Bonner Zoologische Beiträge
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ZOBODAT - www.zobodat.at Zoologisch-Botanische Datenbank/Zoological-Botanical Database Digitale Literatur/Digital Literature Zeitschrift/Journal: Bonn zoological Bulletin - früher Bonner Zoologische Beiträge. Jahr/Year: 1978 Band/Volume: 29 Autor(en)/Author(s): Böhme Wolfgang Artikel/Article: Zur Herpetofaunistik des Senegal 360-417 © Biodiversity Heritage Library, http://www.biodiversitylibrary.org/; www.zoologicalbulletin.de; www.biologiezentrum.at Bonn, 360 zool. Beitr. Zur Herpetofaunistik des Senegal von WOLFGANG BÖHME, Bonn Einleitung Ziele und Aufgaben faunistischer Bearbeitungen sind bei der Auswer- tung einer herpetologischen Kamerun-Ausbeute vom Verfasser in einigen Grundsätzen formuliert worden (Böhme 1975: 2). Die etwa gleichzeitig von Mayr (1975: 238) geäußerte Kritik an dieser Art von Publikationen, die er „insgesamt zu den am wenigsten effektiven Möglichkeiten taxo- nomischer Studien" zählt, kann nicht unwidersprochen bleiben. Sie stimmt zwar insofern, als gründliche revidierende Arbeit nur in Ausnahmefällen geleistet werden kann, geht jedoch am eigentlichen Zweck faunistischer Arbeiten, wie sie der Verfasser versteht, völlig vorbei. Denn erstens sol- len sie das Terrain für taxonomische Revisionen erst erschließen und vor- bereiten, und zweitens sollen sie die im Feld gewonnenen Daten und In- formationen, die für spätere Revisoren am konservierten Objekt nicht mehr rückschließbar sind, festhalten und sichern. Mayrs (1. c.) Einwand, fau- nistische Arbeiten seien in der Anfangszeit der Taxonomie zwar willkom- men gewesen, heute jedoch unerwünscht, ist entgegenzuhalten, daß für viele Tiergruppen — auch Wirbeltiere! — und für viele geographische Gebiete die Gegenwart durchaus noch als Anfangszeit ihrer taxonomischen Erforschung gelten muß. Dies trifft auch für die westafrikanischn Herpeto- fauna zu. Das in dieser Arbeit zu besprechende Material hat der Verfasser ge- meinsam mit seinen Mitarbeitern Wolfgang Hartwig und Klaus Ullenbruch im Verlaufe einer dreimonatigen Forschungsreise im Senegal gesammelt. Es wird ergänzt durch Material der sechsmonatigen Afrika-Reise von Herrn U. Joger, soweit dieses ebenfalls aus dem Senegal stammt. Es dient dazu — einer Bestandsaufnahme der ganz unzureichend bekannten, senegale- sischen Herpetofauna näherzukommen und — um Vergleichsunterlagen zu dem von uns im ariden Norden Kameruns gesammelten Material zu erhalten und dadurch die Basis für taxo- nomische Revisionen, die den gesamten subsaharischen Savannen- gürtel vom Atlantik bis zum Roten Meer abdecken müssen, weiter zu vergrößern. © Biodiversity Heritage Library, http://www.biodiversitylibrary.org/; www.zoologicalbulletin.de; www.biologiezentrum.at Heft 4 Herpetofaunistik des Senegal 361 29/1978 Danksagung Unser Dank gilt wiederum allen Personen und Institutionen, die bei der Vorbereitung und Durchführung der Reise sowie bei der bisherigen Aus- wertung des Materials geholfen haben. Bei den Vorbereitungen erfuhren wir aktive Unterstützung und Hilfe durch die Botschaften der Republik Senegal in Bonn und der Bundes- republik Deutschland in Dakar, die uns den Weg zu einer hervorragenden Kooperation mit der Direction des Eaux et Foréts ebneten, und an die wir hier dankbar erinnern. Zum wiederholten Male erfuhren wir auch die Unterstützung mehrerer Firmen durch Arznei-, Lebensmittel- und Ge- 1 brauchsgüterspenden ). Während der Reise konnten wir die Hilfe und Gastfreundschaft zahl- reicher im Lande lebender Europäer in Anspruch nehmen, von denen wir ganz besonders dankbar Dr. Bernard Hubert, Centre ORSTOM de Dakar, und Gérard und Yvonne Morel, Station d'Écologie de Richard-Toll, er- wähnen. Von ihnen wurden unserem Museum auch aus ihren kleinen herpetologischen Kurssammlungen interessante Stücke überlassen, zu de- nen Dr. Alain Poulet, Dakar, ebenfalls Material beisteuerte. Die bisherige Auswertung erfuhr schon während unseres Aufenthaltes im Lande wichtige Impulse durch Diskussionen, die ich mit dem zeitweilig an der IFAN-Sammlung, Universität Dakar, tätigen amerikanischen Herpe- tologen Daryl R. Karns führen konnte. Er vermittelte mir wichtige Infor- mationen über seine zweijährigen Erfahrungen mit der senegalesischen Herpetofauna, von denen auch einige in diese Arbeit eingegangen sind. Außerdem begleitete er mich, zusammen mit seiner Frau Karen, auf klei- neren Exkursionen. Der Kurator für Vertebraten an der IFAN-Sammlung, Herr Mamadou Cissé, gab ebenfalls wertvolle Hinweise und überließ uns auch einige wichtige Sammlungsstücke. Später stellte auch Dr. Jean-Luc Perret, Geneve, wieder seinen Rat zur Verfügung und half bei der Deter- mination einiger Anuren, die er zum Teil auch revisorisch bearbeiten wird. Auch Herr Ulrich Joger, Marburg, beteiligte sich an der Bearbeitung durch die Revision einer Gecko-Gruppe und gab überdies sein Einverständnis, das von ihm gesammelte Senegal-Material hier mit zu berücksichtigen. *) Roussel Pharma GmbH, Köln; Merck, Darmstadt; Bayer Pharma-Büro, Köln; Gödecke GmbH, Freiburg; Dynamit-Nobel AG, Troisdorf; Milchwerke Wöhrmann GmbH, Kalkar; Köllnflockenwerke, Elmshorn; Daimon GmbH, Berlin; C. H. Knorr GmbH, Heilbronn; 3 Glocken GmbH, Weinheim, und Kautex-Werke, Bonn. © Biodiversity Heritage Library, http://www.biodiversitylibrary.org/; www.zoologicalbulletin.de; www.biologiezentrum.at Bonn, 362 W. Böhme zool. Beitr. Dankbar erwähnen wir schließlich wieder die Förderung unseres ge- samten Afrika-Projektes durch Herrn Prof. Dr. Martin Eisentraut, der als langjähriger Direktor des Museums Koenig die Grundlage dafür schuf und dadurch auch diese Reise erst möglich machte. Reiseverlauf und Sammelplätze Unsere mit dieser Reise verbundene Absicht war, die in Nordkamerun, also im zentralen Teil des Sudangürtels gesammelten Erfahrungen nun- mehr durch Aufsammlungen und Beobachtungen im westlichen Sudan- bereich zu ergänzen. Dabei, sollten von den drei Monaten je einer dem Norden des Senegal (Région du Fleuve), dem Süden (Casamance) und dem Südosten (Sénégal Oriental) gewidmet sein, um einerseits die Sahel- und Sudanfauna, andererseits die der Guinea-Waldreste kennenzulernen. Der Südosten versprach besonders wichtig zu werden, da hier herpeto- faunistisch so gut wie nichts bekannt ist, die dort zu findenden letzten Hügelausläufer des Fouta-Djalon-Gebirges aber ein besonders gefächertes Biotopspektrum darstellen. Gesammelt wurden von uns wiederum Amphibien, Reptilien, Vögel und Kleinsäuger (Bearbeitung der Vogelausbeute s. Wolters 1977, van den Elzen und Wolters 1978; der Säugerausbeute: v. Lehmann 1977, Böhme und Hutterer 1978, Heim de Balsac, in Vorbereitung, und Hubert u. Böhme 1978). Der Verlauf der im VW-Bus durchgeführten Reise sowie die Plätze, an denen gesammelt wurde, werden im folgenden kurz geschildert (s. auch Karte). Die Anreise erfolgte per Schiff von Marseille nach Dakar, wo wir am 1. XI. 1975 eintrafen. Von dort führte die Route über Rufisque und Bayakh nach Mboro- sur-mer, wo wir das erste Standlager aufschlugen. Mboro liegt im Bereich des mächtigen Dünengürtels (Abb. 1), der sich, von Mauretanien kommend, von der Senegalmündung bis zur Halbinsel des Cap Vert erstreckt. Die weißsandigen re- zenten Dünen sind zum Teil mit Opuntienhorsten befestigt. Zum Strand hin gibt es einige flache, brackige Lagunen mit Mangrovensaum. Das Lager wurde direkt neben einem leerstehenden gemauerten Gebäude aufgeschlagen, das durch eine Gruppe angepflanzter Pinien windgeschützt war. Zahllose Sparen im feinen Dünen- sand wiesen auf eine besonders starke Population von Ocypode cursor (L.) hin, die als charakteristische Strandkrabbe, nach Auskunft von Prof. L. Holthuis, Leiden, vom Cap Blanc (Mauretanien) die Atlantikküste bis Angola bewohnt. Sie stellt sicher einen Faktor auch für die hier lebenden Eidechsenpopulationen dar, zumal, wie der Verfasser früher an türkischen Potamon beobachten konnte, Eidechsen (damals Agama stellio) durchaus zum Beutespektrum terrestrischer Dekapoden gehören können. Von Mboro erreichten wir über Tivaouane die Hauptstraße (N 2) nach Norden und befuhren sie über Louga und St. Louis (Einzelaufsammlung bei Ndande) bis Richard-Toll. Hier konnten wir in der von G. Morel geleiteten Station © Biodiversity Heritage Library, http://www.biodiversitylibrary.org/; www.zoologicalbulletin.de; www.biologiezentrum.at Heft 4 Herpetofaunistik des Senegal 363 29/1978 Abb. 1. Rezente Dünen am Atlantik bei Mboro-sur-mer. Typischer Biotop von Agama boueti, Acanthodactylus inornatus aureus und A. dumerili. Phot.: W. Böhme © Biodiversity Heritage Library, http://www.biodiversitylibrary.org/; www.zoologicalbulletin.de; www.biologiezentrum.at Bonn, 364 W. Böhme zool. Beitr. d'Écologie ORSTOM Quartier beziehen. Das Gelände der Station mit seinen Gebäuden ließ das Sammeln kommensal lebender Arten zu. doch auch die regel- mäßig bewässerten Gärten machten das Beobachten und Sammeln anderer Arten leichter als im umliegenden Gelände. Die Umgebung von Richard-Toll ist als trockene Sahel-Ssvanne charakterisiert, die allerdings im Einzugsbereich des Senegal-Stromes mit etwas Auwald um- gebene Altwasserarme aufweist (Abb. 2). Auch findet man ausgedehnte, durch ein System perennierender Bewässerungsgräben versorgte Reis- und Zuckerrohr- kulturen. Besonders letztere bieten, zusammen mit eingestreuten geschlossenen Primärbeständen der Asklepiadacee Calotropis procera —einer Sahel-Leitpflanze — auch größeren Säugetieren wie Falbkatze (Felis lybica), Goldschakal (Canis aureus) und Warzenschwein (Phacochoerus aethiopicus) deckungsreichen Lebensraum. Abb. 2. Altwasserarm am Senegalfluß bei Richard-Toll. Bevorzugter Aufent-