WegeWege nachnach AthenAthen
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2004
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Nr.
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Offizielles Organ des Deutschen Fechter-Bundes e. V. 23. Jahrgang
FECHTSPORT 1 INHALT & EDITORIAL Inhalt Olympia-Jahre: Prickelnder als sonst Editorial ______3
Fechtforum ______4
Schwerer Weg nach Athen Olympia 2004 ______6
Zurückblickend auf die Ergebnisse der letzten Weltmeisterschaften Trainer machen Geschichten _9 in Havanna sah es für die Aktiven des Deutschen Fechter-Bundes recht positiv aus, sich für die Olympischen Spiele in Athen zu quali- fizieren. Für jeden Athleten, aber auch für den Verband, ist eine Teilnahme an Degenherren ______11 diesem Topereignis von besonderer Bedeutung, bestimmt doch das Ergebnis maßgeblich die Förderung für die nächsten vier Jahre! Daher war die Konzentration auf die Spiele auch die wichtigste leistungssportliche Aufgabe Brüderpaar Kraus ______13 der Saison.
Inzwischen sind aber einige Weltcupturniere und Mannschaftsweltcups mit Perspektivkader ______14 mehr oder weniger guten Erfolgen besucht worden und haben einiges verän- dert. Bisher haben sich zum einen die Herrenflorettfechter qualifiziert, die nach dem Erfolg von Havanna mit zwei weiteren Siegen im Mannschafts- Landesverbände ______17 weltcup ihre Position hinter Italien gefestigt haben. Zum anderen dominieren unsere Degendamen zur Zeit auf Platz eins der Qualifikation und haben sogar die Ungarinnen hinter sich gelassen. Noch zwei Chancen haben die Menschen im Sport______30 Degenherren in Paris und Vancouver, um ihre Olympiateilnahme zu sichern. Daniel Strigel wird der Mannschaft nach seinem Kreuzbandriss wieder zur Verfügung stehen und hoffentlich das Degenschiff in die richtige Richtung Leserbrief ______33 steuern helfen.
Die Säbelherren konnten nach ihrem mäßigen Abschneiden in Paris und Termine & Impressum _____34 Gödöllö die Scharte in Eislingen nicht mehr auswetzen. Ein zweiter Platz nach der Finalniederlage gegen Italien nütze dem Team von Bundestrainer Joachim Rieg nichts mehr. Um den Azzurri das Olympiaticket noch weg- schnappen zu können, hätte Italien gar nicht erst in den Endkampf kommen dürfen. Schade, dass es nicht mehr gelungen ist!
Der Qualifikationsmodus für „Athen 2004“ durch Anwendung des Universalitätsprinzips und die Aufnahme von Damensäbel ins olympische Programm machen es insgesamt für die europäischen Verbände schwer, sich klar für das Olympiaturnier zu qualifizieren – und unsere Aktiven spüren dies. Wie allgemein bekannt, wurde durch das Einfügen von Damensäbel keine zusätzlichen Medaillen genehmigt: es bleibt bei 10 Wettbewerben und 200 Aktiven! Dafür ist dann garantiert, dass Fechten bis zu den Olympischen Spielen 2012 im Programm bleibt. Damenflorett- und Damensäbelmann- schaften werden dafür im Juni d. J. Weltmeisterschaften in New York austra- gen. Sollte die eine oder andere Mannschaft die Qualifikation für Athen bis zum 31. März verpassen, besteht für einen Athleten noch die Möglichkeit, am 17. April in Gent über die Europaausscheidung das Ticket zu lösen.
Halten wir unseren Athleten die Daumen! Max Geuter FIE-Vizepräsident Max Geuter
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Verlegung wegen Bombenterror Internat“, sagte der Abteilungsleiter Teamgeist wichtig der Fechtabteilung, Werner Butt- Die Sportweltspiele der Medizin schardt, „mit der Umstrukturierung Fast zwei Drittel der EU-Bürger 2004 wurden wegen der Bomben- ist ein Weg gefunden worden, von dem (61 %) halten Teamgeist für wichtiger anschläge in Istanbul von der türki- wir glauben, dass er funktionieren als Disziplin (47 %), Einsatz- schen Riviera in die bayerischen Alpen wird.“ Auslöser für die Änderungen bereitschaft (43 %) und Freundschaft verlegt. Vom 10. bis 17. Juli werden waren finanzielle Schwierigkeiten, die (42 %). Für vier von fünf Befragten sich in Garmisch-Partenkirchen über man in den Griff bekommen musste, kommt dem Sport eine große 4.000 Ärzte, Apotheker und Ange- wollte man nicht um die Zukunft des Bedeutung beim Dialog der Kulturen hörige aller medizinischen Berufe tref- Fechtzentrums bangen, so Butt- zu. Dies ist das Ergebnis einer fen. Weitere Informationen gibt es im schardt. „Wir wollen zu den Eurobarometerbefragung in Vor- Internet unter: Olympischen Spielen und dafür brau- bereitung auf das Europäische Jahr der www.sportweltspiele.de. chen wir Geld für Trainer und das Erziehung durch Sport. Interessenten können sich unverbind- Training insgesamt. Ohne diesen lich per Brief, Fax oder Mail bei mpr, Schritt hätten wir Maßnahmen im Feldbergstrasse 49, sportlichen Bereich ergreifen müssen „Woche des Fechtsports“ 2004 D-60323 Frankfurt, und das wollten wir nicht.“ Fax (+49) (0)69/71 03 43 46, Neben der Bilanz der Woche des E-Mail [email protected] Fechtsports 2003 hat der Arbeitskreis vormerken lassen und erhalten dann Meisterschaft für Theaterfechten Breitensport am 24./25. Januar in Bad ausführliche schriftliche Unterlagen. Wildungen unter dem Vorbehalt der Auch im Theaterfechten soll es Sicherstellung der Finanzierung nun eine deutsche Meisterschaft beschlossen, in diesem Jahr wieder Internat umstrukturiert geben. Der Termin sowie der Veran- eine „Woche des Fechtsports“ durch- staltungsort stehen bereits fest: Der zuführen. Diese soll allerdings mit Das Heidenheimer Fechtinternat Titelkampf wird am 14./15. August in anderen Inhalten als im Vorjahr gefüllt ist umstrukturiert worden und fir- Angelbachtal stattfinden. werden, um keine „Doublette“ zu miert seit dem 1. Dezember unter dem Weitere Informationen: erzeugen. In Zusammenarbeit mit der Namen HSB-Sportinternat. Zur neuen www.Stage-Warriors.de Deutschen Fechterjugend ist die Leitung der Einrichtung auf der Einführung eines Fechtabzeichens in Ostalb gehören Irmgard Römer-Rous, Gold, Silber und Bronze geplant. Joachim Sauter und Jörg Bantleon. Somalia in FIE Dem bisherigen Internatsleiter Für den Erwerb dieser Abzeichen sind Luitwin Ress war gekündigt worden. Der Fecht-Weltverband FIE ähnlich wie beim Sportabzeichen des Die neue Konstruktion des Internats wächst weiter. Das Exekutivkomitee DSB bestimmte Leistungskriterien zu sieht folgendermaßen aus: Ähnlich wie der FIE hat als 114. Föderation erfüllen. Eingeführt werden soll das die verschiedenen Abteilungen des Somalia provisorisch aufgenommen. Abzeichen in der Woche des Heidenheimer SB (HSB) ist das neu Im Vergleich: Der internationale Fechtsports, die dem Finale des gegründete Sportinternat ab sofort Leichtathletik-Verband IAAF hat Deutschlandpokals in Wiesbaden vo- direkt dem HSB-Vorstand unterstellt mehr als 200 Nationen unter seinem rausgehen wird. Mit den Verant- und damit aus der Fechtabteilung he- Dach vereint. wortlichen in Wiesbaden sind bereits rausgelöst worden. Zweite große erste Gespräche geführt worden, die Änderung ist, dass das neue Gebilde Finalveranstaltung des größten nun ehrenamtlich geführt wird. Es geht weiter „dezentralen Fechtturniers der Welt“ und die Abschlussveranstaltung der Dem Führungstrio unterstellt ist Der Wettbewerb um „Das Grüne Woche des Fechtsports miteinander zu sowohl das Vollinternat mit seinem Band für vorbildliche Talentförderung verbinden. Wohnbereich, wie auch das im Verein“ wird auch im Jahr 2004 fort- Teilinternat mitsamt Hort und den gesetzt. Damit ist sichergestellt, dass Begleitet werden soll die Aktion dort jeweils beschäftigten Personen. durch diese Gemeinschaftsinitiative „Fechtsportabzeichen“ durch eine Dem neuen Vorstand zur Seite steht der Dresdner Bank und des Deutschen öffentlichkeitswirksame bundesweite ein sechsköpfiger Beirat, der SportBundes (DSB) 2004 70 Preise PR-Aktion, in der Fechtsport- Beratungs- und Kontrollfunktionen (bisher 60) an Vereine aus bis zu 53 interessierte bei einem Schnupperkurs übernimmt. Fachverbänden mit einer Förderprämie oder einer „Straßenaktion“ nach einer „Wir wollen und brauchen das von 5.000 Euro vergeben werden. kleinen (individuellen) Einführung in
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den Fechtsport einen Test absolvieren, der bei Erfolg mit einer Urkunde und einem Fechtbutton „in grün“ belohnt EN GARDEWerner Zuschke wird. Werner Zuschke, ein Leben Leipzig auf Fecht-WM vorbereitet für den Fechtsport Dank der Olympia-Bewerbung ist Es begann vor 50 Jahren. Ein Leipzig auch „Feuer und Flamme“ für Jugendfreund nahm Werner die Fechtweltmeisterschaft 2005. Zuschke zum traditionsreichen Bereits wenige Wochen nach dem WM- „Bautzner Fechten“ mit. Es folg- Zuschlag für den DFB werden bereits ten einige erfolgreiche Jahre als Details der geplanten Organisation für Wettkampffechter, ab Mitte der 2005 vorgestellt. „Von der ersten 50er Jahre verschrieb er sich voll Begrüßung bis zur feierlichen Sieger- und ganz der Trainerarbeit. ehrung: Leipzig bietet eine absolut gründliche, zuverlässige Organisation In der Freizeit stand er - und steht der Weltmeisterschaft im Fechten auch heute immer noch – unzähli- 2005“, heißt es. ge Stunden in der Sporthalle, um seinen Schützlingen das 1 x 1 des Dazu gehört eine ausreichende Zahl Fechtens nahe zu bringen. Im von Unterkünften. Wobei die Gäste Laufe der Jahrzehnte hat er so wahlweise aus den rund 3.200 Betten Hunderte von jungen Menschen im 4-5 Sternesegment sowie den 3.500 für den Fechtsport begeistern Betten im Bereich der Mittelklasse- können. Auch wenn nicht alle so hotels und -pensionen wählen können. erfolgreich wurden wie seine Finanziert wird die WM mit öffent- Schüler Udo Wagner, Karsten lichen Mitteln von 800.000 E (41 %) Hustig oder andere, die nationale und privaten Geldern, deren Höhe mit und internationale Erfolge erzie- 1,090 Millionen Euro (56 %) veran- len konnten – für den weiteren schlagt wurden. Aus dem Kartenver- Lebensweg hat jeder etwas mitge- kauf sollen 60.000 E erlöst werden. nommen. An der Spitze des Organisations- Solche Tugenden wie Höflichkeit, Pünktlichkeit oder komitees stehen als Ehrenpräsidenten Selbstüberwindung sind für Werner Zuschke selbstverständlich. Seine Wolfgang Tiefensee (Oberbürgermeis- Lektionen, die auch heute noch die Fechteleven herausfordern, sind ter von Leipzig) und DFB-Präsident gekennzeichnet von großem Sachverstand, Erfahrungen und Gordon Rapp. Als Direktor fungiert Zielstrebigkeit. Holger Tschense (Bürgermeister von Leipzig), die Sportverantwortung liegt Trotz einer schweren Krankheit hat Werner nie ans Aufhören gedacht bei DFB-Sportdirektor Claus Janka. – eben ein richtiger „Haudegen“. Besonders zu danken ist auch sei- ner Familie, die oft auf den Gatten und Vater verzichten musste, weil Training oder Wettkämpfe die Freizeit beanspruchten. Trainer gesucht
Für seine langjährige, treue Tätigkeit im Fechtsport erhielt Werner Der Duisburger Fecht-Klub sucht Zuschke die Ehrenplakette des Sächsischen Fecht-Verbandes. Die einen Fechttrainer/Fechtmeister für Bautzner Fechter können sich keinen besseren „Methusalem“ vorstel- freitags ab 18:00 Uhr. Sein Einsatz soll len und wünschen sich, dass er dem Fechten und den Fechtern noch vorwiegend im Degen und Florett sein. lange erhalten bleibt. Interessenten wenden sich an Herrn Werner Fromm, Thilo Höppner/Claus Großer Tel: 02064-40590
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ei den I. Olympischen Spielen in Athen holten sich der B Franzose Emile Gravelotte und Leon Pyrgos aus Griechenland am 7. April 1896 die ersten Goldmedaillen im Florettfechten - der eine bei den Amateuren, der andere in der Viele Wege Kategorie der Fechtmeister. Komplettiert wurde der Reigen der ersten Fechtolympiasieger durch den nach Athen Griechen Jean Georgiadis, der die Säbelkonkurrenz gewann. Neben den Griechen und Franzosen sorgten OLYMPIA-JAHRE - PRICKELNDER ALS SONST allein der Däne Holger Nielsen und Adolf Schmal aus Österreich für Internationalität. Insgesamt waren nur 21 deutsche Athleten bei der Premiere der Olympischen Spielen der Neuzeit dabei - Fechter waren nicht darunter. Hoffnungen auf Bißdorf, Bokel & Co.
Auch vier Jahre später in Paris fehlten die deutschen Fechter, während die Franzosen den Heimnimbus nutzten und fünf der sieben Goldmedaillen holten. Erst bei den Olympischen Spielen 1904 in St. Louis machten sie einen bescheidenen Anfang: Gustav Casmir, Onkel des späteren Klingen- genies und ehemaligen DFB- Präsidenten Erwin Casmir, ging als Einziger an den Start und wurde im Florett- und Degeneinzel Vierter. Bei den olympischen Zwischenspielen zwei Jahre später in Athen gewann Gustav Casmir je 2 x Gold und Silber. 98 Jahre später hoffen nun Bißdorf, Bokel und Co., in der griechischen Hauptstadt den Reigen der deutschen Medaillengewinner fortzusetzen. Vor vier Jahren in Sydney standen die DFB-Asse 5 x auf dem Podium, aller- dings nicht einmal ganz oben. Insgesamt holten deutsche Fechter seit 1906 exakt 40 olympische Medaillen.
„In Sydney hatte ich das Gefühl, es zählt eigentlich nur Gold“, sagt Manfred Kaspar. Der Damendegen- bundestrainer musste 2000 erleben, wie eng Erfolg und der Fall beieinan- der liegen, landete sein Team unglük- klich nur auf Platz sechs. „Im Fechten
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Auf nach Athen: Herrenflorettteam für Olympia qualifiziert.
Manfred Kaspar will mit seiner Damen- equipe die erste olympische Medaille. geht es insgesamt sehr eng zu, im Damendegen ganz extrem“, stellt der Bonner fest. Als Konstante erwies sich in den vergangenen Jahren Russland, das in Sydney Gold und bei den Weltmeisterschaft 2001 und 2003 den Titel gewann. Auch Ungarn, Weltmeister 2002, und China gehören zu den Damendegenmächten, mit denen in Athen nicht gut Kirschen essen sein wird. Dass die DFB- Equipe diese großen Nationen unter der Akropolis herausfordern wird, steht fest: Das Team von Manfred Kaspar hat sich beim Mannschafts- weltcup in Budapest als Erstes für die Olympischen Spiele qualifiziert. Dem Vizeweltmeister genügte ein knapper Sieg gegen das Team aus Estland, um den dritten Platz zu erreichen. Die Spitze im Visier
„De facto war es nach Platz zwei bei der WM in Havanna so, dass wir die Qualifikation kaum noch vermeiden konnten“, sagt Kaspar. Dass der Weg nach Athen schon so früh geebnet wurde, ist Grund zur Freude und zur Vorsicht zugleich. „Es darf keinen Spannungsabfall geben“, warnt der Fechtmeister. Deshalb gibt er ein neues Ziel vor: Durch gute Einzelplatzierungen will er mit dem Team in der olympischen Setzliste unter die ersten Vier kommen, um die großen Brocken zu Beginn zu verhin- dern. Diesse Aufgabe sollen vor allem Claudia Bokel, Imke Duplitzer, Britta
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Ruhe für Olympia Heidemann und Marijana Markovic scheidenden Schritt gen Olympia. Vor meistern, denen nach Stand der allem in Paris demonstrierten André Qualifikation die besten Olympia- Wessels, Ralf Bißdorf, Peter Joppich An Motivation dürfte es in keiner aussichten bescheinigt werden. „Wir und Richard Breutner Stärke und Waffe fehlen, steigt die Fieberkurve wollen endlich die überfällige olympi- schlugen Weltmeister Italien im Finale im Olympia-Jahr doch immer rapide sche Medaille gewinnen, die wir in mit 45:44. Die Degenherren hätten an. „Es war immer sehr prickelnd vor Atlanta und beim Mannschaftsweltcup in Tauber- Olympia, da war man mehr bei der Sydney bischofsheim auch den „Sack zuma- Sache als sonst, hat man sich kon- unglücklich chen“ können. Sie vergaben zwar zentrierter vorbereitet als in anderen verpasst durch eine 30:45-Niederlage gegen Jahren“, erinnert sich Uli Schreck. haben“, kün- Ungarn im Achtelfinale die vorzeitige digt Kaspar Qualifikation, müssen nun aber nur an. noch einmal in Paris oder Vancouver unter die ersten Vier beim Weltcup kommen (siehe Artikel Seite 11).
Erstmals seit 24 Jahren werden Olympische Spiele hingegen ohne eine deutsche Herrensäbelmannschaft stattfinden. Nach zwei vergebenen „Matchbällen“ bei den Weltcups in Paris und Gödöllo konnte das Team von Bundestrainer Joachim Rieg das Ruder in Eislingen nicht mehr rum- Olympiakandidatin Marijana Markovic reißen und Italien von einem Olympiaplatz verdrängen. Im Finale unterag die DFB-Equipe den Azzurri Licht und Schatten gibt es in den knapp mit 44:45. Aber auch ein Sieg anderen Disziplinen. Die Herren- hätte den Deutschen nicht genügt, da florettmannschaft machte mit dem die Italiener höchstens auf Platz drei Sieg beim Weltcup in Paris und dem hätten gelangen dürfen. „Jetzt sind wir vierten Platz in La Coruna den ent- die Deppen der Nation“, meinte Rieg.
Trainer Uli Schreck bringt Peter Joppich Heiße Kämpfe in Athen auf Olympiakurs.
Er gewann 1988 Silber und 1992 Gold mit der Herrenflorettmannschaft bei den Sommerspielen in Seoul und Barcelona und versucht heute als Trainer in Bonn, Weltmeister Peter Joppich auf einem Erfolgskurs nach Griechenland zu halten. Dass man in solchen Jahren zu viel des Guten tun kann, weiß auch Schreck, der deshalb seinen Schützling mit Ruhe auf das Großereignis einstellen will. „Ich werde ihn vor Olympia nicht verrückt machen“, sagt der Routiner, der aber ohnehin glaubt, dass Joppich seinen Weg nach Athen findet: „Die Olympiaaualifikation wird er packen. Er gewinnt von Erfolg zu Erfolg an Selbstbewusstsein dazu.“
Andreas Schirmer
8 FECHTSPORT TRAINER MACHEN GESCHICHTEN
on nichts kommt nichts und ein bisschen nützt nicht viel. IM FOCUS: JOACHIM RIEG V Natürlich kann man auch mit dem Säbel auf Kindesbeinen flott zu Titeln und Siegen kommen. Oft jedoch auf Kosten einer befriedigen- den längeren Karriere. „Bei uns ist es der Fall, dass die Kinder auf den Titel des B-Jugendmeisters schielen, auf den schnellen Erfolg aus sind - par- don, mit einer Scheiß-Technik. Es wird einiges vernachlässigt“, meint Herrensäbelbundestrainer Joachim Rieg.
Wie bei keiner anderen Waffe kommt es beim Wechselspiel von Hieben und Stößen auf eine ausgefeilte Technik an, um national oder gar international bestehen zu können. „Säbelfechten ist sehr arbeitsintensiv, da muss ständig korrigiert werden“, so der 44-Jährige, der seine Vorstellungen seit Jahren mit Erfolg in Eislingen umsetzt. Viele Jugendliche sind dazu zwar bereit - in „Ein Wunder, dass wir
Eislingen gibt es inzwischen rund 100 Säbelfechter -, stehen aber spätestens nach dem Abitur am Scheideweg. Während des Studium oder neben der da oben noch rumturnen“ Berufsausbildung bleibt oft nicht mehr die Zeit, um mit dieser notwen- Technik und Taktik beigebracht wer- Olympischen Spielen 2000 in Sidney, digen Intensität zu trainieren. Hier den, ist großartig“, schwärmt Rieg. die erste olympische Säbelmedaille stößt die Leistungsförderung in Außerdem würden die Kinder in den seit 1936, und Platz drei bei der Deutschland an Grenzen - auch in Hallen fast nur gute Säbelfechter in Weltmeisterschaft 2002 sowie die anderen Sportarten. Aktion sehen, während in vierten WM-Plätze 2001 und 2003 Deutschland oft nur ein paar Fechter unterstreichen dies. Und warum kön- Ein weiteres Problem beim Säbel- wild herumfuchteln". nen trotz aller strukturellen und per- fechten sind die Trainer. „Im Fechten sonellen Probleme die deutschen ist das Trainerpotenzial und deren Vom Fechten fasziniert ... Sabreure in der Spitze mithalten? gute Ausbildung entscheidend. Doch „Manchmal wundert es mich, dass wir es gibt nicht viele, die Säbel lektionie- Trotz der großen Unterschiede zwi- da oben immer noch rumturnen. ren wollen und können“, stellt Rieg schen den Möglichkeiten in Russland Doch wir machen einiges mit unserer fest. Bei den anderen Waffen sei dies oder anderen Ostblock-Ländern Begeisterungsfähigkeit wett.“ auch ein Problem, „im Säbel ist es haben sich die deutschen Säbelfechter aber am krassesten.“ Dies ist auch in der internationalen Elite etabliert Joachim Rieg lebt sie vor, versucht einer der Gründe, warum Russland und gehören mit Russland, mit seinem Engagement Vorbild zu eine unerreichbare Größe im Säbel ist. Frankreich und Ungarn zu den sein. „Es macht mir großen Spaß, weil Dort gibt es ein Heer von Trainern, Topnationen. „Wir sind nicht weit wir auch Erfolgserlebnisse haben.“, die auf verschiedenen Ebenen Talente weg von der Weltspitze“, stellt Rieg sagt er. Vom Fechten begeistert, ja sichten und ausbilden. „Die Art und nicht ohne Stolz fest. Der Bronze- fasziniert war der in Eislingen gebore- Weise, wie schon kleinen Kindern medaillengewinn bei den ne Trainer schon immer.
FECHTSPORT 9 TRAINER MACHEN GESCHICHTEN
Der fechtsport wird in Abständen an und bot ihm die Landestrainer- Trainer vorstellen, die erfolgreiche stelle in Eislingen an. Während der Arbeit leisten. Am Anfang dieser Vater wohl ob dieses Angebots die Serie steht Joachim Rieg, der seit Hände über den Kopf zusammenge- Jahren mit den Säbelfechtern in der schlagen haben dürfte, rieten ihm Weltspitze mitficht. Freund und die Mutter, anzuzneh- men. „Sie haben gesagt: 'Fechten ist Zum Klingensport kam er, weil Bernd deine wahre Berufung' „, erinnert sich !Lang in der Grundschule neben ihm Rieg. Seitdem hat er Eislingen neben saß. Langs Vater, ein Autodidakt, gab Dormagen, Koblenz, Tauber- Rieg die ersten Lektionen und impfte bischofsheim zu einer Säbelhochburg ihn die Begeisterung für das Fechten aufgebaut. „Und es boomt in ein. Während Bernd Lang Karriere Eislingen“, freut sich Rieg über machte, später nach Tauberbischofs- unvermindert guten Zulauf - auch im Getrennte Wege: Wiradech heim wechselte, war das Talent Riegs Damensäbel. Mit dem Ukrainer Witali Kothny und Dennis Bauer begrenzter. „In Württemberg waren Woytow hat er inzwischen einen sehr wir die Könige, national hatten wir erfahrenen Fechtmeister an seiner einfach drauflosgefochten“, so Rieg, keine Chance“, bekennt Rieg. Seite, „von dem ich täglich selbst „das ist vorbei. Die Jungen sind älter Deshalb entschloss er sich zu einem etwas lernen kann. Da schaue ich gerworden.“ Nicht mehr dabei ist seit Studium an der Kölner Trainer- mir immer wieder etwas ab.“ seinem Wechsel nach Thailand akademie, machte dort sein Diplom Wiradech Kothny, der in Sydney auch und kehrte als 23-Jähriger nach Einen schweren Rückschlag erlebte im Einzel Bronze gewann. Seinen Eislingen zurück. seine Nationalmannschaft in der Weggang bedauert Rieg zwar („Er war Olympiaqualifikation. Nachdem es außergewöhnlich gut, er war schnell Paul Gnaier als Mentor Mitte Januar in Paris und zwei und hat neue Sachen gemacht“), Wochen später in Gödöllö nicht wehrt sich aber dagegen, dass damit Sein Vater war allerdings nicht recht geklappt hatte, reichte ein zweiter auch ein großer Substanzverlust ein- glücklich, dass sein Sohn nur einen Platz nach einer knappen 44:45- getreten ist. „Ohne ihn sind wir bei Trainerschein hatte. „Fechttrainer ist Niederlage im Finale gegen Italien der WM ein Jahr später Vierter kein Beruf“, intervenierte er und beim letzten Mannschaftsweltcup am geworden und 2002 sogar Dritter.“ bewegte seinen Filius zum Bau- 21. Februar im heimischen Eislingen ingenieurstudium in Stuttgart, das nichts mehr. Um die Fahrkarte nach Nach den Olympischen Spielen in Rieg auch abschloss. Doch als er gera- Athen noch buchen zu können, hätte Athen kündigt sich auch im de fertig war, rief ihn Baden- Deutschland gewinnen und Italien Säbelfechten eine Zäsur an, die durch Württembergs Fechtguru Paul Gnaier nicht mal Zweiter werden dürfen. den Reiz der Heim-WM 2005 in „Jetzt haben wir die Saison mit einem Leipzig womöglich etwas verzögert Medaillen deutscher Fechter riesen Misserfolgserlebnis abgeschlos- wird. „Da werden einige sicher noch bei Olympischen Spielen sen“, ärgerte sich Rieg. DFB- ein Jahr dranhängen“, meint Rieg. Präsident Gordon Rapp war ebenfalls Das deutsche Säbellager ist aber gut GSB enttäuscht, hofft aber, dass sich die für die Zukunft gerüstet, stehen doch Säbelfechter wieder aufrappeln: „Die eine Reihe von Toptalente aus dem 1906 Athen 2 2 - Niederlage wirft uns zurück, sie wirft Juniorenbereich vor dem Sprung. 1928 Amsterdam 1 1 1 uns aber nicht um.“ Dazu gehören Nicolas Limbach 1936 Berlin - 1 2 (Dormagen), Franz Boghicev 1960 Rom 1 - 1 Dabei hat er mit Harald Stehr, Dennis (Koblenz), Philipp Kruck (TBB), 1964 Tokio - 1 1 Bauer, Christian Kraus und Michael Sven Schulemann (Eislingen) oder 1972 München 1 - - Herm, der zum Kopf der Truppe Björn Hübner (Werbach). Rieg freut 1976 Montreal 1 2 - avancierte, vier gestandene und erfah- sich auf die Aufgabe, eine neue 1984 Los Angeles 2 3 - rene Athleten im Team, die für Generation aufzubauen und zu för- 1988 Seoul 3 4 1 Olympia Studium und Ausbildung dern. Das Bundestraineramt will er 1992 Barcelona 2 1 - hintenanstellten, um optimal präpa- aber nicht auf alle Ewigkeit ausüben. 1996 Atlanta - - 1 riert zu sein. Allerdings ist es nicht „Ich will nicht mein Leben lang in der 2000 Sydney - 2 3 mehr die unbekümmerte Mannschaft Welt rumturnen“, sagt Rieg. Dies junger Draufgänger, die 2000 haben aber schon viele Fechtmeister Total 13 17 10 Olympiabronze holte. „In Sydney vor ihm gesagt ... haben sie sich keinen Kopf gemacht, Andreas Schirmer
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enn Hauptdarsteller nur eine Nebenrolle spielen, ist W dies für Publikum und Umwege nach Athen Aktive gleichermaßen unbefriedigend. Die 1.000 Zuschauer beim Mercedes- DIE ACHTERBAHNFAHRT DER DEGENHERREN Cup der Degenfechter waren natürlich nach Tauberbischofsheim gekommen, um die deutsche Mannschaft - wie ein Hemmschuh, bereits im Stützpunkt gehabt, die meisten so Jahr zuvor - siegen zu sehen. Doch Olympiastützpunkt die Fahrkarte stark, dass sie das Zeug zum Jörg Fiedler, Christoph Kneip, nach Athen zu lösen. Weltmeister hatten oder dies schon Norman Ackermann und Sven Schmid waren. „Heute sind es nur noch halb blieb bei dieser Olympiaqualifikation Trainieren nicht mehr so ... so viele.“ Bundesweit habe das Niveau der Auftritt auf der Galabühne ver- etwas nachgelassen, meint der sagt. Während sich Frankreich und Degenfachwart Volker Fischer machte Münchner, weil es zu sehr auf die Ungarn um den Turniersieg stritten, sich derweil doch Gedanken über die Athletik und einen schnellen Arm zeigten die Deutschen in der Berg- und Talfahrt seiner Nachfolger. ankomme. Technische Feinheiten Nebenhalle nach ihrem Scheitern im „Hier hätte man den Sack zumachen würden nicht ausreichend geübt. Viertelfinale wenigstens Moral und können. Aber unsere Mannschaft hat erkämpfen sich durch Siege über sich im entscheidenden Moment nicht Die zweite Kritik Fischers setzt an der Russland und Schweden den fünften kompakt gezeigt.“ Der Weltmeister Einstellung an. „Wenn wir früher ver- Platz. von 1987 und Mannschaftsolympia- loren haben, sind wir mit fliegenden sieger von 1984 sieht zwei entschei- Fahnen untergegangen, aber nicht mit „Es ist leichter, in Vancouver die dende Dinge, weshalb die Degen- Passivität und vollen Hosen“, sagt er. Olympiaqualifikation zu schaffen als fechter ihren Fans immer wieder Mit Nichtfechten könne man nicht hier in Tauberbischofsheim. Für das sportliche Achterbahnfahrten zumu- gewinnen, die Chance sei überhaupt Publikum tut es uns Leid, dass wir ten. „Die Leute trainieren nicht mehr nicht ausgefochten worden, kritisierte nicht im Finale waren.“ Bundestrainer so wie früher“, sagt Fischer. Er habe er die Einstellung seiner Equipe im Walter Steegmüller sah den zu seiner aktiven Zeit 20 Trainings- Viertelfinale gegen die siegeswilligeren Heimvorteil als entscheidenden partner in seiner Waffengattung am Ungarn, die nach einem 21:21- Interview mit DFB-Sportwart Wilfried Wolfgarten:
„Nationaler Aufbruch zu Ausscheidungsmodus auch Nationen fechtsport: Dies klingt alles sehr opti- spüren“ aus anderen Kontinenten berücksich- mistisch ... tigt werden. Vom sportlichen Wolfgarten: „Wenn ich etwas Angst fechtsport: Welches Ziel hat der Charakter ist das eine Katastrophe, habe, dann um den Trainerbereich. Deutsche Fechter-Bund (DFB) bei aber in puncto Internationalität Das Bild des Trainers, ein Rundum- den Olympischen Spielen vom 14. bis richtig.“ versorger für die Sportler zu sein, der 30. August in Athen im Visier? von einem Wettkampf zum nächsten Wolfgarten: „Wir wollen in der fechtsport: Für Athen sind die DFB- fährt, spricht nicht mehr so viele Medaillen- und Nationenwertung Asse auf einem guten Weg. Wie geht Menschen an, die bereit wären, so unter die ersten Drei kommen. Dies es nach 2004 weiter? etwas auf sich zu nehmen.“ ist eine realistische Erwartung.“ Wolfgarten: „Die Idee der Perspektiv- kader wächst langsam auch in den fechtsport: Die Weltmeisterschaft fechtsport: Bei den Olympischen Landesverbänden. Ihre Notwendig- 2005 in Leipzig könnte einen Schub Spielen ist es fast nicht mehr möglich, keit ist erkannt, das ist ein Gewinn. für das Fechten hierzulande bringen! immer ganz oben mitzumischen. 1996 Zudem verstehen sich Bundes- und Wolfgarten: „Es ist die Chance für in Atlanta waren die deutschen Heimtrainer immer mehr als Einheit. einen Aufbruch und eine dafür, der Fechter hop und 2000 in Sydney top, Dies gilt auch für die Fechter selbst. Öffentlichkeit zu präsentieren, was gewannen in den USA nur eine und in Es ist ein gewisser nationaler Auf- für ein attraktiver Sport das Fechten Australien vier Medaillen ... bruch zu spüren. Deshalb habe ich ist.“ Wolfgarten: „Die Qualifikation für keine Angst um die Zukunft, auch Olympia ist wesentlich schwerer als wenn wir immer wieder etwas Glück Andreas Schirmer die Spiele selbst. Starke Nationen haben müssen, Talente wie Peter bleiben auf der Strecke, weil beim Joppich oder André Weßels zu finden.“
FECHTSPORT 11 DEGENHERREN
Aus der erfolgrei- chen Titelverteidi- gung beim Mecedes- Weltcup in TBB wurde nichts. Am Ende sprang nur der fünfte Platz heraus. Dadurch verpassten Deutschlands Degen- herren die direkte Olympiaqualifikation für Athen, die in Paris oder in Vancouver erfolg- reich eingefochten werden soll.
Zwischenstand in den letzten vier Sven Schmid (+6) glich zum 26:26 Auch die Schweden hatten nie eine Gefechten den Spieß umdrehten und aus, der für Kneip eingewechselte Chance: Deutschland führte ständig 45:30 gewannen. Ackermann hielt dieses Ergebnis und und Schmid (+8) zeigte erneut, dass Fiedler fegte am Schluss Kolobkow er ein guten Teamfechter ist. Steegmüller mahnt zum 34:29 regelrecht von der Planche. Turniersieger wurde Frankreich, das „Trotz der Vizeweltmeisterschaft sind in dieser Besetzung und Form auch wir keine Überflieger. Havanna war heute schon hoher Favorit auf eine Momentaufnahme, an diesem Tag Mannschafts-Gold in Athen ist. hat alles gepasst. Auch bei den ande- Gauthier Grumier, Fabrice Jeannet, ren Weltcups ging es ohne große Hugues Obry und Ulrich Robeiri Wackler. Dieses Ergebnis holt uns auf marschierten ungefährdet zum Erfolg. den Boden zurück.“ Das Resümee Dahinter folgen auf einer von Steegmüller drückt aus, dass die Leistungsebene ein halbes Dutzend Deutschen immer für eine Überra- Länder, darunter auch Deutschland. schung gut sind - im positiven wie im Insofern sind die Medaillenhoffnun- negativen Sinne. Immerhin zeigte das gen der Deutschen trotz des Team nach dem Patzer gegen die Ausrutschers von Tauberbischofsheim Magyaren Mut. Die Trainer, dass sie weiter intakt. reagierten und auswechselten - und die Fechter, in dem sie jenes „Wir- Wolf Günthner gefühl“ erkennen ließen, auf das Steegmüller in der Havanna- Degenbundestrainer Walter Steegmüller vorbereitung solch großen Wert ist das Lachen nicht vergangen. Zwei gelegt hatte. Weltmeister Russland sah Chancen zur Olympiaqualifikation haben zwar beim 25:23-Zwischenstand seine Musketiere noch. (nach 17:20) wie der Sieger aus, aber
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Langer Weg nach Peking KRAUS & KRAUS - 2008 EIN DOPPELZIMMER IM OLYMPISCHEN DORF
ls Brüderpaar ein Doppel- 6.000 Besuchern. Von der Popularität zahlt sich das aus. „In meinem Alter zimmer im olympischen Dorf hat Michael seinen älteren Bruder verdient man sich zwar keine goldene A bei den Spielen 2008 in Peking bereits überholt. Nase, aber es kommt jeden Monat zu belegen, können sich Christian etwas aufs Konto“, sagt „Mimi“. und Michael Kraus gut vorstellen. Christian ist Säbelfechter bei der TSG Christian (25), der Fechter, will auf Eislingen - deutscher Doppelmeister Sein älterer Bruder ist für ihn das jeden Fall bis 2008 den Säbel schwin- 2003. Anders als sein Bruder, kann große Vorbild: „Was Christian sport- gen. Und Michael (20), der „Bini“, wie sie den Fechter nennen, lich und beruflich erreicht hat, möch- Handballspieler, hofft, bis dahin den von seiner Sportart nicht leben. te ich auch schaffen.“ Tipps zum Sprung in die deutsche Männer- Deshalb studiert Christian an der Training und zur Fitness tauschen die nationalmannschaft geschafft zu Universität Stuttgart und schließt beiden Brüder schon fleißig aus. Und haben. demnächst seine Ausbildung als vielleicht gibt es ja in der Olympia- Diplom-Informationswissenschaftler mannschaft in Peking tatsächlich den „Mimi“, wie der jüngere Kraus-Bruder ab. doppelten Kraus: Christian beim zu Hause und von Freunden gerufen Säbelfechten, Michael beim Handball. wird, hat es bisher ins U 21- „Vom Fechten kann ich nicht leben, Nationalteam geschafft. Seine Tore wahrscheinlich nicht einmal, wenn ich Anpassungsprobleme im Doppel- wirft er für FrischAuf Göppingen in Olympiasieger werden würde“, sagt zimmer im Olympiadorf würde es der Bundesliga und gilt als großes Christian. zwischen Mimi und Bini nicht geben. Talent. Und er spielt vor großem Publikum - ob in Göppingen vor Michael hat es da einfacher. Handball Wolf Günthner 4.300 Zuschauern oder in Kiel vor ist Profisport und auch als Talent
Die Vermarktung verbessern
Geldgeber aus der Wirtschaft gewin- Nachdem der erste Kandidat für die nen. Da müssen wir etwas tun“, sagt Nachfolge des langjährigen General- der 27-jährige frühere Florettfechter sekretärs Bernd Barth nach der aus Mosbach. Entscheidend für die Probezeit nicht übernommen wurde, finanzielle Situation in den kommen- schlug der Tauberbischofsheimer den Jahren wird das Abschneiden der Peter Proske seinen ehemaligen deutschen Fechter bei den Fechtschüler Jacoby vor. Schließlich Olympischen Spielen in Athen sein, hatte der frühere deutsche A- und B- da die Fördermittel des Bundes sich Jugendmeister seine fechterische an den Erfolgen in Griechenland Laufbahn abgebrochen, um sich voll orientieren. auf sein berufliches Fortkommen zu as Präsidium des Deutschen konzentrieren. „Ich bin zwar bis in D Fechter-Bundes und der neue Der junge Geschäftsführer hat sich den C-Kader gekommen und konnte Generalsekretär, Stephan Jacoby, wol- seit seinem Arbeitsbeginn im Juli gut an Weltcupturniere bei den Aktiven len die Vermarktung und eingearbeitet. „Ich habe mit teilnehmen. Dann stand ich aber Professionalisierung im Verband vo- Sportdirektor Claus Janka ein gutes meist zwischen Platz 11 und 15 der rantreiben. „Die Zuwendungen der Verhältnis. Er schaut mir manchmal deutschen Rangliste. Um weiterzu- öffentlichen Hand werden absehbar noch über die Schulter“, berichtet kommen, hätte ich ordentlich anzie- zurückgefahren. Ab 2005 wird es Jacoby, der in Heidelberg Sport- hen müssen, aber da reichte die Zeit nicht einfach für die Verbände. wissenschaften, Politik und Jura stu- neben dem Studium nicht“, sagt Deshalb wollen wir vermehrt dierte. Jacoby.
FECHTSPORT 13 PERSPEKTIVKADER
In seiner neuen Funktion möchte er Potenzial an Fechtern habe, gehen Fechter für einen tollen Sport betrei- durch ein gutes Management der daraus auch Topathleten hervor“, so ben.“ Zur Popularisierung des Geschäftsstelle und der Verwaltung Jacoby. Deshalb will er mithelfen, die Fechtens gehört aber auch eine besse- dazu beitragen, dass die deutschen Mitgliederzahl zu steigern. „Die re Öffentlichkeitsarbeit. „Da müssen Fechter auf Spitzenniveau bleiben. Er Woche des Fechtsports in diesem Jahr wir auch professioneller werden“, will aber auch den Breitensport nicht war ein Schritt in die richtige weiß Jacoby. links liegen lassen. „Breitensport ist Richtung. Wir müssen auf die Straße extrem wichtig. Wenn ich ein gutes gehen, damit die Leute sehen, was die Andreas Schirmer
PERSPEKTIVKADER Gemeinsam stark bleiben
bwohl die Olympischen Maßnahmen, um das Leistungs- Juniorenbereich kann tendentiell aber Spiele vor der Tür stehen niveau des DFB langfristig zu nicht zufrieden stellen. Nur wenn es O und, wie im Editorial darge- sichern. wie in den vergangenen Jahren stellt, der derzeitige Schwerpunkt Die Handlungszwänge ergeben sich, gelingt, dass in allen Disziplinen die unserer Arbeit auf die Qualifikation da der DFB seine finanziellen Mittel Zwischenstufe der Junioren-WM und erfolgreiche Teilnahme an den zum weit überwiegenden Teil aus erfolgreich bewältigt wird, werden Spielen gerichtet ist, erfordert die öffentlichen Zuwendungen generiert potenzielle Kader für die National- gegenwärtige Leistungsentwicklung und deren Höhe leistungsabhängig mannschaften bereitstehen. Das ist im Nachwuchsbereich besondere ist. Die Leistungsentwicklung im nicht neu und dies ist auch für den
14 FECHTSPORT PERSPEKTIVKADER
DFB gültig. Der Zusammenhang wird Dies führt dazu, dass bisher weniger Wesentlichen die talentiertesten bei einer Analyse der Ergebnisse des leistungsstarke Länder in der Breite D3/D4-Kader der LFV erfasst. DFB bei der WM im Junioren und mehrerer Disziplinen „vorrücken“, Da dieser Kader nicht der Hohheit Aktivenbereich deutlich: was eine weitere Leistungsverdicht- (und damit der Förderbarkeit) des Spitzenverbandes unterliegt, war klar, dass dieses Vorhaben nur gemeinsam Nationenwertung 1998 1999 2000 2001 2002 2003 mit den Landesverbänden vorange- 1. JWM 1. 1. 2. 1. 5. 9. bracht werden kann. Deshalb wurden WM/OS 4. 3. 3. 3. 3. 4. die Präsidenten der Landesverbände im Februar 2003 mit den Eckpunkten des Konzeptes erstmalig vertraut Der DFB erreichte überwiegend den ung mit sich bringt. Betrachtet man gemacht. Inzwischen sind zahlreiche strategisch angestrebten 3. Platz in diese Entwicklung prinzipieller, so ist Gespräche geführt worden und erste der Nationenwertung (die besser als eine Leistungsverbreitung im Welt- Erfahrungen wurden gesammelt. Es die Medaillenwertung das tatsächliche maßstab wünschenswert und hilft den ist eine breite, überwiegend positive Leistungspotenzial eines Verbandes Platz im olympischen Programm für Resonanz festzustellen. Zum letzten ausdrückt). Voraussetzung war jedoch unsere Sportart zu sichern. Hauptausschuss im November 2003 immer ein Spitzenplatz im Juniorenbereich. Die Zusammensetzung der Nationenwertung 1998 1999 2000 2001 2002 2003 Nationalmannschaften zeigt, dass 2. JWM CHN - 11. 13. 8. 3. 3. diese Athleten die Zwischenstufe USA 7. 10. 5. 4. 6. 4. JWM überwiegend erfolgreich (Medaillenniveau) bewältigt hatten. Andere Länder, wie z. B. Venezuela, sicherten die LFV nach einer ausführ- Wie unschwer erkennbar, Korea und Japan, erreichen Medaillen; lichen Erläuterung prinzipielle das wieder erstarkte Russland und die Unterstützung zu. Natürlich war klar, ist die deutsche Leis- Ukraine kommen hinzu. dass das Projekt bei den gegebenen tungstendenz im Junioren- Diese Situation zwingt zum Handeln. föderalen Strukturen auf ein gemein- bereich sinkend. Der DFB ist dringend gehalten, sames Interesse bei DFB und LFV Maßnahmen einzuleiten, um einer treffen muss, soll es Erfolg verspre- Dies hat folgende Gründe: tendenziellen Verminderung der chend sein. Diese Interessen werden Erfolgsaussichten seiner potenziellen geprägt: Die Investitionen, die durch die Kader bei Wettkampfhöhepunkten im Konkurrenz vorgenommen wurden, Nachwuchsbereich entgegenzuwirken. Aus Sicht der beginnen, Früchte zu tragen (erhöhte Landesverbände: qualitative Führung des Ausbildungs- Die Analyse Deren Finanzierung erfolgt durch die und Erziehungsprozesses in Vor- zeigt, dass unser Kaderangebot nicht Landessportbünde auf der Grundlage bereitung und während wichtiger wesentlich anders als bisher rekutiert, des so genannten „LAL-Konzepts“ Wettkämpfe durch die jeweiligen andererseits das Training bei den (es ist bei den LFV einzusehen). nationalen Verbände. Der nach dem Junioren auf Grund der konkreten Dieses gilt nach Einigung der Fall des „Eisernen Vorhanges“ von- Bedingungen in den Kultusminister der Länder bundesweit statten gegangene Fluss hoch qualifi- Hauptbestandteilen nicht wesentlich einheitlich. Die Mittelzuwendung wird zierten trainingsmethodischen verändert werden kann. Nach reif- nach einem Schlüssel für definierte Potenzials aus dem vorherigen lichen Überlegungen ergab sich als Kriterien vorgenommen. Ganz wesent- „Ostblock“ in die ganze Welt ist Erfolg versprechender Ansatz, lich ist dabei neben anderen die Plat- enorm). Maßnahmen einzuleiten, um das zierung der Fechter des betrefffenden Die aus den Universalitätsge- Eingangsniveau in den C-Kader zu LFV bei DBJM, DAJM und internatio- danken resultierenden Regelände- verbessern. nalen A-Jgd.-Turnieren. Eine Erhöhung rungen der FIE, die für die bisher Geleitet von diesem gedanklichen der Leistungsfähigkeit der besten führende Länder einschränkende Ansatz, entstand 2002 das Projekt der Nachwuchsfechter des LFV wirkt sich Wirkung haben. „Perspektivkader“. Damit sind im positiv im LAL-Konzept aus.
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FECHTSPORT 15 PERSPEKTIVKADER
Aus der Sicht des DFB: Dieses Konzept sagt u. a. auch, dass bei Schaffung einer vertrauensvollen einem Vereinswechsel der betreffende Die Bundesstützpunkte (BStP) sind Atmosphäre und Identifizierung mit Fechter dem ehemaligen LFV noch 4 integraler Bestandteil des stark leis- dem Projekt auf der Basis der gemein- Jahre angerechnet wird. D. h. wechselt tungssportlich geprägten Verbandes samen Notwendigkeit durch Sportler ein Fechter zu einem anderen Verein, so und Hauptträger der Endausprägung und deren Vereinsumfeld. hat dieser Verein die erforderlichen der Leistung unserer erfolgreichen Erhöhung des systematischen Aufwendungen zu erbringen, die Fechter. Ihr natürliches Interesse ist die Einflusses von verantwortlichen Anrechnung erfolgt aber noch die langfristige Sicherung eines möglichst Trainern mit stützpunktübergreifen- genannte Zeit für den alten Verein mit. breiten Potenzials von Talenten in ganz der Verantwortung unter Im Bestreben, eine möglichst breite Deutschland. Zum anderen wird immer Einbeziehung der Heimtrainer auf der Basis der Talenterfassung zu sichern, hat mehr deutlich, dass die Zahl der ernst- Basis geregelter Beziehungen. sich der DFB maßgeblich für diese ver- haft Leistungssport betreibenden Sinnvolle Nutzung der längerte Anerkennungszeit eingesetzt, Jugendlichen beständig zurückgeht. Gemeinsamkeiten der Waffe (männ- um die bisherige Investition der Vereine Die stützpunkttragenden Vereine sind lich/weiblich). zumindest teilweise zu honorieren. (Die daher immer weniger in der Lage, aus Durchführung von jährlich min- Erfahrungen zeigen, dass vor dem dem ortseigenen Reservoir die notwen- destens drei Lehrgängen je Waffe Hintergrund einer sich objektiv vollzie- digen Leistungen zu erbringen. In unter Einbeziehung der jeweiligen henden Polarisierung die erforderlichen Anerkennung des Problems zeigen die Heimtrainer (durch die Einbeziehung Aufwendungen für die Erreichung einer stützpunkttragenden Vereine eine der Heimtrainer wird eine Erhöhung Medaille bei den JWM in aller Regel das erhöhte Bereitschaft bei Wechsel des der vertrauensvollen Zusammenarbeit, Budget vieler Vereine überfordern; Trainingsortes eines Fechters zu einem die Schaffung gemeinsamer sodass nicht zuletzt aus finanziellen BStP, nicht sofort auf einem Bewertungsmaßstäbe und die Gründen Weltspitzenergebnisse nur Vereinswechsel zu bestehen und Erhöhung des trainingsmethodischen Vereinen mit dem entsprechenden Maßnahmen zu unterstützen, die die Niveaus im Heimtraining erwartet). Trainingsumfeld und Finanzkraft wahr- nach dem LAL-Konzept gegebene Führung des Projekts durch scheinlich sind). Polarisierung zwischen den LFV erfahrene und erfolgreiche Trainer des abschwächen. Hier zeigen sich wohl- DFB (dazu wurden als Verantwort- Anzeige tuende neue Denkweisen. liche benannt: D. Ollagnon (Degen), F. Höltje (Florett), V. Szabo (Säbel). Um eine möglichst hohe Diese arbeiten in ihrer Waffe zusam- men mit S. Todt (Damenflorett), H. Akzeptanz zu erreichen, J. Hauch (Damendegen), M. Mündt seien die Grundgedanken (Damensäbel). Damit ist die durch- des Konzeptes hier noch gängige Führung im Jahresverlauf und bei den Wettkampfhöhepunkten im einmal genannt: Nachwuchsbereich gewährleistet. Erhöhung des fechterischen - Die Finanzierung der Lehr- und athletischen Ausbildungsniveaus gänge erfolgt für die Fechter und der Nachwuchsfechter. Heimtrainer durch die für den Leis- Gewöhnung der Kader an lei- tungssport vorgesehenen Mittel des stungssportliche Verhaltensstandards Landesverbandes ggf. des Vereins. Der im Training und Wettkampf und DFB finanziert die o. g. Trainer. Es ist deren dauerhafte Ausprägung. zu betonen, dass das Projekt als Benennung von ca.16 Fechter / Angebot zu verstehen ist. Disziplin in den Altersklassen B-/A- Jgd. (2003-04, Jg.87-90). Als Es ist höchste Zeit, dass wir den Kriterien werden nicht ausschließ- nächsten Schritt in Richtung eines lich Turnierergebnisse bzw. gemeinsamen Vorgehens tun. Andere Ranglisten verwendet, sondern wei- Länder machen es uns vor. tere subjektive Talentkriterien einbe- zogen (Einstellung zu Claus Janka Anforderungen, sichtbare Bereitschaft zu einer leistungssport- lichen Perspektive, bisherige Umfeldbedingungen, biologisches Alter etc.).
16 FECHTSPORT LANDESVERBÄNDE
BERLIN Auf dem Weg nach oben - die Berlinerin Julia Kirschen