Flussgebietsuntersuchungen Von Joachim Wald
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2000 Fachbeiträge 7. Erfahrungsaustausch 21 Flussgebietsuntersuchungen von Joachim Wald 1. Einführung Gesucht waren immer flächendeckende Hochwasser- schutzkonzeptionen, die auf den neuesten hydrologi- Aufgrund der zahlreichen Hochwasserereignisse in schen Daten aufbauen und umweltverträgliche, alle den Jahren 1990 – 1995 mit teilweise katastrophalen Beteiligten zufriedenstellende Lösungen zur Verbesse- Schäden (siehe Abb. 1 bis 4) wurden in vielen Gebie- rung des Hochwasserschutzes aufzeigen. Als wesent- ten in Baden-Württemberg in den letzten Jahren Lö- liche Elemente sollten diese Hochwasserschutz- sungen zur Verbesserung des Hochwasserschutzes konzeptionen sowohl zentrale als auch dezentrale gesucht. Die betroffenen Städte und Gemeinden setz- Rückhaltemöglichkeiten beinhalten bzw. alternative ten sich hierzu mit den zuständigen Fachbehörden oder ergänzende lokale Hochwasserschutzmaßnah- zusammen und definierten Vorgaben und Ziele zur Er- men entlang der Gewässer vorschlagen. arbeitung zukünftiger Schutzkonzepte. Alle Beteiligten, sowohl die betroffenen Gemeinden als Die wesentlichen Forderungen der Beteiligten waren: auch die eingeschalteten Fachbehörden waren sich einig, dass die Ausarbeitung einer Konzeption, die all - Es sollten ganzheitliche Lösungskonzepte ent- diese Aspekte berücksichtigt, nur im Rahmen einer wickelt werden, die das gesamte Einzugsgebiet umfassenden Flussgebietsuntersuchung erfolgen einbeziehen. kann, die die hydrologischen und hydraulischen Zu- sammenhänge für das gesamte Einzugsgebiet mit Hil- - Die Wirkung von Hochwasserschutzmaßnah- fe von mathematischen Modellen detailliert erfasst und men auf die Unterlieger war aufzuzeigen. in der optimierte Lösungen anhand von Simulations- rechnungen, Kostenvergleichen und ökologischen Be- wertungen entwickelt werden können. - Ökologische und ökonomische Aspekte mussten in die Lösungsfindung einbezo- gen werden. Berichtsband 7. Erfahrungsaustausch HRB, WBW Fortbildungsgesellschaft, Heidelberg 2000 22 Fachbeiträge 7. Erfahrungsaustausch 2000 2. Ablauf einer Flussge- bietsuntersuchung Bei den zahlreichen Flussgebietsuntersu- chungen, die wir in den letzten Jahren durchgeführt haben, hat sich dabei die in Abb. 5 dargestellte Vorgehensweise be- währt. Der Schwerpunkt einer Flussgebietsuntersu- chung besteht in dem Aufbau und der Anwendung von mathematischen Modellen (Computermodelle), mit denen das Abfluss- verhalten, der Niederschlag-Abfluss-Prozess im gesamten Einzugsgebiet und die Ab- flussvorgänge in den Gewässern möglichst genau nachgebildet werden können. Hierzu sind sowohl hydrologische als auch hydrauli- sche Berechnungsmodelle notwendig. Durch Simulationsrechnungen können mit diesen Modellen dann die Auswirkungen von Veränderungen im Einzugsgebiet und die Wirkungen von in Frage kommenden Maß- nahmen auf die Abflüsse und die Wasser- stände in den Gewässern aufgezeigt und analysiert werden. 2.1 Vorarbeiten / Datenerhebungen Es sind eine Reihe von Vorarbeiten und be- gleitende Arbeiten durchzuführen, die den Einsatz dieser Modell e erst ermöglichen. Neben der Auswertung und Aufbereitung von topographischen Kar- ten und hydrologischen Daten gehört hierzu auch die Erfassung der Gewässer durch Ver- messungsarbeiten. 2.2 Hydrologische Untersuchungen Für die Berechnung der bei Hochwasser an- fallenden Wassermengen wird ein flächen- Berichtsband 7. Erfahrungsaustausch HRB, WBW Fortbildungsgesellschaft, Heidelberg 2000 2000 Fachbeiträge 7. Erfahrungsaustausch 23 In Abb. 6 ist dies beispielhaft für ein fiktives kleines Einzugsge- biet dargestellt. Wie detailliert hier teilweise vorgegangen wird, zeigen die nachfolgenden Bei- spiele aus der Praxis. Durch eine möglichst feine Un- terteilung des Einzugsgebiets in kleine Teilflächen ist die Mög- lichkeit gegeben, die gebiets- charakteristischen Eigenschaf- ten, wie z.B. die Topografie, die jeweilige Landnutzung und den Bewuchs, sehr detailliert ent- sprechend den örtlichen Gege- benheiten einzugeben. Auf- grund ihres unterschiedlichen Abflussverhaltens werden be- Abb. 6: Bausteine eines hydrologischen Flußgebietes baute Flächen und Landflächen innerhalb des Flussgebietsmo- detailliertes hydrologisches Flussgebietsmodell aufge- dells dabei meist getrennt behandelt (Abb. 7). Damit baut, in dem das gesamte Einzugsgebiet aufgeteilt in besteht die Möglichkeit auch kanalnetzspezifische eine Vielzahl von Teilflächen und Gewässerstrecken Sonderbauwerke, wie z.B. Regenüberlaufbecken, Re- erfasst werden kann. genrückhaltebecken oder Stauraumkanäle, zu berück- sichtigen. Die versiegelten Flächen (A red ) wer- den i.d.R. gemäß den Angaben im allgemei- nen Kanalplan im Flussgebietsmodell er- fasst. Eingangsgröße in das Flussgebietsmodell sind immer räumlich und zeitlich verteilte Nie- derschläge, die auf die einzelnen Teilflächen als „Gebietsniederschläge“ angesetzt wer- den. Für jedes einzelne Teilgebiet wird dann im Modell unter Berücksichtigung der gebietscharakteristischen Eigenschaften der Niederschlag-Abfluss-Prozess mathema- tisch „modelliert“. Dabei wird bei den Landflä- chen neben dem Basisabfluss (Grundwasser) nur der hoch-wasserrelevante Direktabfluss erfasst, der sich vor allem aus dem Oberflä- chenabfluss und dem oberflächennahen Zwi- schenabfluss zusammensetzt. Da alle Teilgebiete im Flussgebietsmodell über das ebenfalls erfasste Gewässersystem miteinander verknüpft und der Ablauf der Hochwasserwellen in den Gewässerstrecken unter Berücksichtigung der Zuflüsse aus den Teilgebieten mit hydrologischen Flood-Rou- ting-Verfahren nachgebildet werden, kann so- mit der Ablauf eines Hochwasserereignisses für das gesamte Einzugsgebiet simuliert wer- den. 2.3 Hydraulische Untersuchung Eine detaillierte Aussage über Wasserstände und die Wirkung von Eingriffen am Gewässer Berichtsband 7. Erfahrungsaustausch HRB, WBW Fortbildungsgesellschaft, Heidelberg 2000 24 Fachbeiträge 7. Erfahrungsaustausch 2000 selbst ist mit einem hydrologischen Modell allein noch dann eine umfassende Analyse der Hochwasserab- nicht möglich. Dies lässt sich nur mit einem mathema- flussverhältnisse im gesamten Einzugsgebiet möglich. tischen Fließgewässermodell aufzeigen, mit dem die Die hydraulischen Berechnungen liefern hierzu die Abflussvorgänge im Gewässer selbst unter Berück- Aussagen über die Leistungsfähigkeiten der Gewässer sichtigung sämtlicher Bauwerke und der vorhandenen bzw. die maximalen Wasserspiegellagen für die Ab-flussquerschnitte hydraulisch simuliert werden berechneten Maximalabflüsse der verschiedenen Jähr- können. Hierzu muss jedoch in der Regel nicht das lichkeiten. Damit ist eine Einschätzung des Ist-Zu- gesamte Gewässersystem erfasst werden. Es reicht standes und der aktuellen Hochwassergefahr möglich. oftmals aus, wenn man sich hierbei auf die Strecken Gleichzeitig ist damit die Vergleichsbasis für die Unter- konzentriert, an denen eine Verbesserung des Hoch- suchung von möglichen Hochwasserschutzmaßnah- wasserschutzes angestrebt wird. Um die Auswirkun- men geschaffen und sind die Zielgrößen für eine Ver- gen von Hochwasserschutzmaßnahmen auf die Unter- besserung des Hochwasserschutzes vorgegeben. lieger aufzeigen zu können, sollten diese Gewässer- strecken jedoch weitgehend zusammenhängend un- 2.6 Untersuchung von Hochwasserschutz- tersucht werden. Die Zuflusswellen von den oberhalb maßnahmen liegenden Einzugsgebieten bzw. aus Nebengewässern werden dabei aus dem hydrologischen Flussgebiets- Als mögliche Maßnahmen zur Verbesserung des modell übernommen. Hochwasserschutzes in einem Einzugsgebiet werden in einem ersten Schritt alle verfügbaren Standorte zur 2.4 Modellanpassung Hochwasserrückhaltung erhoben und deren Wirkung auf den Hochwasserabfluss untersucht. Für jeden Sowohl das eingesetzte hydrologische Flussgebiets- Standort müssen hierzu die erforderlichen Grundda- modell als auch die hydraulischen Fließgewässer- ten, wie z.B. maximales Rückhaltevolumen und maxi- modelle müssen „kalibriert“ werden, d.h. die Modellpa- male Dammhöhe, ermittelt und bereitgestellt werden. rameter müssen so angepasst werden, dass die Mo- Basierend auf diesen Daten können sie dann als delle die Abflussbildung bzw. Abflussprozesse auf al- Hochwasserrückhaltebecken in dem Flussgebietsmo- len Flächen im Einzugsgebiet und in den Gewässern dell simuliert werden. möglichst gut nachbilden. Diese „Modellanpassung“ erfolgt durch Nachrechnung gemessener Hochwasser- Mit Hilfe des hydrologischen Flussgebietsmodells wer- ereignisse. den in einer Vielzahl von Simulationsläufen aus den potentiellen Hochwasserrückhaltebeckenstandorten 2.5 Simulation von Bemessungsereignissen die Rückhaltestandorte ausgewählt, die für die Her- stellung des angestrebten Hochwasserschutzgrades Die Bemessung von wasserbaulichen Maßnahmen im untersuchten Einzugsgebiet erforderlich sind. Da- oder Bauwerken erfolgt üblicherweise für Abflüsse oder bei hat sich gezeigt, dass ergänzende lokale Hoch- Wasserstände, denen eine bestimmte Auftretens- wasserschutz- und Verbesserungsmaßnahmen ent- wahrscheinlichkeit (Jährlichkeit) zugeordnet werden lang der Gewässer immer miteinbezogen werden soll- kann. Bei hydrologischen Flussgebietsuntersuchun- ten. Die Optimierung von Anzahl und Größe der erfor- gen wird dabei davon ausgegangen, dass räumlich ver- derlichen Hochwasserrückhaltebecken sowie die Ent- teilte Niederschläge einer bestimmten Jährlichkeit, die wicklung von lokalen Hochwasserschutzmaßnahmen auf das Einzugsgebiet niedergehen, in den Gewässern muss dann im Wechsel zwischen hydrologischen und Abflüsse bzw. Wasserstände der gleichen Jährlichkeit hydraulischen Berechnungen durchgeführt