94 Rundgang 3

Unter den Arkaden der

Marais Mit seinem adeligen Touch ist das Marais heute eines der beliebtesten und teuersten Wohnviertel der Stadt. Den Reiz des Marais machen jedoch nicht nur die vornehmen Stadtpaläste aus; das 4. Arrondissement gehört mit sei- nen attraktiven Kneipen, Restaurants, Modeboutiquen und Galerien zu den lebendigsten der Stadt. Ursprünglich war das Marais eine un- herrschaftlichen Häuser, die mehr und RundgangMarais wirtliche Gegend – „Marais“ bedeutet mehr verfielen. Ende der sechziger Jah- 3 „Sumpf“ – am Rande der Hauptstadt. re verfügten zwei Drittel der Wohnun- Doch nachdem das Gebiet im Spätmit- gen weder über fließendes Wasser noch telalter trockengelegt worden war, stieg über eine eigene Toilette. Doch ein En- es schnell zur vornehmsten Wohnge- de des steten Verfalls nahte: Auf Veran- gend der Stadt auf. Mitglieder der aris- lassung des damaligen französischen tokratischen Führungsschicht ließen Kultusministers André Malraux wurde sich hier ihre „Hôtel“ genannten Stadt- die historische Bausubstanz des Marais paläste errichten, Madame de Sévigné unter Denkmalschutz gestellt und um- beispielsweise empfing ihre Besucher fassend saniert. Zahlreiche adelige im Hôtel Carnavalet, das heute das Stadtpalais wie das Hôtel de Sully und Stadtmuseum von beherbergt. das Hôtel Salé wurden seither aufwän- Auch der schönste Platz von Paris, die dig restauriert und einer musealen Nut- Place des Vosges, liegt im Marais. Als zung zugeführt; das Marais ist dadurch die Adeligen dem König nach Versailles zu einem der beliebtesten Viertel der folgten, begann der allmähliche, aber Stadt aufgestiegen, wie ein Blick auf die stete Niedergang des Viertels. Hand- Immobilienpreise zeigt. Ein Apparte- werker und Tagelöhner zogen in die ment an der Place des Vosges können

Marais Karte S. 97

Marais 95 sich heute nur noch sehr gut betuchte Wer ein „gay-freundliches“ Café oder Bürger leisten, zu deren erlesenem Restaurant sucht, orientiert sich am Kreis auch Jack Lang, Malrauxs Nach- besten an den gut sichtbar angebrachten folger als Kultusminister, gehört. Regenbogenfahnen. Bei so viel einver- Das Marais ist auch bekannt als das jüdi- nehmlichem Nebeneinander von Schwu- sche Viertel von Paris. Zudem hat in den len und Juden verwundert es auch letzten Jahrzehnten eine andere, ebenfalls nicht, dass die jüdische Schwulengruppe Karte S. 97 Marais oft verfolgte Minderheit ihre Liebe für „Beit Haverim„ zu den aktivsten ho- das Marais entdeckt: Die Pariser Gay- mosexuellen Organisationen gehört. Loh- Community trifft sich vorzugsweise in nend ist auch ein Abstecher am Sonn- den Bars und Kneipen links und rechts tag, denn dann haben die meisten Bouti- der Rue Sainte-Croix de la Bretonnerie. quen und Geschäfte im Marais geöffnet.

Jüdisches Paris Zwischen und befindet sich das jüdische Viertel von Paris, dessen Ursprünge bis in das frühe 13. Jahrhundert zurückreichen. Zu den alteingesessenen Familien aus dem Elsass und dem Midi sind im Laufe der Zeit zahlreiche Juden aus Osteuropa und Nordafrika gestoßen. Nur ein kleines Stück abseits der großen Boulevards taucht man in den engen Gassen rund um die gewissermaßen als jüdische „Hauptstraße“ fun- gierende in eine eigene Welt mit besonderem Flair ein. Streng orthodoxe Juden mit Hüten, Schäfchenlocken, langen Bärten und bis zu den Füßen reichenden Kaftanen schlendern zwischen orientalischen Spe- zialitätengeschäften, koscheren Metzgereien und Läden mit hebräischen Kultgegenständen umher. Das Restaurant Jo Goldenberg war bis vor kurzem eine in ganz Paris bekannte Adresse für Liebhaber der jüdischen Küche, erlesene – selbstverständlich koschere – Feinkost findet man bei Florence Finkelsztajn. Nur am Samstag, dem Sabbat, ist das jüdische Viertel verwaist und die Geschäfte sind geschlossen; die Straßen füllen sich erst wieder nach Einbruch der Dunkelheit mit Leben, denn der Sonnenuntergang, und nicht die Uhrzeit, läutet traditionsgemäß das Ende der Sabbat-Ruhe ein.

96 Rundgang 3

Place des Vosges: Beliebter Treff für ein Sonnenbad

Spaziergang

Die Tour durch das altertümliche Ma- Marché-Sainte-Catherine mit ihren ein- rais beginnt am Hôtel de Ville. Vom Pa- ladenden Straßencafés an. Wer will, riser Rathaus aus führt die Rue François kann anschließend einen Abstecher zu Miron an der klassizistischen Fassade den Trödlern im Village Saint-Paul un- der Kirche St-Gervais-et-St-Portas vor- ternehmen. Um sich auf das Marais ein- bei in Richtung Osten. Aufmerksamkeit zustimmen, empfiehlt sich ein Abste- verdienen das spätgotische Kirchenin- cher zum repräsentativen Hôtel de nere und einige noch aus dem Spätmit- Sully, dessen Garten einen direkten Zu- telalter stammende Häuser in der Rue gang zur Place des Vosges besitzt. Der François Miron, so beispielsweise die von Häusern aus roten Ziegeln und Fachwerkbauten Nr. 11 und 13. In einer weißen Bruchsteinen gesäumte Platz Seitenstraße befindet sich das Mémo- strahlt eine faszinierende Atmosphäre rial de la Shoa; an einer von der Rue aus. Die kleinen, intimen Arkaden zie- Saint Antoine abzweigenden Straße hen sich wie Logen um das grüne Ge- liegt das Maison Européenne de la viert, das einst als Turnierfeld diente. Photographie, ein Mekka der Photo- Viele Schriftsteller wie Alphonse Dau- kunst. Vorbei an einem spätmittel- det, Georges Simenon und alterlichen Adelspalais, dem Hôtel de haben an der Place des Vosges gewohnt; Sens, gelangt man zum Pavillon de dem Gedenken an den Autor des l’Arsenal, der über die aktuellen städ- „Glöckners von Notre-Dame“ widmet tebaulichen Projekte von Paris infor- sich das Maison de Victor Hugo. Das miert. Für einen kurzen erholsamen altehrwürdige Marais ist sicherlich das Zwischenstopp bietet sich die Place du richtige Viertel für ein Museum über

Belleville R 5 1 u e siehe S. 200/201 d 2 e t B Marais 97 lo re r t a a h g B Passagen e n C e d Rambuteau s g e n R. iv e F .d o R e Musée de la t l ro 5 Musée l h p is c n s u siehe S. 176/177 p r i m art Chasse et de a e e d’Art Juif m A T R e e S . Pon T la Nature t s R . u aux s d Ch A R u e . R oux u d d R e P e F m Centre Nat. e . u e ll r i e . d R c e St Sébastien i R R e h i l l d’Art et de Culture a e V o m u s e l b R Froissart e t G. Pompidou ut 4 Cath. . e R s au F Musée e 3 Musée de ils St Croix n Picasso y n

n e Rue St Claude

g r l’Histoire ri B 5 o u 4 R R T e de France h d l . . T S p d 6 t R es P . St Denys du . m R e R . s Karte S. 97 Marais M . N.D. des Blancs r B é e P e e Musée de le St Sacrement T l v l rr â i B e i tr . Manteaux p e d e h M m la Serrure d r c a R r a e R a . 7 n R T . u A u n S t u B d a e e a R e in a r . t m e u be r P R s x d i a e e e tt v rc C s e é R u a u e d . u Musée e o 8 lz y R d u B d 9 r re E n al R t Cognacq Jay n c e R o . e n e n . h

siehe S. 82/83 R u d u y e F R v ue s r e ra a S R e R i 10 l t a e l n é G s g i 11 c P ill l r n Musée es u e i a i s o u g n s R . i V o V r Centre Pompidou und e M u B v

r b 12 e R a

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e e d e s o M e 5 s i R e i ni . u f s me f Carnavalet s R R R u o e Hôtel de Ville 14 l Chemin

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Hôtel u . v e e e a e b d D R e 16 d R P h u . l e de o 17 Ro R a d R Ville L Ri i . 19 18 . d St Gervais v R M e ol de e la e i M Q Pl. St St Protais Si n Pl. des Vosges ule

u d Ru cil 20 n

T T a Gervais e e Pl. du 21 e T e e r

i . . Square Louis XIII

o o Marché o d 22 p Fr. u u R 23 e R p 24 M R u i R iro Ste 25 T

n r l il y 'H o . n h r St Paul Catherine e V o f d e Bastille o t R P f d siehe S. 109 i e u e l e l . o . l

e e L e Hôtel d J R e G o s G d . u Maison Européenne e V e y Sully o il R . Mémorial rg le de la Photographie es R de la Shoah R Q u 26 Maison de 5 u e s R. l e H e Ch a p ô s r a u Victor Hugo t P t e rl i p e è em a n o l d R S li m y ag P . t a o i p . ne S u id d H 27 P h o e R ' Hôtel t x P A u d s i n P n Village e t Ile de la Cité r o . . de Sens i r in 28 Place de F e

siehe S. 74 d e L Pont N r St Paul is l V l e il a l Q le i u J

5 Marie R Bastille ua 29 t e r . r i s n t x s d Q i C c V e u s e e t o u a h r t i a d a a u t la Bastille n B n e e S 30 u o i i r s P ou o r . le e M is R a u r G d R s B œ Lo R bo P a e . t . e s . C S n o t C M r R d i S g e t . e C . . t s é s e n Square Lo le R P R J u st L o is i e Jean XXIII in o IV d Q s n u u en Q Hôtel de s d i u P R u a r R ur a l i o n .

' Q . e Il l’Auzun m C o i e R H eris d p u ai d ' . e B 'O A i a d d l

r n i B lé St Louis e a a jo o n Sq. H. u n s u u d en l’Ile R e . e s . Galli r d

la l e Sully Morland

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e e o a d e Hôtel e u i t n n r r

n r n u Quartier Latin Pav. de e o Lambert i l o le P T siehe S. 98 I l’Arsenal 6 V

bernachten ssen & Trinken afés (S. 103-105) inkaufen (S. 105) 2 Bourg Tibourg (S. 50) (S. 103-105) 5 The Studio 7 Infobuch 3 Beaubourg (S. 51) 1 Chez Omar 17 La Locandièra 9 Muji 4 Villa Beaumarchais (S. 50) 4 L'Orangeraie 18 Ma Bourgogne 10 Les Mots à la Bouche 14 Caron de Beaumarchais (S. 50) 5 The Studio 19 La Loir dans la Théière 13 Florence Finkelsztajn 15 De Nice (S. 53) 6 Le Dôme du Marais 25 Le Bistrot de la Place 24 Izraël 20 Hôtel Sévigné (S. 52) 11 Chez Marianne 29 Village Saint-Paul 21 Grand Hôtel Jeane 16 L'Alivi achtleben (S. 103-105) d'Arc (S. 53) 23 La Baracane 8 Open Café 22 MIJE Maubuisson (S. 55) 27 Bofinger 12 Lizard Lounge Marais 26 De la Place des Vosges (S. 52) 30 Napoli Food 200 m 28 Hôtel de la Herse d'Or (S. 53)

die Pariser Stadtgeschichte (Musée Car- Salé untergebrachten Musée National navalet). Nur einige Häuser weiter be- Picasso präsentiert, dessen Besuch auf herbergt das Musée Cognacq-Jay eine keinen Fall versäumt werden sollte. erlesene Privatsammlung; hochkarätige Während man durch das Marais schlen- moderne Kunst wird in dem im Hôtel dert, lohnt es sich – falls die Möglichkeit

98 Rundgang 3

Spätmittelalterliches Paris – Hôtel de Sens besteht –, einen Blick in die „Hinterhö- d’Histoire du Judaisme; es informiert fe“ der Stadtpaläste zu werfen, die gele- auf sehr ansprechende Weise über die gentlich fast die Größe eines Parks ein- Geschichte und Kultur der jüdischen nehmen. Das Musée de la Chasse et de Gemeinde von Paris. Rund um die Rue la Nature befindet sich ebenso in einem Sainte-Croix de la Bretonnerie ist die der typischen Adelspaläste wie das Mu- Pariser Gay-Szene zu Hause. Neben sée de l’Histoire de France. Letzteres einschlägigen Bars, Restaurants und liegt an der Rue des Francs-Bourgeois, Sexshops gibt es auch Friseure, Mode- die der Beatnik Jack Kerouac als „the boutiquen und Reisebüros, die ihr An- street of the outspoken middle classes“ gebot speziell auf ihre schwule Klientel charakterisierte. In der Rue de Temple, abgestimmt haben. In der lang gestreck- deren Name noch an den bis 1314 hier ten Rue de Rosiers, der Hauptstraße des ansässigen Orden der Tempelritter er- jüdischen Marais, sind traditionell Fein- innert, befindet sich das Musée d’Art et kosthändler und Juweliere ansässig. Sehenswertes

Mémorial de la Shoah: Nach umfang- weitern. Neu ist auch das Mahnmal: reichen Umbau- und Erweiterungsar- Auf meterhohen Marmorwänden wur- beiten ist jetzt in Paris das Mémorial den die Namen aller 76.000 Juden de la Shoah (früher Mémorial du Mar- eingraviert, die während der deut- tyr Juif Inconnu) als größtes europä- schen Besetzung Frankreichs bis zum isches Holocaust-Museum wieder er- August 1944 in die Vernichtungslager öffnet worden. Insgesamt wurden 23 deportiert wurden. Eine 30 Meter Millionen Euro investiert, um das Mu- lange „Mauer der Gerechten“ erinnert seum um 4000 Quadratmeter zu er- zudem an 2693 Franzosen, die wäh-

124 Rundgang 5

außer Fr 9–12 Uhr und 14–18 Uhr. Eintritt: 3 €, erm. 2 €. www.mosquee-de-paris.com. Hammam: 39, rue Geoffroy-Saint-Hilaire. ¥ Für Frauen Mo, Mi, Do und Sa 10–21 Uhr, Fr 14–21 Uhr, Männer Di 14–21 Uhr, So 10–21 Uhr. Eintritt: 15 €. Jardin des Plantes: Der 24 Hektar gro- ße Jardin des Plantes kann auf eine be- wegte Geschichte zurückblicken. Als „königlicher Garten für Heilpflanzen“ gegründet, entstand hier 1795 der erste Pariser Zoo, in dem die Bevölkerung Ein Besuch des Teesalons lohnt sich Elefanten und Giraffen bewundern konnte. Die Hungersnot während der La Mosquée de Paris: Mit dem Bau der deutschen Belagerung von Paris ließ im Moschee würdigte Frankreich den auf- Winter 1870/71 allerdings zahlreiche opferungsvollen Einsatz der Nordafrika- exotische Tiere in den Kochtopf wan- ner im Ersten Weltkrieg. Von 1922 bis dern. Selbst die beiden Lieblinge der 1925 im maurischen Stil errichtet, weht Pariser, die Elefanten Castor und Pol- über der Moschee mit ihrem der Alham- lux, mussten ihr Leben lassen. In den bra nachempfundenen Innenhof und dem nostalgischen Gewächshäusern des 33 Meter hohen Minarett ein Hauch Parks wuchern heute zahllose Farne, von Morgenland. Heute finanziert die Orchideen und seltene Palmen. Im Park algerische Regierung rund 80 Prozent gibt es außerdem noch ein kleines Zoo- der laufenden Kosten. Ein Besuch des areal und eine Ménagerie. Teesalons oder des nahen türkischen Adresse: 27, rue Cuvier, 75005. ® Jussieu Dampfbades (Hammam) bietet sich an. oder Place Monge (Linie 7 oder 10). ¥ Tgl. Adresse: 2, place du Puits-de-l’Ermite, 9.30–18 Uhr (Sommer), im Winter bis 17 75005. ® Place Monge (Linie 7). ¥ Tgl. Uhr. Eintritt in den Zoo: 6 €, erm. 3,50 €.

Die „schöne Ägypterin“ Als der durch Sklavenhandel reich gewordene türkische Statthalter von Ägypten, Mehmet Ali, mit Griechenland Krieg führte, wollte er den franzö- sischen König Karl X. milde stimmen und machte ihm ein graziles Wesen namens Zarafa zum Geschenk. Nachdem die langbeinige Schöne in Mar- seille 1827 erstmals französischen Boden betreten hatte, wurde sie in einem wahren Triumphzug nach Paris gebracht. Zehntausende säumten ihren Weg, um einen Blick zu erhaschen, denn Zarafa war nicht etwa eine reizvolle Haremsdame, sondern die erste Giraffe, die nach Frankreich kam. Die überschwängliche Begeisterung der Bevölkerung lässt sich damit erklären, dass bereits Napoléons Ägypten-Expedition in Frankreich eine Welle der Ägyptomanie ausgelöst hat, die sich 1822 durch die Hieroglyphen- Entzifferung durch Jean-François Champollions noch steigerte. Selbst Schriftsteller wie Balzac, Flaubert und Stendhal verehrten die Giraffe, die zeitlebens die Hauptattraktion des Jardin des Plantes war. Nur als diploma- tischer Geniestreich verfehlte Zarafa ihre Wirkung: Frankreich vernichtete Mehmet Alis Flotte.

Quartier Latin 125

Musée National d’Histoire Naturelle: Das 1889 bei seiner Eröffnung als „Louvre der Naturwissenschaften“ ge- rühmte Museum wurde 1994 vollkom- men renoviert und neu konzeptioniert. Das war auch notwendig, denn bis da- hin wurden unter der gusseisernen Ske- lettkonstruktion ausgestopfte Tiere in antiquierter Manier gezeigt. Seit der Renovierung steht das Thema Evolu- tion im Mittelpunkt, wobei mit Hilfe audiovisueller Medien ein lebendiges Szenario entfaltet wird. Gelegentlich fühlt man sich noch immer in ein Ku- riositätenkabinett der Frühen Neuzeit 118/119 S. Karte Latin Quartier versetzt, doch wird der reiche Fundus des Museums dank neuer Zwischenge- schosse und Brücken heute in wesent- lich ansprechenderer Form präsentiert. In der großen Ausstellungshalle strebt eine zusammengewürfelte Tierherde ei- ner imaginären Arche entgegen. Auf dem Weg in die Arche Adresse: 36, rue Geoffroy Saint-Hilaire, 75005. ® Place Monge (Linie 7). ¥ Tgl. außer Di 10–18 Uhr. Eintritt: 7 €, erm. 5 €. die Innenräume vor der Sonne, da sie www.mnhn.fr. sich je nach Lichtintensität öffnen und schließen. Dem Institut, zu dem ein Museum, ein Filmarchiv und eine Bib- liothek gehören, ist eine Vermittlerrolle zwischen Frankreich und der arabi- schen Welt zugedacht. Das sich über mehrere Etagen erstreckende Musée du Monde Arabe gibt einen Einblick in die arabisch-islamische Kunst und Kultur von den Anfängen bis zur Gegenwart. Nicht versäumen sollte man die phan- tastische Aussicht von der Dachterrasse (frei zugänglich), wo sich auch das libane- Orientalische Formensprache sischen Restaurant Le Ziryab befindet. Adresse: 1, rue des Fossés – St.-Bernard, Institut du Monde Arabe: Jean Nouvel, 75005. ® Jussieu, Cardinal Lemoine (Linie 7 einer der Pariser Stararchitekten, schuf oder 10). ¥ Museum: Tgl. außer Mo 10–18 1987 das Institut du Monde Arabe als Uhr. Eintritt: 4 €, erm. 3 €. www.imarabe.org. „Gebäude des Dialogs“. Glas und Stahl Chinatown: Das Viertel zwischen Porte sind die vorherrschenden Materialien, d’Italie, Porte d’Ivry und Place d’Italie die klar strukturierte Fassade spielt mit ist das „goldene Dreieck“ von Paris. Ur- den orientalischen Bautraditionen. Der sprünglich war das von Hochhäusern Clou sind die 35.000 Metall-Ornamente geprägte Wohnviertel des 13. Arrondis- an der Südfassade; sie sorgen für ein sements für die junge städtische Mit- morgenländisches Flair und schützen telschicht konzipiert, doch diese ver-

126 Rundgang 5

die Butte-aux-Cailles, nur wenige hun- dert Meter westlich der Place d’Italie. Bibliothèque Nationale de France François Mitterrand: Die von dem Ar- chitekten Dominique Perrault auf ei- nem lang gezogenen Pyramidenstumpf errichtete Nationalbibliothek ist der neue Glanzpunkt des 13. Arrondisse- ments. In Form von vier aufgeschlage- nen Büchern rahmen vier 78 Meter ho- he, gläserne Türme einen tiefer gelege- nen Innenhof ein, der mit einem klei- nen Kiefernwäldchen bepflanzt ist, aber nicht betreten werden darf. Eine origi- nelle Idee, denn, obwohl von gläsernen Fensterfronten eingeschlossen, wirkt das Terrain wie aus einer anderen, ima- ginären Welt. Es handelt sich gewisser- maßen um eine spielerische Weiterent- wicklung des mittelalterlichen Kreuz- gangs. Rund um den Innenhof verläuft eine riesige Esplanade aus wetterfestem Hinter der Straßenschlucht Teakholz. Die Entscheidung für das lockt das Panthéon Holz aus den tropischen Regenwäldern löste sogar im nicht gerade umweltbe- wussten Frankreich Proteste aus – aber schmähte den Hochhauspark „Les was kümmerte dies schon die Verant- Olympiades“. In den leer stehenden wortlichen, bauten sie doch zum Ruh- Wohnungen fanden dann Mitte der me der Grande Nation. Bei aller gläser- siebziger Jahre zahlreiche Vietnamesen, nen Transparenz vergaß der Architekt Laoten und Kambodschaner Zuflucht, beinahe, dass Sonnenstrahlen der Bü- die durch die Kriegswirren aus den cher Tod sind, und musste das Glas von einstigen französischen Kolonien Indo- innen mit Holzjalousien abdecken. Von chinas vertrieben worden waren. Ein- den Kosten für die Klimatisierung ganz wanderer aus Thailand, Hongkong und zu schweigen. Von der Sonne geschützt China folgten nach und verwandelten sind hingegen die Mitarbeiter: Unver- „Les Olympiades“ innerhalb kürzester ständlicherweise müssen nämlich zahl- Zeit in ein schrilles, buntes Chinatown reiche Büros ohne Tageslicht auskom- mit buddhistischen Girlanden und asia- men. Vielleicht hätte man auch einen tischen Werbetafeln. In einer unterirdi- Bibliothekar in die Wettbewerbsjury schen Ladenpassage (Galeries marchan- aufnehmen sollen ... des des Olympiades) verlocken einige Weit über 1,25 Milliarden Euro wurden auf die traditionelle Küche Vietnams insgesamt investiert, um den elf Millio- spezialisierte Restaurants zur Einkehr. nen Büchern, die sich auf 400 Regalkilo- Die größte Dichte an asiatischen Res- metern aneinander reihen, eine neue taurants und Einkaufszentren findet Heimat zu geben. Für die Wissenschaft- sich an der Ecke der Avenue de Choisy ler stehen 2000 Leseplätze zur Verfü- und der Avenue d’Ivry. Ein anderes, be- gung, weitere 1700 warten auf interes- schauliches Paris findet sich rund um sierte Leser, die unter 380.000 frei zu-

Quartier Latin 127 gänglichen Büchern auswählen können. abgerissen, gebaggert und gebaut. Die Für den reibungslosen Ablauf tragen Bibliothèque Nationale de France ist 2850 Mitarbeiter Sorge. Zwei Rolltrep- bereits fertig gestellt, südlich davon ist pen führen zu den beiden Eingängen ein neues Wohnviertel geplant. Dem des Allerheiligsten hinunter. Wer will, Stararchitekten Christian de Portzam- kann durch die mit karminroten Teppi- parc, der den Wettbewerb für das neue chen ausgelegten Gänge der Bibliothek Quartier Masséna gewonnen hat, schlendern, einen Café trinken oder schwebt ein Wohnviertel vor, das die sich eine der Wechselausstellungen an- faszinierende Dichte der historischen sehen. Ein jährliches Budget von 152 Pariser Quartiere besitzt. Mithilfe eines Millionen Euro sorgt dafür, dass die Na- flexiblen Parzellenrasters und maximal tionalbibliothek auch in Zukunft ihre achtgeschossigen Bauten soll Platz für führende Rolle behält. städtische Erlebnisräume bleiben: öf- Adresse: Quai François-Mauriac, 75013. fentliche Freiflächen verschiedener

® Bibliothèque François Mitterrand oder Größe, Durchgänge, Abkürzungen so- 118/119 S. Karte Latin Quartier Quai de la Gare (Linie 14). ¥ Mo 14–19 Uhr, Di–Sa 9–19 Uhr, So 12–18 Uhr. Eintritt: Le- wie von der Straße uneinsehbare pri- sesäle 3 €, Ausstellungen 5 €. www.bnf.fr. vate Gärten. Über den zur Gare d’Aus- terlitz führenden Gleisanlagen wird die Quartier Masséna: Südöstlich der Gare Avenue de France in zehn Metern Höhe d’Austerlitz entsteht im 13. Arrondisse- als moderner Prachtboulevard errich- ment ein neues Stadtviertel, das Paris tet. Nun, die nächsten Jahrzehnte wer- des 21. Jahrhunderts lässt grüßen. Auf den zeigen, ob und inwieweit sich Port- einer Fläche von 130 Hektar, die sich zamparcs urbane Träume in die Reali- über drei Kilometer links der Seine bis tät umsetzen lassen ... zum Boulevard Périphérique erstreckt, wird bis zum Jahr 2025 im großen Stil Praktische Infos

andere Professor befindet. Die abwechs- Essen, Trinken, Nachtleben lungsreiche Küche ist gut und der Service Le Petit Journal (13), traditionsreiche Ad- ist schnell und zuvorkommend. Preislich resse im Pariser Nightlife. Tagsüber ein ge- sehr attraktiv ist das Mittagsmenü für wöhnliches Café, abends wird ab 21.30 Uhr 12,50 €, wobei man allerdings Vorspeise anspruchsvoller Jazz gespielt. Eintritt und ein sowie Hauptgericht nicht wählen darf. Das Getränkebon: 18 €. So und im Aug. geschlos- „andere“ Menü kostet 25,50 €. Sonntag und sen. 71, boulevard Saint-Michel, 75005, Montagmittag geschlossen, im August Be- triebsferien. 8, rue Thénard, 75005, ¢ 014354 ¢ 0143262859. ® Cluny-La Sorbonne (Linie 10). www.petitjournalsaintgermain.com. 5947. ® Maubert-Mutualité (Linie 10). Les Vignes du Panthéon (17), das Restau- Tashi Dèlèk (16), das erste tibetische Re- rant ermöglicht eine kulinarische Reise staurant Frankreichs bietet einen authenti- durch die verschiedenen französischen schen Einblick in die Küche Tibets. Lecker ist Regionen; der Schwerpunkt liegt auf Fisch. z. B. mamok (Ravioli mit Rindfleischfüllung), Sehr zu empfehlen sind persillade de lotte dazu trinkt man einen thé au beurre salé. provençale oder raie aux câpres. Haupt- Menüs zu 9,90 (mittags) und 19 €. So und im gerichte 15–20 €. Samstagmittag, Sonntag Aug. geschlossen. 4, rue des Fossés-Saint- sowie 3 Wochen in Aug. geschlossen. 4, Jacques, 75005, ¢ 0143265555. ® Cluny-La rue des Fossés-Saint-Jacques, 75005, Sorbonne (Linie 10). RER: Luxembourg. ¢ 0143548081. ® Cluny-La Sorbonne (Linie La Madeleine de Proust (11), einladendes 10). RER: Luxembourg. Café mit Straßenterrasse an einem netten, Le Pré Verre (4), sehr beliebtes Bistro in un- kleinen Platz. Ansprechende Salate 9– mittelbarer Nähe der Sorbonne. Klar, dass 11,50 €. 4, rue Descartes, 75005. ® Cardinal- sich unter den Gästen auch der eine oder Lemoine (Linie 10).

128 Rundgang 5

Savannah Café (15), ansprechendes Paradis Latin (8), kleineres Revuetheater „multikulturelles“ Restaurant in der Nähe mit ansprechender Show, allerdings nicht der Rue Mouffetard. Der Wirt stammt aus so bombastisch wie im Lido. Di geschlos- dem Libanon, es gibt aber auch Carpaccio sen. 28, rue du Cardinal-Lemoine, 75005, oder Lammcurry mit Koriander und thai- ¢ 0143252828. ® Cardinal-Lemoine (Linie 10). ländischem Reis. Moderates Preisniveau. www. paradis-latin.com. So geschlossen. 27, rue Descartes, 75005, Le Batofar (20), angesagtes Restaurant mit ¢ 0143294577. einem Nachtclub, der sich im Maschinenraum ® Cardinal-Lemoine (Linie 10). eines ehemaligen Seine-Schiffes befindet. Le Jardin des Pâtes (21), exquisite frische ¥ Mo–Mi 21–2 Uhr, Do bis 3 Uhr, Fr bis 5 Nudeln zu moderaten Preisen (um die 12 €), Uhr. Wer will, kann zudem am Samstag die mit frischen, biologisch angebauten Zuta- ganze Nacht hindurch bis 12 Uhr tanzen, bis ten. Einfaches, freundliches Ambiente. Klei- durch die Bullaugen die Sonne über der ne Straßenterrasse. 4, rue Lacépède, 75005, Seine aufgeht und die Türme der nahen ¢ 01433 15071. ® Place Monge (Linie 7). Bibliothèque Nationale deutlich zu sehen Café de la Mosquée (24), ein Ausflug nach sind. Eintritt: je nach Veranstaltung etwa 5– Nordafrika: Pfefferminztee, Couscous (10– 12 €. 11, quai François Mauriac, 75013. ® Bi- 15 €) und süße Kuchen, serviert im mauris- bliothèque François Mitterrand oder Quai de chen Ambiente. Es werden übrigens nur al- la Gare (Linie 6 oder 14). www.batofar.org. koholfreie Getränke ausgeschenkt. ¥ Tgl. 9–23 Uhr. 39, rue Geoffroy-Saint-Hilaire, 75005, Einkaufen ¢ 0143311814. ® Censier-Daubenton (Linie 7). Shakespeare & Company (2), die Neugrün- Au Buisson Ardent (14), kreative französi- dung von Sylvia Beachs legendärer Buch- sche Küche, die nicht überteuert ist. Ausge- handlung gehört längst zu den Klassikern zeichnet ist das filet de daurade aux légu- unter den Pariser Antiquariaten. In den mes provençale. Menüs zu 12 (mittags) und unergründlichen Tiefen der Bücherhöhle 29 €. Kleine Straßenterrasse. Samstagmit- kann man stundenlang nach verborgenen tag, Sonntag und im Aug. geschlossen. 25, Schätzen stöbern. Das schwarze Brett des rue Jussieu, 75005, ¢ 0143549302. ® Jussieu Ladens ist eine beliebte Kontaktbörse. (Linie 7 und 10). ¥ Tgl. 12–24 Uhr. 37, rue de la Bûcherie, La Tour d’Argent (7), das Gourmetrestau- 75005. ® Maubert-Mutualité (Linie 10). rant liegt direkt am Ufer der Seine und ist Gibert Jeune (1), auf Studenten spezialisierte berühmt für seine Ente à la Tour d’Argent. Buchhandlung mit mehreren Filialen. 5, Seit 1890 wird jede Ente, die in einer Sauce place Saint-Michel, 75005. ® Saint-Michel aus Blut, Cognac, Burgunder und Gewür- (Linie 4). zen zubereitet wird, nummeriert. Ein Klassi- Album (3), ein Eldorado für Comic-Fans. 84, ker, der seinen Preis allerdings nur wert ist, boulevard Saint-Germain, 75005. ® Saint- wenn man einen der beliebten Tische vor Michel (Linie 4). den großen Fenstern mit Blick auf die Crocojazz (10), Jazz, Jazz und nochmals Seine ergattern kann. Mittagsmenü 70 €. Jazz. 64, rue de la Montagne-Sainte-Gene- Mo und Dienstagmittag geschlossen. 15– viève, 75005. ® Maubert Mutualité (Linie 10). 17, quai de la Tournelle, 75005, ¢ 0143542331. Rue Mouffetard (22), der Markt in der Rue ® Maubert Mutalité (Linie 10). Mouffetard (tgl. außer Mo), die von den Rôtisserie du Beaujolais (5), anspruchs- Einheimischen liebevoll „Mouffe“ genannt volle Rôtisserie mit gepflegtem Ambiente. wird, gilt als einer der letzten authentischen Empfehlenswert ist pied de cochon au Pariser Märkte (ein Besuch ist besonders saint-pourçain. Kein Menü, Hauptgerichte am Sonntagvormittag empfehlenswert). zwischen 15 und 20 €. Mo Ruhetag. 19, quai 75005. ® Censier-Daubenton (Linie 7). de la Tournelle, 75005, ¢ 0143541747. ® Mau- Les Abeilles (26), ein Muss für Honigliebha- bert Mutalité (Linie 10). ber. Mehr als 50 Sorten aus allen Teilen der Café Delmas (19), die Place Contrescarpe Welt. 21, rue de la Butte-aux-Cailles, 75013. zählt zu den schönsten Plätzen im Quartier ® Corvisart (Linie 6). Latin und es gibt keinen besseren Ort als Tang Frères (25), billiger asiatischer Super- die große Terrasse dieses Cafés, um das markt in einer ehemaligen Lagerhalle. Das Treiben zu beobachten. 2–4, place Contres- riesige Angebot geht weit über das norma- carpe, 75005, ¢ 0143265126. ® Cardinal-Le- ler Asia-Shops hinaus. 48, avenue d’Ivry, moine (Linie 10). 75013. ® Porte d’Ivry (Linie 7).