In Der Mitte Der Partei Gründung, Geschichte Und Wirken Des Seeheimer Kreises
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In der Mitte der Partei Gründung, Geschichte und Wirken des Seeheimer Kreises Herausgegeben von ISBN 3-00-016396-4 Johannes Kahrs und Sandra Viehbeck In der Mitte der Partei Gründung, Geschichte und Wirken des Seeheimer Kreises Herausgegeben von Johannes Kahrs und Sandra Viehbeck © 2005 Die SEEHEIMER e.V., Berlin, Alle Rechte vorbehalten Redaktion: Michael Fuchs Gestaltung und Satz: Sascha Bittner Herstellung: printjob24.de, Berlin ISBN 3-00-016396-4 Inhaltsverzeichnis 4 Vorwort 5 Grußwort von Bundeskanzler Gerhard Schröder 6 Grußwort von Bundestagspräsidentin a. D. Annemarie Renger 7 „Freunde sauberer Verhältnisse“ - Wie Egon Franke und Karl Herold die Kanalarbeiter gründeten 11 „Unkeler Gefunkel“ - Auf die Pflege ihrer Gemeinsamkeiten legten die Kanaler großen Wert 13 „Solide Unterstützung“ - Erste Kontakte zu den Seeheimern – Die Kanalarbeiter lösen sich auf 15 „Reale Reformer“ - Die Anfänge der Seeheimer: Metzger-Kreis, Linke Mitte, Fritz-Erler-Kreis, Vogel-Kreis und Lahnsteiner Kreis 20 „Signalwirkung“ - Der Parteitag in Hannover 1973 und die Vorstandswahlen 22 „Organisierte Gegenmacht“ - Der Seeheimer Kreis gründet sich in Lahnstein – „Godesberg und die Gegenwart“ 29 „Neue Herausforderungen“ - Die Seeheimer in der Regierungsverantwortung 32 „Ungewohntes Bild“ - Kernkraftfrage, „angegrünte“ Schichten und die Löwenthal-Thesen 38 „Sicherheitspolitischer Sinneswandel“ - Die Kontroverse um den NATO-Doppelbeschluss 43 „Streit der Ideologien“ - Die 80er Jahre – Gründung der Kurt-Schumacher-Gesellschaft, Kritik am SPD/SED-Papier 48 „Befürworter der Einheit“ - Die Seeheimer und die Wiedervereinigung 52 „Paukenschlag“ - Die Seeheimer in den 90ern – der Weg zur Regierungsfähigkeit 56 „Staffettenwechsel“ - Die Seeheimer am Anfang des 21. Jahrhundert 60 Die Veranstaltungen des Seeheimer Kreises Der SEEHEIM Mittagstisch Die SEEHEIM Tagungen Die SEEHEIM Spargelfahrt VORWORT GRUSSWORT DES BUNDESKANZLERS Vorwort Mehr als 30 Jahre liegt die Gründung des Seeheimer Kreises nun zurück. Mehr als 30 bewegte Jahre, in denen die Seeheimer vieles erreicht und so manches möglich gemacht haben: Da sind die großen Namen der Genossinnen und Genossen der ersten Stunde, von Annemarie Renger bis Hans-Jürgen Wischnewski. Da sind die wichtigen Entscheidungen, bei denen die Seeheimer immer deutlich Position bezogen haben, nicht selten gegen heftige Kritik von außen. Das Richtige zu tun für Deutschland und seine Bürger war stets ihr Ziel. „Nur wer die Vergangenheit kennt, hat eine Zukunft“, hat Wilhelm von Humboldt einmal gesagt. Die Geschichte der Seeheimer gibt uns ein Bei- spiel dafür. Die Reformen, die Deutschland gerade heute so dringend nötig hat – wir werden sie mit ebensolcher Kraft angehen, wie es die Seeheimer auch in der Vergangenheit getan haben. Unsere Vergangenheit ist uns ein gutes Vorbild, wie wir zielstrebig unsere Positionen vertreten wollen. Basie- rend auf unseren sozialdemokratischen Überzeugungen werden die Seeheimer ihren Beitrag leisten für ein erfolgreiches Deutschland im 21. Jahrhundert. Petra Ernstberger Klaas Hübner Johannes Kahrs 4 VORWORT GRUSSWORT DES BUNDESKANZLERS Grußwort von Bundeskanzler Gerhard Schröder Die Seeheimer – was verbindet sich nicht alles mit diesem Namen! Da gehen die Gedanken zunächst zurück zu Egon Franke und Annemarie Renger und den Kanalarbeitern aus der Bonner Rheinlust. Seit mehr als drei Jahrzehnten gehören die Seeheimer zu den festen Größen der Sozialdemokratie, ja der deutschen Politik insgesamt. An allen wichtigen Wegmarkierungen der SPD waren sie entscheidend beteiligt. Sitzungen der Bundestagsfraktion und Parteitage waren ohne ihre gewichtigen Wortmeldungen nicht denkbar. Ihren Stempel haben sie nicht nur den dort gefassten Beschlüssen aufgedrückt; sie haben damit bis heute auch maßgeblich Anteil an den großen Ent- scheidungen und Weichenstellungen für unser Land. Gerne versammeln sich aktive und ehemalige Abgeordnete, Freunde und Mitstreiter zur traditionellen Spargelfahrt der Seeheimer. In vertrauter Runde trifft man sich alljährlich zu einer Schiffstour bei Spargel und Wein zum Gedankenaustausch in geselliger Runde. Nachdem inzwischen fast ein halbes Jahrhundert seit dem ersten informellen Zusammentreffen der Kanalarbeiter vergangen ist, soll diese Chronik die See- heimer und ihre Weggefährten zum Blick zurück animieren und sie an so manches in Vergessenheit geratene Ereignis erinnern. Ich wünsche allen bei der Lektüre viel Vergnügen. Gerhard Schröder Bundeskanzler 5 GRUSSWORT ANNEMARIE RENGER FREUNDE SAUBERER VERHÄLTNISSE Grußwort von Bundestagspräsidentin a. D. Annemarie Renger 2005 jährt sich das Ende des Zweiten Weltkriegs zum sechzigsten Mal. Es war Kurt Schumacher, der in den ersten Nachkriegsjahren die deutsche Sozialdemokratie formte und prägte wie kein anderer. Peter Merseburger nannte ihn in seiner Biographie einen „der Grossen des deutschen Neu- beginns“. In seinen letzten Lebenswochen hat Kurt Schumacher festgestellt, dass die Frage der deutschen Einheit für unser Volk ein zentrales Problem sei, gleich- zeitig aber auch große Bedeutung für die Erhaltung der Freiheit in der Welt habe. An Kurt Schumacher und sein Vermächtnis möchte ich an dieser Stelle erinnern, der allen sozialdemokratischen Politikern in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts den Weg gewiesen hat. Kanalarbeiter und Seeheimer haben im Sinne Schumachers über lange Jahre hinweg dieses wichtige Ziel unserer Nation verfolgt und ihren Anteil zur Überwindung der deutschen Teilung beigetragen. Mit dieser Chronik des Seeheimer Kreises können wir einen Blick zurück werfen auf annähernd 50 Jahre Geschichte der deutschen Sozialdemokratie, die wir als Kanalarbeiter und Seeheimer maßgeblich mitgestaltet haben. Dr. h.c. Annemarie Renger Bundestagspräsidentin a.D. 6 GRUSSWORT ANNEMARIE RENGER FREUNDE SAUBERER VERHÄLTNISSE „Freunde sauberer Verhältnisse“ Wie Egon Franke und Karl Herold die Kanalarbeiter gründeten „Sie sind wahrhaftig ein Phänomen“, schrieb Der Spiegel 1977: „Einzigartig in der Bonner Politik-Landschaft; ein Verein mit gut 20jähriger Tradition, aber ohne genaues Gründungsdatum; ohne Satzung und gewählte Organe, aber doch mit geregeltem Klubleben und informeller Hierarchie; ohne feste Mitgliedschaften, doch mit ausgeprägtem Zusammengehörigkeitsgefühl: die ‚Kanalarbeiter’ der SPD-Bundestagsfraktion, weniger bekannt auch unter dem Namen ‚Freunde sauberer Verhältnisse’“. Das Selbstverständnis der Kanalarbeiter, die in diesem Artikel beschrieben wurden, drückte sich schon in der Überschrift aus: „Ohne uns läuft nichts“. Wie kam es zu dem „ausgeprägten Zusammengehörigkeitsgefühl“ der Kanalarbeiter? Wie so vieles, fing alles beim Bier an: Das Lokal „Rheinlust“ an der Bonner Adenauerallee war Mitte der 50er Jahre beliebt bei Abgeordneten aller Parteien, auch zahlreiche Mitglieder der SPD-Fraktion trafen sich hier. Es waren Egon Franke aus Hannover und der Kulmbacher Karl Herold, die hier eine Art SPD-Stammtisch gründeten. „Dienstag in der ,Rheinlust’“ lautete der Spruch, mit dem sich die Kanaler in der Fraktion verabredeten. Die Kanalarbeiter-Runde beim gemütlichen Bier im „Kessenicher Hof “ (H. J. Darchinger) 7 FREUNDE SAUBERER VERHÄLTNISSE FREUNDE SAUBERER VERHÄLTNISSE Zum festeren Zusammenschluss, und vor allem zur Namensgebung, kam es aber erst, als die „Rheinlust“-Runde 1957 gemeinsam protestierte – gegen die kleiner werdenden Portionen im Bundeshaus-Restaurant. Die Abgeordneten besorgten sich an einem Kiosk Würstchen und Brot und verspeisten diese „üppige“ Mahlzeit unter großer Anteilnahme in der Parlamentskantine, von der man sich lediglich das Besteck geliehen hatte. Als Journalisten fragten, was es denn mit der Aktion auf sich habe, antwortete Karl Herold: „Wir sind die Gewerkschaft der Kanalarbeiter“ – ein Name war gefunden. Helmut Schmidt kommentierte die Namensgebung in seinem Buch „Weg- gefährten. Erinnerungen und Reflexionen“ aus dem Jahr 1996 so: „Mit dem selbstironischen Namen Kanalarbeiter wollten sie andeuten, daß sie zwar wenig zu sagen hatten, wohl aber in den Wahlkreisen und in den unteren Parteigliederungen die schwierige Arbeit der Überzeugung leisten mußten.“ Vom Kantinen-Protest abgesehen, begann die politische Karriere der Kanaler etwas später – aus verhältnismäßig geringfügigem Anlass: Der dama- lige Bundestags-Vizepräsident und Fraktionsgeschäftsführer Karl Mommer genehmigte Auslandsreisen von Fraktionskollegen prinzipiell nur, nachdem er ihre Fremdsprachenkenntnisse geprüft hatte. Erschienen dem promo- vierten Sozialwissenschaftler die Sprachkenntnisse des Kandidaten zu dürftig, wurde der Reiseantrag abgelehnt; eine Praxis, die auf Initiative der Kanalarbeiter abgeschafft wurde. Egon Franke, der keiner Fremdsprache mächtig war, drückte es so aus: „Das fanden wir ungerecht, das haben wir geändert.“ Egon Franke prägte die Kanalarbeiter über Jahrzehnte hinweg. Während des Dritten Reiches war er wagen „Vorbereitung zum Hochverrat“ von den Nazis für zweieinhalb Jahre ins Zuchthaus gesperrt worden, die letzten bei- den Kriegsjahre erlebte er in der berüchtigten Strafeinheit 999. Seit 1929 in der SPD, gehörte Franke neben Annemarie Renger, einem weiteren promi- nenten Mitglied der Kanalarbeiter und später des Seeheimer Kreises, in seiner Heimatstadt Hannover zu einem der engsten Mitarbeiter Kurt Schumachers und war maßgeblich beteiligt am Wiederaufbau der SPD nach 1945. Der ehemalige Tischlergeselle Franke, von der Presse gern „Canale Grande“ genannt, war unbestrittener Wortführer der Kanalarbeiter, obwohl er nie dazu 8 FREUNDE SAUBERER VERHÄLTNISSE FREUNDE SAUBERER VERHÄLTNISSE Süddeutsche Zeitng vom