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ACCORD - Austrian Centre for Country of Origin & Asylum Research and Documentation

Anfragebeantwortung zu : Anfragebeantwortung zu Somalia: Mogadischu: Sozio-ökonomische Lage (insbesondere für RückkehrerInnen) [a-11167] 31. Jänner 2020

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INHALTSVERZEICHNIS

1 Nahrungsmittelversorgung ...... 3 1.1 Nahrungsmittelpreise ...... 6 2 Arbeitsmarkt ...... 9 2.1 Lage von RückkehrerInnen auf dem Arbeitsmarkt ...... 11 2.2 Durchschnittlicher Verdienst ...... 18 3 Gesundheitsversorgung ...... 19 4 Unterkunft ...... 21 4.1 Finanzierung von Wohnraum ...... 24 4.2 Wohnungspreise ...... 25 5 Informationen zu IDP-Lagern und informellen Siedlungen ...... 30 5.1 Überblick...... 30 5.2 Garantien hinsichtlich Unterkunft ...... 33 5.3 Zwangsräumungen...... 36 6 Faktoren mit Auswirkungen auf die Lage von RückkehrerInnen (Bedeutung von Netzwerken) ...... 39 7 Auswirkungen von Dürre und Überschwemmung auf die Lage in Mogadischu ...... 42 Quellenverzeichnis ...... 44

1 Nahrungsmittelversorgung Im Dezember 2019 berichtet das Amt der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs, UNOCHA), dass die nationale Verbreitung der globalen akuten Unterernährung (Global Acute Malnutrition, GAM) gegenwärtig bei 13,8 Prozent liege. Die GAM-Raten seien zudem in drei von 13 Gebieten mit Binnenvertriebenen (internally displaced people, IDP) höher als 15 Prozent, darunter in Mogadischu mit 16 Prozent. Haushalte würden hier damit kämpfen, Zugang zu Ernährungs- und Gesundheitsdiensten zu erlangen:

„The median national prevalence of Global Acute Malnutrition (GAM) is currently at 13.8 per cent, lower than in 2018 (14 per cent) and 2017 (17.4 per cent) thanks to the improved coverage of prevention activities which led to a decrease in malnutrition numbers. However, the GAM is above the 15 per cent emergency threshold in 10 out of the 33 areas hit by below average rainfall, with the majority (51.7 per cent) of malnourished children cases concentrated in six regions, further compounded by lack of basic WASH [water, sanitation and hygiene] services. GAM is also reported higher than 15 per cent in 3 out of 13 areas hosting IDPs in Galkayo (20.2 per cent), Dolow (18.6 per cent) and (16.0 per cent), where households struggle to have access to nutrition treatment services and health services.” (UNOCHA, 22. Dezember 2019, S. 17-18)

IDP-Haushalte hätten Ergebnissen des Joint Multi-Cluster Needs Assessment1 (JMCNA) zu Somalia zufolge einen geringeren Zugang zu Ernährungs- und Gesundheitsdiensten im Vergleich mit Nichtvertriebenenhaushalten, so UNOCHA weiter. Derselbe Trend werde auch beim Zugang zur Versorgung und Behandlung von akuter Mangelernährung beobachtet. Daten aus dem JMCNA würden aufzeigen, dass 15 Prozent der IDP-Haushalte mit mangelernährten Kindern eine Behandlung erhalten hätten, im Vergleich zu 21 Prozent der Nichtvertriebenenhaushalte mit mangelernährten Kindern:

„IDP households are particularly vulnerable; with the Gu’ 2019 IDP site assessments showing 3 out of 13 areas with reported GAM rates above the 15 per cent thresholds in Galkayo (20.2 per cent), Dolow (18.6 per cent) and Mogadishu (16.0 per cent). Indeed, JMCNA findings identify IDP households as having lower access to nutrition and health service compared to non-displaced households. The same trend is observed in access to care and treatment of acute malnutrition with JMCNA [Joint Multi-Cluster Needs Assessment] data showing that 15 per cent of IDP households with malnourished children reported receiving treatment compared to 21 per cent of non-displaced households with malnourished children.” (UNOCHA, 22. Dezember 2019, S. 53-54)

Laut dem Vierteljahresbericht (Quaterly Brief) der Food Security and Nutrition Analysis Unit - Somalia (FSNAU) vom Dezember 2019 wird erwähnt, dass FSNAU in Zusammenarbeit mit den

1 Die Daten können unter folgendem Link angefordert werden: https://data.humdata.org/dataset/2019-somalia- joint-multicluster-needs-assessment?force_layout=desktop

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Gesundheitsministerien und Partnern landesweit 22 integrierte Ernährungserhebungen unter IDPs und Teilen der städtischen Bevölkerung durchgeführt habe. FSNAU ist ein von Europäischer Kommission und USAID finanziertes Projekt, das von der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (Food and Agriculture Organization of the United Nations, FAO) umgesetzt wird und das Ziel hat, Analysen zur Nahrungsmittel-, Ernährungs- und Lebensunterhaltssicherung in Somalia bereitzustellen. Die vorläufigen Ergebnisse der Erhebung würden auf eine Rate der Global Acute Malnutrition (GAM) von 13,1 Prozent hinweisen. Bei vier der 22 IDP- oder städtischen Bevölkerungsgruppen seien kritische GAM-Raten aufgetreten, darunter in Mogadischu mit 16,8 Prozent:

„In November 2019, FSNAU in collaboration with the Ministries of Health and partners conducted 22 integrated nutrition surveys among Internally Displaced Persons (IDPs) and urban populations across Somalia. Preliminary results from these surveys indicate a Global Acute Malnutrition (GAM) prevalence of 13.1%, reflecting a slight increase in the level of Serious (10-14.9%) acute malnutrition observed since the 2018 Deyr (11.7%) and 2019 Gu (12.9%). The acute malnutrition situation in 4 out of the 22 IDP or urban population groups surveyed showed Critical GAM prevalence (15-29.9%): Mogadishu (16.8 %), Galkacyo (16.8 %), Bossasso (16.5 %) and Baidoa (IDPs (15.8 %). Serious GAM prevalence (10-14.9%) was recorded in 13 out of the 22 population groups assessed. Severe Acute Malnutrition (SAM) prevalence was serious (>2.5-4%) in 8 out of 22 assessed population groups (see Table 1).“ (FSNAU, 27. Dezember 2019b, S. 8)

Die folgende Tabelle enthält zudem Angaben zu schwerer akuter Unterernährung (Severe Acute Malnutrition, SAM), der Sterberate (Crude Death Rate, CDR), der Sterberate von Kindern unter 5 Jahren (Under-Five Death Rate, U5DR) und der Erkrankungsrate bei Kindern (Morbidity):

(FSNAU, 27. Dezember 2019b, S. 8, Table 1)

Die im FSNAU-Bericht enthaltenen Diagramme zu den Ergebnissen der Evaluierung von 22 IDP- und städtischen Bevölkerungsgruppen im November 2019 beinhalten verschiedene Indikatoren. Darunter ein Indikator, der den Anteil der Personen mit schlechter oder grenzwertiger Nahrungsmittelkonsumrate anzeigt („Poor or Borderline Food Consumption Score“, FCS), ein Indikator, der den Anteil jener anzeigt, deren Haushaltshungerskala mit „Krise oder schlimmer“ eingestuft ist („Crisis or worse Household Hunger Scale“, HHS), einen Index zur verminderten Bewältigungsstrategie (reduced Coping Strategy Index, rCSI), sowie den Indikator LC (die Abkürzung konnte nicht aufgelöst werden; vermutlich „Livelihood Crisis“ oder „Livelihood Coping“, Anm. ACCORD). Die Indikatoren sind für die IDP-Bevölkerung in

Mogadischu (Figure 10) und die städtische Bevölkerungsgruppe in Mogadischu (Figure 11) ausgewiesen (FSNAU, 27. Dezember 2019b, S. 11):

Im Jänner 2019 veröffentlicht IOM einen von Altai Consulting verfassten Bericht zu einer Studie zu Arbeitsmarkt und Fähigkeiten von RückkehrerInnen an ausgewählten Orten, darunter in Mogadischu. In Mogadischu wurden für den Bericht 30 Unternehmen und 100 RückkehrerInnen befragt (wie auch in vier weiteren somalischen Städten). Ohne eine verlässliche Einkommensquelle würden viele RückkehrerInnen im Somalia damit kämpfen, ihre grundlegenden Bedürfnisse zu decken. Nur drei Prozent der RückkehrerInnen

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5 seien nie in die Situation gekommen, ihre Nahrungsmittelaufnahme verringern zu müssen, im Gegensatz zu 93 Prozent, die dies manchmal tun müssten:

„Without a reliable source of income, many struggle to meet their basic needs. For instance, only 3 per cent have never had to reduce their food intake compared to 93 per cent that must do so at least sometimes.“ (IOM/Altai Consulting, Jänner 2019, S. 44)

1.1 Nahrungsmittelpreise In einem Market Update der FSNAU vom Dezember 2019 (Berichtzeitraum November 2019) finden sich auf Seite 2 unter anderem die folgenden Diagramme zu Austauschverhältnissen („terms of trade“, ToT) zwischen Tageslohn und Getreidepreis (Table 1), zu Wechselkursen des Somalia Shilling (SoSh) und des Somaliland Shilling (SlSh) (Figure 3), sowie zu Getreidepreisen (Figure 1) in Mogadischu (FSNAU, 27. Dezember 2019a, S. 2).

Die Tabellen und Grafiken können unter FSNAU, 27. Dezember 2019a, S. 2 eingesehen werden.

Auf Seite 6 des Market Updates der FSNAU vom Dezember 2019 finden sich Daten unter anderem zum Preis importierter Güter, zum Getreidepreis, Viehpreis, Milchpreis, Preis

essentieller Güter und den Austauschpreisen, sowie Diagramme zur Preisentwicklung verschiedener Güter. Weiters finden sich darin Diagramme zur Entwicklung von Löhnen und relativer Kaufkraft in der Region (die dem Stadtgebiet der Stadt Mogadischu entspricht, Anm. ACCORD) (FSNAU, 27. Dezember 2019a, S. 6).

(FSNAU, 27. Dezember 2019a, S. 6)

Der Vierteljahresbericht der FSNAU erwähnt, dass städtische Haushalte, darunter IDPs, die in großen städtischen Siedlungen leben würden, meist von Einkäufen auf Märkten abhängig seien, um Zugang zu Nahrungsmittel zu erlangen. Unter den armen städtischen Haushalten, darunter IDPs, die typischerweise einen großen Anteil ihres Einkommens für Nahrungsmittel ausgeben würden, führe die starke Abhängigkeit von Markteinkäufen zu einer Vulnerabilität hinsichtlich steigender Nahrungsmittelpreise. Die Vulnerabilität der armen Haushalte werde in Somalia anhand der Veränderungen der Kosten für den Mindestausgabenwarenkorb („Minimum Expenditure Basket“, MEB) und ihre Kaufkraft anhand der Austauschverhältnisse („terms of trade“, ToT) hinsichtlich der täglichen Lohnhöhe und der Grundnahrungsmittel gemessen (FSNAU, 27. Dezember 2019b, S. 10). Aus dem unten angeführten Diagramm lässt sich die Entwicklung der Kosten des MEB für die Verwaltungsregion Banaadir (entspricht dem Gebiet der Stadt Mogadischu, Anm. ACCORD)

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7 erschließen. Das Diagramm enthält die Kostenveränderung zwischen November 2018 und November 2019 (orange), sowie den Fünfjahresdurchschnitt (2014 bis 2018) der Kostenveränderungen (jeweils für den Monat November; rot):

(FSNAU, 27. Dezember 2019b, S. 10)

Zwischen Juli und November 2019 hätten sich die Preise für importierte Nahrungsmittel (Reis, Weizenmehl, Zucker und Pflanzenöl) in den südlichen Regionen moderat erhöht (5-30 Prozent), so der Vierteljahresbericht der FSNAU. Auf den zentralen und nördlichen Märkten seien die Nahrungsmittelpreise entweder stabil geblieben oder hätten sich nur leicht verändert. Die jährliche Preisveränderung für Nahrungsmittel seien auf den nördlichen und zentralen Märkten entweder stabil geblieben oder seien nur in relativ moderatem Ausmaß gestiegen:

„Between July and November 2019, the prices of imported commodities (rice, wheat flour, sugar and vegetable oil) prices increased moderately (5-30%) in southern regions due to ongoing heavy rains that rendered most roads impassable, which as hampered overland supplies from the ports. However, in central and northern markets, food prices are either stable or have only slightly changed given that relatively better road infrastructure has continued to facilitate fairly normal supply flows to most markets. Annual price changes for food items in southern regions indicate price increases of 18-60 percent, whereas food prices either remained stable or increased at relatively moderate rates in central and northern markets.” (FSNAU, 27. Dezember 2019b, S. 7)

In zwei im Dezember 2019 von The New Humanitarian (TNH) veröffentlichten Artikeln werden Daten zu Einkommen und Ausgaben von zwei Familien angeführt. The New Humanitarian (TNH), ehemals Teil des Büros der Vereinten Nationen zur Koordinierung der humanitären Hilfe (UNOCHA) und unter der Bezeichnung „Integrated Regional Information Networks“ (IRIN) bekannt, ist eine institutionell unabhängige Nachrichtenagentur, die schwerpunktmäßig über Krisen berichtet und sich für eine Verbesserung humanitärer Hilfsmaßnahmen einsetzt. Ein Artikel beschäftigt sich mit Madina Yacqub, einer Hausangestellten, die im Bezirk Wadajir in Mogadischu nahe dem Flughafen lebe. Nach dem Tod ihres Ehemannes vor drei Jahren habe sie erneut geheiratet. Ihr neuer Ehemann, Yahye Adow, sei ein Bauarbeiter und helfe dabei mit,

die fünf Kinder Madinas zu unterstützen. Eine interaktive Tabelle im Artikel weist einen Warenkorb für November und Dezember 2019 aus. Im Dezember 2019 betrage das Einkommen von Madina und Yahye demnach 110 US-Dollar. Dem stünden Ausgaben im Wert von 132 US-Dollar gegenüber. Als Ausgaben sind 32 Kilogramm Reis um 18 US-Dollar, 15 Liter Speiseöl um zehn, Tomaten für sieben, Fleisch für zehn, Holzkohle für zwölf, Schulgebühren für 55 und Miete für 20 US-Dollar angeführt. (TNH, 5. Dezember 2019a)

Aadan Mohammed sei als Arbeiter auf einem von Mogadischus Märkten tätig und trage die Ladungen von Händlern und Kunden. Er sei vor 20 Jahren in die Stadt gekommen und würde mit seinen zwei Ehefrauen und 15 Kindern in Bula-Qaran, einem informellen Lager für Vertriebene, in zwei Kilometer Entfernung vom Parlamentsgebäude in Mogadischu leben. Seine erste Ehefrau kümmere sich zuhause um das jüngste Kind, und seine zweite Ehefrau sei in geringem Ausmaß ebenfalls auf den Märkten tätig. Auch in diesem Artikel findet sich eine interaktive Tabelle mit einem Warenkorb für November und Dezember 2019. Das Einkommen von Aadan und seiner zweiten Ehefrau, sowie einer seiner ältesten Töchter, die mit dem Verkauf von Erdnüssen begonnen habe, betrage 70 US-Dollar für Dezember 2019. Dem würden Ausgaben von 41 US-Dollar gegenüberstehen. Als Ausgaben werden in der Tabelle 12 Kilogramm Reis für 13,5 US-Dollar, 1,5 Liter Speiseöl für fünf, Tomaten für fünf, Holzkohle für 12,5 und Schulgebühren für fünf US-Dollar angeführt. (TNH, 5. Dezember 2019b) 2 Arbeitsmarkt IOM veröffentlicht im Februar 2016 einen von Altai Consulting verfassten Bericht zu Jugendlichen, Beschäftigung und Migration in Mogadischu, Kismayo und Baidoa. Unter anderem sei für den Bericht unter 400 Unter-30-Jährigen eine Umfrage in acht Bezirken Mogadischus (Wadajir, Hodan, Hamarweyne, Hamr Jabjab, Warta Nabad, Waberi, Abdiaziz und Holwadag) durchgeführt worden. Insgesamt seien in den drei Städten 1.200 Unter-30-Jährige befragt worden. (IOM/Altai Consulting, 9. Februar 2016, S. 20-21) Fast ein Drittel der in den drei Städten befragten Jugendlichen (33,7 Prozent) [sic!] habe laut dem Bericht angegeben, eine Arbeit zu haben, aber sie befänden sich für gewöhnlich in einer Situation der Unterbeschäftigung. Diese Jobs seien oftmals Teilzeit- oder Gelegenheitsjobs (35 Prozent) und fast die Hälfte der beschäftigten Jugendlichen (42 Prozent) würde mindestens zwei Berufe gleichzeitig ausüben. Jugendliche ohne Bildung, insbesondere IDPs, seien am meisten von diesem Thema betroffen:

„Nearly a third of the youth surveyed (33.7%) defined themselves as with a job, but they are usually in a situation of underemployment. These jobs are often part-time/occasional (35%) and nearly half of the employed youth (42%) have at least two simultaneous occupations. Uneducated youth, in particular IDPs, are the most affected by this issue.” (IOM/Altai Consulting, 9. Februar 2016, S. 12)

Der Großteil der beschäftigten Jugendlichen (63 Prozent) habe berichtet, Vollzeit zu arbeiten, aber der Rest der Interviewten habe sich selbst als Teilzeit- oder GelegenheitsarbeiterInnen definiert und Unterbeschäftigung erfahren. 38 Prozent der Beschäftigten hätten weniger als neun Monate im Jahr gearbeitet und 25 Prozent seien weniger als die Hälfte des Jahres aktiv

BEREICH |gewesen. EVENTL. ABTEILUNG Die | WWW.ROTESKREUZ.AT durchschnittliche Anzahl der monatlichen Arbeitstage für beschäftigte

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Jugendliche habe 14 betragen – 12 Tage in Mogadischu und Baidoa und 18 Tage in Kismayo. Frauen hätten jährlich typischerweise weniger Monate als Männer gearbeitet. Durchschnittlich hätten Frauen 8,6 Monate und Männer 9,1 Monate gearbeitet. IDPs hätten am wahrscheinlichsten eine irreguläre Aktivität ausgeübt. Dies sei eine Folge ihrer instabilen Lebensbedingungen (leben in einer Siedlung) und oftmals eines Mangels permanenter Arbeitsmöglichkeiten (aufgrund eingeschränkter Fähigkeiten und Bildung):

„The majority of the sample (63%) reported to be working full-time, but the rest of the interviewees defined themselves as part-time or occasional workers and experienced underemployment. As illustrated in Figure 7 below, 38 per cent of employed youth worked less than nine months a year, and 25 per cent were active less than half the year. The average number of days worked in a month for employed youth was 14, from 12 days in Mogadishu and Baidoa, against 18 days in Kismayo. Women typically worked fewer months in a year than men: 8.6 months for employed women, against 9.1 months for employed men, on average. IDPs were the most likely to have an irregular activity as a result of their unstable living conditions (life in a settlement) and, often, the lack of permanent job opportunities (due to limited skills and education).” (IOM/Altai Consulting, 9. Februar 2016, S. 37-38)

Im März 2019 veröffentlicht Somali Public Agenda einen Bericht zur Beschäftigungskrise von Jugendlichen in Somalia. Somali Public Agenda ist laut eigenen Angaben eine nicht- profitorientierte Rechercheorganisation, die zu den Themen öffentliche Verwaltung und öffentliche Dienste forscht. Laut dem Bericht gebe es zahlreiche Faktoren, die zur Massenarbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung in Somalia beitragen würden. Die Abwesenheit einer ordentlich funktionierenden Regierung sei der wahrscheinlich wichtigste Grund dafür. Die Nutzung natürlicher Ressourcen, darunter die Bereiche Landwirtschaft, Fischerei und Viehwirtschaft seien durch primäre Produktion (Produktion die wenige Fähigkeiten erfordere) und geringe Produktivität gekennzeichnet. Der Großteil der Güter, der innerstaatlich konsumiert werde, werde importiert, obwohl vieles davon innerhalb des Landes produziert werden könnte. Dies habe zu einer Einschränkung der Arbeitsmöglichkeiten geführt. Zudem befänden sich Partnerschaften zwischen dem privaten und öffentlichen Bereich, die der Regierung ermöglichen könnten, mehr Arbeitsmöglichkeiten zu schaffen, in einem rudimentären Stadium. Weitere Faktoren würden die Beschäftigungskrise für Jugendliche verschärfen. Diese Faktoren würden eine Nichtübereinstimmung zwischen bestehenden Bildungsmöglichkeiten und den Fähigkeiten, die am Arbeitsmarkt benötigt würden, weiters fehlerhafte Rekrutierungsprozesse und die Konzentration von Arbeitsmöglichkeiten auf einige Orte beinhalten:

„There are numerous factors that contribute to mass unemployment and underemployment in Somalia. The continued absence of a properly functioning government is likely the main cause. […] The country’s natural endowments including agriculture, fisheries, and livestock sectors are characterized by primary production (that is, a production which requires little skill) and low productivity. Most of the goods consumed domestically, many of which could have been produced in the country, are imported. This has limited employment opportunities. Further, public private partnership ventures that could have enabled the government to create more opportunities for

employment are at a rudimentary stage. Notwithstanding the limited employment opportunities in Somalia, there are other factors that exacerbated the youth employment crisis. These factors include a mismatch between existing educational opportunities and the skills required in the job market, flawed recruitment processes, and the concentration of job opportunities in some locations.”(Somali Public Agenda, März 2019, S. 1-2)

2.1 Lage von RückkehrerInnen auf dem Arbeitsmarkt In dem im Jänner 2019 von IOM veröffentlichten und von Altai Consulting verfassten Bericht zu RückkehrerInnen wird erwähnt, dass, obwohl Arbeitgeber nicht explizit RückkehrerInnen diskriminieren würden, diese dennoch damit zu kämpfen haben könnten, Arbeit zu finden. Erstens würden Arbeitgeber dazu tendieren, Ausbildung und Fertigkeiten zu schätzen, über die RückkehrerInnen nicht verfügen könnten. Zudem würden sich Unternehmen oftmals auf informelle Rekrutierungskanäle verlassen, die kürzlich Zurückgekehrte davon abhalten könnten, von Arbeitsmöglichkeiten zu erfahren. Jedoch würden an allen untersuchten Orten die wichtigsten Bereiche (Einzelhandel, Dienste und Baugewerbe) oftmals nicht-ausgebildete ArbeiterInnen benötigen und könnten daher für RückkehrerInnen passend sein. Zusätzlich scheine Selbstständigkeit und Unternehmertum trotz eingeschränktem Zugang zu Finanzierung in der Startphase großes Potential zu bieten:

„Although employers may not explicitly discriminate against returnees, they may nonetheless struggle to find work. First, employees tend to value skills and experience which returnees may not possess (see the following section). Additionally, businesses often rely on informal recruitment channels which may prevent recent returnees from learning about job opportunities. However, the main sectors in all locations (retail, services, and construction) do often require unskilled labour and may therefore be suitable for returnees. Additionally, self-employment and entrepreneurship appear to hold great employment potential despite limited access to start-up funding.” (IOM/Altai Consulting, Jänner 2019, S. 29)

In einer Tabelle auf den Seiten 29 bis 30 werden wichtige Ergebnisse für die Region Mogadischu betreffend Anforderungen („Demand Side“) aufgelistet: In Mogadischu gebe es den höchsten Prozentsatz von Unternehmen, die gegenwärtig einstellen würden (57 Prozent). Es gebe aber geringeren Zugang zu Einrichtungen. Dies stehe mit dem Thema Netzwerke in Verbindung. Es gebe mehr Internship-Programme. Es gebe weniger Kontakt mit technischen und beruflichen Bildungs- und Ausbildungseinrichtungen. Es gebe mehr permanente Verträge, geringere Löhne und weniger Möglichkeiten für ArbeiterInnen ohne Ausbildung:

„Demand Side - Key Findings

- Highest percentage of businesses currently hiring (57%)

- Less access to financial institutions due to network

- More internship programmes

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- Less contact with TVET [Technical and Vocational Education and Training] institutes

- More permanent contracts

- Lower salaries

- Fewer opportunities for uneducated workers” (IOM/Altai Consulting, Jänner 2019, S. 29-30)

Obwohl die Aussichten für eine Anstellung von RückkehrerInnen ähnlich wie jene der allgemeinen Bevölkerung seien, seien sie nichtsdestotrotz gering, da die Hälfte nicht beschäftigt sei, so der IOM-Bericht weiter. Es gebe bedeutende regionale Unterschiede. In Kismayo seien 80 Prozent der RückkehrerInnen beschäftigt, während dieser Anteil in Mogadischu nur 10 Prozent betrage. Der Bericht weist jedoch darauf hin, dass dies möglicherweise an der unterschiedlichen Auswahl der Stichprobe liege. Zudem gebe es geschlechtsspezifische Unterschiede. Der Anteil der nicht beschäftigten Einzelpersonen liege für Frauen bei 55 Prozent, während jener von Männern bei 38 Prozent liege. Von jenen, die arbeiten würden, seien nur 19 Prozent LohnarbeiterInnen. Die restlichen seien selbstständig mittels Haushaltsunternehmen oder Farmen. Während der Großteil nur einen Job habe, dauere der durchschnittliche Arbeitstag neun Stunden und die Löhne seien gering. Das monatliche Medianeinkommen liege bei etwa 50 US-Dollar, was viel geringer als die 250 US-Dollar von Angestellten der befragten Unternehmen sei. Von jenen, die LohnarbeiterInnen seien, würden 69 Prozent im informellen Sektor arbeiten und Jobs wie Bauarbeiter, Reinigungskraft und VerkäuferIn ausüben. Ihre prinzipiellen Tätigkeitsfelder seien dieselben wie für Unternehmen (Bau, Einzelhandel und Dienste):

„Despite returnees’ employment prospects being similar to those of the general population, they are nonetheless low, as half are unemployed. The employment status of returnees is shown in Figure 5 below. There are significant regional differences as 80 per cent of returnees are working in Kismayo compared to only 10 per cent in Mogadishu, likely related to differences in sampling methods. There is also a gender gap as the proportion of unemployed individuals is higher for women than for men at 55 per cent and 38 per cent, respectively. […]

Of those that are working, only 19 per cent are waged employees. The remainder are self- employed through household businesses or farms. While most only work one job, the average workday is 9 hours and salaries are low. The median monthly salary is around $50 – much lower than the $250 for employees at the surveyed businesses. Of those that are waged employees, 69 per cent work in the informal sector doing jobs such as construction worker, cleaner, and vendor. Their principal sectors of activity are the same as for businesses (construction, retail and services).” (IOM/Altai Consulting, Jänner 2019, S. 32)

Bildung und Alphabetisierung würden sich je nach Ort signifikant unterscheiden. Ein Großteil der RückkehrerInnen in Hargeisa, Kismayo und Mogadischu seien alphabetisiert. Es gebe keinen klaren Trend zwischen Bildung und Beschäftigung, obwohl dies damit in Zusammenhang stehen könnte, dass der Großteil der RückkehrerInnen im informellen Sektor arbeiten würde, wo Bildung nicht notwendigerweise so wichtig sei:

„Education and literacy vary significantly by location (Figure 6). A majority of returnees are literate in Hargeisa, Kismayo, and Mogadishu. Similarly, Hargeisa had the highest proportion of returnees having completed high school. There is no clear trend between education and employment, although this may be related to the fact that most returnees are working in the informal sector where education may not necessarily be as important.” (IOM/Altai Consulting, Jänner 2019, S. 33)

Obwohl RückkehrerInnen über einige Fähigkeiten verfügen würden, sei die Beschäftigung gering, was darauf hindeute, dass ihre Fähigkeiten nicht vermarktbar seien. RückkehrerInnen seien sich bewusst, dass ihr Mangel an vermarktbaren Fähigkeiten ihre Wettbewerbsfähigkeit am Arbeitsmarkt verringere. 91 Prozent würden gerne weitere Fähigkeiten erwerben und dahingehend ausgebildet werden:

„Despite returnees having some skills, employment is low indicating that their skills may not be marketable. Returnees are aware that their lack of marketable skills decreases their competitiveness in the job market and 91 per cent would like to be trained in more skills.” (IOM/Altai Consulting, Jänner 2019, S. 34)

Wirtschaftliche Wiedereingliederung sei vor dem Hintergrund der hohen Arbeitslosigkeit die Komponente mit dem geringsten Ausmaß (weitere im IOM-Bericht behandelte Komponenten sind soziale und psychosoziale Wiedereingliederung, für weitere Informationen siehe: IOM/Altai Consulting, Jänner 2019, S. 39). Nur 30 Prozent der RückkehrerInnen seien zufrieden oder sehr zufrieden mit ihrer wirtschaftlichen Lage. Dies scheine an mehreren Faktoren zu liegen, die zu einer Benachteiligung von RückkehrerInnen am Arbeitsmarkt führen würden. Trotz grundlegender Fähigkeiten würden RückkehrerInnen nicht über jenen Grad an Expertise verfügen, der von den ArbeitgeberInnen gefordert werde. RückkehrerInnen hätten zudem aufgrund ihres eingeschränkten Zugangs zu informellen Rekrutierungskanälen Probleme, ihre Fähigkeiten zu vermarkten. Analphabetismus könne RückkehrerInnen ebenfalls hinsichtlich bestimmter Positionen disqualifizieren und sie davon abhalten, Zugang zu Arbeitsplätzen zu erlangen, die in Printmedien annonciert würden. Einige RückkehrerInnen hätten erwähnt, dass sie gesundheitliche Probleme hätten, die sie vom Arbeiten abgehalten hätten. Schließlich könnten auch Schwierigkeiten, sich in die Rückkehrgemeinde einzugliedern, Auswirkungen auf die Fähigkeit von RückkehrerInnen haben, Zugang zu Arbeitsmöglichkeiten zu erlangen. Jedoch würden jene, die ihre Rückkehrgemeinschaft im Bezug auf die Arbeitsaussichten gewählt hätten, wahrscheinlicher eine Beschäftigung haben (54 Prozent), im Gegensatz zu jenen, die das nicht getan hätten (46 Prozent). Obwohl der Unterschied statistisch nicht signifikant sei, könne dies ein Hinweis sein, dass der Zustand der örtlichen Wirtschaft bei der Arbeitssuche wichtiger sei als ein enges Unterstützungsnetzwerk:

„Given the high level of unemployment among returnees, economic reintegration is the lowest of the three components, with only 30 per cent of returnees that are satisfied or very satisfied with their economic situation. This appears to be due to several factors which put returnees at a disadvantage in the labour market. First, despite having basic skills, returnees may not have the level of expertise demanded by employers.

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Second, returnees may have problems marketing their skills due to their limited access to informal recruitment channels. Illiteracy may also disqualify returnees from certain positions and prevent them from accessing jobs posted in print media. During PIs [Paired Interviews], a few returnees mentioned that they had health issues that prevented them from working.

Finally, difficulties integrating into the community of return may impact the returnees’ ability to access employment opportunities.

However, those that chose their community of return for employment prospects are more likely to be employed (54%) than those that did not (46%). Although the difference is not statistically significant, it could be an indication that the state of the local economy is more important than a close support network in finding work.” (IOM/Altai Consulting, Jänner 2019, S. 42)

Folgende Tabelle zeigt die wichtigsten Ergebnisse hinsichtlich der wirtschaftlichen Wiedereingliederung von RückkehrerInnen auf (darunter auch einige Ergebnisse speziell zu Mogadischu):

(IOM/Altai Consulting, Jänner 2019, S. 43)

Die geringe wirtschaftliche Wiedereingliederung von RückkehrerInnen setze diese einem schwierigen Zugang zu grundlegenden sozialen Diensten aus. Die Hälfte der RückkehrerInnen sei arbeitslos und jene, die Arbeit hätten, würden im Allgemeinen sehr wenig verdienen:

„The low economic reintegration of returnees exposes them to a difficult access to basic social services (Figure 13). As stated earlier, half of returnees are unemployed and those with a job usually earn very little.” (IOM/Altai Consulting, Jänner 2019, S. 44)

Hinsichtlich der Wiedereingliederung von RückkehrerInnen in Mogadischu erwähnt der Bericht folgende wichtigste Ergebnisse: In Mogadischu gebe es die geringste Integration hinsichtlich Beschäftigung und wirtschaftlicher Situation. Die RückkehrerInnen würden über weniger Fähigkeiten verfügen, jedoch sei der Zugang zu sozialen Diensten am höchsten:

„Returnees - Key Findings

- Lowest employment and economic reintegration - Fewer skills - Higher access to social services

Top Priorities

Assist returnees in their job search and facilitate entry into the labour market - Focus on education programmes and skills development” (IOM/Altai Consulting, Jänner 2019, S. 48- 49)

Im Allgemeinen würden die Fähigkeiten der RückkehrerInnen nicht angemessen die Bedürfnisse der Unternehmen decken. Der für die unten angeführte Tabelle erstellte Index reiche von -1 (hohes Angebot, keine Nachfrage) bis +1 (hohe Nachfrage, kein Angebot). Der Bericht weist jedoch auch darauf hin, dass bei der Interpretation der Ergebnisse Einschränkungen beachtet werden sollten (siehe: IOM/Altai Consulting, Jänner 2019, S. 50):

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(IOM/Altai Consulting, Jänner 2019, S. 51)

Die größte Nichtübereinstimmung gebe es bei beruflichen Fähigkeiten wie Unternehmensentwicklung und Management. Es herrsche eine Unterversorgung mit diesen Fähigkeiten, obwohl diese unter den häufigsten der RückkehrerInnen seien. Dies deute auf eine sehr hohe Nachfrage hin. Zudem seien RückkehrerInnen mit diesen Fähigkeiten wahrscheinlicher selbstständig, als dass sie für ein Unternehmen arbeiten würden. Es gebe zudem eine wachsende Nachfrage nach IT-Fähigkeiten, da Unternehmen in Somalia auf elektronische Aufzeichnungen umstellen würden. Quantitative Fähigkeiten, wie Rechenkenntnisse und Buchhaltung, seinen ebenso nachgefragt. Es gebe ein Überangebot an allgemeinen Profilen, da viele RückkehrerInnen grundlegende Kenntnisse in der Zubereitung von Nahrungsmitteln, von Näharbeiten und in der Landwirtschaft besitzen würden. Regional würden die allgemeinen Trends gelten, da ArbeitgeberInnen nach Unternehmens- und IT- Fähigkeiten, sowie Fähigkeiten im Umgang mit Zahlen und Daten suchen würden:

„The greatest mismatch exists in professional skills such as business development and management. Notably, these skills are undersupplied despite being among the most common skills of returnees, indicating a very high demand. Furthermore, returnees that do have these skills are more likely to be self-employed than working for a business. There is also growing demand for IT skills as businesses in Somalia transition to electronic record- keeping. Quantitative skills related to numeracy and accounting are similarly in demand. Generic profiles are oversupplied as many returnees possess basic food preparation, sewing and farming skills. Regionally, the overall trends hold as employers seek business, IT, and quantitative skills (Table 10).” (IOM/Altai Consulting, Jänner 2019, S. 51)

Im April 2019 veröffentlicht das Regional Durable Solutions Secretariat (ReDSS) einen Bericht zu dauerhaften Lösungen und (Wieder)eingliederungsprogrammen2. Der Bericht beruhe auf Recherchen in Mogadischu, Baidoa und Kismayo zwischen November 2018 und Februar 2019. Eine qualitative Methodologie mit stark partizipatorischen Ansatz, der auf semistrukturierten Interviews mit wichtigen Informanten (key informant interviews, KIIs) und Diskussionen von Fokusgruppen (focus group discussions, FGDs) in Nairobi beruhe, sei angewendet worden. Es seien spezielle Anstrengungen unternommen worden einen Querschnitt verschiedener Ansichten abzudecken. Somalische BeamtInnen, AkademikerInnen und GemeinschaftsführerInnen auf nationaler und örtlicher Ebene sowie auf Gemeindeebene seien interviewt worden. Insgesamt 275 somalische Männer und Frauen, Vertriebene und Gastgeber, Erwachsene und Jugendliche, seien mittels einer Reihe von Fokusgruppendiskussionen und Gemeindekonsultationen interviewt worden. Zusätzlich zu einer hohen Anzahl an KIIs seien drei „operational learning workshops“ in Mogadischu, Baidoa und Kismayo mit Regierungsbehörden, Geldgebern, UNO-Behörden, NGOs, Organisationen der Zivilgesellschaft (Civil Society Organisation, CSOs) und dem somalischen privaten Sektor abgehalten worden. (ReDSS, April 2019, S. 15) IDPs und RückkehrerInnen würden dem Bericht zufolge über Hindernisse beim Zugang zum Arbeitsmarkt berichten, da die Arbeitsmöglichkeiten stark von sozialen Netzwerken und persönlichen Beziehungen abhängig seien. IDPs oder RückkererInnen, die neu in die Gemeinschaften kommen, hätten nicht denselben Zugang zu Arbeitsnetzwerken wie die Aufnahmegemeinschaften. Im Jahr 2018 sei Taglöhnerei die verbreitetste Einkommensquelle sowohl für IDP- (79 Prozent) als auch Nichtvertriebenen-Haushalte (66 Prozent) gewesen. Fokusgruppendiskussionen in Mogadischu zufolge, sei die Anzahl der Arbeitsplätze eingeschränkt. IDPs würden jede Arbeit ausüben, die sie finden könnten:

„Limited networks

2 Die Recherchen seien in Partnerschaft mit einem Wiedereingliederungsprogramm der EU (RE-INTEG), dem Durable Solutions Programme und dem Danwadaag Solutions Consortia geleitet worden und von Samuel Hall und dem Somali Disaster Resilience Institute (SDRI) durchgeführt worden. Finanzielle Unterstützung habe man von der Europäischen Kommission (ECHO), Danida und dem britischen Department for International Development (DFID) erhalten.

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IDPs and returnees report facing obstacles to accessing employment due to the fact that employment opportunities are highly dependent on social networks and personal relationships. IDPs or returnees who are new to communities do not have access to the same job networks as host communities. In 2018, day labour was the most common source of income for both IDP (79%) and non-displaced (66%) households.47 [47 REACH / MoHAMD (2018). Joint Multi-Cluster Needs Assessment: Mogadishu District Profile.] According to mixed focus group discussions held in Mogadishu, the number of jobs is limited, with IDPs engaging in any sort of job they can find.” (ReDSS, April 2019, S. 55)

2016 hätten 170 Jugendliche aus allen 17 Bezirken der Region Banaadir an der Errichtung des Mogadishu One-Stop Youth Centre teilgenommen, was ihnen ein kleines Einkommen sichergestellt habe. Das Projektgelände sei von Müll und Bauschutt gesäubert worden. Ein Sportfeld und Trainingsraum seien auf dem Gelände errichtet worden und würden benutzt. Es gebe verstärkte Bemühungen zur Förderung und Ermächtigung von Jugendlichen in Mogadischu mittels „Geld-für-Arbeit-Initiativen“, die IDPs hinsichtlich der Erweiterung der WASH-Infrastruktur (Wasser, Sanitärversorgung und Hygiene) und der Installation von Anlagen für Solarenergie beschäftigen würden:

„Youth initiatives

In 2016, 170 vulnerable youth from all 17 districts of Benadir Region participated in the construction of the Mogadishu One-Stop Youth Centre, which secured them a small income. The project site has been cleared of garbage and construction debris. A sports field and training room have been constructed on the site and are in use. There are also increased efforts in promoting and empowering youth in Mogadishu through cash-for- work initiatives that employ IDPs in the upgrading of WASH infrastructures [water, sanitation and hygiene], and in the installation of solar energy facilities.” (ReDSS, April 2019, S. 55)

Es gebe nur eingeschränkt Daten zur Schaffung von Arbeitsplätzen und wirtschaftlichen Möglichkeiten aller Bevölkerungsgruppen. Aufgrund eingeschränkter sozialer Netzwerke und Diskriminierung seien IDPs und RückkehrerInnen mit mehr Herausforderungen hinsichtlich des Zugangs zu Arbeit und wirtschaftlichen Möglichkeiten konfrontiert:

„There is limited data on job creation and economic opportunities for all populations. Due to limited social networks, and discrimination, IDPs and returnees face more challenges in access jobs and economic opportunities.” (ReDSS, April 2019, S. 55)

2.2 Durchschnittlicher Verdienst Bitte beachten Sie auch die oben schon erwähnten Informationen zur Entwicklung der Löhne und relativen Kaufkraft in der Region Banaadir (siehe FSNAU, 27. Dezember 2019a, S. 6).

Wie schon oben erwähnt, betrage das monatliche Medianeinkommen von RückkehrerInnen laut dem IOM-Bericht vom Jänner 2019 etwa 50 US-Dollar, jenes von Angestellten befragter Unternehmen 250 US-Dollar:

„The median monthly salary is around $50 – much lower than the $250 for employees at the surveyed businesses.” (IOM/Altai Consulting, Jänner 2019, S. 32)

Im Jänner 2019 verweist das International Institute for Environment and Development (IIED) auf eine Studie von IOM zur Anstellung von Jugendlichen und Migration in Baidoa, Kismayo und Mogadischu (siehe: IOM/Altai Consulting, 9. Februar 2016). Das International Institute for Environment and Development (IIED) ist eine Rechercheeinrichtung, die unter anderem zu menschlichen Siedlungen forscht und unter anderem von Regierungsbehörden und NGOs unterstützt wird. Die Studie habe ergeben, dass, obwohl Mogadischu Möglichkeiten für ein höheres Einkommen biete, die Lebenshaltungskosten sehr hoch seien. Ein ausgebildeter Arbeiter, wie ein Lehrer oder ein Ingenieur, verdiene etwa 400 US-Dollar pro Monat, während die geschätzten Lebenshaltungskosten für jemanden mit einem viel geringeren Einkommen, beispielsweise einem IDP, auf etwa 250 US-Dollar geschätzt werde, wenn diese Person relativ komfortabel leben wolle. Die Studie habe das durchschnittliche Einkommen eines Bewohners oder einer Bewohnerin von Mogadischu mit etwa 360 US-Dollar pro Monat beziffert:

„A study by IOM that explored youth employment and migration in Baidoa, Kismayo and Mogadishu found that although the capital offers opportunities for higher income, the cost of living is also very high. For example, a skilled worker such as a teacher or an engineer earns around $400 per month, while the estimated living expenses for someone with a much lower income, for example, an IDP, were estimated to be around $250 if this person were to be relatively comfortable.14 The study found that the average income of Mogadishu residents is around $360 per month.” (IIED, Jänner 2019, S. 7)

Dem im Februar 2016 von IOM und Altai Consulting veröffentlichten Bericht zufolge liege das durchschnittliche Einkommenslevel für berufstätige Jugendliche in Mogadischu, Kismayo und Baidoa bei 190 US-Dollar (IOM/Altai Consulting, 9. Februar 2016, S. 12). Dem Bericht zufolge liege das Durchschnittseinkommen im privaten Bereich von Jugendlichen mit Ausbildung in Mogadischu bei 400 US-Dollar, von Jugendlichen ohne Ausbildung bei 270 US-Dollar. Die Daten würden auf Interviews mit 77 Unternehmen in Mogadischu (24), Kismayo (28) und Baidoa (25) beruhen (IOM/Altai Consulting, 9. Februar 2016, S. 58). Als Beschäftigter des (von der somalischen Bundesregierung kontrollierten) öffentlichen Bereichs liege der Verdienst bei durchschnittlich 700 US-Dollar (gebildet, BA), und bei 200 US-Dollar (nicht gebildet). (IOM/Altai Consulting, 9. Februar 2016, S. 60) 3 Gesundheitsversorgung Das Regional Durable Solutions Secretariat (ReDSS) erwähnt im April 2019, dass Mogadischu über 61 Referenzkrankenhäuser verfüge, davon seien aber nur 11 öffentlich (der Rest befinde sich in Privatbesitz). Zusätzlich zu diesen Krankenhäusern gebe es in der Stadt 91 Gesundheitszentren (74 private und 17 von internationalen NGOs unterstützte). Die wichtigsten Gesundheitsthemen seien Malaria und Durchfall. Obwohl sich viele Gesundheitszentren in Gehdistanz vieler Haushalte befänden, sei der Zugang von IDPs zu Gesundheitszentren herausfordernd. Insgesamt befänden sich IDPs Berichten zufolge in der schlimmsten Gesundheitssituation aller Bevölkerungsgruppen Mogadischus. Bei Beratungen

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19 mit der Gemeinschaft hätten IDPs hervorgehoben, dass sie weniger Zugang zur Gesundheitsversorgung als RückkehrerInnen hätten. Der Status als RückkehrerInnen biete Zugang zu humanitärer Hilfe, darunter Gesundheitsdienste, zu denen IDPs keinen Zugang hätten. Zentren zur Gesundheit von Müttern und Kindern seien aufgrund des Zugangs und der Leistbarkeit für Vertriebene die bevorzugten Anbieter von Gesundheitsdiensten für IDPs. Finanzielle Verluste aufgrund gesundheitsbezogener Lücken würden auf mehr als eine Million US-Dollar geschätzt, hauptsächlich aufgrund von Kosten die mit primärer Gesundheitsversorgung, Cholera und Masern in Verbindung stünden:

„Access to health

Mogadishu has 61 referral hospitals, only 11 of which are public (the remaining are privately owned). In addition to these hospitals, the city has 91 health centres (74 private; 17 supported by INGOs [international non governmental organization]). Primary health concerns include malaria and acute diarrhoea. Although many households in Mogadishu are within walking distance from a health centre, IDP access to health centres is challenging. On the whole, IDPs reportedly have the worst health situation of all Mogadishu populations. In community consultations, IDPs highlight having less access to healthcare services than returnees. The returnee status provides access to humanitarian aid, including health services, to which IDPs do not have access. MCHs [Maternal and Child Health centres] are the preferred healthcare service providers for displaced populations because of access and affordability. Financial losses due to health-related gaps are estimated to amount to more than USD 1 million, mainly due to costs associated with primary healthcare, cholera and measles.” (ReDSS, April 2019, S. 54)

Der im Jänner 2019 veröffentlichte IOM-Bericht zum Arbeitsmarkt und zu den Fähigkeiten von RückkehrerInnen, unter anderen in Mogadischu, erwähnt, dass über ein Drittel der RückkehrerInnen ihren Zugang zur Gesundheitsversorgung als schlecht oder sehr schlecht einstufen würde. Vor ihrer Migration sei dies für 27 Prozent der Fall gewesen. 18 Prozent jener, die ihren Zugang zu Gesundheitsversorgung vor ihrer Migration als gut oder sehr gut eingestuft hätten, seien nun damit unzufrieden:

„More than a third of returnees think their access to health is ‘poor or very poor’, while this was the case for 27 per cent before migration. 18 per cent of those who qualified as ‘good or very good’ their access to health before migration are now dissatisfied with it.” (IOM/Altai Consulting, Jänner 2019, S. 42)

Der Großteil der RückkehrerInnen schätze ihren Zugang zu Gesundheitsversorgung als qualitativ akzeptabel ein, so der Bericht weiter. Jedoch würden laut 64 Prozent der RückkehrerInnen die Gesundheitsdienste entweder zu weit entfernt liegen oder zu teuer sein:

„Most returnees believe that they have access to healthcare of reasonable quality. However, for almost two thirds of returnees (64%), health facilities are either too far away or too expensive.” (IOM/Altai Consulting, Jänner 2019, S. 45)

Folgende von IOM und Altai Consulting erstellte Tabelle zeigt unter anderen eine Bewertung des Zugangs zu Gesundheitsdiensten (Zeile Health) durch RückkehrerInnen in verschiedenen

Städten, darunter Mogadischu, auf einer Skala von eins bis fünf, wobei eine höhere Bewertung auf einen besseren Zugang hinweise:

(IOM/Altai Consulting, Jänner 2019, S. 45)

Informationen zu Gesundheitsversorgung und Hilfsleistungen in Somalia entnehmen Sie bitte folgenden Dokumenten:  UNOCHA - UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs: The Somali Health Cluster, ohne Datum https://www.humanitarianresponse.info/en/operations/somalia/health  WHO - World Health Organization: Somalia crisis, ohne Datum https://www.who.int/emergencies/crises/som/en/ 4 Unterkunft Im Oktober 2019 veröffentlicht das International Institute for Environment and Development (IIED) einen vom East Africa Research Fund (EARF) des britischen Department for International Development finanzierten Bericht. Anbieter informeller Unterkünfte und Dienste würden in Somalia eine kritische Rolle spielen, die am augenscheinlichsten in Mogadischu sei. Die Unfähigkeit der Bundesregierung oder lokalen Regierung die Unterkunfts- und Sicherheitsansprüche der vulnerabelsten BewohnerInnen der Stadt zu decken, habe eine Industrie erschaffen, die diese Bevölkerungsgruppen sowohl erhalte als auch ausbeute. Personen, die als Pförtner („gatekeepers“) oder informelle Siedlungsverwalter (informal settlement managers, ISMs) bekannt seien, würden mit lokalen Grundbesitzern oder traditionellen Autoritäten den Zugang zu Grundstücken verhandeln, und im Anschluss den Zugang zu Unterkünften, insbesondere für IDPs aber auch für arme städtische BewohnerInnen, Flüchtlinge und RückkehrerInnen ermöglichen. ISMs würden Land, Sicherheit und grundlegende Dienste für eine Gebühr bereitstellen. Sie hätten sich als unvermeidliche Akteure hinsichtlich Hilfsleistungen für IDPs etabliert und sich als Zwischenhändler zwischen den Vertriebenen und externen Akteuren, darunter die lokale Regierung und die humanitäre Community, positioniert. Als solche würden ISMs eine informelle Machtstruktur bilden, die Schutz und Dienste (für gewöhnlich in sehr geringer Qualität) anbieten würde, die formelle Autoritäten – in diesem Fall die Bundesregierung Somalias – nicht bieten könnten. Es habe in Mogadischu im Jahr 2017 etwa 140 ISMs gegeben, die informell tätig gewesen seien. In einigen Fällen habe dies zu Misshandlung und Ausbeutung von IDPs geführt:

„The critical role played by informal housing and service providers is perhaps most apparent in Mogadishu. The inability of the national or local state to meet the shelter and

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security needs of the city’s most vulnerable residents has generated an entire industry that both maintains and exploits these populations. Known as ‘gatekeepers’ or informal settlement managers (ISMs), these individuals negotiate access to plots from local landlords or chieftaincies and then facilitate access to shelter, principally for internally displaced persons (IDPs) but also for long-term urban poor residents, refugees and returnees. ISMs provide land, security and basic services — for a fee. They have established themselves as unavoidable actors in relation to aid delivery to IDPs, positioning themselves as intermediaries between the displaced and external actors, including the local government and the humanitarian community. As such, ISMs are an informal power structure which provides protection and services (usually of very poor quality) that formal power holders — in this case, the federal government of Somalia — cannot provide. There were approximately 140 gatekeepers in Mogadishu in 2017 operating outside formal accountability systems — in some cases, leading to the abuse and exploitation of IDPs.” (IIED, Oktober 2019, S. 5-6)

Formale Mietvereinbarungen würden erfordern, dass der Mieter über einen Bürgen verfüge, der die Akzeptanz des Mieters seitens der lokalen Gemeinschaft erleichtere. Dies hänge hauptsächlich mit Sicherheitsbedenken zusammen, da sich die Menschen weiterhin sicherer fühlen würden, wenn sie an Orten leben würden, die von Personen dominiert würden, die ihrem eigenen Clan, Subclan oder ihrer eigenen ethnischen Gruppe angehören würden. Mieter müssten zudem einen Ausweis vorweisen sowie eine Gebühr von 10 US-Dollar an die Regionale Verwaltung Banaadirs (Banaadir Regional Administration, BRA) und eine Vorauszahlung in Höhe der dreifachen Monatsmiete leisten. Dies schaffe Hindernisse hinsichtlich formeller Anmietung für jene, die keinen Zugang zu einem Bürgen hätten (Minderheitengruppen und jene die aus anderen Landesteilen stammen würden), sowie für Arme. Der Mietmarkt sei jedoch großteils informell und werde nur sehr wenig von den Behörden auf nationaler und Gemeindeebene kontrolliert. Dem somalischen Zivilrecht zufolge könnte eine Zwangsräumung gegenüber Mietern durch den Vermieter nur dann erfolgen, wenn ein Mietvertrag verletzt werde, oder bei gegenseitiger Vereinbarung. Dies gelte jedoch nur, wenn ein formeller Vertrag existiere und bei einem Notar registriert worden sei. Auch wenn ein Vertrag existiere, sei die Anwendung des Gesetzes laut Angaben der befragten Personen im besten Falle lückenhaft. Wenn kein formeller Vertrag existiere, könnten die Vermieter selbst ganz nach ihren Wünschen handeln. Viele BewohnerInnen würden Mietverträge aufgrund der Kosten nicht bei öffentlichen Notaren registrieren. Sowohl der Vermieter als auch der Mieter seien in diesen Fällen nicht geschützt. Jedoch würden Vermieter üblicherweise von diesem Arrangement profitieren, da sie flexibel dabei seien, unangekündigte Räumungen oder plötzliche Mietpreiserhöhungen vorzunehmen, was zu weit verbreiteten und häufigen Räumungen führe:

„The uncertainty and informality characterising the rental sector in Hawassa is mirrored in Mogadishu. Formal rental agreements require the tenant to have a guarantor who can facilitate their acceptance by the local community. This is linked primarily to security concerns, as people still feel more secure living in locations dominated by people from their own clan, sub-clan or ethnic group. Alongside the guarantor, renters must provide an ID, a fee of US$10 to the Benadir Regional Administration and an upfront payment of one to three months’ rent. This in itself creates barriers to formal rental for those who cannot access a guarantor (minority groups and those from elsewhere in the country) as well as

for the poor. The rental market is, however, largely informal, with very little oversight from the municipal or national authorities. According to Somali civil law, landlords can only evict tenants who violate a tenancy contract, or otherwise by mutual arrangement. However, this only applies if a formal agreement exists and has been registered with a notary. Even where a contract exists, application of the law is, according to interviewees, patchy at best. If no formal agreement exists, then landlords can act as they see fit. Many residents do not document rental agreements with public notaries due to associated costs, which leaves both the landlord and tenant unprotected. However, landlords usually benefit from this arrangement as it allows flexibility to evict tenants without notice and to raise rents rapidly, leading to widespread and frequent evictions (see also Section 2.5).” (IIED, Oktober 2019, S. 11)

Die Recherchen von IIED in Mogadischu hätten sich überschneidende Vulnerabilitäten bestimmter Gruppen aufgezeigt, insbesondere von Haushalten, die von Frauen oder Jugendlichen geführt würden, oder von Menschen, die mit Personen mit Behinderungen (people living with disabilities, PLWDs) zusammenleben würden. PLWDs seien insbesondere von der schlechten Infrastruktur in Siedlungen betroffen. Die Recherchen hätten zudem die spezielle Vulnerabilität von alleinstehenden jungen Männern aufgezeigt. In Mogadischu seien trotz der tief verwurzelten patriarchalen Normen, die die Gesellschaft bestimmen, unverheiratete jüngere Männer beim Zugang zu Unterkünften speziell benachteiligt. Dies liege an der stereotypen Wahrnehmung von jungen Männern, Drogenkonsumenten, potentielle al- Schabaab-Mitglieder oder Unruhestifter zu sein. Vertriebenen jungen Männern (ebenso wie alleinstehenden Frauen) würde es an persönlichen Netzwerken mangeln, die sie mit einem Bürgen versorgen würden. Ein Bürge sei aber wichtig bei der Sicherstellung von Land, um eine Unterkunft in einer informellen Siedlung errichten zu können:

„The research in Mogadishu also highlighted the intersecting vulnerabilities of certain groups, notably of female- and youth-headed households and people living with disabilities (PLWDs). PLWDs are particularly affected by poor infrastructure in settlements. Our research also highlighted the special vulnerability of young single men. In Mogadishu, despite deep-rooted patriarchal norms that govern society, unmarried younger men were identified as being particularly disadvantaged in accessing shelter. This is due to stereotypical views of young men as drug-takers, potential al-Shabaab members or likely to cause trouble. Displaced young men (along with single women) lack the personal networks that would provide them with a guarantor — the key to securing a plot of land to build a shelter in an informal settlement.” (IIED, Oktober 2019, S. 7)

Der oben bereits genannten Studie von IOM/Altai Consulting vom Jänner 2019 zufolge könne der Zugang zu Wohnraum aufgrund hoher Mietpreise eingeschränkt sein, und der Großteil der befragten RückkehrerInnen (55 Prozent) habe ihre Wohnbedingungen als schlecht oder sehr schlecht eingestuft:

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„Additionally, access to housing may be restricted due to high rents, and most (55%) would describe the condition of their dwelling as poor or very poor.” (IOM/Altai Consulting, Jänner 2019, S. 44)

Die schon im Abschnitt zu Gesundheitsversorgung angeführte Tabelle aus dem IOM Bericht vom Jänner 2019 zeigt unter anderen eine Bewertung des Zugangs zu Unterkünften durch RückkehrerInnen in Mogadischu. Auf einer Skala von eins bis fünf (höhere Bewertung weist auf besseren Zugang hin) zeigt der Zugang in Mogadischu eine Bewertung von 3,3:

(IOM/Altai Consulting, Jänner 2019, S. 45)

4.1 Finanzierung von Wohnraum In Somalia würden nur 15 Prozent der Bevölkerung Konten bei Banken haben, so der IIED- Bericht vom Oktober 2019. Der Großteil der Bevölkerung habe keinen Zugang zu formeller Finanzierung von Wohnraum. Unter den Hindernissen befänden sich die Notwendigkeit eines Reisepasses oder anderen Form der Identifikation, eine Bestätigung zu einem regulären Einkommen, die Verfügbarkeit von Sicherheiten und das Vorweisen eines Bürgen. Studien zufolge sei der Mikrofinanzbereich in Somalia im Wachsen. Mikrofinanzeinrichtungen würden ihren Mitgliedern Darlehen anbieten, die sie für den Zugang zu leistbarem Wohnraum nutzen könnten. Wie Banken würden diese Einrichtungen Provisionen verlangen (zwischen 10 und 20 Prozent des geborgten Betrags). Die Darlehen müssten üblicherweise innerhalb sechs Monaten zurückgezahlt werden. Für viele seien Familienmitglieder eine Finanzierungsquelle, insbesondere in Hinblick auf das existierende florierende Überweisungssystem (siehe auch: RVI, September 2018). Für die vulnerablen Bevölkerungsgruppen in Mogadischu sei dies die häufigste Form des Wohnraumkredits:

„In Somalia, only 15 per cent of the population holds accounts with formal banks. The vast majority of the population has no access to formal housing finance. Barriers include the need to have a passport or other form of ID, proof of a regular income, availability of collateral and a guarantor. Studies in Somalia (CAHF 2018) indicate that the microfinance sector is growing. MFIs [microfinance institutions] offer loans to their members which they can use to access affordable housing. Like banks, these institutions also charge a commission (ranging between 10 and 20 per cent of the amount borrowed) and their loans are usually payable within six months (ibid). Family members are also a source of finance for many, especially with the existing vibrant remittance system. For vulnerable populations of Mogadishu, this is the most prevalent form of housing credit.” (IIED, Oktober 2019, S. 14)

4.2 Wohnungspreise Das International Institute for Environment and Development (IIED), eine Rechercheeinrichtung, die unter anderem zu menschlichen Siedlungen forscht und unter anderem von Regierungsbehörden und NGOs unterstützt wird, erwähnt in einem Artikel vom Jänner 2019, dass 2018 das billigste neu gebaute Haus 70.000 US-Dollar gekostet habe. Dies sei für fast die gesamte somalische Bevölkerung nicht leistbar. Aufgrund der exorbitanten Preise sei formeller Hausbesitz für den Großteil der Bevölkerung Mogadischus nicht möglich. In informellen Siedlungen würden die BewohnerInnen für gewöhnlich Holz, Plastikplanen und manchmal Wellblech verwenden, um eine Unterkunft zu bauen. Dies verursache Kosten in der Höhe von 40 bis 200 US-Dollar:

„Researching this apparent paradox reveals that the city’s housing development is not catering to its largest potential customer base: the poor. New buildings are completely out of financial reach for most of Mogadishu’s inhabitants: the cheapest newly built type of house in 2018 cost an estimated US$70,000 – unaffordable to almost all of Somalia’s population. These exorbitant prices are partly due to the value of land, Mogadishu’s scarcest resource, skyrocketing in the last decade. This rules out formal home ownership for the majority of Mogadishu’s population. […]

In informal settlements, the most common way for people to put a roof over their heads is to build it themselves with scrap materials such as wood, plastic sheets, and sometimes corrugated metal sheets. But even building these houses costs money – according to our respondents, ranging between $40 and $200, which most don’t have on hand.” (IEED, 28. Jänner 2019)

Die Grundstückspreise seien laut einem IIED-Bericht vom Jänner 2019 seit 2012 gestiegen, möglicherweise habe es eine Verzehnfachung gegeben. Folgende Faktoren würden diesen rapiden Anstieg erklären: Verwirrung über Eigentumsverhältnisse und Ansprüche, irreguläre Aneignung von Land seitens privater Akteure, Zustrom von IDPs, eine steigende Anzahl von RückkehrerInnen, darunter SomalierInnen aus der Diaspora, die versuchen würden ihr Eigentum erneut zu beanspruchen, sowie die Anwesenheit von Ausländern (da diese höhere Preise zahlen könnten):

„Related to construction and real estate, land prices are estimated to have increased – perhaps as much as tenfold – since 2012. 5 Factors underpinning this rapid price increase include 1) confusion over ownership and entitlements creating a situation where speculation and an individual’s ability to pay go a long way in determining who ends up gaining ownership of property, as well as lack of clarity about official rules governing land and property; 2) irregular acquisition of public land by private actors; 3) the influx of Internally Displaced Persons (IDPs); and 4) increasing numbers of returnees (including diaspora Somalis) seeking to reclaim their property. Finally, 5) the presence of foreigners, including from international development agencies, has contributed to this trend as they are able to pay higher prices for properties.” (IIED, Jänner 2019, S. 3)

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Dem IIED-Bericht zufolge koste ein Wellblechhaus durchschnittlich 140 US-Dollar monatlich, ohne andere Kosten wie Wasser, Energiequellen und weitere Lebenshaltungskosten einzurechnen. Eine Recherche auf Immobilienwebsites würde darauf hinweisen, dass ein Apartment zwischen 350 und 500 US-Dollar monatlich kosten würde:

„Keeping these estimates in mind, an assessment of shelter typology in Mogadishu gives an indication of accessibility. A corrugated iron sheet house for example costs an average of $140 per month, without considering other costs such as water, energy sources and other living expenses. A quick assessment of apartment prices on real estate sites indicates that an apartment costs between $350 and $500 per month15, putting such housing well beyond the reach of the average Mogadishu resident.” (IIED, Jänner 2019, S. 7)

Die durchschnittlichen Mietkosten für ein “Buul” (etwas stabilere Unterkunft als ein Zelt, Anm. ACCORD) würden bei 13 US-Dollar monatlich liegen, so der IIED-Bericht weiter. Diese würden großteils von IDPs und anderen BewohnerInnen Mogadischus bewohnt, die vom regulären Wohnungsmarkt in Mogadischu ausgeschlossen seien. Ein Wellblechhaus werde üblicherweise von Menschen mit niedrigen Einkommen sowie Angehörigen der unteren Mittelschicht bewohnt. Trotz ihrer Qualität würden die berichteten Kosten 140 US-Dollar monatlich betragen. Appartements würden von Angehörigen der Mittelschicht und der oberen Mittelschicht bewohnt. Die durchschnittlichen Kosten würden zwischen 350 und 500 US-Dollar betragen. Villen seien für die obere Mittelschicht und wohlhabende BewohnerInnen zugänglich. Einige Villen seien auch an ausländische StaatsbürgerInnen und lokale und internationale Organisationen vermietet:

„Buul

Mainly inhabited by IDPs and other Mogadishu residents that are locked out of the regular housing market in the city. The average rent cost is about $13 per month […]

Corrugated iron sheet

Usually inhabited by low income earners as well as lower middle-class residents. Despite their quality, the average cost reported is $140 per month […]

Apartment

Inhabited by middle-class and upper middle-class Somalis. Average cost is between $350 and $500 per month. […]

Villa

Accessible to upper middle class and wealthy Mogadishu residents. Some villas are also rented out to foreign nationals and to local and international organisations” (IIED, Jänner 2019, S. 7)

Somali Public Agenda erwähnt im November 2019, dass es in Mogadischu und Umgebung zwei Arten von Grundstücken gebe: Bebautes Land und nicht bebautes verlassenes Land. Bebautes Land werde großteils durch den Besitzer vermietet oder verpachtet. Die Verkaufspreise dieser

Grundstücke seien höher im Vergleich zum Verkaufspreis von verlassenem Land. Jedoch falle das bebaute Land unter zwei Kategorien. Die erste Kategorie sei Land mit alten Gebäuden. Diese Gebäudetypen könnten leicht abgerissen werden. Der zweite Typ sei neubebautes Land. Letzteres sei sowohl für Miete als auch Verkauf teurer im Vergleich zu Land mit alten Gebäuden. Die Mietpreise für Häuser im Stadtzentrum hätten sich in den vergangenen Jahren erhöht. Die monatlichen Mietpreise von kleineren Häusern mit drei bis fünf Räumen würden abhängig vom Ort zwischen 350 und 600 US-Dollar betragen. Es werde angenommen, dass mehrere Distrikte in Mogadischu (Hodan, Wadajir, Waberi, Hawlwadaag, Hamar Jajab, Hamarweyne und Warta Nabadda) hinsichtlich Wohnraum zu den teuersten Gebieten zählen würden. Dies sei aufgrund der strategischen Lage im Stadtzentrum und der Nähe zu grundlegenden Einrichtungen verständlich. Viele Regierungseinrichtungen würden in den meisten dieser Distrikte tätig sein:

„There are two types of land in Mogadishu and its environs: built on and non-built on vacant lands. Built-on land is mainly rented or leased by the owner(s). The selling price of such pieces of land are higher in terms of price compared to the selling price of vacant land. However, the built-on land fall under two categories. The first category is land with old buildings. These types of buildings can be easily demolished. The second type is the newly built-on land. The latter is more expensive for both renting and selling compared to land with old buildings. The house rental in the city center has become higher in the past few years. The monthly rental fee of small houses with three to five rooms is between USD 350 and USD 600, depending on the location. It is believed that several districts in Mogadishu – Hodan, Wadajir, Waberi, Hawlwadaag, Hamar Jajab, Hamarweyne, and Warta Nabadda – are among the most expensive areas in terms of housing. This is understandable because of their strategic location in the city center and proximity to basic facilities – many government institutions operate in most of these districts.” (Somali Public Agenda, November 2019, S. 1)

Somali Public Agenda erwähnt im November 2019, dass einer der wichtigsten Faktoren für Land- und Eigentumspreise in Mogadischu die Lage sei. Je zentrumsnäher das Grundstück gelegen sei, desto höher sei der Preis. Je weiter entfernt von wichtigen Straßen und dem Stadtzentrum das Grundstück liege, desto geringer der Wert. Daher sei etwa der Grundstückswert in Hamar Jadiid geringer im Vergleich mit Stadtteilen wie Taleex. Grundstücke an der Straße Maka-al Mukarama seien unter den teuersten in Mogadischu, hauptsächlich aufgrund ihrer relativen Sicherheit und der physischen Präsenz von Sicherheitskräften. Städtische Arme („urban poor“) und IDPs würden in peripher gelegene Gebiete ziehen, da sowohl der Kauf als auch die Pacht von Grundstücken dort niedriger als im Stadtzentrum sei. Nach dem Rückzug der al-Schabaab aus Mogadischu im August 2011 habe sich die Sicherheitslage in den Distrikten Warta Nabadda, Howlwadaag, Hodan, Bondhere, Abdulaziz (die zuvor von Kämpfen zwischen al-Schabaab und Regierungskräften betroffen gewesen seien) bedeutend gebessert und der Wert der Grundstücke sei deshalb exponentiell gestiegen:

„Location: one of the most important determinants of land and property prices in Mogadishu is the location. The closer the land is to the center, the higher its price. And the more distant the land is from the main roads and the city center, the lower its value. On

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land in the outskirts of Mogadishu, whenever the land gets closer to the inhabited areas as well as the main roads, it's price becomes high and vice versa. […] Therefore, land value in Hamar Jadiid is lower compared to other neighborhoods such as Taleex. For instance, lands around Maka-al Mukarama Street are among the most expensive pieces of land in Mogadishu mainly because of its relative security and the physical presence of security forces. […] This is why the urban poor and IDPs relocate to the periphery as both purchasing and renting of land in the periphery neighborhoods are lower than land in the city center. […] The security situation has, however, shifted after August 2011 when al-Shabaab withdrew from Mogadishu. The security situation of the old districts – such as Warta Nabadda, Howlwadaag, Hodan, Bondhere, Abdulaziz –, which suffered the constant fighting between al-Shabaab and the government forces, improved significantly and thus the value of land in these districts increased at an exponential rate.” (Somali Public Agenda, November 2019, S. 2)

Somali Public Agenda erwähnt im November 2019 zudem, dass aufgrund jahrelanger Kämpfe zwischen Clans in Mogadischu und Somalia das Vertrauen zwischen Clans gering sei. Daher würden einige Menschen bevorzugen, Wohnungen in Nachbarschaften oder Bezirken zu kaufen oder zu bewohnen, die von ihrem Clan dominiert würden. Ein Pächter habe angegeben, dass der Grundstückswert in einer von einem Clan dominierten Nachbarschaft niedriger sei, im Vergleich zu Gebieten, die von verschiedenen Clans bewohnt würden. Er gab zudem an, dass der Preis in Bezirken mit einem Clan niedriger sei, weil dort ein Clan dominiere, aber in Gebieten, wo verschiedene Clans integriert seien, sei der Preis höher. Der niedrigere Preis in einigen von einem Clan dominierten Nachbarschaften in Mogadischu sei ein Ergebnis geringerer Nachfrage. Erwerb, Investition oder Miete würden in solchen Nachbarschaften großteils von Mitgliedern desselben Clans nachgefragt. Geringere Nachfrage seitens anderer Clans verringere den Preis in diesen Gebieten. Der „Clan-Faktor“ korreliere auch mit der Expansion und Urbanisierung der Stadt. Es werde angenommen, dass einige, von einem Clan dominierte Nachbarschaften, langsamer urbanisiert würden und der Preis geringer sei, da die BewohnerInnen nicht daran interessiert seien, BewohnerInnen von anderen Clans willkommen zu heißen. Dies sei offensichtlich in den Zonen, wo Mogadischu sich ausdehne. Die Gebiete mit verschiedenen Clans würden eine rapide Urbanisierung erfahren:

„The clan factor: people have the discretion to decide on the locations they rent or purchase houses in. Some prefer to buy or inhabit in neighborhoods or districts dominated by their clan. This is so because of the low-trust among clans, itself resulting from years of clan infighting in Mogadishu and Somalia. A land tenant said that the land value of clan dominated neighborhoods is lower compared to areas inhabited by different clans. He explained: ‘the land prices in clan concentrated districts are lower because one clan is dominant, but where there is integration in terms of clans, the price is up.’ The lower price of some clan dominated neighborhoods in Mogadishu is a result of lower demand. The demand for acquisition, investment or renting in such neighborhoods comes mainly from members from the same clan. Lower demand from other clans reduces the price of land in these areas. The clan factor correlates with the expansion and urbanization of the city as well. It is believed that some clandominated neighborhoods experience slower urbanization and their price is low since its inhabitants are not interested welcoming residents from other clans. This is evident in the zones where Mogadishu is expanding.

Areas with mixed clans are experiencing rapid urbanization.” (Somali Public Agenda, November 2019, S. 2)

Somalia Public Agenda erwähnt weiters, dass die Regierung oder öffentliche Notare die Kommerzialisierung von Grundstücken nicht beeinflussen würden. Der Grundstückspreis werde lediglich von Nachfrage und Angebot angetrieben. Wenn die örtliche Regierung das Gesetz Nummer 10 (Law No. 10 von 17. Dezember 1980, siehe auch RVI, 2017, S. 34) durchsetzen könnte, könnte die Kommerzialisierung von Land verringert werden. Jedoch sei ein wichtiges Hindernis, dass die Regierung kein rechtliches Mandat hinsichtlich „Goof- Grundstücken“ (nicht registrierte Grundstücke außerhalb der Stadt, die von Clans und nomadischen Gemeinschaften genutzt würden) habe. Das verringere die Rolle der Regierung beim Umgang mit Goof-Grundstücken, die den Clans zugeschrieben würden:

„However, that does not mean that the local government and the public notaries influence in the commoditization of land. The land price is purely driven by market demand and supply. If the local government was able to implement Law No. 10, the commoditization of land could be reduced. However, a main obstacle is that the government has no legal mandate to deal with goof lands [unregistered plots in the outskirts of the city used by clans and nomadic communities for grazing]. This diminishes the local government's role in dealings concerned with goof lands, which are attributed to clans.” (Somali Public Agenda, November 2019, S. 3)

Die gestiegenen Grundstückspreise, insbesondere der Mietpreise, hätten dazu geführt, dass viele Familien in außerhalb der Stadt gelegene Gebiete ziehen würden, so der Bericht von Somali Public Agenda weiters. Der Mogadischu-Afgooye-Korridor (zwischen Mogadischu und der etwa 20 Kilometer nordwestlich gelegenen Stadt Afgooye, Anm. ACCORD) sei mit IDPs und der armen Stadtbevölkerung überfüllt. Der öffentliche Verkehr aus den Stadtteilen Tabeelaha und Weydoow sei zunehmend rege, insbesondere am Morgen und am Nachmittag, weil Menschen in den Randgebieten Mogadischus in hoher Anzahl zum Arbeiten in die Stadt und bei Sonnenuntergang wieder zurückkehren würden. Viele städtische Arme würden vom Zentrum in die Außenbereiche ziehen und Gebiete wie Garasbaalleey, Kaxda, Dayniile und Ceelasha Biyaha bewohnen. Einige würden ein Stück Land kaufen und darauf permanente (aus Stein gebaute) oder halbpermanente (mit Wellblech gebaute) Häuser errichten. Häuser, die von den städtischen Armen oder von Räumungen betroffenen IDPs verlassenen würden, würden von anderen wohlhabenderen Familien und der Mittelschicht bewohnt, die es sich leisten könnten, eine höhere Miete zu zahlen:

„The increased prices of land, especially rental prices, has caused many families to relocate to the outskirts of the city. As a result, the Mogadishu-Afgoye corridor is overcrowded by IDPs and urban poor. Public transport from Tabeelaha and Weydoow neighborhoods are increasingly busy, especially in the morning and afternoon because people in the outskirts of Mogadishu come in high numbers into the town in the morning for work and return at sunset. Many urban poor are moving from the centre of the city to the outskirts, occupying areas like Garasbaalleey, Kaxda, Dayniile and Ceelasha Biyaha. Some purchase a piece of

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land and construct permanent (stone) or semi-permanent (corrugated metal) houses. The houses vacated by the urban poor or evicted IDPs are occupied by other wealthier and middle-class families who can afford to pay the higher rent bill.” (Somali Public Agenda, November 2019, S. 3-4)

Weitere allgemeine Informationen zu Wohnraum (Finanzierung, Leistbarkeit, Angebot, Reglementierung) in Somalia entnehmen Sie bitte auch folgendem Dokument:  CAHF - Centre for Affordable Housing Finance in Africa: 2019 Housing Finance in Africa Yearbook - 10th Anniversary Edition; Somalia Country Profile, 4. November 2019 http://housingfinanceafrica.org/app/uploads/V18-SOMALIA-2310.pdf 5 Informationen zu IDP-Lagern und informellen Siedlungen 5.1 Überblick Es konnten keine Informationen speziell zum Anteil oder zur Anzahl von RückkehrerInnen (aus Europa) gefunden werden, die in informellen Siedlungen oder IDP-Lagern oder insgesamt in Mogadischu leben.

Zwischen 2014 und 2019 seien laut einem Datenblatt des UN-Flüchtlingshochkommissariats UNHCR (UN High Commissioner for Refugees) insgesamt 91.531 Flüchtlinge mit Unterstützung durch UNHCR nach Somalia zurückgekehrt, Großteils aus Kenia und dem Jemen. Die Anzahl der RückkehrerInnen in die Region Banaadir liege laut dem Datenblatt bei 15.468 aus Kenia, 3.895 aus dem Jemen und 832 aus anderen Staaten. Flüchtlinge aus Somalia, die ohne Assistenz durch UNHCR zurückkehren würden, seien in diesen Zahlen jedoch nicht erfasst. (UNHCR, 15. Jänner 2020, S. 1)

Auf der Website des Camp Coordination and Camp Management Cluster (CCCM) der Vereinten Nationen findet sich eine interaktive Landkarte, auf der Daten zu IDP-Lagern und -Siedlungen in Somalia, darunter in Mogadischu, abgerufen werden können:  CCCM Cluster Somalia - Camp Coordination and Camp Management Cluster Somalia: Detailed Site Assessment (DSA), ohne Datum https://cccm-cluster-somalia.github.io/OPSMAP/

Der UNO-Generalsekretär berichtet im November 2019, dass landesweit bislang über 300.000 Menschen aufgrund von Dürre und Konflikt vertrieben worden seien, zusätzlich zu den 2,6 Millionen Binnenvertriebenen, die weiterhin ernsthaft von Räumungen, Marginalisierung und Exklusion bedroht seien:

„The impact of drought, compounded by protracted armed conflict and barriers to humanitarian access, worsens protection challenges, particularly for women and children, as families lose their social networks and coping capacities. So far in 2019, more than 300,000 people have been displaced by drought and conflict, adding to the 2.6 million internally displaced persons across the country who continue to face serious risks of evictions, marginalization and exclusion.“ (UNSC, 15. November 2019, S. 10)

Das International Institute for Environment and Development (IEED), eine Rechercheeinrichtung, die unter anderem zu menschlichen Siedlungen forscht und unter anderem von Regierungsbehörden und NGOs unterstützt wird, erwähnt in einem Artikel vom Jänner 2019, dass im Jahr 2018 schätzungsweise 2,6 Millionen Menschen in Mogadischu gewohnt hätten, über 600.000 davon seien vertriebene Personen gewesen, die sich auf über 480 informelle Siedlungen in - und in Umgebung - der Stadt verteilt hätten. In diese Siedlungen würden nicht nur Binnenvertriebene, sondern auch städtische Arme und RückkehrerInnen leben:

„The city simply cannot house these growing numbers. In 2018, an estimated 2.6 million people lived in Mogadishu, of which over 600,000 were displaced persons, scattered across over 480 informal settlements in and around the city. These settlements are home to Mogadishu’s most vulnerable people: not only Internally Displaced People (IDPs), but also urban poor and returnees, and across these categories, many female-headed households, youth, and people living with disabilities. The increasing number of displaced people and other urban poor communities arriving in Mogadishu make it the second-fastest growing city in the world, with a 4% annual rate of urbanisation growth.” (IEED, 28. Jänner 2019)

CCCM schreibt im August 2019, dass sich von den 2,6 Millionen in Somalia vertriebenen Personen 1,8 Millionen in landesweit fast 2.000 verzeichneten IDP-Lagern niedergelassen hätten. Bei der Mehrheit davon handle es sich um informelle Siedlungen auf privaten Grundstücken in städtischen oder stadtnahen Gebieten. Die verbleibenden 800.000 IDPs seien verteilt auf Gastfamilien und gemietete Plätze. Genauere Informationen zu dieser Gruppe seien nicht vorhanden. Es gebe keine formellen IDP-Lager in Somalia (siehe auch: CCCM, 2017, S. 13) und nur sehr wenige (etwa 8 Prozent) befänden sich auf öffentlichen Grundstücken. Innerhalb der Lager sei die Bereitstellung von Dienstleistungen schlecht. Der Großteil der Hilfsleistungen werde außerhalb der informellen Siedlungen innerhalb der Stadtgebiete angeboten:

„Out of the 2.6 million displaced persons, 1.8 million have settled in almost 2,000 recorded IDP sites across Somalia, the majority of which are informal settlements on private land in urban or peri-urban areas. The remaining estimated 800,000 IDPs have been dispersed within host families and rented spaces and currently accurate information is not available for this group. There were no formal camps in Somalia and very few (around 8%) of sites were on public land. The majority of displaced people were moving from rural areas to urban centres, which usually have better security and access to basic services and humanitarian assistance. Displaced people arrive in an urban area and joined existing IDP settlements on private land. Service provision has been poor inside these sites, so most aid was delivered outside of the informal settlement within the city.” (CCCM, 28. August 2019, S. 35)

Der Begriff informelle Siedlung bezeichne laut dem IIED-Bericht vom Oktober 2019 städtische Siedlungen oder Stadtteile, die sich außerhalb des formellen Systems zur Registrierung von Landbesitz entwickelt hätten und eine Reihe von Reglementierungen hinsichtlich Planung und Landnutzung, Bauvorschriften oder Gesundheit und Sicherheit nicht einhalten würden:

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„The term ‘informal settlement’ refers to urban settlements or neighbourhoods that have developed outside the formal system for recording land ownership, and that do not meet a range of regulations relating to planning and land use, building codes or health and safety.“ (IIED, Oktober 2019, S. 4, FN1)

Die Rechercheorganisation Rift Valley Institute (RVI) veröffentlicht 2017 einen Bericht zum Thema Land und Grundstücke in Mogadischu. Einige der nun in den informellen Siedlungen lebenden Gemeinschaften seien Anfang der 1990er-Jahre aus Mogadischu vertrieben worden. Andere, die nach Mogadischu vertrieben worden seien, würden bereits seit vielen Jahren in den Siedlungen leben und würden sich nun selbst als permanente BewohnerInnen der Stadt sehen:

„Some of the communities living in informal settlements were originally displaced from Mogadishu during the early 1990s. Others, displaced to Mogadishu from further afield early on in the conflict, having spent many years living in the settlements, now consider themselves to be permanent residents of the city.“ (RVI, 2017, S. 76)

Einen Überblick zu informellen Siedlungen, Binnenvertreibung und armer Stadtbevölkerung („urban poor“) entnehmen Sie bitte den Seiten 75 bis 88 des RVI-Berichts:  RVI - Rift Valley Institute/HIPS - Heritage Institute For Policy Studies: Land Matters in Mogadishu; Settlement, ownership and displacement in a contested city, 2017 https://riftvalley.net/download/file/fid/4531

IIED erwähnt in seinem Bericht vom Jänner 2019, dass es keine rechtlichen Mechanismen gebe, die informelle Siedlungen oder die Rechte der in den informellen Siedlungen wohnenden Personen reglementieren würden. Jedoch – und insbesondere im Falle von Hausbesetzern – würden die StadtbewohnerInnen für gewöhnlich auf „Ersitzung“ („adverse possession“) hinweisen, wobei die Geschädigten („legal claimants“) ihr Besitzrecht verlieren würden, wenn jene, die dort wohnen würden, für einen ausgedehnten Zeitraum (25-jährige oder längere Abwesenheit des Besitzers) unangefochten das Land genutzt hätten. In Mogadischu werde für gewöhnlich behauptet, dass die rechtlichen Besitzer Freunde oder Komplizen des ehemaligen Diktators Siyad Barre seien, und daher das Land von vornherein illegal erhalten hätten. Ein weiterer Ansatz der gegenwärtigen BewohnerInnen sei, über die Jahre hohe Summen für angebliche Instandhaltungsarbeiten, Renovierungen und Erhaltung zu fordern, die oftmals außerhalb der Leistbarkeit des Eigentümers liege. Diese Argumente würden für gewöhnlich nicht auf Regierungsland und –eigentum angewendet werden:

„Informal settlements. There are no legal mechanisms regulating informal settlements or the rights of people residing in informal settlements. However, and especially in the case of squatters, city residents usually refer to ‘adverse possession’ where legal claimants lose their right to ownership if those residing on it have had uncontested use for an extended length of time (notably when the owner has been absent for 25 years or more). In Mogadishu, the common narrative is to claim that the legal owners were friends or accomplices of former dictator Siyad Barre, and were therefore allocated the land illegally in the first place. Another approach is for the current occupants to claim large sums to be paid for supposed maintenance, renovations and upkeep of such properties over the years,

which can often be beyond the reach of the deed owner. These arguments, however, do not usually apply to government-owned land and property.” (IIED, Jänner 2019, S. 6)

Einen Überblick zu IDPs und der Lage in informellen Siedlungen allgemein in Somalia entnehmen Sie bitte auch Seite 47 des folgenden Berichts:  UNOCHA - UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs: 2020 Somalia Humanitarian Needs Overview, 22. Dezember 2019 https://www.humanitarianresponse.info/sites/www.humanitarianresponse.info/files/docu ments/files/hno_2020-for_somalia.pdf https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/HNO_2020-for%20Somalia.pdf

Folgende Karte beinhaltet Informationen zu Hilfsleistungen im Zusammenhang mit Unterkünften für IDPs in den verschiedenen Regionen:  Shelter Cluster Somalia: Shelter Cluster Progress Map November 2019, 19. Dezember 2019 https://www.sheltercluster.org/sites/default/files/docs/sc_progres_map_1.pdf

Auf der Website REACH Resource Centre finden sich mehrere Datenblätter zu informellen IDP- Siedlungen in verschiedenen Distrikten Mogadischus bzw. der Region Banaadir (Shangaani, Shibis, Daynile, etc.), die mit Jänner 2016 datiert sind. REACH ist eine Initiative von IMPACT, ACTED und dem United Nations Operational Satellite Applications Programme (UNOSAT) und stellt Daten bei Krisen, Katastrophen und Vertreibungen zur Verfügung:  REACH Resource Centre: Archived Research Cycles; Somalia - Camp & Site Profiling; Fact- Sheets, undated https://www.reachresourcecentre.info/country/somalia/theme/camp/cycle/1186/p/2/?toi p-group=publications&toip=factsheet#cycle-1186

Auf der Website des REACH Resource Centre findet sich zudem eine Projektbeschreibung („Terms of Reference“) zu einer umfassenden Evaluierung von IDP-Lagern. Als Zeitrahmen für die Evaluierung wird 1. März 2018 bis 1. Mai 2019 mit einer dritten Runde im Oktober 2019 angegeben. Ein genauer Veröffentlichungstermin ist jedoch nicht angegeben. Der Bericht enthält auf den Seiten 54 bis 71 eine Liste von den zu evaluierenden Lagern und informellen Siedlungen mit IDPs (mit Anzahl der Familien und Personen) in Mogadischu:  REACH Resource Centre: Research Terms of Reference; CCCM Comprehensive Site Assessment; SOM1707b; Somalia; Version 3, Februar 2019 https://www.impact- repository.org/document/reach/7f3f7763/reach_som_tor_csa_march_2019.pdf

5.2 Garantien hinsichtlich Unterkunft Dem ReDSS-Bericht vom April 2019 zufolge hätten IDPs und RückkehrerInnen in Mogadischu keinen Zugang zu permanenten oder effektiven Vereinbarungen zur Sicherheit der Miete. Mietvereinbarungen und Landverpachtung erfolge oftmals ohne eine Form der Dokumentation. Räumungen anzufechten und Landeigentum oder Pacht zu beweisen sei extrem schwierig. Zusätzlich würden Landbesitzer zögern, an Arme oder Mitglieder anderer

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Clans zu vermieten. Der Großteil der IDPs zögere ebenfalls, von einem Landbesitzer zu mieten, der nicht ihrem Clan angehöre. Dies schränke zugänglichen Wohnraum weiter ein. Steigende Rückkehr und Umsiedlungen nach Mogadischu drohe weiteren Druck auf diese Bedürfnisse hinsichtlich Wohnraum, Land und Eigentum (housing, land, property; HLP) auszuüben, der durch einen Mangel an rechtlichen Rahmenbedingungen hinsichtlich Räumung und Landbesitz verschärft werde:

„In Mogadishu, IDPs and returnees do not have access to permanent or effective tenure security agreements. Rent agreements and land tenancy frequently occur without any form of documentation. Contesting evictions and proving landownership or tenancy is extremely difficult. In addition, landowners are reluctant to rent to poor people or members of different clans. Most IDPs are also reluctant to rent from a landowner who is not of their clan, further limiting accessible housing. Increasing returns and movement to Mogadishu risk putting further pressure on these HLP needs, which is exacerbated by a lack of legal frameworks related to eviction and landownership.” (ReDSS, April 2019, S. 56)

Der Großteil der IDP-Bevölkerung würde dem Bericht zufolge angeben, dass er keinen Zugang zu einem verlässlichen Justizsystem habe. Einige gemeinsame UNO-Programme, wie das Gemeinsame Programm für lokale Regierungsführung, würden Themen hinsichtlich Gerechtigkeit behandeln, etwa mittels Verstärkung des Zugangs zu Rechtstaatlichkeit auf Grassroot-Ebene und der Ausdehnung von Gerechtigkeitsmechanismen auf weitere Gebiete. In Theorie hätten IDPs Zugang zu Gerechtigkeitsmechanismen, jedoch sei es IDPs aufgrund hoher Kosten und Gerichtsgebühren nicht möglich vor Gericht zu ziehen. Es herrsche eine weitverbreitete Unzufriedenheit mit dem Mangel an formellen Justizsystemen, was zu einem starken Vertrauen auf traditionelle und informelle Justizmechanismen führe:

„The majority of IDP populations report that they do not have access to a reliable justice system. Some UN joint programmes, such as Joint Programme on Local Governance, address issues related to justice; for example, by increasing access to the rule of law at grassroots levels and expanding justice mechanisms to more areas. In theory, IDPs members do have access to justice mechanisms; however, IDPs are not able to go to courts due to the high cost of court fees. There is widespread dissatisfaction with the lack of formal justice systems, which leads to heavy reliance on traditional and informal justice mechanisms.” (ReDSS, April 2019, S. 58)

Außer in einigen wenigen Fällen - wie der 2014 im Distrikt Kaxda errichteten und von der Regionalverwaltung von Banaadir (BRA) verwalteten IDP-Siedlung - würden IDPs hauptsächlich auf Land im Privatbesitz wohnen, wobei die Mehrheit von Zwangsräumungen auf Regierungsgrundstücken und –eigentum betroffen gewesen sei. Mittels Pförtnern würden IDPs Zugang zu kleineren Grundstücken erhalten, auf denen sie ihre Unterkünfte errichten könnten. Diese Pförtner würden die Anmietung von Land von Privateigentümern organisieren und die Zahlungsmodalitäten für alle auf dem Eigentum wohnenden Personen klären. Die Mietkonditionen seien unsicher und mit dem Wachsen von Mogadischu und steigenden Grundstückspreisen, seien Räumungen ausgeufert:

„With regard to IDPs, apart from a few cases such as the BRA-administered IDP settlement in Kaxda District, established in 2014, IDPs primarily reside on privately-owned land, with

the majority having been evicted from government land and property. Through gatekeepers, IDPs gain access to small plots of land on which to build their shelters. These gatekeepers organise to rent land from private owners and negotiate the means of payment that apply to all who choose to reside on the property. Lease terms are insecure and with the above-mentioned growth of Mogadishu and rising land prices, evictions have become rampant.” (IIED, Jänner 2019, S. 8)

Die steigenden Grundstückspreise und der Mangel an Regulierung des Mietmarktes in Mogadischu würden bedeuten, dass Räumungen eine ständige Bedrohung für IDPs und ärmere BewohnerInnen in der Stadt darstellen. Banaadir sei die am stärksten betroffene Region im Land. In den ersten beiden Monaten des Jahres 2019 sei es zu 60.157 Räumungen gekommen. Einige IDPs in Mogadischu würden in Gebäuden die sich in Regierungsbesitz befänden wohnen, und seien von Räumungen bedroht. Der Großteil der Räumungen in Mogadischu erfolge unter Zwang, wobei nur sehr wenige davon rechtmäßige Räumungen oder Räumungen mit würdevollen Umsiedlungen seien. Obwohl die Regionalverwaltung von Banaadir einige Räumungen anordnen würde, würden sie großteils von privaten Bürgern durchgesetzt, die versuchen würden, das Land für eine Erschließung freizubekommen. Meistens würden die BewohnerInnen über keine formellen (schriftlichen) Vereinbarungen mit dem Vermieter verfügen. Das Ausmaß der Räumungen führe zu bedeutenden innerstädtischen Migrationsströmen zwischen drei der am dichtesten besiedelten IDP-Gebieten in Mogadischu (Kaxda, Hodan und Daynile) und dem Stadtzentrum (Dharkenley):

„In Mogadishu, rising land values and the lack of rental market regulation mean that evictions are a constant threat for the city’s IDPs and poorer residents. Benadir is the most affected region in the country — in the first two months of 2019, there were 60,157 evictions (UN-Habitat and NRC 2019a). Some of Mogadishu’s IDPs live in government- owned buildings and are at risk of eviction. As one female IDP living in made clear, ‘Yes, all the time I am worried that the government will show up and force us to evacuate. Yes, we have seen many IDPs occupying government buildings who were forced to evacuate and even though the government promised them resettlement they have not heard anything and this worries me a lot.’ The vast majority of evictions in Mogadishu are forced, with only very few lawful evictions or evictions with dignified relocations. Although the Benadir Regional Administration does order some evictions, they are mostly enforced by private citizens seeking to clear property to develop the land. Most often, residents have no formal (written) agreement in place with the landlord. The scale of evictions is generating significant intra-city migration flows between three of the most densely IDP-populated areas of Mogadishu (Kaxda, Hodan and Daynile) and the city centre (Dharkenley).” (IIED, Oktober 2019, S. 12)

Die Ankunft einer großen Anzahl an IDPs an einem Ort, die an einem anderen Ort von Zwangsräumung betroffen gewesen seien, treibe die Entwicklung einer großen informellen Wirtschaft in der Form von Geschäften und Dienstleistungen wie den Wasserfrachtverkehr voran. Diese Dienstleistungen würden schließlich – wenn auch ungeplant – zu einem Wachstum des Gebietes führen. Die Verfügbarkeit von Dienstleistungen ziehe weitere neue

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BewohnerInnen an und treibe die Preise in die Höhe. Viele IDPs seien dann von erneuten Räumungen bedroht:

„The arrival of large numbers of IDPs in one location [in Mogadishu], evicted from another, drives the development of a large informal economy in the form of shops and services such as water trucking. These services eventually lead to the growth, albeit unplanned, of the area. The availability of services draws further new residents, and in the process drives up land market prices. Many IDPs are then at risk of further eviction.” (IIED, Oktober 2019, S. 12)

5.3 Zwangsräumungen UNOCHA erwähnt im Dezember 2019, dass trotz Bemühungen auf föderaler Ebene und auf Gemeindeebene, rechtliche Rahmenwerke zur Regulierung der Pachtung von Grundstücken und zum Schutz von IDPs vor Räumung, einzuführen, Rechtsverletzungen in Verbindung mit Wohnraum, Land und Eigentum (HLP) weiterhin ein Problem für Vertriebene darstellen würden. Dies sei sowohl für ihren gegenwärtigen Wohnort, als auch in Verbindung mit ihrem Herkunftsgebiet der Fall, wo nicht gelöste Landstreitigkeiten weiterhin eines der Hindernisse für jene darstelle, die an einer Rückkehr interessiert seien. Zwischen Jänner und August 2019 seien 173.000 Menschen von Zwangsräumungen in IDP-Lagern betroffen gewesen, wobei die Mehrheit in Banaadir lebe (Deynile 89.000 und Kaxda 49.000). 311 der 374 Zwangsräumungen seien in Gebieten erfolgt, wo keine schriftliche Vereinbarung zwischen der Gemeinschaft und dem Vermieter getroffen worden sei. In fast allen Fällen sei die Zwangsräumung seitens privater Landbesitzer (336 Fälle) aufgrund von Möglichkeiten zur Landentwicklung erfolgt (261 Fälle). Einer unter Führung der Regionalverwaltung von Banaadir durchgeführten Studie zufolge sei die Gefahr einer Räumung für 350.000 Menschen hoch und für 140.000 Personen extrem, insbesondere in den Distrikten Deynile und Kaxda (einschließlich das Gebiet Garasbaley):

„Despite efforts at both federal and municipal levels to introduce and enforce legal frameworks regulating issues of land tenure and protecting IDPs from evictions, rights violations related to HLP [housing, land, property] remain a major concern for people living in displacement. This is the case both in their current area of settlement as well as in relation to their area of origin, where unresolved land disputes remain one of the obstacles for those interested in returning. 173,000 people have been evicted from IDP sites between January and August 2019. The majority of those live in Banaadir (Deynile 89,000 and Kaxda 49,000) and Baidoa (19,000), followed by Afgoye, Hargeisa and Bosaso. Out of the 374 eviction incidents, 311 occurred in areas where there was no written agreement between the community and the landlord. In nearly all cases the eviction was carried out by private land owners (336 cases), forcibly evicting people because of land development opportunities (261 cases). The Eviction Risk Mapping conducted under the leadership of Banaadir Regional Administration in May 2019 identified that 350,000 people are at high and 140,000 at extreme risk of evictions, especially those living in Deynile and Kaxda districts (including the Garasbaley area).” (UNOCHA, 22. Dezember 2019, S. 58)

UNOCHA berichtet weiters, dass Zwangsräumung von IDPs aus selbsterrichteten Siedlungen bedeutende Investments humanitärer Organisationen zerstören würden, mit dem Ziel den

Zugang zu grundlegenden Diensten, darunter die Errichtung von Wasserzugangspunkten und anderen WASH-Einrichtungen, Unterkünften, Gesundheitszentren und Bildungseinrichtungen zu erleichtern. Der Großteil der Räumungen in Somalia würde erzwungen und ohne angemessenen Benachrichtigungszeitraum erfolgen. Schätzungsweise 220.000 Vertriebene seien zwischen Jänner und Oktober 2019 von Zwangsräumungen betroffen gewesen. Von diesen seien etwa 139.000 Menschen allein in Mogadischu von Zwangsräumungen betroffen gewesen. Durchschnittlich seien seit 2015 jährlich über 155.000 Menschen landesweit von Zwangsräumungen betroffen gewesen und über 11.000 IDPs durchschnittlich jeden Monat, wobei viele von mehrmaliger Räumung betroffen gewesen seien. Während durch das Eingreifen von humanitären Partnern die Räumung von 53.000 Menschen zwischen Jänner und Oktober 2019 verhindert habe werden können, würden Bemühungen zu Prävention und Schadensbegrenzung im Vergleich zu den Bedürfnissen weiterhin äußerst niedrig bleiben. Der anhaltende Trend von Zwangsräumungen, der durch die steigende Bevölkerungsdichte, Eigentumspreise und einem Mangel an sicheren Mietbedingungen angefacht werde, bedeute, dass der Zugang zu Dienstleistungen sogar dort, wo er etabliert sei, fragil und unbeständig sei. Bis 2015 seien von größeren Zwangsräumungen hauptsächlich IDPs betroffen gewesen, die öffentliches Land und Gebäude bewohnt hätten. In den vergangenen Jahren hätten Zwangsräumungen jedoch in steigendem Ausmaß auf IDPs auf privaten Grundstücken abgezielt:

„Forced evictions of IDPs from self-established settlements destroy significant investments made by humanitarian organizations to facilitate access to basic services, including the establishment of water points and other WASH facilities, shelter, health care centres and education facilities. Most evictions in Somalia are forced and without an adequate notice period. An estimated 220,000 displaced people were forcibly evicted from January to October 2019. Of these, some 139,000 people were evicted in Mogadishu alone. On average, more than 155,000 people have been evicted across Somalia every year since 2015, and over 11,000 IDPs are, on average, evicted every month with many having been subjected to multiple evictions. While interventions from humanitarian partners prevented the eviction of 53,000 people in the period of January to October, prevention or mitigation efforts remain considerably low compared to needs. The continuing trend of forced evictions, fed by growing population density, property prices and lack of secure tenure, means that even where access to services is established, it is often fragile and inconsistent. Up to 2015, large-scale evictions mostly affected IDPs inhabiting public land and buildings, but in recent years forced evictions have increasingly targeted IDPs hosted on private land.” (UNOCHA, 22. Dezember 2019, S. 12-13)

ReDSS zufolge seien Rechte betreffend Wohnraum, Land und Eigentum ein bedeutendes Thema in Mogadischu und würden eines der dringendsten Bedürfnisse von neu angekommenen RückkehrerInnen und IDPs darstellen. 99 Prozent der von Räumungen betroffenen Personen seien Berichten zufolge IDPs. Die Kosten für Land und Wohnraum seien sehr hoch. Im Jahr 2018 seien 204,951 Personen von Zwangsräumungen betroffen gewesen. Die Anzahl sei seit dem Jahr 2015 stetig gestiegen. Weniger als 25 Prozent der von Zwangsräumungen betroffenen Personen aus IDP-Lagern seien zuvor offiziell verständigt

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37 worden. Insbesondere Frauen und Mädchen seien besonders vulnerabel, wenn es zu solchen Umsiedlungen komme. Verwalter der IDP-Lager seien bekannt dafür, aktiv an den Maßnahmen teilzunehmen. Sie seien an kleineren Räumungen beteiligt, insbesondere, wenn sich die Betroffenen geweigert hätten Bestechungsgelder und humanitäre Leistungen herauszugeben. Einige Lagerverwalter hätten in Erwartung von RückkehrerInnen mit Resettlementgeldern IDPs geräumt, um Platz für die Neuankömmlinge zu schaffen:

„HLP rights and access

Housing, land and property rights and access are significant issues in Mogadishu, and one of the most pressing needs for newly arrived returnees and IDPs: 99% of those who are evicted are reported to be IDPs.49 [IDMC (2018). City of Flight: New and Secondary Displacement in Mogadishu, Somalia.] Costs associated with land and housing are very high. Forced eviction remains:50 [DDG (2017). Dadaab Returnee Conflict Assessment. The related statistics quoted above are derived from this source.]

A major issue in DACs [displacement-affected communities]: In 2018, 204,951 individuals were evicted from their housing, a figure that has increased steadily since 2015

A significant obstacle to integration: fewer than 25% of forced evictions from IDP camps received official notice prior to their eviction

Detrimental to women and girls, who are particularly vulnerable when these relocations occur

IDP camp managers are also known to actively participate in these actions: they are involved in small-scale evictions, especially of those who resist bribes and other humanitarian benefits. Some camp managers, in anticipation of returnees carrying resettlement cash, have evicted IDPs in order to make room for newcomers.” (ReDSS, April 2019, S. 56)

Zwischen 2017 und Februar 2019 seien dem IIED-Bericht vom Oktober 2019 zufolge schätzungsweise 364.731 IDPs aufgrund von Räumungen innerhalb Mogadischus umgezogen. Im Anbetracht der geschätzten Anzahl der IDPs in der Stadt in der Höhe von etwa 600.000 seien nahezu 60 Prozent der IDP-Bevölkerung in diesem Zeitraum von Räumungen betroffen gewesen. Vertreibung spiele daher eine wichtige Rolle bei der Urbanisierung und dem räumlichen Muster Mogadischus und sei wichtig für das Verständnis von Zugang zu Unterkünften von vulnerablen Gruppen in der Stadt:

„Between 2017 and February 2019, an estimated 364,731 IDPs relocated within Mogadishu due to evictions (UNHabitat and NRC 2019b). Considering that the estimated number of IDPs in the city is around 600,000 (UN-Habitat and EU 2018), close to 60 per cent of the IDP population suffered eviction in this period. Displacement thus plays a major role in the urbanisation and spatial pattern of Mogadishu and is key to understanding access to shelter for vulnerable groups in the city.” (IIED, Oktober 2019, S. 12)

6 Faktoren mit Auswirkungen auf die Lage von RückkehrerInnen (Bedeutung von Netzwerken) In Mogadischu seien dem IOM-Bericht von Februar 2016 zufolge alle somalischen Clans vertreten, jedoch werde die Stadt von den Hawiye dominiert, insbesondere von den Subclans der Habargidir und Abgaal. Die Hawiye würden die größten Firmen betreiben und den Großteil der 17 Bezirke der Hauptstadt verwalten. IDP-Siedlungen seien entlang von Clanlinien organisiert. Den Großteil der IDPs würden Angehörige der Rahanweyn und von Minderheitenclans bilden:

„Mogadishu: All the clans of Somalia are represented in Mogadishu, but the city is dominated by the Hawiye, in particular the Habargidir and Abgaal sub-clans. The Hawiye run the largest companies and they manage most of the 17 district administrations in the capital. IDP settlements are organized along clan lines – with most IDPs coming from the Rahanweyn and minority clans.” (IOM/Altai Consulting, 9. Februar 2016, S. 70)

Der IIED-Bericht vom Oktober 2019 erwähnt, dass in Mogadischu die ethnische Identität gegenüber den anderen beiden untersuchten Städten am wichtigsten sei. Die somalische Gesellschaft sei in eine komplizierte Clan-Hierarchie unterteilt. Verschiedene Clans würden Bezirke, Grundstücke und Geschäfte kontrollieren und die meisten Aspekte des somalischen Lebens beeinflussen. Jedoch gebe es innerhalb der somalischen Gesellschaft außerhalb des Clansystems verschiedene ethnische Minderheiten, die von bedeutender Diskriminierung betroffen seien (etwa Bantu). In Mogadischu seien die Verbindungen zwischen Ethnizität und der räumlichen Verteilung der Bevölkerung zentral für die Spannungen betreffend Sicherheit des Besitzes („security of tenure“), urbane Entwicklung und Räumungen. Der Kern des Themas sei der Status der Langzeit-IDPs innerhalb der Stadt, da viele von diesen Minderheitenclans und ethnischen Minderheiten angehören würden. IDPs, die in Mogadischu ankommen würden, würden im Allgemeinen in Gebiete ziehen, wo sie über Verwandte und Netzwerke verfügen würden (und daher über Verbindungen zu Clans oder Ethnien). Empfehlungen und Mundpropaganda seien ein entscheidender Faktor hinsichtlich des Ortes, wo sich IDPs niederlassen würden. Der Influx von IDPs werde in der Form wahrgenommen, als dass er an einigen Orten zu einem demographischen Wandel geführt habe. Die Clan-Konzentration habe sich verringert und die Bevölkerung sei „durchmischter“ als vor der Befreiung der Stadt im Jahr 2011. Einige InterviewpartnerInnen in Mogadischu hätten angegeben, dass die Akzeptanz von IDPs als BewohnerInnen Mogadischus potentiell die politischen Aussichten der Stadt beeinflusse könnte, insbesondere hinsichtlich laufender Schritte in Richtung allgemeines Wahlrecht:

„Of the three cities, we found the importance of ethnic identity is most prominent in Mogadishu. Somali society is divided into an intricate hierarchy of clans. Different clans control districts, land and businesses and influence most aspects of Somali life. However, there are also different ethnic minorities within Somali society outside of the clan system who experience significant discrimination (such as people of Bantu origin). In Mogadishu, the links between ethnicity and the spatial distribution of population are central to tensions surrounding security of tenure, urban development and evictions. At the core of the issue

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is the status of long-term IDPs within the city, as many are from minority clans and ethnic groups. IDPs arriving in Mogadishu usually move to areas where they have relatives and networks (and thus clan or ethnic affiliations). Referrals and word of mouth are a strong determinant of where IDPs settle. The influx of IDPs is perceived to have generated demographic changes in some locations, with clan concentrations diminishing and the resulting population being more mixed than before the city’s liberation from al-Shabaab in 2011. A number of interviewees in Mogadishu indicated that accepting IDPs as Mogadishu residents could potentially affect the city’s political outlook, especially with ongoing moves towards universal suffrage (as distinct from the current clan-based power-sharing arrangement).” (IIED, Oktober 2019, S. 8)

Der Status von IDPs sei ein heikles Thema, so der Bericht weiter. Einige Akteure hätten ein Interesse daran, dass der Outsider-Status der IDPs beibehalten werde, obwohl einige IDPs seit Jahrzehnten in der Stadt leben würden und in einem anderen Kontext nicht weiter als Binnenvertriebene angesehen würden. IDPs seien zudem benachteiligt, weil es für sie schwieriger sei eine ID zu erlangen, die für gewöhnlich eine Voraussetzung für Land- und Wohntransaktionen sei. Dies sei ein bedeutendes Hindernis beim Zugang zu Wohnraum für IDPs, die kleine Anzahl der Flüchtlinge in der Stadt und RückkehrerInnen. Die Recherche von IIED habe zudem ergeben, dass Angehörige des oder der Mehrheitsclans in Mogadischu weniger wahrscheinlich von einer Räumung von Gebäuden in Regierungsbesitz betroffen seien, obwohl sie diese irregulär besetzen würden. Dies könnte der Regierung nämlich als politisch motiviert ausgelegt werden und könne für eine Regierung, die um die Etablierung ihrer Autorität kämpfe, destabilisierend wirken. IDPs dagegen (oftmals aus den südlichen Landesteilen und Großteils Bantu) seien weiterhin von Räumungen bedroht:

„IDP status is a sensitive issue - a number of actors hold vested interests in maintaining IDPs’ ‘outsider’ status, even though some IDPs have lived in the city for decades and in other contexts would no longer be considered displaced. IDPs are also disadvantaged because it is more difficult for them to obtain an ID (usually a prerequisite for land and housing transactions). This is a significant barrier to housing access for IDPs, the city’s small number of refugees and returnees. Our research also revealed that majority clan members in Mogadishu were less likely to be evicted from government-owned buildings, despite occupying them irregularly, as it could be construed as politically motivated and destabilising for a government struggling to establish its authority. In contrast, IDPs (often from Southern Somalia, and primarily of Bantu origin) are at continuous risk of eviction.” (IIED, Oktober 2019, S. 8)

Laut dem im Jänner 2019 veröffentlichten Artikel von IIED würden BewohnerInnen der Siedlungen in Mogadischu angeben, dass sie vom formalen Banksektor ausgeschlossen seien. Sie würden nicht auf Banken zurückgreifen, um Zugang zu den Mitteln zu erhalten, mit denen sie ihre Häuser bauen würden. Auch Mikrofinanzprogramme mit fünf- bis zehnprozentigen Gebühren seien keine Option. Stattdessen würde sich die große Mehrheit dieser Bevölkerungsgruppe auf persönliche Netzwerke verlassen. Sie würden von der Familie, Freunden, Verwandten im Ausland und innerhalb Somalias, entweder Bar oder über mobile Dienste, Geld borgen, um für Hausbaumaterialien aufzukommen. „Connections“ seien in der

somalischen Gesellschaft zentral und würden formale Institutionen übertreffen, die für einen großen Teil der allgemeinen Bevölkerung nicht zugänglich seien:

„Mogadishu’s settlements’ dwellers tell us that they are essentially excluded from the formal banking sector: they do not use banks to access the funds to build their house. Nor are microfinance schemes, and the 5-10% commission they charge, an option. Instead, the vast majority of this population relies on personal networks. They borrow from family, friends, relatives from abroad and within Somalia, either in cash or via mobile services, to pay for housing materials. Connections in Somali society are pivotal and override the formal institutions that are inaccessible to much of the general population.” (IEED, 28. Jänner 2019)

Das Thema Beschäftigung betreffend erwähnt Somali Public Agenda im März 2019, dass jüngere Schulabsolventen Mitglieder ihres Clans bitten müssten, ihnen bei der Jobsuche beizustehen, um einen Arbeitsplatz im öffentlichen Bereich zu bekommen. Politiker würden Clans repräsentieren, und wenn jemand eine Arbeit im öffentlichen Bereich benötige, sei die Clanidentität die bedeutendste Ressource, die Jugendliche einsetzen könnten, um einen Arbeitsplatz zu erhalten. Parlamentsabgeordnete und Minister würden aufgefordert, Verwandte im öffentlichen Bereich zu beschäftigen. Dies sei ein Ergebnis eines Mangels an effektiven Einrichtungen des Öffentlichen Dienstes, die Beamte mittels eines transparenten und formalen Verfahrens einstellen würden:

„Lack of transparency in recruitment is another factor that has contributed to the employment crisis among Somali youth. For young graduates to get a job in the public sector, they need to ask members of their clan assist them in getting the job. Politicians represent clans, and when one requires employment in the public sector, one’s clan identity is the most significant resource that youth can draw on to get the job. Members of the parliament and ministers are asked to employ relatives in the public sector. This is a result of lack of effective civil service institutions that hire public servants in a transparent and formal process.” (Somali Public Agenda, März 2019, S. 2)

Laut dem IOM-Bericht vom Jänner 2019 würde der Großteil der befragten RückkehrerInnen (75 Prozent) über kein Produktionsvermögen verfügen und nur 10 Prozent würden Land besitzen. Folglich würden viele (49 Prozent) finanzielle Unterstützung aus ihrem persönlichen Netzwerk erhalten. Von den 21 Prozent, die sich Geld borgen würden, komme dieses Großteils von Freunden oder der Gemeinschaft:

„Most returnees (75%) have no productive assets and only 10 per cent own land. Consequently, many (49%) receive financial support from their personal network. Of the 21 per cent that borrow money, it is mostly lent by friends or the community. Although they tend to only borrow occasionally, their debt is likely to exceed monthly income.” (IOM/Altai Consulting, Jänner 2019, S. 44)

UNOCHA erwähnt im Dezember 2019, dass ein großer Teil der vertriebenen Gemeinschaften marginalisierten Gruppen angehöre, denen es an Unterstützungsnetzwerken mangle. 2018

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41 durchgeführte Studien hätten ergeben, dass dies in vier Städten mit einem großen Anteil an Binnenvertriebenen - unter anderem in Mogadischu – der Fall gewesen sei:

„Protection […] A large portion of the displaced communities in need are members of marginalized groups, who lack support networks in the areas of displacement or residence. Surveys conducted in 2018 confirmed this was the case for the majority of IDPs in Dollow, Kismayo, Mogadishu and Baidoa, four cities with large IDP populations (DDG).” (UNOCHA, 22. Dezember 2019, S. 55)

Bitte beachten Sie auch die Informationen in den Abschnitten zum Arbeitsmarkt und zu Unterkunft. 7 Auswirkungen von Dürre und Überschwemmung auf die Lage in Mogadischu Im Jänner 2020 erwähnt UNOCHA, dass in der Region Banaadir etwa 3.600 Menschen von Sturzfluten betroffen seien. Im Stadtteil Siigaale im Distrikt Hodan seien Unterkünfte zerstört worden. In den Regionen Bay und seien aufgrund eingeschränkten Zugangs durch starke Regenfälle die Preise für grundlegende Güter gestiegen. Traditionelle unterirdische Getreidelager seien beschädigt worden:

„In Banadir region, where flash floods have affected about 3,600 people, shelters have been destroyed in Siigaale neighborhood in . Prices of basic commodities have increased in Bay and Bakool regions in South West State due to access constraints caused by heavy rains. Traditional underground grain storage facilities have been damaged.” (UNOCHA, 12. Jänner 2020)

Im Jänner 2020 veröffentlicht UNHCR ein Datenblatt zu Interner Vertreibung in Somalia (Stand Dezember 2019). Insgesamt seien 61.000 Personen im Dezember 2019 vertrieben worden. Zwischen Jänner und Dezember 2019 seien landesweit 770.000 Personen vertrieben worden. Tabellen sowie Grafiken zeigen Daten zur Anzahl der Personen, die bestimmte Regionen verlassen hätten oder in verschiedenen Regionen angekommen seien. 7.000 Personen hätten zwischen Jänner und Dezember 2019 die Region Banaadir verlassen, während 106.650 in der Region Banaadir angekommen seien. Zum Thema Vertreibung aufgrund von Dürre wird erwähnt, dass 1.090 Personen aus diesem Grund die Region Banaadir verlassen und 6.130 in der Region angekommen seien. 4.580 Personen hätten die Region Banaadir in Verbindung mit Überflutungen verlassen und 6.330 seien aufgrund von Überflutungen in der Region angekommen. Ein Diagramm zeigt zudem jeweils den jährlichen Verlauf der Anzahl der Vertriebenen. Das Datenblatt ist unter folgendem Link zu finden:  UNHCR - UN High Commissioner for Refugees: Somalia: Internal Displacements Monitored by Protection & Return Monitoring Network (PRMN) December 2019, 22. Jänner 2020 https://data2.unhcr.org/en/documents/download/73565

Ein Überblick zum Verlauf der somalischen Regensaison (Deyr) findet sich unter folgendem Link:

 FEWS - Famine Early Warning System Network: Somalia Seasonal Monitor: December 30, 2019, 30. Dezember 2019 https://reliefweb.int/report/somalia/somalia-seasonal-monitor-december-30-2019

Verschiedene Quellen berichten im Dezember 2019 und Jänner 2020 über eine Heuschreckenplage in Somalia:  FAO - Food and Agriculture Organization: Desert Locust Emergency in Somalia UPDATE 02, 17. Jänner 2020 http://www.fao.org/fileadmin/user_upload/emergencies/docs/FAO%20Somalia%20Desert %20Locust%20Update%2002_17%20January%202020.pdf  TNH – The New Humanitarian: Urgent action needed to stop locust invasion in eastern Africa, 23. Jänner 2020 https://www.thenewhumanitarian.org/news/2020/1/23/Locusts-Ethiopia-Somalia-Kenya- swarms-FAO  BBC News: Locusts: UN calls for international help in East Africa, 24. Jänner 2020 https://www.bbc.com/news/world-africa-51234135  VOA: Somalia Hit by Worst Locust Invasion in 25 Years, 18. Dezember 2019 https://www.voanews.com/africa/somalia-hit-worst-locust-invasion-25-years

Eine Landkarte der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (Food and Agriculture Organization of the United Nations, FAO) vom Jänner 2020 zeigt die von Heuschrecken betroffenen Gebiete Somalias:

(FAO, Jänner 2020)

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Quellenverzeichnis (Zugriff auf alle Quellen am 31. Jänner 2020)  BBC News: Locusts: UN calls for international help in East Africa, 24. Jänner 2020 https://www.bbc.com/news/world-africa-51234135  CAHF - Centre for Affordable Housing Finance in Africa: 2019 Housing Finance in Africa Yearbook - 10th Anniversary Edition; Somalia Country Profile, 4. November 2019 http://housingfinanceafrica.org/app/uploads/V18-SOMALIA-2310.pdf  CCCM - Camp Coordination and Camp Management: Somalia Settlement Typologies Overview of settlements types for displaced populations in Somalia, 2017 https://data2.unhcr.org/en/documents/download/60060  CCCM - Camp Coordination and Camp Management: CCCM Case Studies 2016-2019, 28. August 2019 https://cccmcluster.org/sites/default/files/2019-09/CCCM_Online2.pdf  CCCM Cluster Somalia - Camp Coordination and Camp Management Cluster Somalia: Detailed Site Assessment (DSA), ohne Datum https://cccm-cluster-somalia.github.io/OPSMAP/  FAO - Food and Agriculture Organization: Desert Locust crisis in Somalia, Jänner 2020 http://www.fao.org/emergencies/resources/maps/detail/en/c/1258210/  FAO - Food and Agriculture Organization: Desert Locust Emergency in Somalia UPDATE 02, 17. Jänner 2020 http://www.fao.org/fileadmin/user_upload/emergencies/docs/FAO%20Somalia%20Desert %20Locust%20Update%2002_17%20January%202020.pdf  FEWS - Famine Early Warning System Network: Somalia Seasonal Monitor: December 30, 2019, 30. Dezember 2019 https://reliefweb.int/report/somalia/somalia-seasonal-monitor-december-30-2019  FSNAU - Food Security and Nutrition Analysis Unit: Market Update, November 2019, 27. Dezember 2019a http://www.fsnau.org/downloads/Market-Update-November-2019.pdf  FSNAU: Quarterly Brief - Focus on 2019 Post-Deyr Season Early Warning, 27. Dezember 2019b http://www.fsnau.org/downloads/FSNAU-Quarterly-Brief-December-2019.pdf  IEED - International Institute for Environment and Development: The challenge of finding money to build shelter in Mogadishu’s informal settlements, 28. Jänner 2019 https://www.iied.org/challenge-finding-money-build-shelter--informal- settlements  IIED - International Institute for Environment and Development / Tana Copenhagen: Accessing land and shelter in Mogadishu: a city governed by an uneven mix of formal and informal practices, Jänner 2019 https://pubs.iied.org/pdfs/10869IIED.pdf  IIED - International Institute for Environment and Development: Access to shelter and services for low-income groups: lessons from Hawassa, Mogadishu and Nairobi on the politics of informal settlements and shelter access, Oktober 2019 https://pubs.iied.org/pdfs/10874IIED.pdf

 IOM/Altai Consulting: Youth, Employment And Migration In Mogadishu, Kismayo And Baidoa, 9. Februar 2016 https://www.iom.int/sites/default/files/country/docs/IOM-Youth-Employment-Migration- 9Feb2016.pdf  IOM/Altai Consulting: Labour Market And Service Skills Assessment In Selected Locations Somalia Report, Jänner 2019 http://migrationjointinitiative.org/sites/default/files/files/articles/iom-srrfinal- reportsom.pdf  REACH Resource Centre: Archived Research Cycles; Somalia - Camp & Site Profiling; Fact- Sheets, undated https://www.reachresourcecentre.info/country/somalia/theme/camp/cycle/1186/p/2/?toi p-group=publications&toip=factsheet#cycle-1186  REACH Resource Centre: Research Terms of Reference; CCCM Comprehensive Site Assessment; SOM1707b; Somalia; Version 3, Februar 2019 https://www.impact- repository.org/document/reach/7f3f7763/reach_som_tor_csa_march_2019.pdf  ReDSS - Regional Durable Solutions Secretariat: Solutions analysis update 2019 - Case Study on Lessons Learnt and Practices to Support (Re)Integration Programming – Mogadishu, Baidoa And Kismayo, April 2019 https://regionaldss.org/wp- content/uploads/2019/05/ReDss_Solutions_Analysis_EFA_080519.pdf  RVI - Rift Valley Institute/HIPS - Heritage Institute for Policy Studies: Land Matters in Mogadishu: Settlement, ownership and displacement in a contested city, 2017 https://www.ecoi.net/en/file/local/1426766/1226_1521113097_land-matters-in- mogadishu-rvi-rift-valley-forum-and-hips-2017.pdf  RVI – Rift Valley Institute: Remittances and Vulnerability in Somalia, September 2018 https://www.ecoi.net/en/file/local/1458512/1226_1551782303_remittances-and- vulnerability-in-somalia-by-nisar-majid-rvi-briefing-2018.pdf  Shelter Cluster Somalia: Shelter Cluster Progress Map November 2019, 19. Dezember 2019 https://www.sheltercluster.org/sites/default/files/docs/sc_progres_map_1.pdf  Somali Public Agenda: Governance Brief 01; Somali youth employment crisis, März 2019 http://somalipublicagenda.org/wp- content/uploads/2019/03/SPA_Governance_Briefs_01_2019_ENGLISH.pdf  Somali Public Agenda: Governance Brief 06; Land prices in Mogadishu and its impact on the urban poor and IDPs, November 2019 http://somalipublicagenda.org/wp- content/uploads/2019/11/SPA_Governance_Briefs_06_2019_ENGLISH.pdf  TNH - The New Humanitarian: December | The Drought Diaries: Madina Yacqub, Somalia, 5. Dezember 2019a https://www.thenewhumanitarian.org/special-report/2019/12/05/diary-drought-east- africa-somalia-madina

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 TNH - The New Humanitarian: December | The Drought Diaries: Aadan Mohammed, Somalia, 5. Dezember 2019b https://www.thenewhumanitarian.org/special-report/2019/12/05/diary-drought-east- africa-somalia-mohammed  TNH – The New Humanitarian: Urgent action needed to stop locust invasion in eastern Africa, 23. Jänner 2020 https://www.thenewhumanitarian.org/news/2020/1/23/Locusts-Ethiopia-Somalia-Kenya- swarms-FAO  UNHCR – UN High Commissioner for Refugees: Somalia: Refugee returnees to Somalia at 31 December 2019, 15. Jänner 2020 https://data2.unhcr.org/en/documents/download/73564  UNHCR - UN High Commissioner for Refugees: Somalia: Internal Displacements Monitored by Protection & Return Monitoring Network (PRMN) December 2019, 22. Jänner 2020 https://data2.unhcr.org/en/documents/download/73565  UNOCHA - UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs: The Somali Health Cluster, ohne Datum https://www.humanitarianresponse.info/en/operations/somalia/health  UNOCHA - UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs: 2020 Somalia Humanitarian Needs Overview, 22. Dezember 2019 https://www.humanitarianresponse.info/sites/www.humanitarianresponse.info/files/docu ments/files/hno_2020-for_somalia.pdf  UNOCHA - UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs: Somalia Situation Report, 12. Jänner 2020 https://reliefweb.int/report/somalia/somalia-situation-report-13-january-2020-enso  UNSC - UN Security Council: Report of the Secretary-General on Somalia [S/2019/884], 15. November 2019 https://www.ecoi.net/en/file/local/2020943/S_2019_884_E.pdf  VOA: Somalia Hit by Worst Locust Invasion in 25 Years, 18. Dezember 2019 https://www.voanews.com/africa/somalia-hit-worst-locust-invasion-25-years  WHO - World Health Organization: Somalia crisis, ohne Datum https://www.who.int/emergencies/crises/som/en/