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SWR2 Zeitwort 29.04.1945: heiratet Von Julia Haungs

Sendung: 29.04.2015 Redaktion: Ursula Wegener Produktion: SWR 2015

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Autorin: Ihre Hochzeit hatte sich Eva Braun vermutlich etwas anders vorgestellt. Neben sich den Bräutigam: tief gebeugt, aschfahl und zitternd, über sich die dröhnenden Geschütze der Russen. Die einzigen Gäste: die beiden Trauzeugen und . Und das alles nachts um halb eins im Führerbunker. Die Zeremonie vollzog der Gauamtsleiter Walter Wagner, den Goebbels zu diesem Zweck kurzzeitig aus dem Volkssturm abkommandiert hatte. Wie es sich gehörte, ließ sich der provisorische Standesbeamte von Braun und Hitler erst versichern, dass sie arischer Abstammung seien und an keinen Erbkrankheiten litten. Dann ging er laut Protokoll zur Trauung über.

Zitat: „In Gegenwart der oben genannten Zeugen frage ich Sie, Mein Führer Adolf Hitler, ob Sie gewillt sind, die Ehe mit Fräulein Eva Braun einzugehen. In diesem Fall bitte ich Sie, mit ‚ja’ zu antworten. Nunmehr frage ich Sie, Fräulein Eva Braun, ob Sie gewillt sind, die Ehe mit Meinem Führer Adolf Hitler einzugehen. In diesem Falle bitte ich auch Sie, mit ‚ja’ zu antworten.“

Autorin: Eva Braun hatte lange auf diesen Moment warten müssen. 16 Jahre waren seit ihrer ersten Begegnung mit Hitler vergangen. Damals arbeitete die gerade mal 17-Jährige als Fotolaborantin für Heinrich Hoffmann, den Hoffotografen der NSDAP. Bald schon entwickelte sich eine Beziehung zum 23 Jahre älteren Hitler. Doch zu ihr bekennen wollte er sich nie. Das hätte sich schlecht mit seiner Stilisierung zum mythisch überhöhten Führer vertragen, der von sich sagte:

Zitat: „Ich habe eine andere Braut: Deutschland! Ich bin verheiratet mit dem deutschen Volk, mit seinem Schicksal! Nein, ich kann nicht heiraten, ich darf es nicht!“

Autorin: Zudem wollte er wohl auch nicht, da er die Zwänge einer verbindlichen Beziehung fürchtete. So gestand er Vertrauten in einer nächtlichen Teerunde im Führerhauptquartier:

Zitat: „Das ist das Schlimme an der Ehe: sie schafft Rechtsansprüche! Da ist es schon viel richtiger, eine Geliebte zu haben. Die Last fällt weg, und alles bleibt ein Geschenk.“

Autorin: Ob Eva Braun die Beziehung zu Hitler immer als ein solches Geschenk empfand? 1932 und 35 versuchte sie, sich umzubringen. Nach Einschätzung von Zeitzeugen ein Appell an den unzuverlässigen Geliebten, sich mehr um sie zu kümmern. Es wirkte. Hitler kaufte ihr in München ein Haus in seiner Nähe, wo er sie unauffällig besuchen konnte. Später zog sie - formal in der Stellung einer Sekretärin - in Hitlers Residenz auf den Obersalzberg. Dort führte sie ein seltsames Leben: wenn offizielle Gäste kamen, musste sie in ihrem Zimmer bleiben. Wenn nur der engste Kreis zugegen war, gab sie die Herrin des Berghofs: immer perfekt geschminkt und frisiert, in teuren Roben, die sie mehrmals am Tag wechselte. Zu Politik und Weltgeschehen äußerte sich die attraktive Blondine nicht. Stattdessen beschäftigte sie sich ausgiebig 1 mit Mode, Musik und Sport, filmte und fotografierte das Leben auf dem Berghof. Daran änderte auch der Krieg zunächst nichts. Erst gegen Ende des Kriegs tauschte sie die Rolle der unbekümmerten Gespielin gegen die der heroischen Vertrauten, die ihrem Geliebten bis zum bitteren Ende zur Seite steht. Im März 1945 folgte sie Hitler nach in den Führerbunker. Am 29.April erhielt sie mit dem Trauring die Belohnung für ihre Treue, und Hitler schrieb in seinem Testament:

Zitat: „Obwohl ich während der Kampfjahre der Meinung war, ich könnte die Verantwortung für eine Ehe nicht auf mich nehmen, habe ich mich jetzt entschlossen, die Frau zu heiraten, die nach vielen Jahren wahrer Freundschaft freiwillig hierher nach dem beinahe völlig eingeschlossenen Berlin gekommen ist, um mein Schicksal zu teilen.“

Autorin: Für die meisten Paare ist der Tag der Eheschließung der Anfang einer neuen Lebensphase. Für Hitler und Braun war es der Schlusspunkt ihrer Beziehung. Einen Tag nach der Hochzeit begingen die frisch Vermählten gemeinsam Selbstmord.

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