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Anmeldung einer Veränderung von Beteiligungsverhältnissen bei der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH & Co. KG

Aktenzeichen: KEK 309

Beschluss

In der Rundfunkangelegenheit

der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH & Co. KG, vertreten durch die n-tv Nachrichten- fernsehen Beteiligungs-GmbH, diese vertreten durch den Geschäftsführer Johannes Züll, Richard-Byrd-Straße 4 - 6, 50829 Köln

– Veranstalterin – w e g e n

einer Veränderung von Beteiligungsverhältnissen hat die Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) auf die Anmel- dung der RTL Group S. A. in Absprache mit der Medienanstalt - (mabb) vom 24.11.2005 in der Sitzung am 08.05.2006 unter Mitwirkung ihrer Mitglieder Prof. Dr. Dörr (Vor- sitzender), Dr. Lübbert, Prof. Dr. Mailänder, Dr. Rath-Glawatz und Prof. Dr. Sjurts entschieden:

Die mit Schreiben vom 24.11.2005 zur Beurteilung nach dem Rundfunkstaatsver- trag (RStV) angemeldete Veränderung von Beteiligungsverhältnissen bei der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH & Co. KG wird nach den Vorschriften über die Siche- rung der Meinungsvielfalt als unbedenklich bestätigt.

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Begründung

I Sachverhalt

1 Gegenstand der Anmeldung

1.1 Die RTL Group S. A. („RTL Group“), Luxemburg, hat mit Schreiben vom 24.11.2005 an die mabb, das parallel der KEK übersandt wurde, namens der n-tv Nachrichtenfernse- hen GmbH & Co. KG („n-tv“) und der RTL Television GmbH („RTL“), Köln, eine geplan- te Veränderung der Beteiligungsverhältnisse bei n-tv angemeldet:

RTL erwirbt auf der Grundlage eines notariellen Kauf- und Abtretungsvertrags vom 16.11.2005 von der CNN/Time Warner Beteiligungs OHG („CNN/Time Warner“), Ham- burg, ihren 50%igen Kommanditanteil an n-tv. RTL hält bereits den verbleibenden Kommanditanteil von 50 % und verfügt somit künftig über sämtliche Kapitalanteile an n-tv.

Zugleich erwirbt RTL den 50%igen Geschäftsanteil von CNN/Time Warner an der ge- schäftsführenden Komplementärgesellschaft von n-tv, der n-tv Nachrichtenfernsehen Beteiligungs-GmbH („n-tv GmbH“). Damit wird RTL, die bereits 50 % der Anteile hält, Alleingesellschafterin auch der n-tv GmbH.

Der Vollzug der Anteilsübertragungen steht unter der aufschiebenden Bedingung ihrer kartell- und medienrechtlichen Genehmigung.

1.2 Beteiligungsübersicht

Nach dem Vollzug der Beteiligungsveränderung werden folgende Beteiligungsverhält- nisse bestehen:

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Abbildung 1: Beteiligungsverhältnisse von AG und RTL Group

Groupe Bruxelles Bertelsmann Verwaltungsgesellschaft mbH Lambert (GBL) Gesellschafter: Aufsichtsratsvorsitzender, Mitglied des S.A., Brüssel Aufsichtsrats, Vorstandsvorsitzender und Mitarbeitervertreter 25,1 der Bertelsmann AG, Mitglied der Geschäftsführung eines Stimmrechte Beteiligungsunternehmens, drei Vertreter der Familie Mohn Bertelsmann 25 75 Stiftung Kapital- () 57,6 anteile Bertelsmann AG

100 Familie Mohn 17,3 Bertelsmann TV Beteiligungs GmbH

89,14 (V) RTL Group S.A. Streubesitz 10,10 Luxemburg (Eigenbesitz 0,76 %) 99,7

CLT-UFA S.A., Streubesitz Luxemburg 0,3 100 RTL Group Deutschland GmbH

100 UFA und Fernseh GmbH, Köln

50 27,3 8,6 49,8 100 Super RTL RTL II VOX RTL Television Toggolino TV (V) VOX Film- und RTL Digital- RTL 2 Fernsehen Fernseh GmbH & bouquet* RTL DISNEY Fernse- GmbH & Co. KG 0,3 Co. KG 49,9 RTL Television hen GmbH & Co. KG GmbH 50 DCTP 100 Entwicklungsgesellschaft BVI Television KG Heinrich Bauer für TV-Programm mbH RTL interactive Investments, Inc. Verlag 31,5 GmbH 100 (Z) 19,87 100 100 Walt Disney Tele-München50 (Z) Company, Fernseh-GmbH & Co. 31,5 Traumpartner Delaware/USA 50 (Z) Medienbeteiligung KG K1010 n-tv K1010 TV n-tv Nachrichten- 1,1 Entertainment Traumpartner TV fernsehen GmbH & Burda GmbH GmbH GmbH Co. KG

V: vorbehaltlich medienkonzentrations- Veranstalter, dessen Programm rechtlicher Genehmigung der RTL Group zuzurechnen ist Z : Zwischengesellschaften ausgeklammert *: zur Zeit noch nicht auf Sendung Stand: 05/2006

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1.3 Kauf- und Abtretungsvertrag zwischen CNN/Time Warner und RTL vom 16.11.2005

xxx ...

1.4 Freigabe durch das Bundeskartellamt

RTL meldete mit Schreiben gleichfalls vom 24.11.2005 die beabsichtigte Übernahme der alleinigen Kontrolle von n-tv als Zusammenschlussvorhaben gemäß §§ 35 Abs. 1, 37 Abs. 1 Nr. 2, 39 GWB beim Bundeskartellamt an (Az.: B 6 – 142/05).

Das Bundeskartellamt teilte den Antragstellern mit Abmahnschreiben vom 01.02.2006 mit, dass nach seiner vorläufigen Einschätzung das Zusammenschlussvorhaben die Untersagungsvoraussetzungen des § 36 Abs. 1 GWB erfülle. Zur Begründung führte das Amt aus, die Übernahme der alleinigen Kontrolle führe zur Absicherung und damit Verstärkung der kollektiven marktbeherrschenden Stellung der RTL Group im Sinne von § 19 Abs. 2 Satz 2 GWB, über die sie gemeinsam mit der ProSiebenSAT.1 Media AG auf dem bundesweiten Fernsehwerbemarkt verfüge (xxx ...). Mit der Übernahme der Alleinkontrolle gehe eine Erhöhung und Intensivierung der Einflussmöglichkeiten der RTL Group auf n-tv einher. Die RTL Group könne durch ihre zusätzlichen strategi- schen Möglichkeiten, n-tv nach dem Ausscheiden ihres zweiten Gesellschafters enger in die Senderfamilie einzubinden und entsprechend den eigenen Interessen auszurich- ten, nachstoßenden Wettbewerb noch besser abwehren. Zudem führe der geplante Zusammenschluss zu einer weiteren Angleichung der markt- und unternehmensbezo- genen Strukturmerkmale der Mitglieder des Duopols, indem n-tv – wie bereits N24 – ein vollständig in die Senderfamilie eingegliederter Nachrich- tensender werde (vgl. xxx ... und Pressemeldung vom 06.02.2006).

Mit Beschluss vom 12.04.2006 hat das Bundeskartellamt für das Zusammenschluss- vorhaben die Voraussetzungen einer Sanierungsfusion anerkannt und seine Freigabe ohne weitere Auflagen beschlossen. Zur Begründung führte das Amt aus, es halte zwar unverändert an seiner wettbewerblichen Einschätzung fest, dass mit der alleini- gen Kontrolle des Nachrichtensenders n-tv durch die RTL Group die marktbeherr- schende Stellung des Duopols auf dem Fernsehwerbemarkt verstärkt werde. Die Er-

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mittlungen hätten jedoch ergeben, dass auch bei einer Untersagung der Fusion das Marktpotential bzw. die Werbekunden von n-tv bei der RTL Group oder dem Duopol verbleiben würden, da der Sender ohne die Anteilsübernahme eingestellt würde. Ande- re Erwerber stünden angesichts der wirtschaftlichen Situation von n-tv und den Markt- gegebenheiten nicht zur Verfügung. In einem solchen Fall einer Sanierungsfusion sei die Genehmigung des Zusammenschlussvorhabens zu erteilen (vgl. Beschluss, Ziff. VI 4 und Pressemitteilung vom 12.04.2006).

2 Veranstalterin und beteiligte Unternehmen

2.1 n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH & Co. KG

n-tv veranstaltet das gleichnamige bundesweite Informationsspartenprogramm auf Grundlage einer bis November 2006 befristeten Sendeerlaubnis der mabb (Bescheid vom 27.10.1992 in der Fassung des Verlängerungsbescheids vom 13.10.1999). Der inhaltliche Schwerpunkt liegt auf der Berichterstattung über Politik und Wirtschaftsthe- men, Infotainment sowie Talkshows. Das Programm wird analog und teilweise digital terrestrisch sowie über Kabel und Satellit verbreitet.

n-tv betreibt auch ein Internetportal mit aktuellen Nachrichten, Wirtschafts- und Bör- senmeldungen sowie weiteren Informations- und Serviceangeboten (www.n-tv.de).

Gegenstand des Unternehmens ist u. a. der Erwerb von Erlaubnissen und Nutzungs- genehmigungen für die Tätigkeit als Programmveranstalter für Kabelfernseh-Systeme, Satellitenfernsehen, terrestrisches Fernsehen und sonstiges nicht drahtgebundenes Fernsehen und die Tätigkeit als Programmveranstalter in diesem Sinne, d. h. insbe- sondere die Zusammenstellung und Ausstrahlung von Informations-Fernsehprogram- men für allgemeine Nachrichten und Wirtschaftsnachrichten einschließlich der Durch- führung des sendetechnischen Ablaufes. Unternehmensgegenstand ist auch die Be- schaffung und Verwertung von Fernsehprogrammrechten und -material und die Pro- duktion von Nachrichtensendungen und -sendeteilen im Dienstleistungsverhältnis für andere Fernsehsender. Die Erstellung und Ausstrahlung von nicht informationsbezo- genen Sendungen und Sendeteilen (längere Sportübertragungen, Unterhaltungssen- dungen, Spielfilme, Serien usf.) ist ausgeschlossen (xxx ... ). Persönlich haftende ge- schäftsführende Gesellschafterin ohne Kapitalanteil und grundsätzlich ohne Stimm-

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recht ist die n-tv Nachrichtenfernsehen Beteiligungs-GmbH xxx ...

2.2 RTL

RTL, die (künftig alleinige) Kommanditistin der Veranstalterin, veranstaltet selbst das gleichnamige bundesweite Fernsehvollprogramm und ist in Höhe von 49,9 % am bun- desweiten Fernsehveranstalter VOX Film- und Fernseh GmbH & Co. KG beteiligt so- wie, mittelbar über die RTL interactive GmbH, Alleingesellschafterin der Fernsehve- ranstalterin Traumpartner TV GmbH und mit 19,87 % der Anteile an der Veranstalterin K1010 Entertainment GmbH beteiligt (zu RTL vgl. ferner Beschluss i. S. RTL World, Az.: KEK 255, I 4.2). RTL ist auch Alleingesellschafterin der Veranstalter der Regional- fenster im RTL-Programm für Hamburg/Schleswig-Holstein, Niedersachsen/Bremen und Nordrhein-Westfalen und mehrheitlich am hessischen Fensterveranstalter RTL Hessen Programmfenster GmbH beteiligt (vgl. Beschlüsse i. S. RTL-Regionalfenster Az.: KEK 306-1 und -2, 306-3, 313 und 328).

RTL befindet sich mittelbar vollständig im Anteilsbesitz der RTL Group, an der die Ber- telsmann AG, Gütersloh, direkt und indirekt nahezu sämtliche Anteile hält (vgl. im Ein- zelnen die Beteiligungsübersicht oben I 1.2). xxx ...

2.3 Bertelsmann AG / RTL Group

Die Bertelsmann AG zählt mit einem Umsatz von 17,9 Mrd. Euro im Jahr 2005 zu den weltweit größten Medienkonzernen. Mehr als zwei Drittel der Umsätze wurden außer- halb Deutschlands generiert. Zu den Unternehmensbereichen der Bertelsmann AG ge- hören die RTL Group (Fernseh- und Hörfunkveranstaltung, Inhalte-Produktion, Rech- tehandel, Mediendienste), House (Buchverlage), Gruner + Jahr (Zeitungen, Zeitschriften), BMG (Musikverlage, Tonträger), (Druck, Dienstleistungen, Infor- mationstechnologie, Speichermedien) und die (Buch- und Musikclubs, Online-Shops).

Die Bertelsmann AG benennt als ihre Strategie die dezentrale Aufstellung des Unter- nehmens mit weitgehend autonom agierenden Firmen und Geschäftsbereichen, die

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miteinander kooperieren und Synergien schaffen. Die Marktposition der einzelnen Un- ternehmensbereiche beschreibt die Bertelsmann AG wie folgt: 1

- Die RTL Group ist die führende Hörfunk- und Fernsehgruppe in Europa und ist ebenso führend bei der TV-Produktion. - ist die weltweit größte Buchverlagsgruppe. - Gruner + Jahr ist Europas führender Zeitschriftenverlag. - BMG ist das weltweit zweitgrößte Musikunternehmen, BMG Publishing ist der weltweit drittgrößte Musikverlag. - Die Buch- und Musikclubs der Direct Group sind in allen Teilmärkten und interna- tional die Nummer Eins. - Die Arvato AG zählt zu den größten international vernetzten Medien- dienstleistern.

Der größte Anteil am Umsatz der Bertelsmann AG wird von der RTL Group erwirtschaf- tet.

Tabelle 1: Anteil der Unternehmensbereiche der Bertelsmann AG am Gesamtumsatz im Jahr 2005 in Prozent RTL Group Arvato Gruner + Jahr DirectGroup BMG Random House 27,7 23,7 14,2 12,9 11,6 9,9

Quelle: Geschäftsbericht der Bertelsmann AG 2005

Nach der Übernahme der mittelbaren Beteiligung der Westdeutsche Allgemeine Zei- tungs- und Verlagsgesellschaft E. Brost & J. Funke GmbH & Co. KG („WAZ“) an der RTL Group verfügt die Bertelsmann AG nunmehr allein über insgesamt 89,14 % der Anteile an der RTL Group; 10,10 % befinden sich in Streubesitz und 0,76 % im Eigen- besitz der RTL Group (diese Beteiligungsveränderung steht noch unter dem Vorbehalt der medienkonzentrationsrechtlichen Unbedenklichkeitsbestätigung, Prüfverfahren Az.: KEK 289).

Die RTL Group ist nach eigener Darstellung der größte Fernseh- und Hörfunkkonzern Europas mit Beteiligungen an 34 Fernsehsendern und 34 Hörfunkstationen in 11 Län-

1 Vgl. www.bertelsmann.de.

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dern. 2 Die RTL Group erwirtschaftete im Geschäftsjahr 2005 einen Gesamtumsatz von 5,1 Mrd. Euro, 38,5 % davon in Deutschland. Der Geschäftsbereich Fernsehen macht knapp 75 % des Gesamtumsatzes der RTL Group aus. Die deutschen Sender sind mit 1,755 Mrd. Euro Umsatz im Jahr 2005 europaweit die umsatzstärksten Sender der RTL Group.

Tabelle 2: Anteil der Unternehmensbereiche der RTL Group am Gesamtumsatz im Jahr 2005 in Prozent TV Inhalte Hörfunk Sonstige 74,8 19,1 4,5 1,6

Quelle: Geschäftsbericht der Bertelsmann AG 2005

Die RTL Group verfolgt nach eigenen Angaben hauptsächlich drei strategische Ziele: 3

- Die Stärkung des Senderfamilienkonzepts als Antwort auf die mit der Digitalisie- rung verbundene Fragmentarisierung der Zuschauergruppen. - Den kontinuierlichen Ausbau von werbeunabhängigen Erlösquellen wie Musik, , Lizenzrechte („Diversifikationsgeschäft“). - Die geografische Expansion vornehmlich in Mittel-, Ost- und Südeuropa.

2.3.1 Fernsehen

Im frei empfangbaren Fernsehen in Deutschland hält die RTL Group zurechenbare Be- teiligungen an den Veranstaltern der Programme RTL, RTL II, Super RTL, VOX, n-tv, Traumpartner TV und K1010. Zudem hält RTL eine Zulassung für die Veranstaltung von vier noch nicht auf Sendung befindlichen digitalen Spartenprogrammen mit den Schwerpunkten Soaps, /Magazine, Action und RTL-Highlights, die in einem digi- talen Programmbouquet „RTL World“ zusammen mit den bereits auch digital verbreite- ten Programmen RTL, Super RTL und RTL II und einem elektronischen Programmfüh- rer ausgestrahlt werden sollen (s. u. I 2.3.4.2 und Beschluss i. S. RTL World, Az.: KEK 255). Ferner hat die RTL Disney Fernsehen GmbH & Co. KG, ein Gemeinschaftsun- ternehmen mit der Walt Disney Company, die das Programm Super RTL veranstaltet,

2 Vgl. Pressemitteilung der RTL Group vom 15.03.2006; zu den Hörfunkbeteiligungen in Deutschland nach Erkennt- nissen der KEK siehe weiter unten. 3 Vgl. Corporate Profile der RTL Group unter www.rtlgroup.com, Abruf am 26.01.2006.

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für ein Pay-TV-Kinderspartenprogramm unter dem Namen Toggolino TV die Zulassung beantragt (Prüfverfahren Az.: KEK 266).

Die Zuschaueranteile der RTL Group liegen seit September 2002 über denen der Pro- SiebenSAT.1 zuzurechnenden Sender. RTL ist das zuschaueranteilsstärkste Pro- gramm im bundesweiten privaten Fernsehen. Im bundesweiten Fernsehwerbemarkt verfügt die RTL Group über einen Anteil am gesamten Bruttowerbeumsatz 2004 von ca. 44 % und liegt damit in etwa gleichauf mit den Sendern der ProSiebenSAT.1 Media AG; hinsichtlich der Nettowerbeumsätze bleibt sie mit ca. xxx leicht hinter der ProSie- benSAT.1 Media AG (xxx) zurück. 4

2.3.2 Hörfunk

Mit den Hörfunkbeteiligungen in Deutschland erzielte die RTL Group im Jahr 2005 Ein- nahmen in Höhe von 14 Mio. Euro. Die RTL Group setzt ihre Hörfunkbeteiligungen da- für ein, Cross-Marketing und -Promotion-Potenziale auszuschöpfen. Sie hat zudem ei- ne „Redaktionsplattform“ („RTL Radio Content Desk“) gegründet, über die u. a. Nach- richten- und Comedy-Beiträge ausgetauscht werden können, die mit Medienpartnern

wie RTL, n-tv, Financial Times Deutschland oder wetter.de produziert wurden. 5 Jüngst hat der Fernsehsender Super RTL bei Radio Brocken ein Hörfunkprogrammfenster „toggolino Kinderzeit“ gestartet, im dem z. B. Hörspielversionen von Fernsehserien wie „Bob der Baumeister“ ausgestrahlt werden; bis Mitte 2006 soll das Programm über alle 18 Radio-Beteiligungen der RTL Group verbreitet werden. 6 Für die Fußballweltmeister- schaft 2006 hat die RTL Group für ihre Hörfunkbeteiligungen 12 von insgesamt 23 Li- zenzen für die Radioberichterstattung von der FIFA erworben. Sämtliche 23 Sender werden als „WM-Radio“ von RTL vermarktet. 7 Durchschnittlich erreichen die deutschen RTL-Radios 4,4 Mio. Hörer in einer Stunde.

Die deutschen Hörfunkbeteiligungen der RTL Group sind in der UFA Film und Fernseh GmbH, Köln, der RTL Radio Deutschland GmbH, Berlin, sowie deren Tochtergesell- schaften gebündelt. Zu den Beteiligungsverhältnissen hat die Bertelsmann AG mit

4 Vgl. Beschluss des Bundeskartellamts vom 11.04.2006, B 6 142/05. 5 Vgl. Geschäftsbericht der RTL Group 2005, S. 19. 6 Vgl. 17/2006, S. 181; www.brocken.de/2006/toggolino.php. 7 Vgl. Geschäftsbericht der RTL Group 2005, S. 19, und Pressemitteilung von RTL Radio Deutschland vom August 2005.

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Schreiben vom 20.03.2006 die folgenden Angaben gemacht:

Tabelle 3: Hörfunkbeteiligungen der RTL Group in Deutschland

Radioprogramm Gesellschafter RTL Radio – CLT-UFA S.A., Luxemburg Die besten Hits aller Zeiten  100 % RTL Group 104,6 RTL RTL Radio Berlin GmbH, Berlin  100 % RTL Group HITRADIO RTL Sachsen HITRADIO RTL Sachsen GmbH, Dresden  66,83 % RTL Group 89.0 RTL Antenne Hörfunksender GmbH, Halle  53,5 % RTL Group Radio Brocken Antenne Hörfunksender GmbH, Halle  53,5 % RTL Group Hit Radio Antenne Antenne Niedersachsen GmbH & Co. KG, Hannover (Antenne Niedersachsen)  36 % RTL Group Spreeradio Neue Spreeradio Hörfunkgesellschaft mbH, Berlin  33,85 % RTL Group Sachsen-Funkpaket 8 SLP Sächsische Lokalrundfunk Dienstleistungsprogramm GmbH & Co. (Radio Dresden 103.5, Radio und Studiobetriebs KG Leipzig 91.3, Radio Chemnitz  31,9 % RTL Group 102.1, Radio Lausitz 107.6, Radio Zwickau 96.2, Vogtland Radio) Radio Hamburg GmbH & Co. KG, Hamburg  29,17 % RTL Group (abweichende Stimmrechte von 33,6 %) Antenne Mecklenburg- Antenne Mecklenburg-Vorpommern GmbH & Co. KG, Plate Vorpommern  25,44 % RTL Group Apollo Sächsisches Gemeinschaftsprogramm GmbH  40 % BCS Broadcast Sachsen GmbH & Co. KG  55 % HITRADIO RTL Sachsen GmbH  66,83 % RTL Group OLDIE 95 Radio 95.0 GmbH & Co. KG, Hamburg  16,9 % Radio Hamburg GmbH & Co. KG  29,17 % RTL Group NORA NORA Nordostseeradio GmbH & Co. KG, Kiel  8,7397 % Radio Hamburg GmbH & Co. KG  29,17 % RTL Group Radio 21 NiedersachsenRock 21 GmbH & Co. KG, Garbsen  9,833 % RTL Group  20 % Antenne Niedersachsen GmbH & Co. KG  36 % RTL Group radio NRW radio NRW GmbH, Oberhausen  16,1 % RTL Group  59 % Pressefunk Nordrhein-Westfalen GmbH & Co. KG  1,45 % RTL Group RPR 1 Rheinland-Pfälzische Rundfunk GmbH & Co. KG, Ludwigshafen

8 Vgl. unter http://www.rtlgroup.com/Operations-2633.htm, Abruf vom 27.03.2006, Spots Planungsdaten Hörfunk 1/2005, S. 81.

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Radioprogramm Gesellschafter  0,0034 % RTL Group Antenne Thüringen Antenne Thüringen GmbH & Co. KG, Weimar  15 % RTL Group radio TOP 40 Jugendradio Thüringen GmbH & Co. KG, Weimar  58 % Antenne Thüringen GmbH & Co. KG, Weimar  15 % RTL Group Radio TON Radio TON-Regional Hörfunk GmbH & Co. KG, Heilbronn  2 % RTL Group Radio Regenbogen Radio Regenbogen Hörfunk in Baden GmbH & Co. KG, Mannheim  9,15 % Rundfunk Beteiligungs- und Betriebsgesell. mbH  42,17 RTL Group  23,84 % AVE I Vermögensverwaltungsgesellschaft mbH & Co. KG  100 % AVE VI Vermögensverwaltungsges. mbH & Co. KG  49 % RTL Group bigFM Der neue Beat bigFM in Baden-Württemberg GmbH & Co. KG, Mannheim  5,05 % Radio TON-Regional Hörfunk GmbH & Co. KG  2 % RTL Group  48,49 % Radio Regenbogen Hörfunk in Baden GmbH & Co. KG  9,15 % Rundfunk Beteiligungs- und Betriebsgesell. mbH  42,17 RTL Group  23,84 % AVE I Vermögensverwaltungsges. mbH & Co. KG  100 % AVE VI Vermögensverwaltungsges. mbH & Co. KG  49 % RTL Group Antenne Bayern Antenne Bayern GmbH & Co. KG, Unterföhring  16 % RTL Group ROCK ANTENNE ROCK ANTENNE GmbH & Co. KG, Unterföhring  100 % Antenne Bayern GmbH & Co. KG  16 % RTL Group Radio Galaxy Radio Galaxy Digitale Rundfunk GmbH & Co. KG  10,53 % Antenne Bayern GmbH & Co. KG  16 % RTL Group

Quelle: Unternehmensangaben; vgl. Schreiben der Bertelsmann AG vom 20.03.2006.

Bei den Programmen 89.0 RTL, Radio Brocken, Hit Radio Antenne Niedersachsen, Antenne Thüringen und Radio TON existiert ein Programmbeirat.

Die Hörfunkprogramme, die der RTL Group/Bertelsmann AG für die Konzentrationsprü- fung im Medienbereich in entsprechender Anwendung des § 28 Abs. 1 RStV zuzu- rechnen sind, erreichen einen Hördaueranteil (Marktanteil) von insgesamt 6,6 % , be- zogen auf das gesamte Bundesgebiet (s. Tabelle 4).

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Tabelle 4: Hördaueranteile der Radiobeteiligungen der RTL Group

Programm Be- D SH HH Nd HB M- NR He Rh- Saa Ba- Ba Ber Bra Sa- Th Sac teili- ges s V W Pf r Wü y l An ü gung . RTL Radio 100 0,5 0,5 0,0 0,5 0,5 0,5 1,6 0,0 1,6 5,9 0,6 0,5 1,1 0,5 0,5 0,0 1,0 104,6 RTL 100 0,5 - - 0,0 - - 0,0 0,0 - - 0,0 - 11,6 5,3 0,0 - 0,0 HITRADIO RTL Sach- 66,83 0,5 ------0,0 - 0,5 0,5 1,0 8,2 sen

Sachsen- 31,9 0,5 ------0,0 - 0,5 0,0 0,5 8,7 Funkpaket

Radio 53,5 0,5 - - 0,5 - 0,0 ------0,5 15,1 1,0 0,5 Brocken 89.0 RTL 53,5 0,5 - - 1,9 0,0 0,0 0,0 0,0 - - - - 0,0 0,0 5,5 3,3 0,0

Hit Radio 36,0 1,6 0,5 0,5 12,1 4,3 0,0 0,5 0,0 - - 0,0 - 0,0 - 0,0 0,0 0,0 Antenne Spreeradio 33,85 0,0 ------0,0 - - - - 4,4 1,9 - - -

Radio 29,17 1,0 7,0 26,7 1,9 0,0 0,9 0,0 0,0 - - - - - 0,0 - - - Hamburg Antenne Mecklen- 25,44 1,0 0,0 0,5 0,0 0,0 29,8 - - - - 0,0 - - 1,0 0,0 - - burg-Vor- pommern apollo k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. radio ∑∑∑ bei Beteiligun- gen von 25 % und 6,6 8,0 27,7 16,9 4,8 31,2 2,1 0,0 1,6 5,9 0,6 0,5 17,1 10,2 21,6 5,8 18,4 mehr radio NRW 16,1 6,2 0,0 0,0 0,9 0,0 0,0 30,3 0,0 0,5 - 0,0 0,0 - - - - 0,0 Radio 21 9,833 0,5 - 0,0 3,3 0,0 - 0,0 0,0 ------0,0 0,0 -

Radio Top k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. 40

ANTENNE 16,00 4,1 - 0,0 0,0 - - 0,0 1,6 0,5 0,0 1,1 24,4 - - 0,0 1,4 0,5 BAYERN

ROCK AN- 0,0 - - 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 - - 0,0 0,5 0,0 - 0,0 0,0 - TENNE

Antenne 15,00 1,0 - 0,0 0,0 - 0,0 0,0 0,0 - - 0,0 0,5 - - 0,5 21,4 0,5 Thüringen Radio TON 2,00 0,5 ------2,8 0,0 - - - - - Oldie 95 0,0 0,9 5,1 0,5 0,5 0,0 ------0,5 NORA 0,5 6,1 2,1 0,0 ------Quelle: AG.MA und Media-Micro-Census GmbH, ma 2005 Radio II

SH := Schleswig-Holstein; HH := Hamburg; Nds := Niedersachsen; HB := Bremen; M-V := Mecklenburg-Vorpom- mern; NRW := Nordrhein-Westfalen; He := Hessen; Rh-Pf := Rheinland-Pfalz; Saar:= Saarland; BaWü := Baden- Württemberg; Bay := Bayern; Berl := Berlin; Bra := Brandenburg; SA-AN := Sachsen-Anhalt; Thü := Thüringen; Sac := Sachsen

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Die RTL Group ist zudem an Radiovermarktungsgesellschaften beteiligt. In der Ver- marktung von Programmen ist einzig die Radio Systems Production & Services GmbH, Berlin, eine 100%ige Tochter der RTL Group, aktiv. Die Radio Systems Production & Services GmbH liefert den der RTL Group zurechenbaren Sendern Musik-Playlists zu und vermarktet in geringem Umfang (auch an Dritte) Comedy-Programme. 9

Die Vermarktungsgesellschaften der RTL Group für Hörfunkwerbezeiten sind in der folgenden Tabelle 5 aufgeführt:

Tabelle 5: Vermarktungsgesellschaften der RTL Group für Hörfunkwerbezeiten xxx ...

Die RTL Group hält sämtliche Anteile an der RTL Radio Vermarktungs GmbH & Co. KG, Berlin, die insbesondere für 104.6 RTL und Spreeradio die Vermarktung von Wer- bezeiten übernimmt. Außerdem ist die RTL Group an dem nationalen Radiovermarkter RMS Radio Marketing Service GmbH & Co. KG, Hamburg, beteiligt. Die RMS ist als Anbieterin von Hörfunkwerbezeiten an nationale Werbekunden und von Dienstleistun- gen an Hörfunksender zur Werbezeitenvermarktung an nationale Werbekunden markt- beherrschend. 10 Bei RMS stammen die akquirierten Werbeeinnahmen jeweils etwa zur Hälfte aus der Kombivermarktung und der Einzelvermarktung.

Bei der Radiovermarktung sind die sog. Werbekombinationen, zu denen sich Hörfunk- sender zum Zweck der großräumigen oder bundesweiten Vermarktung von Radiower- bung zusammenschließen, bedeutend. 11 Der Zugang zum überregionalen Werbemarkt ist für die kommerziellen Radiostationen von existenzieller Bedeutung, weil Werbekun- den i. d. R. nicht bei einer Vielzahl lokaler oder regionaler Hörfunkveranstalter Werbe-

zeiten einkaufen. 12 Zugangsbarrieren zur nationalen Vermarktung könnten eine Gefahr für die Programmvielfalt darstellen, ebenso wie die mögliche Einflussnahme eines überregionalen Radiovermarkters auf die Programmgestaltung der vermarkteten Sen- der.

9 Vgl. Auskünfte der Bertelsmann AG vom 20.03.2006. 10 Vgl. BKartA, Beschluss B6-92202 TX 127/99, 15.08.2001, i. S. RMS Radio Marketing Service GmbH & Co. KG. 11 Zu den Werbekombis, in denen die Radiosender der RTL Group enthalten sind, siehe unter www.ard- werbung.de/kombifinder. 12 Ebenda.

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2.3.3 Online-Medien

Unternehmen der RTL Group und der Bertelsmann AG gestalten eine Fülle von Inter- netseiten, wobei es sich vor allem um die Onlineauftritte der RTL-Fernseh- und Radio- sender sowie Angebote der Verlagsgruppen Gruner + Jahr und Motorpresse handelt. Die folgende Aufstellung enthält die der RTL Group in Deutschland zurechenbaren In- ternetangebote mit den jeweiligen Anteilen an den IVW-gemeldeten PageImpressions:

Tabelle 6: Zurechenbare Onlineangebote der RTL Group

Onlineangebote RTL/Bertelsmann Anteil an den gemeldeten IVW-Seiten- aufrufen in % RTL – Fernsehen www.RTL.de 2,89 www.wetter.com 1,03 www.sport.de 1,18 www.gzsz.de k. A. www.vip.de k. A. www.Vox.de 0,23 www.RTL2.de (RTL World) 0,22 www.n-tv.de 0,69 www.toggo.de (Super RTL) 1,10 RTL – Hörfunk www.rtlradio..de k. A. www.radiohamburg.de 0,02 www.104.6rtl.com 0,01 www.hitradio-rtl-sachsen.de k. A. www.apolloradio.de k. A. www.spreeradio.de k. A. www.brocken.de k. A. www.89.0rtl.de 0,02 www.antenne-mv.de k. A. www.antenne.com k. A. Sportfive www.sportfive.de k. A. Gruner + Jahr www.art-magazin.de k. A. www.boerse-online.de 0,08

15

Onlineangebote RTL/Bertelsmann Anteil an den gemeldeten IVW-Seiten- aufrufen in % www.brigitte.de 0,25 www.bym.de k. A. www.capital.de 0,03 www.Eltern.de 0,19 www.Elternforfamily.de k. A. www.Frau-im-Spiegel.de k. A. www.GALA.de 0,02 www.GEO.de 0,04 www.Healthyliving.de k. A. www.impulse.de 0,00 www.livingathome.de 0,06 www.nationalgeographic.de k. A. www.neon-magazin.de k. A. www.stern.de 1,06 www.view-magazin.de k. A. www.Woman-magazin.de k. A. Motorpresse www.connect.de 0,01 www.menshealth.de 0,04 www..de k. A. www.audio.de k. A. www.auto-motor-sport.de 0,17 www.colorfoto.de k. A. www.flugrevue.de k. A. www.kanumagazin.de 0,00 www.klettern.de k. A. www.motorradonline.de 0,04 www.mountainbike-magazin.de 0,01 www.outdoor-magazin.com 0,00 www.planetsnow.de 0,00 www.stereoplay.de k. A. www.transaktuell.de k. A. www.video-magazin.de k. A. www.videoaktiv.de k. A.

SPIEGEL-VERLAG 13 www.spiegel.de 3,22

13 Zur Zurechnung des „Spiegel“ zu Gruner + Jahr s. u. I 2.3.4.3.1.

16

Onlineangebote RTL/Bertelsmann Anteil an den gemeldeten IVW-Seiten- aufrufen in % Gesamt: 12,61

Quelle Unternehmensangaben: Schreiben der Bertelsmann AG vom 20.03.2006, S. 6 ff.; Quelle Seitenaufrufe: http://www.ivwonline.de, Anteile der Websites der RTL Group/Bertelsmann AG an den IVW- bzw. INFOnline-gemeldeten Seitenaufrufen (PageImpressions) der ∅ 392 Online-Angebote von 11/2004 bis 10/2005.

Nach der ARD/ZDF-Online-Studie 2005 und dem „(N)Onliner Atlas 2005“ von TNS Inf- ratest nutzen ca. 37 Mio. Deutsche über 14 Jahren oder 55 – 58 % dieser Bevölke- rungsgruppe zumindest gelegentlich das Internet. Reichweitenwerte, die die regelmä- ßige, insbesondere tägliche Internetnutzung abbilden, zeigen, dass 30,3 % (19,66 Mio. Personen ab 14 Jahren, Arbeitsgemeinschaft Online-Forschung e.V. (AGOF), internet facts 2005-III, Nutzer gestern) bzw. 25,5 % (16,62 Mio. Personen ab 14 Jahren, AWA 2005, Nutzer pro Tag) im Netz sind. Die Deutschen sind durchschnittlich an vier Nut- zungstagen pro Woche im Internet, mit etwa 74 Minuten pro Nutzungsvorgang. Haupt- aktivitäten sind E-Mail-Kommunikation (85,6 %), Informationsrecherche (84,5 %), Nachrichtenkonsum (62,8 %) und Online-Shopping (56,9 %) (AGOF, internet facts 2005-III).

Bei der Untersuchung der Online-Medien als medienrelevanten verwandten Markt die- nen der KEK als Indikator für die Berechnung von Marktanteilen die Seitenaufrufe (Pa- geImpressions), wie sie von der Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern e.V. (IVW) und INFOnline veröffentlicht werden (vgl. Beschluss i. S. ProSiebenSAT.1 Media AG, Az.: KEK 293, I 8). Die Seitenaufrufe äh- neln der Zeitungsauflage, die als Indikator für die Berechnung der Anteile auf dem Le- sermarkt akzeptiert wird. Es ist aber zu beachten, dass im Unterschied zu Anteilen an der Zeitungsauflage oder an der Nutzungsdauer des Rundfunks nur ein Teil der Betrei- ber von Internet-Seiten die Nutzung des Web-Angebots messen lässt. INFOnline misst und veröffentlicht die Seitenaufrufe einer Auswahl deutscher Web-Angebote, die als Werbeträger interessant sind (12/2005: 405 Web-Angebote mit insgesamt 9,46 Mrd. Seitenaufrufen). Eine Anzahl von Webportalen (z. B. Google, GMX, WEB.de, LYCOS oder ebay), Medien-Seiten (z. B. Online-Seiten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks) und weiterer publizistisch relevanter Internetseiten (z. B. Wikipedia) wird nicht erfasst. Zu dem Umfang der Seitenaufrufe im nicht erfassten Internetuniversum liegen der KEK keine Angaben vor.

17

Die zurechenbaren Internetangebote der RTL Group erreichen im Zeitraum November 2004 bis Oktober 2005 ca. 12,6 % der IVW-Seitenaufrufe. Bei der Anteilsberechnung besteht die Schwierigkeit, dass nur ein Teil der Betreiber von Internetseiten die Nut- zung ihres Web-Angebotes messen lässt. Die KEK geht von der Fiktion aus, dass IN- FOnline vielleicht 50 % aller Seitenaufrufe der werberelevanten oder redaktionell ge- stalteten Web-Seiten ausweist. Folglich würde der Marktanteil für RTL Group/Bertels- mann die Hälfte des tatsächlichen Anteils an den Seitenaufrufen ausmachen. Aufgrund dieser Fiktion wird deshalb ein Abschlag von 50 % auf den ermittelten Anteil an den IVW-Seitenaufrufen vorgenommen, so dass nach dieser groben Rechnung 6,3 % zu veranschlagen sind.

Zum „rechnerischen“ Ansatz der KEK, wie er erstmals im Verfahren KEK 293 zugrunde gelegt wurde, äußert die Bertelsmann AG mit Schreiben vom 20.03.2006 die Auffas- sung, dass PageImpressions nicht zwangsläufig geeignet seien, einen Eindruck über die Anzahl der Nutzer eines Online-Angebotes zu geben. Die Anzahl der PageImpres- sions und Besuche (Visits) sei u. a. stark von der Struktur eines Onlineangebots ab- hängig; bei bestimmten Angeboten, wie z. B. Spielen, sei eine Vielzahl von Pa- geImpressions im Rahmen eines Nutzungsvorganges (Visits) notwendig, damit der User das Angebot überhaupt nutzen könne. Der Bertelsmann AG lägen keine Angaben über den Anteil der ihr zurechenbaren Onlineangebote an der Gesamtnutzung deut- scher Onlineangebote vor. Aufgrund der nahezu unerschöpflichen Angebotsvielfalt könne kein Gesamtvolumen und somit auch kein Anteil daran ermittelt werden.

Die AGOF ermittelt unter Einbeziehung der IVW- bzw. INFOnline-Daten Reichweiten von Onlineauftritten, also Daten über den Netto-Nutzer eines Onlineangebots (Unique User). Dieser Reichweitenwert drückt aus, wie viele Personen ab 14 Jahren in einem bestimmten Zeitraum Kontakt mit einem Internetangebot haben. Erhebungen der AGOF aus dem III. Quartal 2005 zeigen, dass die RTL Group mit den Websites RTL.de, Spiegel Online, wetter.com und stern.de unter den ersten 20 Plätzen der reichweitenstärksten Internetseiten liegt.

18

Tabelle 7: Daten über die Reichweite unterschiedlicher Onlineauftritte

Onlineauftritte Reichweite in % Reichweite pro Mo- (bezogen auf Internetnutzer nat in Mio. der letzten 3 Monate) (Unique User)

T-Online 39,2 14,20

WEB.DE 30,1 10,92

MSN.de 28,3 10,25

Yahoo! Deutschland 23,9 8,66

GMX 21,2 7,68

RTL.de 16,4 5,95

AOL Dienst 15,4 5,57

LYCOS 14,6 5,31

SPIEGEL ONLINE 11,2 4,05

Bild.T-Online 11,0 3,98

mobile.de 10,8 3,91

AOL.de 8,1 2,94

wetter.com 8,1 2,93

FOCUS Online 7,2 2,60

CHIP Online 6,9 2,50

ProSieben.de 6,4 2,32

Falk.de 6,2 2,25

Sport1.de 5,7 2,08

stern.de 5,0 1,81

PC-WELT 4,9 1,78 Quelle: Arbeitsgemeinschaft Online-Forschung e.V., Darmstadt, www.agof.de, Basisdaten zur internet facts 2005-III, März 2006. Basis: Deutsche Wohnbevölkerung ab 14 Jahren (64,89 Mio.); davon waren 57,8 % (37,51 Mio.) inner- halb der letzten 12 Monate online. Der Anteil der Internetnutzer an der Bevölkerung wird über die Per- sonen bestimmt, die innerhalb des abgefragten Erhebungszeitraumes von drei Monaten (Juli bis Sep- tember 2005) das Internet mindestens einmal genutzt haben (Weitester Nutzerkreis, WNK); dies sind 36,23 Mio. Menschen bzw. 55,8 % der Bevölkerung.

Einer der bedeutendsten Online-Vermarkter und reichweitenstärksten Online-Portal- Anbieter Deutschlands ist LYCOS mit einer Reichweite von 14,6 % und 5,31 Mio. Uni- que Usern auf dem achten Platz im Ranking der Einzelangebote unter den 183 ausge- wiesenen Angeboten. An der LYCOS Europe N.V., Haarlem/Niederlande, ist Bertels- mann mit weniger als 25 % beteiligt: xxx ... 14 LYCOS bietet nach eigenen Angaben ei- ne Kombination aus Suche, Kommunikationsdiensten, „Inhalte-Channels“, Internetzu-

14 xxx ...

19

gang, „Homepagebuilding“ und Online-Communities und spricht damit nicht nur Kon- sumenten, sondern auch Werbetreibende und E-Commerce-Partner an. 15

Webportale verdienen unter Aspekten der Sicherung der Meinungsvielfalt vor allem aufgrund ihrer hohen Reichweiten im Netz Aufmerksamkeit. Hinzu kommt, dass Inter- netportale auch publizistische Inhalte anbieten, die denen klassischer Medien ähneln. Diese Inhalte beziehen die Internetunternehmen vielfach von traditionellen Inhal- teanbietern. Content-Partner von LYCOS in Deutschland sind laut.de (Musik), holiday- check.de (Reisen), clever-tanken.de (Automobil), computerbase.de (IT) oder chef- koch.de (Lifestyle). 16 In der Regel werden die Inhalte unentgeltlich angeboten; die Fi- nanzierung erfolgt über Online-Werbung.

Zu den Onlinemedien zählen auch die Angebote für das Herunterladen von Musiktiteln und Videos per Internet. Dem Onlineverkauf von Filmen und Fernsehserien wird ein beträchtliches Zukunftspotenzial nachgesagt. Die Tochtergesellschaft T-Online der Deutsche Telekom AG und iTunes von Apple bieten schon seit längerer Zeit die Möglichkeit an, Videos per Internet zu beziehen. Aktuell plant das Hollywood- Studio von Time Warner, Warner Bros., Erfolgsfilme wie z. B. „Harry Potter“ und „Bat- man“ sowie Fernsehserien wie „Friends“ zum Herunterladen per Internet anzubieten. Der entsprechende Dienst für Deutschland „In2Movies“ nutzt dafür die technische Plattform GNAB eines Tochterunternehmens der Bertelsmann AG, der arvato mobile GmbH, Hamburg. GNAB ist eine Technologie, die arvato mobile für digitale Downloads entwickelt hat. Sie ermöglicht den Betrieb einer zentralen Plattform für das Herunterla- den digitaler Inhalte jeder Art, wie z. B. Filme, Musik oder Spiele.

2.3.4 Print

Beteiligungen im Printbereich hält die Bertelsmann AG über die Verlagsgruppe Gruner + Jahr AG & Co. KG („Gruner + Jahr“), Hamburg, an der die Bertelsmann AG 74,9 % der Anteile hält. 17 Gruner + Jahr bezeichnet sich als Europas größtes Zeitschriftenhaus mit über 285 Zeitschriften und Zeitungen in 20 Ländern. 18 Die Verlagsgruppe erzielte

15 Vgl. www.lycos-europe.com. 16 Vgl. LYCOS Europe N.V., Geschäftsbericht 2005, S. 6. 17 Mit Ausnahme der direkt von der Bertelsmann AG gehaltenen Beteiligung am Verlag des TV-Supplements „rtv“, s. u. 2.3.4.2, 18 Vgl. unter http://www.guj.de.

20

2005 einen Umsatz von 2,6 Mrd. Euro, davon wurden 42,7 % in Deutschland erwirt- schaftet.

2.3.4.1 Tageszeitungen

Im Bereich der Tagespresse ist Gruner + Jahr in vergleichsweise geringem Umfang tä- tig (vgl. Beschluss i. S. ProSiebenSAT.1, Az.: KEK 293, Tabellen 2, 4 und 6). Gruner + Jahr ist zu 60 % an der Dresdner Druck- und Verlagshaus GmbH beteiligt, die die Straßenverkaufszeitung „Morgenpost Sachsen“ (verkaufte Auflage: 101.572 Exempla- re, IVW II/2005) und die Abonnement-Tageszeitung „Sächsische Zeitung“ (verkaufte Auflage: 301.036 Exemplare, IVW II/2005) verlegt. Seit 01.01.2005 hält der Verlag der „Sächsischen Zeitung“ 50 % am Verlag des „Döbelner Anzeiger“ (verkaufte Auflage: 11.869 Exemplare, IVW II/2005). Darüber hinaus ist Gruner + Jahr neben Pearson plc. zu 50 % am Verlag der überregionalen Abonnement-Tageszeitung „Financial Times Deutschland“ (verkaufte Auflage: 100.859 Exemplare, IVW II/2005) beteiligt. Die Betei- ligungen an der Abonnement-Tageszeitung „Berliner Zeitung“ und der Straßenver- kaufszeitung „Berliner Kurier“ hat sie Ende 2005 an ein Konsortium bestehend aus Me- com Group plc. und Veronis Suhler Stevenson International Ltd. veräußert.

Bezogen auf den für die medienkonzentrationsrechtliche Prüfung relevanten Gesamt- markt der Tagespresse in Deutschland, der gleichermaßen überregionale und regiona- le Straßenverkaufszeitungen, Abonnement-Tageszeitungen und Sonntagszeitungen umfasst (vgl. Beschluss i. S. ProSiebenSAT.1, Az.: KEK 293, IV 3.2.1), erreichten die derzeit Gruner + Jahr zuzurechnenden Titel im 2. Quartal 2005 einen Anteil an der täg- lich gewichteten Gesamtauflage von lediglich 2,30 % . Mit Abstand führend ist nach den Feststellungen der KEK im Verfahren Az.: KEK 293 die Axel Springer AG mit einem Marktanteil von 26,24 % (vgl. Beschluss i. S. ProSiebenSAT.1, Az.: KEK 293, Tabelle 9). 19

2.3.4.2 TV-Programminformationsquellen

Im Bereich der Programmzeitschriften ist Gruner + Jahr nach dem Verkauf von „TV Today“ nicht mehr vertreten. Die Bertelsmann AG ist jedoch am Deutschen Supple-

19 In der zitierten Tabelle wurden Gruner + Jahr noch der „Berliner Kurier“ und die „Berliner Zeitung“ zugerechnet. Der Marktanteil von Gruner + Jahr wurde daher dort mit 3,67 % angegeben.

21

ment Verlag, der das auflagen- und reichweitenstärkste Programm-Supplement „RTV“ verlegt, in Höhe von 75 % der Anteile beteiligt. Supplements sind Programmbeilagen, die in erster Linie regionalen Tageszeitungen und wöchentlich erscheinenden Zeit- schriften (z. B. „Stern“) einmal wöchentlich kostenlos beigelegt werden. Im Einzelhan- del sind sie nicht isoliert erhältlich. Sie bestehen im Wesentlichen aus den Programm- leisten (Seitenanteil ca. 75 %). Ihr Format ist kleiner und ihr Umfang erheblich geringer als Format und Umfang der Programmzeitschriften.

Tabelle 8: TV-Supplements

Presseunternehmen Titel Auflage 2. Quartal 2005 Reichweite (MA II/2005) in % in Mio. in % Bertelsmann RTV (gesamt) 8.257.469 54,97 12,20 18,8

Prisma-Verlag 1) / Prisma (gesamt) 4.458.646 29,68 8,75 13,5 MSG 2) WAZ BWZ (gesamt) 1.512.777 10,07 3,10 4,8 Burda Stern TV Magazin ca. 792.359 3) 5,27 - - ΣΣΣ 15.021.251 100 - -

Quelle: IVW, AG.MA 1) Gesellschafter sind 42 Zeitungsverleger in Nordrhein-Westfalen (Prisma West). 2) Verlagsgruppe DuMont (Prisma Ost). 3) Der Titel ist nicht IVW-gemeldet. Der angegebene Wert bezeichnet die verkaufte Auflage des „Stern“ abzüglich Lesezirkel- und Bordexemplare.

Neben Programmzeitschriften und TV-Supplements gibt es eine Vielzahl weiterer Pro- gramminformationsquellen (Medienseiten der Tages- und Wochenzeitungen, Publi- kumszeitschriften, Internetangebote von Verlagen und Fernsehsendern, Videotextsei- ten und elektronische Programmführer).

Einen eigenen elektronischen Programmführer (Electronic Program Guide, EPG) ges- talten die der RTL Group zuzurechnenden Unternehmen derzeit nicht. 20 Es werden le- diglich Service-Informationen (SI-Daten) über das laufende Programm und für eine Sieben-Tage-Vorschau übertragen. Diese SI-Daten können von Herstellern digitaler Set-Top-Boxen (MHP-Boxen) zur Erstellung von Programmvorschauen genutzt wer- den. Auf die Reihenfolge der Programme im EPG oder Navigator der jeweiligen Set- Top-Box haben SI-Daten keinen Einfluss.

20 Vgl. Schreiben der Bertelsmann AG vom 20.03.2006, S. 8 f.

22

Eigens für die Digitalprogramme des RTL-Bouquets wurde ein Programmführer konzi- piert: „RTL TV Interaktiv“ bietet neben Programminformationen auch multimediale Nut- zungsmöglichkeiten – wie persönliche Programmtipps, aktuelle News und Spiele –, in- teraktives Fernsehen per Fernbedienung sowie Informationen über digitale Nutzungs- möglichkeiten. 21 Das digitale RTL-Programmbouquet ist über Satellit und seit Januar 2006 bundesweit im Kabelnetz empfangbar. 22

Die Bertelsmann AG verfügt zudem mit der TV Information Services GmbH über ein Dienstleistungsunternehmen, das Kunden aus den Bereichen Print und Elektronische Medien mit Programminformationen beliefert (neben „rtv“ u. a. „BWZ“, „TV Karstadt“, „Süddeutsche Zeitung“, freenet.de, Deutsche Telekom AG).

2.3.4.3 Publikumszeitschriften

Im Bereich der Publikumspresse zählt Gruner + Jahr neben Bauer, Springer und Burda zu den stärksten Verlagsgruppen. In Deutschland verlegt die Gruppe u. a. Zeitschriften in den Segmenten der Aktuellen Zeitschriften, Wissen, Wirtschaft, Woh- nen/Leben/Essen, Familie, Frauen, Motor und Sport.

2.3.4.3.1 Stellung der Bertelsmann AG/Gruner + Jahr auf den einzelnen Märkten der Publi- kumszeitschriften

Die Antragsteller haben eine Übersicht zu Marktanteilen in einzelnen Segmenten der Publikumszeitschriften übersandt (Anlage 10 zum Schreiben vom 20.03.2006). Die Marktanteile werden unter Zugrundelegung einer groben Segmentierung berechnet, die nicht der sehr viel stärker ausdifferenzierten kartellrechtlichen Marktabgrenzung folgt. Zudem werden sie ungeachtet der unterschiedlichen Erscheinungshäufigkeit der einzelnen Titel anhand der kumulierten Jahresauflage 2005 berechnet. Bei einer feine- ren Marktabgrenzung können die Marktanteile von Gruner + Jahr in einzelnen Seg- menten deutlich höher liegen. Zum Beispiel weisen die Antragsteller einen Anteil von Gruner + Jahr am Gesamtmarkt der Frauenzeitschriften von xxx aus; bei Betrachtung des Segments der 14-täglich erscheinenden Frauenzeitschriften läge der Marktanteil

21 Vgl. unter http://www.rtl.de, Abruf vom 21.03.2006. 22 Vgl. Pressemitteilung von RTL Television vom 03.01.2006.

23

dagegen bei 39,59 %. Auf Grundlage der Angaben der Antragsteller ergeben sich fol- gende der Bertelsmann AG zurechenbare Marktanteile:

Tabelle 9: Anteile von Gruner + Jahr an der kumulierten Jahresauflage 2005 in einzelnen (gro- ben) Segmenten der Publikumszeitschriften Segment Marktanteil in % Computer/EDV (inkl. Spiele, Online) xxx Eltern xxx Frauen xxx Gesundheit xxx Hobby (Fotografie, Unterhaltungselektronik, xxx Handarbeit, Modellbau, Luftfahrt etc) Jugend/Kinder xxx Lifestyle xxx Living (Essen, Wohnen, Garten) xxx Motorpresse (Auto, Motorrad xxx Musik xxx News xxx People xxx Reise/Urlaub xxx Sport xxx Wirtschaft xxx Wissenschaft/Kultur xxx Wohnen/Bauen xxx

Quelle: Schreiben der Antragsteller vom 20.03.2006, Anlage 10

Unter dem Aspekt des potentiellen Einflusses auf die öffentliche Meinungsbildung sind insbesondere die aktuellen Zeitschriften und Magazine von großer Bedeutung. Sie spielen für die öffentliche Diskussion, die Darstellung von Hintergründen zum tagesak- tuellen Geschehen und dessen Einordnung und Kommentierung eine wichtige Rolle. In diesem Segment verlegt Gruner + Jahr die Zeitschrift „Stern“. Zudem hält Gruner + Jahr eine unmittelbare Beteiligung von 25,25 % an der Spiegel-Verlag Rudolf Augstein GmbH & Co. KG und 25,5 % an deren Komplementärin, der Rudolf Augstein GmbH, die wiederum 1 % der Anteile an der Spiegel-Verlag Rudolf Augstein GmbH & Co. KG hält. Für Gesellschafterbeschlüsse bei der Rudolf Augstein GmbH ist ein Quorum von 76 % erforderlich. Ob der „Spiegel“ Gruner + Jahr kartellrechtlich zuzurechnen ist, ist unklar. Der BGH hat die Frage, ob eine Beherrschung i. S. d. § 17 Abs. 1 AktG vorliegt, offen gelassen (Beschluss vom 22.09.1987 – KVR/ 5/86 „Gruner + Jahr – Zeit“, abge- druckt in WuW 3/1988, 2433 ff.). Die EU-Kommission hat in ihrer Entscheidung in Sa-

24

chen WPP/Grey dagegen ohne nähere Erläuterung eine gemeinsame Beherrschung des „Spiegel“ durch Gruner + Jahr und die Mitarbeiter KG angenommen. 23 Zu demsel- ben Ergebnis gelangt eine analoge Anwendung der Vorschrift des § 28 Abs. 1 RStV mit Blick auf den Pressebereich: Der „Spiegel“ ist der Bertelsmann AG medienkonzent- rationsrechtlich zuzurechnen (anders dagegen im Hinblick auf die Zurechnung der Fernsehbeteiligungen des Spiegel-Verlags zu Gruner & Jahr und zur Bertelsmann AG, vgl. zuletzt Beschluss i. S. Spiegel TV – xxp digital, Az.: KEK 254, I 4.2).

Abbildung 2: Beteiligungsstruktur des SPIEGEL-Verlags

Bertelsmann AG

74,9 Erbengemeinschaft Rudolf KG Beteiligungsgesellschaft für Gruner + Jahr AG & Augstein Spiegelmitarbeiter mbH & Co. Co. KG

24 50,5 25,5

Rudolf Augstein GmbH Komplementärin 1 50

DER SPIEGEL 23,75 25,25 SPIEGEL-Verlag Rudolf Augstein GmbH & Co. KG

Der „Spiegel“ lag im 2. Quartal 2005 mit 1.072.079 verkauften Exemplaren knapp vor dem „Stern“ mit 1.064.540 Exemplaren, das Magazin „Focus“ kam im gleichen Unter- suchungszeitraum auf eine Auflage von 775.921 Exemplaren. Die Antragsteller haben bei ihrer Marktanteilsberechnung einen Markt der „Magazine zum Zeitgeschehen“ (News) gebildet und neben den genannten Titeln auch das monatlich erscheinende Magazin „Cicero“ einbezogen. Danach ergab sich für den „Stern“ und „Spiegel“ ein Marktanteil von zusammen xxx % (s. o. Tabelle 9). Kartellrechtlich wurde in der Ver- gangenheit ein Markt der politischen Wochenzeitungen und -zeitschriften abgegrenzt. Ob „Stern“, „Spiegel“ und „Focus“ kartellrechtlich demselben Markt zuzuordnen sind, ist unklar. In einer BGH-Entscheidung aus dem Jahr 1987 wurde der „Stern“ nicht dem Markt für politische Wochenzeitungen zugeordnet. Eine politische Wochenzeitung zeichnet sich danach durch eine „von der Tagesaktualität unabhängige, vertiefende

23 Vgl. Entscheidung vom 24.01.2005, COMP/M.3579 – WPP / Grey, Rn. 86.

25

Darstellung und kritische Kommentierung des politischen, wirtschaftlichen und kulturel- len Geschehens“ aus. 24 Auch in der Entscheidung des Bundeskartellamts zur vollstän- digen Übernahme des „Zeit“-Verlags durch die Verlagsgruppe Holtzbrinck wurden – von den noch heute existierenden Titeln – „Spiegel“, „Focus“, „Die Zeit“, „Bayernkurier“ und „Rheinischer Merkur“, nicht aber der „Stern“ in den Markt der politischen Wochen- zeitungen und -zeitschriften einbezogen. 25 Im Zusammenhang mit den Auseinander- setzungen um die Vorkaufsrechte beim Spiegel-Verlag wurde von Verfahrensbeteilig- ten vorgetragen, dass dies heute anders zu beurteilen und der „Stern“ mit einzubezie- hen wäre. Dies wird u. a. damit begründet, dass sich „Stern“, „Spiegel“ und „Focus“ in Bezug auf Auflagenhöhe und Reichweiten vergleichen und als direkte Konkurrenten begreifen. Legt man diesen größeren Markt zugrunde, so ergibt sich bei Zurechnung des „Spiegel“ ein Marktanteil von Gruner + Jahr von ca. 60 % (s. Tabelle 10).

Tabelle 10: „Politische Wochenzeitungen und -zeitschriften“ 26

Titel Verlagsgruppe bzw. Auflage Marktanteil Reichweite Gesellschafter 2/2005 in % MA 2005/II mit Stern ohne Stern in Mio. in % Der Spiegel SPIEGEL-Verlag 1.072.079 30,09 42,92 5,96 9,2 Stern Gruner + Jahr 1.064.540 29,88 - 7,84 12,1 Σ 2.136.619 59,97 - - - Focus Burda 775.923 21,78 31,10 6,03 9,3 Die Zeit Holtzbrinck 483.726 13,58 19,36 1,43 2,2 Rheinischer Verschiedene Bistü- 98.380 2,76 3,94 - - Merkur mer Bayernkurier CSU 68.037 1,91 2,72 - - Gesamt 3.562.685 100 - - - Gesamt 2.498.145 - 100 - - ohne Stern

Quelle: IVW; AG.MA

Im Bereich der Wissensmagazine hat das Bundeskartellamt eine marktbeherrschende Stellung von Gruner + Jahr mit den Titeln „Geo“, „P.M.“ und „National Geographic“ festgestellt. 27 Hinweise auf eine marktbeherrschende Stellung von Gruner + Jahr in weiteren Segmenten des Markts der Publikumszeitschriften liegen nicht vor.

24 Vgl. BGH, Beschluss vom 22.09.1987, NJW-RR 1988, S. 484. 25 Vgl. Tätigkeitsbericht des Bundeskartellamts 1995/1996, S. 91. 26 Vgl. Tätigkeitsbericht des Bundeskartellamts 1995/1996, S. 91. 27 Vgl. Bundeskartellamt, Beschluss vom 02.08.2004 in Sachen Gruner + Jahr – Lizenzerwerb National Geographic und Beschluss vom 03.08.2004 in Sachen Gruner+ Jahr /RBA.

26

2.3.4.3.2 Gesamtbetrachtung

Die nachfolgende Tabelle gibt eine Übersicht über sämtliche Beteiligungen von Gruner + Jahr im Bereich der Publikumszeitschriften.

Tabelle 11: Beteiligungen der Bertelsmann AG/Gruner + Jahr an Publikumszeitschriften Verlag 1) Anteile Zeitschrift verkaufte Auflage 2005 Reichweite (Erscheinungsweise) (MA II/2005) pro Ausgabe wöchentlich in Mio. in % gewichtet

Aktuelle Zeitschriften und

Magazine Stern (wö.) 1.046.731 1.046.731 7,84 12,1 NEON (mo.) 2) 149.954 28.837 - - Gala (wö.) 385.488 385.488 2,06 3,2 (Park Avenue (mo.) - - - - Start: Juni 2005) Spiegel-Verlag Rudolf Augstein 25,25 % Der Spiegel (wö.) 1.080.668 1.080.668 5,96 9,2 GmbH & Co. KG Familienzeitschriften Eltern (mo.) 378.754 87.405 1,55 2,4 Eltern for family (mo.) 163.485 37.727 0,40 0,6 Frauenzeitschriften Brigitte (14t.) 783.760 391.880 3,95 6,1 Brigitte Woman (6x j.) 283.430 32.703 - - BYM (mo.) 164.478 37.956 0,66 1,0 Frau im Spiegel (wö.) 390.953 390.953 2,01 3,1 Woman (14t.) 328.232 164.116 0,44 0,7 (emotion (mo.) Start: Februar - - - - 2006) (healthy living (mo.) Start: Sep- - - - - tember 2005) Jugendzeitschriften Geolino (mo.) 269.531 62.199 - - G+J/RBA GmbH & Co. 50 % 3) National Geographic World (mo.) - - - - KG Zeitschriften für Wohnen und

Leben Flora Garten (mo.) 198.134 45.723 0,65 1,0 Schöner wohnen (mo.) 317.835 73.347 2,05 3,2 Decoration (6x j.) 55.365 6.388 - - Häuser (6x j.) 47.021 5.426 - - Living at home (mo.) 217.104 50.101 0,46 0,7 Ess-Zeitschriften Essen & trinken (mo.) 209.125 48.260 1,44 2,2 E&T – Für jeden Tag (10x j.) 419.004 96.693 - - Schöner essen (mo.) 88.925 20.521 0,59 0,9 (Viva! (mo.) Start: November - - - - 2005) Wissensmagazine Art (mo.) 67.123 15.490 - - Geo (mo.) 452.322 104.382 3,11 4,8 Geo Epoche (4x j.) 117.888 9.068 - - Geo Kompakt (4x j.) - - - - G+J/RBA 3) National Geographic Deutsch- GmbH & Co. 50 % 249.312 57.534 1,17 1,8 (mo.) KG PM Magazin (mo.) 411.375 94.933 1,22 1,9 PM Logik Trainer (mo.) 52.894 12.206 - - PM History (mo.) 84.263 19.445 - -

27

Verlag 1) Anteile Zeitschrift verkaufte Auflage 2005 Reichweite (Erscheinungsweise) (MA II/2005) pro Ausgabe wöchentlich in Mio. in % gewichtet

PM Intelligenz-Trainer, PM Krea- tiv-Trainer, PM Fragen & Antwor- - - - - ten, PM Perspektive Stern Biografie (4x j.) - - - - Stern Gesund Leben (6x j.) 147.459 17.015 - - Stern Fotografie (4x j.) - - - - (View (mo.) Start: Oktober 2005) - - - - Reisezeitschriften Geo Saison (10x j.) 127.526 24.524 0,76 1,2 Geo Spezial (6x j.) 91.259 10.530 - - Wirtschaftszeitschriften Capital (14t.) 209.984 104.992 1,20 1,8 Impulse (mo.) 135.549 31.280 - - Börse Online (wö.) 107.903 107.903 - - Manager Ma- gazin Verlags- 24,9 % 4) (mo.) 126.714 29.242 0,54 0,8 gesellschaft 24,9 % 4) Harvard Business Magazin (mo.) 21.342 4.925 - - Motorpresse Motor Presse 54,9 % - 4 Wheel Fun (mo.) 32.436 7.485 Stuttgart GmbH - Auto Focus (6x j.) 30.098 3.473 - - & Co. KG - auto motor sport (14t.) 478.466 239.233 2,33 3,6 - Auto Straßenverkehr (14t.) 209.922 104.961 0,61 0,9 - automonat (mo.) - - - - - mopped (mo.) 65.015 15.003 - - - Mot Autos Test Technik (14t.) 91.708 45.854 0,31 0,5 - Motorrad (14t.) 155.754 77.877 0,72 1,1 - Motorrad Classic (6x j.) 27.846 3.213 - - - Motor Klassik (mo.) 89.380 20.626 - - - Motorsport aktuell (wö.) 73.924 73.924 - - - PS Sport-Motorrad Magazin 59.410 13.710 - - (mo.) - roller – Das Scooter Magazin 19.188 2.214 - - (6x j.) - (mo.) 59.045 13.626 0,75 1,2 54,9 % - Fernfahrer (mo.) 52.758 12.175 - - von 40 % Lifestylezeitschriften über Motor 54,9 % - Men´s Health (mo.) 240.882 55.588 0,80 1,2 Presse Stuttgart von 50 % GmbH & Co. KG - Best life (6x j.) - - - - EDV-Zeitschriften Motor Presse 54,9 % - Connect (mo.) 111.170 25.655 0,49 0,8 Stuttgart GmbH & Co. KG Kino-/Video-/Audio- Zeitschriften Motor Presse 54,9 % - AUDIO (mo.) 48.586 11.212 - - Stuttgart GmbH - Stereoplay (mo.) 36.594 8.445 - - & Co. KG - autohifi (6x j.) 23.024 2.657 - - - Color Foto (mo.) 49.691 11.467 - - - VIDEO (mo.) 58.713 13.549 - - - Videoaktiv Digital (6x j.) 17.615 2.033 27,87 % - Sound off (4x j.) 23.312 1.793 Sonstige Motor Presse 54,9 % - Aerokurier (mo.) 26.397 6.092 - - Stuttgart GmbH - aktiv Ski & Sportmagazin (11x 197.150 41.705 - - & Co. KG j.) - Caravaning (mo.) 37.198 8.584 - - - cavallo (mo.) 84.509 19.502 - Flug Revue (mo.) 39.967 9.223 - - - Kanumagazin (6x j.) 15.791 1.822 - - - Klassiker der Luftfahrt (6x j.) 19.556 2.256 - - - Klettern (10x j.) 14.659 3.383 - -

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Verlag 1) Anteile Zeitschrift verkaufte Auflage 2005 Reichweite (Erscheinungsweise) (MA II/2005) pro Ausgabe wöchentlich in Mio. in % gewichtet

- Modell Fahrzeug (6x j.) 12.004 1.385 - Mountain Bike (mo.) 72.840 16.809 - - - Outdoor (mo.) 32.011 7.387 - - - Pferdebörse (2-mo.) 38.526 4.445 - promobil (mo.) 84.149 19.419 - - Motor Presse 54,9 % - Runner´s World (mo.) 56.674 13.079 - - Stuttgart GmbH von 50 % & Co. KG Gesamtauflage 5.656.647

Quelle: Unternehmensangaben, IVW, AG.MA 1) Beteiligung über Gruner + Jahr AG & Co. KG und deren 100%ige Tochterunternehmen, wenn nicht anders angegeben. 2) Die Antragsteller weisen für 2005 nur 10 Ausgaben aus. 3) Die vollständige Übernahme durch Gruner + Jahr hat das Bundeskartellamt untersagt. 4) Die Rudolf Augstein GmbH, an der die Gruner + Jahr & Co. KG in Höhe von 25,5 % beteiligt ist, hält die restlichen 75,1 %.

Bezieht man die wöchentlich gewichtete Auflage aller der Bertelsmann AG zuzurech- nenden Publikumszeitschriften ohne Segmentierung der aktuellen politischen Wochen- zeitschriften und der Wissensmagazine auf eine wöchentlich gewichtete Gesamtaufla- ge der Publikumszeitschriften – sie beträgt unter Abzug der Auflagen der Programm- zeitschriften und der „ADAC Motorwelt“ etwa 61 Mio. Exemplare (vgl. Beschluss i. S. ProSiebenSAT.1, Az.: KEK 293, I 7.3.3) –, so liegt der Marktanteil der Bertelsmann AG

bei ca. 9,3 % .28

2.3.5 TV-Produktion

Im Unternehmensbereich FremantleMedia sind die Aktivitäten der RTL Group in den Bereichen TV-Produktion, Rechtehandel und Lizenzen gebündelt. Der Geschäftszweig FremantleMedia Production produziert nach Angaben der RTL Group jährlich mehr als 8.500 Programmstunden in 40 Ländern und bezeichnet sich als einen der größten TV- Produzenten außerhalb von Hollywood. 29 Fernsehformate wie „“, „“ oder „The Swan“ werden weltweit vermarktet. Der Umsatz der FremantleMedia lag 2005 bei 947 Mio. Euro. 30

28 Zwar handelt es sich bei der angegebenen Gesamtsumme um einen Wert für 2004. Für das Jahr 2005 dürfte sich aber nichts grundlegend anderes ergeben: Die IVW verzeichnete im 4. Quartal 2004 eine Gesamtauflage der Pub- likumszeitschriften von 123,64 Mio. Exemplaren pro Ausgabe; im 4. Quartal 2005 ist die Gesamtauflage lediglich geringfügig auf 123,14 Mio. Exemplare gesunken. 29 Vgl. unter http://www.rtlgroup.com, Abruf 26.01.2006. 30 Vgl. Geschäftsbericht der RTL Group 2005.

29

Dachgesellschaft der Produktionsaktivitäten in Deutschland ist die UFA Film & TV Pro- duktion. Zur UFA-Gruppe gehören u. a. Grundy UFA, Phoenix-Film und teamWorx. Zum Portfolio der UFA-Guppe an populären Programmangeboten zählen z. B. Teleno- velas („Bianca – Wege zum Glück", „Verliebt in Berlin“), Daily Soaps („Gute Zeiten – Schlechte Zeiten“, „“), Reihen und Serien („Sophie – Braut wider Wil- len“, „Balko“, „Girlfriends“, „Edel & Stark“, „SOKO Leipzig“, „Ein starkes Team“, „Bella Block“), Quiz-, Spiel- und Televotingshows („Das Quiz mit Jörg Pilawa“, „Herzblatt“, „Deutschland sucht den Superstar“) und TV-Movies („Dresden“, „Die Sturmflut“). Auf- traggeber sind neben Sendern der RTL Group unter anderem ARD, ZDF, SAT.1 und ProSieben. Insbesondere im Bereich der (wochen-)täglich ausgestrahlten Daily Soaps und Telenovelas ist die UFA-Gruppe stark aufgestellt.

Neben der schwerpunktmäßigen Produktion von fiktionaler Unterhaltung ist die UFA- Gruppe vor allem über die UFA Entertainment GmbH und die GRUNDY Light Enter- tainment GmbH auch im Bereich der Produktion von nichtfiktionalem Unterhaltungs- programm (z. B. Quizshows und Doku-Soaps) tätig. Darüber hinaus ist Gruner & Jahr in Höhe von 25,25 % an der Rudolf Augstein GmbH & Co. KG beteiligt, deren 100%ige Tochtergesellschaft Spiegel TV GmbH zu den größten Produzenten im nichtfiktionalen Bereich zählt (zur Beteiligung von Gruner & Jahr am Spiegel-Verlag s. o. I 2.3.4).

Marktuntersuchungen zeigen, dass die RTL Group im Bereich der TV-Produktion eine Spitzenposition einnimmt. Laut Europäischer Audiovisueller Informationsstelle ist die RTL Group die führende Produktionsgruppe in Europa vor Endemol und Mediatrade (Mediaset). 31 In Deutschland zählt die UFA-Gruppe zu den umsatzstärksten Produkti- onsunternehmen. Die Antragstellerin teilte mit Schreiben vom 20.03.2006 (S. 4 f.) mit, dass die UFA-Gruppe mit Auftragsproduktionen in Deutschland im Jahr 2005 Umsätze in Höhe von xxx erzielt habe. Bei einem Gesamtvolumen des deutschen Marktes der Auftragsproduktion von 1,9 Mrd. Euro ergibt sich somit ein Marktanteil der UFA-Gruppe von ca. 10 - 15 % .32

Durch den Abstand zu konkurrierenden Anbietern wird die Führungsposition der RTL Group noch deutlicher, wenn man das Produktionsvolumen der Unternehmen ver-

31 Vgl. Europäische Audiovisuelle Informationsstelle, Jahrbuch 2004, Bd. 5, Straßburg 2003, S. 112; einbezogen wurden z. T. auch Umsätze aus Spielfilmproduktion und Rechtehandel. 32 Darin sind zum Teil auch Umsätze der Produktionsunternehmen enthalten, die mit Sendern der eigenen Unter- nehmensgruppe erzielt wurden.

30

gleicht: Laut aktueller Studie des FORMATT-Instituts, das im Auftrag der Staatskanzlei Nordrhein-Westfalen kontinuierlich die Struktur im Markt der Auftragsproduktion an- hand des in Minuten gemessenen Produktionsvolumens der Unternehmen untersucht, ist die RTL Group im Jahr 2004 mit 97.477 Minuten (anteilig nach Beteiligungshöhe und gewichtet) mit Abstand führend (s. Tabelle 12). Der Anteil der RTL Group an dem gesamten Produktionsvolumen von 726.400 Minuten lag danach im Jahr 2004 bei 13,4 % und ist mehr als doppelt so groß wie derjenige der zweitplatzierten Produkti- onsgruppe MME, die einen Anteil von 6,4 % erreichte.

Tabelle 12: Produktionsvolumen der Unternehmen (in Minuten, anteilig nach der Beteiligungs- höhe gewichtet)

Rang Produktions Unternehmensgruppe bzw. Gesellschaf- Anteil am 2004 2004 unternehmen ter (Stand: 01/2006) Gesamtvolu- men 2004

1 RTL Group Bertelsmann AG 13,4 % 97.477 2 MME Guehring Automation GmbH (22,66 %), 6,4 % 46.626 Linus Unternehmensmanagement GmbH (7,42 %), Vorstand, Aufsichtsrat, Gründer (13,84 %), Streubesitz (56,08 %) 3 Endemol Deutschland Endemol 4,5 % 32.988 4 Janus TV GmbH Andreas Richter (51 %), Helmut Kastner 4,2 % 30.732 (24,5 %), Franz Solfrank (25 %) 5 WDR Mediagroup, Bavaria Filmkunst, LfA, 4,1 % 29.839 SWR Holding, DREFA Media Holding 6 ProSiebenSAT.1 ProSiebenSAT.1 Media AG 4,0 % 28.705 7 Constantin Film Highlight Communications AG (90,61 %) 3,3 % 23.948 8 Spiegel TV Spiegel-Gruppe 2,8 % 20.073 9 Studio Hamburg NDR 1,8 % 12.980 10 Brainpool TV Viacom 1,7 % 12.061 11 Axel Springer AG Axel Springer AG 1,6 % 11.975 12 Buchheit-Gruppe Josef Buchheit 1,6 % 11.949 13 WestCom Peter Pohl 1,5 % 11.250 14 PRO Programme Alfred Biolek, Dirk Bach, Andreas Lichter 1,5 % 10.799 15 Time 2 talk/drb Vera Int-Veen, Ulrich Hansbuer 1,4 % 10.120 16 CreaTV Hans Meiser, Erich Wagner 1,1 % 8.201 17 Drefa-Gruppe MDR 0,8 % 5.927 18 ZDF Enterprises ZDF 0,8 % 5.632 19 Entertainment Factory Oliver Mielke 0,7 % 5.130 20 AZ Media TV AZ Media AG (André Zalbertus 74,9 %, 0,7 % 4.832 Michel Keusgen 25,1 %) (75,2 %), Mad- sack (25,1 %) Rang 1 – 20 insgesamt 58,0 % 421.244 Gesamtvolumen 100 % 726.400

Quelle: FORMATT-Institut, Unternehmensangaben, KEK

31

Die Antragsteller geben das 2005 produzierte Programmvolumen der UFA-Gruppe al- lein für die deutschen Aktivitäten mit xxx an (vgl. Schreiben der Antragsteller vom 20.03.2006, S. 5).

2.3.6 Fiction-Rechtehandel

Die RTL Group bezeichnet sich als größten unabhängigen Rechtehändler außerhalb der USA mit einem Rechtestock von 19.000 Stunden in 150 Ländern weltweit. 33 Wäh- rend die International Distribution Programmrechte weltweit vertreibt, ist die CLT-UFA International die operative Geschäftseinheit für den Fiction-Rechtehandel, die über Akquisition, Co-Finanzierung und Co-Produktion Rechte beschafft und über eine eigene Vertriebsstruktur weltweit, vor allem in Europa, vertreibt. Die Fremantle Li- censing Ltd. verwertet Rechte in den Bereichen Merchandising, Mobile Dienste, Inter- net und Home Entertainment.

Nach Angaben der Antragsteller haben zurechenbare Unternehmen in Deutschland 2005 mit dem Handel von hauptsächlich fiktionalen Rechten Umsätze in Höhe von ca. xxx erzielt. Davon waren jedoch lediglich xxx Fremdumsätze, d. h. Umsätze mit nicht der RTL Group zurechenbaren Unternehmen (vgl. Schreiben vom 20.03.2006, S. 5).

Der Markt für den Handel mit Fictionrechten ist von Intransparenz gekennzeichnet. Die KirchGruppe galt bis zu ihrer insolvenzbedingten Auflösung als größter Rechtehändler in Deutschland. Die Rechtebibliothek der Kirch Media GmbH & Co. KGaA war nach Einschätzung des Bundeskartellamts mit einer gesamten Sendezeit von über 60.000 Stunden eine der größten der Welt und mit Abstand die größte in Deutschland. Über den Rechtestock für den deutschen Markt mit rund 12.000 Titeln, darunter 8.000 Spiel- filme, verfügt nach Presseberichten seit März 2005 ein Gemeinschaftsunternehmen der Beta Film GmbH und der insolventen Kirch Media GmbH & Co. KGaA; zuvor wurde jedoch ein umfangreicher und langfristiger Programmzulieferungsvertrag zugunsten der ProSiebenSAT.1 Media AG abgeschlossen. Als größter deutscher Lizenzhändler wurde nach der Insolvenz der KirchGruppe die Tele-München-Gruppe eingeschätzt. Sie verfügt nach eigenen Angaben über eine Filmbibliothek von über 5.000 Spielfilmen, TV-Movies und Miniserien, mehr als 7.000 Serienepisoden und 3.000 halbstündigen Zeichentrickepisoden. Im Bereich Rechtehandel erzielte sie im Jahr 2005 einen Um-

33 Vgl. Unternehmensangaben unter http://www.rtlgroup.co.

32

satz von 160,5 Mio. Euro (Pressemitteilung der Tele-München-Gruppe vom 03.05.2006).

Die Antragsteller verweisen auf die Unübersichtlichkeit des Rechtemarkts. Nach ihrer Einschätzung kommt den der Bertelsmann AG zurechenbaren Aktivitäten gegenüber den großen Rechtehändlern keine große Marktbedeutung zu; der Marktanteil sei im un- teren einstelligen Prozentbereich anzusiedeln (vgl. Schreiben vom 20.03.2006, S. 5).

2.3.7 Sportrechtehandel

Im Bereich des Sportrechtehandels ist die RTL Group durch ihre Beteiligung an der SPORTFIVE S.A. international vertreten; sie hat jedoch ihre Beteiligung an diesem Un- ternehmen von 48,85 % auf 25 % reduziert. 34 75 % der Anteile halten Advent Internati- onal, Goldman Sachs sowie das Management von SPORTFIVE, wobei die Mehrheit bei Advent liegt. Die EU-Kommission hat diesbezüglich festgestellt, dass Advent Inter- national und die RTL Group gemeinsam SPORTFIVE beherrschen. 35

Die an der Pariser Börse notierte SPORTFIVE S.A. unterhält zahlreiche Tochtergesell- schaften in Europa sowie in Asien und Argentinien. Sie besitzt die Fernseh- und Mar- ketingrechte an über 270 Fußballclubs und 30 nationalen Verbänden sowie an weite- ren Sportarten wie Skispringen, Handball und Boxen. Der Schwerpunkt der Vermark- tungsaktivitäten liegt beim Fußball. SPORTFIVE verfügt u. a. über die TV- Vermarktungsrechte für die Fußball-EM 2008 und den UEFA-Cup bis zum Jahr 2008. In Deutschland ist die SPORTFIVE S.A. durch die SPORTFIVE GmbH, vormals UFA SPORTS, präsent. SPORTFIVE verfolgt das Konzept der Gesamtvermarktung (z. B. Stadionwerbung, Merchandising, Trikotwerbung, Ticketing), das u. a. mit den Fußball- Bundesligisten Hertha BSC, Borussia Dortmund und dem HSV umgesetzt wird; damit sind jedoch keine nationalen Fernsehrechte verbunden. Bezüglich der internationalen Verwertung der TV-Rechte der Fußballbundesliga hat SPORTFIVE eine Kooperation mit der Deutschen Fußball Liga (DFL) vereinbart. Im Boxsport betreibt SPORTFIVE die Vermarktung von Vitali und Wladimir Klitschko. 36

34 Vgl. Pressemitteilung der RTL Group vom 25.06.2004. 35 EU-Kommission, Entscheidung vom 04.11.2004, COMP/M.3562 SPORTFIVE/HSG. 36 Vgl. unter http://www.sportfive.de.

33

Nach Angaben der Antragsteller erzielte SPORTFIVE in Deutschland mit dem Verkauf von Fernsehrechten an Sportveranstaltungen im Jahr 2005 einen Umsatz von ca. xxx Mio. Euro. Das Gesamtvolumen des Sportrechtemarkts geben sie mit 793,45 Mio. Euro (davon 565,5 Mio. Euro für Fußballrechte) an. Der Marktanteil von SPORTFIVE liege demnach bei knapp 0 - 5 % (vgl. Schreiben vom 20.03.2006, S.6).

2.3.8 Weitere Medienaktivitäten

Dachgesellschaft des Geschäftsbereichs Diversifikation der RTL Group ist die RTL in- teractive GmbH, die auch die Beteiligungen an den Veranstalterinnen von Traumpart- ner TV und K1010 hält. Zu den Diversifikationsaktivitäten der RTL-Gruppe zählen auch die Beteiligung am Teleshoppinganbieter RTL Shop, die Tochterfirmen Universum Film (Video-, DVD- und Filmvertrieb), RTL Enterprises (Merchandising und Lizenzen), die RTL Media Services (Telefonmehrwertdienste) sowie die Geschäftsfelder „RTL online“ und „RTL mobile“. Das von der RTL Shop GmbH betriebene Teleshopping angebot RTL Shop nimmt mit einem Umsatz von 89 Mio. Euro im Jahr 2005 eine eher schwa- che Position im Markt ein; Marktführer ist die QVC Deutschland GmbH (Liberty Global) mit einem Umsatz von 629 Mio. Euro. Den Marktanteil der Universum Film im DVD- und Videogeschäft beziffern die Antragsteller für das Jahr 2005 mit ca. 5 - 10 % bei einem Umsatz von xxx Mio. Euro (vgl. Schreiben vom 20.03.2006, S. 11). Sie bezeich- net sich als größten Independent-Videoanbieter im deutschsprachigen Raum. Hohe Marktanteile erzielen vor allem die Hollywood Major Studios mit der Verwertung ihrer Kinoproduktionen.

Zur RTL Group gehören zudem u. a. die technischen Dienstleister Cologne Broad- casting Center (CBC), Köln, und Broadcasting Center Europe (BCE), Luxemburg.

Die RTL Group ist am Nachrichtenaustauschdienst European News Exchange (ENEX) zu 76,5 % beteiligt, das ein Netzwerk für den Austausch von Nachrichten unter den als Partner angeschlossenen Sendern betreibt. Ziel ist es, Ressourcen gemeinsam zu nutzen und Großereignisse abzudecken. ENEX zählt derzeit 32 Mitglieder, darunter neben zahlreichen Sendern der Senderfamilie auch CBS und Sky News.

Zusammen mit der ProSiebenSAT.1 Media AG betreibt die RTL Group das Gemein- schaftsunternehmen VG Media, eine Verwertungsgesellschaft , die im Wesentlichen

34

für Fernseh- und Hörfunkunternehmen Urheber- und Leistungsschutzrechte an der Ka- belweitersendung nach § 20 b Urheberrechtsgesetz wahrnimmt. Das Zusammen- schlussvorhaben wurde von der EU-Kommission mit der Begründung freigegeben, dass der gesetzliche Wahrnehmungszwang (§ 6 Wahrnehmungsgesetz) VG Media verpflichtet, auf Verlangen jedes Urheber- und Leistungsschutzberechtigten für diesen tätig zu werden, und eine Abschottung des Marktes demnach nicht zu erwarten sei. 37

Im Unternehmensbereich Random House sind die Publikumsverlage der Bertelsmann AG gebündelt, d. h. die Buchverlage für Allgemeine Literatur, wozu u. a. Belletristik, Sachbücher und Ratgeber gehören. Durch die Akquisition der Verlagsgruppe Random House im Jahr 1998 hat sich der Schwerpunkt der Geschäftstätigkeit deutlich auf den US-amerikanischen Markt verlagert. Dort wurden 57,5 % des Gesamtumsatzes von 1,8 Mrd. Euro im Geschäftsjahr 2005 erwirtschaftet, in Deutschland lediglich 11,1 %.38 In Deutschland veröffentlichen 25 Buchverlage der Verlagsgruppe monatlich rund 175 neue Titel. Nach Angaben der Antragsteller wurden im Jahr 2004 xxx Mio. Verlagsaus- gaben in Deutschland abgesetzt (vgl. Schreiben vom 20.03.2006, S. 10).

Zu Random House gehören die Belletristik- und Sachbuchverlage , Basser- mann, Karl Blessing Verlag, btb, C. Bertelsmann, cbj Kinder- & Jugendbücher, Diana Verlag, DVA, , Gütersloher Verlagshaus, Heyne, Knaus, Kösel, Limes, Luch- terhand Literaturverlag, Manesse, Manhattan, Omnibus, Page & Turner, Pantheon, Random House Entertainment, Riemann und Siedler sowie die Ratgeberverlage Ansa- ta, Arkana, Integral, Ludwig und Südwest. Random House Audio bietet Hörbücher an, PeP ist im Bereich eBooks (elektronische Bücher, die auf verschiedene Endgeräte heruntergeladen werden können) und Print-on-Demand (stückweise Herstellung von Büchern auf Nachfrage) tätig. In Verlagen der Random House-Gruppe haben auch Teilnehmer der RTL-Show „Deutschland sucht den Superstar“ ihre Bücher veröffent- licht. Die Lizenzabteilung der Verlagsgruppe verwertet u. a. die Audio- und Filmrechte und bietet im Internet eine Filmstoffliste für die Verfilmung von Büchern der Verlags- gruppe an. 39

37 Vgl. Europäische Kommission, Entscheidung vom 21.05.2002, COMP/M. 2723 – RTL/ProSiebenSAT.1/VG Me- dia. 38 Vgl. Geschäftsbericht der Bertelsmann AG 2005, S. 59. 39 Vgl. unter www.randomhouse.de.

35

Im Markt der deutschsprachigen Taschenbücher der allgemeinen Informations- und Unterhaltungsliteratur erreicht die Bertelsmann AG nach Feststellungen des Bundes- kartellamts einen Marktanteil von unter 30 %. 40 Das Gesamtvolumen des deutschen Buchmarkts betrug nach einer von den Antragstellern zitierten Studie des Börsenver- eins des Deutschen Buchhandels e. V. im Jahr 2004 auf Basis des Endverbraucher- preises 9,076 Mrd. Euro. Danach ergibt sich unter Berücksichtigung von Umsatzsteuer und Rabatten ein Gesamtmarktvolumen der Buchverlage von etwa xxx Euro. Für die Buchaktivitäten der Bertelsmann AG geben die Antragsteller für 2004 einen Umsatz von xxx Mio. Euro an; dies entspricht einem Marktanteil von 5 - 10 %.

Zum Geschäftsbereich Musik der (BMG) gehören das mit der Sony Corporation of America gegründete Gemeinschaftsunternehmen Sony BMG Music Entertainment und der Musikverlag BMG Music Publishing. Sony BMG vereint die Bereiche Talentsuche, Förderung von Künstlern sowie Vermarktung und Verkauf von bespielten Tonträgern. BMG gehört zu den weltweit größten Musikkonzernen. Der Umsatz lag 2005 bei 2,1 Mrd. Euro. Von diesem Umsatz wurden lediglich 7,5 % in Deutschland erwirtschaftet; umsatzstärkste Region mit einem Anteil von 38,8 % am gesamten Umsatz sind die USA. Zum Umsatz von BMG trug das Geschäftsfeld Recor- ded Music 82,5 %, und das Geschäftsfeld Music Publishing 17,5 % bei. Nach Angaben der Antragsteller erzielte Sony BMG im Jahr 2005 im Bereich des Tonträgergeschäfts in Deutschland Umsätze in Höhe von xxx Mio. Euro, was einem Marktanteil von 20 - 25 % entspreche (vgl. Schreiben vom 20.03.2006, S. 10). Führend ist nach Branchen- einschätzungen der Musikkonzern Universal Music.

Beteiligungen der Bertelsmann AG an Musiksendern in Deutschland bestehen nicht. Musik-Shows machen zeitlich nur einen geringen Anteil der Gesamtsendezeit der Sen- der der RTL Group aus. 41 Der Bertelsmann-Konzern kann jedoch von Synergieeffekten zwischen Formaten wie „Deutschland sucht den Superstar“ und den entsprechenden Musikveröffentlichungen bei Sony BMG profitieren. BMG Publishing verwertet die weltweiten Musikrechte aus den Produktionen der FremantleMedia. 42 Zudem bestehen vertikale Verflechtungen zu den zahlreichen Hörfunksendern der RTL Group. Im Zu- sammenschlussverfahren Sony/BMG bei der EU-Kommission wurden von dritter Seite

40 Vgl. Pressemitteilung des Bundeskartellamts vom 25.11.2003. 41 Bei RTL etwa 1,7 % der Gesamtsendezeit im Jahr 2004; vgl. Media Perspektiven Basisdaten 2005, S. 19. 42 Vgl. Geschäftsbericht der Bertelsmann AG 2004, S. 33.

36

Bedenken geäußert, dass das Gemeinschaftsunternehmen aufgrund der vertikalen Verflechtungen der Bertelsmann AG zu einem Monopol auf den Tonträgermärkten füh- ren könnte. Die Bedenken seien darauf zurückzuführen, dass die Bertelsmann AG ihre Präsenz in Fernsehen und Hörfunk dazu nutzen könnte, Wettbewerber zu verdrängen und Sony BMG zu begünstigen, z. B. durch Vorzugstarife für Sony BMG für Künstler- werbung, Bevorzugung der Sony BMG-Künstler im Programm oder durch Unterbin- dung von Werbung und Verkaufsförderung von Wettbewerbern auf den Sendern der RTL Group. Die EU-Kommission sah Beweise dafür, dass die Bertelsmann AG bereits in der Vergangenheit BMG anderen Wettbewerbern vorgezogen hat. Das wichtigste Beispiel sei das Format „Idols“. Die Kommission hat dagegen keinen Beweis dafür ge- funden, dass sich für die Bertelsmann AG der Ausschluss ihrer Wettbewerber von Werbung und Verkaufsförderung ihrer Künstler auf den RTL-Sendern auszahlen könn- te. 43 Auf Nachfrage der KEK haben die Antragsteller angegeben, dass keine Vereinba- rungen mit Veranstaltern von Musikspartenprogrammen oder Hörfunk bestehen, die Produktionen von Sony BMG ein Sendeplatzkontingent zusichern oder ähnliche Vor- züge gewähren (vgl. Schreiben vom 20.03.2006).

Zur Bertelsmann Direct Group (Umsatz 2005: 2,4 Mrd. Euro) gehören die Buch- und Musicclubs der Bertelsmann AG, 44 die nach Angaben der Bertelsmann AG mit über 35 Mio. Mitgliedern in 22 Ländern zu den größten Unternehmen im Medienhandel zählt. 45 12,8 % der Umsätze werden in Deutschland erwirtschaftet, 47,0 % im übrigen Europa.

Die Arvato AG ist im Bereich Druck, Speichermedien, Dienstleistungen und Spezi- alverlage tätig und erwirtschaftete 2005 einen Umsatz von knapp 4,4 Mio. Euro. Die Arvato AG, Gruner + Jahr und die Axel Springer AG kontrollieren gemeinsam die Pri- novis Ltd. & Co. KG, die die Tiefdruckaktivitäten der beteiligten Unternehmen bündelt.

3 Regionalfensterprogramme bei RTL

RTL ist eines der beiden reichweitenstärksten bundesweiten Vollprogramme (zu den Zuschaueranteilen vgl. z. B. Beschluss KEK 306-1 und -2, I 1) und daher die Veranstal- terin gemäß § 25 Abs. 4 Satz 1 RStV verpflichtet, in das Programm regionale Fenster-

43 Entscheidung der EU-Kommission vom 19.07.2004, COMP/M.3333 – Sony/BMG, Rn. 159 ff. 44 In den USA hat die Direct Group zudem 2005 den DVD-Direktversandhändler übernommen. 45 Vgl. Geschäftsbericht der Bertelsmann AG 2004, S. 38 und 2005: Unternehmensbereiche auf einen Blick.

37

programme nach Maßgabe des § 25 Abs. 4 RStV in der Fassung des 8. RÄndStV auf- zunehmen. Aufgrund dieser Verpflichtung werden im Rahmen des Hauptprogramms RTL in der Zeit montags bis freitags zwischen 18:00 Uhr und 18:30 Uhr in den Ländern Niedersachsen und Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein, Hessen, Baden- Württemberg und Rheinland-Pfalz (Großraum Mannheim/Ludwigshafen) sowie Nord- rhein-Westfalen Regionalfensterprogramme gesendet. In Bayern werden auf diesem Sendeplatz lokale Fensterprogramme (und in der Zeit sonntags zwischen 17:45 Uhr und 18:45 Uhr ein zusätzliches Landesfenster) ausgestrahlt. Zum Vorliegen der Vor- aussetzungen des § 25 Abs. 4 RStV, die auch für die Anerkennung von Bonuspunkten auf den bundesweiten Zuschaueranteil der RTL Group gemäß § 26 Abs. 2 Satz 3 RStV zu beachten sind (s. u. III 3.1.2), liegen folgende Erkenntnisse vor:

3.1 Feststellung der DLM zu den Voraussetzungen des § 25 Abs. 4 Satz 1 RStV

Als Nachweis für die Qualifizierung der Regionalfensterprogramme bei RTL nach den Vorgaben des § 25 Abs. 4 Satz 1 RStV übersandte die NLM mit Schreiben vom 25.11.2005 eine Abschrift des Beschlusses der Direktorenkonferenz der Landesme- dienanstalten (DLM) vom 25.10.2005. Darin stellte die DLM gemäß § 36 Abs. 2 Satz 2 RStV mit der erforderlichen ¾-Mehrheit fest, dass die Regionalfenster im Hauptpro- gramm RTL den Anforderungen des § 25 Abs. 4 Satz 1 RStV genügen .

Zur Begründung teilte die NLM mit E-Mail vom 08.12.2005 mit, die DLM habe den Be- schluss gemäß einer Vorlage der NLM auf Grundlage eines Gutachtens des Instituts für Medienforschung Göttingen & Köln (ImGö) unter Leitung von Herrn Prof. Dr. Helmut Volpers gefasst. Die Studie („Inhaltsanalyse landesweit ausgestrahlter Regionalfenster von RTL und SAT.1, Teilbericht 1“, Herbst 2005) untersucht aufgrund einer insgesamt dreiwöchigen Stichprobe, ob die landesweit ausgestrahlten RTL-Regionalfenster für Hamburg/Schleswig-Holstein, Niedersachsen/Bremen, Nordrhein-Westfalen, Hessen und Rheinland-Pfalz/Baden-Württemberg die zeitlichen und inhaltlichen Anforderungen gemäß § 25 Abs. 4 Satz 1 RStV i. V. m. Ziffer 1 Abs. 2 Satz 2 des (nicht von allen Lan- desmedienanstalten verabschiedeten) Entwurfs der Landesmedienanstalten für eine Fernsehfensterrichtlinie („FFR-Entwurf“) erfüllen. xxx ... Die Vorlage der NLM für die DLM kommt unter Verweis auf die in der Studie gemessenen Zeiten für Regionalbezug sowie Aktualität und Ereignisbezug der Berichterstattung daher zu dem Schluss, dass die gesetzlichen Anforderungen an regionale Fenster in Fernsehvollprogrammen nach

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§ 25 Abs. 4 Satz 1 RStV für alle Regionalfenster erfüllt sind.

3.2 Zu den Voraussetzungen des § 25 Abs. 4 Satz 2 ff. RStV

Seit dem 01.04.2005 schreibt der RStV für die Regionalfensterprogramme in den bei- den reichweitenstärksten bundesweiten Vollprogrammen die Erteilung einer gesonder- ten Zulassung vor, § 25 Abs. 4 Satz 3 RStV. Vor der Zulassung der Regionalfenster- veranstalter ist gemäß § 36 Abs. 2 Satz 3 RStV das Benehmen mit der KEK herzustel- len. Im Rahmen der Benehmensherstellung hat die KEK aktuell das Vorliegen der Vor- aussetzungen der § 25 Abs. 4 Satz 2 ff. RStV, d. h. der rechtlichen und redaktionellen Unabhängigkeit der Regionalfensterveranstalter, ihrer (beabsichtigten) eigenständigen Zulassung und der Gewährleistung der angemessenen Finanzierung im Lizenzzeit- raum im Hinblick auf alle Regionalfenster überprüft:

3.2.1 Mit Beschluss vom 07.03.2006 (Az.: KEK 306-1/ und -2) hat die KEK auf gemeinsame Vorlage der NLM und der Bremischen Landesmedienanstalt (brema) entschieden, dass der beabsichtigten Zulassung der RTL Nord GmbH, einer 100%igen Tochterge- sellschaft von RTL, als Veranstalterin des gemeinsamen Regionalfensters für Hamburg und Bremen keine medienkonzentrationsrechtlichen Bedenken entgegenstehen, sofern im Einzelnen aufgeführte zusätzliche Absicherungen der redaktionellen Unabhängig- keit vom Alleingesellschafter RTL im Gesellschaftsvertrag von RTL Nord umgesetzt werden und der programmverantwortliche Geschäftsführer unmittelbar bei RTL Nord angestellt wird. RTL hat diese Vorgaben mittlerweile umgesetzt. Angesichts der nach- weislich von RTL getätigten Investitionen in das Regionalfenster in der Zeit vor In-Kraft- Treten der Anforderung ihrer rechtlichen Unabhängigkeit, die einen Vertrauensschutz- tatbestand begründeten, und der besonderen Vorkehrungen zur Absicherung der re- daktionellen Unabhängigkeit ist eine Ausnahme von der Sollvorgabe rechtlicher Unab- hängigkeit nach § 25 Abs. 4 Satz 4 RStV für den von NLM und brema vorgesehenen Übergangszeitraum bis zum 21.07.2008 gerechtfertigt (vgl. Beschluss Az.: KEK 306-1, III).

3.2.2 Mit Beschluss vom 30.03.2006 (Az.: KEK 306-3) hat die KEK auf Vorlage der Hambur- gischen Anstalt für neue Medien (HAM) festgestellt, dass gegen die Zulassung der RTL Nord GmbH als Veranstalter des RTL-Regionalfensters Hamburg/Schleswig-Holstein für das Verbreitungsgebiet Hamburg für die beabsichtigte Laufzeit bis zum 21.07.2008

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keine Bedenken aus Gründen der Sicherung der Meinungsvielfalt bestehen, sofern be- stimmte Vorkehrungen zur Gewährleistung der redaktionellen Unabhängigkeit des Fensterveranstalters getroffen werden. Auch hier wurde als wichtiger Grund für die Abweichung vom Erfordernis rechtlicher Unabhängigkeit des Fensterveranstalters für einen Übergangszeitraum dargelegt, dass RTL erhebliche, Vertrauensschutz begrün- dende Investitionen in das Regionalfenster getätigt hat und durch besondere (mittler- weile umgesetzte) Vorkehrungen die redaktionelle Unabhängigkeit des Fensterveran- stalters sichergestellt ist.

3.2.3 Ebenfalls mit Beschluss vom 30.03.2006 (Az.: KEK 313) hat die KEK auf Vorlage der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen (LfM) entschieden, dass der beabsich- tigten Zulassung der TELE WEST Rheinisch-Westfälische Fernsehgesellschaft mbH & Co. KG, ebenfalls einer 100%igen Tochtergesellschaft von RTL, für das RTL- Regionalfensterprogramm in Nordrhein-Westfalen keine medienkonzentrationsrechtli- chen Bedenken entgegenstehen. Auch hier wurde, neben den übrigen Voraussetzun- gen des § 25 Abs. 4 Satz 2 ff. RStV, dargelegt, dass die beabsichtigte Ausnahme vom Gebot der rechtlichen Unabhängigkeit bis zum 21.07.2008 aufgrund eines Vertrauens- schutztatbestands und besonderer Vorkehrungen zur Gewährleistung der redaktionel- len Unabhängigkeit im konkreten Fall gerechtfertigt ist.

3.2.4 Auf Vorlage der Hessischen Landesanstalt für privaten Rundfunk (LPR Hessen) hat die KEK mit Beschluss vom 08.05.2006 (Az.: KEK 328) festgestellt, dass der beabsichtig- ten Zulassung der RTL Hessen Programmfenster GmbH für das RTL- Fensterprogramm in Hessen bis zum 21.07.2008 keine Gründe der Sicherung der Mei- nungsvielfalt entgegenstehen. An diesem Regionalfensterveranstalter ist RTL in Höhe von 60 % beteiligt; ferner hält sie sämtliche Anteile an der RTL Hessen GmbH, die das Fensterprogramm vollständig zuliefert. Hier hatte RTL bereits in der Vergangenheit be- sondere Vorkehrungen getroffen, um eine Einflussnahme als Gesellschafterin auf pro- grammbezogene Entscheidungen des Fensterveranstalters und des Programmprodu- zenten auszuschließen. Da RTL zudem auch in dieses Regionalfenster erhebliche In- vestitionen getätigt hat, hat die KEK das Vorliegen eines Ausnahmetatbestands vom regelmäßigen Erfordernis rechtlicher Unabhängigkeit anerkannt.

3.2.5 Die Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg (LFK) hat in Abstimmung mit der Landeszentrale für Medien und Kommunikation Rheinland-Pfalz (LMK) der KEK

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den (bereits beschiedenen) Zulassungsantrag der Rhein-Neckar-Fernsehen GmbH für das im Großraum Mannheim/Ludwigshafen ausgestrahlte Regionalfensterprogramm RNF Life zur nachträglichen Benehmensherstellung vorgelegt (Prüfverfahren i. S. RNF Life, Az.: KEK 329). Die Rhein-Neckar-Fernsehen GmbH ist von RTL rechtlich und re- daktionell unabhängig. Die Beteiligten haben sich soeben, unter Mitwirkung der zu- ständigen Landesmedienanstalten, auf die Gewährleistung der angemessenen Finan- zierung des Fensterprogramms durch xxx ... verständigt (vgl. Schreiben von RTL vom 05.05.2006). Es ist zu erwarten, dass xxx ... das Benehmen seitens der KEK herge- stellt werden kann.

3.2.6 Im Hinblick auf das gemeinsame RTL-Regionalfenster Hamburg/Schleswig-Holstein hat der Medienrat der Unabhängigen Landesanstalt für Rundfunk und neue Medien (ULR) Schleswig-Holstein in einer Sondersitzung am 04.05.2006 entschieden, der RTL Nord GmbH antragsgemäß für das Verbreitungsgebiet Schleswig-Holstein eine eigen- ständige Zulassung zu erteilen; anschließend hat die ULR der KEK den Zulassungsan- trag zum Zweck der Benehmensherstellung vorgelegt (Prüfverfahren Az.: KEK 306-4). Der Sachverhalt ist im Hinblick auf die Voraussetzungen des § 25 Abs. 4 RStV im We- sentlichen identisch mit dem bereits im Rahmen des Verfahrens bei der HAM von der KEK geprüften Sachverhalt (s. o. I 3.2.2). Mit Schreiben vom 05.05.2006 hat RTL ihre speziell im Hinblick auf das Regionalfenster für Schleswig-Holstein getätigten Investiti- onen dargelegt. Es liegen daher auch hier die Voraussetzungen dafür vor, das Beneh- men mit der beabsichtigten Zulassungsentscheidung herzustellen.

II Verfahren

1 Die Vollständigkeitserklärung der Veranstalterin liegt vor. Die Beteiligungsveränderung ist noch nicht vollzogen; damit ist der Vorschrift des § 29 Satz 1 und 4 RStV genügt.

2 Einem Vertreter der mabb wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

3 In den Sitzungen vom 07.03.2006 und 10.04.2006 gab die Kommission Vertretern der beteiligten Unternehmen Gelegenheit zur Stellungnahme im vorliegenden Verfahren und dem Parallelverfahren Az.: KEK 289 (Beteiligungsveränderungen bei der RTL Group). Die Anhörungen hatten die folgenden wesentlichen Inhalte und Erkenntnisse:

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3.1 An der Sitzung vom 07.03.2006 nahmen für RTL deren Bereichsleiter Medienpolitik xxx ... und der Leiter Unternehmensplanung/Controlling xxx ... Stellung; für die Bertels- mann AG nahm der Leiter der Konzernrechtsabteilung xxx ... teil. Gegenstand der An- hörung waren in erster Linie Fragestellungen zu den RTL-Regionalfensterprogrammen (s. o. I 3 und Beschluss der KEK i. S. RTL Nord, Az.: KEK 306-1, I 5).

3.2 An der Sitzung vom 10.04.2006 nahmen für RTL wiederum xxx ..., für die RTL Group der Justitiar xxx ... und für die Bertelsmann AG der Chefjustitiar xxx ... und erneut xxx ... teil.

Bei den Erörterungen wies die Kommission darauf hin, dass sie an ihrer bisherigen Praxis zu § 26 RStV, vor allem an der Leitbildfunktion des § 26 Abs. 2 RStV für Abs. 1 der Vorschrift, uneingeschränkt festhalte. Anschließend wurden zunächst die Entwick- lung bei den Regionalfenstern der RTL Group erörtert. Zum Übernahmeverfahren n-tv vor dem Bundeskartellamt äußerte xxx ... die Erwartung, dass das Kartellamt die Frei- gabe mit der Begründung einer Sanierungsfusion erklären werde. Da sich der Gesell- schafter Time Warner zurückziehen wolle und es keine anderen Kaufinteressenten für n-tv gebe, sei die Alternative zu einer vollständigen Übernahme durch RTL nur die Schließung des Senders. xxx ... wies darauf hin, dass dann nur noch ein bundesweiter Nachrichtensender auf dem Markt wäre, was nicht im Sinne der Meinungsvielfalt sein könne. Er bezeichnete den Rückzug des Gesellschafters Time Warner als „dekon- zentrativen“ Vorgang. RTL habe bereits bislang n-tv unternehmerisch geführt.

Im Mittelpunkt der Anhörung stand die Stellung der RTL Group und der Bertelsmann AG auf verschiedenen Medienmärkten. Grundlage der Diskussion war das schriftliche Auskunftsersuchen der KEK vom 27.02.2006 zu Stellungen der RTL Group und der Bertelsmann AG auf verschiedenen Medienmärkten und das Antwortschreiben der Bertelsmann AG vom 20.03.2006, in dem sie unbeschadet ihrer Auffassung, dass es im vorliegenden Prüfverfahren auf medienrelevante verwandte Märkte nicht ankomme, die erbetenen Auskünfte erteilt hat.

Seitens der RTL Group bzw. der Bertelsmann AG wurde die Relevanz der Bereiche Buch, DVD, Musik und Sportrechte für die medienkonzentrationsrechtliche Prüfung in Abrede gestellt. Auch einer Zurechnung unter entsprechender Anwendung der rund-

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funkstaatsvertraglichen Vorschriften auf Hörfunkveranstalter lehnten die Vertreter der Anmelderinnen mit der Begründung ab, dass beim Radio per se durch landesgesetzli- che Vorgaben durch die Gesellschafter Vielfalt hergestellt sei. Bei allen Beteiligungen unter 50 % habe die RTL Group keinerlei Einfluss auf das Programm; es handele sich um reine Finanzbeteiligungen. Beim Hörfunk entschieden im Übrigen nicht die Gesell- schafter, sondern allein die Geschäftsführer. Programmfarben würden nicht vom Ge- sellschafter, sondern von den Landesmedienanstalten vergeben. Anders als im Sprin- ger-Beschluss dargestellt, seien Hörfunkbeteiligungen aufgrund medienrechtlicher Vorgaben nicht ausbaufähig. Für die Presse verwies der Vertreter von RTL darauf, dass beim Stern das Chefredaktionsprinzip gelte, der Spiegel-Verlag von der Mitarbei- ter KG geführt werde und bei Gruner + Jahr lediglich drei Mitglieder im zwölfköpfigen Aufsichtsrat von der Bertelsmann AG berufen würden. Die Nachfrage der KEK, ob das mit xxx ... angegebene Gesamtvolumen der TV-Auftragsproduktion auch die gruppen- internen Umsätze der anderen Produktionsgruppen mit einbeziehe, wurde inzwischen mit Schreiben vom 03.05.2006 bestätigt. Die Anmelderinnen ließen aber auch insoweit in Frage stellen, ob die TV-Produktion überhaupt relevant sei. Seitens der KEK wurde darauf hingewiesen, dass es sich bei den Inhalten um die Kernprodukte der Sender handle und diese von hoher Meinungsrelevanz seien. Seitens der RTL-Vertreter wur- den die Angaben der KEK zum Marktanteil von RTL/Bertelsmann an den Internet- Seitenaufrufen als Wunschvorstellung bezeichnet; Angaben zu Marktanteilen seien derzeit nicht möglich. Zu berücksichtigen sei auch, dass bei Online-Angeboten im We- sentlichen die gleichen Inhalte verbreitet würden wie im Fernsehen.

4 Die KEK hat mit dem Bundeskartellamt auf Grundlage von § 39 a Abs. 1 RStV und § 50 c Abs. 2 GWB Informationen ausgetauscht.

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III Medienkonzentrationsrechtliche Beurteilung

1 Bestätigungsvorbehalt

Die angemeldeten Veränderungen sind noch nicht vollzogen. Damit ist der Vorschrift des § 29 Satz 1, 4 RStV genügt.

2 Zurechnung von Programmen und Zuschaueranteile

2.1 Zurechnung von Programmen

Das Programm n-tv wird gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 RStV weiterhin der Veranstalterin und RTL zugerechnet, dagegen ist die Zurechnung zu CNN/Time Warner künftig nicht mehr gegeben. n-tv ist ferner unverändert der RTL Group und der Bertelsmann AG zu- zurechnen, denen auch die Programme RTL , RTL II , Super RTL , VOX , Traumpartner TV und K1010 zugerechnet werden (§ 28 Abs. 1 Satz 2 RStV i. V. m. §§ 16, 17 AktG, vgl. zuletzt Beschluss i. S. K1010, Az.: KEK 262, III 2.1.3). Diese Programme werden auch sämtlichen Veranstaltern zugerechnet (§ 28 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. RStV bzw. arg. e §§ 28 Abs. 1 Satz 3, 29 Satz 2 RStV).

2.2 Zuschaueranteile

Die Zuschaueranteile der Programme der RTL Group betrugen im Referenzzeitraum (November 2004 bis Oktober 2005) insgesamt 25,2 %. Mit Schreiben vom 25.04.2006 teilte die Antragstellerin die jüngsten Zuschaueranteilsdaten mit, wonach für die Mona- te November 2005 25,1 %, Dezember 2005 23,9 %, Januar 2006 24,7 %, Februar 2006 23,3 %, für März 2006 24,8 % und die erste Aprilhälfte 2006 24,5 % zu verzeich- nen sind.

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Tabelle 13: Zuschaueranteile der der RTL Group zuzurechnenden Programme

Zuschaueranteile in % November 2004 bis April 2006 Oktober 2005 RTL Television 13,2 12,8 RTL II 4,3 3,9 Super RTL 2,9 2,7 VOX 4,2 4,6 n-tv 0,6 0,6 Traumpartner TV (Sendestart 0,0 0,0 01.12.04) K1010 0,0 0,0 ∑∑∑ RTL Group 25,2 24,6

Anteile an der täglichen durchschnittlichen Sehdauer (GfK-„Marktanteile“), Angaben in %, Zu- schauer ab 3 Jahren, Montag bis Sonntag, 3:00 bis 3:00 Uhr, repräsentativ für 34,99 Mio. Fern- sehhaushalte in Deutschland einschließlich EU-Haushalte, Quelle: AGF/GfK-Fernseh- forschung/RTL Medienforschung

3 Vorherrschende Meinungsmacht

3.1 Prüfung nach § 26 Abs. 2 RStV

3.1.1 Vermutungstatbestand des § 26 Abs. 2 Satz 1 RStV

Gemäß § 26 Abs. 2 Satz 1 RStV wird vorherrschende Meinungsmacht vermutet, wenn die einem Unternehmen zurechenbaren Programme im Durchschnitt eines Jahres ei- nen Zuschaueranteil von 30 vom Hundert erreichen. Diese Schwelle wird von der Ver- anstalterin und der RTL-Gruppe nicht erreicht.

3.1.2 Vermutungstatbestände des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV

Vorherrschende Meinungsmacht wird ferner bei Erreichen eines Zuschaueranteils von 25 % vermutet, sofern das Unternehmen auf einem medienrelevanten verwandten Markt eine marktbeherrschende Stellung hat oder eine Gesamtbeurteilung seiner Akti- vitäten im Fernsehen und auf medienrelevanten verwandten Märkten ergibt, dass der dadurch erzielte Meinungseinfluss dem eines Unternehmens mit einem Zuschaueran- teil von 30 % entspricht (§ 26 Abs. 2 Satz 2 RStV).

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3.1.2.1 Die Zuschaueranteilsgrenze von 25 % wird von den der RTL Group und n-tv zuzurech- nenden Programmen mit 25,2 % im Referenzzeitraum überschritten.

3.1.2.2 Anrechnung von Bonuspunkten, § 26 Abs. 2 Satz 3 RStV a) Von diesem Zuschaueranteil kommen gemäß § 26 Abs. 2 Satz 3 RStV zwei Prozent- punkte in Abzug, wenn in dem den Unternehmen zurechenbaren Vollprogramm mit dem höchsten Zuschaueranteil Fensterprogramme gemäß § 25 Abs. 4 RStV aufge- nommen sind (§ 26 Abs. 2 Satz 3, 1. Hs. RStV). In das der RTL Group zurechenbare Vollprogramm mit dem höchsten Zuschaueranteil RTL sind regionale Fensterpro- gramme aufgenommen (s. o. I 3). Die Feststellung, dass die Fensterprogramme die Voraussetzungen des § 25 Abs. 4 Satz 1 RStV erfüllen, treffen gemäß § 36 Abs. 2 Satz 2 RStV die Landesmedienanstalten mit einer Mehrheit von drei Vierteln. Dagegen obliegt der KEK die Feststellung, dass die übrigen, mit Wirkung zum 01.04.2005 einge- führten Anrechnungsvoraussetzungen gemäß § 25 Abs. 4 Satz 2 ff. RStV vorliegen. b) Die Landesmedienanstalten haben mit Beschluss vom 25.10.2005 mit der erforderli- chen ¾-Mehrheit gemäß § 36 Abs. 2 Satz 2 RStV festgestellt, dass die regionalen Fenster im Programm von RTL die Voraussetzungen nach § 25 Abs. 4 Satz 1 RStV er- füllen. Die NLM hat dargelegt, auf Grundlage welcher Tatsachen und Feststellungen diese Entscheidung getroffen wurde (s. o. I 3.1).

Die KEK ist an diese den Landesmedienanstalten zur qualifizierten Mehrheitsentschei- dung übertragene Feststellung bis zu der durch das Willkürverbot gesetzten Grenze gebunden. Die KEK geht davon aus, dass die dieser Feststellung zugrunde liegenden Erhebungen des von der DLM beauftragten ImGö-Instituts zutreffend sind. c) Die KEK hat im Rahmen der Benehmensherstellung zur Zulassung der Regionalfens- terveranstalter im Hauptprogramm RTL festgestellt, dass die Voraussetzungen der § 25 Abs. 4 S. 2 bis 5 RStV im Hinblick auf die Regionalfensterveranstalter in Nieder- sachsen und Bremen sowie in Hamburg, in Nordrhein-Westfalen und in Hessen erfüllt sind (s. o. I 3.2.1 bis 3.2.4).

Auch für die Regionalfensterprogramme in Baden-Württemberg/Rheinland-Pfalz und

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Schleswig-Holstein wurden sämtliche Voraussetzungen der Anrechenbarkeit i. S. v. § 25 Abs. 4 Satz 2 ff. RStV dargelegt (s. o. I 3.2.5 und 3.2.6).

Demnach sind für die Regionalfensterprogramme im Hauptprogramm RTL gemäß § 26 Abs. 2 Satz 3 RStV Bonuspunkte anzuerkennen.

3.1.2.3 Dadurch verringert sich der zurechenbare Zuschaueranteil von 25,2 % im Rahmen der Prüfung des zweiten Vermutungstatbestands um zwei Prozentpunkte, so dass die RTL Group und die Antragstellerin nicht länger die Vermutungsschwelle von 25 % errei- chen. Damit erübrigen sich weitere Feststellungen zum Vermutungstatbestand. Es kann an dieser Stelle dahinstehen, ob vom Zuschaueranteil der RTL Group für die gleichzeitige Aufnahme von Sendezeit für Dritte in das Hauptprogramm RTL in Ein- klang mit §§ 26 Abs. 5 und 31 RStV weitere drei Prozentpunkte in Abzug zu bringen sind, was von der KEK im Rahmen der Benehmensherstellung bei der Zulassung von Drittsendezeit-Veranstaltern im Programm RTL angenommen wurde.

3.2 Prüfung nach § 26 Abs. 1 RStV

3.2.1 Nach § 26 RStV ist die KEK bei der Prüfung vorherrschender Meinungsmacht nicht auf eine rein quantitative Prüfung der Zuschaueranteile unter Ausrichtung auf die Vermu- tungsgrenzen nach § 26 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 RStV beschränkt. Unabhängig von den Vermutungsregelungen nach § 26 Abs. 2 RStV, die den Nachweis vorherrschen- der Meinungsmacht erleichtern sollen, kann der materielle Eingriffstatbestand des § 26 Abs. 1 RStV verwirklicht sein (ständige Spruchpraxis der KEK, vgl. Beschlüsse vom 26.01.1999 i. S. Premiere, Az.: KEK 026, II 3.2.2, und vom 21.09.1999 i. S. RTL, Az.: KEK 040, II 2, vom 13.05.2003 i. S. SAT.1, Az.: KEK 173-1, III 3.2, und vom 10.01.2006 i. S. ProSiebenSAT.1, Az.: KEK 293, III 3). In Anwendung aller Ausle- gungsmethoden lassen sich dem Gesetz keine entscheidenden Hinweise darauf ent- nehmen, dass es sich, wie die Bertelsmann AG meint, bei den Zuschaueranteils- schwellen der Vermutungstatbestände des § 26 Abs. 2 RStV zugleich um „Aufgreif- schwellen“ handelt, unterhalb derer keine medienkonzentrationsrechtliche Prüfung zu- lässig wäre. Auf die ausführlichen Darlegungen zur Auslegung von § 26 Abs. 1 RStV als eigenständigem Tatbestand im Beschluss i. S. ProSiebenSAT.1, Az.: KEK 293 (III 3) wird vollumfänglich Bezug genommen.

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Allerdings haben für die Konkretisierung des Grundtatbestands vorherrschender Mei- nungsmacht die Vermutungsregeln des § 26 Abs. 2 RStV eine Leitbildfunktion. Aus- gangspunkt und zentrales Kriterium für die Beurteilung vorherrschender Meinungs- macht ist demnach der Zuschaueranteil im bundesweiten Fernsehen. Jedoch sind, wie die zweite und dritte Vermutungsregel des § 26 Abs. 2 RStV erkennen lassen, auch Einflüsse auf die Meinungsbildung durch andere Medien zu berücksichtigen. Insbeson- dere ist dem dritten Vermutungstatbestand die gesetzgeberische Leitentscheidung zu entnehmen, dass vorherrschende Meinungsmacht auch durch die Kumulation von Ein- flüssen im bundesweiten Fernsehen und in medienrelevanten verwandten Märkten entstehen kann. Maßstab ist dabei, dass der insgesamt erzielte Meinungseinfluss dem eines Unternehmens mit einem Zuschaueranteil von 30 v. H. oder mehr entsprechen muss. Zugleich bringt die Anknüpfung an den Zuschaueranteil von 25 % zum Aus- druck, dass anderweitige Meinungspotenziale erst bei einer starken, durch jedenfalls auch im Verhältnis zu anderen Veranstaltern hohe Zuschaueranteile ausgewiesenen Stellung im bundesweiten Fernsehen berücksichtigt werden dürfen. Zudem muss auch auf dem medienrelevanten verwandten Markt ein signifikantes Meinungspotenzial vor- liegen, das durch eine entsprechend starke Stellung des Unternehmens zum Ausdruck kommt. Ein in die Prüfung einzubeziehender Markt muss „Medienrelevanz“ besitzen, d. h. für den Prozess öffentlicher Meinungsbildung von Bedeutung oder geeignet sein, die Meinungsmacht im Fernsehen zu verstärken. Die amtliche Begründung des 3. RÄndStV zu § 26 Abs. 2 RStV nennt ausdrücklich Werbung, Hörfunk, Presse, Rechte und Produktion als „medienrelevante Märkte“, zu denen man zwischenzeitlich sicher auch Onlineangebote zählen muss. Entscheidend für ihre Einbeziehung ist der Grad der Verwandtschaft mit dem bundesweiten Fernsehen, der sich aus den vergleichba- ren Leistungsmerkmalen mit Bezug auf den Meinungseinfluss ergibt. Dies sind nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vorrangig die Merkmale Sugges- tivkraft, Breitenwirkung und Aktualität (vgl. dazu im Einzelnen Beschluss i. S. ProSie- benSAT.1, Az.: KEK 293, III 5).

3.2.2 Den Tatbestand des § 26 Abs. 1 RStV überprüft die KEK in ständiger Praxis im Hin- blick auf die starke Stellung der RTL Group und ihres Mutterkonzerns Bertelsmann AG im bundesweiten Fernsehen und ihre weitreichenden Aktivitäten im Medienbereich.

3.2.3.1 Für die Einschätzung der Meinungsmacht im bundesweiten Fernsehen kommt, wie ausgeführt, den Zuschaueranteilen die entscheidende Bedeutung zu. Der Gesamtzu-

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schaueranteil der RTL Group lag im Referenzzeitraum bei 25,2 %. Dabei ist auch im Rahmen der Gesamtwürdigung nach § 26 Abs. 1 RStV zugunsten der Veranstalter- gruppe zu berücksichtigen, dass die im zuschaueranteilsstärksten Vollprogramm RTL veranstalteten Regional- und Drittfensterprogramme zur Vielfaltsicherung beitragen und sowohl die Regionalfenster als auch die Drittfenster den Anforderungen des RStV genügen (vgl. zu den Regionalfenstern oben III 3.1.2; zu den Drittfenstern vgl. Be- schlüsse der KEK i. S. Drittfensterprogramme bei RTL, Az.: KEK 159-2 bis -5). Zudem ist der Zuschaueranteil in jüngerer Zeit tendenziell etwas gesunken und lag aktuell im April 2006 mit 24,6 % schon ohne Berücksichtigung der anrechenbaren Regional- und Drittfenster unterhalb der Vermutungsgrenze des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV.

3.2.3.2 Die KEK hat bislang aufgrund des zurechenbaren Gesamtzuschaueranteils der RTL Group keine vorherrschende Meinungsmacht dieser Sendergruppierung im bundeswei- ten Fernsehen feststellen können. Dabei wurde berücksichtigt, dass der RTL Group mit ProSiebenSAT.1 eine zweite zuschaueranteilsstarke, von ihr unabhängige private Sendergruppierung gegenübersteht und die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ein starkes publizistisches Gegengewicht zu den privaten bundesweiten Veranstaltern bilden (vgl. zuletzt Beschlüsse der KEK vom 18.02.2005 i. S. Super RTL, Az.: 216, III 3.2, sowie vom 15.03.2005 i. S. Traumpartner TV, Az.: KEK 228, III 3.3, und i. S. K1010, Az.: KEK 282, III 3).

Demgegenüber ist vorliegend, bei einem tendenziell leicht gesunkenen Gesamtzu- schaueranteil der RTL Group, über die vollständige Eingliederung des Nachrichten- senders n-tv in die Senderfamilie zu befinden.

Bei der medienkonzentrationsrechtlichen Bewertung ist zu berücksichtigen, dass der RTL Group die Beteiligung an n-tv und damit deren Zuschaueranteile bereits bisher zugerechnet wurden und sich somit durch die Anteilsübernahme der zurechenbare Gesamtzuschaueranteil nicht erhöhen wird (vgl. auch § 26 Abs. 3 RStV, wonach „der Erwerb weiterer zurechenbarer Beteiligungen“ im Falle des Entstehens vorherrschen- der Meinungsmacht nicht als unbedenklich bestätigt werden darf).

Allerdings lässt sich eine allenfalls geringfügige Verstärkung des Einflusses der Sen- derfamilie der RTL Group im bundesweiten Fernsehen zufolge des Ausscheidens von CNN/Time Warner nicht ausschließen. Durch die vollständige Eingliederung von n-tv in

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die Senderfamilie wird eine verstärkte Zusammenarbeit mit den anderen Sendern der Gruppe, insbesondere mit der Muttergesellschaft RTL, ermöglicht. Die RTL Group braucht künftig nicht mehr auf die Interessen eines Mitgesellschafters bei n-tv Rück- sicht zu nehmen und kann den Sender allein nach ihren Belangen ausrichten, die sich z. B. auf die verstärkte Nutzung von Synergieeffekten, die verstärkte Programmzuliefe- rung durch den Nachrichtensender n-tv an die übrigen Mitglieder der Sendergruppe und umgekehrt der anderen Sender an n-tv sowie die komplementäre Ausrichtung der Programme richten können. Die Eigenständigkeit, die n-tv aufgrund des Einflusses des n-tv mitbeherrschenden Mitgesellschafters CNN/Time Warner besaß, geht demgegen- über verloren (vgl. dazu noch Beschluss der KEK i. S. n-tv, Az.: KEK 156-1, III 4.3). Die KEK hat eine solche Steigerung der Einflussmöglichkeiten im Rahmen der Gesamt- würdigung zu berücksichtigen (ständige Spruchpraxis, vgl. z. B. Beschluss i. S. VOX, Az.: KEK 072, III 5, und Az.: KEK 079, 3). Jedoch ist allein dieser graduelle Zuwachs an Einflussmöglichkeiten nicht geeignet, die Annahme der Entstehung vorherrschender Meinungsmacht zu begründen.

3.2.3.3 Auch unter Einbeziehung der gesamten Rahmenumstände, d. h. der gegenwärtigen Position der RTL Group und der Bertelsmann AG im bundesweiten Fernsehen und im sonstigen Medienbereich in Deutschland, ist nicht ersichtlich, dass derzeit ohne Hinzu- treten eines anderen im Medienbereich marktstarken Unternehmens eine andere Beur- teilung als in den vorangehenden Entscheidungen der Kommission zur Verneinung des Bestehens vorherrschender Meinungsmacht geboten wäre: a) Im bundesweiten Fernsehen entfallen unverändert ungefähr 95 % der Zuschauerantei- le auf die Sender der RTL Group und die ProSiebenSAT.1 zuzurechnenden Sender sowie auf die Programme der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Im privaten Fernsehen steht der RTL Group mit ProSiebenSAT.1 eine zweite zuschaueranteils- starke, von ihr unabhängige private Sendergruppierung gegenüber, deren Gesamtzu- schaueranteil allerdings in jüngerer Zeit deutlich unterhalb desjenigen der Sender der RTL Group lag. Weiterhin bilden die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, deren Programme insgesamt seit geraumer Zeit Zuschaueranteile zwischen 40 und 45 % er- zielen, ein starkes publizistisches Gegengewicht zu den privaten bundesweiten Veran- staltern.

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b) Entsprechend der Leitbildfunktion des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV sind in die Betrachtung der möglichen Entstehung vorherrschender Meinungsmacht an erster Stelle Tageszei- tungen als ein dem Fernsehen in besonderer Weise verwandter medienrelevanter Be- reich einzubeziehen. Sie sind im Hinblick auf die den potenziellen Meinungseinfluss charakterisierenden Leistungsmerkmale – Aktualität, Breitenwirkung und Suggestiv- kraft – dem Fernsehen besonders eng verwandt (vgl. Beschluss i. S. ProSiebenSAT.1, Az.: KEK 293, IV 3.2.1). Auf dem Gesamtmarkt der Tagespresse, der regionale und überregionale Tageszeitungen sowie Sonntagszeitungen unabhängig von ihrer Ver- triebsform umfasst, ist die Bertelsmann AG (über Gruner + Jahr) nur in einem geringen Umfang tätig: Ohne die Ende 2005 veräußerte Beteiligung am Verlag der „Berliner Zei- tung“ und des „Berliner Kurier“ lag der Anteil von Gruner + Jahr an der täglich gewich- teten Gesamtauflage der Tagespresse im 2. Quartal 2005 bei 2,30 %. Angesichts die- ses geringen Marktanteils ist von keiner nennenswerten Verstärkung des Meinungsein- flusses im bundesweiten Fernsehen auszugehen. c) Der Hörfunk stellt, ebenso wie Fernsehen und Tageszeitungen, ein tagesaktuelles Medium dar, das hinsichtlich seiner Reichweite und Suggestivkraft jedoch hinter dem Fernsehen zurückbleibt. Im Verhältnis zum potenziellen Meinungseinfluss des Fernse- hens hält die Kommission für den Hörfunk einen Gewichtungsfaktor von 1/2 für ange- messen (vgl. Beschluss i. S. ProSiebenSAT.1, Az.: KEK 293, IV 3.2.6). Die RTL Group erreicht einen zurechenbaren bundesweit gerechneten Hördaueranteil von 6,6 % (s. o. I 2.3.2). Für diese Feststellung hält die KEK daran fest, dass bei der medienkonzentra- tionsrechtlichen Prüfung die Zurechnung von Hörfunk- ebenso wie von Fernsehbeteili- gungen und von Beteiligungen in anderen Medienbereichen beim Erreichen der in § 28 RStV genannten Zurechnungsschwellen vorzunehmen ist, ungeachtet dessen, ob möglicherweise im konkreten Einzelfall die Einflussmöglichkeiten der Gesellschafter bei den Veranstaltern etwa zufolge der Unterhaltung selbständiger Redaktionen einge- schränkt sind. Der Hördaueranteil entspricht nach diesem Gewichtungsansatz in etwa einem Zuschaueranteil im bundesweiten Fernsehen von 3 %. d) Auch das Internet ist ein tagesaktuelles Medium. Seine Breitenwirkung ist derzeit noch begrenzt. Zudem ist die Suggestivkraft der Onlineangebote mit ihren überwiegend noch unbewegten Bild-, Ton- und Text-Darstellungen im Vergleich zum Fernsehen ge- ringer. Angesichts dieser Umstände kann gleichfalls von einem Gewichtungsfaktor von 1/2 ausgegangen werden (vgl. Beschluss i. S. ProSiebenSAT.1, Az.: KEK 293, IV

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3.2.5). Der Anteil der Onlineangebote der Bertelsmann AG/RTL Group an den IVW- gemeldeten Seitenaufrufen liegt bei 12,6 %. Unter der Annahme, dass die IVW wenigs- tens 50 % aller Seitenaufrufe auf werberelevanten oder redaktionell gestalteten Web- seiten ausweist, wäre der Marktanteil mit ungefähr 6,3 % zu veranschlagen. Dies ist nach dem Gewichtungsansatz der KEK in etwa wie ein Zuschaueranteil von 3 % zu bewerten. e) TV-Supplements sind nicht wie Programmzeitschriften oder Publikumszeitschriften zu bewerten. Sie sind wesentlich weniger umfangreich und verfügen nur über einen sehr geringen redaktionellen Teil. Zwar weisen sie, wie auch Programmzeitschriften, einen speziellen Fernsehbezug auf, der sich durch Programmempfehlungen, hervorgehobe- ne Darstellungen etc. auf die Programmauswahl der Zuschauer auswirken kann. Die Möglichkeiten hierfür sind jedoch im Vergleich zu Programmzeitschriften deutlich be- grenzt. Die Auflagenmarktanteile der kostenlos Presseerzeugnissen beigelegten TV- Supplements sind zudem nur bedingt aussagekräftig, was ihre Nutzung betrifft. So ist eine Nutzung in Haushalten, die eine Programmzeitschrift beziehen, eher unwahr- scheinlich. Die starke Marktstellung der Bertelsmann AG im Bereich der TV- Supplements kann aber im Rahmen der Gesamtbewertung berücksichtigt werden. f) Publikumszeitschriften berichten nicht tagesaktuell; sie erscheinen wöchentlich, 14- täglich oder in größeren Intervallen. Aktuelle Zeitschriften, zu denen Titel wie „Spiegel“, „Focus“ und „Stern“ zählen, spielen eine nicht unerhebliche Rolle bei der Bestimmung von Themen der gesellschaftspolitischen Diskussion (Agenda-Setting). Auch Zielgrup- penzeitschriften (z. B. Frauenzeitschriften) und Special-Interest-Titel zu Themen wie Wissen, Freizeitgestaltung etc. können auf ihren Leserkreis meinungsbeeinflussend wirken. Die Relevanz dieser Zeitschriften für die öffentliche Meinungsbildung mag da- bei je nach inhaltlicher Ausrichtung im Einzelfall variieren. Für die medienkonzentrati- onsrechtliche Beurteilung erscheint eine Unterteilung der Zeitschriftenmärkte in einzel- ne Segmente, wie dies der kartellrechtlichen Praxis nach Maßgabe des Bedarfsmarkt- konzeptes entspricht, nicht sachgerecht. Entsprechend dem Ansatz des Zuschaueran- teilsmodells für die Beurteilung von Meinungseinfluss im bundesweiten privaten Fern- sehen, der nicht nach Genres und Programminhalten differenziert, ist vielmehr der Ge- samtmarkt der Publikumszeitschriften entscheidend. Starke Marktstellungen in unter- schiedlichen Segmenten können aber als zusätzliche Faktoren in die Bewertung mit einfließen. Betrachtet man die Gruppe der Publikumszeitschriften insgesamt, so ist ihre

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Breitenwirkung und Suggestivkraft im Verhältnis zum Fernsehen deutlich geringer. Ei- ne Gewichtung mit einem Zehntel erscheint daher angemessen (vgl. Beschluss i. S. ProSiebenSAT.1, Az.: KEK 293, IV 3.2.3). Der Marktanteil der Bertelsmann AG liegt bei etwa 9,3 %. Dabei ist zusätzlich die starke Stellung der Bertelsmann AG im Bereich der politischen Wochentitel zu berücksichtigen. Demnach ist bei Bewertung des Mei- nungseinflusses der Publikumszeitschriften mit 1/10 von einem Äquivalenzwert von ge- rundet wenigstens 1 % oder allenfalls etwas darüber auszugehen. g) In diesen genannten Märkten, die geeignet sind, über Publikumskontakte den Pro- zess der öffentlichen Meinungsbildung zu beeinflussen, verfügt die Bertelsmann AG demnach über einen potenziellen Meinungseinfluss, der insgesamt demjenigen eines bundesweiten Fernsehveranstalters mit einem Zuschaueranteil um 7 % entspricht. h) Die Bertelsmann AG ist darüber hinaus in weiteren Medienmärkten aktiv. Dazu sind u. a. die Bereiche TV-Produktion, Rechtehandel, Buch, Musik, Video/DVD und mobile Dienste zu zählen. Diese Märkte sind der Fernsehveranstaltung nicht in einer Weise vergleichbar, die es ermöglichen würde, ihre jeweiligen Einflusspotenziale den Zu- schaueranteilen entsprechend abzubilden.

Zum Ersten betrifft dies die der Fernsehveranstaltung vorgelagerten Märkte. In Berei- chen wie TV-Produktion, Rechtehandel, Nachrichtenagenturdienste und im Hinblick auf Musikvideoclips auch im Bereich der Musiklabels werden Inhalte als Vorprodukte für die Fernsehveranstaltung erstellt. Diese Vorprodukte werden durch die Fernsehveran- stalter selektiert und kombiniert und sodann in dieser paketierten Form als marktreife Endprodukte den Zuschauern angeboten. Erst durch die Zusammenstellung zu einem an den Zuschauer gerichteten Endprodukt erlangen die Vorprodukte unmittelbare Re- levanz für die öffentliche Meinungsbildung. Bedenkt man, dass die redaktionellen Inhal- te in ihrer Kombination das Kernprodukt der Fernsehveranstalter ausmachen, sind starke Stellungen der Veranstalter und mit ihnen verflochtener Unternehmen auf den vorgelagerten Inhalte-Märkten, wie etwa diejenige der UFA-Gruppe im Bereich der TV- Produktion, bei der Gesamtbewertung jedoch zu berücksichtigen. Im Markt der TV- Produktion ist allerdings weiter zu sehen, dass bei der Produktion von Programminhal- ten für Sender, die nicht zum Unternehmensverbund gehören, in der Regel das Ein- flusspotenzial des jeweils beauftragenden Senders realisiert wird. Die Zuschauerantei- le, die der Auftraggeber mit den Produktionen erreicht, können daher grundsätzlich

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nicht gesondert der Sendergruppe des Produktionsunternehmens zugeschlagen wer- den.

Die fehlende Abbildungsmöglichkeit in Form von Zuschaueranteilen gilt zum Zweiten für Märkte, die stark von Einzelproduktionen geprägt sind. Hierzu gehören Buch-, DVD- und Musikmärkte. Im Bereich der Buchverlage und im Musikgeschäft zählt die Ber- telsmann AG zu den größten Unternehmen (s. o. I 2.3.8); im DVD- und Videomarkt ver- fügt der Konzern mit einem Marktanteil von 5 - 10 % über eine eher schwache Position. Was den DVD- und Videomarkt angeht, sind DVDs und Videos jeweils einzelne mono- thematische Produkte, die in dieser solitären Form am Markt vertrieben werden. Die Kauf- und Verleihzahlen sind eng an die einzelnen Produktionen gebunden, es fehlt an der für Fernsehveranstalter typischen Paketierungsleistung. Eine unmittelbare Ver- wandtschaft zur Fernsehproduktion ist dann auch nicht zu sehen. Mit Zuschauer- und Hördaueranteilen oder Auflagen periodisch erscheinender Druckerzeugnisse sind die Kauf- und Verleihzahlen kaum vergleichbar. Dies bedeutet jedoch nicht, dass diese Medienprodukte nicht geeignet sind, meinungsbeeinflussend zu wirken. Insbesondere das Zusammenspiel von Musik und Jugendkultur zeigt dies deutlich.

Wie die Aktivitäten der Bertelsmann AG und der RTL Group im Bereich der mobilen Dienste mit speziell für Handys entwickelten abrufbaren Versionen von Nachrichten und Serien der Sendergruppe wie „Gute Zeiten – Schlechte Zeiten“ etc. zu bewerten sind, kann angesichts der derzeit noch geringen Breitenwirkung dahinstehen. i) Bedeutung erlangen die Medienmärkte, die sich einer den Zuschaueranteilen ver- gleichbaren Bewertung entziehen, auch dadurch, dass sie der Bertelsmann AG und der RTL Group die Nutzung von Querverbindungen innerhalb des Medienkonzerns er- möglichen und dadurch ihren potenziellen Meinungseinfluss verstärken können. Crossmediale Verflechtungen ermöglichen die parallele oder zeitlich gestaffelte Ver- marktung bestimmter Inhalte in Fernsehen, Hörfunk, Zeitungen, Zeitschriften, Büchern, DVDs/Videos, Tonträgern etc. und sind Teil einer umfassenden Verwertungsstrategie. Die Verwertung von Inhalten über verschiedene Verbreitungskanäle vertieft deren po- tenziellen Meinungseinfluss. Auch bieten sich erhebliche Cross-Promotion-Potenziale. Dies muss in die Gesamtbewertung mit einfließen.

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3.2.3.4 Gesamtbewertung

Die für die Bemessung des Meinungseinflusses im bundesweiten Fernsehen maßgeb- lichen Zuschaueranteile der RTL Group betragen im Referenzzeitraum 25,2 %; die RTL Group ist dabei eine von zwei dominierenden Veranstaltergruppen. Unter Berück- sichtigung der tendenziell zur Meinungsvielfalt beitragenden Regional- und Drittfenster im RTL-Hauptprogramm beträgt der Zuschaueranteil 20,2 %. Zusammen mit den Äqui- valenzwerten aus Aktivitäten auf medienrelevanten verwandten Märkten entspricht der Meinungseinfluss der RTL Group und der Bertelsmann AG im bundesweiten Fernse- hen und auf medienrelevanten verwandten Märkten der Referenzgröße eines bundes- weiten Zuschaueranteils von etwa 27 %. Dies ist zwar erheblich, liegt jedoch nennens- wert unter der Messgröße eines Zuschaueranteils von 30 %, bei der vorherrschende Meinungsmacht zu vermuten ist. Daran ändert sich auch nichts, wenn man – ohne dies im Sinne von Zuschaueranteilen gesondert zu bewerten – die starke Stellung der Ber- telsmann-Gruppe auf den Submärkten für aktuelle politische Zeitschriften berücksich- tigt.

Die KEK sieht daher unter Fortschreibung ihrer Prüfungspraxis mit der Ermittlung äqui- valenter Zuschaueranteilswerte für medienrelevante Aktivitäten keine Veranlassung, von ihrer Entscheidungspraxis abzugehen, wonach bei der Bertelsmann AG bislang die Grenzen des Wachstums bis hin zum Erreichen vorherrschender Meinungsmacht nicht überschritten wurden.

4 Ergebnis

Demnach kann nicht festgestellt werden, dass die Übernahme der übrigen bislang noch ausstehenden Anteile an n-tv durch RTL angesichts der der RTL Group und der Bertelsmann AG zurechenbaren Fernsehprogramme und ihrer sonstigen Medienaktivi- täten dazu führen, dass dadurch vorherrschende Meinungsmacht erlangt wird.

(gez.) Dörr Lübbert Mailänder Rath-Glawatz Sjurts