Vierteljahrsschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich (1981) 126/4: 237-267 Glazialmorphologische Untersuchungen im -Tal und am Bernhardin-Pass

Conradin A. Burga, Universität Zürich

Im , und am Bernhardin-Pass wurden spät- nnd nacheiszeitliche Gletscher- stände kartiert und auf ihre Altersstellung untersucht. Die wurmeiszeitliche Transfluenz des Hin- terrhein-Gletschers über den Bernhardin war spätestens während der Ältesten Dryas beendet. Im Hinterrheingebiet stiessen die Seitengletscher während des Spätglazials nochmals bis ins Haupt- tal vor. Es konnten vier verschiedene spätglaziale Stadien des Hinterrhein -Gletschers und mehre- re postglaziale Stände des Hauptgletschers und seiner Seitengletscher festgestellt werden. Stand 1 ist mindestens so alt wie die Älteste Dryas und ist vielleicht ein Äqulvalent des Churer Stadiums (= Bühl-Stadium?). Stand 2 reicht bis und kann mit der Ältesten Dryas korreliert werden (= Gschnitz-Stadium?). Die Stände 3a und 3b reichen bis Nufenen bzw. Hinterrhein und werden mit der Älteren bzw. Jüngeren Dryas parallelisiert (Daun- und Egesen-Stadium). Die neuzeitlichen Gletscherstände konnten zum Teil mit Hilfe von alten Karten rekonstruiert werden. Am Schluss der Arbeit wird ein Überblick zu postglazialen Klimaschwankungen gegeben, welche in den Pollendiagrammen des Untersuchungsgebietes zum Ausdruck kommen.

Glaclalmorphological Investigations in the Region of Hinterrhein and Bernhardln-Pass In the region of Schams, Rheinwald and the Bernhardin-Pass late- and post-glacial ice-marginal zones have been investigated. The Würmian transfluence of the Hinterrhein-glacier over the Bern- hardin finished at the latest during the Oldest Dryas. In the Hinterrhein-Valley the tributary gla- ciers increased again up to the principal valley during the Late-glacial. It was possible to locate four different late-glacial stages of the Hinterrhein-glacier and several post-glacial phases of the principal glacier and its tributary glaciers. Ice-marginal zone 1 is older than the Oldest Dryas and corresponds perhaps to the Churer-Stage (= Bühl-Stadium?). Ice-marginal zone 2 reaches as far as Andeer and may be correlated with the Oldest Dryas (= Gschnitz-Stadium?). The ice-marginal zones 3a and 3b reach as far as Nufenen resp. Hinterrhein and are correlated with the Older resp. Younger Dryas (Daun- and Egesen-Stadium). Some of the young Holocene glacier oscillations have been reconstructed by using ancient maps. The article finishes with an outline of the Holocene climatic fluctuations which are shown in the. pollen diagrams of the investigated area.

1 Einleitung und Forschungsstand

1.1 Geologie Die geologische Aufnahme des SChams für das Blatt 1235 Andeer erfolgte. durch H. Jäckli (1937-39/1944-67) im Westschams, J. Neher (1932-66) Süd- westschams und in den Splügener Kalkbergen sowie durch V. Streift' (1935-38, 1942-44 und 1963-67) im Ostschams. Die Landschaft Schams (Va} Schons) wird aufgebaut von den tektonisch sehr komplizierten Schamser Dek. ken, deren Herkunft noch unsicher ist. Die mittelpenninischen Schamser Dek ken, bestehend aus den drei TeildeCken a) Gruschus-Kalkberg-Decke, b Tschera-Decke und c) Gelbhorn-Decke, liegen im westlichen und nördlicher e 238 C. A. Burga

Legende Berggrat Fluss/Bach ® See Gletscher Q Ortschaft • Pollendiagra m

Karte l: Das Untersuchungsgebiet: A = Zapport-/Paradies-Gletscher, B = Muccia- Gletscher, C = Güfer-Gletscher, D = Fanell-/Chllchalp- Gletscher, E = Höhberg- Gletscher, F = Tambo- Gletscher, G = Suretta-Seen, H = Suretta- Gletscher, I = Sut-Fuina-Gletscher. Pollendiagramme: 1 = Crapteig 1020 m, 2 = Pale digl Urs 1834 m, 3 = Lai da Vons 1991 m, 4 = Moräne Marschol 1985 m, 5 = Alp Marschol 2010 m, 6 = Sass de la Golp 1953 m (l-6 in: C. Burga 1980), 7 = Suossa 1700 m (in: H. Zoller und H. Kleiber 1971), 8 = Pian di Signano 1480 m (in: H. Zoller 1960). Map l: The investigated area: The Hinterrhein-Valley and the Bernhardinpass-Region. Details see above. Glazialmorphologische Untersuchungen im Hinterrhein-Tal und am Bernhardin-Pass 239

Schams auf Bündnerschiefer der tiefpenninischen Adula-Decke sowie auf der Areua-Bruschghorn-Schuppe, welche mit der Misoxer Zone in Verbindung steht (A. Gansser, 1937). Die Areua-Bruschghorn-Schuppe ist als dünner Trennhorizont zwischen dem Flysch der Adula-Decke und der Gelbhorn-Dek- ke als tektonisch selbständiges Element erstaunlich weit verbreitet (H. Jäckli, 1976). Im Ostschams wird das Hangende der Schamser Decken von ophio- lithführenden Schiefem der hochpenninischen Platta-Decke s. l. gebildet. Die südliche Abgrenzung erfolgt durch die Roffna-Masse der Suretta-Decke mit dünnmächtiger Sedimenthülle (vorwiegend Trias, wenig Verrucano-Konglo- merate). Im Schams und vorderen Rheinwald treten faziell sehr gegensätzli- che Gesteinsserien auf, so die Splügener Kalkberge, welche nur aus mächtig entwickelter mittlerer Trias bestehen, die Roffna-Masse, einem alpin über- prägten paläozoischen Granitporphyr (M. Grünenfelder, 1956), dann die vor- wiegend doggerzeitliche polymikte Taspinit-(= Vizan-)Breccie neben der tief- meerischen Schieferfazies des Tomül-Lappens (Adula-Decke). Wegen Mangels an bestimmbaren Leitfossilien erfolgt die stratigraphische Gliederung der Sedimente auf lithologischer Grundlage (V. Streiff, H. Jäckli und J. Neher, 1976). Die geologischen Verhältnisse sind im Schams ausseror- dentlich kompliziert: Wir finden stark verfaltete, verschuppte, laminierte Ein- heiten der Schamser Decken, deren Herkunft noch ungeklärt ist («Schamser Dilemma»). Die Schamser Decken bilden wurzellose Komplexe, deren mäch- tige mesozoische Karbonatfazies (Splügener Kalkberge) eine Herkunft aus dem Mittelpenninikum (Brianconnais, evtl. Subbrianconnais) (D. Richter, 1974; R. Trümpy, 1974) wahrscheinlich macht. D. Richter nimmt an, dass die Schamser Decken, die Falknis- und Sulzfluh-Decke einem gemeinsamen Fa- ziesraum, dem Subbrianconnais, entstammen. Die Schamser Decken fallen nach Norden und liegen dann auf der Adula-Decke, bzw. wiCkeln die Suret- ta-Decke an der Stirn ein (V. Streiff, 1976). Die Geologie und Petrographie des Bernhardins wurde mehrmals unter- sucht. Die letzte ausführliche Arbeit stammt von G. Frischknecht (1923). In den Publikationen von Erna Heydweiller (1918), G. FrischkneCht et al. (1923) und besonders von A. Gansser (1937) sind in umfangreichen Literaturver- zeichnissen die älteren geologischen und petrographischen UntersuChungen zusammengestellt. Das Passgebiet liegt vollständig im Kristallin der tiefpenni- nischen Adula-Decke. In der Gegend vom Wälschberg und der Alp Monta- gna bildet sie eine scharfe Grenze zur Misoxer Mulde, welche einen von Nor- den nach Süden streichenden, axial mit etwa 40° nach Osten einfallenden Synklinalzug darstellt. In der mächtigen Uccello-Wand im Osten der Passfur- che sind Bündnerschiefer mit Prasinitbändern wunderbar aufgeschlossen (vgl. Profile von A. Gansser, 1937 und die tektonische Karte von A. Gansser, 1967, S. 804). Die Misoxer Zone bildet die tektonische Trennung zwischen der Adu- la- und der tektonisch höher liegenden mittelpenninischen Tambo-Decke öst- lich des Bernhardins. Die Adula-DeCke wird weiter westliCh von den tiefpen- ninischen Soja- und Simano-Decken unterlagert. Die Lagerungsverhältnisse 240 C. A. Burga der Adula-Decke sind gut überschaubar in der Gegend des Bernhardins. So fallen die Schichten bei San Bernardino nach Ostsüdost bis Osten. Weiter nördlich findet ein Abdrehen der Fallinie nach Osten statt. Bei der Tällialp zeigt sich ein Abdrehen in ein Nord-Fallen (G. Frischknecht, 1923, S. 92). In der Gegend des Bernhardins besteht die Adula-Decke zur Hauptsache aus Granit- und Orthogneisen sowie aus Glimmerschiefern und Paragneisen, wel- che oft Amphibolit-Linsen enthalten. Bei den Laghit d'Ardei und nördlich des Moesolasees treten in Nord nach Süd verlaufender Grenze zum zentralen Or- thogneis Glimmerschiefer und Paragneise auf. Diese Gesteinsgrenzen fallen morphologisch zum Teil deutlich durch Schichtköpfe auf. Die Paragesteine werden als paläozoische Ablagerungen betrachtet und bilden die Sediment- hüllen um die Orthokerne. Die Orthogneise, welche dem Deckenkern entspre- chen, zeigen einen grossen Wechsel in der Struktur, so dass sie in grösseren Entfernungen nicht mehr für lithostratigraphische Korrelationszwecke ver- wendet werden können. Diese Gneise fallen vor allem auf durch ihre wunder- volle Bankung, die beim Steinbruch Dürrenbüel heute ausgenutzt wird. Mor- phologisch fallen die Amphibolite auf wegen ihrer grösseren Verwitterungsre- sistenz. Sie bilden oft das Dach der Rundhöcker.

1.2 Quartär und Geomorphologie Das ältere Quartär des Schams ist, mit Ausnahme von wenigen, meist künst- lich geschaffenen Aufschlüssen, durch Bach- und Murschuttkegel, die beid- seits des Tales von dessen Flanken geschwemmt wurden, verborgen. Beson- ders auf der linken Talseite sind einige Terrassen aus Rheinschotter erhalten geblieben. ZahlreiChe Erosionsränder, die zu mehrstufigen Terrassenabfolgen gehören, bekunden eine ehemals mehrzyklische Erosionstätigkeit des Hinter- rheins. An einigen Stellen, so östlich Donath, im Bad (westlich ) und in Runcs (südsüdwestlich von Andeer) zeigen sich besondere Sedimentationsver- hältnisse, die auf einen ehemaligen Schamser See, und zwar zwei Stadien mit verschieden grosser Ausdehnung, hinweisen. Auf die Altersfrage wird in Kap. 3 noch eingegangen. Steigt man in die Höhe auf 2000 bis 2300 m, so gelangt man wieder auf flacheres Gebiet mit Maiensässen und Alpen. Im Osten: Lambegn, Neaza, Ta- spegn, Muttneralp; im Westen: Cuvercal, Durnan, Anarosa, Tumpriv, Matho- ner und Lohner Heuberge mit Vioms. Diese Hochflächen bilden zusammen ein Verflachungssystem, das als Rest eines ehemaligen (präglazialen?) Tal- bodens zu deuten ist (H. Jäckli, 1958). Im Tertiär entwässerten hauptsächlich zwei parallel laufende Hauptquertä- ler das bündnerische Rheingebiet: Der Ost-Rhein vom Oberhalbstein nach der Lenzerheide bis Chur und von dort Richtung Maienfeld-Luzisteig ins Al- penvorland; der West-Rhein hatte seinen Ursprung im , setzte sich fort im Schams, und floss in der Gegend des heutigen Kunkelspasses und der Tamina ins Molassebecken (Albert Heim, 1922). Glazialmorphologische Untersuchungen im Hinterrhein-Tal und am Bernhardin-Pass 241

Der heutige Weg des Hinterrheins durch die Via Mala ist das jüngste (ca. 15 000 Jahre alte, spätwürmeiszeitliche) Glied mehrerer verschiedenaltriger Schluchtstücke, die, insgesamt drei, interglazialen Alters (H. Jäckli, 1958) sein sollen und heute mit Hangschutt ausgefüllt sind. In der Via Mala finden sich alte Moränenreste, z. B. am westlichen Hang von und vor der er- sten Via-Mala-Brücke. Im Abschnitt Rongellen–Crapteig–Übernolla erkennt man einen vorwürmeiszeitlichen Rheinlauf (H. Jäckli, 1958). Die Schliffgren- ze der Maximalvergletscherung ist beispielsweise am Hirli, Piz digl Gurschus und Piz Vizan auf einer Höhe von 2100 bis 2400 m zu beobachten. Eindrückli- che Rundhöckerfluren findet man z. B. bei Casti-Arsiert (südlich von Andeer) und auf der Caschlera. Guterhaltene Moränenwälle verschiedenen Alters be- obachtet man bei Sufers, westlich von Donath, bei Wergenstein und auf der Alp Anarosa. Wie mächtig die flächenhafte Moränenbedeckung sein kann, er- kennt man im tiefeingeschnittenen Val Mirer nordwestlich von Wergenstein. Den Vergletscherungsproblemen im Schams und Rheinwald sind bisher vor allem 0. Wilhelm (1933), H. Jäckli (1948, 1957, 1958, 1980) und R. Hantke (1970 a, b, d, 1978/80) nachgegangen. In der geologischen Karte Blatt 1235 Andeer kartiert H. Jäckli (1971) Tal- moränen des Hinterrheingletschers bei Wergenstein (bis 1400 m), Mathon (bis 1500 m) und Lohn (bis 1800 m), welche einen hohen Gehalt an Roffnagneis aufweisen. Diese Moränen sollen einem relativ spätwürmeiszeitlichen Rück- zugsstadium entsprechen. Typisch ist, dass die Seitengletscher bis fast zum Talboden nochmals vorstiessen und heute somit Lokalmoränen über Rhein- moränen liegen. Es handelt sich hier um die folgenden Lokalgletscher: Stutz- alp-Gletscher oberhalb Splügen, Steila-Gletscher hinter Sufers, Anarosa-Glet- scher (= Fundogn-Gletscher bei C. Burga, 1975), Beverin-Gletscher, Nolla- Gletscher von der Beverin-Nordflanke gegen vorstossend, Lambegn- Gletscher von der gleichnamigen Alp nach Westen vorstossend, Neaza-Glet- scher oberhalb Pignia und Taspegn-Gletscher gegen Reischen vorstossend (vgl. Karte 4). Im vorderen Rheinwald sind in Ergänzung zu H. Jäckli (1976, S. 70) noch folgende Seitengletscher zu nennen: Suretta-Gletscher (markanter Gletscherstand auf 1730 m), Schwarzhorn-Gletscher (Endstände bei den unte- ren Surettaseen) und Tambo-Gletscher (Endstand bei 1930 m unterhalb Tam- boalp) (C. Burga, 1977b, unveröff. geom. Aufn.). H. Jäckli (1976) ordnet die Maximalvorstösse der Lokalgletscher des Schams dem GsChnitz-Stadium, ei- nige jüngere dem Daun-Stadium zu. Bei Mathon und Lohn kartiert H. Jäckli (1971) spätglaziale Schotter auf 1620-1690 m bzw. 1540-1560 m Höhe, wel- che als lokale Stauschotter eines randglazialen Gletscherstausees gedeutet werden. Die Rheinschotter von Donath bis südlich Andeer werden von H. Jäckli ins Postglazial gestellt. Anlässlich des Baus der N 13 konnten vom Autor bei Donath und westlich Pignia Profilaufnahmen der künstlich geschaffenen Aufschlüsse gemacht wer- den. Es zeigte sich, dass die Rheinschotter, welche bei der Fundogn-Mündung südlich von Donath letztmals aufgeschlossen sind, unter dem Schuttfächer 242 C. A. Burga von Donath nach Norden weiterziehen. Dieselbe Feststellung konnte für den Schuttfächer des Pignier-Baches gemacht werden (C. Burga, 1974, unveröff. Manuskript). Über die Altersfrage und Genese dieser von H. JäCkli ins Post- glazial gestellten Rheinschotter soll in Kap. 3.3 ausführlicher referiert werden. Den geomorphologischen FormensChatz des westlichen und südwestlichen Schams kartierte C. Burga (1975, unveröff. Karte) im Massstab 1: 10 000. Im südwestlichen Schams sind auf 1900-2000 m zwei Seitenmoränenstaf- feln des Hinterrhein-Gletschers nahe beim reizenden Bergsee Lai da Vons zu beobachten. Der Lai da Vons liegt in einer Passmulde, die gegen Süden und Südwesten durch einen ca. 10 m hohen Felsriegel, der teilweise zu Rundhök- kern geschliffen wurde, vom Haupttal des Hinterrheins getrennt wird. Diese Rundbuckel und die selektiv herauspräparierten nord- bis nordnordost-strei- chenden mesozoischen Gesteinsserien der Tschera-Teildecke nördliCh des Bergsees verraten eine intensive Transfluenztätigkeit eines linken Teillappens des eiszeitlichen Hinterrheingletschers. Da nach Ablagerung dieser Seitenmo- ränen kaum mehr ein Gletschervorstoss über dieselben hinaus erfolgte, bot sich die Möglichkeit, anhand einer pollenanalytisChen Untersuchung eines Bohrprofils des Lai da Vons (vgl. C. Burga, 1980), Anhaltspunkte für ein Min- destalter dieser Moränen zu gewinnen (vgl. Kap. 3, Karte 6). Die letzte Bearbeitung des Quartärs am Bernhardin stammt von G. Frisch- knecht (1923), welcher seine Aufnahmen zusammen mit H. Jenny und J. Kopp in der geologischen Karte der Adula (Spezialkarte Nr. 104, l: 50 000) veröffentlichte. Die umfangreichsten glazialmorphologischen Untersuchun- gen des Bernhardin wurden von E. Heydweiller (1918) durchgeführt. Der Bernhardin-Pass, im Hochwürm letztmals von einem rechten Seitenlappen des Hinterrhein-GletsChers nach Süden überflossen, weist eine grosse Fülle glazialer Überformungen auf, wie Rundhöcker, Kolke, subglaziäre Rinnen, Gletschermühlen, GletschersChrammen. Aus fünf mächtigen Karmulden er- folgten beträchtliche Eiszuschüsse naCh Süden. Diese Kargletscher stiessen im Spätglazial ebenfalls nochmals weit vor, wie dies zahlreiche Moränenwäl- le, beispielsweise auf den Alpen Muccia und Vigon, bezeugen. Als oberste Schliffgrenze (= «hocheiszeitliche Trogschulter» bei E. Heyd- weiller, 1918, S. 129) gibt E. Heydweiller am Bernhardin 2300-2350 m, in der Alp Muccia 2500 m und am Pan de Zucher 2160 m an, was mit den eigenen BeobaChtungen gut übereinstimmt. Die Schliffgrenze am Pan de Zucher scheint allerdings etwas zu tief zu sein. An der Ostseite der Passfurche ist kaum eine Trogschulter zu sehen, was auf den BündnersChiefer und seine ra- sche Zerstörung an der Uccello-Wand zurückzuführen ist. Hocheiszeitliche und spätglaziale Schliffspuren sind kaum untersCheidbar. Als Schneegrenzdepression während der Hocheiszeit gibt E. Heydweiller ca. 1200 m an. Für spätere drei Stadiale lauten die Werte: 900, 600 und 300 m, was in den heute üblichen Grössenordnungen steht. Als maximale Eishöhe bei San Bernardino Dorf werden 2150 m angegeben. Nach Ansicht von E. Heydweiller floss der Hauptteil des Eises des Hinterrhein-Gletschers nach Glazialmorphologische Untersuchungen im Hinterrhein-Tal und am Bernhardin-Pass 243

Süden durch die Südtäler ab und nur ein kleiner Teil nach Chur. (Daher ge- ringe Glazialerosion im Hinterrheintal nach Ansicht von E. Heydweiller.) Für Gletscherstände aus dem Daun-Stadial und dessen Rückzugsstadien nimmt E. Heydweiller eine Schneegrenz-Depression von 300 m an. Folgende Morä- nenwälle wurden diesem Stadial zugereChnet: KirChalp-Gletscher nördlich von Hinterrhein, Paradies-Gletscher (= Hinterrheingletscher): Endwall bei Tällistafel, die Daun-Endmoräne soll beim Dorf Hinterrhein gelegen haben. Die Moräne auf der Alp Marschol stellt einen Rest eines «vereinigten Zap- port-MucCia-Marschol-Daungletschers» (E. Heydweiller, S. 134) dar; die Mo- räne bei Tällialp gehörte auch zu diesem Stand. War der Muccia-Gletscher wirklich mit dem Zapport- und Marschol-Glet- scher vereint während dieses Stadials? Floss der Muccia-GletsCher nicht viel- mehr ausschliesslich nach Süden? Der Hinterrhein-Gletscher lag während des MarsChol-Standes (vgl. Kap. 4) bei der Alp Marschol knapp auf 2000 m Höhe, so ist kaum anzunehmen, dass der MuCcia-Gletscher den 2066 m hohen Pass überschreiten konnte. Als wei- tere daunzeitliche Moränenwälle werden von E. Heydweiller genannt: Vigno- ne-Gletscher: Wälle bei Gareida Sot, Wälle in den Karen von Muccia, Confi- no und Arbea. E. Heydweiller glaubt, dass über die Val de la Forcola kurzzei- tig ein Arm des Mera-Gletschers ins Misox hinüberreichte, denn sie fand in der Gegend von Soazza mehrere Blöcke eines grobkörnigen Zweiglimmergra- nites, die aus dem Fornogebiet stammen könnten. Die von E. Heydweiller kartierten Moränenwälle erwiesen sich teilweise als Felsrippen (Alp de Muccia, Alp Gareida). Im übrigen erkannte sie mit we- nigen Ausnahmen alle Wälle richtig. Die Kartierung durch G. Frischknecht (1923) erfolgte bei manchen Moränen etwas summarisch. Dies zeigte sich bei einer Neukartierung der Moränenwälle des Bernhardins in den Sommern 1976-1978 im Massstab 1: 10 000 (vgl. Karte 9). G. FrischkneCht (1923, S. 70) stellt die oben genannten Moränen ins Gschnitz- und Daunstadium, ohne je- doCh detaillierte Angaben zu machen. Lokal- und Hauptmoränen sind am Bernhardin nicht unterscheidbar, da überall dieselben Gesteine auftreten. E. Heydweiller wies auch schon darauf hin, dass man mittels Erratikum kaum etwas über die eiszeitlichen Gletscher aussagen kann. Eine Ausnahme bilden die beiden markanten Endmoränenwälle, welche vorwiegend aus Bündner- schiefermaterial aus dem Uccello-Gebiet bestehen, am rechten Talausgang der Val Vignun. Im gesamten Passgebiet sind prächtige Gletscherschliff-For- men anzutreffen. Die Rundhöcker weisen oft im Längsprofil die typische Asymmetrie auf: flache Luv-, steile Leeseite. Oft trifft man kleine subglaziäre Rinnen entlang der Rundbuckel an. Selten kann man Gletschertöpfe entdek- ken (von E. Heydweiller, 1918, und G. Frischknecht, 1923, nie erwähnt), so z. B. nördlich von Pt. 2046 bei La Smita auf der Pass-Südseite. Am eindrück- lichsten manifestiert sich die Kolkwirkung des Hinterrhein-Gletschers im Laghetto di Moesola, dessen Grund von Norden nach Süden tiefer fällt bis zur Maximaltiefe von ca. 20 m westlich der grossen Insel. Hernach wird der 244 C. A. Burga

See gegen Süden rasch seichter. Einige Tiefenmessungen vom 4. Juli 1976 zeigten, dass eine lange subglaziäre Rinne vom Nordende des Sees westlich der grossen Insel vorbei nach dem Seesüdende in Richtung Pt. 2062 zieht (vgl. Karte 2). Bei der Diskussion über das Alter der verschiedenen Stadien werden die ostalpine Stadium-Nomenklatur (H. Heuberger, 1968; G. Patzelt, 1972, 1975) und die zeitliche Verknüpfung derselben nur am Rande verwendet, da die Parallelisierung von Gletscherschwankungen auf dieser grossen Distanz heute noch sehr problematisch ist (H. Zoller et al., 1972). Ferner werden nur sicher dokumentierte Gletscher-Endstände in die Betrachtung einbezogen, wobei die Benennung der Endstände nach der bereits früher verwendeten Nomenklatur (R. Hantke, 1970 a, b; C. Burga, 1975; H. Jäckli, 1976) erfolgt. Wo bisher kei- ne Maximalstände benannt worden sind, namentlich bei den kleineren Sei- tengletschern, erfolgt die Namengebung nach der Lokalität, wo die Endmorä- nen liegen (vgl. Bernhardin).

2 Zum Zerfall des wurmeiszeitlichen Eisstromnetzes in den Bündner Alpen

Neuere zusammenfassende Untersuchungen hierzu stammen von H. Zoller (1960), H. Zoller und H. Kleiber (1971 a und 1971 b), H. Zoller, H. J. Müller und H. Kleiber (1972), R. Hantke (1970 a, 1970 b, 1978/80), H. J. Müller (1972), H. Kleiber (1974). Karte 3 zeigt, dass auf der Alpen-Südseite bereits während der Ältesten Dryas die organische Sedimentation beginnt, während dies auf der Nordseite meistens erst im Alleröd oder noch später der Fall ist (Brigels, Faninpass, St. Moritz). Auf diese grosse Diskrepanz im Abschmelzen des letzteiszeitliChen Eisstromnetzes wies bereits H. Zoller (1960) hin. Die Arbeiten von H. J. Müller (1972) am Lukmanier, H. Zoller und H. Klei- ber (1971 a) am Bernhardin, H. Zoller et al. (1972), H. Zoller et al. (unpubl.) im Veltlin, H. Kleiber (1974) an der Maloja sowie die eigenen Untersuchun- gen am San Bernardino-Pass lieferten Radiokarbon-Alter zwischen 12 000 und 13 300 Jahren B.P.' für den Beginn der organischen Sedimentation (Ton- gyttja). Die würmeiszeitlichen Transfluenzen nach Süden über Lukmanier, Bernhardin und Maloja waren also spätestens während der Ältesten Dryas- Zeit beendet. Vieles spricht dafür, dass schon im sogenannten «Präbölling» diese Eistransfluenzen nicht mehr bestanden (R. Hantke, 1970 b ; H. Zoller et al. 1972, H. Kleiber, 1974). Schon für das Lascaux-Interstadial wird ein be- trächtliches Abschmelzen angenommen (H. Zoller et al., 1972, R. Hantke, 1978/80). Im Untersuchungsgebiet kommt der Gegensatz zwischen Nord- und Südseite der Alpen beim Abschmelzen der letzteiszeitliChen Gletscher und bei deren Ausmass finiglazialer Vorstösse deutlich zum Ausdruck: Während im

B.P. = before present = vor heute; internationale Bezeichnung für die Radiocarbon-Proben- alter, bezogen auf das Jahr 1950 n. Chr. Glazialmorphologische Untersuchungen im Hinterrhein-Tal und am Bernhardin-Pass 245

Legende

Insel 100 m

Schwelle

•12 Messpunkt mit Tiefe in m

Isobet he

Tiefenmessungen vom 4.7.76 durch den Tauchclub -Triton-Chur

Karte 2: Laghetto di Moösola (San Bernardino- Passhôhe), 2062 m. Map 2: Laghetto di Moesola (San Bernardino-Pass), 2062 m. 246 C. A. Burga

Schams und Rheinwald die Seitengletscher im Spätglazial nochmals bis ins Haupttal vorstiessen (Beverin-, Fundogn-, Steiler-Gletscher), gelangten im Misox diese noch knapp über ihre Karmulden hinaus (MucCia-, Vigon-, Con- fin-Gletscher; vgl. Karte 9). Das Moor von Crapteig (Via Mala, 1020 m) lieferte ein Radiokarbon-Alter für den Beginn der organischen Sedimentation von 12 400 Jahren B.P. Dem- nach begann die Sedimentation im Moor spätestens am Übergang Älteste Dryas/Bölling. Der Hinterrhein-Gletscher schmolz also zurück schon zur Zeit Älteste Dryas/Bölling mindestens bis hinter die Via Mala. Im Vorderrheintal nimmt H. J. Müller (1972) einen Rückzug des Gletschers bis hinter Flims ebenfalls zur Zeit der Ältesten Dryas bzw. im «Präbölling» an. Weitere Radiokarbon-Daten zum Zerfall des würmeiszeitlichen Eisstrom- netzes liefern H. Kleiber (1974) für das Oberengadin und C. Heitz (1975) für das Oberhalbstein. Der Eisrückzug im Oberhalbstein scheint im Vergleich zu den Hinterrheintälern zögernder vor sich gegangen zu sein: In Sur (1780 m) setzt die organische Sedimentation erst in der Älteren Dryas ein.

Karte 3: Daten zum Abschmelzen des Eises im Spät- und Frühpostglazial Graubündens. Auto- ren: 1 = H. P. Wegmüller 1976, 2-4 = H.J. Müller 1972, 5-6 = C. Heitz 1975, 7-8 = H. Kleiber 1974, 9-11 = C. Burga 1980, 12 = H. Zoller und H. Kleiber 1971, 13 = H. Zoller et al. unpubl. Alle Radiocarbon-Alter in Jahren vor heute. Map 3: Late Würmian and early Holocene deglaciation in the . Authors: See above. Every radiocarbon-dates in years before present. Glazialmorphologische Untersuchungen im Hinterrhein-Tal und am Bernhardin-Pass 247

3 Spät- und postglaziale Gletscherstände im Schams und im Rheinwald

Auf den Karten 4, 5, 8 und 9 sind die Moränenwälle spät- und postglazialer Stände der Tal- und Seitengletscher dargestellt. Die Zahlen der Stände 1 bis 4 a/b geben Auskunft über einen Datierungsversuch. Ferner sind mehrere jüngere, vermutlich frühpostglaziale und neuzeitliche Stände im Westschams (Stände 4a und 4b) festzustellen (vgl. Karte 4).

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Mögliche Form des Gletscher.

Pollendiagramm

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Karte 4: Moränenwälle im südwestlichen Schams. Map 4: Moraines in the south-western Schams.

Bei der Interpretation des Pollendiagramms «Lai da Vons» (vgl. C. Burga, 1980) wurde ein frühes Eisfreiwerden vor der Ältesten Dryas, vermutlich im «Präbölling» oder noCh etwas früher, angenommen. Die spätglazialen Radio- karbon-Alter von Crapteig (Via Mala) von 12 400 Jahren B. P. und 12 140 Jah- ren B. P. bestätigen nun dies. Die höchstgelegenen Seitenmoränen des Hinter- rhein-Gletschers von Lai da Vons (1900-2000 m) und Carschenna oberhalb Thusis (1150 m) werden demselben Gletscherstand zugeordnet. Da nun laut den Radiokarbon-Daten von Crapteig der Hinterrhein-Gletscher während der Ältesten Dryas nicht mehr über die Via Mala hinausreichte, müssen diese Sei- 248 C. A. Burga

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Deun 3. Lai da Vonls Egos. 3b

3b

Karte 5: Spätglaziale Gletscherstände im Westschams. Map 5: Late-glacial glacier phases in the western Schams. tenmoränen einem älteren Stadium als Andeer zugehören, was bereits früher vermutet wurde (C. Burga, 1975). Die Karte 7 zeigt die Situation von Car- schenna, wo ein Teillappen des Hinterrhein-Gletschers in der Passlücke min- destens zweimal stirnte. Zur Zeit der älteren Stadien bestand hier zwischen Hinterrhein- und Albula-GletsCher eine Verbindung, worauf das Erratikum (Roffnagneis, vereinzelt Taspinitbreccie bei Tarneras, 1100 m) hinweist. Bei Nivagl an der Strasse Solis—Zorten (Albulatal) bei Pt. 1035 ist Seiten- moränen-Material eines ehemals zusammenhängenden Albula-Hinterrhein- Eisstromes aufgeschlossen. Eine grobe Geschiebe-Analyse zeigt folgendes Er- gebnis: 70-80% helle und dunkle Kalke, Schiefer, Sandsteine; 10% rote Kon- glomerate; 5 % Amphibolite, Prasinite, Grünschiefer, Rauhwacke; unter l%, selten: Juliergranit, biotitreicher Gneis, Roffnagneis. Die Prasinite und dunklen Kalke sind gut poliert, kantengerundet und teil- weise schön gekritzt. Die obersten Lagen im Aufschluss sind möglicherweise glazifluvial zu deuten. In diesen Lagen sind horizontale Sandlinsen eingela- gert. Dieser Befund zeigt wiederum, dass kurz vor der Ablagerung der beiden Moränenbögen auf Carschenna die beiden Eisströme aus dem Albula-Tal und dem Hinterrheingebiet noch zusammenhingen: Der Juliergranit kann nur aus dem Albula-Tal, der Roffnagneis nur aus dem Hinterrhein-Tal stammen. Glazialmorphologische Untersuchungen im Hinterrhein-Tal und am Bernhardin-Pass 249

Kar

Eis Transf luenz

GIaz.Ubertiefung

Felsterrasse bzw. Schichtkopf

Markanter Rundhöcker

Gletscher schrammen

Flächenhalter Gletscherschliff

Blockschutthalde vegetationsfrei/bewachsen a ^

1%^1 Felssturz ^ry

Moränenwall

Flächenhafte Bedeckung durch Moräne 0

+d 2 Erratiker:Einzelblock/Blockgruppe 300m s. Sili kat. d: Dolomit. c: Dolomitbreccie. k: Kalk, b:Breccie allg., a: übrige Sedimente

Aufnahme durch C.A.Burga 1974

Karte 6: Geomorphologische Karte der Umgebung des Lai da Vons. Map 6: Geomorphological map of the region of the Lai da Vons. 250 C. A. Burga

Tabelle 1 Der Hinterrhein-Gletscher in der Späteiszeit (Karten 4, 5 und 9): Ia = Älteste Dryas, I b = Bölling, I c = Ältere Dryas, H = Alleröd, HI = Jüngere Dryas (Pollenzonen des mitteleuropäischen Spätglazials im Sinne von N. A. Mörner 1976, Seite 244). Table 1 The Hinterrhein-glacier during the Late-glacial (maps 4, 5 and 9): I a = Oldest Dryas, Ib = Bölling, Ic = Older Dryas, II = Alleröd, III = Younger Dryas (Pollen zones of the Central European Late-glacial after N. A. Mörner 1976, page 244).

Stadium Stand Chronologie Moränen Schneegrenz- Vergleich zu Depression den ostalpinen gegenüber 1850 Stadien

Chur 1 vor I a Lai da Vons, 700-800m Bühl? Lai Lung, Carschenna, Crapteig Andeer 2 I a Andeer, Rofla 600-700m Gschnitz? Nufenen 3 a I c? Alp Marschol 350 m Daun Hinterrhein 3 b HI Hinterrhein: 220 m Egesen Tallstafel

Tabelle 2 Die Seiten-Gletscher im Schams und Rheinwald während der Späteiszeit (Karten 4, 5 und 8). Table 2 The tributary glaciers in the region of Schams and Rheinwald during the Late-glacial (maps 4, 5 and 8).

Gletscher Stadium Stand Chrono- Moränen Schneegrenz- Vergleich zu logie depression den ostalpi- gegenüber nen Stadien 1850

Beverin/ Andeer 2 I a Donath, 620 m Gschnitz Fundogn Wergenstein Beverin Nufenen 3 a I c? Mirer, 350 m Daun Mursenas Beverin Hinterrhein 3 b HI Lieptgas 210 m Egesen Nursin Hinterrhein 3 b HI Gandus 150 m Egesen Fundogn Hinterrhein 3 b HI Curtginatsch 130 m Egesen Anarosa Hinterrhein 3 b HI Alp Danis 230 m Egesen Vizan Pintg Nufenen und Daun/ Hinterrhein 3 a/b I c?/HI Crest 300 m Egesen Steiler Nufenen 3 a I c? Sufers 350 m Daun Steiler Hinterrhein 3 b HI Steileralp 200 m Egesen Suretta Hinterrhein 3 b HI Alp Suretta 210 m Egesen Surettaseen Hinterrhein 3 b III Surettaseen 190 m Egesen

Da nun Crapteig mit 1020 m deutlich tiefer als Carschenna liegt, muss zum Zeitpunkt des Eisvorstosses gegen Carschenna ebenfalls die erstere Lokalität eisbedeckt gewesen sein. Der alte Rheinlauf von Crappasusta westlich Crap- Glazialmorphologische Untersuchungen im Hinterrhein-Tal und am Bernhardin-Pass 251 teig wurde auch überflossen und diente später als wichtige SChmelzwasserrin- ne. Dies beweisen die zahlreichen Blöcke von Roffnagneis, welche fast über- all zerstreut im einheitlichen Büdnerschiefergebiet von Crapteig/Via Mala vorkommen. Sogar im Bohrkern des Moores Crapteig konnten drei Roffna- gneis-Geschiebe gefunden werden (vgl. C. Burga, 1980).

Legende

—wo— Höhenkurve ^..^.,...^ Terrassenkante Tnnn6 Felsterrasse C.) Rundhöcker —► Schmelzwasser—Rinne Moränenwall + Erratiker % Pollenanalyse FZ Prähistor. Felszeichnungen

Karte 7: Geomorphologische Karte von Carscheuna/Crapteig (Via Mala). Map 7: Geomorphological map of Carschenna/Crapteig (Via Mala).

Über die zeitliche Stellung dieses Vorstosses wurde bereits 1975 versucht, eine Aussage zu machen (C. Burga, 1975). Damals wurde dieser mit dem Chu- rer Stadium parallelisiert und vorläufig in die Älteste Dryas gestellt. Der Glet- scher hätte nach der Ansicht von 1975 in der Gegend von Thusis geendet. Wie oben bereits dargelegt, muss dieser Stand, welCher auch heute noch höChst- wahrscheinliCh mit dem Churer Stadium zu parallelisieren ist, vor oder späte- stens während der Ältesten Dryas-Zeit stattgefunden haben. Wo der Hinter- rhein-Gletscher während des Standes 1 wirklich stirnte, ist aber nach wie vor noch ungewiss. Es bestehen keine Anzeichen, dass auCh der Hinterrhein-Glet- scher während des Churer Stadiums ebenfalls bis gegen Chur vorgestossen ist (vgl. die Ansichten von T. Remenyik, 1959, und G. Abele, 1974). 252 C. A. Burga

Einen Anhaltspunkt zu einem möglichen Gletscherstand in der Gegend von Tomils/ liefern die geomorphologischen Verhältnisse zwi- schen Dusch (oberhalb Paspels) und Tomils. Die Kapelle vom Weiler Dusch (ca. 920 m) steht auf Moränenmaterial, wie dies mehrere Aufschlüsse zeigen. Eine summarische Geschiebe-Analyse lieferte folgendes Ergebnis: 90% Kal- ke: schwarze Kalke mit Schrammen, kantengerundet, braun verwitterte Schie- fer; 10% übrige Gesteine: gut vertreten ist der Juliergranit; hie und da: rote Konglomerate, Amphibolite, Prasinite, Kluftquarz; selten: Roffnagneis; sehr selten: Biotitgneis (aus dem Rheinwald?), z. T. stark verwittert, rotbraun bis schwarz. Der etwa 450 m lange Wall, welcher östlich der Kapelle quer durchschnit- ten ist (wohl von einer aus Trans herstammenden Schmelzwasserrinne), ver- läuft in Richtung Ostsüdost–Westnordwest und weist an seiner Südflanke ei- ne prallhangartige Geländeform auf. Diese Formung lässt sich nach Nordwe- sten bis in die Gegend von Tomils weiterverfolgen. Es ist sehr unwahrschein- lich, dass diese Morphologie durch den Hinterrhein gebildet wurde. Vielmehr kommt man auf den Gedanken, dass hier ein ehemaliger Eisrand vorliegt. Die Umgebung des Schlosses Ortenstein (Strasse, kleiner See) zeigt Anzeichen von SChmelzwasserrinnen und gewissen Kolkwirkungen. Ein weiterer Hin- weis zu einer minimalen Eishöhe im Raum Tomils liefert der rundgeschliffene Bündnerschiefer-Felskopf von Sogn Luregn nördliCh von Paspels. An die öst- liche Flanke des Felsbuckels lehnt sich eine ausgeprägte Moränentapete, die bis zum höchsten Punkt (848 m) mit zunehmender Ausdünnung hochzieht. Et- was südlich der Kapelle Sogn Luregn sind neben einigen verkrüppelten Wald- föhren mehrere Granit- bzw. Gneisblöcke aus dem Albula- bzw. Hinterrhein- gebiet in direktem Kontakt mit dem Anstehenden zu beobachten. Während der Vorderrhein-Gletscher vor dem Churer Stadium bis in die Gegend zwi- schen Ilanz und Trun zurückgewiChen war (W. K. Nabholz, 1975), befand sich der Hinterrhein-Gletscher vermutlich hinter der Via Mala, vielleicht sogar im vorderen Rheinwald (R. Hantke, 1978). Beide GletsCher hätten während des Churer Stadiums etwa dieselbe Strecke zurückzulegen gehabt. Nach der An- sicht von R. Hantke (1978, S. 378) hätte der Churer Vorstoss nur etwa 500 Jah- re gedauert. Für das Abschmelzen und WiedervorrüCken bis Chur wären so- mit 1900-2100 Jahre nötig gewesen. Wenn Stand 1 ein Äquivalent des Churer Stadiums ist, dann müsste dieses mindestens so alt wie die Älteste Dryas sein, d. h. also älter als etwa 13 000 Jah- re B. P. Schon oben wurde dargelegt, dass die Transfluenz des Hinterrhein- Gletschers über den Bernhardin bereits vor oder spätestens während der Älte- sten Dryas beendet gewesen sein muss. Zur Zeit des Gletscherstandes 1 be- stand aber noch diese Eistransfluenz nach Süden, da am Lai da Vons die Sei- tenmoränen bei etwa 2000 m Höhe liegen und die Passhöhe des Bernhardins 2066 m beträgt. So wird die zeitliche Stellung des Standes 1 weiter untermauert. Sarganser und Feldkirch Stadium (vgl. R. Hantke, 1978) wären demnach bedeutend äl- Glazialmorphologische Untersuchungen im Hinterrhein-Tal und am Bernhardin-Pass 253

ter als die Älteste Dryas. Für das Feldkirch Stadium s.l. konnte C. Burga auf pollenanalytischem Wege ein Minimumalter, das der Ältesten Dryas ent- spricht, wahrscheinlich machen (in: U. Jordi, 1977, S. 111). Die spätglazialen Stauschotter auf 1620-4690 m bzw. 1540-1560 m ü. M. bei Mathon und Lohn (H. Jäckli, 1971) werden von H. Jäckli (1976) als Abla- gerungen in einem randglazialen Gletscherstausee gedeutet. Von der Höhen- lage her würde dieser Vorgang gut in die Zeit des Gletscherstandes 1 (= Chu- rer Stadium?) passen. Das Alter des von R. Staub (1938) bis in die Gegend von Chur postulierten GletsChervorstosses ist heute aber noCh ungewiss (R. Hantke, 1970 a, b, e, 1978; H. J. Müller, 1972; W. K. Nabholz, 1975). H. J. Müller (1972) gelang anhand eines Pollendiagramms, ein Mindestalter von etwa 10 000 Jahren v. Chr. für die Seitenmoräne des Vorderrhein-Glet- schers bei Affeier (Obersaxen) zu ermitteln. Er vermutete eine Zugehörigkeit zum Churer oder Ilanzer Stadium des Vorderrhein-Gletschers, welche mit der Ältesten bzw. Älteren Dryas konnektiert wurden. W. K. Nabholz (1975) ist der Überzeugung, dass die Moräne von Affeier dem Churer Stadium angehört, dessen Vorstoss über dem Flimser Bergsturzmaterial bis auf 1160 m Höhe ei- ne 1 bis 3 m mächtige Moränentapete hinterliess. Nach dem Stand 1 des Hinterrhein-Gletschers schmolz dieser sicher bis hinter die Via Mala zurück und stiess später nie mehr darüber hinaus vor. In Kap. 1.2 wurde auf Ablagerungen des ehemaligen Schamser-Sees hingewie- sen, wobei drei Niveaus feststellbar sind. Die Stauwirkung in der Via Mala ist vermutlich auf Moränen und evtl. Toteis und mögliCherweise Bergsturzmate- rial zurückzuführen. Die Existenz dieses Sees ist am ehesten vorstellbar in der Zeit der Abschmelzphase des Hinterrhein-Gletschers nach dem Stand 1, also kurz vor oder während der Ältesten Dryas. Ein Schotteraufschluss bei Zillis (gegenüber der Kirche St. Martin) zeigt zwei Seeniveaus. Bei Andeer ist eine Deltaschüttung aus Süden aufgesChlossen, deren Übergusskegel das Liegende diskordant bei etwa 1000 m Höhe bedeckt. Das höchste Seeniveau ist offen- bar im Zilliser Aufschluss nicht feststellbar. Hier liegen die beiden Spiegelhö- hen auf 950 und 947 m, welche eine allmähliche Entleerung andeuten. Somit überflutete der ehemalige Schamser Stausee das Tal bis in etwa 1000 m Höhe (Andeer), wurde relativ rasch durch den Schutt des Rheins und seiner Seiten- bäche (besonders Ual da Pignia, Ruegna Granda, Fundogn, Ual da ReisChen) aufgefüllt und reiChte während seiner Schlussphase noch bis Bogn westlich Pignia, wo noch gebänderte Tone/Silte zur Sedimentation gelangten. In der Folge stiess vermutlich der Hinterrhein-Gletscher während der Ältesten Dryas nochmals bis Andeer vor (R. Hantke, 1970 a, 1978/80; C. Burga, 1975). Das Zungenende des Gletschers ist im Bereich des heutigen Kirchenhügels zu su- chen, der von O. Wilhelm (1933) als «altquartärer Bergsturz» bzw. «Rest quartären Schuttes», von V. Streiff (1971) als «Bergsturzablagerung» bezeich- net wurde. Der Kirchenhügel besteht aus über 30 Blöcken Roffnagneis (z. T. mehrere Kubikmeter gross), zwischen denen hie und da ein Karbonatgestein sich befindet. Die Blöcke liegen unmittelbar aufeinander, Feinmaterial be- 254 C. A. Burga deckt nur das Dach der Ablagerung. Die übrigen Hügel sind bedeutend nied- riger und nicht aufgeschlossen. Sie weisen aber eine stromlinienartige Über- prägung auf. Aufgrund der Verbandsverhältnisse, dem Gesteinsspektrum und der geometrischen Anordnung der Hügel nördlich Andeer sind diese als Reste eines ehemaligen Endmoränenwalls zu bezeichnen. Denkbar ist auch, dass ehemaliges Bergsturzmaterial während des Gletschervorstosses bis Andeer mit Moräne vermischt an diese Stelle zusammengeschoben wurde (C. Burga, 1975). Zur selben Zeit stiessen auch die Seitengletscher letztmals weit vor: So der Beverin- und Fundogn-Gletscher bis Donath bzw. Wergenstein, wo sChöne Endlagen dokumentiert sind (vgl. Karten 4 und 5). Die höchstgelegenen Sei- tenmoränen dieser Gletscher setzen ein bei etwa 1800 m, wodurch ein An- haltspunkt für die Höhe der damaligen Firnlinie gegeben ist. Nach dem Vorstoss bis Andeer schmolz der Hinterrhein-Gletscher im Böl- ling bis weit ins Rheinwald zurück, denn die Transfluenz über den Bernhar- din bestand nicht mehr, was bereits oben festgestellt werden konnte. Die Eis- oberfläche lag also im hintersten Rheinwald sicher unter 2000 m. Das vordere Rheinwald ist bis in die Gegend von Splügen als eisfrei anzunehmen. Es be- steht aber anhand der Geomorphologie keine Möglichkeit, festzustellen, wie weit genau das Abschmelzen erfolgte. Immerhin fällt auf, dass die Pollendia- gramme «Lai da Vons» und «Sass de la Golp» (vgl. C. Burga, 1980) in der Pollenzone I b bzw. I a Hippophae-Pollen aufweisen, während diese in den Profilen «Alp Marschol» und «Moräne Marschol» (C. Burga, 1980) am Bern- hardin fehlen. Im übrigen treten während des Bölling im Diagramm «Sass de la Golp» die ersten Makroreste von Salix spec. auf (C. Burga, 1980). R. Hant- ke (1978, S. 371) nimmt einen Gletscherrückzug nach dem Andeerer Stadium bis Medels und hernach einen erneuten Vorstoss bis Sufers an. Der von J. Ne- her (1971) kartierte Endmoränenwall östlich Sufers ist heute infolge des Stau- sees nicht sichtbar, so dass die Abklärung dieser Endlage bisher nicht möglich war. Sichere Hinweise für einen weiteren markanten Vorstoss des Hinterrhein- Gletschers liefert der Seitenmoränenkomplex auf der Alp Marschol an der Nordflanke des Bernhardin-Passes (vgl. Karte 9), welcher bei Pt.2030 einsetzt und bei Pt. 1865 endet. Das mittlere Gefälle der Moränen beträgt 9,7%. Eine Verlängerung bei konstanter Neigung würde den Talboden bei Nufenen schneiden. Da die damalige Schneegrenze sicher über 2030 m liegen musste, dürfte für diesen Stand eine Schneegrenzdepression gegenüber 1850 von 350 m anzunehmen sein. Da die Sedimentation im moränengestauten Moor von Marschol (vgl. C. Burga, 1980) mit grosser Wahrscheinlichkeit während der Jüngeren Dryas oder kurz vor Ende des Alleröd einsetzt, ist dieser Glet- scherstand (Nufenen Stadium) am ehesten in die Zeit der Älteren Dryas ein- zustufen. R. Hantke (1978) nimmt einen Stand bei Nufenen während der Älte- ren Dryas an. Von der Geomorphologie her konnten vom SChreibenden keine sicheren Hinweise für diesen Stand bei Nufenen gefunden werden. Mögli- Glazialmorphologische Untersuchungen im Hinterrhein-Tal und am Bernhardin-Pass 255

r^ Berggrat • Bergspitze Gletscher See -^ Bach Moränenwall

,^ rt Erosionsrand (T Schotterterrasse ° Moränenwall aus Silikat- und Karbonat- Schutt

Karte 8: Geomorphologische Karte des Suretta-Tales. Map 8: Geomorphological map of the Suretta-Valley. 256 C. A. Burga

cherweise endete der Gletscher kurz nach Hinterrhein, da bekanntlich das Ge- fälle der Eisoberfläche gegen das Zungenende sehr rasch zunehmen kann. Die topographisch-geomorphologischen Gegebenheiten sind sehr günstig, um eine direkte Datierung der Moränenwälle auf der Alp Marschol durchzufüh- ren: Der Schgräjend-Bach, der heute im Anstehenden fliesst, durchschneidet diese Wälle. Der Kontakt Fels/Moräne ist demnach leicht aufzufinden. Lei- der sind bisher alle Bemühungen gescheitert, von der Moräne verschüttete fossile Bodenbildungen zu sammeln, welche eine Radiokarbon-Datierung er- möglichen würden. Der letzte Vorstoss des Hinterrhein-Gletschers über neuzeitliche Ausmasse hinaus ist in der Endmoräne westlich des Dorfes Hinterrhein (vgl. Karte 9) dokumentiert. Bei Tallstafel ist eine schöne absteigende Seitenmoräne vor- handen, die bei den Alphütten nach Norden umbiegt, unterbrochen wird und nach den Hütten mehrteilig wieder einsetzt. Dieser Stand wurde früher bereits in die Zeit der Jüngeren Dryas gestellt (C. Burga, 1975). Der Steiler-Gletscher nördlich Sufers stiess im ausgehenden Spätglazial nochmals bis ins Haupttal vor (vgl. Karte 4). Dies war natürlich nur möglich nach dem Andeerer Stadium, als das Eis weiter zum Nährgebiet zurückwich. Möglicherweise geschah dieser Vorstoss während des Nufenen Stadiums, also in der Älteren Dryas (Stand 3 a). Es ist aber auch ein Vorstoss zur Zeit der Jüngeren Dryas möglich, wenn man den relativ kurzen Weg und die Steilheit des Talausganges in Rechnung stellt. Auf der Alp Anarosa im Westschams sind noch mehrere Vorstösse des nun in kleinere Gletscher aufgelösten Beverin-/Fundogn-Gletschers zu beobach- ten (vgl. Karte 5). Vier Gletscher stiessen bis etwa 2000 m vor: Vizan-Pintg- Gletscher bis auf 1960 m, Anarosa-Gletscher bis auf 2000 m, ein älterer Stand desselben bis auf 1820 m, Fundogn-GletsCher bis auf 2200 m, Beverin-Glet- scher bis 2000 m. Diese Stände werden auf Grund der berechneten Schnee- grenzdepression gegenüber 1850 vorläufig mit den Gletscherständen 3 a und 3 b (Daun und Egesen) parallelisiert (vgl. Tab. 2). In höheren Lagen sind noch mehrere jüngere, vielleicht postglaziale Stände durch Endmoränenwälle nach- weisbar (Stände 4 a und 4 b). Es lassen sich höhenmässig zwei Gruppen von Endlagen unterscheiden:

Tabelle 3 Nacheiszeitliche Gletscherstände im Schams. Table 3 Post-glacial glacier-stages of the Schams-Valley.

Stand 4a: Stand 4b: Moränen zwischen 2250 und 2350 m ü. M.: Moränen über 2400 m ü. M.: nördlich Piz Calandari 2250 m Lai da Calandari 2440 m Lai Pintg 2310 m Fuorcletta digl Lai Pintg 2480 m Plan Darmeras 2350 m Piz Muttolta 2500 m Alp Nursin 2250 m östliche Flanke des Gelbhorns 2410 m Alp digl Oberst 2200 m südlicher Abhang des Piz Tuf 2540 m Alp Nursin 2310, 2350, 2370, 2410 und 2430 m Glazialmorphologische Untersuchungen im Hinterrhein-Tal und am Bernhardin-Pass 257

Nähere Altershinweise konnten bisher nur für den Stand 4 a des Valletta- Gletschers bei Plan Darmeras (2350 m) anhand des von der Seitenmoräne ge- stauten Moores gewonnen werden. Ein Holzstück in 140 cm Tiefe an der Grenze Ton/Torf ergab ein Alter von 6270 Jahren B. P., eine Torfprobe in 135 cm Tiefe ein Alter von 5560 Jahren B. P. (Grabung). Der Endmoränenwall des kleinen Valletta-Gletschers wurde also spätestens im Frühpostglazial auf- geschüttet (Misoxer oder Oberhalbsteiner Kaltphasen?). Die Gruppe des Standes 4b in über 2400 m Höhe gehört vielleicht zu den mittelalterlichen und neuzeitlichen Gletscherständen. Für den kleinen Kar-Gletscher in der Fuor- cletta digl Lai Pintg nimmt H. Jäckli (1958) zwei Hochstände um 1600 und 1850 A. D.' an. In der Folge sei dieser vollständig abgeschmolzen. Im Kar nordöstlich vom Bergfuss des Bruschghorns lag um das Jahr 1850 ebenfalls noch ein kleiner Gletscher.

4 Spät- und postglaziale Gletscherstände am Bernhardin-Pass

Auf den quartären Formenschatz wurde bereits in Kap. l.2 hingewiesen, wes- halb nun auf Einzelheiten verzichtet werden kann (vgl. Karte 9). Die Schliff- grenze am Bernhardin ist an folgenden Stellen zu beobachten: am Bernhar- din-Pass: 2300-2350 m; Alp MuCcia: 2500 m; Pan de Zucher: 2160 m. H. Lautensach (1912, S. 17-18) gibt für die Schliffgrenze folgende Werte an: a) Zapportgebiet: Güferhorn ca. 2750 m; Oberer Heuberg ca. 2500 m; b) Bernhardin: Nordost-Grat des P. de Muccia ca. 2220 m; oberes Misox ca. 2100 m. Die Transfluenz des Hinterrhein-Gletschers über den Bernhardin studierte bisher am eingehendsten H. Lautensach (1912). Die Eishöhe des Gletschers lag nach seiner Ansicht auf über 2100 m, was mit den eigenen Beobachtungen in Einklang steht. Auf der Alp Marschol zeigen die GletsCherschliffe beson- ders gut das Umbiegen des Eisstromes nach Süden. H. Lautensach konstruier- te eine Karte der hocheiszeitlichen Stromlinien des GletsCherbettes über dem Bernhardin. Die Isohypsenkarte zur eiszeitlichen Vergletscherung des Tes- singebietes verzeichnet am Bernhardin-Pass eine maximale Eishöhe von 2400 m, was im VergleiCh mit den Feldbeobachtungen recht gut übereinstimmt (H. Lautensach 1912, Tafel II). Bei A. Penck und E. Brückner (1909, Bd. 3, S. 780) wird die Transfluenz des Hinterrhein-Gletschers über den Bernhardin lediglich kurz erwähnt. Zwischen dem Hinterrhein-Stadium (Stand 3b) und den neuzeitlichen Gletscherständen des Zapport-/Paradies-Gletschers sind heute keine weiteren Endlagen feststellbar. Zapport- und Paradies-Gletscher rückten um 1850 A.D.

z A.D. = Anno Domini. 258 C. A. Burga vor bis in die Gegend der Zapporthütte in 2050 bzw. 2270 m Höhe (vgl. Karte 9). Zeitgenössische Stahlstiche von L. Rohbock und J. Poppel (1846), W.Tom- bleson und W. Lacey (1832) sowie eine Aquatinta von J. L. Bleuler (um 1840) stellen die Stirnregion des Hinterrhein-Gletschers dar, wobei jedoch eine ge- naue Lokalisierung im Gelände niCht möglich ist. Die prächtige kolorierte Aquatinta Nr. 19 um 1823/25 von J.J. Meyer (1826), welche das Dorf Hinter- rhein mit dem Talschluss darstellt, zeigt den Paradies-/Zapportgletscher, der bis etwa in die Gegend der Zapporthütte hinunterreichte. Nach dieser Aquatinta lag der Marschol-Gletscher um 1823/1825 auf einer Höhe von 2400 m (vgl. Karte 9), wodurch der Endmoränenwall bei 2400 m Höhe datiert werden kann als Stand um 1820. Die grosse Naturtreue der Zeichnungen J. J. Meyers bezeugen F. O. Pestalozzi (in: Schweizerisches Künstler-Lexikon, 1908) und R. Jenny (1965). J.J. Meyer bereiste 1823-1825 die 1823 neuerstellte, mit Kutschen befahrbare Bergstrasse von Chur über den Bernhardin bis Bellinzona. Auf Blatt Nr. 15 stellte er die neuerbaute Stein- brücke der Roffla-Schlucht dar, wobei das noch vorhandene Baugerüst eben- falls minutiös gezeichnet wurde. Zum Hinterrhein-Gletscher schreibt J. G. Ebel (in: J.J. Meyer, 1826) auf Seite 79: «Die Ausdehnung aller Gletscher in dem Rheinwald-Thal ist seit 25 Jahren sehr bedeutend grösser, und besonders seit dem Jahr 1815 sehr bemerkbar geworden. In den 2 letzten Jahren ist für den Rheingletscher nicht bloss ein Stillstand seines Wachstums eingetreten, sondern er ist etwas zurückgewichen, aber bey weitem nicht so viel, als er in den letzten 10 Jahren zugenommen hat. Dass in diesem Hintergrund des Rheinwald-Thals die Vergletscherung in früheren Jahrhunderten viel geringer gewesen sein muss, scheint sich aus dem offenen Pass zu ergeben, welcher über die Alp zur Port bey den Rheinquellen und dem Rheinwald-Horn vorbey hinunter nach dem Calanka-Thal führte ... dieser ehemalige Pass ist seit Jahr- hunderten durch Gletscher verstopft.» Am Bernhardin-Pass sind mehrere spät- und postglaziale Gletscherstände zu verzeichnen (vgl. Karte 9):

Tabelle 4 Späteiszeitliche Gletscherstände beim Bernhardin-Pass. Table 4 Late-glacial glacier-stages in the region of the Bernhardin-Pass.

Gletscher Stadium Stand Chronologie Moränenwälle Vergleich mit den ostalpinen Stadien

Kirchalp Kirchalp 3 b III Kirchalp Egesen Marschol Marschol 3 b? IH? Alp Marschol Egesen? Muccia Ca de Muccia 3 b HI Muccia Egesen Vigon Vigon 3 b? HI? Alp Vigon Egesen? Confin Confin 3 b? HI? Alp de Confin Egesen? Vignun Gareida 3 a? I c? Alp Gareida Daun? (zwei Stände) Glazialmorphologische Untersuchungen im Hinterrhein-Tal und am Bernhardin-Pass 259

18500.0. 4 0

850AD. Fanellhorn

46° 850 A D.

155

Lorenz horn 3a,

7ß00 .N\NS^ RIEIi^ I, 3b 1850A 0.

O^ 00 A. MARSCHÖL ry0ry200 ? 8313

1850AD.

SAN BERNARDI

P Moe sole

MUCCIA: 2000

tRheinquell\ Hor •: 3200 • •

0 km LEGENDE Pde Mucc a 2967 Höhenkurve 147 ® Mo rä nen wall .a.BERNARDINO DO H 730 I Gletscher

^ uro h Ältere Form des Gletschers A.O. ANNO DOMINI

Schliffgrenze I Rodon 4,3albspätglnziale Gletscherstände (vgl.Karte4)

Karte 9: Moränenwälle im Gebiet des San Bernardino-Passes. Map 9: Moraines in the region of the San Bernardino-Pass. 260 C. A. Bnrga

Die Fragezeichen zeigen, wie wenig noch über die zeitliche Stellung dieser Kar-Gletscher-Vorstösse auf der Alpensüdseite bekannt ist. Leider sind in die- ser Gegend kaum geeignete Moore vorhanden, die durch pollenanalytische Untersuchungen nähere chronologische Angaben liefern könnten. Die Gletscher, welche vorläufig dem Stand 3b (= Jüngere Dryas) zugeord- net wurden, weisen Endlagen in etwa 2100 m Höhe auf. Die entspreChenden Gletscherstände im Schams reichen teilweise unter 2000 m, wodurch wieder- um der Gegensatz von Alpensüd- und -nordseite zum Ausdruck kommt. Et- was höher gelegene Endmoränen gehören wohl noCh dem Egesen-Komplex und wahrscheinlich dem Postglazial an. Der Muccia-Gletscher stiess vermutlich zur Zeit des Standes 3b nochmals beträchtlich vor bis etwa zur Ca de Muccia in 1900 m Höhe. Desgleichen hin- terliess der Vignun-Gletscher auf der Alp Gareida zwei Endmoränenstaffel bei 1640 und 1670 m, welche möglicherweise in die Ältere Dryas zu stellen sind. Gemäss der Siegfried-Karte der Schweiz ist der Gletscherstand um 1920 des Muccia-Gletschers bei 2600 m anzusetzen, wo fragmentarische Stirnwälle kartiert werden konnten (vgl. Karte 9 und H. Lautensach 1912: Tafel III, Foto 2 «Das Mucciatal»). Ein älterer Vorstoss endete ziemlich genau in 2500 m Höhe kurz vor dem Steilabfall des Kars gegen den «Bec de MucCia» (Moränenwälle). Damals bil- deten der MuCcia-Gletscher und der nördlich des P. de Muccia gelegene Glet- scher eine zusammenhängende Verfirnung. Nach der Dufour-Karte, Blatt Nr. XIX, war dies um 1850 A.D. der Fall (erste Ausgabe dieses Blattes um 1858).

5 Zusammenfassung

5.1 Spät- und postglaziale Gletscherstände im Schams, Rheinwald und am Bernhardin-Pass

1. Die würmeiszeitliche Transfluenz eines rechten Seitenlappens des Hin- terrhein-Gletschers über den Bernhardin-Pass war spätestens während der Äl- testen Dryas beendet (Pollendiagramm «Sass de la Golp»). Möglicherweise bestand diese Transfluenz bereits vor der Ältesten Dryas-Zeit nicht mehr. 2. Der Gegensatz zwischen Alpennord- und -südseite kommt zum Aus- druck im Ausmass der finiglazialen Vorstösse der SeitengletsCher, die auf der Nordseite nochmals bis ins Haupttal erfolgten, während auf der Südseite die- se knapp über ihre Karmulden vorrückten.

Herr Dr. Max Maisch, Geographisches Institut der Universität Zürich, war mir behilflich bei den Schneegrenzberechnungen. Ihm sei hier dafür bestens gedankt. Ebenfalls danken möchte ich der Koordinationsstelle 12 Graubünden und dem Ufficio coordinazione 9 Ticino für die Zusen- dung der Schiessanzeigen zum Untersuchungsgebiet. Glazialmorphologische Untersuchungen im Hinterrhein-Tal und am Bernhardin-Pass 261

3. Der Hinterrhein-GletsCher schmolz zurück mindestens bis hinter die Via Mala zur Zeit der Ältesten Dryas oder vielleicht noCh etwas früher. Hernach stiess er niemals mehr über diese hinaus vor. 4. Die Seiten- bzw. Endmoränen des Hinterrhein-Gletschers beim Lai da Vons und bei Carschenna werden zu einem gemeinsamen Stand 1 vor oder spätestens während der Ältesten Dryas-Zeit gerechnet (Schneegrenzdepres- sion gegenüber 1850: 700-800 m). Wie weit der Hinterrhein-Gletscher über die Via Mala hinaus vorstiess, kann noch nicht siCher beantwortet werden. Die geomorphologischen Verhältnisse bei Dusch und Tomils im Domleschg deuten auf einen Gletscherstand in der Gegend Tomils-Rothenbrunnen. Mög- licherweise ist Stand 1 ein Äquivalent des Churer Stadiums, womit dieses äl- ter als die Älteste Dryas wäre. 5. Der durch drei Seeniveaus und Deltastrukturen nachgewiesene Scham- ser-Stausee ist wohl kurz vor oder während der Ältesten Dryas-Zeit infolge der moränen- und bergsturzverschütteten Via Mala-Schlucht entstanden. Der See wurde rasch durch den Schutt des Hinterrheins und seiner Zuflüsse auf- gefüllt. Danach fand die Zerschneidung dieser Ablagerungen statt. Der Ver- lauf des Valtschiel-Baches, der bei Donath seinen eigenen SchuttfäCher heute südlich umfliesst, beweist die durch das Auslaufen des Sees bedingte rasche Tieferlegung der Erosionsbasis. 6. Für die Zeit der Ältesten Dryas ist ein nochmaliges Vorstossen des Hin- terrhein-Gletschers bis Andeer (982 m) anzunehmen. Für diesen Stand 2 wur- de eine Schneegrenzdepression gegenüber 1850 von 600-700 m erreChnet. 7. Zwei weitere Endlagen des Hinterrhein-Gletschers sind bei Nufenen während der Älteren Dryas-Zeit: Stand 3a und westlich Hinterrhein für die Jüngere Dryas-Zeit: Stand 3b wahrscheinlich (Schneegrenzdepression gegen- über 1850: 350 bzw. 220 m). B. Während der Ältesten bzw. Älteren Dryas stiessen die Seitengletscher des Schams (Beverin-, Fundogn-, Steiler-Gletscher) noch einmal bis ins Haupttal vor. 9. Auf der Alp Anarosa im Westschams sind mehrere Vorstösse des nun in kleinere Gletscher aufgelösten Beverin- bzw. Fundogn-Gletschers zu beob- achten. Die Endstände wenig unterhalb 2000 m Höhe werden vorläufig mit Stand 3 a/b parallelisiert. In höheren Lagen sind mehrere jüngere, vielleiCht postglaziale Stände durch Stirnmoränen dokumentiert. Es lassen siCh zwei Gruppen unterscheiden: a) 2250-2350 m: Stand 4a, b) über 2400 m: Stand 4b. 10. Beim Hinterrhein-Gletscher (Paradies- und Zapport-GletsCher) sind zwischen dem Hinterrhein-Stand (3 b) und den neuzeitlichen Ständen des Pa- radies- und Zapport-Gletschers heute keine weiteren Endstände im Gelände festzustellen. Anhand der Dufour-Karte der Schweiz (Originalmesstischblatt Nr. 505 von 1855) und zeitgenössischer bildlicher Darstellungen ist ein Glet- scher-Stand um 1850 A.D. in der Gegend der Zapporthütte dokumentiert. 11. Der Marschol-Gletscher am Bernhardin-Pass rückte um 1820 A.D. bis in 2400 m Höhe vor. 262 C. A. Burga

12. Die Kar-Gletscher im obersten Misox stiessen vermutlich während des Egesen-Stadiums nochmals bis an den Karrand in etwa 2100 m vor. Weiter oben gelegene Endmoränenwälle werden teilweise noch dem Egesen-Stadium (Jüngere Dryas) und den postglazialen Gletscherständen zugeordnet. Der Muccia- und der Vignun-Gletscher hinterliessen bei 1900 m bzw. 1640 m Stirnmoränen, die vielleicht ins Daun-Stadium zu stellen sind. 13. Die kartierten Endmoränenwälle des Muccia-Gletschers bei 2600 m bzw. 2500 m Höhe sind nach der Siegfried- und Dufour-Karte der Schweiz (Originalmesstischblatt Nr. 505 von 1855) in die Zeit der neuzeitliChen Hoch- stände von 1920 bzw. 1850 A. D. zu setzen.

5.2 Hinweise zu postglazialen Klimaschwankungen (vgl. Karte 1) In der Publikation «Postglaziale Klimaschwankungen in Pollendiagrammen der Schweiz» von C. Burga (1979) wurden die wichtigsten bis Anfang 1979 publizierten pollenanalytisChen Arbeiten der Schweiz nach Hinweisen auf postglaziale Klimaschwankungen durchgesehen. Die nun folgenden Angaben stellen eine Zusammenfassung für das hier behandelte Untersuchungsgebiet dar. Für folgende Zeitabschnitte konnten mit Hilfe pollenanalytischer Unter- suchungen (vgl. C. Burga, 1980) Hinweise zu Klimaschwankungen gefunden werden: 5200-4000 Jahre B.P. 7200-5900 Jahre B.P. 8500-7200 Jahre B.P. In den folgenden Pollendiagrammen liegen Schwankungen der BP4- bzw. NBP 5-Kurven vor, welche als klimabedingt interpretiert werden:

a) Lai da Vons (Südwestschams) 1991 m ü. M. 1. Boreal: Rückgang von Pinus Cembra, vermehrt Pinus silvestris/Mugo-Typ, Betula. «Schamser Schwankung». 2. Älteres Atlantikum: Rückgang von Picea. Misoxer Schwankungen? 3. Jüngeres Atlantikum und Subboreal: zwei radiokarbondatierte NBP- Phasen: 4770 und 4475 Jahre B.P. Piora-Kaltphase? Jedoch anthropogene Be- einflussungen der Vegetation. b) Pale digl Urs (Südwestschams) 1834 m ü. M. l. Boreal: Rückgang von Pinus Cembra, vermehrt Pinus silvestris/Mugo-Typ. «Schamser Schwankung». 2. Atlantikum: Rückgang von Picea. Misoxer Schwankungen? 3. Jüngeres Atlantikum und Subboreal: An der Wende Jüngeres Atlanti- kum/Subboreal. Rückgang von Picea und Pinus Cembra, NBP-Gipfel, Abnah- me der Pollenfrequenz, keine anthropogenen Einflüsse.

4 BP = Baumpollen (Bäume und Sträucher). NBP = Nichtbaumpollen (Kräuter). Glazialmorphologische Untersuchungen im Hinterrhein-Tal und am Bernhardin-Pass 263

C) Moräne Marschol (Bernhardin-Pass Nord) 1985 m ü. M. 1. Präboreal: vor 8980 Jahren B.P. markanter Artemisia-Gipfel von ca. 12%, Rückgang von Pinus und Larix. d) Alp Marschol (Bernhardin-Pass Nord) 2010 m 1. Boreal: um 8330 Jahre B.P. Rückgang von Pinus Cembra, vermehrt Pinus silvestris/Mugo-Typ und Betula. «Schamser Schwankung»? 2. Atlantikum: mehrere NBP-Maxima. Misoxer Kaltphasen? 3. Subboreal: NBP-Gipfel, BP-Rückgang kurz vor 2795 Jahre B.P., Sand- lage. Göschener Stadium I? e) Sass de la Golp (Bernhardin-Pass Süd) 1953 m ü. M. Jüngeres Atlantikum und Subboreal: sehr rasche Massenausbreitung von Al- nus viridis und Pteridophyta, Rückgang von Pinus Cembra, Larix, Pinus silve- stris/Mugo-Typ, Picea, Abies, Betula und Eichenmischwald. Klimatisch- oder konkurrenzbedingter Rückgang der BP?

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Dr. Conradin A. Burga, Geographisches Institut der Universität Zürich, Blümlisalpstrasse 10, CH-8006 Zürich.