Gegen(D)Darstellung

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Gegen(D)Darstellung jungeDie Tageszeitung Welt Beilage der Tageszeitung junge Welt Sonnabend/Sonntag, 29./30. November 2008, Nr. 279 weit für unbenutzbare Häuser, sinnfreie Stadtmöbel oder z. B. einen gigantomanischen, aber nicht für Bahnbenutzer geeigneten Hauptbahnhof in Berlin sorgt. Architekten sind Stararchitekten und fahren nicht mit der Bahn, arbeiten nicht in Bürowaben, sondern haben Privatjets und eine Insel zu haben. Wo Autokonzerne Banken sind, die auch Fahrzeuge auf den Markt werfen, funktionieren Banken nicht und die Automobile sind moralisch und technisch verschlissen, bevor sie die Fabriken verlassen. In der bildenden Kunst ist das Fragment unter solchen Verhältnissen hochsubventionierte Stilikone; aus Unbildung resultierender Eklektizismus wird gegen klassische Kunstformen als Ausdruck von Freiheit, Gleichheit oder andere Beschreibungen humaner Gesinnung, mit deren Relikten sich der Casinokapi- talismus der Investmentbanken und der Steinbrücks gern modisch ausstaffiert, in Stellung gebracht. Was übers Gewerbe hinausgeht, ist in dieser Welt Luxus. Da reicht es weder für öffentliche Schulen, die Lesen und Schreiben für alle gewährleisten, noch für ein Gesundheitswesen, das allgemein ge- sund macht, schon gar nicht für historische Bildung oder für Förderung von Kunst, die sich dem Waren- wahn der Kunstkrämer in Behörden, Medien und Galerien verweigert. Denn Voraussetzung für die Symbiose von Investmentbankern und jenen, die ihnen Kunst an ihrem Gesellschaftsbau liefern, ist, daß nicht über dessen Kellergeschosse hierzulande oder im Süden des Erdballs gehandelt wird. Nur die oberen Etagen gewähren, wie Max Horkheimer vor fast 80 Jahren in der letzten Weltwirtschaftskrise schrieb, einen schönen Ausblick auf den gestirnten Himmel. Nur dort gilt das Sittengesetz. Wer über die soziale Frage nicht reden will, schweigt natürlich auch von deren Geschichte. Auf dem Rosa-Luxemburg-Platz, der dazu viel histori- schen Stoff liefern könnte, findet sich der Name Rosa Luxemburgs auf den Straßenschildern und auf Haackes Zitatenplatten. Auf die stößt nur der, der auf sie tritt und nach unten blickt. Eine Einrichtung, in der die Geschichte des Platzes geschildert oder gar Biographisches zu der Revolutionärin mitgeteilt wird, gab der Etat für den teuren Umbau des Platzes unter der Ägide des Kultursenators (2002 bis 2006) Thomas Flierl (PDS) nicht her. Dafür gibt es einen generellen Grund: Denkmäler konnte die Bundes- republik noch nie und kann sie nicht, wie sich nicht nur rund ums Brandenburger Tor besichtigen läßt, es sei denn, man hält Betonklotzzusammenstellungen für solche. Und einen speziellen: Der herrschenden Phobie vor aufklärerischer Geschichte entspricht die Dominanz staatsfrommer Legendenbildungen. die wilhelminische Formen angenommen hat: Wie herrlich weit wir es gebracht haben. Speziell die Ge- schichte der Arbeiterbewegung und die DDR können da nur sehr schlecht abschneiden. Hinzu kommt: Wichtige ostdeutsche Mandatsträger der PDS bzw. der Linkspartei lassen sich bei der Verunglimpfung und antikommunistischen Hysterisierung dieser Ge- schichte ungern von anderen übertreffen. BIEBL Der erreichte Grad an Dummheit und Unwissen- heit drückte sich in der Erregung aus, die jüngst die rolf bloße Erwähnung der Verantwortung von Sozialde- ARCHIV mokraten für die Ermordung Rosa Luxemburgs in einem Interview, das die hessische Landtagsabge- ordnete Janine Wissler im September jW gegeben hatte, in Wiesbaden auslöste: »Geschichtsklitte- rung« war noch das mildeste, was da verlautete. Der Gegen(d)darstellung Furor der Bilder- und Denkmalstürmer von 1990 ff ist noch lange nicht gewichen, er steigert sich gera- Im Januar soll ein Duplikat der Rosa-Luxemburg-Statue von de wieder. Erst jüngst setzte die Berlin-Ausgabe von Bild den Abriß des Thälmann-Denkmals im Prenz- Rolf Biebl am Rande des Platzes, der den Namen der lauer Berg wieder auf die Tagesordnung. Der Berliner Kulturetat hätte genug Möglichkei- Revolutionärin trägt, aufgestellt werden. Sie wird dort zwischen ten, z. B. den Wandel der Namen des heutigen Rosa- Luxemburg-Platzes darzustellen und zu erläutern. allerlei Kunst stehen. Von Arnold Schölzel Laut Lexikon hieß er von 1907 bis 1910 Babels- berger Platz, wurde dann nach des Kaisers Reichs- nde Oktober/Anfang November 2008 ins Pflaster zurückgelegt und festgeklopft hatten, kanzler von Bülow benannt und 1933 von den Nazis fanden vor der Volksbühne am Berli- d. h.: Sinnvolle Sätze waren nicht mehr zu lesen. zum Horst-Wessel-Platz gemacht. 1945 bis 1947 ner Rosa-Luxemburg-Platz Bauarbeiten Das wurde – nach Rückfrage der jW-Redaktion hat er demnach Liebknechtplatz geheißen, danach Estatt. Das Straßenpflaster wurde aufge- bei der Volksbühne – so rasch korrigiert, daß keine Luxemburgplatz und seit 1969 Rosa-Luxemburg- rissen und einige der 60 Platten, die der Künstler fotografische Dokumentation mehr möglich war. Platz. Nicht gerade unwichtige Stationen eines Jahr- Hans Haacke dort 2006 in Gehwege und Fahrbah- Die hätte die Redaktion gern gemacht, denn die hunderts deutscher Geschichte sind da angedeutet. nen eingelassen hatte, wurden zeitweise entfernt. Angelegenheit war symbolisch für den zeitgenös- Außerdem: Eine der größten Parteien der Weimarer Die Platten tragen Zitate und Fragmente aus Rosa sischen Umgang mit Platz und Namensgeberin: Es Republik, die KPD, erwarb 1926 an diesem Platz Luxemburgs Schriften. Nach Abschluß der Arbei- herrscht jene Beliebigkeit, die als künstlerischer, ein Bürohaus für zentrale und regionale Parteiein- ten informierten Passanten die jW-Redaktion, daß architektonischer und städtebaulicher Ausdruck die Bauarbeiter die Fragmente puzzleartig wieder des neoliberalen Wahns der letzten Jahrzehnte welt- Fortsetzung auf Seite zwei O ein denkmal für rosa für denkmal ein 2 ein denkmal für rosa Sonnabend/Sonntag, 29./30. November 2008, Nr. 279 junge Welt O Fortsetzung von Seite eins authentischer Gedenkort wie die Ernst- einer Beschlußvorlage zu entnehmen, die bung für deren Gestaltung zu gewinnen. Thälmann-Gedenkstätte in Ziegenhals vorsah, Ingeborg Hunzinger »für ihre In- Der Vorstand der PDS ging bei seinem Rosa Luxemburg, ge- richungen, für das sich, sagen Historiker, bei Berlin aber zum Abriß freigegeben itiative, Rosa Luxemburg durch ein von Beschluß auch davon aus, daß angesichts boren am 5.3.1871 in danach der Name Karl-Liebknecht-Haus werden soll, ist solche Zusammenstel- der PDS gestiftetes Denkmal im Berliner der Überhäufung Berlins mit feudalen Za mosc (Polen), am einbürgerte. Hier arbeitete Ernst Thäl- lung nicht verwunderlich. Das eine ist Stadtraum zu ehren«, zwar zu danken, und militaristischen Erinnerungspunkten 15. Januar 1919 in Berlin mann, woran eine Gedenktafel erinnert, so monströs-reaktionär wie das andere: aber andererseits von der Realisierung mehrere an Rosa Luxemburg – sowie an zusammen mit Karl hier folterten nach Verhaftung und Er- Die Menschenschinder und ihre Opfer des vorgelegten Denkmalentwurfs am Karl Liebknecht – erinnernde Denkmale Liebknecht von Soldaten mordung ungezählter KPD-Mitglieder verschwinden hinter Gleichsetzung des Karl-Liebknecht-Haus – der Zentrale von zum notwendigen Gegengewicht beitra- der Garde-Kavallerie- ab dem 8. März 1933 Politische und Ge- »Gedenkens« - eine Methode, mit der PDS bzw. heutiger Linkspartei – »ab- gen könnten. Schützen-Division heime Staatspolizei, hier forschten zu in der Bundesrepublik stets die reaktio- sehen« zu wollen. Auf Anregung von Mit Sätzen wie diesen skizzierte Klaus ermordet. Die Täter DDR-Zeiten Mitarbeiter des Instituts für näre Blutspur der deutschen Geschich- Klaus Höpcke, ehemals stellvertretender Höpcke am 9. Januar 1999 die Beschluß- handeln im Auftrag der Marxismus-Leninismus beim Zentralko- te geleugnet und verdrängt wurde und Kulturminister der DDR und 1998 PDS- lage der PDS. Er sprach aus Anlaß der Führung der Mehrheits- mitee der SED. wird. Im Internet liest sich das bei dem Landtagsabgeordneter in Thüringen, Aufstellung des Denkmals von Rolf sozialdemokratie, na- Berichtet wird darüber an diesem Ort Verein, der sich die Website www.rosa- folgte der Parteivorstand nach längerer Biebl im Eingang des Karl-Liebknecht- mentlich Friedrich Ebert kaum. Der Blick ist der Zukunft zuge- luxemburg-platz.de gesichert hat, so: Diskussion diesem Vorschlag nicht, son- Hauses. Das Antieiszeitkomitee – eine und Gustav Noske. wandt. Am 29. Mai verkündete Springers »Das Projekt reproduziert keine Manife- Berliner Vereinigung PDS- bzw. der Berliner Boulevardblatt BZ: »Rosa-Lu- station spektakulärer inszenierter Reprä- Linkspartei naher Künstler – hatte die xemburg-Platz wird Rosa-Luxus-Platz«, sentationen geschichtlicher Momente im Initiative ergriffen und den 80. Jahrestag und schrieb: »Schwarz, verschachtelt, öffentlichen Raum, vielmehr ist das Phä- Spenden für der Ermordung Rosa Luxemburgs und dreieckig: Das spektakuläre Wohnhaus, nomen jener Erinnerungskultur in Form Karl Liebknechts zum Anlaß genommen, das an der Ecke Rosa-Luxemburg-Platz/ von Denkmälern der Gegenstand der Re- um das Denkmal einzuweihen. Linienstraße entsteht, ist auf die Bedürf- flexion.« Die in die Dutzende gehenden Rosa gesucht! Die Aufregung darüber war in Teilen nisse von Kunstsammlern zugeschnit- Berliner Denkmäler des preußisch-deut- der PDS groß. Es handele sich um eine ten. Fertig ist das sechsstöckige Haus schen Adels, der Kriegsverbrecher vieler »Nacht- und Nebelaktion«, wie der dama- im Sommer 2009. ›Einen Beitrag zur Jahrhunderte, werden so in den an zwei Wir bitten, lige Baustadtrat des Bezirks Berlin-Mitte klassischen Moderne, einladend und ab- Händen aufzuzählenden
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