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VIII. Jahrgang, Nr. 28 6. Juli 1955

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PRESSESTIMMEN NEW YORK TIMES ZUR GENFER KONFERENZ (37 Zeilen) Seite I ARTIKEL DIE WELT IN EINEM KLASSENZIMMER Anwärter auf das amerikanische Bürgerrecht (92 Zeilen, 2 Bilder) Seite VOM 50-CENT-W0CHENL0HN ZUM 20-MILLIONEN-DOLLAR-UMSATZ lOOjähriger Millionär kam vor 86 Jahren ohne einen Pfennig aus Deutschland in die Vereinigten Staaten (54 Zeilen) Seite DEUTSCHES VOLKSFEST IN USA Pennsylvania-Deutsche lieben gute Küche (90 Zeilen, 1 Bild) Seite

DER EINSPALTER VON SACHSENHAUSEN NACH WASHINGTON Nach 10jähriger KZ-Haft begann für Berliner Arzt neuer Lebensabschnitt (40 Zeilen) Seite 10

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VIII. Jahrgang, Nr. 29 13. Juli 1955 INHALTSVERZEICHNIS PRESSESTIMMEN NEW YORK TIMES ZUR GENFER KONFERENZ ( 90 Zeilen) Seite I NEW YORKER STAATSZEITUNG UND HEROLD:' WILLKOMMEN, EINWANDERER (32 Zeilen) Seite II ARTIKEL FRIEDLICHE KOEXISTENZ In kommunistischer Perspektive gesehen Von Vernon Aspaturian, Professor für Politische Wissenschaften an der Staats­ universität von Pennsylvanien (120 Zeilen) Seite 1 SOMMERZEIT AUF DEN BRETTERN, DIE DIE WELT BEDEUTEN Amerikas traditionelles Sommertheater Von Norman Smith (118 Zeilen, 2 Bilder) Seite 4 ERSTE TESTFLÜGE EINES "CONVERTIPLANES" Kreuzung zwischen Hubschrauber und Tragflächenflugzeug wird große Zukunft vorausgesagt (42 Zeilen, 1 Bild) . Seite 8 DER EINSPALTER ATOMZERTRÜMMERER ALS "KOSMISCHES MIKROSKOP" Protonenstrahlen von 30 Milliarden Elektronen­ volt (37 Zeilen) Seite 10 ANHANG DER FRIEDEN ERFORDERT STÄNDIGES HANDELN Wortlaut einer Rede Harold E. Stassens, US-Beauftragter für Abrüstungsfragen, vom 8.Juli 1955 in Chicago

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VIII. Jahrgang, Nr. 30 20. Juli 1955 INHALTSVERZEICHNIS

ARTIKEI •EIN VERLUST FÜR ZWEI LÄNDER New Yorker Staatszeitung und Herold zum Tode des Direktors der Carl-Schurz- Gedächtnis-Stiftung (32 Zeilen) Seite I LIEBE IST TABU Strengster Puritanismus ist die neue Parteilinie im kommunistischen China (74 Zeilen) Seite 1 WARUM ERWÄRMT SICH DIE ERDOBERFLÄCHE? Ein Hauptproblem des Internationalen Geophysikalischen Jahres (95 Zeilen) Seite 4 TOMATIN UND TOMATIDIN Neue Aufgaben für die Tomate (50 Zeilen) Seite 7 DER EINSPALTER DER RUBIN, DER SCHMALZTOPF UND DIE NACHTIGALL Opern im allgemeinen und drei im besonderen (48 Zeilen, 2 Bilder) Seite 9 ANHANG I. EISENHOWER; DIE UNO WIRD IN GENF NICHT VERGESSEN Brief des Präsidenten an den Kongreß vom 15.Juli 1955 II. EISENHOWER UMREISST DIE AMERIKANISCHEN ZIELE AUF DER GENFER KONFERENZ • Rede des Präsidenten vor Rundfunk und Fernsehen vom 15.Juli 1955 III. PRÄSIDENT EISENHOWER; DEN WEG ZUM FRIEDEN SUCHEN Wortlaut der Eröffnungsansprache der Genfer Konferenz vom 18.Juli 1955 « ***** AMERIKA DIENST

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VIII. Jahrgang, Nr. 51 28. Juli 1955

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ARTIKEL GROSSE HOFFNUNG AMERIKA • Das neue Flüchtlingsprogramm läuft auf vollen Touren (100 Zeilen, 1 Bild) Seite 1

HUMMEL HUMMEL AM P0T0MAC Deutsche Schiffsbesatzung in Amerika sehr beliebt Von Peter Heidenberger (85 Zeilen, 1 Bild) Seite 4

SEGENSPENDENDE ATOMENERGIE Neue Beobachtungen auf dem Gebiet der atomaren Heilkunde (95 Zeilen) Seite 7

DER EINSPALTER SQUAW VALLEY - SCHAUPLATZ DER WINTEROLYMPIADE 1960 (37 Zeilen) ' Seite 10 » Seite 13 GEDENKTAGE IM AUGUST 1955 Seite 15 KURZNACHRICHTEN ANHANG I SCHLUSSANSPRACHE PRÄSIDENT EISENHOWERS AUF DER GENFER KONFERENZ II EISENHOWER BERICHTET ÜBER GENFER KONFERENZ Wortlaut der am 25. Juli 1955 von allen amerikanischen Rundfunk- und Fernsehstationen übertragenen Ansprache des Präsidenten

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VIII. Jahrgang, Nr. 32 3. August 1955

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ARTIKEL DAS INTERNATIONALE TREPPEN DER ATOMFORSCHER IN GENE Zum Beginn der Atome-für-den-Erieden-Konferenz am 8. August 1955 (116 Zeilen) Seite DAS IST AMERIKA (i) Zwanzig amerikanische Dichter und Schrift­ steller schreiben über "ihre" Stadt William Saroyan über Malibu, California (80 Zeilen, 1 Bild) Seite RADAR AUE DEM DACH DES KONTINENTS Das Elugwarnsystem der Vereinigten Staaten im hohen Norden (72 Zeilen) Seite DAS AMERIKANISCHE VOLK UND SEINE EINSTELLUNG ZU RELIGIÖSEN DINGEN Von John Kerigan (72 Zeilen, 2 Bilder) Seite

DER EINSPALTER WETTERMASCHINE ERRECHNET DAS WETTER Das Elektronengehirn der US-Luft- und See-Streitkräfte (28 Zeilen) Seite 10

KURZNACHRICHTEN /. Seite 11 Aus Medizin und Wissenschaft

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VIII. Jahrgang, Nr. 33 10. August 1955 INHALTSVERZEICHNIS

ARTIKEL DAS IST AMERIKA (II) Zwanzig amerikanische Lichter und Schriftsteller schreiben über "ihre" Stadt - Erskine Caldwell: Arizonas weite Horizonte (68 Zeilen, 1 Bild) . Seite 1 SCHUTZ FÜR LIE FREIHEIT LER MEERE Entwurf zu einem neuen internationalen Seerecht (87 Zeilen) Seite 4 LER "WILLE WESTEN" IST NICHT MEHR WILL Ler sozialversicherte Cowboy (90 Zeilen, 2 Bilder) Seite 7 ANHANG PRÄSILENT EISENHOWER: LIE 'ATOMKONFERENZ - EIN VERSPRECHEN FÜR LIE ZUKUNFT Wortlaut der Botschaft des US Präeidenten zur Er­ öffnung der Genfer "Atome für den Frieden"-Konferenz vom 8.August 1955 KONFERENZ ÜBER SÜL- UNL SÜLOSTASIEN Wortlaut der Rede von Walter S. Robertson, Unterstaatssekretär für Fernost-Angelegenheiten im US-Außenministerium vom 8.August 1955

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VIII. Jahrgang, Nr. 34 17. August 1955

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ARTIKEL WASHINGTON POST; In memoriam Thomas Mann ( 56 Zeilen) Seite I DAS IST AMERIKA (III) Zwanzig amerikanische Dichter und Schriftsteller schreiben über »ihre Stadt" - NEW YORK CITY von John Steinbeck (80 Zeilen, 1 Bild) Seite 1 DIE AMERIKANISCHE GEOGRAPHISCHE GESELLSCHAFT Verkörperung von Pioniergeist und bester wissenschaftlicher Tradition (85 Zeilen) Seite 5 GERSHWIN WÜRDE STAUNEN Von der Popularität zur Unsterblichkeit (83 Zeilen, 1 Bild) Seite 8

KURZNACHRICHTEN: Seite 11 Salk-Impfstoff (22 Zeilen) US-Kraftstromerzeugung (4 Zeilen) Aus der US-Fernsehindustrie (7 Zeilen) UN-Kinderhilfsfonds (3 Zeilen)

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VIII. Jahrgang, Nr. 35 24. August 1955

INHALTSVERZEICHNIS ARTIKEL DAS IST AMERIKA (IV) Zwanzig amerikanische Dichter und Schriftsteller schreiben über "ihre Stadt" - HEIMKOMMEN NACH CONNECTICUT von Wallace Stevens (85 Zeilen, 1 Bild) Seite 1 NEW YORK BAUT WELTAUSSTELLUNGSPALAST • Internationales Messegelände auf 641 000 Quadratmeter großem Gelände (50 Zeilen, 2 Bilder) . Seite 4 AUSLÄNDISCHE ÄRZTE STUDIEREN "ATOMMEDIZIN" IN DEN USA Das Eisenhower-Programm in der- Praxis (63 Zeilen,! Bild) Seite 6 AMERIKA-FESTTAGE IN WESEL Ausstellung der amerikanischen Schwester­ stadt Hagerstown vom 28.August bis 11.Sep­ tember 1955 (34 Zeilen) Seite 8

KURZNACHRICHTEN; Seite 9 Der erste Sprachkursus in Interlingua (14 Zeilen) USA veröffentlichen AEC-Forschungsberichte (20 Zeilen)

ANHANG PRÄSIDENT EISENH0WER ÜBER DIE AMERIKANISCHE KONZEPTION VOM FRIEDEN . Wortlaut der Ausführungen Präsident Eisenhowers vor dar amerikanischen Anwaltskammer in Philadelphia am 24.August 1955.

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VIII. Jahrgang, Nr. 36 31. August 1955 INHALTSVERZEICHNIS ARTIKEL LAS IST AMERIKA (V) Zwanzig amerikanische Lichter und Schriftsteller schreiben über "ihre Stadt" - BOSTON Von Robert Lowell (100 Zeilen, 1 Bild) Seite 1 EIN PHOTOALBUM LER FAMILIE MENSCH Steichens Ausstellung "Wir Alle - The Family of Man" wird nun auch in Leutschland gezeigt Von Erik Steindaam (95 Zeilen, 1 Bild) Seite 4 GEWERKSCHAFT UNL MENSCHENRECHTE Am 5.September feiert Amerika den Tag der Arbeit Von George Meany, Präsident der AFL (65 Zeilen, 1 Bild) # Seite 7 WMO KARTOGRAPHIERT WETTER, WINL UNL WOLKEN Aus einem Bericht der Meteorologischen Weltorganisation an den Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen (30 Zeilen) Seite 9 WALLACE STEVENS GESTORBEN (28 Zeilen) Seite 10 GELENKTAGE IM SEPTEMBER 1955 Seite 11 ANHANG LULLES: USA BEREIT, ZUR LÖSUNG LES ARABISCH- ISRAELISCHEN PROBLEMS BEIZUTRAGEN Wortlaut der Rede des amerikanischen Außen­ ministers vor der Gesellschaft für Außenpolitik in New York vom 26.August 1955 LOLGE ERLÄUTERT PRÄSILENT EISENHOWERS ABRÜSTUNGS- ¥0RSCHLAG ; Wortlaut der Erklärung, die der US-Chefdelegierte bei den Vereinten Nationen, Henry Cabot Lodge, am 29»August 1955 vor dem UN-Unterausschuß für Abrüstungs­ fragen abgab # * * # * AMERIKA DIENST

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VIII. Jahrgang, Nr. 37 7. September 1955

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ARTIKEL

LAS IST AMERIKA (VI) Zwanzig amerikanische Lichter und Schriftsteller schreiben über "ihre" Stadt'' - PERKASIE Von Pearl S. Bück ('80 Zeilen, 1 Bild) Seite

WÜSTENLEBEN 1955 (D Amerika erobert die Wüste als neuen Lebensraum (90 Zeilen, 3 Bilder) Seite

LER EINZIEHBARE "HYLRO-LIPT" Plugzeuge werden mit Rädern und Schwimmern ausgerüstet (42 Zeilen, 1 Bild) Seite 8

KURZNACHRICHTEN Seite 10

ANHANG STASSEN: PRIELEN NUR LÜRCH BEENDIGUNG LES WETTRÜSTENS Wortlaut einer Rede, die der Sonderbeauftragte Präsident Eisenhowers für Abrüstungsfragen, Harold E. Stassen, am 2. September 1955 vor amerikanischen Kriegsteilnehmern in Boston hielt.

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VIII. Jahrgang, Nr. 38 14. September 1955

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ARTIKEL

DAS IST AMERIKA (VII) Zwanzig amerikanische Lichter und Schriftsteller schreiten über "ihre" Stadt und über "ihr" Land. MEIN LAND DER FREIHEIT Von Upton Sinclair (85 Zeilen, 1 Bild) Seite WÜSTENLEBEN 1955 (II und Schluß) Neue Industrien entstehen in der Wüste (58 Zeilen) Seite BETON RAGT IN DEN HIMMEL Eero Saarinen entwarf das neue Auditorium des Technologischen Instituts von Massachusetts, eines der schönsten Beispiele moderner Architektur (75 Zeilen, 3 Bilder) Seite 6

KURZNACHRICHTEN Seite 9

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VIII. Jahrgang, Nr. 39 21 . September 1955

INHALTSVERZEICHNIS ARTIKEL LAS IST AMERIKA (VIII) Zwanzig amerikanische Dichter und' Schriftsteller schreiben über "ihre" Stadt - Y0RKT0WN HEIGHTS Von William Maxwell' (68 Zeilen, 1 Bild) Seite 1 LAS INTERNATIONALE ATOMPROGRAMM LER VEREINIGTEN STAATEN Von Lewis L. Strauss, Vorsitzender der US-Atomenergie-Kommission (77 Zeilen) Seite 4 VON KONTINENT ZU KONTINENT IM NONSTOPFLUG Neue "Super-Constellation" ermöglicht Verbesserungen des Weltflugnetzes (80 Zeilen, 2 Bilder) Seite 7 VERLETZUNG LER MENSCHENRECHTE LURCH DIE KOMMUNISTEN Weißbuch des Internationalen Juristenausschusses (20 Zeilen) Seite 10

GELENKTAGE IM OKTOBER 1955 Seite 11

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VIII. Jahrgang, Nr. 40 28. September 1955

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ARTIKEL DAS IST AMERIKA (IX) Zwanzig amerikanische Dichter und Schrift­ steller schreiben über "ihre" Stadt - San Francisco Von Kenneth Rexroth (67 Zeilen, 1 Bild) Seite 1

GEMEINDEPOLITIK MIT DEM STIMMZETTEL Die Stadtverwaltung von Bellefontaine Neighbors verlor eine Schlacht (65 Zeilen, 2 Bilder) Seite 4

UN-VOLLVERSAMMLUNG EN MINIATÜRE Studenten aus aller Welt gehören der ISMUN an (54 Zeilen) Seite 6 SEG&iFLUGZEUGE ZUR ERFORSCHUNG DER STRATOSPHÄRE Spezial-Druckkabinen ermöglichen einen längeren Aufenthalt in größten Höhen (47 Zeilen) Saite 8

KURZNACHRICHTEN TÄGLICH ÜBER 1000 BESUCHER AUF DER BERLINER STEICHEN-PHOTO-AUSSTELLUNG (17 Zeilen) ! Seite 9 HINTER DEM EISERNEN VORHANG Sowjetunion setzt Feldzug egen Religion fort 18 Zeilen) Seite 10 ANHANG DULLES UMREISST DIE US-AUSSENPOLITIK VOR UN-VOLLVERSAMMLÜNt Wortlaut der Rede, die der amerikanische Außenminister John Foster Dulles am 22. September 1955 vor der zehnten UN-Vollversammlung in New York hielt. * * # * * AMERIKA DIENST

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VIII. Jahrgang, Nr. 41 5. Oktober 1955 INHALTSVERZEIC HNIS

ARTIKEL DAS IST AMERIKA (X) Zwanzig amerikanische Dichter und Schrift­ steller schreiben über "ihre" Stadt - Chicago Von James T. Farrell (60 Zeilen, 1 Bild) Seite REVISION DER ÜN-CHARTA? Carnegie-Weltfriedensstiftung prüft die Einstellung der Völker zur Frage einer Reorganisation der Vereinten Nationen (70 Zeilen) Seite AMERIKANISCHE LEICHTATHLETEN TRAINIEREN FÜR DIE OLYMPISCHEN SPIELE 1956 Übersicht über.die bisherigen Leistungen der Sportler bei diesjährigen Veranstaltungen (88 Zeilen) Seite HINTER DEM EISERNEN VORHANG Dilemma der Landwirtschaft in den Satellitenstaaten (34 Zeilen) Seite 10 14 LÄNDER NEHMEN AN DER NEW YORKER ATOMKONFERENZ TEIL (24 Zeilen) Seite 12 ANHANG USA BEMÜHEN SICH WEITERHIN UM DIE LÖSUNG DES FLÜCHTLINGSPROBLEMS Wortlaut einer Rede des US-Delegierten Jacob Blaustein vom 4. Oktober 1955, gehalten vor dem Sozial- und Kultur- ausschuß der UN.

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VIII. Jahrgang, Kr. 42 12. Oktober 1955

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ARTIKEL DAS IST AMERIKA (XI) Zwanzig amerikanische Dichter und Schriftsteller schreiben über "ihre" Stadt - W-Hollow (Kentucky) Von Jesse Stuart (72 Zeilen, 1 Bild) Seite 1 NEUERSCHEINUNGEN AUF DEM AMERIKANISCHEN BÜCHERMARKT Sozialkritische Romane von Budd Schulberg, Penn Warren und Herman Wouk (100 Zeilen) . Seite 4 SIE FLIEGEN DURCH DIE IONOSPHÄRE * 'Konstruktion und Arbeitsweise von Spezial-Rakettn für Forschungszwecke (67 Zeilen) • Seite 8 4 4000KM-FLÜGE - VOM GLEICHEN SENDER GELEITET ' Navarho, ein Radio-Luftnavigationssystem mit besonders weitem Bereich (32 Zeilen) Seite 10 KURZNACHRICHTEN AUS DEN LÄNDERN HINTER DEM EISERNEN. VORHANG 028 Zeilen) • Seite 11 ANHANG DULLES ERWARTET "ÄRA DER FRIEDLICHEN VERÄNDERUNGEN" Wortlaut der Rede des US-Außenministers John Foster Dulles auf dem 37. Jahreskonvent des amerikanischen Kriegsteilnehmer­ verbandes "American Legion" am 10. Oktober 1955 ÜBERBLICK ÜBER DIE VON DEN USA IN DER ABRÜSTUNGSFRAGE VERFOLGTEN ZIELE ' Wortlaut der Rede des Sonderbeauftragten für Abrüstungsfragen, Harold E. Stassen, vom 7. Oktober 1955 auf der Schlußsitzung des UN-Unterausschusses für Abrüstungsfragen * * * # AMERIKA DIENST

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VIII. Jahrgang, Nr. 43 19. Oktober 1955

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ARTIKEL ZUM TAG DER VEREINTEN NATIONEN UN-Feiern in den Vereinigten Staaten und der ganzen Welt (100 Zeilen) ' Seite I DAS IST AMERIKA (XII) Zwanzig amerikanische Dichter und Schriftsteller schreiben über "ihre'1 Stadt - Springs Valley (Idaho) Von Vardis A. Pisher (75 Zeilen, 1 Bild) Seite 1 VORAUSSETZUNGEN EINER GEMEINSAMEN ENERGIEWIRTSCHAFT EUROPAS Atomkraft als politischer Katalysator (115 Zeilen) Seite 4 DER WANDEL IM AMERIKANISCHEN ZEITUNGSWESEN Engerer Kontakt in der Welt machte Umstellung der Provinzblätter erforderlich (90 Zeilen) Seite 8 KURZNACHRICHTEN AUS DEN LÄNDERN HINTER DEM EISERNEN VORHANG (43 Zeilen) Seite 11

ANHANG Wortlaut einer Rede des Sonderbeauftragten des US-Präsidenten für Nahostfragen, Eric A. Johnston, gehalten am 18. Oktober 1955 vor dem 24. Forum der "New York Herald Tribüne" in New York

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VIII. Jahrgang, Nr. 44 26. Oktober 1955 INHALTSVERZEICHNIS

ARTIKEL DAS IST AMERIKA (XIII) Zwanzig Lichter und Schriftsteller schreiben über "ihre" Stadt - Santa Barbara (Kalifornien Von Donald Culross, Peattie (80 Zeilen, 1 Bild) Seite EIN GERICHTSHOF KOMMT ZUM BÜRGER Der Court of Claims entscheidet über Ansprüche gegen den Staat (86 Zeilen) Seite VEGETATION AUF DEM MARS US-Wissenschaftler photographierten unseren "Nachbarplaneten" (60 Zeilen) Seite 8 GEDENKTAGE IM NOVEMBER 1955 Seite 10 ANHANG US-VORSCHLAG ZUR ERRICHTUNG EINES ZENTRUMS DER KERNFORSCHUNG IN ASIEN Wortlaut der Rede. John C. Hollisters., des Leiters des US-Amtes für internationale Zusammenarbeit,gehalten am 20. Oktober 1955 in Singapur DIE ABRÜSTUNGSFRAGE VOR DEN VEREINTEN NATIONEN Wortlaut einer Erklärung des US-Chefdelegierten bei den UN Henry Cabot Lodge, vom 21. Oktober 1955 DIE VEREINTEN NATIONEN - EIN WESENTLICHES WERKZEUG DES FRIEDENS Wortlaut der Rede des US-Sonderbeauftragten für Abrüstungsfragen, Harold E. Stassen, vom 23. Oktober 1955 ZUM FÜNFTEN JAHRESTAG DER EINWEIHUNG DER BERLINER FREIHEITSGLOCKE Wortlaut der Ansprache des früheren US-Hochkommissars für Deutschland, John J. McCloy, vom 24. Oktober 1955 in Berlin

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VIII. Jahrgang. Nr. 45 2. November 1955

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ARTIKEL DAS IST AMERIKA (XIV) Zwanzig Dichter und Schriftsteller schreiben über "ihre" Stadt - Herbsttage in Newburyport Von John Philipps Marquand (66 Zeilen, 1 Bild) Seite 1 WENIGER ZUSCHAUER - MEHR AKTIVE SPORTLER Television und Stadtrandsiedlungen führten zu Veränderungen im Sportleben der USA (73 Zeilen, 2 Bilder) Seite 4 DIE DREI SEITEN EINES DREIECKS Die neue Theater- und Schauspielakademie in Stratford (USA) (70 Zeilen, 2 Bilder) Seite 7

KURZNACHRICHTEN AUS DEN LÄNDERN HINTER DEM EISERNEN VORHANG (22 Zeilen) Seite 10

ANHANG DULLES ZUR ERÖFFNUNG DER GENFER KONFERENZ Wortlaut der Erklärung des amerikanischen Außenministers John Foster Dulles vom 27. Oktober 1955

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VIII. Jahrgang, Nr. 46 9- November 1955

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ARTIKEL LAS IST AMERIKA (XV) Zwanzig Dichter und Schriftsteller schreiben über "ihre" Stadt - Keosauqua in Iowa Von Phil Stong (80 Zeilen, 1 Bild) Seite 1

FERTIGSCHULEN GEGEN SCHULRAUMMANGEL Amerikanische Probleme im Schuljahr 1955/56 Von John Kerigan (70 Zeilen, 2 Bilder) Seite 4

DIE ROLLE DES NEGERS IM LEBEN AMERIKAS Von J. Ernest Wilkins, Unterstaatssekretär im US-Arbeitsministerium (75 Zeilen, 1 Bild) Seite 7

KURZNACHRICHTEN KLEINERE SONNENENERGIEAGGREGATE ZUR BETREIBUNG VON KLIMAANLAGEN, KÜHLVORRICHTUNGEN UND BEWÄSSERUNGSPUMPEN (27 Zeilen) Seite 10

DER FRIEDENSNOBELPREIS FÜR DAS JAHR 1954 (11 Zeilen) Seite 10

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VIII. Jahrgang, Nr. 47 17. November 1955 INHALTSVERZEICHNIS

ARTIKEL MS IST AMERIKA (XVI) Zwanzig Dichter und Schriftsteller schreiben über "ihr" Amerika - Vermont Von Dorothy Canfield Fisher (70 Zeilen, 1 Bild) Seite 1 LEICHTMETALL AUS DEM MEER Magnesium wird zum unentbehrlichen Helfer der modernen Technik (70 Zeilen) Seite 4 AMERIKAS MUSIKSAISON 1955/56 Dreimal so viel Konzerte wie in allen anderen Ländern zusammen Ven Norman Smith (115 Zeilen) Seite 6

ANHANG WORTLAUT DER AUSFÜHRUNGEN AUSSENMINISTER DULLES' AUF DER SITZUNG DER GENFER KONFERENZ VOM 9- NOVEMBER 1955 Stellungnahme zu den Ausführungen Molotows DULLES UMREISST STANDPUNKT DER USA ZUR ABRÜSTUNGSFRAGE Wortlaut der Rede vom 10. November 1955 auf der Außen­ ministerkonferenz in Genf WESTMÄCHTE UNTERBREITEN ABRÜSTUNGSVORSCKLÄGE Wortlaut eines Entschließungsentwurfs zur Abrüstungsfrage, den die westlichen Außenminister am 10. November 1955 auf der Genfer Aussenministerkonferenz vorlegten DULLES BIETET AUSWEITUNG DES-EISENHOWERPLANES DER "OFFENEN HIMMEL" AN Wortlaut der Rede zum Abrüstungsproblem, gehalten am 11. November 1955 auf der Genfer Außenministerkonferenz

*#-*** VIII.Jahrgang, Nr.48 Weihnachten 1955

INHALTSVERZEICHNIS IN RIDGEWOOD WEIHNACHTET ES SEHR Eine kleine Stadt feiert Weihnachten (70 Zeilen, 2 Bilder) IN DER HEILIGEN NACHT WILL ICH NUR FÜR DEN FRIEDEN BETEN ... • Brief einer deutschen Ein- wanderin an Mrs.Eisenhower (47 Zeilen) WEIHNACHT IM AMERIKANI- SCHEN BETHLEHEM ¥ Die alte Siedlung der Mährischen Brüder (130 Zeilen, 2 Bilder) WEIHNACHTSTAG IN KAROLINA Von Archibald Rutledge (78 Zeilen) IN AMERIKAS CHRISTBAUM- WÄIDERN Von O.A. Fitzgerald (66 Zeilen, 2 Bilder)

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VIII. Jahrgang, Nr. 49 30. November 1955

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ARTIKEL DAS IST AMERIKA (XVII) Zwanzig Dichter und Schriftsteller schreiben über "ihre" Stadt - Rutherford in New Jersey Von William Garlos Williams (70 Zeilen, 1 Bild) Sei te

ERNSTE MUSIK STARK GEFRAGT Das Experiment des Senders "Washington Good Music Station" (75 Zeilen) Seite

ARBEITEN UND NICHT VERZWEIFELN ... Rotchina bringt seine Bauern auf Trab (30 Zeilen) Seite

KREUZZUG DER NÄCHSTENLIEBE Zwei Millionen CARE-Pakete zum Weihnachtsfest - Berlin wird besonders bedacht (65 Zeilen, 2 Bilder) Seite 7

GEDENKTAGE IM DEZEMBER 1955 Seite 9

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VIII. Jahrgang, Nr. 50 7. Dezember 1955

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ARTIKEL DAS IST AMERIKA (XVIII) Zwanzig Dichter und Schriftsteller schreiben über "ihre" Stadt - NYACK am Huds.on Von Carson McCullers (75 Zeilen, 1 Bild) Seite DURCH RADIOISOTOPE ZU HÖHEREM BODENERTRAG Atomare Substanzen klären Agrarprobleme (90 Zeilen, 2 Bilder) Seite DIE GEMEINDE DER "GROSSEN BÜCHER" Ein Volk vertieft sich in die Grundlagen seiner Kultur (55 Zeilen) Seite 8 KURZNACHRICHTEN DOKUMENTENBAND ÜBER GENFER AUSSENMINISTERKONFERENZ (18 Zeilen) Seite 10 FLÜSSIGES METALL ALS REAKTORBRENNSTOFF (25 Zeilen) Seite 10 AUSSTELLUNG ÜBER PRAKTISCHE DURCHFÜHRUNG DES LUFTINSPEKTIONSPLANS PRÄSIDENT EISENHOWERS (U Zeilen) Seite 11

ANHANG LODGE FORDERT ANNAHME DES LUFTINSPEKTIONS- PLANS EISENHOWERS Wortlaut einer Erklärung des US-Chef-Dele- gierten bei den Vereinten Nationen, Bot­ schafter Henry Cabot Lodge jun., vor dem Politischen Ausschuß der UN-Vollversammlung am 5« Dezember 1955

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VIII. Jahrgang, Nr. 51 14. Dezember 1955

INHALTSVERZEICHNIS ARTIKEL DAS IST AMERIKA (XIX.und letzte Folge) Amerikanische Dichter und Schriftsteller schreiben über "ihre" Stadt - Iowa City Von Paul Eagle (S8 Zeilen, 1 Bild) Seite "LASST UNS NICHT VERGESSEN" Von Rene MacColl Korrespondent des London Daily Express News Service (110 Zeilen) Seite ATOME FÜR DEN FRIEDEN 1. DAS AMERIKANISCHE SHERW00D-PROJEKT Thermonukleare Energien für fried- liche Zwecke (79 Zeilen) Seite 8 2. DIE US-INDUSTRIE AUF DER SCHULBANK Kurzlehrgänge über Fragen der ange­ wandten Kernphysik (93 Zeilen) Seite 11 GEDENKTAGE IM JANUAR 1956 Seite 14 ANHANG DULLES UMREISST PROBLEME DER AMERIKANISCHEN AUSSENPOLITIK Wortlaut der Rede, die US-Außenminister John Foster Dulles am 8.Dezember 1955 in Chicago vor Wirtschaftlern des Staates Illinois hielt.

* * * * * "AMERIKA DIENST" 6. Juli 1955

PRESSESTIMMEN

NEW YORK TIMES ZUR GENFER KONFERENZ

(37 Zeilen) NEW YORK — (AD) — Unter der Überschrift "Sechs Tage für Genf" beschäftigt sich die New York Times am Wochenende erneut mit der im Juli stattfindenden Konferenz der großen Vier in Genf 'und schreibt hierzu unter anderem: "Präsident Eisenhower hat das eine in San Francisco noch nicht geklärte Problem* gelöst, nämlich die Dauer der Genfer Kon­ ferenz. Die Sowjets, die die Tendenz haben, Konferenzen in die Länge zu ziehen in der Hoffnung, daß dann der Zeitfaktor die Gegenseite zu Konzessionen zwingt ..., haben die Annahme irgend­ einer definitiven zeitlichen Begrenzung der Genfer Konferenz abge­ lehnt, wie dies vom Westen vorgeschlagen worden war. Auf seiner jüngsten Pressekonferenz gab der Präsident jedoch bekannt, die Sowjets seien darüber informiert worden, daß er persönlich sechs Tage in Genf bleiben und seinen Aufenthalt angesichts der zu Ende gehenden Sitzungsperiode des US-Kongresses nicht länger ausdehnen könne. Diese vorherige Mitteilung sollte jeden sowjetischen Ver­ such von vornherein durchkreuzen, die Schuld für einen Mißerfolg in Genf den USA mit der Behauptung in die Schuhe zu schieben, daß die USA vor einer Lösung der betreffenden Probleme den Konferenz­ tisch verlassen hätten ... Tatsächlich hat es Präsident Eisenhower noch einmal klargemacht, daß er von den ersten Kontakten keine Lö­ sungen erwarte. Vielmehr erblicke er in Genf eine neue Möglichkeit, die eigenen Absichten und Zielsetzungen darzulegen und einen Ein­ druck von den allgemeinen Bestrebungen der Sowjets zu gewinnen. Hierbei könnte man die Hoffnung haben, daß diese Fühlungnahme Ent­ scheidungen erlaube, auf welche Weise und durch welche Methoden man jene Probleme anpacken könnte. Derartige Entscheidungen sollten nicht mehr als sechs Tage benötigen, danach könnten die Außenmi­ nister die Einzelheiten ausarbeiten ... Es ist ermutigend zu wissen, daß der Präsident über die Aussichten in Genf optimistischer ist als vor zwei Monaten. Der Grund hierfür liegt nicht darin, daß er sich der zur Zeit des Krieges vorherrschenden Täuschung hingegeben hat, daß die Sowjets ihre marxistische Doktrin der Weltrevolution aufgegeben haben. Er ist jedoch der Ansicht, daß ein deutlicher Wechsel in der sowjetischen Haltung stattgefunden hat, der zumin­ dest den Weg für einen zeitweiligen modus vivendi und damit zu einer Minderung der internationalen Spannungen freimacht. Wir müs­ sen hoffen, daß er damit Recht hat..."

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- I - »AMERIKA DIENST" 6. Juli 1955

DIE WELT IN EINEM KLASSENZIMMER Anwärter auf das amerikanische Bürgerrecht

(92 Zeilen) WASHINGTON — (AD) — Die Schüler der Americanization School in Washington, einer Anstalt, in der Ausländer Amerikanisch im weitesten Begriffe des Wortes lernen, stammen in diesem Jahre aus 79 verschiedenen Ländern, das heißt also 19 mehr, als in den gan­ zen Vereinten Nationen vertreten sind. Die Schule hat die Aufgabe, den in Amerika eintreffenden Neuankömmlingen, die auf unbestimmte Zeit oder für immer in den Vereinigten Staaten bleiben wollen, über die anfangs auftretenden Schwierigkeiten hinwegzuhelfen. Sie ist Teil des allgemeinen Volksschulwesens und hat zur Zeit fast an die 1 500 Schüler aus aller Herren Ländern mit Vertretern der verschiedensten Rassen. Manche Klassenzimmer geben daher ein reichlich buntes Bild. So sitzen beispielsweise in einem Raum ein junges Mädchen aus Puerto Rico, ein chinesischer Student, ein Priester aus Südamerika, ein Flüchtling aus einem der sowjetischen Satellitenstaaten, Neu­ einwanderer aus Griechenland, Italien, Prankreich und Spanien sowie Familienangehörige der afghanischen und indonesischen Ge­ sandten einträglich zusammen. Alle arbeiten eifrig unter Anleitung einer liebenswürdigen Dame, die gerade dabei ist, ihnen die Grund­ regeln der englischen Sprache beizubringen. Die Schule hat den Englisch-Unterricht in sechs Stufen ein­ geteilt. Die erste ist für alle obligatorisch, die ohne jegliche Kenntnis dieser Sprache sind, später rücken sie allmählich in höhere Klassen auf. Diejenigen unter ihnen, die Bürger der Ver­ einigten Staaten werden wollen, erhalten außerdem Unterricht in amerikanischer Geschichte und Staatskunde. Einschulungen werden während des ganzen Jahres vorgenommen. Wenn die Schüler über 16 Jahre alt sind, können sie die Tages­ oder Abendkurse, beziehungsweise auch beide, besuchen. Und wenn sie es wünschen, können sie zu jeder Zeit die Schule wieder

- 1 - "AMERIKA DIENST" 6. Juli 1955 wieder verlassen. Vorausgesetzt jedoch, daß sie über das Alter, bis zu dem in ganz Amerika allgemeine Schulpflicht besteht, be­ reits hinaus sind. Andernfalls müssen auch in der Washingtoner- Americanization School mit Ausnahme der Kinder, die zu den aus­ ländischen Missionen gehören, alle nicht englisch sprechenden Jugendlichen am Tagesunterricht teilnehmen. Wenn sie dabei ge­ nügend Englisch gelernt haben, um sich verständlich machen zu können - wozu größtenteils sechs Monate erforderlich sind -, wer­ den sie an eine ordentliche Volks- oder auch Privatschule über­ wiesen. Die "Amerikanisierungsschule" wurde, nachdem genügend Gelder aus öffentlichen Mitteln dafür bereitgestellt worden waren, im Jahre 1919 gegründet. Dies geschah hauptsächlich auf das Ersuchen einer Anzahl freiwilliger Organisationen, die den Einwanderern dadurch die Einbürgerung erleichtern wollten. Der Unterricht ein­ schließlich Lehrmittel ist für alle, die im District of Columbia, also in Washington, wohnen, völlig kostenlos. Auch wer in den be­ nachbarten Staaten Virginia und Maryland ansässig ist, kann die Schule besuchen; er muß dafür allerdings seinen Obolus entrichten, und zwar für einen vollständigen Abendkurs 39 Dollar beziehungs­ weise für einen Tageskurs 148 Dollar. Die Schule besteht jetzt über 35 Jahre, und während dieser ganzen Zeit waren ihre Lehrer stets bemüht, ihren Schülern in je­ der Weise zu helfen. Direktor James T. Gallahorn, der die Anstalt seit 1946 leitet, weiß sogar noch Namen, Herkunft und um das Weiter kommen vieler seiner ehemaligen Zöglinge. Hat er doch stets ver­ sucht, den vielen, die bis jetzt unter seiner Obhut standen, mit Rat und Tat zur Seite zu stehen und ihnen nicht selten auch in Berufsfragen weiterzuhelfen. . Mit der Anstalt aufs engste zusammen arbeitet die Vereini­ gung von Angehörigen und ehemaligen Schülern der Amerikanisierungs­ schule (Americanization School Association), die seit 1922 besteht. Diesem Verein gehören Zöglinge, ehemalige Schüler, Lehrer und über­ haupt Freunde der Schule an. Die Vereinigung hat es sich zur Auf­ gabe gemacht, allen Neuankömmlingen aus dem Ausland, die in den

- 2 - "AMERIKA DIENST" 6. Juli 1955 den von der Schule zu betreuenden Bezirken untergebracht sind, Briefe zu senden, worin Sinn und Zweck der Anstalt geschildert und zum Besuch der Schule aufgefordert wird. Dieselben Briefe schickt sie auch allen jenen, die sich um das amerikanische. Bür­ gerrecht bewerben. Außerdem veranstaltet sie Führungen, fördert alle möglichen Einrichtungen des Sozial- und Bildungswerkes zur besseren Verständigung von Amerikanern und Ausländern unterein­ ander und gewährt schließlich diesen unter Umständen auch Stu­ dienbeihilfen. Die Americanization School von Washington ist nur eine von den vielen, überall in den USA bestehenden Einrichtungen, die vor allem anderen dazu dienen, die Einwanderer mit den Rechten und Pflichten eines amerikanischen Bürgers vertraut zu machen. Die Voraussetzungen zu diesen Institutionen wurden 1917 geschaffen, als nämlich der US-Kongreß begann, für die US-Einwanderungs­ und Naturalisierungsbehörde jährlich bestimmte Geldbeträge be­ reitzustellen, um so auch den lokalen Erziehungsbehörden die er­ forderlichen Mittel für eine Beteiligung an einem solchen Amerikanisierungsprogramm an die Hand zu geben. Zu den wesent­ lichen Aufgaben dieser Behörde gehört die Abfassung samt der kostenlosen Verbreitung von einigen 40 Lehrbüchern, die alle die besonderen Probleme eines Kandidaten für die amerikanische Staatsbürgerschaft behandeln und auch auf die schwierigen Fragen eine möglichst einfache, praktische, aber genaue Antwort zu ge­ ben suchen. Infolge der in dieser Hinsicht getroffenen Maßnahmen und der Zusammenarbeit vieler Städte mit den Staatsbehörden konnten im Jahre 1954 in den Vereinigten Staaten über 85 000 Einwanderer an 2 987 Lehrgängen in Englisch und Staatsbürgerkunde teilnehmen. Weitere 19 000 Einwanderer, die irgendwo auf dem Lande wohnten und keine Gelegenheit hatten, derartige Kurse zu besuchen, wurden mit entsprechenden Lehrbüchern und anderen Mitteln für den Selbstunter­ richt versorgt. ACHTUNG "AMERIKA DIENST" 6. Juli 1955

ACHTUNG REDAKTION! Auf Anforderung übersendet Ihnen der AMERIKA DIENST kostenlos folgende Bilder:

1) Eine Lehrerin der Americanization School in Washington macht mit ihren ausländischen Schü­ lern Sprechübungen, um ihnen die Erlernung der Landessprache zu erleichtern.

2) In der Schneiderklasse der Americanization School lernen die Ausländerinnen nicht nur das rein Technische dieser Arbeiten, sondern auch die entsprechenden Fachausdrucke.

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- 4 - "AMERIKA DIENST" 6. Juli 1955

VON 50-CENT-WOCHENLOHN ZUM 20-MILLIONEN-DOLLAR-UMSATZ 1QOjähriger Millionär kam vor 86 .Jahren ohne einen 'Pfennig aus Deutschland in die Vereinigten Staaten

(54 Zeilen) BALTIMORE — (AD) — Zum "Max-Hochschild-Tag" hatte der Bür­ germeister von Baltimore den 14. Juni 1955 erklärt und diesmal hörte man keinen Einspruch, obwohl der Vermerk "Tag des ..." oder "Tag der ..." auch im Kalender der Amerikaner nicht gerade eine Seltenheit ist. Aber den hundertsten Geburtstag eines Mitbürgers kann man wirklich nur selten begehen, und wenn es ein Max Hochschild ist, der die Jahrhundertwende erreicht, dann besteht erst recht Grund zum Feiern, meinten die Stadtväter von Baltimore und schlös­ sen sich der Proklamation des Bürgermeisters an. Als 14jähriger Junge kam der nunmehr Hundertjährige vor 86 Jah­ ren aus Groß-Rohrheim bei Darmstadt, wo sein Vater Viehhändler war, in die Vereinigten Staaten und schloß sich dort seinem ältesten Bruder an, der schon einige Zeit vorher aus Deutschland ausgewan­ dert war und nun in Baltimore wohnte. Schon in den ersten Wochen gab es eine Menge Schwierigkeiten; niemand wollte den schmächtigen Jungen einstellen, obwohl er jede Arbeit angenommen hätte. Aber schließlich kam er für einen Wochenlohn von nur 50 Cent bei Bam­ berger unter, einem der größten Kaufhäuser Baltimores. Das war der Anfang zu einem erfolgreichen Aufstieg in der gleichen Stadt, der Anfang eines Multimillionärs. Da sein Bruder Amerika schon bald wieder verließ, mußte der junge Max sich selbst durchschlagen, aber er bewies, daß er sein Schicksal zu meistern verstand. Bereits 1876 eröffnete er sein erstes eigenes Geschäft, ein bescheidenes kleines Lokal, in dem er "alle Posten vom Lehrling bis zum Manager" selbst übernehmen mußte. Der einst so schwächliche Junge, dem man harte Arbeit nicht zuzutrauen wagte, begann nun, mit Fleiß, Energie und Ausdauer alle seine Konkurrenten zu überflügeln. Innerhalb we­ niger Jahre war er Inhaber zweier weiterer Geschäfte, in denen es sogar Rolltreppen gab - zu jener Zeit eine Attraktion, die viele Kunden anlockte, und dann baute er schließlich mit zwei inzwischen

- 5 - "AMERIKA DIENST" 6. Juli 1955 inzwischen längst verstorbenen Geschäftsfreunden neben Bamberger, wo er mit 50 Cent in der Woche angefangen hatte, das große Waren­ haus, an dem er auch heute noch beteiligt ist. Mit drei Vorort­ filialen gehört dieses Unternehmen, das 2 000 Arbeiter und Ange­ stellte beschäftigt und einen Jahresumsatz von 20 Millionen Dollar erzielt, jetzt zu den führenden Einkaufszentren von Baltimore. "Die Geschäftsmethoden haben sich geändert", sagte der Hundert­ jährige kürzlich, "aber ihre Prinzipien sind dieselben geblieben: Den Kunden das, was sie haben wollen, zu einem günstigen Preis zu geben, ist nach wie vor das Geheimnis des Erfolgs. Als ich anfing, reichten allerdings etwa 12 1/2 Cent pro Dollar aus, um die laufen­ den Unkosten decken und einen Durchschnittsgewinn verbuchen zu können; heute muß man dazu rund 40 Cent haben." Obwohl Max Hochschild trotz seiner hundeit Jahre noch oft in seinem Büro sitzt und mit einer erstaunlichen Frische an der Weiterentwicklung seines Unternehmens teilnimmt, ließ er sich bei den offiziellen Geburtstagsfeierlichkeiten entschuldigen. "Ein Mann in meinem Alter", so meinte er, "gehört an diesem Tage aus­ schließlich der Familie", und dafür hatte Baltimore ganz besonders Verständnis, weil Max Hochschild sozusagen aus Familientradition die Jahrhundertwende überschritt. Seine Schwester, die in der Schweiz lebte, wurde auch über hundert Jahre alt, und seine bei­ den Brüder erreichten ebenfalls ein biblisches Alter.

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- 6 - "AMERIKA DIENST" 6. Juli 1955

DEUTSCHES VOLKSFEST IN USA Pennsylvania-Deutsche lieben gute Küche ( 90 Zeilen) PHILADELPHIA - (AD) - Unter den unzähligen Deutschen, die seit dem Ende des 17.Jahrhunderts den Weg in die Neue Welt fan­ den und sich dort eine neue Heimat schufen, nehmen die "Pennsyl­ vania-Deutschen" eine besondere Stellung ein. Nicht nur, daß sie zeitlich die ersten unter ihren ehemaligen Landsleuten waren, die sich zu solchem Schritt entschlossen, sie haben auch am zähesten an ihrer Sprache sowie den Sitten und Gebräuchen festgehalten, die sie aus ihrer alten Heimat mitgebracht hatten. Erleichtert wurde ihnen diese Bewahrung heimischer Eigenart dadurch, daß sie in Amerika zunächst nicht in größeren oder kleineren Städten, sondern meist in Dörfern oder auf einzeln gelegenen Farmen an- "sässig wurden. Die ganze Liebenswürdigkeit, Lebenstüchtigkeit und Tradi­ tionsverbundenheit dieses wertvollen Gliedes der ausgedehnten amerikanischen Völkerfamilie kam jetzt wieder gelegentlich des großen Volksfestes zum Ausdruck, das die Pennsylvania-Deutschen in der Zeit vom 1. bis 4.Juli in der rund 175 Kilometer von New York entfernt in anmutiger Hügellandschaft gelegenen Stadt Kutztown feierten. Es war das sechste Fest dieser Art und über­ strahlte an Glanz und Umfang seine Vorgänger, von denen das letztjährige bereits einen Besuch von etwa 60 000 Gästen aus allen Teilen der Union und aus dem Ausland gebracht hatte. Das Institut für pennsylvaniadeutsche Volkskunde am Franklin- und Marshall-College in Lancaster im Staate Pennsylvanien hatte die Patenschaft für das diesjährige Fest übernommen und sich bemüht, bei dieser Gelegenheit auch den sogenannten "Kirschenmarkt" der Kolonialzeit, eine damals sehr charakteristische amerikanische Einrichtung, Wiederaufleben zu lassen. Die verschiedenen Züge der alten Volkskultur der Pennsylvania-Deutschen, ihre traditionelle Freude an der Farbe und am dekorativen Schmuck der Häuser und Scheunen mit den Sonnenrädern und "Eexenfüßen", ihr anspruchs­ loser, aber treffsicherer Humor, ihre Sprichwortweisheit und ihre Musikliebe wurden in der verschiedensten Weise deutlich - 7 - "AMERIKA DIENST" 6. Juli 1955 deutlich gemacht. Aber auch die bis in die Neuzeit reichenden Äußerungen eines tiefverwurzelten Aberglaubens sowie andere folkloristische Themen wurden im Rahmen eines besonderen Semi­ nars behandelt, mit Vorträgen über "Hexentum und Hexerei, Lie­ besfest-Tradition, magische und nicht-magische Heilmittel und ähnliche Themen. Sparsamkeit und Genügsamkeit haben den Pennsylvania-Deutschen von jeher als gern erfüllte Tugenden gegolten, nur nicht bei Tische, wo ihnen herzhaftes Essen keineswegs - wie etwa den strengen Puri­ tanern - als sündige Begierde erscheint. Als schwer arbeitende Menschen bevorzugen sie dabei gehaltvolle Speisen, kein "Schlek- kerg'frees", wie sie in ihrem ahnschaulichen "Pennsylvania- Deutsch" sagen. Ihr Volksfest vermittelte dem Besucher auch in dieser Hinsicht einen lebendigen Begriff, denn es sollte ihn in diesem Jahre vor allem mit der pennsylvaniadeutschen Küche be­ kannt machen. Nicht weniger als 50 verschiedene "Spezialitäten" wurden ihm zum Essen angeboten, und mehr als 200 waren zur Schau gestellt. Dabei war alles nicht sonderlich teuer. Ein reichliches Frühstück mit kräftigem Balsamtee, Waffeln, Honig und verschiedenen anderen ortsüblichen Leckerbissen bekam man schon für etwa 50 Gent. Und eine volle Mahlzeit mit Einschluß der traditionellen "sieben süßen und sieben sauren Speisen" sowie einer aus Milch und winzi­ gen Klümpchen Weizenmehl hergestellten "Riwwelsuppe" stellte sich auf 2 Dollar. Auf dem mit dem Pest verbundenen großen Jahrmarkt hatten auch die einheimischen Handwerker ihre Stände. Da gab es Glasbläser, Töpfer und Korbflechter, die ihre Erzeugnisse zur Schau und zum Verkauf stellten. Andere Handwerker, wie Hufschmiede, Sattler, Stellmacher, begnügten sich damit, ihre berufliche Fertigkeit zu erweisen. Einen breiten Raum auf dem Jahrmarkt nahmen altertüm­ liche Hausratsgegenstände, darunter Erbstücke noch aus der Zeit der ersten deutschen Einwanderer, sowie Arbeiten heutiger Kunst­ handwerker ein. Lebensfreude, das war der hervorstechende Charakterzug die­ ses großen Volksfestes, das am vierten und letzten Tage in den amerikanischen Nationalfeiertag einmündete. Man tanzte im Freien, erfreute sich am gemeinsamen Gesang alter deutscher Volkslieder _ 8 - "AMERIKA DIENST" 6. Juli 1955 Volkslieder und lauschte den Geschichten, die nach alter Weise täglich von Erzählern im reinsten Pennsylvania-Deutsch, der "schönsten lengevitch (l^nguage= Sprache)", zum besten gegeben wurden. Man wählte für die vier Festtage eine "Miss Distelfink", denn dieser Vogel, den man als Dekorationsmotiv, in leuchtenden Farben gemalt, überall zu sehen bekommt, stellt so etwas wie ein Symbol der Pennsylvania-Deutschen dar. Ein Festzug, in dem die typischen Erzeugnisse des Gebietes mitgeführt wurden, fand star­ ken Zulauf. Ein Festspiel brachte Szenen aus dem ländlichen Leben der Pennsylvania-Deutschen vor 75 Jahren auf die Bretter, darunter auch die (noch heute vielfach übliche) "schnitzing- party", eine fröhliche Abendgesellschaft ländlichen Stiles, bei der Äpfel geschält, geschnitten und dann zum Trocknen aufge­ fädelt werden. Und selbstverständlich fehlte zum Schluß nicht das Feuerwerk. Was diesem Fest der Pennsylvania-Deutschen seine ganz eigene Note verlieh, das war die Herzlichkeit und Ungezwungenheit, die es vom ersten bis zum letzten Tage beherrschte und die alle seine Besucher zu einer großen Gemeinschaft der Freude zusammenschloß. Man hatte die fremden Gäste ausdrücklich zu reger persönlicher Anteilnahme aufgefordert, und sie machten von dieser Einladung ausgiebig Gebrauch, zum Vorteil des Ganzen. So dürfte ihnen allen die Erinnerung an diese eindrucksvolle Veranstaltung der Pennsylvania-Deutschen, an dieses Fest der Lebensfreude noch lange lebendig bleiben.

ACHTUNG REDAKTION! Auf Anforderung übersendet Ihnen der AMERIKA DIENST Ikostenlos folgendes Bild:

Die Pennsylvania-Deutschen und ihre Schnitzelbank - ein Rundgesang, der bei keinem ihrer Volksfeste fehlt.

* * * # # "AMERIKA DIENST" 6. Juli 1955

DER EINSPALTER

VON SACHSENHAUSEN NACH WASHINGTON Nach IQjähriger KZ-Haft begann für Berliner Arzt neuer Lebensabschnitt

( 40 Zeilen) WASHINGTON — (AD) — Am 20. Juni 1955 begann für den 66 Jahre alten Dr. Martin Claus, Hautspezialist aus Berlin, ein neues Leben. Er stieg aus dem großen Uberseeflugzeug und stand auf amerikanischem Boden, um gleich darauf seine nächsten Angehörigen in die Arme zu schließen. Die 11jährige Enkelin hatte er bis zu diesem Tage noch nie gesehen. Und Frau und Tochter waren ihm während der langen Trennung schon fast Unbekannte geworden. Zehn Jahre waren nämlich vergangen, seit ihn die sowjetischen Besatzungsstreitkräfte ver­ hafteten und in das berüchtigte KZ Sachsenhausen einlieferten. Fünf Jahre hielten ihn die Sowjets dort fest. Da er als Lagerarzt eingesetzt wurde, konnte er aufschlußreiche Angaben über den Ge­ sundheitszustand der Häftlinge machen, als er seine Freiheit wieder erlangte. Er berichtete, daß besonders Tuberkulose unter den 14 000 Lagerinsassen stark verbreitet sei, und zehn von elf Häftlingen, die an dieser Krankheit litten, starben. Das Lager Sachsenhausen, führte er aus, sei in erster Linie mit Deutschen belegt, obwohl es jedoch auch etwa siebenhundert sowjetische Inhaftierte gäbe, die von den Besatzungsbehörden der Sowjetzone zu Strafen verurteilt seien. Die medizinische Behand­ lung entspreche in gar keiner Weise den modernen Errungenschaften auf diesem Gebiete und sei mit den Bestimmungen der Genfer Konven­ tion über ,die Behandlung von Gefangenen nicht vereinbar. 1950 wurde Dr. Claus den kommunistischen Behörden des sowje­ tischen Sektors von Berlin übergeben, die ihn als Kriegsverbrecher und Teilnehmer am Sterilisierungsprogramm der Nazis anklagten. Dr. Claus verteidigte sich unwiderlegbar, in dem er bewies, daß er mit diesen Dingen nicht das geringste zu tun gehabt habe. Der Staats­ anwalt behauptete jedoch einfach, daß er Freunde gehabt haben müsse,

- 10- "AMERIKA DIENST" 6. Juli 1955 müsse, die an diesem Programm beteiligt gewesen seien, und so ver­ urteilte ihn das "Gericht" zu 25 Jahren Zuchthaus in Waldheim. Die ganze Verhandlung habe eine Viertelstunde gedauert, berichtete Dr. Claus. Eine Viertelstunde, die über das Leben eines unschuldi­ gen Menschen entschied. Er hatte bei allem Unglück noch das Glück, während der im Jahre 1954 erfolgten Teilamnestie entlassen zu wer­ den. Im Westsektor Berlins kurierte er sich aus und sieht heute wieder gesund aus. Über die gestohlenen Jahre seines Lebens spricht er ohne Haß, mit äußerster Sachlichkeit. Im Kreise seiner Familie, die inzwischen nach den Vereinigten Staaten ausgewandert ist und ihn nun auf dem Flugplatz Washington in die Arme schließen konnte, wird Dr. Claus einen neuen Lebens­ abschnitt beginnen, ein Leben in Freiheit weitab von den "Segnungen des roten Regimes.

* * * * * "AMERIKA DIENST" 13. Juli 1955 PRESSESTIMMEN NEW YORK TIMES ZUR GENFER KONFERENZ ( 90 Zeilen) NEW YORK - (AD) - Die Bedeutung der bevorstehenden Bespre­ chungen auf höchster Ebene in Genf wird von der "New York Times" in einem ausführlichen Leitartikel analysiert. Das Blatt schreibt unter anderem: "Die Augen der Welt richten sich auf Genf, wo die von dem früheren Premierminister Sir Winston Churchill schon vor mehr als zwei Jahren vorgeschlagene Konferenz der vier Regierungschefs am 18.Juli nun schließlich stattfinden wird. Es wird das erste derartige Zusammentreffen seit der Potsdamer Konferenz des Jah­ res 1945 sein und in einer Welt und einer Atmosphäre stattfinden, die sich von der des Jahres 1945 wesentlich unterscheidet. In Potsdam standen die Sieger des Krieges vor einem zusammenge­ brochenen Deutschland und einem vor dem Zusammenbruch stehenden Japan mit dem Plan zu einem Frieden, der auf ihrer weiteren Zu­ sammenarbeit zur Verhinderung jeder künftigen Bedrohung seitens der Besiegten basierte. Jetzt, zehn Jahre später, kommen die Großmächte in Genf in dem Versuch zusammen, Frieden unter sich selbst zu schließen. Dazwischen liegen die bitteren Jahre des Kälten Krieges, die Expansion der kommunistischen Herrschaft über Gesamt-Osteuropa und die mächtige Ausbreitung Chinas, die Kriege in Korea und Indochina und die fortgesetzten Versuche der Kommunisten, die Regierungen der Völker der freien Welt zu stürzen. In diese Zeit fallen aber auch die verzweifelten An­ strengungen der freien Nationen, die kommunistische Flut zum Halten zu bringen und sich selbst zu retten, indem sie - ange­ sichts der vergeblichen Bemühungen der UN - ihre eigenen re­ gionalen Bündnisse schaffen, die nunmehr auch das wiedererstarkte und wiederbewaffnete Deutschland und Japan umfassen. Als Folge haben wir heute anstelle einer geeinten Welt, auf die unsere Hoffnung sich richtete, eine in zwei Machtblöcke ge­ spaltene Welt. Da ist auf der einen Seite der kommunistische Block mit über 900 Millionen Menschen und Armeen, die zusammen wohl die Zehn-Millionengrenze erreichen. Und da ist andererseits der lockerer zusammengehaltene' Block der freien Welt mit seinen ineinandergreifenden Bündnissystemen zu dem 700 Millionen Men­ schen und rund 8,5 Millionen Mann an Soldaten zählen. Der Block der freien Welt ist in Hinsicht auf seine Hilfsquellen und seine Luft- und Seestreitkräfte überleben, aber der kommunisti­ sche Block kann dies durch seine gewohnte Gleichgültigkeit ge­ genüber Menschenleben wettmachen. Beide Machtblöcke verfügen über atomare und thermonukleare Waffen zur Massenvernichtung. Angesichts dieser Situation können die vier Regierungschefs, die in Genf zusammenkommen werden, nicht länger mehr als bloße Repräsentanten der Interessen ihres Machtblocks auftreten, sondern müssen das Wohl und das Schicksal ihrer Völker, ja, im letzten Sinne, das Wohl der Menschheit vertreten. Im Atomzeitalter, mehr noch als je zuvor, muß der Friede als ein unteilbares Ganzes angesehen werden, denn ein Krieg mit atomaren oder thermonuklearen Waffen läßt sich nicht auf die - I - "AMEEIKA DIENST" - PRESSESTIMMEN 13. Juli 1955 die kriegführenden Mächte beschränken. Beide Machtblöcke wer­ den in Genf als gleichwertige Verhandlungspartner zusammentlö­ ten, und beide werden aus einer Position der Stärke heraus ver­ handeln können. Denn wenn das Wettrüsten auch nunmehr zu einem 'Patt' - in eine Sackgasse - geführt hat, so hat es doch auch ein Gleichgewicht der Kräfte geschaffen, bei dem die freie "Welt mit dem kommunistischen Block gleichiiegt. Gerade dieses Gleich­ gewicht der Kräfte aber gibt der Genfer Konferenz und künftigen aus ihr resultierenden Verhandlungen einen verheißungsvolleren Aspekt als früheren Konferenzen.' Gleichzeitig sind aber die durch den Krieg hinterlassenen und durch die kommunistische Expansion verschärften Probleme derart komplizierter Natur, daß viele der an Genf geknüpften Erwartungen vorerst unerfüllt bleiben müssen. Präsident Eisen- heyer hat wiederholt darauf hingewiesen, daß die Bestimmung der Genfer Konferenz nicht in der Lösung dieser Probleme liegt. Im besten Falle kann Genf zu einem ersten persönlichen Kontakt zwischen den beiden Seiten führen und zu einer Erkundung der Möglichkeiten und der Mittel und Wege zur Lösung der Probleme sowie zu einer Klärung der Intentionen und der Vorbereitungen für spätere Verhandlungen über spezifische Probleme in einer durch die Genfer Konferenz bereinigten Atmosphäre. Unter diesen Umständen könnte man Genf bereits als einen Erfolg verbuchen, wenn es hier gelänge, lediglich ein Übereinkommen über die künf­ tig abzuhaltenden Probleme zu erzielen. Im Augenblick jedoch und bis zu dem Zeitpunkt, da die sowjetischen Absichten klar zu Tage getreten sind, muß der Westen weiterhin von der Annahme ausgehen, daß die Sowjets bei der Verfolgung ihres Ziels einer kommunistischen Weltrevolution beharren, und daß sie mit ihrer neuen Politik der Geste der Versöhnlichkeit und Freundlichkeit dieses Ziel auf zwei oder drei verschiedenen politischen Gleisen gleichzeitig verfolgen. Die wahren Intentionen der Sowjets müs­ sen durch die von den Sowjets gegenüber einzelnen konkreten Pro­ blemen eingenommene Einstellung erst geprüft werden."

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NEW YORKER STAATSZEITUNG UND HEROLD: WILLKOMMEN, EINWANDERER (32 Zeilen) NEW YORK - (AD) - Zum Eintreffen des Einwandererschiffes . "General Langfitt" am 12.Juli 1955 in New York, das mit über 1200 Flüchtlingen aus Ländern hinter dem Eisernen Vorhang den ersten großen Einwanderungstransport im Rahmen des kürzlich intensivierten amerikanischen Flüchtlingsprogramms nach den USA gebracht hat, schreibt die führende deutschsprachige Zeitung in den USA, die "New Yorker Staatszeitung und Herold", unter der Überschrift "Willkommen, Einwanderer" in einem Leitartikel unter anderem: "Eines der bedeutsamsten Ereignisse seit dem Kriege, der das totale Ende der deutschen Einwanderung brachte - den zweiten Tor­ schluß für die Deutschen in vier Jahrzehnten -, bildet für den deutschen Bevölkerungsteil Amerikas die Ankunft eines veritablen - II - "AMERIKA DIENST" - PRESSESTIMMEN 13. Juli 1955 veritablen Einwandererschiffes mit 1243 künftigen Amerikanern. Aber dies ist nicht nur ein symbolhaftes Ereignis, weil es eine Rekordzahl deutschsprechender Menschen, die größte Einwanderergruppe seit mehr als einem Menschenalter, in unser Land bringt, sondern auch, weil es endlich die Hoffnung auf Erfüllung der durch den Kongreß vom amerikanischen Volke ge­ billigten Rettung von insgesamt 214 000 Flüchtlingen noch vor Ende des nächsten Jahres, nun zu einer zuversichtlichen Erwar­ tung gewandelt hat.... An dem Tage, da die erste große Gruppe von deutschen Flüchtlingen auf amerikanischen Boden landet, ist es aber das erste Pflichtgebot, Onkel Sam dafür zu danken, daß er den Deutschen ein besonderes Entgegenkommen erwies, als er die Zulassung einer so großen Zahl von Männern, Frauen und Kindern deutschen Stammes über die normale Quote hinaus mög­ lich gemacht hat. Diese deutschen Menschen.... kommen in ein Land, dessen Geist sie, die in Europa um der Freiheit willen Not und Gefahr getrotzt hatten, schon in der Seele tragen...."

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- III - "AMERIKA DIENST" 13. Juli 1955

FRIEDLICHE KOEXISTENZ In kommunistischer Perspektive gesehen

Dieser Artikel von Vernon Aspaturian, Professor für Politische Wissenschaften an der Staatsuniversität von Pennsylvanie-n, ist im März dieses Jahres in der amerikani­ schen Halbmonatsschrift "The Reporter" er­ schienen. Im folgenden bringen wir die dort gemachten Ausführungen auf wesentliche Aus­ züge und die Leitgedanken reduziert.

NEW YORK — Bevor wir uns mit der Frage beschäftigen, ob die sowjetischen Machthaber eine friedliche Koexistenz wirklich wünschen, ist es gut, sich darüber klar zu werden, was die Kommunisten unter diesem Begriff verstehen. Auf je­ den Fall meinen sie nicht ein Verhältnis, dessen sich bei­ spielsweise die Vereinigten Staaten und Kanada als enge Nach­ barn erfreuen, denn das würde für sie nicht weniger bedeuten als ein Aufgeben des marxistischen Ziels: der Weltrevolution. Natürlich aber haben sie wiederholt den Eindruck zu erwecken versucht, daß auch sie die vom gesunden Menschenverstand dik­ tierte Bedeutung dieses Begriffes durchaus teilen, und das hat oft genug und überall Verwirrung gestiftet - bloß nicht in Moskau. Stalin selbst hat eine klare Definition dieses Begriffes gegeben. Koexistenz ist - unter dem Gesichtswinkel der Sowjets - niemals von Dauer; sie ist nichts als eine Phase in dem ständigen Kampf, die Ausmerzung des Kapitalismus herbeizu­ führen. "Wir dürfen nie vergessen...", sagte Stalin 1927» "daß außerordentlich viel davon abhängt, ob e.s uns gelingt, den Krieg mit der kapitalistischen Welt hinauszuschieben; er ist an sich unvermeidlich, aber vielleicht könnte er vor­ läufig noch verhindert werden. Die Aufrechterhaltung fried­ licher Beziehungen zu den kapitalistischen Ländern besteht im Zugeständnis der Koexistenz von zwei sich feindlich gegen­ überstehenden Systemen", was wiederum erlaubt, "in einer Art •Zusammenarbeit* mit der kapitalistischen Welt zu leben." Denn für die Kommunisten ist nicht die Möglichkeit der Koexistenz von Bedeutung, sondern die Zeit, in der sie noch erduldet werden muß, bis die Frage: "Wer wen vernichtet", endgültig gelöst worden ist. "Solange es Kapitalismus und Sozialismus gibt", schrieb Lenin, "können wir nicht in Frie- "AMERIKA EIENST 13. Juli 1955 Frieden leben; einer von ihnen wird schließlich den Sieg davon­ tragen." Die Geschichte der Koexistenz von Stalin und Hitler veran­ schaulicht aufs deutlichste die Tatsache, daß die Kommunisten mit jedermann, selbst mit ihren ärgsten Feinden, zu leben be­ reit sind, wenn dieses, wenn auch nur vorübergehend, von Nutzen ist. Nach Molotow wurde der Vertrag zwischen den National­ sozialisten und Sowjets unterzeichnet, weil "wir immer von dem bekannten Leninschen Grundsatz der friedlichen Koexistenz des Sowjetstaates und der kapitalistischen Länder geleitet wurden", und "da dieser Pakt sich mit unserem Prinzip der friedlichen Koexistenz in Übereinstimmung befindet, ist er auch im In­ teresse des Weltfriedens." Die sowjetische Vorstellung von einem friedlichen Neben­ einanderleben ist im Grund nichts anderes als eine Anerkennung der Tatsache, daß es manchmal eben notwendig ist, einen Schritt zurückzugehen, um zwei nach vorn machen zu können; sie schließt aber nicht einen gemeinhin verständlichen Glauben an> die Bedeu­ tung menschlicher Werte, ja nicht einmal die Absicht ein, das alte "pacta sunt servanda"-Prinzip, das die Grundlage des Völ­ kerrechts überhaupt ist, zu respektieren (Verträge müssen eingehalten werden). In Wahrheit ist der kommunistische Ko­ existenz-Begriff nichts anderes als eine Wiederauflegung des klassischen Lehrsatzes vom Gleichgewicht der Kräfte, der für die Erhaltung des Friedens aber nur so lange wirksam ist, wie die Mächte sich die Waage halten. Wie Stalin bereits 1925 her­ vorhob, "ist das grundsätzlich Neue, ja der'ausschlaggebende Zug die Tatsache, daß ein gewisses temporäres Gleichgewicht der Kräfte zwischen unserem Lande und den Ländern der kapitalisti­ schen Welt aufgebaut worden ist." Dieses Gleichgewicht be­ stimmt - nach Stalin - die gegenwärtige Periode der friedlichen Koexistenz, in der, wie er sich ausdrückte, "das Proletariat seine Kräfte für zukünftige revolutionäre Aktionen sammelt." Das Schlüsselwort in dieser Doktrin ist also "temporär" - zeitweilig, vorübergehend -, denn das Gleichgewicht zwischen den beiden Welten wird als gefährlich unsicher angesehen, in Gefahr zusammenzubrechen, sobald die Sowjetmacht ein Überge­ wicht erreicht hat oder die kapitalistische Welt durch Kon­ kurrenzneid, Konflikte, Krisen und Kriege geschwächt ist. Schon Lenin hatte betont, daß es "die praktische Aufgabe kommunistischer Politik ist, den einen gegen den anderen aufzu­ hetzen.... wir Kommunisten müssen ein Land gegen das andere ausspielen." Und noch im Oktober 1952 äußerte Stalin die An­ sicht, daß ein Krieg zwischen der sozialistischen und kapita­ listischen Welt weniger wahrscheinlich sei als ein mörderischer Konflikt innerhalb der nichtsowjetkommunistischen Welt. Er ging dabei von der Annahme aus, daß die Westmächte in der gegenwärti­ gen Phase der Koexistenz, die "die beiden sich das Gleichge­ wicht haltenden Lager aufgebaut haben, sich untereinander be­ kämpfen und schwächen würden." "Wenn heute unter den internationalen Spannungen der Nord- atlantik-Blcck durch interne Streitigkeiten und innere Wider­ sprüche gespalten wird, so wäre es möglich, daß ein Nachlassen "AMERIKA DIENST" 13. Juli 1955 Nachlassen der Spannung zu seiner Auflösung führt." Dieses Wort Malenkows aus dem Jahre 1953 zeigt, wie weit sein sogenannter Neuer Kurs von einem angeblichen Bruch mit der Politik Stalins tatsächlich entfernt war und in Wirklichkeit weiter nichts be­ deutete als ein Mittel zu deren endgültigen Vollziehung. Denn die Gültigkeit des kommunistischen Postulats vorausgesetzt, daß nämlich nur die internationalen Spannungen die westliche Welt noch zusammenhalten, was dürfte dann zum Lockern der Spannungen besser geeignet sein als Beteuerungen "friedlicher Koexistenz" und die Wiederbelebung der "Diplomatie alter Schule"? Dessenungeachtet ist es das Betonen der Notwendigkeit, von einer Position der Stärke aus zu verhandeln, was die Politik der jetzigen sowjetischen Machthaber Chruschtschew und Bulganin charakterisiert. In einer Rede vor der Tschechischen Kommunisti­ schen Partei äußerte Chruschtschew schon im Juni 1954: "Frieden kann durch ständige Stärkung der Widerstandskraft unserer bewaff­ neten Streitkräfte gewonnen werden.... Aber es ist, wie schon Genosse Lenin sagte, 'sehr schwer und kompliziert, zum Ziel zu kommen, solange es eine kapitalistische Einkreisung gibt.'" Dieser Satz wurde vor der Veröffentlichung des Wortlauts der Rede in der "Prawda" gestrichen, da er der damaligen Malenkow- schen Linie widersprach. Ebenso wurde der folgende Passus unter­ drückt: "Um mit dem Feind zu leben, muß man stark sein. Wir haben alles nur Mögliche getan; wir haben die Atombombe geschaffen; wir haben die kapitalistische Klasse überflügelt und noch vor ihr die Wasserstoffbombe entwickelt.... Sie bilden sich ein, uns ein­ schüchtern zu können, aber nichts kann uns erschrecken; denn wenn sie wissen, was die Bombe bedeutet, dann wissen wir es schon längst Nach alledem besteht kein Zweifel, daß der neue Kurs der sowjetischen Politik durchaus dem entspricht, was Marschall Bulga­ nin in seiner ersten Rede als Premier gleichsam als ihren Leit­ satz formulierte, daß nämlich die Sowjetpolitik sich gründen wird auf "die Stärkung... und Erhaltung der militärischen Schlagkraft unserer tapferen Armee auf einem Niveau, das von den Interessen unseres Landes, der internationalen Situation und der Weiterent­ wicklung der Militärwissenschaft diktiert wird." So scheinen also die Ansichten Maxim Saburows, des ersten stellvertretenden Vorsitzenden des Ministerrats der UdSSR, der am 6.November 1954 sagte, daß -ein Versuch.... mit der Sowjetunion von einer Position der Stärke aus zu verhandeln, in den Beziehun­ gen zu der Sowjetunion noch niemals zum Erfolg geführt habe, von der Entwicklung der letzten Zeit widerlegt worden zu sein. Denn die Position der Stärke hat sich in der Art, wie sie die West­ mächte behaupten, zum mindesten insoweit bewährt, als dadurch die sowjetischen Machthaber gezwungen wurden, mit erfrischender Offen­ heit einzugestehen, daß sie selbst sich auf die Position der Stär­ ke stützen. Die Situation, die sich daraus ergibt, verspricht der Welt nicht allzu viel Ruhe. Sie muß uns im Gegenteil immer wieder daran erinnern, daß die erste Bedingung, die eine Koexistenz mit den Kommunisten überhaupt ermöglicht, unsere eigene Stärke ist.

- Quellenangabe unbedingt erforderlich - ***** - 3 -' ' "AMERIKA DIENST" 13. Juli 1955

SOMMERZEIT AUF DEN BRETTERN', DIE DIE WEIT BEDEUTEN Von Norman Smith

(118 Zeilen) NEW YORK — (AD) —Voriges Jahr waren es die Hurrikane, dieses Jahr sind es die Preise - was auch immer los sein mag, der Sommertheater-Produzent muß sich placken, so oder so. Er ist allerhand gewohnt, der Produzent. Er ist ein Mann (manchmal ist es auch eine Frau), der sich mit einem Haufen Schwie­ rigkeiten herumschlägt, um das Theater während der heißen Sammer­ monate in Gang zu halten. Wenn er kann, erzielt er etwas Gewinn - das ist dann ein ungewohnter Lichtblick in dem Betrieb. Seine Sorgen reichen von der Fernseherei mit ihren Heim- Guckern und großen Stars bis zum schlechten Wetter und mittelmä­ ßigen Bühnenstücken. Die dramaturgische Speisekarte ist im Sommer traditionsgemäß sehr leicht - so leicht, daß sie sich schon fast in Nichts auflöst. Jedoch, wenn man jetzt einen kurzen Blick auf das wirft, was in den nächsten sechs bis acht Wochen in all den festlich garnierten Scheunen, den Zelten, den gemieteten Schul-Aulen und anderen Sta­ tionen des Thespis-Karrens über die Bretter gehen s.oll, so kann man nicht umhin festzustellen, daß es in diesem Sommer mit dem Angebotenen durchweg besser aussieht als in den vorhergehenden Jahren.- Die alten totsicheren Schlager wie "Room Service", "Springtime for Henry", "Goodbye, my Fancy",und was sonst noch auf dieser linie lag, haben jetzt dem neuen Komödien-Jahrgang und seinen "Auf-alle- Fälle-Reserven" Platz gemacht. Die drei gefragtesten Stücke in die­ sem Sommer sind, wie einer der führenden Manager verlauten läßt, "Picnic", "The Caine Mutiny Court Martial" (Kriegsgerichtsakte Meuterei auf der Caine) und "The Rainmaker" (Der Regenmacher). Die ersten beiden waren diesen Winter Broadway-Schlager,,"Picnic" bekam sogar den Pulitzer-Preis 1953, "The Rainmaker" hat in der vergan­ genen Saison als "guter Durchschnitt" abgeschnitten. Ein "AMERIKA DIENST" 13. 'Juli 1955

Ein weiteres Problem,das den Produzenten Kopfzerbrechen be­ reitet, ist der unersättliche Appetit des Fernsehens nach guten Stücken,.der bereits tiefe Eingriffe in das sommerliche Menue des Theaters zur Folge hatte. Zum Beispiel hatte eine'Schauspielerin vorgehabt, diesen Sommer mit Robert Sherwood's "The Petrified Forest" (Der versteinerte Wald) auf Tournee zu gehen. Fast im allerletzten Moment ließ sie diesen Plan fallen und entschied sich stattdessen für "Picnic", nur weil das Sherwood-Stück bis vor kurzem über den Fernsehfunk gelaufen war. Die Manager des Theaters haben eine lehre aus dem vergangenen Jahr gezogen: Neue Stücke, selbst von guteingeführten Autoren, ha­ ben bei dem Ferienpublikum und den Leuten, die aus den Städten und Vorstädten aufs Land gefahren kommen, um einen erfrischenden Theaterabend zu erleben, keine Zugkraft. Bringt man im Sommer Erstaufführungen von Autoren wie John O'Hara, Calder Willingham oder John Cecil Holm - gedacht als Vorschau auf die kommende Herbst-Winter-Saison -, so kann man nie voraussagen, ob sich ihre Hoffnungen erfüllen und auf welcher Broadway-Bühne sie im Jahre 1955 nun wirklich heimisch werden. Jedoch, wie dem auch sei, die Hoffnung hört nie auf zu spru­ deln. Und so will denn das Sommertheater in Falmouth im Staate Massachusetts einen "Broadway-Vorversuch" mit Arthur Millers "A View from the Bridge" (Ein Blick von der Brücke) wagen, einer Musterkollektion von zwei kurzen Stücken. Wo Arthur Miller nun als Amerikas bester Bühnenschriftsteller gilt, ist er vielleicht dazu berufen, das Vorurteil zu brechen, das alle Experimente auf den Brettern der sommerlichen Scheunen-Theater begleitet. Was den Managern des Sommertheaters aber zur Zeit größte Sorgen macht, sind die angestiegenen Inszenierungskosten und be­ sonders die höheren Gagen, die jetzt zu zahlen sind. Die meisten der Theater sind sogenannte "Equity" (Recht und Billigkeit)-Häuser - "Equity" ist die Gewerkschaft der Schauspieler. Sie müssen ihre Gagen nach den von der Gewerkschaft festgelegten Sätzen bezahlen. Der Mindestsatz einer Wochengage für einen "Equity" «- Schauspieler am Sommertheater beträgt Jg-ftgli 75 Dollar, also rund 20 Dollar mehr - 5 - "AMERIKA DIENST" 13. Juli 1955 mehr als im vergangenen Jahr. Auch die Proben-Gagen sind beträcht­ lich gestiegen, beziehungsweise werden sie in die regulären Gagen miteinbezogen. Zu den Konkurrenten, die das Fernsehen und der Film für das Sommertheater sind, hat sich nun noch ein weiterer Rivale hinzu- gesellt: Die sogenannten "Musical Tents" (Musik-Zelte). In die­ sem Sommer werden es allein ihrer fünfzehn sein, die den Theatern schwer zu schaffen machen werden. In solch einem "Musical Tent" oder "Music Circus", wie man auch sagt, herrscht eine ganz eigenartig flirrende, karnevalisti- sche Atmosphäre. Da kann man heiße Würstchen verkonsumieren oder mit vollen Backen Puffreis schnurpsen, und nebenher sieht man sich an, was auf der Bühne gezeigt wird. Sehr tüchtige Darsteller sind es, die da ganz ausgezeichnet einstudierte musikalische Komödien spielen, so zum Beispiel "Wonderful Town" (Wunderschöne Stadt), "Me and Juliet" (ich und Julia) oder "By the beautiful Sea" (Durchs schöne Meer). Trotz mancher Schattenseiten, als da sind: dauernde Repara­ turen, notwendige Überwachung und vor allen Dingen die Unmöglich­ keit, die Temperaturverhältnisse zu regeln, scheint die Zelt-Idee an Boden zu gewinnen. So hatte Philadelphias Fairmount-Park letztes Jahr mit seinem Zelt-Theater einen ganz enormen Erfolg. Fast jede Abendvorstellung war von mehr als tausend Menschen besucht, die rings um die Bühne herum wie in einer Arena saßen. Die einzelnen Ränge waren durch die verschiedenen Farben, in denen die Sitze gehalten waren, kenntlich gemacht. Die Anfangs erwähnten Hurrikane haben den Theaterleuten an der Ostküste in der Tat nicht unerheblich zugesetzt. Ein Regen­ guß kann schlimmstenfalls die Aufmerksamkeit ablenken, aber wenn so einer jener Sturmwinde unterwegs ist, wie sie gegen Sommerende die Atlantik-Küste heimzusuchen pflegen, dann kann das die Vorstel­ lung buchstäblich übern Haufen werfen. Die Zelttheater-Unternehmer sind deshalb auch dazu übergegan­ gen, die Spielzeit abzukürzen und ihre Zelte schon in der dritten August-Woche abzubrechen. Diejenigen aber, denen ein etwas solideres

- 6 - •AMERIKA DIENST 13. Juli 1955 solideres Dach zur Verfügung steht, werden das Vergnügen haben, sich außer um die Reklame, die Rollenbesetzung, die Bauten, die Unter­ bringung, die Verpflegung, die Zähmung temperamentvoller Schauspie­ lerinnen und dergleichen mehr auch noch zusätzlich um die meteorolo­ gischen Karten kümmern zu dürfen. Und dieses mit größtmöglicher Aufmerksamkeit. Noch im letzten Sommer ist es passiert, daß einem Theater in Neu-England von einem Hurrikan das ganze Dach entführt und die Planke aufgerissen wurde! Nach gründlicher Überholung hat es dann allerdings dieses Jahr wieder seine Pforten geöffnet. Auch für das Theater gilt jenes etwas sentimentale und doch so herbe Wort: Die Vorstellung geht weiter. Und auf daß es weiter gehe, müssen alle mit anpacken. Der Star auf Gastspielreise wie der vielgeplagte Theaterdirektor, für die vielen Millionen Menschen, die Amerikas traditionelles Sommertheater sehen wollen. ' ACHTUNG REDAKTION! Auf Anforderung übersendet Ihnen der AMERIKA DIENST kostenlos folgende Bilder:

1) In den Vereinigten Staaten gibt es mehr als 150 Sommertheater auf dem Lande, die Laienschauspielern und jungen Nachwuchskräf­ ten eine ideale Gelegenheit zur Erprobung und Ausbildung ihrer Talente bieten. Eines der bekanntesten Sommertheater befindet sich in New Hope bei Philadelphia. Hier packt jeder, der vom Bau ist, mit an, denn es wird alles selbst gemacht: Die Ent­ würfe für die Szenerie, die Anfertigung des Requisits, die Bau­ ten. Die Scheune, die hier auf dem Bild zu sehen ist, ist ein Seitenbau des Sommertheaters in New Hope, der als Lagerraum und Werkstatt dient.

2) Das Sommertheater von New Hope ist eine 200 Jahre alte, umge­ baute Mühle. Der flinke Mühlbach dient gewissermaßen als Klima- Anlage. Die Kühle des Wassers, das unter dem Boden des Theaters durchfließt, steigt durch etliche Öffnungen nach oben und hält die Räume frisch. Diese Aufnahme zeigt das Mühlentheater an einem Nachmittag, kurz vor der Vorstellung.

* * * * * "AMERIKA DIENST" 13. Juli 1955

ERSTE TESTFLÜGE EINES "CONVERTIPLANES" Kreuzung zwischen Hubschrauber und Tragflächenflugzeug wird große Zukunft vorausgesagt

( 42 Zeilen) ST. LOUIS (Missouri) — (AD) — Zum ersten Mal in der Ge­ schichte der Luftfahrt ist kürzlich ein amerikanischer Pilot mit seinem Flugzeug wie ein Hubschrauber senkrecht aufgestiegen und dann durch Umschaltung von Rotor- auf Propellerantrieb zum Gerade­ ausflug "alter Art" übergegangen. Seine McDonnell XV-1, die im Auf­ trage der US-Army entwickelt wurde, ist eine Kreuzung zwischen Helikopter und Tragflächenflugzeug. Sie kann mit Hilfe ihres auf dem Kabinendach montierten Drehflügels senkrecht aufsteigen und landen, sowie in der Luft "stehen" bleiben. In sicherer Flughöhe wird eine Luftschraube üblicher Konstruktion, die allerdings wie Düsen am Ende des Rumpfes angebracht ist, in Tätigkeit gesetzt, so daß die Maschine nun nach vorne "gestoßen" und von den kurzen Starrflügeln getragen wird. Der Rotor auf dem Kabinendach läuft im Geradeausflug mit verminderter Geschwindigkeit weiter, wodurch sich der Luftwiderstand verringert und die Tragfähigkeit der Starr­ flügel erhöht. Flugzeuge dieses Typs, in Amerika als "Convertiplanes" bezeich net, sind im Modell bereits von mehreren Firmen der US-Flugzeugin­ dustrie herausgebracht worden, aber die McDonnell XV-1 ist die erste Maschine dieser Bauart, mit der erfolgreiche Testflüge durch­ geführt wurden. Wenn auch die Weiterentwicklung dieser Flugzeuge', die bei Start und Landung die Sicherheit eines Hubschraubers bie­ ten und im Geradeausflug Geschwindigkeiten von Starrflügelflugzeu­ gen erreichen, noch einige Zeit beanspruchen dürfte, so wird ihnen doch sowohl für den militärischen als auch für den zivilen Sektor eine große Zukunft vorausgesagt. Die McDonnell XV-1 ist neun Meter lang, drei Meter hoch und die Spannweite ihrer Tragflächen beträgt 7,80 Meter. Ausgerüstet ist diese Maschine mit zwei ski-ähnlichen Kufen, so daß sie aus- "AMERIKA DIENST" 13. Juli 1955 ausschließlich "als Hubschrauber" starten und landen kann. Weitere technische Daten sind bisher noch n^-cht bekannt gegeben worden, aber wie amerikanische Luftfahrtexperten nach den ersten Testflü­ gen erklärten, ist dieses Convertiplane wesentlich schneller als ein Hubschrauber und viel beweglicher .als ein Tragflächenflugzeug, so daß es auf längeren Strecken und sehr vielseitig eingesetzt werden kann. Da Maschinen dieses Typs unabhängig von Rollbahnen sind, bei Gefahr in nahezu jedem Gelände auf kleinster Fläche aufsetzen können und die Kabine bei Start und Landung immer in waagerechter Lage bleibt, ist die neue McDonnell XV-1 für militärische Verwendung besonders geeignet, aber auch die zivile Luftfahrt wird für diese Vorteile großes Interesse zeigen.

ACHTUNG REDAKTION; Auf Anforderung übersendet Ihnen der AMERIKA DIENST kostenlos folgendes Bild:

Mit dieser McDonnell XV-1 wurden kürzlich die ersten Testflüge eines Convertiplanes in der Geschichte der Luftfahrt durchgeführt.

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- 9 - "AMERIKA DIENST" V. Juni 1955

DES EINSPALTER

ATOMZERTRÜMMERER ALS "KOSMISCHES MIKROSKOP"

Protonenstrahlen von 30 Milliarden Elektronenvolt

(37 Zeilen) CHICAGO — (AD) — Die bisher energiereichste Atomzertrümme­ rungsanlage, mit der amerikanische "Wissenschaftler die tiefsten Geheimnisse um die Struktur der Materie zu ergründen hoffen, wird in Kürze im mittleren Westen der Vereinigten Staaten gebaut werden. Selbst der 1 BEV-Beschleuniger (1 Milliarde Elektronenvolt) der US- Atomenergie-Kommission in der Kernphysikalischen Versuchsanstalt Brookhaven National Laboratory soll durch die Verwirklichung dieses Projektes, an dem acht amerikanische Universitäten be­ teiligt sind, übertroffen werden; der Protonenstrahl des neuen Atomzertrümmerers wird mindestens die lOOfache, vielleicht so­ gar die lOOOfache Energie der "Geschosse" von bereits bestehen­ den Anlagen aufweisen; die Höchstleistung, die erzielt werden kann, liegt bei 25 bis 30 Milliarden Elektronenvolt. Durch diese außerordentlich starke Partikelbeschleunigung wird während des Zertrümmerungsvorgangs nicht nur das Atom in seine Elementarteilchen zerlegt, sondern auch - wie bei einer Wasserstoffbomben-Explosion - der umgekehrte Prozeß ausgelöst. Materie wird also in Energie und Energie in Materie verwandelt. Da die freigewordenen atomaren Teilchen mit Hilfe von Spezial­ geräten beobachtet und untersucht werden können, besteht mit der Inbetriebnahme der neuen Anlage durchaus die Möglichkeit, daß die Physiker der Lösung des Geheimnisses um die Zusammensetzung der Materie einen bedeutenden Schritt näherkommen. Während für die meisten Teilchenbeschleuniger Elektromagnete verwendet werden, die einen Hochfrequenzgenerator erfordern, so daß der Strom ständig zwischen den beiden Elektroden wechseln kann, erhält das "kosmische Mikroskop" einen Magneten im ruhenden Feld, der mit Gleichstrom arbeitet, und das ist die wesentlichste Neue-

- 10 - "AMERIKA DIENST" 13 . Juni 1955 Neuerung bei dieser Konstruktion, da dadurch die Härte des Protonenstrahls erzielt wird. Nach den vorliegenden Plänen beträgt der Durchmesser des Magnetfeldes 180 Meter. Die Protonen, Kerne von Wasserstoff­ atomen, wirbeln 400 000 mal in der Sekunde um den magnetisier- ten Kreis, wobei sie unter einer ständigen Spannung von 1000 Volt durch Stromstöße immer weiter beschleunigt werden, bis sie schließlich die Endgeschwindigkeit von 25 bis 30 Milliarden Elektronenvolt erreichen.

- 11 - "AMERIKA DIENST" 20. Juli 1955

EIN VERLUST FÜR ZWEI LÄNDER New Yorker Staatszeitung und Herold zum Tode des Direktors der Carl-Schurz-Gedächtnis-Stiftung

( 32 Zeilen) NEW YORK — (AD) — Aus Philadelphia kommt die schmerzliche Kunde, daß ein Amerikaner nichtdeutscher Herkunft, der jedoch wie kaum ein Zweiter dazu berufen war, durch planmäßigen Kulturaus­ tausch zwischen den Vereinigten Staaten und Deutschland die Freundschaft zwischen unseren beiden Ländern fördern und vertiefe: zu helfen, plötzlich dem unbarmherzigen Schnitter Tribut hat entrichten müssen. Howard K. Elkinton, seit dem Tode von Wilbur K. Thomas II Exekutivdirektor der "Carl Schurz Memorial Foundation", ist einem Herzanfall erlegen. Elkinton, der einer hochangesehenen pennsyl- vanischen Quäkerfamilie entstammte, war kaum 63 Jahre alt, als er sein Leben aushauchte. Obwohl er die deutsche Sprache nicht voll­ kommen beherrschte, erwies er sich als ein außerordentlich er­ folgreicher Mittler zwischen amtlichen und, privaten Stellen so­ wohl in Amerika als auch in Deutschland, zu deren Aufgaben der deutschamerikanische Kulturaustausch gehört. Insbesondere war es Howard E. Elkintons Initiative nach dem letzten Kriege zu ver­ danken, daß dem sich aus der Not und Ohnmacht des verlorenen Krie­ ges erhebende Deutschland der Demokratie, die Hilfsmittel zugäng­ lich gemacht werden konnten, ohne die seine geistige Wiederaufer­ stehung und Erneuerung nicht möglich gewesen wäre. Was an geistigen Gütern organisiert wurde, um Universitäten - man denke nur an die freie Universität Berlin, an das Frankfur­ ter Goethehaus -, um Forschungsstätten und Bibliotheken auf ra­ schestem Wege Existenzmittel an Geld und Gut zu verschaffen, was an gutem Willen zur Wiederherstellung der Ehre des deutschen Na­ mens geschaffen wurde, das soll in diesem Rahmen nur gestreift werden, um daran zu erinnern, daß dieser Mann bis zur Vollkommen­ heit die Idee der unvergeßlichen Männer - eines Ferdinand Thun, eines Gustav Oberländer und Henry Jansen - erfüllte, die einst die Schu] Stiftung mit ihren Opfergaben gründeten. Zwei Länder werden sich an Howard K. Elkinton stets als eines wahren Freundes erinnern. ***** - I _ "AMERIKA DIENST" 20 . Juli 1955

HEBE IST TABU Strengster Puritanismus ist die neue Partei-Linie im kommunistischen China

(74 Zeilen) HONG KONG — (AD) — Puritanismus ist der neue, von höchster Stelle anbefohlene Lebensstil im kommunistischen China. Fröhlich­ keit, Liebe und selbst die harmlose Illusion, die der Film vermit­ telt - dies alles behindert nach Ansicht der kommunistischen Füh­ rung die Entwicklung Chinas zu einem sozialistischen, hochindu­ strialisierten Staat und ist deshalb als "unpatriotisch oder de­ kadent" strengstens verpönt. ... Liebe und Familienglück werden von den chinesischen Kommuni­ sten zwar nicht verboten, aber ihre Bedeutung wird von der Pro­ paganda weit hinter die der Arbeit gestellt. Das Ehegesetz, das das Konkubinat und die Polygamie verbietet, ist ganz darauf abge­ stellt, der Wirtschaft und Landwirtschaft ein erhöhtes weibliches Arbeitspotential zuzuleiten. Kommunistische Eheleute dürfen in vielen Fällen nur an den Wochenenden zusammenleben, damit ihre Arbeit nicht unter ihrem Privatleben leidet. Ein Beamter des Amtes für allgemeine Angelegenheiten des Zentralkomitees für die Bewegung zur Überwachung des Ehegesetzes erklärte dazu: "In der Wahl der Ehegatten entscheiden sich die jungen Leute immer mehr unter dem Gesichtspunkt der Liebe zur Ar­ beit, der Liebe zum Fortschritt. Viele junge Männer und Frauen fanden, besonders wenn sie Gelegenheit hatten, in dem gleichen Betrieb zu arbeiten oder an der gleichen Schule zu lernen und zu studieren, auf dem Wege gemeinsamer Arbeit oder gemeinsamen Stu­ diums zueinander." Ein klassisches Beispiel für diese Art des Zueinanderfindens ist die Liebesgeschichte zwischen Chu Wench'ing und Li Young-hua. Sie arbeiteten beide in der gleichen Arbeitsgruppe der Fabrik für landwirtschaftliche Maschinen in Peking. Beide erhielten gleich­ zeitig eine besondere Auszeichnung dafür, daß sie mit ihrem Ar­ beitssoll - der Herstellung einer bestimmten Zahl von Schrauben- "AMERIKA DIENST" 20>. Juli 1955

Schraubenschlüsseln - acht Tage voraus waren. Kurz danach berich­ tete eine kommunistische Zeitung, daß die beiden "sich auf Grund ihrer gemeinsamen Arbeit ineinander verliebten und heirateten". Kommunistische Zeitungen, Bücher, Filme und Theaterstücke konzentrieren sich durchweg auf das Thema schwere Arbeit und persönliches Opfer. Die romantische klassische Literatur des alten Chinas ist fast völlig "ausgemerzt" worden. Was blieb, wurde gewaltsam der neuen linie "angepaßt". Eine der beliebtesten alten chinesischen Opern, "Liang Shan-po und Chu Ying-tai", wird heute in die Kategorie "Kampf gegen das Feudal-System" eingereiht. Große Schwierigkeiten scheint den Kommunisten die Haltung der chinesischen Jugend gegenüber ihren Eltern zu bereiten. Die offi­ zielle Einstellung geht dahin, daß "Kinder nicht das Privateigen- • tum ihrer Eltern sind, sondern in erster Linie dem Staat und dem Volke gehören". Vor kurzem berichtete die kommunistische Presse von zwei Mit­ gliedern der Jugendliga, die aus Empörung darüber, daß ihre Mutter nicht arbeitete, diese zum Selbstmord trieben. Ein solches Verhal­ ten sei nicht richtig, schrieben die Zeitungen. Gegenrevolutionäre Eltern müßten zwar als Feinde behandelt werden, aber Kinder hätten andererseits die Pflicht, ihren Eltern - wenn diese nicht arbei­ ten - zu helfen, "da sie sonst dem Staat zur Last fallen". Wie sehr der kommunistische Puritanismus sich als Hemmschuh für alle Gebiete der Kunst auswirkt, das zeigen am deutlichsten die chinesischen Filme. Liebe ist darin tabu; jeder Film muß eine soziale Botschaft enthalten. Einer der letzten Filme dieser Art ist ein unter dem Titel "Frauen als Lokomotivführer" laufender Streifen, der die Ausbildung junger Mädchen zu Eisenbahn-Ingenieuren behandelt. Von Liebe ist dabei nicht die Rede; den Konflikt bildet der Wettstreit zweier Mädchen, den Ausbildungslehrgang als erste zu beenden. Die ruhmreiche Siegerin erreicht nach zehn Tagen stän­ digen Trainings im Kohlenschaufeln dieses Ziel dadurch, daß sie vor der "Abschlußprüfung" die ganze Nacht durcharbeitet und so ihre Schaufeltechnik vervollkommnet. "Die "AMERIKA DIENST" 20. Juli 1955

"Die 'pornographischen* Filme, die den amerikanischen Lebens­ stil propagieren, werden vom chinesischen Filmpublikum abgelehnt", erklären die Kommunisten, und setzen den Kinogängern statt dessen Filme der eben erwähnten Art vor, die ausschließlich regierungs- und parteigenehme Themen behandeln: Die Bedeutung der Maschine für die Mondernisierung Chinas, die Notwendigkeit schwerer Arbeit zur Beschleunigung der Industrialisierung, die Verherrlichung strenger Pflichterfüllung und die Förderung der Gleichberechtigung der Frau. In ihren Bemühungen, der chinesischen Jugend einen strengen Moralkodex aufzuoktroyieren, haben die Kommunisten auch eine Kampagne gegen das Tabak-Rauchen gestartet. Diese Kampagne scheint inzwischen allerdings allmählich etwas erlahmt zu sein - vermutlich aus dem einfachen Grunde, weil Chinas Kommunist Nummer 1, Mao Tse- tung, selbst Kettenraucher ist.

Vorstehender Artikel ist in leicht gekürzter Ver­ sion dem Nachrichtenmagazin "U.S. News & World Report" entnommen, einer unabhängigen Wochenzeit­ schrift, die in Washington erscheint. Copyright 1955 by U.S. News Publishing Corporation.

- Quellenangabe unbedingt erforderlich -

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- 3 - "AMERIKA DIENST" 20. Juli 1955

WARUM ERWÄRMT SICH DIE ERDOBERFLÄCHE?

Ein Hauptproblem des Internationalen geophysikalischen Jahres

(95 Zeilen) WASHINGTON — (AD) — Obgleich die Erde unausgesetzt Wärme nach außen abgibt und deshalb notwendigerweise kälter werden müßte, nimmt ihre Eigentemperatur laufend zu. Niemand kennt bis jetzt die Lösung dieses Rätsels, über die sich ungezählte Wissen­ schaftler in der ganzen Welt den Kopf zerbrechen. Während des Internationalen Geophysikalischen Jahres 1957/58, das mit Unterstützung der UNESCO durchgeführt werden wird, soll jedoch nun mit vereinten Kräften versucht werden, vor allem die­ ses Geheimnis zu lösen, das sich auch nicht durch die sogenannten Klein-Klimaschwankungen erklären läßt. Wissenschaftler aller an diesem Projekt beteiligten Länder hoffen, daß es möglich sein wird, durch gleichzeitige Beobachtungen an den verschiedensten geographi­ schen Orten sowie sorgfältigstes Vergleichen und Analysieren der erzielten Ergebnisse, die Kenntnisse von den meteorologischen und klimatischen Gesetzmäßigkeiten allgemein zu erweitern; außer­ dem glaubt man, dabei Ursachen und Charakter der gewaltigen elek­ trischen Strömungen am Nord- und Südpol und jener Strahlströme, die in großen Höhen gewisse gleichbleibende Bewegungen auslösen und bereits von Plugzeugen zur Erhöhung ihrer Pluggeschwindigkeit ausgenutzt werden, weiter aufhellen zu können. Am Arbeitsplan dieses Internationalen Geophysikalischen Jahres, der in ähnlicher Weise vor 25 Jahren zum ersten und bis­ her einzigen Male durchgeführt wurde, werden Wissenschaftler von mindestens 38 Nationen beteiligt sein. Mit den erforderlichen Vorbereitungen hierzu wurde schon Anfang 1955 begonnen, als ameri­ kanische Wissenschaftler mit dem Eisbrecher "Atka" die Antarktis besuchten, um nicht nur geeignete Ausgangspunkte für künftige Ex­ peditionen und Stellen für die Errichtung von Beobachtungsstatio­ nen ausfindig zu machen, sondern auch eine Anzahl vorbereitender "AMERIKA DIENST" 20. Juli 1955 vorbereitender Untersuchungen fachwissenschaftlicher, insbeson­ dere geophysischer und meteorologischer Art vorzunehmen. Ein spezieller Grund für dieses gewaltige, mit großem Auf­ wand betriebene Unternehmen ist die auf exakter Beobachtung be­ ruhende, vorläufig noch unerklärliche Tatsache, daß das Erdklima sich seit etwa 1900 langsam erwärmt - nur um rund 1,22 Grad Cel­ sius in den letzten £o Jahren. Eine gewiß ganz kleine Temperatur­ schwankung, aber groß genug, um alle Wissenschaftler, deren For­ schungsbereich alle der Geophysik angrenzenden Gebiete streift, in um so größere Verwirrung zu bringen. Man ist der Ansicht, daß Veränderungen in den gewaltigen Eismassen der Antarktis zum mindesten dafür entscheidend sein müssen, ob die festgestellten Temperaturerhöhungen von weltwei­ tem Ausmaß sind oder sich nur auf die nördliche Hemisphäre be­ schränken. Pas könnte jedoch nicht der Fall sein, wenn das Eis im Innern des riesigen, etwa 15,6 Millionen Quadratkilometer um­ fassenden antarktischen Kontinents, des gewaltigsten "Eisschran­ kes" der Welt, ebenso schmilzt wie das Eis in Küstennähe; es be­ dürfte also nur dieser Feststellung, um damit zum mindesten den Beweis dafür zu erbringen, daß die Wärmezunahme sich über die ganze Erde erstreckt. Einige Meteorologen glauben die Ursache für diese gegenwär­ tige klimatische Erwärmung und den damit verbundenen Rückgang des Eises, völlig aus einer sich langsam vollziehenden Veränderung des Gehalts an Kohlendioxyd in der Erdatmosphäre erklären zu können. Dieses Gas wird durch die Atmung von Tier und Mensch, durch Verwesungsvorgänge, aus Gasquellen in Vulkangebieten, durch Gärung sowie Verbrennung von allen möglichen Stoffen ununterbro­ chen der Luft zugeführt; .trotzdem ist ihr Gehalt an Kohlendioxyd doch nur 0,03 Prozent, da es außer von Pflanzen auch durch Ver­ witterungen von Gestein und Metallen der Luft laufend wieder ent­ zogen wird. Aber schon eine Erhöhung der zur Zeit so geringen Menge um nur die Hälfte würde nach neueren Berechnungen eine Steigerung der Erdoberflächentemperatur um 1,0 Grad Celsius ver­ ursachen. Demnach "AMERIKA DIENST" 20. Juli 1955

Demnach hätte der Mensch schon durch die Tatsache, daß er seit dem Jahre 1900 etwa 100 Milliarden Tonnen Kohle verfeuert hat, sich selbst an dieser Klimaveränderung mindestens mitschul­ dig gemacht, da das Kohlendioxyd aus diesen Brennstoffen zusammen mit dem Feuchtigkeitsgehalt der Luft eine Art Treibhausatmosphäre schafft. Darauf aufmerksam geworden, sind die Wissenschaftler nur durch die Beobachtung, daß das arktische Packeis abschmilzt und immer weiter zurückweicht. Von der Antarktis dagegen liegen bisher noch keine entsprechenden Beobachtungen vor, da ja niemand Menge und Stärke dieser gewaltigen Eisdecke kennt und darum auch nicht zu beurteilen vermag, ob das Eis im Süden ebenfalls in größerem Umfange schmilzt. Die gesamte dort vorhandene Eismenge wird zwi­ schen 25 und 50 Millionen Kubikkilometer liegend geschätzt. Es brauchte demnach nur ein Prozent davon zu schmelzen, um ein An­ steigen der Spiegel aller Weltmeere zwischen 20 und etwa 80 cm zu verursachen. Die am Fuß antarktischer Gletscher in Queen Maud-Land ge­ fundenen langsam wachsenden Flechten lassen allerdings darauf schließen, daß zum mindesten dort die Eispanzer seit vielen Jahren nicht zurückgegangen sind. Etwas Endgültiges kann auch hierüber vorläufig noch nicht gesagt werden; es muß vielmehr der künftigen gründlichen Erforschung dieses Kontinents, der ja noch zu großen Teilen völlig unbekannt ist, überlassen bleiben, herauszufinden, inwieweit solche Einzelfeststellungen für die Antarktis auch als Ganzes zutreffen. Das Programm für das Internationale Geophysikalische Jahr um­ faßt darum Forschungen auf den genannten Gebieten in allen Regio­ nen, vom Meeresboden angefangen bis zu den außsrhalb der Erd­ atmosphäre liegenden Schichten, Beobachtungen im Bereich der Me­ teorologie, Gletscherkunde, Physik der Ionosphäre, Polarlichter­ scheinungen und kosmischen Strahlung. Die dafür errichteten oder noch zu errichtenden Beobachtungsposten werden mit Wissenschaftlern aus mindestens acht Nationen besetzt - und zwar aus Argentinien, Australien, Chile, der Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Neuseeland und den Vereinigten Staaten. Es ist möglich, daß später auch noch Vertreter anderer Nationen, darunter der Sowjetunion, dazukommen werden. * * # * * - 6 - "AMERIKA DIENST" 20. Juli 1955

TOMATIN UND TOMATIDIN Neue Aufgaben für die Tomate ( 50 Zeilen) WASHINGTON - (AD) - Die Tomate dient neuerdings, wie die Forscher des amerikanischen Landwirtschaftsministeriums kürz­ lich bekanntgaben, auch zur Gewinnung von Antibiotika und Steroidhormonen und scheint damit auf einem für diese Frucht gänzlich neuem Gebiete große Bedeutung zu erlangen. Noch bis zum Jahre 1820 galt die in den Anden wildwachsen­ de, kirschengroße rote Frucht in den Vereinigten Staaten als giftig; die Pflanzenstöcke wurden unter der Bezeichnung "Liebes­ apfel" als Zierstauden eingeführt. Heute steht die Tomatenernte in den amerikanischen Erntestatistiken an dritter Stelle, und die Frucht genießt in hohem Maße in jeglicher Form der Zuberei­ tung den Zuspruch des amerikanischen Verbrauchers. Nunmehr ist es amerikanischen Forschern gelungen, aus den Stengeln und Blättern dieser vielseitigen Pflanze ein Anti­ biotikum zu isolieren, das das Wachstum von Fusarium hemmt, einer Pilzart, die bei den Tomaten selbst und auch bei anderen Nutzpflanzen zu krankhaften Veränderungen führt. Dieses Antibiotikum, "Tomatin" genannt, findet sich in allen Tomatenpflanzen, die noch nicht von dem Pilz befallen sind. Der Gehalt an Tomatin verringert sich in den Pflanzen in dem Maß, in dem der von Fusarium verursachte Welkprozeß fortschreitet. Die ersten Versuche mit Tomatin hatten den Zweck, die Tomate selbst gesund zu erhalten. Bald stellte man jedoch fest, daß es sich auch zur Bekämpfung von Pilzen verwenden läßt, die Krankheiten bei Menschen und Tieren hervorrufen, vor allem innere und Hautkrankheiten. Der Erfolg dieser Forschungen veranlaßte eine argentinische Firma, die kommerzielle Erzeugung von Tomatin aufzunehmen; auch pharmazeutische Betriebe in den USA und anderen Ländern zeigen bereits Interesse für die Produktion dieses Antibiotikums. Eine wasserlösliche Salbe mit fünf Prozent Tomatin erwies sich als wirksam bei der klinischen Behandlung von Pilzkrankheiten der "AMERIKA DIENST" 20. Juli 1955 der Haut. Das Medikament, das auch als Pulver und als Flüssig­ keit in den Handel kommt, ist geruchlos und ohne Reizwirkung. Der chemische Abbau des Tomatins führte zur Entwicklung einer weiteren interessanten Verbindung, der man den Namen "Tomatidin" gab. Die neue Substanz ließ sich als Ausgangsma­ terial für die Gewinnung^ einer Menge medizinisch wertvoller Produkte verwenden, so des Cortisons, eines Mittels gegen Arthritis und andere Krankheiten, der Steroid-Geschlechtshor- mone Progesteron und Testosteron sowie anderer Sterine. Bis dahin hatte man nur drei Quellen für die Steringewinnung zur Verfügung: Cholesterin (aus tierischem Nervengewebe isoliert), Stigmasterin (ein Produkt aus Sojabohnen) und Diosgenin (aus der mexikanischen Yamswurzel extrahiert). Den amerikanischen Forschern ist auch die Feststellung der chemischen Struktur des Tomatidins gelungen. Bei den dazu erforderlichen Arbeiten wurden zwanzig verwandte Verbindungen dargestellt, von daiai menche eine physiologische Aktivität haben können, die von der des Tomatidins verschieden ist. Ein Teil dieser Verbindungen wird zur Zeit untersucht, besonders auf die Eignung zur Behandlung von Herz- und G-efäßstörungen.

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- 8 - "AMERIKA DIENST" 20. Juli 1955 DER EINSPALTER

DER RUBIN, DER SCHMALZTOPF UND DIE NACHTIGALL Opern im allgemeinen und drei im besonderen

( 48 Zeilen) WASHINGTON - (AD) - Die letzte Theatersaison in den Ver­ einigten Staaten brachte insgesamt 2400 Opeiraufführungen, die von 444 Ensembles einschließlich der Laienspielgruppen, denen in den USA*eine außerordentliche Eedeutung zukommt, bestritten wurden. Aus diesem Grunde haben unter den Laienspielgruppen viele ein Niveau aufzuweisen, das dem Vergleich mit den besten europäischen Provinztheatern standhält. Fünfzig Prozent dieser Ensembles wurden von Universitäten, Colleges und Konservatorien gebildet. Gegenüber den zweieinhalbtausend Opernaufführungen der letzten Saison waren in der vorletzten nur 386 und vor zehn Jahren sogar nur 77 zu verzeichnen. Besonders bemerkenswert ist das große Interesse der Amerikaner für moderne Opern. So wurden während der beiden letzten Spielzeiten 115 zeitgenössische Opern aufgeführt, davon 91 von amerikanischen Komponisten. Wachsende Beliebtheit erlangte . die Kurzoper. Unter den Kurzopern, die im Laufe der jetzt beendeten Theatersaison in den Vereinigten Staaten uraufgeführt wurden, sind besonders drei hervorzuheben: "Der Rubin" von Norman Dello Joio, "Der Schmalztopf" von Theodore Chanler und die "Nachtigall'1 von Bernard Rogers. Von dem erstgenannten Werk schreibt die "New York Herald Tribüne" unter anderem: "Ein Musikdrama, ein Drama aus dem Geiste der Musik.... von peitschender Gewalt". Der Kritiker fügte hinzu: "Die glückhafte Verbindung zwischen Musik und Handlung gewährt eine einstündige Exkursion in bizarre, doch faszinierende theatralische Bereiche." Das bekannte Wochen­ magazin "Time" schrieb anläßlich der Uraufführung des Werkes an der Universität des Staates Indiana in Bloomington: "Der New Yorker Norman Dello Joio, bekannt durch sein Ballett 'On Stage' (Auf den Brettern) sowie durch die Oper 'Triumph der Heiligen - 9 - "AMERIKA DIENST" 20. Juli 1955 Heiligen Johanna1, meisterte hier die Mittel der Bühne und prägte knappe, lebhafte Formulierungen. Seine Kompositions­ technik war frappierend, ja modern." Der Oper "Der Schmalz­ topf", uraufgeführt von der Longy School of Music in Cambridge im Staate Massachusetts, liegt das Grimmsche Märchen "Katze und Maus in Gesellschaft" zugrunde. Die bereits genannte Zeitschrift "Time" fand, daß die Musik von "jazzoider Be­ schwingtheit" sei. Eine Märchenoper ist auch Bernard Rogers' "Nachtigall" (nach Hans Christian Andersen). Es ist bereits die vierte Oper des Komponisten. Seine zweite, "Der Krieger", wurde 1947 von der Metropolitan Opera i-n New York aufgeführt. Die "New York Times" schrieb über die "Nachtigall": "Ihr musika­ lischer Stil mit seinen glockenähnlichen Effekten beschwört den Geist des alten China herauf. Es kommt echte Märchen­ stimmung auf, die bis zum Schluß spürbar bleibt." Die Urauf­ führung fand in der Punch Opera in New York statt.

ACHTUNG REDAKTION! Auf Anforderung übersendet Ihnen der AMERIKA DIENST kostenlos folgende Bilder:

1) Norman Dello Joio, einer der erfolg­ reichsten unter den jungen Opernkom­ ponisten Amerikas.

2) Von weither kommen alljährlich die Musik­ freunde, um an dem berühmten Berkshire Festival in Tanglewood in Massachusetts teilzunehmen. Das Bild zeigt ein für amerikanische Sommerfestspiele typisches "Opernpublikum" während einer Pause.

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- 10 - "AMERIKA DIENST" 28. Juli 1955

GROSSE HOFFNUNG AMERIKA Das neue Flüchtlingsprogramm läuft auf vollen Touren (100 Zeilen) NEW YORK - (AD) - "Wir sind dankbar, endlich Frieden und eine bleibende Zuflucht zu finden", erklärte der in Rumänien geborene Eduard Zimmer, als er mit seiner Familie jetzt zum erstenmal ameri­ kanischen Boden betrat. Zimmer ist der 30 000.Flüchtling, der im Rahmen des amerika­ nischen Flüchtlingshilfe-Gesetzes vom Jahre 1953 in die Vereinig­ ten Staaten einwandern durfte. Seine Familie gehört zu den 1243 Passagieren, die an Bord der MS.B. General Langfitt" Anfang Juli nach den USA eingeschifft wurden. Diesem Ereignis kommt eine ganz besondere Bedeutung zu, da dieses Schiff, ein amerikanischer Trup­ pentransporter, mit dieser Reise zum erstenmal der Aufgabe diente, zu der es vom "Zwischenstaatlichen Ausschuß für Auswanderung aus Europa" (ICEM) gechartert wurde. Die "Langfitt" soll allein in diesem Jahr noch sechs weitere Fahrten zwischen Bremerhaven und den Vereinigten Staaten durchführen uml so zur Verwirklichung des Programms, unter dem bis Ende 1956 insgesamt 214 000 europäische Flüchtlinge außerhalb der normalen Immigrationsquoten in die Neue Welt einwandern können, beizutragen; 90 000 der Visen sollen an Flüchtlinge in Deutschland und Österreich vergeben werden. Zu ihnen gehören viele, die auf Grund harter Arbeit und unge­ wöhnlichen Fleißes bereits wieder fest angesiedelt und deshalb ursprünglich von der Einwanderung als Flüchtlinge ausgeschlossen waren. Das Flüchtlingshilfegesetz von 1953 beseitigte aber diesen Widersinn früherer Bestimmungen, jeden hart Arbeitenden für seinen Fleiß gewissermaßen zu bestrafen, und erweiterte den in Frage kom­ menden Personenkreis erheblich. Man erwartet, daß das ganze Ver­ fahren trotz Einstellung des bisher üblichen Flugtransportdien­ stes jetzt eine wesentliche Beschleunigung erfährt und allen jenen, die, wie etwa die Familie Zimmer, schon seit acht und mehr Jahren darauf warten, Gelegenheit gibt, eine neue und dauernde Heimat zu finden. Dies war den meisten bisher nämlich außerordentlich schwer, wenn nicht sogar unmöglich gemacht, da niemand ein Visum bekommen "AMERIKA DIENST" 28. Juli 1955 bekommen durfte, ohnen einen Bürgen in den Vereinigten Staaten namhaft gemacht zu haben. Dies ist jetzt durch Einschaltung großer Organisationen wie etwa des "Lutherischen Weltbundes", der "Amerikanischen Stiftung zur Förderung tschechoslowakischer Flüchtlinge", der "Hilfsorganisation für jüdische Einwanderer", der "National Catholic Weifare Conference", des "Internationalen Hilfskomitees", der "Tolstoi-Stiftung" und zahlreicher anderer Vereinigungen ungemein erleichtert worden. Auf der Überfahrt stehen die Flüchtlinge aus den Ländern jenseits des Eisernen Vorhangs unter der Obhut von amerikanischen Transportbegleitern, die Einwanderer vor dem Betreten amerikani­ schen Bodens mit dem Leben in den Vereinigten Staaten wenigstens in großen Linien vertraut zu machen suchen. Erwachsene wie Jugend­ liche, die die erste Überfahrt des "General Langfitt" mitmachten, erwiesen sich dabei als eifrige Schüler, besonders im englischen Sprachunterricht. Alle - ob sie nun aus Polen, Deutschland, der Sowjetunion, der Tschechoslowakei, Jugoslawien, Litauen, Ungarn, der Ukraine, Lettland, Holland oder Österreich kamen - zeigten den besten Willen. Viele von ihnen kamen in der Hoffnung, Verwandte und Freunde nachholen zu können, nachdem sie selbst erst einmal Fuß gefaßt haben. Bei der Ankuhft in New York wurde der Transport, der sich aus 998 Erwachsenen, 235 Jungen und Mädchen zwischen dem 1. und 12.Lebensjahr und 10 Kleinkindern unter einem Jahr zusammensetzte, von den Vertretern weltlicher und kirchlicher Organisationen be­ grüßt; diese unterstützten auch die Weiterleitung der Neu-Ankömm- linge an ihre jeweiligen Bestimmungsorte, die über die USA ver­ streut liegen. Von Behörden und privaten Organisationen wird alles getan, den Einwanderern im neuen Lande zu einem guten Start zu verhel­ fen. Die Flüchtlinge haben allerdings mehr zu tun, als sich nur an einen gedeckten Tisch zu setzen. Und das wird niemand von ihnen anders erwartet haben. Denn die amerikanische Bestimmung, nur an diejenigen Visen auszugeben, die einen Bürgen in den USA benannt haben, stellt an sich schon ein gewisses Ausleseverfah­ ren dar; es schützt den Staat in weitgehendem Maße vor dem Zuzug unerwünschter Elemente, vor Arbeitsunwilligen oder Menschen mit - 2 - "AMERIKA DIENST" 20. Juli 1955 mit amoralischer oder politisch-verdächtiger Haltung. Bei den anderen aber kommt es darauf an, diese Menschen, deren Einzelschicksale oft von tiefster Tragik überschattet sind, wieder auf die Lichtseite des Daseins zu führen und davon zu überzeugen, daß die Hoffnungen und Ideale, denen sie nach­ gelebt haben, im freiheitlichen Westen noch gelten und hier auch immer gelten werden. Sie alle, die durch ihre Vorstellung von der Würde des Menschen und durch ihr Gewissen aus den Län­ dern hinter dem Eisernen Vorhang in den Westen getrieben wurden, sollen wieder festen Boden unter ihren Füßen fühlen... in einem Land, das, "wie man Ihnen vielleicht gesagt hat, Gott mit einem Überfluß an Naturschätzen gesegnet hat", sagte Pierce J. Gerety, Administrator des US-Einwanderungsprogramms, als er im Hafen von New York die Neuankömmlinge begrüßte. "Viel wichtiger für Sie jedoch", so fuhr er fort, "ist es zu wissen, daß das wirk­ lich Wertvolle an Amerika nicht in seinem materiellen Reichtum, sondern vielmehr in seinen geistigen Kraftquellen liegt, die seinem naturgegebenen Vermögen erst Inhalt und Wert verleihen. Hierzu gehören erstens Liebe zu Gott, Vaterland und Familie; zweitens Anerkennung der Würde der Person auch in bezug auf andere Menschen; drittens Achtung vor den Rechten anderer sowie vor den Gesetzen und Institutionen unseres Landes. Wenn jeder von Ihnen nur etwas von diesem wahren Reichtum mitbringt - und ich bin überzeugt, daß er's tut -, dann können Sie sich erhobenen Hauptes unter Ihren Mitmenschen bewegen, ohne das Gefühl zu haben, zu uns mit leeren Händen gekommen zu sein." ACHTUNG REDAKTION! Auf Anforderung übersendet Ihnen der AMERIKA DIENST kostenlos folgendes Bild: Eduard Zimmer mit Frau und drei Söhnen am Gangway der "S.S. General Langfitt", die ihn, zusammen mit insgesamt 1243 Passagie­ ren, als den dreißigtausendsten Einwanderer, dem im Rahmen des US-Flüchtlingshilfegeset­ zes von 1953 die Einwanderung in die USA gestattet wurde, in die neue Heimat bringen soll.

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- 3 - "AMERIKA DIENST" 28. Juli 1955

HUMMEL, HUMMEL AM POTOMAC Deutsche SchiffsToesatzung in Amerika sehr beliebt Von Peter Heidenberger ( 85 Zeilen) WASHINGTON - (AD) - Jeden Samstag Morgen dampft von Bermuda kommend ein weißer Ozean-Luxusdampfer den Potomac aufwärts. Es ist eine schwierige Aufgabe, das 9,200 Tonnen Schiff zwischen den Sandbänken des für Hochseeschiffe nicht geeigneten Stromes hindurchzumanövrieren. An Mount Yernon, dem weiß schimmernden Landsitz George Washingtons vorbei, schiebt sich das Schiff langsam an die Stadt Washington heran, die durch den Potomac und seine Mündungsbay mit dem atlantischen Ozean verbunden ist. Ein kleiner Schlepper löst sich aus dem Morgennebel und hilft beim Anlegen am Pier. Die schwierige Navigation ist wieder ein­ mal erfolgreich beendet. Die Verantwortung dafür trug der deut­ sche Kapitän Werner Budig. Als Kapitän Budig im Frühsommer dieses Jahres zum ersten Mal mit seinem Schiff "Tradewind" am Washingtoner Pier angelegt hatte, berichteten die Zeitungen begeistert, dies sei der Be­ ginn einer neuen Ära Washingtons als ein Hafen für Übersee­ schiffe. Denn wenn die "Tradewind" sich den flachen Potomac hinaufarbeiten konnte, so müßte dies nach weiteren Ausbaggerun­ gen des Flußbettes auch für andere Schiffe möglich sein. Im ver­ gangenen Jahr fuhr bereits ein kleinerer Dampfer, die "Silver Star", mit teilweise deutscher Besatzung den Potomac hinauf bis Washington. "Tradewind" ist jedoch das größte Schiff, das bisher nach Washington kam. An gewissen Stellen war ihr Kiel nur 30 bis 40 cm über dem Grund. Werner Budig war vor dem Krieg Kapitän von Schiffen der deutschen Horn-Linie; 25 Jahre lang hatte er Handelsschiffe kommandiert, die von Hamburg nach den westindischen Inseln fuhren. Wenn auch während der Flußfahrt ein Lotse an Bord ist, so trägt Kapitän Budig doch stets die letzte Verantwortung. Ob die "Tradewind" tatsächlich zu einer Belebung des klei­ nen Hafens von Washington beitragen wird, muß die Zukunft zeigen. Außer Segelbooten und Privat,)achten charakterisieren vorerst "AMERIKA DIENST" 28. Juli 1955 vorerst noch kleine Fischerboote den Hafen, und selbst bevor die "Tradewind" bis zur amerikanischen Hauptstadt vordringen konnte, mußten Spezial-Bagger eingesetzt werden, die versan­ dete Stellen freilegten. Aber auch das genügte noch nicht. Wenn die "Tradewind" am gleichen Nachmittag Washington wieder verläßt, hat sie außer bis zu 300 Passagieren nur Lebensmittel und Trinkwasser übernommen. Der Brennstoff für die Maschinen wird erst weiter draußen aufgefüllt, nachdem die leicht bela- dene "Tradewind" die seichten Stellen passiert hat. Dieser keineswegs mehr junge Ozeandampfer hat durchaus internationale Eigenschaften: Er gehört einer amerikanischen Gesellschaft, segelt unter der Plagge von Liberia und hat eine rein deutsche Besatzung. Außer dem Kapitän sind sämtliche 122 Offiziere und Mannschaften im vergangenen Jahr in Hamburg angeheuert worden. "Warum haben Sie eine deutsche Crew?" fragten wir Gaptain Alan Veater, der als Manager von Washington aus das Schiff mit dem Nötigen versorgt. "Wir hatten vergangenes Jahr Gelegenheit, auf der 'Silver Star' deutsches Personal zu beobachten", erklärte Captain Veater. "Die Leute machten ihren Job so gut, daß wir uns entschlossen, nach Hamburg zu fahren und dort für die 'Tradewind* eine aus­ schließlich deutsche Besatzung anzuheuern. Die Besatzung hatte vergangenen Dezember in Seattle, an der amerikanischen Westküste, das Schiff übernommen. Ihr erster Trip ging um den nordamerika­ nischen Kontinent durch den Panama-Kanal nach Miami, von wo die 'Tradewind' Fahrten nach den karibischen Inseln unternahm. Von Washington aus machte die 'Tradewind* siebentägige Vergnügungs­ fahrten nach Bermuda und neuntägige Reisen nach Havama und Nassau. Mit Abschluß der Saison, Anfang Oktober, geht die Be­ satzung wieder nach Hamburg zurück. Die 'Caribbean Atlantic Lines', der die 'Tradewind' gehört, beabsichtigt jedoch für nächstes Jahr ebenfalls wieder eine deutsche Besatzung zu heuern, wenn möglich wieder die gleichen Leute." Captain Veater erklärte weiter, die deutsche Besatzung sei bei den amerikanischen Passagieren außerordentlich beliebt. Ne­ ben der aufmerksamen Bedienung werde besonders die deutsche "AMERIKA DIENST" 28. Juli 1955 deutsche Küche sehr gelobt, "ausgezeichnetes Essen, nur zu viel" sagte eine ältere Dame nach der Rückkehr. Und "die Kapelle hörte überhaupt nicht auf zu spielen; die Leute waren wirklich reizend", eine andere. Obwohl das Schiff unter der Flagge von Liberia fährt, hat es Afrika noch nie gesehen und wird es wahrscheinlich auch nie­ mals anlaufen. Die Besatzung bekommt die in Deutschland übliche Sätze. Wenn sie in Washington landen, bleibt ihnen jedoch wenig Zeit, die amerikanische Hauptstadt näher kennen zu lernen. Das Schiff legt regelmäßig Samstag früh um 8 Uhr an und um 15 Uhr muß alles wieder an Bord sein, da zwei Stunden später die "Tradewind" bereits wieder abdampft. Freunde bringen, dann Rei­ sende ans Schiff, das bis an die Toppen beflaggt ist. Die Bord­ kapelle beginnt ihre unermüdliche Arbeit von neuem, der Schlep­ per zieht die "Tradewind" vom Pier, ein Heizer auf Freiwache ruft "Hummel, Hummel" und Kapitän Budig übernimmt erneut die Verantwortung für das Wohl und Wehe der 300 Passagiere.

ACHTUNG REDAKTION! Auf Anforderung übersendet Ihnen der AMERIKA DIENST kostenlos folgendes Bild;

Luftaufnahme vom Potomac-Fluß bei Washington, der die amerikanische Hauptstadt mit dem Atlantik verbindet. Im Zentrum des Bildes das Jefferson Memorial, eine Gedenkstätte, die das amerikanische Volk seinem dritten Präsidenten und Verfasser der ameri­ kanischen Unabhängigkeitserklärung errichtet hat.

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SEGENSPENDENDE ATOMENERGIE Neue Beobachtungen auf dem Gebiet der atomaren Heilkunde (95 Zeilen) WASHINGTON - (AD) - Die ganze Welt müßte über die Nütz­ lichkeit der Atomenergie für friedliche Zwecke unterrichtet werden, forderte der Präsident der "General Dynamics Corpora­ tion", John Jay Hopkins, in einem Interview, das er kürzlich der amerikanischen Wochenzeitschrift "U.S. News and World Report" gewährte. Denn nach Ansicht des bekannten amerikani­ schen Industriellen, der selbst für die Auswertung der Kern­ energie Bahnbrechendes geleistet hat, stehen wir schon jetzt mitten in der "atomaren Revolution"; darum sei es höchste Zeit, auch der großen Masse den wohltätigen Nutzen dieser gewaltigen Kraft vor Augen zu führen und ihr klarzumachen, welche segens­ reichen Möglichkeiten darin für jeden einzelnen verborgen sind. Die Zeit, in der wir stehen, sei etwa den Perioden jener großen technischen Erfindungen vergleichbar, durch die der Mensch eigentlich erst zum Herrn über die Erde geworden ist. Vorläufig ist es aber der schweifenden Phantasie nicht gegeben, in Erkenntnis der heutigen Grenzen alle Entwicklungsmöglich­ keiten von morgen zu sehen. Die menschliche Vorstellungskraft versagt bereits bei dem Versuch zu ermessen, was vielleicht in einem Jahrzehnt den Menschen selbstverständlich ist. Zur Zeit jedenfalls stehen wir noch am Anfang einer Periode, die dadurch, daß sie auf einen großen Teil unserer Technik geradezu umwälzend wirkt, sogar gewisse Erscheinungsformen, ja selbst Voraussetzun­ gen unseres Daseins ändern dürfte. Einen vorerst allerdings nur schwachen Abglanz dessen, was in dieser Hinsicht beispielsweise auf medizinischem Bebiet zu erwarten ist, haben neue Experimente und ganze Versuchsreihen mit Radioisotopen der verschiedensten natürlichen Elemente ge­ zeigt. Seit Jahren benutzt und allgemein bekannt ist radioak­ tives Jod als diagnostisches und therapeutisches Mittel bei Schilddrüsenerkrankungen oder etwa radioaktiver Phosphor als Mittel zur Erforschung bestimmter Pflanzen- und Tierphysiolo- gischer-Vorgänge. Die Arbeit mithilfe künstlicher Radioisotope "AMERIKA DIENST" 28. Juli 1955 Radioisotope ha unter der Führung Amerikas gerade in den letzten Jahren gewaltige Fortschritte gemacht. Entscheidend hierfür war, daß man auch die lebensnotwendigen Spurenelemente radioaktiv machen und mithilfe des Geigerzählers auf dem Wege durch den pflanzlichen oder tierischen Körper verfolgen kann. Dabei ist man beiläufig zu ganz überraschenden Entdeckungen ge­ kommen, so zum Beispiel, daß Spinat dem Körper Kalzium ent­ zieht, einen Stoff, der bei einer Reihe von Krankheiten wie Osteoarthritis, Gallensteine und anderen eine wichtige, das betreffende Leiden überhaupt auslösende, Rolle spielt. Außer­ dem wurde bei dieser Gelegenheit ein ganz eindeutiger Beweis für die übrigens schon seit langem bekannte Tatsache erbracht, daß Spinat über relativ große Mengen der lebenswichtigen Minera­ lien, insbesondere über Eisen, verfügt und so, durch den hohen Gehalt an Vitamin A und C unterstützt, in hervorragender Weise geeignet ist, dem aus dem Gleichgewicht geratenen, also kranken Organismus, zu helfen. In diesem Zusammenhang jedoch interessiert vor allem der Nachweis, daß die Kalzium absorbierende Fähigkeit der mit dem Spinat dem Körper zugeführten Mineralien das schädliche Über­ maß von Kalzium, das für Knochen? ,is und die Bildung von Gallensteinen verantwortlich ist, abzubauen, und zwar in ver­ hältnismäßig kurzer Zeit abzubauen, vermag. Laut eines Berichts von Dr. Charles F. Geschickter von der Georgetown-Universität hat man in einer ganzen Reihe von Knochenarthritis-Fällen durch eine Behandlung mit größeren Gaben Spinat bei gleichzeitigem Entzug aller stark Kalzium enthaltenden Nahrungsmittel wie Eier, Milch und Käse schon nach zwei Wochen die besten Erfolge erzielt. Direkte Berichte über die Wirkung derselben Behandlungs- weise bei Gallenstein-Erkrankungen liegen noch nicht vor. Die Ärzte sind jedoch überzeugt, zum mindesten die dabei auftreten­ den heftigen Schmerzen durch eine strenge Spinat-Diät erheblich mildern zu können. Aber was in diesem Fall - das heißt für äi« Entdeckung, wie wichtig der Genuß von Spinat für den menschlichen Körper ist - gleichsam nur ein Nebenprodukt der medizinischen Forschung - 8 - "AMERIKA DIENST" 28. Juli 1955 Forschung mit Radioisotopen war, wird in anderen Fällen durch vorsichtig tastende, ganz planmäßig durchgeführte Versuche er­ reicht. Ein Beispiel hierfür aus jüngster Zeit ist die Entwick­ lung eines radioaktiven Kunststoff-Stiftes zur Krebsbehandlung. Dr. H.C. Dudley vom Sanitätskorps der US-Kriegsmarine berich­ tete hierüber kürzlich vor der Amerikanischen Chemischen Ge­ sellschaft. Zu diesem Zweck wird Yttrium-Oxyd, das zu den Seltenen Erden gehört, sieben Tage lang im Atomreaktor bestrahlt und auf diese Weise künstlich radioaktiv gemacht. Anschließend wird es mit einer Kunststoffmasse, nämlich Methyl-Zellulose, vermischt. Nach Zugabe eines Lösungsmittels wird das Ganze zu weichen Ku­ geln gepreßt, die dann zu Stäbchen von 1,5 mm Durchmesser ausge­ zogen werden.k Diese Stäbchen werden in den Körper des Patienten in-un­ mittelbare Nähe der Krebsgeschwulst eingesetzt, von wo aus sie die heilenden Strahlen in die gewünschte Richtung aussenden. Das krankhaft wuchernde Gewebe wird dabei zerstört, ohne gesunde Gewebe oder Organe in Mitleidenschaft zu ziehen. Knapp zwei Tage nach dem Einsetzen löst sich die Kunststoffmasse in der Gewebe­ flüssigkeit auf. Die Strahlungsdosis, die das künstlich radio­ aktiv gemachte Yttrium dabei aussendet, beträgt 100 000 bis 170 000 Röntgeneinheiten pro Gramm Gewebe. Man wird erst noch eine ganze Anzahl von direkten Erfahrungen mit diesen radioaktiven Kunststoff-Stäbchen sammeln müssen, um ein endgültiges Urteil über den wirklichen Wert dieser Behand­ lungsmethode fällen zu können. Immerhin scheint bereits heute festzustehen, daß man hiermit in der Tat ein Verfahren ent­ wickelt hat, das zum mindesten eine exakt zu lokalisierende Ein­ wirkung von genau zu berechnenden Strahlungsenergien ermöglicht. Und gerade dieses Ziel wurde vor noch gar nicht langer Zeit als eine Utopie der experimentellen Forschung bezeichnet. Heute ge­ hört es zur praktischen Therapie als Geschenk der Atomwissen­ schaft an den leidenden Menschen.

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DER EINSPALTER

SQUAW VALLEY - SCHAUPLATZ DER WINTEROLYMPIADE 1960

(37 Zeilen) SQUAW VALLEY, California - (AD) - Für die Bewohner von Squaw Valley, einem amerikanischen Winterkurort an der Grenze zwischen Kalifornien und Nevada, war die vom Internationalen Olympischen Komitee kürzlich getroffene Em££cheidüng, daß ihre Gemeinde Schauplatz der Winterolympiade 1960 werden solle, An­ laß zu einem regelrechten Volksfest. Squaw Valley, am Ufer eines riesigen Gebirgssees, des Lake Tahoe, gelegen, bildet den Mittelpunkt eines der bekanntesten amerikanischen Wintersportgebiete, das sich an den Hängen der Sierra Nevada, der höchsten Gebirgskette der Vereinigten Staaten, hinzieht. Der Ort selbst liegt 1880 m hoch und hat im Jahr eine durchschnittliche Niederschlagsmenge (in Form yon Schnee) von 1130 cm. Sportsachverständige, nach deren Angabe das Gebiet von Ende November bis Anfang Juli Wintersportmöglichkeiten bietet, haben die letzte Januar- und die erste Februarwoche als den ge­ eignetsten Zeitpunkt zur Durchführung der olympischen Spiele empfohlen. Die meisten der zur Durchführung der Winterolympiade not­ wendigen sportlichen Einrichtungen müssen allerdings neu errich­ tet werden. So ist unter anderem der Bau eines Eisstadions für die Eishockey-Spiele und den Eiskunstlauf geplant, das rund 8000 Sitze umfassen soll, sowie die Errichtung von zwei wei­ teren Trainings-Eisbahnen, einer Bahn für Eis-Schnelläufe, eine Bob-Bahn, zusätzliche Skilifts sowie Unterkünfte für die zahlreichen Besucher. Die Sportler selbst sowie die offiziellen Teilnehmer an der Olympiade werden in einem acht Kilometer außer­ halb des Ortes gelegenen Hotel untergebracht werden. Mit Squaw Valley als Schauplatz der olympischen Wintersport- Wettkämpfe wird im Jahre 1960 zum erstenmal seit 28 Jahren die Winterolympiade außerhalb Europas und zum zweitenmal in der

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der Geschichte der Olympischen Spiele in den Vereinigten Staa­ ten ausgetragen werden. Die erste Winterolympiade die in den USA stattfand, wurde im Jahre 1932 in Lake Placid im Staate New York abgehalten. Seither wurden sie abwechselnd in Deutschland, in der Schweiz und in Norwegen durchgeführt. Schauplatz der nächsten Winterolympiade im Jahre 1956 ist Cortina d'Ampezzo in Italien.

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- 11 - "AMERIKA DIENST" 28. Juli 1955

GEDENKTAGE IM AUGUST 1955

1. August 1819 Herman Melville, amerikanischer Schriftsteller, geboren 2. tt 1909 Aufstellung der amerikanischen Heeres-Luftstreit- kräfte 2. ii 1945 Ende der Potsdamer Konferenz der Großen Drei 4. ii 1735 John Peter Zenger, Zeitungsredakteur und Verle­ ger in New York, von der Anklage der Verleumdung freigesprochen (eines der wichtigsten Daten in der Geschichte der Pressefreiheit in Amerika) 5. " 1858 Fertigstellung der ersten transatlantischen KabelVerbindung 5. 11 1945 Erster Atombombenabwurf (Hiroshima) 7. 11 1845 Gründung der amerikanischen Flottenakademie in Annapolis 10. 11 1874 Herbert Hoover, 31. Präsident der USA, geboren 12. 11 1877 Thomas A. Edison gibt die Erfindung des Phono­ graphen bekannt 12. " 1898 Unterzeichnung des Friedensvertrages zwischen den Vereinigten Staaten und Spanien; Hawaii wird 12 n -] QAQ auf eigenen Wunsch Territorium der Vereinigten ^° 'Staaten 12. " 1948 Anerkennung der Republik Korea durch die USA 12. " 1949 57 Staaten unterzeichnen die Konventionen des Roten Kreuzes der "Diplomatischen Konferenz in Genf" 13« " 1818 Lucy Stone, Vorkämpferin für die Aufhebung der Sklaverei, geboren 14. " 1935 Präsident Franklin D. Roosevelt unterzeichnet das Sozialversicherungsgesetz 14. " 1941 Verkündung der Atlantik-Charta 14. " 1945 Bedingungslose Kapitulation Japans 15. " 19H Eröffnung des Panama-Kanals 20. " 1833 Benjamin Harrison, 23. Präsident der USA, ge­ boren

20. August

- 13 - "AMERIKA DIENST" - GEDENKTAGE 28. Juli 1955

20. August 1870 Bernard M. Baruch, ehemaliger Finanzberater der amerikanischen Regierung, geboren 24. 1949 Der Nordatlantikpakt tritt in Kraft 25. 1921 Die Vereinigten Staaten unterzeichnen den Friedensvertrag mit Deutschland und Österreich in Berlin 26. " 1920 Die amerikanischen Frauen erhalten das Wahlrecht 27. " 1871 Theodore Dreiser, amerikanischer Schriftsteller, geboren 27. " 1928 Unterzeichnung des Kellogg-Briand-Paktes in Paris 29. " 1809 Oliver Wendell Holmes, amerikanischer Arzt, Dichter und Essayist, geboren

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- 14 - "AMERIKA DIENST" 28. Juli 1955

KURZNACHRICHTEN ! WASHINGTON — (AD) — Dänemark und die USA haben nunmehr ein Abkommen über die friedliche Verwendung der Atomenergie geschlos­ sen. Das Abkommen wurde von dem dänischen Botschafter in Washington, Henrik De Kauffmann und dem amtierenden Unterstaatssekretär für europäische Angelegenheiten, Walworth Barbour unterzeichnet.

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LOS ALAMOS, NEW MEXICO — (AD) — Das wissenschaftliche Labo­ ratorium der amerikanischen Atomenergiekommission in Los Alamos hat ein Gerät entwickelt, mit dessen Hilfe es möglich ist, die radioak­ tive Strahlung des menschlichen Körpers zu messen. Der in Anleh­ nung an den "Geigerzähler" als "Körperzähler" bezeichnete Apparat, soll sich vor allem bei der Radioisotopendiagnostik als wertvoll erweisen.

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NEW YORK — (AD) —-Bei Ausgrabungen im Staate Louisiana ist man auf eine Indianersiedlung aus der Steinzeit gestoßen, berich­ tet das New Yorker Naturhistorische Museum. Die umfangreichen archäologischen Funde von Schmuckgegenstän­ den und Keramik weisen auf eine relativ hochentwickelte frühindia­ nische Kultur. Nach Angaben der Ausgrabungsleiter stammen die er­ sten Stücke der Funde aus dem 8. Jahrhundert vor Christi Geburt.

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ANGKOR, KAMBODSCHA — (AD) ~ Ein 600 Jahre altes Bewässe­ rungssystem der früheren Könige von Angkor wird gegenwärtig mit Hilfe von modernen amerikanischen Erdbewegungsmaschinen freigelegt. Die Arbeiten finden im Auftrag der kambodschanischen Regierung in Übereinstimmung mit französischen Stellen statt. Die neugewonnene Anbaufläche soll mit Reis bepflanzt werden.

* * * * * "AMERIKA DIENST" - % August 1955

DAS INTERNATIONALE TREFFEN DER ATOMFORSCHER IN GENF

(116 Zeilen) GENF — (AD) — Die Atomforscher und -Techniker der Welt sind nun dabei, den ruhigen Völkerbund-Palast in Genf zu beziehen, der noch vor wenigen Tagen den Ort der Viermächtekonferenz "auf höch­ ster Ebene" abgab, einer Konferenz, bei der es den dort versammel­ ten Diplomaten gelang, eine bessere und freundlichere Atmosphäre in bezug auf die internationalen Probleme zu schaffen. Im lichte dieses Hintergrunds werden sich die Kernforscher und Wissenschaft­ ler, die Biochemiker und Techniker aus 66 Ländern bemühen, das Atom in den Dienst des Menschen zu stellen und es für friedliche Zwecke nutzbar zu machen. Dieses Treffen der Vereinten Nationen ist genau zehn Jahre nach der Auslösung der ersten Atombombe und fast zwei Jahre nach der historischen Rede Präsident Eisenhowers vor der UNO-Vollver­ sammlung am 8. Dezember 1953 zustandegekommen. In seiner Rede hatte er die Menschen aufgefordert, das Atom aus den Händen der Mili­ tärs wegzunehmen und es den Farmern, den Medizinern, Arbeitern und Forschern anzuvertrauen, "um einen Weg zu finden, bei dem die Er­ findungsgabe des Menschen seinem Leben geweiht ist". Als sich das Treffen der vier Regierungschefs im vergangenen Monat seinem Ende näherte, beschwor Präsident Eisenhower noch einmal den welthisto­ rischen Aspekt als er davon sprach, daß ein gegenseitig verlässliches und von allen Nationen angenommenes System für die Abrüstung "die Kriegsfurcht bei allen Menschen verringern ... die Lasten erleich­ tern ... es jeder großen und kleinen Nation ermöglichen werde, den Lebensstandard ihrer Bevölkerung weiter zu heben und bessere Ernährung, Kleidung, Wohnungen, Erziehung und Lebensfreude zur Folge haben würde." Beginnend am 8. August werden die Wissenschaftler und Techni­ ker über ihre Forschungen berichten und sich über die atomaren Auswirkungen bei der Erzeugung und Behandlung von Nahrungsmitteln, der Bekämpfung von Krankheiten, der industriellen Fertigung sowie "AMERIKA DIENST" 3. August 1955 sowie der Konstruktion von Atomkraftwerken zur Hebung des Lebens­ standards in aller Welt aussprechen. Während des zwölftägigen Symposiums werden rund 450 Wissenschaftliche Arbeiten über die Atomenergie verlesen und diskutiert. Schweden wird ein Automobil zeigen, das mit Instrumenten zur Aufdeckung von Uranerzvorkommen ausgerüstet ist. Die Vereinigten Staaten führen einen Atomreaktor in Arbeit vor. Frankreich, Belgien, Holland, die Schweiz und Nor­ wegen haben Pläne für den Bau von industriellen Atomreaktoren ausgearbeitet. Großbritannien hat einen Zehnjahresplan bekannt­ gegeben, um 12 derartige Reaktoren zu errichten. Darüber hinaus werden in den USA gegenwärtig transportable Reaktoren entwickelt, die auf dem Luftwege zu ihren Einsatzorten gebracht werden und in isolierten und schwer zugänglichen Gebieten aufgestellt, Energie in Form von Licht oder Heizung erzeugen können. Die Sitzungen in Genf werden öffentlich sein. Die führenden Wissenschaftler der Erde werden ihre Gedanken und Resultate aller Welt vor Augen führer wobei ihre Berichte gleichzeitig in den vier offiziellen Konferenz­ sprachen Englisch, Französisch, Russisch und Spanisch übersetzt werden. Viele dieser Referate werden Informationen enthalten, die bisher noch nicht veröffentlicht worden sind. Als der General­ sekretär der UNO, Dag Hammarskjoeld, die Einladungen für die Teilnahme an dieser Konferenz verschickte, wies er darauf hin, daß man in Genf einen möglichst ungehinderten Austausch von technischen Informationen bezwecke und die Mittel und Wege für eine Verbreitung der Kenntnisse auf atomarem Gebiet für friedliche Mittel erörtern wolle. Hammarskjoeld wie auch die Diplomaten, die an der Viermächte­ konferenz auf höchster Ebene teilnahmen, sind sich dessen bewußt, daß das Atom keine Nationalität oder Ideologie kennt. Es kann zerstören oder es kann dem Menschen auf vielen Gebieten der Land­ wirtschaft, Medizin und Industrie dienen. Kann man diese unvor­ stellbare mächtige neue Kraft, die dem Menschen in die Hände gege­ ben ist, zähmen und nutzen, dann kann sie dem Menschen gute Dienste auf allen Gebieten des täglichen Lebens leisten. Die landwirtschaft liehe Nutzung kann durch radioaktive Behandlung des Bodens ver-

- II - "AMERIKA DIENST" 3. August 1955 verbessert werden. Durch ähnliche Behandlung mit Radioisotopen können Krankheiten wirkungsvoller bekämpft werden, und es ist möglich, daß unter anderem die Lebensdauer eines Autos durch die Verwendung von Schmierölen verlängert werden kann, die auf Grund neuer Erkenntnisse auf dem Gebiet der Atomforschung ent­ wickelt worden sind. Der soeben dem US-Kongreß vorgelegte Halb Jahresbericht der amerikanischen Atomenergiekommission (AEC) vom 29. Juli enthielt Informationen über die von ihr seit der Beendigung des Krieges getroffenen Maßnahmen hinsichtlich der Nutzbarmachung der Atom­ energie für friedliche Zwecke. Dieser Bericht veranlaßte die "New York Times" zu der Peststellung, die dort angeführten Tat­ sachen hätten eine derartige Beweiskraft, "daß unser Vertrauen auf das, was die Genfer Konferenz herbeiführen kann, und unser Glaube, daß es der Wissenschaft gelingen möge, einen Weg zu finden, um die Aufmerksamkeit der Welt auf das gewaltige Gute zu lenken, wel­ ches die Atomenergie einzulösen verspricht", fest gegründet ist. Der AEC-Bericht enthält viele Beweise und Anzeichen, daß sich neue Entdeckungen anbahnen und daß der wissenschaftliche Durchbruch, der sich in den USA auf atomarem Gebiete vollzogen hat, die Schaffung einer atomaren Energiewirtschaft beschleunigen könnte. Der HalbJahresbericht führt folgende Punkte an: Erstens: Die USA sind nun die führenden Produzenten von Uran, dem wichtigsten Rohstoff der Atomenergie. Die Zahl der Uranberg­ werke in den USA schnellte seit Juni 1954 innerhalb eines Jahres von 795 auf 850 empor. Das ursprünglich auf Colorado be­ schränkte Uran-Abbaugebiet hat sich nun auf den Ostteil des Bun­ desstaates Washington, auf Nord-Dakota sowie Süd- und Mittel-Texas ausgedehnt. Zweitens: Alle fünf innerhalb des Programms der AEC für den Bau von Atomkraftwerken entwickelten Reaktoren versprechen beste Pro­ duktionsmöglichkeiten zur Herstellung von Energie für friedliche Zwecke zu konkurrenzfähigen Preisen. Drittens: - III - "AMERIKA DIENST" 3. August 1955

Drittens: Die Portschritte bei der Erforschung der Atomenergie geben die endgültige Hoffnung, daß man noch weitere und bessere Wege der Nutzbarmachung der Atomenergie entdecken kann als mit den bereits vorhandenen Kenntnissen. Ohne weiter darauf einzugehen, erklärte die AEC weiter, daß die bereits erzielten Ergebnisse mög­ licherweise große Bedeutung und großen praktischen Wert haben könnte Viertens: Die radioaktiven Spurelemente haben der Medizin neue Möglichkeiten für die Diagnose von Erkrankungen der Leber erschlos­ sen, die zumindest einhundertmal besser, sicherer und schneller sind als die bisher üblichen normalen Tests. Die "strahlungsaktive'1 Atomforschung mag auch die Konzentrierung von radioaktivem Material in erkrankten Organen ermöglichen, um Tumore, besonders Gehirntu- more zu behandeln. Die oben aufgeführten Maßnahmen werden zusammen mit vielen weiteren Beiträgen anderer Nationen die Grundlage für die Wissen­ schaftler umd Techniker abgeben, die sich in Genf versammeln. Dies könnte, wie der Vorsitzende der AEC, Lewis L. Strauss, oft gesagt hat, der Beginn der Erfüllung des Prophetenwortes sein, das da sagt: "Da werden sie ihre Schwerter zu Pflugscharen und ihre Spieße zu Sicheln machen."

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- IV - "AMERIKA DIENST" 3. August 1955 Zwanzig zeitgenössische Dichter und Schrift­ steller erzählen über "ihre" Stadt. Aus Ost und West, aus Nord und Süd kommen die Schil­ derungen und vermitteln uns ein literarisch gezeichnetes Bild des heutigen Amerika.

DAS IST AMERIKA I

William Saroyan, dessen Bücher und Geschichten auch in Deutsch­ land erschienen sind, lebt in Malibu (California). Er wurde vor 47 Jahren als Sohn armenischer Einwanderer in diesem son­ nigen Staate Amerikas geboren. Mit 16 Jahren entschloß er sich, Schriftsteller zu werden, und es dauerte nicht lange, da erkannte ihn das lesende Publikum auch als solchen an. Der Erfolg seiner ersten Kurzgeschichtensammlung, in Deutschland unter dem Titel "Der waghalsige junge Mann auf dem fliegenden Trapez und andere Geschichten" erschienen, machte ihn zur be­ kannten und in Literaturkreisen stark beachteten Persönlich­ keit, die man ihrer Phantasie, ihres Witzes und ihrer erfin­ dungsreichen Originalität wegen bald schätzen lernte. Seit dieser Zeit entflossen Romane, Geschichten, Schauspiele, Filmmanuskripte und Balletteinfälle nur so seiner fruchtbaren Feder. Gegenwärtig lebt und arbeitet er in einer Stadt, die nach seiner Ansicht einen ganz besonderen Charakter besitzt. Aber lassen wir ihn selbst erzählen.

MALIBU Von William Saroyan Deutsch von Carolus Heibe

(80 Zeilen) Ich wohne in Malibu in Kalifornien; aber Sie dürfen sich Malibu nicht als Stadt vorstellen. Es ist keine. Es liegt 25 Meilen abseits der Autobahn 101, die irgendwo sechs Meilen westlich von Santa Monica beginnt und fünfzehn Meilen östlich von Oxnard, an der Grenze des Ventura Ccunty, endet. Diese Namen werden Ihnen vermutlich nicht viel sagen; aber es sind die Namen, die ihre Bedeutung für alle jene haben, deren Häuser entlang der fünfundzwanzig Meilen langen Autobahn gelegen sind. Wenn man nämlich in die Stadt, eben einfach in die Stadt fahren will, wendet man sich nach Santa Monica im Osten oder nach .Oxnard im Westen. Malibu "AMERIKA DIENST" . J>. August 1955 Malibu ist eben keine Stadt. Es hat eine Poststation, ein paar Kolonialwarenläden und ein paar Restaurants. Und es gibt da auch Maklerbüros, Eisenwarenge­ schäfte, Tankstellen und Motels; aber es gibt dort kein einziges Häuserviertel, das diese Bezeichnung verdiente. Der allseitige amerikanische Zeitvertreib, mal gerade einen kleinen Spaziergang ums Viertel zu machen, läßt sich in Malibu nicht verwirklichen. Es gibt nichts, was mit diesem Ort zu vergleichen wäre. Und es gibt keinen gemeinde-eigenen Stil hier. Ganz einfach, es ist eben keine Gemeinde. Aber es hat einen Namen. Und jeder, der noch nicht hier gewesen ist, wird sich Malibu gewohnheitsmäßig als einen Ort vorstellen, der nicht anders ist als andere kleine Städte irgendwo. Das ist ein Fehler. In Malibu zu leben, heißt im Grunde genommen, nirgends zu leben - und das gilt für mich. In San Francisco ist man irgendwo. In New York ist man irgendwo. Und von Zeit zu Zeit freue ich mich, dort zu leben. Aber es gibt nichts, was der Rückkehr nach Malibu und einfach dem Hiersein vergleichbar wäre. Bevor ich hier in die­ ses Haus zog, wohnte ich monatelang in einem Hotel in Beverly Hills. Ich hatte es ausgesprochen satt, in einem Hotel zu wohnen, und ich wünschte mir etwas, von dem ich das Gefühl haben könnte, es gehöre mir, wo ich alles an Werkzeugen, die ich für meine Beschäftigung brauche, abladen könnte: Schreibtische, Aktenschränke, Tische, Schreibmaschinen, Papier, Bücher - alles eben. Gut also, wo sollte ich leben und arbeiten? An der See natürlich; aber wo genau? Kalifornien besitzt eine Küste von sechs-oder siebenhundert Meilen Länge. Und jeder Fußbreit dort ist herrlich. Ich erinnerte mich des kleinen Hauses in Malibu und fuhr hin und sah es mir noch einmal an. So kam das. Ich habe in demselben kleinen Haus am Strand drei Jahre gelebt. Es ist auf Pfählen gebaut, die im Sand der See stecken, ähnlich wie bei einem Dock. Wenn die Flut hochgeht, rollt das Meer direkt unter

- 2 - "AMERIKA DIENST" 3. August 1955 unter dem Hause, leckt an den Pfählen hoch, donnert Felsbrocken gegen sie und läßt oft das ganze Haus erzittern. Dieses Nahesein des Meeres und diese Vergänglichkeit des Hauses sprechen mich an. Es ist kein für die Ewigkeit gebautes Haus. Ganz im Gegenteil, es muß der See früher oder später zum Opfer fallen. Seine Gipswände sind heute schon voller Risse. Seine Türen fügen sich nur noch schlecht in die Rahmen und springen auf, wenn der Wind dagegen drückt Der Fußboden ist vielfach uneben. Der Feind dieses Hauses ist die See. Und sie ist ein ganz besonders netter Feind. Nur die Elemente werden dieses Haus zerstören, und sie werden es sehr langsam tun. Und ich werde inzwischen hier mit rechter Freude gelebt und gear­ beitet haben. Ich bin gern dem Meere nahe. Ich blicke gern aufs Meer hinaus, weit hinaus und darüber hin. Ich gehe gern am Ufer des Meeres spa­ zieren. Ich liebe den Geruch des Meeres. Ich liebe die Wale, die in jedem Frühling am Hause vorbeischwimmen. Ich liebe die Robben, die die Felsen vor dem Hause erklimmen und sich dort in der Sonne baden. Ich liebe die Pelikane, wenn sie so langsam und dicht über dem Meer dahingleiten und - auf den Felsen stehend - weise die Zeit verbringen. Ich liebe die segelnden Möwen und die in der Luft ste­ henden Küstenvögel, die nach Futter spähen. Ich liebe Tang und Un­ kraut des Meeres, die an die Küste gespült sind, und die Felsen, die Kiesel und die Seepflanzen. Ich liebe den Meersand, ich laufe gern drüber hin und hab' es gern, wenn er sich für immer im Hause festsetzt. Ich sehe die frommen Fischer gern, die bei Tagesanbruch aus der dichtbevölker­ ten Stadt ans Meer kommen und in heiligem Schweigen den Tag über fischen - oft, ohne einen einzigen Fisch zu fangen; dann still ihr Zeug zusammenpacken und in den Wirbel und Trubel der Stadt zurück­ gehen. Ich liebe das Geräusch der Flut, wenn es laut und wild ist und wenn es sanft und schmeichelnd ist - den ganzen Tag, die ganze Nacht. Ich liebe die Sonne und den Mond überm Meer. Und ich mag meine Nachbarn gern, weil sie keine Nachbarschaft halten. Ein Schriftsteller muß irgendwo leben und arbeiten. Und das hier ist - bis ich einen besseren gefunden habe - der richtige Ort für mich, hier, wo die See ist, und wo ich bin. # # # * # - 3 . "AMERIKA DIENST" 3. August 1955

RADAR AUF DEM DACH DES KONTINENTS Das amerikanische Flugwarnsystem im hohen Norden Von Anthony Leviero ( 72 Zeilen) ST. LAWRENCE ISLAND Bering-Meer — (AD) — Der Verteidigungs­ gürtel der Vereinigten Staaten gegen einen feindlichen Luftangriff beginnt auf einer vom ewigen Eis bedeckten Insel im Bering Meer: eine der vielen Radarstationen des amerikanischen Luftwarnsystems. Ein Blick auf die Karte des Nordpolargebietes zeigt, daß die­ ser Posten weit westlich von Honolulu und nur zehn Plugminuten vom sowjetischen Hoheitsgebiet entfernt liegt, das heißt,ein sowjeti­ scher Bomber vom Typ 39 kann zehn Minuten nach Verlassen seiner Ausgangsbasis über dieser Radarstation kreisen, und eine amerika­ nische B-47 erreicht die UdSSR gleichfalls in zehn Minuten. Die Wachmannschaften, die hier,von der Außenwelt abgeschnitten leben, bezeichnen sich selbst in leicht ironischem Tone als "Mann­ schaft auf verlorenem Posten". Sie gehören nicht der kämpfenden Truppe an. Aber sie stehen auf vorgeschobener Position im Niemands­ land des Kalten Krieges. Sie sind Angehörige der Luftwaffe und fliegen kein Plugzeug. Ihre einzige Ausrüstung sind ein paar Hand­ feuerwaffen und ihr Radargerät. Sie stehen in einem ständigen Wett­ rennen mit der Zeit. Denn wenn die Menschen einmal den Verstand verlieren sollten, und wenn alle diplomatische Kunst versagt dann hinge das Schicksal vieler Städte von ihrem schnellen Handeln ab. Diese Männer auf der St. Lorenz-Insel unterstehen dem 10. Regiment des Luftmelde- und Luftwarndienstes. Las Truppenabzeichtm enthält die Worte "Vigilantia Electronica". Von ihrem Radarturm aus, in dem man vor lauter elektronischen Apparaten kaum weiß, wo man den Fuß hinsetzen soll, können diese Männer dem "US-Luftverteidigungskommando Heimat" in Colerado Springs zu jeder Sekunde das Zeichen zur Auslösung der Alarmstufe I geben. Das alaskische Cape Prince of Wales liegt knapp 90 km von der sibirischen Tschuktschen-Halbinsel entfernt. Und hier im hohen Nor­ den können die Sowjets keine Satelliten einsetzen, um Zwischenfälle künstlich hervorzurufen. Hier stehen sie den Amerikanern unmittelbar

- 4 - "AMERIKA DIENST" 3. August 1955 unmittelbar gegenüber. Wenn es zu einer Auseinandersetzung käme, dann würde es sich sicherlich nicht nur um ein Geplänkel handeln. Dennoch ziehen schnelle Düsenjäger täglich ihre Kreise über Alaska und den vorgeschobenen Inselposten. Sobald die Radarstatio­ nen eine nicht gemeldete Maschine auffassen, ergeht eine entspre­ chende Warnmeldung an die Befehlsstelle einer der zwei zum Schutze Alaskas eingesetzten Luftwaffendivisionen. Kurze Zeit später sind die Jagdmaschinen in der Luft, um "nach dem Rechten zu sehen'.'. Jede Plugschneise wird unablässig überwacht und immer wieder abgekämmt. Meist ist es nur die Verkehrsmaschine eines befreun­ deten Staates, die vom Kurs abgekommen ist. Eines Tages aber könn­ ten es auch 500 Bomber sein... Im Ernstfalle wäre es von größter Wichtigkeit, daß herannahen­ de feindliche Plugzeuge von den Radargeräten des 10. Regimentes des Luftwarndienstes rechtzeitig ausgemacht werden. Die Militärbefehlshaber in Alaska und Generalstabsoffiziere in Washington unterschätzen den Gegner keineswegs. Wenn er einen Angriff plant, dann würde er natürlich versuchen, diesen völlig überraschend aus heiterem Himmel zu starten. Er würde bestrebt sein, sich so lange wie möglich unentdeckt dem amerikanischen Kon­ tinent zu nähern. Er würde hierbei wenigstens in der Anfangsphase Alaska zu umgehen suchen und über Point Barrow und die Barter- Insel auf dem Wege über Zentralkanada in die Vereinigten Staaten einfliegen. Auf diesem Wege könnten angreifende Plugzeuge zumin­ dest bis nach Mittelkanada vorstoßen,ohne von den Radargeräten des "McGill Sperrgürtels" aufgefaßt zu werden. Damit verkürzte sich die Warnzeit für Detroit und viele andere amerikanische Städte auf 2 1/2 oder 3 Stunden. Die US-Armee legt gegenwärtig an zentral gelagerten Punkten Startplätze für die ferngesteuerte Plugabwehrrakete "Nike" an. Militärflugzeuge und gecharterte Maschinen privater Luftfahrtlinien fliegen zur Zeit auf Grund einer Abmachung mit Kanada das für den Aufbau des "vorgeschobenen Vorwarnsystems" benötigte Material nach dem Norden. Im "AMERIKA DIENST" 3. August 1955

Im Laufe des Hochsommers, wenn das Eis bricht, werden 32 Schiff« im Rahmen des Unternehmens "Mona Lisa" an steinigen und brandungs­ reichen Küstenstreifen viele Tonnen weiteren Materials landen. Nur einmal im Jahre wird der Stützpunkt des 10. Luftwarnregi­ mentes von einem Schiff angelaufen, das alle notwendigen Nachschub­ güter bringt. Die übrige Versorgung muß auf dem Luftwege erfolgen. Schwere Ausrüstungen werden auf dem Wasserwege zu den Stationen des "vorgeschobenen Vorwarnsystems" transportiert.

(Aus "The New York Times") - Quellenangabe erforderlich -

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- 6 - "AMERIKA DIENST" 3. August 1955

DAS AMERIKANISCHE VOLK UND SEINE EINSTELLUNG ZU RELIGIÖSEN DINGEN Von John Kerigan

(72 Zeilen) WASHINGTON — (AD) — Vor seiner Abreise nach Genf richtete der amerikanische Präsident an die Männer und Frauen der amerika­ nischen Nation die Bitte, für das Gelingen der Konferenz zu beten. Seiner Anregung folgten die Kirchengemeinschaften in allen Teilen der Vereinigten Staaten, indem sie die Gläubiger zu Bitt­ gottesdiensten zusammenriefen. In diesem Tun offenbarte sich erneut das Phänomen einer star­ ken Religiosität der Amerikaner, die seit Kriegsende an Intensität von Jahr zu Jahr zugenommen hat. Wie groß dieser geistige Aufschwung auf religiösem Gebiete ist, wird schon aus einigen wenigen Zahlen klar. Es gehören heute rund 60 Prozent des 164-Millionen Volkes der Vereinigten Staaten einer Glaubensgemeinschaft an; 1940 waren es 49, 1947 schon 52 Prozent. Diese stärkere kirchliche Bindung brachte gleichzeitig ein Anwachsen der religiösen Literatur mit sich, die heute auf dem Buchmarkt unter den Best-Sellers einen festen Platz einnimmt; sie führte ferner zu einer Intensivierung des Kirchenbaues, zur Pla­ nung einer kirchlichen Statistik für das kommende Jahr und schließ­ lich zu einigen grundsätzlichen Prägen, die von seiten des Klerus gestellt wurden. Dieser fragte: Wie tief und wie echt ist dieses starke Drängen der Massen zur Kirche? Eine kürzlich durchgeführte nüchterne Studie dieser Frage er­ gab, daß die Geistlichen der verschiedenen Kirchen in ihrer Beur­ teilung geteilter Ansicht und auch nicht in gleichem Maße erbaut sind über dieses Masseninteresse an kirchlichen Dingen. So mancher Geistliche äußerte sich kritisch über die Manife­ stationen religiöser Massenbewegungen. Man ist der "Frieden-des- Geistes-Methode" ein wenig müde geworden und befürchtet, daß die

- 7 - "AMERIKA DIENST" 3. August 1955 die Hinwendung zur Religion in letzter Zeit mehr eine Ausflucht vor den Bedrückungen des modernen Lebens sei, als ein wirkliches religiöses Bedürfnis. Andere kirchliche Kreise, wie beispielsweise der Nationalrat der Kirchen (National Council of Churches), sehen in diesem Geschehen eine geistige Bewegung von zunächst wohl vorüber gehender Art, die aber recht wohl eine echte Bereitschaft für eine tiefe religiöse Erneuerung in sich trage. Außer diesen Peststellungen erbrachte die Studie aber auch noch einige andere Tatsachen, die auf dieses Phänomen ein neues und durchaus positives Licht werfen. Eine dieser Tatsachen ist, daß die Kirchengemeinschaften von sich aus in jüngster Zeit große Anstrengungen gemacht haben, um den geistigen und seelischen Anforderungen eines modernen Lebens gerecht zu werden. Die Kirche spielt im heutigen Amerika eine wesentlich andere Rolle als etwa die Dorfkirche um die Jahrhundertwende. Sie ist aus ihrem Dornröschenschlaf erwacht und schickt sich an,mit weltlichen Einrichtungen zu wetteifern und ihr Gewicht auch in nicht-religiösen Prägen mit in die Wagschale zu werfen. Aus diesen Bemühungen erwuchsen zarte Keimlinge einer neuen Verbundenheit von Kirche und Gemeinde. So haben, beispielsweise, die amerikanischen Gewerkschaften, deren Ziele im Eigentlichen rein weltlicher Natur sind, aufgehört, jenseits des religiösen Geschehens zu stehen. Der CIO, eine der beiden großen Gewerkschafts­ organisationen der Vereinigten Staaten, hat kürzlich 200 000 Dollar an den Nationalkirchenrat überwiesen, die für "die praktische An­ wendung religiöser Grundsätze auf dem Wirtschaftssektor des täg­ lichen Lebens" Verwendung finden sollen, wobei der Zweck bemerkens­ werter ist als die Höhe der Summe. Ferner sollen die verbindenden Elemente von Religion und Wirtschaft auch weiterhin Gegenstand einer näheren Durchleuchtung durch Studiengruppen sein, die sich aus Vertretern von Wirtschafts­ und Gewerkschaftsverbänden zusammensetzen. Bisher hat der National­ kirchenrat sechs solcher Berichte veröffentlicht. Dies alles legt die Vermutung nahe, daß das Hindrängen zur Kirche in den USA wahrscheinlich die Reaktion der Laien auf die ' "AMERIKA DIENST" 3. August 1955

die Bemühungen der Kirchen ist,auch vom geistigen Aspekte her, eine Antwort auf die Problemkomplexe eines modernen Lebens zu fin­ den. Ist dies so, so würde das außerordentliche religiöse Interesse der Amerikaner weniger eine Flucht vor der Wirklichkeit als Aus­ druck einer Hoffnung auf eine echte geistige Bereicherung sein. Daß diese Hinwendung zur Religion in Amerika sich vollzieht in einer Zeit, da das Land in materiellem Wohlstand lebt, dürfte aber allein schon ein Zeichen dafür sein, daß es sich hierbei nicht um eine äußere Frömmigkeit handelt, sondern um ein echtes religiöses Bedürfnis. ACHTUNS REDAKTION!: Auf Anforderung übersendet Ihnen der AMERIKA DIENST kostenlos folgende Bilder:

1) Die Kirche spielt im Leben des amerikanischen Bürgers eine wesentliche Rolle. Sonntag für Sonntag vereinigen sich die Familien zum Got­ tesdienste und an den Wochentagen opfern sie noch einen beachtlichen Teil ihrer Freizeit für karitative Betätigung.

2) Am Sonntag ist die Kirche Treffpunkt vieler Farmerfamilien aus der näheren und weiteren Umgebung. Die Kirche ist im wahrsten Sinne des Wortes Mittelpunkt der Gemeinde.

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- 9 - "AMERIKA DIENST" 3. August 1955

DER EINSPALTER

WETTERMASCHINE ERRECHNET DAS WETTER (28 Zeilen) WASHINGTON - (AD) - Es gibt kaum einen Vorgang, der sich in Zahlen oder Formeln ausdrücken läßt - und sei er noch so kompliziert - dessen Verlauf nicht von einem der neuen Elektro­ nengehirne im Handumdrehen ausgerechnet werden könnte. So auch die Entwicklung des Wetters. Die "Wettermaschine", die jetzt in den USA für diesen Zweck verwendet wird, liefert jedoch, obwohl sie nichts weiter als eine Rechenmaschine ist, keineswegs ein nur aus Zahlen bestehendes Resultat, sondern fertigt gleich gedruckte, gebrauchsfertige Wetterkarten an. Diese Karten geben Auskunft über Strömungen in der Atmosphäre, über Windrichtung und Windgeschwin­ digkeit sowohl an der Erdoberfläche als auch in verschiedenen Höhen und zeigen an, wo sich Regenwolken bilden und Gewitter ent­ wickeln könnten. Die vom Wetteramt, der Luftwaffe und den Seestrsitkräften der USA gemeinsam betriebene Maschine, die von einem Stab von 20 Wissenschaftlern betreut wird, ermöglicht es zum ersten Mal, all die komplizierten physikalischen Gleichungen, deren Auswertung bisher wegen der langwierigen, zeitraubenden Operationen, die sie erfordert hätte, unterbleiben mußte, den Karten zugrunde zu legen. Durch Ballonsonden werden auf dem Punkwege Informationen über Temperatur, Luftdruck, Windverhältnisse und andere Bedingungen in den oberen Atmosphärenschichten eingeholt. Diese Daten werden der Wetterstation auf dem Drahtweg übermittelt und dort auf einer in 600 Quadrate geteilten Karte von Nordamerika eingetragen. Das Zah­ lenmaterial jedes Quadrates wird dann, zusammen mit den schwierigen Gleichungen, der "Y/ettermaschineM zugeleitet, die daraus die Charak­ teristika der Atmosphäre über den einzelnen Quadraten für jede halbe Stunde der folgenden 24 Stunden ausrechnet.

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- 10 - "AMERIKA DIENST" 3. August 1955 KURZNACHRICHTEN aus Medizin und Naturwissenschaften BALTIMORE - (AD) - An der Johns-Hopkins-Universität in Baltimore wurde eine Elektrbnenkamera konstruiert^ die "im Dunkeln sehen" kann. Dieses Instrument hat bereits zum ersten Mal unter ungünstigsten atmosphärischen Bedingungen Aufnahmen des Planeten Mars ermöglicht, die zu den besten gehören, wie sie bisher bei größter Klarheit des Himmels jemals gemacht wur­ den. Der außerordentliche Vorteil dieser neuartigen Kamera für die Planetenforschung besteht darin, daß sie ein Vieltausend­ faches der Lichtstärke einer normalen Kamera erreicht. Diese starke Aufhellung der Bilder wird durch eine Koppelung von photochemischen und elektrischen Vorgängen erreicht, da die Elektronenkamera zunächst das Bild auf die gewöhnliche Weise aufnimmt, hierauf die Bildelemente in elektrische Impulse um­ setzt, die außerordentlich verstärkt und erst dann in Bildele­ mente rückverwandelt werden. Man erwartet von der Elektronen­ kamera zunächst vor allem Marsaufnahmen, die bisher noch uner­ forschte Einzelheiten klar erkennen lassen. * * * * * WASHINGTON - (AD) - Für die Untersuchung von Herzkrankhei­ ten wurde ein Miniatur-Radioapparat entwickelt, der über die Tätigkeit von Herz und Lunge kontinuierlich durch Sendungen Aus­ kunft gibt und Aufzeichnung auf einem Band macht, während der Patient seinem Tagwerk nachgeht. Das von Wissenschaftlern des Sanitätskorps der amerikanischen Seestreitkräfte konstruierte Gerät wird voraussichtlich wesentlich zur Erweiterung unserer Kenntnis über das Herz und seine Funktionen beitragen. Bisher konnte man die Herzbewegung, Herztöne und den Ein­ fluß von Herzkrankheiten auf die Atmung nur feststellen, wenn der Patient völlig ruhig lag. Es war daher dem Arzt unmöglich, sich ein Bild von den Änderungen zu machen, die sich bei einem tätigen Verhalten des Patienten ergaben, ***** LA "JOLLA - (AD) - Die wärmste Stelle der Erdoberfläche ist der Boden des Stillen Ozeans nahe der Küste von Zentral- und Südamerika. Vom Scripps-Institut für Ozeanographie (Kalifornien) im Albatross Ridge, einem großen unterseeischen Plateau im öst­ lichen Stillen Ozean, durchgeführte Messungen zeigen, daß der aus dem geschmolzenen Erdinnern kommende Wärmestrom dort drei­ mal so stark ist wie durchschnittlich in anderen Teilen der Welt. ***** WASHINGTON - (AD) - Ein Verfahren der Wettervorhersage wurde auf Grund jahrelanger Studien der grünen und roten Sonnenkorona- strahlen entwickelt, das Prognosen für einen Zeitraum von fünf bis sieben Tagen gestattet. Das wichtigste Ereignis der Koronaforschun£ war nach dem Bericht von "Trans. World, Airlines" die Erfahrung, daß schwere Regenfälle am häufigsten auftreten, wenn der Erde eine Sonnenfläche mit intensiver grüner Ausstrahlung zugekehrt ist; um­ gekehrt blieb regelmäßig das Niederschlagsquantum unter dem Durch­ schnitt, wenn die rote Strahlung überwog. Herrscht Gleichgewicht zwischen roter und grüner Strahlung, so ist "normales und angeneh­ mes" Wetter zu erwarten. ***** - 11 - "AMERIKA DIENST" 10. August 1955 Zwanzig zeitgenössische amerikanische Dichter und Schriftsteller schreiten über "ihre" Stadt? Aus Ost und West, aus Nord und Süd kommen die Schilderungen und vermitteln uns ein literarisch gezeichnetes Bild des heutigen Amerika.

DAS IST AMERIKA II (AD) - Erskine Caldwell hat über dreißig Bücher ge­ schrieben und hat in einem unvergleichlichen Aufstieg die höchsten Höhen des Parnass genommen. Zu Beginn der dreißiger Jahre machten ihn seine beiden ersten Romane "Amerikanische Erde" und "Die Tabakstraße" bekannt. Die Tabakstraße ist seitdem als Schauspielbearbeitung mindestens einmal in jedem Jahr über die Bretter irgend­ einer Bühne in der ganzen Welt gegangen. Caldwell, Sohn eines presbyterianischen Wander­ predigers, sagte über seine Jugend: "Vom T^ge meiner Geburt bis zum zwanzigsten Lebensjahre wohnte ich sel­ ten länger als sechs Monate am gleichen Ort." Wir können sagen, daß sein Ruhm noch weiter gereist ist als der Autor selbst. Die Gesamtauflage seiner Bü­ cher beträgt annähernd 20 Millionen. Sie wurden in 19 Sprachen übersetzt. Caldwell, der 52 Jahre alt ist, lebt heute in Arizona. Im Folgenden lesen Sie, was er über seine selbstgewählte Heimat zu sagen weiß.

ARIZONAS WEITE HORIZONTE Von Erskine Caldwell Deutsch von Carolus Heibe ( 68 Zeilen) Arizona liegt im südwestlichen Teil des Landes, ungefähr 300 Meilen vom pazifischen und 2500 Meilen vom atlantischen Ozean entfernt. Wie schon sein Name sagt, ist es eine "Aridt Zone", eine Gegend extremer Trockenheit, brütender Sommerhitze und spärlichen Regenfalls. Einst hat Arizona den Spitznamen "Baby State" erhalten; denn es war derjenige unserer 48 Staaten, der als letzter in die Union eingetreten ist. Zehn Jahre lang habe ich im südlichen Arizona gelebt, zuerst in Tucson, einer mittelgroßen Stadt im Santa Cruz Tal, und dn späteren Jahren in Phoenix, der größten Stadt im Staate mit 300 000 Einwohnern, die über ein ausgedehntes Gebiet im Salt "AMERIKA DIENST" 10. August 1955 Salt River Tal verbreitet wohnen. Phoenix ist übrigens die Haupt­ stadt des Staates. Der Hauptgrund dafür, daß ich vor zehn Jahren nach Arizone kam, um mir dort eine Heimat zu schaffen, war meine Liebe zu Land und Leuten. Vorher hatte ich in vielen Orten der Atlantikküste vom Staate Maine bis zum Staate Florida gewohnt. Es war ein Zufall, der mich zum ersten Mal nach Arizona führte. Ich reiste im Bus von New York nach San Francisco und blieb für eine Nacht in Phoenix, um mich auszuruhen. Nach dieser einzigen Nacht wußte ich, daß ich mit meinem Leben nicht zufrieden sein würde, wenn es mir nicht möglich werden sollte, nach Arizona zu ziehen und in diesem so interessanten und aufregenden Teil Amerikas zu leben. Ich liebte dieses Land, weil mir schien, als sei sein Horizont weiter und ausgedehnter als alle Horizonte, die ich in anderen Tei­ len Amerikas gesehen hatte. Ich lxebte dieses Land, weil es mir schien, als sei der Himmel hier höher und blauer als anderswo. Über allem war der Geist der Berge und der Wüste, freundlich und einladend. Der nördliche Teil des Staates ist ein Land der Kiefernwäl­ der, des tiefen Winterschnees, sich türmender Berge und eines meilenhohen Plateaus. Der südliche Teil ist vielgestaltig: Rin­ derfarmen wechseln mit Fabriken, Kupferminen, künstlich bewässer­ ten Farmen, baumlosen, kahlen Bergen und Kakteenwüsten. Am meisten aber liebte ich die Menschen, die in Arizona ge­ boren waren und heute noch hier leben. Und gleichermaßen fühlte ich mich jenen eng verwandt, die sich Arizona ausgesucht hatten, um dort zu leben, zu arbeiten und ihre Häuser zu bauen. Diese von freundlichen Menschen und freundlichen Bauten herrührende Atmosphäre findet man in besonde er D.chte in Tuscon und Phoenix. Und sie ist eine der wesentlichsten Charakteristika des heutigen Lebens in diesem Stück Amerika. Am Anfang, vor Hunderten von Jahren, waren die Indianer die ersten Siedler in Arizona. Apa hen, Pirna, Navajo, Papagos und zahlreiche andere Stämme lebten in en fruchtbaren Niederungen der Flußtäler und pflanzten den ersten Mais und züchteten die ersten Rinder. Nachkommen aller dieser Stämme machen heute noch "AMERIKA DIENST" . 10. August 1955 noch einen beträchtlichen Teil der einmillionenköpfigen Bevöl­ kerung Arizonas aus. Später kamen andere Siedler. Durch die Ankunft spanischer Eroberer, Kolonisatoren und Missionare schlug das spanische Element in jenem Territorium, das Arizona werden sollte, so tiefe Wurzeln, daß Sprache, Religion, Architektur und Brauchtum neben den jeweiligen zeitgenössischen amerikanischen Kulturströmungen stets lebendig geblieben sind. Gestern, heute und morgen: der neue Siedler aus Neu-England, aus dem Süden oder aus dem Mittelwesten, der sich entschlossen hat, im Lande des spanisch-indianischen Vermächtnisses zu leben, fühlt sich glücklich unter Menschen, die gleich ihm Abenteuer und Befriedigung in einem neuen amerikanischen Grenzerleben suche Ein paar von uns sprechen Indianisch, ein paar Spanisch, ein paar Englisch. Aber wir alle hier sind Arizoner und Amerikaner. Hier ähneln sich die Sehnsüchte und Interessen aller, die Freundschaften sind dauerhaft, und man lebt in jener Erregung, die die täglichen Veränderungen und das tägliche Wachsen mit sich bringt. Das alles habe ich bis heute hier gefunden. Und ich blicke - umgeben von weiten Horizonten und von den großen Bergen und Wüsten, die Arizona sind - den künftigen Entdeckungen entgegen.

ACHTUNG REDAKTION! Auf Anforderung übersendet Ihnen der AMERIKA DIENST kostenlos ein

Porträt von Erskine Caldwell

***** "AMERIKA DIENST" 10. August 1955

SCHUTZ FÜR DIE FREIHEIT DER MEERE Entwurf zu einem neuen internationalen Seerecht ' ' ' '" " ' - ' ( 87 Zeilen) NEW YORK, VEREINTE NATIONEN - (AD) - Mit Unterstützung und Förderung der Vereinten Nationen sind jetzt wesentliche Fort­ schritte zur Schaffung eines neuen internationalen Rechts, das alle Fragen des Verkehrs auf hoher See, der Hoheitsgewässer und des Schutzes der Fischerei regeln soll, erzielt worden. Der Ent­ wurf hierzu wird in Kürze den Regierungen zur Stellungnahme über­ mittelt, damit diese Angelegenheit spätestens 1956 vor die UN- Vollversammlung gebracht werden kann; er wurde auf der kürzlich in Genf abgehaltenen Sitzung der Kommission für internationales Recht vorbereitet und ist eine revidierte Fassung der früher von der Kommission vorgeschlagenen Regelung. Der Entwurf, der von den Vereinten Nationen noch nicht offiziell veröffentlicht worden ist, enthält jetzt Bestimmungen, die für alle seefahrenden Nationen von großer Bedeutung sind. So sehen die Verordnungen zum Schutze der Fischerei unter anderem die Schaffung schiedsrichterlicher Instanzen zur Schlich­ tung aller internationalen Streitfragen vor, die sich auf die Fischerei in den Küstengewässern und auf hoher See beziehen. Wo nämlich zwei oder mehr Staaten in denselben Gewässern Fischfang treiben, muß auf Ersuchen eines von ihnen über eine Vereinbarung zum Schutz der Fischgründe unterhandelt werden. Kommt eine derartige Vereinbarung nicht in angemessener Frist zustande, wird der Fall an das Schiedsgericht überwiesen. Auch andere in diesen Gewässern Fischfang treibende Staaten müssen sich denselben Vorschriften unterordnen und haben ebenfalls das Recht, das zuständige Schiedsgericht anzurufen. Die besonderen Interessen aller Küstenstaaten an den angrenzenden Meeren werden ausdrücklich anerkannt; gleichzeitig wird festge­ stellt, daß bei jeder Untersuchung oder Regelung in dem betreffen­ den Gebiet alle Staaten ohne Rücksicht darauf, ob sie den Fisch­ fang auch wirklich treiben oder nicht, die gleichen Rechte und Pflichten haben. Ebenso darf ein Küstenstaat, der an der Erhaltung von Fisch- und Laichplätzen vor der eigenen Küste interessiert "AMERIKA DIENST" 10. August 1955 interessiert ist, einseitige Schutzmaßnahmen ergreifen, wenn ein Übereinkommen mit anderen daran interessierten Staaten nicht in angemessener Zeit erzielt wird. Die Notwendigkeit solcher Maßnahmen muß jedoch wissenschaftlich belegt werden, außerdem dürfen diese keinesfalls eine Benachteiligung ausländischer Fischer darstellen. Wenn andere gleichfalls daran interessierten Staaten ihre Zustimmung verweigern, kann das Schiedsgericht an­ gerufen werden. Überdies berücksichtigt der Entwurf die Tatsache, daß Fischen in einem Gebiet den Fischfang in einem anderen zu beeinträchtigen vermag. Auch hierbei ist in Zweifelsfällen eine Entscheidung dem Schiedsgericht zu überlassen. Die schiedsrichterliche Instanz selbst soll aus einer Kommission bestehen, deren Mitglieder nach Vereinbarung zwischen den Parteien gewählt werden. Können diese sich innerhalb von drei Monaten nach dem Beschluß, ein Schiedsgericht anzurufen, nicht einigen, wird die Kommission auf Ersuchen einer der Parteien von dem Generalsekretär der Vereinten Nationen nach Konsultation des Generaldirektors der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der UN ausgewählt. Das Recht, auf hoher See zu fischen, wurde von der Kommis­ sion bestätigt; es wurden auch keine tiefen Gewässer in Küsten­ nähe ausgenommen, sofern es sich nicht um feste Fangplätze handelt. Das Recht, eine bestimmte Zone entlang der Küste festzusetzen, wo Fischfang nur von Angehörigen des betreffenden Staates getrieben werden darf, wurde von der Kommission jedoch nicht anerkannt. Die Freiheit der Meere wird nach diesem Entwurf zum neuen Seerecht allen Nationen zugestanden; es betrifft Navigation, Fischerei, das Legen von Unterwasserkabeln und Rohrleitungen sowie das Überfliegen der Weltmeere. Die Hochsee wiederum wird als jener Teil der Weltmeere de­ finiert, der außerhalb der Grenzen der Hoheitsgewässer liegt und nicht zu den Binnengewässern eines Staates gehört. Die Kommission entschied dabei, daß das internationale Recht eine Ausdehnung der Hoheitsgrenze über die Zwölf-Meilen-Zone hinaus nicht rechtfertige und keinen Staat verpflichte, außerhalb der Drei-Meilen-Zone gel­ tend gemachte Rechte anzuerkennen. Das bedeutet, daß nach Ansicht "AMERIKA DIENST 10. August 1955

Ansic .t der Kommission jede Erweiterung der Hoheitsgewässer zwangsläufig die Freiheit der Meere beeinträchtigt. In weiteren Bestimmungen werden zahlreiche Einzelfragen wie Piraterie, Navigationshilf n und unter anderem auch die Regist lerung von Schiffen behandelt. Die Kommission gibt hier­ über ganz detaillierte Weisungen: Um als Schiff einer bestimm­ ten Nationalität anerkannt zu werden, muß es entweder Eigentum des betreffenden Staates ein o er zu mehr als 50 Prozent Per­ sonen gehören, die entwed r des; en Staatsangehörige sind oder ihren rechtmäßigen und tatsächlichen Wohnsitz in dem betreffen­ den Land haben. Außerdem darf ein Schiff eine bestimmte Landes­ flagge führen, wenn es zu mehr als 50 Prozent im Besitz einer Gesellschaft ist, deren persönlich haftende Partner in der Mehr­ zahl dem genannten Personenkreis angehören, oder wenn es zu mehr als 50 Prozent Eigentum einer Aktiengesellschaft ist, die sich gemäß den Gesetzen des betreffenden Staates konstituiert hat und innerhalb seiner Grenzen ordentlich gemeldet ist. Der Abfassung dieses Artikels liegt die Erwägung zugrunde, daß die Kontrolle und Gerichtsbarkeit eines Staates über ein Schiff, das seine Flagge führt, nur dann wirklich ausgeübt werden kann, wenn zwischen Staat und Schiff noch andere Be­ ziehungen bestehen als nur die einer nominellen Registrierung.

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- 6 - "AMERIKA DIENST" 10. August 1955

DER "WILDE WESTEN" IST NICHT MEHR WILD Cowboy, ein Beruf wie jeder andere, mit Sozialversicherungsrecht und Gewerkschaftsschutz ( 90 Zeilen) DALLAS (Texas) - (AD) - Wer sich den "Wilden Westen"der USA so vorstellt, wie man ihn gewöhnlich im Kino zu sehen be­ kommt, der wird in Amerika unserer Tage nicht auf seine Rechnung kommen. Die Goldsucher von einst suchen heute nach streng wissen­ schaftlichen Methoden Uran, und der letzte Überfall auf eine Post­ kutsche liegt 39 Jahre zurück. Nur eine Gestalt aus jener aben­ teuerlichen Zeit ist erhalten geblieben: der Cowboy. Allein |er Staat Texas besitzt derzeit sieben Millionen Rinder, elf Millionen Schafe und siebenhunderttausend Pferde, die alle einer sorgfältigen Pflege bedürfen, und auch in den anderen weiten, trockenen und dünnbesiedelten Staaten des Westens - New Mexico, Arizona, Nevada, Wyoming und Montana - stellt die Viehzucht einen der wichtigsten Erwerbszweige dar. Mit europäischen Verhältnissen kann man diese Viehzucht allerdings nicht vergleichen. Eine durchschnittliche "Ranch" ist ungefähr 5000 Hektar groß und besitzt etwa 500 Stück Vieh; aber es gibt neben Zwergbesitzungen von "nur" 100 Hektar auch kleine Königreiche wie die "King"-Ranch, die mit ihren viertau­ send Quadratkilometern so groß ist wie der Regierungsbezirk Köln. Seit den Tagen des Wilden Westens haben sich die Aufgaben der Cowboys sehr geeändert. Die ersten Rinder, die nach Amerika kamen, stammten aus Spanien, hatten lange Hörner und bestanden fast nur aus Haut und Knochen. Man hielt sie vor allem deshalb, weil das dürre Gras und das Wasser nichts kosteten, trieb sie durchs Land und verkaufte schließlich ihre Häute und ihre geräu­ cherten Zungen, während man das übrige einfach wegwarf. Später, als im Osten Amerikas große Nachfrage nach Rindfleisch herrschte, trieb man die vielhundertköpfigen Herden über die oft eineinhalb­ tausend Kilometer langen "Trails" durch Wüsten, Steppen und reißende Flüsse nach Kansas und Missouri und konnte dabei reich werden. Rinder, die im südlichen Texas drei Dollar kosteten, konnte man nach diesen Wagnissen an den Eisenbahnstationen in "AMERIKA DIENST" 10. August 1955 in Kansas leicht um 30 Dollar verkaufen. Die Umwälzung kam, als der "Wilde Westen" Amerikas durch mehrere Eisenbahnlinien erschlossen wurde. Die letzten romanti­ schen Viehtriebe fanden Ende des vorigen Jahrhunderts statt; dann wurde die weite, offene Prärie mit einem Netz von Stachel­ drahtzäunen überzogen und die abenteuerliche Wanderzeit war zu Ende. Dafür konnte man nun hochwertige englische Rinderrassen einführen, die zwar sorgfältigerer Pflege bedurften als die halbwilden Lunghorns, aber auch mehr und besseres Fleisch lie­ ferten. Manche der neuen, hochwertigen Zuchtstiere kosten nicht weniger als 70 000 Dollar. Während ihrer Arbeit leben die Cowboys - die in den meisten Gegenden Amerikas "Buckaroos" (vom spanischen "Vaquero") oder "Cowpunchers" genannt werden - in Zeltlagern auf der Präsie und werden oft aus fahrbaren, motorisierten Küchen verpflegt. Mancher alte Cowboy hat schon im Scherz darüber geklagt, wie "verweich­ licht" die "heutige Jugend" ist. Während er selbst noch viele Tage im Sattel saß, bei Wind und Regen unter freiem Himmel schla­ fen mußte und wochenlang nichts aß als Rindfleisch, Zwieback und schwarzen Kaffee, schlafen die heutigen Cowboys unter Zeltdächern auf Luftmatratzen und Feldbetten und trinken zum Frühstück Kakao oder eisgekühlten Orangensaft. Und während der Train eines Cowboytrupps einst aus zwei Maultieren und einem Planwagen (dem "Chuck-Wagen") bestand, braucht man heute zwei oder drei riesige Lastwagen, um den ganzen Lebensbedarf eines Cowboycamps zu transportieren. Aber trotz dieser "Verweichlichung" ist die Tätigkeit der Cowboys auch heute noch immer ausgesprochene Schwerarbeit. Ihren Höhepunkt erreicht diese Arbeit alljährlich im Frühjahr und im Herbst bei den "Round-ups", dem Zusammentreiben der Herde. Im Frühjahr werden die Tiere gezählt und die Kälber gezeichnet und geimpft; im Herbst werden die Rinder für den Verkauf ausgewählt und zu den Schlachthöfen transportiert. Die wichtigsten Hilfsmittel des Cowboys bei dieser schweren und schmutzigen Arbeit sind nach wie vor das Lasso und ein gut dressiertes, intelligentes Pferd. Seit Einigen Jahren aber ist letzteren im Hubschrauber eine ernste Konkurrenz erwachsen. Er "AMERIKA DIENST" 10. August 1955 Er ersetzt in besonderen Fällen leicht dreißig berittene Cowboys. Gleichgeblieben ist die alte, romantische Tracht des Coffboys: der breitkrempige Hut, die engen Hosen und die "Chaparajos", die mit Fransen versehenen ledernen Reithosen, die bunten Hemden und die kurzen, reichgeschmückten Stiefel mit den auffallend hohen Absätzen, die den Fuß daran hindern sollen, aus dem Steigbügel zu rutschen. Nur ein Teil der Ausrüstung, die man so oft im Kino sieht, fehlt den heutigen Cowboys: der Colt. Über die Sicherheit der "Buckaroos" wacht die Polizei, über ihr Wohlergehen die Gewerk­ schaft und die Krankenkasse. Ihr durchschnittliches Monatsge­ halt beträgt heute neben Verpflegung und Unterkunft rund 150 Dollar (über 600 DM). Erstaunlich sind die "Steckenpferde" der Cowboys, die man in einigen Rundfragen ermittelt hat: sie lesen am liebsten Wildwestromane, sehen am liebsten Wildwestfilme und besuchen am liebsten "Rodeos", jene glanzvollen Volksfeste, in denen die besten unter ihnen gegen hohe Preise ihre Geschicklichkeit beim Einreiten wilder Pferde und beim Umgang mit Stieren zeigen. Er­ staunlich deshalb, weil man glauben sollte, daß die Cowboys müde von ihren mühsamen Round-ups wenigstens in ihrer Freizeit nichts mehr vom Reiten und der staubigen Steppenlandschaft hören wollten. Aber es wird doch so sein, daß in jedem Cowboy noch ein gutes Stück Romantik steckt und es nicht bloß die Notwendigkeit des Geldverdienens ist, die ihn in das rauhe Leben auf der weiten, offenen Prärie hinaustreibt. ACHTUNG REDAKTION! Auf Anforderung übersendet Ihnen der AMERIKA DIENST kostenlos folgende Bilder: 1) Das Cowboyleben hat viel an Romantik eingebüßt, aber gleichgeblieben ist die Tracht der Cowboys: der breitkrempige Hut, die engen Hosen und die Chaparajos, die mit Fransen versehene le­ derne Reithose und die kurzen Stiefel. Die wichtigsten Hilfsmittel bei dieser schweren Arbeit sind nach wie vor das Lasso und ein gut dressiertes Pferd. 2) Die Tätigkeit der Cowboys ist auch heute noch schwerste Arbeit. Ihren_Höhepunkt erreicht diese Arbeit alljährlich im Früh­ jahr und im Herbst bei den sogenannten "Round-ups", dem Zusammen­ treiben der Herden. * * # * * - 9 - "AMERIKA DIENST" 17. August 1955

WASHINGTON POST: In memoriam Thomas Mann Von Agnes Meyer ( 56 Zeilen) WASHINGTON - (AD) - Es ist hart für mich, den plötzlichen Tod meines verehrten Freundes Thomas Mann hinnehmen zu müssen. Seit dem Jahre 1937, wo ich ihn kennen lernte, verband mich mit Thomas Mann eine Freundschaft, die die höchsten Anforderungen an mich stellte, und der ich unendlich viel verdanke. Noch vor weni­ gen Monaten hatte er mir den Themenentwurf für eine neue Novelle geschickt, ein Gegenstand, der noch kühner als manches seiner vorhergehenden Yv'agnisse im Reich des Unbekannten, Unerforschten und Mysteriösen ist.... Thomas Manns Werke tragen alle - von den "Buddenbrooks" bis zum noch nicht ins Englische übertragenen "Felix Krull" - unver­ kennbar autobiographischen Charakter, wenn auch in verarbeiteter Form. Als er noch der junge Bürger der Freien Hansestadt Lübeck war, sah er in sich selber den künstlerischen Schwächling, den unwürdigen Abkömmling eines großen Geschlechtes königlicher Kauf­ leute, und in der Tat: Manns frühes Schaffen ist durchzogen von einem morbiden Hang zum Tode. Aber schon in den bald darauf fol­ genden Novellen wie "Tonio Kroger" und "Tod in Venedig" zeigt sich eine ätzende, fast ans Grausame grenzende Ironie, geboren aus seinem klarsichtigen Einblick in den Morast der zeitgenössischen europäischen Gesellschaft. Er, der alle menschlichen Verantwort­ lichkeiten verworfen hatte, fand sich im Gefolge des ersten Welt­ krieges dann der völligen sozialen Wurzellosigkeit gegenüber. Und so entstand denn sein erstes großes Nachkriegswerk, "Der Zauber- ber.g", ein Bildnis seiner Wandlung vom exilierten Bürger seiner Vaterstadt Lübeck zum bereitwilligen Diener an der menschlichen Gemeinschaft Denn der Krieg hatte ihm die Gefahr gezeigt, in der die deutsche Kultur schwebt, wenn die Kunst dem Leben entfremdet bleibt. Der Niederschlag dieses Umbruchs findet sich in den Ge­ danken des Hans Kastorp aus dem "Zauberbeng", der, nachdem er das schillernde Faszinosum von Krankheit und Tod auf dem Gipfel - I - "AMERIKH DIENST" 17. August 1955 Gipfel jenes Berges erlebte, in die Niederungen des Alltages und seiner Pflichten zurückkehrt. Von dieser Zeit an rang Thomas Mann mit den Gefahren des Gespaltenseins der Persön­ lichkeit; und der Held seines "Dr. Faustus", der, gleich dem jungen Thomas Mann, die vollkommene Reinheit in einem abstrak­ ten, völlig vom menschlichen Leben und den Erfahrungsinhalten der Gemeinschaft losgelösten Ästhetizismus sucht, bricht denn auch eines Tages zusammen und verfällt - wie Nietzsche und Hitler - dem Wahnsinn. In diesem erstaunlichen Buch ermahnt der Dichter - lange nach seiner Flucht aus dem "Dritten Reich" - sein in Schande gefallenes Land, aber auch die ganze Welt, daß schöpferische Kunst und schöpferisches Leben nur aus der echten gegenseitigen Durchdringung von Seele und Körper, Geist und Materie, Ratio und Emotion erwachsen könne. Thomas Manns endgültiger Humanismus, der zu solch hohem Preise erkauft wurde, scheint mir die trost­ reichste Antwort zu sein, die je ein Künstler auf die furcht­ baren Fragen gefunden hat, vor denen wir uns angesichts der Agonie unserer demoralisierten Zivilisation befinden. Er hilft uns, so wir den wundersamen Weg seiner Wandlung folgen, unsern Weg zu finden, hindurch durch den Aufruhr des modernen Lebens hin zu einem neuen Gleichgewicht, das die Waage hält zwischen Leidenschaft und Berechnung, Triebhaftigkeit und Verantwort­ lichkeit, Freiheit und Selbstdisziplin. Dieser Humanismus wird erst dann zu wahrem Leben erwachen, wenn wir das gefährliche Suchen nach der letzten Wahrheit aufgegeben haben

(Quellenangabe erforderlich)

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- II - "AMERIKA DIENST" 17. August 1955

Zwanzig zeitgenössische Dichter und Schrift­ steller erzählen über "ihre" Stadt. Aus Ost und West, aus Nord und Süd kommen die Schil­ derungen und vermitteln uns ein literarisch gezeichnetes Bild des heutigen Amerika.

DAS IST AMERIKA

John Steinbeck ist heute ein vielgelesener und vielbeachteter Schriftsteller. Aber ehe es soweit war, hatte er lange Perio­ den der Armut und Entbehrung durchzumachen. Sein Lehrmeister war die Not. Seine ersten Werke "Tortilla Fiat" (Die Schelme von Tortilla Fiat), "Pastures of Heaven", (Himmlische Weiden), "Of Mice and Men" (Von Menschen und Mäusen), zeichnen ein äußerst realistisches, aber keineswegs skeptisch-zynisches Bild all jener Ängste und Leiden, die die Armen, die Nicht- Dazugehörenden, die Einsamen quälen. Dieses Wissen um die Not spricht auch aus Steinbecks Hauptwerk, dem viel umstrittenen Roman "The Grapes of Wrath" (Die Früchte des Zorns), das die Geschichte stellenloser, umherziehender Arbeiter während der Zeit der Wirtschaftskrise zu Anfang der 30er Jahre zum Inhalt hat und eine schwere soziale Anklage darstellt. John Steinbeck stammt aus dem kleinen Ort Salinas an der Pazifikküste und ist 53 Jahre alt. Er lebt heute in New York, das er seine eigentliche Heimat nennt. Aber hören Sie ihn selbst. NEW YORK CITY Von John Steinbeck Deutsch von Jane Textor

(80 Zeilen) NEW YORK — (AD) — Ich habe auf dem Lande und in kleinen Städten gelebt - und in New York City. New York ist die einzige City in der ich jemals gelebt habe. Der Umwandlungsprozeß vom Kleinstädter zum New Yorker ist langwierig und vollzieht sich nicht ohne schmerzliche Erfahrungen. Als ich im Jahre 1925 das erste Mal nach New York kam und die Stadt sah, jagte sie mir Angst und Grauen ein. Sie wirkte wie ein Ungeheuer auf mich - riesige, hoch in den Himmel aufragende Lichtpyramiden, gespenstisch anzusehen durch den dichten Schleier "AMERIKA DIENST" 17. August 1955

Schleier fallenden Schnees. Es ängstigte mich zu Tode. Dann schaute ich mich nach einem Job um. Ich fand keinen. Die City drohte kalt und herzlos, wie ich dachte. Alles, was ich brauchte, um vorwärts zu kommen, besaß ich nicht. Aber es war nicht Ekel, der mich aus der Stadt trieb, es war der Respekt, den nur echte Furcht einflößt. Ich ging wieder zurück in die kleine Stadt in Kalifornien, arbeitete als Holzfäller, schrieb Romane, Erzäh­ lungen und Theaterstücke. Es vergingen elf Jahre bis ich wieder nach New York City kam.

* Mein zweiter Angriff auf New York verlief ganz anders, endete aber nicht weniger kurios als mein erster Versuch. Nach vielen vergeblichen Bemühungen hatte ich mit einem Roman Erfolg gehabt, und war fast so etwas, wie eine Persönlichkeit geworden. Ich mie­ tete ein Zimmer, aber meine Vorurteile waren nicht überwunden. Ich wollte in der City leben, aber ich mied sie peinlichst. Von meinem neuen Heim aus blickte ich auf einen Garten - allerdings ziemlich verrußten Garten. Immerhin - ich legte einen Rasen an, kaufte riesige Blumentöpfe und pflanzte Tomaten. Heute weiß ich, daß sich von da an unmerklich ein Wandel meines Ichs vollzog. Ich habe mit vielen Leuten über dieses Phä­ nomen gesprochen, und sie alle bestätigten: die Vorbereitung voll­ zieht sich ganz allmählich und unmerklich, die Erkenntnis des vollzogenen Wandels aber kommt wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Und ich erinnere mich dieser einen zündenden Sekunde in meinem Leben recht gut. Es geschah in der dritten Avenue. Die Züge der Hochbahn rat­ terten in kurzen Abständen über meinem Kopf hinweg. Hoch türirten sich die Schneehaufen am Straßenrand links und rechts der Fahrbahn. Der Wind blies eisig kalt. Froststarre Papierfetzen kratzten über das Pflaster. Vor einer Drugstoreauslage blieb ich stehen. Und da geschah es plötzlich. Alles rückte wie von selbst an den richtigen Platz. Ein Gefühl, das, wenn es hätte sprechen können, gesagt hätte: "Mein Gott, ich gehöre hierher. Ist das nicht wunderbar?" Nun - 2 - "AMERIKA DIENST" 17. August 1955 Nun erst sah ich die Torwege, die Stufen, die zu den Wohnungen führten. Ich sah über die Straßen hinweg zu den Fenstern, sah die Spitzenmuster der Gardinen mit den blühenden Geranientöpfen hinter verrußten Scheiben. Es war alles wunder­ schön - aber das wichtigste, ich war kein Fremder mehr, ich gehörte dazu. Ich war ein New Yorker. Es mag Leute geben, denen dies alles leichter zugefallen war, aber die meisten mit denen ich darüber gesprochen habe, hatten ähnliche qualvolle Stadien durchzustehen, ehe sie sich dazugehörig fühlten. Diese Dazugehörigkeit ist gegenseitig. Die City nimmt einen auf, wie man sie aufnimmt. Ein junger Mann in einer kleinen Stadt, ein Frosch im Tümpel, kann, wenn er die Beine bewegt, schon Wellen schlagen. Er ist bekannt. Er kommt nach New York und, was er auch anstellt, es imponiert keinem. Er fordert die City zum Kampf heraus und sie schlägt zurück, ohne Notiz von ihm zu nehmen. Und dann, eines Tages, rücken die Dinge an den richtigen Platz und man kämpft nicht mehr, braucht nicht mehr zu kämpfen. Sie ist zu groß um von ihm Notiz nehmen zu können, und plötzlich ist dieses Nicht-Notiz-Nehmen die herrlichste Sache der Welt. New York hat kein spezifisches Aroma wie oder New Orleans. Alles hier ist einmalig und vielfältig. Sie wird niemals müde, die City, und ihre Luft ist energiegeladen. Ich kann in New York länger und schwerer arbeiten als sonstwo ohne müde zu werden. Ich wohne heute auf der East-Side, direkt im Herzen der Stadt. Die nähere Umgebung ist "mein Dorf. Ich kenne alle Ladeninhaber und einige meiner Nachbarn. Wochenlang ziehe ich mich hier in mein Dorf zurück, abgeschlossen von der City. Haben wir die Haustür hinter uns zugemacht, sind wir hier mehr unter uns als es Menschen in irgendeinem Lande unter dem Polarkreis jemals gewesen sind. Niemand mischt sich in unsere Angelegenheiten - niemand stört unangemeldet unsere Häuslichkeit - sicherlich ein recht kultivierter Brauch. Dann und wann verreisen wir auf einige Monate, und jedesmal kehren wir mit dem Stoßseufzer der Erleichterung nach New York City zurück: "Gott sei Dank, wir sind wieder "AMERIKA DIENST" 17. August 1955

Wer einmal in New York gelebt hat und hier heimisch ge­ worden ist, für den ist jeder andere Ort einfach nicht mehr gut genug. Die City kann einen zugrunde richten - hat eir aber erst sehen gelernt, wird sie ihm nie langweilig werden.

ACHTUNG REDAKTION! Auf Anforderung übersendet Ihnen der AMERIKA DIENST kostenlos ein Porträt von John Steinbeck.

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NEUTRONENDETEKTOR ENTWICKELT (9 Zeilen) I0S ANGELES - (AD) - Wissenschaftler der Universität von Kalifornien haben einen neuen Strahlungsindikator ent­ wickelt, mit dessen Hilfe es möglich ist, schnelle Neutronen, die die durchdringendste Atomstrahlungsart darstellen, sofort festzustellen. Das Gerät ist nur etwa 2,5 cm lang und besteht aus einem kleinen waffelförmigen Stack des Elementes Germanium, einem Transistor und ist mit einer Kunststoffhülse umgeben. Die Neutronen werden durch eine Veränderung der elektrischen Leitfähigkeit des Germanium-Kristalls angezeigt.

* * * * * "AMERIKA DIENST" 17. August 1955

DIE AMERIKANISCHE GEOGRAPHISCHE GESEILSCHAFT Verkörperung von Pioniergeist und bester wlaserBchaftlioher Tradition

( 85 Zeilen) WASHINGTON, D.C. — (AD) — Die Amerikanische Geologische Gesellschaft, die Ende des vorigen Jahrhunderts aus ganz kleinen Anfängen hervorgegangen ist, gehört heute zu den größten Vereini­ gungen von bedeutendstem wissenschaftlichen und bildungsmäßigen Wert. Als sie im Jahre 1888 in Washington ins Leben gerufen wurde, zählte sie im ganzen nur 165 Mitglieder. Aber die Männer und Frauen, die ihr angehörten, waren, wie ihr erster Präsident, Gardiner Greene Hubbard, sagte, von der Idee beseelt, die geographischen Kenntnisse so zu vermehren und weiterzutragen, daß schließlich jeder so viel wie möglich von dem Planeten weiß., auf dem er lebt. Heute zählt die Gesellschaft bereits 2 250 000 Mitglieder, davon ein Sechstel außerhalb der Vereinigten Staaten. Das Hauptorgan, das sich die Geographische Gesellschaft zur Erfüllung ihrer Aufgaben schuf, ist die Monatsschrift "National Geographie Magazine", das heute schätzungsweise 10 Millionen Leser hat. Auch diese Zeitschrift, die 1889 gegründet wurde, war zunächst weiter nichts als eine unbedeutende Fachzeitung, bis der damalige Gesellschaftspräsident Dr. Alexander Graham Bell (der Erfinder des Telephons) den jungen Oberschullehrer Gilbert Grosvenor mit der Schriftlöitung betraute. Grosvenor, der seit 1920 auch als Präsident der Gesellschaft fungierte, versah sein Amt 55 Jahre lang, das heißt also bis 1954, mit größtem Erfolg. Aus den 1 000 Abonnenten, die er bei seinem Eintritt in die Redaktion übernahm, waren bis 1954 über zwei Millionen geworden. Zum Nachfolger in beiden Positionen wurde Dr. John Oliver La Gorce ernannt, der bereits seit 1905 zu den Mitarbeitern der Gesellschaft und seit 1911 zum Redaktionsstab der Verbandszeit­ schrift zählte. Unter ihm arbeiten heute nicht weniger als 900 in einem besonderen Gremium zusammengefaßte Mitglieder, zu denen Leh­ rer, von über 100 in- und ausländischen Colleges und Universitäten "AMERIKA DIENST" 17. August 1955

Universitäten gehören. Jeder von ihnen ist Spezialist auf einem Gebiet, und alle verstehen, anschaulich zu schreiben. Außerdem kommen des öfteren auch höchst prominente Persönlichkeiten der Wissenschaft, Forschung und des öffentlichen Lebens zu Wort. Das "Geographie Magazine" hat sich so den Ruf erworben, daß alle Artikel die von ihm herausgebracht werden, wissenschaftlich aufs beste fundiert und dennoch so geschrieben sind, daß sie von jedem gern gelesen und überdies auch verstanden werden. Einer von Grosvenor entwickelten'Praxis getreu, werden, zwischen die im weiteren Sinne geographischen Artikel, oft auch gediegene und immer vorzüglich illustrierte Aufsätze rein naturwissenschaftlichen oder technischen Inhalts geschoben. Ein großer Anreiz für den Leser ist überhaupt die Illustra­ tion, die diese Zeitschrift von Anfang an gepflegt hat und derart weiterzuentwickeln verstand, daß sie auf diesem Gebiet geradezu bahnbrechend geworden ist. Unter den rund 120 Photos, die ein 150 Seiten starkes Heft enthält, befinden sich stets außer einer Anzahl zum Teil ganzseitiger Farbdrucke auch viele naturfarbige Photo­ graphien, die von Tieren auf freier Wildbahn, unter Wasser, in Höhlen oder in anderen, nicht jedem Sterblichen ohne weiteres zu­ gänglichen Orten aufgenommen sind. Die hier reproduzierten Bilder besitzen häufig sogar größten Seltenheitswert, da die Amerikanische Geographische Gesellschaft fast Jahr für Jahr entweder selbst Expe­ ditionen ausrüstet oder andere zur Erfüllung der verschiedensten Aufgaben und Ziele unterstützt und ihnen eigene Leute, Wissenschaft- ler oder wenigstens Reporter, mitgibt. Die Ergebnisse solcher Expe­ ditionen finden ihren Niederschlag in der Monatsschrift oder den anderen von der Gesellschaft herausgegebenen Publikationen, die oft Erstveröffentlichungen von größtem wissenschaftlichen Werte sind. Das Quellenmaterial, das die Gesellschaft besitzt, steht mit­ samt der großen Fachbibliothek und dem Photoarchiv mit rund 2 Millio­ nen, größtenteils selbstverständlich unveröffentlichten Aufnahmen in einer bestimmten Auswahl auch dem Publikum zur Verfügung. Die bedeutende Bibliothek, die im Verlagsgebäude in Washington unterge­ bracht ist, enthält übrigens nicht ausschließlich Fachliteratur, "AMERIKA DIENST" 17. August 1955

Fachliteratur, sondern auch Werke aller verwandten Gebiete. Der hohe Bildungswert, der dieser ganzen Institution nicht zuletzt auf Grund ihrer Materialsammlungen eignet, wird dadurch gleichsam praktiziert, daß die Gesellschaft nicht nur über 40 000 Schulen im englischen Sprachbereich wöchentlich mit geographischem Nachrichtenmaterial, einschließlich Karten und Bildern, versorgt, sondern seit 1914 auch täglich 900 Zeitungen, Agenturen, Radio- kommentatore und Redakteure in Amerika mit kurzgehaltenen, aber stets das Wesentliche herausstellenden Informationen beliefert. Für die in Washington wohnenden Mitglieder der Gesellschaft werden überdies in jedem Jahr bis zu 19 Vorlesungsreihen abgehalten, die sich größter Beliebtheit erfreuen und nicht selten auch von Aus­ ländern und hochgestellten Persönlichkeiten der amerikanischen Bundesstaaten besucht werden. Die Mitglieder der Gesellschaft, die praktisch allen Bevöl­ kerungsschichten angehören, haben sich in dem Bemühen zusammenge­ funden, der reinen Forschung ebenso wie der individuellen Weiter­ bildung zu dienen. In dem großen Interesse, das der Geographischen Gesellschaft von allen Seiten entgegengebracht wird, verkörpert sich das Verlangen dieser Menschen, über die geographischen und alle damit zusammenhängenden Fragen gründlich unterrichtet zu werden.

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- 7 - "AMERIKA DIENST" 17- August 1955

GERSHWIN WÜRDE STAUNEN Ein Phänomen der Musikgeschichte - Von der Popularität zur Unsterblichkeit

(83 Zeilen) NEW YORK — (AD) — In der Geschichte der Musik findet man viele Komponisten, die zeit ihres Lebens unbekannt blieben und erst nach ihrem Tode berühmt wurden. Andere wiederum wurden zu Lebzeiten geehrt und gerieten dann in Vergessenheit. Wieder an­ dere wurden zu Lebzeiten gepriesen, vergessen, und schließlich wiederentdeckt. Mit George Gershwin aber hatte es eine ganz andere Bewandtnis. Als Gershwin im Jahre 1937 im Alter von 38 Jahren an einem Gehirntumor plötzlich verstarb, war er unzweifelhaft einer der erfolgreichsten Komponisten, die Amerika je hervorgebracht hatte. Er hatte mit seinen Kompositionen ein Vermögen verdient, war bei angesehenen Musikern und Musikkritikern in Europa und Amerika hoch geschätzt, und seine Melodien waren in aller Munde. Aber selbst seine größten Bewunderer hätten sich wohl kaum träumen lassen, wie sehr sein Ansehen und seine Popularität in den Jahren nach seinem Tod noch wachsen sollten. Tatsächlich wird Gershwins Musik heute öfter gespielt als zu seinen Lebzeiten. Nachfragen bei den führenden Symphonieorche­ stern Amerikas haben ergeben, daß seit 1945 George Gershwin nicht nur der meistgespielte amerikanische Komponist war, sondern auch der einzige, dem ganze Programme gewidmet werden - und zwar in Amerika, wie auch im Ausland. Allein im Jahre 1954 wurden Gershwins Werke in mindestens 35 europäischen Städten aufgeführt. Dabei ist besonders bemerkenswert, daß Gershwin nicht viele ernste Musikwerke hinterlassen hat: zwei Rhapsodien, ein Klavier­ konzert, eine Tondichtung, eine Ouvertüre, Variationen für Klavier und Orchester, fünf Klavier-Präludien und eine Oper. Diese Werke aber werden wieder und wieder gespielt. In den Katalogen der

Langspielplatten

- 8 - "AMERIKA DIENST" 17. August 1955

Langspielplatten sind 13 verschiedene Versionen der "Rhapsody in Blue" verzeichnet, weitere elf Versionen von "Ein Amerikaner in Paris" (darunter einmal unter der Stabführung Toscaninis), fünfmal die Orchestersuite aus "Porgy and Bess", sechs musika­ lische Querschnitte durch die Oper mit Gesang und eine komplette Passung der Oper. Sein Klavierkonzert wurde viermal auf Platten aufgenommen, die "Cuban Ouvertüre" zweimal, die "Second Rhapsody" und "Variations on I Got Rhythm" je einmal. Gleichzeitig aber wurden viele Gershwin-Stücke in neue Ge­ wänder gehüllt. Jascha Heifetz hat sowohl die Klavierpräludien wie die wichtigsten Gesangsnummern aus "Porgy and Bess" für Violine und Klavier bearbeitet. Gregory Stone hat die ursprünglich für Klavier und Orchester komponierte "Rhapsody in Blue" für Violine und Orchester umgeschrieben. Beliebte Gershwin-Melodien, oft sehr geschickt zusammengestellt, erschienen in konzertanter Fassung. Aber die Schlagermelodien Gershwins sind auch unbearbeitet von größter Lebenskraft. Bis heute zählt Gershwin zu den höchstbezahl­ ten Mitgliedern der ASCAP, die für Aufführungsrechte aller Art Tantiemen einhebt. Las ist um so eindrucksvoller als Erfolgskom­ ponisten wie Irving Berlin, Cole Porter und Richard Rodgers noch am Leben sind und in den zwei Jahrzehnten seit Gershwins Tod eine Unzahl beliebter und oft gespielter Melodien geschrieben haben. Auch Hollywood interessiert sich immer noch für Gershwin. Zwei der erfolgreichsten Streifen "Rhapsody in Blue" und "Ein Amerikaner in Paris" wurden lange nach seinem Tode gedreht. Am offenkundigsten aber wird Gershwins Beliebtheit und Ruhm bei der Betrachtung seiner Oper "Porgy and Bess". Bei ihrer Ur­ aufführung im Jahre 1935 war sie ein Fehlschlag. Drei Jahre danach fand das Werk freundliche Aufnahme und ist seither aus dem amerika­ nischen Musikleben nicht mehr wegzudenken. Auch im Ausland war der Widerhall gewaltig. Nach einer Auf­ führung im Mai 1945 in Moskau sprach sich Schostakowitsch begei­ stert darüber aus und verglich "Porgy and Bess" mit den klassischen russischen Volksopern Borodins, Rimskij-Korsakows und Mussorgskijs. Wenige Wochen danach fand ein führender Schweizer Kritiker anläßlicl "AMERIKA DIENST" 17. August 1955 anläßlich der Aufführung beim Züricher Festival Worte höchsten Lobes. Im Herbst 1952 begann dann der große Triumphzug des ausge­ zeichneten Neger-Ensembles durch Europa. In Wien wurden die Karten auf dem Schwarzmarkt gehandelt, in Berlin gab es bei der ersten Aufführung 21 Vorhänge, in London spielte man fünf Monate vor ausverkauften Häusern, Paris verlangte 1954 eine zehn Wochen dauernde Wiederholung, beim Festival zeitgenössischer Musik in Venedig wurden zum erstenmal nach Jahren wiederum Blumen von den Logen auf die Bühne geworfen und in Belgrad geriet die ganze Stadt in einen Gershwin-Taumel: nach der letzten Aufführung in Belgrad applaudierte das Haus noch über eine Viertelstunde lang wie besessen. Im Februar 1955 schließlich wurde "Porgy and Bess" als erstes Werk eines gebürtigen Amerikaners und als erstes Gast­ spiel einer amerikanischen Truppe an der berühmten Mailänder Scala herausgebracht. Als man George Gershwin einmal bat, seine Musik zu charakteri­ sieren, sagte er: "Meine Personen sind Amerikaner. Meine Zeit ist die Gegenwart." In diesem einen Fall hat er sich offenkundig unter- der schätzt: seine Zeit war und ist auch heute noch - außer/Gegenwart - vor allem die Zukunft.

Aus "Harper's Magazine" - Quellenangabe erforderlich -

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1 Porträt von George Gershwin

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- 10 - "AMERIKA DIENST 17. August 1955

KURZNACHRICHTEN

WASHINGTON - (AD) - Wie die amerikanische Nachrichten­ agentur "INS" in einem soeben veröffentlichten Bericht mit­ teilt, sind die Erkrankungen an Kinderlähmung in den USA in diesem Jahr merklich zurückgegangen. Es lägen Beweise dafür vor, so heißt es in dieser Untersuchung weiter, daß der Salksche Schutzimpfstoff einen großen Anteil an dieser günstigen Entwicklung gehabt habe. Y/enn die gegenwärtige Entwicklung anhalte, dann sei erwie­ sen, daß sich die in diesem Jahr durchgeführte Schutzimpfung mit dem Salk-Vakzin als ein hervorragendes Abwehrmittel bewährt habe. Die bisher für 1955 gemeldeten knapp 8000 Kinderlähmungsfälle in den USA hätten, wie der Bericht hervorhebt, wesentlich unter dem in den letzten fünf Jahren festzustellenden Durchschnitt von knapp 11 000 Erkrankungen gelegen. Auch seien die echutzgeimpften Kinder in diesem Jahr offenbar weit weniger anfällig gewesen als sonst; dies müsse als der größte Segen des Salk-ImpfStoffes an­ gesehen werden. Ferner wird gemeldet, daß die Schutzimpfung mit dem Salk- schen Vakzin in Kanada außerordentlich gute Ergebnisse gezeitigt habe. Dort seien 880 000 Kinder zweimal geimpft worden und die Zahl der Erkrankungen sei in diesem Jahr um die Hälfte zurück­ gegangen. *****

UN, NEW YORK - (AD) - Der UN-Kinderhilfsfonds hat im Rahmen seiner verschiedenen Programme während der ersten sechs Monate dieses Jahres über 16,9 Millionen Kinder und Mütter betreut. *****

WASHINGTON - (AD) - Die Kraftstromerzeugung in den USA überschritt im vergangenen Jahr erstmalig mit über 503 Milliar­ den Kilowattstunden die 500-Milliarden-Grenze, berichtet das amerikanische Bundesamt für Energiewirtschaft.

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WASHINGTON - (AD) - Über 3,2 Millionen Fernsehgeräte wurden vom amerikanischen Einzelhandel in den ersten sechs Monaten dieses Jahres verkauft, wie aus einer von dem Verband der amerikanischen Rundfunk- und Fernsehindustrie veröffentlichten Aufstellung hervorgeht. Das bedeutet eine Steigerung des Ab­ satzes gegenüber dem im Vergleichszeitraum des Vorjahres erziel­ ten Verkaufsergebnis von 14 Prozent.

* * * * * "AMERIKA DIENST" 24. August 1955 Zwanzig zeitgenössische Dichter und Schrift­ steller schreiben über "ihre" Stadt. Aus Ost und West, aus Nord und Süd kommen die Schil­ derungen und vermitteln uns ein literarisch gezeichnetes Bild des heutigen Amerika.

DAS IST AMERIKA IV Die Bedeutung Wallace Stevens' für die zeitgenössi­ sche amerikanische Literatur und Dichtkunst geht allein aus den Ehrungen hervor, die diesem Manne im Laufe seines Lebens von seiten seiner amerikani­ schen Landsleute zuteil geworden sind. Die Vereinig­ ten Staaten haben den heute 76jährigen Dichter mit jedem erdenklichen Preise ausgezeichnet, den sie an ihre besten Dichter zu vergeben haben. In diesem Jahre war es der Pulitzerpreis für Dichtkunst. Wallace Stevens hat neben seinen Gedichten eine Reihe von Bühnenwerken geschrieben. Seine Verse jedoch sind weniger dramatisch als meditativ; Bin bekannter amerikanischer Kritiker nannte ihn ein­ mal "den geschliffensten Poeten unseres Zeitalters". Stevens, der zur Zeit in Hartford in Connecticut lebt, ist Anwalt und Vizepräsident einer großen Versicherungsgesellschaft.

HEIMKOMMEN NACH CONNECTICUT Von Wallace Stevens (Deutsch von Jane Textor)

( 85 Zeilen) HARTFORD, Connecticut - (AD) - Sparsamkeit und Einfachheit sind die zwei hervorstechendsten Eigenschaften, die seit den Tagen der Kolonialzeit den Connecticut Yankee auszeichnen. Das Leben in der jungen Kolonie zwang ihn dazu. Die Welt aber, in der er als Siedler lebte, hat sich seither nicht gewandelt. Und jetzt, nach drei Jahrhunderten und mehr, sind die Leute von Connecticut stolz auf diese aus der Not geborene und aus der Not gewachsene Charakterstärke, sie sind stolz auf ihren Verstand und die Genialität, mit denen sie allen Mühsalen zu begegnen wüßten und mit denen sie emporwuchsen zu jenem hohen Grad von Klugheit und Weisheit und jenem würdevollen Lebens­ stil, der ihre Art heute auszeichnet. Anfang - 1 - "AMERIKA DIENST" 24. August 1955 Anfang April, wenn das Wetter trübe und alles noch die Male tiefsten Winters trägt, fuhr ich mit der Bahn y.on Hartford nach Boston in Massachusetts. Öde, grau, verfallen und verlassen schien das Land — und dieses ver-las-sen echoten unablässig die Räder der rollenden Wagen. Diese Fahrt aber war köstlich und aufschluß­ reich, sie war eine Fahrt, die alle Eigenheiten Connecticuts klar aufzeigte. Die dünne Ackerkrume, die den steinigen Boden bedeckt, jeder Einschnitt, jeder Graben, jede Furche zeigt wie dünn sie ist und legt Geröll und Felsen bloß; ein Boden, der nur den jun­ gen Kiefern gut zu bekommen scheint. Hühnerfarmen und Kuhställe überall; auch Obstgärten,voll von Pfirsich- und Apfelbäumen. Und inmitten dieser kargen Landschaft mit ihren grauen und weißen alten Häusern auch andere Häuser, kleinere, frischer aussehende und, wie es scheint, auch wählerischer in dieses Bild eingefügte. Aber man merkte es schon: der Frühling war im Kommen. Und es schien, als ob die Leute, deren Häuser sich an mir vorbei­ schoben, das Erwachen der Kräfte teilten. Wer Neuengland und besonders das karge Land von Connecticut liebt, liebt es eben seiner so sparsam hingetupften Farben wegen, liebt es wegen seines fahlen Lichtes, seiner Zartheit, seiner Leichte und zer­ brechlichen Schönheit. Das spärliche harte Gras, das auf der dünnen Humusdecke zu sprießen beginnt, wird sich bald lindgrün färben, und später, in dem hier niemals zu stark flutenden Sonnenlicht, smaragden leuchten. Wenn der Frühling seinen Höhe­ punkt erreicht hat, ist hier alles wie ein Aquarell. Wir alle haben das Gefühl, an diesem Gemälde mitgemalt zu haben, und wenn es nur darin besteht, uns diesen Platz als Wohnort gewählt zu haben. Heute, da alle Schwierigkeiten des einstigen Anfangs überwunden sind, leben wir gerne in der Überlieferung, der über­ aus reichen Sagenwelt dieses Landstrichs und atmen mit jedem Atemzuge die Freude darüber mit ein, von dieser Vergangenheit geformt und seifest ein Teil dieser Vergangenheit geworden zu sein. Es leben nur knapp zwei Millionen Menschen in diesem dritt­ kleinsten Staat der USA. Von diesen ist eine Viertelmillion nicht hier geboren. Viele aber, die hier geboren sind, sind Kinder von Eltern, deren Wiege anderswo gestanden hat, oder "AMERIKA DIENST" 24. August 1955 oder sie sind Nachkommen von Eltern, deren Eltern Generationen zurück anderswo geboren wurden. Wir alle aber, wie wir hier sind, bilden eine Gemeinschaft. Wer einmal da ist, ist - oder ist auf dem Wege es zu werden - ein Yankee. Ich selbst bin auch nicht hier geboren. Aber das ist nicht wichtig; wichtig ist, daß ich mich hierher gehörend fühle. Zu keinem Zeitpunkt versteht man dieses Land besser als dann, wenn man heimkommt nach Connecticut. Man könnte Connecticut allen Ernstes eine große Metropole nennen, hochindustrialisiert, mit Fabriken -und Werksanlagen überall, mit Läden und Schulen und Häusern und einigen stärkeren Konzentrierungen in Bridgeport, New Haven, Hartford, New London. Man könnte sagen, Connecticut sei ein Industrie- und Handelszentrum. Aber dann hätte man die Salzseen von Noank und Stonington nicht erwähnt, mar hätte auch die Hügel, in denen die Cornwalls liegen vergessen, man hätte auch nicht erwähnt das Gefühl, das das Leben im Hochland mit sich bringt, man hätte die Hochebenen bei Pomfret übersehen, die fruchtbaren Felder im Osten des Staates, und die Höhen und Täler an seinen westlichen und nördlichen Grenzen, und unerwähnt geblieben wären auch die Uferlandschaften am Housatonic und Thamse-Fluß. Mit Heimkommen nach Connecticut meine ich aber nicht ein bloßes Zurückkehren an diese Stätten. Das Heimkommen, das ich meine, rührt tiefere Dinge an. Es rührt an ein Etwas, das unver­ rückbar ist und das niemand wegnehmen kann. Es ist ein Heimkommen zu dem Wesenhaften des Amerikanischen, eine Rückkehr an den Ort, an dem es geformt wurde. Es ist ein Zurückgehen an den Anfang, den übrigens viele Menschen in aller Welt, gleich ob sie zu uns gehören oder nicht, mit uns gemeinsam habenj jenen kühnen An­ fang voll der Zuversicht und guten Willens.

ACHTUNG REDAKTION! Auf Anforderung übersendet Ihnen der AMERIKA DIENST kostenlos ein Porträt von Wallace Stevens

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- 3 - "AMERIKA DIENST" 24. August 1955

NEW YORK BAUT WELTAUSSTELLUNGSFALAST Internationales Messegebäude auf 641 000 Quadratmeter großem Gelände

( 50 Zeilen) NEW YORK - (AD) - Pläne für die Errichtung eines riesigen Ausstellungspalastes von 152 m Höhe, der die Fläche eines ganzen Straßenblocks in Manhattan umfassen soll, hat die Stadt New York kürzlich bekanntgegeben. Auf einer Bodenfläche von 641 000 Quadrat­ metern wird das neue Gebäude eine Art permanente Welt-Ausstellung beherbergen und allen Ländern der freien Welt Gelegenheit bieten, ihre Industrieerzeugnisse auszustellen und Handelsbeziehungen zu pflegen. In dem gesamten unteren Stockwerk einschließlich einer 182 Quadratmeter großen Halle mit einer Raumhöhe von mindestens 24 Metern sollen in rund 200 ständigen Ausstellungen der ver­ schiedenen Länder die Portschritte auf den Gebieten der Wissen- schaft, der Industrie und des Sports sowie eine Übersicht über das kulturelle Leben der einzelnen Völker gezeigt werden. Hier stehen den einzelnen Handelszweigen auch für ihre Filmvorführun­ gen vier Theaterräume zur Verfügung. In den Stockwerken über den Ausstellungsräumen befindet sich dann die große Messe für alle Industriezweige, wo die Transaktio­ nen auf Großhandelsbasis abgewickelt werden; in den obersten Ge- schoßen sind Büroräume für Einkäufer untergebracht. Dieser ständige Welt-Ausstellungs-Komplex wird auf dem Platz der heutigen Pennsylvania Station, dem großen Eisenbahnterminal in New York City, errichtet werden, der abgerissen und unterir­ disch neu angelegt werden soll. Der 1O0-Millionen-Dollar-Bauauf- trag für die neue internationale Messe liegt in den Händen der Maklerfirma Webb & Knapp Inc., deren Präsident Y/illiam Zeckendorf schon manches schwierige Bauprojekt in den Vereinigten Staaten, wie beispielsweise das Hauptquartier der Vereinten Nationen, ge­ leitet hat. Die Entwürfe stammen von den Architekten Lester Tichy und Ieoh Ming Pei; letzterer ist ein gebürtiger Chinese, der seit Jahren als Professor für Architektur an der Harvard-Universität _ 4. _ tätig "AMERIKA DIENST" 24. August 1955 tätig ist. Billy Rose, der sich bereits bei den Vorbereitungen für die Weltausstellung von 1939 in New York und später auch in anderen Städten der USA große Verdienste als Manager erworben hat, wurde Präsident des Verwaltungsrates des neuen Ausstellungs- ,palastes (Palace of Progress Inc.) und mit dessen Leitung be­ traut. Im nächsten Jahre wird Billy Rose die verschiedenen Länder bereisen und mit ihren Regierungen über deren Beteiligung an der ständigen Weltausstellung in New York City verhandeln. Das große Problem des Bauprojektes ist die Errichtung der riesigen Stützpfeiler für das neue Gebäude in der heutigen Pennsylvania Station, ohne Unterbrechung des fahrplanmäßigen Verkehrs der täglich hier ein- und auslaufenden 690 Züge, die jährlich 70 Millionen Passagiere befördern. Ist diese Frage gelöst, so hofft man am I.Juni 1956 mit den Umbauarbeiten beginnen zu können. Man rechnet mit der Er­ öffnung der ersten Welt-Industrieschau im Frühjahr 1958.

ACHTUNG REDAKTION! Auf Anforderung übersendet Ihnen der AMERIKA DIENST kostenlos folgende Bilder:

1) Während weiterhin täglich 200 000 Fahrgäste durch die großen Ein- und Ausgänge dieses alten New Yorker Bahnhofs "Pennsylvania Railroad Station" strömen, sollen im nächsten Jahr die Stützpfeiler für den auf diesem Ge­ lände geplanten internationalen Ausstellungspalast er­ richtet und mit den Ausschachtungsarbeiten für den neuen, unterirdischen Bahnhof begonnen werden. 2) Das ist der Entwurf für die große Halle des neuen unterirdischen Bahnhofs "Pennsylvania Railroad Station" in New York, auf dessen "Dach" der riesige internationale Ausstellungspalast errichtet werden soll.

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- 5 - "AMERIKA DIENST" 24. August 1955

AUSLÄNDISCHE ÄRZTE STUDIEREN "ATOMMEDIZIN" IN DEN USA Das Eisenhower-Programm in der Praxis ( 63 Zeilen) NEW YORK - (AD) - Einundzwanzig Gelehrte aus 10 außer­ amerikanischen Staaten haben in diesem Jahre fünf Wochen lang verschiedene Kliniken und Atomforschungsstätten in den USA besucht und werden in Kürze darangehen können, die dort ge­ wonnenen Erfahrungen in ihren Heimatländern auszuwerten. Die Gäste bekamen dort'durch einige hundert Forscher und Ärzte die modernsten Hilfsmittel und Methoden zur Behandlung oder Diagnose schwerer Erkrankungen vorgeführt, denen man vor dem Beginn des Atomzeitalters nicht wirksam begegnen konnte. Der Direktor einer brasilianischen Krebsklinik zeigte sich am meisten von einer neuen Methode zur Diagnose von bös­ artigen Tumoren im Augeninneren beeindruckt; diese Wucherungen waren bisher nur nach Entfernung des Auges feststellbar und ihre Symptome besitzen große Ähnlichkeit mit denen einer Augen­ entzündung. Nach dem heute in Cleveland angewandten Verfahren läßt sich mit großer Verläßlichkeit entscheiden, ob es sich im einzelnen Fall um eine gutartige Erkrankung oder Krebs handelt, indem man dem Patienten radioaktives Jod verabreicht und das Auge nach einer bestimmten Zeitspanne mit einem Geiger­ zähler untersucht. Hat sich im Augeninnern oder -hintergrund Jod angereichert, dann liegt eine bösartige Erkrankung vor; ist dagegen die Jodkonzentration normal, ist das Leiden gut­ artig und das Auge kann gerettet werden. Ebenfalls in Cleveland wurde für Dr. Baldini, den Vize­ direktor des Pathologischen Instituts der Universität Genua, ein Spezialkurs über die Behandlung von Blutkrankheiten abge­ halten. Dr. Baldini will als erster in Italien an seinem Insti­ tut derartige Erkrankungen mit radioaktiven Isotopen behandeln - die wichtigsten sind auf diesem Gebiet Radiochrom und -phos- phor. Bisher haben die italienischen Forschungsinstitute Isotope aus England für Studienzwecke erhalten; sobald der geplante Reaktor in Mailand fertiggestellt sein wird, sollen diese Stoffe in Genua für die Therapie allgemein angewendet werden. Sehr "AMERIKA DIENST" 24. August 1955 Sehr aufschlußreich war für die Gelehrtengruppe auch ein Besuch im Roswell Park Memorial, der großen Krebsklinik des Staates New York, die 518 Betten und die modernsten Hilfsmittel für Diagnose und Behandlung besitzt und den Kranken vollkommen kostenlos zur Verfügung steht. Die Gäste erfuhren, daß das eigene Forschungsinstitut der Klinik mit 2*/4 Millionen Dollar dotiert ist und daß oben ein Neubau, der 2 Zwei-Millionen-Volt- Röntgengeräte von je 8 Tonnen Gewicht beinhalten wird, seiner Vollendung entgegengeht; dieses neue Gebäude und seine Ein­ richtung erforderte einen Kostenaufwand von 5Y2 Millionen Dollar. Während sich der französische Spezialist für Thorax­ chirurgie, Dr. Oteifa, vor allem für die genial konstruierte "Herz-Iungen-Maschine" der Mayo-Klinik in Rochester interessieri die den Blutkreislauf des Patienten während einer Herzoperation aufrechterhält, studierte Dr. Valencia aus Manila eingehend die Möglichkeiten, die durch die Atomenergie für die derzeit unter Kohlen- und Erdölmangel leidende Industrie der Philippinen er­ öffnet werden; auch die Düngerforschungen, die mit Hilfe von Isotopen durchgeführt werden, erweckten bei der Führung durch die Anlagen der Amerikanischen Atomenergiekommission in Oak Ridf das besondere Interesse des philippinischen Gastes. In einem anderen Forschungsinstitut der Atomenergiekoramis- sion in Rochester im Staat New York studierten die ausländischer Gelehrten die Verwendung von Radioisotopen in der Eiweiß-Synthes und die Schutzvorkehrungen gegen schädliche Einwirkungen radio­ aktiver Stoffe auf Mensch und Tier. In Rochester wurden unter anderem auch die Anlagen der Eastman-Kodak-Gesellschaft besichti wo die Gäste Gelegenheit hatten, die Herstellung von Röntgenfil­ men zu studieren und einen Einblick in Kodaks weltberühmte Ein­ richtungen für Industriehygiene zu gewinnen. ACHTUNG REDAKTION! Auf Anforderung übersendet Ihnen der AMERIKA DIENST kostenlos folgendes Bild: Abbildung einer Herz-Lungen-Maschine, wie sie seit ge­ raumer Zeit in amerikanischen Krankenhäusern verwendet wird, um den Blutkreislauf des Patienten während einer Herzopera­ tion aufrechtzuerhalten. Diese mechanische Herz-Lunge-Anlage wurde bis zu 70 Minuten Dauer an Tieren getestet, deren Herzen operativ entfernt und wieder eingesetzt worden waren. *-**•* - 7 - "AMERIKA DIENST" 24. August 1955 AMERIKA-FESTTAGE IN WESEL Ausstellung der amerikanischen Schwesterstadt Hagerstown vom 28.August bis 11.September 1955 ( 34 Zeilen) WESEL - (AD) - Ein großer Empfang wird dem Bürgermeister der amerikanischen Stadt Hagerstown im Staate Maryland, Winslow F. Burhans, und seinem Begleiter, Museumsdirektor Bruce Etchison, in den nächsten Tagen in Wesel am Niederrhein bereitet werden, und das hat seinen guten Grund. Die Gäste aus den Vereinigten Staaten kommen als offizielle Delegierte ihres Heimatortes zu den "Amerika- Festtagen in Wesel", die am 28.August mit der Eröffnung einer Aus­ stellung über die "Schwesterstadt" Hagerstown in USA beginnen und mit dem großen Flugtag am 11.September beendet werden. Auf dem Festprogramm stehen ferner Film- und Sportveranstaltungen, Konzerte, ein Heimatabend, das traditionelle Bürgerschützenfest, Vorträge und sogar ein "Schwesterstadttreffen" von deutschen Städten, die eine Partnerschaft mit amerikanischen Städten eingegangen sind. Es war vor nunmehr 4 Jahren, als Wesel und Hagerstown einen Freundschaftsbund schlössen und sich gegenseitig zu "Schwester­ städten" erklärten. Sie folgten damit dem Beispiel anderer Orte und Gemeinden in Deutschland und den USA, um zwischen der Bevöl­ kerung einen engeren Kontakt zu schaffen und dadurch zu einem besseren Verstehen unter den Völkern der Welt beizutragen. Im November 1954 gaben die Weseler ihren Freunden in den Vereinigten Staaten durch eine in Hagerstown veranstaltete Aus­ stellung einen lebendigen Eindruck von der Geschichte, der Zer­ störung gegen Ende des letzten Weltkrieges und vom Wiederaufbau ihrer Stadt. Und nun zeigt die amerikanische Schwesterstadt in Wesel eine Ausstellung über die Geschichte, Entwicklung und Wirt­ schaft sowie über das soziale und kulturelle Leben von Hagerstown. Die Ausstellung anläßlich der Amerika-Festtage in Wesel steht unter der Schutzherrschaft der Gesellschaft zur Pflege des Schwesterstadtverhältnisses Hagerstown-Wesel, e.V., zu deren Ehrenausschuß unter anderem gehören: Regierungspräsident Baurichter, Pfarrer Bölitz, Vizepräsident der Montan-Union Etzel, Ministerialdirektor Geller, Domkapitular Janssen, Generaldirektor Dr. Kost, Bundesminister Dr. Lübke und der amerikanische Generalkonsul Malion.

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- 8 - "AMERIKA DIENST" 24. August 1955

KURZNACHRICHTEN

NEW YORK - (AD) - In diesem Jahr wird an der New Yorker Universität zum ersten Mal ein. Sprachkursus in Interlingua durchgeführt. Diese neue Sprache wurde im Jahre 1951 von einem internationalen Interessenverband geschaffen, um Wissen­ schaftlern, Außenhandelskaufleuten und Auslandsreisenden über die üblichen Verständigungsschwierigkeiten hinwegzuhelfen. Interlingua zeichnet sich durch eine vereinfachte Grammatik ohne Ausnahmen und Unregelmäßigkeiten aus. Der Stamm der einzelnen Wortbildungen ist jeweils aus der latei­ nischen, deutschen oder englischen Sprache unter besonderer Berücksichtigung der international gebräuchlichen wissen­ schaftlichen und technischen Fachausdrücke entnommen worden. Mehr als zehn wissenschaftliche Zeitschriften veröffentlichen heute bereits Auszüge in Interlingua.

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WASHINGTON - (AD) - Das amerikanische Handelsministerium hat 961 Forschungsberichte der amerikanischen Atomenergie­ kommission (AEC) veröffentlicht, die von besonderer Bedeutung für die Industrie sind. Der amerikanische Handelsminister Sinclair Weeks er­ klärte dazu, die Berichte seien im Rahmen eines intensivier­ ten Programmes veröffentlicht worden, durch das die Industrie nicht geheime Unterlagen der AEC über die friedliche Verwen­ dung der Atomenergie erhalten soll. Die AEC werde dem Han­ delsminister laufend Berichte über neue Forschungsergebnisse sowie zusätzliche Berichte über frühere Studien zur Publika­ tion übergeben. Weeks bezeichnete die Freigabe der Berichte als "den Beginn einer umfangreichen Beteiligung der Industrie an der Atomforschung und -entwicklung". Das Programm stelle die Verwirklichung des "Atome-für-den-Frieden"-Planes Präsident Eisenhowers "an der Heimatfront" dar.

Das US-Handelsministerium hofft in Zusammenarbeit mit der AEC alle nicht geheimen technischen und wissenschaftli­ chen Unterlagen für die industrielle Nutzung des Atoms ver­ öffentlichen zu können. * * * # *

- 9 - "AMERIKA DIENST" ( 31. August 1955

Zwanzig zeitgenössische Dichter und Schrift­ steller schreiben über "ihre" Stadt. Aus Ost und West, aus Nord und Süd kommen die Schil­ derungen und vermitteln uns ein literarisch gezeichnetes Bild des heutigen Amerika .

DAS IST AMERIKA (V)

BOSTON - (AD) - Die literarischen Werke des heute 38jährigen Robert Lowell sind, wie die Eingeweihten erklären, wenigstens ebenso oft Gegenstand fachli­ cher Diskussionen wie die Arbeiten von manchen seiner älteren Dichterkollegen. Bereits zu der Zeit, da Lowell noch das College besuchte, wurden seine Ge­ dichte von namhaften literarischen Zeitschriften der Vereinigten Staaten gedruckt; sein erster Ge­ dichtband erschien im Jahre 1944; Lowell war damals 27. Zwei Jahre später veröffentlichte er den Roman "Lord Weary's Castle", der mit Preisen der Guggen­ heim-Stiftung und der amerikanischen Akademie für Kunst und Literatur ausgezeichnet wurde. Lowell ist ein geborener "Bostonian" und lebt heute wieder in Boston, der Hauptstadt des Neu-Englandstaates Massachusettsj dem Ort, an dem sich vor dreihundert Jahren seine englischen Vorfahren angesiedelt haben.

BOSTON Von Robert Lowell (Deutsch von Jane Textor) (100 Zeilen) Man wird mich fragen, warum ich in Boston lebe. Ich könnte antworten, weil ich hier geboren bin. Aber diese Erklärung wür­ de in meinem Falle nur widersinnig erscheinen, weil ich, ob­ gleich ich hier geboren bin, eine ganze Reihe von Jahren nicht hier gelebt habe und auch nicht leben wollte. Zur Schule ging ich in Ohio, dann hielt ich mich längere Zeit in New York City auf, ich war in Iowa, in Louisiana und in Frankreich, in Italien und in Holland. Schließlich, ich hatte es gar nicht von mir er­ wartet und überraschte mich selbst damit, wollte ich wieder in meine Geburtsstadt zurück. Vielleicht war es das lange Fortsein, das mich diese stille, auf so eigene Weise schöne Stadt erst so recht zu schätzen gelehrt hat. Die Bostoner Altstadt, diese "AMERIKA DIENST" 31. August 1955 diese ehrwürdige, antiquierte, unwandelbare und so gereifte Welt der Banken, Anwälte und Kaufleute, hat eine Atmosphäre, wie man sie in manchen Straßen der Londoner City findet. Hier schreitet, in echt puritanischem Geiste, die ehrwürdige Gestalt des "Bostonian" gemessenen Schrittes zu seinem Office, stolz darauf den ganzen Weg zu Fuß gemacht zu haben. Manchmal läßt er sich auch hinfahren, in einer schäbigen, aber äußerst soliden Limousine. Aber ich bin ein Lichter und habe wenig mit dem Geschäfts­ viertel meiner Stadt zu tun. Ich verbringe viele Stunden am Copley Square, wo die Stadtbibliothek steht, daneben die kleine äußerst reizvolle von dem Bostoner Architekten Richardson er­ baute Kirche. Auch der S.S. Pierce Grocery Store steht hier auf diesem Platz, eine Bostoner Einrichtung von bemerkenswer­ ter Seriosität und kaufmännischem Bürgerstolz. Der Platz ver­ dankt seinen Namen dem berühmten Porträtmaler Copley, der zahlreiche Konterfeis seliger Tanten und Mütter und der Bostoner Schönheiten hinterlassen hat; Konterfeis, die seit zwei Jahrhunderten nun schon von den Wänden der altehrwürdi­ gen Bürgerhäuser in Beacon Hill und der Speisesäle in der Back Bay auf die Nachkommen herunterlächeln. Die Schwanengondeln auf dem Teich des Stadtgartens, die goldene Kuppel des Regierungsgebäudes in Massachusetts, die Türme der ehrwürdigen Sankt-Pauls-Kirche glühen in der Sommer­ sonne und sind Erinnerungsstücke, die im Gedächtnis haften bleiben. Sie und die King's Chapel scheinen, wie ganz Boston, ein Teil des nationalen Erbes einer Stadt, die das Glück hatte, Schauplatz jener historischen "Hee party" gewesen zu sein, so daß der Name dieser Stadt in den Gehirnen der Jugend niemals ausgelöscht werden kann. Aber Boston ist nicht überall alt. Man findet hier auch erstaunlich Zeitgenössisches: massive Bauten, Errungenschaften jüngsten Datums, und eine Bevölkerung, wie man sie sich vor hundert Jahren nicht hätte vorstellen können. Wir sind hier 800 000 Seelen, und leben in einer Stadt, die mehr hübsche Häuser aus dem 19»Jahrhundert hat als jede andere Stadt Amerikas. Wir haben nur ganz wenige Hochhäuser, und "AMERIKA DIENST" - 31. August 1955 und diese liegen so verstreut, daß sie von ferne aussehen wie nackte Männer, die sich ein Paß übergestülpt haben, um ihre Blöße zu bedecken. Unsere Köpfe und Gedanken sind drüben auf der anderen Seite des Flusses in Cambridge, das dem gleichnamigen Ort in England so sehr gleicht, freilich mehr dem geistigen als dem tatsächli­ chen Cambridge, denn unser Harvard ist expansiv und imponierend und heute ein Vorort von Boston im wahrsten Sinne des Wortes. Mit den Füßen aber stehen wir im Atlantik. Wir sind überhaupt ein bunt zusammengewürfeltes Volk. Und wir stehen Europa am näch­ sten, näher als jede andere Großstadt der USA. An einem Nachmittag im Winter, genau gesagt, Freitags um Punkt 14.15 Uhr, schallen die Schritte und vogelartigen Schreie von vierhundert schon grauhaarigen, aber gut aussehenden Damen in Tweedkostümen und PelzJacken durch die Straßen der Stadt. Sie haben soeben ihre Sitze in der Symphoniehalle verlassen, wo das berühmte Bostoner Symphonie-Orchester gerade ein Konzert beendet hat. lassen Sie sich nicht beirren, es gibt auch männ­ liche Besucher bei diesem Konzert und auch Kinder und Studenten und andere Musikliebhaber, aber diese stolzen und ernsten Frauen sind irgendwie so berühmt geworden wie die Streicher dieses be­ rühmten Orchesters. Diese Stadt hat alles, denn sie ist eine große, vielschich­ tige und prickelnde Stadt. Hier sind es die großen, dunklen Bäume, die ernsten, nüchternen Häuser mit den gleichen blanken Erkerfenstern, den guten Viktorianischen Möbeln, dort die freien Plätze mit den kleinen, elliptischen Grünanlagen, die sich ins Gedächtnis einprägen - und das da, sind Straßen, in dene ein Teil der Negerintelligenz von Boston wohnt. Am Ende aber, kommt man immer wieder zu dem Schluß, daß Boston keine Stadt ist, sondern ein geistiges Klima. Hier zu leben zwingt dazu, die Dinge des Verstandes und des Geistes über alle materiellen Dinge zu stellen. Ein gewisses Maß des Wohlstan­ des der Bostoner Bürger gibt Zeugnis von dieser geistigen Aktivi­ tät; alte Bibliotheken, alte Vettern, altes Silber, ein sorgsames Pflegen der Vergangenheit, das alles zusammen ist dieses emsige, rührige, wachsende, neue Boston. ACHTUNG REDAKTION! Auf Anforderung übersendet Ihnen der AMERIKA DIENST kostenlos ein Porträt von Robert Lowell ***** - 3 - "AMERIKA DIENST" 31. August 1955

EIN PHOTOALBUM DER FAMILIE MENSCH Steichens Ausstellung "Wir Alle - The Family of Man" wird nun auch in Deutschland gezeigt Von Erik Steindaam ( 95 Zeilen) NEW YORK - (AD) - Was Photographie von anderen Arten des Bildens unterscheidet, ist ihr dokumentarischer Charakter. Ge­ genstand aller Dokumentation aber ist wesentlich der Mensch. So war es gerade dieser im wahrsten Sinne des Wortes objektiven Kunst vorbehalten, Antlitz und Gebärde des Menschen in ihren feinsten und flüchtigsten Nuancierungen zu erfassen und seine Welt in einer Breite und Tiefe zu erschließen, wie es keine der Bildenden Künste bisher vermochte. Erst durch optische und chemi­ sche Medien offenbar gewann der homo sapiens den Abstand, sich so zu sehen wie er ist. Unter solchen Aspekten kommt der für die Berliner Festspiel­ wochen im September 1955 angekündigten Photoausstellung des New- Yorker Museum of Modern Art "Wir Alle - The Family of Man" von Edward Steichen eine ganz besondere Bedeutung zu. Hier wird die Photographie nicht in den Dienst der Humanität gestellt, sondern hier offenbaren sich die dieser Kunst natürlicherweise innewohnen­ den humanen Möglichkeiten wie von selbst. Mehr als zwei Millionen Photos aus allen Teilen, ja noch aus den letzten Winkeln der Welt, wurden von Edward Steichen und seinem Assistenten Wayne Miller gesichtet. Von zehntausend, die man zunächst in die engere Wahl gestellt hatte, blieben schließlich diejenigen übrig, die über alle technische Vollkommenheit hinaus das erkennen ließen, was eine Photographie zum document humain, zum Symbol, zum Kunstwerk macht. Es war schwer für Steichen, bei dieser letzten Wahl, um den räumlichen Gegebenheiten Rechnung zu tragen, sich auf ein halbes Tausend beschränken zu müssen. Aus 68 Ländern kommen diese Photos, und die 273 Männer und Frauen, die sie einsandten, waren keineswegs nur Berufsphotographen. Edward Steichen, seit 1947 Leiter der Abteilung Photographie am Museum of Modern Art, brauchte fast drei Jahre für dieses Unter­ nehmen. Wenn er es selbst "das größte und erregendste Projekt" _ 4 _ nennt "AMERIKA DIENST" 31. August 1955 nennt, "das die Photographie jemals in Angriff genommen hat", so kennzeichnet dies die Bescheidenheit eines Mannes, der hinter seinem Werk zurücktritt. (Er selbst ist nur mit einem Bilde, einem Porträt seiner Mutter, vertreten.) Diese Ausstellung, die für den heute Fünfundsiebzig,)ährigen die Erfüllung eines lange gehegten Wunsches und die Krönung seines fruchtbaren Le­ benswerkes ist, zeigt ihren Schöpfer als einen jener Berufenen, die "kein Herz für sich selbst haben, sondern der Leute Herz zu ihrem Herzen machen". Nicht nur Leistung und Urteilskraft also weisen ihn als solchen aus, sondern vor allem seine überaus be­ hutsame, medial anmutende Art, scheinbar ohne eigenes Hinzutun einfach die Menschen und Dinge selbst sprechen zu lassen, das Lied der Welt zum Erklingen zu bringen. Ein Lied ist denn auch das Leitmotiv dieser Ausstellung: das immer wiederkehrende Bild eines flötenspielenden peruanischen Hirtenknaben. Den Anfang der Schau bildet ein kosmischer Prolog im Himmel und auf Erden. Da ist zunächst ein riesiges Wandbild, einen Sternenhebel zeigend, mit seinen ungezählten Sonnen? die Tiefe des Raumes. Dann, etwa lebensgroß, ein Kind, auf schattigem, vom dichten Efeu überwucherten Waldboden zwischen den Stämmen alter Sequoiakiefern liegend: Vergangenheit und Zukunft, die Tiefe der Zeit» Und schließlich eine Urlandschaft, das im Mondlicht glitzernde Band eines Stromes, der sich ins Meer er­ gießt, die große Dreiheit symbolisierend von Erde, Luft und Wasser. Größer aber ist der Mensch, in dem dies alles zu Be­ wußtsein gelangt. Um die wesentlichen Themen von der Zeugung bis zum Tode, ja bis zu dem Glauben an das jenseits des Todes Erahnte, sind die Bilder dieser Ausstellung gruppiert. Jeder Abteilung stehen ein Leitbild und ein der Weltliteratur entnom­ menes Wort voran. Sophokles und James Joyce, Moses und die Charta der Vereinten Nationen, Montaigne und die kleine Anne Frank - bereits die Auswahl der Worte bildet eine beglückend vollkommene Komposition der großen menschlichen Motive. Schritt für Schritt erleben wir das Blühen der Liebe in schwarzen, gelben und weißen, in schönen und schlichten Gesichtern, Heirat, Erwartung der Ge­ burt, Schmerz und Freude der Mutterschaft, Kampf um das Brot, die ganze commedia humana mit all den Formen und Weisen heutigen - 5 - "AMERIKA DIENST" 31. August 1955 heutigen Menschseins vom Jäger und Sammler Inneraustraliens bis zu den Halbgöttern, die mit den geheimen Formeln des Atoms das Schicksal unserer Welt in den Händen halten. Doch bei aller Viel­ falt der Variationen bleiben die Grundthemen hörbar. In seinem Prolog sagt der amerikanische Dichter Carl Sand­ burg: "Wenn das Menschenantlitz das 'Meisterwerk Gottes' ist, dann haben wir hier Tausende von schicksalsvollen Beispielen. Oft sprechen Gesichter, was Worte niemals sagen können. Einige sprechen von der Ewigkeit, andere nur von den geringsten Nich­ tigkeiten. Auf das Knospenlächeln der Kinder und auf hungernde Münder folgen einfache Gesichter, deren Majestät von Liebe, Gebet und Hoffnung geformt wurden; und andere, so leicht und sorgenfrei wie Distelwolle im Spätsommerwind. Gesichter, die Land und Meer in sich haben; Gesichter, die so ehrlich sind, wie die Morgensonne in einer sauberen Küche; Gesichter, die so ver­ dorben und verloren sind und die nicht wissen, wohin sie heute nachmittag oder morgen früh gehen sollen. Gesichter in der Menge, lachende und vom Wind verwehte Gesichter, Profile im Augenblick der Todesangst, Lippen, die sich in mimischem Spott verziehen, Gesichter voll fröhlicher Musik oder von Schmerz verzerrt, voll Haß, der zum Töten bereit ist, oder ruhige Gesichter, die zum Tode bereit sind. Einige von ihnen verlohnen jetzt einen langen Blick und tiefes Nachdenken später» Gesichter, die uns den klaren blauen Himmel schenken, und Gesichter, die dunkel von stürmischen Winden und peitschendem Nachtregen sind. Und Gesichter, die man nicht vergißt, auf denen der Glaube an die Menschheit steht, und die Träume des Menschen, in denen er sich selbst übertrifft. Ein Alphabet und ein vielfältiges Register lebender atmender menschlicher Gesichter".

ACHTUNG REDAKTION! Auf Anforderung übersendet Ihnen der AMERIKA DIENST kostenlos ein Bild von Eugene Harris: "Der Flötenspieler"

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- 6 - "AMERIKA DIENST" 31. August 1955

GEWERKSCHAFT UND MENSCHENRECHTE Von George Meany Präsident der American Federation of Labor

Am ersten Montag im September, in diesem Jahr also am 5.September, feiert Amerika den Tag der Arbeit. Vor allem für die Gewerkschaften ist dies ein Anlaß, zurückzublicken und sich über das bisher Erreichte Rechenschaft abzulegen.

(65 Zeilen) "Folgende Wahrheit, so glauben wir, zeugt für sich selbst: daß alle Menschen gleich geschaffen sind; daß sie von ihrem Schöpfer mit gewissen unveräußerlichen Rechten ausgestattet sind; daß dazu leben, Freiheit und das Streben nach Glück ge­ hören...." Obwohl mehr als 175 Jahre vergangen sind, seitdem unsere Vorväter die Welt mit dieser Definition der Menschen­ rechte in Erstaunen setzten, haben die Worte der Unabhängigkeits­ erklärung ebenso wie die der amerikanischen Verfassung bis zum heutigen Tage ihre Gültigkeit bewahrt. Freiheitsliebende Menschen in aller Welt stimmen mit uns darin überein, daß diese Rechte zu bewahren seien. Angesichts der durch diese beiden Dokumente geschaffenen Maßstäbe hat kein Staat das Recht, von seinen Bürgern Loyalität zu verlangen, wenn er die Versklavung von Menschen fördert oder auch nur duldet. Angesichts dieser Maßstäbe kann keine Rasse "Superiorität" beanspruchen, um so die erbarmungslose Vernich­ tung anderer Rassen zu rechtfertigen. Angesichts dieser Maßstäbe kann kein Glaubensbekenntnis den Angehörigen irgendeiner anderen Religion im Namen eines Schöpfers, den beide anbeten, auch nur ein einziges Menschenrecht aberkennen. Und angesichts dieser Maßstäbe ist es unmöglich geworden, aus einer bestimmten Haut­ farbe das Recht herzuleiten, die Rechte anderer Menschen mit Füßen zu treten. Alle, die in der Erhaltung der Menschenrechte ihre heiligste Aufgabe sehen, sind im wahren Sinne des Wortes Glieder einer weltumfassenden Bruderschaft. Wir Amerikaner sind stolz darauf, unseren Teil beitragen zu können zu dem Bemühen aller freien Völker, die Grundrechte des Menschen zu fördern. Für "AMERIKA DIENST" 31. August 1955 Für den Kleingläubigen, für den Zyniker, für den Egoisten sind die Menschenrechte hoffnungslose Ideale. Solche Menschen verbergen ihre Schwäche, ihre Zweifel und ihre Selbstüberschät­ zung hinter der althergebrachten Meinung, daß sich die mensch­ liche Natur niemals ändere. In ihren Augen entschuldigt diese "Philosophie" jegliche Verletzung der Menschenwürde. Doch als Gewerkschaftler weiß ich, daß Menschenrechte ver­ wirklicht und erhalten werden können. Zu Beginn des 18.Jahr­ hunderts verweigerten unsere Gerichtshöfe den Lohnempfängern das Recht, Gewerkschaften zu bilden. Die legale Basis für diese Entscheidung war altes englisches Gesetz, nach dem die Vereinigung von Arbeitern mit dem Ziele einer Lohnerhöhung als "Verschwörung gegen die Öffentlichkeit" galt. Mit Hilfe der Bill of Rights haben die amerikanischen Gewerk­ schaften seitdem auf dem Wege von Kollektivverhandlungen Abmachun­ gen durchgesetzt, die den Arbeitern Nahrung, Wohnung und Kleidung in einem für die Erhaltung der Menschenwürde hinreichendem Maße sichern. Ja mehr als das: die Gewerkschaft ist eine Einrichtung geworden, an die sich alle Amerikaner wenden, sobald irgendein Menschenrecht bedroht wird. Seitdem ich in der Arbeiterbewegung bin, blieb niemand ohne Antwort, der mit einer gerechtfertigten Beschwerde kam und die Gewerkschaft in dem uralten Kampfe für das Recht und die Würde des Menschen um Hilfe anging. Vor kurzer Zeit haben Vertreter der beiden großen amerika­ nischen Gewerkschaften CIO und AFL die Grundzüge eines Abkommens über den Zusammenschluß beider Organisationen ausgearbeitet, in dem sich die von beiden Seiten bestehende Achtung vor den Men­ schenrechten wiederum beweist. In einem der sieben Grundsätze dieses Abkommens heißt es wörtlich: "Nach dem Zusammenschluß wird der neue Gewerkschaftsver­ band verfassungsgemäß das Recht aller Arbeiter ohne Rücksicht auf Rasse, Glauben, Hautfarbe oder nationale Herkunft anerkennen, an allen Hilfsleistungen der Gewerkschaftsorganisation innerhalb des Vereinigten Verbandes in vollem Maße teilzuhaben." Hinter diesem prinzipiellen Satz steht die tagtägliche Arbeit der Gewerkschaftler, die in Form von Kollektivverhandlungen die Ideale der Brüderlichkeit in die Tat umsetzen. Dies ist - in je­ dem Sinne des Wortes - Fortschritt, gesunder, solider Fortschritt. ACHTUNG REDAKTION! Auf Anforderung übersendet Ihnen der AMERIKA DIENST kostenlos ein Porträt von George Meany. ***** - 8 - gAMERIKA DIENST" 31. August 1955

WMO KARTOGRAPHIERT WETTER, WIND UND WOLKEN (30 Zeilen) GENF - (AD) - Karten der regelmäßig oder oftmals von Wir­ belstürmen und Gewittern heimgesuchten Gebiete sowie ein die ganze Erde umfassender Wolkenatlas befinden sich, wie aus einem Bericht der Meteorologischen Weltorganisation (World Meteorologi- cal Organization) an den Wirtschaft und Sozialrat der Vereinten Nationen hervorgeht, zur Zeit in Vorbereitung und werden noch im Laufe des Jahres 1955 den Wetterstationen der betroffenen Länder zur Verfügung stehen. Die Unwetterkarten basieren auf jahrelangen Beobachtungen des deutschen und britischen Wetter­ dienstes. Aus dem vorliegenden Material läßt sich die Durch­ schnittsziffer der zu erwartenden Gewitter ziemlich genau be­ stimmen. Der ebenfalls in Arbeit befindliche Wolken- und Wetteratlas wird nach Meinung der WMO nicht nur für die Meteorologen sondern auch für die Landwirtschaft von unmittelbarem Nutzen sein. Darüber hinaus werde auch ein Welt-Klimaatlas dringend benötigt. Die Zeit sei gekommen, wo der Meteorologe eine größere Rolle spielen könne und müsse, wenn die Bekämpfung von Pflanzenseuchen erfolgreich sein soll. In diesem Zusammenhang berichtet die WMO von einem Projekt, das gemeinsam mit der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen in die Wege geleitet wurde, mit dem Ziel einer internationalen Bekämpfung der Heuschreckenplage, die in verschiedenen Ländern, besonders solchen mit geringer Bewässerung, seit Jahrhunderten die Ernten bedrohe. Weiter beschäftigt sich die WMO zur Zeit mit dem Problem der künstlichen Regenerzeugung, mit der Energieerzeugung durch den Wind, mit der Frage, wie die Vereisung von Flugmaschinen zu verhindern sei, mit der Einrichtung eines Wetterdienstes für den Stratosphärenluftverkehr sowie mit allen die Nutzbarmachung trockener Gebiete betreffenden Fragen. Schließlich wurde eine genaue meteorologische Untersuchung der Einwirkungen atomarer Entladungen auf die Atmosphäre angekündigt. (Aus "UN News Features") * * * * * - 9 - "AMERIKA DIENST" 31. August 1955 ACHTUNG REDAKTION! Wir verweisen auf unseren im AD "ALLGEMEINES" Nr. 35» VIII. Jahrgang, im Rahmen der Serie "DAS IST AMERIKA" erschienenen Originalbei­ trag von Wallace Stevens unter dem Titel "Heimkommen nach Connecticut". WALLACE STEVENS GESTORBEN ( 28 Zeilen) HARTFORD (Connecticut) - (AD) - Am 2.August 1955 starb Wallace Stevens im St.Francis Hospital in Hartford in Connecti­ cut. Er war im April operiert worden und hatte am 21.Juli die stationäre Behandlung wieder aufnehmen müssen. Stevens war einer von den Stillen im Lande, der trotz seines literarischen Ranges niemals im Rampenlicht der öffent­ lichkeit stand. Die im letzten Juni erfolgte Ehrung des Fünf­ undsiebzig;] ährigen durch die Yale-Universität galt nicht allein dem großen Dichter, sondern auch einem Menschen, in dem "die beiden Welten des praktischen Lebens und der Kunst eine voll­ kommene Ehe eingegangen waren". "Dieser tägliche Kontakt mit dem Beruf gibt einem Dichter Charakter" - dies war seine Bot­ schaft an eine Welt, die fast nur noch hektischen Professiona­ lismus und den völligen Rückzug der Kunst aus dem Leben in die eisigen Regionen des Gegenstandslosen kennt. Der Dichter und Versicherungsbeamte Wallace Stevens war weder ein verspielter Ästhet noch ein Manager, sondern ein Mensch. Geboren wurde Wallace Stevens als Sohn eines Anwalts im pennsyIvanischen Städtchen Reading. Er studierte in Harvard Jus und Anglistik - schon damals begann er zu dichten -, war ein Jahr lang Reporter der "New York Tribüne", legte 1904 sein juristisches Examen ab und kam bereits 1916 zur Hartford Accident and Indemnity, deren Vizepräsident er seit 1934 war. 1923 ver­ öffentlichte der damals bereits 43jährige seinen ersten Gedicht­ band "Harmonium", dem neun weitere Bände, einige Dramen und die im letzten Herbst erschienene Ausgabe seiner "Gesammelten Gedichte folgten. Für den letztgenannten Band erhielt er kürzlich den Pulitzer-Preis. * * * # #

-10- "AMERIKA DIENST" 31. August 1955 GEDENKTAGE IM SEPTEMBER 1955 1. September 1859 Erster von George M. Pullman gebauter Schlafwagen in Betrieb gestellt 1. " 1939 Beginn des Zweiten Weltkrieges 1. " 1921 Erstes Schiff der ÄRA (American Relief Administration) landet mit 700 t Lebens­ mitteln an Bord in Petersburg 2. " 1945 Ende des Zweiten Weltkrieges; Japan unter­ zeichnet Waffenstillstandsvertrag auf dem amerikanischen Schlachtschiff "Missouri" 3. ii 1894 LABOR DAY wird Staatsfeiertag 5. ii 1774 Zusammentritt des 1.Kontinentalkongresses in Philadelphia 5. w 1955 Labor Day (Tag der Arbeit) in den USA 6. « 1860 Jane Addams, Vorkämpferin für die amerikani­ sche Sozialreform, geboren (+ 1935) 7. n 1860 "Grandma Moses" (Mary Robertson Moses) ge­ boren 8. w 1951 Unterzeichnung des Friedensvertrags zwischen den Alliierten und Japan in San Francisco 8. w 1950 Das Technische Hilfsprogramm der Vereinten Nationen tritt in Kraft 10. M 1892 Arthur H. Compton, amerikanischer Nobel­ preisträger für Physik, geboren 12. II 1880 Henry Louis Mencken, Journalist und Schrift­ steller, geboren 13. w 1851 Dr. Walter Reed, Entdecker des Gelbfieber­ erregers, geboren 13.--14." 1814 Francis Scott Key schreibt den Text der amerikanischen Nationalhymne während eines Bombardements von Fort McHenry 14. n 1851 James Fenimore Cooper, amerikanischer Schrift­ steller, gestorben 15. • 1857 William Howard Taft, 27.Präsident der USA, geboren 15. n 1858 Erste Überlandpostverbindung St.Louis - San Francisco in Betrieb genommen 15. • 1950 Die Außenminister der drei Westmächte er­ örtern in New York die Bildung einer ein­ heitlichen atlantischen Streitmacht und die Frage eines deutschen Verteidigungsbei­ trages 16. " 1730 Friedrich Wilhelm von Steuben, amerikanischer General deutscher Herkunft, geboren 16. - 11 - "AMERIKA DIENST" 31. August 1955

16.September 1890 Ottmar Mergenthaler erhält das Patent für die erste Linotype-Setzmaschine 17. " Seit 1952 Staatsbürgertag - zur Erinnerung an die Unterzeichnung der Verfassung in Philadelphia am 17.9.1787 17. " 1852 Karl Schurz trifft in New York ein 17. " 1949 Erste Sitzung des Nordatlantikrates in Washington 18. " 1793 George Washington legt den Grundstein zum Kapitol 18. " 1851 "New York Times" erscheint zum ersten Male 19« " 1950 Vertreter der 18 OEEC-Staaten unterzeichnen in Paris das Abkommen über die Europäische Zahlungsunion (EZü) 21. " 1784 "The Pennsylvania Packet and Daily Advertiser" erscheint in Philadelphia als erste Tages­ zeitung der USA 24» " 1789 Der Oberste amerikanische Bundesgerichtshof tritt zur ersten Sitzung zusammen 25. " 1789 Amerikanischer Kongreß billigt "Bill of Rights" 26. " 1898 George Gershwin, amerikanischer Komponist, geboren ( + 1937) 28. " 1949 Der amerikanische Kongreß verabschiedet das Waffenhilfeprogramm für Europa 29« • 1789 Gründung des stehenden Heeres der Vereinigten Staaten 30. " 1949 Berliner Luftbrücke mit dem 277 264. Plug beendet

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- 12 - "AMERIKA DIENST" 7. September 1955 Zwanzig zeitgenössische Dichter und Schrift­ steller schreiben über "ihre" Stadt. Aus Ost und West, aus Nord und Süd kommen die Schil­ derungen und vermitteln uns ein literarisch gezeichnetes Bild des heutigen Amerika.

DAS IST AMERIKA (VI)

Pearl S. Bück hat so viel über China geschrie­ ben, daß manche Leute annehmen, sie sei im Fernen Osten zur Welt gekommen. Dies ist nicht der Fall; sie hat wohl nahezu 40 Jahre ihres Lebens zwischen China und Amerika verbracht, ist aber geborene Amerikanerin. Ihre Wiege stand in Hillsboro im Staate West-Virginia. Aufgewachsen ist Pearl Sydenstricker in Tschiangkiang, einer Stadt am Jangtse, in der ihre Eltern als Missionare tätig waren. Ihr Lehrmeister in allen Dingen war die Mutter, der sie auch den ausgeprägten Sinn für die Schönheit der Sprache verdankt. Mit 17 Jahren schickte man Pearl nach Europa; und 1914 kehrte sie nach längeren Aufenthalten in den USA wieder nach China zurück. Drei Jahre später heiratete sie dort den amerikanischen Missionar John L. Bück. Im Jahre 1931 erschien dann ihr wohl bestes Buch, "Die gute Erde", es brachte ihr zusam­ men mit den nachfolgenden Romanen, "Söhne"(1932), "Das geteilte Haus"(1934), "Die Mutter"(1935) sowie den beiden brillanten Biographien ihrer Eltern, die unter den Titeln "The Exile" (Das Exil) und "The Fighting Angel" (Kämpfender Engel) im Jahre 1936 erschienen waren, als erster Amerikanerin 1938 den Nobelpreis für Literatur. Auch Amerika hat die Schriftstellerin vielmals ausgezeichnet. Im Jahre 1932 erhielt sie den Pulit- zerpreis und die Howell-Medaille der Amerikanischen Akademie für Kunst und Wissenschaft. Im Jahre 1949 veröffentlichte sie ihr nächstes größeres Werk, "Kinfolk" (Verwandte) und 1950 erschütterte die Lebensgeschichte ihrer Tochter, "Das Kind, das immer Kind bleibt" Millionen Menschen in aller Welt. Die heute 63jährige Mrs. Bück lebt seit mehreren Jahren auf ihrer Farm in Perkasie im Staate Penn- sylvanien. Wer könnte über diesen Ort besseres be­ richten als sie, der der Drang zum Schreiben, wie sie es selbst sagt, "eingeboren" ist. MEIN DORF PERKASIE Von Pearl S. Bück (Deutsch von Jane Textor) (80 Zeilen) PERKASIE (Pennsylvanien) - (AD) - Ich lebe im ländlichen Pennsylvanien. Dieser, mein Staat, gehört mit zu den größten der - 1 - "AMERIKA DIENST" 7. September 1955 der USA, aber meine Gemeinde ist eine typisch ländliche Gemein­ de, obgleich einige der größten Industrien und einige der größ­ ten Städte in Pennsylvanien liegen. Wir haben Kohlengruben, Gebirge, Seen und Flüsse - aber die meisten pennsylvanischen Gemeinden haben ländlichen Charakter, wie die unsere. Die Bürger sind vorwiegend Farmer. Ihre Höfe sind an amerikanischen Maß­ stäben gemessen, nicht groß. Sie haben durchschnittlich 20 Hek­ tar und sind echte Familienbetriebe. Eltern und Kinder arbeiten gemeinsam, um die Farm rentabel zu machen. Mein Dorf ist für diesen Bezirk typisch. Es hat nur eine Hauptstraße, die Main Street, und an die fünfzig Häuser, darin rund dreihundert Menschen wohnen. Die Häuser sind aus roten Ziegelsteinen, denn Ziegel sind billig bei uns. Es sind komfor­ table Häuser, nicht zu klein und nicht zu groß. Unser Dorf hat zwei Kolonialwarenläden, von denen der eine auch gleichzeitig Postamt ist. Wir haben hier einen Blumenladen, ein Beerdigungs­ institut, einen Brunnenbauer, einen Schlosser, einen Damenfriseur und zwei Barbiere für die männlichen Bewohner unseres Ortes. Ein Arzt ist übrigens auch da. Er ist ein noch junger Mann, der vor kurzem erst aus der Armee entlassen worden ist, und er ist ein guter Arzt. Dann ist da noch die Kirche, ein recht beschei­ dener Ziegelbau. Der Pfarrer, ebenfalls ein junger Mann, hat Frau und zwei kleine Kinder. Er tut sein Bestes, um den Leuten im Dorf zu helfen und ihr Seelenleben zu stärken. Es entmutigt ihn sehr, wenn nicht alle seine Schaflein zum Gottesdienst kommen, aber er gibt die Hoffnung nicht auf. Unsere kleine Gemeinde ist recht selbstgenügsam. Jeder ist um die Bedürfnisse und Nöte seines Nachbarn besorgt. Die Straße ist sauber, Leute und Häuser sind adrett, in den Gärten blühen farbenprächtige Blumen. Jede Familie gräbt im Frühjahr ihren Garten um, sät und pflanzt aus Sparsamkeitsgründen das eigene Gemüse. Einige halten Hühner der Eier und des Fleisches wegen. Es gibt bei uns keine sehr reichen, aber auch keine sehr armen Leute. Ob mein Dorf typisch ist für das Leben in einer amerikani­ schen Landgemeinde? Ich glaube schon. Es gibt in Pennsylvanien wohl einige Großstädte, aber die meisten Pennsylvanier leben in Kleinstädten, die von Farmen umgeben sind. Und das Leben in - 2 - "AMERIKA DIENST" 7. September 1955 in der einen ähnelt dem der anderen aufs Haar. Jede Familie ist bestrebt, sich selbst fortzubringen, den Kindern eine gute Schulbildung angedeihen zu lassen,und irgendwie beisammen zu bleiben. Es gibt gute Schulen bei uns, die der Staat unterhält, und für die jeder Pennsylranier seine Schulsteuer entrichtet, gleich ob er Kinder hat oder nicht. Aber Schulgeld bezahlt kein Kind, Lehrutensilien und Bücher eingeschlossen. Wie verbringen diese Menschen ihre Freizeit? Am Abend sitzen Eltern und Kinder vor den Fernsehapparaten; sie gehen nur selten aus. An den Samstagen spielen Väter und Söhne Base­ ball oder Football auf dem Sportplatz, am Abend geht die Familie vielleicht ins Kino. Die jungen Leute schließen sich im allge­ meinen der Familie an, erst wenn sie schon älter sind, dürfen sie alleine gehen. Man geht zum Tanz, heiratet jung, und nur wenige besuchen nach dem Abschluß der "high school" ein College. Gäbe es keinen Militärdienst, hätten unsere Leute kaum Ge­ legenheit gehabt, fremde Länder und Völker kennenzulernen. Sie lieben ihre Heimat, und haben, wie es scheint, keine Sehnsucht nach draußen, obgleich der Gast, von wannen er auch kommt, mit offenen Armen empfangen wird. Aber wir in Perkasie haben selten Gäste. Viele Amerikaner sind so wie unsere Kleinstädter. Sie lie­ ben ihr Zuhause, ihre ganz spezifischen Gerichte. Sie lieben über alles ihren häuslichen Frieden und hegen keinerlei Aggres­ sionsgelüste anderen Völkern und Ländern gegenüber. Lasselbe nehmen sie auch von anderen Leuten an, wissen aber nicht so recht, wie dem Unfrieden ein Ende zu setzen. Sie sind unglück­ lich darüber, weil sie das komplexe Problem von Krieg und Frieden nicht begreifen können, aber sie setzen alles daran, ihre tägli­ chen Pflichten so gut wie möglich zu erfüllen. Las also sind meine Nachbarn. Sie unterscheiden sich bis auf kleine Gewohnheiten im Essen, Wohnen und Sprechen, in nichts von meinen Nachbarn in England, Frankreich und Italien. Wo solche Menschen die Welt bevölkern, sollten wir da nicht in Frieden zu­ sammen leben können? ACHTUNG RELAKTION! Auf Anforderung übersendet Ihnen der AMERIKA LIENST kostenlos ein Porträt von Pearl S. Bück. * * * * # - 3 - "AMERIKA DIENST" 7. September 1955

WÜSTENIEBEN 1955 Nachstehenden Artikel, den wir in zwei Teilen in zwei aufeinanderfolgenden Nummern unseres AD "ALLGEMEINES" veröffentlichen, entnehmen wir der amerikanischen Wochen­ zeitschrift "Time". Bei Nachdruck ist folgende Quellenangabe erforderlich: Copyright by Time, The Weekly News Magazine, USA. ( 90 Zeilen) Amerika erobert die Wüste als neuen Lebensraum (I) NEW YORK - (AD) - Bei einem Flug über den Südwesten der Vereinigten Staaten scheint jedem flüchtigen Beobachter die große amerikanische Wüste, die sich über Teile Arizonas, Nevadas und Kaliforniens erstreckt, nichts anderes als eine völlig un­ fruchtbare, ja furchtgebietende Einöde aus Sand, ausgetrockneten Seen und wild zerklüfteten Felsbergen zu sein. Wenn man jedoch etwas aufmerksamer hinschaut, enthüllen sich zwischen den ver­ streut liegenden Kakteen- und Baumgruppen überraschende Anzei­ chen einer neuen Zivilisation. Dünne Asphaltstreifen verbinden die einzelnen geschlossenen Siedlungsgemeinschaften, die aus der Luft wie schwarz und weiß getupfte Trauben erscheinen; und zwi­ schen ihnen leuchten die blauen Bänder der Bewässerungskanäle aus dem frischen Grün der im Rechteck angelegten Farmen. Dieses Gebiet,, das von der Südküste Kaliforniens aus sich durch das Binnenland fast 600 Kilometer bis zu den Städten Phoenix und Tucson in Mittel-Arizona hinzieht, ist lange Zeit eine alles Leben erstickende und von allen Menschen gemiedene Wüste gewe­ sen. Nach und nach aber beginnt sie sich aufzufüllen mit Menschen, die zum Teil wohl die Einsamkeit, in ihrer Mehrzahl aber die ge­ waltigen Möglichkeiten eines ganz neu erschlossenen, jungfräuli­ chen und in seiner Wüstenei gesegneten Landes suchen. Märchen­ hafte Erzvorkommen und ein Ackerboden, der das ganze Jahr über tausendfältige Frucht zu tragen vermag, haben neben bedeutenden Industrieunternehmen große Städte erstehen lassen und den Farmern immer wieder neuen Anreiz zur Besiedlung weiter Teile des Landes gegeben. , Die "AMERIKA DIENST" 7. September 1955 Die wichtigste Voraussetzung für diese ganze Entwicklung war jedoch die Beschaffung des überall so dringend benötigten Wassers. Man versuchte darum, es entweder als "natürliche Quellen" aus manchmal recht beträchtlichen Tiefen nach oben zu holen oder die wenigen, hierfür in Frage kommenden Wasser­ läufe zu stauen, um durch große Leitungs- und Berieselungs­ systeme nicht nur die Städte und Siedlungen mit dem hier be­ sonders kostbaren Naß zu versorgen, sondern dadurch auch dem großenteils sehr schweren, ganz unverbrauchten Ackerboden das fehlende Wasser zuzuführen. Die Städte und kleinen Gemeinwesen, die es früher nur an den großen Durchgangsstraßen in Nähe der wenigen Flüsse gab, wurden immer mehr. Das Land veränderte sein Gesicht; Tucson, Phoenix, Las Vegas, Barstow - einstmals die ausschließlichen Zentren eines kaum besiedelbaren Landes - verloren viel von ihrer ursprünglichen Bedeutung, obgleich sie sich ebenfalls ständig weiter ausbreiteten. Aber sie wurden mehr und mehr Ausgangspunkte für die "langen Finger der Zivili­ sation" , die Autostraßen, durch die eine wirkliche Erschließung des Hinterlandes überhaupt erst ermöglicht wurde. Aber das übrige Amerika erlebte nur wenig von dieser tief­ gehenden Wandlung, die sich während der letztvergangenen 15 Jah­ re in diesen Gebieten vollzog; die Menschen im Norden und Osten der Staaten wurden sich dessen kaum bewußt, was hier im Süd­ westen tatsächlich vor sich güTg. IM das, obgleich der BevölkerungS' druck schon zu Beginn dieser Zeit nicht unbeträchtlich war, da ständig mehr Menschen von den Chancen Gebrauch machten, die ihnen hier geradezu aufgedrängt wurden; sie brauchten sich ja nur an die Wege zu halten, die die amerikanischen Behörden im zweiten Weltkrieg auf der Suche nach ausgedehnten, von der Außen­ welt völlig abgeschlossenen und nicht einsehbaren Räumen für Forschungszwecke und militärische Übungen großen Stils vorge­ zeichnet hatten. Die US-Luftstreitkräfte waren die ersten, die die für ihre Zwecke geradezu einmaligen Bedingungen - das ganze Jahr über klare trockene Luft und Sonnenschein - erkannten und sich hier etablierten; sie bohrten Hunderte von Brunnen und er­ stellten über Nacht große Truppenlager mit riesigen Anlagen. Andere militärische Einheiten folgten und leisteten, schon um "AMERIKA DIENST" 7- September 1955 um sich die Voraussetzungen für ihr eigenes Da-Sein zu schaffen, wichtigste Pionierarbeit. Die Mittel und Methoden der modern­ sten Technik halfen die alten Barrieren zu beseitigen, die bis dahin eine Besitznahme der Wüste durch den Menschen vereitelt hatten. Und so fand der Zivil-Pionier, der im Gefolge der Truppen kam, einen großen Teil der unbedingt erforderlichen Arbeiten getan. Aber noch immer blieb die Lösung der eigentlichen Lebens­ frage dieses Südwestzipfels der USA, die Herbeischaffung von Wasser, ein Problem. Natürlich hatte man durch die Brunnenboh­ rungen schon viel erreicht und in manchen Bezirken Lebensver­ hältnisse geschaffen, die mit denen der ersten Pionierzeit die­ ses Landes überhaupt nicht mehr zu vergleichen waren. Aber darauf allein kam es ja nicht an. Die Brunnen selbst ergaben viel zu wenig, als man für ein Land, in dem es so gut wie keine Nieder­ schläge gibt, benötigte, um dessen natürliche Fruchtbarkeit zum Sprießen zu bringen. Man überzog deshalb das Land mit einem Netz von Kanälen, die aus den großen Stauseen, vor allem des Colorado River, gespeist werden. Einer der wichtigsten ist der All-American Canal, der eine weite Strecke parallel zur mexika­ nischen Grenze verläuft und dessen Wasser, etwa auf einen Telephon­ anruf der großen Südfruchtplantagen hin, bis weit in das Innere des Landes angefordert werden kann. Aber auch die kleinen Farmen kommen nicht zu kurz, und ihre Gewinne sind trotz der im Vergleich zum Mittelwesten höheren Betriebskosten bedeutend. Es ist nicht ungewöhnlich, daß ein verhältnismäßig kleiner Betrieb von zum Beispiel 32 Hektar bei Anbau von Erbsen, Mais, Bohnen, Tomaten und Grapefruit allein aus einem Hektar Tomaten einen sicheren Rein­ gewinn von 1250 Lollar pro Jahr erzielt. Bei einem Jahresumsatz von etwa 100 000 Dollar kann man bei dieser Art Farmen mit einem Reingewinn von 30 bis 35 Prozent rechnen.

ACHTUNG REDAKTION! AMERIKA DIENST" 7. September 1955

ACHTUNG REDAKTION! Auf Anforderung übersendet Ihnen der AMERIKA DIENST kostenlos folgende Bilder:

1) Straßenzug der modernen City von Tucson, dem aufstrebenden Industrie- und Handels­ zentrum inmitten der Wüste von Arizona gelegen. Tuscon hat heute eine Bevölkerung von 185 000 Einwohnern.

2) Tucson (Arizona): Blick auf El Conquistador, einem der 16 modernen Großhotels der außer­ ordentlich reichen und landschaftlich reiz­ vollen Stadt inmitten Arizonas Sand- und Kakteenwüste. Im Vordergrund eine für diese Gebend typische Kakteenhecke.

3) Luftaufnahme der Stauanlage des Imperial Dam, einem gewaltigen Bewässerungsprojekt im südlichen Kalifornien, das die Wasser des Colorado-Flusses in den All-American Canal ableitet, der die in der Wüstenland- schaft des Imperial- und Coachella Valley neuerstandenen Farmen und Obstplantagen bis zu einer Entfernung von 160 Kilometer bewässert.

(Fortsetzung in Nr. 38)

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- 7 - "AMERIKA DIENST" 7. September 1955

DER EINZIEHBARE "HYDRO-LIFT" Flugzeuge werden mit Rädern und Schwimmern ausgerüstet ( 42 Zeilen) WILMINGTON (Delaware) - (AD) - Das erste mit einem einzieh­ baren "Hydio-Lift" ausgerüstete Plugzeug der Welt, das sowohl vom Wasser als auch vom festen Boden starten und ebenso wieder landen kann, hat kürzlich seine ersten Testflüge erfolgreich bestanden. Der Hydro-Lift, eine Neu-Konstruktion der "All American Engineering Company" in Wilmington im Staate Delaware, besteht im Gegensatz zu den nur für Wasserflugzeuge verwendbaren "Hydro- Skis" der "Convair"-Werke aus einem einziehbaren Fahrgestell mit zwei Rädern, an denen in Achsenhö'he zusätzlich je ein Schwimmer angebracht ist. Diese skiartigen Schwimmer halten das Flugzeug, genau so wie Wasserskier den Sportler, nach der Landung so lange über Wasser, bis der Pilot die Maschine auf Land "gesteuert" hat, wo sie dann auf den etwa ein Drittel unter den Schwimmern heraus­ ragenden Rädern ausrollt und zum Stehen kommt. Beim Start rollt das Flugzeug auf Rädern vom Strand oder Ufer ins Wasser und wird nun wiederum bis zum Aufsteigen von den Schwimmern getragen. Der wesentlichste Vorteil des einziehbaren "Hydro-Lifts", der an Flugzeuge aller Größen montiert werden kann, besteht darin, daß die mit dieser Neuerung ausgestatteten Flugzeuge von Rollbahn nen üblicher Länge unabhängig sind und daher in Städten und Ort­ schaften, die an Flüssen oder an der Küste gelegen sind, in Nähe des Verkehrszentrums starten und landen können, wo die Anlage eines Flugplatzes gewöhnlich unmöglich ist. Seine Bewährungsprobe bestand der Hydro-Lift bei Testflügen eines kleinen, nur von einem Motor betriebenen Flugzeuges vom Typ "Bellanca Cruisemaster". Die Maschine startete und landete ohne Schwierigkeiten abwechselnd auf Wasser, Grasflächen und Betonrollbahnen. Auch sumpfiges und verschneites Gelände sowie Eisdecken von Seen oder Flüssen können in Zukunft als "Flugplatz" benutzt werden, wenn der Pilot seine Maschine auf die skiähnli­ chen Schwimmer des Hydro^Lifts aufsetzt. Düsen- "AMERIKA DIENST" 7. September 1955

Düsenjäger, die mit dieser vielseitig verwendbaren Kombination ausgerüstet sind, können praktisch überall ent­ lang einer Ufer- oder Küstehlinie stationiert werden und un­ abhängig voneinander starten und landen, was besonders bei Masseneinsätzen von großer Wichtigkeit ist. Ebenso ergeben sich für die Nachschubbeförderung auf dem Luftwege wesent­ liche Vorteile. So ist es beispielsweise bei Landungsopera­ tionen nun möglich, den Transport von Truppen, Material, Gerät und Verpflegung mit Flugzeugen unmittelbar bis an den jeweiligen Bestimmungsort durchzuführen.

ACHTUNG REDAKTION! Auf Anforderung übersendet Ihnen der AMERIKA DIENST kostenlos folgendes Bild«:

Oben; Das mit einem "Hydro-Lift" ausge­ rüstete Flugzeug begann seinen Start, auf Rädern anrollend, auf einem klei­ nen Gelände an der Küste und benutzt nun, von den skiähnlichen Schwimmern getragen, das Meer als "Rollbahn".

Unten: Die gleiche Maschine setzt bei der Landung wieder aufs Meer auf, und wird dann mit einer Geschwindigkeit von etwa 25 Stundenkilometer an Land "gesteuert", wo sie auf Rädern aus­ rollt.

" 9 - "AMERIKA DIENST" 7- September 1955 KURZNACHRICHTEN

UN, NEW YORK — (AD) — Die USA haben dem Kinderhilfsfonds der Vereinten Nationen (UNICEF) einen Scheck in Höhe von 1 083 160 Dollar übersandt. Mit diesem Beitrag, dem vierten, den die USA seit Beginn dieses Jahres für den UN-Kinderhilfsfonds geleistet haben, erhöht sich die Gesamtsumme der von den Vereinigten Staaten zur Verfügung gestellten Beträge auf 4,2 Millionen Dollar. Der vom US-Kongreß für das Kalenderjahr 1955 bewilligte Gesamt­ betrag für den Kinderhilfsfonds beträgt 9 Millionen Dollar.

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BOSTON — (AD) — Vertreter eines amerikanischen Kriegsteil­ nehmerverbandes, die "Veterans of Foreign Wars", haben in der ver­ gangenen Woche auf ihrer Jahresversammlung in Boston beschlossen, in der Zeit vom 1. bis 13« November eine "Pilgerfahrt" nach Europa zu unternehmen. Wie der Vorsitzende des Verbandes, Merton B. Tice, erklärte, solle diese Reise den Völkern der freien Welt demonstrie­ ren, daß die amerikanischen Kriegsteilnehmer aus zwei Weltkriegen und dem Koreakrieg nach wie vor den Idealen der Freiheit ergeben seien, für die so zahlreiche amerikanische Soldaten ihr leben hin­ gaben. Gleichzeitig werde den amerikanischen Kriegsteilnehmern da­ durch die Gelegenheit zu Aussprachen mit der Bevölkerung in Deutsch­ land, Großbritannien und Frankreich geboten. Die Gruppe will die Reise mit dem Flugzeug zurücklegen. Unter anderem sollen Berlin, Paris und London besucht werden.

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WASHINGTON — (AD) — Eine einzigartige Aufnahme der Erdober­ fläche aus 160 Kilometer Höhe wurde jetzt von der amerikanischen Marine veröffentlicht. Die Aufnahme wurde aus 310 Filmbildern zusammengesetzt, die durch eine mit einer Rakete gekoppelten Kamera in 160 Kilometer Höhe aufgenommen worden waren. Sie zeigt eine Landfläche von 3,25 Millionen Quadradkilometer, die sich von Kansas City bis Mexico City erstreckt.

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NEW YORK — (AD) — Der Präsident des amerikanischen "Natio­ nal Industrial Conference Board", John S. Sinclair, hat die An­ sicht vertreten, daß gesunde Außenhandelsbeziehungen gegenwärtig das beste Mittel seien, um befreundeten Nationen zu helfen. In

- 10 - "AMERIKA DIENST" 7. September 1955

In seinem Jahresbericht erklärte der Präsident der privaten Wirt­ schaf tsforschungsgruppe, daß während der ersten zehn Jahre nach dem Kriege die umfangreichen Hilfsprogramme der US-Regierung am Platze gewesen seien, daß aber zum gegenwärtigen Zeitpunkt der normale Handel der bisherigen Form der Hilfe bei weitem vorzu­ ziehen sei. Die Rolle der Regierung, so führte Sinclair aus, müsse darin bestehen, die Handelskanäle offenzuhalten und nur dann direkte Hilfe zu leisten, wenn dies unbedingt notwendig ist. R Der. "National Industrie! Conference Board" ist eine der größten^privaten Wirtschaftsforschungsgruppen in den USA und zählt einige Tausend Pinnen, Gewerkschaften, Handelsorganisationen, Regierungsstellen und Universitäten als Mitglieder.

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BOSTON — (AD) — Eleanor Dulles, die im US-Außenministerium an verantwortlicher Stelle tätige Schwester des amerikanischen Außenministers, erklärte auf einer Veranstaltung in Boston, daß der Ausgang der Genfer Außenministerkonferenz im Oktober Aufschluß darüber geben werde, ob die Welt eine "Rückkehr der dunklen Tage und der Spannungen" erwarten müsse, oder ob ein echter Portschritt auf dem Wege zur Abrüstung und zur deutschen Wiedervereinigung er­ zielt und ein> Ende der politischen und ideologischen Subversion erreicht werden könne. Eleanor Dulles würdigte ferner die Haltung der Westberliner Bevölkerung, die in zahlreichen schweren Jahren ihre Standhaftigkeit bewiesen hätte. Sie erinnerte in diesem Zu­ sammenhang an die Berliner Blockade und an die unerschütterliche Entschlossenheit der Westberliner, Härten zu ertragen, um frei zu bleiben. . "Der Sieg gehörte der Bevölkerung von Berlin", sagte Eleanor Dulles, "weil die Männer und Prauen Berlins weder den Verlockungen der Kommunisten nachgaben, noch sich ihrem Druck unterwarfen". Heute sei die Stadt immer moch von sowjetischer Besatzung umgeben, sagte sie weiter. Aber dank dem Vertrauen und der Ausdauer ihrer Bevölkerung sei aus den Westsektoren eine blühende Stadt geworden. "Berlins Männer und Prauen, Alt und Jung", so erklärte sie ab­ schließend, "sind entschlossen in ihrer Haltung und ausdauernd in ihren Bemühungen. Sie werden ihre Unabhängigkeit um jeden Preis aufrechterhalten und ihre Mission erfüllen, für die im Osten leben den eine Tür im Eisernen Vorhang offenzuhalten".

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- 11 - "AMERIKA DIENST" 14. September 1955

Zwanzig zeitgenössische Dichter und Schrift­ steller schreiben über "ihre" Stadt. Aus Ost und West, aus Nord und Süd kommen die Schil­ derungen und vermitteln uns ein literarisch gezeichnetes Bild des heutigen Amerikas.

DAS IST AMERIKA (VII) NEW YORK - (AD) - George Bernhard Shaw sagte einst: "Wenn mich die Leute fragen, was e3 in mei­ nem Leben an hervorragenden Erlebnissen gegeben hat, dann verweise ich sie nicht auf die Zeitungsarchive oder auf die Literarhistoriker, sondern auf die Romane Upton Sinclairs". Jene Romane, von denen G.B.Shaw sprach, sind fast unzählbar. Von Sinclairs Büchern existieren annähernd 800 Übersetzungen in 39 Ländern und 47 Sprachen. Upton Sinclair gehört zweifellos zu den meist gelesenen Schriftstellern der Welt. Mehr als nur Künstler oder Chronist, hat er als furchtloser Anwalt des sozialen Moments in den Vereinigten Staaten große Wirkung auf die Be­ schleunigung sozialer Reformen ausgeübt. Und er ist bis heute, trotz seiner 76 Jahre, so aktiv ge­ blieben, wie er immer war. Upton Sinclair wurde als die wahrhaftige Verkörperung Amerikas bezeichnet. Und daher dürfte recht interessant sein, was er über sein Land als Ganzes, von dem er selbst so sehr ein Teil ist, zu sagen hat.

MEIN LAND DER FREIHEIT Von Upton Sinclair (Deutsch von Carolus Heibe) ( 85 Zeilen) Ich habe fast die ganzen 76 Jahre meines Lebens im Lande meiner Geburt verbracht; die ersten zehn in Baltimore, die nächsten zehn in New York und später überall innerhalb jenes Rechtecks von 3000 Meilen Länge und 1000 Meilen Breite, das an seinen vier Ecken von einer kleinen Insel im St.Lorenz- Stroms der Südspitze Floridas und den Städten Seattle und San Diego an der Küste des Stillen Ozeans markiert wird. Ich habe sicherlich nicht weniger als eine halbe Million Meilen auf den Autobahnen meines Landes zurückgelegt. Und - 1 - "AMERIKA DIENST" U. September 1955 Und ich habe Vorträge in etwa hundert Städten gehalten - vor Menschen, die von überall her kamen und deren Kopfzahl von ein paar Dutzend bis zu 30 000 reichte. Ich habe in der Wahlschlacht um den Platz des Gouverneurs von Kalifornien gekämpft, bin wäh­ renddessen vierzehn Monate lang landauf, landab gereist und habe jeden Abend und oft noch am Tage irgendwo Reden gehalten. Bei der Wahl stimmten annähernd eine Million Wähler für mich. Ich erzähle dies nur, damit man sieht, daß ich wirklich das ganze amerikanische Volk kenne, arm und reich, und alle Farben seiner Eassenj weiß, gelb, rot, braun und schwarz. Um Material für meinen Roman "Der Dschungel" zu sammeln, lebte ich 7 Wochen lang auf den stinkenden Viehhöfen Chicagos, unter Men­ schen, die so elend und unterdrückt waren wie zu dieser Zeit nur irgend jemand sonst im Lande. Und ich bin dankbar dafür, daß ich nun sagen kann: Es gibt heute nichts dergleichen mehr in meinem Lande. Dieses Buch habe ich vor einem halben Jahrhundert geschrie­ ben. Es hat dazu beigetragen, die Abscheulichkeiten zu beseitigen. Ich habe die Ärmsten kennengelernt, aber auch viele von den Reichsten, einige von unseren sogenannten Industriekapitänen: G-illette, den man den Rasierklingenkönig nannte, Hormel, den Kö­ nig der Würstchen und Schinken, und Henry Ford, den Kleinwagen­ könig. Ich habe die Stahlarbeiter Pennsylvaniens, die Bergarbei­ ter Colorados und die Holzfäller des Nordens getroffen, die Baum­ wollpflanzer des Südens und andere Farmer. Ich muß in Hunderten von Hotels und Autohöfen genächtigt, in Tausenden von Restaurants und in Zehntausenden von Läden gekauft haben. Von Natur aus freund­ lich und gleichzeitig neugierig, habe ich für jedermann ein paar Worte übrig, gleichgültig, ob ich ihn kenne oder nicht. Ich mache eine spielerische Bemerkung oder einen Scherz, sage irgend etwas, um die Gesichter zu erhellen und den Menschen eine schnelle Ant­ wort zu entlocken. Ich kann sagen: Unsere Menschen sind auf eine natürliche Weise demokratisch. Sie nehmen als selbstverständlich an, daß du so gut bist wie sie, es sei denn, du lieferst den Beweis fürs Ge­ genteil. Wenn du dir aber einbildest, du seist besser, dann wirst du dafür den Beweis erst recht zu liefern haben. Sie wissen, was in der Welt vor sich geht, und sie haben keine Furcht, mit jeg- - 2 - "AMERIKA DIENST" 14. September 1955 jeglichem Fremden über jegliches Thema zu reden. Sie werden dich nach deiner Meinung fragen, und andere werden hinzukommen und zuhören. In meinem "süßen Land der Freiheit", wie es in einem un­ serer Lieder heißt, regeln wir unsere Probleme durch öffentliche Debatten und freie Wahlen und nicht durch ein so widerliches Affentheater, bei dem es nur eine Karte gibt, auf die man setzen kann, und wo man bestraft wird, wenn man nicht zur Urne kommt und dafür stimmt. Wir wählen unsere Kandidaten selbst. Und wenn sich die Mehrheit für einen entschieden hat, wissen wir, daß er sein Amt antreten wird und daß er nicht jene, die gegen ihn opponiert haben, umbringen läßt. Als Franklin Roosevelt zum Präsidenten ge­ wählt worden war, ließ er die Führer der Opposition nicht in den Kerker werfen und mit einem Genickschuß ermorden. Sein Gegenkandi­ dat, Expräsident Herbert Hoover, fuhr im gleichen Wagen mit ihm zu seiner Amtseinführung, und Hoover hat seither weiterhin geschrieben und gesagt, was er wollte. Als General Eisenhower Präsident wurde, hielt es jedermann für selbstredend, daß sich sein Vorgänger, Ha»ry S. Truman, still in sein Haus in Independence im Staate Missouri zurückziehen, seine Memoiren schreiben und sie gegen ein anstän­ diges Honorar an ein Magazin verkaufen würde. Genau das hat er denn auch getan. Während des größten Teils meines Lebens habe ich gekämpft, mit Yv'orten gekämpft gegen das, was ich für soziale Abscheulich­ keiten hielt. Und viele von denen, die für diese Abscheulichkei­ ten verantwortlich waren, haben zurückgeschlagen. Sie haben mich beschimpft und Lügen über mich verbreitet; aber ich hatte die Frei­ heit, ihre Lügen zu entlarven, und ich habe es getan. Lie Freiheit der Rede, der Presse und der Versammlung wurde in unsere Verfassung, in all unsere Eräuche und in unsere Art zu denken hineingebaut. Jene wenigen, die mich zum Schweigen zu bringen versuchten, merk­ ten sofort, daß ihre Versuche meinen Worten erst Flügel verliehen. Ich habe und ich hatte allzeit die Freiheit, zu sagen, was ich für die Wahrheit hielt. Ich weiß, daß ich in einer freien Gesellschafts­ ordnung lebe. ACHTUNG REDAKTION! Auf Anforderung übersendet Ihnen der AMERIKA DIENST kostenlos ein Porträt von Upton Sinclair. ***** - 3 - "AMERIKA DIENST" 14. September 1955

WÜSTENLEBEN 1955 (II und Schluß)

Neue Industrien entstehen in der Wüste

(58 Zeilen) NEW YORK — (AD) — Aber auch die Industrie hat ihre Chancen wahrgenommen. Außer den Zementwerken, die wie Pilze aus der Erde schießen, ist in der Nähe von las Vegas ein neues großes Dampfkraft­ werk entstanden, und die Mangangruben haben ebenso wie die Gruben der "Molybdenum Corporation cf America", in denen seltene Erden ge­ wonnen werden, ihren Betrieb in letzter Zeit um ein Vielfaches er­ weitert. Außerdem haben wichtige Werke der Plugzeug- und Metall­ industrie sowie Betriebe der Raketenforschung neben großen Versuchs­ stationen auch Tochterbetriebe eingerichtet. Es ist selbstverständlich, daß diese Entwicklung eine Anziehungs­ kraft auf Millionen von Menschen aus allen 48 Bundesstaaten ausüben mußte. In den letzten 15 Jahren ist die Bevölkerungszahl dieses Raumes dann auch um fünf Millionen angewachsen; allein Kalifornien zählt jährlich einen Zuwandererstrom von 200 000 Menschen, die al­ lerdings nicht alle in den Städten und Industriezentren verbleiben, sondern weiterziehen, um sich "draußen" eine neue Existenz aufzu­ bauen. Aber dies ist heute nicht mehr ganz einfach, da selbst in der ehemals so gefürchteten Wüste Land nicht mehr ohne weiteres zu haben ist, wie die geradezu groteske Entwicklung der Bodenspekula­ tion in besonders bevorzugten Gebieten zeigt. So verkauft zum Beispiel ein Mann, der vor zwei Jahren ein gro­ ßes Stück Land in der Mojave-Wüste in Kalifornien für 180 Dollar gekauft hat, heute dasselbe Stück Land für 250 000 Dollar weiter. Der Preis für 3 300 Morgen, von denen damals jeder einzelne weniger als einen Dollar kostete, ist in der gleichen Zeit auf 4 000 Dollar pro Morgen emporgeschnellt. Ein ehemaliger Zimmermann aus Phoenix, der ebenfalls die Konjunktur auszunutzen verstand und sich als Bo­ denspekulant und Bauherr betätigte, ist in ein paar Jahren Multimil­ lionär geworden, der in den Wirtschafts- und Pinanzkreisen New Yorks "AMERIKA DIENST" 14. September 1955

New Yorks eine beachtliche Rolle spielt. Von diesen Beispielen gibt es Hunderte, vielleicht sogar Tausende; sie bilden also keines­ wegs eine Ausnahme. Ihr Bekanntwerden hat viel dazu beigetragen, diesen neuen Zug nach dem Westen wenigstens bis jetzt in Gang zu halten, auch wenn es infolge der ständig steigenden Bodenpreise zum mindesten für den sogenannten kleinen Mann immer schwieriger wird, sich in dieser einstigen Einöde anzusiedeln. Aber es gibt auch jetzt noch Gebiete genug, wo Land noch zu verhältnismäßig gün­ stigen Preisen zu erwerben ist. Loch die meisten dieser Stellen sind nur dann bewohnbar, wenn sie über eigene Brunnen verfügen. Liese müssen aber gebohrt werden, und das wird ebenfalls immer teurer, ganz abgesehen davon, daß in den meisten Teilen dieses Raumes der Grundwasserspiegel unaufhörlich sinkt und deshalb auf immer grö­ ßere Tiefen gegangen werden muß. Dessen ungeachtet bildet die amerikanische Wüste noch immer den großen Anziehungspunkt für das "wandernde Amerika". Viele Städte in diesem Gebiet haben einen Zuzug von 30 bis 100 Prozent zu verzeichnen, und selbst dort, wo man das Land früher für gänz­ lich unbewohnbar hielt, hat man durch Konstruktion besonderer, den ungewöhnlichen klimatischen Verhältnissen angepaßter Häuser die Voraussetzungen für eine Besiedlung geschaffen. Lamit hat man auch den vielen Menschen, die nichts als Einsamkeit und ein geruhsames Leben suchen, die Möglichkeit gegeben, viele zum Teil noch gar nicht erforschte, aber durch ihre Schönheit bestrickende Land­ striche neu zu entdecken und für sich in Besitz zu nehmen. Unzäh­ lige von diesen Menschen, die früher in den großen Städten der Staaten gewohnt hatten und dort seelisch oder körperlich erkrank­ ten, sind hier wieder gesund geworden, und keiner von ihnen hat den Wunsch, das Land je wieder zu verlassen.

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BETON RAGT IN DEN HIMMEL Eero Saarinen entwarf das neue Auditorium des Technologischen Institutes von Massachusetts, eines der schönsten Beispiele moderner Architektur" Von Mary Handy

( 75 Zeilen) (AD) — Anfang des 19« Jahrhunderts merkte man, daß Beton mehr ist, als nur ein Hilfsmittel, um Steine und Ziegel zu imitie­ ren: Man legte ihn wie einen Mantel um die Stahlgerüste herum, und siehe da, die Gebäude schössen empor in den Himmel. Das war etwas Neues, etwas wirklich Neues, ein Stil. Und dann lernte man, mit Beton allein zu bauen, ihn nicht als Stein, nicht als Ziegel, nicht als Umhüllung, sondern als Beton zu nehmen. Zuerst spannte man elegante Bögen von Brückenpfeiler zu Brückenpfeiler. Bald darauf wölbte man den Beton kühn den Himmel hinan und schuf mächtige Dächer für Flugzeughallen. Und jetzt ist es soweit, daß die Architektur des Betons einen Höhepunkt erreicht zu haben scheint: Der Neubau des Auditoriums des Technologischen Instituts von Massachusetts besteht im wesentlichen aus einer ein­ zigen Betonwölbung, die so hauchdünn konstruiert ist, daß man sie mit einer Eierschale vergleichen könnte, die auf den Boden aufge­ setzt worden ist. Am 8. Mai 1955 wurde dieser revolutionäre Bau, das Kresge- Auditorium, eingeweiht. Und die Leiter des Institutes, die den Mut gehabt hatten, die Genehmigung zum Bau der dünnen Schale zu geben, konnten wahrhaftig stolz sein. Die zwei Millionen Dollar, die das Auditorium mit der darin befindlichen Kapelle und dem Platz davor gekostet hat, hatten sich gelohnt: Dieser Bau ist eines der schön­ sten und erregendsten Beispiele für die moderne Architektur gewor­ den. Der Mann, der die Idee hierzu hatte, ist der junge Architekt Eero Saarinen, der Sohn eines sehr bekannten finnischen Architekten.

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Architekten. E. Saarinen und seine Mitarbeiter haben bei diesem Bau die Verwendung jeglichen herkömmlichen Materials wie Steine oder Holz vermieden. "Jedes Zeitalter schafft die ihm eigene Archi­ tektur, wenn es die nur ihm zueigenen technischen Mittel in dem nur ihm zueigenen Geist zur Anwendung bringt"»interpretiert Saarinen den Grundsatz der Architektur schlechthin, und sein zwei­ tes Prinzip lautet: "Architektur muß funktionsgebunden sein. Je­ doch soll das nicht heißen, daß die Form unbedingt funktionshörig zu sein hat." "Ist die Struktur einem klaren Zweck untergeordnet, so be­ kommt sie, wenn sie ihrerseits klar und sauber ist, einen Eigenwert, aus dem sich die Form ganz von selber ergibt." Und in der Tat, die Form, das heißt also die stilistisch-künstlerische, visuelle Gesamtkonzeption, ergibt sich bei dem Auditorium direkt aus jener Achtelkugel, die auf ihren drei Schnittpunkten ruht. "Und schließ­ lich müssen wir die Bedeutung des Raums als erstes architektonisches Element wiedererkennen. Wir müssen ein neues Raumgefühl entwickeln und einsehen," daß Raum wichtiger als Masse ist", schließt Saarinen seine grundsätzlichen Erklärungen. Das neue Auditorium wird diesen Prinzipien gerecht. Man kann sich diesen Raum etwa so vorstellen: Ein dreieckiges, geblähtes Segel liegt horizontal und berührt mit seinen drei Spitzen den Boden. Der Raum, der so entsteht - das ist im Prinzip das von Saarinen geschaffene Auditorium. Die dem Segel entsprechende Betonschale, die auf diese Weise eine Achtelkugel bildet, ruht also nur an drei Punkten auf der Erde, und dort befinden sich die Fundamente. Die sich von Punkt zu Punkt spannenden Kanten erheben sich in gewaltigen Bögen über die Erde, und dort stehen natürlich Wände. Aber diese Wände berühren nirgendwo mit ihrer oberen Kante die Bögen, sie stehen frei auf dem Grund, und der Zwischenraum zwischen ihnen und der Betonschale, der zirka 10 bis 15 cm beträgt, ist mit einer Gummidichtung versehen. Auf diese Weise kann sich der "Betonhimmel" je nach Temperatur ausdehnen oder zusammenziehen. Er "atmet" gewissermaßen, ohne die Wände zu berühren. Senkrecht

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Senkrecht von der Decke her b hängen sogenannte "Wolken", Vorrichtungen zur Verteilung des Scha ls, d.e eine ausgezeichnete Akustik schaff n. Nach herkömmlic en Maßstäben gemessen, wäre die­ ser Raum weder für Musik noch für V rträge geeignet. Der Bau des Auditoriums wurd ke n leichtes Werk. Zwei Jahre lang waren 200 Arbeiter daran beschäftigt. Und wie das immer so mit neuen Ideen geht, es gab Leute genug, die meinten, aus d r Sache könne, dürfe«und würde nie etwas werden. Und sie hatten, was die Schwierigkeiten anbetraf, nicht so ganz unrecht: Die gesamte Kon­ struktion basiert auf Kurven. Man f nd t in dem Entwurf keine parallelen Linien. Und es gab manchen Tag, wo nur der Erfindungs­ geist der Ingenieure die Situation etten kon te. Aber daB Prinzip der Arbeit war. Entweder etwas g änzend zustandebringen oder über­ haupt nicht. Und so hatte man denn nach zwe Jahren, als die Maschinen ver­ stummten und die 400 Hände ruhten ein Werk vollbracht, dessen architektonische Bedeutung noch lange n ch dem Ertönen der Ein­ weihungsfanfaren von sich reden machen wird. Denn Eero Saarinen sagt: "Wir befinden uns bereits am Beginn einer neuen Periode der Architektur." ACHTUNG REDAKTION! Auf Anforderung ü ersendet Ihnen der AMERIKA DIENST ko enlos folgende Bilder;

1) Das Auditorium des Technischen In titutes von Massachusetts ist ein Beispiel kompromißloser moder r Architektur, die keines der althergebrachten Baumateriali n mehr verwendet. Hier ist Beton das Haupt-Bauelement, und aus seiner ausschließlichen Verwendung heraus ergibt si h ie ormj Eine Achtelkugel, dünn wie eine Eierschale, an drei Punk en auf der Erde in festen La­ gern ruhend. 2) Von der Wölbung der Decke herab ängen Platten, die den Schall in dem riesigen Raum so verteile , daß eine einwandfreie Akustik herrscht. 3) Die Seitenwände reichen nur bis i ka zehn Zentimeter unter die Kuppel, so daß für diese ein Spie räum bleibt, um sich bei Tem­ peraturunterschieden entsprechen ausdehnen oder zusammenziehen zu können. Der freie Raum zwischen Kuppel und Wand ist durch eine elastische Gummidichtung ausgefüllt.

Aus "The Christian Science Monitor" - Quellenangabe e- forderlich - * * * * "AMERIKA DIENST" 14. September 1955

KURZNACHRICHTEN

WASHINGTON - (AD) - In Washington wird vom 27. bis 29.September ein Forum über Atomenergiefragen abgehalten werden, das in Verbindung mit der gleichzeitig stattfindenden ersten Handelsmesse der Atomindustrie steht. Das Thema des Forums ist die kommerzielle und internationale Entwicklung der Atomenergie. Neben zahlreichen ausländischen Atomwissen­ schaftlern und -technikern wird auch der Vorsitzende der amerikanischen Atomenergie-Kommission, Lewis L. Strauss, sprechen. Das Forum wird ebenfalls die wissenschaftlichen Ergeb­ nisse der Genfer "Atome-für-den-Frieden"-Konferenz erörtern.

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WASHINGTON - (AD) - Die diesjährige amerikanische Baum­ wollernte wird sich nach den neuesten Erntevoraussagen des US-Landwirtschaftsministeriums auf 12 873 000 Ballen stellen und damit noch um rund 145 000 Ballen über der letzten Ernte­ voraussage des Ministeriums liegen. Der Baumwollbedarf zur Deckung des einheimischen Verbrauchs und der Exportverpflich­ tungen in dem am ersten August begonnenen neuen Baumwolljahr wird vom Landwirtschaftsministerium mit rund 13 Millionen Ballen veranschlagt.

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WASHINGTON - (AD) - Die amerikanische Fluggesellschaft Trans-World Airlines (TWA) gab bekannt, daß sie am I.Oktober einen neuen interkontinentalen Flugdienst von der Pazifikküste der USA nach Europa einrichten wird. Die zunächst von einer Maschine beflogene Strecke führt von Los Angeles und San Francisco im Nonstopflug nach New York und von dort weiter direkt nach London. Die Superconstellation-Maschinen für diesen Dienst sollen die Strecke von Los Angeles nach London in 21 Stunden schaffen und damit um sieben Stunden schneller sein als die bisher auf der sogenannten Polarroute von Kalifornien nach Europa fliegenden Maschinen.

***** WASHINGTON "AMERIKA DIENST" 14. September 1955

WASHINGTON - (AD) - Der amerikanische Beauftragte für das Erziehungswesen, S.S. Brownell, teilte mit, daß die Zahl der Schüler und Studenten an den höheren Schulen und Univer­ sitäten der USA im kommenden Herbst 31»5 Millionen erreichen wird. Dies bedeutet gegenüber dem Vorjahre eine erneute Zu­ nahme um 1,6 Millionen. Brownell wies darauf hin, daß damit eine weitere Verknappung der Unterrichtsräume eintreten werde und zusätzliche Lehrkräfte benötigt würden. Für Ende November hat Präsident Eisenhower eine Kon­ ferenz von Fachleuten ins Weiße Haus einberufen, um diese Probleme zu erörtern.

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NEW YORK - (AD) - Die New Yorker Untergrundbahn will in Kürze probeweise Wagen mit Klimaanlage einsetzen. Wenn sich die Wagen bewähren, soll das gesamte Netz damit aus­ gestattet werden.

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Zwanzig zeitgenössische Dichter und Schrift­ steller schreiben über "ihre" Stadt. Aus Ost und West, aus Nord und Süd kommen die Schil­ derungen und vermitteln uns ein literarisch gezeichnetes Bild des heutigen Amerika.

DAS IST AMERIKA (VIII)

Wie mancher junge amerikanische Schriftsteller kam William Maxwell aus dem Mittelwesten nach New York. Er brauchte den Geist und die Atmo­ sphäre der großen Stadt und den persönlichen Kontakt mit der literarischen Welt, Doch in Herzen blieb er seiner Heimat Illinois treu. Als Erzähler kehrte Maxwell immer wieder in das Land seiner Kindheit und Jugend zurück. Über seinen Roman "'Junges Blatt am Baum" (The Folded Leaf, deutsche Übersetzung 1947 bei Blanvalet, Berlin) schreibt ein bekannter Literaturkritiker: "Er ist wahrhaftig, schön, von treffender Schärfe - so gut, daß es ans Wunderbare grenzt". Maxwell ist heute 47, immer noch ein typischer Kleinstädter, wie der folgende Bericht über seinen derzeitigen Wohnort Yorktown Heights im Staate New York zeigt.

YORKTOWN HEIGHTS Von William Babington Maxwell

( 68 Zeilen) YORKTOWN HEIGHTS — (AD) — Ich lebe mit meiner Frau und mei­ ner kleinen Tochter in einem einstöckigen Fachwerkhaus an einer kurvenreichen Schotterstraße vierzig Meilen nördlich von New York City. Unser Haus steht auf einem Grundstück, das einst den Apfel­ garten einer Farm bildete. Das Weideland und die Felder waren hier schon seit altersher, solange es eine Zeitrechnung in Amerika gibt. Besiedelt wurde die Gegend um 1750. Die Hälfte der Apfelbäume steht noch, achtzig oder hundert Jahre alt, riesig und ausgehöhlt, mit Blüten bedeckt im Mai und knackend unter der Last ihrer Frucht im

- 1 - "AMERIKA DIENST" 21. September 195? im August. Das Land ringsumher hat noch ein wenig von seiner Wild­ heit bewahrt. Da gibt es Rehe, Füchse, Waschbären, Opossums, Stink­ tiere, Kaninchen, Waldtauben und Eichhörnchen, Rebhuhner und Fasane Das blinkende Licht am abendlichen Sommerhimmel mag ein Flugzeug se auf dem Wege zum New Yorker Internationalen Flughafen auf Long Is­ land, es kann aber auch ein Glühwürmchen sein. Unsere Straße ist 2 1/2 Meilen lang und zählt 22 Häuser. An ihrem einen Ende steht das Schutzdach, unter dem die Kinder auf ih­ ren Schulbus warten, der sie nach Yorktown Heights bringt, wo zwei Gemeindeschulen sind. Am anderen Ende der Straße ist hinter knie­ tiefem Gras und Grabsteinen die Baptistenkirche. In den 22 Häusern wohnen zwei Maler, ein Photograph, zwei Lehrer, drei oder vier Rechtsanwälte, ein Radiofabrikant, drei Schriftsteller, vier Redakteure; ein richtiger Farmer und einer aus Liebhaberei, ein Fabrikant von Kinderkonfektion, ein Produzent von 16 Millimeterfilmen, ein Konzertpianist und ein Großschlächter - sowie deren Frauen und Kinder. Viele von diesen Frauen, die in un serer Straße wohnen, waren beruflich tätig, bevor sie heirateten. Man wird kaum annehmen, daß Leute von 90 außerordentlich ver­ schiedenem Beruf ständig beieinander aus- und eingehen, und sie tun es auch nicht. Das hat nichts mit Standesdünkel zu tun, son­ dern kommt daher, daß sie alle viel zu beschäftigt sind. Fast ein jedes dieser Häuser hat eine Fernsehantenne auf dem Dach, doch meistens bleibt es den Kindern vorbehalten, die Fernsehsendungen anzuschauen. Die Erwachsenen haben keine Zeit dazu. Das Gelände ist so beschaffen, daß nahezu jedes Haus an dieser windungsreichen Straße entweder eine schöne Aussicht hat oder eine gemütliche Ecke, meistens eine Terrasse mit Gartenmöbeln, wo man es sich wohl sein lassen kann. Diese Terrassen sind gewöhnlich leer, weil die Leute, die sich beiim Einzug hier schon friedlich im Grünen sitzen sahen, irgendwo beschäftigt sind, sei es, daß sie irgendein Wässerchen umleiten, ein anderes Stück Land jäten, oder eine neue Stelle aus­ bauen, von der aus sie einen weiteren Blick in die nachbarlichen Hügel haben. Die "AMERIKA DIENST" 21. September 1955

Die Mehrzahl der in unserer.Straße wohnenden Männer fährt fünf Tage in der Woche mit dem Zug nach New York City zur Arbeit. Der "Commuter" (Leute, die draußen wohnen und zur Arbeit in die Stadt fahren) war schon oft Gegenstand milder Witzeleien, doch zur Zeit ist er der letzte der Pioniere, ein Mann von vielseitigem Talent und rastloser Energie. Er ist bereit, für das Vorrecht und das Vergnügen des Landlebens etwas zu zahlen: er ist bereit, im tiefsten Winter vor Tagesanbruch aufzustehen und jedem Arbeits­ tage noch zwei oder drei Stunden Bahnfahrt und Fußweg zuzugeben. Abends treibt ihn (wiewohl er sehr viel lieber zu Hause bliebe, und man darf annehmen, daß er sich das Recht darauf auch verdient hat) sein Gewissen zur Versammlung des Elternbeirats oder einer anderen Organisation von ähnlicher Bedeutung-. Der "Commuter" pflanzt Obstbäume, vergrößert seinen Rasen, legt einen Rosengarten an, sticht Spargelbeete aus, baut seinem Hause einen Flügel an, bemalt seine Wände, fügt Steine zu einem Gartentreppchen, errichtet einen Sommerherd im Garten - und er tut dies alles, als ob er sicher wäre, den Rest seiner Tage auf diesem Fleckchen Erde zu verbringen. Die Statistiker sind anderer Meinung. Nur zwei Häuser gibt es in unserer Straße, die während der vierzehn Jahre meines Hierseins nicht mindestens einmal ihren Besitzer gewechselt haben. Aus irgendwelchen Gründen zeigt der "Commuter" keine besondere Seßhaftigkeit. Doch wenn die Umstände - mögen sie nun seinem Wil­ len unterliegen oder nicht - ihn an einen anderen Ort verschlagen, so können Sie sicher sein, daß er wiederum zu Axt und Spaten grei­ fen und mit der gleichen Energie drangehen wird, sich ein neues Stück Wildnis zu unterwerfen, neue Obstbäume zu setzen und einen neuen Rosengarten anzulegen.

ACHTUNG REDAKTION? Auf Anforderung übersendet Ihnen der AMERIKA DIENST kostenlos 1 Porträt von William Maxwell

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- 3 - "AMERIKA DIENST" . 21. September 1955

DAS INTERNATIONALE ATOMPROGRAMM DER VEREINIGTEN STAATEN Von Lewis L. Strauss Vorsitzender der US-Atomenergie-Kommission

(77 Zeilen) NEW YORK - (AD) - Das technische Wissen um die friedliche Anwendung der Atomenergie teilen wir mit anderen Nationen, um ihnen neue Werkzeuge für die Grundlagenforschung, für die Medizin, die Agrarwirtschaft und die Industrie an die Hand zu geben. Wir haben zu diesem Zweck inzwischen mit 28 Ländern Einzelverträge abgeschlossen. Wissenschaftler und Studenten aus 19 Ländern halten sich in den Vereinigten Staaten auf, um hier die Reaktortechnik zu erlernen, und Wissenschaftler aus insge­ samt 32 Ländern studieren bei uns die Herstellung und Verwen­ dung von Radioisotopen» Auch das von Präsident Eisenhower ge­ machte Angebot, bei der Erstellung von Porschungsreaktoren in befreundeten Ländern die Hälfte der Kosten zu übernehmen, ist Teil unseres Atomprogramms. Die Tatsache, daß wir unser Wissen auf dem Gebiet der Atomtechnik mit anderen Nationen teilen, ist eine konstruktive Umsetzung des epochemachenden Vorschlages Präsident Eisenhowers, den dieser am 8.Dezember 1953 den Vereinten Nationen unterbrei­ tete - ein Vorschlag, der den Hoffnungen der Völker der ganzen Welt neue Nahrung gab. • Wir alle, die wir der amerikanischen Atomenergie-Kommis­ sion angehören, erhoffen und ersehnen den Tag, an dem das Wort "Atomenergie" nicht mehr irgendwelche Bilder von Waffen, sondern hur noch Bilder von den Segnungen dieser Kraft für das leibliche und seelische Wohl des Menschen vor unserem geistigen Auge er­ stehen läßt. Die Unsicherheit der ganzen internationalen Situation aber, ebenso wie die Gefahren, die von jenen drohen, die mit der Aus­ breitung ihrer eigenen gewissenlosen Ideologie die Freiheit zer­ stört haben, zwingen uns ganz einfach aus Gründen der Selbstver­ teidigung, Atomwaffen zu entwickeln, auszuprobieren und in Re­ serve zu halten. Die politische Klugheit gebietet uns, so zu - 4 - "AMERIKA DIENST" 21. September 1955 zu handeln, solange keine anderen angemessenen Sicherungen gewähr­ leistet sind. Unsere Sicherheit und unsere Hoffnungen auf die Vermeidung des Krieges stehen und fallen mit unserer Fähigkeit, uns zu verteidigen. Aber wir haben schon seit langem erkannt, daß Atomwaffen und atomwaffentragende Ausrüstungen die Kriegsfurcht nicht zu bannen und auch den Völkern der freien Welt nicht die Segnungen des Friedens zu bringen vermögen, nach denen sie mit so heißem Herzen streben. Und deshalb hat sich das Programm "Atome für den Frieden" nicht nur als Symbol der Hoffnung für freie, wenn auch im Banne der Furcht stehende Völker, sondern ebenso als eine wirksame Antwort auf die gegnerischen Bemühungen erwiesen, uns als eine Nation hinzustellen, die sich der Kernenergie ausschließlich zur Waffenproduktion für einen "imperialistischen" Krieg be­ dient. Am 15.November 1954 stellten wir 100 Kilogramm wertvollen spaltbaren Materials für Forschungsreaktoren in befreundeten Ländern zur Verfügung. Wir erklärten uns auch einverstanden, einigen dieser Länder schweres Wasser zu liefern, das beim Be­ trieb gewisser Typen von Kernreaktoren benötigt wird. Wir haben Wissenschaftler und Techniker aus jenen Ländern eingeladen, sich hier in den Vereinigten Staaten über die friedlichen Verwendungs­ möglichkeiten der Atomenergie zu informieren. Und, wie ich schon gesagt habe, wir helfen diesen Ländern, Reaktoren zu errichten und zu betreiben. Zur Erweiterung des ganzen Programms wurde vor kurzem ein zusätzlicher Schritt getan: Präsident Eisenhower hat die ameri­ kanische Atomenergie-Kommission ermächtigt, die Menge des von den Vereinigten Staaten für befreundete Länder bereitgestellten angereicherten Urans, das in deren Forschungsreaktoren Verwendung finden soll, zu verdoppeln, so daß diese nunmehr über insgesamt 200 kg verfügen können. Vielleicht ist es angebracht, noch einmal festzustellen, daß es sich hier um spaltbares Material handelt, das sich nicht für die Herstellung von Atomwaffen eignet, sehr wohl aber für die friedliche Nutzung des Atoms. Wir "AMERIKA DIENST" ' 21. September 1955 Wir bemühen uns um das Zustandekommen einer Vereinbarung - und ich bin sicher, daß wir uns auch weiterhin darum bemtthen werden -, die durch geeignete und wirksame Einzelbestimmungen einen echten Frieden in unserem Atomzeitaiter gewähr­ leistet. Wenn der Tag kommt, an dem unsere nuklearen Waffen zur Abschreckung einer Aggression nicht mehr benötigt werden, dann wird das kernreaktive Material, das sie enthalten, ohne Schwie­ rigkeiten in Energiequellen umzuwandeln sein, die einen wesent­ lichen Beitrag zur Kraftversorgung unserer Industrie leisten und uns Licht, Wärme, Kraftstoff und die vielen anderen Annehmlich­ keiten einer in Frieden sich entwickelnden Zivilisation geben können. Wir in der amerikanischen Atomefcergie-Kommission haben in all unserer Arbeit stets diesen Tag vor Augen.

***** "AMERIKA DIENST" 21. September 1955 * VON KONTINENT ZU KONTINENT IM NONSTOPFLUG Neue '""Super-Oonstellation" ermöglicht gerbesserung. des Weltflugnetzes ( 80 Zeilen) BURBANK (Kalifornien) - (AD) - Die neuesten Langstrecken­ verkehrsmaschinen vom Typ Lockheed Super-Constellation, die voraussichtlich im Jahre 1957 in Dienst gestellt werden können, werden wahrscheinlich eine Revolutionierung des gesamten inter­ nationalen Flugverkehrs bringen. Durch wesentliche Verbesserun­ gen der Tragf läche'n-Konstruktion, des Triebwerkes und der Pro­ peller wurde der Aktionsradius dieses Typs auf 10 400 km im Nonstopflug erhöht, eine Reichweite, die bisher von keinem Ver­ kehrsflugzeug der Welt erreicht wurde. Wie die Lbckheed-Werke in Burbank im Staate Kalifornien mitteilen, werden die neuen Super-Constellations voraussicht­ lich einen erheblichen Ausbau der direkten Flugverbindungen im transkontinentalen Verkehr ermöglichen. Die großen europäischen Hauptstädte werden unmittelbar von New York aus angeflogen wer­ den, und auch Strecken wie Vancouver-Amsterdam, London-Karachi.v oder Lima-Honolulu wird man ohne Zwischenlandung zurücklegen können. Sowohl die amerikanische Fluggesellschaft "Trans World Airlines" (TWA) als auch die französische Fluggesellschaft •Air France" haben bereits ihre Absicht bekanntgegeben, eine große Anzahl dieser Maschinen im Jahre 1957 auf ihren inter­ nationalen Flugstrecken einzusetzen« Die TWÄ allein hat bereits 24 Maschinen dieses Typs im Wert von rund 70 Millionen Dollar bei den Lockheed-Werken in Auftrag gegeben, und die "Air France" beabsichtigt den Ankauf von 12 neuen Super-Constellations. Die völlig neu durchkonstruierte Tragfläche der Super- Constellation Modell 1649 A, wie die Fabrikbezeichnung dieses Typs lautet, gestattet eine Steigerung der Stundengeschwindig­ keit dieser Maschine um mehr als 110 km gegenüber anderen Lang­ strecken-Flugzeugen mit vergleichbarer Motorleistung. Rein flächenmäßig handelt es sich bei dem neuen Flügel übrigens um - 7 - "AMERIKA DIENST" 21. September 1955 um den größten bei Transportflugzeugen bisher verwendeten überhaupt. Die Ifechine hat vier verbesserte Turbo-Prop- Motoren mit einer Leistung von je 3400 PS. Die Höchstgeschwin­ digkeit wird mit 640 km/h und die Reisegeschwindigkeit mit 560 km/h angegeben. Die Verlängerung der Flügelspannweite gestattet die Ver­ legung der Motoren um 1,5 m nach der'Flügelspitze zu, eine Änderung, die viel zu einer Verbesserung der Geräuschdämpfung in den Fahrgasträumen beitragen wird. Bei der Verwendung als Passagierflugzeug mit nur Erster Klasse bietet die neue Super- Constellation 58 bis 64 Passagieren jeden nur erdenklichen Komfort. Die Maschine kann mehr als 24 Stunden ohne Zwischen­ landung in der Luft bleiben, ohne die Reservetanks anzugreifen. Das Flügelpaar des Typs 1649 A gibt der neuen Super-Con- stellation ein völlig anderes Gesicht, so daß sich die Maschine schon äußerlich erheblich von ihren älteren Schwestern unter­ scheiden wird. Der Rumpf allerdings und das dreigeteilte Leit­ werk sind auch bei diesem Typ beibehalten worden. Die Flügelspannweite der neuen Maschine wird mit 45,7 m um 8,2 m größer sein als die des letzten Modells der Super-Con- stellation. Die Flügelfläche wurde von 155,2 m2 auf 171,8 m2 erhöht, die Flügeldicke dagegen um 1/6 verringert - das Ergebnis der Verwendung von großen gewalzten und naht-versteiften Segmen­ ten für die Tragflächenverkleidung. Diese neue Flügelkonstruktion bewirkt einerseits eine Erhöhung der Fluggeschwindigkeit und andererseits eine Verstärkung des Auftriebs. Die Brennstoffreserve der vollaufgetankten Maschine beträgt 36 480 Liter gegenüber 24 700 Liter bei der Super-Constellation alter Bauart und 29 450 Liter bei der Ausstattung der letztge­ nannten Maschinen mit Zusatztanks. Die Lockheed-Werke weisen darauf hin, daß die neue Super- Constellation "im Hinblick auf die künftige Entwicklung mit Turbo-Prop-Motoren ausgestattet wurde". Die wesentlich vergrö­ ßerten Luftschrauben mit verringerter Umdrehungszahl gewähr­ leisten ein ruhigeres, geräuscharmes und erschütterungsfreies Laufen der Motoren. Selbstverständlich - 8 - "AMERIKA DIENST" 21. September 1955 Selbstverständlich denkt man bei der Beurteilung der Mög­ lichkeiten für den Einsatz dieser Maschine nicht nur an Nonstop flüge. Auf großen Strecken wird durch eine Verringerung der Zahl der Zwischenlandungen erheblich Zeit eingespart werden können. Die Maschine eignet sich auch besonders für den trans­ polaren Plugverkehr von Kontinent zu Kontinent. Die neue Super-Constellation würde'beispielsweise die Strecke Los Angeles-Kopenhagen über den Nordpol bei einer Zwischenlandung zur Brennstoffaufnähme in Grönland in knapp 17 Stunden Plugzeit bewältigen und dabei 8900 km zurücklegen. In rund 20 Stunden könnte sie die 11 100 km lange Strecke von Buenos Aires nach Paris mit einer Zwischenlandung in Dakar in 2.0V2 Stunden fliegen. Allein schon die Reichweite und Geschwindigkeit dürften genügen, dieser neuen Maschine einen wichtigen Platz im Welt­ flugverkehr zu sichern.

ACHTUNG REDAKTION! Auf Anforderung übersendet Ihnen der AMERIKA DIENST kostenlos folgende Bilder:

1) Die Transatlantik-Plugrouten der "Super-ConstellationS

2) Plugverbindungen Europa-Afrika-Asien- Australien mit "Super-Constellation»

* * * * * "AMERIKA DIENST" 21. September 1955

VERLETZUNG DER MENSCHENRECHTE DURCH DIE KOMMUNISTEN Ein .. Weißbuch des Internationalen Juristenausschusses (20 Zeilen) (AD) - Ein 500 Seiten starkes "Weißbuch" über Verletzungen der fundamentalen Menschenrechte und von Recht und Gesetz durch die Kommunisten, das vor kurzem vom Internationalen Juristen­ ausschuß veröffentlicht wurde, führt Beweise für solche Ver­ letzungen auf, die in Albanien, Ostdeutschland, Bulgarien, Ungarn, Polen, Rumänien, der Tschechoslowakei und der Sowjet­ union vorgekommen sind. Die von den Untersuchungsausschüssen der Internationalen Juristen mit großer Sorgfalt in den ver­ gangenen drei Jahren ausgearbeitete Publikation enthält Zeugen­ aussagen von Personen, die vor dem kommunistischen Regime ge­ flüchtet sind, "und beruht auf Dokumenten, eidesstattlichen Erklärungen und unter Eid gemachten Zeugenaussagen, die von jedem Gericht als gültige Beweismittel angenommen werden würden". Die in dem Weißbuch gesammelten Dokumente, so heißt es in der Einleitung, "beweisen in ihrer unheimlichen Ein­ förmigkeit trotz der Verschiedenartigkeit der Fälle die Existenz eines Systems, in dem die Justiz politischen Zwecken dient und einer Klasse unterworfen ist, die letztlich nur eine Clique der (Kommunistischen) Partei ist, die keiner­ lei Mitleid kennt".

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- 10 - "AMERIKA DIENST" 21. September 1955

GEDENKTAGE IM OKTOBER 1955

2. Oktober 1871 Cordeil Hüll, ehemaliger US-Außenminister, geboren (+ 23. Juli 1955) 3. « 1900 Thomas Wolfe, amerikanischer Dichter, geboren 5. M 1830 ehester A. Arthur, 21. Präsident der USA, geboren 6. »» 1927 Premiere des ersten Tonfilms ("Der Jazzsänger", mit AI Jolson) in New York "German Day" in den USA: 1683 Gründung der ersten deutschen Siedlung in Germantown (Pennsylvanien) 7. N 1849 Edgar Allan Poe, amerikanischer Dichter, gestorben. 12. n Kolumbus-Tag. Jahrestag zu Ehren des Mannes, der 1492 Amerika entdeckte 14. H 1890 Dwight D. Eisenhower, 34. Präsident der USA, geborei 16. n 1758 Noah Webster, amerikanischer Lexikograph und Histo­ riker, geboren 16. " 1888 Eugene G. O'Neill, amerikanischer Dramatiker und Nobelpreisträger für Literatur 1936, geboren 18. M 1867 Alaska wird Territorium der USA 19* 11 1781 Kapitulation von Lord Cornwallis in Yorktown beendet den Unabhängigkeitskrieg der USA 22. lt 1883 Eröffnung der "Metropolitan Opera" in New York 24. H Tag der Vereinten Nationen (1949 Tag der Grund­ steinlegung zum UN-Gebäude in New York) 27. »1 1858 Theodore Roosevelt, 26. Präsident der USA, geboren 28. n 1886 Enthüllung der Freiheitsatatue auf Bedloe's Island durch Präsident Cleveland 28. 11 1793 Eli Whitney stellt die erste Baumwoll-Entkernungs- maschine her 29. R 1949 Aufnahme Westdeutschlands in die OEEC 30. N 1735 John Adams, 2. Präsident der USA, geboren 31. 11 Halloween, Nacht der Hexen und Geister in Amerika

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- 11 - "AMERIKA DIENST" 28. September 1955 Zwanzig zeitgenössische Dichter und Schrift­ steller schreiben über "ihre" Stadt. Aus Ost und West, aus Nord und Süd kommen die Schil­ derungen und vermitteln uns ein literarisch gezeichnetes Bild des heutigen Amerika.

DAS IST AMERIKA (IX)

Viele amerikanische Dichter zeigen ein eif­ riges Interesse für ausländische Literatur. Kenneth Rexroth gehört zu ihnen. Auf -jeden Fall ist er selbst ein Dichter von interna­ tionalem Rang. Sein erster Gedichtband "Zu welcher Stunde" erschien 194-0. Seitdem kamen zwei weitere Gedichtsammlungen und verschie­ dene Versdramen heraus, die von Publikum und Kritik sehr günstig aufgenommen wurden. Über­ setzungen aus dem Japanischen und aus dem Polnischen sowie eine von ihm veranstaltete Anthologie moderner britischer Lyrik, kenn­ zeichnen Rexroth als Kosmopoliten und als echten Bürger der Stadt, über die er im folgenden berichtet. Geboren wurde er vor fünfzig Jahren im Staate Indiana.

SAN FRANCISCO Von Kenneth Rexroth

(67 Zeilen) SAN FRANCISCO — (AD) — San Francisco gehört zu den Städten, in denen jeder gerne leben möchte. Wie so viele kam auch ich aus dem Mittelwesten nach Kalifornien. In jungen Tagen wanderte ich überall in den Staaten umher und übte alle nur erdenklichen Berufe aus. Sobald ich die Schule verlassen hatte, zog es mich nach dem Westen. Dort, in den Wäldern und auf den Viehranges, wollte ich arbeiten. Seitdem bin ich immer hier geblieben. Was andere Leute dazu bewogen hat, weiß ich nicht; ich kann nur berichten, warum ich geblieben bin: vor allem wohl wegen seiner natürlichen Lage. Meine Muße, mein Lebensunterhalt, meine dichterische Arbeit, all dies hängt zum großen Teil an diesem Fleckchen Erde. Ich bin "AMERIKA DIENST" 28. September 1955 bin Skisportler und Bergsteiger, und die höchsten Berge des i£an«- des, die schönsten Kletterpartien und eine der besten Skiabfahrten sind in einem Tage oder weniger zu erreichen. Nördlich und südlich von San Francisco an den Bergen entlang hört das besiedelte Land auf, und die weithin noch unberührten Wälder beginnen, Rotholzkiefern und Douglastannen. Viele Jahre lang' habe ich in einer dicht bewaldeten Schlucht inmitten dreier verlassener Farmen kampiert»knapp vierzig Kilometer von San Fran­ cisco. Hier, wo niemals ein Mensch hingerät, habe ich einen großen Teil meiner Arbeit getan. Die Hälfte des Jahres kann hier jeder bequem im Freien zubringen, und selbst bei regnerischem Wetter ist es eher möglich zu zelten als in den Rockies oder im östlichen Kanada. Zu den Bergen und den Wäldern kommt das Meer, kühler als der Atlantik in Europa oder den Vereinigten Staaten, doch da© ganze Jahr zum Schwimmen geeignet»sobald man sich daran gewöhnt hat. Möglicherweise bedeuten all diese Dinge den meisten Leuten nicht viel, für mich aber sind sie wichtig. Das Leben ist hier leichter und weniger hektisch als in den meisten amerikanischen Großstädten. Selbst der Ärmste hat noch Anteil an der freundlichen Atmosphäre. Das ist zum Teil auf die Saisonarbeit zurückzuführen - sowohl in der Landwirtschaft als auch im Hafen und in den Docks - mit ihrer munteren Beweglichkeit. Natürlich ist auch das soziale Leben der Stadt selbst von Bedeutung. Seit Anbeginn spielte das romanische Element in der Bevölkerung San Franciscos eine bedeu­ tende Rolle. Franzosen, Spanier, Mexikaner, Portugiesen und Tessiner ließen sich hier in frühen Tagen nieder. Sie sind nicht nur Fischer und Weinbauern, Molkereibesitzer und Käsefabrikanten, sondern ebenso Bankiers, Reeder und Richter. Bis in die jüngste Zeit unterhielt die Stadt noch italienische und französische Theater sowie zwei chinesische Opern. Die Chinesen tragen seit jeher wesentlich zu je­ ner Sorglosigkeit bei, durch die unsere Stadt berühmt ist, sowie zu ihrem Kolorit und ihrer Küche. Ich bin eben nicht nur Bergsteiger Skisportler und Dichter, sondern ich bilde mir ein, so etwas wie ein Bonvivant zu sein, wenn auch auf gemütliche Weise. Und es hat "AMERIKA DIENST" 28. September 1955 hat etwas Tröstliches, in einer Stadt zu leben, wo ich den einen Atfend in einem baskischen Restaurant speisen kann, am nächsten in einem armenischen, dann in einem französischen, in einem japani­ schen, in einem neapolitanischen und so fort, immer anders,nicht nur eine Woche lang sondern einen guten Teil des Monats. Eine menschliche Gemeinschaft, die in dieser Atmosphäre lebt, bestimmt bis zu einem gewissen Grad ihre Zusammensetzung selbst. Heute leben hier achtzigmal mehr Neger als im Jahre 1941 - im zwanzigsten Jahrhundert hat es nicht einen einzigen Rassenkonflikt in der Stadt gegeben. Es wäre zum Beispiel für einen Antisemiten unmöglich, sich in der Öffentlichkeit Gehör zu verschaffen, es würde niemand hinkommen. Auf solcher Basis hat sich San Francisco zu einer freundlichen Stadt entwickelt. Der ungeheuerliche Bevöl­ kerungszuwachs und die tiefgreifenden sozialen Veränderungen haben wohl die Stadt selbst verändert, nicht aber ihren alten guten Ruf. Sie ist jetzt ein bißchen überfüllt, aber sie ist immer noch ge­ mütlich. Solange man nicht irgend jemanden zu nahe tritt oder den Frieden in erheblichem Maße stört, steht es einem frei, zu tun, was mafl will. All dies schafft ein ideales Klima für den schreibenden Künst­ ler, insbesondere für den Poeten. Die Voraussetzungen dazu sind zweifellos nicht die Gründe, die jemanden veranlassen könnten, unbedingt in San Francisco eine Automobilvertretung aufzumachen oder einen Lehrstuhl für Astronomie an einem der hiesigen Colleges an­ zunehmen. Aber sie sind der Grund, der gerade mich als Dichter be­ wogen hat, San Francisco zu meinem Wohnort zu machen.

ACHTUNG REDAKTION! Auf Anforderung übersendet Ihnen der AMERIKA DIENST kostenlos 1 Porträt von Kenneth Rexroth

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- 3 - "AMERIKA DIENST" 28. September 1955

GEMEINDEPOLITIK MIT DEM STIMMZETTEL Die Stadtverwaltung von Bellefontaine Neighbors verlor eine Schlacht

( 67 Zeilen) ST. LOUIS (Missouri) — (AD) — Mehr als je zuvor nehmen die Amerikaner heute aktiv Anteil an der Politik ihrer Gemeinden. Die wachsende Neigung der Stadtbewohner, sich in den Vororten anzu­ siedeln, steigerte auch ihr Interesse für Fragen ihrer Gemeinde - sind sie doch heute selbst als Gemeindemitglieder und meist auch als Hausbesitzer unmittelbar betroffen. Die Einwohner dieser Vororte sind sich bewußt, daß sie mit dem Stimmzettel praktischen Einfluß auf die Führung der Geschäfte ihrer Gemeinde ausüben können, und daß es zu einem guten Teil von ihrer Entscheidung bei der Wahl abhängt, wie gut oder schlecht ihre Stadtverwaltung arbeitet. Sie wissen, daß nur die Berufung wirk­ lich geeigneter Männer die Gewähr bietet, daß mit ihren Steuergel­ dern haushälterisch umgegangen wird. Zu den wichtigsten Fragen der Gemeindepolitik, die der Ent­ scheidung der Wählerschaft unterliegen, gehören Maßnahmen zur Ver­ besserung des öffentlichen Gesundheitswesens, der sanitären Einrich­ tungen und des Feuerschutzes, die Besetzung der Polizeiämter und der Ausbau des Schulwesens. In den Vororten ist Gemeindepolitik eine schon fastf persön­ liche Angelegenheit. Die Bewerber um die Gemeindeämter kennen-sich untereinander und jeder Kandidat für ein Amt wirbt praktisch um die Stimme seiner Nachbarn, die er persönlich kennt und die auch ihn persönlich kennen. Ein typisches Beispiel für eine dieser schnell wachsenden neuen amerikanischen Vorortgemeinden, in denen ein reges politisches Leben herrscht, ist Bellefontaine Neighbors, ein Vorort der Stadt St. Louis im Staate Missouri. In den letzten fünf Jahren hat Bellefontaine Neighbors einen großen Aufschwung genommen. Es liegt am Nordrand der Stadt und er­ streckt sich über ein Gelände von 1500 ha. Seine Einwohnerzahl

• - 4 - "AMERIKA DIENST" 28. September 1955

Einwohnerzahl stieg von 766 auf 16 000. Aus dem kleinen verschla­ fenen Nest mit nur einer Schule und Kirche wurde eine richtige Stadt mit fünf Schulen und sechs Kirchen. Allein die Zahl der I > - Straßen erhöhte sich von 18 auf 147. Dieses Wachstum-brachte un­ vermeidlich Probleme mit sich, die nicht zuletzt mit dem Stimmzet­ tel gelöst wurden und noch gelöst werden. Vor kurzem fanden in Bellefontaine Neighbors Gerneindewahlen statt, in denen die Ämter des Bürgermeisters, des Steuereinnehmers, des Chefs der Polizei'und von vier Gemeinderäten besetzt werden sollten. In dem Wahlkampf, der nicht nach parteipolitischen Ge­ sichtspunkten durchgeführt wurde»bewarben sich zwei Gruppen von Kandidaten, nämlich die bisherigen Amtsinhaber und Leute, die glaubten, daß sie es besser machen würden. Obwohl die Ämter nur im Nebenberuf ausgeübt werden, schlecht bezahlt sind, sehr viel Zeit verschlingen und oft genug keinen Dank einbringen, mangelte es durchaus nicht an Bewerbern. Je näher der Wahltag kam, desto intensiver wurde der Wahl­ kampf und desto mehr erhitzten sich die Gemüter. Die Kandidaten sprachen in gut besuchten Versammlungen, die von verschiedenen örtlichen Organisationen veranstaltet wurden. Bei den Debatten drehte es sich hauptsächlich um den städtischen Etat, wobei der Verwaltung von der Opposition Verschwendung vorgeworfen wurde. Die bisherigen Amtsinhaber verteidigten sich damit, daß die Aus­ gaben nur im Verhältnis zum Anwachsen der Bevölkerung gestiegen seien. Daneben spielte bei der Wahl natürlich auch die Persönlich­ keit der Bewerber eine groß'fe Rolle. Das Wahlergebnis zeigte, daß die alte Stadtverwaltung die Schlacht verloren hatte: keiner der bisherigen Amtsinhaber wurde wiedergewählt. Die neuen Beamten haben sich nun zu bewähren, wenn sie nicht bei den nächsten Wahlen das gleiche Schicksal, erfahren wollen. ACHTUNG REDAKTION! Auf Anforderung übersendet Ihnen der AMERIKA DIENST kostenlos folgende Bilder: 1) Ein Diskussionsredner trägt während des Wahlkampfes in Belle­ fontaine Neighbors den Teilnehmern einer Wahlversammlung seine Argumente vor. 2) Heftige Diskussionen zwischen Wählern und Kandidaten werden während des Wahlkampfes um Fragen der Gemeindepolitik geführt. * * * * #

- 5 - "AMERIKA DIENST" 28. September 1955

i UN-VOLLVERSAMMLUNG EN MINIATURE Studenten aus aller Welt gehören der ISMUN an

( 57 Zeilen) V NEW YORK — (AD) -- Wenn heute'- von den Vereinten Nationen die Rede ist, dann denken wohl die meisten an eine Sitzung der Vollver­ sammlung in New York oder an eine der vielen Debatten des Sicher­ heitsrates. Von der Arbeit aber, überjiie nicht in Schlagzeilen berichtet wird, von der erfolgreichen Tätigkeit der UNESCO, der WHO (Weltgesundheitsorganisation) oder der ILO (Internationale Ar­ beitsorganisation) ist in der Öffentlichkeit weniger bekannt. Fast unbeachtet blieb bisher auch die Tatsache, daß es heute eine welt­ weite, sehr rege Studentenorganisation für die Vereinten Nationen gibt. Die "International Students Movement for United Nations", kurz "ISMUN" genannt, besteht sia aus nationalen Gruppen (die mit der Abkürzung UNSA oder UN-Students Associations bezeichnet werden), in nicht weniger als 27 Ländernj dazu gehören die Bundesrepublik Deutschland, die Vereinigten Staaten, Prankreich, Großbritannien, Italien, Japan und auch kleinere Gebiete wie die Republik Libanon, Hongkong und Sierra Leone. Man gewinnt schon eine Ahnung von der weltweiten Ausdehnung dieser Organisation, wenn man nur die Namen einiger ihrer führenden Mitglieder liest: der Leiter der Gruppe Indien ist Satya Dev Sharma; an der Goldküste hat Kwabena Appah, in Norwegen Salve Salvesen und in Korea Tal Seung Young diese Aufgabe übernommen. Die Studenten der kommunistischen Länder leh­ nen eine Beteiligung an der ISMUN allerdings ab. Welche Aufgaben hat sich die ISMUN gestellt? In erster Linie will sie den Gedanken der Vereinten Nationen und einer friedlichen Zusammenarbeit aller Völker unter Studenten der ganzen Welt verbrei­ ten. Sie veranstaltet dazu Seminare und Konferenzen und gibt jungen Leuten verschiedener Nationalität- 3 bei "UN-Rednerwettbewerben" und bei oft sehr lebhaften Diskussionen die Möglichkeit, ihre Meinungen auszutauschen. An den Resultaten, zu denen die jungen ISMUN-Mitglie­ der kommen, könnten sich manche Staatsmänner ein Beispiel nehmen. Die "AMERIKA DIENST" 28. September 1955

Die Verschiedenheit der Bedingungen, unter denen die ein­ zelnen UNSA-Gruppen arbeiten, macht ihre gemeinsame Tätigkeit in der ISMUN besonders interessant. Da Franzosen und Deutsche, Inder, Israeli, Amerikaner, Engländer, Afrikaner, Japaner, Chi­ nesen, der gleichen Organisation angehören, kommt es mitunter nicht nur zu organisatorischen, sondern auch zu weltanschaulichen Meinungsverschiedenheiten. Wenn etwa - wie neulich - eine Dis­ kussion in Deutschland über die Saarfrage abgehalten wird, dann diskutieren beispielsweise junge Deutsche und Franzosen offen und sehr leidenschaftlieh miteinander; in Ceylon wieder ist bei solchen Anlässen die Frage der Behandlung der indischen Minder­ heit auf der Insel aktuell. Die Gruppen Englands und Indiens sind antikolonialistisch eingestellt; aber sie werden natürlich von den ISMUN-Mitgliedem in Togo und an der Goldküste in dieser Hinsicht noch übertroffen.-In der Bundesrepublik Deutschland ist die Studentenbewegung besonders eng mit dem Europagedanken ver­ bunden, während in Japan eher ein Hang zum Neutralismus festzu­ stellen Ist. So ist die ISMUN in mancher Hinsicht ein Spiegelbild der .• Vereinten Nationen. Das würde kürzlich in Großbritannien - wo be- sonders viele ausländische Hörer studieren - dadurch unterstrichen, daß eine Art Modellversammlung der echten UNESCO-Völlversammlung veranstaltet wurde. In wenigen Wochen soll in England nun auch eine Konferenz genau nach dem Vorbild der UN*-Vollversammlung ab­ gehalten werden.

* * * * * "AMERIKA DIENST" 28. September 1955

SEGELPLUGZEUGE ZUR ERFORSCHUNG DER STRATOSPHÄRE Spezial-Druckkabinen ermöglichen einen langen Aufenthalt in größten Höhen

( 47 Zeilen) PASADENA (Kalifornien) — (AD) — Zur Zeit werden in den Vereinigten Staaten eingehend die Möglichkeiten der Verwendung von Spezial-Segelflugzeugen zur Erforschung der Stratosphäre un­ tersucht. Auf einer Tagung der Amerikanischen Gesellschaft zur För­ derung der Wissenschaften wurde in diesem Zusammenhang kürzlich der Vorschlag gemacht, Segelflugzeuge mit Druckkabinen auszurü­ sten. Auf diese Weise würde man längere Zeit in Höhen von 15 000 bis 20 000 Metern bleiben und in aller Ruhe Beobachtungen über die Luftströmungen durchführen können. In Kalifornien sind Segelflieger bereits bi« auf 13 500 Meter gestiegen. Das ist ungefähr das äußerste, was man ohne Druckkabine erreichen kann. Die Aufwinde, von denen diese Piloten in so er­ staunliche Höhen emporgetragen wurden, sind Teile gewaltiger Luft­ strömungen, die, VQim Pazifischen Ozean herkommend, sich an dem Hochgebirge der Sierra Nevada auftürmen und in der Lage wären, ein Segelflugzeug ohne weiteres auch bis zu 21 000 Meter Höhe hochzudrücken. Diese Zonen sind zwar schon oft von Flugzeugen erreicht worden - im Jahre 1954 schaffte die Bell X-1A sogar 27 000 Meter, aber da man hierzu bisher raketenbetriebene Maschinen verwandte, die infolge ihrer enormen Geschwindigkeiten für wissenschaftliche Beobachtungen ungeeignet und relativ unempfindlich gegen Luft­ strömungen sind, konnten noch keine genauen Messungen angestellt werden. Aber gerade die Luftströmungen sind das, was im Hinblick auf eine zukünftige, sich in der Stratosphäre - also in einer Höhe über 12 000 m - abspielende Verkehrsluftfahrt von Interesse wäre. Da ein Segelflugzeug alle Voraussetzungen für eine intensive Forschungstätigkeit bieten würde, ist man in den Vereinigten Staa­ ten nun an die Vorbereitungen zum Bau solcher "Stratosphärenlabo- "AMERIKA DIENST" 28. September 1955 "Stratosphärenlaboratorien" gegangen, deren empfindlichstes Gerät natürlich der Wissenschaftler, in der Kabine selbst sein wird. Ingenieur Victor M. Saudek,von dem der Gedanke stammt, Se­ gelflugzeuge mit Druckkabinen zu verwenden, ist der Auffassung, daß schon für ungefähr 200 000 Dollar ein fliegendes Labor gebaut werden könnte, mit dem Forschungsarbeiten und Messungen ohne Schwierigkeiten in 19 x 200 m Höhe durchgeführt werden können. Ein solches Segelflugzeug würde eine Spannweite von 36 m haben, mit einer Druckkabine, Sauerstoff- und Meßgeräten ausgerüstet sein und zwei Personen aufnehmen können. Ein Arbeitstag für Saudeks fliegendes Labor würde etwa so ausseheni drei Stunden Aufstieg, drei Stunden lang Messungen in der Stratosphäre und eine Stunde Abstieg. In gewissen starken Luftströmungen könnte der Pilot das Plugzeug bis zu 3 200 Kilome­ ter weit ostwärts treiben lassen.

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KURZNACHRICHTEN TÄGLICH ÜBER 1000 BESUCHER AUF DER BERLIBEK STEICHEN-PHOTO-AUSSTELLUNG- ( 17 Zeilen) BERLIN — (AD) — Mehr als 1000 Besucher sahen täglich die Photo-Ausstellung "Wir Alle" seit ihrer Eröffnung in der Berliner Hochschule für bildende Künste am 17. September, gab das Büro für öffentliche Angelegenheiten der U.S. Mission in Berlin bekannt. Die Ausstellung stellt einen amerikanischen Beitrag au den Berliner Pestwochen dar und wird bis zum 10. Oktober geöffnet sein. Wie das Ausstellungspersonal berichtete, interessieren sich Besucher jeglicher Altersklassen und aller Bevölkerungsschichten für die Photoschau. Unter anderem zählten geschlossene Klassen einer Anzahl Berliner Schulen zu den Besuchern. Weitere Schüler­ gruppen werden erwartet. Die Photosammlung "Wir Alle", die von Edward Stelchen, dem Altmeister der amerikanischen Photographen, geschaffen wurde, ist von deutschen Photokünstlern begeistert aufgenommen worden. Ein Berliner Kunsthändler vertrat die Ansicht, daß die Ausstellung besonderer Beachtung wert sei, da sie vollkommen frei von Politik oder irgendeiner Tendenz ist.

*»*•*• "AMERIKA DIENST" 28. September 1955

HINTER DEM EISERNEN VORHANG Sowjetunion setzt Feldzug gegen Religion fort

( 18 Zeilen) (AD) -r Ein vor kurzem in der sowjetischen Zeitung "Tadjikstan Communist" veröffentlichter Artikel beweist deutlich, daß die Kommunisten ihren Kampf gegen die Religion nach wie vor fort­ setzen. Das Blatt erhebt die Beschuldigung, daß "in zahlreichen russischen Schulen das fast völlige Fehlen von Vorträgen über wissenschaftlich-atheistische Themen besonders auch für die Eltern der Schüler ein allgemeiner Mangel ist." In dem Aufsatz heißt es weiter: ."Dieser Mangel kann nicht mehr länger geduldet werden, da die Religion auf manche Eltern und Kinder erneut Einfluß ge­ winnt". Das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei, so fährt das Blatt fort*," hat Anweisung ergehen lassen, die deutlich macht, daß der gegenwärtige Kampf gegen religiöse Vorurteile als der ideologische Kampf einer wissenschaftlichen Weltanschauung gegen die Kräfte der wissenschaftsfeindlichen Religion anzusehen ist. Pflicht des Erziehungsministeriums und sämtlicher Lehrer und Schulleiter ist es daher, sicherzustellen, daß die Naturwissen- » schaft in geeigneter Weise verbreitet wird, und zwar nicht nur unter den Schülern, sondern auch unter deren Eltern."

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- 10 - "AMERIKA DIENST" 5. Oktober 1955

Zwanzig zeitgenössische Dichter und Schrift­ steller schreiben über "ihre" Stadt. Aus Ost und West, aus Nord und Süd kommen die Schil­ derungen und vermitteln uns ein literarisch gezeichnetes Bild des heutigen Amerika.

DAS IST AMERIKA (X)

Von James T. Parrell sprechen heißt an Chicago denken, die gewaltige Stadt im Mittleren Weste: Chicago - der Schauplatz seiner Kindheit, der Schauplatz so vieler seiner Novellen, die ihm Ruhm in aller Welt einbrachten. James T. Farrell, Autor von gut dreißig Büchern, hat seinen großen Ruf* als Sozialkritiker erwor­ ben, als leidenschaftlicher Kämpfer für die Freiheit des Individuums und seine Existenz­ sicherheit. In den letzten Jahren lebte er viel in New York und war viel unterwegs. Seine Reisen lieferten ihm manchen Stoff für seine letzten Bücher. Aber merkwürdig - alle seine großen Charaktere und Gestalten kehren, gleich ihrem Schöpfer James T. Farrell, immer wieder dorthin zurück, wo der Geist des Dichters sei­ nen Ausgang genommen hat: nach Chicago. Und über diese Stadt wird James'T. Farrell nun selber einiges sagen.

CHICAGO Von James T. Farrell

( 60 Zeilen) CHICAGO — (AD) — Im Zentrum Amerikas gelegen, breitet sich die Stadt Chicago in ausladender Behäbigkeit meilenweit über das Land, das vor kaum anderthalb Jahrhunderten noch wilde Prärie war. Heute ist Chicago eines der Hauptindustriezentren Amerikas. Aber diese gewaltige Ausdehnung wurde teuer erkauft: eine Fülle sozialer Probleme lastet auf der Stadt, und eines davon ist der Zwiespalt unter den Rassen. Wohnungsnot ist die Ursache. Chicago hat seine märchenhafte Entwicklung mit zweiundzwanzig Quadratmeilen Slums be­ zahlt, die mitten durch sein Zentrum hindurchgehen. Von

- 1 - "AMERIKA DIENST" 5. Oktober 1955

Von der Fäulnis der Verelendung bedroht, war einer der frei­ zügigsten Stadtteile an der Südseite Chicagos, die Hyde Park- Kenwood-Gemeinde. Ich verbrachte meine Kindheit wenige Kilometer westwärts dieses Viertels, das sich über zirka zweieinhalb Qua­ dratmeilen erstreckt. Zur Zeit wohnen ungefähr 81 000 Menschen dort. Rund zehn Prozent von ihnen sind Farbige. Dreistöckige Holz-<- und Ziegelsteinhäuser reihen sich dort aneinander und bilden rechtwinklige Blocks. In der Geschichte der amerikanischen Wissen­ schaft, Philosophie und Literatur spielt diese Gegend Chicagos eine nicht unwesentliche Rolle. Michaelson, von dem das Michaelson- Morley-Lichtexperiment stammt, hat in Hyde Park-Kenwood gelebt. Wäh­ rend des letzten Krieges wohnte dort der Atomphysiker Enrico Fermi. Harold Urey ein anderer bedeutender Physiker, hat hier sein Haus, und man kann ihn bisweilen nachts seinen Rasen mähen sehen. Auch Theodore und Carl Sandburg Dreiser kennen Hyde- Park-Kenwood gut. Und es war in Hyde Park-Kenwood, wo ich davon träumte, einmal zu schreiben und von Chicago fortzugehen in die große und weite Welt irgendwo hinter der Stadt. Der Verfall dieses Stadtteils bekümmerte seine Bewohner außer­ ordentlich. Die Hausbesitzer der angrenzenden Viertel verzogen bereits in die Vororte. Aber die Leute von Hyde Park-Kenwood began- nen, eine Kampagne zur Rettung ihres Viertels aufzuziehen und Bür­ gerkomitees zu bilden. Block für Block gingen sie vor und bemühten sich, Gemeinschaftsgeist zu wecken und auf der Grundlage der Nach­ barlichkeit, des Gemeinwohls und des gemeinsamen Amerikanertums zwischen Weißen und Farbigen Arbeitsbeziehungen herzustellen. Von einem dieser Komitees wurde ein Plan zur Beseitigung der Slums ausgearbeitet. Ein neuer Park soll entstehen. Baufällige Häuser werden abgerissen werden. Und zähe Bemühungen brachten es dahin, daß die Bundesregierung zum Zwecke der Wohnungsbeschaffung eine Stiftung von sechs Millionen Dollar machte. Neue Siedlungs- prodekte entstehen, es wird keine Absonderungen mehr zwischen Wei­ ßen und Farbigen geben, und weiße und farbige Kinder werden die­ selben Schulen besuchen und miteinander spielen können. Angesichts

- 2 - wAMERIKA DIENST" 5- Oktober 1955

Angesichts seiner Probleme setzt sich Chicago mit einem neuentstehenden Bürgerbewußtsein auseinander, dessen Ursprung hauptsächlichst in Hyde-Park-Kenwood zu suchen ist. Denn bei fast jedem bedeutenden sozialpolitischen Projekt findet man Bürger aus diesem Stadtteil beteiligt. Demokratie, die wirklich aus dem Herzen kommt, ist mehr als nur ein politisches System. Sie muß eine Lebensform werden. Die Weiterexistenz der Demokratie verlangt nach einer umfangreicheren Beteiligung der einzelnen Bürger am öffentlichen Leben. Und gerade das ist es, was viele Mitglieder der Hyde Park-Kenwood-Gemeinde tun. Das Beispiel, das sie damit geben, ist mustergültig für die andern Teile Chicagos, mustergültig aber auch für andere Städte Amerikas. Ich bin oft nach Chicago zurückgekehrt und habe mich in diesem Viertel aufgehalten. Ich empfinde angesichts der Portschritte sei­ ner Bürger und der Möglichkeit zu größeren Portschritten noch, die durch sie eröffnet werden, einen persönlichen Stolz. Von Hyde- Park-Kenwood geht eine Ausstrahlung aus. Ein Beispiel echter demo­ kratischer Gesinnung, die sich in freiwilligen Zusammenschlüssen zu gemeinsamem Tun manifestiert, wurde gegeben. Andere Beispiele mögen folgen. Die Gültigkeit, die Lebenskraft und die Zukunfts- trächtigkeit der Demokratie wurden in diesem Stadtteil unter Be­ weis gestellt.

ACHTUNG REDAKTION; Auf Anforderung übersendet Ihnen der AMERIKA DIENST kostenlos 1 Porträt von James T. Parrell

* * * * * "AMERIKA DIENST" 5. Oktober 1955

REVISION DER UN-CHARTA? Carnegie-Weltfriedensstiftung prüft die Einstellung der Völker zur Frage einer Reorganisierung der Vereinten Nationen

( 70 Zeilen) NEW YORK — (AD) — Um den Regierungen der UN-Mitgliedstaa­ ten bei der Ausarbeitung von Vorschlägen über die Reorganisation der Vereinten Nationen behilflich zu sein, hat die Carnegie-Welt­ friedensstiftung während der letzten vier Jahre in 24 Ländern aller Erdteile umfangreiche Untersuchungen durchgeführt. Da die Frage einer Revision der UN-Charta, durch die im Interesse des Weltfriedens eine Stärkung der Organisation der Vereinten Nationen erzielt werden soll, nur auf die Tagesordnung der zur Zeit tagen­ den zehnten Vollversammlung gesetzt worden ist, sind die Ergeb­ nisse dieser Umfrage der Carnegie-Weltfriedensstiftung allen Dele­ gierten als Studienmaterial zur Verfügung gestellt worden und werden so eine wertvolle Grundlage für die Diskussionen und Bera­ tungen zu diesem Thema bilden. Einen weiteren Grund, die Politik und die Einstellung der einzelnen Länder gegenüber den Vereinten Nationen zu studieren, sah die Carnegie-Stiftung in der Notwendigkeit, die TCenntnisse und das Verständnis für die Rolle zu erweitern, die insbesondere die den Vereinten Nationen angeschlossenen inter­ nationalen Organisationen in nationalen und internationalen Ange­ legenheiten spielen. Sind diese Organisationen ihren Aufgaben ge­ wachsen? Tragen sie zur Entwicklung friedlicher und freundschaft­ licher Beziehungen zwischen ihren Mitgliedern bei? Spielen sie eine wesentliche Rolle bei dem Bemühen, einen dauerhaften Frieden und die Sicherheit in der Welt zu gewährleisten? Schließlich glaubt die Weltfriedensstiftung, daß ihr Projekt einer Reihe von Ländern Anreiz geben wird, eine eigene Forschung auf diesem Gebiet zu entwickeln und Erfahrungen zu sammeln. Die Carnegie-Weltfriedensstiftung wurde im Jahre 1910 von dem amerikanischen Philantropen Andrew Carnegie gegründet, "um die

- 4 - * "AMERIKA DIENST" 5. Oktober 1955 die Abschaffung der internationalen Kriege, einer Schande für unsere Zivilisation, zu beschleunigen." Über 40 Jahre lang hat die Carnegie-Stiftung auf dieses Ziel hingearbeitet, indem sie For­ schungsarbeiten, Publikationen und erzieherische Maßnahmen unter­ stützte, die der Verständigung und Zusammenarbeit unter den Völkern dienten. Als private Stiftung mit rein erzieherischen Aufgaben liegt es der Weltfriedensstiftung fern, ein Urteil darüber abzu­ geben, ob eine Konferenz zur Revision der Charta der Vereinten Nationen oder eine Änderung ihres organisatorischen Aufbaus wün­ schenswert sei oder nicht. Sie ist jedoch als eine Institution, die sich für den Frieden in der Welt einsetzt, bemüht, eine sorg­ fältige Klärung aller dabei auftretenden Probleme herbeizuführen, um so die Grundlage für eine von Sachkenntnis und Verantwortungs­ bewußtsein getragene Entscheidung dieser Frage durch berufene Fachleute schaffen zu helfen. Die Stiftung erklärt- zu den Ergebnissen ihrer Untersuchung: "Das hohe wissenschaftliche Niveau, durch das sich eine große Anzahl der eingegangenen Denkschriften auszeichnen, legt Zeugnis für den tiefen Ernst und die Gründlichkeit ab, mit denen die ge­ stellten Probleme behandelt wurden. Führende Gelehrte und hohe Beamte der Länder, in denen das Unternehmen durchgeführt wurde, haben als Ergebnis der von der Stiftung ergriffenen Initiative die Fragen der internationalen Organisationen in einem Umfang studiert, wie es auf andere Weise kaum möglich gewesen wäre. Neue Gedanken sind angeregt worden, von denen ohne Zweifel anzunehmen ist, daß sie lange nachdem die unmittelbaren Ziele des Unterneh­ mens erreicht worden sind, noch Früchte tragen werden." Weiter wird darauf hingewiesen, daß bei der Abfassung einer Reihe von Denkschriften, Regierungsbeamte entweder unmittelbar oder als Berater und Kommentatoren beteiligt waren. Obwohl die verspätete Fertigstellung einer Reihe von Abhand­ lungen und die von der Stiftung als wichtiger Teil des Unternehmens betrachtete gründliche Sichtung sämtlicher Arbeiten eine recht­ zeitige Veröffentlichung noch vor Eröffnung der zehnten Vollver­ sammlung im September leider verhindert haben, so ist doch anzu­ nehmen, daß das in den zahlreichen Bänden enthaltene Material "AMERIKA DIENST" 5. Oktober 1955

Material denjenigen bekannt ist, die die Entscheidungen treffen sollen. Bei der Durchführung ihrer umfangreichen Umfrage hat sich die Stiftung auf die Mitarbeit von Privatleuten, Organisationen und Behörden in 24 Ländern gestitzt.

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KURZNACHRICHT AUS DEN LÄNDERN HINTER DEM EISERNEN VORHANG Die polnische und tschechische Buchproduktion besteht größtenteils aus russischen Übersetzungen

( 1C Zeilen) Mehr als 75 Prozent aller im kommunistischen Polen während eines Zeitraums von sechs Monaten im Jahre 1954 aufgelegten Bücher waren Übersetzungen russischer Werke, wie dem kürzlich erschienenen Gesamtkatalog des polnischen Buchhandels zu entnehmen ist. Nur knap 11 Prozent aller neu herausgebrachten Werke waren in polnischer Sprache verfaßt. In der Tschechoslowakei herrscht das gleiche Mißverhältnis;. Wie der Staatsverlag für Jugec .loücher bekanntgab, handelt es sich bei rund 90 Prozent aller für Kinder vom sechsten bis elften Le­ bensjahr herausgebrachten Bücher um Übersetzungen aus dem Russische

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AMERIKANISCHE LEICHTATHLETEN TRAINIEREN FÜR DIE OLYMPISCHEN SPIELE 1956 Übersicht über die bisherigen Leistungen der Sportler bei diesjährigen Veranstaltungen

( 88 Zeilen) * NEW YORK — (AD) — Amerikas erfolgreichste Leichtathleten stehen mitten im intensiven Training für die Olympischen Spiele 1956 in Melbourne. Und daß sie gut in Form sind, haben sie sowohl bei den diesjährigen Panamerikanischen Spielen in Mexiko City als bei den amerikanischen Meisterschaften 1955 in Boulder (Colorado bewiesen, wo sie ausgezeichnete Leistung-en erzielten. Im Frühjahr dieses Jahres gelang es Jim Golliday, Student an der Northwestern-Universität in Chicago, den Weltrekord für 100 Yards in der überraschend guten Zeit von 9»3 Sekunden zu bre­ chen. Obwohl er gegenwärtig sein Training einer Beinverletzung wegen aussetzen muß, wird er doch in Kürze schon wieder seine Höchstform erreichen können. Auf den amerikanischen Meisterschaf­ ten holte sich dann der kometenhaft aufgestiegene Sprinter-Star Bob Morrow den Titel über 100 Yards mit 9»5 Sekunden, nachdem er schwerste Ausscheidungsläufe zu bestehen gehabt hatte. Während der Panamerikanischen Spiele konnte , der gegenwärtig seinen Wehrdienst ableistet, die bis dahin bestehende Weltbestleistung über 400 m mit 45,4 Sek. brechen. Sein Landsmann von der Staatsuniversität Südkalifornien hatte sich auf der Zielgeraden ganz dicht an Jones herangearbeitet und ging un­ mittelbar hinter ihm über die Linie. Allerdings konnte sich Jones bei den US-Meisterschaften nicht durchsetzen, bei denen übrigens auffiel, daß die Sieger der Panamerikanischen Spiele allgemein schlecht abschnitten. Nachdem die halbe Meile (880 Yards) in einer neuen Bestzeit von 1:48,5 Min. zurückgelegt hatte, verbesserte Lou Spurrie] diesen Rekord auf 1:47,5 Min. Er konnte somit den bis dahin von

- 7 - "AMERIKA DIENST" 5. Oktober 1955 von dem Amerikaner und dem Dänen Gunnar Nielsen gehaltenen Rekord für die halbe Meile um mehr als eine Sekunde unterbieten. Auf den amerikanischen Meisterschaften legte Arnold Sowell von der Staatsuniversität Pittsburgh die gleiche Strecke in der großartigen Zeit von 1:47»6 zurück und kam bis auf eine Zehntelsekunde an den Rekord Spurriers heran. Rosely Range und erreichten auf den Panamerika­ nischen Spielen im Weitsprung die erstaunlichen Weiten von 7»903 m und 7»884 m. Erst zweimal war es vorher gelungen, auf Anhieb die 7-Meter-Grenze zu überspringen. Sieger bei den leichtathletischen Meisterschaften wurde überraschenderweise , der mit 7,93 die 8-Meter-Marke streifte. Im Speerwurf konnte der ehe­ malige Student der Stanford-Universität einen neuen Welt­ rekord mit 81,025 m aufstellen. , Gewinner der Gold-Medaille auf den Olympischen Spielen in Helsinki, kam auf 77,10 m. , der in der gleichen Disziplin die Silberne Medaille errang, erreichte 66,387 m. Held war auch auf den Meisterschaften der Ti- telgewinner. Ernie Shelten hat im Hochsprung die 2,1O-Meter-Marke fast erreicht. Man muß dabei betonen, daß es sich hierbei nicht etwa um eine einmalige Leistung handelt; vielmehr hat Shelton diese Höhe während der ganzen Zeit des Trainings halten können. Mit 2,07 m wurde er amerikanischer Meister. Am erstaunlichsten frei­ lich mutet die von dem Mittelschüler Charlie Dumas erreichte Höhe an, der auch bei 2,05 m die Latte noch nicht riß. Im Stabhochsprung kam Don Bragg im Frühjahr auf 4,525 m. Damit gibt es in den Vereinigten Staaten drei Sportler in dieser Disziplin, die die 4,50-Meter-Grenze überschritten haben. Sieger in Boulder wurde mit 4,57 m. Pernado Ledesma lief die Strecke über zwei Meilen zweimal in weniger als 9 Minuten. Seine beste Zeit war 8:56,4 Min., als er hinter , der diese Strecke in 8:49,6 Min. lief, als Zweiter durchs Ziel ging. Portune Gordien, Inhaber des Weltrekordes im Diskuswerfen (58,35 m), und Perry O'Brien, einer der führenden Kugelstoßer der Welt, der es auf 18,25 m brachte, zeigten in den während des

- 8 - "AMERIKA DIENST" 5. Oktober 1955 des Frühjahres abgehaltenen Wettkämpfen, daß sie weiterhin große Weltklasse sind, und man mit ihnen rechnen muß. In Boulder jedoch konnte Gordien keinen Sieg erringen, denn er mußte sich hinter O'Brien, der die Scheibe 53 > 52 m warf, geschlagen geben. Mit 17,81 nahm O'Brien auch noch den Titel im Kugelstoßen mit heim. Auch der 200 m Sprinter , der in dieser Diszi­ plin für die Vereinigten Staaten die Goldmedaille in Helsinki ge­ wann, und der olympische Gewinner des Hürdenlaufes, , können auf ausgezeichnete Leistungen verweisen. Beide stellen eine große Hoffnung für Melbourne dar. Bei den Frauen sind die Aussichten ebenfalls nicht schlecht. erreichte im Speerwerfen 48,34 m; Mildred McDaniel übersprang 1,656 m im Hochsprung; Wanda Wejgrowicz stieß die Kugel 11,202 m; lief die 100 Yar's in 10,7 Sekunden; Martha Hudson kam über 75 Yards in der Zeit von 8,4 Sekunden. Sicher aber ist, daß es noch viele verborgene Talente in den Vereinigten Staaten gibt, die vielleicht bei den Olympischen Spie­ len im Jahre 1956 entscheidend in das Geschehen eingreifen. Viele der Namen, die in Helsinki auf den Sieger- und Placierten-Listen zu finden waren, hatten die Sachverständigen und Kenner der Sport­ welt vorher kaum gehört. Ferner muß man im Auge behalten, daß bei den amerikanischen Meisterschaften die Leistungen der Sieger be­ sonders imponierten, weil dort eine ungewöhnlich große Zahl von Weltklasse-Athleten kämpften. Und das ist vor allem zu berück­ sichtigen wenn man die Chancen des amerikanischen leichtathle- tisc' e Teams auf den Olympischen Spielen 1956 richtig beurteilen will.

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HINTER DEM EISERNEN VORHANG Landwirtschaft in den Satellitenstaaten in einem Dilemma

( 34 Zeilen) (AD) — Der Widerstand der Landbevölkerung in den Staaten hinter dem Eisernen Vorhang, angefangen von den einfachen Bauern bis zu den Mitgliedern selbst der Kommunistischen Partei, führt zu einer Verzögerung der gesamten Produktionspläne auf dem land­ wirtschaftlichen Sektor, berichten Presse und Rundfunk einer gan­ zen Reihe von Satellitenstaaten. Der tschechische Rundfunk beklagt sich darüber, daß die Bauern in der Slowakei bei der Bestandsaufnahme ihrer Höfe Tausende von Hektar Land einfach verschwiegen haben, um ein geringeres Ab­ lieferungssoll zu erschwindeln. Allein in der Gegend von Nitra in der Slowakei wurden rund 43 000 ha Land bei der Anmeldung nicht angegeben. Im kommunistischen Albanien berichtet die Zeitung der KP Albaniens, "Zeri i Popullit", daß "die Bauern alle nur erdenk­ lichen Tricks anwenden, um den Anbau jener Peldfrüchte zu umgehen, die für die Weiterverarbeitung in der Industrie bestimmt sind." Selbst Parteimitglieder ließen die Zeit zum Anbau solcher Pflanzen wie Zuckerrüben verstreichen, um ihre Felder dann mit Getreide und Gemüse zu bestellen. Die ungarischen Bauern, die das Ablieferungssoll im vergan­ genen Erntejahr nicht voll erfüllten, werden nicht nur gezwungen, entweder die Fehlmengen aus der diesjährigen Produktion oder durch entsprechende Geldbußen zu kompensieren, sie dürfen auch etwa er­ zielte Überschüsse über das Ablieferungssoll hinaus solange nicht auf den freien Markt bringen, bis jeder Bauer innerhalb des be­ treffenden Dorfes sein Soll restlos erfüllt hat. Auf diese Weise zwingt man den einzelnen Bauern, seine Nachbarn zur Erfüllung des Ablieferungssolls anzuhalten, um so selbst die Möglichkeit zu ge­ winnen, Überschüsse zu den weit günstigeren Preisen des freien

- 10 - "AMERIKA DIENST" 5. Oktober 1955 freien Marktes verkaufen zu können. Dabei werden nicht einmal die Staatsgüter - die angeblich höchstentwickelte Form einer soziali­ sierten Landwirtschaft - "ihrer Au gäbe voll gerecht", wie kürz­ lich Matyas Rak si, der erste Parteisekretär der Kommunistischen Partei Ungarns, in einer Rede tadelnd feststellte.

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DER KAMPF DES KOMMUNISMUS GEGEN DIE RELIGION Teilnahme am sonntäglichen Gottesdienst für tschechische Arbeiter unmöglich

( 10 Zeilen) (AD) — Nach Aussage Martin Hollys, eines vor 21 Jahren nach Kanada ausgewanderten Tschechoslowaken, der kürzlich drei Wochen in se'ner heute kommunistischen Heimat verbrachte, können viele Mens hen in der Tschechoslowakei wegen der Arbeit, die sie zwangs­ weise in "Freiwilligenbrigaden" ableisten müssen, an den sonntäg- lic en Go tesdiensten nicht teilnehmen. Die " Freiwilligenbrigaden" setzen sich aus im Staatsdienst beschäftigten Arbeitern und Ange­ stellten zusammen, die in jeder Woche einen Tag "opfern" müssen, um im Straßenbau, an Bauprojekten und in der Landwirtschaft zu arbeiten.

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"AMERIKA DIENST" 5. Oktober 1955

14 LÄNDER NEHMEN AN NEW YORKER ATOMKONPERENZ TEIL

( 24 Zeilen) NEW YORK — (AD) — Vertreter aus 14 Ländern, darunter auch aus der Bundesrepublik Deutschland, haben die Einladung angenom­ men, auf der Vierten Jahreskonferenz über die industrielle Nutz­ barmachung der Atomenergie in New York über die auf diesem Gebiet in ihren Ländern gemachten Fortschritte zu berichten. Die Konfe­ renz, deren Themen die "Internationale Zusammenarbeit zum Nutzen der Menschheit" ist, wird in der Zeit vom 26. bis 28. Oktober stattfinden und sich mit den in aller Welt erfolgten Entwicklungen zur rentablen Verwendung der Atomenergie für industrielle Zwecke befassen. Auch die Sowjetunion wird einen Vertreter entsenden. Besonderes Interesse soll der Frage der volkswirtschaftlichen Nutzbarmachung thermonuklearer Energien entgegengebracht werden. Andere Themen sind der Bau von atomkraftbetriebenen Flugzeugen, Schiffen und Lokomotiven, die Inbetriebnahme von Atomkraftwerken, Fragen der Reaktorforschung, die Anwendung der Radioisotope in der Industrie sowie Gesundheits- und Sicherheitsprobleme. Als deutscher Vertreter nimmt Dr. Karl Wirtz vom Max-Planck- Institut an der Konferenz teil, die von der amerikanischen Arbeits­ gemeinschaft Industrie und Handel ausgerichtet wird. Der Name des sowjetischen Vertreters ist noch nicht bekannt, doch soll die Konferenzleitung die feste Zusage haben, daß auch ein sowjetischer Wissenschaftler auf der Konferenz das Wort ergreifen wird. Damit werde zum ersten Mal ein Atomexperte der Sowjetunion auf einer Atomkonferenz in den USA erscheinen.

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- 12 - BERICHTIGUNG

Achtung Redaktionen!

•*• Wir bitten Sie, in dem Artikel "Revision der UN-Charta?", auf Seite 4 der AD-Ausgabe ALLGEMEINES vom 5. Oktober 1955 in Zeile acht folgende Berichtigung vorzunehmen: ... erzielt werden soll, nun auf die Tagesordnung ...

Redaktion AMERIKA DIENST Bad Godesberg, Schließfach 300 s "AMERIKA DIENST» 12. Oktober 1955 Zwanzig zeitgenössische Dichter und Schrift­ steller schreiben über "ihre" Stadt. Aus Ost und West, aus Nord und Süd kommen die Schil­ derungen und vermitteln uns ein literarisch gezeichnetes Bild des heutigen Amerika.

DAS IST AMERIKA (XI)

Als Lehrer und Dichter, Bauer und Schriftstel­ ler gehört Jesse Stuart genauso zu Kentucky wie das blaue Steppengras. Er selbst schreibt über sich: "Ich bin ein Kind der Berge, und wir sind anders als die Menschen in anderen Teilen Amerikas". Für Amerika, einem Lande, das stolz darauf ist, das Land der großen Möglichkeiten zu sein, gilt Jesse Stuart',als das Muster eines Selfmademan. Sein erster li­ terarischer Beitrag war ein Band von 703 So­ netten "Man with a Bull-Tongue Plow" und wurde 1934 veröffentlicht. Seither hat Jesse Stuart sich unablässig be­ müht, seinen Lesern im In- und Ausland in zahl­ reichen Kurzgeschichten, Romanen und Gedichten den spezifischen herben Buch seines Heimat­ staates nahezubringen. Ob der große Erfolg die überschäumende Vitalität seiner Sprache mildern konnte, mögen Sie selbst beurteilen, an dem, was Jesse Stuart über W-Hollow, sein Heimattal, zu sagen hat.

DANN WÄRE UNSERE WELT EINE BESSERE WELT Von Jesse Stuart

( 72 Zeilen) Ich bin ein amerikanischer Schriftsteller und lebe in W-Hollow im Landkreis Greenup in Kentucky. Da bin ich 1907 geboren. Bisher habe ich 17 Bücher, über 300 Kurzgeschichten und mehr als tausend Gedichte geschrieben. Mit Ausnahme der Studienjahre am College, der Zeit meiner Europareise, die mir ein Stipendium ermöglichte, und meiner Dienst­ zeit bei den US-Seestreitkräften während des letzten Weltkrieges, habe ich mein ganzes übriges Leben in W-Hollow zugebracht. Meine

Familie ist hier seit vier Generationen ansässig. w „ n - 1 - "AMERIKA DIENST" 12. Oktober 1955

W-Hollow ist ein etwa acht Kilometer langes Tal, wie ein W geformt, was die ersten Siedler, die hier vor 150 Jahren den Wald rodeten und ihre Hütten bauten, veranlaßt haben mag, dem Ort den Namen WTHOIIOW ZU geben. Mein Großvater ist im Jahre'1896 in dieses Tal gekommen, damals standen hier zehn Häuser. Noch immer sind es nicht mehr geworden. In unserem Hause, in dem ich zur Welt kam, gab es nur einen Raum, in dem wir alle zusammenwohn­ ten, aßen und schliefen. Später zogen wir weiter hinaus ins Tal, wo mein Vater, der bislang in einem Bergwerk Kohle förderte, ein Stück Land erwarb, und es zu bewirtschaften begann. Wir rodeten das hügelige Land, beackerten und bebauten es. Zunächst mit Hilfe -unseres Rindviehs, dann mit Maultieren. Wir pflanzten auf unseren Feldern Tabak, Mais und Zuckerrohr, aus dem wir Melasse bereiteten, und wir trockneten auf den Wiesen das Heu für unsere Tiere. Es gab keinen in W-Hollow, den ich nicht kannte, denn ich machte mich bei allen dienstbar. Es war überhaupt so bei uns, daß wenn ein Nachbar mit seiner Arbeit nicht zu Rande kam, das ganze Dorf einsprang. So gab es Tage, an denen wir Männer Baumstämme abschleppten, um eine Lichtung zu säubern, und die Frauen für uns kochten,abends trafen wir uns zum großen Tanz. Dann gab es die Tage der gemeinsamen Mais-, Apfel- oder Bohnenernte - und t immer trafen wir uns abends beim Tanz, Bei uns wurde schon immer gerne getanzt,- besonders alte Volkstänze, die unsere Vorfahren aus Europa mitgebracht haben. Auch Volkslieder und Balladen, ur­ sprünglich auf den britischen Inseln beheimatet, wurden bei uns von Generation auf Generation weitervererbt, so daß wir sie wieder nach Europa zurückbringen konnten, wo sie bereits gänzlich in Vergessenheit geraten waren. Wenige Kilometer von W-Hollow liegt Plum Grove Hills, der zwetschgenbaumbestandenen Hügel, und unsere Kirche, die Plum Grove Community Church, die Anhängern aller Glaubensbekenntnisse als Gotteshaus dient und wohin jeder kommen kann. Die Farbe seines Gesichts ist dabei belanglos. Belanglos ist auch sein Bil­ dungsstand, seine Kleidung oder gar was er ist. Er ist immer

- 2 - "AMERIKA DIENST" 12. Oktober 1955 immer willkommen. So ist es in Plum Grove immer gewesen. Wir waren in der Wahl unserer Lebensweise frei wie der Wind. Und wir liebten es so. Als bei mir feststand, daß ich mehr lernen wollte als Plum Grove mir vermitteln konnte, besaß ich nicht einen Cent. Auch mein Vater hatte kein Geld, um mir zu helfen. Meine Mutter war in der Schule lediglich bis zur zweiten Klasse gekommen, und mein Vater konnte gerade seinen Namen schreiben, Lesen hat er nie gelernt. Er hatte sieben Kinder, für deren Unterhalt zu sorgen ihm sauer genug wurde. So schickte ich mich denn sozusagen selbst zur Schule. Ich fing Pelztiere, arbeitete für die Farmer der Umgegend, und kaufte mir für das so verdiente Geld Kleider und Bücher. Das konnte man in Amerika damals leichter als heute. Ich lief täglich acht Kilometer zur Schule und acht Kilometer wieder zurück. Heute gibt es in Kentucky überall Schulen, und es gibt keine Entschuldigungen für die jungen Leute dieses Landes, wenn sie davon keinen Gebrauch machen. Von den sieben Kindern unserer Familie leben fünf. Alle haben sie die High School (Oberschule) besucht, alle gingen sie aufs College und vier haben ihre Abschlußexamina gemacht. Wir fünf sind Inhaber von sieben akademischen Auszeichnungen. Meiftes Vaters Wunsch war es gewesen, einen Lehrer in der Familie zu haben, er hat nun vier. Es ist meine tiefste Überzeugung, daß in diesem fcanide jeder, der arbeiten will, sein gutes Auskommen haben kann. Amerika ist ein großartiges Land, das noch einiges mehr zu'bieten hat als Reichtum und Wohlstand. Wenn Sie zu uns kommen, werden Sie es sehen. Wenn es möglich wäre, daß die Menschen in Europa und Asien unser Land kennen - und besser verstehen lernen könnten und wir das ihre, dann wäre unsere Welt eine bessere Welt.

ACHTUNG REDAKTION! Auf Anforderung übersendet Ihnen der AMERIKA DIENST kostenlos 1 Porträt von Jesse Stuart

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3 - "AMERIKA DIENST" 12. Oktober 1955

NEUERSCHEINUNGEN AUF DEM AMERIKANISCHEN BÜCHERMARKT Sozialkritische Romane von Budd Schulberg, Penn Y/arren und Herman Wouk

( 100 Zeilen) NEW YORK - (AD) - Die Neuerscheinungen auf dem amerikani­ schen Büchermarkt, die den Herbst einzuleiten pflegen und sich zur Zeit anschicken, in bemerkenswerter Menge die Buchläden zu füllen, verzeichnen bereits drei bekannte amerikanische Autoren, Budd Schulberg, Robert Penn Warren und Herman Wouk, die mit Ro­ manen und Erzählungen vertreten sind. Mögen diese Schriftsteller auch noch nicht zu den Großen der amerikanischen Literatur zählen, so sind sie dennoch Meister der Sprache, die zu den besten des Landes gehören. Ihre der Öffentlichkeit soeben vorgestellten Werke sind Schulbergs "Water­ front", Warrens "Band of Angels" und Wouks "Marjorie Morningstar". Was ersterea anbetrifft, so hat "Waterfront" trotz des Nach­ teils, daß Beschichte und Figuren des Buches durch ihre Verfil­ mung bereits bekannt geworden und Teil der amerikanischen Litera­ tur geworden sind, nichts von seiner Wirksamkeit eingebüßt. Man muß allerdings einlenken, daß das Buch keinen ausgesprochen literarischen Fortschritt darstellt. Denn des Autors Aufgebracht­ sein gegen Ungerechtigkeit und Unmenschlichkeiten verdüstert bis­ weilen den Gang der Handlung. Weit entfernt davon, Brillanz des Stils und Schärfe des Geistes sonderlich zur Schau stellen zu wollen, ist Schulberg doch einer, der Freude an der Sprache, an der Formulierung hat, ja bisweilen will es scheinen, ihm sei das Zeug zu einem wirkungsvollen Pamphletisten gegeben. Diese Eigen­ schaften leben sich natürlich leicht auf Kosten der Objektivität aus, die zu wahren der Autor sich durch Anwendung des Dokumentar- stils ja ständig - und meistens erfolgreich, das sei ihm zuge­ standen - bemüht. Und in der Tat, das Geschehen, das hier abläuft, ist ein er­ schütterndes. Ein junger ehemaliger Boxer verdient sich seinen Lebensunterhalt als Bote bei einer Hafenarbeiterorganisation, die eine Art Mittelding zwischen Verbrecherbande und gewerkschaftlich - 4 - "AMERIKA DIENST" 12. Oktober 1955 gewerkschaftlich gefärbten Arbeits- und Stellenvermittlungs­ syndikat darstellt. Durch den guten Einfluß eines Mädchens wird er zu einem moralisch festen und unbestechlichen Außenseiter, dem es schließlich gelingt, die Arbeiter gegen die skrupellose Füh­ rung zur Rebellion zu bringen. Die Atmosphäre des düster-zwie­ lichtigen New Yorker Hafenviertels, das gewalttätige, vom Wissen um Mord und Raub belastete, stets irgendeines Unheils gewärtige, trostlose Milieu der Schauerleute, die zynische Härte der sich als Gentleman gebenden Chefs und die nebulose Schemenhaftigkeit des Hauptes der ganzen Organisation, jenes massigen Boss', der in drohender Anonymität hoch oben in den Sphären scheinbar wohltätigen Reichtums kauert - das alles ist mit brutaler Schärfe, aber meisterhaft gezeichnet. Das ist bester Journalismus. Und wenn Schulberg auch sein "Waterfront" unter Zugrundele­ gung des Drehbuchs "On the Waterfront" geschrieben hat, so ist immerhin etwas Neues entstanden. Denn dem flüchtigen und sich . verflüchtigenden Geschehen auf der Leinwand ist manches versagt, was nachdrücklichst zu sagen der Schrift vorbehalten bleibt. Wo es aber schon dem Autor und seinem Verleger so ernst um diese Sache ist, daß sie ihr nach dem erfolgreichen und preisgekrönten Film auch noch ein Buch widmen zu müssen glauben, da ist kaum noch an der Gültigkeit wie auch der Allgemeingültigkeit des An­ liegens zu zweifeln. Doch nun zu "Band of Angels". Es ist dies eine Erzählung von nachhaltigem Eindruck aus der buntbewegten Vergangenheit der . - amerikanischen Republik. Der Autor Robert Penn Warren, einer der markantesten Romanschriftsteller des Südens und zur Zeit Profes­ sor für Bühnenschriftstellerei an der Yale-Universität, hatte sich schon seit vielen Jahren als Dozent für Literatur betätigt. Aber Warren will nicht als historischer Schriftsteller gesehen werden. So arbeitet er auch gar nicht. Er greift in die Fülle der Ereignisse, nimmt sich eines, ein nicht allzu bekannt ge­ wordenes, heraus und gestaltet es, läßt die Menschen und ihren Lebenskreis plastisch werden. Die Historie stellt nur den Rahmen, in welchem er die farbigen Schicksale webt. "Band of Angels" spielt in einem Zeitraum, dessen Mittel­ punkt der Bürgerkrieg ist, und Hauptperson ist die schwarze "AMERIKA DIENST" 12. Oktober 1955 schwarze Amantha Starr, eine Waise, die während ihrer Kindheit noch Sklavin war und nun langsam die Entwicklung zur Freiheit erlebte Streng genommen, ist dieses Buch nicht ganz so geraten, wie Warrens Roman "All the King's Men",*) der 1947 den Pulitzer­ Preis gewann. Aber dennoch rechtfertigt auch "Band of Angels" Warrens Ruf als einer der besten Dichter und Romanschriftsteller dieses Dezenniums der amerikanischen Literatur. Herman Wouk ist ein anderer, der sich endgültig nach vorn gearbeitet hat, nachdem nun sein neuestes Werk "Marjorie Morning- star" zu seinen zwei früheren Romanen "City Boy" und "The Caine Mutiny" **) hinzugekommen ist. Wer würde sich besonders jenes letztgenannten Buches nicht entsinnen, eines der großartigsten Bestseller, die je in den Vereinigten Staaten herausgekommen sind, und der mit einer Auflage von drei Millionen in relativ kurzer Zeit vergriffen war? Marjorie Morningstar ist ein junges Mädchen, das eigentlich Marjorie Morgenstern heißt. Aber die kleine Marjorie möchte einer großen Schauspielerin gleich, sein und ihren Namen wie ein Stern­ bild leuchten sehen. Dieses Mädchen hat Wouk so typisch gezeichnet - ein jüdisches Kind aus dem mittleren Bürgerstand, ein Mensch­ lein, das Teil dieses vielschichtigen, beängstigend aufreizenden menschlichen Konglomerats des New Yorker Westens geworden ist - , daß es sich wieder einmal bestätigt: Wcuks Stärke ist, im Gegen­ satz zu Schulberg, seine objektive, fast chronistenhaft genaue Zeichnung des Einfacheleute-Milieus. Er berichtet über Marjories Jungmädchenzeit, ihre Phantasien und Träume, über ihre erste unglückliche Liebe zu einem Taugenichts, der Noel Airman heißt. Wouk schildert das alles vielleicht ein wenig zu langatmig, aber allenthalben mit so viel Witz und Humor,

*) Deutsch: "Der Gouverneur", erschienen 1949 bei Krüger, Hamburg. **) Deutsch: "Die Caine war ihr Schicksal", erschienen bei Krüger, Hamburg.

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Humor, daß man schon fast von einer Satire sprechen könnte. Wie er jenen haltlosen Jüngling zeichnet, dem er weiß Gott keine Sympathien entgegenbringt - das ist eine der schärfsten Aussagen in diesem Buch. Und wie er den Leser das langsame Reiferwerden des Mädchens miterleben läßt, das schließlich zur Absage an alle Illusionen und zur inneren Festigung führt, das zeigt, daß es mehr die zur Treue, Wahrhaftigkeit und Bescheidenheit neigenden Charaktere sind, die den Dichter zur literarischen Analyse reizen, als die Neurotiker, Alko­ holiker und erblich Belasteten, die die modernen Romane der Nachkriegsliteratur aller Länder bevölkern.

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IN DER SOWJETZONE MUSS JEDER STUDENT, der einen Antrag auf Bewilligung eines Stipendiums einreicht, sich schriftlich bereit erklären, sein Studium für eine zweijährige Dienstzeit bei der kasernierten Volkspolizei zu unterbrechen, wann auch immer "die Regierung und das Volk mich dazu auffordern". Wer sich weigert, diese Verpflichtung zu unterschreiben, wird nicht nur von der liste der Anwärter auf ein Stipendium ge­ strichen sondern auch vom Studium ausgeschlossen. Weiter ver­ langt eine Anordnung des sowjetzonalen Erziehungsministeriums, daß Studenten, die eine finanzielle Unterstützung erhalten sollen, "sich jederzeit zum Staat zu bekennen haben" und "jeden Arbeitsplatz annehmen müssen, der ihnen nach-Beendigung ihres Studiums von der Regierung zugeteilt wird.11

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SIE FLIEGEN DURCH DIE IONOSPHÄRE Konstruktion und Arbeitsweise von Spezial-Raketen für Forschungszwecke

(67 Zeilen) WASHINGTON - (AD) - Während des Internationalen Geophysi­ kalischen Jahres 1957/58 werden Wissenschaftler der Vereinigten Staaten, Frankreichs und Australiens versuchen, mit Hilfe von Hoch­ leistungsraketen, die mit Meßgeräten ausgerüstet sind und bis in die oberen Schichten der Atmosphäre aufsteigen können, wei­ tere für die Erforschung des Weltraums bedeutende Einzelheiten über die Elektrizität und andere in der Ionosphäre wirksamen Kräfte festzustellen. Mit Ionosphäre bezeichnet man den Luftraum zwischen 80 und 400 Kilometern über der Erdoberfläche. Konstruktion und Arbeitsweise von Raketen des Typs, der bei diesen Versuchen verwandt werden soll, in einfacher, auch dem Laien verständlicher Form zu erklären, ist selbst für den Fachmann eine schwierige Aufgabe. Die Rakete wird durch die Schubwirkung energiereicher Gase vorwärts getrieben, die aus der am Heck befindlichen Düse ausge­ stoßen werden, Der Impuls der Rakete wird also nicht, wie so häufig angenommen wird, dadurch erreicht, daß der mit großer Geschwindigkeit ausströmende Gasstrahl auf die hinter der Rakete befindliche Luft drückt, sondern vielmehr durch die Schubwirkung des Gasstrahls auf den Raketenkörper selbst. Natürlich drückt das ausströmende Gas auch auf die Luft hinter der Rakete, aber dieser Umstand trägt nicht zur Beschleunigung bei, ja er bremst sogar den Düsenstrahl ab und verringert damit seine auf die Rakete wirkende Schubkraft. Ein solcher Flugkörper würde demnach am schnellsten im Vakuum fliegen, und daher eignet er sich besonders für die vorgesehenen Versuche in der Ionosphäre, in der die Luft sehrMünn" ist. Zum Unterschied von allen anderen Motoren ist das Raketen­ triebwerk von äußeren Bedingungen unabhängig, weil außer dem Treibstoff auch der zur Verbrennung erforderliche Sauerstoff in einem zweiten Tank in flüssiger Form mitgeführt wird. Das Rake­ tentriebwerk arbeitet also auch in Höhen mit ganz geringem Sauer- "AMERIKA DIENST" 12. Oktober 1955 Sauerstoffgehalt zuverlässig. Raketen vom Typ "Aerobee", die man bei den Versuchen im Geophysikalischen Jahr einsetzen will, sind mit Spezial-Hoch- drucktanks ausgerüstet, da der flüssige Sauerstoff und der Treibstoff den In der Verbrennungskammer entstehenden hohen Druck mit "Gegengewalt" überwinden müssen, wenn der Zufluß nicht unterbrochen werden soll. In der Verbrennungskammer, bei Raketen auch einfach Brenner genannt, wird so ungefähr die größte Hitze erzeugt, die es auf unserem Planeten gibt. Sie kann alle Metalle und sogar manche keramische Massen zum Schmelzen bringen, so daß sich die stabilste Rakete innerhalb von Sekunden "auflösen" würde, wenn nicht wirksame Kühlverfahren für das Triebwerk ent­ wickelt worden wären. Die Lösung dieser Aufgabe gelang deutschen und amerikani­ schen "Wissenschaftlern in den dreißiger Jahren fast gleichzeitig. Das bei den "Aerobees" angewandte Kühlverfahren ist das Ergebnis langwieriger Experimente eines ehemaligen Ingenieurs der Reaction Motors Inc., James Wyld. Der Regenerativmotor, wie Wyld sein Spezial-Triebwerk nennt, hat einen Schutzmantel, der die Wände der Verbrennungskammer völlig umhüllt. Die eine der beiden in getrennten Tanks mitgeführten Flüssigkeiten wird vor dem Eintritt in die Verbrennungskammer durch den Hohlraum zwischen Schutzmantel und Brenner gepreßt und absorbiert die von den inneren Kammerwänden aufgenommene Wärme. Wesentlich bei diesem Prozeß ist natürlich vor allem, daß Erzeugung und Absorbierung der Wärmemengen in einem wohlausgewogenen Verhält­ nis stehen. Dies wird beim Regenerativmotor so weitgehend erreicht, daß man die Außenseite des Schutzmantels ungefährdet mit der Hand berühren kann, wenn in der Verbrennungskammer, die nur 2,54 cm dahinter liegt, eine Temperatur von 2760 Grad Celsius herrscht. Raketen sind übrigens innen unbemannt, da kein Pilot die Armaturen schnell und präzise genug bedienen könnte. Bei den "Aerobees" übernimmt diese Aufgabe das automatische Reglerwerk, dessen wichtigstes Gerät das Kreiselgerät ist. Man kann es als das Hirn der Rakete bezeichnen, von dem aus die Muskeln, das Triebwerk, gesteuert werden. Auch Kursabweichungen stellt das Kreiselgerät selbsttätig fest und löst dann sogar sofort einen entsprechenden Mechanismus aus, der den Fehler wieder ausgleicht. *****

- 9 - "AMERIKA DIENST" 12. Oktober 1955

• OOOWH'LÜGE - VOM GLEICHEN SENDER GELEITET

( 32 Zeilen) NEW YORK — (AD) ~ Ein Radio-Luftnavigationssystem mit be­ sonders weitem Bereich (Navarho) wurde von den amerikanischen Luftstreitkräften entwickelt. Wenn der in Camden (New Jersey) zu errichtende Hochleistungssender die in ihm gesetzten Erwar­ tungen erfüllt, werden wahrscheinlich weitere derartige Radio­ stationen gebaut werden, die zusammen ein weltweites Navarho-Netz bilden. Die Camden-Station mit 15 kW Sendeleistung wird eine Reich­ weite von 4000 bis 4800 km nach allen Richtungen haben. Jeder der drei großen Türme wird über 190 m hoch sein. Seit Jahren wird die Radio-Navigation von Flugzeugen, die in oder über den Wolken oder in solcher Höhe fliegen, daß man Einzelheiten auf dem Erdboden nicht mehr unterscheiden kann, für die genaue Ortsbestimmung benutzt, doch hatten die bisher dabei verwendeten Leitstrahlen nur eine kurze Reichweite. Flog der Pilot aus dem Bereich eines Strahls heraus, so mußte er oder der Navi­ gationsoffizier trachten, eine neue Station einzustellen. Für den Piloten eines Düsenflugzeuges, der mit einer Stundengeschwindigkeit von nahezu 1000 km flog, bedeutete das eine Schwierigkeit; denn oft kam es vor, daß er, nachdem er kaum eine Radiostation einge­ stellt hatte, schon wieder an der Grenze ihres Bereichs war, noch bevor er aus dem von ihr empfangenen Signal seine Position berech­ net hatte. Das Navarho-System ermöglicht es einem Piloten, der an der Westküste der USA startet, seinen Apparat während des ganzen Plu-r ges bis New York, ja bis zu den Azoren im Atlantischen Ozean, auf eine einzige Station eingestellt zu lassen. Ebenso könnte ein Pilot vom Golf von Mexiko zum arktischen Ozean fliegen, ohne die Einstel­ lung zu ändern. Die Signale zeigen ihm jederzeit an, in welcher Richtung, von Camden aus gesehen, er sich befindet, und wie weit entfernt er von der Station ist (mit einer Genauigkeit von 15 km). Erst wenn er sich seinem Ziel schon stark nähert, wird der Pilot die Lokalstation einschalten. ****** - 10 - "AMERIKA DIENST" 12. Oktober 1955

NACHRICHTEN AUS DEN LÄNDERN HINTER DEM EISERNEN VORHANG

(28 Zeilen) , SAIGON — (AD) — Im kommunistischen Nord-Vietnam haben die Behörden zwangsweise mehr als dreitausend Eheleute getrennt, um die Flucht nach dem freien Vietnam zu verhindern. Diese Meldung entnehmen wir einem Bericht des katholischen Flüchtlingsausschus­ ses in Saigon. Wie es in den Aufzeichnungen des Flüchtlingsaus­ schusses weiter heißt, wurde es 1900 Frauen, deren Männer bereits nach dem nichtkommunistischen Süden des Landes geflohen waren, nicht gestattet, ihren Männern zu folgen; und in etwa der Hälfte der Fälle hat man sogar die Kinder von den Müttern getrennt, um einen zusätzlichen Druck auf diese Familien auszuüben. Ebenso konnten zusätzlich 1100 Ehemänner ihren vorausgeeilten Frauen nicht mehr in die Freiheit folgen.

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STOCKHOLM — (AD) — Über ausgedehnte Elendsviertel in Stalin­ grad berichteten Mitglieder einer schwedischen Gewerkschaftler­ delegation, die kürzlich von einer Informationsreise aus der UdSSR nach Schweden zurückgekehrt sind. In diesen Elendsvierteln leben demnach Hunderttausende menschlicher Wesen, und es würde wahrschein lieh Jahrzehnte dauern, diese Verwahrlosung aus der Welt zu schaf­ fen. In starkem Kontrast dazu - auch Moskau hat solche Viertel - stünden die Parteiprachtbauten. Einer der Berichterstatter hatte Gelegenheit gehabt, einige Tage in einem Arbeitererholungsheim am Schwarzen Meer zu verbrin­ gen, und er meint dazu, man könne sich des Gedankens nicht erweh­ ren, daß die Patienten nicht nach der Erholungsbedürftigkeit aus­ gewählt werden. Er schließt seinen Bericht mit der Beobachtung, daß, obwohl die Frauen.30 Prozent der Arbeitskräfte in der UdSSR stellen, sie im Erholungsheim in Sochi offensichtlich diesen Pro­ zentsatz nicht erreichen. ******

- 11 "AMERIKA DIENST" 19. Oktober 1955

ZUM TAG DER VEREINTEN NATIONEN AM 24. OKTOBER 1955 UN-Feiern in den USA und der ganzen Welt

(100 Zeilen) WASHINGTON — (AD) — Gemeinsam mit 60 anderen Ländern - darunter auch solchen, die noch nicht den Vereinten Nationen angehören - feiert Amerika am 24. Oktober den Zehnten Jahres­ tag, an dem die Vereinten Nationen im Jahre 1945 Wirklichkeit geworden sind. Montag, der 24. Oktober, ist der Höhepunkt einer ganzen Woche von Jubiläumsfeiern, die in Europa, im Nahen und Fernen Osten, in Afrika und Nord- und Südamerika den Ver­ einten Nationen zu Ehren abgehalten werden. Präsident Eisenhower forderte in einer Proklamation alle Bürger der Vereinigten Staaten auf, "den Tag der Vereinten Na­ tionen durch Gemeinschaftsfeiern zu begehen, die dem Glauben an die UN und der Unterstützung dieses Bundes der Nationen Ausdruck geben...." Nach Mitteilung des amerikanischen Komitees für die Ver­ einten Nationen werden die in ganz Amerika gehaltenen Jubiläums­ feiern alle früheren übertreffen. Der Grund hierfür ist nicht nur das zehnjährige Bestehen der Weltorganisation, sondern auch die höchst erfolgreich verlaufene Jubiläumswoche in San Francisco im Juni dieses Jahres, die zu Ehren des 10. Jahrestages der Un­ terzeichnung der UN-Charta veranstaltet worden war und in ganz Amerika größte Beachtung fand. In etwa 10 000 amerikanischen Städten wird man während der Woche der Vereinten Nationen, d,ie dem 24. Oktober, dem Tag des Inkrafttretens der UN-Charta, vorausgeht, der Arbeit dieses gro­ ßen Bundes der Völker für den Weltfrieden und den Fortschritt ehrend gedenken. Die Bürgermeister von etwa 1500 Städten veran­ lassten die Bildung von Sonderausschüssen zum Tag der UN, und die Gouverneure von 49 Einzelstaaten und Territorien ernannten besondere Beauftragte, die dafür Sorge tragen, daß dieser Ehren­ tag würdig begangen wird. Dem amerikanischen Ausschuß für die Vereinten Nationen gehörten heute 130 nationale Organisationen an, während.es 1948, dem Jahr seiner Gründung, nur 50 waren. - "AMERIKA DIENST" 19. Oktober 1955

Das amerikanische Außenministerium hat drei neue Publikatio­ nen vorbereitet, die Jetzt in allen Teilen der Vereinigten Staaten und auch im Ausland verteilt werden. Sie umfassen die Proklamation Präsident Eisenhowers, eine Broschüre über die Möglichkeiten zur friedlichen Verwendung der Atomenergie und eine kleine Schrift, in der der amerikanische Chefdelegierte bei den Vereinten Nationen, Botschafter Lodge, Fragen über die UN beantwortet. Das Programm der amerikanischen Städte sieht unter anderem die Einführung eines Gebetes für den Frieden durch die Vereinten Nationen, ein "Fest der Nationen" mit Musik- und Tanzdarbietungen in Denver (Colorado) und einen Gruß an die Zehnjährigen der Stadt New York vor. Bekannte Persönlichkeiten werden sich in besonderen Reden mit den Zielen und der Arbeit der Vereinten Nationen befassen, so Expräsident Harry S. Truman in Kansas City, Botschafter Lodge in Salt Lake City und Sioux Falls und Mrs. Oswald B. Lord, die Ver­ treterin der Vereinigten Staaten in der UN-Kommission für Menschen­ rechte. Zu Ehren der internationalen akademischen Jugend wird im inter­ nationalen Studentenhaus in Washington ein Festessen gegeben; in der Kongreßbibliothek, der Smithonian Institution und den großen Nationalarchiven werden besondere UN-Ausstellungen gezeigt. Europäische Staaten, darunter Deutschland, Österreich, Norwe­ gen, Griechenland, Dänemark, Holland, Schweden, die Schweiz und Großbritannien haben ebenfalls angekündigt, den Geburtstag der Ver­ einten Nationen festlich begehen zu wollen. In allen Teilen der deutschen Bundesrepublik sind Feiern zum UN-Tag geplant - in Nordrhein-Westfalen konstituiert sich am 24. Oktober die "Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen", der Ortsverband Düsseldorf der Europa-Union hat eine Reihe von An­ sprachen und Sonderveranstaltungen zur Woche der Vereinten Nationen auf seinem Programm, und die Schulen im Räume Düsseldorf werden allgemein UN-Feiern veranstalten. Radio Bremen verteilt anläßlich seines UN-Programms für den Schulfunk zahlreiche Broschüren; auch viele Frauenorganisationen in der Bundesrepublik werden besondere Feiern abhalten. _ „

- II - "AMERIKA DIENST" 19. Oktober 1955

Der österreichische Bundeskanzler Julius Raab wird in der Wiener Universität eine Pestrede vor den Studenten halten, und in der Woche vom 23. bis 29. Oktober bringen die österreichischen Rundfunkstationen Sondersendungen über die Vereinten Nationen. In London werden das Hissen der UN-Flagge am Trafalgar Square, Aufmärsche von Jugendorganisationen und kirchliche Feiern am 23. Oktober dem UN-Sonntag eine besondere Note geben. Bei den UN-Feiern in Athen bilden die Botschaften des Königs und der Regierungsvertreter den Höhepunkt; zugunsten des UN-Kinder- ' hilfsfonds (UNICEF) führen zehnjährige Kinder in den Volkstrachten von 60 UN-Mitgliedstaaten eine Tanzveranstaltung auf. In Norwegen konzentrieren sich die Feiern zum Tag der Ver­ einten Nationen auf Oslo und Bergen, wo Trygve Lie, der ehemalige Generalsekretär der UN, der Hauptredner sein wird. Aber auch im Fernen Osten, in Thailand, den Philippinen, Burma und Japan gedenkt man in Sonderbotschaften, in Schulfeiern, Vorträge und zahlreichen festlichen Veranstaltungen und Rundfunksendungen des denkwürdigen Ereignisses. Indien, Pakistan, die Türkei, Per­ sien, Israel, Ceylon, Liberia und Nigeria haben bereits besondere Feiern angekündigt. In ganz Aserbeidschan, der Nordwest-Provinz von Persien, die ihre Freiheit den Vereinten Nationen verdankt, sind Sonderveranstaltungen geplant; in diesen wird vor allem der Tatsache gedacht, daß die Vereinten Nationen im Jahr 1946 genügend moralischen Druck auf die Sowjetunion ausübten, um die Zurücknahme der sowjetischen Truppen zu bewirken, die nach Beendigung des zweiten Weltkrieges dieses Gebiet besetzt hielten. In der persi­ schen Hauptstadt Teheran sind öffentliche Festveranstaltungen zum Tag der Vereinten Nationen geplant. In Pakistan wurde die UN-Broschüre "Auf dem Weg zu einer besseren Welt" in die Urdu - und Bengalisprache übersetzt, um sie an die Bevölkerung verteilen zu können. In Indien will man mit Ausstellungen von UN-Schriften und -Plakaten, Aufsatzwettbewerben unter Schülern und Studenten und Veranstaltungen in Klubs und Or­ ganisationen den vielen Feiern noch eine besondere Note geben. Auch Südamerika steht während der UN-Woche nicht zurück und wird mit Feiern in Brasilien, Kuba, Ecuador, Guatemala und Mexiko den Tag würdig begehen. ******

- III - "AMERIKA DIENST" 19. Oktober 1955 Zwanzig zeitgenössische Dichter und Schrift­ steller schreiben über "ihre" Stadt. Aus Ost und West, aus Nord und Süd kommen die Schil­ derungen und vermitteln uns ein literarisch gezeichnetes Bild des heutigen Amerika.

DAS IST AMERIKA (XII)

Einer der prominentesten Schriftsteller des amerikanischen Nordwestens ist Vardis Avero Fisher, der in Hagerman im Staate Idaho lebt und wirkt. Der heute Sechzigjährige ist Ver­ fasser einer ganzen Reihe von Romanen und Er­ zählungen, trat aber mit einer preisgekrönten Erzählung erstmals im Jahre 1959 an die Öffent­ lichkeit. Es war dies der Mormonenroman "Die Kinder Gottes". In der Folge erschienen dann die mehrbändige "Geschichte der Menschheit" und sechs Romane, deren letzter "Die Insel der Unschuldigen" betitelt war. Vardis Avero Pisher ist ein ausgeprägtes Erzählertalent. Der Stil seiner naturalisti­ schen Darstellung ist dem Theodore Dreisers vergleichbar, weicht jedoch insofern ab, als Pishers Analysen sich auch auf das erlebende Subjekt erstrecken. GEMEINSCHAFTSARBEIT IST DJE SEELE GUTER NACHBARSCHAFT "Von Vardis A. Fisher (Deutsch von Jane Textor) (75 Zeilen) HAGERMAN - (AD) - Der Mann lag an der Mauer in der sengen­ den Sonne. Es war ein heißer Tag. Er war schwer verletzt worden bei dem Unfall und blutete stark. Man hatte die Ambulanz verstän­ digt, aber das Krankenhaus war 40 Kilometer weit weg. Obgleich wir alles taten, den Mann sobald wie möglich dorthin zu schaffen, es war zu spät. Er starb wenige Stunden später. Robert Lawson, unser Apotheker, hatte den Krieg im Pazifik von Anfang bis Ende mitgemacht und als Operationshelfer gelernt, daß in Fällen, in denen die Hilfe schnell kam, die Verwundeten meist gerettet werden konnten. "Dieser Mann hätte nicht sterben brauchen", sagte er, und er sagte weiter, daß die Gemeinde dafür die Verantwortung trage. _, ° B • Thousand "AMERIKA DIENST" 19. Oktober 1955 Thousand Springs Valley, was zu deutsch das "Tal der tausend Quellen" heißt, liegt im südlichen Idaho (sprich: Eidahou), einem Farmbezirk, dessen Einkaufs- und Geschäftszentrum der kleine Ort Hagerman ist. Niemals hat es hier einen Doktor oder Zahnarzt, geschweige denn ein Krankenhaus gegeben. Gemeinden mit einer Einwohnerzahl von knapp tausend Leuten konnten sich das nicht leisten, nicht einmal in einem Land wie dem unseren, in dem Gesundheit so groß geschrieben wird. "Warum aber sollten wir kein Krankenhaus haben?" meinte Bob Lawson. "Hätten wir eine, fänden wir sicher auch einen Doktor, der gewillt wäre, in unser Dorf zu kommen." Und so setzten wir Dorfbewohner uns denn zusammen, um die Sachlage zu besprechen. Lawson war der Meinung, die Gemeinde würde den Bau eines kleinen Krankenhauses schon zuwege bringen, andere Bürger meinten, daß ein Krankenhaus doch eine ziemlich extravagante Angelegenheit sei. Würde man es dann auch ausrei­ chend einrichten können? "Darauf könnten Sie Gift nehmen", erklärte Bob. Es sollte klein sein, aber Klasse. In Amerika gibt es eine Reihe von Dingen, die ungeheuer an­ steckend sind. Dazu gehört ein äußerst stark ausgeprägter Ge­ meinschaftssinn. So sprach man dann bald überall vom neuen Kran­ kenhaus, in den Familien und am Arbeitsplatz. Schließlich waren alle davon überzeugt, daß das Krankenhaus gebaut werden mußte. Geld war keins vorhanden, nicht ein einziger Dollar. Wir würden alle Arbeit selbst machen müssen, und wir würden auch die erforderlichen Geldmittel aufzubringen haben. Wer kein Geld beisteuern konnte, sollte arbeiten, und wer beides nicht konnte, war vielleicht in der Lage, Materialien zu liefern. Bob Lawson stiftete den Bauplatz - und mit Traktoren, Äxten und Sägen und unendlich großer Begeisterung gingen wir ans Werk. Jetzt erst fiel uns auf, wie viele wirklich gute Handwerker wir im Dorf hatten. Zimmerleute, Maurer, Schlosser, Installateure, Elektriker, sie alle halfen und taten es gern. Natürlich hatten wir unseren Kummer mit dem Bau. Ein Krankenhaus muß vor allem den gesetzlichen Vorschriften entsprechen. Der Operationsraum bei­ spielsweise, verlangt die Präzision eines Schweizer Uhrwerkes. Aber "AMERIKA DIENST" 19- Oktober 1955 Aber wir hatten auch, viel Freude. Vor allem wurde uns klar, daß solche Gemeinschaftsarbeit die eigentliche Seele der guten Nachbarschaft ist. Das gemeinsame Ziel machte einig und stark. Wir brauchten ein Jahr bis das Krankenhaus - Ordinaticns- raum, Wartezimmer, die Krankenabteilung, Untersuchungsraum, Labor und Operationsraum - fertiggestellt war. Es ist modern und strahlt überall vor Sauberkeit und Frische. Wir ließen es als Aktiengesellschaft eintragen, wählten einen Aufsichtsrat und ließen Anteilscheine drucken. Jeder, der zum Bau beigetra­ gen hatte, erhielt Anteile in der Höhe des geleisteten Beitrags. So gehört unser Krankenhaus der Gemeinde und wird von ihr ver­ waltet. Bis dahin hatte alles großartig geklappt. Indessen, alle Liebesmühe wäre umsonst gewesen, hätten wir keinen Doktor gefunden, der das Krankenhaus übernahm. Aber wir hatten ja etwas anzubieten: ein modernes Krankenhaus in­ mitten eines schönen Landstrichs gelegen, mit .Fischwassern und Wäldern und einem wundervollen Klima. Der Doktor kam; ein fähiger, junger Mann, der sich sein Fachwissen an einer der größten medi­ zinischen Fakultäten Amerikas erworben hatte. Er ist nun schon zwei Jahre bei uns, und es scheint ihm zu gefallen. Wir im Dorf aber haben es nun nicht mehr nötig, uns für eine 80-Kilometerreise zu rüsten, wenn wir einen Doktor brauchen Er und unser Krankenhaus sind unsere beste Kapitalsanlage,und wir sind stolz darauf. Noch mehr aber als diese Errungenschaften bedeutet uns allen die Entdeckung, daß es noch immer keinen Er­ satz gibt für den freien und mutigen Unternehmungsgeist der Menschen.

ACHTUNG REDAKTION! Auf Anforderung übersendet Ihnen der AMERIKA DIENST kostenlos ein Porträt von Vardis Avero Fisher.

* * * * * "AMERIKA DIENST" 19. Oktober 1955

VORAUSSETZUNGEN EINER GEMEINSAMEN ENERGIEWIRTSCHAFT EUROPAS Atomkraft als politischer Katalysator

Dieser Artikel aus dem "Christian Science Monitor" stammt von John Allan May, dem England-Korrespon­ denten der bekannten amerikanischen Zeitung. (115 Zeilen) BOSTON - (AD) - Das Atom entlädt seine größte Kraft nicht bei der Spaltung, sondern bei der Verschmelzung, wie jeder Na­ turwissenschaftler weiß. Diese Tatsache stellt ein eindrucks­ volles Sinnbild aller Hoffnungen dieser Welt dar, die, in sich zersplittert, eines Tages eine geeinte Welt sein könnte. Für Westeuropa mag dies mehr noch sein als ein Symbol und mehr als ein naturwissenschaftliches Faktum. Aber kann ein in Nationalstaaten aufgeteiltes Europa über­ haupt in den vollen Nutzen der Atomenergie kommen? Das ist die große Frage, die uns im Jahre 1955 bewegt. Denn was die große Masse davon sieht, ist vorläufig nichts als eine ziemlich ne­ belhafte Lösung des Problems, deren Bild noch gestaltlos und unpersönlich über den Himmel Europas zieht. Für die Fachleute hat diese Frage jedoch keineswegs etwas Verschwommenes, besonders nicht für den Präsidenten der franzö­ sischen Eisenbahnen, Louis Armand, der von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit Europas (OEEC) mit der Ausarbei­ tung eines Gutachtens über Fragen der Energiewirtschaft beauf­ tragt worden war. In dem Bericht, den er im Mai dieses Jahres vorlegte, stellt er unter anderem die wesentlichsten der hier­ für erforderlichen Voraussetzungen heraus und kommt dabei zu folgendem Schluß: "Innereuropäische Zusammenarbeit ist auf keinem anderen Gebiet derart wichtig wie im Zusammenhang mit der Atomenergie." Die Hauptüberlegung, die ihn zu diesem Schlüsse führt, ist einfach. Er geht davon aus, daß Europa in diesem Jahrhun­ dert, sowohl was seine Produktivität als auch seinen Wohlstand "AMERIKA DIENST" 19. Oktober 1955 Wohlstand anbelangt, weit hinter den Vereinigten Staaten zu­ rückgeblieben ist. Dadurch entstand eine Kluft, die sich auch heute noch ständig erweitert. Hierfür gibt es vor allem zwei Gründe: Amerika stehen erstens nicht nur reichere, sondern zweitens auch billigere Energiequellen zur Verfügung. Was jetzt aber die Atomenergie betrifft, so ist ganz und gar nicht ein­ zusehen, warum Westeuropa diese nicht in gleichem Umfang und zu denselben Kosten wie die Vereinigten Staaten haben soll. Louis Armand macht dabei jedoch selbst einen gewichtigen Vorbe­ halt, indem er erklärt, daß Europa diese Chance nur dann wahr­ nehmen kann, wenn es seine technischen Hilfsquellen zusammen­ schließt und sein gesamtes Industriepotential einsetzt. "Nur so können die Möglichkeiten, die sich Europa bieten, mit den Möglichkeiten, die Amerika hat, einen Vergleich aushalten." Oder - so fühlt man sich veranlaßt hinzuzufügen - mit denen der Sowjetunion. Aber damit ist für Europa nichts gelöst, sondern weiter nichts erreicht als eine Formulierung des eigentlichen Problems. Denn im Nachkriegseuropa verlangt praktisch alles nach Zusammenarbeit, Koordinierung, Integration und Einheit. Was aber wird im einzelnen darunter verstanden? Eine der vordringlichsten Entscheidungen, die jetzt ge­ troffen werden müssen, ist die Klärung der Präge nach Größe und Umfang eines allgemein-europäischen Kernenergie-Programms. Und dafür gibt es vorläufig keinen anderen Maßstab als das britische Programm, das für die nächsten zehn Jahre die Errichtung von 12 Atomkraftwerken mit einem Kostenaufwand von etwa 300 Millionen Pfund sowie von fünf kombinierten Kraft-Brutreaktoren vorsieht; durch den Bau der letzteren würde sich die erstgenannte Summe um rund 150 Millionen Pfund Sterling erhöhen. Pur den sich daran anschließenden zweiten Zehn-Jahresplan sind bisher noch keine endgültigen Entscheidungen gefällt. Man rechnet jedoch damit, daß England in dieser Zeit dann etwa 500 Millionen Pfund Sterling in den Bau von Atomkraftwerken und Kernreaktoren investieren wird; Anlagen, die ausschließlich zu Forschungszwecken dienen sollen, sind hierbei noch gar nicht berücksichtigt. Dabei taucht die Frage auf, welcher Staat - außer der Bundes­ republik Deutschland - in der Lage ist, entsprechende Summen für - 5 - "AMEBIKA DIENST" 19- Oktober 1955 für derartige Zwecke aufzubringen. Aber auch dafür gibt es prak­ tisch mögliche Lösungen, so daß die Verwendung von Kernenergie keineswegs den reichsten Ländern auf dem Kontinent vorbehalten bleibt. Kenn gerade Atomenergie kann so gut wie überall erzeugt werden; dort wo sie am meisten gebraucht wird und wo, wie in den wenig entwickelten Gebieten» jede Energieform sehr teuer ist. Aus diesem Grunde ist auch zu erwarten, daß die Kernenergie ge­ rade in jenen Ländern, die sie sich eigentlich am wenigsten lei­ sten könnten, am ersten wettbewerbsfähig sein wird. Eine derartige Verwendung der Atomenergie zu friedlichen Zwecken erfordert ein internationales Investierungsprogramm, das schon in seinem Umfang beispiellos, aber keineswegs unmöglich wäre. Man müßte dann nur noch eine internationale Behörde finden, die alle in dieser Beziehung notwendigen Entscheidungen treffen und die praktische Durchführung aller hiermit zusammenhängenden Maß­ nahmen zu überwachen hätte. Es ist deshalb ratsam, in den Zusam­ menschluß von Wirtschaftsverbänden auch die Vertreter der Landes­ regierungen mit einzubeziehen. Lies alles aber wird nicht ohne eine ganze Anzahl von zum Teil tiefgreifenden Änderungen - nicht zuletzt wirtschaftsgeo­ graphischer und soziologischer Art - abgehen. Man bedenke nur, was es für ein wirtschaftlich schwaches Land wie Italien bedeu­ ten würde, das mehr als zwei Millionen Arbeitslose hat und bisher in der Auswanderung eines Teils der Bevölkerung den einzigen Aus­ weg aus seinem wirtschaftlichen und sozialen Dilemma sah. Natür­ lich darf man in solchen Fällen nicht von der Verwendung der Kernenergie allein Abhilfe erwarten; diese ist nur bei gleich­ zeitiger Neuordnung der Wirtschaftsstruktur dieser Länder mit Hilfe internationaler Unterstützung möglich. Außerdem würde eine merkliche Erhöhung des Industriepotentials für den zu erwartenden vermehrten Anfall von Produkten einen größeren und einen gemein­ samen Markt als zwangsläufige Folge des mit vereinten Kräften durchgeführten gemeinsamen Energieprogramms erfordern. Vorläufig aber ist Europa trotz vieler darauf abzielenden Anstrengungen noch weit davon entfernt. "Einheit aber darf", wie der erste Präsident der Montan- * - t Union, Jean Monnet, erklärte, "nicht durch staatliche Maßnahmen »AMERIKA DIENST" 19. Oktober 1955 Maßnahmen erzwungen werden. Die einzige Lösung ist die Betei­ ligung der für die Energieversorgung maßgeblichen Mächte an einer gemeinsamen, supranationalen Behörde." Hiermit trifft Monnet den Kern des eigentlichen Problems. Denn Europa hat ein Stadium erreicht, in dem der nächste Schritt stets ein politischer ist. Und deshalb ist jeder weitere wirt­ schaftliche Portschritt fraglich, vielleicht sogar unmöglich, wenn damit nicht gleichzeitig eine größere politische Einheit verbunden ist. Diese zu erreichen, ist aber außerordentlich schwer, da seit 1945 jede Regierung in Europa sich auf eine bestimmte Rich­ tung für die Entwicklung ihrer Volkswirtschaft festgelegt hat. Wenn es jedoch ein gemeinsames Atomenergie-Programm geben soll, dann müssen auch die Volkswirtschaften der einzelnen Länder einbezogen werden. Die nationale Politik wird dadurch unaus­ weichlich zu einer Angelegenheit von internationalem Interesse. Pur Aufstellung und Verwirklichung eines derartigen Pro­ gramms gibt es keine Patentlösung; es gibt aber verschiedene Wege, auf denen man das angestrebte Ziel zu erreichen vermag. Man kann zum Beispiel auf dem Fundament des Schuman-Plans wei­ terbauen oder aber den Europarat in seinen Befugnissen stärken und erweitern. Andererseits wäre es natürlich auch möglich, den politischen Aspekten der Nordatlantikpakt-Organisation mehr Ge­ wicht zu geben oder eine 'ständige Konferenz der Ministerpräsi­ denten zu schaffen. Eins ist in jedem Pall gewiß: Werden die großen und dabei lohnenden Aufgaben, die eine Atomwirtschaft stellt, angemessen gelöst, dann gehört ein zerissenes Europa der Vergangenheit an. Quellenangabe unbedingt erforderlich -

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- 7 - "AMERIKA DIENST" 19- Oktober 1955

DER WANDEL IM AMERIKANISCHEN ZEITUNGSWESEN Engerer Kontakt in der Welt machte Umstellung der Provinzblätter erforderlich (90 Zeilen) QUINCY - (AD) - Noch vor wenigen Jahren brachten die meisten Provinzzeitungen in den Vereinigten Staaten fast aus­ nahmslos Nachrichten von lokaler Bedeutung. Was außerhalb der eigenen Gemeinde geschah, war weniger gefragt, und wenn der eine oder andere Leser mehr wissen wollte, dann kaufte er zu­ sätzlich eines der großen Blätter. Inzwischen hat sich in der Welt vieles verändert - die Welt ist kleiner geworden. Von der amerikanischen Ostküste beispielsweise ist heute Europa auf dem Luftwege schneller zu erreichen als Chicago mit der Eisenbahn. Und Auslandsreisen sind längst nicht mehr das Privileg einzelner. Tausende junge Menschen aller Nationen lernen durch internationalen Studenten­ austausch und Perienfahrten andere Länder kennen, und Konferen­ zen von Wirtschaftlern, Politikern und Wissenschaftlern finden abwechselnd diesseits und jenseits des Ozeans statt. Amerikani­ sche Fachleute arbeiten heute auf allen Kontinenten und nicht zuletzt führt auch der Dienst des amerikanischen Soldaten in Übersee zu einem weiteren Horizont, zu einem größeren Interesse am Weltgeschehen. "Auslandsnachrichten haben für uns die gleiche Bedeutung gewonnen wie lokale Nachrichten", erklärte Jonathan Daniels, Redakteur des "Raleigh News and Observer" von Nord-Karolina, auf der dies jähri-gen Washingtoner Konferenz des Verbandes ameri­ kanischer Zeitungsverleger, und fügte hinzu: "Kein Volk hat je­ mals weniger Grund gehabt, einseitig zu sein, als heute das ameri­ kanische Volk." Lokale Nachrichten müssen natürlich auch weiterhin gebracht werden, und das sieht jeder ein. Aber die richtige "Mischung" von Lokal-, Inlands- und Auslandsriachrichten zu finden und damit zu beweisen, daß örtliche Meldungen-nicht örtlichen Charakter zu haben brauchen, andererseits wiederum Meldungen von anderen Kon­ tinenten innerhalb der Völkerfamilie im Grunde von lokaler Be- "AMERIKA DIENST" 19- Oktober 1955 Bedeutung sind, das ist die Aufgabe der amerikanischen Presse von Heute. Die kleinen Zeitungen in den Vereinigten Staaten haben diese Aufgabe durchaus erkannt und. sich umgestellt. Dazu ge­ hört auch der "Quincy Patriot Ledger", der täglich mit einer Auflage von 40 000 in Quincy (Massachusetts) erscheint, einer Stadt mit 83 800 Einwohnern im Nordosten der USA. Es ist das maßgebende Blatt für das in seiner wirtschaftlichen Struktur sehr unterschiedliche Gebiet zwischen Boston und Plymouth an der Südküste Massachusetts. Quincy selbst ist eine ausgeprägte Industriestadt mit einer außerordentlich vielseitigen Produktion - von den trivial­ sten Verbrauchsgütern des täglichen Lebens angefangen bis zum Bau größter Ozeanriesen. Die kleineren Städte und Gemeinden an diesem Küstenstreifen führen jedoch ein ausgesprochen ruhiges Dasein. Zu diesen Gegensätzen, die bei der Herausgabe der Zeitung berücksichtigt sein wollen, kommt noch hinzu, daß die Bevölkerung in dieser Gegend sich aus Gruppen verschiedener Nationalitäten zusammensetzt, aus Nachfahren von Pinnen, Schweden, Italienern, Schotten und Syriern, die alle innerhalb der großen Gemeinschaft an Überlieferung und Kulturgut ihrer alten Heimat festhalten. Obwohl der "Patriot Ledger" bereits im Jahre 1837 gegrün­ det wurde und als "altes Blatt" eine eigene Tradition hat, ist der Verlag dieser Zeitung den neuen Anforderungen entsprechend weitgehend reorganisiert und mit den modernsten Mitteln des Nach­ richtenwesens ausgestattet worden. In seinen Redaktionsräumen hämmern die Fernschreiber der drei größten Nachrichtenagenturen, Associated Press (AP), International News Service (INS) und United Press (UP), und Bildberichte werden nach einem neuen elektronischen Verfahren übermittelt, das keinerlei Dunkelkammer­ arbeit mehr erfordert. Ein aus Melbourne in Australien "aufgege­ benes" Bild beispielsweise trifft innerhalb von sieben Minuten "gebrauchsfertig" in der Stereotypie des "Patriot Ledger" in Quincy ein. Außerdem führt ein großer Teil der Lokalberichter­ statter Funksprechgeräte mit sich, so daß sie jederzeit mit den Redakteuren direkt in Verbindung treten können. Einige Reporter­ wagen sind mit Sende- und Empfangsanlagen ausgestattet, die auch - 9 - "AMERIKA DIENST" 19- Oktober 1955 auch auf größerer Entfernung eine schnelle Nachrichtenüber­ mittlung ermöglichen. Neben den weltweiten Meldungen der großen Agenturen sowie Lokalnachrichten bringt der "Patriot Ledger" Artikel über Arbeit und Probleme aller Stadt- und Landgemeinden seines Verbreitungs­ gebietes, die Anregungen und Vorschläge zu wesentlichen Verbese serungen auf diesem oder jenen Sektor enthalten. Für eine Ar­ tikelserie über akute Schulfragen im Quincy-Bezirk wurde der Verlag kürzlich mit der "Jahresplakette 1955"' des Amerikanischen Verbandes für pädagogisches Schrifttum ausgezeichnet, und das war nicht die erste Anerkennung seiner hervorragenden Leistungen im Dienste der Öffentlichkeit. Im Laufe der letzten sechs Jahre erhielt der "Patriot Ledger" insgesamt zwei erste und einen zweiten Preis. Als Mitglied des Internationalen Presse-Institutes, der Panamerikanischen Presse-Vereinigung und der Föderation Inter­ nationale des Editeurs de Journaux et Publications (FIEJ) hat der "Patriot Ledger" engen Kontakt mit Zeitungsverlegern und Journalisten aus allen Teilen der freien Welt. In jedem Jahr besuchen ausländische Fachleute das Verlagsgebäude in Quincy, um seine technische Einrichtung zu besichtigen und informatori­ sche Besprechungen mit den Redakteuren zu führen, wobei oft sowohl der Gast als auch der Gastgeber wertvolle Anregungen erhält.

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- 10 - "AMERIKA DIENST" 19. Oktober 1955

KURZNACHRICHTEN AUS DEN LÄNDERN HINTER DEM EISERNEN VORHANG

(43 Zeilen) (AD) — Die Kasan-Kathedrale in Leningrad ist heute ein Museum, "das die Aufgabe hat, denjenigen auf die bestmögliche Weise zu helfen, sich aus einer religiösen Ideologie zu befreien, die noch immer von religiösen Überzeugungen beeinflußt werden", heißt es in einer der letzten Ausgaben der sowjetischen Zeitschrift "Wissenschaft und Leben"« Las Museum, das im Jahre 1954 von 225 000 Personen besucht wurde, besitzt etwa 300 000 verschiedene Ausstel­ lungsstücke und anderes Ausstellungsmaterial, das "die Leistungen der fortschrittlichen sowjetischen Wissenschaft zeigt und religiöse Auffassungen widerlegt."

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(AD) — Nach zehnjährigem unfreiwilligem Aufenthalt in der Sowjetunion traf kürzlich eine 70jährige Engländerin in London ein. Mrs. Lottie Bisseneek-Hanney war mit ihrem Gatten, der früher lettischer Gesandter in London gewesen war, vor Ausbruch des zwei­ ten Weltkrieges nach Lettland gereist. Im Jahre 1939, kurz bevor Lettland von der UdSSR annektiert wurde, verschwand dieser spur­ los. Trotz wiederholter Bitten mußte seine Frau zehn Jahre warten, bis die sowjetischen Behörden ihr eine Ausreisegenehmigung er­ teilten. *****

(AD) ~ Dem Bericht des Mitgliedes einer lettischen Flücht­ lingsorganisation zufolge, ist die von Moskau ausgehende Kampagne, vor dem Kommunismus geflüchtete Personen zur Rückkehr in ihre Heimatländer hinter dem Eisernen Vorhäng zu bewegen, jetzt auch auf diejenigen Letten ausgedehnt worden, die sich in Westdeutsch­ land niedergelassen haben. Broschüren in lettischer Sprache, in denen die Flüchtlinge aufgefordert werden, "nach Hause zurückzu­ kehren", wurden unter zahlreichen Letten in Norddeutschland ver­ breitet. Ferner wurde bekannt, daß in die Geschäftsräume des Vor­ sitzenden der lettischen Flüchtlingsorganisation in Augustdorf in Westfalen im vergangenen Januar eingebrochen und Listen mit den Namen und Anschriften lettischer Flüchtlinge in Deutschland gestohlen worden, sind, die dann bei der Aufforderung, zurückzu­ kehren, verwendet werden. *****

(AD) — Im Arbeiterparadles: In Moskau macht zur Zeit eine amüsante kleine Geschichte die Runde. Anläßlich des Abschlusses einer Tagung des Obersten Sowjet wurden die Delegierten zu einem Galadinner geladen. Dabei geschah es, daß einer der Herren ein Stück Autoreifen in der Suppe fand. Gerade als er protestieren sollte, sah er, daß ein MWD-Mann ihn beobachtete. Geistesgegen­ wärtig änderte er schnell seine Absicht und meint wohlwollend{ "Das nenne ich Fortschritt, Towarisch'! Erst 37 Jahre ist es her, daß wir die Staatsgewalt haben, und schon hat das Auto den Gaul ersetzt". ***** - 11 -* "AMERIKA DIENST" 26. Oktober 1955 Zwanzig amerikanische zeitgenössische Dichter und Schriftsteller schreiben über "ihre" Stadt. Aus Ost und West, aus Nord und Süd kommen die Schilderungen und vermitteln so ein literarisch gezeichnetes Bild des heutigen Amerika

DAS IST AMERIKA (XIII)

Der Wissenschaftler, Botaniker, Historiker, Poet, Romancier und Essayist Donald Culross Peattie hat in den 57 Jahren seines Lebens 25 Bücher veröffentlicht - manche von ihnen in Zusammen­ arbeit mit seiner Frau, der Schriftstellerin Louise Redfield -, die alle mehr oder weniger von den Naturschönheiten und Eigenheiten seiner Heimat Kalifornien künden und mit manchem Preis ausgezeichnet wurden. Die Peatties leben seit vielen Jahren in Santa Barbara (Kalifornien), einem der schönsten Flecken Erde an Amerikas Pazifikküste.*

DAS BESTE IN SANTA BARBARA KOSTET NICHTS . . . Von Donald Culross Peattie

(80 Zeilen) Die Stadt, in der ich lebe, ist eine der schönsten der Ver­ einigten Staaten und eine der ältesten im amerikanischen Westen, mit einer ganz eigenen buntbewegten Vergangenheit. Die Rolle aber, die sie in der Geschichte der Vereinigten Staaten spielte, ist so bescheiden, daß die größere Welt recht wenig über Santa Barbara in Kalifornien weiß. Wie eine schöne Frau, die in ihrem Garten Siesta hält, liegt meine kleine Stadt eingebettet zwischen

In deutscher Sprache erschienen: Es gibt keinen Tod (An almanac for moderns) Wien: Humboldt, 1951. Schönes wildes Leben (The road of a naturalist) Wien, Stuttgart: Humboldt, 1947, 1948. Salamanka und die Freiheit (Down Wind) Wolfenbüttel: Heckner, 1947, 1948. Das Mädchen Sacadjevia (Forward the Nation) Wolfsberg/Kärnten: Flötz und Theiss, 1948. Auf vielen Pfaden - Die spannendsten Tiergeschichten,Stuttgart: Franckh, 1953.

- 1 - "AMERIKA DIENST" 26. Oktober 1955 zwischen Meer und Bergen, ruhig aber geschäftig, gereift und doch Jung. Auf der Landkarte der Vereinigten Staaten liegt Santa Barbara dort, wo Kalifornien wie eine Galionsfigur am Bug eines Schiffes seinen Busen dem Meere zu öffnet und genau in dieser sanften Rundung, an die hundert Meilen nördlich von Los Angeles, drängen sich die weitgezogenen Lächer der Häuser von Santa Barbara wie reife Trauben am Rebstock. Dahinter türmen sich, Blau in Blau, ' die dürren und mit aromatischem Niederholz bewachsenen Gipfel des Santa Inez-Gebirges, davor aber ruht träge und breit der Große Ozean, der größte der Welt übrigens, aus dessen Wassern 30 Mei­ len seewärts, kleine Eilande sich erheben, einsame Gipfel einer versunkenen Bergkette. Santa Barbara ist ein -Kurort, den die Leute seines Klimas und seiner landschaftlichen Schönheit wegen gerne aufsuchen. Aber die Stadt bemüht sich nicht mehr um diese Gäste. Sie hat sich um ihre eigenen Angelegenheiten zu kümmern - jede Familie um ihr eigenes Haus und auch die Ärmsten unter uns haben noch so etwas wie einen Garten zu pflegen, wo die Blumen das ganze Jahr über in Blüte stehen. Die Bevölkerung ist gemischt: Mexi­ kaner, eine willkommene Anzahl Neger, wenige Japaner und Chine­ sen. Der Großteil aber stammt aus den Staaten des amerikanischen Mittelwestens oder der Ostküste. Dann aber haben wir hier in Santa Barbara auch Familien, die ihren Ursprung im alten Spanien haben, und deren Altvordern Pich vor Jahrhunderten an dieser Stelle niedergelassen haben. Sie sind auf eine ganz stille Weise stolz darauf, denn, so modern die Stra­ ßen von Santa Barbara heute auch aussehen, die Stadt, hat eine lange und ehrwürdige Tradition. Die ersten spanischen Karavellen p'assierten die Gewässer der vorgelagerten Inseln bereits 50 Jahre nach der Entdeckung Amerikas durch Kolumbus. Zur Erinnerung an diese Zeit begeht Santa Barbara alle Jahre seine Fiesta "Old Spanish Days" (Altspanische Tage). Zu diesem historischen Volksfest strömen die Besucher von Nah und Fern her­ bei. Man tanzt auf den Straßen und ist ausgelassen wie andernorts in den Tagen des Karnevals. Ich für meinen Teil habe die Stadt "AMERIKA DIMST" 26. Oktober 1955

Stadt im Alltagskleide am liebsten - ohne Fiestaputz und Fiesta­ trubel. Es herrscht hier dann jener unkonventionelle, legere Ton, wie ihn Gleichberechtigte unter Gleichberechtigten an sich haben und der für den amerikanischen Westen so überaus kennzeichnend ist. Als ich kürzlich krank war, schickte mir mein Schlosser eine witzige Karte mit den besten Wünschen für meine baldige Genesung. Als mein Negerdiener unlängst so weit war, daß er sich mit seinen Erspar­ nissen einen kleinen Laden eröffnen konnte, trafen sich bei ihm Einwohner unserer Stadt aus allen Berufsschichten und verschie­ dener Hautfarbe, um zu politisieren. ... Natürlich gibt es auch reiche Leute in Santa Barbara. Aber auch sie sind stolz auf ihre Stadt, und tun viel für sie. So ver­ fügt Santa Barbara heute über ein ausgezeichnetes Kunstmuseum, ein Symphonieorchester, ein Theater und ein naturhistorisches Museum. Die große Bibliothek und andere öffentliche Einrichtungen werden ebenfalls von der Stadt unterhalten. Las Beste in Santa Barbara ist allen Menschen zugänglich, ohne daß sie dafür zu bezahlen hätten. Die strahlende Wintersonne und die sommerliche kühle Brise, die vom Meer her weht, gehören uns allen, genauso wie der weiße Strand, der von Mai bis Oktober voller Leben ist. Für Arm und Reich ist eine der größten Freuden die Freunde zu einem sogenannten "barbecue" einzuladen, zu einem auf offenem Feuer im Freien zubereiteten Mahl. Da die Entfernungen hier im Westen gewaltig sind, hat fast jedermann ein Auto, und wenn es nur ein uraltes Modell ist. Aber auch Pferde sind bei uns sehr beliebt; und in unseren Straßen sind Jungen und Mädchen zu Pferde keine Seltenheit. Typisch für hier sind auch die flackernden Strandfeuer in den lauen Sommernächten, entzündet von fröhlichen Menschen, die hier im Schein der Feuer ein Picknick veranstalten, typisch ist auch der starke beizende Rauch, der über allem liegt, wenn die Gartenbesitzer Blätter, das abgefallene Laub der Eukalyp­ tusbäume verbrennen, typisch ist die milde, wärmende Wintersonne, der freundliche Gruß des Fremden, dessen Namen ich vergessen, von "AMERIKA DIENST" 26. Oktober 1955 von dem ich aber weiß, daß er mir gut gesinnt ist, da er wie ich ein Bürger dieser Stadt ist, einer Stadt, die glücklich zu nennen ist, die alt und doch jung, die frei und westlich ist mit einer ganz besonderen, ihr eigenen Würde.

ACHTUNG REDAKTION! Auf Anforderung übersendet Ihnen der AMERIKA DIENST kostenlos 1 Porträt von Donald Culross Peattie

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PALO ALTO (Kalifornien) - (AD) - Fast vier Milliarden Dollar werden jährlich in den USA für wissenschaftliche Forschungszwecke ausgegeben, berichtete Vizeadmiral P.R. Fürth, der Chef des amerikanischen Marineforschungsamtes in einer Rede anläßlich der Einweihung eines Marineforschungsinstitutes iin Palo Alto. Die Hälfte dieses gewaltigen Betrages, so erklärte Fürth, stamme aus Spenden der privaten amerikanischen Industrie, die andere Hälfte aus Regierungsmitteln. Das amerikanische Marine­ forschungsamt, so führte Vizeadmiral Fürth weiter aus, betreibe seit Jahren ein extensives Forschungsprogramm über die Zusam­ mensetzung und die Verhältnisse der höheren atmosphärischen Schichten. Mit der im Marineforschungslaboratorium entwickel­ ten Vikingrakete sei es gelungen, in Höhen von über 250 Kilo­ metern vorzustoßen. Durch die auf der Grundlagenforschung be­ ruhenden weiteren aerodynamischen und aeronautischen Entwick­ lungsarbeiten würde man zu neuen Flugzeugtypen gelangen, gegen die die heute gebräuchlichen Verkehrs» und Kampfmaschinen plump, langsam und ungenügend erscheinen werden.

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EIN GERICHTSHOF KOMMT ZUM BÜRGER Der amerikanische Court of Claims entscheidet über Ansprüche gegen den Staat Von James L. Harte ( 86 Zeilen) WASHINGTON - (AD) - Es gab eine Zeit, da konnte der ameri­ kanische Bürger eine Forderung gegen den Staat nur durch Anruf des Kongresses geltend machen. Als jedoch das Bundesgebiet immer größer wurde, ergab sich die Notwendigkeit, ein neues Verfahren festzulegen, nach dem solche Personen ihre Ansprüche vorbringen konnten und das gleichzeitig die Möglichkeit bot, die Regierung gegen unbillige und unberechtigte Forderungen zu schützen. Jeder­ mann muß Gelegenheit bekommen, gehört zu werden, wenn er eine be­ gründete Forderung gegen seine Regierung hat. Einerlei, ob er Bür­ ger des Landes oder Ausländer ist, muß jeder Anspruchsberechtigte die absolute Sicherheit haben, daß über seinen Fall unparteiisch von einem Gerichtshof entschieden wird, dessen einzige Aufgabe es ist, dafür zu sorgen, daß der Gerechtigkeit Genüge geleistet wird. Das ist einer der Hauptgrundsätze der Regierung der Ver­ einigten Staaten. Im Jahre 1855 wurde in den Vereinigten Staaten eine selb­ ständig! Institution geschaffen, um diese Aufgabe zu erfüllen. Der amerikanische Court of Claims zählt keinen Geringeren als Abraham Lincoln, den 16.amerikanischen Präsidenten, mit zu sei­ nen Gründern. Während seines bisherigen Bestehens hat dieser Ge­ richtshof über Rechtsstreitigkeiten entschieden, bei denen es im ganzen um Milliarden von Dollars ging. Allein schon die aus dem ersten Weltkrieg sich ergebenden Forderungen beliefen sich auf mehr als zwei Milliarden Dollar. Jahr für Jahr spricht der Court of Claims Personen, denen in irgendeiner Weise von behördlicher Seite Unrecht geschehen ist, Millionen von Dollars zu. Und ebenso weist er Hunderte von Ansprüche zurück, die unbillig, unbewie­ sen und manchmal auch betrügerisch sind. Seit dem Jahre 1897 hat dieser Gerichtshof seinen Sitz in der Hauptstadt des Landes, in einem verwitterten roten Backstein­ gebäude, das früher als Kunstgalerie diente. Doch ist dies ledig- - 5 - "AMERIKA DIENST" 26. Oktober 1955 lediglich seine feste Residenz; denn ebenso offensichtlich wie das Bedürfnis nach einem derartigen Gerichtshof war auch von Anbeginn die Tatsache, daß nicht jeder es sich würde leisten können, nach Washington zu reisen, um seine Forderung gegen die Regierung geltend zu machen. Aus diesem Grunde ist der amerikani­ sche Court of Claims ein Berichtshof, der zu dem Bürger kommt, wenn dieser nicht zu ihm kommen kann. Er ist auch der einzig« amerikanische, Bundesgerichtshof, bei dem die Vereinigten Staaten stets beklagte Partei sind. Dem amerikanischen Court of Claims gehören fünf Richter an und elf Untersuchungsbeamtt, die Zeugen vernehmen und Beweisma­ terial sammeln. Diese Gerichtsbeamten sind auch bevollmächtigt, Verhandlungen an Ort und Stelle zu führen, wenn dies dem'Ge­ richtshof erforderlich erscheint, aber sämtliche Fälle werden vor der endgültigen Entscheidung von den fünf Richtern nochmals geprüft. Indem sie sich zu den Prozeßbeteiligten selbst begeben, unternehmen die Untersuchungsbeamten jede Anstrengung, um die Tatsachen zu klären und ihren Untersuchungsergebnissen das höch­ ste Maß von Zuverlässigkeit zu verleihen. Ein solcher Gerichts­ termin wurde beispielsweise auf dem Dach eines Gebäudes in einer westamerikanischen Stadt abgehalten, auf dem eine Rundfunkan­ tenne angebracht war, um die der Rechtsstreit wegen Patentver­ letzung und einer daraus sich ergebenden Schadenersatzforderung ging. Beamte des Court of Claims haben sich an die Betten Ster­ bender begeben, sind in Armenhäuser, Gefängnisse und Zuchthäuser, gegangen, um Zeugenaussagen zu erlangen. Praktisch ergeben sich bei jedem Fall, der vor sie gelangt, neue Anforderungen. Die Ansprüche, über die der Court of Claims zu entscheiden hat, weisen auch nach Art und Begründung die größte Mannigfaltig­ keit auf. Da ist über Forderungen zu verhandeln, die wegen der Beschädigung von Austerbänken in der Nähe der Küste durch Bagger­ schiffe erhoben werden, welche von der Regierung zur Instandhal­ tung und Verbesserung der Schiffahrtsstraße! eingesetzt wurden. Ansprüche von Indianern kommen ebenfalls vor diesen Gerichtshof, und die höchste Entschädigung, die je gewährt wurde, erfolgte in dem berühmten Fall der Ute-Indianer, denen der Court of Claims "AMERIKA DIENST" 26. Oktober 1955 Claims 352 Millionen Dollar für 1 800 000 Hektar Land zusprach. Die Protokolle der Zeugenvernehmungen in dieser Sache füllten nicht weniger als 106 Bände. Dies sind die ungewöhnlicheren Fälle, die dem Gerichtshof zur Behandlung überwiesen werden. Der Hauptteil der Arbeit des Court of Claims betrifft jedoch Forderungen, die sich auf Steuern und Regierungsverträge beziehen. Im Jahre 1952 erkannte der Ge­ richtshof Ansprüche in Höhe von mehr als 14 Millionen Dollar in 1600 Fällen an, während die erhobenen Ansprüche sich auf insge­ samt 100 Millionen Dollar beliefen. Mehr als 7000 Fälle befinden sich noch in der Schwebe, die, wenn entschieden, noch schwindelnd hohe Beträge erfordern werden. Während kein anderer Gerichtshof in der Welt mit solch phantastischen Summen zu tun hat, ist an­ dererseits auch nichts zu unbedeutend für ihn. Typisch hierfür war der Fall im Jahre 1954, bei dem ein Angestellter des ameri­ kanischen Landwirtschaftsministeriums die Regierung auf Zahlung eines Zuschusses für seine Mittagessenausgaben verklagte, der ihm nach seiner Meinung zustand. Er gewann seinen Prozeß. Mit seiner Arbeit beweist der amerikanische Court of Claims immer wieder, daß in den Vereinigten Staaten es vor allem der Einzelmensch ist, auf den es ankommt.

(Aus der amerikanischen Monatszeitschrift "Think")

- Quellenangabe erforderlich -

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VEGETATION AUE DEM MARS Amerikanische Wissenschaftler photographlerten unseren "Nachbarplaneten"

( 60 Zeilen) WASHINGTON — (AD) — Pflanzliches Lesben existiert auf dem Mars wahrscheinlich in einem Gebiet, das mindestens so groß wie Prankreich ist und auf photographischen Aufnahmen wie ein blau- grüner Flecken wirkt. Diese aufsehenerregende Entdeckung machte, wie kürzlich die amerikanische Geographische Gesellschaft mit­ teilte, der bekannte Astronom Dr. E.C. Slipher während einer Expedition, die Wissenschaftler des Geographic-Lowell-Observa- toriums im vergangenen Jahr nach Südafrika unternahmen, um von dort mit Hilfe von Spezial-Kameras den unserer Erde am nächsten gelegenen Planeten weiter zu erforschen. Die Ergebnisse der Beobachtungen und der Auswertung des photoigraphischen Materials führten zu den bedeutendsten Portschritten in der Marsforschung seit der Zeit, als vor 125 Jahren zum ersten Mal Karten unseres "Nachbarplaneten" angelegt wurden. "Daß die dunklen Flecken auf dem Mars von einer Vegetation hervorgerufen werden, und die beobachteten Farbveränderungen in einem gewissen Zusammenhang mit der Eisschmelze an der weißen Pol­ kappe dieses Planeten stehen, wird von den meisten Astronomen kaum mehr bezweifelt", erklärte Dr. Slipher kürzlich. "Alle unsere For­ schungsergebnisse auf diesem Gebiet zeigen deutlich an, daß in irgendeiner Art pflanzliches Leben auf dem Mars vorhanden sein muß." Die Feststellung dieser dunklen Stellen auf der Marsoberfläche, die ein ungefähr 320 000 Quadratkilometer großes Gebiet umfassen, bedeuteten für die Wissenschaftler eine völlige Überraschung, da bisher niemals neue, in sich abgeschlossene Flecken, sondern nur Vergrößerungen der schon bekannten dunklen Stellen beobachtet wor­ den waren. Diese bemerkenswerte Entdeckung läßt die Folgerung zu, daß die Grenze zwischen dem wüstenähnlichen Gebiet und dem von uns als dunkle Flecken wahrgenommenen Teil der Oberfläche nicht unbeding

- 8 - "AMERIKA DIENST" 26. Oktober 1955 unbedingt immer unverändert bleiben muß, sondern durch Einflüsse auf der einen oder anderen Seite verschoben werden kann. Und diese Erkenntnis bekräftigt wiederum die bislang wissenschaftlich nicht nachgewiesene Auffassung, daß die sich zu bestimmten Zeiten einstellende dunklere Farbtönung der Marsflecken auf Pflanzen­ wachstum zurückzuführen ist. Da namhafte Biologen in diesem Zusammenhang erklärten, daß es sich bei einer vielleicht vorhandenen Vegetation auf dem Mars wahrscheinlich um niedrige Pflanzen handeln werde, die den auf unserem Planeten an Bäumen und Steinen haftenden Flechten ähnlich sind, beabsichtigen amerikanische Wissenschaftler, derartige bei uns vorkommende Pflanzen in Laboratorien unter den auf dem Mars herrschenden Bedingungen zu züchten und zu beobachten. Die Auswertung des photographischen Materials, das die Teil­ nehmer der Südafrika-Expedition mit nach Hause brachten, hat noch zu weiteren wichtigen Ergebnissen geführt. Dazu gehört die Fest­ stellung eines Ringsystems in der Atmosphäre des Mars, das zwar schwächer ist als beim Jupiter und Saturn, aber immerhin jeden Zweifel an dem Vorhandensein einer atmosphärischen Bewegung wi­ derlegt. Außerdem sind auf den Aufnahmen leuchtende, bläulich­ weiße Wolken, schillernd-weiße Polkappen und große "gelbe Staub­ wolken" zu sehen, obwohl in der Mars-Atmosphäre Sauerstoff und Wasserdampf nur in starker Verdünnung vorkommt. Mit Hilfe von Spezialfiltern und Teleobjektiven konnte Dr. Slipher durch den violetten atmosphärischen Nebelschleier um den Mars hindurchsehen und den Wechsel der Jahreszeiten klar beobach­ ten. Die sichtbare Südpolkappe begann mit dem Ansteigen der Tem­ peraturen langsam kleiner zu werden, in sich zusammenzusinken. An den Kanten der immer mehr zurückgehenden riesigen Eisdecke bildeten sich grüne Streifen, und auch in dem orangeroten Wü­ stengebiet des Planeten wurden bläulich-grüne Flecken sichtbar.

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o "AMERIKA DIENST" 26. Oktober 1955

GEDENKTAGE IM NOVEMBER 1955

2. November 1734 Daniel Boone, Pionier der Besiedlung des ameri­ kanischen Mittelwestens und Vorbild zu J.F. Coopers "Lederstrumpf", geboren 2. " 1920 Erste Rundfunksendung in den USA von der Pitts­ burg h Radio Station KDKA übertragen 4. " 1952 Dwight D. Eisenhower zum 34. Präsidenten der USA gewählt 5. " 1940 Franklin D. Roosevelt als erster amerikanischer Präsident zum dritten Male gewählt 7. " 1837 Elijah P. Lovejoy in Alton (111.) erschossen. Er starb als einer der Vorkämpfer der Redefrei­ heit, der in der Presse für die Abschaffung der Sklaverei eingetreten war 8. " 1837 Mount Holyoke, das erste Frauencollege der USA, in South Hadley (Mass.) eröffnet 9. " 1924 Texas und Wyoming wählen als erste amerikanische Bundesstaaten Frauen als Gouverneure 9. " 1935 Der amerikanische Gewerkschaftsverband CIO gegründet 10. " 1880 Sir Jacob Epstein, britischer Bildhauer ameri­ kanischer Abstammung, geboren 11. " "Veteran*s Day", Tag des Kriegsteilnehmers 11. " 1620 "Mayflower Compact" unterzeichnet. Aus England wegen ihres Glaubens geflohene Puritaner unter­ zeichnen auf der "Mayflower" einen Vertrag, der die ideelle Grundlage für die spätere demokra­ tische Verfassung der USA bildet 14. " 1765 Robert Fulton, amerikanischer Ingenieur und Er- # finder des Dampfschiffs, geboren 17. " 1800 Der amerikanische Kongreß tritt zu seiner ersten Sitzung in Washington, D.C, zusammen. (Vorher tagte er in Philadelphia) 19. " 1863 Abraham Lincoln, 16. Präsident der USA, hält seine berühmte Rede von Gettysburg 20. " 1942 Der "Alcan Highway", der die USA mit Alaska ver­ bindet, für den Verkehr freigegeben 24. " "Tha'nksgiving Day" (Erntedankfest) in den USA, von Präsident Abraham Lincoln 1863 zum National­ feiertag proklamiert. 26.

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1607 John Harvard, amerikanischer Geistlicher, nach dem Amerikas älteste Universität be­ nannt wurde, geboren 1929 Commander Richard E. Byrd überfliegt den Südpol 1835 Mark Twain (Samuel Langhorne Clemens), ameri­ kanischer Schriftsteller, geboren 1782 Vorläufiger Friede zwischen den Vereinigten Staaten und Großbritannien in Paris unterzeichnet

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BERICHTIGUNG

Auf Seite 1 muß es heißen: "John Philipps • Marquand" nicht John Phillips Marquand.

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* # * "AMERIKA DIENST" 2. November 1955

Zwanzig zeitgenössische Dichter und Schrift­ steller schreiben über "ihre" Stadt. Aus Ost und West, aus Nord und Süd kommen die Schil­ derungen und vermitteln uns ein literarisch gezeichnetes Bild des heutigen Amerika.

DAS IST AMERIKA (XIV) Manche Schriftsteller genießen schon bei .Leb­ zeiten große Popularität, andere erringen sich vielleicht die Anerkennung der Kritiker. Sel­ tener ist es einem von ihnen vergönnt, beides gleichermaßen für sich in Anspruch nehmen zu können. John.Phillips Marquand, am 10.November 1893 in Wilmington im Staate Delaware geboren, gehört mit zu den derart vom Schicksal Begün­ stigten. Er ist einer der meistgelesenen Romanciers der Vereinigten Staaten. In seinen Büchern sind immer wieder das Land, die Städte und die Menschen INeuengiänds die Haupt­ akteure. J.P. Marquands Familie lebt seit über hundert Jahren in der alten Hafenstadt New- buryport, über die er nachstehend schreibt.*)

HERBSTTAGE IN NEWBURYPORT Von John Phillips Marquand ( 66 Zeilen) Newburyport ist wie ganz Neuengland am schönsten im Okto­ ber: die Himmel strahlen an solchen Tagen in pastellenem Blau, die wenigen Blätter an den Zweigen der Ulmen sind von flammendem Gelb-Rot, und drunten am Kai bei den Lagerhäusern gleißen die Wasser des Merrimac-Plusses in der Sonne in tiefen azurnen Tönen wie chinesisches Porzellan. . Ein

In deutscher Sprache erschienen: B.F.'s Tochter (B.F.'s Daughter) Zürich; Rascher, 1948. Es gibt kein Zurück (Point of No Return) Zürich; Baden-Baden: Diana-Verl., 1951. Haus Wickford (Wickford Point) Hamburg: Stuttgarter Verl., 1951. H.M. Pulham Esq. (H.M. Pulham Esquire) Zürich: Rascher, 1942. Das Leben ist zi kurz (So Little Time) Zürich: Rascher, 1947» 1948. Der selige Mister Apley (The Late George Apley) München; Biederstein, o.J.

- 1 - "AMERIKA DIENST" 2. November 1955 Ein flüchtiges Durchfahren der Stadt mit dem Auto wird nie­ mals genügen, um dem Fremden ihre Eigenart erkennen zu lassen. Durch diese Straßen muß man schlendern. Die Deute von Newbury- port sind in den Oktobertagen dabei, die Gärten für den Winter vorzubereiten; die Duft ist geschwängert mit dem Rauch brennen­ den Daubes und dürren Astwerks, dessen Schwaden sehr weiß gegen den Himmel stehen und sich nur sehr langsam mit der kühlen Herbstluft mischen. Die Ende des 18.Jahrhunderts erbauten hellen Holz- und Ziegelhäuser an der Hohen Straße, das Gerichtsgebäude am Mall, der großen Promenade, und die zahlreichen Dächer und Baumwipfel überragenden Türme der alten Holzkirchen sind im Oktoberlicht ein überaus reizvolles Bild. An diesen letzten warmen Tagen spielen die Schulkinder während der Pausen draußen auf dem Mall; der helle Diskant ihrer Stimmen mischt sich mit dem Klang der Kirchenglocken, die niemals zur selben Zeit die Stunden schlagen, und dem Verkehrslärm in den Straßen zu einem herrlichen Akkord. Zur Zeit des Indianersommers geht von Newburyport so etwas wie eine große Geborgenheit aus, die die Trennungsstriche zwischen Vergangenheit und Gegenwart aufhebt und die Zukunft auf eigenar­ tige Weise unwesentlich erscheinen läßt... Aber wie gesagt, dies ist nur eine Illusion. Denn in unseren Breiten ist Schlechtwetter die Norm. Und ^irgendwie sagt es mir persönlich weitaus mehr zu als der strahlende Herbst. Eingehüllt

in das düster graue Regencape seines Alltagsrist Newburyport uns Bewohnern vertrauter. Wenn so ein steifer Nordost vom Atlantik her weht, dann heißt das bei uns drei Tage lang Sturm und Regen, der die Äste der Ulmen schüttelt und rüttelt und die dürren Zweige herunter­ holt auf die Gehsteige, als seien sie törichte Irrtümer einer unklugen Vergangenheit. Die Brandung überschlägt sich an der Flußmündung, der Sturm peitscht Regen und Schnee gegen Fenster­ scheiben und Häuserwände. Dann ist die Zeit, da in der Brust eines jeden Newburyporters sich ganz unbewußt Stolz tegt, und da er dich fragt, ob dies ein Wetter für dich sei. Denn dann ist Newburyport für ihn das Schiff, und er Teil seiner Besatzung, die alle Situationen meistert... . Irgendwie - 2 - "AMERIKA DIENST" 2. November 1955 Irgendwie erklärt der scharfe Nordost auch, warum es in Newburyport so viele fähige Köpfe gibt, und warum Newburyport immer Verständnis, ja sogar eine Vorliebe, für persönliche Extravaganz hatte. Bei diesem Wetter sind die Newburyporter in der Laune, von ihren berühmtesten Söhnen und Gästen zu er­ zählen. Dann erfährt man, daß zu einer Zeit Lafayette und General Washington in der Stadt waren, daß Talleyrand und andere vornehme französische Emigranten zu festlichen Empfängen in die Hohe Straße fuhren. Das alte Haus von Tristram Coffin, dem ersten Gouverneur der Nantucket-Kolonie, steht heute noch. Auf deinem Wege durch Newburyport gehe die Hohe Straße hinauf und sieh' dir oben am Hang die behäbigen dreigeschossi­ gen Häuser an; geh' am Gefängnis vorbei und hinüber zum alten Friedhof. Hier findest du das Grab von Timothy Dexter, die schlich­ ten Gedenksteine von Gefallenen der amerikanischen Revolutions­ kriege; die größeren der reicheren Kaufherren, die einst in der Stadt gelebt haben, und das Grab einer Lady, die an einer Erbse erstickte. Newburyport aber ist keineswegs ein historisches Museum, obgleich es einige der schönsten Bauten im früh-amerikanischen Kolonialstil aufzuweisen hat. Setz' deinen Weg fort, geh' hinun­ ter zum Marktplatz und am Spritzenhaus vorb.ei bis zum Flußufer. Geh' langsam. Denn alle Leute in Newburyport gehen langsam. Dann wirst du vielleicht ermessen können, was Newburyport für Amerika, diese vielschichtige Nation, auch heute noch bedeutet.

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WENIGER ZUSCHAUER - MEHR AKTIVE SPORTLER Television und Stadtrandsiedlungen führten zu Veränderungen im Sportleben der USA ( 73 Zeilen) WASHINGTON - (AD) - Ein bekanntes New Yorker Industrieun­ ternehmen, führend in der Entwicklung und Herstellung von Elek- trojiengeräten, suchte kürzlich nach einem geeigneten Grund­ stück zum Bau weiterer Pabrikationsbetriebe. Um sich über die Zweckmäßigkeit der aus verschiedenen Städten vorliegenden Ange­ bote zu informieren, verschickte die Werksleitung an die betref­ fenden Stadtverwaltungen Fragebogen, in denen unter anderem auch um Auskunft über Art und Größe der vorhandenen Sporteinrichtungen gebeten wurde. An sich ist ein solches Interesse der Arbeitgeber für das Wohl ihrer Arbeitnehmer keine Besonderheit, aber auffal­ lend war die Ausführlichkeit und die Anzahl der Fragen, die sich mit dem Thema Sportmöglichkeiten befaßten. Dabei handelte es sich nicht etwa um einen Zufall, sondern offensichtlich um eine bewußte Berücksichtigung der Veränderungen, die sich während der letzten Jahre in den Lebensgewohnheiten der Amerikaner und damit auch im Sportleben der USA ergebai haben. Die Sport-Fans in den Vereinigten Staaten - und es gibt nur ganz wenige am Sport völlig desinteressierte Amerikaner - haben längst bemerkt, daß die Zahl der Zuschauer, also der passiven Sportler, seit einigen Jahren im Abnehmen begriffen ist. Das ist in gewisser Hinsicht eine unerwartete Wendung, denn nach 1945 nahm der Ansturm der Zuschauermassen auf die Sportplätze zunächst orkanartig zu. Für die 16 Ausscheidungs­ kämpfe der besten Berufsmannschaften im Baseball wurden 1948 beispielsweise 21 Millionen Karten verkauft, ein alle Erwartun­ gen übertreffender Rekord. Danach aber setzte ein starker Rückgang ein. Für Baseball scheint zwar das Interesse während der letzten beiden Spielzei­ ten wieder etwas reger geworden zu sein, aber die Zahl der Zu­ schauer liegt noch unter 17 Millionen im Jahr. Auch der Besuch der Sportplätze anderer Disziplinen ist heute nur etwa zwei - 4 - "AMERIKA DIENST" 2. November 1955 zwei Drittel so stark wie vor dem Kriege. Da die Reihen der Zuschauer, gemessen an früheren Statisti­ ken, 1949 zum ersten Mal größere Lücken aufwiesen, war der "Schuldige" unschwer zu finden; um diese Zeit begannen nämlich in den Vereinigten Staaten die ersten Fernsehstationen ihre Sen­ dungen auszustrahlen. Tausende Sport-Fans blieben zu Hause und verfolgten den Kampf ihrer Favoriten auf dem Bildschirm bequem vom Sessel aus. Statistische Erhebungen der letzten Zeit haben nun aber ergeben, daß dieses Schuldkonto oft bei weitem zu Unrecht be­ lastet wird, denn nicht nur Television sondern auch der Bau von Stadtrandsiedlungen und die immer stärker werdende Motorisierung, durch die sich der Wunsch nach einem Eigenheim auf dem Lande leichter verwirklichen läßt, haben einen beträchtlichen Anteil an der Veränderung der Lebensweise in den Vereinigten Staaten. Man wohnt nicht mehr in den großen Mietshäusern der Stadt, die der Hausherr in Ordnung halten muß, sondern hat sein eigenes Reich, das ausgebaut, gepflegt und verschönert werden will. Millionen Amerikaner sind daher ihre eigenen Gärtner, Maurer, Maler, Schreiner und Glaser geworden, und ihr neues Motto "Mache es selbst", das sich in ihrer Freizeit so sehr bewährt, haben sie nun auch auf das Gebiet des Sports übertragen. Während die Zahl der Zuschauer bei den Spielen der Berufsmann­ schaften und bedeutenden Vereine geringer wird, nimmt die der Amateure, die an Meisterschaften und Spitzenleistungen weniger interessiert sind und nur im Familienkreis oder zusammen mit Freunden und Bekannten den einen oder anderen Sport treiben, ganz erheblich zu. In diesem Rahmen ist Fußball und Baseball noch immer ungeheuer populär in den Vereinigten Staaten; überall außerhalb der großen Städte entstehen kleine Klubs und Sportge­ meinschaften. Die Kegler beispielsweise haben so viele neue An­ hänger gewonnen, daß diese Disziplin auf den dritten Platz im Lande gerückt ist, und ganze Familien haben sich, oft zusammen mit den nächsten Nachbarn oder Kollegen, dem Tennisspiel, der Jagd, dem Angelsport oder dem Rudern verschrieben. Die Lücken in den Zuschauerreihen auf den Sportplätzen der Großstädte, die über ein anscheinend unerschöpfliches Reservoir "AMERIKA DIENST» 2. November 1955 Reservoir an Anhängern verfügen, machen sich zwar nioht so sehr stark bemerkbar, aber in mittleren und kleinen Städten der USA überlegen insbesondere die Berufsspieler allen Ernstes, wie sie das Interesse der Zuschauer wieder entfachen könnten. Das wird jedoch nur gelingen, wenn bei der Lösung dieses Problems auch die Veränderungen in der Lebensweise des Amerikaners berück- siohtigt werden.

ACHTUNG REDAKTION! Auf Anforderung übersendet Ihnen der AMERIKA DIENST kostenlos folgende Bilder»

1) Die Kegler haben in den Vereinigten Staa­ ten so viele neue Anhänger bekommen, da£ sie die drittgrößte Sportgemeinschaft im Lande geworden sind.

2) Selbst auf Skiern durchs Wasser zu rasen, macht vielen Amerikanern heute mehr Spaß, als beim Meisterschaftsspiel unter den Zuschauern zu stehen. "AMERIKA DIENST" 2. November 1955

DIE DREI SEITEN EINES DREIECKS Die neue Theater- und Schauspielakademie in Stratford (USA) (70 Zeilen) STRATFORD (Connecticut) - (AD) - Vor fünf Jahren hatte Lawrence langner einen schweren Traum: "Ich träumte, ich sei gestorben", so erzählte er. "Ich sah mich im Sarge liegen,und ich dachte noch einmal über mein Leben nach. Da wurde mir klar, wie wenig bleibende Werte ich geschaffen hatte. Und ich wünschte sehnlichst: wenn ich doch noch einmal leben könnte." Nun, Lawrence Langner erwachte aus diesem Traum erneut zum Leben, einem übrigens ganz und gar nicht so fruchtlosen Leben, wie er dachte, denn er hatte bereits eine bemerkenswerte Karriere als Patentanwalt hinter sich, zuerst in England, dann in New York. Aber was wichtiger war, er hatte auch die New Yorker Theater- Gilde mitbegründet, von der die Theaterkritiker der Vereinigten Staaten im allgemeinen behaupten, daß sie viel dazu beigetragen habe, das Niveau des amerikanischen Theaters während der ver­ gangenen drei Jahrzehnte zu heben. In den folgenden Wochen grübelte Langner immer wieder darüber nach, wie er seinem Leben Inhalt und größeren Sinne verleihen könne. Dabei fiel ihm ein, daß es Amerikaner gewesen waren, die den Bürgern der kleinen englischen Stadt Stratford- on-Avon geholfen hatten, das Shakespeare-Theater zu bauen. Warum also sollte Amerika nicht auch auf eigenem Boden eine Shakespeare-Gedenkstätte errichten? In den folgenden fünf Jahren arbeitete Langner unermüdlich an der Verwirklichung seiner Idee. Und am 12.Juli 1955 konnte das Shakespeare-Festspielhaus mit der dazu gehörigen Schauspiel- Akademie in Stratford im Staate Connecticut eröffnet werden. Es ist das dritte Shakespeare-Theater, das zu Ehren des großen Barden der englischen Sprache gebaut wurde. Das erste steht, wie schon bemerkt, am Geburtsort Shake­ speares in Stratford-on-Avon in England, das zweite in Stratford in der kanadischen Provinz Ontario und das dritte nunmehr in •"AMERIKA DIENST" • 2. November 1955 in Stratford im Staate Connecticut. Winston Churchill nannte in seiner Grußbotschaft zur Eröffnung des letzten Theaters das Stratford-Arrangement "Die drei Seiten eines Dreiecks". Im Oktober 1954 machten Catherine Cornell, die First Lady der amerikanischen Bühne, und Mrs. John Davis Lodge, die Gattin des damaligen Gouverneurs von Connecticut, die ersten Spaten­ stiche für den Bau des Theaters auf einem 5 Hektar großen, freund­ lichen Gelände am Ufer des Housatonic River. Vor wenigen Monaten wurde das Haus mit "Julius Cäsar" er­ öffnet; die 1500 Plätze des Theaters waren von einem erlesenen Publikum besetzt. Direktor der ersten Spielsaison ist Denis Carey, der bis dato am "Old Cic"" in Stratford-on-Avon gearbeitet hatte. Äußer­ lich gleicht der Bau des neuen Shakespeare-Pestspielhauses dem Londoner Globe Theater aus Shakespeares Tagen. Die Tiekholzver­ schalung seiner äußeren Fassade ist ein Geschenk Frankreichs. Parkett und Orchestergrube, Balkon und Logen sind ebenfalls in Tiekholz ausgeführt. Das Deckengewölbe zeigt hellblaue Farben, die Polster der Sitze sind in Rot gehalten. Ein hellgrauer Vor­ hang trennt Zuschauerraum und Vorbühne von einer riesigen Innen­ bühne. Die Vorbühne ist sechs Meter tief und erstreckt sich über die ganze Breite des Theaterinnenraumes, der 30 m mißt. Zum Bau selbst erklärte Langner, daß bei der Gestaltung der Bühne in erster Linie Gewicht auf das gesprochene Wort gelegt worden sei. Sie sei so konstruiert, daß man mit oder ohne Szena­ rium spielen könne, um sowohl dem Kammerspiel als auch den Anforderungen der großen Vorstellung gerecht werden zu können. Die Architekten hätten sich bei Anlage der Vorbühne nach 300 Jah­ re alten Vorbildern gerichtet. Das Theater ist so angelegt, daß man vom klassischen Drama bis zum anspruchsvollen Ballett und zur Mammutoper alles aufzu­ führen vermag, was schöpferischem Theatergeist je entsprungen ist. Die Orchestergrube faßt 62 Musiker. Die aus privaten Stiftungen aufgebrachten Kosten belaufen sich bisher auf 750 000 Dollar; man wird aber noch eine Viertel­ million benötigen, bis alle Pläne verwirklicht sind. Die weit­ gesteckten Ziele umfassen ein Museum, eine Kunstgalerie und eine "AMERIKA DIENST" 2. November 1955 eine Bücherei. Inzwischen werden in einem hübschen weißen Haus der gleichen Stadt, in der zum Shakespeares-Theater gehörenden Akademie, 35 junge Schauspieler herangebildet und in die Riten klassischer Theaterkunst eingeführt.

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1) Die erwartungsvollen Ehrengäste vor der Galapremiere zur Eröffnung des neuen Shakespeare-Festspielhauses in Stratford im Staate Connecticut.

2) Gesamtansicht des Festspielhauses, das dem n01d Vic" in Stratford-on-Avon nachgebildet wurde.

* * * * * "AMERIKA DIENST 2. November 1955

KURZNACHRICHTEN

AUS DEN LÄNDERN HINTER DEM EISERNEN VORHANG Religion schädigt Landwirtschaft (5 Zeilen) (AD) - Die Einhaltung kirchlicher Feiertage durch die Kollek­ tivbauern wirkte sich, wie die Leningrader "Prawda" kürzlich miß­ billigend behauptete, äußerst schädlich auf die landwirtschaft­ liche Produktion aus. Das Blatt erklärt, daß das Volk "eine Re­ ligion nicht braucht" und verlangt die Abschaffung der kirchli­ chen Feiertage. *****

Polnische Jugendliche treten aus der kommunistischen Jugendbewegung aus (9 Zeilen) (AD) - Zahlreiche Jugendliche treten der ZMP (kommunisti­ sche Jugendbewegung) lediglich deshalb bei, um in der Schule "bessere Noten oder andere Vorteile" oder die Erlaubnis zum Universitätsstudium zu erhalten, bemängelt das Blatt der pol­ nischen Jugendbewegung "Sztandar Mlodych". Solange sie zur Schule gehen, "geben sich die Jugendlichen den Anschein, große ZMP-Aktivisten" zu sein. Sobald sie aber die Schule verlassen haben, "treten sie aus der ZMP aus und beteiligen sich nicht mehr länger an deren Arbeit". ***** Flüchtlinge vor kommunistischem Regime machen Süd-Vietnam .zu .:e.iLnieiii Zentrum des Katholizismus in Asien (8 Zeilen) (AD) - Süd-Vietnam ist durch den Zustrom von Flüchtlingen aus dem kommunistisch beherrschten Nord-Vietnam zu einem bedeut­ samen Zentrum der römisch-katholischen Kirche im Fernen Osten ge­ worden, so teilten katholische Kreise in Saigon kürzlich mit. Im Laufe der letzten Monate haben dort mehr als 800 000 Flüchtlinge eine Zuflucht gefunden, von denen 80-85$ Katholiken sind. Wie aus der gleichen Quelle verlautet, haben auch 606 vietnamesische iaien-Priester in Süd-Viertnam um Asyl gebeten. ***** - 10 - "AMERIKA DIENST" 9. November 1955 Zwanzig amerikanische zeitgenössische Dichter und Schriftsteller schreiben über "ihre" Stadt. Aus Ost und West, aus Nord und Süd kommen die Schilderungen und vermitteln so ein literarisch gezeichnetes Bild des heutigen Amerika

DAS IST AMERIKA (XV)

I Wie so viele populär gewordene Schriftsteller kam auch Phil Stong vom Journalismus zur Li­ teratur. Als Zeitungsmann arbeitete er in sei­ nem Heimatstaat Iowa, im amerikanischen Mit­ telwesten, und verbrachte unter anderem meh­ rere Jahre als Reporter und Redakteur in der Hudsonmetropole New York. Seit 1931 jedoch hat sich Phil Stong ausschließlich der Schriftstellerei verschrieben. Seinem ersten Roman "State Fair" (Jahrmarkt) folgten wei­ tere Romanwerke, Biographien und Kinderbücher. Er ist ein ausgemachter Heimatschriftsteller, dessen Sujets und Gestalten immer wieder aus dem Leben des amerikanischen Mittelwestens gegriffen sind: Phil Stong lebt - wie seine Familie lange vor irm - auf der Farm Keosauqua (Iowa) über die er nachstehend berichtet:

DIE MAISFARM VON KEOSAUQUA

(80 Zeilen) KEOSAUQUA (Iowa)-Wir pflügten in diesem Jahre ein neues Stück Land um. Ungefähr acht Hektar groß dort, wo das Weideland schon seit Menschengedenken mager und wenig wert gewesen ist. Der neue Acker liegt auf einem Lehmhügel. Seine oberste Boden­ schicht wurde, nachdem vor nunmehr rund 50 000 Jahren der letzte Gletscher auf seinem Wege über Kanada zur Arktis über das heu­ tige Iowa abgewandert war, in den folgenden Jahrhunderten mit hinweggeschwemmt: Der Pflug zog tiefe Furchen in weitschwingenden Bögen in

* in deutscher Übersetzung erschien: "Honk der Elch" (Honk the Moose) Verlag Weiss, Berlin 1949 "AMERIKA DIENST" 9. November 1955 in das Land. Hier durften wir nicht in der sonst üblichen Weise gradlinig ackern, wollten wir verhindern, daß das neugepflügte Feld in Kürze von Schlammlöchern übersät sein würde, die jeg­ liches Licht und eine Menge kostbaren Humusbodens schlucken würden. In diesem ersten Sommer bauten wir hier Mais an, die neue Bantamsorte, deren tiefgreifende Wurzeln den Lehmboden richtig durchstoßen und auflockern konnten. Ler Mais dieses Jahres aller­ dings, wird, so hoffe ich, auch der letzte auf diesem Peld ge- erntete sein, vorausgesetzt, daß die, die nach mir über diesen Boden schreiten werden, Verstand genug besitzen. Der Hügel hat dort, wo er sich dem Flusse zuneigt, ein Ge­ fälle von rund 30 Prozent. Würde man das Land hier jährlich neu beackern und bestellen, sähe es in weniger als einer Generation wie eine Mondlandschaft aus. So haben wir nach der Maisernte alles, was unsere Weide­ tiere noch auf dem Felde haben stehen lassen, wieder untergeackert und das Peld für die Aussaat von Grassamen für neues Weideland vorbereitet. In zwei Jahren etwa wird hier ausgezeichneter Klee stehen und unseren Tieren im Frühjahr das erste Grünfutter sein. Die Vereinigten Staaten werden dann um acht Hektar wertvollen Nutzbodens reicher sein - und natürlich auch die Menschen, so­ weit -sie daran beteiligt sind. Es liegt viel Abenteuerliches und Romantisches im Handwerk des Bauern, zumal wenn es sich um die Umwandlung nutzlosen Bodens in fruchtbare Erde handelt. Dies gilt in besonderem Maße für die­ ses Stück ehemaligen Gletscherbetts. Die tiefgreifende Pflugschar bringt mit diesem Boden Dinge ans Tageslicht, die in keiner Weise zu Iowa gehören, oder, anders gesagt, zu denen Iowa nie gehört hat, denn der Gletscher und sein ewiges Eis waren hier die frühe­ ren Siedler. Der Pflug bringt Dinge mit hoch, die aber noch älter sind als der Gletscher und ihre Wiege in einem prähistorischen Ozean­ bett hatten: Achatsteine zehn Zentimeter groß, Karneole mit Ker­ nen von milchigem Weiß, flammendem Rot und vielen Rosanuancen. Wir fanden die sogenannten indianischen Farbtöpfe, kleine zerbro-

- 2 - "AMERIKA DIENST'1 9.rNovember 1955 zerbrochene runde Schalen, mit kreisrunden Farbschichten in Tönen von Rost bis Zitrone und Quarzstücke, die eine endlose Reise hin­ ter sich haben müssen. Außerdem aber wirft der Pflug, der das Land durchschneidet, noch aufregendere Dinge nach oben, vor allem wenn Regen auf das neugepflügte Land fällt. Die ganze Farm liegt nämlich in einem Gebiet, in dem vor Jahrhunderten Stämme der verhältnismäßig zivi­ lisierten und ackerbautreibenden Algonquian Indianer hausten, de­ ren Bereich an die Jagdgründe der kriegerischen Sioux grenzte. Der "Große Habicht", Häuptling der Sauk und Fox Stämme der Al- gonquians, hatte einst sein Zelt drunten an den Ufern des Des- Moines-Flusses aufgeschlagen, genau am Fuße meines Hügels, und sein Stamm lagerte sozusagen auf meiner Farm. Mein Urgroßvater - er kam 1836 nach hier - und die Indianer waren immer Freunde gewesen. Aber die Sauk- und Siouxstämme waren alles andere als gute Nachbarn. In regelmäßigen Zeitabständen fielen die Sioux, von den Dakotas und dem nordwestlichen Iowa her kommenden das Gebiet der Algonquian ein, um sich hier Frauen und Kinder zu holen, vor allem aber Kinder, denen sie keineswegs etwas zu Leide tun, sondern die sie adoptieren wollten. Ihre Philosophie und ihre Vorstellung von Weltbeherrschung bestanden darin, alle Menschen zu guten Sioux zu machen. Die allgemein recht friedlichen, aber kräftigen und muskelstarken Sauks hatten diese Überfälle allmählich satt, und jagten eines Tages die Sioux über 2 50 Meilen weit nach Süd-Dakota zurück. Jede Schaufel Erde auf diesem Boden enthält Reliquien eines jahrhundertealten Wettstreits. Ich glaube, daß mehr als ein Bushel von Pfeilen - unversehrt und zerbrochen - Streitäxte, Schlagwaffen, an beiden Enden zugespitzt wie eine Zigarre, während jeder Frühjahrsbestellung auf den Feldern der Farm gesammelt werden. Die Bebauung solchen historischen Bodens ist jedesmal eine von Neuem erregende Angelegenheit. Wenn wir bisher dabei auch weder auf Gold noch Erdöl, noch Uran gestoßen sind, so "entdecken" wir in je­ dem Jahr halb so viel goldenen Mais', wie der große Goldrausch von 1849 in dem ersten fruchtbaren Jahrzehnt klingendes Metall hervor­ bringen konnte. ACHTUNG .REDAKTION! Auf Anforderung übersendet Ihnen der AMERIKA DIENST kostenlos 1 Porträt: Phil Stong * * * * * "AMERIKA DIENST'1 9- November 1955

FERTIGSCHULEN'GEGEN SCHULRAUMMANGEL Amerikanische Probleme im Schuljahr 1955/56 - Die. Amerikaner wachen über ihre Schulfreiheit - 1965 werden 52 Millionen Schüler erwartet ! Von John Kerigan ( 70 Zeilen) WASHINGTON - (AD) - Während der letzten Wochen wurden in Washington zwanzig große neue Schulgebäude eröffnet. Eine größere Zahl nähert sich der Fertigstellung und noch viel mehr befinden sich im Planungsstadium. Und trotz dieser starken Schulbautätig­ keit gibt es Klassen, die noch in behelfsmäßigen Gebäuden, in Bibliotheksräumen, Festsälen und in den Speisezimmern der Schu- 'len unterrichtet werden müssen. Und was für Washington zutrifft, gilt jetzt, kurz nach Beginn des neuen Schuljahres, auch für zahlreiche andere Orte in den Vereinigten Staaten. Der Raummangel in den Schulen ist so ernst geworden, daß eine Firma im Mittel­ westen den Gemeinden, die mit den herkömmlichen Mitteln nicht mehr schnell genug bauen können, um mit der wachsenden Schüler- • zahl Schritt zu halten,präfabrizierte "Fertig-Schulen" offeriert. Die gegenwärtige Schulkrise in den Vereinigten Staaten ist rein administrativer Natur, aber immerhin groß genug, um auch die Pädagogen mit Besorgnis zu erfüllen. Die Ursache all dieser Schwie rigkeiten ist, daß die USA jetzt einer geradezu gigantischen Schü­ lerzunahme gegenüberstehen. Die Kinder der geburtenstarken Kriegs­ und NachkriegsJahrgänge überfluten förmlich die Schulklassen der Elementarschulen, der sogenannten "public schools" und werden bald auch die Mittel- und Hochschulen besuchen wollen. Dabei ist ~ nach den Geburtenziffern zu schließen - auch für die Zu­ kunft keine Erleichterung zu erwarten. Heute, im elften Jahr, in dem die Schülerzahl ununterbrochen zunimmt, besuchen 39»8 Millionen Kinder Schulen aller Art. Im nächsten Jahr werden es schon 42 Millionen sein und 1965 voraus­ sichtlich 52 Millionen - eine Steigerung von fast einem Drittel im Laufe eines einzigen Jahrzehnts! Das Problem ist vor allem ein finanzielles - und wird es auch in den nächsten Jahren blei­ ben. Die Steuerlasten, die der Bevölkerung zum Zweck der Erhal- - 4 - "AMERIKA DIENST" 9. November 1955 Erhaltung der Schulen auferlegt werden, haben sich in den letz­ ten fünf Jahren bereits verdoppelt. Und trotzdem bleibt die Präge offen, wie die Gemeinden, die Bezirke und Bundesstaaten, die alle durch Steuern finanzierte Schulen verwalten, und wie die privaten Schulorganisationen, die durch Schulgebühren, durch Stif­ tungen und andere Zuwendungen finanziert werden, den immer größer werdenden Bedarf an neuen Schulen befriedigen können. Fast genauso ernst wie die Knappheit an Schulraum ist der Mangel an Lehrpersonal. Schon jetzt sind die Lehrer überlastet, gibt es doch schätzungsweise 140 000 zu wenig. Angesichts dieser Situation kommt der alljährlich vom Weißen Haus abgehaltenen Kon­ ferenz über Unterrichtsfragen, die diesmal vom 28«November bis zum 1.Dezember stattfinden wird, ganz besondere Bedeutung zu. Die Frage der Finanzierung der Schulen - das Hauptthema der kom­ menden Konferenz - ist umso akuter geworden, als der Kongreß über einen Plan, der eine Unterstützung des Bundes für die Staaten und Gemeinden vorsah, hinweggegangen ist. Bei der Konferenz des Weißen Hauses werden einige der bedeu­ tendsten Pädagogen des Landes mit Vertretern der Bürgerschaft zu­ sammentreffen. Viele von ihnen erörtern jetzt schon in vorberei­ tenden Diskussionen, womit sich die Konferenz befassen sollte und was für Erfolge man von ihr erwarten kann. In diesen Diskussionen hat sich die erwähnte Hilfe ies Bundes als eines der wichtigsten Themen erwiesen. Der Einfluß der zentralen Bundesregierung in Washington auf das Schulwesen - von ..einem zentralisierten bundes­ staatlichen Schulsystem ganz zu schweigen - wird von den Amerika­ nern als eine Gefahr für die akademische Freiheit betrachtet. Seit der Kolonialzeit, also seit mehr als dreihundert Jahren, haben sie das Recht der lokalen Kontrolle des Schulwesens, ein durch die amerikanische Verfassung gewährleistetes Bürgerrecht, eifersüch­ tig gehütet. Aber nun, da der Finanzbedarf des Schulwesens immer mehr an­ steigt, hat sich die Lage verändert und die Unterstützung durch den Bund ist wieder zu einer hochaktuellen Frage geworden. Es ist so gut wie sicher, daß sich die Konferenz des Weißen Hauses damit beschäftigen wird. Aber selbst wenn schließlich irgendeine Form - 5 - •

"AMERIKA DIENST" 9. November 1955 Form der begrenzten bundesstaatlichen Unterstützung angenom­ men werden wird, so scheint doch alles darauf hinzudeuten, daß die lokalen Schulbehörden - ungeachtet ihrer finanziellen Sorgen - versuchen werden, ihre Probleme auf-eine Art zu lösen, die die Unabhängigkeit der amerikanischen Schulen von der Regierung wahrt.

ACHTUNG REDAKTION! Auf Anforderung übersendet Ihnen der AMERIKA DIENST kostenlos folgende Bilder:

1) In den Nachkriegsjahren haben die Ver­ einigten Staaten zahlreiche Projekte unternommen, um dem sich immer stärker bemerkbar machenden Schulraummangel wirk­ sam begegnen zu können. So entstanden überall in den Städten und Gemeinden neue Schulen. Unser Bild zeigt die Hillandale Volksschule in einem Vorort von Washington.

2) "Klassenzimmer von Morgen" nannten die Architekten diesen Schulraum einer Volks­ schule, die einer Universität im amerika­ nischen Mittelwesten angeschlossen ist, der seinen herkömmlichen Charakter völlig eingebüßt zu haben scheint und eher wie ein Spielzimmer aussieht.

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- 6 - "AMERIKA DIENST" 9. November 1955 J.Ernest Wilkins, am 4.März 1954 von Präsident Eisenhower zum Unterstaatssekretär im US-Arbeits­ ministerium ernannt, ist in der Geschichte der amerikanischen Demokratie der erste Angehörige der Negerrasse, der dem engeren Mitarbeiterstab eines Ministers angehört. Als vorzüglicher Kenner des internationalen Arbeitsrechts vertritt er die Regierung der Vereinigten Staaten bei der Inter­ nationalen Arbeitsorganisation in Genf, eine der Sonderorganisationen der Vereinten Nationen.

• DIE ROLLE DES NEGERS IM LEBEN AMERIKAS Von J. Ernest Wilkins

Auszüge aus einer Rede des Unter­ staatssekretärs im US-Arbeitsmini­ steriums vor dem Tuskegee-Institut in Alabama.

(75 Zeilen) Kürzlich berichtete man mir folgendes Erlebnis eines Ne­ gers aus den USA, der ein asiatisches Land bereiste. In einem etwas abgelegenen Dorf wurde er bei einer Zusammenkunft mit einigen Einwohnern eingehend befragt, wie es denn in den Ver­ einigten Staaten mit dem Rassenproblem stehe; und ein junger Mann, der offensichtlich die Ausführungen des Besuchers nicht recht verstanden hatte, erhob sich und forderte die Anwesenden auf, eine Grußbotschaft an ihre farbigen Freunde in Amerika zu entsenden, die dort gegen die Unterdrückung durch die Weißen kämpfen. Sicherlich war dies von den Anwesenden sehr gut gemeint; doch offenbart dies Vorkommnis eine völlige Unkenntnis der Ver­ hältnisse in den USA. Ich bin zutiefst davon überzeugt, daß die Rolle, die die führenden Persönlichkeiten der Farbigen im Leben Amerikas spie­ len, ganz wesentlich dazu beitragen kann, in unserem Lande eine Aufgeschlossenheit für die Wünsche und Nöte aller Völker der Erde zu schaffen. Unsere Hauptaufgabe scheint mir daher zu sein: die Rolle der Farbigen im Leben Amerikas zu festigen und auszu­ bauen, damit auch wir Kopf und Herz in den Dienst der Bemühungen unseres Landes um Frieden, Fortschritt und Gerechtigkeit stellen - 7 - "AMERIKA DIENST" 9- November 1955 stellen können. Es ist nicht die Aufgabe der Neger in Amerika, allein für die Gleichberechtigung der Rassen zu kämpfen, sondern Ge­ rechtigkeit überhaupt anzustreben. Es ist nicht die Aufgabe der Neger in Amerika, lediglich die Rassenschranken niederzureißen, sondern vielmehr den Zusammenschluß aller freien, das Recht und die Gerechtigkeit liebenden Menschen zu verwirklichen. Wir Neger sind vielleicht am ehesten in der Lage, das Fühlen, Denken und Trachten aller Menschen zu verstehen, die unter Unterdrückung und Verfolgung zu leiden haben. Wir wissen, welche Gefahren gute Absichten in sich bergen können, wenn sich dahinter eine Bevormundung verbirgt; wir kennen die Gefahren einer Zusammenarbeit, wenn sie mit Herablassung verknüpft ist. Dieses Wissen ist unser Beitrag dazu, daß sich das psychologische Verständnis Amerikas für die anderen Völker der Welt vertieft. Vielleicht sind wir, was die formale Schulung anbelangt, für diese Rolle nur ungenügend vorbereitet. Die Organisationen der Farbigen und die führenden Neger unseres Landes haben sich jahrzehntelang in erster Linie mit Problemen anderer Art be­ schäftigt; ihnen ging es um die Beseitigung aller Schranken für Farbige hinsichtlich Arbeitsplatz, Wohnraum, Beteiligung am po­ litischen Leben usw., so daß wir vielleicht den wichtigeren, allgemeineren Fragen und Problemen unserer Umwelt nicht genügend Aufmerksamkeit schenkten. Und dabei haben doch gerade wir ein besonderes Verständnis für alle Menschen in Armut und Not. Die Angehörigen meiner Generation, wie auch die jüngeren Generationen erlebten noch die Straßenbahnen und Omnibusse, in denen es Sonderabteile für Farbige gab, sie kannten und kennen die drittrangigen Theater, die schlechten Restaurants., die min­ derwertigen Schulen, die schlechten Arbeitsplätze, die man für die Neger übrig hatte. Unzählige Verbote, Restriktionen und Schranken beengten uns. Die Generationen aber, die jetzt heran­ wachsen und die nach uns kommen, die Negerkinder, die heute und morgen geboren werden, werden diese Begrenzungen nicht mehr ken­ nen. Ihnen werden neue Möglichkeiten offenstehen, auch führende Stellungen und gute Arbeitsplätze zu bekleiden - Möglichkeiten, von - 8 - "AMERIKA DIENST" 9. November 1955 von denen die meisten Angehörigen meiner Generation nicht zu träumen wagten. Es ist wichtig für die jungen heranwachsenden Menschen, zu wissen, daß sie nicht für eine bestimmte Rasse, ein bestimmtes Gebiet die Führung übernehmen sollen, sondern daß es Teil ihrer Aufgabe sein wird, führende Persönlichkeiten für die ganze Welt zu stellen. Daher müssen wir ihren geisti­ gen Horizont weiten, damit sie ihre Stellung in dem weitge­ spannten Rahmen des internationalen Geschehens richtig ein­ zuschätzen verstehen. Und das Wissen von den Kämpfen ihrer Väter und Mütter um Gerechtigkeit und Menschenwürde, das sie in ihren Herzen tragen, wird das beste Rüstzeug zur Bewälti­ gung der ihnen harrenden Aufgaben sein.

ACHTUNG REDAKTION! Auf Anforderung übersendet Ihnen der AMERIKA DIENST kostenlos ein Porträt von J. Ernest Wilkins.

* * * # # "AMERIKA DIENST" 9. November 1955 KURZNACHRICHTEN PHOENIX (Arizona) - (AD) - Kleinere Sonnenenergieaggregate zur Betreibung von Klimaanlagen, Kühlvorrichtungen und Bewässe­ rungspumpen würden vor allem in den tropischen Ländern in Zukunft Sie Möglichkeit zu einer Verbesserung der Lebensbedingungen und zu einer Erhöhung des Lebensstandards bieten, erklärte der bri­ tische Wissenschaftler Sir Edward Bullard auf dem ersten inter­ nationalen Kongreß für Sonnenenergie in Phoenix. Da über die Hälfte der Erdbevölkerung in tropischen Gebieten lebt, so betonte Bullard, sei diese technische Möglichkeit der Sonnenenergieanwendung von kaum zu überschätzender Bedeutung für die Zukunft. Auch der amerikanische Forscher Dr. Jesse E. Hobson vom Stanford-Institut unterstrich in seinen Ausführungen die Bedeu­ tung der Sonnenenergie für die zukünftige technische Entwicklung und wies darauf hin, daß man bereits über eine Reihe von sonnen- kraftgetriebenen Maschinen verfüge, die vorerst für den allge­ meinen Gebrauch allerdings noch zu kostspielig seien. Von zwei amerikanischen Wissenschaftlern wurden Pläne für die Konstruktion einer Heiz- und Stromanlage für eine Weltraum­ station beschrieben, bei der die Sonnenstrahlung als Energiequelle benutzt wird. Die internationale Wissenschaftlerkonferenz über die Nutz­ barmachung der Sonnenenergie für technische Zwecke wird von der Gesellschaft für angewandte Sonnenenergie des Staates Arizona, der Universität von Arizona und dem Stanford-Forschungsinstitut veranstaltet. Über 700 Wissenschaftler aus 26 Staaten, darunter auch der Bundesrepublik Deutschland, nehmen daran teil. ***** OSLO - (AD) - Der Friedensnobelpreis für das Jahr 1954 wurde dem UN-Hochkommissariat für das Flüchtlingswesen verliehen. Das Nobelpreiskomitee des norwegischen Parlaments erklärte bei der Bekanntgabe der Preisverleihung, daß über die Verleihung des Friedensnobelpreises 1955 erst im kommenden Jahr entschieden werden würde. Der Friedensnobelpreis wurde bisher 53 mal an einzelne Per­ sönlichkeiten oder Gruppen verliehen, die den größten Beitrag für den Weltfrieden geleistet haben. Die Überreichung des Prei­ ses, mit dem eine Geldsumme von rund 145 000 DM verbunden ist, findet am 10.Dezember, dem Todestag Alfred Nobels, in Oslo statt.

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- 10 - "AMERIKA DIENST" 17. November 1955 Zwanzig zeitgenössische Dichter und Schrift­ steller schreiben über "ihre" Stadt. Aus Ost und West, aus Nord und Süd kommen die Schil­ derungen und vermitteln uns ein literarisch gezeichnetes Bild des heutigen Amerika.

DAS IST AMERIKA (XVI) Mehr als ein halbes Jahrhundert umspannt die erfolgreiche Schaffenszeit der Roman­ schriftstellerin, Essayistin und Redakteu­ rin Dorothy Canfield Fisher. Ihr erster viel gelesener Roman, "The Squirrel Cage" (Der Eichhörnchen-Käfig) erschien im Jahre 1912. Seitdem hat sie eine ganze Reihe Bücher sowohl dichterischen als auch wissen­ schaftlichen Inhalts geschrieben, für die sie mit manchem Literaturpreis geehrt wurde. Die heute 76jährige Mrs. Fisher lebt auf einer Farm in Vermont, wo ihre Vorfahren, amerikanische Pioniere, einst Siedlungen gründeten und begannen, das Land zu bewirt­ schaften. Vermont gehört zu den Neuengland Staaten, in der nordöstlichen Ecke der USA. Wie Dorothy Canfield ihre Heimat sieht, be­ richtet sie nachfolgend. *)

DAS BILD MEINER HEIMAT Von Dorothy Canfield Eisher ( 70 Zeilen) Über jeden Winkel unserer Erde gibt es heutzutage Bücher. Nimmt man eine solche Ausgabe über Vermont zur Hand, kann man darin nachlesen, daß dieser kleine Staat etwa 240 Kilometer lang, sein nördlicher Teil 138 Kilometer, sein südlicher Teil jedoch nur 40 Kilometer breit ist, und daß er 377 000 Einwohner hat, weniger als eine moderne Stadt mittlerer Größe - in New York City allein leben zwanzigmal so viel Menschen. Man könnte dabei auch auf die vielleicht bemerkenswerte Tatsache, stoßen, daß Vermont genau in der Mitte zwischen Äquator und Nordpol liegt. Angenommen, diese Tatsachen wären ihnen bekannt, wieviel

*) In deutscher Sprache erschienen: Die schwingende Saite (The bent twig) Wiesbaden; Greif-Verlag, 1948 Sylvia Marshalls Weg zum Ich (The bent twig) Wien, Zürich: Bellaria-Verlag, 1947 - 1 - "AMERIKA DIENST" 17. November 1955 wieviel würden Sie dann über Vermont wissen? Nicht viel. Wenn man nicht weiß, wie eine Gegend aussieht und was sie denen be­ deutet, die dort zu Hause sind, kann man sich kaum eine rechte Vorstellung über ihre Eigenart machen. Gut, nehmen wir nun einmal an,'Sie wären Vermonter und sähen Ihre Heimat gewissermaßen von innen heraus. Das Haus, in dem Sie wohnen, gehört wahrscheinlich ihnen - kein Platz für Wohnungsver­ mieter in diesem Bild. Von Ihrem Heim aus sehen Sie die land­ schaftliche Schönheit Vermonts. Sommerliches Grün oder winterli­ ches Weiß, die Umrisse einer ruhigen Gebirgslandschaft mit sanft abfallenden Hängen, Bäumen und Gras. Viel Raum - kein enges Zu­ sammenpferchen. Meistens sind die kleinen adretten Holzhäuser mit ihren niedrig gezogenen Dächern weiß gestrichen; oft haben sie grüne Fensterläden, fast immer einen kurz geschorenen Rasen und pracht­ volle Bäume in ihrer Nachbarschaft. Obwohl es nur wenig Reichtum in Vermont gibt, besitzt nahezu jede Familie ein Auto. Diese Wagen sind kein Luxus. Sie machen eine schaffende Bevölkerung freibeweg­ lich auf dem Weg zur Arbeitsstätte ihrer Wahl. Für Nichtstuer ist ebenfalls kein Platz in diesem Bild. Was für eine Arbeit? Vermonter fällen Bäume und schneiden das Holz, ihre nahezu einzige natürliche Rohstoffquelle. Aus Balken und Brettern bauen sie ihre Häuser und stellen - um sie zu verkaufen - unzählige Dinge aus Holz her. Von Stühlen und Ti­ schen angefangen, bis zu Skiern, Kisten und Kästen. Sie bewirt­ schaften ihre kleinen Felder, pflegen ihr Vieh und liefern Milch nach Boston, New York und andere^Städte. Man sagt, daß es in Vermont mehr Kühe als Einwohner gebe. Wenn Sie Sohn oder Tochter eines Farmers sind, können Sie in der Landwirtschaft bleiben. Oder wenn Sie glauben; ein anderer Beruf läge ihnen besser, dann können Sie sich ungehindert, einer anderen Tätigkeit zuwenden. Niemand wird von seinem beruflichen Werdegang wegen der Art der Arbeit ausgeschlossen, mit der seine Eltern ihren Lebensunterhalt verdienten. Sie können, wenn sie studieren und hart arbeiten wollen, den Beruf eines Arztes oder eines Juristen oder eines Ingenieurs erlernen und ausüben. Denn "AMERIKA DIENST" 17. November 1955 Denn der Begriff Schule gehört zu Vermont. Wenn man jung ist, ist es eine Schule, die man als Lernender besucht. Später als Vater oder Mutter, ist es die Schule für seine eigenen Kinder. Wenn man erwachsen ist und keine Kinder hat, ist es die Schule, zu deren Unterstützung man Steuern zahlt. Kein einziges Kind gibt es hier, für das es nicht eine Bildungsmöglichkeit gibt. In un­ serem alten Bergland beherrscht jeder Mensch mit gesundem Ver­ stand die Kunst des Lesens. Aber er kann nicht nur lesen, er liest auch. Bücher zirku­ lieren in unserem Staat so ununterbrochen und gleichmäßig wie der Elutkreislauf in einem gesunden Körper. Aber mehr als das - es gibt kaum eine Familie, die nicht regelmäßig eine Zeitung oder eine Zeitschrift bezieht und miterlebt, was in der Welt geschieht. So etwa würden Sie Vermont sehen, wenn es Ihre Heimat wäre. Aber was würden Sie empfinden? Was empfindet der Vermonter, wenn er am Morgen aufsteht und an den kommenden Tag denkt? Er empfindet - so tief, daß er kaum darüber nachdenkt^- eine lebenserwärmende Genugtuung in seinem Anteil an der Schaffung der Gesetze, nach denen er lebt, an den Entscheidungen über die Art, die seiner Ge­ meinschaft eigen sein soll. Die Menschen sprechen nicht oft über diese durch und durch emotionelle Färbung des Alltagslebens. Das aber liegt daran, daß es nicht genügend Worte gibt, um diese Färbung zu beschreiben.

ACHTUNG REDAKTION! Auf Anforderung übersendet Ihnen der AMERIKA DIENST kostenlos ein Porträt von Dcrothy Canfield Fisher.

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- 3 - "AMERIKA DIENST" Vi November 1955

LEICHTMETALI AUS DEM MEER Magnesium wird zum unentbehrlichen Helfer der modernen Technik (70 Zeilen) WASHINGTON - (AD) - Nachdem seit Beginn dieses Jahrhunderts zunächst das Aluminium einen großartigen Siegeszug angetreten hat, dürfte nunmehr einem noch leichteren, dem Aluminium eng verwandten Metall eine ähnliche glänzende"Karr,iereM bevorstehen. Es handelt sich dabei um das Magnesium, das zwar schon seit langem bekannt ist und auch bereits mannigfaltig verwendet wird, dessen "große Zeit" aber jetzt erst anbricht. Im Sommer dieses Jahres ist das erste, fast ausschließlich aus Magnesium bestehende Düsenflugzeug zu seinen ersten Probeflü­ gen aufgestiegen, aber auch auf vielen anderen Gebieten wird Magnesium jetzt immer mehr verwendet. So werden unter anderem Leitern, Koffer, Kinderwagen und Rasenmäher in steigendem Aus­ maß aus Magnesium hergestellt. Mit Vorliebe wird es für schnell arbeitende Maschinenteile verwendet,und seine Anwendungsmöglich­ keiten in Industrie und Technik dürften fast unbegrenzt sein. Magnesium weist nämlich eine ganze Reihe von Vorzügen auf: mit einem spezifischen Gewicht von knapp 1,8 ist es noch um ein Drittel leichter als Aluminium, dabei aber doch so fest und zäh, daß sogar Einzelteile von Personen- und Lastwagenkarosserien daraus hergestellt werden können. Es läßt sich von allen Metal­ len am leichtesten bearbeiten, und - es ist in praktisch unbe­ grenzten Mengen vorhanden, denn es kann aus Meerwasser gewonnen werden. In jedem Liter Meerwasser sind 1,2 Gramm Magnesium enthal­ ten, und da die Ozeane ja den weitaus größten Teil der Erdober­ fläche bedecken und stellenweise bis zehn Kilometer Tiefe er­ reichen, ist in den Weltmeeren so viel Magnesium enthalten, daß man die gesamte Landfläche der Erde mit einem fast zwei Meter dicken Magnesiumpanzer bedecken könnte. In der Natur kommt Magnesium nicht frei vor, aber einige seiner Verbindungen, z.B. das Bittersalz (Magnesiumsulfat), sind allgemein bekannt. Viele Mineralien (Magnesit, Dolomit, Karnellit und andere) sind - 4 - "AMERIKA DIENST" 17. November 1955 sind stark magnesiumhaltig und Ausgangsstoffe für die modernen Elektrolyseverfahren. Zu Beginn des 19«Jahrhunderts wurde Magnesium erstmals von einem Franzosen rein dargestellt, aber während der nächsten hundert Jahre geriet es fast in Vergessenheit und wurde vornehm­ lich für Blitzlicht und Feuerwerkskörper verwendet, da Magnesium­ pulver mit grellem, weißen Licht unter starker Rauchentwicklung schnell verbrennt. Noch vor 25 Jahren wurden in den Vereinigten • Staaten nur 280 Tonnen Magnesium produziert, aber bis 1954 war diese Zahl bereits auf das 250fache, nämlich auf 70 000 Tonnen angestiegen. Auch der Preis des Magnesiums ist nun verhältnismäßig niedrig und entspricht etwa dem von Aluminium: ein Kilogramm Magnesium kostet heute rund 63 Cent, ein Kilogramm Aluminium zwar nur etwa 51 Cent, nimmt aber bei gleichem Gewicht nur ein Drittel des Volumens von Magnesium ein. In den Vereinigten Staaten werden zur Magnesiumgewinnung heute vorwiegend das Meerwasser aus dem Golf von Mexiko und Muschelablagerungen ver­ wendet. Die Magnesiumsalze werden als Niederschlag abfiltriert, getrocknet und elektrolytisch geschmolzen, wobei das reine, silber-weiße Metall "wie Sahne" abgeschöpft werden kann. Eine sehr merkwürdige Eigenschaft macht übrigens das Magnesium für den Schiffsbau und für viele Arten von Installa­ tionen wichtig; Magnesium, das beispielsweise zusammen mit Eisen Seewasser oder Erdfeuchtigkeit ausgesetzt wird, korrodiert auf Grund elektrochemischer Vorgänge, und erst wenn das gesamte Magnesium zerfallen ist, wird auch das andere Metall (Eisen usc.) angegriffen. Deshalb werden auf Schiffsrümpfen und bei der Ver­ legung von Metallrohren Jeweils auch Magnesiumstäbe und -platten als sogenannte "sacrifice blocks" oder "Opferblöcke" mit montiert, um die wirklich wichtigen Teile des Schiffes oder der Installa­ tionen vor vorzeitiger Korrosion zu schützen. Dennoch ist Magnesium sehr wetterbeständig, sobald einmal eine feine Oxydschicht sich an der Oberfläche gebildet hat. (Das schon vor über einem Jahrzehnt im Flugzeugbau mit Erfolg verwendte "Elektron"-Metall der I.G.-Farben zum Beispiel bestand zu 90-96$ aus Magnesium, und die seither entwickelten Magnesium­ legierungen haben sich teilweise noch besser bewährt.) "AMERIKA DIENST" 17. November 1955

AMERIKAS MUSIKSAISON 1955/56 Dreimal so viel Konzerte wie in allen anderen Ländern der Welt zusammen Von Norman Smith (115 Zeilen) NEW YORK - (AD) - Der Augenblick ist gekommen, da die Pro­ ben auf den Orchester-Podien vorüber sind. Instrumente und Musi­ ker sind "eingestimmt". Pur mehr als 200 feste Symphonieorchester innerhalb der Vereinigten Staaten eröffnete der Taktstock mit sausendem Schwung die Saison 1955/56. Die für dieses Jahr erwar­ tete "Flut der Töne" - von Symphoniekonzerten, Opern und anderen musikalischen Darbietungen - dürfte vermutlich von einer nie vor­ her dagewesenen Fruchtbarkeit sein, und die Statistik spricht von 40 Millionen Amerikanern, die in den kommenden 9 bis 10 Mona­ ten Vorträge ernster Musik hören werden. Soweit man in den ersten Tagen des Saisonbeginns in den Städten zwischen New York und San Francisco und im Süden erken­ nen konnte, verspricht diese Saison nicht nur hinsichtlich der Qualität der Interpretation gängiger Musikliteratur ein Höhepunkt zu werden,- sondern vor allem auch hinsichtlich der Darbietungen einer Fülle von Werken der Neuen Musik. Bei den ersten Aufführun­ gen dieser Saison teilten sich in- und ausländische Talente in die Programmfolgen. Die 7.Symphonie von Roy Harris war das profilier­ teste Werk in einem der ersten Konzerte der Philadelphia-Philhar­ moniker, deren während ihrer sommerlichen Europatournee aufs neue erworbener Ruhm ihr Auftreten merkbar überstrahlte. Harris* 7.Symphonie ist sowohl von der Konzeption als auch von der Art der durch den Komponisten gegebenen, exakten Inter­ pretationsanweisungen her gesehen, ein von großer Intuition be- . seeltes, im besten Sinne amerikanisches Werk. Harris hat die 7.Symphonie nach .ihrer Uraufführung vor drei Jahren übrigens neu gefaßt und beträchtlich verbessert. Die neue Partitur enthält ge­ naue Anweisungen für den Dirigenten Eugene Ormandy. Ein beson­ derer Hinweis besagt, daß im Blech "ein stärkeres Vibrato im amerikanischen Stil" zum Ausdruck kommen solle. Das heißt mit "AMERIKA DIENST" 17. November 1955 mit anderen Worten: "Ein bißchen aufjazzen, das Ganze." Harris hat zur Zeit zwei weitere Symphonien, die 8. und 9« anter der Feder; letztere inspiriert durch Walt Whitmans große amerikanische Dichtung "Grashalme". Einer der prominentesten Künstler der Saison kommt aus Übersee: der russische Pianist Emil Gilels. Nach langen Ankün­ digungen gab er nun - ebenfalls mit den Philadelphia-Philharmo­ nikern - sein amerikanisches Debüt. Gilels demonstrierte eine ungeheuere Kraft, eine brillante Technik und eine großartige Reife der Interpretation. Er gjielte Beethoven, Tschaikowski und Rachmaninoff mit einer alles durchdringenden emotionellen Leidenschaftlichkeit. Seine faszinierende Wirkung scheint aller­ dings ein wenig nachzulassen, wenn eine metrisch genaue Inter­ pretation notwendig wird, wie etwa bei Bach und Mozart. Trotzdem hat es keinen Kritiker gegeben, der Gilels nicht für einen der großartigsten unter den großartigen Pianisten hält. Eine weitere, rein zufällige Begegnung, gab dem Musikleben in den Vereinigten Staaten neuen Impuls. Es war das Auftreten des Dirigenten Victor Alessandro aus San Antonio in Texas, von dem man im Osten der Vereinigten Staaten bisher noch, nicht viel ge­ hört hatte. Er vermittelte in dramatischer, dennoch subtiler Stabführung die orchestrale Begleitung zu Beethovens c-moll und Rachmaninoffs. d-moll Klavierkonzerten. Obschon zum ersten Mal auf dem Podium des "Symphony-of-the-Air"-Orchesters, das heute übrigens zu den besten der Welt zählt, dirigierte er mit hin­ reißender Präzision und ausgezeichnetem Geschmack. Wir werden wohl bald mehr von Maestro Alessandro hören. Nun zur Oper. Sie ist nicht die den Amerikanern gemäße Kunst­ richtung. Es existieren in den Vereinigten Staaten noch nicht ein­ mal ein halbes Dutzend ernst zu nehmende Operngesellschaften, ob­ gleich die Metropolitan-Oper in New York und die Operngesellschaf­ ten von San Francisco und Chicago in der Weltspitzenklasse ran­ gieren. Die amerikanischen Komponisten tun sich recht schwer, ehe sie als musikalische Ausdrucksform die Oper wählen. Gian-Carlo Menotti hat darin Beträchtliches geleistet. Er war es, der den "AMERIKA DIENST" 17. November 1955 den Opernstil mit echtem amerikanischen Milieu bereicherte, inhaltlich und musikalisch. Auch Gershwins "Porgy und Bess" brachte den amerikanischen Einfluß auf die Oper international zur Geltung. Komponisten vieler fremder Länder nahmen seine Aus­ strahlungen auf; "Porgy und Bess" wurden während der letzten Jah­ re überall auf der Welt stürmisch gefeiert. Der amerikanische Beitrag zur Oper liegt mehr auf den Gebieten der Ausstattung und der Aufführung, wofür die jüngst erfolgten Darbietungen der Oper "Troilus und Cressida" von William Walton in New York und San Francisco deutlich Zeugnis ablegten. Die Aufführung an der Westküste hatte ihren ganz besonderen Reiz. Die Bühnendekoration war äußerst sparsam und nur symbol­ haft andeutend. Und "die Beleuchtung", schrieb Howard Taubman von der New York Times, "ist ein aktivierender und integrierender Bestandteil der Aufführung". Es gab nicht das übliche Rampenlicht, und auch der den Sänger begleitende Scheinwerfer fiel weg. "Es ist ein Spiel von Licht und Schatten auf der Bühne, keine Unifor- mität der Illumination, und die Akteure bewegen sich tatsächlich in einer Welt der Illusion", schrieb Taubman weiter. Es gibt eine ganze Reihe von Gründen, die Amerikas Impresarii zu ganz besonderer Begeisterung über die Aussichten der laufenden Musiksaison hinreißen. Erstens spielen heute in Amerika mehr Menschen ein Instrument als je zuvor. Die American Music Conference, ein Berufsverband der Musikalienhändler, behauptet, daß ungefähr 27 Millionen Amerikaner ein Instrument spielen. Ein großer Teil davon setzt sich allerdings aus Kindern zusammen, die Mitglieder von Schulkapellen sind oder Musikst;unden nehmen. Das ist jeden­ falls eine erfreuliche Entwicklung, die das Interesse sowohl an der Hausmusik als vielfach auch am Konzertbesuch erwecken dürfte. Ein anderer Weg zur Förderung einer positiven Einstellung gegenüber der ernsten Musik ist die "Organisation für Konzert­ besucher". Fast in jeder Gemeinde von wenigen Tausend Einwohnern gibt es solche Organisationen, im ganzen Lande über zweitausend. Musikliebhaber zahlen gewöhnlich einen kleinen nominellen Bei­ trag, wofür sie eine Serie von fünf Konzerten besuchen können. 'Mit "AMERIKA DIENST" 17. November 1955 Mit dem Beitrag wird gleichsam die Gewißheit "erkauft", daß mindestens zwei bedeutende Künstler während der fünf Konzerte der Saison zu hören sind. Damit wird zugleich auch eine Platt­ form für die Entwicklung junger, aufstrebender Musiker ge­ schaffen, mit deren Darbietungen die übrigen Abende bestritten werden. Aus all dem ergibt sich das Faktum, wie vor wenigen Tagen ein Konzertmanager strahlend versicherte, daß in den Vereinig­ ten Staaten mehr als dreimal so viel Konzerte gegeben und be­ sucht werden, wie in allen anderen Ländern der Welt zusammen. Um diesem Publikum gerecht werden zu können, haben sowohl die berühmte Metropolitan-Operngesellschaft als auch die New Yorker Philharmonie neue Bauten geplant, die in der Gegend des Lincoln Square stehen sollen. Das Bauprogramm wird insgesamt mit einer Summe von 35 Millionen Dollar veranschlagt.

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tütttÄ Jro^e^eil^nacHta 1955 "AMERIKA DIENST" Weihnachtsausgabe 1955

IN RIDGEWOOD WEIHNACHTET ES SEHR Eine kleine Stadt feiert Weihnachten (70 Zeilen) Uns allen, nicht nur den Christen unter uns, ist die Ge­ schichte von der Geburt des göttlichen Kindes vertraut wie ein Erlebnis der eigenen Kindheit. Die Reklame hätte niemals solch ausschweifenden Gebrauch von diesem Motiv gemacht, wenn man nicht wüßte, wie tief die Geschichte von Bethlehem in den Gemütern auch heute noch verwurzelt ist. Immer wieder haben die Menschen ver­ sucht, über Zeit und Raum hinweg dieses wunderbare Geschehen in Liedern, Krippenspielen und bildlichen Darstellungen auch den Sinnen nahezubringen, die innere Schau in ihre jeweilige Welt zu projizieren, wobei die Phantasie des Volkes jenseits jeden künstlerischen Kanons oftmals die seltsamsten Wege ging. Der Schreiber dieser Zeilen entsinnt sich, in einem volkskundlichen Museum eine Darstellung der Geburt Jesu auf einer winzig mecha­ nisch gelenkten Marionettenbühne gesehen zu haben. Wenn man die an der Hinterwand des Guckkastens angebrachte Leier drehte, ging der Stern von Bethlehem auf, kamen die Hirten und die Heiligen Drei Könige herbei, während Engel flatterten, Ochs und Esel mit dem Kopfe wackelten und die Jungfrau das strampelnde Kindlein wiegte. Statt des Halleluja hörte man freilich nur das dünne Zirpen der Drähte, an denen die Figürchen sich bewegten. Eine ähnliche Naivität und fromme Einfalt bekunden die Bürger der kleinen Stadt Ridgewood im amerikanischen Staate New Jersey. Jedes Jahr im Dezember verwandeln sie ihren Stadt­ park in ein einziges Weihnachtsmärchen. Unter den Bäumen, auf denen dicker Watteschnee liegt, entdecken die großen und kleinen Kinder von Ridgewood zu ihrem Entzücken allerliebste Rehlein, Wichtelmänner und Elfen, und in den von riesigen Eiszapfen be­ schwerten Zweigen sitzen großäugige Eulen und liebliche Tauben, täuschend der Natur nachgebildet. Wenn man tiefer in diesen ver­ zauberten Wald eindringt, begegnet man den Hirten, die auf dem Y/ege nach Bethlehem sind, das nicht mehr weit sein kann. Die Figuren der Krippe selbst sind überlebensgroß aus Papiermache - 1 - "AMERIKA DIENST" Weihnachtsausgabe 1955 Papiermache und wetterbeständigem Kunststoff gemacht. Nicht weit von dem Ort, an dem die Heiligen Drei Könige aus dem Morgenlande dem Kinde ihre Gaben bringen, ist eine winzige Kapelle erbaut mit Altar, Miniaturorgel und einigen Bänkchen für etwaige An­ dächtige. Und natürlich darf die Werkstatt des Weihnachtsmannes nicht fehlen, ein Häuschen, in dem der Alte sitzt und zur Genug­ tuung der Kleinsten unablässig an seinen "Bestellungen" arbeitet. Vor diesemfceizvollen Hintergrun d spielen sich die eigentli­ chen Festivitäten ab, die bereits am 10.Dezember mit einem Ball beginnen, dessen Höhepunkt die Wahl des Schneekönigs und der Schneekönigin durch die Schulkinder bildet. Die Amateurmaler der Stadt präsentieren bei dieser Gelegenheit weihnachtliche Bilder. Am nächsten Tage findet die große Adventsparade statt. Festwagen mit lebenden Bildern, darunter wiederum eine Krippe, der Weihnachtsmann in seinem von Rentieren gezogenen Schlitten, ulkige Schneemänner, Musikkapellen und die Angehörigen religiöser, patriotischer und akademischer Organisationen ziehen durch die Straßen der kleinen Stadt bis zu jenem Weihnachtswald hin, wo Santa Claus dem Herrn Bürgermeister den Schlüssel zum Weih­ nachtsdorf überreicht. • Während der ganzen Weihnachtszeit wird .jeden Mittag in der Kirche des Ortes eine Andacht abgehalten, wobei sich die Priester und Prediger der verschiedenen Konfessionen abwech­ seln. Am Samstagabend ziehen 200 als Mönche verkleidete Knaben durch die Straßen und singen die alten Weihnachtsweisen. Auch während der Woche singen kleinere Schülerchöre dann und wann unter dem großen Weihnachtsbaum vor der Kirche. Für die ganz Kleinen residiert der Weihnachtsmann und beantwortet (unter Assistenz einiger Pfadfinderinnen) die Briefe seiner kleinen Bewunderer. Für diesen Zweck wird eigens ein Miniaturpostamt unterhalten. Dieses bereits Anfang 1954 auf Anregung von Mrs. Polly Kuyn und unter Mitwirkung nahezu der ganzen Stadt ins Leben gerufene "Projekt Weihnachtsmann" ist nicht nur eine fromme Spielerei. Sechstausend Schüler, Pfadfinder, Angehörige des -. 2 - "AMERIKA DIENST" Weihnachtsausgabe 1955 des Christlichen Vereins Junger Männer und junger Mädchen, der katholischen sowie der jüdischen Jugend tun sich zusammen, um Spielzeug und Kleidung an bedürftige Kinder in aller Welt zu schicken. Im vorigen Jahre waren es insgesamt 12 Tonnen. Ein schöner Erfolg, wenn man bedenkt, daß Ridgewood nicht mehr als 20 000 Einwohner hat.

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D Schüler und Schülerinnen der High School von Ridgewood singen vor dem "städtischen" Weihnachtsbaum die alten Lieder von der Geburt des Herrn.

2) Hier arbeitet Santa Claus, der amerika­ nische Weihnachtsmann. Die Kleinsten von Ridgewood stellen mit Befriedigung fest, daß er pausenlos an der Erledigung seiner Aufträge arbeitet.

* * * * # "AMERIKA DIENST" Weihnachtsausgabe 1955

IN DER HEILIGEN NACHT WILL ICH NUR FÜR DEN • FRIEDEN BETEN . . .

( 47 Zeilen)

Am Tag des Erntedankes 1954, dem "Thanks- giving Day", erreichte Mrs. Eisenhower, die Gattin des amerikanischen Präsidenten, nach­ stehender Brief einer deutschen Einwanderin, in dem sie ihren Dank an das amerikanische Volk ausspricht und Gottes Segen für den amerikanischen Präsidenten, das amerikanische Volk und alle friedliebenden Völker erfleht.

Dear Mrs. Eisenhower, diesen Tag in Ihrem wunderbaren, gastfreundlichen Lande habe ich heute mit tiefer Dankbarkeit im Herzen erlebt. Ich möchte den Tag nicht beschließen, ohne Ihnen, hochverehrte Mrs. Eisenhower zu danken, in diesem Lande leben zu dürfen. Ich denke heute auch zurück an mein Heimatland Deutschland, und dieser Brief wird auch eine deutsche Zeitung erreichen. Ich habe immer das Gefühl, daß ich alles, was ich hier erlebe, auch anderen im Auslande berichten muß, aus Dankbarkeit für dieses Land und seine hilfsbereiten Men­ schen. Aus tiefer Friedensliebe heraus, aus der Erkenntnis, daß nur Freiheit und Frieden einem Lande zu solchem Wohlstand ver­ helfen können, wie wir ihn hier erleben. Hier weiß jeder, der arbeitet, wofür er arbeitet, und jeder will den Frieden. Ich sah Sie und den Präsidenten in der Nacht vor den Wahlen. Ein Gedanke beseelte mich: Hätten wir solch bescheidene Menschen gehabt, die unser Geschick gelenkt, nie wären wir so verarmt wie wir es jetzt sind. Und das ist der Sinn dieses Briefes, den ich in jener Nacht schon schreiben wollte: Möge Gott Sie gnädig be­ schützen im kommenden Jahr und Sie und Ihr Volk segnen. Ich hörte heute erstmalig das Lied, das Sie so liebten und das mir sehr ge­ fiel "Segne das Haus". Möge es Ihnen Erfüllung bedeuten noch lange, lange Jahre. Der gleiche Wunsch beseelt mich für mein eigenes Volk. .... ° • Wir "AMERIKA DIENST" Weihnachtsausgabe 1955

Wir haben zweimal Haus und Hof verloren, wir haben im ersten Weltkrieg ein großes Vermögen verloren, und wir haben hier in der kurzen Zeit unseres Hierseins wieder ein warmes Haus, gutes Essen, gute Arbeit und gute Menschen um uns. Ich hörte gestern einen Ukrainer in schlechtem Englisch (und so geht es auch mir) danken für alles, was er erlebt hat; er sprach auch für mich. Ich sah heute eine Schauspielerin zu einem deutschen Kinde sprechen, und Tränen liefen ihr über die Wangen, weil das Kind sich so freute über die Parade in New York. So wie diese Schauspielerin fühlen alle Menschen; alle wollen sie uns helfen und uns unsere Leiden vergessen machen. Das ist das Wunderbare in diesem Lande, sie alle sind, ob arm oder reich wie eine Familie, wenn es zu helfen gilt. Und so helfe auch ich, obwohl wir einen harten Anfang hatten, kamen wir doch mit nichts hier an und müssen aufbauen; nie ver­ gesse ich unsere Freunde in Deutschland, die in Not sind. Gott hält seine Hand über uns, und darum gebe ich gern. Gott hat uns immer wieder geholfen. Ich habe meinen Mann behalten dürfen, habe meine beiden Kinder behalten dürfen, wir fühlen uns gesund und wollen es schaffen; Grund genug, dankbar zu sein. Unser Start war gesegnet als wir herüber kamen, und der Segen dieses Landes ist mit uns. Gott segne und beschütze dieses Land und alle friedlie­ benden Länder. Dies ist mein größter Wunsch, mit dem ich diesen Tag beschließen will. In der Heiligen Nacht will ich nur für den Frieden aller Nationen beten. Sie geben dem Volk Ihr Herz, und darin liegt der Segen, der über Ihrem Hause ruht.

In diesem Sinne grüßt Sie eine dankbare Frau

gez. : Ann Scriba 1401 North 6th Street Terre Haute, Indiana

* * * * *

- 5 - "AMERIKA DIENST" Weihnaohtsausgabe 1955

WEIHNACHT IM AMERIKANISCHEN BETHLEHEM

(130 Zeilen) BETHLEHEM - Wenn die "Kirche der Geburt Christi" zu Bethle­ hem im Staate Pennsylvanien den Heiligen Abend einläutet, wenn die Kinder der Stadt sich im großen, dämmrigen Mittelschiff der berühmten Kirche versammeln, um nach dem traditionellen Pfefferkuchenschmaus mit strahlenden Augen, Seite an Seite mit ihren Eltern, dem Posaunenchor zu lauschen, der seit zweihundert Jahren die große Christmette einleitet, dann ersteht das alte Bethlehem wieder in seiner frommen Einfachheit, und die Glut in den Hochöfen der riesigen Werke der Bethlehem Steel Cor­ poration sinkt zusammen, die Fabriksirenen und der Lärm der Walz­ werke verstummen, und manch einer, der jahraus jahrein vor der Glut der schmelzenden Metalle steht, richtet seinen Blick an­ dächtig auf den milden, warmen Schein der dicken, braunen Wachs­ kerze in der Hand seines Kindes. Und er mag an jene Blockhütte zurückdenken, in der seine Vorfahren im Jahre 1741 den ersten Heiligen Abend feierten, aus der die bedeutende Industriestadt Bethlehem hervorgegangen ist. 24. Dezember 1741. Über die welligen Hügel von Pennsylvanien peitscht ein eisi­ ger Schneesturm, der die einsame Blockhütte am Ufer des Lehigh- Flusses fast zugeweht hat. Drinnen sitzen bärtige Männer, deren Gedanken wehmutsvoll über Land und Meer nach Deutschland wandern, ;70 ihre Familien jetzt wohl um die Lichterbäume versammelt sind und ihrerseits an die Männer jenseits des Ozeans denken, jene Männer, die um der Freiheit des Glaubens willen auszogen, eine neue Heimat zu suchen. Sie gehörten zur Sekte der "Mährischen Brüder" oder "Herrn- huter", wie man sie nach dem Landgut ihres Schirmherrn Graf Zinzendorf auch nannte. Sie waren mit ihrem Bischof David Nitschmann ausgezogen, um in dem neuen Lande unangefochten leben und auf ihre Weise Gott dienen zu können. Des Wanderns waren sie "AMERIKA DIENST" Weihnachtsausgabe 1955 sie müde: man hatte sie um ihres Glaubens willen aus ihrer böh­ mischen und mährischen Heimat verjagt, und auch in Sachsen, wo ihnen Graf Zinzendorf auf seinen Besitzungen Asyl gewährte, waren sie des Landes verwiesen worden. Nun wollten sie versuchen, in Pennsylvanien durch harte Arbeit ein Gemeinwesen zu bauen, das ihrer Art entsprach. Die Männer in der von einem Talglicht nur spärlich erhell­ ten Stube stimmten ein Weihnachtslied an, während aus dem an­ grenzenden Stall das Scharren des Viehs zu vernehmen war, das mit dieser Handvoll Pioniere die Einsamkeit teilte. "Wie in Bethle­ hem", drängte es sich da dem Bischof auf, "genauso armselig muß es damals gewesen sein, als der Heiland geboren wurde. Wohnung, Stall und Gotteshaus - alles unter einem Dach". In den nächsten Jahren wuchs um das erste Blockhaus rasch eine blühende Siedlung. Da die Mährischen Brüder getreu ihren Glaubenssätzen ganz ohne Waffen und Schießpulver in das uner- schlossene Land vorgedrungen waren und niemals Gewalt brauchten, hatten sie sich schnell das Vertrauen der Indianer erworben. Alles ging friedlich - nur ein einziges Mal entstand durch irgendein unglückseliges Mißverständnis eine bedrohliche Situation, und die Rothäute gingen zur Belagerung der Niederlassung über. Wieder war es um die Weihnachtszeit. Würde das Pest des Friedens auch dies­ mal friedlich für die Siedler verlaufen? Das beste würde wohl sein, so, als ob nichts wäre, an der Ausübung ihrer Weihnacht»- bräuche festzuhalten. Am Heiligen Abend stiegen daher die Posau­ nenbläser auf das Dach des Gemeindehauses und bliesen den Weih­ nachtschoral in die Nacht, als sei meilenweit kein Feind in der Runde. Und am nächsten Morgen hatten die Indianer ihre Zelte ab­ gebrochen und waren verschwunden. Aus der kleinen Niederlassung wurde in zwei Jahrhunderten eine bedeutende Industriestadt mit zirka 60 000 Einwohnern. Bethle hem dehnt sich heute zu beiden Seiten des Flusses aus und bedeckt zum Teil die Abhänge der Uferhügel. Die Stadt entwickelte im Laufe ihrer jungen Geschichte zwei Gesichter. In den Vereinigten Staaten nennt man sie deshalb nicht unberechtigt Janus-City. Auf der einen Seite eines der größten Rüstungszentren der Welt, als

- 7 - "AMERIKA DIENST" Weihnachtsausgabe 1955 als das sie beachtliche Beiträge zur Produktion destruktiver Kriegsmaschinen leistet, ist sie auf der anderen Seite die ameri­ kanische Heimat Bachscher Musikpflege, die Städte der großen Bachfestspiele, auf denen zum ersten Male in Amerika Bachs "Hohe Messe" vollständig aufgeführt wurde. Jener Teil Bethlehems, der aus der einstigen Ansiedlung und der Kollektivwirtschaft der Mährischen Brüder gewachsen ist, ist der ältere Teil der Stadt. Hier wohnen die ruhigen, zufriedenen und gesetzten Nachkommen der Siedler in reinlichen Straßen. Sie bilden eine völlig homogene Gesellschaft. Süd-Bethle­ hem steht auf der gegenüberliegenden Seite des Lehigh River. Es ist nicht etwa eine besondere Gemeinde, sondern gehört zur ur­ sprünglichen Stadt. Aber seine Bevölkerung ist ausgesprochen polyglott. Iren, Russen, Ungarn, Polen und andere Gruppen machen einen Prozentsatz von 22 Prozent der Gesamtbevölkerung Bethle­ hems aus. Auf. dieser Seite liegen die Werke der Bethlehem Steel Corporation, rauchen die Essen und sehen die Straßen aus wie . alle Straßen in typischen Industriezentren. Bethlehem ist also wirklich eine Janus-Stadt. Und da heute Weihnachten ist, wollen wir uns wieder dem freundlicheren Ant­ litz des doppelgesichtigen Gottes zuwenden. Um die Weihnachtszeit ist Bethlehem ein beliebtes Reise­ ziel. Schon H Tage vor dem Pest bis zum 2. Januar leuchtet all­ abendlich von einer Bergspitze im Süden der Stadt der 30 Meter hohe "Stern von Bethlehem" meilenweit in das Land. Im Gemeinde­ haus, dem Mittelpunkt des religiösen Lebens der Herrnhuter, ist während der ganzen Adventszeit die Weihnachtskrippe ausgestellt - eine wundervolle alte Schnitzarbeit, die die Herrnhuter vor 200 Jahren mit aus Deutschland herüberbrachten. Doch auch die meisten Familien haben ihre eigenen Krippen, durch Generationen vererbt manchmal, und mit so viel Figuren, daß ein ganzes Zim­ mer dafür geräumt werden muß. In den Tagen nach dem Fest kann man in der Stadt an jede Türe klopfen, um sich die Krippen zei­ gen zu lassen. So ist es zum Brauch geworden, daß in der Weih­ nachtswoche halb Bethlehem durch die mit rauchgeschwärztem Schnee bedeckten Straßen stapft, um Dutzende von Krippen in immer neuen "AMERIKA DIENST" Weihnachtsausgabe 1955 neuen Variationen zu bewundern. Über die erste Weihnacht in Bethlehem liest man in alten mährischen Tagebüchern folgendes: "Weil heute Weihnacht ist, und weil heute unser lieber Hei­ land geboren wurde, gingen wir um die zehnte Stunde in den Stall und sangen mit tiefer Bewegung, so daß uns fast das Herz brach:

'Nicht Jerusalem sondern Bethlehem aus dir kommet, was mir frommet." Tatsächlich - es ist dieses alte, deutsche Weihnachtslied, dem das amerikanische Bethlehem seinen Namen verdankt.

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D Tausende von Weihnachtssternen leuchten den Besuchern von Bethlehem in der Weihnachtszeit den Weg über Straßen, Hügeln und Brücken zur Kirche der Mährischen Brüder, die an dieser Stelle vor mehr als zweihundert Jahren ihr erstes Weihnachten dankbar und hoffnungsfroh in der neuen Heimat begingen. Die Kirche wurde 1806 fertiggestellt und war damals die größte des ganzen Staates.

2) Blick ins Innere der Kirche von Bethlehem, einer Industriestadt im Staate Pennsylvanien, in der alljährlich die Kongregation der Mähri­ schen Brüder feierlich ihr Weihnachtsfest be­ geht. Die Lichterandacht am Weihnachtsabend, die von Funk-und Fernsehstationen übernommen wird, ist ein Ereignis für ganz Amerika.

- 9 - "AMERIKA DIENST" Weihnachtsausgabe 1955

WEIHNACHTSTAG IN KAROLINA Von Archibald Rutledge (78 Zeilen) CHARLESTON - Solange ich denken kann, haben wir auf der Plantage "grüne Weihnachten" gehabt mit Kiefern, Stechpalmen- Zweigen, Myrten, Lorbeer und Stechwinde, niemals aber gab es Schnee. Weihnachtstage in diesen Gegenden der USA sind gekenn­ zeichnet durch die erdigen Düfte der Prärie gemischt mit dem Rauch offener Kaminfeuer, brennender Wachskerzen und einer eigenartigen Melancholie, die ausgeht von dieser weiten, üppi­ gen Natur und den alten weihnachtlichen Gesängen der Plantagen­ arbeiter, den wundervollen Neger-Spirituals. Ich erinnere mich besonders eines Weihnachtsmorgens, an dem mich das leise Singen eines karolinischen Mädchens weckte. Sie stand unweit meines geöffneten Fensters, inmitten, eines gelbblühenden . JasmiHstrauchs, dessen goldene Glöckchen an diesem Weihnachtstag besonders festlich leuchteten. Wenige Meter davon entfernt reckte eine gewaltige immergrüne Eiche, wie sie in Amerika vielerorts wachsen, ihre von zartesten Schleiergeweben aus spanischem Moos umwallten Äste gegen den im Morgenlicht perlmutterfarbenen Himmel. Soweit das Auge reicht, dehnten sich riesige Baumwpllfelder, eingesäumt von in sattem Gelb leuchtenden Ginsterbüschen. Schemenhaft und weltentrückt hin­ ter den sonnandurchstrahlten Morgennebeln zeichneten sich die Flußufer ab - ein Bild in Pastelltönen, wie aus einem Märchen­ buch, ein Bild voll jungfräulicher Schönheit und echten, tiefen Friedens. Da aber zerriß ein jäher, harter Knall die feierliche Stille. Mich überraschte dies nicht sehr, aber kein Amerikaner außer jenen Menschen, die auf Plantagen gelebt haben, hätte dies erwartet: abgebrannte Feuerwerkskörper. Während die puritanische Weihnacht Neuenglands etwas so absolut Ernstes, Feierliches ja fast Steifes an sich hat, ist Weihnachten im amerikanischen Süden ein ausgesprochen fröhliches,

- 10 - "AMERIKA DIENST" Weihnachtsausgabe 1955 fröhliches, heiteres und fast ausgelassenes Fest, das - zu­ mindest auf den Plantagen - nicht mit Kirchgang und religiö­ sen Übungen verbunden ist. Nichtsdestoweniger aber ist die Weihnacht auch hier ein richtiges Familienfest, an dem die kleinen Jungen ihre Feuerwerkskörper abbrennen, die Mädchen Mistelzweige über die Türschwellen hängen und erwartungsfroh daneben ausharren, bis "er" sich den wohlverdienten Freikuß holt, während die Frauen sich um den häuslichen Festschmaus kümmern, und die Männer sich zur traditionellen Weihnachts­ jagd rüsten. Schon früh am Morgen ziehen die Plantagenarbeiter von ihren Häuschen herüber zum großen Haus; singend und sich fröh­ lichen Gruß zurufend, kommen sie über die Felder, um ihre Weih­ nachtsgeschenke zu empfangen. Dann erst setzt sich die Familie um den großen Eßtisch in der Halle zum Frühstück zusammen. Von den Wänden blicken ernst in nachgedunkelten Ölgemälden die früheren Besitzer der Plantage, und eine große gewaltige Anzahl Hirschgeweihe, ge­ schmückt mit spanischem Moos, kündet von mancher erfolgreichen Pirsch. Das Frühstück an diesem Morgen gleicht einem Hochzeits­ schmaus. Die Tafel, im weihnachtlichen Grün und Rot der Stech­ palme geziert, ist überreich beschickt mit Maisbrei, Scheiben von kaltem Truthahnbraten, goldbraunem Maisbrot, herzhaften Würsten aus Wildfleisch, zartem Biskuit und Mengen von duften­ dem, dampfenden Kaffee sowie hausgemachter Orangenkonfitüre. Inzwischen wird draußen schon alles für die Jagd vorbe­ reitet, die Pferde werden gesattelt, und die Hunde, fiebernd vor Jagdfreude, sind kaum noch zu halten. Da blasen auch schon die Hörner zum Aufbruch, und bald traben wir die breite eichen­ bestandene Allee hinunter, dem Kiefernforst zu. Nach einem Tag in den Wäldern erwartet uns bei der Heim­ kehr das festliche Weihnachtsessen im großen Haus: Pyramiden von alabasterweißem flockigen Reis, topasfarbene süße Kartof­ feln, aus deren Schalen in Perlen der Zucker tropft, Braten von Wildenten, wildem Truthahn, und herrlich saftiger Schweins­ lende. Die Nacht senkt sich hernieder, wenn wir bei Nüssen und - 11 - "AMERIKA DIENST" Weihnachtsausgabe 1955 und Rosinen angelangt sind und uns um das große Kaminfeuer versammeln, um von Gegenwärtigem und Vergangenem zu reden. Es ist spät geworden, als ich noch einmal vor das Haus trete. Im Mondlicht liegt die Landschaft wie in Silber getaucht. Von Ferne dringen die wehmütigsüßen Gesänge der Neger zu mir herüber. Dunkel stehen die Eichen in der hellen Mondnacht. Ein Schwärm Wildenten flattert schreiend hinunter" zum Fluß. Über die jahrhundertealte Plantage senkt sich eine friedvolle Nacht, geboren aus Schönheit, Geborgenheit und Liebe.

(Aus "Coronet")

- Quellenangabe erforderlich -

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- 12 - "AMERIKA DIENST" Weihnachtsausgabe 1955 Die 30 Millionen Christbäume, die allweihnachtlich in den USA aufgestellt werden, kommen aus besonders gepflegten Schonungen, die sich geschäftstüchtige Farmer in den Nordstaaten angelegt haben

IN AMERIKAS CHRISTBAUMWÄLDERN Von O.A. Fitzgerald

(66 Zeilen) NEW YORK — 'Der Bedarf an Weihnachtsbäumen wird in jedem Jahr größer - die Vorliebe der Amerikaner für den Lichterbaum erweist sich längst nicht mehr allein im weihnachtlich ge­ schmückten Zimmer, sondern bezieht während der ganzen Advents­ zeit alles Leben in der Öffentlichkeit ein. So übertrifft auch in diesem Jahr der Aufwand an Christbäumen für das Weihnachts- 0 geschäft alle früheren Jahre. Werbefachleute und Meisterdekora­ teure stellen Weihnachtsbaum neben Weihnachtsbaum, einen bunter und leuchtender als den anderen, ins Blickfeld ihres Publikums. Und die glänzende Parade der Bäume in den Schaufenstern, zu Seiten der Eingänge oder inmitten der Geschäfte längs der Stra­ ßen oder im Herzen der großen Plätze ist zugleich die hohe Zeit der Christbaumproduzenten überall in den entlegenen Gegenden des weiten Landes. Man hat heute die Aufzucht von Christbäumen in den USA der Natur ein wenig aus der Hand genommen, man geht nicht mehr durch seinen Wald und sucht sich die hübschesten unter den Tannen- und Fichtenbäumchen aus. Zudem ist jede geringe Mühewaltung bei dem krisenfesten Christbaum-Geschäft leicht das Doppelte oder Zehn­ fache wert. Tüchtige Farmer mit einigem Waldbesitz begannen in den zwanziger Jahren eigene Pflanzgärten und Schonungen anzulegen. Bald fanden sich zahlreiche Nachahmer, und Anfang der dreißiger Jahre gab es überall im breiten Waldgürtel entlang der kanadi­ schen Grenze einzelne Farmer, die zuversichtlich dem Wachstum langer Reihen ansehnlicher Bäumchen zuschauten, von denen die Vierjährigen eben gerade und die Achtjährigen im besten Sinne - 13 - "AMERIKA DIENST" Weihnachtsausgabe 1955 Sinne das zeigten, was einmal dem kritischen Auge einkaufender Städter als "Christbaum" standhalten würde. Das begrenzte über­ sichtliche Revier, die fachmännische, allerdings einfache Wartung und der Ersatz mißratener durch gesunde Setzlinge gaben Farmern und Förstern die Möglichkeit, alljährlich gute "Ernte" zu halten. War es anfangs nur jeder fünfte Baum, der nach Höhe und Form den allgemeinen Vorstellungen von einem Weihnachtsbaum entsprach, so verbesserte sich das Verhältnis allmählich, nachdem sich die Farmer gewisse praktische Erfahrungen angeeignet hatten. Auch aus dem schiefsten Bäumchen kann, vor allem wenn es sich um die be­ liebten Douglasfichten handelt, bei einiger Pflege noch ein statt­ licher Christbaum werden. Man schneidet rigoros die Kronen ab und entfernt vom verbliebenen Stumpf alle Zweige bis auf den gesün­ desten und ansehnlichsten. Im Laufe von vier bis acht Jahren bildet sich aus diesem Zweig ein symmetrischer neuer Baum, der, falls er wieder nicht zusagen sollte, von neuem zurückgeschnitten werden kann. Diese Stumpf-Zucht haben sich praktisch alle Farmer zu eigen gemacht, weil sie auf lange Sicht gesehen Nutzung bis zum letzten Baum ermöglicht. Im allgemeinen rechnen die Farmer mit einem Bestand von 5000 jungen Nadelbäumen pro Hektar. Etwa eintausend davon werden in jedem Dezember ausgewählt, den übrigen wird während des Herb­ stes und des zeitigen Frühjahrs die erforderliche Pflege zuteil, die keineswegs sehr viel Zeit beansprucht, da man leicht 25 bis 50 Bäume in der Stunde warten kann. Der Erlös beläuft sich beim Produzenten auf rund 60 Cent, beim Verteiler auf etwa ein, höch­ stens zwei Dollar pro Baum. Wenn man einen alljährlichen Verkauf von 28 Millionen Weihnachtsbäumen annimmt, so wird augenschein­ lich, wie willkommen vielen Farmern eine ansehnliche Beteiligung an diesem 50-Millionen-Dollar-Geschäft ist. Hauptlieferant für Christbäume ist das waldreiche Montana im Nordwesten der USA, aus dem jeden Dezember in langen Güterzügen rund drei Millionen Bäume in die Großstädte des Mittelwestens rollen. Die Wälder des amerikanischen Nordens bringen zusammen, mit Ausnahme Nord-Dakotas, etwa vier Fünftel des Gesamteinschlages "AMERIKA DIENST" Weihnachtsausgabe 1955

Gesamteinschlages hervor. Eine Sonderstellung nimmt Pennsylva- nien an der atlantischen Küste ein: dieser Bundesstaat ist seit den ersten Siedlertagen mit der Alten Welt besonders verbunden und pflegt in hohem Maße die Weihnachtstraditionen. So nimmt es nicht wunder, daß sich dieser Staat mit 10 000 Hektar "eigenem" Christbaumwald seit langem unabhängig gemacht hat.

ACHTUNG REDAKTIONr Auf Anforderung übersendet Ihnen der AMERIKA DIENST kostenlos folgende Bilder:

1) Ein riesiger Weihnachtsbaum von 25 Meter Höhe wird vor dem Rockefeiler Center in New York aufgestellt. Sicherheitshalber wur­ den der Stamm und die großen Äste mit einem feuerfesten weißen Überzug versehen. 7500 elektrische Birnen werden den Baum in fest­ lichem Licht erstrahlen lassen. Die Elektriker benötigen dafür rund 12 km Leitungsdraht! Als Schmuck dienen 500 große, glitzernde Kugeln.

2) Der riesige Weihnachtsbaum vor dem Weißen Haus in Washington, der alljährlich am Weih­ nachtsabend vom Präsidenten der Vereinigten Staaten entzündet wird. Im Hintergrund der gewaltige Obelisk des Washington-Denkmals

(Aus "American Porests")

- Quellenangabe erforderlich -

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- 15 - "AMERIKA DIENST" 30. November 1955 Zwanzig zeitgenössische Dichter und Schrift­ steller schreiben über "ihre" Stadt. Aus Ost und West, aus Nord und Süd kommen die Schil­ derungen und vermitteln uns ein literarisch gezeichnetes Bild des heutigen Amerika.

DAS IST AMERIKA (XVII)

Ein Mann mit zwei Berufs-Karrieren, die unzer­ trennbar voneinander die Erfüllung seines Le­ bens bedeuten - das ist Dr. William Carlos Williams. Er ist Doktor der Medizin, aber auch Doktor der Geisteswissenschaften mehre­ rer Universitäten. Als Arzt stellt Dr.Williams Diagnosen auf Grund des physischen Befundes, in seinen Gedichten und Romanen ist er Diagno­ stiker des Geistes und der Seele des Menschen. Sein ganzes leben verbrachte der heute 72jäh- rige Inhaber zahlreicher literarischer Aus­ zeichnungen in dem kleinen Städtchen Ruther- ford an der Atlantikküste von New Jersey, über das er nachstehend berichtet.

( 70 Zeilen) DICHTER UND ARZT IN RUTHERFORD . . Von William Carlos Williams Schriftsteller sollen sorgenlose, unbehinderte Burschen, eine Art fahrender Gesellen sein, auch wenn sie dabei - wie etwa der französische Vagantenlyriker Erancois Villon - manchmal hun­ gern müssen. Ich bin in dieser Hinsicht ein wenig schuldbewußt, denn im Gegensatz zu den Dichtern früherer Zeiten habe ich, bis auf eine einjährige Reise kreuz und quer durch Europa, fast im­ mer am gleichen Ort gelebt: in Rutherford im Staate New Jersey. Rutherford ist ein kleines Städtchen zehn Kilometer nördlich von Newark, eingebettet in weites Marschland, den "Jagdgründen" meiner Lausbubenzeit, wo wir Enten und Bisamratten erlegten. Die Stadt liegt etwas höher als das Marschland, was auch die Straßennamen andeuten: Bergstraße, Auf dem Hügel, Hochkreuz. Vom östlichen Stadtrand Rutherfords kann man - und das war für mich besonders bedeutungsvoll - ganz klar die Silhouette von New York erkennen. Im Jahre 1883, dem Jahr meiner Geburt, war dieser Ort mit seinen 3000 Einwohnern eine ländliche Gemeinde. Heute nähert "AMERIKA DIENST" 30. November 1955 nähert sich seine Bevölkerungszahl der 20 000-Grenze. I* der einst von Gartenanlagen umsäumten Park Avenue reiht sich jetzt Kettenladen an Kettenladen, und die noch wenigen, ehemals be­ häbig wirkenden Wohnhäuser verlieren sich zwischen riesigen Ge­ schäftsbauten. Wo einst Bäume und Sträucher wuchsen, stehen heute schöne Schulen, und an den verkehrsreichen Straßenkreuzungen er­ heben sich die mächtigen Gebäude der Bankfirmen. Als ich meine Arzt-Praxis in Rutherford eröffnete, machte ich meine Krankenbesuche zunächst mit dem Fahrrad. Um mich bro­ delte das Leben der Stadt. Zum Glück kann ich mich nicht an alles erinnern, was ich gesehen habe - in Krankenzimmern, in den großen Sälen und den kleinen Privatstationen der Krankenhäuser - an Tod und unvorstellbare Leiden. Meine Diagnose mag manchmal falsch ge­ wesen sein, und diesem Irrtum sind womöglich Männer und Frauen zum Opfer gefallen, immer aber habe ich nach meinem besten Wissen gehandelt. Wie kommt man dazu, Dichter zu werden? In meinem Falle war es wohl die Erkenntnis, die mich ganz plötzlich schon als kleiner Junge überfiel, daß der Mensch auf dieser Welt älleine sei. Zu meiner Konzeption über Rolle und Aufgabe des Dichters gehört die Auffassung, daß gerade er, wenn er Großes leisten will, ein weit­ umfassendes Wissen besitzen müsse. Mein Denken hat sich niemals auf ein Spezialgebiet,wie das der Medizin, begrenzen lassen. Schon ehe ich mein Medizinstudium an der Universität begann, lebte ich im Reich der Kunst. Im Jahre 1909 nachdem ich eben meine Assisten­ tenzeit beendet hatte, erschien mein erstes Buch. Was bedeutet es den Leuten in Rutherford, daß ich Dichter bin? Zuerst amüsierten sie sich darüber; einige waren recht kritisch; anderen war es gleichgültig, und einige wenige verstan­ den mich. Allerdings machte ich mir eines zur Regel - eine Regel, die nie durchbrochen wurde: ganz gleich, woran ich auch schrieb, die Praxis ging vor. Die Stadt fand mich immer bereit, wenn meine ärztliche Hilfe benötigt wurde. Ich habe jahrelang an New Yorker Kliniken hospitiert, um mich in meinem Fachgebiet zu vervollkomm­ nen, bis ich schließlich, damals schon in den Sechzigern stehend, zum leitenden Arzt am Passaic General Hospital ernannt wurde. Und die Stadt hat mir das hoch angerechnet. Die "AMERIKA DIENST" 30. November 1955 Die enge Nachbarschaft zu New York war nicht nur vom medizinischen sondern auch vom literarischen ; Standpunkt aus sehr fruchtbar für mich. Ich wohnte nur eine halbe Stunde von der City entfernt, und so konnte ich fast an jedem Wochentag abends an einer literarischen Zusammenkunft teilnehmen, und dennoch rechtzeitig meine Krankenbesuche machen; und sonntags konnte ich den ganzen Tag mit führenden Persönlichkeiten des geistigen Lebens jener Zeit verbringen. Meine Patienten sind Nahrung für meine Muse gewesen. Man lernt als Arzt die Menschen wirklich kennen; und was man lernt, drängt oft genug zum dichterischen Ausdruck. Viele meiner Ge­ dichte, Kurzgeschichten und auch Romane sind die Frucht meines Lebens in Rutherford. Vierzig Jahre lang praktizierte ich in Rutherford und stand allen möglichen Menschen bei, unter Einsatz all meiner Kräfte. Und wenn ich bedenke, daß ich ungefähr ebenso viele Kinder in diese Welt befördert habe, wie Rutherford zur Zeit meiner Geburt an Einwohnern besaß, dann sieht man mich darüber glücklich lächeln.

ACHTUNG REDAKTION! Auf Anforderung übersendet Ihnen der AMERIKA DIENST kostenlos ein Porträt: Der Dichter und Arzt William Carlos Williams

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ERNSTE MUSIK STARK GEFRAGT Das Experiment des Senders "Washington Good Music Station" (75 Zeilen) WASHINGTON - (AD) - "Angeschlossen sind.... und der Sender "Washington Good Music Station". Durch diese Ansage vor der Übertragung der diesjährigen Salzburger Festspiele wurden viele deutsche Hörer zum ersten Mal auf eine Einrichtung aufmerksam, die sich in den Vereinigten Staaten eines großen Zu­ spruchs erfreut. Der "Sender der guten Musik" entstand, wie die meisten der etwa 20 amerikanischen Rundfunkunternehmen ähnlicher Art, in den Jahren nach dem letzten Weltkrieg. Es war 1946, als sich einige Freunde ernster Musik in der Hauptstadt der Vereinigten Staaten zusammensetzten, um das Radioprogramm "zu revolutionie­ ren und geistig zu heben", wie sie wörtlich erklärten. Das Ergebnis dieser Besprechung war die Gründung des Senders "WQQW" (Wonderful Quality - Quality Wonderful), der am 7.Januar 1947 begann, "viel Musik und wenig Reklame" auszustrahlen. Das war ein Wagnis, denn die meisten Rundfunkgesellschaften der Vereinigten Staaten sind Privatunternehmen, die in ihrem Programm laufend bezahlte Werbe­ sendungen für Wirtschaft und Handel bringen müssen, wenn sie nicht in finanzielle Schwierigkeiten geraten wollen. In diese Lage kam der neue Sender schon recht bald, und am Ende der ersten sechs Monate seines Bestehens schienen die Pessimisten mit ihrer Vor­ aussage recht zu behalten, die Washingtoner Geschäftswelt werde - bei viel .guter Musik und wenig Reklame - kaum das erforderli­ che Interesse aufbringen. Als alles schief zu gehen schien, erinnerte sich einer der Mitbegründer des Senders an den ehemaligen Redakteur der Zeit­ schrift "Life", Robert Rogers. Dieser hervorragende Musikkenner und erfolgreiche Werbefachmann erklärte sich dann zu dem Wagnis bereit, die Weiterführung des Senders der guten Musik trotz des bisherigen Mißerfolges zu übernehmen. Der musische Businessman begann seine Aufgabe mit drastischen Methoden. Eines Morgens wurde die um diese Zeit übliche Sendung symphonischer Werke - 4 - "AMERIKA DIENST" 30. November 1955 Werke plötzlich abgebrochen und dann hörten die ^Washingtoner an Stelle eines der Brandenburgischen Konzerte von Bach, das laut Programm folgen sollte, eine flotte Jazzkcmposition. Die Reaktion war überraschend. Noch in derselben Stunde setzte ein Proteststurm ein, der alle Erwartungen übertraf. Die sonst so stillen und zu keiner'Äußerung zu bewegenden Freunde guter Musik blockierten mit ihren Anrufen die Telefonzentrale des Senders. Am nächsten Tage wurde das Experiment wiederholt, aber diesmal mit der Erklärung, daß mit diesem Versuch festge­ stellt werden solle, ob die Hörer lieber leichte Unterhaltungs­ musik oder Symphoniekonzerte hören, "Schreiben Sie uns bitte Ihre Meinung". Tausende von Karten, Briefen und Telegrammen, die daraufhin eintrafen, beseitigten alle Zweifel. Hausfrauen, Ge­ schäftsleute, Lehrer, Schüler, Studenten und sogar Taxifahrer, die in ihren Wagen die Sendung empfangen hatten, sie alle wollten ernste Musik. Innerhalb von zehn Tagen wandten sich insgesamt 11 000 Hörer energisch gegen die angeblich geplante Änderung in der Programmgestaltung - und in der gleichen Zeit erhöhten sich die Aufträge der Industrie für Werbesendungen um das Achtfache. . < Heute ist der'Y/ashingtoner Sender für gute Musik nicht nur ein gewinnbringendes Unternehmen sondern auch eine von allen Bevöl­ kerungsschichten anerkannte kulturelle Einrichtung. Dieser Erfolg ist um so beachtlicher, als es allein in Washington 25 Radiosender gibt - 13 auf Mittel- und Kurzwelle, 12 auf Ultrakurzwelle. Zu den Hörern der Good Music Station gehören nach Mr. Rogers Ansicht jedoch nicht nur die älteren Anhänger klassischer Kompo­ nisten sondern auch viele Jugendliche und Erwachsene, die plötz­ lich eine Liebe zur ernsten Musik entdecken. Diese Auffassung wird durch die Tatsache bekräftigt, daß in den Vereinigten Staaten wäh­ rend der letzten Jahre wesentlich mehr Schallplatten mit Aufnahmen klassischer Musik gekauft wurden als je zuvor. Wenn auch zu gewissen Zeiten ausgewählte leichte Musik gebrach" wird, so liegt das Schwergewicht der Sendungen doch auf Symphonie­ konzerten und Kammermusik. Ein Tagesprogramm beginnt beispielsweise mit einer Kantate von Bach, dann folgen das Concerto Grosso in D-Dur von Corelli, das Flötenkonzert Nr. 3 von Friedrich dem Großen und daran schließen sich Werke von Mozart, Ravel, Haydn, Tschai- kowski und Bruch. Im Montagsprogramm steht übrigens eine beson­ ders beliebte Darbietung - die Sendereihe "Musik aus Deutschland". * * * * * - 5 - "AMERIKA DIENST" 30. November 1955

ARBEITEN UND NICHT VERZWEIFELN... Rotchina bringt seine Bauern auf Trab (30 Zeilen) MANILA - (AD) - Für die Aufstellung einer besonders stren­ gen Arbeitsvorschrift, die Gewähr dafür bietet, daß "jeder Bauer jede Unze Energie in die Arbeit steckt", erhielt eine chinesi­ sche Kollektivfarm das höchste Lob der kommunistischen Presse. Dieser auf der Genossenschaftsfarm Tao Hsing Li entwickelte Kodex wird von der Zeitschrift der rotchinesischen Landwirt­ schaft in einem Artikel über die Erhaltung der Arbeitsmoral auf den Genossenschaftsgütern eingehend gewürdigt. Demzufolge müssen die Arbeiter bei nur zwei freien Tagen im Monat ein ge­ wisses Minimum an sogenannten Arbeitspunkten leisten und während der Erntezeit noch zusätzlich Wach- und Streifendienst ausüben. Wie die Zeitschrift erklärt, wurde die genannte Arbeitsvorschrift notwendig, weil die Bauern ihr Soll nicht erfüllten und allzu­ wenig Arbeitseifer für die Kollektivwirtschaft zeigten. Dabei stellt die Organisation dieser Farm noch eine Übergangsform von der Privatwirtschaft zur Kolchose dar. In der genannten Vor­ schrift heißt es unter anderem: "Eine Arbeit, die nicht ordent­ lich getan wird, muß wiederholt werden. Eine zweimal getane Ar­ beit wird nicht besonders angerechnet. Wenn eine bereits zweimal getane Arbeit sich immer noch als unter der Norm befindlich er­ weisen sollte, dann wird"die betreffende Gruppe für die Produk­ tion des von ihr bearbeiteten Abschnitts verantwortlich gemacht werden. Ebenso ist die Gruppe dafür verantwortlich, daß das Un­ kraut mit dem Fortschreiten der Jahreszeit gehackt wird." Die gegenseitige Kontrolle der Arbeit zwischen den ein­ zelnen Gruppen bildet einen Teil des nunmehr in Kraft gesetzten Kontroll- und Wettbewerbsprogramms "Rote Fahne". Man hofft, daß auf Grund dieser neuen Vorschrift die Bauern ihre Leistungen steigern werden. Die gesteigerte Produktion wird dann zur Norm erhoben, und wiederum werden die Arbeiter angehalten, ihre Lei­ stung zu steigern. Und so fort. Die Tüchtigsten erhalten eine rote Fahne. * * * * # - 6 - "AMERIKA DIENST" 30. November 1955

KREUZZUG DER NÄCHSTENLIEBE Zwei Millionen CARE-Pakete zum Weihnachtsfest - Berlin wird besonders bedacht (65 Zeilen) NEW YORK - (AD) - Auch in diesem Jahr wird die amerikani­ sche CARE-Organisation, ein privates Nonprofit-Unternehmen, wie­ der an Hilfsbedürftige in Europa und' Asien zu Weihnachten ein Lebensmittelpaket verschicken. Für jeden Dollar des Millionen- Betrages, der von der amerikanischen Bevölkerung für Notleiden­ de in Berlin, Westdeutschland, Italien, Jugoslawien, .Griechen­ land, Indien und Pakistan gespendet wurde, stellt die CARE- Organisation ein elf Kilo schweres Paket zusammen. Die US-Re­ gierung hat für diesen Zweck Butter, Milchpulver, Käse und Speiseöl für insgesamt zwei Millionen Sendungen freigegeben. Die CARE-Pakete werden in zwei verschiedenen Zusammenstel­ lungen versandt, um den unterschiedlichen Küchenzetteln in den einzelnen Ländern Rechnung zu tragen. Zwei 5V2-Pfund-Büchsen Speiseöl und zwei 4V2-Pfund-Büchsen Milchpulver erhält jeder in Indien oder Pakistan wohnende Empfänger, während die Spenden für europäische Länder aus je einer 7-Pfund-Büchse Käse, zwei 4V2-Pfund-Büchsen Milchpulver und einer 6-Pfund-Büchse Butter bestehen. Der Präsident der CARE-Organisation, Murray D. Lincoln, begann seine Werbekampagne für den weihnachtlichen "Kreuzzug" der Nächstenliebe bereits vor einem halben Jahr. In einem Spen­ denaufruf, der unter anderem auch vom Vizepräsidenten des ameri­ kanischen Gewerkschaftsverbandes AFL, Matthew Woll, in seiner Eigenschaft als Vizepräsident der CARE-Organisation sowie vom CARE-Schatzmeister Harold S. Miner, Vizepräsident der Manufactu- rers Trust Company, unterzeichnet worden war, wandte er sich an die Bevölkerung der Vereinigten Staaten, auch in diesem Jahr die Notleidenden in aller Welt nicht zu vergessen. Zur gleichen Zeit wies Mr. Lincoln in einem Presseinterview darauf hin, daß vor allem Berlin der ständigen Hilfe und Unter­ stützung bedürfe. Inzwischen sind an die Viersektorenstadt be­ reits 45 000 CARE-Pakete von je elf kg Gewicht zur Verteilung - 7 - "AMERIKA DIENST" 30. November 1955

Verteilung an bedürftige Familien von Arbeitslosen, Rentnern, Wohlfahrtsempfängern und Flüchtlingen aus der sowjetisch be­ setzten Zone Deutschlands abgeschickt worden. Die CARE-Organisation entstand nach dem Ende des letzten Weltkrieges, als 22 der größten karitativen Verbände Amerikas sich zusammenschlössen, um ihre Hilfsmaßnahmen für Europa ge­ meinsam durchzuführen. Sie gründeten die Cooperative for American Remittance to Europe, Inc., die Genossenschaft für die Vermittlung amerikanischer Geschenksendungen nach Europa, kurz CARE genannt. Die erste Schiffsladung Nahrungsmittel ver­ sandte dieses Unternehmen im Mai 1946 von Philadelphia aus. Da zu den mehr als 50 Ländern, die schließlich von der CARE-Orga­ nisation betreut wurden, auch nahezu alle lateinamerikanischen und viele asiatische Länder, wie Japan, Korea und Vietnam, ge­ hörten, änderte man die Bezeichnung der Organisation in Cooperative for American Remittance to Everywhere, Genossen­ schaft für die Vermittlung amerikanischer Geschenksendungen nach überall. Das war im Jahre 1951, und seitdem hat dieses private Unternehmen, das nach wie vor ohne Gewinn arbeitet, aus Bestän­ den der Vereinigten Staaten rund 102 000 Tonnen Nahrungsmittel im Gesamtwert von mehr als 70 Millionen Dollar erhalten und ver­ schickt. Außerdem werden auch heute noch Bedürftige in 15 Ländern mit Textilien versorgt und die Aktion "Dorf-Hilfe" durchgeführt, bei der jeweils eine Gemeinde oder ein Ort in den Vereinigten Staaten die Aufgabe übernimmt, kostenlos Werkzeug und landwirt­ schaftliches Gerät für ein Dorf in unterentwickelten Gebieten zu liefern. Insgesamt hat die Bevölkerung der Vereinigten Staaten im Laufe der letzten neun Jahre für 15 Millionen CARE-Sendungen Nahrungsmittel, Textilien, Bücher, Werkzeuge, landwirtschaftli­ ches Gerät und Ausrüstungsgegenstände für Forschungslaboratorien im Gesamtwert von 165 Millionen Dollar gespendet. ACHTUNG REDAKTION! Auf Anforderung übersendet Ihnen der AMERIKA DIENST kostenlos folgende Bilder: 1) Vom Fußboden bis zur Decke gestapelt, lagerten Tausende CARE-Pakete im New Yorker Versandhaus der größten privaten Hilfsorganisation Amerikas. Die Lebensmittelsendungen wer­ den für viele Bedürftige in Asien und Europa eine willkomme­ ne Weihnachts^abe sein. 2) Elefanten transportierten diese CARE-Pakete vom Hafen zur Universität von Ceylon. Die Sendungen enthielt wertvolle wissen­ schaftliche Bücher für.die Bibliothek der Hochschule. Insgesamt 25 Länder in Europa und Asien werden laufend von CARE mit wissen­ schaftlicher Literatur versorgt. ***** - 8 - ST" • 30. November 1955' GEDENKTAGE IM DEZEMBER 1955 1823 Monroe-Doktrin verkündet 1885 George R. Minot, amerikanischer Arzt und Nobelpreisträger, geboren 1933 Aufhebung der Prohibition in Amerika 1776 Phi Beta Kappa Fraternity, die älteste akademische Vereinigung in den USA,, gegründet 1941 Überfall auf Pearl Harbor 1876 Willa S. Cather, amerikanische Schrift­ stellerin, geboren 1953 Präsident Eisenhower unterbreitet der 8.Vollversammlung der Vereinten Nationen seinen epochemachenden Atome-für-den-- Frieden-Plan 1898 Friedensvertrag von Paris beendet den spanisch-amerikanischen Krieg 1930 Sinclair Lewis erhält als erster Amerika­ ner den Nobel-Preis für Literatur 1830 Emily Dickinson, amerikanische Dichterin, geboren UN-Tag der Menschenrechte, eingeführt an­ läßlich der Erklärung der Menschenrechte durch die UN-Vollversammlung im Jahre 1948 1946 Internationaler Kinderhilfsfonds der Ver­ einten Nationen (UNICEF) gegründet T946 John D. Rockefeller jun. schenkt den UN das Grundstück am East River (Wert 8,5 Millio­ nen Dollar) 1952 UN entscheiden sich für die Gründung eines Kriegsgefangenen-Ausschusses, der den Ver­ bleib von 1,5 Millionen nicht repatriierten Gefangenen des 2.Weltkrieges untersuchen soll ' 1800 Washington, D.C., wird Sitz der Regierung 1799 George Washington, erster Präsident der USA, gestorben 1791 Bill of Rights wird rechtskräftig 1903 Den Gebrüdern Wright gelingt der erste Motorflug bei Kitty Hawk in Nord-Karclina 1620 Die Pilgerväter landen mit der "Mayflower" in Plymouth 1921 US-Kongreß genehmigt 20 Millionen Dollar Hilfe für die notleidende Bevölkerung Ruß­ lands 23. Dezember 1805 • "AMERIKA DIENST" 30. November 1955

23. Dezember 1805 Joseph Smith, Gründer der Mormonen-Reli­ gionsgemeinschaft, geboren 23. " 1913 US Federal Reserve System gegründet 27. • 1949 Indonesien wird selbständiger Staat 28. " 1856 Woodrow Wilson, 28.Präsident der USA, geboren 28. " 1945 Internationales Währungsabkommen unter­ zeichnet (Gründung der Weltbank)

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- 10 - "AMERIKA DIENST" 7. Dezember 1955

Zwanzig zeitgenössische Dichter und Schrift­ steller schreiben über "ihre" Stadt. Aus Ost und West, aus Nord und Süd kommen die Schil­ derungen und vermitteln uns ein literarisch gezeichnetes Bild des heutigen Amerika.

DAS IST AMERIKA (XVIII) Carson McCullers, eine der jüngsten Schrift­ stellerinnen der Vereinigten Staaten ist ein Kind des Südens. Ihr Geburtsort ist Columbus im südlichen Georgia, das sie 1934 mit 17 Jah­ ren verließ, um in New York Musik zu studieren. Später schrieb sie selbst über diese Reise: "Die Stadt und der Schnee - ich hatte niemals vorher Schnee gesehen - überwältigten mich derart, daß ich nicht zum Arbeiten kam." In­ zwischen aber hat es sich herumgesprochen, daß Miss McCullers ihre Zeit keineswegs ver­ trödelt hat. Mit 23 Jahren veröffentlichte sie ihren ersten Roman "The Heart is a lonely Hunter" (Das Herz ist ein einsamer Jäger),*) den Kritiker von Ruf als "zeitweilig von be­ wunderungswürdiger Dichte" bezeichneten. Diesem ersten Buch folgten weitere erfolgreiche Roma­ ne und "short stories". Seit mehr als zehn Jahren lebt und schreibt Carson McCullers nun in dem Städtchen Nyack am Hudson, es ist ihr, wie sie selbst fest­ stellt, zur zweiten Heimat geworden.

NYACK SCHIEN MIR GERADE RECHT ... Von Carson McCullers (75 Zeilen) Wenn ich in der Dämmerung auf der Veranda meines Hauses in Nyack im Staate New York sitze und über den Hudsonfluß hinweg auf die Lichter der Stadt Tarrytown am anderen Ufer blicke, dann ist es mir oft, als hörte ich Stimmen uus Amerikas Vergangenheit. Washington Irving, ein großer amerikanischer Schriftsteller und

*) In deutsch erschienen: "Das Herz ist ein einsamer Jäger", Stuttgart, Hamburg: Scherz und Goverts, 1952 "Das Mädchen Frankie"(The Member of the Wedding), Köln, Berlin: Kiepenheuer & Witsch, 1954 - 1 - "AMERIKA DIENST" 7. Dezember 1955 und Kosmopolit, schrieb vor hundert Jahren über diese Gegend: "Wer immer den Hudsonfluß hinaufgefahren ist, wird die Catskill- Berge nie vergessen. Sie wurden in grauer Vorzeit von der großen Bergkette der Appalachen abgetrennt, und ihre Gipfel türmen sich zu nobler Höhe anschwellend und das Land weithin überragend im Westen des Flußgebietes. Bei ruhigem und klaren Wetter strahlen sie in Blau und Purpur und drücken dem klaren Abendhimmel ihr kühnes Profil auf; dann aber, besonders an wolkenlosen Tagen, umhüllen sie gerne ihre Gipfel mit silbergrauen Schleierhauben, die in den letzten Strahlen der sinkenden Sonne wie Purpurkronen leuchten und glühen." Diese Zeilen beziehen sich auf meine engere Heimat. Nyack liegt nämlich eingebettet zwischen dem Hudson und den Appalachenbergen. Im Süden, weniger als 50 Kilometer entfernt, liegt New York City. Trotz der großen Nähe der Metropole liegt Nyack nicht an den Hauptverkehrswegen. Und nur wenige Nyacker sind es, die täglich mit eigenem Auto oder Bussen den Weg nach New York und zurück machen. An der Schwelle der Weltstadt gelegen, atmet Nyack mit seinen altmodischen Häusern und Gärten die Würde und den Ernst vergangener Zeiten in stiller und so gar nicht hastender Weise. Und obgleich Nyack alles fehlt, was es zu einer typischen Vor­ stadt New Yorks machen würde, ist dieser Ort von einer großen Weltaufgeschlossenheit. Es hat internationalen Ruf, vor allem wegen seiner 13 000 Bewohner aus geknechteten Ländern der Welt, die die "Tolstoi Foundation" hier angesiedelt und ihnen ein neues Leben in Freiheit ermöglicht.hat. Sibirische Flüchtlinge reisten unter größten Mühsalen viereinhalb Jahre und legten 8000 Kilometer und mehr zurück auf ihrem Wege über Nordchina, Indien, Nyack bis zur Tolstoi-Farm. Von diesen russischen Flucht- • lingen leben 300 in Nyack. Über ein Jahr lang wohnte eine russi­ sche Mutter mit ihrem Sohne in meinem Hause. Heute verbindet uns eine ständige Freundschaft. Von allen Ecken der Erde sind sie in unsere kleine Stadt geströmt, deren enge Gassen und Straßen heute oft von den weichen, melodischen Lauten der russischen Sprache widerhallen. Das "AMERIKA DIENST" 7. Dezember 1955 Das stärkste Bindeglied zwischen den Menschen und der Welt ist die Kunst. Unsere kleine Stadt ist stolz auf ihre Künstler und dies mit gutem Grund. Hier, ganz in der Nähe von Nyack, ließ sich der große Henry Varnum Poor vor Jahrzehnten schon nieder, als das Land um Nyack noch unberührt und primitiv war. Er baute sein Haus mit eigenen Händen aus Steinen, die er aus einem nahe­ gelegenen Steinbruch holte. In seiner Individualität und Schön­ heit sicherlich eines der schönsten Häuser der Welt: ein langge­ streckter zweigeschossiger Bau mit einem Freilicht-Studio und Brennofen, selbstgemalten Bildern an den Wänden, auf den langen Tischen auserlesen schönes Porzellan und Töpferarbeiten, kurz jedes Stück in diesem Hause trägt den Stempel des großen Künst­ lers. Sein Nachbar ist Maxwell Anderson, dessen Theaterstück "High Tor" dieser Region Amerikas gewidmet ist. Auch der Publizist Henry Simon hat an der Südlichen Bergstraße sein Hausj in dem er mit Frau und seinen fünf Kindern wohnt. Zu unseren Nachbarn gehören auch die Schauspieler Katharine Cornell und Burgess Meredith. In Upper Nyack, umgeben von großen Rosengärten haben der Dramaturg und Bühnenautor Ben Hecht, die Schauspielerin Helen Hayes und ihr schriftstellernder Mann Charles MacArthur ihre Häuser, deren großangelegte Terrassen bis an das Hudsonufer rei­ chen. Wie alle Nyacker liebt auch die große Schauspielerin ihr Haus am Hudson, den Rosengarten, das Schwimmbad und den Fluß. Nyack ist meine Wahlheimat seit über zehn Jahren. Ich wollte New York City nahe sein, aber weder dort noch in einer der typi­ schen Vorstädte leben. Ich wollte auch nicht in einer der so überaus selbstbewußten Künstlerdörfer leben. Nyack schien mir gerade recht, es ist wohl stolz auf sein Künstlervolk, aber keineswegs eine selbstbewußte Stadt. Ich sitze auf der Veranda meines Hauses, der Fluß leuchtet wie ein blausilbernes Band. Möwen ziehen über dem Fluß ihre Krei­ se und erinnern an Ozeane und ferne Länder an fernen Küsten. ACHTUNG REDAKTION! Auf Anforderung übersendet Ihnen der AMERIKA DIENST kostenlos ein Porträt von Carson McCullers. * * * # * - 3 - AMERIKA DIENST" 7. Dezember 1955

DURCH RADIOISOTOPE ZU HÖHEREM BODENERTRAG Atomare Substanzen klären Agrarprobleme

( NEW YORK — (AD) — In zahlreichen Ländern der Welt ver­ wenden die Agrarwissenschaftler heute Radioisotope., ein Neben­ produkt der Atomenergiegewinnung, um neue Erkenntnisse über die Ertragsfähigkeit verschiedener Bodenarten zu gewinnen, wie einem kürzlich veröffentlichten Bericht der Ernährungs- und Landwirt­ schaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) zu entnehmen ist "Im Gegensatz zu der allgemein verbreiteten Annahme", heißt es in dem Bericht, "waren die meisten der heute als fruchtbar bekannten Gebiete der Erde ursprünglich sogenannte schlechte Böden, die erst im Laufe der Jahrhunderte, durch unendliche Mühe und Aufarbeitung durch den Menschen ihren heutigen Stand der Ertragsfähigkeit erreicht haben. Die Möglichkeiten, eine Steigerung der landwirtschaftlichen Erzeugung durch die Anwen­ dung eben dieser Prinzipien im größeren Rahmen zu erreichen, sind außerordentlich groß." Als Beispiel nennt die PAO in ihrem Bericht Japan, dessen Reisertrag pro Hektar viermal so groß ist wie der Indiens. Dies liegt zum großen Teil an der besseren Bodenpflege in Japan, an der Verwendung von Kunstdunger in größerem Ausmaß. Untersu­ chungen ergaben, daß schon die geringe Zugabe von 30 Kilogramm Stickstoff per Hektar, je nach Bedarf gemischt mit anderen Pflan­ zennährstoffen, zu einer Erhöhung der indischen Reisproduktion von heute 35 Millionen Tonnen um zehn Millionen Tonnen führt. Die Verwendung von Kunstdünger ist in den meisten Ländern jedoch nicht eine Frage des Wollens oder Nichtwollens sondern ausschließlich eine Geldfrage. Polglich müsse die FAO wie es in dem Bericht heißt, alle Länder dahingehend beraten, daß na­ türlich die Fruchtbarkeit des Bodens weitestgehend genutzt wird, und daß zusätzliche Beigaben von Künstdünger in der erfolgver- sprechensten Weise verabreicht werden. Auf "AMERIKA DIENST" 7. Dezember 1955

Auf diesem Gebiete haben die mit Radioisotopen durchgeführ­ ten Untersuchungen den Agrarwissenschaftlern vieler Länder eine Fülle von wertvollen und fundamentalen Informationen und prakti­ schen Hinweisen an die Hand gegeben. Wie der FAO-Bericht weiter ausführt, gibt es heute Radioisotope., fast aller wichtigen Pflan­ zennährstoffe, mit deren Hilfe sich Erkenntnisse über die wich­ tigsten Faktoren der Bodenfruchtbarkeit gewinnen lassen. Bei diesen sogenannten "Markierungs"-Studien mit Spürelementen läßt sich feststellen, wie und zu welchen Zeitpunkten eine Pflanze Nährstoffe aufnimmt und verwertet. Die Tatsache, daß Phosphor zu einem großen Teil im Boden fixiert ist und so nur zu einem ganz geringen Prozentsatz von den Pflanzen aufgenommen werden kann, hat den Wissenschaftlern bisher manches Kopfzerbrechen bereitet. Man hofft darüber mehr zu wissen, wenn die zur Zeit in den Vereinigten Staaten mit radioaktivem Phosphor und radioaktivem Kalzium durchgeführten Versuche abgeschlossen sind. Mehr insofern, als man wahrschein­ lich jene Paktoren genau kennt, die zur Fixation des Phosphors in kalkhaltigen Böden führen. Bis heute haben die Versuche mit radioaktivem Phosphor er­ geben, daß bei Düngerverwendung die Pflanze nicht nur Phosphor aus dem Dünger sondern auch mehr Phosphor aus dem Boden aufnimmt. Reis ist das Hauptnahrungsmittel der Hälfte der Weltbe­ völkerung. Er wächst auf überschwemmten Ackerböden. In Japan werden zur Zeit Untersuchungen mit radioaktivem Phosphor, Schwe­ fel und Eisen durchgeführt, um mehr über die chemischen Bestand­ teile solcher Ackererde, die sich erheblich von anderen Boden­ arten unterscheidet, zu erfahren, besonders aber auch über Ein­ flüsse gewisser Faktoren in bezug auf Aufnahme und Aufbau dieser Stoffe durch die Reispflanze. Gleichlaufende Untersuchungen sind auch in Indien im Gange. Andere Experimente dienen, wie es in dem FAC-Bericht weiter heißt, der Entwicklung der besten wirtschaftlichen Verfahren für die Gewinnung von Pflanzennährstoffen und der zeitlich be­ sten Verabfolgung im Dünger unter Berücksichtigung der Wachs­ tumsperioden von Blatt- und Wurzelwerk. Aus diesem Grunde gilt

- 5 - AMERIKA DIENST" 7. Dezember 1955 gilt das Interesse der Wissenschaftler bei diesen Versuchen mit Radioisotopen auch den "Wurzelgewohnheiten" der verschie­ densten Nutzpflanzen. Aber auch noch andere Erkenntnisse in bezug auf Details der Bodenbeschaffenheit lassen sich mit Hilfe von Radioisoto­ pen gewinnen. So beispielsweise Feuchtigkeitsgehalt und Dichte, was für den Agronom, den Ingenieur und den Bodenspezialisten gleichermaßen wissenswert ist. Der Feuchtigkeitsgehalt eines Bodens wird hierbei durch den Grad der Neutronenstreuung in den Wasserstoffatomen im Grundwasser bestimmt. Ein ähnliches Verfahren, bei dem Gammastrahlen anstatt Neutronen verwendet werden, dient der Feststellung der Dichte oder des Grades der Schwere des Bodens. Unter Anwendung dieser Methoden werden in den Vereinigten Staaten zur Zeit auch die Auswirkungen der Benutzung der ver­ schiedenen Ackergeräte und Maschinen auf die Bodendichte einer näheren Beobachtung unterzogen. Die jüngste experimentelle Verwendung von radioaktiven Isotopen ist das Einsetzen von radioaktivem Phosphor und radio­ aktivem Rubidium in Teiche.. und Flüsse*, um herauszubekommen, wie groß die Wasseraufnahme des umliegenden Ackerlandes aus die­ sen Oberflächenquellen ist. Diese Isotope gibt man auch den Wassern von Bewässerungsanlagen bei, um so den Berieselungs­ bereich zu markieren. In Japan verwendet man Radioisotope auch dazu, durchlässige Stellen in Bewässerungsdämmen aufzudecken und den Stand des Grundwassers zu kontrollieren. Aus den Berichten der FAO geht hervor, daß der Beitrag der Atomenergie für die Entwicklung der Landwirtschaft und die Er­ nährung der Menschheit, wenn auch nur indirekt, so doch außer­ ordentlich wertvoll und weitreichend ist. Denn alle diese Infor­ mationen hätten die Wissenschaftler nicht zur Verfügung, ohne jene strahlungsreichen atomaren Spürelemente: die Radioisotope.

ACHTUNG "AMERIKA DIENST" 7. Dezember 1955

ACHTUNG REDAKTION! Auf Anforderung übersendet Ihnen der AMERIKA DIENST kostenlos folgende Bilder:

1) Für die Hälfte der Menschheit ist Reis das Hauptnah­ rungsmittel. Die FAO, die Ernährungs- und Landwirt­ schaftsorganisation der Vereinten Nationen, ist augen­ blicklich dabei, mit Hilfe von Radioisotopen herauszu­ finden, wie die Erträge der Reisfelder in Fernost er­ höht werden können.

2) Landwirtschaftsexperten der Vereinigten Staaten verwen­ den in gesteigertem Maße Radioisotope bei ihren agrar- wissenschaftliehen Untersuchungen.

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ÜBER HO 000 BESCHÄFTIGTE IN DER US-ATOMINDUSTRIE

(11 Zeilen) HOLLYWOOD — (AD) — In der amerikanischen Atomindustrie sind gegenwärtig über 140 000 Personen beschäftigt, geht aus einem auf einer Konferenz amerikanischer Bankiers und Finanzexperten in Hollywood vorgelegten Wirtechaftsbericht hervor. In dem Bericht, der einen Überblick über die von den amerika­ nischen privaten Elektrizitätsgesellschaften geplanten Atomprojekte gibt, wird darauf hingewiesen, daß für diese Entwicklungsvorhaben ein Kapital von 225 Millionen Dollar aufgebracht werden muß . Man rechnet damit, daß bis zum Jahre 1980 ein Atomkraftwerknetz mit eine Kapazität von mehreren hundert Millionen Kilowatt in den USA errich­ tet sein wird.

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- 7 - "üMERIKA DIENST" 7. Dezember 1955

DIE GEMEINDE DER "GROSSEN BÜCHER" Ein Volk vertieft sich in die Grundlagen seiner Kultur ( 55 Zeilen) BOSTON - (AD) - Eine merkwürdige Beobachtung machte kürz­ lich ein Reporter des Christian Science Monitor aus Boston: Er sah, wie er in seinem Wagen über Land fuhr, einen Bauer, der mit einem Trecker langsam über eine Ackerfläche rollend, tiefe Furchen in das Erdreich zog und dabei - ein Buch.las. Der Re­ porter stoppte, um zu erfahren, was das für ein Mann und was das für ein Buch sei. Das Buch, so stellte sich heraus, war Piatos "Staat", und der Treckerfahrer war ein ganz normaler Earmer, der sich allerdings als begeisterter und eifriger An­ hänger des "Great Books Programf! erwies. Die "Great Books" spielen in der Erwachsenenbildungsarbeit der Vereinigten Staaten eine große Rolle. Man versteht unter ihnen solche Bücher, auf denen Philosophie und Religion unserer Tage fußt. In dem ersten Jahr Jenes Bildungskurses, an dem der aufgeschlossene Farmer teilnimmt, stehen Werke von Plato, Sophokles, Plutarch, Machiavelli, Shakespeare, Milton, Thoreau, Tolstoi und andere, im ganzen sechzehn, auf dem Programm. Der fortgeschrittenere Kurs befaßt sich dann mit Homer, Lao-tse, Augustinus, Spinoza, Darwin, Lante, Montaigne, Konfuzius, Kant, Rousseau, Goethe, Melville, Kierkegaard, Nietzsche, Freud, Dostojewski, mit dem indischen Bhagavadgita-Epos, dem alten und dem neuen Testament. Das Programm dieser "Großen Bücher" hat seinen Ursprung in Frankreich, wo während des ersten Weltkrieges der amerikani­ sche Universitätsprofessor John Erskine ein Studienzentrum in Dijon gegründet hatte und vor jungen Soldaten, deren Studium durch den Kriegsdienst unterbrochen worden war, oder in denen das Erlebnis des Krieges geistige Interessen geweckt hatte, Vorlesungen hielt und sie an die "Großen Bücher" heranführte. Als er dann nach dem Krieg an die Columbia-Universität in New York zurückkehrte, gelang es ihm, dort einen zweijährigen Kursus für solche Studenten einzurichten, die an einer Seminar-Arbeit über - 8 - "AMERIKA DIENST" 7. Dezember 1955 über diese "Großen Bücher" Interesse hatten. Dieser Kurs unterschied sich in seiner zwanglosen und der europäischen Vorlesungsform näherkommenden Art wesentlich von der landläufigen "American College education". Aber er erwies sich für eine gewisse Anzahl von Studenten als gerade das rich­ tige, und so wurde er denn von zwei Universitäten übernommen, der Universität von Chicago und dem St.John's College in Annapoli (Maryland). Während das St. John's College das Seminar der "Großen Bücher" innerhalb seines Vorlesungsplanes durchführt, läßt die Chicagoer Universität es als Fortbildungskurs für Interne wie Externe nebenher laufen. Um diese "Großen Bücher" hat sich nun mittlerweile eine Art Gemeinde versammelt, die allenthalben im Lande in privatem Kreis Diskussionsabende veranstaltet, an denen über das Gelesene gesprochen wird. Da sind Angehörige der verschiedensten Berufe vertreten, Hausfrauen, Ärzte, Juristen, Fabrikarbeiter, Kauf­ leute, Farmer, Geschäftsleute, Sekretärinnen, Krankenschwestern, Techniker und Ingenieure. Für sie alle bedeuten diese Abende im gemeinsamen Gespräch Anregung und Erholung, und man kann mit Recht sagen, daß die "Großen Bücher", die zu der Grundlage unse­ rer gemeinsamen Kultur gehören, in Amerika auf dem Wege sind, Gemeingut im besten Sinne des Wortes zu werden und die Menschen zu formen. Denn die Lesegruppen wachsen ständig und üben eine zunehmende Wirkung auch auf Außenstehende aus.

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KURZNACHRICHTEN DOKUMENTENBAND ÜBER GENFER AUSSENMINISTERKONFERENZ (18 Zeilen) WASHINGTON - (AD) - Das amerikanische Außenministerium hat nunmehr einen 307 Seiten starken Dokumentenband über die Genfer Außenministerkonferenz veröffentlicht. In der Ausgabe sind sämtliche Vorschläge der vier Genfer Delegationen sowie die wichtigsten Erklärungen des amerikani­ schen Außenministers und der anderen Außenminister enthalten. Alle während der Konferenz zur Sprache gekommenen wichtigen Themen wurden in dem Buch berücksichtigt. Der Dokumentenband enthält eine Reihe von bisher im vollen Text nicht veröffentlichten Erklärungen, über die jedoch in zu­ sammengefaßter Form in den Pressekonferenzen berichtet worden war. Die Veröffentlichung dieser Dokumente über die Genfer Kon­ ferenz war von den Außenministern Frankreichs, Großbritanniens und der USA in Genf beschlossen worden. Wie der Leiter der Historischen Abteilung des US-Außen­ ministeriums, Bernard Noble, in diesem Zusammenhang erklärte, will das britische Außenministerium seine eigene Ausgabe von Genfer Dokumenten innerhalb der nächsten Tage veröffentlichen.

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FLÜSSIGES METALL ALS REAKTORBRENNSTOFF ( 25 Zeilen) UFTON (New York) - (AD) - Ein neuer Reaktortyp, der als Atombrennstoff in flüssigem Wismut gelöstes Uran verwendet, wurde dieser Tage auf einem Seminar im Kernforschungs-Institut der US-Atomenergie-Kommission Brookhaven erläutert. Der unter der Abkürzung "LMFR" (Liquid Metal Fuel Reactor - Reaktor mit Flüssigmetall-Erennstoff) bekanntgewordene Reak­ tor, der fortlaufend Strom erzeugt, neuen Brennstoff für den eigenen Verbrauch produziert und die Rückstände in Abfalltanks abgibt, gilt in Fachkreisen als "wirtschaftlich attraktiv" und schon für die nächste Zukunft als technisch durchführbar. Bei einer Stromkapazität von 226 000 Kilowatt würde eine Kilowattstunde - 10 - "AMERIKA DIENST" 7. Dezember 1955 Kilowattstunde etwa auf 0,71 Cent kommen. lies liegt sogar noch unter dem Strompreis in Gebieten der Vereinigten Staaten, in denen die Rohstoffe zur Stromgewinnung nach den herkömmli­ chen Methoden verhältnismäßig teuer sind. Die Forschungsarbeiten und Versuche zur Konstruktion eines Reaktors, der mit flüssigem Metall arbeitet, laufen im 1 stitut Brookhaven schon seit sieben Jahren. Fünfzig Wissen­ schaftler aus Industrie und Forschung, die sich eingehend mit den vorliegenden Berichten befaßten, sind der Ansicht, daß der Flüssigmetallbrenner etwa 80 Prozent des erforderlichen Atom­ brennstoffs selbst zu erzeugen vermag. Das Seminar ist Teil des Programms der AEC, die Industrie über die Fortschritte in der Entwicklung von Kraftwerks-Reak­ toren auf dem laufenden zu halten.

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AUSSTELLUNG ÜBER PRAKTISCHE DURCHFÜHRUNG DES LUFTINSPEKTIONSPLANES PRÄSIDENT EISENHOWERS (14 Zeilen) VEREINTE NATIONEN, New York - (AD) - Die Delegierten der Vereinten Nationen hatten kürzlich Gelegenheit, eine amerikani­ sche Ausstellung über moderne Methoden und Techniken der Luft­ aufklärung zu besichtigen, die für die Durchführung von Präsi­ dent Eisenhowers Plan der "offenen Himmel" zur Verfügung stehen. Der US-Chefdelegierte bei den Vereinten Nationen, Botschaf­ ter Henry Cabot Lodge jun., führte seine Gäste durch die im "Carnegie International Center" in unmittelbarer Nnhr- des UN- Hauptquartiers aufgestellte Sonderausstellung und erläuter­ te ihnen an Hand der einzelnen Ausstellungsobjekte, die Genauig­ keit und Exaktheit, mit der die moderne Luftaufklärung durchge­ führt werden kann. Liese bis ins letzte verfeinerten Techniken liefern den Schlüssel für den Plan des amerikanischen Präsiden­ ten, eine beiderseitige Luftaufklärung über den Vereinigten Staaten und der UdSSR durchzuführen.

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- 11 - ACHTUNG REDAKTIONEN:

Betrifft; Berichtigung Anhang AMERIKA DIENST, Allgemeines, vom 7.Dezember 1955 - Lodge fordert Annahme des Luftinspektionsplans Eisenhowers -

Seite 6 ab Zeile 13 muß wie folgt heißen: "Herr Kusnetzow fühlt sich offenbar dadurch beunruhigt, daß sich die Haltung der Vereinigten Staaten weiterentwickelt und nicht ständig die gleiche bleibt. Wir möchten Ihnen zu ver­ stehen geben, daß die Vereinigten Staaten deshalb heute in der Frage der Abrüstung zaudern, weil sie einige Vorbehalte hin­ sichtlich mancher jener Gedankengänge haben, die wir zu frühe­ ren Zeitpunkten zu diesen Diskussionen beigesteuert haben."

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Ferner bitten wir Sie, davon Kenntnis zu nehmen, daß unsere Serie "Das ist Amerika" mit der heutigen Fortsetzung Nr. XIX abgeschlossen ist.

Redaktion "AMERIKA DIENST" Bad Godesberg, Postfach 300

t AMERIKA DIENST" 14. Dezember 1955 Zwanzig zeitgenössische Dichter und Schrift­ steller schreiben über "ihre" Stadt. Aus Ost und West, aus Nord und Süd kommen die Schil­ derungen und vermitteln uns ein literarisch gezeichnetes Bild des heutigen Amerika.

DAS IST AMERIKA (XIX)

Der Name Paul Engle steht im literarischen Bewußtsein der Vereinigten Staaten mit an erster Stelle. Paul Engles Schöpfungen sind eng mit Boden und Menschen des amerikanischen Mittelwestens verknüpft, zu dem auch sein Heimatstaat Iowa gehört. Der heute 47jährige Paul Engle ist Dichter, ein Verseschmieder, der mit manchem Lite­ raturpreis ausgezeichnet wurde. Er ist Ver­ fasser einer Reihe von Anthologien, ein Wegbereiter für junge schriftstellernde Talente. Seit mehreren Jahren ist er Lei­ ter des Instituts für Dichtkunst und Li­ teratur an der Universität von Iowa. Sein Wohnsitz ist in Iowa City, der Stadt, über die er nachstehend berichtet.

EIN BESUCH IN EWA CITY Von Paul Engle

( 68 Zeilen) In der kleinen Universitätsstadt Iowa City, zweihundert Meilen westlich von Chicago, bestätigt sich Amerikas bester Lebensstil täglich aufs neue. Bäuerlicher Pleiß und künstle­ rische Intuition sind die hervorstechendsten Eigenschaften des Gemeindelebens in Iowa City. Iowa City ist eine kleine, dem Weltgeschehen gegenüber aber recht aufgeschlossene Stadt. Knapp zwei Häuserblocks von der Musikakademie der Universität entfernt, zieht der Mennoni- ten-Parmer, Mitglied einer im 16. Jahrhundert gegründeten re­ ligiösen Sekte, in aller Ruhe die Plane über seinen kleinen Pferdewagen stramm. Seine Person ist Beweis für die Toleranz eines Landes, das auch den Minderheiten ihr Recht auf ein frei

- 1 - "AMERIKA DIENST" 14. Dezember 1955 frei gewähltes und ungewöhnliches Leben zugesteht. Iowa City ist eine bequeme Stadt: in zehn Minuten hat man sie von einem Ende bis zum anderen durchfahren. Ihre geistige Breite aber übersteigt ihre örtliche Enge um ein Vielfaches. Die Konzerte der Musikakademie umfassen Werke von Mozart bis Bartok. An den Wänden unserer Galerien hängen Gemälde der gegenständli­ chen wie der nichtgegenständlichen Kunst, Werke der großen Roman­ tiker wie der Symbolisten. Die Kinos zeigen außer amerikanischen Filmen, solche aus Deutschland, Italien, Prankreich und Japan. In den Bücherreihen der Stadtbibliothek stehen alle namhaften Bände der Weltliteratur, die jedermann zugänglich sind; die Kunstausstellung zeigt augenblicklich die Pläne des "Wohnhauses der Zukunft". Und überall, aus welchem Fenster man auch blickt, dehnt sich bis zum Horizont ein Viertel des besten Ackerlandes Amerikas. Riesige Zehn-Tonnen-Trucks rollen unablässig das Mastvieh von Iowas fruchtbaren Farmen in die Schlachthöfe von Chicago, während wenige Schritte von den Überlandstraßen entfernt, im Theaterraum der Universität die Probe eines neuen Bühnenstückes abläuft. Es wäre aber falsch anzunehmen, daß nur Fleisch und Getreide nach Chicago rollt; die Lastzüge führen auch zahlreiche Kunst­ gegenstände mit, neue Gemälde, Graphiken und Skulpturen, die an andere Kunsthandlungen und Museen der USA gehen und von Iowas äußerst befähigter Künstlergilde Zeugnis ablegen. Sie bringen Manuskripte junger Schriftsteller in die Verlagshäuser der Großstädte. Kamhafte Zeitschriften- und Buchverleger sind regelmäßige Abnehmer dafür. Als jüngst ein Klavierkonzert eines jungen Komponisten aus Iowa von den New Yorker Symphonikern uraufgeführt wurde, spielte ein junger Klaviervirtuose aus Iowa City den Solopart. Und lassen Sie es mich nochmals sagen: diese Musiker aus Iowa gäbe es nicht ohne den Farmer aus Iowa, den Viehzüchter und Schweinemaester und auch den kleinen Ge­ schäftsmann, der Steuern zahlt und arbeitet, arbeitet... Diese Züge bringen aber auch manches mit nach Iowa zurück. So vor allem wissensdurstige, eifrige junge Talente aus aller

- 2 - "AMERIKA DIENST" 14. Dezember 1955 aller Welt. Ich, der Schriftsteller, habe in diesem Sommer einen jungen japanischen Dichter zu unterrichten gehabt, der an einer Zeitschrift arbeitet, die eine Sondernummer japanischer Gedichte herausgeben will und die dieser junge Mann in meinem Institut ins Englische übertrug: Da waren außerdem ein kleiner Koreaner, dessen erste short story soeben von Harper's Bazaar in New York abgedruckt wurde; eine Inderin, die an einem Essay über Kinderehen arbeitete und ein junger Filipino, Experte in allen Fragen des amerikanischen Jazz. Letztlich sind es auch hier die Menschen, die das Gesicht der Stadt prägen. Sanft geschwungen, legt sich in weichen Wel­ len die fruchtbare Erde dieses Staates um Städte und Ortschaften und Farmen. Ewig bewegt, niemals stille stehend und ruhig zieht der Fluß seine Bahn. Aus dieser Erde wächst die Nahrung für eine ganze Nation. Aus dieser Erde stammen die Menschen, die hier ihre Holzhäuser bauten. In der Stadt mit ihren kleinen Ge­ schäften und Läden werken wohlwollende Bürger. In dieser Stadt geschah es vor einiger Zeit, daß einige Geschäftsleute sich zu­ sammentaten, um eine gewisse Geldsumme aufzubringen für einen begabten Maler, den sein Zivilberuf so sehr in Anspruch nahm, daß ihm kaum Zeit für seine Staffelei blieb. Sie sagten ihm: "Mach mit dem Geld, was du willst, aber gib deinen Job auf." Er ging auf Reisen, und malte... So sind die Leute in Iowa, immer bereit etwas zu schaffen, zu produzieren. Sie stehen ihren fruchtbaren Maisfeldern darin nicht nach.

ACHTUNG REDAKTION! Auf Anforderung übersendet Ihnen der AMERIKA DIENST kostenlos ein Bild von Paul Engle

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- 3 - "AMERIKÜ DIENST" 14. Dezember 1955

"LASST UNS NICHT VERGESSEN" Von Rene MacColl Korrespondent des London Daily Express News Service

Nachstehenden Artikel entnehmen wir der in Thailand erscheinenden THE BANGKOK POST. Der Verfasser, der sich in diesem Falle selbst die Rolle eines vereidigten Buchprüfers zudiktierte, kommt in seiner internationalen Bilanz zu folgenden Peststellungen. (Bei Nachdruck ist vollständige Quellen­ angabe - wie am Schluß angegeben - er­ forderlich) (110 Zeilen) AD - Seit dem Jahre 1945 haben die Vereinigten Staaten von Amerika 1 . standhaft und unentwegt einem zerschlagenen und völlig in Verwirrung geratenen Europa geduldig und im großen und ganzen gesehen taktvoll geholfen, wieder auf eigene Füße zu kommen; sie haben 2. tausend und aber tausend Millionen Dollar - von den Bürgern Amerikas auf dem Steuerwege persönlich aufgebracht - zur Hilfe der europäischen Wirtschaft in sukzessiven und im all­ gemeinen erfolgreichen Aktionen ausgeschüttet; sie haben 3. mit der gesamten isolationistischen Tradition und Vor­ liebe des Amerikaners klar gebrochen und Hunderte und Tausende junger Männer herübergeschickt, um mit uns hier in Großbritannien Wache zu halten - um mitzuhelfen, den Frieden aufrechtzuerhalten. Eine kleine Szene wird für mich immer den beruhigenden und gleichzeitig neuen Auftrieb gebenden Einfluß symbolisieren, der in jenen turbulenten Jahren von den Vereinigten Staaten ausging. Zeitpunkt: Januar 1951. Ort der Handlung: Flugplatz Orly bei Paris. Die europäische Moral existierte nur noch in Fragmenten. Man sprach davon, daß die sowjetische Armee in drei Wochen am Kanal sein könnte. In Frankreich herrschte eine Art Panikstim­ mung. Das "AMERIKA DIENST" 14. Dezember 1955 las Flugzeug landete, und ihm entstieg der Mann, der spä­ ter Amerikas Präsident werden sollte. Eisenhower war gekommen, um die gewaltige Aufgabe zu übernehmen, Streitkräfte aufzubauen, die in der Lage wären, die Roten aufzuhalten, wenn sie westwärts marschieren sollten. Und in der Tat, ich habe noch nie einen so gewaltigen Stim­ mungswechsel erlebt. Allein die persönliche Anwesenheit dieses mutigen Soldaten mit dem strahlenden lächeln schien alle, die ihn sahen, tief zu beeindrucken. Denn dieser Amerikaner brachte die stärkste aller Geistesgaben mit, die Hoffnung. Wie klug der amerikanische Entschluß, uns beizustehen war, läßt sich an der Wut ermessen, die er unter den Kommunisten her­ vorrief, an dem immensen Aufwand an Kreide, mit der sie unter die Eisenbahnbrücken "Tank Go Home" schrieben. Was die Geldfrage anbetrifft, so gibt es natürlich Millionen bei uns, die das Gefühl haben, Großbritannien hätte nie die ameri­ kanische Anleihe von 1946 und all die anderen ungeheuren finanziel­ len und wirtschaftlichen Angebote der USA annehmen dürfen. Wir tadeln hierfür die Politiker. Denn es ist immer noch besser, man macht den Versuch, ohne Hilfe auszukommen, wenn man auch den Gür­ tel enger schnallen muß. Jedoch soll diese Überlegung keinen ein­ zigen Moment unseren Blick für Amerikas aufrichtigen Freundschafts­ akt trüben. Ist doch all das Geld nicht auf den Bäumen New Yorks und Washingtons gewachsen, sondern Steuergeld, also Geld, das durch die Arbeit von Millionen von Amerikanern verdient wurde. Laßt uns das nie vergessen! Lassen Sie uns nun einen Blick auf die zweite Seite der Bilanz werfen. Die Haben-Seite zuerst. Rußland hat 1. dem österreichischen Staatsvertrag und dem Abzug der Besatzungstruppen aus diesem Lande zugestimmt. Rußland hat 2. bekanntgegeben, daß es eine Reduzierung seiner Streit­ kräfte um 640 000 Mann vorschlägt. Rußland hat 3. plötzlich damit begonnen, sich auf weniger wichtigen Ge­ bieten, wie Fremdenverkehr und gesellschaftlichen Kontakten, so zu verhalten, wie die Mehrzahl der normalen zivilisierten Staaten. Natürlich erhi'lt. einer, der sich nach Jahren schlechten Be- "AMERIKA DIENST* 14. Dezember 1955 Betragens plötzlich doch noch zur Besserung entschließt, um so mehr anerkennung. Dickens schrieb ein ganzes Buch hierüber, und es liegt nun einmal in der Natur des Menschen, daß wir über einen bekehrten "Scrooge" mehr Aufhebens machen als um einen ruhigen Menschen, der sich während seines ganzen Lebens nicht anders als unaufdringlich und freundlich gezeigt hat. Und nun die Seite mit dem "Soll". 1. Rußland hat drei unabhängige und in Freiheit lebende Staaten, Litauen, Lettland und Estland, seinem Staatsverband mit Gewalt einverleibt. Das geschah im Jahre 1940, als wir alle Hände voll zu tun hatten mit Hitler. Bis zum heutigen Tage ver­ weigern die Russen Angehörigen westlicher Staaten die Erlaubnis, diese drei "Sozialistischen Republiken" zu besuchen, weil sie sehr genau wissen, daß der Anblick eines durch die Straßen schlendernden Engländers oder Amerikaners prowestliche und von Heimweh getragene Demonstrationen zur Folge haben würde. 2. Rußland unterstützt die kommunistischen Machthaber in Polen, Ungarn, Rumänien, Bulgarien, der Tschechoslowakei und der Ostzone Deutschlands durch Lieferung von Maschinenwaffen aus seiner Riesenarmee. 3. Rußland spricht von Frieden, aber es betreibt eine beißend scharfe antiwestliche Propaganda durch Plakatanschläge in den Parks aller seiner Städte. 4. Rußland behauptet, die Religion sei unangetastet inner­ halb seiner Grenzen; es unterhält aber ein staatlich subven­ tioniertes Antigottmuseum in der Krypta der ehemaligen Kazan- Kuthedrale zu Leningrad, wo ich es kürzlich selber gesehen habe. 5. Bis vor kurzem waren Großbritannien und der Westen all­ gemein Zielscheibe einer sorgfältig geplanten Beschimpfungs-, Verleumdungs- und Haßkampagne der offiziellen Presse und des Rundfunks der UdSSR, deren Heftigkeit und Übertreibungen schließlich dazu führten, daß die Worte und Reden jeden Sinn verloren. Diese Kampagne ist im Augenblick abgestoppt. Aber ist sie das für immer? Wir müssen richtige Maßstäbe finden. Wir in diesem Land neigen ja ganz besonders dazu, auf ein Lächeln und eine nette - 6 - "AMERIKA DIENST" 14. Dezember 1955 nette Geste zu reagieren. Wenn jemand ein freundliches Gesicht macht, kommen wir oft ein wenig zu schnell zu der Ansicht, nun müßten auch seine Absichten freundlicher Natur sein. Ja, das Gedächtnis ist kurz Aber während wir über das lesen, was auf der Moskauer Gartenparty so schön vorgetra­ gen wurde, sollten wir den grimmigen, bösen Hintergrund der Dinge, die sich vorher abspielten, nicht vergessen. Und dann lassen Sie uns nicht in die Gewohnheit verfallen, das Bündnis mit den Vereinigten Staaten für eine Selbstver­ ständlichkeit zu nehmen. Freundschaft unter Völkern wie unter Einzelmenschen will gepflegt sein. Der größte unter allen Engländern, Churchill, hat uns wiederholt ermahnt, treu zu dem amerikanischen Bündnis zu stehen, komme was da wolle. Und, wie die Geschichte bewiesen hat, sollten wir seinen Rat nicht mißachten.

- Aus "The Bangkok Post? - (Mit Genehmigung des "London Daily Express News Service)

(Quellenangabe erforderlich)

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- 7 - "AMERIKA DIENST" U. Dezember 1955 :iiüME FÜR DEN FRIEDE

DAS AMERIKANISCHE SHERWOOD-PROJEKT Thermonukleare Energien für friedliche Zwecke

(72 Zeilen) (AD) — Unter der Bezeichnung "Protect Sherwood" hat die amerikanische Atomenergie-Kommission seit dem Jahr 1951 ein groß­ angelegtes Programm laufen, das die Probleme einer friedlichen Nutzbarmachung jener gewaltigen Kräfte lösen soll, die bei der Atomkern-Verschmelzung - einem Vorgang, auf dem auch die H-Bom- benexplosion beruht - in Erscheinung treten. Dies gab Lewis L. Strauss, der Vorsitzende der AEC, in Washington bekannt. Die Arbeiten selbst gehen unter strenger Geheimhaltung vor sich. Man weiß vorläufig nur, daß verhältnismäßig kleine Gruppen von Wissenschaftlern und Praktikern in einer ganzen Anzahl von Laboratorien und Instituten die ersten Phasen des langfristigen Programms forschungsmäßig und experimentell zu überwinden trach­ ten. Die Tatsache, daß man diese Gruppen nicht in einem Institut zusammengefaßt hat, läßt darauf schließen, daß sie von verschie­ denen Seiten und vielleicht in einem gewissen Wettbewerb an das Problem herangehen sollen und die AEC es für angebracht hält, diese Art "Rivalität" zu fördern. Die Hauptverantwortung für das "Project Sherwood" trägt die For­ schungsabteilung der AEC unter der Leitung von Dr. Thomas H. Johnson, und hier wiederum ist es eine Sonderabteilung unter Dr. Amasa Bishop, die sich mit den .Aufgaben im einzelnen befaßt, während die Koordinierung des ganzen Projekts in Händen des "AEC-Sonderausschusses für gesteuerte Kernfusionsversuche" liegt. Maßgeblich beteiligt an den Vorarbeiten und Einzelprojekten sind das Radiologische Institut der Universität Kalifornien, das Wissenschaftliche Laboratorium Los Alamos, die Universität Princeton, das Staatliche Kernforschungsinstitut von Oak Ridge und r'ie Universität New York. Über die Geschichte des Entwicklungsprogramms für eine gesteuerte Kernfusion wurde bekannt, daß nach den ersten theo­ retischen und experimentellen Arbeiten, die bis in das Jahr

- 8 - "AMERIKA DIENST" 14. Dezember 1955 Jahr 1946 zurückreichen, im Januar 1952 in Los Alamos das erste definitive Versuchsprogramm gestartet wurde, dem dann Mitte 1952 ein zweites in Princeton und wenig später ein drittes im Radio­ logischen Institut der Universität Kalifornien folgte. Die allge­ meine Themenstellung in der Frage einer gesteuerten Energie­ freisetzung bei thermonuklearen Vorgängen rückte mit Unterstüt­ zung der AEC in Washington sehr rasch zu einem der Hauptprojekte der US-Atomenergie-Kommission auf. Zu dem von ihr geleisteten Beitrag ließ die Universität Princeton verlauten, daß man dort im Jahr 1951 begann, die theoretischen Aspekte dieses Forschungs­ projekts eingehender zu beleuchten, nachdem Professor Spitzer seine Ideen von einer Bändigung und Steuerung der thermonuklea­ ren Verbrennung bei Temperaturen, die etwa denen auf der Sonne vergleichbar sind, der AEC vorgetragen hatte. Welche Summen auf die friedliche Nutzbarmachung der Kern­ fusionskräfte verwandt werden, wird noch geheimgehalten. Strauss ließ nur durchblicken, daß für den genannten Zweck im gegenwär­ tigen Haushaltsjahr doppelt so viel bewilligt wurde als in den beiden Vorjahren zusammen. Auf die Frage, wann mit konkreten Ergebnissen gerechnet werden könne, nannte der Vorsitzende der AEC eine Frist von etwa 20 Jahren, die allerdings nicht als bindend angesehen werden könne. Schon die rein technologischen Probleme sind so schwierig, daß sich ihre Lösung einfach nicht erzwingen oder genau voraussagen läßt. Bei der Fusionsreaktion werden die Kerne gewisser leichter Elemente - beispielsweise des Deuteriums - zu schwereren Ele­ menten des periodischen Systems unter Freisetzung gewaltiger Energiemengen vereinigt. Das Problem besteht darin, den Ausgangs­ stoff auf die erforderlichen, bei über 100 Millionen Grad lie­ genden Temperaturen zu bringen, hn für die Dauer einer für die Kernfusion ausreichenden Zeit auf dieser Temperatur zu halten, dann die durch die Verschme'zung und während der Verschmelzung freiwerdendsn ungeheuren Energien abzuleiten und in eine in­ dustriell verwertbare Form umzuwandeln. Zu der Frage des Gesundheitsschutzes und der Sicherheit erklärte Strauss, daß bei der Art gesteuerter Kernfusion, wie

_ q _ "AMERIKA DIENST" H. Dezember 1955 wie man sie in den Vereinigten Staaten anstrebt, keine Spalt- produkte anfallen und daher der Problemkomplex in der Form, wie man ihn bisher kennengelernt hat, nicht auftritt. Es ist noch nicht daran gedacht, die Industrie zu den Porschungsarbeiten heranzuziehen, wenn auch einige auf bestimm­ ten Gebieten besonders versierte Fachleute ihre Mitarbeit be­ reits zugesagt haben. Sollte aber die Entwicklung bis zu dem Stadium gediehen sein, in dem sie praktischen Erfolg verspricht, wird man sich wohl an das bewährte Verfahren der derzeitigen Atomenergie-Kommission erinnern und die technische Nutzbarma­ chung der Privatwirtschaft überlassen.

(Aus "The Forum Memo") - Quellenangabe erforderlich -

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EINE MILLION DOLLAR FÜR DEN KINDERHILFSFONDS DER ÜN

(8 Zeilen) VEREINTE NATIONEN (New York) -(AD)- Nach einer Bekannt­ gabe des Kinderhilfsfonds der Vereinten Nationen (UNICEF) wol­ len die deutsche Bundesrepublik, Kanada und Kolumbien der UNICEF im kommenden Haushaltsjahr den Betrag von einer Million Dollar zur Verfügung stellen. Obwohl die UNICEF ein Organ der Verein­ ten Nationen ist, erhält sie ihre Mittel nicht aus dem regu­ lären Budget der Weltorganisation sondern arbeitet ausschließ­ lich mit freiwilligen Zuwendungen.

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- 10 " "AMERIKA DIENST" 14. Dezember 1955

DIE US-INDUSTRIE AUF DER SCHULBANK Kurzlehrgänge über Fragen der angewandten Kernphysik Von Guy Sims Fiten (93 Zeilen) NEW YORK - (AD) - Nachdem es der Wissenschaft vor zehn Jah­ ren gelungen war, das Atom in eine Energiequelle zu verwandeln, ist man sich in der amerikanischen Wirtschaft recht schnell be­ wußt geworden, daß die Kernenergie eine zunehmend aktive Rolle im Wirtschaftsleben spielen würde. Es ist deshalb vielleicht bezeichnend, daß gerade in den Tagen, in denen die Nachricht von einer in Ostsibirien zur Explosion gebrachten Wasserstoffbombe größter Zerstörungskraft in der Welt Aufsehen erregte, eine Gruppe führender amerikanischer Geschäftsleute einen einwöchi­ gen Ausbildungslehrgang über die friedlichen Anwendungsmöglich­ keiten der Atomenergie zu Ende brachte. Vom frühen Morgen bis zum späten Abend saßen in der Woche vom 21. bis 26.November 69 maßgebende Persönlichkeiten aus der Industrie und dem Finanzwesen, von denen nur wenige eine Inga« nieurausbildung absolviert hatten, keiner aber eine Ahnung von der Materie der Kernphysik besaß, wieder auf der Schulbank, mach­ ten sich eifrig Notizen, wälzten Bücher, hörten aufmerksam den Vortragenden zu und lernten eifrig ihre Lektionen. Sie wurden mit dem Aufbau des Atoms, der Konstruktion eines Kernreaktors, der Beseitigung radioaktiven Abfalles und all den anderen Dingen vertraut gemacht, die für ein sicheres und nutzbringendes Arbei­ ten einer auf Kerntechnik eingestellten Industrie unerläßlich sind. Es war dies bereits der vierte solche Lehrgang, der in diesem Jahr auf Veranlassung der Konferenz der amerikanischen Industrie, einer der führenden Forschungsgemeinschaften der ame­ rikanischen Wirtschaft, abgehalten wurde. Insgesamt nahmen bis­ her 300 Direktoren und Abteilungsleiter, darunter auch eine An­ zahl Ausländer, an den Kursen teil. Zu der vierten Gruppe bei­ spielsweise gehörten nicht nur Männer aus allen Teilen der Ver- "AMERIKA DIENST" 14. lezember 1955 Vereinigten Staaten sondern auch ein Spanier und zwei Japaner. Auch im kommenden Jahr stehen wieder vier Lehrgänge auf dem Programm, an denen ebenfalls Ausländer teilnehmen können. Es liegt natürlich auf der Hand, daß ein ABC-Schütze der Kernphysik, selbst wenn er als Maschinenbauer den üblichen Aus­ bildungsweg hinter sich gebracht hat, in einer einzigen Woche kein Atomfachmann werden kann. Viele der in der "Hörerschaft" vertretenen Firmen haben bisher auch noch gar keine atomtech­ nischen Vorhaben in ihr Betriebsprogramm aufgenommen. Aber sie können hier ein Bild darüber gewinnen, was alles dazugehört, um fachmännisch und nutzbringend ein solches atomtechnisches Programm aufzuziehen und die ständig wachsenden Chancen in der rechten Weise zu nutzen. Die Fortschritte, die in den Vereinigten Staaten bisher er­ zielt worden sind, macht die Geschäftswelt natürlich optimistisch. Beispielsweise hat gerade in diesem Jahr die amerikanische Atom­ energie-Kommission mit der Verwirklichung des schon seit langem vorliegenden Plans der Lizenzierung privater Atomkraftwerke und der Freigabe bisher streng geheim gehaltener Informationen be­ gonnen. Die Wirtschaft in den Vereinigten Staaten hat ferner mit­ erlebt, wie acht Privatunternehmen mit konkreten Plänen für die Errichtung großer Reaktoranlagen zur Erzeugung von elektrischem Strom hervorgetreten sind. Eine dieser Anlagen ist bereits im Bau, und an mehreren anderen wird in Kürze mit der Arbeit be­ gonnen werden. Die Industrie hat die Reaktorentwicklung bis zu dem Punkt gedeihen sehen, an dem das Atom zu einer ergiebigen Quelle für den Energiebedarf einer Friedenswirtschaft geworden ist. Erst vor wenigen Wochen gab ein amerikanisches Unternehmen bekannt, daß es durch die Entwicklung eines neuen Reaktortyps möglich geworden sei, die Betriebskosten eines Atomkraftwerkes auf 0,7 Cent pro Kilowattstunde zu senken, was durchaus im Rah­ men der gegenwärtig in den Vereinigten Staaten üblichen Strom­ erzeugungskosten und weit unter denen in manchen anderen Ländern liegt. per

- 12 - "AMERIKA DIENST" 14. Dezember 1955 Der Fortschritt in der Nutzbarmachung der Kernenergie be­ schränkt sich jedoch keineswegs auf dieses Gebiet. In immer größerem Umfang dient das Atom der Verbesserung der ölraffina- tion, der Vulkanisierung von Gummi und der Gewinnung neuer und besserer chemischer Stoffe. Die Stahlindustrie bemüht sich, Mittel und Wege zu finden, um mit Hilfe der Atomstrahlung die Hochofenvorgänge genauer zu erforschen und zu überwachen. Die Wirtschaftler haben gehört und gesehen, daß das Atom in der Medizin zur Entwicklung und Verbesserung der Antibiotika sowie zu diagnostischen und therapeutischen Zwecken ein wert­ voller Helfer ist. Sie haben seinen Einbruch in den Bereich der Landwirtschaft miterlebt, wo es als Indikator für den Weg der Nähr­ stoffe aus dem Boden in die Pflanzenzellen und zum Ausfindigma­ chen besserer Pflanzenkulturmethoden wichtig ist. Und inzwischen befaßt sich die Forschung schon mit der Sterilisierung und Kon­ servierung von Lebensmitteln durch Atomstrahlung. Der Kreis er­ weitert sich ständig. Das praktische Ergebnis dieser Entwicklung auf dem Gebiet der internationalen Beziehungen sind die Abkommen, die die Re­ gierung der Vereinigten Staaten mit 28 Ländern über eine enge Zusammenarbeit in Fragen der kernphysikalischen Forschung und Kerntechnik abgeschlossen hat und deren wirtschaftliche Folge­ rungen natürlich nicht ausbleiben. Dennoch ist dies alle» erst der Anfang - vieles bleibt noch zu tun in der Forschung, in der Ausbildung von Kernwissenschaft­ lern und -technikern und in der Zusammenarbeit der Nationen, ehe die Zukunft uns wirklich das zu geben vermag, was sie uns heute zu versprechen scheint. Die Ereignisse des letzten Jahres ha­ ben erwiesen, daß sich wohl kaum jemand dessen mehr bewußt ist als die amerikanische Wirtschaft.

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GEDENKTAGE IM JANUAR 1956 I.Januar 1863 Sklavenbefreiungs-Proklamation Präsident Lincolns erhält Gesetzeskraft 1. " 1942 26 Staaten unterzeichnen die Atlantik-Charta 5. " 1925 Amtsantritt des ersten weiblichen Gouverneurs der USA, Nellie Tayloe Ross, im Staate Wyoming 6. " 1941 Franklin D. Roosevelt verkündet die "Vier Freiheiten" 7. " 1789 Erste allgemeine Wahlen in den USA. Die Bürger der Bundesstaaten wählten Wahlmänner, die dann den Präsidenten und den Vizepräsidenten nominier­ ten. 8. " 1918 Woodrow Wilson legt dem amerikanischen Kongreß seine "14 Punkte" für den Frieden vor 10. " 1946 Erste Vollversammlung der Vereinten Nationen in London eröffnet 12. " 1856 John Singer Sargent, amerikanischer Maler, geboren 15. " 1936 Edsel Ford errichtet mit einer Schenkung von 25 000 Dollar die "Ford-Stiftung" 16. " 1795 Als erster amerikanischer Bundesstaat eröffnet Nord-Karolina eine Staatsuniversität 17. " 1706 Benjamin Franklin, amerikanischer Staatsmann und Wissenschaftler, geboren 18. " 1782 Daniel Webster, amerikanischer Staatsmann, geboren 19. " 1809 Edgar Allan Poe geboren 20. " 1956 Dritter Jahrestag der Inauguration Präsident Eisenhowers 25- " 1954 Beginn der Berliner Viererkonferenz 26. " 1906 Rocky-Mountains-Nationalpark in Colorado als Naturschutzgebiet erklärt 27. " 1850 Samuel Gompers, Gründer und erster Präsident der AFL (American Federaticn of Labor)( geboren 28. " 1880 Thomas A. Edison erhält Patent für seine elektrische Glühbirne 28. " 1902 Gründung des Carnegie-Institutes in Washington 30. " 1882 Franklin L. Roosevelt, 32.Präsident der USA, geboren * * * # *

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