APR.18

Auf Vinyl EINSCHLAUFEN Betrifft: Durch den gepolsterten Deckel einer Kiste Impressum Nº 03.18 Der Blick folgt dem Luftzug westwärts der nun eingesargt auf seine letzte Reise ge- DER MUSIKZEITUNG LOOP 21. JAHRGANG durchs Zimmer, wo die Rauchschliere der Zi- schickt wird. Und posthum die kurzfristige, garette durchs offene Fenster nach draussen situationsbezogene Version seines Testaments P.S./LOOP Verlag zieht. Den ganzen Abend schon, lautlos und in den gepolsterten Deckel seiner Kiste singt, Hohlstrasse 216, 8004 Zürich wehmütig. Am grossen Schreibtisch, auf dem während um ihn herum die Gitarren schwir- Tel. 044 240 44 25 der Aschenbecher steht, verfertigen sich Noti- ren und ein Besenschlagzeug schlittert. www.loopzeitung.ch zen zu Geschehnissen, deren Tragweite noch Es ist nur eine von vielen – um nicht zu sa- nicht abschliessend ermittelt werden kann. gen: unzähligen – Schallplatten, die man erst Verlag, Layout: Thierry Frochaux Eine verstörende Kurznachricht, die am frü- weit nach Einbruch der Dämmerung auf- [email protected] hen Morgen auf dem Display aufgeflackert legt. Wenn der Tag bereits im Eimer ist, die ist, ein paar seltsame Mitteilungen während Whiskeyflasche aber noch versiegelt auf der Administration, Inserate: Manfred Müller der Mittagspause, ein handschriftlich abge- Anrichte steht, die Kinder hinter dem Haus [email protected] fasstes Faxdokument auf Endlospapier. Die einen neuen, ziemlich komplizierten Abzähl- Informationen gleiten, vom Rauch bloss lose reim ausgeheckt haben und nun mit nachläs- Redaktion: Philippe Amrein (amp), und ratlos codiert, durch den Raum. Und sig geschrubbten Füssen in ihren kleinen Bet- Benedikt Sartorius (bs), Koni Löpfe verschwinden draussen in der Nacht. ten liegen, «10 vor 10» beinahe unbemerkt Unten auf der Strasse verkehren die letz- über den Bildschirm huscht und das grosse Mitarbeit: Philipp Anz (anz), ten Trams, auch sie wehmütig, wenngleich Gefecht um den Abwasch einmal mehr wohl- Reto Aschwanden (ash), Yves Baer, nicht sonderlich lautlos. Ihr Fauchen, Rat- wollend vertagt wird. Yvon Baumann, Lukas Bertschi, tern und Quietschen erleichtert die Selbst- Die Liste ist lang und eindrücklich, und die Thomas Bohnet (tb), Marcel Elsener (mel), vergewisserung, die Verortung in der akus- ganz grossen Werke der Musikgeschichte Chrigel Fisch, Michael Gasser (mig), Lurker Grand, tischen Umgebung. Doch dann sind sie weg bis – sagen wir mal – 1992 finden sich in Hanspeter Künzler (hpk), Tony Lauber (tl), und hinterlassen eine Stille, die sich nur mit weitgehend makellosem Zustand in Vinyl- Philipp Niederberger, Alfred Preisig (alp), knisternden Klängen verdrängen lässt. Mit Versionen, zu unschlagbar tiefen Preisen. Dominique Schütz, Miriam Suter (mir), den versöhnlichen und verstörenden Liedern, Womöglich nicht mehr lange. Das wäre Matthias Willi die der Tonarm aus der Rille hebt, während also ein weiterer guter Grund, am 21. April LIEBHABER UND SAMMLER sich die schwarze Scheibe stoisch auf ihrem im Rahmen des Record Store Day einen der Titelbild: The Lombego Surfers © Matthias Willi filzbelegten Teller dreht. Es ist Johnny Cashs noch wenigen verbliebenen Plattenläden zu «American V», die zweitletzte Platte der He- besuchen. Sie werden verschwinden. Und wir Druck: Tagblatt Print, St. Gallen xalogie. Natürlich läuft «Like the 309», das werden sie vermissen. Das nächste LOOP erscheint am 27.4.2018 knochentrockene Lied vom Verstorbenen, Guido Analog

Ich will ein Abo: (Adresse) 10 mal jährlich direkt im Briefkasten für 33 Franken (in der Schweiz). LOOP Musikzeitung, Hohlstrasse 216, 8004 Zürich, Tel. 044 240 44 25, [email protected] LIEBHABER UND SAMMLER dem städtischen Obdachlosenheim alles andere als gla- allem kleinere Independent Jack Whites Third Man Records ist nicht mourös, immerhin aber überzeugte Whites Engagement Labels. Diese sind auf dem die Stadt und privaten Grundeigentümer, das Quartier um- Markt benachteiligt, denn nur ein Label für Vinylplatten, sondern zuzonen und Räume für die Kreativwirtschaft anzubieten. die wenigen Presswerke, Hätte White bloss das Labelmanagement nach Nashville die es weltweit noch gibt, auch Konzertort und Memberclub. gezügelt, wäre dies nicht möglich gewesen. Von Anfang sind alle auf Wochen und an war Third Man Nashville mehr. Am Standort sind die Monate ausgelastet. Und Sieht man Jack White im Film «It Might Get Loud», worin Büros und der Versand angesiedelt. Herzstück ist natürlich da der Markt bestimmt, er mit Jimmy Page und The Edge über Gitarren philoso- der Plattenladen. Ausserhalb der Öffnungszeiten generiert haben die Major-Labels bei phiert, aus einer Cola-Flasche und einem Brett eine Gitarre der Konzertsaal, Blue Room genannt, weiteres Publikum. der Produktion Vorrang. bauen, erahnt man etwas von seiner Passion für die Musik. Hier hat Jack White vor wenigen Tagen sein neues Album Zur Unterstützung der un- Mit den White Stripes gehörte er zu den führenden Bands live präsentiert. Ob für den Blue Room das Konzept von abhängigen und kleinen des Retrorocks der Nullerjahre. Dieser nahm hauptsäch- Amoeba Record, der Konzertlocation im Plattenladen, Plattenläden wurde einst lich die Rockmusik der 70er-Jahre auf und interpretierte Pate gestanden hat, ist nicht überliefert. Ein Aufnahme- der Record Store Day in- sie zeitgemäss. Jack White ist – um es mit Joe Walsh zu und ein Fotostudio runden das Angebot ab. itiiert. Seit 2012 ist Jack formulieren – ein «analog man in a digital world». 2001 Die Heimexpansion von Third Man kam 2015 zustande. White Botschafter des gründete in seiner Heimatstadt Detroit das Label Third In einem Joint Venture mit Shinola, einem Hersteller von Anlasses. Mittlerweile ha- Man Records, das zunächst die Singles und Alben der Uhren, Ledertaschen und Schuhpflegeartikeln, eröffnete ben ihn die Major-Labels White Stripes auf Vinyl veröffentlichte. Seine Motivation das Label im Shinola Gebäude in Detroit eine weitere Fi- auch für sich entdeckt. Es umschrieb White 2017 damit, alles zu tun, um die Auf- liale, unweit des Cass Corridor Quartiers, wo die White erstaunt nicht, dass U2, merksamkeit der Leute wieder auf den physischen Ton- Stripes ihre Anfänge hatten. sonst bei Universal unter träger zu lenken, fort von der unsichtbaren Musik. So hat Vertrag, ihre physischen das Label eine Initiative lanciert, mit der es Schulklassen DAS PRESSWERK Singles aus ihrem letzten ermöglicht wird, ihre eigenen Schallplatten aufnehmen. Album ausschliesslich auf Neben den üblichen schwarzen Scheiben werden auch im- Der nächste Evolutionsprozess von Third Man Records Vinyl veröffentlichen und mer limitierte Sondereditionen veröffentlicht, oder die Sin- erfolgte 2017. Das Label gründete in Detroit ein eigenes dieses bei Third Man pres- gles enthalten exklusive B-Seiten, die nicht auf den Single- Vinyl-Presswerk. Die Plattenpressen waren die ersten ihrer sen liessen, «The Blackout» CDs respektive digitalen EPs zu finden sind. Third Man Art, die seit 35 Jahren gebaut wurden. Wie beim Retrorock für den Black Friday 2017, Records veröffentlicht alles auch auf CD und digital, das orientiert sich auch das Presswerk an der Maxime, altes «Lights of Home» für den Herzblut fliesst aber ins Vinyl. Als Weiterentwicklung des zeitgenössisch zu interpretieren. Das Wasser, das für den Record Store Day 2018 im klassischen Mail Orders aus den 70er-Jahren kann man Herstellungsprozess der Platten benötigt wird, fliesst nicht April. Mit dem New Yor- sich bei Third Man Vault registrieren und erhält dreimo- etwa in die Kanalisation, sondern wird der hauseigenen ker Rapper Shirt hat Third natlich Raritäten und Spezialitäten zugeschickt. Klimaanlage zugeführt. Man Records den ersten Die ersten Platten, die hergestellt wurden, waren Neu- Hip-Hopper unter Vertrag ANSTOSS ZUR STADTENTWICKLUNG auflagen der ersten beiden Alben der White Stripes, limi- genommen – und beginnt tiert und nur an der Eröffnungsfeier erhältlich. Natürlich sich einen neuen Markt zu Den ersten physischen Standort eröffnete Third Man Re- auf rotem Vinyl. Die Kapazität des Presswerks beträgt erschliessen. cords 2009 in der Musikmetropole Nashville in einer alten 5000 Platten pro Tag (sowohl 7- als auch 12-Zoll-Schei- Fabrik. Die Nachbarschaft ist mit einer Entzugsklinik und ben). Das Presswerk steht auch anderen Labels offen. Vor Yves Baer Inserat im LOOP vom 29.03.2018 SZENE Konzerte 29.03.2018 bis 26.04.2018

IG Rote Fabrik Seestrasse 395 8038 Zürich [email protected] Do. 5.4.18 Clubraum 20:00 Tel. 044 485 58 58 So.01. BRUCHTEIL+ UNRULY FAMILY: JackSoul Montag 2.4. 20Uhr20 Fax. 044 485 58 59 RANDY LINIKER E OS CARAMELOWS THE GREAT PARK GIIGESTUBETE VALENTINE AND SOUL Dj Doca Sonntag 8.4.+ 13.5. + 10.6. 18Uhr18 REBEL BAND (JAM) 22.00 Di. 10.4.18 Ziegel oh Lac 21:00 Samstag 21.4. 20Uhr20 Ziischtigmusig Mi.04. PAPST & JODLEREI Sonntag BRUCHTEIL Br : THE YAWPERS ABSTINENZLER 22.4.+27.5. 18Uhr18 KLAIN KAROO (ZH) 20.30 & Support BRUCHTEIL Mi. 11.4.18 Clubraum 20:00 Do.05. E r 2 : Samstag 28.4. 20Uhr20 TICKETS: Woo-Hah! Erhältlich direkt CRAY (CH) 20.30 STELLA am el Lokalen YOUNG FATHERS Tresen oder über Fr.06. BRUCHTEIL: WWWater GLITTER ticketino.com THE DEAD BROTHERS +r 20.30 Fr. 13.4.18 Aktionshalle 21:00 TRIO & GUESTS Enter The Dancehall PLATTENTAUFFE Gessner-Allee 11 8001 Zurigo Isola fr.13. r:. ROMAIN VIRGO +MOLEBRUIT www.ellokal.ch THE PEOPLES REPUBLIC Boss Hi-Fi PRIME PILOT / LOCQUE 20.00 Vorverkauf: www.starticket.ch Eintritt frei für Personen des Asylbereichs. Nur BRUCHTEIL Do.19. E r 3 solange verfügbar. Ausweis N/F vorweisen. I MADE YOU A TAPE (Bern) 20.30 AFRO PFINGSTEn artischock.net fr.20. r : 15. – 21. Mai 2018 Panda Lux +r 21.00 Musiktherapeut/in – ein Beruf mit Zukunf. winterthur Concerts Reggae · Latin · Oriental · Afro Fr.27. BRUCHTEIL: POROK KARPO (CH / Tibet) Markets rhr r r Streetfood „TIBETAN WARRIOR“ Music & Performances Hr. 1.30

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Obwohl es mittlerweile «Der MK2 ist immer noch der Standard für Vinyl», sagt dominanz und das sehr Zunami. «Treffe ich auf ein anderes Gerät, ist das eher irri- hohe Renommee zu verbo- ein Nachfolgemodell gibt, schwören die tierend.» «Mühsam ist nur», bemerkt Princess P, «dass der cken. Sie sind im Club-Be- Plattenspieler in den letzten Jahren mehr als Abstellfläche reich von Pioneer komplett Plattenleger weiterhin auf das Original. für Getränke benutzt wurde und völlig verklebt ist.» Routi- überholt worden», bemän- nierte DJs haben für solche Anlässe an unbekannten Orten gelt Styro2000. Grand 45,3 cm x 36 cm x 16,2 cm, 11 Kilogramm schwer – das deshalb meist die eigenen Slipmats und Tonabnehmer im Mixer DXT, der 1983 die sind die Masse eines Meilensteins der Musikgeschichte: Gepäck. Und Single-Adapter, die fast immer fehlen. Zuna- Scratches zu Herbie Han- Des Plattenspielers SL-1200 MK2, der 1979 von der ja- mi hat dafür einen Tipp: «Ich habe irgendwann entdeckt, cocks «Rockit» beisteuerte, panischen Firma Technics auf den Markt gebracht wurde. dass die Aluhüllen von Rechaudkerzen genau dieselbe kritisierte schon früher eine Das Magazin «Wired» etwa listete ihn neben dem TB303- Grösse wie die Adapter haben. Damit kann man sich zur gewisse Ignoranz der Firma Synthesizer von Roland oder dem Akai-S950-Sampler Not behelfen.» gegenüber der DJ-Kultur: unter den sechs Maschinen auf, «welche die Musikwelt «Wir haben Technics am veränderten». Spricht man mit DJs über den MK2, dann REGLER AUF HALBMAST Leben erhalten, und in fallen stets dieselben Bemerkungen: «eine treue Seele», 20 Jahren haben sie nicht «DJ-Werkzeug Nummer 1», «mein Plattenspieler!», «un- Mit dem MK2 verbinden die DJs unzählige Geschichten. ein einziges Mal angeru- zerstörbar». Als Technics 2010 auf den vielbeschworenen «Tod des Vi- fen.» Die Turntablists und Konzipiert wurde der SL-1200 im Jahr 1971 von einem nyls» reagierte und die MK2-Produktion einstellte, gingen ihr Arbeitsgerät MK2, es ist Team unter Leitung des Ingenieurs Shuichi Obata, ur- deshalb bei vielen Plattenlegern die Regler aus Trauer auf eine ebenso innige wie spezi- sprünglich als Gerät für den gehobenen Heimgebrauch, Halbmast. Mittlerweile hat man auch bei Technics das an- elle Beziehung. «Manchmal das den herkömmlichen Riemenantrieb durch einen mag- haltenden Vinyl-Comeback bemerkt, und die Firma lan- könnte man denken, die netischen Direktantrieb ersetzte. Weil dieser einen besseren cierte 2016 den modernisierten SL-1200G, der neben 33 Dinger haben eine Seele und manuellen Umgang mit Platten und auch Techniken wie und 45 neu auch über eine Drehzahl von 78rpm verfügt. wissen genau, wie jemand das Scratchen erlaubte, wurde der SL-1200 bald von DJs Das Gerät ist allerdings mit einem Stückpreis von gegen mit ihnen umgeht», sagt DJ in den Discos oder in der aufkommenden Hip-Hop-Szene 4000 Franken mehr auf Audiophile mit grossem Porte- Populist. Und für Princess P benutzt. Das fiel auch Obata auf einer Erkundungsreise monnaie ausgerichtet. «Unser Konzept sind analoge Auf- ist der MK2 wie ein Haus- in den USA auf, und er entwickelte für die neuen Nutzer nahmen für einen Hi-Fi-Hörgenuss», sagte der Technics- tier: «Wie ein Hund oder 1979 das Nachfolgemodell MK2, das mit einem robusten Marketingleiter bei der Lancierung, DJs gehören eher nicht ein Meerschweinchen», sagt Gehäuse, schneller Startgeschwindigkeit und einem Pitch- zum Zielpublikum. 2017 folgte mit dem SL-1200GR zwar sie und lacht. «Er ist einfach Fader von +/- 8% aufwartete. Beworben wurde der MK2 ein überarbeitetes, leichteres und mit 1800 Franken auch immer da.» mit dem Slogan: «Tough enough to take the disco beat. Ac- etwas günstigeres «Standardmodell», doch für die Vinyl- Philipp Anz curate enough to keep it.» «Gekommen, um zu blei- ben», könnte man noch hinzufügen. Denn seither ist der MK2 nicht mehr aus den Clubs und den Plattenzimmern der DJs wegzudenken, auch wenn Firmen wie Vestax, Gemi- ni oder NuMark Konkur- renzprodukte lancierten. DJ Populist (Vinylsamm- lung: über 30 000 «Gros- se», mehrere 1000 Sing- les), der in Zürich von Hip-Hop bis Drum’n’Bass ein breites Stilspektrum abdeckt, schaffte sich seine ersten zwei Technics-Turn- tables zu Beginn der 80er- Jahre an. Bei den DJanes Princess P (House/Techno, Vinyl: etwa 5000) aus Bern und Zunami (Bass/Break- beats, Vinyl: etwa 1000) aus Winterthur kamen sie in der zweiten Hälfte der 90er-Jahre ins Haus. Alle drei legen bis heute nur mit Vinyl auf. Styro2000 (Vi- SZENE

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APRIL 2018

xenix.ch / Alps (Alpeis), 2011 Dominique Schütz

ROTIERENDE RILLEN Die Experten von «Saldo» haben elf erschwingliche Plattenspieler getestet. Drei Modelle fielen beim Klang durch.

Nicht nur ältere Musikliebhaber schwören wieder auf die herumspringen, eignet er sich deshalb wohl weniger. Die gute alte Vinylplatte. Auch viele junge Leute haben den drei günstigsten Geräte im Test landeten auf den hinters- Plattenspieler neu entdeckt. Laut dem Branchenverband ten Plätzen. Beim «PL 186H» von Soundmaster fällten die der Musiklabels Ifpi steigen die Verkaufszahlen seit Jah- Experten bei der Rockmusik ein fast vernichtendes Urteil. ren wieder an. Im Jahr 2016 verkauften die Labels in der Die Musik rausche sehr stark, man höre keinen Bass, und Schweiz rund 240 000 Langspielplatten. Etwa gleich viele es gebe starke Verzerrungen. Bei Jazz und Klassik ist das waren es zuletzt im Jahr 1991. Urteil kaum besser. Auch der «LS-50» von Lenco und der Wir haben elf oft verkaufte Modelle im Labor untersuchen «Max LP» von Ion schnitten bei der Klangqualität unge- lassen. Die Experten testeten die Geräte auf Klangqualität, nügend ab. Auf dem «LS-50» hört sich Jazz laut Experten Gleichlaufschwankungen, Ausdauer, Trittschallempfind- ähnlich an wie aus einem Kofferradio. Der «Max LP» hat- lichkeit und «Rumpelgeräusche». Testsieger wurde der te zudem am meisten Probleme mit Gleichlaufschwankun- «TD-158 von Thorens. Für Klassikliebhaber ist er dank gen. Das heisst, die Geschwindigkeit bei der Wiedergabe eines ausgewogenen und neutralen Klangs die erste Wahl. schwankte. Das zeigte sich auch im Hörtest. Bei dieser Musikrichtung erhielt er als einziges Gerät die Erfreulich: Alle Geräte bestanden den Dauertest mühelos. Höchstnote. Für Jazz ist der «TD-158» ebenfalls sehr gut Sie funktionierten auch nach 500 Stunden tadellos. Die Fir- geeignet. Einziger Nachteil: In seltenen Fällen kann bei be- ma Soundmaster schreibt, der mit «ungenügend» bewerte- stimmten Musikstücken ein Rumpeln zu hören sein. Mit te «PL 186H» sei ein Einsteigergerät. Der Hersteller Lenco 370 Franken ist er das zweitteuerste Produkt im Test. weiss um den schwachen Klang des «LS-50». Das Gerät sei ein günstiges Produkt für Kunden ohne hohe Ansprüche EMPFINDLICH AUF TRITTSCHALL an die Klangqualität. Wichtig: Die Preise von Plattenspie- lern ändern sich oft und unterscheiden sich je nach Händler Für weniger als die Hälfte des Geldes erhält man mit dem deutlich. Der Testsieger «TD-158» kostete beim Einkauf «EK-2» von Intertronic einen guten Plattenspieler. Bei Jazz für den Test zum Beispiel 370 Franken. Kurz vor Publika- ist er gleich gut und bei Rock sogar besser als der Test- tion dieses Artikels erhielt man das Gerät bei Digitec.ch sieger. Klassische Musik hört sich aber weniger gut an schon für 288 Franken. als beim Thorens-Gerät. Zudem gehörte der «EK-2» bei Lukas Bertschi der Trittschallempfindlichkeit zu den schlechtesten Ge- räten. Für eine Wohnung mit Holzboden, in der Kinder Dieser Artikel erschien zuerst im Konsumentenmagazin «Saldo». bitte umblättern

So wurde getestet

Klangqualität: Drei geschulte Prüfer bewerteten Stücke aus Jazz, Rock und Klassik. Die Plattenspieler waren dabei an hochwertige Lautsprecher angeschlossen.

Trittschallempfindlichkeit: Wie schnell springt die Nadel des Plattenspielers, wenn man im Zimmer umhergeht? Oder wenn man an den Tisch stösst, auf dem der Platten- spieler steht? Die sogenannte Trittschallempfindlichkeit wurde mit einem 350 Gramm schweren Gewicht gemes- sen, das man aus 15 cm Höhe fallen liess. Dieser Vorgang wurde fünfmal wiederholt. Der Plattenspieler stand dabei Schallplatten fürs Handy auf einer leicht dämpfenden Nadelfilzauflage. Wer die Musik seiner Schallplatte auch unterwegs in Form Gleichlaufschwankungen: Das sind Geschwindigkeits- von MP3-Dateien oder CDs hören will, kann seine Platten schwankungen bei der Wiedergabe einer Schallplatte. digitalisieren. Dazu gibt es zwei Wege. Die Musik lässt sich Wenn bei einem Musikstück ein «Wimmern» oder «Jam- direkt auf den Computer überspielen, wenn der Platten- mern» zu hören ist, hat dies oft mit Gleichlaufschwankun- spieler über einen USB-Anschluss verfügt. Von den getes- gen zu tun. Je empfindlicher das Gehör ist, desto schneller teten Geräten war das bei den Modellen von Intertronic, hört man dies. Das Labor hat die Schwankungen mit einer Marley, Ion und Lenco der Fall. Die anderen Plattenspieler speziell dafür konstruierten Schallplatte gemessen. muss man zuerst an eine Stereoanlage anschliessen und diese dann per Kabel mit dem Computer verbinden. Die Rumpel-Signal-Rauschabstand: Wenn keine hochfrequen- Modelle von Thorens und Onkyo benötigen dazu einen te Musik gespielt wird – etwa bei den Leerstellen zwischen Verstärker mit Phonoeingang. Dieser fehlt teilweise bei den Stücken – kann es zu einem «Rumpeln» kommen. Bei neueren Verstärkern. normaler Musik ist dieses meistens nicht hörbar. Deshalb Hat man die Musik auf den Computer überspielt, kann wurde dieses Kriterium in der Gesamtbewertung nur ge- man sie dort bearbeiten – etwa spezielle Effekte hinzufü- ring gewichtet. Gemessen wurde der Rumpel-Signal-Rau- gen oder Geräusche entfernen. Mit der richtigen Software schabstand mit einer speziell dafür gemachten Schallplatte. schafft man das auch ohne besondere Fachkenntnisse.

Dauertest: Beim Ausdauertest liefen die Plattenspieler wäh- Notenskala rend 500 Stunden. Zwischendurch wurden die Geräte im- 5,5 – 6 = sehr gut / 4,8 bis 5,4 = gut / 4,0 bis 4,7 = genügend / 2,5 bis 2,9 = ungenü- mer wieder angehalten, aus- und wieder eingeschaltet, im gend / weniger als 2,5 = schlecht; bei gleicher Gesamtnote Rangierung nach Preis; Durchschnitt alle 24 Stunden. Alle Produkte überstanden 1 Gewichtung für die Gesamtnote 2 Gewichtung der Teilkriterien 3 Geräte benötigen den Dauertest problemlos. einen Verstärker mit Phonoeingang 4 In diversen weiteren Onlineshops erhältlich

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Zum Beispiel: Plattenspieler Nur einer von elf war sehr gut.

Abonnentinnen und Abonnenten haben per Internet gratis Zugriff auf alle Tests. So können Sie Saldo abonnieren: www.saldo.ch oder [email protected] oder Tel. 044 253 90 50 (Fr. 53.– pro Jahr). UNBEIRRT ROCKEN 1989 veröffentlichte Alec Von Tavels Label Out of Tune euer Debüt, das Dop- Seit 30 Jahren gehen The Lombego pelalbum «At the Gates of Graceland» – in einer nummerierten Auflage von 2500 Stück, mit 15 Songs, grossem Poster, Klappumschlag und einem sensatio- Surfers ihren Weg. Ihr Bandjubiläum nellen Artwork von Dirk Bonsma. «It was a big production for an unknown new band!» Alec feiern sie im Rahmen des Record Store hat uns am Radio bei der Sendung «Live uf de Gass» ge- hört und uns danach telefonisch kontaktiert. Er war ziem- Day mit einer Vinyl-Sonderausgabe lich begeistert von uns und wollte eine absolute kultige und coole Scheibe rausbringen. Wir hatten aber zu viele Songs des neuen Albums «Heading Out». für eine LP, also wurde es ein Doppelalbum auf fettem Vi- nyl, absolut «high class». Dirk ist seit dieser ersten Produk- Im Herbst 1988 erzählte mir mein Bekannter Ekke von ei- tion immer dabei, er ist ein grossartiger Künstler. ner Surfband aus Basel. Eine Surfband aus der Schweiz? Das war zu jener Zeit noch eine Sensation. Meine damalige Du hast dich in einigen Interviews schon darüber geäussert, dass du es mit Band The Geekstompers suchte noch eine Vorgruppe für den Lombego Surfers knapp nicht geschafft hast, eine grosse oder eben be- einen Gig in der St. Galler Grabenhalle. Dort traf ich die kannte Band zu werden. Lombego Surfers zum ersten Mal. Nun, die Geekstompers Ich glaube, das ist letztlich einfach viel befriedigender für sind längst Geschichte, aber die Band um Frontmann An- alle Beteiligten, oder? The Lombego Surfers haben eine thony «Tony» Thomas steht auch drei Jahrzehnte später sehr starke Fanbase in der Garage-Punk-Szene Europas. noch immer unbeirrt auf den Bühnen. Auf unsere Art sind wir eine grosse Band! Nach so vielen Jahren unterwegs haben wir immer noch Lust zu spielen, Tony, du kommst ursprünglich aus Boston. Dort gab es in den Sechziger- und und das ist wirklich «great». Siebzigerjahre etliche Garage-Band. War das ein direkter Einfluss auf deine Musik? Zum neuen Album «Heading Out». Wie ist es zu diesem Werk gekommen? Absolut. Damals war Garage-Rock eher der Musikstil für Seit zirka einem Jahr oder so spielen wir einige der Songs richtige Musikfans, «outsiders and musicians». Auf jeder ja schon live. Davon haben es ein paar nun auf die Platte High School haben Leute Bands gegründet und Konzerte geschafft. Das Label, die Bookerin und unsere Fans dräng- organisiert – wie später zu Punk-Zeiten. In Boston gab es ten uns, doch noch weitere Songs zu schreiben. Dazu sind im Sommer Gratis-Outdoor-Konzerte, etwa im Common, wir zu Luc Montini in sein Onedrop Studio hier in Basel einem grossen Park. Dort spielten Bands wie The Remains, gegangen. Ich denke, die Songs sind eine Mischung aus Ga- Beacon Street Union, The Moss, Paint, The Barbarians rage und «early Punk styles», auch sind wieder zwei Surf- oder Ill Wind. It was cool. Nummern dabei. Wie und wann hat es dich nach Basel verschlagen? Ihr arbeitet alle noch nebenbei. Du gibst Gitarren-Unterricht, Pascal führt seine Ich bin Anfang 1978 in die Schweiz gekommen. Zu jener Kneipe K113, und euer Schlagzeuger Oli ist Journalist. Ist dies für euch ein Zeit war ich in Europa unterwegs, da meine Grosseltern Ausgleich zur Band –oder eher ein Broterwerb, da es mit der Band alleine aus Napoli und Wales stammen. Ich machte also wie viele nicht reicht? junge Nordamerikaner «a kind of research into my back- Ein bisschen von beidem. Wir spielen halt Garage-Punk- ground». In Basel kannte ich ein paar Leute, und so bin ich Musik. Wie du ja selbst weisst: Dies ist «not for everyone». hier gelandet. Die Gagen sind halt nicht immer, was sie sein sollten. Wir alle machen auch gerne andere Sachen, und ich glaube, das In Basel wurde ja zum ersten Mal in der Schweiz Rock’n’Roll live gespielt, gibt uns auch mehr Freiraum. Wir müssen uns an nieman- wenn auch nur auf der Ukulele – in den Fünfzigerjahren im Hula-Club, den es den verkaufen und nicht verbissen auf «Erfolg» hoffen. heute noch gibt. Kurz darauf entstand eine grosse Beat-Szene. Bei euch stand Wir haben durch unsere Haltung die Möglichkeit coole, in der Frühphase Peter Rietmann am Bass. Er war Anfang der Achtzigerjahre Leute zu treffen: Musiker, Künstler, Schriftsteller und gene- auch in deiner ersten Schweizer Band Code schon mit dabei. rell einfach Leute «who are real». Zum Record Store Day am 21. Ap- Als ich nach Basel kam, wusste ich nichts davon. Doch Pe- ril erscheint das Album «Heading ter Rietmann erzählte mir von The Slaves aus Wien, die 2016 erschien über dich das Filmportrait «Tony You Rock» des Basler Fotogra- Out» in einer auf 300 Exemplare in der Schweiz gastierten und hier ihre drei Singles veröf- fen Matthias Willi. Ein Ein-Mann-Film über ein Ein-Mann-Phänomen? limitierten Ausgabe mit signiertem fentlichten. Dort spielte Peter auch kurzzeitig. Davor war Ich bin sicher nicht der Singer-Songwriter-Guy im traditi- Siebdruck-Cover, inklusive Poster, er schon Bassist bei der ersten Schweizer Beatband, The onellen Sinne, deshalb nicht wirklich «one man». Ich trete Fanzine und einer Einladung zum Dynamites, die ja aus Basel kamen. Danach spielte er auch zwar manchmal alleine auf, aber ich liebe «loud rock’n’roll Konzert in der Grabenhalle. noch bei Les Sauterelles aus Zürich, den «Swiss Beatles». with drums and everything». Dass Matthias einen Film Die reguläre Ausgabe erscheint über mich gemacht hat, ist für mich natürlich sehr speziell. dann am 27. April. Deine zweite Band in Basel, die du hattest, nannte sich The Union – mit Pascal Erst als er mit uns auf Tour dabei war, realisierte ich, dass Sandrin am Bass und Rolli Irion am Schlagzeug. Du spielst heute noch immer es im Film primär um mich geht. Live: 14.4., Nouveau Monde Fes- mit Pascal zusammen, und deine Frau heisst Sue Irion… tival, Fribourg; 21.4., Plattfon Re- Yep. Pascal und Rolli habe ich in der Punk-Hausbesetzer- Zum Film veröffentlichte das Basler Label Lux Noise eine Single mit zwei cords, Basel (ab 12 Uhr Record Alternativ-Szene Basels kennen gelernt. Als ich auf einer Songs. Auf der A-Seite der Song «Don’t Talk To Me», eine Art Ballade. Das gab Store Day, abends Live in der Party mit Peter und Max Felber, später der zweite Gitarrist es so noch nie von dir. Könntest du dir vorstellen, auch Mal ein ganz anderes Kaschemme); 5.5., Grabenhalle, bei den Lombegos, einige MC5-Covers spielte, waren Pascal Album einzuspielen? St. Gallen; 17.5., Rössli, Bern; 18.5., und Rolli total begeistert. Danach haben wir angefangen, Man sollte immer offen bleiben, wenn es um Musik geht. Taptab, Schaffhausen; 19.5., Kaff, an verschiedenen Anlässen hier und dort zu spielen. Rolli Vielleicht mal ein Blues-Album oder eines mit Instrumen- Frauenfeld; 21.5., Hafenkneipe, Irion hat mich seiner Schwester Sue vorgestellt. Sie hatte für talstücken? Wer weiss? Trotzdem glaube ich, bei mir wird Zürich. Weitere Daten unter uns in der Kaserne Basel über dem Publikum ein 50 Meter es immer nach Rock’n’Roll klingen, auch mit anderen Ein- Lombegosurfers.net. langes bemaltes Tuch aufgehängt. Wir probten damals noch flüssen. Luc Montini sagt immer: «Tony hat attitude.». Das im Keller einer Punk-WG an der Baslerstrasse 88 in Riehen, ist ein grosses Kompliment! Fotos: Yvon Baumann, und Sue wohnte auch dort... Interview Lurker Grand Matthias Willi «Heading Out» Nach drei Jahrzehnten im Durchzug der Musiklandschaft, zehn regulären Albumveröffentlichungen, unzähligen Sin- gles und Tausenden von Tourneekilometern dürfte man es eigentlich durchaus mal etwas ruhiger angehen lassen. Aber während andere Männer in seinem Alter abends mit Heizkissen hantieren, holt Tony Thomas nach wie vor lie- ber seine Gibson-Gitarre aus dem Gitarrenkoffer, dreht den Verstärker hoch und brettert mit seinem Trio durch zwölf neue Songs. Das Album wurde in gerade mal vier Tagen dingfest ge- macht, ohne unnötigen Vorlauf. Ein Teil des Materials wurde aus dem Skizzenstadium direkt ins Studio gehievt, gewisse Stücke sind sogar erst dort erfunden und dann mithilfe von Produzent Luc Montini am Bass eingespielt worden. So ist schliesslich eine robuste Punkrock-Platte entstanden, die einem nicht nur jede Menge Energie um die Ohren haut, sondern immer wieder ein paar Finessen auf- blitzen lässt: hier ein kurzer Ausflug in Boogie-Gefilde, dort ein doppelt gebrochenes Rock’n’Roll-Riff aus den Fünfzi- gerjahren. Dazu lässt sich sogar hervorragend tanzen. Wie es der zweite Teil des Bandnamens (der erste basiert auf dem englischen Fachbegriff für Hexenschuss) verheisst, wird auch auch auf «Heading Out» zwischendurch wie- der fleissig gesurft. Das Trio donnert durch die Pipeline, die Gliedmassen geraten durcheinander, die Grenzen zwischen oben und unten verwischen zusehends. Eine Konstante je- doch bleibt: Vorne ist dort, wo man sich hinstellt. Bei den Lombego Surfers immer wieder gerne.

Philippe Amrein

The Lombego Surfers: «Heading Out» (Flight 13/Godbrain) SZENE

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Seestrasse 407 - 8038 Zürich - 044 481 62 42 - www.ziegelohlac.ch DIE NEUEN PLATTEN Sound Surprise Vor meinem letzten Umzug wollte ich mein Vinyl wegen Seltengebrauchs in den Archivraum im Untergeschoss ver- bannen. Im letzten Moment änderte ich glücklicherweise meine Meinung – nun stehen die meisten CDs, fein säuber- lich in Kartonschachteln verpackt, ausser Sichtweite. Das ist besser so, nicht nur weil das wandbreite Vinylregal viel Danielle Nicole Monozoo Lio schicker ist, sondern weil es ein paar Platten gibt, die ich bis Cry No More Monozoo 2 Lio canta Caymmi heute nur auf Vinyl hören will. (Concord) (www.maurmann.ch) (Crammed Discs) Zu diesen Schallplatten gehört Steven M. Krikorians alias Tonio K.s Debütalbum «Life in the Foodchain», das vor Danielle Nicole Schne- Während den Swiss Music Die beiden Hits «Amoureux genau 40 Jahren in den USA erschien und ein Jahr spä- belen besitzt eine gewalti- Awards Anfang Jahr wurde solitaire» und «Le banana ter dank CBS auch Europa erreichte. Und nicht nur mich ge Stimme. Ob sie Blues- in geselliger Runde darüber split» der 80er-Popikone umhaute – «Life in the Foodchain» war schlicht eine der Stampfer rausrotzt oder diskutiert, ob die Schweizer Lio sind immer noch gut im geilsten Platten jener an geilen Platten reichen Jahren, und in Soul-Balladen schwelgt, Popmusik «ein Frauenpro- Ohr. Und auch wenn sie alle «Funky Western Civilization» und «H-A-T-R-E-D» sind die Frau aus Kansas ist ein blem» habe – danach wur- paar Jahre ein neues Album bis heute Hammersongs. Kraftpaket. Auf «Cry No den die Preise verliehen, vor veröffentlicht, konnte sie nie Dazu kam der Sänger, der nicht nur wütender klang als More» demonstriert die allem an Männer, wie man an die Erfolge der Achtziger Johnny Rotten und Elvis Costello, sondern sein Pseudonym singende Bassistin (zeitwei- es sich gewohnt ist. Nein, anknüpfen. Dieser Tage er- im Fundus der klassischen deutschen Literatur gefunden lig mit North Mississippi die Schweizer Popmusik hat scheint nun ein neues Album hatte, sich mit dadaistischen Federn schmückte, seine Tex- Allstars) auch ihre Talen- gewiss kein Frauenproblem. der Belgierin mit den portu- te mit französischen, deutschen, italienischen und griechi- te als Songswriterin. Sie Dass die Sichtbarkeit von giesischen Wurzeln, und die- schen Sätzen durchwirkte und sich in Interviews als bissig, schrieb neun der 14 Songs, Frauen auf Schweizer Büh- ses Mal hat sich Wanda Ma- klug und weitsichtig entpuppte. Solche Musiker waren da- fünf davon im Team mit nen auch daher rührt, dass ria Ribeiro Furtado Tavares mals in den USA selten, und Tonio K. (frei nach Thomas Drummer/Produzent Tony man von Bookern (und ab de Vasconcelos ganz der Manns «Tonio Kröger» und Franz Kafkas Alter Ego «K.») Braunagel. Dazu gesellt und zu von Bookerinnen!) brasilianischen Musik ver- hatte alles, um einen Gymnasiasten zu faszinieren… haben sich eine Handvoll noch immer hört, dass es schrieben. Genauer gesagt, Auf «Life in the Foodchain» entfesselte Tonio K. eine ge- toller Gitarristen (Johnnie halt zu wenige talentierte den Stücken des vor zehn ballte Ladung sarkastischer Gesellschaftskritik, die am Lee Schell, Kenny Wayne Frauen gäbe, die man bu- Jahren verstorbenen brasi- amerikanischen Traum keine guten Federn liess. Das ser- Shepherd, Luther Dickin- chen könnte. Manchmal lianischen Songwriteridols vierte er mit einem so eiskalten Humor, dass man nie so son, Sonny Landreth, Wal- muss man Dinge oft genug Dorival Caymmi. Nicht nur recht wusste, ob er ein Moralist war oder ein Terrorist – ter Trout), zwei Organis- sagen, bis sie alle verstehen, Songwritergrössen wie Ca- vermutlich war er beides. Ich übersetzte die Texte mit dem ten (Kelly Finnigan, Mike denn: Das stimmt einfach etano Veloso oder Gilberto Wörterbuch und versuchte, meine Mitschüler im Englisch- Sedovic) und Sängerinnen nicht. Es gibt in der Schweiz Gil verehren den Wegbe- unterricht von seinen Qualitäten zu überzeugen. Vergeb- (Maxanne Lewis, Kudisan mehr als genug talentier- reiter des Bossa Nova. Zu- lich, sie fanden «The Wall» nach wie vor besser. Kai). Das Album beginnt te Frauen, und eine davon sammen mit dem belgischen Die Musik: Unglaublich energetisch und kraftvoll; «Funky mit «Crawl», einer wüten- ist Ursula Maurmann. Als Texter Jacques Duvall, der Western Civilisation» ist der beste Punksong, der eigent- den Bluesrock-Attacke, und Monozoo veröffentlicht die wiederum nicht nur für lich kein Punksong ist, und Tonio K.s Wut verlieh jedem steigert sich bis «Save Me», Schaffhauserin träumeri- Lio, sondern auch für Jane Stück eine hysterische Intensität, nicht nur Rockern wie einem Killersong mit Kenny schen Elektropop, waviges Birkin oder Alain Cham- dem knapp 9 Minuten langen «The Ballad of the Night Wayne Shepherds flüssigen Synthiegewebe und furi- fort Songs geschrieben hat, the Clocks All Quit» und «H-A-T-R-E-D» (dessen Rhyth- Licks. Mein persönliches ose Trips in die 80er. Das macht sie sich an zwölf Ti- mus in ein paar AK-47-Salven gipfelte!), sondern auch Highlight heisst «Bobby», neue Album «Monozoo tel von Caymmi heran. Die Balladen, Country-Songs (yep) und seinen Ausflügen in ein Song über Danielles 2», das die Künstlerin sel- meisten der sehr schönen Rhythm’n’Blues. verstorbenen Vater. Sein ber als «berauschend un- Songs sind in den Dreissi- Tonio K. nahm nach «Life in the Foodchain» weitere Plat- leichter Country-Einschlag cool» beschreibt, trumpft gerjahren des vergangenen ten auf, doch keine war annähernd so stark wie sein Debüt, klingt anders als der blues- auf mit einer Mischung Jahrhunderts entstanden. sie wurden immer weniger wahrgenommen, irgendwann lastige Rest des Albums. aus französischer Cool- Ob nun «E doce morrer no soll er sogar auf einem christlichen (?!) Label untergekom- Und Miss Schnebelens Per- ness, psychedelischen Gi- mar», bei dem wir Duvall men sein. Er verschwand, wie man in den internetlosen formance toppt das Meiste, tarren, unaufgeregter Lo- gegen Ende auch singen hö- Zeiten noch verschwinden konnte. Heute könnte ich mit was sie auch an anderer Fi-Produktion und einer ren, oder das lüpfige «Nun- einem Klick herausfinden, was Tonio K. in den letzten Stelle auf beeindruckende charmanten Hommage an ca mais». Mit «Samba da 35 Jahren getrieben hat. Das Internet ist nicht nur eine Weise abliefert: mit Hinga- Grauzones «Eisbär». «Mo- minha terra» ist einer seiner manipulative Fake-News-Schleuder, sondern auch ein gna- be für den Blues und einer nozoo 2» klingt nach Bar- grössten Hits ebenso drauf denloser Mythenzertrümmerer. Aber will ich das wissen, grossen Bandbreite an emo- fusslaufen am ersten Som- wie weniger bekannte Titel. oder will ich mir die Bedeutung, die Tonio K. für mich als tionalem Ausdruck – vom merabend des Jahres, nach Interessant auch das Cover, Fünfzehnjähriger hatte, bewahren? aufwühlenden «How Come der genau richtigen Menge das der französische Comi- Wie auch immer. «Life in the Foodchain». Der Hit: «Funky U Don’t Call Me» (Autor: Weisswein im Blut und nach czeichner Loustal gestaltet Western Civilisation». Hört Euch das (wieder mal) an! Prince) bis zu Blind Willie dem Gefühl, wenn auf dem hat. Wer ein Faible für bra- Johnsons «Lord I Just Can’t Nachhauseweg bereits die silianische Sounds hat, höre Christian Gasser Keep From Cryin’». ersten Vögel zwitschern. hier unbedingt rein. tl. mir. tb. DIE NEUEN PLATTEN

Sidi Wacho Peter Kernel Modern I’m With Her Shannon & Bordeliko The Size of the Night Studies See You Around The Clams (Flowfish Records) (On the Camper Records) Welcome Strangers (Rounder Records) Onion (Fire Records) (Easy Eye Sound) Wenn es um die Nachfol- Früher wollten sie immer Als sich in den späten ge der grandiosen Mano laut sein, nun schätzen sie Erst vor ein paar Monaten Sechzigerjahren Musiker Vielschichtig wie eine Zwie- Negra geht, dann ist diese auch das Stille. Sagen Aris drang der Name des schot- wie Eric Clapton, Jack bel soll dieses Album klin- Gruppe hier ganz vorne mit Bassetti und Barbara Lehn- tischen Quartettes um die Bruce und Ginger Baker gen. «Onion» fängt den dabei. Sidi Wacho sind im hoff, die das Duo Peter Sängerin Emily Scott dank zu Cream oder Crosby, Girlgroup-Sound und den französischen Lille und im Kernel bilden. So suchte einer Neuauflage ihres De- Stills, Nash und Young vibrierenden Soul-Beat der chilenischen Santiago de das Paar aus dem Tessin bütalbums ein bisschen tie- zum Quartett fanden, fiel Clams trefflich ein. Die Chile ansässig. Gegründet für sein viertes Album nach fer in den Süden der Insel immer wieder das Wort Su- Ohrwürmer «The Boy» und wurde die Band vor drei einer neuen Dynamik und ein. Nun haben Neuent- pergruppe. Was aus heuti- «Did You Love Me» sind Jahren, als der französi- nach neuen Möglichkei- decker der Band mit dem ger Sicht geschmäcklerisch Beispiele dafür. Wenn Sän- sche Sänger und MC Sai- ten, um ihren Gitarren- zweiten Wurf bereits einen anmutet. Weswegen der gerin Shannon Shaw, ihre dou auf einer Lateiname- Bass-Schlagzeug-Sound zu ziemlich weiten Sound- Begriff nur noch selten ver- Seele entblössend, über Far- rikareise den chilenischen erweitern. Es ist ihnen auf Sprung zu bewältigen. Wo wendet wird. Auch die drei fisaorgel und Gitarre tau- Cumbiero Juanito Ayala «The Size of the Night» das Debüt «Swell to Great» renommierten Künstlerin- melt, bleibt kein Auge tro- getroffen hat. Gemeinsam gelungen. Das klingt dann noch ganz von der Präsenz nen der US-Folk-Szene, die cken. Stilistische Wegweiser: mit anderen Musikern hat nicht mehr nur harsch und eines schnaufenden, klap- als I’m With Her zusam- Etta James trifft auf Ronnie man einen tollen Sound zu- widerspenstig. Sondern auf pernden Harmoniums ge- mengefunden haben, sehen Spector. Produziert hat Dan sammengewürfelt: French diesem aussergewöhnlich prägt wurde und an die wohlweislich davon ab. Als Auerbach in seinem Stu- Rap und kolumbianischen reichen Album finden sich knorrigen, besten Seven- sich Hilary Clinton den dio in Nashville. Sämtliche Cumbia, Rock, Reggae, auch Popsongs, die trau- ties-Tage der britischen Bandnamen unwissentlich Songs haben Shannon & eine Spur Electro, arabische mähnlich durch die Nacht Folk-Rock-Szene gemahn- für ihre Präsidentschafts- The Clams selbst geschrie- Klänge sowie Sounds vom navigieren. Man reist als te, ist das Harmonium dies- kampagne schnappte, war ben, darunter das emoti- Balkan. Schon ihr erstes Hörer quasi durch die Auf- mal in der Ecke geblieben, das Trio bereits seit 18 Mo- onale «Don’t Close Your Album «Libre» war gelun- wallungen, die die dunklen dafür stehen die fein aufei- naten unterwegs. Im Inter- Eyes». Wie die besten Songs gen, doch «Bordeliko» ge- Stunden mit sich bringen nander abgestimmten Stim- view mit dem «Guardian» der Band spielt auch der mit fällt noch besser. Zwölfmal können. Mit «The Size of men im Vordergrund. Und verdeutlichten I’m With Girlie-Melodien, Doo-Wop- gibts mächtige Energie, die the Night» versuchen Pe- der heimgestrickte Chemi- Her, ihr Name sei kein Rhythmen und Surfgitarren, voll auf die Tanzfläche ab- ter Kernel auch, den Tod née-Sound ist einer feisten, politisches Statement, son- bezieht sich jedoch auf eine zielt. Bei «Ya Janubi» ist als ihres Tontechnikers und detailreichen Kammer- dern ein Synonym für ihre Nacht im Dezember 2016, Gast der algerische Sänger Mentors zu verarbeiten. Folk-Produktion gewichen. Kameradschaft. Die Mu- als in einem Club im kalifor- Amazigh Kateb mit von der Und sie fanden, so erzählt Die Arrangements sind sik von Aoife O’Donovan, nischen Oakland ein Feuer Partie, der sonst mit seiner es Bassetti, einen Weg, wie komplexer geworden. Hier Sara Watkins und Sarah ausbrach und 36 Menschen Band Gnawa Diffusion un- sie die Trauer und die in- tuten Bläser diskret im Hin- Jarosz will den Hörer nicht das Leben kostete. Darun- terwegs ist. Bei «Comme neren Stürme exorzieren tergrund, dort wirft eine im Sturm, sondern Schritt ter Freunden der Band. Um un pauvre» dürfen sich die konnten. Entstanden ist stille Geige ein kurzs Riff für Schritt erobern. Mit Fassung ringend singt Shan- Paare im Schleicher übers eine Platte, die sich bei al- ins Gespräch, dann wie- beweglichen Melodien und non Shaw: «Don’t close Parkett schleppen, die Sin- len experimentellen Aus- der rauscht ein psychedeli- ausgefuchsten Harmonien. your eyes if it blocks all the gle «Flores» hat ein hüb- weitungen zeitweise auch scher Synthi-Wind durchs Ihr Sound bedient sich bei light out / And don’t close sches Video. leicht und hell anhört. Da Gebüsch, oder ein ganzes Folk, Country und Blue- your eyes if you’ll just see Jetzt will man die Herr- ist beispielsweise der süs- Mini-Streichorchester übt grass und widersetzt sich that night / Do what you schaften endlich mal live se Song «Terrible Luck», sich in still-stürmischen sämtlichen Trends. Lieber must to grasp every feeling sehen. Bleibt zu hoffen, der entspannt und beinahe Dissonanzen. Und siehe da: präsentieren sich I’m With / Now open those eyes and dass Sidi Wacho auch in verspielt klingt. Oder der Es ist in diesem Jahr noch Her als Wiederentdecke- take in that light.» Die Frau die Schweiz kommen. An- erlösende Schluss «The Fa- kein schöneres Album er- rinnen der Songtraditionen beweist Stehvermögen. Ihr sonsten sei ein Besuch des tigue of Passing the Night», schienen. aus den Südstaaten. Das nächstes Album «Shannon mehrtätigen, wunderba- an dem die durchlebten Resultat ist nicht bloss flüs- in Nashville» soll bereits im ren Bläser-Festivals Brass Stürme und alles Gewicht hpk. sig, sondern auch delikat Mai veröffentlicht werden. Wiesn am 2. August im von Peter Kernel abzufallen und exquisit. Was dazu Versprochen werden epische kleinen Eching in der Nähe scheinen. beiträgt, dass die Formati- Songs und üppige Orches- von München empfohlen. on sämtliche Erwartungen trierung. Nicht verpassen! bs. übertrifft. tb. tl. mig. DIE NEUEN PLATTEN

Yellow Bird Kyle Craft Nathaniel Marlon Fatima Dunn Edda Lou Full Circle Nightmare Rateliff & The Williams Birds and Bones (Enja/Yellowbird) (Sub Pop/Irascible) Night Sweats Make Way for Love (TOURBOmusic) Tearing at the Seams (Dead Oceans) Die Berliner Yellow Bird «Rolling.» Wer sein Album (Stax) Eine Singer/Songwriterin, sind eine echte Entde- so eröffnet, möchte dem Noch eilt ihm der Ruf eines deren Stücke englische, ckung. Angeführt von den Hörer vermitteln, dass er Blues-Rock angehauchter Country-Artisten voraus, französische und Mundart- beiden Sängerinnen Manon mit im Studio steht, wenn Retro-Soul aus , doch auf seinem zweiten Titel tragen? Nein, nicht Kahle und Lucia Cadotsch die Bandmaschine ange- . Mit dem Debüt Studioalbum «Make Way Sophie Hunger, sondern gelingt der Band eine wun- worfen wird. Das passt von 2015 katapultierte for Love» zeigt sich Mar- Fatima Dunn. Bis 2014 war derschöne Melange aus zu diesem altmodischen sich Nathaniel Rateliff ins lon Williams vielmehr als sie Teil der Elektrorock- Folk/Country mit Jazz und jungen Songwriter, der mit Rampenlicht: Er schrieb Crooner. Und zwar als ei- Gruppe Coldeve, für die Kammerpop. Auffällig «Full Circle Nightmare» die Songs, machte die De- nen, der sich mal als Singer/ sie während neun Jahren sind die beiden Stimmen sein Zweitwerk vorlegt. mos und bereitete sie im Songwriter, mal als Verfech- den Synthesizer bediente. der Sängerinnen. Wo die Kyle Craft trägt sein Herz Studio auf. Nach zwei Jah- ter des Retro-Pops versucht. Danach kehrte die Musi- aus den USA stammende auf der Zunge und singt ren auf Achse und einem Der in Australien lebende kerin mit irischen Wurzeln Manon Kahle den tradi- aus vollem Hals. Meist Livealbum folgt nun auf Neuseeländer hat die elf zu ihrem ersten gelernten tionellen Part gibt, ist die hadert er mit der Liebe, er dem reaktivierten Stax- Songs im Nachgang seiner Instrument zurück, dem Zürcherin Cadotsch eine kann nicht anders, ist er Label ein ungleich reiferes Trennung von Aldous Har- Cello. Auf ihrem Solodebüt ausgebildete Jazzsängerin. doch ein «Heartbreak Jun- Bandprojekt. «Tearing at ding, auch sie eine Singer/ «Birds and Bones» zeigt Gemeinsam gelingt eine un- kie». Und um diesen gan- the Seams» beschwört die Songwriterin mit Flair für sich Dunn als Ein-Frau- widerstehliche Mischung, zen verdammten Schmerz Essenz echter Soulmusik. die theatralischen Sounds, Orchester. Für das Album die gerne auch an die Songs auszudrücken, packt Pro- Die Band spielt noch kom- verfasst. Dementsprechend greift sie in erster Linie auf der Pariser Moriarty erin- duzent Chris Funk (The pakter, zupackender, mit zieht sich ein Gefühl der Re- Loop-Station, Gesang und nert, einer Band aus Exil- Decemberists) immer noch viel Gusto. Fokussiert und signation durch die Platte. ihr Cello zurück, das sie amerikanern, die ihren eine Gitarre, noch ein Ör- entspannt heizen The Night «Fare thee well, true love of mittels Bogen auch perkus- Americana-Zugang mit eu- geli und gern auch eine Sweats ein, sie legen in aus- mine», haucht der 27-Jäh- siv nutzt. Ihre helle Stimme ropäischen Elementen wür- Fiedel oder ein paar Blä- gelassenen Momenten wie rige seiner Ex in «Fire of umspielt die Lyrics, die oft- zen. Ebenso machen das ser obendrauf. Selbst eher «Shoe Boot» oder «Intro» Love» schier tränenerstickt mals von Naturmotiven in- Yellow Bird, wenngleich folkig angelegte Stücke noch eine Schippe drauf, nach. Die Lieder hängen spiriert sind. Kommt hinzu, ihr Verschmelzen von tra- kommen selten ohne Cre- pumpen ein Stakkato an am Pathos, sind hallschwer dass sie es versteht, wech- a ditionellen Sounds mit mo- scendo und einen Refrain hypnothischen Grooves und suhlen sich in der Nie- selnde Stimmungen her- dernem Zugang dann doch mit gereckten Armen aus. raus, breiten den fliegenden dergeschlagenheit. Diese aufzubeschwören. Und das anders klingt. Wir hören Als guter Amerikaner baut Teppich aus für Rateliff, lässt sich an Songtiteln wie mit gutem Grund, denn: eigenwillige Arrangements, Kyle seine Songs «larger den Dynamo mit der Ras- «Love Is a Terrible Thing» Die Komponistin verdient die neben dem klassischen then life» und verlängert pelstimme. Der gibt und oder «Can I Call You» ab- ihr Geld nicht zuletzt mit Instrumentarium auch damit eine Traditionslinie kann alles. «Be There» und lesen. Das barock anmuten- Soundtracks («Inside Bun- Bassklarinette oder eine von Springsteen bis Ryan «Coolin’ Out» sind vibrie- de Werk fasziniert alleine deshaus»). Während «This Melodica umfassen. Das Adams. Auf Dylan und rende Partysongs. Schweiss- schon ob seiner öffentlichen Night» leise rauschende traurige, fast hingetufpte Bowie steht Kyle natürlich treibenden Rhythm & Selbstzerfleischung. Und Rhythmen mit melancho- «The Robber» oder der auch, der Zuhörer hinge- Blues beherrscht die acht- auch, weil es dem Künstler lischen Momenten verbin- Opener «Apple Tree» mit gen stellt sich spasseshal- köpfige Truppe bestens, gelingt, seinen Falsettgesang det, setzt «Dunnä im Tal» seinem zweistimmigen Ge- ber vor, wie es wohl klän- doch in sanften, intimeren in eine Reihe mit Roy Or- auf dichte Harmonieschich- sang sind nur zwei Hinhö- ge, wenn sich Meat Loaf Songs, mit schmeichelnden bison und Scott Walker zu ten und auf ihren nach stol- rer. Auch der Rest der zehn über ein Stück wie «Bel- Bläsern, warm schimmern- stellen. Als Kirsche auf dem zer Einsamkeit klingenden Songs, darunter ein Hidden mont (One Trick Pony)» der Orgel und akzentuierter Pfannkuchen erweist sich Leadgesang. Das Album, Track, besteht mühelos. hermachen würde. Nicht Rhythmusgitarre, gefallen «Nobody Gets What They das auch Klangcollagen mit Nachdem ihr erstes Album falsch verstehen: Kyle sie mir noch besser. «Say Want Anymore», auf dem Regen, Wind und Kuhglo- fast ausschliesslich aus ei- Craft schreibt tolle Songs, It Louder» verquickt Soul Williams und Harding zur cken bietet, besticht, weil genwilligen Coverversio- singt mitreissend, und die mit Country Music, «Baby Post-Paar-Therapie antreten Dunn ihre schwerelosen nen bestand, bringt «Edda Band hinter ihm hat Klas- I Know» sowie «A Little und das Stück mit Beach- Lieder nicht bloss selbstsi- Lou» nun nur selbst kom- se. Wenn Sie wieder einmal Honey» sind Soul-Perlen, Boys-Harmonien und Ver- cher, sondern auch schwär- poniertes Material. Wun- Songs voller Herzblut und wie sie Sam Cooke oder zweiflung anreichern. merisch vorträgt. derbare Platte. Drama wollen: Hier gibt es Otis Redding ausgewählt die Vollbedienung. hätten. mig. mig. tb. ash. tl. Live: 25.4., Bogen F, Zürich Live: 12.4., Moods, Zürich SZENE

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7.4. PYRIT 13.4. KAITLYN AURELIA SMITH Lehrgang Radiojournalismus PA LA Modul Feature 14.4. MARTIN Kino im Kopf: Ein Feature profes- KOHLSTEDT sionell begleitet produzieren. 17. A p r i l – 3 0 . Okt. 2018, 6 Kurstage 27.4. EQUIKNOXX CHF 1500/1000, Kursort: Zürich FT. SHANIQUE PALACE klippklang.ch [email protected] CE MARIE .SG DIE NEUEN PLATTEN König der Bienen Zehn Jahre hat sich der Basler Songwriter und Musiker Marco Naef aka The Night Is Still Young (TNISY) für sei- ne Solo-LP Zeit genommen. Eine wahre Mission, die zwi- schenzeitlich auch von einem Klinikaufenthalt unterbro- chen worden ist. Nun ist alles gut, die LP draussen. «King of the Bees» ist eine «Ode an die Einzigartigkeit», wie der Klô Pelgag Ruby Boots Jonathan 32-Jährige stolz verkündet. Man kennt ihn als düster täto- L’étoile thoracique Don‘t Talk About It Wilson wierten Bassisten der letzten Besetzung von Navel, wo er (Zamora Rec) () Rare Bird fünf Jahre lang mitgewirkt hat. Und als Sideman der Basler (Bella Union/MV) Slacker-Pop-Prinzen Don’t Kill The Beast. In der Schweiz und eigent- Endlich wieder mal eine TNISY aber ist älter, länger gereift, persönlicher. Die hand- lich in Europa erst bekannt Sängerin, die Unverfro- Nach seinem letzten Werk gemachte Vinyl-Ausgabe des Albums bringt Wohlklang pur gemacht hat diese interes- renheit und Cleverness «Fanfare» (2013) stürzte ins hallende Alternative-Land und überzeugt mit laid back sante kanadische Songwri- ausstrahlt. Für die Aufnah- sich Jonathan Wilson ins Attitude – trotz schwieriger Themen. Die neun Songs sind terin der Zürcher Franko- men dieses Albums reiste Produzentenleben. In die- retrospektiv bis introspektiv, klagend, auf Pein gebaut, im Musik-Fan und Impresario die aus dem australischen ser Zeit betreute er jedoch Ansatz aber doch versöhnlich. Und auf der Suche nach dem Ulrich Schuwey. Er hatte Perth stammende Bex Chil- nicht nur die Plattenpläne verlorenen Glück. Allein schon für Songs wie «Lisboa», die Dame mit dem merk- cott alias Ruby Boots nach von Father John Misty, «Here Comes the Sun» oder «Walking the Wall» würden würdigen Namen schon Nashville in die USA. Dar- Conor Oberst oder Ka- sich andere Songwriter die Fingernägel wegkauen. «Lis- vor ein paar Jahren für sein auf hören wir Einflüsse von ren Elson, sondern agierte boa» erzählt eine Liebesgeschichte in der Ferne, die einen tolles Festival «Chanson en Power-Pop bis Americana zwischendurch auch als Moment lang aufgeht: «Love / Life / We are unique». Da Stok» in Zürich verpflich- und Pop. In ihren Songs musikalischer Direktor von wird Sehnsucht eingefangen, mit dem ganz grossen Lasso, tet. Ein Festival, dass es lei- schreibt Boots über die Roger Waters’ Tourband. dem allumfassenden Gitarrenriff, an dem Chris Isaak seine der aufgrund mangelnder Fallstricke der Liebe, sie Erfahrungen, die seinem helle Freude hätte. «Here Comes the Sun» ist ein grosser, Förderung nicht mehr ge- nennt die Dinge beim Na- neuen Œuvre anzuhören ruhiger Song, der raumfüllend in die Nacht geweht kommt. ben wird. Klô Pelgags ers- men. Zum Beispiel sexu- sind. Wo seine bisherigen Hier wird die Unvollkommenheit des Lebens verhandelt, tes Album «L’alchimie des elle Manipulation. Bei der Alben mehrheitlich auf die Angst vor dem Nichts. Und die Sonne, die am Ende al- monstres» ging 2013 noch musikalischen Umsetzung den warmen kalifornischen les retten muss. Die Stimme bleibt kontrolliert, als wäre die etwas unter, ihre zweite standen ihr die famosen Sound der Siebzigerjahre Angst vor dem Kontrollverlust noch grösser als die Angst Platte wird nun wenigstens Gentlemen zur Seite, fokussierten, widmet sich vor dem Nichts. Der Titelsong «King of the Bees» breitet ordentlich promotet. Das die vielfältige Stimmungen Wilson nun dem Folge- eine vermeintliche, eine sakrale Coolness aus. Hier ist TNI- hat «L’étoile thoracique» kreiert haben. Das rockt, jahrzehnt. Jetzt dominieren SY der «König ohne Krone, gelähmt und verwirrt von den auch verdient. Die Songs als wären Tom Petty & The Drum Machines und Syn- Bienen in meinem gottverdammten Kopf». sind so eigenwillig wie Heartbreakers auf die Wre- thesizer die Szenerie, und Auffallend das Artwork auf der LP-Innenseite (von der eingängig. Perlen wie «Les cking Crew getroffen. Im auch der Art Rock drückt Künstlerin Alexandra Kaufmann aka Walter Wolff). Hier animaux», das skurrile «In- Titelstück manifestiert sich immer wieder mal durch. herrscht Symbolismus pur: Das Wimmelbild zeigt eine somnie» oder «Samedi soir die Chuzpe einer Musike- Ganz seine Finger vom sof- zweiköpfige Schlange, die eine Biene belauert. Darum à la violence» zeigen ihre rin, die unerschrocken ih- ten Rock lassen kann der herum lodernde Flammen und ein offenes Fenster. Einige ganze Klasse. Man höre ren Weg geht. «I’ll Make it 43-Jährige allerdings nicht, wenige Fotos sind zu finden: von Naefs Grossvater Alfred nur einmal die Streicher- Through» heisst die Ode an wie das an Randy Newman (dem das Album gewidmet ist), von seiner mexikanischen und Bläserarrangements in hart erkämpfte Unabhän- erinnernde «Mulholland Grossmutter, von der Studioband und von sich selber als «Chorégraphie des âmes»: gigkeit. «Infatuation», «It’s Queen» beweist. Rund kleiner Junge (Naef war als 13-Jähriger Schweizer Meister zum Niederknien! Oder So Cruel» und «Easy Way 80 Minuten lang, verteilt im Strassenradrennen. Nach einem schweren Autounfall den zehnminütigen Ab- Out» deuten an, dass die- auf 13 Songs, breitet Wil- musste er den Sport begraben). schlusssong. Interessant se Frau nicht kneift. Auch son seine Klangideen aus. Mit «Assassin» beginnt der Königs-Trip im Uptempo-Ritt, instrumentiert und arran- nicht, wenn alle Stricke Das flauschige «There’s a mit «Two Headed Snake» endet er, im leichten, surrenden giert, getragen von einer reissen («I Am a Woman»). Light» präsentiert sich in Sound des frühen Frühlings. Diese neun Night Songs, fun- eigenwilligen und eher ho- Mit «Don’t Give a Damn» der Tradition von Abba, kelnd im Sonnenlicht, kleiden Drama und Glück eindring- hen Stimme, kann man der schliesst das Album: Boots «Miriam Montague» ver- lich in ein luftiges Kleid, das überall getragen werden kann. 28-Jährigen aus Quebec staucht ihren untreuen Lo- neigt sich sowohl vor den Zieht es euch an. Die Nacht ist noch jung. eine ähnliche Karriere wie ver zusammen, während Beatles als auch vor ELO, Camille vorhersagen. Die sie das Essen serviert. Als und «Living Myself» wirkt Chrigel Fisch vielseitige Songwriterin, der Song zum Crescendo wie eine Nummer, die auf Komponistin, Pianistin und drängt, wird klar, dass all «Tusk» von Fleetwood The Night Is Still Young: «King of the Bees» (Radicalis) Gitarristin ist von Jacques das ausgesprochen werden Mac aussen vor bleiben Brel und Brigitte Fontaine, musste. «Don’t Talk About musste. «Rare Bird» ist aber auch von Debussy und It» ist ein Album der Hoff- ambitiös, in seiner Vielfalt Frank Zappa beeinflusst. nung, der Erlösung und des beeindruckend und huldigt Eine wilde Melange – klug Meisterns der Prüfungen, dem Grundsatz: mehr ist und charmant umgesetzt. die das Leben noch für uns besser. Das ist überkandi- bereit hält. delt, hat aber seinen Reiz. tb. tl. mig. DIE NEUEN PLATTEN London Hotline Letzthin war ich in Glasgow. Und wenn es auf der Insel eine Stadt gibt, wo die galoppierende Gentrifizierung nicht nur Frust und Nostalgie auslöst, dann diese. Vor vielen Jah- ren einmal führte mich die damals in ihren Anfängen ste- hende Band Texas durch das endlose, verregnete Grau ihrer Ursprünge. Es ist eine trübe Erinnerung. Verlotterte graue Garagen, in denen wohl ein paar Obdachlose campierten, Totally Mild John Prine The Texas bleiche Kinder mit trotzigem Fuck-You-Blick, Autoruinen Her The Tree Gentlemen und Velos ohne Räder, kaputte Shops und Fish & Chips- (Chapter Music) of Forgiveness TX Jelly Läden, in denen man frittierte Mars-Riegel kaufen konnte. (Oh Boy Records/Irascible) (New West) Kein Wunder wollten Texas auf den Flügeln ihres Soundes Wenn es einen weniger nach Amerika fliegen – was sie dann ja auch schafften. rock’n’rolligen Bandnamen Was verband Bob Dylan Joe Ely lobte sie als «die Düstere Ecken gibt es zweifelsohne heute noch. Arbeits- gibt, entzieht sich dieser und Johnny Cash? Beide beste Begleitband, mit der und Obdachlose ebenfalls, Junkies auch. Aber es ist er- meiner Kenntniss. Und in zählten John Prine zu den ich je gespielt habe». Letz- staunlich, welchen Unterschied ein besser gepflegter Park der Tat sind Totally Mild besten Songwritern über- tes Jahr sorgten die Texas und ein neuer Plattenladen machen können. Mein Besuch keine Schweinerocker. Das haupt. Und nach langen Gentlemen für Furore, als in Schottland war darauf zurückzuführen, dass mir aufge- Quartett aus Melbourne, 13 Jahren veröffentlicht sie mit Ely und Kris Kri- fallen war, welch aussergewöhnlich grosser Anteil von auf- Australien, schart sich um dieser ein Album mit neu- stofferson am Newport regenden neuen Alben in letzter Zeit aus Glasgow gekom- die singende Songschrei- en Songs. Schon sein Debüt Folk Festival auftraten. Das men waren. Angefangen bei den grandiosen, Can-artigen berin Elizabeth Mitchell. von 1971, «John Prine», von Orgelspieler Beau Bed- Golden Teacher über den feinen Kammerfolk von Modern Sie ist die Besitzerin einer drehte sich um Rock, Folk, ford angeführte Country- Studies und Adrian Crowley sowie den Feministen-Punk Stimme, die mit schwere- Country und um simple, Folk-Sextett pilgerte nach von Breakfast Muff bis hin zu den Chorbubengesängen loser Eleganz über wol- aber einprägsame Lyrics. Muscle Shoals, Alabama, von C Duncan und erst recht den eigentümlichen Beschwö- kenhafte Melodien gleitet, Auf «The Tree of Forgi- wo sie in den FAME-Stu- rungen von Ela Orleans – alles wirkte ungekünstelt, smart, die ihre fein gestrickten veness» nimmt der Rock dios 28 Songs aufnahmen. frisch, stimmig und stilvoll. Vor allem passte nichts so Geheimnisse erst nach und jetzt nur noch eine Neben- Davon schafften es elf auf wirklich ins gerade vorherrschende Stildiktat aus London. nach preiszugeben gewillt rolle ein, und seine Stim- das Debüt. «Habbie Doo- Und der Besuch in Glasgow war nicht nur höchst vergnüg- sind. Wären Totally Mild me klingt aufgrund einer bie», der instrumentale lich, sondern auch aufschlussreich. So war schon im ersten ein bisschen ironischer Krebserkrankung im Jahr Opener, zeigt, wos langge- Gespräch mit Spinning Coin zu erkennen, wie symbiotisch eingestellt, wäre ihr Gitar- 1998 mittlerweile so, als hen sollte: rin aufgekratz- diese Szene ausgerichtet war und wie gern man bereit war, rensound etwas weniger ob sich der 71-Jährige einer tes Funk-Vehikel, wie es für andere Combos Werbung zu machen. Dabei beschränk- twangig und etwas weniger Kautabak- und Kieselstein- Booker T. and the M.G.’s te sich der Kommunengeist nicht nur auf die Künstler. So virtuos, und täte ein Mann kur unterzogen hätte. Das kaum besser hingekriegt habe der prächtig altmodische – und doch vegane – Musik- singen statt eine Frau, wirkt vielleicht nicht har- hätten. An der Entstehung schuppen Nice’n’Sleazy den traditionellerweise leeren Ja- würde man sich wohl an monisch, platzt dafür vor dieses Albums haben zirka nuar gefüllt, indem man die Bühne gratis jedem zur Verfü- die grossen, ebenfalls aus- Charisma. Im melancholi- 20 Musiker mitgewirkt. gung gestellt habe, der/die etwas unternehmen wollte. Mit tralischen Go-Betweens schen «Caravan of Fools» Damit beginnt das Prob- dem Resultat natürlich, dass jeder Abend pumpenvoll war. erinnert fühlen. So, wie die erzählt der einstige Post- lem. Vielleicht wollten die Glasgow hatte zudem das Glück, dass ein paar Lokal- Dinge aber liegen, fallen bote aus von der als Backing-Band begehrten helden früh die Wichtigkeit einer guten Infrastruktur er- keine rechten Vergleiche Stille, die alles bewegt, im TX Gentlemen ihre Vielsei- kannten. So startete Stephen McRobbie von den Pastels ein. «Her» ist das zweite wohltemperierten und mit tigkeit demonstrieren und den feinen Plattenladen Monorail, der auch Gigs organi- Album der Band. Es ist et- sanften Orgelsounds unter- verzettelten sich dabei. siert. Die einst für den Mercury-Preis nominierten Delga- was weniger schrummelig legten «Lonesome Friends Deshalb klingt «TX Jelly» dos wiederum führen noch heute ihr rühriges Plattenlabel geworden als das ebenfalls of Science» besingt er die selten geschlossen, eher Chemikal Underground sowie ein Studio. Auch Mogwai schon feine Debüt, wirkt «Bastarde in weissen La- wie ein Sampler verschiede- sind Plattenfirmenkapitäne: auf ihrem Label Rock Action geradezu samten in seiner borkitteln», die das Univer- ner Interpreten. Darunter erschien das letztjährige «Scottish Album of the Year» des abgeklärten Unaufgeregt- sum in Ruhe lassen sollten. Gospelstar Paul Cauthen, afro-punkigen Duos Secret Paws. Dieser Preis ist eine mit heit. Dabei handeln die Seine Lieder sind low key, dessen schauderhaften Ge- dem Mercury-Preis vergleichbare Einrichtung, die ebenfalls Texte von durchaus exis- doch der Schalk dahinter sangsbeiträge selbst Pianist von einem Ex-Mitglied der Delgados lanciert wurde. tenziellen Fragen und Hin- blitzt nicht auf, er blendet. Daniel Creamers Soft-Pop- Es gebe in der Glasgower Musikszene keine Aussenseiter, terfragungen: Das ganze Im abschliessenden «When Versuche unterbieten. Wer erklärte C Duncan, dessen erstes, im Schlafzimmer einge- Album drehe sich um die I Get to Heaven», in dem fünf Blindgänger wegste- spieltes Album «Architect» ebenfalls für den Mercury-Preis Bemühungen einer Frau, Prine davon träumt, eine cken kann, freut sich über nominiert worden war. Von Haus aus Komponist, hatte er ihr Potenzial freizusetzen, Musikbar im Himmel zu einen echten Lichtblick sich bis dahin bloss in klassischen Zirkeln bewegt. Als er heisst es. Aber von unsinn- eröffnen, schwelgt er im wie «Bondurant Women», seine Fühler ausstreckte, zeigte niemand Berührungsängste: lichem Bierernst keine Spur. Outlaw-Country und zeigt dessen raffinierter Groove «Ich hatte mit der Szene nichts zu tun. Aber man empfing Das zeigt sich schon beim der Mortalität den Stinke- sich unwiderstehlich ins mich mit offenen Armen. Ich hatte keine Mühe, Auftritts- hinreissend selbst- und finger. Ein Alterswerk, das Ohr schleicht. «Shakin’ All möglichkeiten zu finden. Und man freut sich über meinen post-ironischen Cover. Ein reflektiert und mit jedem Over» schliesslich beweist, Erfolg.» Fund! Durchgang an Tiefe ge- dass die Band auch gnaden- winnt. los losrocken kann. Hanspeter Künzler hpk. mig. tl. DIE NEUEN PLATTEN 45 Prince Split-Singles sind noch nicht ausgestorben und werden vom gestandenen englischen Label No Front Teeth Records öf- ter mal bemüht. Mit ihrer neuen LP haben sich die Black Mambas viel mehr Pop auf die Fahne geschrieben. Astrei- ner Mod-Punk englischer Bauart lässt keine Rückschlüsse mehr auf ihre Herkunft Los Angeles zu. Wer dieser Transi- Larry Bang The Neptune The Lovely tion nachtrauert, hat hier nochmals Gelegenheit, die Band Bang y Los Power Eggs mit einem Bein in der Vergangenheit zu erwischen. «Be Bad Güeros Federation This is Eggland Too» ist R’n’R mit viel Pub-Referenz. Trotz wunderbaren 7 Exitos Romanticos Neath A Shin Ei Sun (Egg Records) Gitarren und einer ansteckenden Rhythmus-Abteilung (Krupuk) (Erotic Volcano Records) vermag der Gesang leider nie die Federgewichts-Klasse zu Für ihr fünftes Album ha- verlassen. Wobei ja auch die Buzzcocks in dieser Klasse bo- Vor Jahresfrist verblüffte Brüder und Schwestern! ben die Lovely Eggs erst- xen, und wer von dieser Süsse angefixt ist, wird froh sein, er mit dem wunderbaren Die Imperial Priestess of- mals einen Produzenten davon noch mehr zu bekommen – und besonders «What Album «I, Import-Export fenbart sich in der Inkar- beigezogen. David Frid- She Say» hat davon reichlich. Wer sich hingegen lieber Mariachi», nun legt Lar- nation der Rocksängerin mann verhalf einst Mercu- im Dreck suhlt, dreht die Platte um und gesellt sich zu ry Bang Bang verwegen Screaming Loz Sutch. Mit ry Rev zu grossen Minuten Suicide Generation. Harter 80er-Neo-Garage der Lime Spi- gleich noch eine EP nach. der Neptune Power Fede- und hat sich in letzter Zeit ders wird hier ebenfalls im Schnellkurs durch den Trash- Diesmal lässt sich der be- ration führt sie uns unter um die Flaming Lips und Wolf gelassen wie auch die Reatards oder Pagans. Zwei geisterte Cowboyhutträger eine Shin-Ei-Sonne. Dazu Tame Impala gekümmert. Gitarren und Schlagzeug müssen dem internationalen, in von Los Güeros begleiten, muss man wissen, dass Ja, Holly Ross und Da- London basierten Quartett genügen. Was live sehr ein- einer eigenwillig versierten Shin-Ei eine japanische vid Blackwell haben für drücklich die Eckzähne in den Nacken bohrt, hinterlässt Combo, in der neben Frank Firma ist, die Fuzz-Pedale die Aufnahmen sogar ihr naturgemäss auf Platte nicht die gleichen Wunden, solange Heer (Former Franks, Me- herstellt. Solche braucht die geliebtes Lancaster verlas- das Budget kein Toe Rag Studio zulässt. Nichtsdestotrotz lomane) an den dicken Neptune Power Federation sen, um sich in einem New drücken die unehelichen Brüder von The Cavemen hier drei Saiten auch der Winterthu- für ihren Stilmix aus Spa- Yorker Studio einzunisten. Hits ins Langzeitgedächtnis. «Last Bad Trip» startet mit ei- rer Untergrund-Entertainer cerock, (Glam-)Punk und An der durchwegs freud- nem überdrehten «Let’s Go»-Ruf und macht gleich klar, Tom Combo – als Cellist! (Stoner-)Metal. Die Austra- vollen Wirkung des von dass der Sänger seine Stimme noch so gerne dem R’n’R – mitmusiziert. Gemeinsam lier wissen, wie man einen ihnen gewohnheitsmässig opfert – Hauptsache, eine letztes Zeugnis ist in die Rillen generieren sie ein herrlich eingängigen Song mit un- veranstalteten Kraches hat gepresst. Immer wieder durchsägen kurze, schnelle, grosse rumpelndes Programm erwarteten Breaks schreibt der prominente Mitarbei- Gitarrensolos den Lärm, bevor die Scheinwerfer dann für irgendwo zwischen au- und diesen anschliessend ter nichts geändert. Wie- fünfzehn Sekunden auf dem Sechssaiter hängen bleiben. genzwinkerndem Country mit Gitarren und Schwei- derum eine Spur härter ist «Phoenix Women» und der Theme-Song-Hit «Suicide» le- und lateinamerikanischen neorgel zum Underground- der Sound geworden, pfun- gen dann gar noch einen Gang zu, was anderswo gleich Schmachtfetzen. Es ist ein Hit formt. Vor allem aber diger. Und mit psychede- auf drei A-Seiten verteilt worden wäre. Die Suicide Kings mal beschwingter, mal be- haben sie eine Sängerin mit lischen Verzerrungen und erfreuen sich bestimmt ihrer Namensvetter. schwipster Soundtrack, den einer kräftigen, wandel- Flubber-Geräuschen wird man schweigend ins poröse baren Stimme und ausser- weniger gespart als auch Philipp Niederberger Herz einsickern lässt, wäh- weltlichem Charisma. Der schon. Aber die Schablone rend man am Tresen sitzt Titeltrack startet stürmisch ist die gleiche geblieben: und die eine oder andere und verwandelt sich in eine hinten ein mächtiger Wall- Träne in die Tequila-Tasse durchgeknallte Predigt mit of-Gitarren/Drums-Sound kullern lässt. Bevor sich seligem Chor, so dass man im Andenken an Jesus die Nadel dann nach 19½ an die Rocky Horror Show & Mary Chain, vorn die Minuten wieder aus der denkt. «Opium Den» er- Stimme von Ross, die mit Rille hebt. Ein Seufzer, ein innert an Motörhead, dickem Lancaster-Akzent paar geübte Handgriffe, manchmal sind Turbone- wunderbar böse Sprüche und schon geht ein weite- gro und ihr Humor nicht klopft, die noch dazu mit rer Hörduchgang los. Und weit. Im ausufernden Raus- wundersamen Ohrwurm- noch einer. Und noch einer. schmeisser «We Shall Tri- qualitäten ausgestattet Bis hinten am Horizont die umph» schliesslich macht sind. «Fun-Punk» ist einer Sonne duch die morgendli- Screaming Loz Sutch zu der garstigsten Auswüchse che Dämmerung glitzert. gezupften Violinen Grace des modernen Musikschaf- Slick Konkurrenz, bevor fens – vor allem deswegen, amp. ihre Begleiter die Effektpe- weil dort «Fun» zumeist dale durchtreten und der mit puerilem Blödsinn ver- Live: 7.4., Helsinki, Zürich; Transzendenz entgegen ro- wechselt wird. Die Lovely 13.4., Café Kairo, Bern; cken. Brüder und Schwes- Eggs sind anders: Sie sind 21.4., Treibhaus, Luzern tern, begrüsst eure neue wirklich Fun – und auch Lieblingsband The Neptu- wirklich Punk. ne Power Federation. hpk. ash. LIVE SALZHAUS

Dark-Pop 18 WARHAUS BE 04

Noise-Rock/Shoegaze 24 A PLACE 04 TO BURY STRANGERS US

Post-Rock 25 GODSPEED 04 YOU! BLACK EMPEROR CA

Indie-Pop 01 J. 05 BERNARDT BE

TRANQUILLO EINE LETTERBOX COLLECTIVE.. FILMPRODUKTION.. SOLOTHURNER FILMTAGE EIN FILM VON JONATHAN JAGGI, SELINA SPANI, GABRIEL ERISMANN NOMINATION PRIX DU PUBLIC

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Abkapseln mit Pyrit Driften mit Liniker e os Caramelows

Let’s get lost, einmal mehr: Drei Jahre nach seinem Bad-Trip-Weltall-Al- Es ist eine umwerfende Erfolgsgeschichte, die diese Band geschrieben bum «Ufo», auf dem Thomas Kuratli alias Pyrit die Geschichte einer Ab- hat. 2015 wurde sie in der Stadt Araraquara nordwestlich von São Paulo kapselung erzählt hat, nach grossen Konzerten auch, bei denen der Filmer gegründet, ein Jahr später folgte das Debütalbum «Remonta» – und da- und Musiker seine Tracks mit allerlei Lichtelementen kurzgeschlossen hat, mit bereits der Durchbruch. Die Redaktion des brasilianischen «Rolling veröffentlicht er sein zweites Album. «Control» heisst diese neuste, genau Stone» platzierte das Werk auf der Liste der zehn besten Alben des Jahres. durchkomponierte Platte des St. Gallers mit Wahlheimat Paris. Wiederum Im Zuge dieser Auszeichnung spielten Liniker (der Name ist eine Reminis- erzählt das Album eine Geschichte, diesmal jene eines Wesens, «das sich zenz an den britischen Goalgetter Gary Lineker) und seine Caramelows aus dem beklemmenden Innern einer Maschine befreien will», wie es auf auf grossen Festivals wie Rock in Rio, South By Southwest in Austin und dem Waschzettel heisst. Was sicher ist: Der Weltallblues klingt hier elektro- Primavera in Barcelona. nischer, aber auch weit detailreicher, schöner auch und gar noch ein wenig Der Sänger, der als Transgender zwischen den Geschlechterrollen driftet, verlorener als auf dem Debüt. Und wenn sich Pyrit zum Schluss in die führt seine Musikerinnen und Musiker durch einen irrwitzigen Mix aus Unterwelt fallen lässt, dann klingt das wunderbar. (bs) Siebzigerjahre-Funk, Fusion, Samba, R’n’B und afrikanisch anmutenden Liedern, wobei sich Ekstase und Wehklage abwechseln. Unerhört – und 4.4., Bogen F, Zürich; 6.4., Bad Bonn, Düdingen; 7.4., Palace, St. Gallen auch in unseren kühleren Breitengraden umwerfend. Die Erfolgsgeschichte geht weiter.

5.4., Rote Fabrik, Zürich

Stanser Musiktage mit The Thing

Die Rockmusik, so heisst es, durchlebe eine nun schon seit Jahren andau- Strukturieren mit Young Fathers ernde Krise. Und das stimmt schon, wenn man sich beispielsweise die neu- en Alben von Jack White oder Julian Casablancas anhören muss. Aber es Der Legende zufolge hat das Trio aus Edinburgh seine ersten Tracks mithil- stimmt nicht, wenn man den Fokus ein wenig erweitert und beispielsweise fe von Karaokemaschinen und Kassettenrekordern fabriziert. Dazu passt, eine Band wie The Thing nicht als Jazztrio, sondern als Rock’n’Roll-Meute dass Young Fathers ein paar Jahre später mit Mixtapes debütierten. 2014 bezeichnet. Denn wenn der Saxofonist Mats Gustafsson mit dem Bassis- folgte schliesslich das erste reguläre Album «Dead», mit dem sie den Mer- ten Ingebrigt Haker Flaten und dem Schlagzeuger Paal Nilssen-Love zu- cury Prize gewannen (und dabei Favoriten wie etwa FKA Twigs auf die sammenspannt, dann klingt das so ungebändigt und so laut, wie man sich Plätze verwiesen). Es folgte der Umzug nach Berlin, wo das Nachfolgewerk das eigentlich auch von den Kollegen mit den Gitarren erhofft. The Thing «White Men Are Black Men Too» entstand. Sie gingen mit Massive At- pflegen ein Repertoire, das Stücke von Lightning Bolt ebenso umfasst wie tack auf Tournee und steuerten sechs Stücke zum Soundtrack des zweiten solche von Don Cherry oder Ornette Coleman. Doch nur brachial ist das «Trainspotting»-Films bei. dennoch nicht, wenn The Thing aufspielen, wie sie etwa 2012 mit ihrem Nun kehren Alloysious Massaquoi, Kayus Bankole und Graham «G» gemeinsamen Album mit Neneh Cherry bewiesen. Die Band dürfte den- Hastings mit dem Album «Cocoa Sugar» zurück, das einen musikalischen noch der lauteste Programmpunkt der Stanser Musiktage sein. Dieses Jahr Richtungswechsel markiert. Dominierte früher experimenteller Sprechge- glänzt das Festival mit einem Programm, das von Amadou & Mariam bis sang mit Punkrock-Attitüde, so geht es nun strukturierter und – ja – melo- hin zu den lokalen Hanreti oder Blind Butcher reicht, die beide mit einem diefreudiger zur Sache. Unter Popverdacht stehen die Young Fathers des- Extended-Spezialprogramm zu erleben sind. Kurz: Man sollte im April ein- halb aber keineswegs, denn in ihren Texten thematisieren sie weiterhin die mal mehr nach Stans reisen. (bs) Schräglage dieser Welt. Ohne Kompromisse. (amp)

10. bis 15.4., Stanser Musiktage, Stans; www.stansermusiktage.ch 11.4., Rote Fabrik, Zürich NACHTSCHICHT

Spannkraft mit Kacy & Clayton Verirren mit Romain Virgo

Kacy Anderson und Clayton Linthicum sind seit Kindesbeinen miteinan- Na nu? Ein Reggaesänger aus dem TV-Casting? Das ist durchaus möglich, der befreundet und obendrein verwandt. Die beiden kanadischen Cousins wie Romain Virgo beweist. Der Jamaikaner hat als Teenager gleich zwei zweiten Grades, aufgewachsen im Niemandsland der Prärieprovinz Sas- bedeutende mediale Gesangswettbewerbe gewonnen – und anschliessend katchewan, entdeckten 2009 ihre gemeinsame Liebe zum altehrwürdigen clever seine weitere Karriere geplant. Seine Musik legte er in die Obhut Sixties-Folk. Bereits ein Jahr später traten sie als Kacy & Clayton nicht nur weitsichtiger Produzenten und holte sich im Vorprogramm von Grössen in Folk-Clubs, sondern auch bereits an Festivals auf. Bis dato hat das Duo wie Capleton den Live-Schliff. Auf seinen ersten beiden Alben – «Romain vier Alben veröffentlicht, die sich vor allem dadurch auszeichnen, dass sie Virgo» und «The System» – berichtet der Sänger von seinen Exkursionen zwar auf die guten alten Folk-Traditionen zurückgreifen, dabei aber nicht ins verwirrende Reich der Liebe, in dem er sich natürlich auch immer mal verstaubt klingen. Das Gitarrenspiel ist glockengleich, die Rhythmen sind wieder verirrt. Nun kehrt der Jungmeister des Lover’s Rock mit seinem perlend, und der Gesang von Anderson wirkt ebenso engagiert wie inspi- Drittling «Love Sick» zurück, der kurz vor seinem Zürcher Auftritt ver- riert – und erinnert in seiner Phrasierung an die 1978 verstorbenen Sandy öffentlicht wird. Die zugehörige Single dreht bereits seit einiger Zeit ihre Denny. Dementsprechend bedienen sich Kacy & Clayton sowohl beim bri- Runden auf YouTube und lässt die Zuhörerschaft in höchsten Tönen ju- tischen als auch beim nordamerikanischen Folk. Auf ihrer aktuellen Platte bilieren. «This man is the best!», fasst es ein Fan in der Kommentarspalte «Siren’s Song» (2017), produziert von Jeff Tweedy, beweist das Duo, dass zusammen. Das wussten bereits die Casting-Juroren, und wir schliessen sich Nostalgie auch in Spannkraft äussern kann. Am selben Abend sind uns dem Urteil an. (amp) überdies The Deep Dark Woods zu hören, und das nicht von ungefähr, denn: Linthicum war einst Mitglied der Alternative-Country-Band um 13.4., Rote Fabrik, Zürich; 14.4., Kaserne, Basel Frontmann Ryan Boldt. (mig)

18.4., TapTab, Schaffhausen Lobpreisen mit Papst & Abstinenzler

Gabriel Vetter hat recht, wenn er schreibt: «Mit diesem neuen Album (und, Leute, I shit you not, es ist ein gutes, ein richtig gutes Album) liefert Odi Texte ab, dass du denkst: Okay, ihr St. Galler, ihr Berner, ihr Zürcher. Scheiss auf eure Mundartmusik, ihr Wichsers! Denn das hier, diese Platte, das ist verdammtes Meienberg-Material. Sodass man nicht mehr weiss, ob man seine Heimatstadt jetzt lieben oder hassen soll. Da thronen die Herren Gott begegnen mit Spectrum von Papst & Abstinenzler auf ihren Barhockern in der so bösartig bezau- bernden Nordostschweizer Kackstadt und singen ein Loblied auf Schafe im Eine Band, die eine Wiedervereinigung trotz immer neuen Angeboten noch Geröll. Und womit? Mit Recht! Denn je öfter man den gleichnamigen Song immer ausschliesst, sind Spacemen 3. Zu viel muss damals zwischen Ja- hört, desto klarer wird es einem: Das hier ist die Résistance of Elégance.» son Spaceman und Pete Kember alias Sonic Boom kaputt gegangen sein, Das Album «Bar ‹A d Schnore›» wurde 2016 aufgenommen, und es klin- als sich 1991 die Wege der beiden im Unfrieden trennten. Doch wer den ge «wie eine Fahrt durch die erdige Popgeschichte: Blues- und Chanson- primitiven Drogen-Psychedelikern noch immer nachtrauert, kommt ja im- Anleihen, Achtziger-Lo-Fi-Pop, beatleske Sixties-Melodien und Indiepop à mer dann am besten auf die Rechnung, wenn Sonic Boom mit seiner Band la Wilco hört man aus ihrer Musik heraus», schwärmte Christa Helbling Spectrum durch die Lande reist. Kember hat sie gleich nach dem Ende der im Radio Stadtfilter. Also bringen wir hier jetzt noch ein Text-Müsterchen Spacemen 3 gegründet, und er spielt – anders als bei seinen modularen aus dem Titel «Musig us de Schwiiz», in dem AC/DC & good ol’ Blind Synth-Forschungen, die er in Solokonzerten pflegt – Sounds und Songs, Willie McTell verkalauert werden: «Nei ich ha kei Heiweh noch de Bärge die dort anknüpfen, wo seine Urband aufgehört hat. Und wenn man dann / Höchschtens ä Highway to Hell / Und ich cha mit em Blind Willie Mc / weggetreten ist, dann kann einem im Gospel «Lord I Don’t Even Know My Definitiv meh aafange als mit äm Wilhelm Tell.» Also: Fack ju Schiller! Sii Name» schon mal Gott begegnen, so gross ist diese Musik. (bs) ju @ el Lokal. (alp)

19.4., Kaserne, Basel; 20.4., Zukunft, Zürich; 21.4., Dampfzentrale, Bern 21.4., El Lokal, Zürich NACHTSCHICHT

Fliegen mit Godspeed You! Black Emperor Adlerkreischen mit Equiknoxx Music

Ihre Musik wurde einst wie folgt beschrieben: «kraftvolle Kunstflugmanö- Was ist das bloss für ein Stotter- und Klickgeräusch aus einem vordigitalen ver im akustischen Raum, allerdings nicht von einer wendigen Propeller- Zeitalter! Eines, das von einem Kassettengerät oder einer Schreibmaschi- maschine ausgeführt, sondern von einer wuchtigen Boeing 747». Diesen ne stammen könnte und sich zu einem pochenden Puls zusammensetzt. ständig wechselnden Steig- und Sturzflug zieht das Ensemble aus Mont- Über diesen könnte nun ein gewiefter Reggaesänger seine Stimme legen. real auch im dritten Jahrzehnt seines Bestehens unbeirrt durch. Nachdem Stattdessen kreischt im lustig betitelten Track «Enter a Raffle . . . Win a Godspeed You! Black Emperor zu Beginn der Nullerjahre mit dem gross- Falafel» ein Adler. Dieses Adlerkreischen ist das Markenzeichen des ja- artig betitelten Doppelalbum «Lift Your Skinny Fists Like Antennas to maikanischen Kollektivs Equiknoxx Music, und der Schrei taucht in den Heaven» für Furore gesorgt hatten und zwei Jahre später den Nachfolger zerklüfteten Tracks ihres Debüts «Colón Man» immer wieder auf: mal ver- «Yanqui U.X.O» vorlegten, folgte eine lange Phase von Soloprojekten, die hallt, mal digital gepresst, zuweilen bedrohlich, dann wieder urkomisch. erst 2012 mit dem Comeback-Album «‘Allelujah! Don’t Bend! Ascend!» Es ist dieser Irrwitz und frohe Abenteuergeist, mit dem Equiknoxx seit endete. Seither ist das Kollektiv wieder fleissig unterwegs, nun eben mit Jahren die typischen Muster des Dancehalls aufsprengen. Denn die Gruppe dem aktuellen Werk «Luciferian Towers. Einer Platte, die sich eigentlich um die Kernproduzenten Gavin «Gavsborg» Blair und Jordan «Timecow» der näheren Beschreibung entzieht. Was bleibt, ist Schweigen. Und natür- Chung sowie der Sängerin Shanique Marie setzen auf Geräusche, die aus lich Dröhnen. (amp) Musique-concrète-Stücken stammen könnten, auf Keyboardflächen, die Ambient zitieren. Equiknoxx bauten auch Samples von den Protoelektro- 25.4., Salzhaus, Winterthur nikern Silver Apples ein, die im machoiden Dancehall-Kontext so verwir- rend wie unerhört wirken. Geschenkt, dass man dazu tanzen kann – bis der Adler kreischt. (bs) Abklatschen mit den Sleaford Mods 27.4., Palace, St. Gallen Wer sie jetzt noch nicht liebt, liebt sie nimmer mehr: Die Sleaford Mods haben als wahrhaftige Anti-Britpopper die englische Musikszene von un- ten her aufgerollt und wüten längst auf den grossen Bühnen weit über die Brexit-Insel hinaus. Die Wut und den Witz, das Wort-Stakkato und die minimalistischen Hip-Hop- und Post-Punk-Versatzbeats des Duos aus Nottingham muss man auch als Skeptiker live erlebt haben, um das Phä- Verwischen mit Jlin nomen würdigen zu können. Für das dritte Schweiz-Gastspiel von Sprech- sänger Jason Williamson und Laptop-Instrumentalist Andrew Fearn sind Man kommt nicht umhin, an «Flashdance» zu denken, den Kinokassen- die Publikumsreaktionen nun eingeübt: mitzucken, ohne das ganze Bier schlager aus den frühen Achtzigerjahren. Denn wie dessen Protagonistin zu verschütten, dabei Dosentrinker Fearn zuprosten und/oder Williamsons hat Jerrilynn Patton tagsüber im Stahlwerk geschuftet und nebenher ihre Hinterkopfpeitsche imitieren, laut dessen Worten «wie ein Idiot oder ein künstlerischen Träume verfolgt. Ihr Mathematikstudium hatte sie abgebro- Spielpferchen»; so oft mitrappen wie möglich, vor allem bei «Jobseeker» chen und sich eigentlich bereits mit ihrem unspektakulären Leben abgefun- und «Tweet Tweet Tweet». Wenn es um Boris Johnson («Moptop») und all den, als ihr erstes Album «Dark Energy» 2015 einen Begeisterungssturm die anderen Hassfiguren geht, auch mal mitfluchen, mit Vorteil in gequäl- auslöste. Ihre hochgetakteten Dancetracks verblüfften und verwirrten tem Midlands-Dialekt. Aktualisierungen seit dem 2017er-Album «English durch die Aneinanderreihung von Überraschungsmomenten und das Ver- Tapas» sind nicht zu erwarten, Williamson ist nicht für lange Songansagen wischen von Spuren. Letzteres hat sie auf dem Nachfolgewerk «Black Ori- bekannt. Den Brexit hat er darauf en passant bereits verwurstet, etwa mit gami» weiter perfektioniert, sodass es kaum noch möglich ist, Samples von der Phrase «Brex City Rollers» oder einem Seitenhieb auf den Austritts- eigenen Instrumentalspuren zu unterscheiden. Im Schaffen der 30-Jährigen befürworter (Sir) Ringo Starr. Und Russland und vergiftete Spione dürf- wird alles zu Klang, Rhythmus und Energie, was dann in Tanz übersetzt ten ihm ebenso egal sein wie der ganze Fussballzirkus inklusive WM. Im wird. Kein Wunder also, hat Jlin inzwischen auch die Musik für eine Bal- letzten Mai in Winterthur trug er keine Halb- oder Sportschuhe, sondern lettaufführung komponiert. Sie weiss, wie man Füsse stilsicher in Bewe- hübsche Sandalen. Kein Witz. (mel) gung versetzt. (amp)

26.4., Case à Chocs, Neuenburg; 27.4., Mascotte, Zürich 28.4., Rote Fabrik, Zürich SZENE Atlantis_2016_Version_3_Atlantis_2016 26.01.16 18:18 Seite 1

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