicht in alte Kli- von den gemäßigt Irren, die sie schon Emanzipation der Gesellschaft, ja der schees und Mythen zurückfallen, die haben? Keine rosigen Aussichten. Die Weltgesellschaft. Wir müssen auf eine sich als Sackgassen erwiesen haben. moderne Gesellschaft ist durch den neue Art und Weise kreativ werden kapitalistischen Verwertungs- und und sind es schon ansatzweise in un- R@lf G. Landmesser 14.10.2012 Konsumprozess psychisch krank wie seren besten Momenten.

44  OKTOBER

 45 RUNTER VOM SOFA – RIN IN DIE KARTOFFELN!

VOM AKTIONSTAG ZUM GENERALSTREIK GEGEN DAS EUROPA DES KAPITALS

 Freie ArbeiterInnen Union (FAU) Berlin

ie FAU Berlin ruft zur Teil- Aufruf bedingungen von Arbeiter*innen nahme am europaweiten Diese fi ese Krise. Ständig hören wir und Erwerbslosen nich t kleinkriegen. DAktionstag auf und zur So- auf fast allen Kanälen dieselbe Lei- In vielen Ländern existieren starke lidarität mit den Generalstreiks in er: Wir müssen den Gürtel enger soziale Bewegungen und Gewerk- Ländern von Portugal über Spani- sch nallen, sparen, sparen, sparen, sch aft en rufen zu Generalstreiks en bis Zypern. Grund ist die Durch - die Sch uldenbremse sei unvermeid- gegen die „Reformen“ auf. Die Be- setzung von Verarmungsprozessen lich . Also: tagein, tagaus den sel- wegungen in den jeweiligen Staa- ohnegleich en gegen die europäisch e ben dreimal durch gerührten Qu ark. ten stoßen jedoch an ihre Grenzen. Bevölkerung unter maßgeblich em Einfl uss der deutsch en Regierung. Die Folgen dieser Rhetorik und der da- Gegen einen europaweiten An- hinterliegenden Interessen sind auch griff auf die Arbeiterklasse hilft Arbeiter*innen hierzulande dürfen in Deutsch land spürbar und teilweise kein nationales Kleinklein. Viele deshalb nich t beiseite stehen. Und in den letzten Jahren bereits Wirk- Gewerksch aft er*innen in Europa wis- letztlich kann niemand genau sagen, lich keit geworden. Zudem kündigen sen das und es ist erfreulich , dass dem was passiert, wenn der wirtsch aft lich e sich bereits neue Angriff e an, z.B. im jetzt endlich Taten folgen. Ein (teil-) Absch wung auch Deutsch land erfasst. Fahrwasser der Sch uldenbremse. Und europäisch er Generalstreik wäre ein niemand kann genau sagen, was pas- historisch er Meilenstein und könn- Deshalb: siert, wenn der wirtsch aft lich e Ab- te der Beginn einer starken europäi- 14. November Pariser Platz vor dem sch wung auch Deutsch land erfasst. sch en Arbeiter*innenbewegung sein. Brandenburger Tor In vielen europäisch en Ländern, akut In vielen südeuropäisch en Ländern Wir sehen uns bei den sch warz-roten Griech enland und Spanien, Italien und (Portugal, Spanien, Zypern, Malta, Fahnen! Portugal, sind die Folgen durch sch la- Italien) wird das gesellsch aft lich e Le- gender, haben eine off ensich tlich e bit- ben daher am 14. November zu einem tere Realität gesch aff en, einen akuten großen Teil stillstehen. Anderswo (z.B. Notstand, der unser Handeln fordert: Frankreich , England) rufen Gewerk- Unter dem Deck mantel des Sparens sch aft en und andere Gruppen zu gro- fi ndet eine Entrech tung der Mensch en ßen Aktionen auf. Und es bleibt wei- zugunsten von Profi tinteressen statt . ter spannend, denn die Basis für den Es werden Verarmungsprogramme Streiktag verbreitert sich stetig. ohnegleich en gegen die Bevölkerung durch gesetzt, gewerksch aft lich e Rech te … und Deutschland? eingesch ränkt und Widerstand brutal bekämpft . Maßgeblich en Einfl uss hat Die Arbeitenden in Deutsch land hierbei die deutsch e Regierung. sind traditionell nich t so weit vor- ne dabei, wenn es um Widerstand gegen Versch lech terungen ihrer Le- Generalstreik in Europa bensbedingungen geht. Denn ob- wohl die Löhne seit Jahren nich t ge- Jedoch lässt sich der Widerstand ge- stiegen sind und der Arbeitsmarkt gen die Versch lech terung der Lebens- neoliberal umgebaut wurde (Stich -

46  NOVEMBER worte Agenda 2010, massiver Nied- Auf die eigene Kraft vertrauen riglohnsektor, Leiharbeit und Rente FAU Berlin bei der mit 67), bleibt Deutschland das Land In den syndikalistischen Gewerk- mit den wenigsten Streiks in Europa. schaften ist eine Zusammenarbeit 14N-Solidemo über Ländergrenzen hinweg seit je- Auch Krisenproteste finden hierzu- her selbstverständliche Praxis. Wir Viele Gewerkschaften und politische lande nur wenig Resonanz. Neben der sehen die Kämpfe der Arbeiter*innen Organisationen hatten den 14. Novem- (noch) stabilen ökonomischen Lage, in Griechenland, Spanien oder ber zu einem Tag für Aktionen und könnte auch der öffentliche Diskurs Portugal daher auch als Teil un- Protest gegen die europaweite Pre- ein Grund sein, der unsere Welt in serer eigenen Kämpfe gegen die karisierung und Sparpolitik im Zuge „faule Südländer“ und „fleißige Deut- nächsten Sozialkürzungen hier. der Krise erklärt. In vielen Ländern sche“ zu teilen versucht, anstatt - auf Europas fanden Kundgebungen und zudecken, dass der Kampf zwischen Das gilt auch andersherum. Die bes- Aktionen statt, um die Generalstreiks den Bossen aus Staat und Wirtschaft te Solidarität mit den europäischen vor allem auf der iberischen Halbinsel, einerseits und uns Arbeitenden an- Kolleg*innen ist es deshalb, dort wo aber auch in Griechenland, Malta und dererseits tobt, dass die Angriffe auf wir wohnen und arbeiten kämpferi- Zypern zu unterstützen. Auch die FAU unsere europäischen Kolleg*innen sche und selbstorganisierte Gewerk- Berlin hatte zur Beteiligung an der Teil des „Klassenkampfs von oben“ ist. schaften aufzubauen, die sich nicht Demonstration des Berliner Griechen- vom Standortgebrabbel einlullen las- land-Solidaritätskomitees aufgerufen. Vielleicht liegt es aber auch daran, sen, die selbstbewusst die Interessen dass es hierzulande an kämpferischen der Belegschaften vertreten und deren Etwa 600 Teilnehmende zogen nach Gewerkschaften mangelt. Anstatt sich Solidarität keine Grenzen kennt. einer Kundgebung des DGB am Bran- mit den kämpfenden Arbeitenden in denburger Tor in einer eigenen De- anderen Ländern zu solidarisieren, Runter vom Sofa – Rin in die monstration zum Potsdamer Platz. stützen leider auch manche deutsche Kartoffeln! Viele kämpferische Organisationen Gewerkschaftsfunktionäre, wie der hatten zu dieser Demonstration aufge- IG Metall-Vorsitzende Huber, die Kri- Zeigen wir am 14. November, dass wir rufen und gut 150 schlossen sich dem senlügen von den maßlosen Südlän- viele sind, dass wir uns nichts gefallen schwarz-roten Block um die FAU Berlin dern und dem deutschen Zahlmeister. lassen und dass in ganz Europa, auf und die ASJ Berlin an. Auf Transparen- der ganzen Welt derselbe Kampf ge- ten bekundeten die Demonstrierenden Wir finden es gut, dass der DGB in führt wird: Klasse gegen Klasse. ihre Solidarität mit den Streikenden Deutschland auch zu Protesten aufruft, anderswo. Insbesondere die Kämpfe fürchten aber, dass das eher dem Druck in Spanien standen dabei im Fokus. von Teilen der Gewerkschaftsbasis und der Angst, den fahrenden Zug zu ver- Gleichzeitig erinnerten die Demons- passen, geschuldet ist. trierenden daran, dass es ein ruhiges Hinterland im Zentrum der Eurozone nicht geben kann: Auch hier werden seit Jahren Löhne gedrückt und im- mer wieder Angriffe auf die Sozial- systeme gestartet. Kämpferische Ge- werkschaftsarbeit, die sich nicht im kurzfristigen Protest, den Ritualen linker Bewegungen oder der Arbeit in Institutionen erschöpft, ist notwendig, wenn wir dem ernsthaft etwas entge- gensetzen wollen.

 47 GRENZEN UND MAUERN EINREISSEN – FÜR EINE SOLIDARISCHE GESELLSCHAFT!

Anarchist Black Cross Berlin

asst uns gemeinsam am 31. De- Menschen, die sich organisieren und nativen den Knast ablösen könnten. zember 2012 gegen Gefängnisse gegen kapitalistische, rassistische, Dabei wird deutlich, dass wir perma- Lund Zwangsanstalten demonst- sexistische und andere Gewalt weh- nent gemeinsame Kritik üben müssen, rieren, um unsere Solidarität mit den ren, bekommen oft die volle Kraft der um zu verhindern, dass der Komplex Gefangenen auszudrücken. Nachmit- staatlichen Repression zu spüren. Haft der verschiedenen Gefängnisse und tags gehen wir zum Lichtenberger als Sanktionierung politischen Wider- Zwangsanstalten in unseren Köpfen Frauengefängnis und am Abend vor stands ist inzwischen überall zum all- überdauert. Wir wollen uns nicht der die JVA Moabit. täglichen Problem geworden. Auch die Logik fügen, die den Knast am Leben Überwachungsparagraphen 129a und erhält. Wir sehen die Überwindung Gefängnisse als Teil gesell­ b dienen den Herrschenden dazu, nach aktueller Strafdiskurse – wie sie der- schaftlicher Zurichtung Belieben Widerständige auszuspio- zeit beispielsweise vom Neuköllner nieren und einzusperren, sowie ihre Bezirksbürgermeister Buschkowsky Gefängnisse standen seit ihrer Ein- Angehörigen und Genoss*innen ein- medial angefeuert werden – als wich- führung dafür, gesellschaftliche - Kon schüchtern zu können. Gülaferit Ünsal tigen Bestandteil auf dem Weg zu ei- flikte wegzusperren und unliebsame wird seit über einem Jahr im Lichten- ner herrschaftsfreien Gesellschaft. Teile aus der Gemeinschaft zu isolie- berger Frauengefängnis festgehalten ren. Patriarchale Herrschaftssicherung und nach 129b in einem politischen Gefängnisse und das Märchen wurde dabei gerade in der frühen Prozess in Moabit vermutlich dem- der „Resozialisierung“ Form der „Zuchthäuser“ deutlich, in nächst als vermeintliche „Terroristin“ denen vermeintliche Bettler*innen, verurteilt. Ein weiterer Hintergrund Wir sehen einen Zusammenhang da- „umherstreifendes Gesindel“, „ar- in diesem Schauprozess ist auch das zwischen, wie uns der Knast von Men- beitsscheue Menschen“, so genannte Interesse des deutschen Staates, unge- schen trennt, die gegen herrschendes „sittlich verwahrloste Frauen“ und hindert polizeiliche Hoheit im europä- Recht verstoßen haben und den Prakti- Sex-Arbeiter*innen verschwanden und ischen Umland auszuüben. ken, in denen Menschen beispielsweise ausgebeutet wurden. ohne Lohnarbeit, Geld, Papiere, ak- Die kapitalistische Verwer- Wir wollen verschiedene stattfindende zeptiertem Geschlecht oder Sexualität, tungslogik bewirkt, dass immer mehr Kämpfe gegen die Logik der Diszipli- Herkunft oder ethnisierbare Merkmale Menschen nicht mehr in der Lage sind, nierung und Kontrolle zusammenbrin- ausgegrenzt und ausgebeutet werden. ihr Leben ohne Konflikte mit den herr- gen, ohne die ihnen eigenen Merkmale schenden Gesetzen zu gestalten. Ar- und Besonderheiten zu verwischen. Deswegen verwundert es nicht, dass mut, fehlende soziale Netzwerke und Wir möchten, dass klar wird, warum hinter den Gefängnismauern haupt- Zeitmangel führen dazu, dass viele der Knast uns alle angeht. „Niemand sächlich diejenigen zu finden sind, die ihre Schulden nicht mehr bezahlen ist frei, bis wir alle frei sind“ ist kei- gesellschaftlich besonders ausgegrenzt können und immer häufiger ihrer Frei- ne Phrase vergangener Tage. In Dis- sind und ein ungleich höheres Risiko heit beraubt werden. Ähnliches lässt kussionen tauchen immer wieder die tragen müssen, Diskriminierung und sich in vielen Gegenden der Welt beob- Fragen auf, welche Gefangenen zu Gewalt zu erleben. Wenn Geflüchtete achten. unterstützen seien oder welche Alter- in Lagern auf ihre Abschiebung war-

48  DEZEMBER

in eine prekäre Situation. Nach dem Vorbild der USA nehmen Lobbyisten Einfluss auf die Gesetzgebung, um im- mer mehr Menschen für Bagatell- und Armutsdelikte in Haft zu bringen. In einigen Bundesländern erwartet Ge- fangene inzwischen Zwangsarbeit am Fließband. Mit Blick auf die USA lässt sich heute schon vorher sagen, was die verheerenden gesellschaftlichen - Aus Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Kolleginnen und Kollegen, wirkungen einer solchen Ausbeutung anbei die neuen Graswurzelrevolution-Austauschanzeigen zur Auswahl. sein werden: Masseninhaftierung des Herzlichen Dank für den kostenlosen Abdruck in Eurer Zeitung. Schickt uns bitte Belegexemplare nach Münster (s.u.) und mailt Eure Austauschanzeige bitte an: armen Teils der Bevölkerung und ras- [email protected] sistische Ausgrenzung gesellschaftli- Nach Erscheinen Eurer Austauschanzeige in der GWR erhaltet Ihr ebenfalls Beleg- cher Minderheiten. Noch können wir exemplare. Die GWR-Auflage schwankt zwischen 3.500 und 5.000 monatlich. Unsere Media- Konzernen wie Bilfinger-Berger, Köt- daten findet Ihr hier: http://www.graswurzel.net/service/anzeigen.shtml ter oder Serco und ihren gekauften Li(e)bertäre Grüße, Politiker*innen in die Suppe spucken. Bernd Drücke (GWR-Koordinationsredakteur)

Redaktion Graswurzelrevolutionten; Trans*leute psychiatrisch behan- er mir gezeigt hat, dass sich meine Kommt am 31. Dezember 2012 ge- Breul 43 delt werden; türkische oder kurdische Probleme nicht lösen lassen. meinsam für die Freiheit D-48143 Münster Tel.: 00 49 (0) 251/48290-57Genoss*innen nach §129b verfolgt aller Gefangenen auf die Straße! Fax: -32 oder Firmen eingeladen werden, ihre Der Knast schafft sogar noch mehr Pro- [email protected]ßbandproduktion kostengünstig bleme und verstärkt vorhandene. Was es www.graswurzel.net Grenzen und Mauern einreißen – im Knast (z.B. in der neuen JVA Hei- mit mir macht, eingesperrt zu sein und für eineAustauschanzeige solidarische Gesellschaft! fürs ND: dering) verrichten zu lassen, begreifen jeden Tag zu erfahren, dass ich behand- 45 x 135 mm wir dies als besonders sichtbare ÜberAustauschanzeigen- lungsbedürftig bin und „resozialisiert“ schneidungen verschiedener Mecha- werden muss, können nur die Men- www.graswurzel.netnismen, Menschen gefügig zu machen. schen berichten, die Knasterfahrung (Anfang Zitat) Wenn ich über geringes haben, aber nur selten gehört werden. www.graswurzel.net Einkommen verfüge und wie viele an- dere wegen Eigentumsdelikten ange- Gefängnisse als gesteigerte klagt werde, wird es mir sehr schwer Form der Ausbeutung fallen, das nötige Geld aufzubringen, die Anwaltskosten zu bezahlen und Mit der gesellschaftlichen Fokussie- zumindest die Chance zu erhöhen, rung auf das Eigentum und dem massi- Monatszeitung nicht inhaftiert zu werden. Wenn ich ven Interesse einer bestimmten Schicht für eine im Knast bin, werde ich vielleicht zu daran, dieses zu sichern, landen im gewaltfreie, herrschaftslose den vielen Menschen gehören, de- Laufe der Zeit immer mehr Menschen Gesellschaft ren Angehörige mich wenig besuchen auf Grund von Eigentumsdelikten in - seit 1972 - und unterstützen können, weil ihnen den Gefängnissen. Seit einiger Zeit das Geld dafür fehlt. Von dem miesen werden Gefängnisse privatisiert und Stundenlohn für die Zwangsarbeit im Inhaftierte zu Arbeiten für Hungerlöh- GraswurzelrevolutionKnast Nr. werde 376, Feb.: ich Zapatismus; mir mit SicherheitKrieg in Mali; ne Mit gezwungen. Ernie und Bert für die Anarchie;nicht viel Anarchismus?; mehr leisten Der können, Fall Oury als Jalloh; ab Anti-Atom; „Die GWR wird auch von 40 Antimil; Antirassismus; Antifa; u.v.m. Abo: 30 Euro (10 Ex.). Probeheft Jahren Idealismus getragen, der kostenlos. Probeabo:und 5 Eurozu die (3 teuren Ex.; verlängert Sachen sichbeim ohne Knast Kündigung- Beinahe zum Abo, unbemerkt verschafften sich über Generationen reicht. Der Kündigung jederzeitsupermarkt möglich) bei: zu kaufen.GWR-Vertrieb, Birkenheckereinige Str. 11, Bau- und Sicherheitskonzerne Luxus, sich eine gewisse Sturheit 53947 Nettersheim, [email protected], Tel.: 02440/959-250; Fax: -35 in der politischen Haltung in den letzten Jahren Zugriff auf den leisten zu können, macht Justizvollzug und die erzwungene Ar- gleichzeitig auch ihre Stärke aus. jW-, Ossietzky-, CONTRASTE-,Wenn ich dann Rote aus Hilfe-,... dem KnastAustauschanzeigen entlas- Auf die nächsten 40 Jahre.“ sen werde, mich um eine Wohnung, beitskraft von Gefangenen. Es ist zu be- (ND, 08./09.09.2012) einen Job, meine Schulden, meine obachten, wie in einem schleichenden Probeheft kostenlos. Abo: 30 angeknacksten/verlorenen sozialen Prozess die Privatisierung und Indus- Euro (10 Ausgaben) bei: GWR- Vertrieb, Birkenhecker Str. 11, Kontakte, … kümmern muss, werde trialisierung von Gefängnissen in der D-53947 Nettersheim. Tel.: ich mit Sicherheit sagen können, dass BRD voranschreitet. Der permanente 02440/959-250, Fax: -351, [email protected]

der Knast mir nicht geholfen hat, weil Sozialabbau bringt viele Menschen Anzeige

Monatszeitung für eine gewaltfreie, Austauschanzeige für die DA:  49 herrschaftslose Gesellschaft Monatszeitung für eine gewaltfreie, herrschaftslose Gesellschaft

www.graswurzel.net Monatszeitung für eine gewaltfreie, herrschafts- lose Gesellschaft

www.graswurzel.net www.graswurzel.net „Die ‘Graswurzelrevolution’ lässt sich vom Siegeszug des Kapitalismus nicht beirren.“ (Frankfurter Rundschau) „Die GWR wird auch von 40 Jahren Idealismus getragen, der über Generationen reicht. Der iz3w, 57 mm breit x 90 mm hoch Luxus, sich eine gewisse Sturheit in der politi- schen Haltung leisten zu können, macht gleich- zeitig auch ihre Stärke aus. Auf die nächsten 40 „Die GWR wird auch von Jahre.“ (Neues Deutschland, 08./09.09.2012) 40 Jahren Idealismus getragen, der über Probeheft kostenlos. Generationen reicht. Der Abo (10 Ausgaben): 30 Euro Luxus, sich eine gewisse GWR-Vertrieb, Birkenhecker Str. 11, D- Sturheit in der politischen 53947 Nettersheim. Tel.: 02440/959-250, Fax: Haltung leisten zu können, Monatszeitung für eine macht gleichzeitig auch -351, [email protected] Probeheft kostenlos gewaltfreie, herrschafts- ihre Stärke aus. Auf die lose Gesellschaft nächsten 40 Jahre.“ Graswurzelrevolution Nr. 376, Feb.: Krieg (Neues Deutschland, 08./ in Mali; Mit Ernie und Bert für die Anarchie; 09.09.2012) Quo vadis, Anarchismus?; Der Fall Oury Jalloh; Zapatismus; Anti-Atom; Antimilita- Probeheft kostenlos. rismus; Antirassismus; Antifa; u.v.m. Abo: 30 Euro (10 Ausgaben)

GWR-Vertrieb, Birken- hecker Str. 11, D-53947 Nettersheim. Tel.: 02440/ www.graswurzel.net 959-250, Fax: -351, [email protected] Format 65 mm (breit) x 50 mm (hoch) GWR Nr. 376, Feb.: Krieg in Mali; Mit Ernie Graswurzelrevolution und Bert für die Anar- Nr. 376, Feb. 2013: chie; Quo vadis, Anar- Krieg in Mali ; Zapatis- chismus?; Angriff auf die mus ; Mit Ernie und libertäre Bewegung in Bert für die Anarchie ; Griechenland; Der Fall Quo vadis, Anarchis- Oury Jalloh; Zapatismus; Monatszeitung für eine gewalt- Anti-Atom; Antimilitaris- freie, herrschaftslose Gesellschaft mus? ; Der Fall Oury Jalloh ; Anti-Atom; mus; Antirassismus; Antimilitarismus ; Antirassismus; Antifa, u.v.m. Abo: 30 Euro Antifa; u.v.m. (10 Ex.). Probeheft kostenlos. Probeabo: 5 Euro (3 Ex.; verlängert sich ohne Kündigung zum Abo, Kündigung jeder- zeit möglich) bei: GWR-Vertrieb, Birkenhecker Str. 11, 53947 Nettersheim, [email protected], Tel.: 02440/959- Zapatistische Demonstration, Mexiko, Dezember 2013 250; Fax: -35, www.graswurzel.net für ak: 160 mm (Breite) x 51mm (Höhe) VERANSTALTUNGSÜBERSICHT

Im Folgenden findet ihr eine Übersicht an anarchistischen Veranstaltungen bzw. Veranstaltungen, die von anarchistischen Gruppen organisiert wurden, die in beeidruckender Fülle 2012 in Berlin stattfanden. Trotz einer sehr umfangreichen Dokumentation erhebt diese Liste keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

JANUAR 6. Januar FAU-Lokal: FAU: Info: „FAU – Wie funktioniert das?“ 9. Januar NewYorck: Anarchistisches Infocafé: Film und Vokü: „Born in Flames“ – Lizzie Borden NewYorck: 2. Vorbereitungstreffen für „Umkämpfte (T)Räume – Libertäres Varieté in Xberg“ 12. Januar Tempest: Anarchistischer Stammtisch der AFB 14. Januar Zielona Gora: FAU-Soli: „FAU-Tresen“ Lunte: ASJ-Tresen mit Vorstellung der Regionalförderation Ost der ASJ 20. Januar FAU-Lokal: FAU-Histo: „Bewegung und Klasse – Fritz Kater zum 150. Geburtstag“ 21. Januar Zielona Gora: FAU-Fiesta: „Endlich Sommer!“ 23. Januar NewYorck: A narchistisches Infocafé: Infoveranstaltung zur „International Urban Operations Conference“ und dem „Europäischen Polizeikongress“ 24. Januar Café Morgenrot: Anarchistischer Stammtisch der AFB 25. Januar Baiz: A-Laden-Experience: BOLIVIEN – Ein libertärer Blick auf Bolivars Erben

FEBRUAR 3. Februar FAU-Lokal: FAU-Info: „FAU – How does it work?“ 4. Februar Syndikat: Soli-Party für Tempest Library 8. Februar Baiz: A-Laden-Experience: Alternative Anarchismus alltagstauglich? 9. Februar Tempest: Anarchistischer Stammtisch der AFB 10. Februar AU-Lokal: ASJ Berlin Kino: „Lucio Urtubia – Anarchist und Maurer“. Mit Diskussion. 11. Februar K9: F AU-Fiesta: „Abgerockt statt abgezockt“. Soli-Party anlässlich des FAU-Arbeits- kampfs beim Spielgerätehersteller Bally Wulff. 13. Februar NewYorck: A narchistisches Infocafé: Veranstaltung von der Initiative in Gedenken an Oury Jalloh e.V. 17. Februar FAU-Lokal: FAU-Info-Disko: „Wohin marschiert Ungarn?“ 18. Februar Lunte: ASJ-Tresen mit Speeddiscussion über politische Themen 22. Februar Baiz: A-Laden-Experience: Anarchismus global – ganz vital 24. Februar FAU-Lokal: F AU-Info-Disko: „Bildung als Überlebenskampf – Was läuft falsch im Bildungs- system?“. Eine Veranstaltung der Sektion Bildung. 27. Februar Tempest: Cries Cast in Concrete: A documentary by AK KRAAK NewYorck: A narchistisches Infocafé: Veranstaltung von der Kampagne „Leerstand belegen! Besetzen!“ 28. Februar Café Morgenrot: Anarchistischer Stammtisch der AFB

MÄRZ 8. März Tempest: Anarchistischer Stammtisch der AFB 9. März FAU-Lokal: FAU-Kino: „Pot de thé – Pot de Fer“ (FR, 2011) Erreichbar: Tresenabend „Auch in Kreuzberg erreichbar – Anarchistische Gruppe Neukölln“ 10. März Zielona Gora: Soli: „FAU-Tresen mit Konzert“ 14. März Baiz: A-Laden Experience: 311 – Wider den staatsterroristischen Allmachtswahn 17. März Syndikat: A GN: Veranstaltung „Staatsverschuldung und die Krise im Euroraum“ und Soli- party für M31-Mobilisierung 23. März Erreichbar: Tresenabend „Auch in Kreuzberg erreichbar – Anarchistische Gruppe Neukölln“ 26. März NewYorck: A narchistisches Infocafé: Veranst. zur Obdachlosenbewegung in Rio de Janeiro 27. März Café Morgenrot: Anarchistischer Stammtisch der AFB 28. März Baiz: A-Laden Experience: Zentralismus-Föderalismus, ParteienOligarchie-Anarchie

50  VERANSTALTUNGEN

APRIL 6. April FAU-Lokal: Info: „FAU – Wie funktioniert das?“ 7. April Friedl 54: Anarchistischer Abend mit Film 11. April BAIZ: A-Laden-Experience: Integraler Anarchismus 12. April Tempest: Anarchistischer Stammtisch der AFB 13. April Fischladen: Soliparty für Anarchist*innen in Barcelona FAU-Lokal: Veranstaltung der ASJ Berlin zu selbstverwalteten Jugendzentren 14. April Erreichbar: Tresenabend „Auch in Kreuzberg erreichbar – Anarchistische Gruppe Neukölln“ Zielona Gora: Kultfilm „Eat the Rich“ + Solitresen für FAU 15. April Lunte: Vortrag zu AnarchaFeminismus 18. April FAU-Lokal: A SJ Berlin, NEA und „Niemand ist vergessen!“-Bündnis: „Penner klatschen“ – Vortrag über Obdachlosenfeindlichkeit 19. April Friedl 54: S lut Conspiracy: Sexual Scripts Discussion – Workshop (sex-positive anarcha- in action) 20. April FAU-Lokal: Kult: „Grillen gegen Regen“ 21. April SfE: V eranstaltung: NO TAV! Italienische Genoss*innen berichten vom Kampf gegen die Hochgeschwindigkeitstrasse im Susa-Tal Lunte: Geburtstagsausstellung – die ASJ Berlin wird 3 Jahre 23. April Kadterschmiede: I nfo-Veranstaltung: Grenzenlose Repression und europäisches Kontrollregime gegen soziale Bewegungen NewYorck: A narchistisches Infocafé: Diskussionsveranstaltung „Internationale Solidarität und antimilitaristische Praxis“ 24. April Café Morgenrot: Anarchistischer Stammtisch der AFB 25. April Schlesisches Tor: Demonstration: Anarchy in the EU? WTF! Geheimdienste und Polizeien auflösen. BAIZ: A-Laden Experience: Befreiung im 21. Jahrhundert 26. April Berlin: Beginn der Insurrection Days FAU-Lokal: B uchvorstellung: „Befreiung und soziale Emanzipation“. Vortrag und Diskussion mit dem Autor Roman Danyluk 27. April Neurotitan: Ausstellungseröffnung des Justseeds Artists Collective FAU-Lokal: Info: „Workers Memorial Day – Tod durch Arbeit“ 28. April Erreichbar: Tresenabend „Auch in Kreuzberg erreichbar – Anarchistische Gruppe Neukölln“ Karl-Marx-Platz: Worker’s Memorial Day mit Kundgebung der ASJ und FAU Berlin

MAI 1. Mai NewYorck/Myfest: Div. anarchistische Büchertische 2. Mai Senefelder Platz: Demo zum Kampf- und Feiertag der Arbeitslosen 4. Mai FAU-Lokal: Info: „FAU – Wie funktioniert das?“ 8. Mai Subversiv: „Linke Fußballfankultur – geht das?“ Vortrag und Diskussion mit Gabriel Kuhn Laidak: Sozialrevolutionärer Diskussionszirkel: Die Kommune von Kronstadt 9. Mai Linienstraße 206: „ Whiteness is not abolished in a workshop, it is abolished in struggle“. Vortrag und Diskussion mit Gabriel Kuhn. BAIZ: A-Laden-Experience: Die „Maitage“ 1937 in Barcelona 10. Mai Tempest: Anarchistischer Stammtisch der AFB 11. Mai FAU-Lokal: Kino: „Die Welt ein bisschen sauberer“ 12. Mai FAU-Lokal: Solitresen zugunsten der Gewerkschaftsarbeit der FAU Berlin. 14. Mai Lunte: „ Eine Haltung einnehmen“ – Veranstaltung der Anarchosyndikalistischen Initiative NewYorck: A narchistisches Infocafé: Diskussionsveranstaltung des Antikriegscafés zur neuen Nato-Strategie 17. Mai Friedel 54: S lut Conspiracy: Sexual Scripts II – Workshop (sex-positive anarcha-feminism in action) 18. Mai FAU-Lokal: A SJ Berlin, NEA und „Niemand ist vergessen!“-Bündnis: „Penner klatschen“ – Vortrag über Obdachlosenfeindlichkeit 22. Mai Café Morgenrot: Anarchistischer Stammtisch der AFB 23. Mai BAIZ: A-Laden-Experience: Gegen die Arbeit

 51 26. Mai Schreiner 47: I nput.Berlin und Anarchist Black Cross: Workshop „Zur staatlichen Repression gegen Linke“ 28. Mai NewYorck: Anarchistisches Infocafé: Bericht von der Newroz-Delegation März 2012 31. Mai Auguststr. 69: Ton-Bilder-Schau: Monsanto auf deutsch

JUNI 1. Juni Auguststr. 69: E inführung in Direct-Action und kreative Widerstandsformen / Workshop und Training zu Aktionen / Ton-Bilder-Schau: Fiese Tricks von Polizei und Justiz FAU-Lokal: Info: „FAU – Wie funktioniert das?“ 2. Juni Auguststr. 69: W orkshop und Training: Kreative Antirepression / Diskussion: Den Kopf entlas- ten – Kritik anti-emanzipatorischer Positionen in politischen Bewegungen 5. Juni Laidak: S ozialrevolutionärer Diskussionszirkel: Nestor Machno und die „Machnowischina“ Baiz: A-Laden Experience: Einführung in den Anarchismus 8. Juni FAU-Lokal: A SJ-Kino: „Der Aufstand der Würde“. Film und Diskussion über über den Auf- stand der EZLN in Chiapas in Mexiko 10. Juni Tempest: Film: No/Place Like Home (Christiania, You Have my Heart + Who is Bozo Texino?) 11. Juni NewYorck: A narchistisches Infocafé: St. Imier: 140 Jahre Anarchismus. Infoveranstaltung zum Internationalen Anarchistischen Treffen in St. Imier im August. 13. Juni Laidak: CrimethInc. – Message in a bottle. Infoveranstaltung und Diskussion 14. Juni Laidak: E rich Mühsam: Tagebücher – Band 2. Die Herausgeber stellen die Edition der Tagebücher vor und lesen aus dem 2. Band. Meuterei: S t. Imier: 140 Jahre Anarchismus. Infoveranstaltung zum Internationalen Anar- chistischen Treffen in St. Imier im August. 16. Juni Friedelstr. 54: A narchistisches Wochenende „Anarchy in Neukölln“: Vorstellung der Broschüre: „Anarchy in Neukölln“ – Ein unvollständiger Rückblick auf über 100 Jahre anarchistische Bewegung in Berlin-Neukölln Lunte: ASJ-Tresen mit Arbeiter*innen-Lieder-Karaoke Mehringhof: Linke Buchtage: Bücher-/Infotisch der AFB 17. Juni Friedel 54: A narchistisches Wochenende „Anarchy in Neukölln“: Fritz Scherer zum -Geden ken – mit Vortrag und dem Dokumentarfilm „Landstraße, Kunden, Vagabunden“. 19. Juni FAU-Lokal: Info: „Jimmy John´s Workers Union“ 21. Juni H48: Vortrag und Diskussion mit Jürgen Mümken: „Anarchismus in der Postmoderne“ 25. Juni NewYorck: A narchistisches Infocafé: Lesung aus der Broschüre „Mit solidarischen Grüßen aus dem Knast – Texte und Bilder von Gefangenen“ 26. Juni Café Morgenrot: Anarchistischer Stammtisch der AFB Baiz: A -Laden-Experience: Der Ball ist rund, damit man ein A drauf malen kann: Fußball und Anarchie 29. Juni FAU-Lokal: Disko: „Packt es das Studipack?“

JULI 7. Juli NewYorck: A narchistisches Infocafé: Die libertäre Revolution 1917 bis 1921 in der Ukraine. Dokumentarfilm und Vortrag Systemfehler: Soli-Party für Anarchist*innen in Istanbul 8. Juli Friedel 54: F riends of Fritz Scherer „Anarchistischer Kaffeeklatsch“ 9. Juli Lunte: Anarchosyndikalistische Initiative: Geschichten gegen Arbeit NewYorck: Anarchistisches Infocafé: Erich-Mühsam-Abend 13. Juli FAU-Lokal: Kino: „Strike Soap“ 14. Juli Friedel 54: A narchistischer Abend: Knast und Knastkämpfe in Deutschland Zielona Gora: FAU-Solitresen 19. Juli Kastanienkeller: Vortrag: Anarchismus in Weißrussland 20. Juli FAU-Lokal: Info: „Die vergessenen 68er“ 21. Juli Lunte: A SJ-Tresen: St. Imier: 140 Jahre Anarchismus. Infoveranstaltung zum Internatio- nalen Anarchistischen Treffen in St. Imier im August. 23. Juli NewYorck: Anarchistisches Infocafé: Infoveranstaltung zum „War starts here“-Camp

52  VERANSTALTUNGEN

26. Juli FAU-Lokal: Politischer Schreibworkshop der ASJ Berlin 27. Juli FAU-Lokal: Info: „Wachstum über alles?“ 31. Juli NewYorck: Koordination zur Anfahrt nach St. Imier Haus der Demokratie: Infoveranstaltung: „Wir sind keine Maschinen!“ – Streik in Polen Tempest: Info:

JULI 3. August FAU-Lokal: Info: „FAU – Wie funktioniert das?“ Haus der Demokratie: S EK (Selbsthilfegruppe Ei des Kommunismus): Soziale und ökologische Alter- nativen zum neoliberalten Kapitalismus in Europa 11. August Zielona Gora: Soli: „FAU-Tresen“. Solitresen zugunsten der Gewerkschaftsarbeit der FAU Berlin. 12. August Friedel 54: Friends of Fritz Scherer: „Anarchistischer Kaffeeklatsch“ 17. Augus FAU-Lokal: Kino: „Türkei – Frauen im Streik“ 24. August FAU-Lokal: Kult: „Kuhle Wampe – Wem gehört die Welt“ 25. August Friedel 54: F riends of Fritz Scherer: „Anarchistischer Abend“: CNT – anarchosyndikalisti- sche Sicht auf die Krise in Spanien

SEPTEMBER 6. September NewYorck: A FB: Vorstellung des libertären Videokollektivs „Sinapsis“ aus Chile. Filme mit anschließender Diskussion. 7. September FAU-Lokal: Info: „FAU – Wie funktioniert das?“ 8. September Zielona Gora: Soli: „FAU-Tresen“. Solitresen zugunsten der Gewerkschaftsarbeit der FAU Berlin 10. September NewYorck: Anarchistisches Infocafé: Film – „Micmacs“ 12. September BAIZ: A -Laden-Experience: Sankt Immerleinstage – Vorsichtiger Rückblick auf den A-Kongress von St. Imier 13. September Tempest: Anarchistischer Stammtisch der AFB 14. September FAU-Lokal: Doku: „Catastroika“ 15. September Lunte: Tresen der ASJ Berlin 20. September Tristeza: W ege und Ziele: Anarchismus oder Kommunismus? AFB, Detlef Georgia (Sozia- listische Initiative Berlin), FdA, Mundus Magenta 21. September FAU-Lokal: Gastro: Spätsommer-Grill 23. September Tempest: Film: Remember May ’68? (Themroc + Jonah who will be 25 in the year 2000) 24. September NewYorck: A narchistisches Infocafé: Auswertung und Reflexion zum Internationalen Anarchistischen Treffen in St. Imier. 25. September Café Morgenrot: Anarchistischer Stammtisch der AFB 26. September BAIZ: A -Laden-Experience: Autonomie oder Barbarei – und 28. September FAU-Lokal: Kult: 100 Jahre Woody Guthrie 29. September Mehringhof: S ozialrevolutionärer Diskussionszirkel: Befreiung und soziale Emanzipation (Buchvorstellung)

OKTOBER 2. Oktober Mehringhof: Sozialrevolutionärer Diskussionszirkel: Die Machno-Bewegung in der Ukraine 5. Oktober FAU-Lokal: Info: „FAU – Wie funktioniert das?“ 8. Oktober NewYorck: A narchistisches Infocafé: In der Krise zum Gemüse: Vorstellung eines lokalen Projektes solidarischer Landwirtschaft und Diskussion. 10. Oktober BAIZ: A -Laden-Experience: Staat oder Revolution – Marxisten entdecken die anarchis- tische Kritik 12. Oktober FAU-Lokal: ASJ-Infoveranstaltung zur Situation der Illegalisierten in Frankreich 13. Oktober Zielona Gora: Soli: „FAU-Tresen“. Solitresen zugunsten der Gewerkschaftsarbeit der FAU Berlin 19. Oktober FAU-Lokal: Kino: „Pfade durch Utopia“ KuBiZ: L esung und Diskussion „Freie Menschen in Freien Vereinbarungen Zielona Gora: Film: „Anarchie ist die Mutter der Ordnung“. Soli für ABC-Polen 20. Oktober Lunte: A SJ-Tresen mit einem Vortrag über die „Jung und Billig-Kampange“, im Anschluss ein Akkustik-Konzert von Geigerzähler

 53 20. Oktober Kinzigstr. 9: Fishbowl-Diskussion zu Veganismus und Anarchismus 22. Oktober NewYorck: Anarchistisches Infocafé: Info- und Soliveranstaltung zu Belarus 23. Oktober Café Morgenrot: Anarchistischer Stammtisch der AFB 24. Oktober BAIZ: A-Laden-Experience: Orgasmus: der Aufstand kommt! 26. Oktober FAU-Lokal: Disko: „Jugendarbeit im Kollektivbetrieb“ 29. Oktober FU Berlin: „ Unter dem Pflaster der Strand“ – Projektseminar am Institut für Theater- und Filmwissenschaft zur Situationistischen Internationale. Wöchentlich.

NOVEMBER 2. November FAU-Lokal: Info: „FAU – Wie funktioniert das?“ 6. November Mehringhof: Sozialrevolutionärer Diskussionszirkel: Die Räterepublik in Ungarn 8. November FAU-Lokal: I nfo: „Partizipatorische Ökonomie und partizipatorische Gesellschaft“. („Parecon“) stellt Wege in eine egalitäre Welt jenseits des Kapitalismus vor. Organisiert von IOPS Berlin. Tempest: Anarchistischer Stammtisch der AFB 10. November Zielona Gora: Soli: „FAU-Tresen“. Solitresen zugunsten der Gewerkschaftsarbeit der FAU Berlin. 12. November NewYorck: A narchistisches Infocafé: Infoveranstaltung zu LaZad (Zone autonome a Defend- re), dem größten besetzten Gebiet Europas 14. November Baiz: A -Laden-Experience: Victor Serge – ein Libertärer im Auge des bolschewisti- schen Hurricanes 16. November FAU-Lokal: Kult: „Das letzte Gefecht“ 17. November Lunte: A SJ-Tresen: Vorstellung der Monatszeitung Gaidao, des Forums deutsch- sprachiger Anarchist*innen (FdA) und der Internationalen der Anarchistischen Föderationen (IFA) 20. November Tempest: Tempest Library hosts: CrimethInc. European Tour 23. November FAU-Lokal: Info: „Workers’ Centers in den USA“ 26. November NewYorck: A narchistisches Infocafé: »Kein 10. Opfer!?« – Nationalsozialistischer Unter- grund, Rechtsterror und die Rolle des Staates 27. November Café Morgenrot: Anarchistischer Stammtisch der AFB 28. November Baiz: A -Laden-Experience: „Schulden. Die ersten 5000 Jahre“ – Vorstellung des Buches von 30. November Bibliothek der Freien: H armlose Bolschewismus-Kritik – Über zwei linke Neuerscheinungen. Vortrag und Diskussion. FAU-Lokal: I nfo: „Arbeitsschutz ist… Wissen und Solidarität“. Die Sektion Bau & Technik stellt ihre Fibel zum Arbeitsschutz vor.

DEZEMBER 2. Dezember NewYorck: O ut of Control, ABC Berlin: Repression und Krise: Spanischer Staat. Filme, Vortrag und Diskussion mit zwei Antirepressions-Aktivist*innen aus Barcelona 5. Dezember NewYorck: O ut of Control, ABC Berlin, Ausser Kontrolle – Facetten euopärischer Sicher- heitspolitik Dresden: Repression und Krise: Großbritannien. Filme, Vortrag und Diskussion mit Val Swain (Network for Police Monitoring, FITWATCH, Cardiff Anarchist Network) aus Wales Baiz: A SJ-Kino mit einem Film über extreme Arbeitsbedingungen 6. Dezember NewYorck: „ – white riot“ – Buchvorstellung eines US-Aktivisten zu Debatten in der US-Bewegung seit Seattle. 7. Dezember FAU-Lokal: Info: „FAU – Wie funktioniert das?“ 8. Dezember Zielona Gora: S oli: „FAU-Tresen“. Solitresen zugunsten der Gewerkschaftsarbeit der FAU Berlin 10. Dezember NewYorck: Anarchistisches Infocafé: Vorstellung von Gaidao, FdA und IFA 12. Dezember Baiz: A-Laden-Experience: Gegen die „freiwillige Knechtschaft“ – Etienne de La Boétie 13. Dezember Freie Universität: I nternationalismus- und Antifaschimusreferat des AStA FU: Infoveranstaltung unter dem Motto: „Lo queremos todo y lo queremos ahora!“ Über die aktuelle Situation der politischen Streiks in Spanien und die Einbindung (libertärer) Studigruppen sein. Mit einem Aktivisten aus Madrid. Tempest: Anarchistischer Stammtisch der AFB

54  VERANSTALTUNGEN

14. Dezember B ibliothek der Freien: Lucio Urtubia: Baustelle Revolution. Buchvorstellung mit Filmvorführung FAU-Lokal: Infoveranstaltung der ASJ über die Besetzung des Hambarcher Forst 15. Dezember Lunte: ASJ-Tresen mit einem Akustik-Konzert von „Der Papst, seine Frau und sein Porsche“ NewYorck: Anarchistisches Infocafé: Soliparty für linke Infrastruktur 16. Dezember Friedrichshain: F reie Vereinigung Berliner Syndikalisten und Anarchisten: Stadtrundgang auf den Spuren der Freien Arbeiter Union Deutschland 19. Dezember Friedel 54: F riends of Fritz Scherer (& Dirty Immigrants): Vorstellung von Gaidao, FdA und IFA 21. Dezember Zielona Gora: Belarus-Soli-Gruppe Berlin: Soli-Tresen für belarussische Gefangene FAU-Lokal: Disko: „Weltuntergang jetzt oder Rente später?“ Arbeitskämpfe von Selbständigen. 22. Dezember Alt-Tempelhof: F reie Vereinigung Berliner Syndikalisten und Anarchisten: Gedenkveranstal- tung zum 70. Todestag von Dr. Gerhard Wartenberg Kurfürstendamm: „KAmpf DEm WEihnachtsterror!“ Systemfehler: F ilmabend mit anschließender Diskussion. Im Rahmen der ökoanarchistischen Filmreihe zeigen wir heute: „Unser täglich Brot“. Tempest: S oli-Schreibwerkstatt. Jeden letzten Dienstag im Monat laden wir euch ein ge- meinsam Gefangenen zu schreiben. 29. Dezember Zielona Gora: F AU: Soli-Abend für die Soziale Krankenstation der Solidarität Thessaloníkis (SKS). 31. Dezember Frankfurter Allee: Silvester zum Knast Turmstraße: Silvester zum Knast

 55 VERÖFFENTLICHUNGEN

Im Folgenden findet ihr eine Übersicht von Veröffentlichungen anarchistischer Bücher und Zeitschriften, die 2012 in Berlin erschienen sind, bzw. von berliner Gruppen oder Verlagen veröffentlicht wurden und einen anarchistischen Bezug haben.

Anarchist Black Cross Berlin Sägeblatt – Newsletter (Juli/August/September)

Anarchistische Föderation Berlin Dokument A: Berliner anarchistisches Jahrbuch 2011 Game Over – Lieber nicht. Politisch aktiv, ohne kaputtzugehen. Krise einfach erklärt

Anarchosyndikalistische Jugend Berlin (ASJ-B) Schwarzes Kleeblatt: Ausgaben Nr. 7 – 12

Archiv der Jugendkulturen Bernd-Udo Rinas: Veganismus. Ein postmoderner Anarchismus bei Jugendlichen?

Bibliothek der Freien Jochen Knoblauch und Sebastian Seibert: Akratie (1973–1981). Register. Mit einer biographischen Skizze Heiner Koechlins von Werner Portmann (Findmittel und Bibliographien der Bibliothek der Freien, Nr. 2)

Die Buchmacherei Philippe Kellermann Hg.: Anarchismus, Marxismus, Emanzipation Gerd Stange: Die libertäre Gesellschaft Cecosesola: Auf dem Weg. Gelebte Utopie einer Kooperative in Venezuela.

edition tranvía, Verlag Walter Frey Martin Baxmeyer: Das ewige Spanien der Anarchie. Die anarchistische Literatur des Bürgerkriegs (1936–1939) und ihr Spanienbild

Espero/Mackay-Gesellschaft Berlin Espero Nr. 70 – 74

Friends of Fritz Scherer Anarchy in Neukölln

Karin Kramer Verlag Johanna Rottenbach: Anarchie und Spiritualität – Selbstbestimmtes Leben als Therapieform Bernd Kramer: Vom Goldenen Hahn zum Heiligen Berg Athos – Bild- und Textwanderungen

Merve Verlag Simon Critchley: Mystischer Anarchismus. Aus dem Englischen von Ronald Voullié

Verbrecher Verlag Erich Mühsam: Tagebücher. Band 2. 1911–1912 Erich Mühsam: Tagebücher. Band 3. 1912–1914

56  VERÖFFENTLICHUNGEN/GRUPPENPORTÄTS GRUPPENPORTRÄTS A-Laden Die räumlichen Möglichkeiten (jetzt 43 qm, ehemals 105 qm) Gegründet wurde der A-Laden (Anarchisti- geben eine Funktion als auch libertärer Stadtteilladen nicht scher Laden Berlin) im November 1987 von der mehr her und das Konzept des libertären Infoladens hat sich Anarchistischen StudentInnen Initiative (AStI, durch die neue gesellschaftliche Kommunikationskultur seit 1984), der Projekt A-Gruppe Berlin und größtenteils überlebt – nur sinnvolle Aspekte davon werden freischwebenden AnarchistInnen aus FAU, GWR und ande- weiterverfolgt. Auch unser umfangreiches Archiv wird noch ren Zusammenhängen. einzudampfen sein (u.a. durch Digitalisierung und Weiter- gabe). Daher besinnt sich der Anarchistische Laden Berlin A-Laden / Freie Kultur Aktion e.V. auf seine Kernkompetenzen und bietet Informationen, Kon- Brunnenstr. 7 takte und ReferentInnen zu verschiedenen libertären The- 10119 Berlin (Mitte) men an. Öffnungszeiten: jeden Donnerstag von 18:00 bis 22:00 Uhr (mindestens; außer an Feiertagen) und nach Absprache Monatlich finden mindestens zwei A-Laden-Veranstaltun- Veranstaltungen: http://venyoo.de/user/events/1627/ gen unter dem Label „ALEx“ (A-Laden Experience) in der fkaev?m nahen Kulturschankwirtschaft BAIZ ( www.baiz.info ) und Verkehrsanbindung: U-Bahnhof Rosenthaler Platz (100m) zusätzlich z. T. anderswo statt, neuerdings auch mal im A- sowie diverse Busse und Tram. Laden selbst. Seit 11/2006 ca. 75 Veranstaltungen. Jährlich Telefon: Festnetz 030 - 228 052 37 im August versacken auch wir im schwarzen Sommerloch: Telefon mobil 0176 - 204 594 18 (nur während Büchertisch- keine Veranstaltungen, A-Laden aber auf! Einsatz oder Ähnlichem) Auf Absprache machen wir einen anarchistischen Leseabend Bei original (!) O2-Handy-Anschlüssen (0176 / 0179) und ins im A-Laden, bei dem wir uns nach Lust & Laune einen Text gesamte Festnetz können wir aus der Homezone kostenlos schnappen und beiläufig beim rundum Lesen diskutieren zurückrufen! (d.h. aus dem A-Laden) (Termine wechselnd: auf Anfrage). Internet: Demnächst wollen wir versuchen auch mal mehrtägige Se- Web: www.A-Laden.org minare zu einem Thema anbieten. [last update 12.2007 - relaunch in Arbeit] www.myspace.com/aladenberlin Zudem betreiben wir seit Jahren die anarchistische szenen- E-Mail: [email protected] oder [email protected] übergreifende Terminplattform „Das TerminAtor“ für Ber- oder [email protected] lin und Umland (www.terminAtorberlin.wordpress.com) – neueingerichtet, zur Zeit (1/2010) noch under construction Seid realistisch: Fördert das Unmögliche! und wegen Geldmangel vorläufig out of print. Ebenfalls un- Spendet was das Zeug hält! der construction, aber in der vorhandenen Version 12/2007 Konto-Nr. 489 767 107 · BLZ 100 100 10 noch online, ist www.A-Laden.org, die zu einem interakti- Postbank Berlin ven A-Wiki ausgebaut werden soll. Hiermit gibt es auch ak- Freunde der direkten Aktion (FddA) tuell Aktualisierungsprobleme, weil 12/2007 unser Freund (Die monatlichen nackten Fixkosten des A-Ladens betragen und Genosse Uli gestorben ist, der den Kram gemanaged hat z. Zt. 300 Euro !) … Ersatz als admin haben wir bisher noch nicht gefunden.

Der A-Laden soll in den kommenden Jahren zum modernen Zusätzlich finden sich unsere Termine neben anarchistisch-libertären Kompetenz- und Medienzentrum www.squat.net/stressfaktor auch aufvenyoo.de und bei ausgebaut werden und somit einer zeitgemäßen Aufgabe www.myspace.com/aladenberlin, sowie in verschiedenen gerecht werden. Dafür fehlen bisher noch die Mittel. Daher Programmplattformen und -zeitschriften. ist der Weg das Ziel und wir arbeiten perspektivisch weiter. Das Konzept der anarchistischen Dezentrale bleibt weiter Mit der direkten Nachbarschaft zu den Vereinsräumlichkei- in dem Sinn aktuell, als der A-Laden sich als Knoten- und ten des „Subversiv“ im ehemals besetzten Hauskomplex und Vernetzungspunkt versteht, der undogmatisch PROpagan- seinen 80 BewohnerInnen fühlen wir uns gut aufgehoben distisch eine libertäre Lebensauffassung in die Stadt Berlin, und eingebunden in den erkämpften Freiraum einer inter- Umland und darüber hinaus ausstrahlen und die weitge- nationalen alternativen Gemeinschaft. hende Unwissenheit über die Ideenwelt des politischen An- Der A-Laden hält, zum Teil engen, Kontakt zu den weitaus archismus vermindern soll. meisten anderen libertären Gruppen Berlins.

 57 Anarchist Black Cross Desweiteren versuchen wir die Theorie des Anarchafemi- Anarchist Black Cross Berlin ist ein anarchis- nismus zu verbreiten und praktisch anzuwenden. tischer Zusammenschluss von Individuen, Zur Vernetzung anarchistisch geprägter Gruppen stellen welche sich seit einigen Jahren zusammenge- wir uns eine plattformistische Organisationsform vor (frei funden haben und von einem gemeinsamen nach der „Organisationsplattform libertärer Kommunisten Hass gegen diese kapitalistische Gesellschaft – ein Entwurf“). und deren Formen des Wegsperrens geprägt sind. Unser Schwerpunkt liegt primär in der Unterstüt- zung anarchistischer und sozialer Gefangener, tendenziell Anarchistische Föderation Berlin von allen Gefangenen die sich gegen diese Gesellschaft der Die anarchistische Föderation Berlin (afb) Ausbeutung und Vereinzelung wehren und ihren Kampf organisiert sich als hierarchiefreier Bund mit emanzipatorischen Inhalten füllen. Allerdings wollen anarchistisch orientierter Gruppen und wir weder eine reine „Gefangenen-Unterstützungs“-Gruppe einzelner Freund_Innen der Anarchie auf sein, noch eine, die sich nur mit politischen Gefangenen Grundlage von Freiwilligkeit und Gemein- beschäftigt, weil wir generell alle Knäste, Abschiebeknäs- sinn. Voraussetzung dafür sind Offenheit, te und jegliche Zwangsanstalten ablehnen: Sie sind keine Transparenz und Kommunikation, sowie Lösung für soziale Konflikte, welche aus der aktuellen -Or kontinuierliche Reflexion. ganisierung der Gesellschaft entstehen. Auf Grund dessen ist es uns wichtig Antiknastarbeit zu machen, um zu ver- Die afb besteht nun seit fast sechs Jahren. Die „Basis-Struk- deutlichen, wieso Zwangsanstalten besser Baulücken sein tur“ reift langsam zu einer echten Föderation. Die bisherigen sollten. Durch die Herausgabe einer drei-monatlichen Zei- Gruppen – die Anarchistische Radiogruppe Berlin, die Bil- tung (der „Entfesselt“), in Form von Flyern und Broschüren, dungsgruppe und die GruppeX sowie B.O.N.E. – sind, trotz die Organisierung von Aktionen wie Kundgebungen und unterschiedlich ausgeprägter Aktivitäten, weiter in der AFB Demos vor Knästen, von Infoveranstaltungen zum Thema föderiert (bzw. assoziiert). Im November 2011 stieß mit der Knastkritik und über Gefangene usw., versuchen wir in der Anarchistischen Gruppe Neukölln eine weiteres föderiertes Szene und im Rest der Gesellschaft bestimmte Diskussionen Mitglied hinzu. zu provozieren oder weiter zu führen. Wir versuchen auch Antirepressionsarbeit in einen Kontext zu stellen, indem es Im Jahr 2011 wirkten wir sehr stark am Neuaufbau des Fo- darum geht, dass es nicht nur, wenn ein §129a gegen uns rums deutschsprachiger Anarchist_innen (FdA) mit, in dem angewendet wird, es wichtig ist Antirepressionsarbeit zu verschiedene Gruppen aus der BRD und der Schweiz orga- machen, sondern dass dies immer mit der Infragestellung nisiert sind. des gesamten Knastsystems verbunden werden muss. Die Abschaffung aller Zwangsanstalten sehen wir nur inner- Wir hoffen, die sich entwickelnden neuen Strukturen -kön halb eines Prozesses, der die gesamten aktuellen Zustände nen die föderierenden Gruppen in ihrer Arbeit unterstützen, umwirft. ihren Austausch und das gemeinsame Nutzen von Ressour- Für eine Gesellschaft ohne Knäste! cen erleichtern und so auch für andere Gruppen interessant wirken. Was uns dabei umtreibt, ist auch der Wunsch -an Anarchist Black Cross Berlin archistische Strukturen, die über die Größe von einzelnen c/o M99, Manteuffelstrasse 99, 10997 Berlin Gruppen oder Projektzusammenschlüssen hinausgehen, Web: www.abc-berlin.net aufzubauen sowie anarchistisches Organisieren von - um E-Mail: [email protected] fangreichen und komplexen Strukturen, wie es Grundlage von anarchistischen Gesellschaften sein könnte, in der- Pra xis zu erproben und weiter zu entwickeln. Anarchist_innen aus deinem Kiez Als kommunistische Anarchist_innen in Büro: Anarchistische Föderation Berlin (afb) Neukölln haben wir, Anarchist_Innen aus New Yorck im Bethanien deinem Kiez, ein breites Arbeitsfeld. Der Mariannenplatz 2a sozialrevolutionäre Kampf steht im Vorder- 10997 Berlin grund unserer Arbeit. Offenes Plenum: 1. Sonntag des Monats 16 Uhr Web: afb.blogsport.de Die Unterstützung von Inhaftierten, Begleitung bei Ge- E-Mail: [email protected] richtsprozessen, Organisieren von Hilfen zu Repressions- kosten über Solikonzerte und -tresen, Veranstalten von De- Gruppen und Projekte der AFB: monstrationen, Organisieren von Anti-Nazi-Protesten und GruppeX Infoveranstaltungen sind weitere Felder unserer Arbeit. E-Mail: über die AFB-Adresse erreichbar

58  GRUPPENPORTÄTS

Bildungsgruppe men mit anderen Gruppen sind wir Teil des Hausprojekts Workshop zum Thema Herrschaftskritik NewYorck59 und arbeiten gemeinsam an der Gestaltung ei- E-Mail: [email protected] nes selbstverwalteten sozialen, kulturellen und politischen Zentrums im Bethanien von unten. B.O.N.E. Lese- und Diskussionsgruppe Wir machen regelmäßig jeden 2. und 4. Montag im Monat Treffen im New Yorck im Bethanien: 1. Mittwoch im Monat Veranstaltungen und vegane Vokü. Ab 18:00 Uhr gemeinsa- Web: www.bone-net.de mes Kochen zum Mitmachen und Kennenlernen. Essen und E-Mail: [email protected] Veranstaltungen dann ab 20 Uhr.

Anarchistische Radiogruppe Berlin Anarchistisches Infocafé Web: aradio.blogsport.de/ New Yorck im Südflügel vom Bethanien E-Mail: [email protected] Mariannenplatz 2a 10997 Berlin Anarchistische Gruppe Neukölln (AGN) Web: anarchistischescafe.blogsport.de Die Anarchistische Gruppe Neukölln gründete sich im E-Mail: a-infocafé@riseup.net Herbst 2010. Ein wichtiger Grund war auch das Bedürfnis unsere verschiedenen Erfahrungen, die wir in Initiativen, Gruppen und anderen Zusammenhängen an verschiedenen Anarchosyndikalistische Jugend Berlin Orten gesammelt haben, zu diskutieren und gemeinsam für Die Anarchosyndikalistische Jugend Berlin ver- die Perspektive einer herrschaftsfreien und solidarischen steht sich als Kultur- und Kampforganisation Gesellschaft zu streiten. nach Selbstverwaltung strebender Jugendlicher. Seit November 2011 ist sie in der afb föderiert. Ziel ist es, die gesellschaftliche Selbstverwal- Web: anarchistische-gruppe.org sowie auf tung in allen Lebensbereichen umzusetzen, um linksunten.indymedia.org/user/411/blog so letztendlich eine Gesellschaft ohne Herrschaft des- Men E-Mail: [email protected] schen über den Menschen zu verwirklichen. Ihre Mitglieder setzen sich zusammen aus SchülerInnen, Studierenden, Aus- Tresen der AGN zubildenden und jungen Menschen mit und ohne Arbeit. In Jeden 2. und 4. Freitag im Monat in der Erreichbar (Reichen- unserer alltäglichen Arbeit organisieren wir sowohl kultu- berger Straße 63a, Berlin-Kreuzberg) relle Veranstaltungen wie z.B. Lesungen, Info- und Diskus- sionsabende, Filmvorführungen, Konzerte und Partys, aber Anarchistischer Stammtisch auch unsere eigenen Bedürfnisse z.B. in Bildungseinrich- · J e den 2. Donnerstag im Monat in der Tempest Library: tungen, am Arbeitsplatz, etc. Die Mittel zur Durchsetzung Reichenbergerst. 63a (Kreuzberg) unserer Bedürfnisse wählen wir selbst und gemeinsam. · J e den 4. Dienstag im Monat im Café Morgenrot: Dabei können Demonstrationen, Kundgebungen und Ver- Kastanienallee 85 (Prenzlauer Berg) anstaltungen, aber auch direkte Aktionen wie Blockaden, Bitte unbedingt auf dem afb-Blog checken, ob beide Streiks und Besetzungen eine Rolle spielen. Es erscheint Termine stattfinden uns als sinnvoll und notwendig alltägliche politische, sozi- ale und ökonomische Kämpfe mit unseren herrschaftsfrei- Schwarz-bunte Seiten Berlin: en Ideen und Anschauungen zu verknüpfen. Wenn Du also Web: www.schwarz-bunte-seiten-berlin.org/ deine Interessen und Bedürfnisse nicht mehr anderen über- E-Mail: [email protected] lassen, sondern selbst handeln willst, komm zu uns! Lass uns kreativ daran arbeiten und gemeinsam und solidarisch Lösungen finden. Anarchistisches Infocafé Es ist Zeit sich zu organisieren, denn allein machen „sie“ Das Anarchistische Infocafé will - Im dich ein. pulse geben, wie eine herrschaftsfreie Gesellschaft aussehen könnte und Anarchosyndikalistische Jugend Berlin Wege zu ihrer Umsetzung aufzeigen. Plenum jede Woche Dienstags 18.00 Uhr Dazu bietet es die Möglichkeit, eman- FAU-Lokal zipative Ideen und Aktionen vorzustellen, herrschaftskriti- Lottumstraße 11 sche Bewegungen in vergangenen und heutigen Zeiten zu 10119 Berlin untersuchen und so nicht nur unsere Vorstellungen von einer (U2 Rosa-Luxemburg-Platz / U8 Rosenthaler-Platz) herrschaftsfreien Gesellschaft zu hinterfragen, sondern auch Web: http://asjberlin.blogsport.de/ Organisierungs- und Aktionsformen vorzustellen. Zusam- E-Mail: [email protected]

 59 Antifaschistische Initiative Nord-Ost¶ Bibliothek der Freien Wir, die Antifaschistische Initiative Nord- Anarchistische Bücherei im Haus der Demokratie Ost AINO, sind eine Gruppe junger Leute, Greifswalder Str. 4, 2. Hof, Raum 1102 die unabhängige, undogmatische Antifa- 10405 Berlin-Prenzlauer Berg Politik mit regionalem Schwerpunkt in Web: www.bibliothekderfreien.de den Bezirken Weißensee und Hohenschön- E-Mail: DieFreien@BibliothekderFreien hausen machen. Zu unserer politischen Arbeit: Jeden vier- ten Donnerstag im Montag veranstalten wir im alternati- ven Jugendklub „Bunte Kuh“ in der Bernkasteler Str. 78 in Dirty Immigrant Crew¶ Weißensee unser Antifa-Café. Dabei gibt es fast immer eine We, the Dirty Immigrant Crew, do diffe- Infoveranstaltung, wie z.B. zu Repression, Computer-Sicher- rent activities and political work. heit oder auch zu den Pogromen vor 20 Jahren in Rostock- Lichtenhagen. Wir möchten mit dem Antifa-Café einen -An First, we have our gigs and parties. They laufpunkt für Antifaschist_innen schaffen und linke Inhalte happen under specific, different, thematics in den Jugendklub und in den Kiez tragen. Bei theoretischen such as presenting bands from the so called „third world“ Veranstaltungen belassen wir es aber nicht, sondern gehen countries, supporting solidarity networks and bringing to- auch praktisch gegen Neonazis vor. So gehen wir schon -ein gether people by the means of fun. During those occasions mal im Plattenbaugebiet plakatieren, was ja sonst niemand we distribute our friendly propaganda. We also support macht. Wichtig ist uns, unsere Kieze frei von rechter Propa- autonomous collectives and initiatives in countries outside ganda, seien es Plakate oder Aufkleber, zu halten. Europe and the so called „first world“, but above all we try to support immigrants from everywhere outside north Eu- Ihr erreicht uns an jedem 4.Donnerstag bei unserem Tresen ropean countries or the global north in the difficulties they in der Bunten Kuh (Bernkastelerstr. 78, 13088 Berlin-Wei- have with racist authorities. Some of us are here many ye- ßensee) ars and we know some tips to make your life easier here. If this is your case, contact us, we will deal with it in total AINO c/o Buchladen zur schwankenden Weltkugel, privacy and confidentiality. In this way we want to make a Kastanienalle 85, 10435 Berlin forum, an area of discussion of sensitive topics of migration, Web: aino.blogsport.eu sexism, racism, discrimination, and the interaction of sub- E-Mail: [email protected] culture or scenes from „industrialized countries“ and „third world countries“. We have noticed, we often agree in more than 80% of the things. However there have been some fric- Bibliothek der Freien tions caused by different ways of seeing some things and Seit Dezember 1993 gibt es eine an- in the way of proceeding and react towards some specific archistische Bücherei in Berlin,- zu situations. We believe than discussing about it, we can learn nächst unter dem Namen BARBATA, more from each other. If you are interested in any of this seit August 1996 als Bibliothek der ideas and want to participate, don’t hesitate to contact us. Freien. Ziel der Bibliothek ist es, Pub- likationen zur anarchistischen Theorie und Praxis der inter- Web: dirtyimmigrant.wordpress.co essierten Öffentlichkeit zugänglich zu machen und auf diese Weise zur Kenntnis der libertären Ideen beizutragen, deren Relevanz und Aktualität gerade in Deutschland noch immer Freie ArbeiterInnen Union Berlin unterschätzt wird. Unsere Bibliothek umfasst mehr als 3000 Bücher und Broschüren zu Geschichte und Gegenwart des internationalen Anarchismus und ca. 500 aktuelle und ver- blichene libertäre Zeitschriftentitel. Die Freie ArbeiterInnen Union (FAU-IAA) ist eine anarcho- syndikalistische Selbstorganisation von ArbeiterInnen mit Bedeutsam ist auch der Archivbereich, der zur Zeit 10- Ar dem Ziel einer herrschaftsfreien, auf Selbstverwaltung be- chivfonds umfasst, unter anderem zum Anarchismus im gründeten Gesellschaft. Wir Anarcho-SyndikalistInnen- ha Spanischen Bürgerkrieg und zum anarchistischen Wider- ben die herrschaftsfreie, auf Selbstverwaltung begründete stand in der Nazizeit. Zur Beratung steht während der Öff- Gesellschaft als Ziel. Die Selbstbestimmung in allen Lebens- nungszeiten immer jemand zur Verfügung. bereichen ist die grundlegende Idee des Anarcho-Syndika- lismus. Öffnungszeiten: freitags 18 – 20 Uhr & nach Vereinbarung Veranstaltungen in der Regel am letzten Freitag im Monat. Daher lehnen wir die Organisation unserer Interessen in zentralistisch aufgebauten Organisationen ab, da diese stets

60  GRUPPENPORTÄTS

Machtkonzentration und Hierarchie bedeuten. Weder soll, Jemand, an den bzw. an die wir erinnern wollen, vor dem noch kann mensch mit StellvertreterInnen-Politik wie sie Vergessen bewahren. Auch, um Kontinuität aufzuzei- z.B. von reformistischen Gewerkschaften, Parteien und -Kir gen. Nach ein wenig Recherche sind wir auf Fritz Scherer chen betrieben wird, unsere Interessen durchsetzen.Dage- gestoßen und haben uns für ihn als „Namenspatron“ ent- gen sind wir direkt und indirekt lohnabhängigen Menschen schieden.* für Selbstorganisation in unabhängigen Betriebs-, Branchen und Ortsgruppen. Diese sind bundesweit (in der FAU) und Im März 2012 haben wir begonnen, in Neukölln „anarchis- international (in der IAA - Internationale ArbeiterInnen tische Abende“ mit Volksküche und Infoveranstaltungen zu Assoziation) zusammengeschlossen. verschiedenen Themen zu organisieren. Bisher ging es um: Gai Dao und die FdA, Refugee Struggles, „CNT – anarcho- Zur Durchsetzung unserer Ziele und Forderungen dienen syndikalistische Sicht auf die ´Krise´ in Spanien“, Knast und uns sämtliche Mittel der Direkten Aktion, wie z. B. Beset- Knastkämpfe in Deutschland, Anarchy in Neukölln, Fritz zungen, Boykotts, Streiks etc. Im Gegensatz dazu lehnen Scherer, Frauen in der „Spanischen Revolution“, Knastkämp- wir die parlamentarische Tätigkeit in jeglicher Form ab. fe in Griechenland. Darüber hinaus haben wir gelegentlich Mit dieser Art von Organisation verbinden wir die Mög- „Anarchistische Kaffeeklätsche“ organisiert, bei denen es lichkeit, Vereinzelung und Perspektivlosigkeit aufzuheben vorzüglichen Kuchen und interessante Diskussionen gab. und so für eine revolutionäre Veränderung auf freiheitlicher Grundlage zu kämpfen. Wir sind eine buntgemischte Gruppe, die in „Entwicklung“ ist und auch sein wird, da wir offen zu neuen Ideen/Men- Da die Macht und die Stärke des kapitalistischen Systems schen bleiben wollen. So befinden wir uns in einem ständi- in der privaten bzw. staatlichen Verfügungsgewalt über die gen Austausch über unsere Verständnisse und Utopien und Produktionsmittel und in der tagtäglichen Ausbeutung der können voneinander lernen. Somit wollen wir auch eine arbeitenden Klasse begründet sind, ist der ökonomische Austausch-Atmosphäre schaffen, in welcher mit dem Zweck Bereich der Hauptansatzpunkt für den antikapitalistischen der gegenseitigen Stärkung, diskutiert wird und in der ver- Kampf. schiedene anarchistische Ideen und Menschen miteinander zusammen kommen können, wo Anarchismus „entghetto- Revolutionäre Arbeit in den Betrieben trifft den Kapitalis- isiert“ wird, in der auch nicht nur aus und über dem nord- mus nicht nur in seinen Erscheinungsformen, sondern an europäischen und nordamerikanischen Raum gesprochen seiner Wurzel. Diese Arbeit kann nur erfolgreich sein, wenn wird. in allen gesellschaftlichen Bereichen gleichzeitig revolutio- näre Arbeit geleistet wird, da alle Kämpfe in einer Wechsel- Wir freuen uns auf eure Unterstützung und auf euren beziehung zueinander stehen. Besuch!

FAU Berlin *Wer mehr über Fritz Scherer (und seine „Friends“;) erfahren möchte, lese Lottumstraße 11 bitte auf unserer Website nach. 10119 Berlin (U2 Rosa-Luxemburg-Platz / U8 Rosenthaler-Platz) Web: friendsoffritzscherer.net Telefon: +49 (0) 30 287 008 04 E-Mail: [email protected] Fax: +49 (0) 30 287 008 13 Offenes Büro: Freitags 16 – 20 Uhr Web: www.fau.org North East Antifascists E-Mail: faub(a)fau.org Als Gruppe hat sich die NEA-North East Antifascists im Sommer 2007 formiert. Den Anstoß für diesen Schritt war die Friends of Fritz Scherer Diskussion darüber, wie sich linksra- Namenssuche. Unendliche Weiten. dikale Politik in den Berliner Bezirken Irgendwas Lokales soll es sein – der Kiez- Weißensee, Prenzlauer Berg und Pankow wieder sichtbarer bezug ist uns wichtig! gestalten lässt. Nicht dass es gerade in dieser Gegend nicht schon eine Vielzahl an Gruppen gäbe, nur bleiben hier auch Langes Hin- und Herüberlegen. viele der bestehenden Strukturen hinter ihren Möglichkei- ten zurück und auch die Thematisierung anderer Missstände Die Lösung: Wir suchen eine historische Figur des Anarchis- außer „Nazis“ bleibt arg auf der Strecke. Um dem Fortschritt mus in Berlin-Neukölln! Jemand, der oder die hier lebte, hier in den Sattel zu helfen, arbeiten wir seitdem theoretisch und aktiv war, hier kämpfte, zumindest für eine gewisse Zeit. praktisch in den verschiedenen linken und linksradikalen Aktionsfeldern. Der Streit über Begrifflichkeiten und ideolo-

 61 gische Befindlichkeiten sind für uns nicht so wichtig, dafür Tempest Library sind wir und dazu ist die radikale Linke in der BRD gesamt- Put simply, Tempest is a multi-lingual gesellschaftlich zu unbedeutend. Selbst verstehen wir uns anarchist library. Situated in 63a Rei- als radikal und emanzipatorisch. Dass wir unseren Platz in chenbergerstrasse, it contains books, diesem Heft gefunden haben, lässt allerdings schon tief bli- pamphlets and texts relating to the cken, wessen Geistes Kind wir sind. Staatsapologeten und theory and history of anarchist and Nationenfreunde wird mensch bei uns schwer finden. Einen social struggles. Staatskapitalismus wie er im Ostblock lange existierte, als Alternative zum Kapitalismus ist für uns z.B. nicht so das But the intention behind Tempest was, and still is, to be Gelbe vom Ei. more than a library, reproducing the texts one will see time and time again in any radical library, and manipulating Die Basisorganisierung z.B. im Räteprinzip schmeckt uns thought in a vacuum completely ostracised from reality. The wesentlich mehr. „Libertär“ als bindende politische Selbst- desire is to move beyond its four walls, acting and reacting definition zwischen den Anarchist_Innen und Kommunist_ to the fluidity of social situations we, as part of a brutally Innen innerhalb der Gruppe ist daher etwas allgemein, aber oppressed majority, find ourselves in. auch sehr treffend. Wir stehen ein für eine Welt fernab von Kapitalismus und für eine solidarische und befreite Gesell- There is space to meet, discuss, give presentations and show schaft, ohne Konkurrenz und Leistungsdruck sowie Verwer- films. Ideas, be they for change or continuation, are welco- tungszwang. med, and there is always space for critique of the project and its space. As the logic of so many left-radical spaces Anarchism & Libertarian – demands that one goes to them, Tempest looks to leave its One-way ticket to freedom! cave and venture out, covering the streets of Capital’s with NEA-North East Antifascists signs of rebellion. c/o Buchladen Schwarze Risse Kastanienalle 85 Being a legal space, individual monthly donations cover the 10435 Berlin rent, and irregular benefit parties help with additional costs. Web: nea.antifa.de Of course, more money is always welcomed, so if you are E-Mail: [email protected] interested in contributing just get in touch via the website or drop by.

Opening hours: Tuesday & Thursday: 16:00 – 20:00 Friday & Sunday: 14:00 – 18:00 Web: www.tempestlibrary.com

62 