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Nr. 116 September 2010 Erscheint 4 x jährlich Bulletin des Schweizerischen Unterstützungskomitees für die Sahraouis

Offene Jugendarbeit SUKS_SaharaInfo_116_GzD_a.qxp 8.9.2010 15:08 Uhr Seite 2

EDITORIAL Mahfoud Ali Beiba 1953 –2010

Anfang Juli hat uns eine Nachricht er- sen. Nach der Gründung des Exil-Staates schreckt. DARS im Februar 1976 wurde Mahfoud Der sahraouische Aussenminister Mah- der erste Justiz- und Innenminister. Nach foud Ali Beiba, einer der Gründer der dem Tod von El Ouali wurde er General- Polisario, ist im 2. Juli an seinem Wohn- sekretär ad interim und auf dem 3. Kon- ort im Lager «27. Februar» einem Herz- gress, zwei Monate später, von Mohamed infarkt erlegen. Zu seinen Ehren wurde Abdelaziz abgelöst. darauf in den Lagern eine einwöchige Mahfoud Ali Beiba spielte weiterhin eine Staatstrauer ausgerufen. Schlüsselrolle innerhalb der Bewegung und hatte verschiedene wichtige Posten Mahmoud Ali Beiba wurde 1953 in der inne. Er war Ministerpräsident von 1982 Gegend von El Ayoun geboren, wo er bis 1985 und von 1995 bis 1999. Seit auch den grössten Teil seiner Jugend ver- 1997 war er Delegationsleiter in allen brachte. Hier begegnete er 1971 El Ouali Gesprächen mit Marokko, die unter der Mustafa Sayed, dem Polisario-Leader, Aufsicht der UNO über die Zukunft der der ihn nach der Gründung der Polisario Westsahara geführt wurden. Seit 2003 1973 bat, nach Zouérate in Mauretanien war er Parlamentspräsident der DARS. zu gehen, wo sich ein erster Kern der Mahmoud Ali Beiba war verheiratet mit neuen Befreiungsbewegung gebildet Mouina Cheikhatou und Vater von drei hatte. 1974, auf dem 2. Kongress der Töchtern. Polisario, wurde Mahmoud, 21-jährig, Mit dem Tod von Mahmoud Ali Beiba zum Vize-Generalsekretär gewählt, ver- haben die sahraouische Bevölkerung, antwortlich für die politische Arbeit aber auch die internationale Solidaritäts- innerhalb der Polisario. Er spielte eine bewegung, einen langjährigen Freund wichtige Rolle beim Treffen mit den verloren. sahraouischen Ältesten vom 12. Oktober Elisabeth Bäschlin 1975, als diese grossmehrheitlich be- Quelle: eigene Dokumentation schlossen, sich der Polisario anzuschlies- Tony Hodges, 1982: Historical Dictionary of

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Projekt Jugendzentren in

Mit dem Bau von Jugendzentren wollte Aufsicht und mit Unterstützung des die sahraouische Jugendorganisation Agronomen Taleb einen Familiengarten UJSARIO die Lebensbedingungen der Ju- angelegt und ein kleines Treibhaus ge- gendlichen verbessern. Auf diese Weise baut. Im letzten Februar gediehen da, sollten sich insbesondere auch die jun- zum Stolz aller Beteiligten, die schönsten gen Frauen die nötigen Kenntnisse und Tomaten, Gurken, Zwiebeln und viele Fähigkeiten für eine spätere Erwerbs- andere Gemüse. arbeit aneignen können. So wurde zwischen 2002 und 2006 in Die LehrerInnen, die Verantwortlichen jeder der sieben Dayrate (Gemeinde) der der Ateliers und alle, die Vorträge halten Wilaya Smara je ein Jugendzentrum sind junge Sahraouis, die ein Studium gebaut, davon wurden vier durch das oder eine Ausbildung abgeschlossen SUKS finanziert. haben und nun wieder zurück in den Lagern sind. Durch die Arbeit in den Aktivitäten Jugendzentren erhalten sie die Möglich- In den Zentren werden seit 2003 Jahres- keit, ihre Kenntnisse anzuwenden und kurse für Informatik / PC-Anwendung, etwas zu verdienen. Bei unseren Besu- Spanisch, Englisch und Nähen ange- chen sind wir immer wieder beeindruckt boten. Diese werden regelmässig jede von der Qualität der Arbeit und dem Woche durchgeführt, nach einem festen Ideenreichtum der Unterrichtenden. Stundenplan und mit Anwesenheits- kontrolle. Sie geben jungen Frauen die Freizeitaktivitäten für Kinder Möglichkeit, sich spezielle Kenntnisse Seit mehreren Jahren werden in Zu- anzueignen und ihre individuellen Fähig- sammenarbeit mit der UJSARIO Ausbil- keiten zu entwickeln. dungsprogramme für AnimatorInnen Daneben gibt es Ateliers mit freier Teil- nahme, z. B. in Erster Hilfe und Hygiene, Kochen und Ernährungslehre, traditio- nellem Tanz und Musik oder Coiffeur- technik. Regelmässig werden auch Vorträge orga- nisiert zu politischen, gesellschaftlichen, religiösen oder rechtlichen Themen, ins- besondere auch zu Aids-Prävention und Drogenfragen. Neu ist das Projekt Gartenbau: Sieben junge Leute haben im Rahmen eines Jahreskurses neben ihrem Haus unter

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für Kinder- und Jugendarbeit von ver- ihre Ängste, Wünsche und Erwartungen schiedenen europäischen Organisatio- äussern und ihre Ideen in Aktivitäten um- nen – wie Cap Solidaire (F) und Jugendrat setzen können. Mit dem Einsatz für «ihr» aus Asturias (E) – in Form von regelmäs- Zentrum sollen sie lernen, soziale Ver- sigen Kursen angeboten. In jeder Dayra antwortung zu übernehmen. steht heute ein Team von 15 ausgebil- deten jungen Frauen für die Kinder- Um den Sinn solcher freier Aktivitäten arbeit zur Verfügung, die jeweils am ohne sichtbaren Lerneffekt aufzuzeigen, Montag und Donnerstag einen Spiel- brauchte es in der sahraouischen Gesell- nachmittag für die Kinder in der Dayra schaft eine gewisse Aufklärung. Also or- organisieren. ganisierte die UJSARIO eine Tagung mit politisch Verantwortlichen aus Wilaya Offene Jugendarbeit OJA und Dayra zum Thema Jugend. Damit Die Jugendzentren sollen aber wirkliche wurde der Boden gelegt für die heutige Jugendtreffs sein! grosse Akzeptanz der Jugendarbeit in Von Anfang an war es das Anliegen der den Flüchtlingslagern. UJSARIO, Jugendlichen Raum für eigene Aktivitäten in der Art von Offener Ju- In der Schweiz ist die Offene Jugend- gendarbeit zu geben. Mit den Jugend- arbeit (OJA) in vielen Gemeinden Teil und Angebot vom Jugendamt oder von der kirchlichen Jugendarbeit. Sie zeigt sich als Jugendtreff, Anlaufstelle oder auch als aufsuchende Jugendarbeit und bietet den Jugendlichen Raum für die persönliche Entwicklung auf allen Kom- petenzebenen. Die OJA unterscheidet sich von anderen Erziehungs- und Bil- dungsbereichen durch folgende Merk- male: • freiwillige Teilnahme • vielfältige Inhalte, Methoden und Arbeitsformen • Mitbestimmung, Mitgestaltung, Selbst- organisation • Ergebnis- und Prozessoffenheit • anknüpfen an den Interessen und Be- dürfnissen der Kinder und Jugend- zentren sollten die Jugendlichen nicht lichen nur einen Ausbildungsort, sondern zu- dem einen Freiraum erhalten, den sie Auf Wunsch der UJSARIO organisierte selber gestalten können und wo sie sich das SUKS eine Praktikumsstelle in Sozia- ausserhalb des Familienzeltes treffen ler Arbeit zur Einführung der OJA in und diskutieren können, wo Jugendliche Smara. Die beiden Einsätze von Philip

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Hoffmann (August 08 bis Januar 09) und Susanne Schmid (März bis Mai 2010) er- möglichten es Maimouna, einem Team- Mitglied, sich in die OJA einzuarbeiten und dafür die Verantwortung zu über- nehmen.

In Smara ist die OJA ebenfalls ein Frei- zeitangebot für Jugendliche. Bildung und Erziehung spielen dabei eine wich- tige Rolle: Nach der Grundschule und UJSARIO Smara bietet als einzige Organi- neben dem Elternhaus bietet die OJA sation in den sahraouischen Flüchtlings- den Jugendlichen einen Rahmen, wo sie lagern mit der OJA Jugendlichen die ihre Freizeit aktiv gestalten können. Die Möglichkeit, eigene Ideen zu entwickeln Jugendlichen entscheiden sich für Pro- und umzusetzen; dementsprechend wird jekte wie z.B. dafür, eine Kulturaus- das Angebot auch rege genutzt: Seit stellung aufzubauen oder Ausflüge in Beginn des Aufbaus vor zwei Jahren neh- das Zentrum für Kriegsopfer zu unter- men rund 70 Jugendliche, zurzeit vor- nehmen. Dabei organisieren sich die wiegend junge Frauen, regelmässig am Jugendlichen soweit wie möglich sel- Projekt teil. UJSARIO ist mit den mo- ber. Unterstützung bekommen sie von mentanen Ressourcen an ihre Grenzen Maimouna, falls sie selber nicht mehr gestossen, da bis jetzt Maimouna als ein- weiter kommen. Durch diese Gruppen- zige Jugendarbeiterin mit Ausbildung in arbeit wird ihre Selbst- und Sozialkom- der OJA das nötige Wissen für diese petenz optimal gefördert. Arbeit hat. Es braucht daher dringend weitere ausgebildete AnimatorInnen, Gefragt ist auch ein grosses Mass an insbesondere auch einen Mann, um auf Organisationsfähigkeit. Die engen Struk- die Bedürfnisse der Jungs eingehen zu turen im Flüchtlingslager und die hierar- können. chische Familien- und Sozialstruktur geben Kindern und Jugendlichen wenig Zudem möchte die UJSARIO das Angebot Entscheidungsfreiheiten. Auch der Schul- der OJA auf weitere Jugendzentren in unterricht besteht hauptsächlich aus Smara ausbauen. In Zusammenarbeit mit Frontalunterricht: Für Projektarbeiten terre des hommes schweiz und SUKS oder andere Unterrichtsformen, welche sollen dafür in naher Zukunft lokale Ani- die Selbstkompetenz fördern würden, matorInnen ausgebildet werden. Die ist hier kaum Platz. Im Gegensatz zu notwendigen Räume stehen in den Jugendlichen in der Schweiz haben Jugendzentren zur Verfügung. Hin- sahraouische Jugendliche auch keine gegen werden wir für Ausbildung und Alternativen wie Pfadi oder Sportverei- Material in nächster Zeit Mittel be- ne, wo sie sich entfalten und später als nötigen. Leiter oder Trainer gewisse Führungs- erfahrungen sammeln können. Philip Hoffmann, Elisabeth Bäschlin

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Praktikum Offene Jugendarbeit

Susanne Schmid war vom 20. März bis Am ersten Tag habe ich die Frauen nach 15. Mai 2010 als Praktikantin OJA in ihren Programmwünschen gefragt, aber Smara, wo sie im Rahmen der Jugend- auch meine Ideen präsentiert und die zentren mit jungen Frauen arbeitete. Handarbeiten vorgestellt, welche ich vorbereitet hatte. Die Frauen konnten Ich habe mit drei Gruppen von je 12 bis danach ihre Prioritäten angeben und ich 16 Frauen gearbeitet, jeweils am Sams- habe das Programm gemäss diesen Prio- tag, Sonntag und Dienstag, von 9 bis ritäten und den bestehenden Möglich- 11 Uhr, denn junge Frauen konnten nur keiten gestaltet. am Morgen Kurse besuchen. Wegen der Die Vorschläge der Frauen beschränkten Hitze konnten während meiner Prakti- sich meist auf das, was sie bereits kann- kumszeit die Kurse am Nachmittag nicht ten und was im Leben der sahraouischen vor 18 Uhr stattfinden – und die meisten Frauen einen grossen Stellenwert ein- Frauen müssen vor dem Eindunkeln zu nimmt, wie die Rückbesinnung auf ihre Hause sein! kulturelle Werte und die Geschichte ihres Für die Arbeit habe ich ein gemischtes Landes. Ich habe folgende Arbeiten mit Konzept gewählt. den Frauen gemacht: Armbändeli ge-

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knüpft aus Garn; Halsschmuck; Bilder- rahmen machen – mit vorgängiger Foto- session; Handytaschen herstellen aus farbigen Plachen; Springseil aus Wolle; Nationalflagge nähen; Pizza backen. Die jungen Frauen konnten damit Tech- niken erlernen und Ideen sammeln, welche sie auch zu Hause weiter ver- folgen können. Die Materialien sind im Lager eher dürftig zu finden. Man findet farbige Stoffe, Nähsachen, Draht, weis- ses Papier und Farbstifte. Für ein Prakti- kum muss daher alles andere an Material in der Schweiz eingekauft und mit- gebracht werden. Von ihren Vorschlägen habe ich den Be- Sinnvolles und Wichtiges für die Gesell- such der historischen Museen, die Her- schaft zu tun: Sie stärken den Gruppen- stellung sahraouischer Flaggen sowie zusammenhalt und geben den Frauen den Besuch des Heimes für Kriegs- einen Lebensinhalt. versehrte in der Nähe von Rabouni um- Gruppenausflüge sind auch das beste gesetzt. Mittel zum gegenseitigen Kennenler- Gruppenausflüge mit dem Ziel, Rand- nen. Die Ausflüge wurden von den gruppen und Hilfsbedürftigen zu helfen, Frauen mitgeplant und die Details mit haben die jungen Frauen sehr geschätzt, ihnen zusammen festgelegt: Dauer des denn sie geben ihnen das Gefühl, etwas Ausflugs, Transportmittel, benötigtes Material, evtl. Geschenke. Das kam sehr gut an. Die Kosten für solche Ausflüge müssen im Rahmen des OJA-Praktikums finanziert werden, denn die Jugend- zentren haben dafür keine freien Mittel.

Die Handarbeiten sind sehr gut ange- kommen und das Echo auf die gemach- ten Arbeiten war sehr positiv. Es besteht ein grosses Bedürfnis unter den jungen Frauen, solche Arbeiten zu machen und weitere Techniken zu erlernen, da es in der Schule keinen Handarbeitsunterricht gibt.

Generell klappte die OJA sehr gut.

Maimouna, Leiterin OJA Smara Susanne Schmid

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Musik-CDs r a

Mariem Con Leyoad – cantos NEU m

de las mujeres saharauis l a Musik aus der Westsahara 25.00 CD SHOUKA (Der Stachel) Mariem Hassan 25.00 d Medej – cantos antiguos saharauis: e n Mariem Hassan et al. Diese neuen Lieder sind Ausdruck Arabische Spiritualsongs 25.00 von Mariams enger Verbindung mit der Azawan-Kultur der Wüste, A Pesar De Las Heridas: Cantos ihrer kulturellen Wurzel. de las mujeres saharauis 25.00 NEU Western Sahara – Westerdahl: Remixes of traditional Saharaui music Kartenspiel «Mauerquartett» 20.00 www.nubenegra.com 25.00 Das Material kann beim SUKS bestellt werden.

Wir danken im Namen der sahraouischen Jugendlichen herzlich für Ihre Spende.

Herausgeber Auflage Nr. 116: 2900 Expl.

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