DIE WASSERVERSORGUNG IN DER STEIERMARK Susanne Bauer
KAMMER FÜR ARBEITER UND ANGESTELLTE FÜR STEIERMARK
Susanne Bauer
Die Wasserversorgung in der Steiermark
Eine Untersuchung über die Wassergebühren, die steirischen Wasserversorger und die Aspekte zur Trinkwasserqualität vor dem Hintergrund der politischen Debatte zur Wasserversorgung aus der Sicht der Konsumentinnen und Konsumenten
Oktober 2002 Herausgeber und Verleger: Kammer für Arbeiter und Angestellte für Steiermark, 8020 Graz, Hans-Resel-Gasse 8–14 Lektorat: Efi Papst Wasser ist ein Thema der Zukunft, die Wasserversorgung jenes der Konsumentinnen und Konsumenten. In der Vergangenheit wurden bereits viele Diskussionen über die Struktur der Wasserwirtschaft, die Höhe der Wassergebühren und über die Wasserversorgung als Leistung der öffentlichen Daseinsvorsorge geführt. Die bisher diskutierten Wege, die zur Verbesserung der derzeitigen Wasserwirtschaft führen sollten, entbehrten jedoch vielfach einer empirischen Grundlage. Mit der vorliegenden Arbeit der Arbeiterkammer Steiermark soll diese Lücke geschlossen und die Diskussion realitätsbezogen weitergeführt werden. Nur so wird eine Weiterentwicklung der Wasserversorgung ermöglicht, die dem Wohl der Konsumentinnen und Konsumenten dient.
Ihr
Walter Rotschädl AK-Präsident
INHALTSVERZEICHNIS
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Verzeichnis der Abkürzungen ...... 13 Verzeichnis der Grafiken ...... 17 Verzeichnis der Karten ...... 21 Verzeichnis der Tabellen ...... 23 Verzeichnis der Übersichten ...... 27
1. Problemaufriss ...... 29
2. Dimensionen der Wasserdebatte ...... 33 2.1. Wasser – „die besondere Flüssigkeit“ ...... 33 2.2. Wasser – „der weltweite Wirtschaftsfaktor“ ...... 37 2.3. Wasser – „der Exportschlager“ ...... 38 2.4. Wasser – „der Verkaufshit“ ...... 40 2.5. Wasser – das Lifestyle-Produkt? ...... 41 2.6. Wasser – ist nicht nur zum Waschen da ...... 43 2.7. Wasser – „das Vermögensobjekt“ ...... 48 2.8. Wasser – der Standortfaktor ...... 52 2.9. Wasser – österreichische Versorgungsstrukturen: ineffizient? ...... 54 2.10. Wasser – das Privatisierungselement ...... 56 2.11. Wasser – das Liberalisierungs- und Deregulierungselement ...... 64 2.12. Wasser – die nachhaltig behandelte Ressource? ...... 67 2.13. Wasser – doch Mangelware? ...... 68 2.14. Wasser – das Element für die öffentliche Versorgung ...... 71 2.15. Wasser – das Thema der Konsumentinnen und Konsumenten! ...... 74
3. Rechtliche Bestimmungen ...... 75 3.1. Wasserversorgung ...... 75 3.1.1. Wasserpolitik und Rechtsvorschriften der Europäischen Union ...... 75 3.1.1.1. Wasserrahmenrichtlinie ...... 76 3.1.1.2. Mitteilung der Europäischen Kommission: „Leistungen der Daseinsvorsorge in Europa“ ...... 78 3.1.1.3. Mitteilung der Europäischen Kommission: „Die Preisgestaltung als politisches Instrument zur Förderung eines nachhaltigen Umganges mit Wasserressourcen“ ...... 82 3.1.2. Österreichische Rechtsvorschriften ...... 84 3.1.2.1. Finanz-Verfassungsgesetz und Finanz- ausgleichsgesetz 84 3.1.2.2. Maß- und Eichgesetz ...... 85 3.1.2.3. Umweltförderungsgesetz ...... 85 3.1.2.4. Wasserrechtsgesetz ...... 86 3.1.3. Rechtsvorschriften des Landes Steiermark und der Gemeinden ...... 91
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3.1.3.1. Steiermärkisches Gemeindewasserleitungsgesetz und Wasserleitungsbeitragsgesetz ...... 91 3.1.3.2. Grafische Darstellung der Bestimmungen nach dem Steiermärkischen Gemeindewasser- leitungsgesetz und Wasserleitungsbeitragsgesetz ....98 3.1.4. Steiermärkische Landesabgabenordnung ...... 106 3.1.5. Steiermärkische Gemeindeordnung ...... 106 3.1.6. Steiermärkisches Baugesetz ...... 106 3.1.7. Steiermärkisches Raumordnungsgesetz ...... 107 3.2. Trinkwasser ...... 109 3.2.1. Lebensmittelgesetz 1975 – LMG 1975 ...... 110 3.2.1.1. Trinkwasserverordnung – TWV ...... 112 3.2.1.2. Oberflächen-Trinkwasserverordnung ...... 114 3.2.1.3. Mineralwasser- und Quellwasserverordnung ...... 114
4. Die steirischen Wassergebühren ...... 117 4.1. Gebührenberechnungsmodelle ...... 120 4.1.1. Gebühren für die Herstellung des Anschlusses an die Wasserversorgungsanlage ...... 121 4.1.1.1. Anschlussgebühren auf Basis der landesrechtlichen Bestimmungen – Wasserleitungsbeitrag ...... 123 4.1.1.2. Anschlussgebühren bei Allgemeinen Liefer- und Versorgungsbedingungen ...... 124 4.1.2. Wasserverbrauchsgebühren ...... 125 4.1.2.1. Gebühren nach dem tatsächlichen Wasserverbrauch ...... 125 4.1.2.2. Pauschale Wasserverbrauchsgebühren ...... 126 4.1.2.3. Gebühren für die Wasserentnahme bei Hydranten ...... 128 4.2. Steirischer Wassergebührenvergleich ...... 128 4.2.1. Steirischer Wasserverbrauchsgebührenvergleich ...... 128 4.2.1.1. Annahmen zur Berechnung der Wasserverbrauchsgebühren in den steirischen Gemeinden ...... 130 4.2.1.2. Wasserverbrauchsgebühren in den steirischen Gemeinden – kartografische Darstellung ...... 132 4.2.1.3. Wasserverbrauchsgebühren in den steirischen Gemeinden – tabellarische Darstellung ...... 137 4.2.1.4. Wasserverbrauchsgebühren nach Bezirken ...... 152 4.2.1.5. Auswertung nach den Wasserverbrauchs- berechnungsmodellen ...... 152 4.2.1.5.1. Wasserverbrauchsgebühr berechnet nach der Anzahl der verbrauchten Kubikmeter ...... 153 4.2.1.5.2. Wasserverbrauchsgebühr berechnet nach der Anzahl der verbrauchten Kubikmeter in Verbindung mit einer Grundgebühr ...154 4.2.1.5.3. Wasserzählergebühr ...... 155
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4.2.1.5.4. Wasserverbrauchsgebühren für Land- wirtschaft und Großverbraucher ...... 157 4.2.1.5.5. Wasserverbrauchsgebühr bei Wasserentnahme von einem Hydranten 161 4.2.1.5.6. Index der Wasserverbrauchsgebühren .162 4.2.2. Steirischer Wasseranschlussgebührenvergleich ...... 164 4.2.2.1. Annahmen zur Berechnung der Wasseranschlussgebühren in den steirischen Gemeinden ...... 164 4.2.2.2. Wasseranschlussgebühren in den steirischen Gemeinden – kartografische Darstellung ...... 168 4.2.2.3. Auswertung nach den Wasseranschlussgebührenberechnungsmodellen ..175 4.2.2.3.1. Wasseranschlussgebühr berechnet nach dem WLBG ...... 175 4.2.2.3.2. Anschlussgebühren nach den privat- rechtlichen Bestimmungen und den landesrechtlichen Bestimmungen für den durchschnittlichen steirischen Haushalt ...... 178 4.3. Zusammenfassung der Ergebnisse aus der Gebührenauswertung ...... 179
5. Die steirischen Wasserversorger ...... 187 5.1. Steirische Wasserverbände ...... 189 5.1.1. Wasserverband Aichfeld-Murboden ...... 191 5.1.2. Wasserverband Eibiswald-Wies ...... 193 5.1.3. Wasserverband Feistritztal ...... 196 5.1.4. Wasserverband Floing-Puch ...... 198 5.1.5. Wasserverband Grazerfeld Südost ...... 200 5.1.6. Wasserverband Grenzland-Südost ...... 203 5.1.7. Wasserverband Hochschwab-Süd ...... 208 5.1.8. Wasserverband Köflach-Voitsberg“ ...... 210 5.1.9. Wasserverband Koralm zur Versorgung der ihm angeschlossenen Gemeinden bzw. Gemeindeteile mit Trink-, Nutz und Löschwasser ...... 211 5.1.10. Wasserverband Lannach-St. Josef ...... 212 5.1.11. Wasserverband Leibnitzerfeld-Süd ...... 214 5.1.12. Wasserverband Oberes Raabtal ...... 216 5.1.13. Wasserverband Rantental ...... 218 5.1.14. Wasserverband Raum Reinischkogel ...... 220 5.1.15. Wasserverband Safental ...... 221 5.1.16. Wasserverband Schöckl Alpenquell ...... 224 5.1.17. Wasserverband Söding-Lieboch ...... 226 5.1.18. Wasserverband Stainztal ...... 228 5.1.19. Wasserverband Steinberg ...... 230 5.1.20. Wasserverband Totes Gebirge ...... 233 5.1.21. Wasserverband Umland Graz ...... 234
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5.1.22. Wasserverband Wasserversorgung Bezirk Radkersburg ...... 236 5.1.23. Wasserverband Weizberg-Jaritzberg ...... 237 5.1.24. Verband Steirischer Wasserversorgungsunternehmen ...... 238 5.2. Stadtwerke und Kapitalgesellschaften ...... 240 5.2.1. Feistritzwerke-Steweag GmbH ...... 240 5.2.2. Grazer Stadtwerke AG ...... 242 5.2.3. Leibnitzerfeld Wasserversorgung GmbH ...... 244 5.2.4. Stadtwerke Bruck a. M...... 246 5.2.5. Stadtwerke Hartberg Verwaltungs Gesellschaft m. b. H...... 247 5.2.6. Stadtwerke Judenburg AG ...... 248 5.2.7. Stadtwerke Kapfenberg GmbH ...... 249 5.2.8. Stadtwerke Voitsberg ...... 251 5.2.9. Zentral-Wasserversorgung Hochschwab-Süd Gesellschaft m. b. H...... 252 5.3. Zusammenfassung ...... 254
6. Die steirische Wasserqualität ...... 257 6.1. Umfragedesign ...... 259 6.2. Ergebnisse der Umfrage ...... 259 6.3. Zusammenfassung ...... 265
7. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen ...... 267
8. Literaturverzeichnis ...... 277
ANHANG I Steiermärkisches Gemeindewasserleitungsgesetz und Wasserleitungsbeitragsgesetz ...... 281
ANHANG II Verzeichnis der Gemeindekennzahlen ...... 289
ANHANG III Fragebogen über die Umsetzung der Trinkwasserinformationsverordnung ...... 301
ANHANG IV Ergebnisse der Bilanzanalysen verschiedener Wasserversorger ...... 307
VERZEICHNIS DER ABKÜRZUNGEN
A L
ABGB Allgemeines Bürgerliches LGBl. Landesgesetzblatt Gesetzbuch LMG Lebensmittelgesetz ABl. Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften M AGB Allgemeine Geschäftsbedingungen MdEP Mitglied des Europäischen APA Austria Presse Agentur Parlamentes AVB Allgemeine Vertragsbedingungen N B NR Nationalrat BGBl. Bundesgesetzblatt NW Nennweite BMLFUW Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt O und Wasserwirtschaft OGH Oberster Gerichtshof E OTS Originaltextsendung ÖIR Österreichisches Institut für EG Europäische Gemeinschaft Raumplanung EGV EG-Vertrag ÖVGW Österreichische Vereinigung für EU Europäische Union das Gas- und Wasserfach EWG Europäische ÖWAV Österreichischer Wasser- und Wirtschaftsgemeinschaft Abfallwirtschaftsverband
F P
FAG Finanzausgleichsgesetz PWC PriceWaterhouseCoopers FN Firmennummer R G RdU Recht der Umwelt GD Generaldirektion RL Richtlinie GWLG Gemeindewasserleitungsgesetz RZ Randzahl
J S
JBl. Juristische Blätter S. B. Anmerkungen der Autorin Susanne Bauer K SWW Siedlungswasserwirtschaft
KSchG Konsumentenschutzgesetz T
TWV Trinkwasserverordnung
13
V
VfGH Verfassungsgerichtshof VwGH Verwaltungsgerichtshof
W
WIFO Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung WLB Wasserleitungsbeitrag WLBG Wasserleitungsbeitragsgesetz WLO Wasserleitungsordnung WRG Wasserrechtsgesetz WRRL Wasserrahmenrichtlinie WVA Wasserversorgungsanlage
Z
ZfV Zeitschrift für Verwaltung
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VERZEICHNIS DER GRAFIKEN
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Grafik 2-1: Entnahme von Oberflächenwasser nach Art der Verwendung im Jahr 1997 ...... 44 Grafik 2-2: Entnahme von Grund- und Quellwasser nach Art der Verwendung im Jahr 1997 ...... 45 Grafik 2-3: Wasserentnahmen in Österreich 1980-1997 ...... 47 Grafik 2-4: Öffentliche Wasserversorgung – Anschlussgrad der Bevölkerung 1997 nach Bundesländern in Prozent ...... 72 Grafik 2-5: Trinkwasserversorgung in der Steiermark ...... 73 Grafik 2-6: Art der Verwendung des Wassers in den Haushalten ...... 73
Grafik 4-1: Steirische Wasserverbrauchsgebühren ...... 152 Grafik 4-2: Gebühren für einen Wasserzähler ...... 156 Grafik 4-3: Verlauf der Kubikmetergebühr bei steigender Wasserentnahme ...... 160 Grafik 4-4: Mittelwert der Kubikmetergebühr bei steigender Wasserentnahmemenge ...... 160 Grafik 4-5: Steirische Wasserverbrauchsgebühren ...... 162 Grafik 4-6: Index der steirischen Wasserverbrauchsgebühren ...... 163 Grafik 4-7: Korrelation der Höhe des Einheitssatzes und den durchschnittlichen Kosten je Laufmeter der Wasserversorgungsanlage ...... 177 Grafik 4-8: Korrelation der durchschnittlichen Kosten je Laufmeter und der Laufmeter der Wasserversorgungsanlage ...... 177 Grafik 4-9: Korrelation der Darlehen, der Direktzuschüsse und der angesammelten WLB und der durchschnittlichen Kosten je Laufmeter der Wasserversorgungsanlage ...... 178
Grafik 5-1: Wasserverbrauchsgebühren in den Mitgliedsgemeinden des Wasserverbandes Eibiswald-Wies ...... 195 Grafik 5-2: Wasserverbrauchsgebühren in den Mitgliedsgemeinden des Wasserverbandes Feistritztal ...... 197 Grafik 5-3: Wasserverbrauchsgebühren in den Mitgliedsgemeinden des Wasserverbandes Floing-Puch ...... 199 Grafik 5-4: Wasserverbrauchsgebühren in den Mitgliedsgemeinden des Wasserverbandes Grazerfeld Südost ...... 202 Grafik 5-5: Wasserverbrauchsgebühren in den Mitgliedsgemeinden des Wasserverbandes Grenzland-Südost ...... 206 Grafik 5-6: Wasserverbrauchsgebühren in den Mitgliedsgemeinden des Wasserverbandes Grenzland-Südost ...... 207 Grafik 5-7: Wasserverbrauchsgebühren in den Mitgliedsgemeinden des Wasserverbandes Lannach-St. Josef ...... 213 Grafik 5-8: Wasserverbrauchsgebühren in den Mitgliedsgemeinden des Wasserverbandes Leibnitzerfeld Süd ...... 215 Grafik 5-9: Wasserverbrauchsgebühren in den Mitgliedsgemeinden des Wasserverbandes Oberes Raabtal ...... 217
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Grafik 5-10: Wasserverbrauchsgebühren in den Mitgliedsgemeinden des Wasserverbandes Rantental ...... 219 Grafik 5-11: Wasserverbrauchsgebühren in den Mitgliedsgemeinden des Wasserverbandes Safental ...... 223 Grafik 5-12: Wasserverbrauchsgebühren in den Mitgliedsgemeinden des Wasserverbandes Schöckl Alpenquell ...... 225 Grafik 5-13: Wasserverbrauchsgebühren in den Mitgliedsgemeinden des Wasserverbandes Söding-Lieboch ...... 227 Grafik 5-14: Wasserverbrauchsgebühren in den Mitgliedsgemeinden des Wasserverbandes Stainztal ...... 229 Grafik 5-15: Wasserverbrauchsgebühren in den Mitgliedsgemeinden des Wasserverbandes Steinberg ...... 232 Grafik 5-16: Wasserverbrauchsgebühren in den Mitgliedsgemeinden des Wasserverbandes Umland Graz ...... 235 Grafik 5-17: Wasserverbrauchsgebühren in den Gemeinden, deren Wasserversorgung von den Stadtwerken und Kapitalgesellschaften durchgeführt wird ...... 255
Grafik 6-1: Wasserversorger und Verbraucherinformation ...... 260 Grafik 6-2: Jahr der Verbraucherinformation und Verteilung der Wasserversorger ...... 260 Grafik 6-3: Verteilung der Wasserversorger in Prozent nach dem Jahr der letzten Wasseruntersuchung für die Verbraucherinformation ...... 261 Grafik 6-4: Die Wasserversorger informierten über: ...... 262 Grafik 6-5: Parameterschwankungen bei Nitraten und Pestiziden sind zu erwarten ...... 262 Grafik 6-6: Abgabe von Wasser nach der Trinkwasser- Ausnahmeverordnung ...... 263 Grafik 6-7: Art der Verbraucherinformation seitens der Wasserversorger ...... 264
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VERZEICHNIS DER KARTEN
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Karte 4-1: Wasserverbrauchsgebühren in den steirischen Gemeinden ...... 135 Karte 4-2: Wasseranschlussgebühren in den steirischen Gemeinden ...... 171 Karte 4-3: Entgeltrelevante Leistungen in Ergänzung zur Wasseran- schlussgebühr in den steirischen Gemeinden ...... 173 Karte 4-4: Wasserversorgung 1981 ...... 184
Karte 5-1: Verbandsgebiet des Wasserverbandes Aichfeld-Murboden ...... 191 Karte 5-2: Verbandsgebiet des Wasserverbandes Eibiswald-Wies ...... 193 Karte 5-3: Verbandsgebiet des Wasserverbandes Feistritztal ...... 196 Karte 5-4: Verbandsgebiet des Wasserverbandes Floing-Puch ...... 198 Karte 5-5: Verbandsgebiet des Wasserverbandes Grazerfeld Südost ...... 200 Karte 5-6: Verbandsgebiet des Wasserverbandes Grenzland-Südost ...... 203 Karte 5-7: Verbandsgebiet des Wasserverbandes Hochschwab-Süd ...... 208 Karte 5-8: Verbandsgebiet des Wasserverbandes Köflach-Voitsberg ...... 210 Karte 5-9: Verbandsgebiet des Wasserverbandes Koralm zur Versorgung der ihm angeschlossenen Gemeinden bzw. Gemeindeteile mit Trink-, Nutz- und Löschwasser ...... 211 Karte 5-10: Verbandsgebiet des Wasserverbandes Lannach-St. Josef ...... 212 Karte 5-11: Verbandsgebiet des Wasserverbandes Leibnitzerfeld-Süd ...... 214 Karte 5-12: Verbandsgebiet des Wasserverbandes Oberes Raabtal ...... 216 Karte 5-13: Verbandsgebiet des Wasserverbandes Rantental ...... 218 Karte 5-14: Verbandsgebiet des Wasserverbandes Raum Reinischkogel ...... 220 Karte 5-15: Verbandsgebiet des Wasserverbandes Safental ...... 221 Karte 5-16: Verbandsgebiet des Wasserverbandes Schöckl Alpenquell ...... 224 Karte 5-17: Verbandsgebiet des Wasserverbandes Söding-Lieboch ...... 226 Karte 5-18: Verbandsgebiet des Wasserverbandes Stainztal ...... 228 Karte 5-19: Verbandsgebiet des Wasserverbandes Steinberg ...... 230 Karte 5-20: Verbandsgebiet des Wasserverbandes Totes Gebirge ...... 233 Karte 5-21: Verbandsgebiet des Wasserverbandes Umland Graz“ ...... 234 Karte 5-22: Verbandsgebiet des Wasserverbandes Wasserversorgung Bezirk Radkersburg ...... 236 Karte 5-23: Verbandsgebiet des Wasserverbandes Weizberg-Jaritzberg ...... 237
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VERZEICHNIS DER TABELLEN
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Tabelle 2-1: Wasserentnahmen 1997 nach Bundesländern und Art der Verwendung in 1.000 m³ ...... 46
Tabelle 4-1: Wasserverbrauchsgebührenberechnungsmodelle und deren Verwendungsanzahl ...... 130 Tabelle 4-2: Tabelle der Wasserverbrauchsgebühren für die Haushalte nach Gemeinden ...... 138 Tabelle 4-3: Kubikmetergebühr ...... 153 Tabelle 4-4: Haushaltsgrundgebühr und Kubikmetergebühr ...... 154 Tabelle 4-5: Wasserverbrauchsgebühren für die landwirtschaftlichen Betriebe ...157 Tabelle 4-6: Kubikmetergebühr für die landwirtschaftlichen Betriebe ...... 158 Tabelle 4-7: Kubikmetergebühr für die Wasserentnahme von einem Hydranten ...... 161 Tabelle 4-8: Höhe des Prozentsatzes für die Berechnung des Einheitssatzes ...... 175 Tabelle 4-9: Höhe des Einheitssatzes ...... 176 Tabelle 4-10: Durchschnittliche Kosten je Laufmeter ...... 176 Tabelle 4-11: Anschlussgebühr für den durchschnittlichen steirischen Haushalt ...... 179
Tabelle 5-1: Wasserverbände in der Steiermark ...... 190 Tabelle 5-2: Wesentliche Inhalte der Satzung des Wasserverbandes Aichfeld-Murboden ...... 192 Tabelle 5-3: Wesentliche Inhalte der Satzung des Wasserverbandes Eibiswald-Wies ...... 193 Tabelle 5-4: Wesentliche Inhalte der Satzung des Wasserverbandes Feistritztal ...... 196 Tabelle 5-5: Wesentliche Inhalte der Satzung des Wasserverbandes Floing-Puch ...... 198 Tabelle 5-6: Wesentliche Inhalte der Satzung des Wasserverbandes Grazerfeld Südost ...... 200 Tabelle 5-7: Wesentliche Inhalte der Satzung des Wasserverbandes Grenzland-Südost ...... 204 Tabelle 5-8: Wesentliche Inhalte der Satzung des Wasserverbandes Hochschwab-Süd ...... 209 Tabelle 5-9: Wesentliche Inhalte der Satzung des Wasserverbandes Köflach-Voitsberg ...... 210 Tabelle 5-10: Wesentliche Inhalte der Satzung des Wasserverbandes Koralm zur Versorgung der ihm angeschlossenen Gemeinden bzw. Gemeindeteile mit Trink-, Nutz- und Löschwasser ...... 211 Tabelle 5-11: Wesentliche Inhalte der Satzung des Wasserverbandes Lannach-St. Josef ...... 212 Tabelle 5-12: Wesentliche Inhalte der Satzung des Wasserverbandes Leibnitzerfeld-Süd ...... 214
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Tabelle 5-13: Wesentliche Inhalte der Satzung des Wasserverbandes Oberes Raabtal ...... 216 Tabelle 5-14: Wesentliche Inhalte der Satzung des Wasserverbandes Rantental ...... 218 Tabelle 5-15: Wesentliche Inhalte der Satzung des Wasserverbandes Safental ...... 221 Tabelle 5-16: Wesentliche Inhalte der Satzung des Wasserverbandes Schöckl Alpenquell ...... 224 Tabelle 5-17: Wesentliche Inhalte der Satzung des Wasserverbandes Söding-Lieboch ...... 226 Tabelle 5-18: Wesentliche Inhalte der Satzung des Wasserverbandes Stainztal ...... 228 Tabelle 5-19: Wesentliche Inhalte der Satzung des Wasserverbandes Steinberg ...... 230 Tabelle 5-20: Wesentliche Inhalte der Satzung des Wasserverbandes Totes Gebirge ...... 233 Tabelle 5-21: Wesentliche Inhalte der Satzung des Wasserverbandes Umland Graz ...... 234 Tabelle 5-22: Wesentliche Inhalte der Satzung des Wasserverbandes Wasserversorgung Bezirk Radkersburg ...... 236 Tabelle 5-23: Wesentliche Inhalte der Satzung des Wasserverbandes Weizberg-Jaritzberg ...... 237 Tabelle 5-24: Wesentliche Inhalte der Satzung des Verbandes Steirischer Wasserversorgungsunternehmen ...... 238
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VERZEICHNIS DER ÜBERSICHTEN
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Übersicht 3-1: Berechnung der Höhe des Wasserleitungsbeitrages ...... 93 Übersicht 3-2: Öffentliche Wasserversorgungsanlage ...... 100 Übersicht 3-3: Wasserleitungsbeitrag ...... 101 Übersicht 3-4: Hausleitung ...... 102 Übersicht 3-5: Anschlussleitung ...... 103 Übersicht 3-6: Anschlussgebühr ...... 104 Übersicht 3-7: Benützungsgebühren ...... 105
Übersicht 4-1: Gebührenarten für die Herstellung eines Wasseranschlusses ...... 122
Übersicht 5-1: Feistritzwerke-Steweag GmbH ...... 241 Übersicht 5-2: Grazer Stadtwerke AG ...... 243 Übersicht 5-3: Leibnitzerfeld Wasserversorgung GmbH ...... 244 Übersicht 5-4: Stadtwerke Bruck a. M...... 246 Übersicht 5-5: Stadtwerke Hartberg Verwaltungs Gesellschaft m. b. H...... 247 Übersicht 5-6: Stadtwerke Judenburg AG ...... 248 Übersicht 5-7: Stadtwerke Kapfenberg GmbH ...... 250 Übersicht 5-8: Stadtwerke Voitsberg ...... 251 Übersicht 5-9: Zentral-Wasserversorgung Hochschwab Süd Gesellschaft m. b. H...... 253
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1. Problemaufriss
„Wasser – das weiße Gold des 21. Jahrhunderts“: So lautete der Titel eines Zei- tungsartikels, in dem auf den weltweit steigenden Wasserverbrauch und auf die gleich bleibende und ungleich verteilte Wassermenge hingewiesen wurde. Daraus ergibt sich, so schätzen die Risikoforscher, ein Konfliktpotential für die nahe Zu- kunft.1 Die bei uns hingegen lange vertretene Meinung wird wohl am besten mit „Österreich sollte sich in ‚Wasserreich‘ umtaufen“2 beschrieben.
Aber die Realität ist auch in unserem Land eine andere, wie uns beispielsweise die Wasserknappheit in der südöstlichen Steiermark vor Augen führen. Ist es also doch eher ein „Kampf ums Trinkwasser“3? Über das Problem der Wassermenge hinaus sind die Wasserversorger mit Änderungswünschen, die ihre Struktur und Organisation betreffen, konfrontiert worden.
Somit sind das Wasser und die Wasserversorgung etwas, das bisher als etwas Selbstverständliches angesehen wurde, ein zentrales Thema geworden. In die laufende Debatte wurden viele interessenorientierte Diskussionsbeiträge ein- gebracht, wie eine Weiterentwicklung der Wasserwirtschaft und mit ihr die der Wasserversorger bestmöglich gestaltet werden kann. Gleichzeitig wurde die De- batte auf einer hohen Ebene geführt und dadurch die Realität vor Ort im Wesent- lichen außer Acht gelassen.
Die Arbeiterkammer Steiermark hat deshalb die Wasserversorgung in den steiri- schen Gemeinden aus Sicht der Konsumentinnen und Konsumenten zum Unter- suchungsgegenstand dieser Studie gemacht.
Zu Beginn dieser Arbeit werden in dem Kapitel über die Dimensionen der Was- serdebatte die verschiedenen internationalen und nationalen sowie regionalen Diskussionspunkte, die die Wasserdebatte wesentlich dominiert haben, und die interessenorientierten Standpunkte der Diskutanten herausgearbeitet.
1 Vgl. Umwelt, 6 – 7/1996, 66. 2 Kleine Zeitung, 29. 5. 2000. 3 Wirtschaft und Umwelt, 1/2001, 18. 29 Im dritten Kapitel werden die wesentlichen rechtlichen Grundlagen, die für die Wasserversorgung gelten, angeführt, weil die Struktur der Wasserversorgung und die Wassergebühren eine Reflexion des geltenden Rechtssystems darstellen. Die rechtliche Beschreibung orientiert sich am Stufenbau der Rechtsordnung. Sie be- ginnt beim Europarecht und reicht bis zu den individuellen Verbraucherrege- lungen.
Die Wassergebühren, das sind die Wasserverbrauchsgebühren und die Wasser- anschlussgebühren, die die Konsumentinnen und Konsumenten ihrem Was- serversorger zu bezahlen haben, werden im vierten Kapitel dargestellt. Die Erhe- bungsgrundlage dafür stellten die Wasserleitungsordnungen und Wassergebüh- renordnungen der Gemeinden sowie die Allgemeinen Liefer- und Versorgungsbe- dingungen und die Tarifblätter der Gemeinden, der Wasserverbände und der Ka- pitalgesellschaften, die die Wasserversorgung im Auftrag einer Gemeinde durch- führen, dar. Damit die Wassergebühren zwischen den Gemeinden vergleichbar werden, wurden die Gebühren für den steirischen statistischen Haushalt in den Gemeinden für das Jahr 2001 berechnet und dargestellt. Einzelne Auswertungs- ergebnisse zu speziellen Merkmalen der Wasserversorgungs- und -anschluss- gebühren ergänzen den Gebührenvergleich.
Im fünften Kapitel folgt die Darstellung der steirischen Wasserverbände sowie die der Stadtwerke und der Kapitalgesellschaften, die in der Steiermark die Durchfüh- rung der Wasserversorgung übernommen haben. Die Erhebungsgrundlage bei den Wasserverbänden bildeten die Satzungen sowie – soweit vorhanden – die Unterlagen über die Anschluss- und Verbrauchsgebühren. Die Darstellung zu den Wasserverbänden umfasst die Auflistung der Aufgaben des Verbandes, eine kar- tografische Darstellung der Mitglieder und gebührenbezogene Aspekte, wenn der jeweilige Wasserverband maßgebliche Aufgaben bei der Wasserversorgung ü- bernommen hat. Im Kapitel über die Stadtwerke und die Kapitalgesellschaften werden deren Eigentumsstruktur und Versorgungsbedingungen angeführt.
30 Die Qualität des Trinkwassers, das die Konsumentinnen und Konsumenten von ihrem Wasserversorger erhalten, ist von besonderer Bedeutung. Die Wasserver- sorger sind aufgrund von gesetzlich normierten Bestimmungen verpflichtet, ihre Abnehmer darüber zu informieren. Die steirischen Wasserversorger wurden mit- tels eines Fragebogens ersucht, darüber Auskunft zu geben, ob und wie sie die- ser Verpflichtung nachkommen. Die Ergebnisse dieser Umfrage sind im Kapitel 6 dargestellt.
Im siebenten Kapitel sind die Schlussfolgerungen, die aus den Ergebnissen die- ser Untersuchung für die Konsumentinnen und Konsumenten abgeleitet werden, enthalten.
Die vorliegende Studie „Die Wasserversorgung in der Steiermark – eine Untersu- chung über die Wassergebühren, die steirischen Wasserversorger und die Aspek- te zur Trinkwasserqualität vor dem Hintergrund der politischen Debatte zur Was- serversorgung aus Sicht der Konsumentinnen und Konsumenten“ ist seitens der Arbeiterkammer ein empirischer Beitrag für die weitere Diskussion über die Was- serversorgung und deren Weiterentwicklung zugunsten der Konsumentinnen und Konsumenten.
Zum Entstehen und Werden dieser Studie haben viele Personen beigetragen, de- nen Dank gebührt. Dazu gehören insbesondere diejenigen in den Gemeinden, Verbänden und Unternehmen, die Unterlagen für diese Arbeit gesendet haben und darüber hinaus für zahlreiche telefonische Auskünfte zur Verfügung standen. Besonderer Dank gebührt den Kolleginnen und Kollegen der Abteilung Wirtschaft der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Steiermark für die hilfreichen, unter- stützenden, aufmunternden und kritischen Kommentare. Frau Lydia Jagersbacher hat die textliche Verarbeitung des Manuskripts übernommen und Herr Karl Reitter die Erstellung der Grafiken. Vielerlei vorbereitende Tätigkeiten haben die Vo- lontärinnen und Volontäre und auch die Lehrlinge in der Arbeiterkammer durchge- führt.
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2. Dimensionen der Wasserdebatte
Vor 2.500 Jahren hat Thales von Milet die Bedeutung des Wassers mit folgenden Worten beschrieben: „Das Prinzip aller Dinge ist das Wasser. Aus Wasser ist al- les, und ins Wasser kehrt alles zurück.“ Aristoteles hat entsprechend seiner Welt- sicht Wasser neben Erde, Feuer und Luft als eines der vier Elemente genannt.
Wasser ermöglicht unser Leben und ist die Grundlage unseres Wirtschaftens. Auch auf europäischer Ebene wird der Besonderheit des Wassers durch den ers- ten Erwägungsgrund der EU-Wasserrahmenrichtlinie Rechnung getragen: „Was- ser ist keine übliche Handelsware, sondern ein ererbtes Gut, das geschützt, ver- teidigt und entsprechend behandelt werden muss.“4
In der jüngeren Vergangenheit hat die Ressource Wasser und damit die Wasser- versorgung in der öffentlichen Diskussion breiten Raum eingenommen. Zu den Diskussionspunkten in der Wasserdebatte gehören unter anderem Menge und Verteilung der Ressource, ebenso wie jene, die unter den Schlagworten Wasser- ausverkauf, Privatisierung, Liberalisierung, Wasserexport, Aufhebung der Ge- bietsmonopole, Kosten der Wasserversorgung etc. laufen.
Die Wasserversorgung berührt die Konsumentinnen und Konsumenten unmittel- bar. Aus diesem Grund ist die Kammer für Arbeiter und Angestellte für Steiermark darangegangen, den Stand der Diskussion über die Wasserversorgung zu erfas- sen. Dieser wird in weiterer Folge dieses Kapitels skizziert.
2.1. Wasser – „die besondere Flüssigkeit“
Von der chemisch-physikalischen Sichtweise aus betrachtet ist Wasser wegen seiner besonderen Eigenschaften, die aufgrund der molekularen Struktur5 auftre- ten, etwas Besonderes. Viele Eigenschaften des Wassers sind uns aus dem tägli-
4 RL 2000/60/EG. 5 Die Besonderheit der molekularen Struktur des Wassermoleküls ist, dass sich die drei Atome nicht in einer geraden Linie aneinander reihen, sondern dass die zwei Wasserstoffatome in einem Winkel von 105 Grad an das Sauerstoffatom gebunden sind. Durch diesen Molekülaufbau entsteht zwischen den Molekülen ei- ne Anziehungskraft, die die Moleküle nicht einzeln und voneinander unabhängig bewegen lässt, sondern dass sie in größeren Gruppierungen (Clustern) miteinander vernetzt sind. Um die Moleküle zu trennen, ist der Einsatz von Energie nötig. 33 chen Leben vertraut: Wasser ist farblos und durchsichtig, bei einer Schichtdicke über etwa zwei Meter wird eine bläuliche Farbe erkennbar. Wasser ist beständig, unterhalb von 2.000 Grad Celsius erfolgt keine Zersetzung. Die Dichte des Was- sers von 1 Kilogramm je Kubikdezimeter wurde für die Definition des Kilogramms herangezogen. Wasser friert bei 0 Grad Celsius, siedet bei 100 Grad Celsius und hat die größte Dichte bei 4,1 Grad Celsius. Wird Wasser darüber hinaus ab- gekühlt, dann dehnt es sich beim Gefrieren sogar stark aus.6
Wasser ist die einzige Flüssigkeit, die auf der Erde in größerer Menge vorkommt. Unser Planet ist zu drei Vierteln mit Wasser bedeckt. Die Salzwasser der Ozeane machen 97% des globalen Wasservorkommens aus und sind somit als Trinkwas- ser unmittelbar für den Menschen nicht nutzbar. Auch die vergleichsweise geringe Menge an Süßwasser – weniger als 3% – steht dem Menschen nicht uneinge- schränkt zur Verfügung. Etwa zwei Drittel dieses Wassers sind in den Gletschern und Eisdecken gebunden und rund 30% entfallen auf das unterirdische Grund- wasser. Somit sind nur etwa 0,03% des gesamten Wassers unserer Erde in Form von Flüssen und Seen direkt zugänglich. Darüber hinaus sind die Wasservorräte auf der Erde höchst unterschiedlich verteilt.7
Sauberes Süßwasser bzw. Trinkwasser in ausreichender Menge stellt unsere Le- bensgrundlage dar. Aber wegen der zunehmenden Beeinträchtigung der Wasser- qualität haben derzeit bereits rund 1,2 Milliarden Menschen kein sauberes Trink- wasser zur Verfügung. Nach Aussagen der Umweltstiftung Global Nature Fund entstehen „in den Entwicklungsländern vier Fünftel aller Erkrankungen wegen mangelnder Trinkwasserversorgung und schlechter Hygiene“.8 Laut einer Progno- se der Weltwetterorganisation ist zu erwarten, dass im Jahr 2025 in 34 Ländern das Wasser knapp wird. Derzeit herrscht in 29 Ländern Afrikas und Asiens leich- ter oder akuter Wassermangel.9 Insbesondere als Besorgnis erregend wird die Si- tuation der Wasserversorgung im Norden Afrikas, im Nahen Osten und auf dem indisch-pakistanischen Subkontinent angesehen.
6 Vgl. Neue Zürcher Zeitung, 20. 8. 1997, 37. 7 Vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung, 2001, 17. 8 APA-Journal, Recycling, 23. 3. 2001, 5. 9 Vgl. Der Standard, 9. 2. 1999. 34 Die ungleiche Verteilung des weltweiten Wasservorkommens, die ungleiche Ver- teilung der Weltbevölkerung und die zu erwartenden Auswirkungen der klimati- schen Veränderungen ebenso wie umweltschädigende Aktivitäten des Menschen lassen Konflikte um das Wasser auf internationaler Ebene erwarten. Meldungen wie zum Beispiel die folgende finden sich deshalb vermehrt in der Tagespresse: „Wird das blaue Gold eines Tages dem schwarzen Gold den Rang ablaufen? Je mehr Menschen es gibt, desto kostbarer wird das Wasser und könnte eine Trumpfkarte in politischen und wirtschaftlichen Auseinandersetzungen sein. In vie- len Regionen, vor allem in wasserarmen Gebieten, steigt die Kriegsgefahr.“10
Internationale und nationale Organisationen haben aufgrund der prekären Situa- tion in der Wasserversorgung – in Ergänzung dazu ist selbstverständlich auch die Abwasserentsorgung gemeint – Maßnahmen zur Verbesserung und Sicherung der Trinkwasservorräte und -zugänge gesetzt.
Die Generalversammlung der UNO hat in einer Resolution11 den 22. März jedes Jahres zum Weltwassertag erklärt. In der Begründung strich die Generalver- sammlung insbesondere die Verbindung zwischen sozialem Wohlstand, ökonomi- scher Produktivität und dem quantitativen und qualitativen Vorhandensein der Ressource Wasser hervor. In dieser Resolution wurden unter anderem die Staa- ten auch eingeladen, an diesem Tag das Bewusstsein für die Ressource Wasser durch verschiedene Aktivitäten, die in Einklang mit den Vorgaben der Agenda 2112 stehen, zu unterstreichen. Beim Millennium-Gipfel der Vereinten Nationen in New York einigten sich die Staatschefs darauf, die Zahl derjenigen, die keinen Zugang zu Trinkwasser haben, in den nächsten 15 Jahren zu halbieren.13
Im Vorwort eines Berichtes der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und des Kin- derhilfswerkes UNICEF halten dessen DirektorInnen Gro Harlem Brundtland und Carol Bellamy fest: „Zugang zu sauberem Wasser und Abwassereinrichtungen
10 Der Standard, 18. 8. 1999. 11 Vgl. UN, A/RES/47/193. 12 In Rio de Janeiro unterzeichneten 1992 die Teilnehmerstaaten das Aktionsprogramm Agenda 21. In diesem Dokument wurde der Erkenntnis, dass die ökonomische, die ökologische und die soziale Entwick- lung einer Gesellschaft nicht voneinander abgekoppelt und gegeneinander ausgespielt werden, Rechnung getragen. 13 Vgl. Wiener Zeitung, 23. 11. 2000, 24. 35 sind grundlegende Menschenrechte.“14 Peter Gleick vom Pacifc Institute for Stu- dies in Development, Environment and Security argumentiert, dass die Mindest- wasserversorgung ein Menschenrecht ist, das implizit und explizit durch das inter- nationale Recht, die Deklarationen und durch die staatliche Umsetzungspraxis gedeckt ist. Alle Organisationen sollen darauf hinarbeiten, dass den Menschen die Mindestwasserversorgung und somit Wasser als Menschenrecht garantiert wird.15
In Den Haag erörterten Regierungsmitglieder aus 32 Ländern beim Welt-Wasser- Forum im Jahr 2000, wie sich eine globale Wasserkrise vermeiden lässt. „Der Vorsitzende des Forums, der niederländische Kronprinz Willem-Alexander, plä- dierte dafür, dass Trinkwasser überall voll bezahlt werden müsse. In Entwick- lungsländern müssten dabei Ärmere Subventionen erhalten oder ihre Arbeitskraft als Zahlungsmittel einsetzen können.“16 Gleichzeitig warnte er davor, die bisheri- gen Staatsmonopole bei der Trinkwasserversorgung durch private Monopole zu ersetzen.17
Bei der Internationalen Süßwasserkonferenz in Bonn im vorigen Jahr verwies der niederländische Thronfolger auf das Problem Hunger als Folge von Wasser- knappheit. Bei der Versorgung mit Trinkwasser sei das Problem nicht die Was- sermenge: „Trinkwasser ist eine Frage des politischen Willens, des Managements und auch eine Frage von Investitionen, um das Wasser an die richtige Stelle zu bekommen.“ Derzeit würden auf der Welt jährlich 80 Milliarden DM in die Was- serwirtschaft investiert, notwendig seien aber 180 Milliarden DM. Das fehlende Geld müsse auch von privaten Kapitalgebern zur Verfügung gestellt werden.18 Der deutsche Umweltminister Jürgen Trittin warnte in seiner dann folgenden Rede vor einer Privatisierung des kostbaren Gutes Wasser. Die qualitativ ausreichende Versorgung müsse eine öffentliche Aufgabe bleiben und dürfe nicht dem Markt untergeordnet werden. Der Wirtschaft bleibe ein breites Betätigungsfeld im Auf- bau der nötigen Infrastruktur.19
14 Wiener Zeitung, 23. 11. 2000. 15 Vgl. Gleick (1998). 16 Vgl. Financial Times Deutschland, 21. 3. 2000, http://www.ftd.de/pw/in/FTDHODVJ36C.html. 17 Vgl. ebenda. 18 Financial Times Deutschland, 5. 12. 2001, http://www.ftd.de/pw/in/FTDH9DEOUUC.html. 19 Vgl. APA, 343, 3. 12. 2001. 36
2.2. Wasser – „der weltweite Wirtschaftsfaktor“
So verwundert es nicht, dass weltweit auf dem Markt für Trinkwasser und Abwas- ser bemerkenswerte Zuwachsraten erwartet werden. Die Unternehmensberatung Helmut Kaiser hat für das Jahr 2000 eine Zuwachsrate auf dem Weltwassermarkt im Ausmaß von 16% festgestellt. 1998 betrug das Weltmarktvolumen für Wasser 265 Milliarden DM, für 2015 werden 555 Milliarden DM erwartet. Die Zuwächse sind insbesondere auf den Anstieg in den technischen Bereichen der Wasserauf- bereitung, der Mess-, Regel- und Analysentechnik auf den Märkten Nordamerikas und Westeuropas zurückzuführen. Die jeweils höchsten Wachstumsraten im Trinkwasser- und Abwasserbereich werden in Osteuropa und im asiatischen Raum erwartet.20
Hinsichtlich der Entwicklung im Unternehmensbereich erwartet die Unterneh- mensberatung Kaiser, dass im Jahr 2015 80 Unternehmen mehr als 60% der Marktanteile, wenn sie Leistungen in der Wasseraufbereitung und Abwasserreini- gung anbieten, auf sich vereinen können. Das kleinste der 80 Unternehmen wird einen Umsatz in der Höhe von 2 Milliarden DM bei einer Umsatzrendite von 10 bis 20% tätigen. Das Umsatzvolumen der zehn größten Unternehmen wird 20 Milliar- den DM überschreiten.21
Aus den vorhin angeführten Argumenten ist klar ersichtlich, dass das Wasser die bedeutendste Ressource für unser Leben und Wirtschaften ist. Bei einem Sympo- sium mit dem Titel „Wasser als strategische Ressource“ hat der französische Pro- fessor für Geopolitik Pierre Béhar 1997 gemeint: „In Europa spielen die Konflikte um Trinkwasser noch keine dominante Rolle.“22 Andere sprachen zu dieser Zeit von einem sich in Europa abzeichnenden Mangel und dass dadurch mit deutlich steigenden Preisen in der Wasserwirtschaft zu rechnen sei. „Deshalb soll die EU- Verordnung [Wasserrahmenrichtlinie, S. B.] zur Wasserversorgung die europäi- schen Länder zur Sicherstellung ausreichender Wasserressourcen zwingen sowie zur Gewährleistung einer guten Wasserqualität. Die Wasserversorger haben Vor-
20 Vgl. Umweltjournal 08/2001, 6. 21 Vgl. Waste Magazin 2/1999, 31. 22 Die Presse, 12. 4. 1997. 37 gaben zu realisieren, die hohe Investitionen fordern und damit für den Markt der Wasserversorgungstechnik Umsatzchancen schaffen.“ Frost & Sullivan sehen da- durch ein Umsatzwachstum im EU-Bereich auf 75,70 Milliarden Dollar bis zum Jahr 2004.23
2.3. Wasser – „der Exportschlager“
Die österreichische „Wasserseele“ scheint jedoch seit Beginn der Wasserdiskus- sion, sicherlich wegen der Besonderheit des Wassers, gespalten. Auf der einen Seite stehen die Ängste um unser Wasser, auf der anderen Seite finden sich der Stolz auf unser Wasser und ein leichtes, manchmal auch unverhohlenes Schielen auf die Möglichkeit dass wir unser alpines „Gold“ vielleicht doch zu Geld machen können.
Die Angst um das österreichische Wasser, beispielsweise durch eine Verpflich- tung Österreichs, Wasser in großen Pipelines von den österreichischen Alpen bis nach Spanien exportieren zu müssen, hat sich bereits während der österreichi- schen EU-Beitrittsdebatte und danach vor Abschluss des Vertrages von Nizza manifestiert. In der Zeit vor der Regierungskonferenz von Nizza ist die Änderung des Artikels 175 EG-Vertrag europaweit diskutiert worden, wodurch die Einstim- migkeit für Maßnahmen im Bereich der Bewirtschaftung der Wasserressourcen zu Fall gebracht werden sollte. Eine Änderung des Artikels 175 EG-Vertrag erfolgte nicht und die Einstimmigkeit ist weiterhin aufrecht. Helmut Blöch, Referatsleiter in der GD Umwelt der Europäischen Kommission, hat bei einem Symposium in Wien klargestellt, dass auch die Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) keinerlei Eingriffe in Verwaltungs- oder Eigentumsstrukturen und damit in die Hoheitsrechte an Was- serressourcen bringt. Blöch weiters: „Eine Ableitung österreichischen Wassers gegen den Willen Österreichs stand und steht nicht zur Debatte. Nicht nur gibt es dafür keinerlei Rechtsgrundlagen, sondern auch keinerlei politischen Willen.“24
Unabhängig von den europäischen Regelungen bietet das österreichische Was- serrechtsgesetz den österreichischen Wasserressourcen Schutz. Bundesminister Molterer beantwortete eine diesbezügliche parlamentarische Anfrage wie folgt:
23 o. A., Umweltschutz 4/1999, 54. 24 aqua press international, 2/2001, 13. 38 „Das österreichische Wasserrechtsgesetz enthält geeignete Instrumentarien, den momentanen und auch zukünftigen Bedarf der österreichischen Bevölkerung mit Trink- und Nutzwasser sicherzustellen bzw. die Ableitung von Wasser zum Scha- den des Inlandes zu verhindern.“25 Darüber hinaus „hat man nur dann das Recht, Leitungen auf fremden Grundstücken zu verlegen, wenn es ein übergeordnetes volkswirtschaftliches Interesse gibt“, so Michael Bobik, der Leiter des Institutes für Infrastruktur in Kapfenberg, zu diesem Thema.26
Hinsichtlich des quantitativen Argumentes wird stolz im Titel einer Presseinforma- tion festgehalten: „Österreichs Wasserschatz größer als vermutet“. Dem liegt das Ergebnis einer Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Land- und Forstwirt- schaft, Umwelt und Wasserwirtschaft zugrunde, das darauf verweist, dass „auch in Zukunft das Wasserangebot weit über den Bedarf der österreichischen Bevöl- kerung, der Wirtschaft, der Landwirtschaft und der Natur hinausgeht“.27 Der Stu- dienautor hält dazu gegenüber der „Presse“ auch fest: „Dass Österreich ganz Eu- ropa mit Wasser versorgen kann, können wir vergessen“ und verweist weiters darauf, dass die Trinkwasserreserven in den Alpen „zwar groß sind, aber nicht so groß, wie man bisher dachte“. Somit scheinen alle Befürchtungen bezüglich des Exportes von Wasser im großen Stil ungerechtfertigt zu sein, zum einen wegen der rechtlichen Schranken und zum anderen wegen der quantitativen Beschrän- kungen, die nur eine endliche Nutzung der Ressource Wasser zulassen, „ohne sich dadurch gleichzeitig ökologische Probleme einzuhandeln“.28 Der EU- Abgeordnete Hans Kronberger hingegen betonte auch die ökologischen Folgen: „Wasser ist ein sensibles Gut, das nicht willkürlich verteilbar ist. Der Eingriff in den ökologischen Kreislauf hat katastrophale Folgen für unsere Umwelt: Der Grund- wasserspiegel sinkt – Trockenheit, Versteppung und Verödung drohen.“29 Auf die technischen und finanziellen Aspekte des Wasserexportes wird an dieser Stelle nur hingewiesen und nicht näher eingegangen.
Kritische Stimmen, aber auch Befürworter finden sich immer wieder zu den an- gedachten oder in Planung befindlichen Trinkwassertransporten. Nach der Fest-
25 1266/AB, NR, 21. GP. 26 Die Presse, 16. 10. 2000, 13. 27 Vgl. BMLFUW, Presseinformation, 26. 11. 2001, http://www.wassernet.at/start.htm. 28 Die Presse, 27. 11. 2001, 15. 29 Presseaussendung, OTS0185, 21. 3. 2001. 39 stellung, dass Österreichs Wasservorrat an Trinkwasser seinen Bedarf übersteigt, wird der Umweltsprecher des Ministeriums, Gerhard Popp, wie folgt zitiert: „Oberste Priorität bekommt der Transfer von wasserreichen in trockene Regionen“ und „Dieser Transport muss nicht unbedingt vor der Grenze Halt machen.“30 Die Österreichischen Bundesforste haben „eine Offensive in der Vermarktung von Trinkwasser auch in Rohrleitungen – bis zu einer Länge von 150 bis 200 Kilome- tern – angekündigt“.31 „Die Dürre im Vorjahr hat ja gezeigt, dass es hier große Ungleichgewichte gibt“, so Öbf-Vorstand Uher. Es gehe dabei auch darum, lokale Wasserversorgungsnetze zu überregionalen zusammenzuschließen.32
Wasser in Flaschen zu exportieren ist für Unternehmer und Politiker jedenfalls kein Tabuthema. Der steirische Umweltlandesrat Pöltl bezeichnete den Export von Trinkwasser als „Marktlücke“33 und will sich dafür einsetzen, dass „das weiße Gold nur in veredelter Form die Grenzen passiert“.34 Bobik vom Institut für Infra- strukturwirtschaft in Kapfenberg meinte dazu: „In zehn Jahren wird es selbstver- ständlich sein, dass österreichisches Wasser exportiert wird ... [und] dass beim Export des weißen Goldes vor allem 20-Liter-Container zum Einsatz kommen werden.“ Im Umkreis von Österreich gebe es einige Länder [wie beispielsweise Tschechien, Rumänien, Ungarn und die Slowakei, S. B.] mit qualitativem Was- sermangel und damit hervorragenden Geschäftsmöglichkeiten.35
2.4. Wasser – „der Verkaufshit“
Ein Versuch, Wasser in PET-Flaschen abzufüllen und in acht europäische Staa- ten, Japan und den arabischen Raum zu exportieren, wurde in Wildalpen gestar- tet. „Ein paar pfiffige private Investoren aus Wien und der grünen Mark haben sich zusammengetan, die Gemeinde Wildalpen mit 10% ins Boot geholt und die Wild- alpener Wasserverwertungs-GesmbH gegründet.“36 Ab Oktober 2001 sollen zwi- schen 500.000 und 750.000 Liter Wasser pro Monat abgefüllt37 und um fünf Schil-
30 Die Presse, 27. 11. 2001, 15. 31 Die Presse 8. 2. 2001. 32 Die Presse, 5. 2. 2001, 13. 33 Pöltl, Der Standard, 29. 9. 2000. 34 Pöltl, a3-UMWELT, 6-7/2000, 9. 35 Die Presse, 16. 10. 2000. 36 Kurier, 21. 3. 2001, 9. 37 Vgl. Kleine Zeitung, Ennstal, 1. 8. 2001. 40 ling für eine Eineinhalbliter-Flasche, exklusive Transportkosten, netto, verkauft werden.38 Die Investitionskosten, die zwischen 30 und 50 Millionen Schilling lie- gen, „dürften sich relativ rasch amortisieren“, so Martschitsch – Mehrheits- gesellschafter der Wildalpen-Wasserverwertungs GmbH39 –, und „in zehn Jahren bringt Wild Alp [das ist die Marke, S. B.] 600 Millionen Schilling (€ 43,6 Millionen) Jahresgewinn, hofft man.“40 Sorgen um den Wasserbestand seien nicht notwen- dig – so die Abteilung der steirischen Landesregierung –, da die Verkaufsmenge derart gering ist, dass sie sich auf den „heimischen Bestand fast nicht auswirkt“.41 Ähnlich äußert sich der Chef der Wiener Wasserwerke, Hans Sailer: „Das liegt un- ter der Nachweisgrenze.“42
Kritik an der Abfüllung von Trinkwasser in Flaschen wird hinsichtlich des hohen Preises, der Schadstoffemissionen beim Transport, des Abfallaufkommens und der Qualität geäußert. Flaschenwasser ist kein Mineralwasser und entspricht im Wesentlichen Leitungswasser.43 Michael Bobik sieht für den Export von Fla- schenwasser wegen der Transportkosten nur begrenzte Möglichkeiten: „Beim Zielort Budapest macht selbst im günstigsten Fall der Bahntransport schon zwei Drittel der Kosten aus“ und „Wasser aus Österreich bleibt für viele Länder ein Lu- xusartikel.“44
2.5. Wasser – das Lifestyle-Produkt?
Über die Verwertungsmöglichkeiten wird intensiv nachgedacht. Michael Bobik sieht in Lifestyle-Produkten den Wasserverkaufshit: „Grüner Tee ist schließlich auch fast nichts anderes als reines Wasser, lässt sich aber teuer verkaufen.“, wird er in einem Artikel zitiert.45 Diese Ideen, aus Wasser gerade ein bisschen mehr zu machen, haben unterschiedliche Unternehmen bereits aufgegriffen. Wasser wird mit Kräuteressenzen, mit Essig oder auch mit Koffein versetzt. Eine bemerkens-
38 Vgl. Kurier, 21. 3. 2001, 9. 39 Vgl. Firmenbuchdatenbank FN 182286v vom 26. 2. 2001. 40 Kurier, 21. 3. 2001, 9. 41 Vgl. Neue Kronen Zeitung, 20. 8. 2001, 16. 42 Sailer, Die Presse, 3. 11. 2001. 43 Vgl. APA-Journal, 4. 5. 2001, 6. 44 Bobik, Wirtschaftsblatt Online, 25. 7. 2001, http://www.wirtschaftsblatt.at/cgi- bin/page.pl?print=1&id=129962. 45 Vgl. Wirtschaftsblatt Online, 25. 7. 2001, http://www.wirtschaftsblatt.at/cgi-bin/page.pl?print=1&id=129962. 41 werte Besonderheit ist sicher die Idee eines Getränkeproduzenten, Wasser nur bei Vollmond abzufüllen.46
Wasser zu einem Hit machen wollen auch die Grazer Stadtwerke: mit Hilfe, einer von der FH-Joanneum-Studentin Rauter entworfenen Karaffe soll der Wasser- umsatz [gemeint ist hier der Wasserumsatz in der Gastronomie, S. B.] angekur- belt werden.47 Dass der Konsum von Wasser in manchen Lokalen kein kostenlo- ses Vergnügen ist, mussten schon viele Konsumentinnen und Konsumenten bei der Bezahlung ihrer Rechnung zur Kenntnis nehmen. „Immer mehr Wirte verrech- nen teures Geld für billiges Leitungswasser. Ein äußerst ertragreiches Geschäft: Für 1.000 Liter Wasser verrechnet die Stadt Wien 18 Schilling, die Wirte den Kun- den bis zu 32.000 Schilling.“48 Ein Vertreter der Tourismusbetriebe meinte zur Extraverrechnung von Wasser, dass für eine Kellnerin ein Glas Apfelsaft ebenso viel Aufwand wie ein Glas Leitungswasser bedeutet. Die Arbeiterkammer betonte aber den Servicegedanken, ähnlich argumentierte der Wiener Vorsteher der Fachgruppe Gastronomie.49 Immer häufiger finden sich Gastronomen, die dem Rechnung tragen. So serviert ein Kärntner Hotelier „seinen Gästen ... vor dem Essen stets einen Krug frisches, belebtes Wasser. Der Mineralwasserverkauf ist zwar zurückgegangen, der Umsatz aber keineswegs.“50 Peter Kiesswetter, Kon- sumentenschützer in der AK Steiermark, verweist darauf, dass eine Extraverrech- nung zulässig ist. Allerdings müsse der Preis für Leitungswasser auf der Geträn- kekarte angeführt sein; andernfalls drohe dem Wirt eine Strafe von bis zu S 20.000,– (€ 1.453,–).
46 Vgl. Der Standard 9. 7. 2001. 47 Vgl. Kleine Zeitung, 14. 2. 2002, 28. 48 Die Presse, 5. 5. 2001,13. 49 Vgl. ebenda. 50 Ökoenergie, März 2002, 17. 42 2.6. Wasser – ist nicht nur zum Waschen da
Das jährlich in Österreich nutzbare Wasserangebot an Oberflächen- bzw. Grund- und Quellwasser beträgt etwa 84 Milliarden Kubikmeter. Rund 62 Milliarden Ku- bikmeter sind in Form von Oberflächenwasser und 22 Milliarden Kubikmeter in Form von Grund- und Quellwasser vorhanden. Genutzt wird das Wasser von im Wesentlichen vier Nutzergruppen, etwa 2,5 Milliarden Kubikmeter an Oberflä- chenwasser und rund 1 Milliarde Kubikmeter an Grund- und Quellwasser.51
Zu den Wassernutzern gehören die Wärmekraftwerke, die das Wasser zu Kühl- zwecken entnehmen, die produzierende Industrie, die Landwirtschaft und die für die Konsumentinnen und Konsumenten bedeutenden öffentlichen Wasserversor- ger.
Den größten Anteil mit rund 63% an Oberflächenwasser entnehmen die Wärme- kraftwerke. Im Jahr 1997 wurden 1,6 Milliarden Kubikmeter zu Kühlzwecken ent- nommen. Die produzierende Industrie ist der zweitgrößte Oberflächenwassernut- zer. Zu Produktionszwecken inklusive Kühlung wurden 0,9 Milliarden bzw. 37% Kubikmeter entnommen. Den geringsten Anteil an der Wasserentnahme von Oberflächenwasser hat die öffentliche Wasserversorgung zu verzeichnen. Für Trinkwasserzwecke wurden im Jahr 1997 nur 0,005 Milliarden Kubikmeter oder 0,2% verwendet.
51 Vgl. Milota (2001), 361. 43 Grafik 2-1:
Entnahme von Oberflächenwasser nach Art der Verwendung im Jahr 1997 (Gesamtentnahmemenge 2,5 Mrd. Kubikmeter)
Öffentliche Wasserversorgung 0,2% Produzierende Industrie 37,0%
Kühlung in der Elektrizitätserzeugung 62,8%
Quelle: Statistische Nachrichten 5/2001
An Grund- und Quellwasser wurde 1997 in Österreich rund 1 Milliarde Kubikmeter entnommen. Die öffentliche Trinkwasserversorgung hat dabei mit 58% oder rund 0,6 Milliarden Kubikmetern den höchsten Anteil aufzuweisen. Die zweitgrößte Nutzung an Grund- und Quellwasser hat auch hier der produzierende Bereich mit 0,36 Milliarden Kubikmetern bzw. 35%. Ein relativ geringerer, aber auch nicht un- wesentlicher Anteil entfällt auf die Landwirtschaft für Bewässerungsmaßnahmen im Ausmaß von 0,07 Milliarden Kubikmetern oder 7%. Am geringsten ist die Ent- nahme von Grund- und Quellwasser zur Kühlung in der Elektrizitätserzeugung von nur 0,003 Milliarden Kubikmetern bzw. 0,3%.
44
Grafik 2-2:
Entnahme von Grund- und Quellwasser nach Art der Verwendung im Jahr 1997 (Gesamtentnahmemenge 1 Mrd Kubikmeter)
Kühlung in der Elektrizitätserzeugung 0,3% Produzierende Industrie 35,1%
Öffentliche Wasserversorgung Landwirtschaftliche 58,1% Bewässerung 6,5%
Quelle: Statistische Nachrichten 5/2001 Die regionale Verteilung der österreichischen Wasserentnahmen getrennt nach Oberflächenwasser, Grund- und Quellwasser und Bundesländern sowie deren Verwendungsart zeigt die folgende Tabelle.
45
Tabelle 2-1:
Wasserentnahmen 1997 nach Bundesländern und Art der Verwendung in 1.000 m3
Öster- Burgen- Nieder- Ober- Vor- Art der Verwendung Kärnten Salzburg Steiermark Tirol Wien reich land österreich österreich arlberg Gesamtentnahmen
Insgesamt 3.528.700 47.885 176.513 655.577 1.307.531 111.241 631.923 142.533 38.625 416.872 davon: für öffentliche Versorgung 604.326 24.626 49.621 160.132 74.684 48.298 141.360 73.301 26.509 5.794
darunter: an Haushalte abgegeben 455.678 19.890 36.751 74.804 56.988 39.441 45.428 44.099 19.966 118.310
für Bewässerung 67.502 20.806 501 37.396 1.479 128 701 3.337 116 3.037 durch Industriebetriebe (einschließlich des Kühlwassers) 1.285.802 1.366 76.716 102.840 831.201 32.762 150.804 64.486 10.047 15.581 zur Kühlung in der Elektrizitätserzeugung 1.571.070 1.087 49.675 355.208 400.167 30.054 339.057 1.409 1.953 392.460 Oberflächenwasser
Insgesamt 2.496.272 1.471 94.189 385.261 1.128.851 30.032 446.449 10.699 4.101 395.219 davon: für öffentliche Versorgung 5.510 5.510
für Bewässerung durch Industriebetriebe (einschließlich des Kühlwassers) 922.922 386 44.616 25.273 729.507 40 108.089 9.293 2.152 3.566 zur Kühlung in der Elektrizitätserzeugung 1.567.840 1.085 49.573 354.478 399.344 29.992 338.360 1.406 1.949 391.653 Grund- und Quellwasser
Insgesamt 1.032.428 46.414 82.324 270.316 178.680 81.209 185.474 131.834 34.524 21.653 davon: für öffentliche Versorgung 598.816 24.626 49.621 154.622 74.684 48.298 141.360 73.301 26.509 5.794
für Bewässerung 67.502 20.806 501 37.396 1.479 128 701 3.337 116 3.037 durch Industriebetriebe (einschließlich des Kühlwassers) 362.880 980 32.100 77.567 101.693 32.721 42.715 55.193 7.895 12.015 zur Kühlung in der Elektrizitätserzeugung 3.230 2 102 730 823 62 697 3 4 807 Anschlussgrad in % An öffentliche Versorgung angeschlossene Bevölkerung 87,4 96,6 88,4 84,4 75,2 90,1 76,8 93,7 96,2 99,7
Quelle: Statistische Nachrichten 5/2001
Zu den bedeutendsten Oberflächenwassernutzern nach Bundesländern zählt der produzierende Bereich in Oberösterreich mit 79%, gefolgt von jenem in der Stei- ermark mit 12%. Etwa gleich viel Wasser für Kühlzwecke in den Wärmekraftwer- ken entnehmen vier Bundesländer: Oberösterreich 26%, Wien 25%, Niederöster- reich 23% und die Steiermark 22%.
Im Bereich der öffentlichen Trinkwasserversorgung ist auffallend, dass Nieder- österreich mit 26%, gefolgt von der Steiermark mit 24%, den höchsten Anteil an der Wasserentnahme an Grund- und Quellwasser aufzuweisen hat. In diesen bei- den Bundesländern wird mehr Trinkwasser entnommen, als sie selbst verbrau- chen, weil dieses Wasser in der Wiener Trinkwasserversorgung verwendet wird.
46 Die anderen Bundesländer entnehmen weitestgehend jene Trinkwassermenge, die sie selbst für die Trinkwasserversorgung benötigen.
Das Wasser für die österreichische Trinkwasserversorgung stammt somit zu rund 99% aus Grund- und Quellwasser und nur zu 1% aus Oberflächenwasser.52 Wird der Zuwachs der Trinkwasseraufbringung nach diesen Wasserressourcen be- trachtet, dann ist festzustellen, dass ein Mehrverbrauch praktisch ausschließlich durch eine Mehrentnahme von Grundwasser gedeckt wird.53
Die Betrachtung der gesamten österreichischen Wasserentnahmen zeigt im We- sentlichen einen relativ kontinuierlichen Verlauf über die Jahre 1980 bis 1997 und die einzelnen Nutzungsarten.
Grafik 2-3:
Wasserentnahmen in Österreich 1980 – 1997 nach Art der Verwendung
4.000
3.500
3.000 1.592 1.127 1.123 1.571 1.582 2.500 1.373
2.000
in Mio. m³ 1.500 1.537 1.560 1.456 1.286 1.285 1.280 1.000
500 558 597 613 468 469 604
0 1980 1985 1990 1995 1996 1997
Öffentliche Versorgung Industriebetriebe Kühlung in der Elektrizitätserzeugung
Quelle: Statistik Austria, Statistische Nachrichten 5/2001
52 Im internationalen Vergleich hat Dänemark mit 99% den höchsten Anteil an Quellwasser für die Trinkwas- serversorgung aufzuweisen. Italien hat einen Grund- und Quellwasseranteil für die Trinkwasserversorgung in der Höhe von 88%, die Schweiz 82%. Hohe Anteile an Oberflächenwasser haben Deutschland mit 30%, die Niederlande mit 32%, Frankreich mit 38%, Großbritannien mit 70% und Schweden mit 78%. 53 Vgl. ÖVGW, Betriebsergebnisse der Wasserwerke Österreichs 1997, 3 ff. 47 2.7. Wasser – „das Vermögensobjekt“
Der Glanz des „weißen Goldes“ hat auch zum Glänzen in den Augen der Men- schen geführt, die Grund und Boden mit Quellen oder Grundwasserreserven als ihr Eigentum bezeichnen können. Das österreichische Wasserrecht bindet das Ei- gentumsrecht des auf den bzw. unter den Grundstücken vorhandenen Wassers an das Grundeigentum. Somit kann ein Grundeigentümer dieses Vorkommen kommerziell – ob über einen Verkauf oder für den Eigenbedarf – nutzen, sofern die wasserwirtschaftlichen Verhältnisse dies zulassen, d. h., dass durch diese Nutzung keine ökologischen Beeinträchtigungen, keine Beeinträchtigung beste- hender Nachbarrechte und keine Beeinträchtigung öffentlicher Interessen erfolgt. Weiters werden dem Grundeigentümer Entgelte für Nutzungsbeschränkungen zugunsten einer guten bzw. besseren Wasserqualität bezahlt. Zu den für die Wasserversorgung relevanten Flächen zählen die Wälder und die landwirtschaft- lich genutzten Flächen.
Der steirische Landwirtschaftskammerpräsident Wlodkowski hat bei einer Tagung mit dem Titel „Wem gehört unser Wasser und wer darf es verkaufen?“ klargestellt, dass aus Sicht der Landwirtschaft „die Wasserressourcen an Grund und Boden gebunden bleiben müssen, um den Mehrverbrauch, den die Landwirtschaft nach- gewiesenermaßen hat, bewältigen zu können“.54 Gleichzeitig wies er darauf hin, dass die Landwirtschaft durch die nachhaltige Bewirtschaftung, aufgrund des ÖPUL-Programms55, der Wasserschutz- und -schongebiete zum Wasserschutz beiträgt. Die Landwirtschaftsvertreter sehen die „Bereitstellung von Trinkwasser“ als eine ihrer zentralen Aufgaben, aber bevorzugt unter dem Blickwinkel des frei- willigen Vertragswasserschutzes, das heißt Abgeltung – durch die Wasserversor- ger und damit die Konsumentinnen und Konsumenten – als Ausgleich für Eigen- tums- und Nutzungsbeschränkungen.56 „Hermann Gruber vom Gut Fasching bei Feldkirchen befasste sich mit der Bewer- tung der Trinkwasserquellen. Er errechnete, dass die Entschädigung für eine Ein-
54 Neues Land, 24. 12. 2000, 30. 55 Österreichisches Programm zur Förderung einer umweltgerechten, extensiven und den natürlichen Le- bensraum schützenden Landwirtschaft (ÖPUL): Im Jahr 2000 haben sich in der Steiermark 35.000 Betrie- be an diesem Programm beteiligt und für die Einhaltung der mit den einzelnen Maßnahmen verbundenen Bewirtschaftungsauflagen und -beschränkungen rund 980 Millionen Schilling an Prämien aus EU-, Bun- des- und Landesmitteln ausbezahlt bekommen. 56 Vgl. Galler, Der Alm- und Bergbauer, 8–9/97, 223. 48 Sekundenliter-Quelle 141.908 Schilling betrage. Als Basis dafür nahm er die durchschnittliche Wasserbezugsgebühr (10 Schilling/Kubikmeter) und eine Um- satzrendite von vier Prozent.“57
Als Objekt, das die Kassen klingeln lässt, wird auch die Österreichische Bundes- forste AG (ÖBf AG), der größte österreichische Waldbesitzer, seitens der politi- schen Entscheidungsträger gesehen. Die ÖBf AG soll einen erklecklichen Beitrag in der Höhe von 3 Milliarden Schilling zum Schuldenabbauprogramm der Regie- rung.58 Der ÖBf AG stehen dazu die Möglichkeiten Verkauf von Grundflächen – geplanter Verkauf eines Zehntels des staatseigenen Waldes59 – bzw. Einhebung von diversen Entgelten für die Wasserentnahme bzw. Nutzung der Wasserwelle oder der Seeufergrundstücke zur Verfügung. „Ich wette, dass die Anbieter für große Bundesforsteflächen internationale Wasserunternehmen sein werden“, kri- tisiert der Salzburger Umweltlandesrat Raus in einer Presseaussendung, und „mit dem Verkauf von Grund und Boden geht die Verfügungsgewalt über das Wasser verloren.“60 Die ÖBf AG – als größter Eigner heimischer Quellen – ist aber bereits seit geraumer Zeit Partner vieler Gemeinden und strebt jedenfalls laufende Ent- gelte in der Trinkwasserversorgung an; gleichzeitig wird betont, dass die Flächen mit den strategischen Wasserressourcen von einem Verkauf ausgeschlossen sind.61
Raus weist wegen der zu erwartenden Wasserproblematik im Zentralraum Salz- burg darauf hin, dass sich der Bedarf von derzeit 160.000 Kubikmetern pro Tag bis zum Jahr 2050 auf 260.000 Kubikmeter erhöhen wird. Dazu hält er fest: „Es müssen neue Quellen erschlossen werden. Dabei wollen manche auf Kosten der Haushalte nun viel Geld verdienen“ und „Die Grundlage, warum hier Einkommen ohne Arbeit erzielt werden soll, bietet das Wasserrechtsgesetz.“ Die Lösung für dieses Problem sieht er in einer Änderung des „exklusiven“ Eigentumsrechtes am Wasser. Der Grundeigentümer soll nur noch entsprechend seinem Eigenbedarf
57 APA-Journal Recycling, 25. 10. 1996, 2. 58 Wiener Zeitung, 17. 10. 2000. 59 Die Presse, 27. 9. 2000. 60 Vgl. Raus, Presseinformation, 30. 1. 2001. http://www.land-sbg.gv.at/regierung/raus/wasserbund.htm . 61 Vgl. a3 UMWELT, 8/9 2001,16–17. 49 Wasser entnehmen dürfen, der Rest soll – nach deutschem Vorbild – als Teil des Naturhaushaltes definiert werden.62
Probleme mit diesem „exklusiven“ Eigentumsaspekt am Wasser haben die Was- serversorger – wenn sie nicht Grundeigentümer oder Eigentümer der Wasserres- sourcen sind –, und die Sachlage spitzt sich ganz besonders dann zu, wenn die vorhandene Wassermenge nicht für alle Nutzer ausreicht. Auch im Süden des Grazer Raumes konkurrieren die Bauern und ein Wasserverband um die Res- source Wasser. „Im Grazer Süden tobt ein Wasserkrieg“63, so lautete die Schlag- zeile eines Presseartikels. Die Bauern benötigen das Wasser für die Beregnung ihrer Gemüsefelder, der Wasserverband möchte die Wasserentnahmemenge für die Trinkwasserversorgung erhöhen.64
Auch wenn im Wasserrecht die Eigentumsfrage juristisch klar ist, kann es in der Realität dennoch zu Konflikten bei der Wassernutzung kommen. So konnte auch eine jüngste VwGH-Entscheidung die Eigentumsfrage nicht restlos klären. Grund- und Quellwasser gehört dem Grundeigentümer, aber das Wasser befindet sich auch in einem Kreislauf – „und was man davon oben entnimmt, fehlt dann dem Unterlieger“65, so Österreichs Wasserpapst Franz Oberleitner. Möglicherweise bietet eine Entscheidung nach der Grundwasserneubildungsrate einen Lösungs- ansatz.66
Für die Errichtung und die Sanierung von Wasserversorgungsanlagen sind enor- me finanzielle Mittel erforderlich. Diese werden von den Haushalten und den Un- ternehmen, die an die Wasserversorgungsanlage anschließen müssen bzw. frei- willig anschließen, und den Förderungen des Bundes und des Landes – zur Si- cherstellung einer ausreichenden Wasserversorgung – aufgebracht. Allein die gewährten Fördermittel weisen auf ein enormes Vermögen bei den Anlagen der Wasserversorger – in der Steiermark sind das die Gemeinden, die Wasser- verbände und die Kapitalgesellschaften – hin.
62 Vgl. Raus, Presseinformation, 30.1. 2001, http://www.land-sbg.gv.at/regierung/raus/wasservorschlag.htm. 63 Grazer Woche, 3. 9. 2000, 6–7. 64 Vgl. ebenda. 65 Aqua Press International, 6/2001, 37. 66 Vgl. Aqua Press International, 6/2001, 36–37. 50 So wurden im Jahr 2000 in der Steiermark bzw. in Österreich 81 bzw. 416 Was- serversorgungsprojekte mit einem Förderbarwert von S 56 Mio. (€ 4,07 Mio.) bzw. S 533 Mio. (€ 38,73 Mio.) und einem umweltrelevanten Investitionsvolumen in der Höhe von S 274 Mio. (€ 19,91 Mio.) bzw. S 2.642 Mio. (€ 192 Mio.) gefördert.67 Reinhard Platzer, Generaldirektor und Vorstandsvorsitzender der Kommunalkredit Austria AG, betont in einem Interview, dass die in den 60er-Jahren begonnene Wasserwirtschaftsförderung einen enorm wichtigen Stellenwert, insbesondere in der Infrastrukturentwicklung, für den Arbeitsmarkt, als Impulsgeber für die regio- nale Entwicklung und für den Umweltschutz hat. Für den Trinkwasserbereich hält er fest, dass der öffentliche Versorgungsgrad in Österreich weiter steigen soll, [von 87,4%68, S. B.] auf 89% im Jahr 2012.69 Somit wird für die nächsten zehn Jahre ein Investitionsbedarf in der Wasserversorgung von S 32 Mrd. (€ 2,33 Mrd.) gesehen. Davon entfallen auf die Neuerrichtung von Anlagen S 24 Mrd. (€ 1,74 Mrd.) und auf Sanierungstätigkeiten S 8 Mrd. (€ 580 Mio.).70
Die Finanzierung im Bereich der Wasserversorgung erfolgt im österreichischen Durchschnitt zu 23,3% über die eingehobenen Anschlussgebühren und die Rück- lagen, zu 35,7% über die laufenden Gebühren, zu 12,5% über die Landesför- derung71, zu 20% mit Hilfe der Bundesförderung und zu 8,8% über sonstige Mit- tel.72
Aber die Förderungsmittel des Bundes wurden für die Zukunft reduziert. „Zur Sta- bilisierung des österreichischen Staatshaushaltes [werden] auch die Finanzaus- gleichspartner angehalten, im Bereich der Siedlungswasserwirtschaftsförderun- gen Einsparungsmaßnahmen zu setzen.“73 Im Zuge dessen wurde das Förde- rungsvolumen gesenkt: von S 3,9 Mrd. (€ 283,42 Mio.) im Jahr 2000 auf S 3,5 Mrd. (€ 254,35 Mio.) 2001 und auf S 3 Mrd. (€ 218 Mio.) für die Jahre 2002 bis 2004.
67 Vgl. Kommunalkredit, 2001, 10. 68 Vgl. Statistische Nachrichten, 5/2001, 362. 69 Vgl. Der Standard, 16. 1. 2001. 70 Vgl. Kommunal, 12/2001, 32. 71 In der Steiermark wird ein Landesbeitrag in der Höhe von 10% der förderfähigen Investitionskosten auf Basis eines Regierungsbeschlusses gewährt. 72 Vgl. Platzer (2001), 7. 73 ökoprojekt, 2/2001, 1. 51 Für die Wasserversorger bedeutet dies zum einen die Senkung des Förderungs- satzes von bisher 20% auf 15% und zum anderen eine Einschränkung des Förde- rungsgegenstandes. So werden Sanierungsarbeiten an Wasserversorgungsanla- gen nicht mehr als förderungsfähig anerkannt, und Grundstückskäufe – beispiels- weise zur Ressourcensicherung – sind nur noch dann förderungsfähig, wenn dies im Zusammenhang mit der Wassererschließung bei Schutz- und Schongebieten geschieht. Weiters wurden die Förderungssätze in den dicht besiedelten Räumen (Städte und Umlandgemeinden) „stärker zurückgenommen, weil dort auch die Gebührenbelastungen niedriger sind als im ländlichen Raum“.74 Die tatsächlich vorgeschriebenen Gebühren in den steirischen Gemeinden werden in Kapitel 4 und 5 dieser Studie dargestellt.
2.8. Wasser – der Standortfaktor
Die Budgetkonsolidierung und die damit verbundene Reduktion der Förderungs- mittel lenkt den Blick der Entscheidungsträger auch auf die über lange Zeit ge- wachsene Struktur in der österreichischen Siedlungswasserwirtschaft. Diese ist seit Jahrzehnten im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten und der politischen Ziele – Versorgungssicherheit durch Erhöhung des öffentlichen Wasserversor- gungsgrades für die Bevölkerung und für die Unternehmen, Förderung der Sied- lungsentwicklung, des Tourismus, der Unternehmensansiedelungen und damit der Arbeitsplatzentwicklung – gewachsen.
Die hohen Infrastrukturkosten der Zersiedlung sind in den einschlägigen Fach- kreisen kein unbekanntes Phänomen. „Um der Landflucht entgegenzuwirken und Entwicklungschancen für den ländlichen Raum zu schaffen, sind die letzten 40 Jahre hindurch hohe Infrastrukturkosten durch Bund, Länder, Gemeinden und die Allgemeinheit der Gebührenzahler in Kauf genommen worden.“75 Die Bevölke- rungsentwicklung in den Gemeinden beweist dies. In den kleinen Gemeinden, un- ter 5.000 Einwohnern, ist der negativen Bevölkerungsentwicklung erfolgreich be- gegnet worden. So haben diese zwischen 1961 und 1991 ein Plus von 17% zu verzeichnen und ein weiteres Anwachsen seither. Der Trend der Stadtflucht je- doch setzt sich ungebremst fort. Die Großstädte konnten durch Wohnbauoffensi-
74 Ebenda, 4–5. 75 Doubek (2001), 40. 52 ven entgegensteuern, weitere Bevölkerungsverluste haben hingegen die Klein- städte zu verzeichnen.76 Claudia Doubek hat im Zuge eines Impulsreferates zum Thema „Die Kosten der Zersiedlung“ die Frage aufgeworfen, ob uns die Zersied- lung und damit der Ausgabenanstieg in der Infrastruktur nicht vielleicht zu gut ge- lungen ist.77
Die Gemeinden legen in ihren Raumordnungsplänen die Aufteilung der Raumnut- zung fest. Das Ziel der Raumordnung ist eine Flächen und Ressourcen schonen- de Siedlungsentwicklung. Aber in der Vergangenheit wurden die Erschließungs- und Folgekosten der Infrastruktur bei der Flächenwidmungsplanung bzw. bei neuen Siedlungsgebieten kaum als wesentlicher Entscheidungsfaktor angesehen. Als für die Infrastrukturkosten in einer Gemeinde besonders relevant werden der Bebauungstyp (Gebiete mit frei stehenden Einfamilienhäusern, verdichteter Flachbau, Geschosswohnbau) und der Siedlungstyp (kompakte Ortskerne, zer- siedelte Ortskerne, Streusiedlungsraum) charakterisiert.78 Doubek hält dazu fest, dass „durch den Verzicht auf Neuerschließung und eine effizientere Auslastung der bestehenden Infrastruktur die Grenzkosten neuer Siedlungstätigkeit minimiert und die Durchschnittskosten der Infrastruktur verringert [werden können]. Bau- landmobilisierung und aktive Bodenpolitik der Gemeinden sind das zentrale Steu- erungselement“.79
Die Kosten der Infrastruktur haben die Diskussion auch zu anderen möglichen Organisationsformen in der Siedlungswasserwirtschaft geführt. Ausgliederungen und alle Formen der privaten Beteiligung, inklusive des vollständigen Verkaufs der Wasserversorgungsanlagen, sind in der Einschätzung ihrer Befürworter das Mit- tel, die dem öffentlichen Sektor nachgesagten Schwächen – Ineffizienzen, man- gelnde Kostentransparenz und Wettbewerbsfähigkeit etc. – zu beseitigen. Und ganz nebenbei soll dadurch eine Entlastung der öffentlichen Haushalte erfolgen. Eine Studie des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft hat dazu noch weiteren Zündstoff geliefert. Die Kritiker haben mit Konterargumenten nicht lange auf sich warten lassen, und so ist im vergange-
76 Vgl. ebenda. 77 Vgl. Doubek, ÖIR-Plattform, „Die Kosten der Zersiedlung“, Wien, 25. 3. 1999. 78 Vgl. Doubek/Zanetti (1999). 79 Doubek (2001), 45. 53 nen Sommer die Diskussion ums „kühle Nass“ in eine richtig heiße Phase einge- treten. Die Argumente dazu werden im Folgenden kurz skizziert.
2.9. Wasser – österreichische Versorgungsstrukturen: ineffizient?
Die Wasserversorgung und mit ihr die Wasserversorgungsunternehmen werden mit den verschiedensten Argumenten, die eine Verbesserung der Dienstleistung zugunsten der Verbraucherinnen und Verbraucher versprechen, konfrontiert. Mit im Reigen der dringlichen Argumente für eine Veränderung darf natürlich das Effi- zienzargument, und damit verbunden das Preisargument, nicht fehlen.
„Die Struktur der Wasserwirtschaft ist ineffizient“, so lautet der Titel eines Presse- artikels.80 87% der österreichischen Bevölkerung werden durch rund 2.000 zen- trale Wasserversorgungsanlagen mit Trinkwasser versorgt.81 Das Beratungsunter- nehmen Contrast hat festgestellt, dass „die derzeitige atomistische Struktur der österreichischen Wasserwirtschaft ‚hochgradig ineffizient‘“82 ist und dass durch „das eigenständige Agieren der einzelnen Unternehmen bzw. Genossenschaften ... alle Größen- und Lerneffekte verhindert“83 werden. Den Kleinen, so wird argu- mentiert, fehlt das Know-how für das professionelle Management bei Investitio- nen, die ein bestimmender Bestandteil der Wasserpreise sind.84 Der Studienautor Thomas Kriegner erkennt weiter dass die Kosten der größeren Einheiten, das sind jene mit mehr als 40.000 versorgten Menschen, 30% bis 50% unter jenen der kleineren Einheiten liegen.85
Ähnlich auch die „wie ein Geheimdossier gehandelte Untersuchung, [die] vom Landwirtschaftsministerium in Auftrag gegeben [wurde]“.86 „Die Kleinstrukturen müssen weg. Die Kommunen sollen sich aus dem Wassergeschäft verabschieden und für größere, möglichst privatisierte Einheiten den Platz frei machen. Wenn sich die derzeit 200 Mittelständler zu rund zehn Anbietern zusammenschließen, um dann jeweils etwa 200.000 Nutzer zu betreuen, ließe sich eine volkswirt-
80 Die Presse, 11. 7. 2001. 81 Vgl. a3 UMWELT, 1/2 2001, 7. 82 Die Presse, 11. 7. 2001. 83 Ebenda. 84 Vgl. ebenda. 85 Ebenda. 86 a3 UMWELT, 1/2 2001, 9. 54 schaftliche Ersparnis in der Höhe von einem Viertel der derzeitig 43 Milliarden Gesamtkosten erzielen“, rechnet der Consulter [PriceWaterhouseCoopers, S. B.] vor.87
Der Präsident des Österreichischen Gemeindebundes, Helmut Mödlhammer, tritt für die Beibehaltung der kleinräumigen Strukturen in der heimischen Wasserver- sorgung ein. Er argumentiert einerseits, dass großflächige Strukturen Expansi- onsbestrebungen der internationalen Konzerne wecken und dass private Eigen- tümer nicht per se besser als öffentliche sind, und andererseits, dass die Bemü- hungen der Kommunen und Verbände zur Effizienzsteigerung unterstützt werden sollen.88
Schönbeck sieht in dem Arbeitsausschuss „Empfehlungen bei Änderung der Or- ganisations- und Eigentumsformen“ des ÖWAV zum Thema „Auswirkungen auf die Effizienz in der Siedlungswasserwirtschaft bei Reorganisationen“ auch mögli- che Chancen in Größenvorteilen und Lerneffekten. Die Straffung der kommunalen Entscheidungsabläufe und die rasche Projektumsetzung gehen mit der Entlastung kommunaler Haushalte [die aber nicht mit einer automatischen Entlastung der pri- vaten Haushalte gleichzusetzen ist, S. B.] und der Verbesserung der Versorgung in Knappheitsgebieten konform.89 Risiken werden neben anderen in der Vermin- derung der Versorgungssicherheit, dem Arbeitsplatzabbau, den hohen Kontroll- kosten, dem Konkursrisiko des Wasserversorgers, sowie in verminderten öko- logischen Wertschätzungen gesehen.90
Hand in Hand mit effizienzsteigernden Argumenten geht die Forderung nach mehr Wettbewerb durch Privatisierung, Liberalisierung und Deregulierung in der öster- reichischen Wasserwirtschaft.
87 Ebenda, 10. 88 Vgl. APA-Journal Recycling, 27. 7. 2001, 2. 89 Vgl. Schönbeck (2001). 90 Vgl. ebenda. 55 2.10. Wasser – das Privatisierungselement
Der Wunsch, die Wasserversorgung zu privatisieren, um damit über den Wettbe- werb die Effizienz zu steigern, ist wohl das am häufigsten angeführte Argument. Wird von Privatisierung gesprochen, dann ist damit eine Änderung der Eigen- tumsverhältnisse gemeint, die auch als materielle Privatisierung bezeichnet wird. Dadurch werden bestimmte, bisher von der öffentlichen Hand wahrgenommene Aufgaben dem privaten Sektor der Volkswirtschaft übertragen. Weiters werden in der Privatisierungsdiskussion auch die formale Privatisierung, das ist die organisationsrechtliche Umgestaltung, oder die Anwendung privatwirtschaftlicher Modelle für öffentliche Aufgaben ebenso wie die Auslagerung von bestimmten Aufgaben in der Wasserversorgung erörtert.
In der volkswirtschaftlichen Betrachtungsweise werden die öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Organisationsformen, mit denen der öffentliche Sektor öf- fentliche Aufgaben organisieren kann, der öffentlichen Hand zugeordnet. Zu den Organisationsformen des öffentlichen Rechts zählen der Regie- oder Eigenbe- trieb, die Verbände und Genossenschaften nach dem Wasserrechtsgesetz usw. und zu jenen des Privatrechts die Kapitalgesellschaften, wie Aktiengesell- schaften oder Gesellschaften mit beschränkter Haftung etc.
In der ökonomischen Theorie wird die Wasserversorgung als ein natürliches Mo- nopol angesehen. Ein natürliches Monopol ist dann gegeben, wenn ein einzelnes Unternehmen eine Ware oder eine Dienstleistung einem Markt zu niedrigeren Kosten bereitstellen kann als zwei oder mehr Unternehmen. Die Begründung liegt in den steigenden Skalenerträgen für den gesamten Mengenbereich; das bedeu- tet gleichzeitig sinkende Durchschnittskosten bei steigendem Output. Umgekehrt betrachtet würde eine höhere Produktionsmenge durch eine größere Anzahl von Produzenten zu höheren Durchschnittskosten und geringerer Produktionsmenge je Unternehmen führen. Mankiw führt zur Wasserversorgung Folgendes an: „Um den Bürgern einer Stadt Wasser zur Verfügung zu stellen, muss ein Unternehmen ein Leitungsnetz durch die Stadt anlegen. Bei zwei oder mehr Anbietern und Kon- kurrenten müsste jeder die Fixkosten für ein eigenes Leitungsnetz aufbringen. Sonach sind die durchschnittlichen Gesamtkosten von Trinkwasser dann am nied-
56 rigsten, wenn ein einziges Unternehmen den gesamten Markt bedient.“91 Für Newcomer ist der Eintritt in den Markt – als Konkurrent – reizlos. Die Eintrittskan- didaten wissen, dass sie nicht dieselben niedrigen Kosten erreichen können, die der natürliche Monopolist erreicht hat.92 Weiters kann ein Monopolist von den Konsumentinnen und Konsumenten ebenso wie von den Unternehmen einen hö- heren Preis verlangen. „Gegen das Monopolproblem können Wirtschaftspolitiker mit viererlei Maßnahmen vorgehen: 1. mit dem Versuch, den Wettbewerb in Mo- nopolmärkten zu steigern, 2. mit Verhaltensvorschriften für Monopolisten, 3. mit der Umwandlung privater Monopole in staatliche Unternehmen, 4. mit Nichts- tun.“93
Mit dem im Februar 2001 erschienenen Leitfaden und Erfahrungsbericht des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft zur „Private Sector Participation in der Siedlungswasserwirtschaft“ werden Orga- nisationsmodelle, die Chancen und Risiken bei privatwirtschaftlicher Einbindung und drei Pilotprojekte94 mit ihrem unterschiedlichen Privatisierungsgrad – Koope- rationsgesellschaft bzw. modifiziertes Betreibermodell – dargestellt.95 Als die Er- folge der privaten Einbindung werden in diesem Bericht insbesondere die Verrin- gerung der Baukosten, die verkürzten Bauzeiten und die umfangreiche und trans- parente Informations- und Öffentlichkeitsarbeit hervorgehoben.96
Mitte des vorigen Jahres hat die Privatisierungsdebatte mit den Ergebnissen der vom BMLFUW bei Coopers & Lybrand Management Consulting GmbH in Auftrag gegebenen Studie einen besonderen Aufschwung erhalten. Der Titel dieser Stu- die, „Optimierung der kommunalen Wasserver- und Abwasserentsorgung im Rah- men einer nachhaltigen Wasserpolitik“97, schraubt die Erwartungshaltung der Le- serin bzw. des Lesers hoch. Im Folgenden werden einige Aspekte aus der Stu-
91 Mankiw (1999), 339. 92 Vgl. ebenda, 340. 93 Ebenda, 353. 94 Abwasserentsorgung in den Gemeinden Ruden und Ernsthofen sowie des Reinhalteverbandes Zellerbecken. 95 Vgl. Kommunalkredit Austria AG (2001a), 2. 96 Vgl. ebenda, 75–76. 97 Vgl. Coopers & Lybrand Management Consulting GmbH (2001). 57 die98 und die darauf basierenden weiteren Diskussionspunkte für die Wasserver- sorgung skizziert.
Zu den Ansätzen, von denen diese Arbeit ausgeht, gehören die „ganzheitliche, systemische und strategische Orientierung“, sowie die Ergebnisorientierung. Die Bestandsaufnahme der österreichischen Siedlungswasserwirtschaft erfolgt „durch einen ‚high level‘ Ansatz, d. h., es werden nur jene Details betrachtet, die als Ent- scheidungsgrundlage dienen.“99 Damit werden die einzelwirtschaftlichen und loka- len Besonderheiten der österreichischen Siedlungswasserwirtschaft außer Acht gelassen.100 Die Ergebnisse sollen die „Grundlage für eine volkswirtschaftliche, ‚marktstrategische‘ Entscheidung ... und nicht für eine ‚unternehmensstrate- gische‘“ 101 bilden und den Entscheidungsträgern Handlungsoptionen und Argu- mentationshilfen zur Verfügung stellen.102
Der Entwicklungspfad der Siedlungswasserwirtschaft wird in dieser Arbeit als ei- ner, der von der Mangelwirtschaft, mit nicht vorhandenen Netzen und Anlagen, über die Versorgungswirtschaft, wie sie der derzeitigen Situation in Österreich ent- spricht, hin zu einer Wettbewerbswirtschaft, wie sie teilweise im Ausland existiert, führt, gesehen.103 Das wasserwirtschaftliche Wettbewerbsunternehmen vereint die Merkmale eines Unternehmens der Versorgungswirtschaft mit denen eines Unternehmens in der Wettbewerbswirtschaft.
Die Anforderungen an die künftige Siedlungswasserwirtschaft werden in dieser Arbeit wie folgt charakterisiert: „Die derzeit bestehenden hohen Qualitätsstan- dards (Trinkwassergüte, Reinigungsgrade beim Abwasser etc.) müssen erhalten bleiben“104 und „Grundwasser soll ohne Aufbereitung als Trinkwasser verwendet werden können.“105 „Die flächendeckende Wasserversorgung der österreichi- schen Bevölkerung im Sinne der derzeit bestehenden Anschlussgrade ist zu ga-
98 Vollständigerweise ist hier darauf hinzuweisen, dass es sich nach den Fußzeilen der Studie um den vor- läufigen Endbericht vom 1. 3. 2001 und nach dem Deckblatt um den Endbericht vom 1. 3. 2001 handelt. Downloadmöglichkeit unter: http://gpool.lfrz.at/gpool/main.cgi?catid=13734&rq=cat&catt=fs&tfqs=catt. 99 Coopers & Lybrand Management Consulting GmbH (2001), 1. 100 Vgl. ebenda. 101 Ebenda, 1. 102 Vgl. ebenda, 1. 103 Vgl. ebenda, 3. 104 Ebenda, 2. 105 Ebenda. 58 rantieren. Die Erhöhung der Anschlussgrade in der Ver-[sorgung] ... ist unter Be- rücksichtung von ökonomischen und ökologischen Gesichtspunkten zu beurtei- len.“106 Besonders wird betont, dass auch in Zukunft das sozial verträgliche Ge- bührensystem beizubehalten ist, weil die Wasserversorgung als eine Leistung der Daseinsvorsorge für alle Bürger erschwinglich sein soll.107
Entwickelt sich das Unternehmen von der Versorgungswirtschaft hin zu einer Wettbewerbswirtschaft, dann werden die vorhin angeführten Punkte durch Effi- zienz, Kostendeckung und Transparenz der Kosten sowie Kundenorientierung erweitert. Als weitere Charakteristika werden Finanzstärke, Liquidität, Cash-Flow, Eigenkapitalanteile und Eigenkapitalrendite angeführt.108
Den Förderungen in der Siedlungswasserwirtschaft wird attestiert, dass durch diese der flächendeckende Ausbau ermöglicht wurde, ohne die enormen Investiti- onskosten an die Kunden weitergeben zu müssen, und dadurch wurde auch die soziale Verträglichkeit sichergestellt.109 Bedingt durch das Fördersystem – so wird ebenfalls erkannt – wurden wenig effektive und wenig effiziente Investitionen durchgeführt, und die hohen Förderungen verzerren die Transparenz des Sys- tems. Das heißt, dass das derzeitige Fördersystem das Verursacherprinzip nicht berücksichtigt.110
Das Ziel dieser strategischen Neuorientierung vom Versorgungsunternehmen hin zum Wettbewerbsunternehmen ist die Senkung der Gesamtkosten und dass da- durch die Finanzierung der Siedlungswasserwirtschaft unter Beibehaltung der so- zialen, technischen und ökologischen Qualitätsstandards erleichtert wird.
Zum Wettbewerb in der Siedlungswasserwirtschaft wird festgehalten, dass dieser derzeit in Österreich nicht existiert, wobei aber betont wird, dass Umfeldeinflüsse, wie die internationale Wirtschaftsentwicklung, die Entwicklung im Ausland und der
106 Ebenda. 107 Vgl. Coopers & Lybrand Management Consulting GmbH (2001), 2. 108 Vgl. ebenda, 5. 109 Vgl. ebenda, 12. 110 Vgl. ebenda. 59 „Druck“ internationaler Unternehmen, die Schaffung von wettbewerbsfähigen Strukturen erforderlich machen werden.111
Zusammenfassend wird der derzeitigen österreichischen Struktur in der Sied- lungswasserwirtschaft in der Studie über die „Optimierung der kommunalen Was- server- und Abwasserentsorgung im Rahmen einer nachhaltigen Wasserpolitik“ attestiert, dass sie in der Lage ist, „ihre Aufgaben weitgehend ordnungsgemäß zu erfüllen, Ausnahmen existieren lokal vor allem im ländlichen Raum“.112 Aber als die Probleme der derzeitigen Struktur der österreichischen Siedlungswasserwirt- schaft im Wettbewerb werden die geringe Finanzkraft der Betriebe, die geringe Marktmacht in der Beschaffung, die Abhängigkeit von Planern mangels eigenen Know-hows und die nicht genutzten Synergiepotentiale herausgestrichen.113
Zur Sicherung der Eigenständigkeit der österreichischen Siedlungswasserwirt- schaft wird die Schaffung von größeren Einheiten als Notwendigkeit erachtet. Weiters gehören die Verringerung der Abhängigkeit von Förderungen, die Her- stellung von Kostentransparenz und Kostendeckung durch die Gebühren, die Senkung der Kosten für Abschreibungen und Zinsen durch verstärkte Einbindung von privatwirtschaftlich agierenden Unternehmen und die Senkung der Betriebs- kosten durch Nutzung der Rationalisierungspotentiale zur grundstrategischen Stoßrichtung.114 Gleichzeitig wird festgestellt, dass eine flächendeckende Sied- lungswasserwirtschaft nach dem derzeitigen System nicht finanzierbar ist.
PriceWaterhouseCoopers empfiehlt „für die Umstrukturierung der österreichischen Siedlungswasserwirtschaft ein verpflichtendes Konzessionsszenario115 auf Basis großer Gebiete“116, und „sollte aus föderalistischen Überlegungen heraus das Re- gionalmodell leichter implementierbar sein“, erscheint dieses Modell ebenfalls
111 Vgl. ebenda, 3–4. 112 Ebenda, 3. 113 Vgl. ebenda, 39. 114 Vgl. ebenda, 42–43. 115 Der Begriff der Konzession wird in der österreichischen Rechtsordnung vielfach verwendet. Im Kern geht es darum, dass der Staat Privaten das Recht einräumt, bestimmte Tätigkeiten gewerblich auszuüben. Der Staat tritt nicht als beschaffende Einrichtung auf, sondern als Regulator in bestimmten Märkten, deren Zugang er durch die Erteilung von Konzessionen regelt. 116 Coopers & Lybrand Management Consulting GmbH (2001), 70. 60 sinnvoll.117 Durch beide Modellarten wird das grundstrategische Ziel für die Opti- mierung der Siedlungswasserwirtschaft – Bildung größerer Einheiten – erreicht.
Im Regionalmodell werden die Verantwortung für die Bildung von größeren Ein- heiten und die Erreichung der Optimierungsziele den Ländern übertragen. Durch die Vorgabe der Einsparungspotentiale werden die Effizienz und die Wettbe- werbsfähigkeit gesteigert.118 Bei den Investitionen werden Einsparungen in der Höhe von 35%, bei den Betriebskosten ein Effizienzgewinn – insbesondere durch Personalabbau – von 20% erwartet.119
Nach dem auch empfohlenen Konzessionsmodell hat der Bund im Wege einer wettbewerblichen Vergabe unter Einbindung der Länder Verträge zur Durchfüh- rung der Wasserversorgung mit privatwirtschaftlich orientierten Unternehmen ab- zuschließen. Die Konzession wird für einen bestimmten Zeitraum und ein defi- niertes Gebiet mit einem exakt definierten Anforderungsprofil vergeben, wobei auch darauf hingewiesen wird, dass mögliche Absprachen zwischen den Anbie- tern durch einen Regulator überwacht werden sollen.120 Als empfehlenswert wird die Vergabe von Konzession von PriceWaterhouseCoopers auch deshalb ange- sehen, weil die Bildung von größeren Einheiten schnell ermöglicht wird.121
Seitens der Industriellenvereinigung ist eine private Beteiligung bei der heimi- schen Wasserversorgung jedenfalls notwendig: „Auch Österreich kann und muss auf dem europäischen und internationalen Wassermarkt mitspielen. Und dies ist nur mit Unterstützung durch Private möglich, was sich dann überdies in den Por- temonnaies aller auswirkt.“ „Denn durch die Öffnung der Märkte werden die Prei- se – ohne Qualitätsverluste – sinken. Und den unterschiedlichen Wassergebüh- ren innerhalb Österreichs, die heute um bis zu 1.000 Schilling pro Monat differie- ren, wäre damit auch ein Ende gesetzt“, meint Lorenz Fritz, Generalsekretär der Industriellenvereinigung.122
117 Ebenda, 77. 118 Vgl. ebenda, 52–54. 119 Vgl. ebenda, 63. 120 Vgl. ebenda, 55. 121 Vgl. ebenda, 55–57. 122 Fritz, a3 UMWELT, 1/2 2001, 8. 61 Die positiven Argumente zur Privatisierung wurden skizziert, aber gibt es auch kri- tische Stimmen? „Als Startschuss für die Privatisierung der heimischen Wasser- versorgung empfand die Arbeiterkammer (AK) die PWC-Aussagen: ‚Unrealistisch und reine Hausnummern sind die Berechnungen, wonach größere Einheiten und die Privatisierung der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung zu einer Ver- ringerung der Investitions- und Betriebskosten um ein Drittel führen würden.‘“123
Ähnlich argumentieren auch die Verbände der Wasserwirtschaft: „PWC würde ein groß angelegtes und äußerst riskantes Unterfangen mit der Siedlungswasserwirt- schaft vorschlagen. ‚Sollte das vorgeschlagene Regionalmodell nicht innerhalb eines bestimmten Zeitraumes funktionieren, wird empfohlen, mit dem Konzessi- onsmodell weiterzuarbeiten. Wenn auch das nicht funktioniert, wird man dann wohl die ‚Hilfe‘ von ausländischen Betreibern in Anspruch nehmen müssen, da danach weder das Kapital noch die leistungsfähigen Strukturen für die ordnungs- gemäße Erfüllung des Auftrages zur Ver- und Entsorgung sowie zum Grundwas- serschutz vorhanden sein werden‘, warnt ÖVGW-Geschäftsführer Robert Köck, der ebenso die maximalen Einsparungspotentiale auf (20 Prozent bei den Be- triebskosten, 35 Prozent bei den Investitionskosten) anzweifelt. ‚Diese Daten wur- den nicht nach Recherchen in der Siedlungswasserwirtschaft berechnet, sondern von nationalen und internationalen Unternehmen abgeleitet, die teilweise nicht einmal in der Branche tätig sind.‘“124
Der Salzburger Umweltlandesrat Otmar Raus sieht die sinkende Identifikation der Bevölkerung mit dem Lebensmittel Wasser, sinkende Investitionen in das Was- serversorgungsnetz, einen Preisanstieg und die Kontrolle der Wasserversorgung durch internationale Konzerne mit einem Gewinnanstieg als die Auswirkungen der Privatisierung. Arbeitsplatzverluste werden diesen Schritt abrunden.125
Massive Ablehnung erfahren die Privatisierungspläne durch die österreichische Bevölkerung laut einer vom Linzer „market“-Institut durchgeführten Umfrage leh- nen 74% den Verkauf von Trinkwasserversorgungsunternehmen ab. Beutelmeyer ist aufgrund dieser Umfrage sogar der Meinung, dass diese Regierung aufpassen
123 a3 UMWELT, 8/9 2001, 18. 124 Ebenda, 18–19. 125 Vgl. Raus, Newsletter, 19. 4. 2002. 62 muss: Die Österreicher können Privatisierungen manches abgewinnen, jedoch nicht im Bereich der Abwasserent- und der Wasserversorgung.126 Weiters „glau- ben 50%, dass sich die Qualität des Trinkwassers durch den Verkauf von Öster- reichs Wasserversorgern an das Ausland verschlechtere. 66% erwarten Probleme bei der Wasserversorgung, und 58% rechnen damit, dass Wasser in Österreich bei einem Verkauf knapp werden könnte.“127
Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen uns schon die Auswirkungen der Über- tragung der Wasserversorgung auf Private. So müssten in Großbritannien und Frankreich die Konsumenten seit der Privatisierung der Wasserversorgung mehr fürs Wasser zahlen. In beiden Ländern sei die Qualität der Trinkwasserver- und Abwasserentsorgung aber deutlich schlechter als in Österreich.128 „Jacques Michel ist seit über zehn Jahren in Pension, über Langeweile oder über Arbeits- mangel kann sich der rüstige 70-Jährige aber trotzdem nicht beklagen. ... Er be- treibt eine Beratungsfirma für kommunale Wasserrechnungen in Paris. Zu seinen Kunden zählen Bürgermeister und Verbraucherverbände aus ganz Frankreich. ... Der Grund: Viele Gemeinden zahlen zu hohe Rechnungen für ihr Wasser, sie wurden von den großen privaten Versorgungsbetrieben mitunter jahrelang über den Tisch gezogen. Das Know-how für diesen Job hat sich Michel in 30-jähriger Tätigkeit als Ingenieur beim weltweit zweitgrößten Wasserversorger »Suez- Lyonnaise des Eaux« erworben. ... In der Stadt Avoriaz musste die Lyonnaise des Eaux beispielsweise ihre Tarife um 37 Prozent senken, nachdem Michel den Ver- trag genau unter die Lupe genommen hat.“129 Durch seine Initiative wurde der Irr- tum, dass Private immer kostengünstiger und effektiver wirtschaften als öffentliche Betriebe und dass durch die Privatisierung mehr Wettbewerb entsteht, beseitigt. „Alle drei Faktoren treffen bei der französischen Wasserversorgung, die immerhin zu 75 Prozent in privaten Händen ist, nicht zu.“ 130
Auch die Aufgabenreformkommission, die von Vizekanzlerin Riess-Passer beauf- tragt wurde, Vorschläge für eine Aufgaben- und Ausgabenentlastung des Staates zu erarbeiten, kam zu dem Schluss, dass „der Fragenkreis der Wasserversorgung
126 Vgl. APA-Journal, Recycling, 31. 8. 2001, 7. 127 APA-Journal, Recycling, 13. 7. 2001, 1. 128 a3 UMWELT, 8/9 2001, 18. 129 arbeit&wirtschaft, 9/2001, 24. 130 Ebenda, 25. 63 von der Kommission zurückgestellt [wurde]. Einerseits steht es nach geltendem Recht jedermann frei, die erforderliche wasserrechtliche Bewilligung für eine Ge- wässerbenutzung (Wassergewinnung) bzw. die erforderlichen Zustimmungen von Wasserberechtigten zu erlangen ... Auf den Betrieb von bestehenden Anlagen bezogene bloße Public-Private-Partnership-Modelle stehen nach geltendem Recht bereits offen. Andererseits ist der Fragenkreis der Allgemeinversorgung mit einwandfreiem Trinkwasser von derart grundlegender Bedeutung, dass ein erheb- licher Teil der Kommissionsmitglieder eine unmittelbare staatliche Leistungsver- antwortung als gerechtfertigt erachtete.“131
2.11. Wasser – das Liberalisierungs- und Deregulierungselement
Gleichzeitig mit der Diskussion rund um die Privatisierung wurde auch die Dere- gulierung und Liberalisierung der Wasserversorgung, analog zum Telekom- und Strombereich, gefordert.
Die wirtschaftsliberale Position entwickelte sich ausgehend von der englisch- schottischen Moralphilosophie im 17. und 18. Jahrhundert. Der wohl bekannteste Vertreter des Wirtschaftsliberalismus, Adam Smith, meinte, dass das System der freien und sich selbst überlassenen Märkte und die von Gewinnsucht und Selbst- interesse motivierten Handlungen des Einzelnen, quasi auf naturgesetzliche Wei- se, zum gesamtwirtschaftlich günstigsten Ergebnis führt. Aber auch – und das wird meist verschwiegen – impliziert die wirtschaftsliberale Position Smith’s nicht, dass alle gesellschaftlichen Fragen nur oder am besten über die Märkte zu regeln sind.132
Die Deregulierung bezeichnet einen Prozess des Überganges zu einem anderen System der Regulierung, das jedoch durch eine geringere Regulierungsintensität bis hin zur Aufhebung der regulierenden Eingriffe, wie etwa der Preiskontrollen, bzw. der Marktzutrittsbeschränkungen charakterisiert ist.133 Durch die Beseitigung von Regeln soll auch mehr Wettbewerb geschaffen und damit gleichzeitig eine höhere Leistung für die Volkswirtschaft erzielt werden.
131 Aufgabenreformkommission 2001, 39–40. 132 Vgl. Nowotny (1999),10–11. 133 Vgl. Nowotny (1999), 236. 64
Doch wie harmonisch lassen sich diese Ideen auf die Wasserversorgung übertra- gen? Die Liberalisierung bedeutet die Abschaffung historisch gewachsener Ge- bietsmonopole bei der Versorgungsinfrastruktur. Die Verbraucherinnen und Verbraucher können ihren Versorger, der ihnen ihr Wasser liefert, frei wählen. Dazu müssen die Wasserlieferanten ein Durchleitungsrecht durch fremde Rohr- netze erhalten, und zur weiteren Eliminierung der bestehenden Monopole sind zeitlich begrenzte Konzessionen zwingend zu vergeben.134
Wolfgang Sailer von den Wiener Wasserwerken meinte ablehnend zur Liberalisie- rung, dass „für den Wassertransport ... keine transnationalen Netze [existieren]. Aus gutem Grund, denn ein weiter Transport wirkt sich negativ auf die Wasser- qualität aus. Wichtig ist mir, festzustellen, dass es bei mehr Wettbewerb zu Marktverzerrungen kommen kann. Länder wie Österreich, die sehr viel in die öko- logische Wassergewinnung investieren, wären dann eventuell gezwungen, mit anderen zu konkurrieren, die Wasser an der unteren Qualitätsgrenze verkau- fen.“135
Das Qualitätsargument ist auch für Heilingbrunner, Präsident des Umweltdach- verbandes, ein entscheidendes. Bei einer Durchleitung von Wasser durch ver- schiedene Netze droht eine Vermischung qualitativ unterschiedlicher Gewässer. „Da wird Quellwasser verschiedenster Herkunft und Zusammensetzung mit aufbe- reitetem Grund- oder Oberflächenwasser in derselben Leitung transportiert.“136
Zu den Risiken bei Durchleitungsrechten meint Reimund Schwarze von der Tech- nischen Universität Berlin, dass „die Durchleitung beim Wasser komplizierter ist als beim Strom, wo sie auch nicht einfach ist ..., beim Wasser ist die Durchleitung schwieriger, weil Wasser ein sehr inhomogenes Gut ist. Bei der Durchmischung von unterschiedlichem Wasser kann es zu Fällungserscheinungen kommen, die die Trinkwasserqualität beeinträchtigen. Bei häufig wechselnden Wasserbe- schaffenheiten lässt sich auch das Rohrmaterial nicht optimieren. Es kommt zu
134 Vgl. a3 UMWELT; 6/7 2001, 20. 135 Der Standard, 19. 5. 1999, 20. 136 Der Standard, 10. 1. 2001. 65 einer unregelmäßigen Krustenbildung, die die Bakterienbildung begünstigt und damit die Trinkwasserhygiene gefährdet.“137
Die Auswirkungen der Liberalisierung der Wasserversorgung auf den Gesund- heits- und Umweltschutz hat das deutsche Umweltbundesamt in einer Studie un- tersucht und ist darin zum Ergebnis gekommen, dass „viele der heute im Rahmen der Wasserversorgung erbrachten Leistungen für den Umwelt- und Gesundheits- schutz ... nicht im Einzelnen rechtlich fixiert oder nur schwierig zu überwachen [sind]. Diese Leistungen könnten auf einem liberalisierten Wassermarkt zurück- gefahren werden oder gar wegfallen.“138
ÖWAV-Präsident Helmut Kroiss hält zum Argument Wettbewerb durch Libe- ralisierung fest, dass „nur dort ein positiver Anreiz ist, wo die Wettbewerbsbedin- gungen gleich und geregelt sind“139, und man wolle bei der Wasserversorgung die Gleichbehandlung der Bevölkerung.140 Der Präsident des ÖVGW, Robert Köck, verweist darauf, dass ein „echter Wettbewerb ... die Entscheidungsfreiheit der Kunden (Abnehmer) über die gewünschte Qualität der Produkte oder der Leistung [braucht]. Da diese Entscheidungsfreiheit wegen der Leitungsgebundenheit der Ver- und Entsorgungsnetze nicht gewährleistet werden kann, ist die freie Markt- wirtschaft entsprechend eingeschränkt.“141
Der Vorsitzende des „Zweckverbandes Klettgauwasserversorgung“ hat in einem offenen Brief am 31. 3. 2000 seine Sorgen zur Liberalisierung klar zum Ausdruck gebracht: „Die Abschaffung der geschlossenen Versorgungsgebiete und die mög- licherweise daraus folgende Schaffung von Durchleitungsrechten für ortsfremde Anbieter kann, so merkt man nunmehr endlich, tatsächlich wesentliche negative Folgen haben: Die Wasserqualität sinkt, der Gewässerschutz wird beeinträchtigt, und die kleineren Unternehmen verschwinden vom Markt. Die Bürger fragen sich zu Recht, was das eigentlich soll, denn die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der Deutschen Wasserversorger zwingt keinesfalls zur Vernichtung der bewährten
137 Schwarze (2001), 398. 138 Vgl. http://www.umweltbundesamt.de/uba-info-presse/presse-informationen/p-4400-d.htm. 139 a3 UMWELT; 6/7 2001, 20. 140 Vgl. ebenda. 141 Ebenda, 21. 66 und gewachsenen kommunalen Strukturen, sondern kann ohne weiteres auch durch eine verstärkte Kooperation erreicht werden.“142
Die Liberalisierung kann aber auch zu Mengenproblemen führen, wie dies in Eng- land der Fall ist. „Die bereits gestartete Liberalisierung macht aber Probleme. Seit einem Jahr ist ein Wettbewerbsgesetz in Kraft, das die Durchleitung durch fremde Netze vorsieht. Die formale Übertragung von Telekom, Gas und Strom auf das Wasser ist aber nicht möglich“, meint der Geschäftsführer von Severn Trent Wa- ters. So sei es „wirtschaftlicher Nonsens“, dass ein Netzbetreiber binnen 24 Stun- den alle Kunden eines in das Netz einleitenden Versorgers übernehmen müsse, wenn dieser nicht liefern könne.143
Die Liberalisierung der Wasserversorgung bezeichnete Bobik, der Studiengangs- leiter „Infrastruktur“, als die neue Chinesische Mauer. „Im Jargon der Liberalisie- rung bedeutet der Ausdruck ‚Chinesische Mauer‘ eine Art Trennung von Übertra- gungsnetzwerk und Produzenten. Also ... von Wasserpipelines und Quellen ... Aber die Geschichte zeigt: Die Chinesische Mauer war nicht hoch genug, um dau- erhaft Feinde abzuhalten.“144
2.12. Wasser – die nachhaltig behandelte Ressource?
Die Nachhaltigkeit der Wassernutzung bleibt bei dieser laufenden Diskussion eher ein Randthema. Hüttler und Payer halten bei der Nachhaltigkeitsdefinition fest, dass aus naturwissenschaftlich-ökologischer Sicht die jährliche Wasserentnah- memenge die jährliche Erneuerungsmenge in einem Einzugsgebiet nicht über- steigen darf. In einer Region hat dies ebenso bei saisonalen und räumlichen Un- terschieden zu gelten. Hinsichtlich der sozialen Dimension führen die Autoren an, dass die intra- und interregionale Verteilung und Nutzung von Wasser sozial ge- recht zu erfolgen hat. „Unter Knappheitsbedingungen muss bei konkurrierenden Nutzungsansprüchen ein Verteilungsmodus zur Anwendung kommen, der die Be- rücksichtigung unterschiedlicher gesellschaftlicher Bedürfnislagen (industriell-ge- werbliche Nutzung, landwirtschaftliche Bewässerung, Haushaltsbedarf etc.)
142 http://www.gemeinde-klettgau.de/aktuelles31.html. 143 Die Presse, 10. 5. 2001, 23. 144 Die Presse, 12. 2. 2002. 67 sicherstellt.“ Werden die Nutzungsansprüche zukünftiger Generationen betrach- tet, dann ist auf die Reversibilität der Eingriffe zu achten.
Für die wasserwirtschaftliche Praxis in Österreich erkennen sie, dass diese „dem Leitbild einer nachhaltigen Entwicklung nur teilweise gerecht wird“. In der Begrün- dung führen sie die regionale Übernutzung, die Kontamination des Grundwassers wie auch die vielen irreversiblen Eingriffe in die aquatischen Ökosysteme an, die auf das in der österreichischen Wasserwirtschaft geltende Versorgungsparadigma zurückgeführt werden. Die notwendigen Infrastrukturen werden auf Basis des zu erwartenden Wasserverbrauchs errichtet und die erforderlichen Mengen zur De- ckung des gesellschaftlichen Wasserbedarfs bereitgestellt. Die Erwartung der Steigerung im Wasserverbrauch führt somit zu einer ständigen Ausweitung der technischen Infrastruktur; das systemimmanente Phänomen ist also die Übernut- zung von Wasserressourcen.145
2.13. Wasser – doch Mangelware?
„Trinkwasser ist Mangelware“ – so der Titel eines Zeitungsartikels, in dem auf die Trinkwasserknappheit im Süden der Steiermark aufgrund der großen Trockenheit hingewiesen wird.146 Die Diskussion über einen Verkauf des obersteirischen Was- serüberschusses ins Ausland erstaunte so manchen Südsteirer.147 Als Hauptur- sache für die Wasserprobleme und den niedrigen Grundwasserstand wird das fehlende Schneeschmelzwasser gesehen.148
Der Direktor der Leibnitzerfeld Wasserversorgungsgesellschaft hält dazu fest, dass der Grundwasserspiegel schon im vorigen Jahr bei einem bedenklich niedri- gen Wasserpegel angelangt ist, aber aus seiner Sicht gibt es keinen Anlass zur Sorge, weil sie auf die Vorsorgebewirtschaftung149 setzen und seit 1998 eine di- rekte Leitung zu den Grazer Stadtwerken bzw. zum Wasserverband Umland Graz
145 Hüttler/Payer (1996), 20. 146 Vgl. Kleine Zeitung, 11. 12. 2001, 13. 147 Vgl. Kleine Zeitung, 29. 5. 2000. 148 Vgl. Kleine Zeitung, 21. 4. 2001. 149 Vgl. Kleine Zeitung, 22. 8. 2001, 27. 68 und dem Wasserverband Grenzland-Südost haben, der eine gegenseitige Not- versorgung sichern soll.150
Der zu niedrige Wasserstand verursacht auch Wasserknappheiten wegen der zu geringen Grundwasserreservoirs in den Hausbrunnen und den Behältern der Wassergenossenschaften. Abhilfe schaffen dort die Feuerwehren. So beispiels- weise auch in der Weinbaugemeinde Gamlitz: „Die Feuerwehr ist nach wie vor im Einsatz, um 140 Gehöfte mit Wasser zu versorgen bzw. die Brunnen aufzufüllen“, bestätigt Bürgermeister Karl Wratschko. Nach dem Engpass im vergangenen Sommer haben sich allerdings doch mehrere Hausbesitzer entschlossen, neue Brunnen zu schlagen oder bestehende zu vertiefen. Für eine solche Eigenvor- sorge legt die Gemeinde Gamlitz sogar noch € 363,– (S 5.000,–) auf die Landes- förderung drauf.“151
Aber auch die Grazer Hausbrunnen versiegen. Rund 5% der Grazer Haushalte sind noch nicht an das städtische Wasserversorgungsnetz angeschlossen. Insbe- sondere im Plabutschgebiet, in St. Peter, in Andritz und in Mariatrost ist die Situa- tion kritisch. Rund 180 Haushalte befinden sich in der Kundenkartei der Grazer Wirtschaftsbetriebe, die in diesem Jahr erstmals mit zwei Tankwagen Wasser lie- fern.152
Aber natürlich verursacht die Durchführung der Wasserversorgung wegen der Wasserknappheit auch Probleme. Der Feuerwehr-Landeskommandant Haupt- mann verwies darauf, dass rund 25% der Einsätze Wasserversorgungsfahrten waren und dass die Leistungsgrenzen bald erreicht seien, weil dies so viele Leute bindet, die dann bei Notfällen fehlen.153 Seiner Forderung, die Versorgungsfahrten durch die Gemeindearbeiter durchführen zu lassen154, kann jedoch der Pöllauber- ger Bürgermeister Weiglhofer nichts abgewinnen: „Die Gemeinden haben die Tanklöschfahrzeuge ja zumeist nicht unwesentlich mitfinanziert – das ist ja eh schon fast ein Kommunalfahrzeug.“155 Eine weitere Schwierigkeit bei den freiwilli-
150 Vgl. Kleine Zeitung, 21. 4. 2001. 151 Kleine Zeitung, 29. 5. 2000. 152 Vgl. Kleine Zeitung, 26. 5. 2002, 28–29. 153 Vgl. Kleine Zeitung, 29. 5. 2000. 154 Vgl. ebenda. 155 Johann Weiglhofer, Kleine Zeitung, 29. 5. 2000. 69 gen Feuerwehren ist das zunehmende Personalproblem, weil die Arbeitgeber die Freistellungen beschränken.156 Diesen Argumenten begegnet der VP-Umwelt- landesrat mit wenig Verständnis: „Die Versorgung mit Wasser aus Tanklastzügen gehört eben zu den Aufgaben der Feuerwehren, die Geräte sind nicht nur da, um sie bei Leistungsschauen vorzuzeigen.“157
Nichtsdestotrotz verursacht die Wasserversorgung durch die Feuerwehren auch Kosten. Der SP-Landtagsabgeordnete Schrittwieser strich den Verlust der Weh- ren durch diese Tätigkeit hervor: „Bei jeder Ladung Wasser, die Feuerwehren wegen der Wasserknappheit in vielen steirischen Gegenden ausführen müssen, bauen die Wehren rund € 70,– (fast S 1.000,– ) Verlust.“158 Er verlangt „nun vom Land Steiermark, den Feuerwehren mehr Geld zukommen zu lassen, damit sie wegen der zusätzlichen Belastung nicht in finanzielle Schwierigkeiten kom- men“.159
Eine Lösung auf kommunaler Ebene einerseits wäre in den meisten Gemeinden natürlich der Ausbau des Wasserleitungsnetzes und andererseits ein innersteiri- scher Wasserausgleich. „Doch vor allem in exponierten Gebieten können solche Projekte Unsummen verschlingen. Und nicht jeder Hausbesitzer könnte sich die daraus resultierenden hohen Anschlussgebühren auch leisten. Das Land müsste den Wasserleitungsbau in den betroffenen Gebieten viel stärker unterstützen. Dann könnten wir das Problem mittelfristig in den Griff bekommen“160, meint der Gamlitzer Bürgermeister. Auch der Leiter der Wasserwirtschaftlichen Planung, Gunther Suette, empfiehlt, die zentrale Versorgung weiter auszubauen, um dem Wassermangel zu begegnen161, ebenso wie der steirische Vize-Landesfeuerwehr- Kommandant Kern, der ergänzend dazu resümiert: „Die Kommunen haben sich in den vergangenen Jahren zu sehr auf die Feuerwehren verlassen“, und „dabei ist die kommunale, aber auch die private Wasserversorgung vielerorts vernachlässigt worden, hier besteht nun dringender Handlungsbedarf.“162
156 Vgl. Die Presse, 16. 1. 2002. 157 Ebenda. 158 Kronen Zeitung, 11. 1. 2002. 159 Ebenda. 160 Kleine Zeitung, 29. 5. 2000. 161 Vgl. ebenda. 162 Die Presse, 16. 1. 2002. 70 2.14. Wasser – das Element für die öffentliche Versorgung
„Dass den Menschen Wasser in ausreichender Menge und Qualität zur Verfügung steht, dafür sorgen die Gemeinden als ‚Wasserversorgungsunternehmen‘. Fast jede Gemeinde hat damit zu tun – die sich daraus ergebenden Pflichten sind viel- seitig.“163 Dazu zählen insbesondere die Erschließung langfristig gesicherter Was- servorkommen, der Aufbau und Erhalt der Versorgungsnetze, der Bau und die In- standhaltung von Hoch- und Tiefbehältern, Brunnen, Quellfassungen etc., die Ge- währleistung sowie die Abwicklung der Finanzierung der Bauvorhaben und des laufenden Betriebes.164
Das für die öffentliche Trinkwasserversorgung entnommene Wasser erhalten rund sieben Millionen Österreicherinnen und Österreicher, oder etwa 87% der Bevölke- rung leben in Gebieten mit einer zentralen Wasserversorgung. 13% der österrei- chischen Bevölkerung beziehen ihr Trinkwasser aus Hausbrunnen bzw. über klei- nere Wassergenossenschaften.
Wird der Anschlussgrad der Bevölkerung an öffentliche Wasserversorgungsanla- gen nach den Bundesländern betrachtet, so zeigen sich doch relativ große Unter- schiede. In Oberösterreich und in der Steiermark ist der Anschlussgrad mit 75,2% und 76,8% am niedrigsten. Das Burgenland hingegen mit 96,6% und Wien mit 99,7% haben die höchsten Anschlussgrade an öffentliche Wasserversorgungsan- lagen vorzuweisen.
163 Kommunal, Oktober 1997, 40. 164 Vgl. ebenda. 71 Grafik 2-4:
Öffentliche Wasserversorgung Anschlussgrad der Bevölkerung 1997 nach Bundesländern in Prozent (Österreichischer Durchschnittswert: 87,2%)
100 90 80 70 60 50 93,7 96,2 96,6 99,7 84,4 88,4 90,1 40 75,2 76,8 in Prozent 30 20 10 0
Tirol Wien Salzburg Steiermark VorarlbergBurgenland
Quelle: Statistik Austria, Statistische Nachrichten 5/2001
In der Steiermark wird die Trinkwasserversorgung von 23% der Bevölkerung mit Eigenwasserversorgung oder eigenem Hausbrunnen bzw. durch den Zusammen- schluss zu Wassergenossenschaften selbst organisiert. 77% der Bevölkerung sind an die öffentliche Wasserversorgung angeschlossen und erhalten ihr Trink- wasser durch die rund 400 steirischen Wasserversorger. 9% der Bevölkerung werden durch die Wasserverbände und die Kapitalgesellschaften versorgt, 68% erhalten ihr Wasser von den Gemeinden.
72 Grafik 2-5:
Trinkwasserversorgung in der Steiermark Versorgungsgrad in Prozent der Bevölkerung
Direktversorgung von Wasserverbänden und Gesellschaften Wassergenossen- 9% schaften 8%
Einzelwasserversorgung 15% Kommunale Wasserversorgung (inkl. der Verbände) 68% Quelle: Umweltschutzbericht 1998 des Landes Steiermark
Der Wasserverbrauch in Litern pro Kopf ist während der vergangenen Jahre auch relativ stabil geblieben und liegt bei einem Wert in der Höhe von 145 m³ pro Jahr.165 Wofür das Wasser in den Haushalten verwendet wird, zeigt die nächste Grafik.
Grafik 2-6:
Art der Verwendung des Wassers in den Haushalten
Körperpflege 6% Sonstiges Autowäsche 6% 2% Trinken und Kochen Baden und Duschen 2% 30%
Toilettenspülung Wäschewaschen 32% 12% Gartenbewässerung Geschirrspülen 4% 6%
Quelle: Die Grazer Stadtwerke AG
165 Vgl. ÖVGW (1999), 14. 73 Von der in den Haushalten verwendeten Wassermenge werden nur 2% als Trink- wasser bzw. für Kochzwecke verwendet. Der größte Anteil des Wassers, das sind 32%, wird für die Toilettenspülung benötigt, für das Baden und Duschen werden 30%, für das Wäschewaschen 12% und 6% für die Körperpflege verwendet.
2.15. Wasser – das Thema der Konsumentinnen und Konsumenten!
Alle Menschen sagen und wissen, dass Wasser wichtig ist. Alle Personengruppen – die Konsumentinnen und Konsumenten, Politikerinnen und Politiker, die Unter- nehmer und die Landwirte, die Wasserversorger – Gemeinden und Verbände – sorgen sich um die weitere Entwicklung in der Wasserwirtschaft. Von allen wer- den unterschiedliche Diskussionsinhalte eingebracht. Diese und deren Lösungs- ansätze wurden auf den vorangegangenen Seiten kurz dargestellt. Die Diskussion ist bisher sehr undifferenziert, bisweilen auch unstrukturiert verlaufen. Einige Punkte haben die Debatte dominiert, einige Aspekte – dazu zählen auch die der Konsumentinnen und Konsumenten – wurden kaum bzw. nicht diskutiert. Vielfach wurde sie von Emotionen getragen, die eine auf die sachliche Diskussion aufbau- ende Problemfeststellung nicht zulassen.
Die Arbeiterkammer Steiermark hat die Situation der Wasserversorgung in der Steiermark aus den für die Konsumentinnen und den Konsumenten relevanten Gesichtspunkten zum Untersuchungsgegenstand gemacht. In den weiteren Kapi- teln dieser Arbeit wird der Status quo der Wasserversorgung in der Steiermark aus rechtlicher, gebührenrechtlicher, organisatorischer und qualitativer Sicht dar- gestellt. Anschließend werden die Ergebnisse dieser Arbeit zu den bisherigen Diskussionspunkten in Bezug gesetzt und die konsumentenrelevanten Aspekte herausgearbeitet.
74 3. Rechtliche Bestimmungen
Nach der Darstellung der aktuellen Diskussionsbeiträge mit den unterschiedlichen Interessenlagen rund um das Element Wasser werden in diesem Kapitel die rechtlich relevanten Bestimmungen für die Trinkwasserversorgung dargestellt, wobei sich diese am Stufenbau der Rechtsordnung orientiert und vom Europa- recht bis zu den individuellen Verbraucherregelungen reicht.
3.1. Wasserversorgung
3.1.1. Wasserpolitik und Rechtsvorschriften der Europäischen Union
Die Europäische Gemeinschaft hat sich schon vor mehr als 20 Jahren mit den Fragen der Wasserpolitik auseinander gesetzt. Obwohl keine ausdrückliche Zu- ständigkeit der Europäischen Gemeinschaft für Umweltschutzfragen gegeben war, wurden bereits in den frühen 70er-Jahren politische Aktionsprogramme ver- abschiedet und in weiterer Folge Gewässerschutzregelungen erlassen. Dazu ge- hören auch die Trinkwasserqualitätsrichtlinie und die Richtlinie über Oberflächen- wasser für die Trinkwassergewinnung.166
Eine wesentliche Vertiefung des Umweltschutzgedankens erfolgte durch den Ver- trag von Maastricht im Jahr 1992. Das umweltgerechte Wachstum wurde als eine Aufgabe der Gemeinschaft erkannt; ebenso, dass das Vorsorgeprinzip, Vermei- dungsprinzip und Verursacherprinzip in alle anderen Gemeinschaftspolitiken ein- bezogen werden sollen. Gleichzeitig wurde festgelegt, dass für Umweltschutz- maßnahmen die qualifizierte Mehrheit bei Ratsbeschlüssen ausreichend ist.167 Für Maßnahmen zur Bewirtschaftung der Wasserressourcen hingegen gilt jedoch wei- terhin das Prinzip der Einstimmigkeit bei Ratsbeschlüssen.168 Das bedeutet, dass die Bewirtschaftung der Wasserressourcen nach wie vor grundsätzlich der Ge- bietshoheit der Mitgliedsstaaten unterliegt und die viel zitierten „transeuropäi- schen Netze“ der Zustimmung aller betroffenen Staaten bedürfen.
166 Vgl. Blöch, Umwelt-Journal, 6/1997, 1. 167 Vgl. Umwelt-Journal 6/1997, 1. 168 Vgl. Artikel 175 Abs. 2 EGV. 75 Im Bereich der Wasserpolitik jedoch wurde seitens der Europäischen Kommission im Februar 1996 die „Mitteilung zur Europäischen Wasserpolitik“169 mit den Grundlagen für eine europäische Wasserpolitik präsentiert. Zu den angeführten Zielen gehören neben anderen die Gewährleistung der Trinkwasserversorgung und jene der Wasserversorgung für wirtschaftliche Erfordernisse. Die europäische Wasserpolitik soll ebenfalls dem Vorsorgeprinzip, dem Prinzip der Vorbeugung und dem Verursacherprinzip Rechnung tragen.
Infolge dieser Mitteilung und weiterer Vorarbeiten, wie z. B. des Aktionspro- gramms zum Grundwasserschutz, wurde die Kommission vom Rat, dem Aus- schuss der Regionen, dem Wirtschafts- und Sozialausschuss und dem Europäi- schen Parlament aufgefordert, darauf aufbauend ein neues Regelwerk – die Wasserrahmenrichtlinie – auszuarbeiten. Die Richtlinie ist mit der Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union am 22. Dezember 2000 in Kraft getreten und bis 22. Dezember 2003 in nationale Rechtsvorschriften umzusetzen.
3.1.1.1. Wasserrahmenrichtlinie
Die Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpoli- tik170 wurde auch in Erwägung dessen erlassen, dass das Wasser keine übliche Handelsware ist, sondern ein ererbtes Gut, das geschätzt, verteidigt und entspre- chend behandelt werden muss und dass es erforderlich ist, eine integrierte Was- serpolitik der Gemeinschaft zu entwickeln.
Die Wasserrahmenrichtlinie soll den gemeinsamen Rahmen für eine transparente, effiziente und kohärente europäische Wasserpolitik bilden. Mit dieser Regelung sollen auch die grundlegenden Prinzipien und Strukturen für den Schutz und den nachhaltigen Gebrauch von Wasser in der Gemeinschaft in Übereinstimmung mit dem Subsidiaritätsprinzip koordiniert, integriert und langfristig weiterentwickelt werden.
169 Vgl. KOM(96) 59 endg. 170 RL 2000/60/EG. 76 Die Mitgliedsstaaten werden durch die von ihnen zu erstellenden Bewirtschaf- tungspläne für die Flusseinzugsgebiete und die darauf aufbauenden Maßnah- menprogramme angehalten, einen „guten Zustand ihrer Gewässer“ zu erreichen bzw. diesen zu bewahren. In diesen Programmen sollten die Mitgliedsstaaten auch den Einsatz von wirtschaftlichen Instrumenten vorsehen. Für die Wasser- dienstleistungen gilt dabei der Grundsatz der Kostendeckung unter Berücksichti- gung der umwelt- und ressourcenbezogenen Kosten nach dem Verursacherprin- zip. Dem hat eine wirtschaftliche Analyse, die die langfristigen Angebots- und Nachfrageschätzungen und die Schätzungen der Menge, der Preise und der Kos- ten, ebenso der Planungs- und Investitionskosten berücksichtigt, voranzugehen.
Die Mitgliedsstaaten haben bis zum Jahr 2010 dafür zu sorgen, dass die Wasser- gebührenpolitik für die Benutzer, gegliedert nach Industrie, Haushalten und Landwirtschaft, angemessene Anreize darstellt, die Wasserressourcen effizient zu nutzen. Die Richtlinie eröffnet den Mitgliedsstaaten aber auch die Möglichkeit, den sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen sowie den geografischen und klima- tischen Auswirkungen der Kostendeckung Rechnung zu tragen.
In der Richtlinie wird auch festgehalten, dass die Wasserversorgung eine Leistung der Daseinsvorsorge im Sinne der Mitteilung der Kommission171 ist und dass eine gute Wasserqualität die Versorgung der Bevölkerung mit Trinkwasser sichert. Weiters sind Konsultationen der Bürgerinnen und Bürger bei den Bewirt- schaftungsplänen, und die Informationspflicht der Öffentlichkeit über die ökonomi- schen Analysen, die die Grundlage für die Feststellung der Kostendeckung der Wasserdienstleistungen bilden, vorgesehen.172
Für Bundesminister Molterer ist die Wasserrahmenrichtlinie ein „Durchbruch in der europäischen Wasserpolitik“ sowie das „Startsignal für den europaweiten Schutz und die nachhaltige Entwicklung der Gewässer, wie sie von Österreich schon sehr lang forciert werden.“ Und „viele dieser Vorgaben und Regelungen sind in Öster- reich bereits lang geübte Praxis, sodass nur kleinere Anpassungen vorzunehmen sein werden.“173
171 Siehe Kapitel 3.1.1.2. 172 Vgl. Blöch (o. J.). 173 http://gpool.lfrz.at/gpool/main.cgi?rq=ed&etid=23&eid=1137&oid=321&th=1. 77 Bäumel meinte hingegen, dass für Österreich eine Harmonisierung und Anglei- chung zahlreicher wasserrechtlich relevanter Bestimmungen, aber vor allem auch der Gebührenregelungen der Gemeinden und der damit in Zusammenhang ste- henden Landesgesetze erforderlich sein wird174, aber „die WRRL schreibt Öster- reich keine Neuorientierung seiner Wasserwirtschaft vor. Die Ziele sind mit der bisherigen österreichischen Wasserwirtschaft vereinbar.“175
Auswirkungen durch die Richtlinie werden auch auf die Städte und Gemeinden gesehen. Neben dem Ressourcenschutz sollen „Wettbewerbsverzerrungen durch unerlaubte ‚Quersubventionen‘ verhindert werden, z. B. der Wasserbezug was- serintensiver Produktionszweige (Industrie, Gewerbe, Landwirtschaft) aus den aus öffentlichen Mitteln gestützten Trinkwassernetzen“176, und die Kostendeckung der Wasserver- und -entsorgungsstruktur soll auch soziale Gesichtspunkte be- rücksichtigen, d. h., dass das Wasser für alle erschwinglich sein muss.177
3.1.1.2. Mitteilung der Europäischen Kommission: „Leistungen der Daseinsvorsorge in Europa“
Die Europäische Kommission hat bereits im Jahr 1996 eine Mitteilung zu den Leistungen der Daseinsvorsorge in Europa178 veröffentlicht, in der auf die Bedeu- tung der Leistungen der Daseinsvorsorge hingewiesen wird. Darunter sind markt- bezogene oder nicht marktbezogene Tätigkeiten zu verstehen. Diese Leistungen werden im Interesse der Allgemeinheit erbracht und können daher von den Be- hörden mit spezifischen Gemeinwohlverpflichtungen verknüpft werden. Des Wei- teren wird darin festgehalten, dass die Europäer hochwertige Leistungen zu er- schwinglichen Preisen erwarten bzw. dass diese Leistungen sogar als soziale Rechte und als wesentlicher Bestandteil des wirtschaftlichen und sozialen Zu- sammenhalts anzusehen sind. Die Aufgaben für den Erbringer dieser Leistungen ergeben sich aus einem gemeinwohlbezogenen Rahmen, der aus Versorgungs-
174 Vgl. Bäumel (2000). 175 Bäumel (2001). 176 Kommunal, 4/1999, 19. 177 Vgl. ebenda. 178 Vgl. ABl. C 281 vom 26. 9. 1996. 78 sicherheit, Umweltschutz, wirtschaftlicher und sozialer Solidarität, Raumordnung sowie Vertretung der Verbraucherinteressen besteht.
In der Mitteilung von 1996 wird auch darauf hingewiesen, dass die Gemeinschaft öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Organisationsformen der Unterneh- men neutral gegenübersteht. Weiters wird der Status der Unternehmen, die Ge- meinwohlaufgaben wahrnehmen, nicht in Frage gestellt bzw. eine Privatisierung vorgeschrieben. Unabhängig, ob öffentlich-rechtliches oder privatrechtliches Un- ternehmen, das wettbewerbswidrige Verhalten ist zu vermeiden. Zusammenfas- send wird seitens der Europäischen Kommission eine positive Wechselwirkung zwischen den Leistungen der Daseinsvorsorge und dem europäischen Binnen- markt erkannt.
Aber seit 1996 haben sich die Märkte und Verbraucherbedürfnisse in rasantem Tempo weiterentwickelt. Die Liberalisierung wurde – bei gleichzeitiger Sicherung und sogar teilweiser Steigerung des Qualitätsniveaus und des Verbraucherschut- zes – auf Gemeinschaftsebene fortgesetzt. Die zunehmende Vertiefung des Bin- nenmarktes wirft neue Fragen auf, die im Zusammenhang mit der Abgrenzung bestimmter Dienstleistungen, die früher hauptsächlich unter wettbewerbsfremden Bedingungen erbracht wurden, aber inzwischen durchaus Wettbewerber auf den Plan rufen oder in Zukunft für sie von Interesse sein können.
Vor diesem Hintergrund und auf Ersuchen des Europäischen Rates von Lissabon hat die Kommission ihre Mitteilung von 1996 auf den neuesten Stand gebracht und im Jahr 2000 die neue Mitteilung über die Leistungen der Daseinsvorsorge in Europa179 veröffentlicht. Darin wird bestätigt, dass die Leistungen der Daseinsvor- sorge ein Schlüsselelement des europäischen Gesellschaftsmodells sind und dass diese Dienste zur allgemeinen Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirt- schaft beitragen. Aber die Globalisierung des Handels und die Vollendung des Binnenmarktes sowie die technologischen Veränderungen üben zunehmend Druck aus, neue Sektoren für den Wettbewerb zu öffnen.180
179 KOM(2000) 580 endg. 180 Vgl. ebenda, 3. 79 Die Verantwortung zur Definition der Aufgaben der Leistungen der Daseinsvor- sorge, ebenso wie deren Erfüllung auf der lokalen, regionalen oder nationalen Ebene, wird den staatlichen Stellen zugewiesen. Das bedeutet somit, dass die Mitgliedsstaaten bei der Definition Gestaltungsfreiheit haben, wobei die Leistungs- erbringung in vollständiger Transparenz zu erfolgen hat.
Ein Ziel dieser Mitteilung war, auch den Mitgliedsstaaten und Betreibern Rechtssi- cherheit hinsichtlich der Reichweite der Binnenmarkt- und Wettbewerbsregeln zu geben. Diese Regeln finden nur dann Anwendung, wenn es sich um wirtschaftli- che Aktivitäten, die den Handel zwischen den Mitgliedsstaaten berühren, handelt. Aber selbst wenn die Binnenmarkt- und Wettbewerbsregeln angewendet werden, sind diese mit den Prinzipien Neutralität im Hinblick auf öffentliches oder privates Eigentum an Unternehmen, Gestaltungsfreiheit der Mitgliedsstaaten bei der Defi- nition von Leistungen der Daseinsvorsorge und Beschränkung des Wettbewerbes und der Freiheiten im Binnenmarkt, soweit es nicht über das wirksame Erfüllen der Aufgabe hinausgeht, vereinbar.
Die Kommission bestätigt in dieser Mitteilung, dass die Vereinbarkeit von hohen Standards der Leistungen der Daseinsvorsorge mit den EG-Binnenmarkt- und -wettbewerbsregeln gegeben ist. Sollte keine zufrieden stellende Bereitstellung dieser Dienste durch die Kräfte des Marktes erfolgen, dann können die Behörden bestimmten Leistungserbringern Pflichten im allgemeinen Interesse auferlegen bzw., falls notwendig, ihnen besondere oder ausschließliche Rechte zur Finanzie- rung der Leistungserbringung einräumen.
„In unserem Sprachgebrauch versteht man unter [den] Leistungen der Daseins- vorsorge gemeinwohlorientierte Leistungen ..., an deren Erbringung die Allge- meinheit und der Staat ein besonderes Interesse haben. Dazu gehören ... die öf- fentlich zugängliche Versorgung mit Energie und Wasser, Abwasserbeseitigung, Abfallentsorgung ...“181 Die Daseinsvorsorge ist somit nicht nur eine reine Bereit- stellung der notwendigen Dienstleistungen, sondern schafft und sichert die Le- bensqualität in der Kommune. In den kommunalen Unternehmen hat die Mit- teilung über die Leistungen der Daseinsvorsorge aber Unbehagen verursacht,
181 Kommunal, 6/2002, 38. 80 insbesondere deshalb, weil die Kommission darin erklärt, dass nur die Erfüllung der Aufgabe bedeutend ist; für die Kommission ist nicht entscheidend, durch wen und wie dies geschieht. Ebenso wird seitens der Kommission die Gemeinwohlori- entierung hintangestellt. Daraus ist zu folgern, dass die Aufgabenerfüllung der Daseinsvorsorge im gewinnorientierten Wettbewerb angestrebt wird.182
Die Mitteilung der Kommission wurde im Europäischen Parlament in Form des Berichtes des deutschen Abgeordneten Langen behandelt. Dieser Bericht, der „ein klares Votum für eine europäische Rahmenrichtlinie zur Daseinsvorsorge und die Ablehnung einer Vertragsänderung von Artikel 16 EGV, aber auch ... die For- derung nach noch weitreichenderer Liberalisierung als im Kommissionsentwurf vorgesehen“ enthält, wurde verabschiedet.183
Das Forum Umwelt & Entwicklung meint in einer Presseerklärung dazu: „Gefahr im Verzug – EU-Initiative bedroht kommunale Wasserwerke und weitere Bereiche öffentlicher Daseinsvorsorge in ihrer Existenz!“ und weiters: „Der Berichterstatter Werner Langen (MdEP, CDU) hat einen Text vorgelegt, dessen Umsetzung zu ei- ner Zwangs-Privatisierung und -Liberalisierung aller Leistungen der Daseinsvor- sorge führen könnte. Er geht damit weit über die in der Kommissionsmitteilung gemachten Vorschläge zur Einführung von Wettbewerb in diesem Bereich hinaus und hebt die von der Kommission selbst gesetzten Einschränkungen auf.“184 „Der Langen-Entwurf unterstellt ..., dass der marktwirtschaftliche Wettbewerb für Leis- tungen der Daseinsvorsorge, das heißt auch für Wasser- und Abwasser, grund- sätzlich besser sei als das bisherige kommunalgeprägte System. Dafür wird aller- dings kein Beweis angeboten. Der Bericht will eine Marktöffnung für die Was- serwirtschaft weit über die jetzigen Möglichkeiten hinaus. ... Abgesehen davon, dass bei dem ‚natürlichem Monopol‘ Wasser der Wettbewerb aus technischen, hygienischen und finanziellen Gründen nur sehr eingeschränkt möglich ist.“185
182 Vgl. ebenda, 39. 183 Ebenda. 184 http://www.forumue.de/mehrzumthema/00000018.html. 185 Ebenda. 81 Aus den vorhin angeführten Argumenten und der weiteren Rechtsentwicklung, die in diesem Bereich zu erwarten ist, wird die Diskussion um die Art und Form der Leistungserbringung der Daseinsvorsorge wohl noch nicht abgeschlossen sein.
3.1.1.3. Mitteilung der Europäischen Kommission: „Die Preisgestaltung als politi- sches Instrument zur Förderung eines nachhaltigen Umganges mit Wasser- ressourcen“
Die europäische Wasserpolitik wird sich in den kommenden Jahrzehnten im We- sentlichen auf die in der Wasserrahmenrichtlinie186 vorgeschlagenen Maßnahmen stützen. In dieser Richtlinie werden Wassergebühren gefordert, die Anreize für ei- ne nachhaltige Ressourcennutzung bieten und die der Kostendeckung für Was- serdienstleistungen in den einzelnen Wirtschaftszweigen Rechnung tragen. Damit sollen die Umweltziele der Wasserrahmenrichtlinie auf kosteneffiziente Weise er- reicht werden. In der Wasserrahmenrichtlinie wird jedoch nicht konkreter auf die Wasserpreisgestaltung eingegangen; eine Mitteilung der Europäischen Kommis- sion soll dies klären und die Anwendung solider wirtschaftlicher und ökologischer Prinzipien zur Förderung des nachhaltigen Umgangs mit Wasserressourcen in den Mitgliedsstaaten begründen.187
Die Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament und den Wirtschafts- und Sozialausschuss „Die Preisgestaltung als politisches Instrument zur Förderung eines nachhaltigen Umgangs mit Wasserressourcen“188 hat zum Ziel, eine „fruchtbare politische Diskussion auszulösen und einen Meinungsaus- tausch in Gang zu bringen“ und „nützliche Informationen für alle Personen be- reit[zustellen], die sich aktiv an der Erstellung der in der Wasserrahmenrichtlinie vorgesehenen Bewirtschaftungspläne und Maßnahmenprogramme beteiligen“.189
Im Folgenden werden die wichtigsten Aussagen dieser Mitteilung kurz skizziert. Der nachhaltige Umgang mit den Wasserressourcen soll durch eine sinnvolle Wasserpreisgestaltung in den Mitgliedsstaaten gewährleistet werden. Dazu müs- sen die Wasserpreise auf einer Ermittlung von Kosten und Nutzen der Wasser-
186 Siehe 3.1.1.1. 187 Vgl. KOM(2000) 477 endg., 2. 188 KOM(2000) 477 endg. 189 KOM(2000) 477 endg., 4. 82 nutzung basieren und sowohl die finanziellen Dienstleistungskosten als auch die Umwelt- und Ressourcenkosten widerspiegeln. Zu den finanziellen Kosten zählen jene für die Bereitstellung und Verwaltung der Dienste, die Betriebs- und War- tungskosten, sowie die Kapitalkosten. Die Kosten für die Schäden, die der Was- serverbrauch für das Ökosystem mit sich bringt, wie z. B. die Versalzung oder qualitative Verschlechterung von Anbauflächen, zählen zu den Umweltkosten; zu den Ressourcenkosten die Kosten für entgangene Möglichkeiten, unter denen andere Nutzungszwecke infolge einer Nutzung der Ressource über ihre natürliche Wiederherstellungs- oder Erholungsfähigkeit hinaus leiden.
Ein Wasserpreis, der an den Wasserverbrauch gekoppelt ist, stellt einen sparsa- men Umgang sicher. Insbesondere wird auf den Agrarsektor verwiesen, der viel Wasser benötigt und die Wasserpreisgestaltung für diesen „stark zu wünschen übrig“190 lässt. Sektorbezogene Maßnahmen, wie beispielsweise die gemeinsame Agrarpolitik (GAP), sollen zur Versöhnung von Landwirtschaft und Wassernutzung beitragen.
Die Wasserpreise, die den ökologischen Anforderungen Rechnung tragen – so die Mitteilung –, basieren somit auf dem Prinzip der Kostendeckung, der Anwen- dung von anreizbildenden Preisstrukturen, der Anwendung von Wassermess- geräten und der Internalisierung der Umweltkosten. Diese Preispolitik ist für die Nutzer bzw. Verbraucher transparent zu gestalten, und die wasserpreispolitischen Ansätze haben auch den sozialen Zielen durch weitere begleitende Maßnahmen Rechnung zu tragen.
Die Kommission ist aber auch der Ansicht, dass „die Probleme der Wasserres- sourcen durch die Preisgestaltung allein nicht gelöst werden können“ und dass „ein aus quantitativer und qualitativer Sicht nachhaltiger Umgang mit Was- serressourcen in vielen Einzugsgebieten Europas keineswegs gewährleistet und eine sinnvolle Wasserpreisgestaltung eine wesentliche Voraussetzung für eine nachhaltige Wasserpolitik ist“.191
190 Ebenda, 3. 191 Vgl. Bulletin EU 7/8-2000, 1.4.34. 83 3.1.2. Österreichische Rechtsvorschriften
3.1.2.1. Finanz-Verfassungsgesetz und Finanzausgleichsgesetz
Das Finanz-Verfassungsgesetz192 (F-VG) regelt unter anderem die Kompetenz- verteilung zwischen den Gebietskörperschaften im Bereich des Abgabenwe- sens193, d. h. welche Abgaben vom wem erhoben werden dürfen und wem der Er- trag daraus zufließt. § 6 Abs. 1 Z. 5 F-VG definiert den Abgabentyp der aus- schließlichen Gemeindeabgabe, deren Ertrag ausschließlich der Gemeinde zu- fließt. Die Ermächtigung des Bundesgesetzgebers zur Einhebung von Abgaben ist in § 7 Abs. 5 F-VG geregelt. Er kann seinerseits Gemeinden ermächtigen, be- stimmte Abgaben aufgrund des freien Beschlussrechtes der Gemeindevertretung auszuschreiben.194
Weiters ist für den Landesgesetzgeber ebenfalls die Möglichkeit festgelegt, einge- räumt in § 8 Abs. 5 Finanz-Verfassungsgesetz, die Gemeinden zu ermächtigen, Abgaben aufgrund eines Beschlusses der Gemeindevertretung zu erheben. Die Landesgesetze haben auch das Höchstmaß der Abgaben zu bestimmen.
Das Finanzausgleichsgesetz195 (FAG) führt als ausschließliche Gemeindeabga- ben in § 15 Abs. 1 Z. 14 FAG die Gebühren für die Benützung von Gemeindeein- richtungen und -anlagen an, das sind also auch jene für eine Wasserversor- gungsanlage.196 Im § 16 Abs. 3 Z. 4 FAG wird bestimmt, dass die Benützungsge- bühren dem freien Beschlussrecht der Gemeinde unterliegen. Ebenso wird die maximale Gebührenhöhe definiert. Die Benützungsgebühren dürfen das doppelte Jahreserfordernis für die Erhaltung und den Betrieb der Einrichtung oder Anlage sowie die Verzinsung der Errichtungskosten einer entsprechenden Lebensdauer nicht übersteigen.197
192 BGBl. 1948/45 i. d. g. F. 193 Vgl. §§ 3 Abs. 1, 6 Abs. 1 Z. 5, 7 Abs. 5 sowie 8 Abs. 1 und Abs. 5 BGBl. 1948/45 i. d. g. F. 194 Auf dieser Bestimmung basiert § 16 Abs. 3 Z. 4 BGBl. 2001/3 i. d. g. F. 195 BGBl. 2001/3 i. d. g. F. 196 Vgl. § 15 Abs. 1 Z. 14 in Verbindung mit § 15 Abs. BGBl. 2001/3 i. d. g. F. 197 Der VfGH hat in einem Erkenntnis vom 10. 10. 2001 festgehalten, dass die Ermächtigung zur Ausschrei- bung von Gebühren bis zum doppelten Jahreserfordernis durch die Gemeinde nicht verfassungswidrig ist, dass diese Ermächtigung jedoch nicht dahingehend auszulegen ist, den Benutzern von Gemeinde- einrichtungen nunmehr neben der Anlastung der vollen Kosten der Gemeindeeinrichtung im Sinne des Äquivalenzprinzips zusätzlich noch eine Steuer in maximal gleicher Höhe aufzuerlegen. Die Ermächti- 84 3.1.2.2. Maß- und Eichgesetz
Das Maß- und Eichgesetz198 enthält die Bestimmungen über die im amtlichen und rechtsgeschäftlichen Verkehr zu verwendenden Maßeinheiten und die Eichpflicht der Mengenmessgeräte für Flüssigkeiten.199 Diese Regelungen sind somit auf die Mengenmessgeräte für Wasser, sind die Wasserzähler, anzuwenden. Wasser- zähler sind innerhalb einer Frist von fünf Jahren nach der letzten Eichung einer Nacheichung zu unterziehen.
3.1.2.3. Umweltförderungsgesetz
Das Umweltförderungsgesetz – UFG200 hat unter anderem zum Ziel, durch die Förderung von Maßnahmen im Bereich der Siedlungswasserwirtschaft eine aus- reichende Wasserversorgung zu gewährleisten. Konkretisiert wird das UFG durch die Förderungsrichtlinien für die kommunale Siedlungswasserwirtschaft des Bun- desministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft.201 Die- se Förderungsrichtlinien enthalten Bestimmungen über den Gegenstand, die för- derbaren Kosten, die Voraussetzungen sowie das Ausmaß und die Art der Förde- rung und das Verfahren.
Als Förderungswerber kommen Länder, Gemeinden, Genossenschaften und Ver- bände, Unternehmen, aber auch juristische und physische Personen in Betracht. Gefördert werden Maßnahmen zur Wasserversorgung, die ohne Förderung nicht oder nicht im notwendigen Umfang durchgeführt werden können, ohne dabei die Gebührenpflichtigen über ein zumutbares Maß hinaus zu belasten. Dabei sollen die Ziele einer optimalen Versorgung der Bevölkerung mit hygienisch einwand- freiem Trinkwasser und die Sicherstellung eines sparsamen Gebrauches des
gung muss so verstanden werden, dass ihre Ausschöpfung nur aus Gründen, die mit der betreffenden Einrichtung in einem inneren Zusammenhang stehen, in Betracht kommt. VfGH 10. 10. 2001, b 260/01. 198 BGBl. 1950/152 i. d. g. F. 199 Vgl. §§ 8 Abs. 1 Z. 3b, 10, 15, 51 und 65 BGBl. 1950/152 i. d. g. F. 200 BGBl. 1993/185 i. d. g. F. 201 Vgl. Förderungsrichtlinien für die kommunale Siedlungswasserwirtschaft 1999 i. d. g. F., http://www.kommunalkredit.at/up-media/299_Siedlungswasserwirtschaft.pdf. 85 wertvollen Gutes Wasser unter Bedachtnahme auf die künftige Bedarfsentwick- lung erreicht werden.202
Gefördert werden die Kosten für die Errichtung von Trink- und Nutzwasserversor- gungsanlagen, ebenso die Errichtung der Leitungen, einschließlich der Haus- anschlussleitungen, sowie die einmaligen Aufwendungen für Schutz- oder Schon- gebiete, die unmittelbar oder als Vorsorgemaßnahme zur Sicherung von derzeiti- gen oder künftigen Wasserversorgungsanlagen dienen. Des Weiteren sind nach der Richtlinie die Maßnahmen für die Anpassung der Wasserversorgungsanlage an den Stand der Technik, der Erwerb von Grundstücken im Zusammenhang von Wassererschließungen und Maßnahmen für Schutz- und Schongebiete förde- rungsfähig.203
Das Ausmaß der Förderung bei Wasserversorgungsanlagen beträgt 15% der för- derbaren Investitionskosten.204 Zum Förderungsvolumen und zur Veränderung der Förderungsmodalitäten siehe auch Kapitel 2.7.
3.1.2.4. Wasserrechtsgesetz
Die Bundesverfassung205 ordnet dem Bund die Angelegenheiten des Wasser- rechts in Gesetzgebung und Vollziehung zu. Aufgrund dieser verfassungsrechtli- chen Ermächtigung wurde das Wasserrechtsgesetz206 erlassen, das unter ande- rem Regelungen hinsichtlich des Eigentums an Gewässern und Wassergut, Be- stimmungen hinsichtlich des Schutzes der Gewässer, Organisationsvorschriften für den Bereich der Wasserversorgung und Bewilligungsvorschriften für die Was- sernutzung enthält.
Die Gewässer sind in öffentliche Gewässer und Privatgewässer zu teilen. Die öf- fentlichen Gewässer sind die im Anhang A207 des Wasserrechtsgesetzes aufge-
202 Vgl. § 1 Förderungsrichtlinien 1999 i. d. g. F. 203 Vgl. ebenda § 3 Abs. 1. 204 Vgl. ebenda § 8 Abs. 1 Z. 1. 205 Art. 10 Abs. 1 Z. 10, BGBl. 1925/268 i. d. g. F. 206 BGBl. 1959/215 i. d. g. F. 207 Zu den öffentlichen Gewässern in der Steiermark gehören die Enns, die Raab von der Raabnitz an, die Mur, die Mürz vom Eichhorntalbach an, die Palten vom Triebenbach an, der Erzbach vom Leopoldstei- nerseebach an, die Salza vom Terzbach an, die Lafnitz vom Haselbach an, die Feistritz vom Weißbach 86 zählten Ströme, Flüsse, Bäche und Seen. Die Privatgewässer gehören grundsätz- lich dem Grundeigentümer. Dazu zählen die auf einem Grundstück enthaltenen unterirdischen Wasser (Grundwasser) und die aus dem Grundstück zu Tage quel- lenden Wasser, des Weiteren die auf diesem Grundstück angesammelten Nieder- schläge und die Seen, die nicht von öffentlichen Gewässern gespeist oder durch- flossen werden.208
Die Benutzung der Privatgewässer innerhalb der rechtlichen Beschränkungen steht denjenigen zu, denen sie gehören.209 Die Benutzung der privaten Tagwäs- ser bedarf dann einer Bewilligung der Wasserrechtsbehörde, wenn auf fremde Rechte, den Lauf oder die Beschaffenheit des Wassers oder Höhe des Wasser- standes Auswirkungen zu erwarten sind.210
Nutzt der Grundeigentümer das Grundwasser für den notwendigen Haus- und Wirtschaftsbedarf, dann ist keine Bewilligung der Wasserrechtsbehörde zu bean- tragen, wenn zur Wasserentnahme handbetriebene Pump- oder Schöpfwerke verwendet werden oder wenn die Entnahmemenge zu einem angemessenen Verhältnis zum Grund steht. In allen anderen Fällen ist zur Erschließung oder Benutzung des Grundwassers eine wasserrechtliche Bewilligung zu beantra- gen.211
Die Bewilligung hat jedenfalls den Ort, das Maß und die Art der Wasserbenutzung zu bestimmen, wobei jedenfalls auf das öffentliche Interesse und bestehende Rechte zu achten ist.212 Im öffentlichen Interesse kann ein Antrag auf Bewilligung als unzulässig angesehen werden, wenn die notwendige Wasserversorgung ge- fährdet ist bzw. das Vorhaben den Interessen der wasserwirtschaftlichen Planung an der Sicherung der Trink- und Nutzwasserversorgung widerspricht oder auch, wenn zum Nachteil des Inlandes Wasser in das Ausland abgeleitet werden soll.213
an, die Pöls vom Pusterwaldbach an, die Liesing vom Sulzbach an, der Vordernbergerbach vom Kahl- berggraben an, der Thörlbach von der Vereinigung des Ilgen- und Stübnigbaches an, die Kainach vom Gradenbach an, die Sulm von der Vereinigung der Schwarzen und Weißen Sulm an. 208 Vgl. § 3 Abs. 1 BGBl. 1959/215 i. d. g. F. 209 § 5 Abs. 2 BGBl. 1959/215 i. d. g. F. 210 Vgl. § 9 Abs. 2 BGBl. 1959/215 i. d. g. F. 211 Vgl. § 10 BGBl. 1959/215 i. d. g. F. 212 Vgl. §§ 11, 12 BGBl. 1959/215 i. d. g. F. 213 Vgl. § 105 Abs. 1 lit. f, k, l BGBl. 1959/215 i. d .g. F. 87 Zum Schutz der Trinkwasserversorgung sieht das Wasserrechtsgesetz die Erlas- sung von Wasserschutz- und -schongebieten, von Rahmenplänen und Rahmen- verfügungen vor.
Dem Schutz einer Trinkwasserversorgung gegen Beeinträchtigungen dient die Festlegung von Schutz- und Schongebieten.214 Diese besonders geschützten Ge- biete können das gesamte Einzugsgebiet oder Teile davon erfassen. Ein Schutz- gebiet wird durch Bescheid der Wasserrechtsbehörde festgelegt und bindet nur den Adressaten. Besondere Anordnungen können die Untersagung oder Be- schränkung bestimmter Bewirtschaftungs- oder Nutzungsformen von bestimmten Grundstücken oder Gewässern sowie Einschränkungen bestehender Anlagen oder Unternehmen zum Inhalt haben. Ein Schongebiet wird mit Verordnung des Landeshauptmannes festgelegt. Die Schongebietsverordnung ist an einen unbe- stimmten Personenkreis gerichtet. Sie ist überall dort notwendig, wo Schutzge- bietsbestimmungen an bestimmte Personen nicht ausreichen. Die in den jeweili- gen Schongebietsverordnungen festgelegten Bestimmungen, wie z. B. die was- serrechtliche Anzeige und Bewilligungspflicht für künftige Maßnahmen oder Nut- zungsbeschränkungen und Verbote, ermöglichen die Abwehr von Gefahren für Güte und Ergiebigkeit von Wasservorkommen.
Wasserschutz- und -schongebiete215 können auch zur Sicherung der künftigen Wasserversorgung erlassen werden, wenn das zu schützende Wasservorkom- men dazu geeignet ist. Die Einschränkung fremder Rechte ist nur insoweit zuläs- sig, als dafür eine Entscheidungsleistung gesichert ist.
In der Steiermark wurden die Verordnungen zum Schutz der Wasserversorgungs- anlagen im westlichen und nördlichen Leibnitzerfeld, des Wasserverbandes Ehrenhausen, der Stadtgemeinde Mureck, des Wasserverbandes Grenzland- Südost, der Stadtgemeinde Bad Radkersburg und des Grundwasserwerkes Kalsdorf für den Bereich Niederwechsel, die Wasserversorgungsanlagen der Gemeinde Ragnitz und der Stadt Kapfenberg sowie der Stadt Graz und der Stadt Leoben erlassen.216
214 Vgl. § 34 WRG. 215 Vgl. § 35 WRG. 216 Vgl. Land Steiermark (1998 ff.), Umweltschutzbericht für das Jahr 2000, 375–376. 88 Wasserwirtschaftliche Rahmenpläne217 stellen generelle Planungen dar, welche die für die Entwicklung der Wirtschafts- und Lebensverhältnisse eines bestimmten Gebietes anstehende wasserwirtschaftliche Ordnung in möglichster Abstimmung der verschiedenen Interessen beinhalten. Sie werden in Form eines Bescheides vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirt- schaft anerkannt.
Wenn es die wasserwirtschaftliche Entwicklung eines Gebietes erfordert, kann der Bundesminister für bestimmte Gewässer, Einzugs-, Quell- oder Grundwasserge- biete wasserwirtschaftliche Rahmenverfügungen218 treffen. Deren Inhalt sind etwa die Widmung für bestimmte wasserwirtschaftliche Zwecke, Einschränkungen bei Verleihung von Wasserrechten, aber auch die Anerkennung wasserwirtschaftli- cher Interessen bestimmter Beteiligter.
Für die Steiermark wurden unter anderem wasserwirtschaftliche Rahmenverfü- gungen für den Schutz des Grundwasserwerkes Graz-Feldkirchen, für das Grundwasser im Raum von Friesach bei Graz, für den Schutz des Wasservor- kommens im Schneeberg-, Rax- und Schneealpengebiet, für den Schutz der Wasservorkommen im Hochschwabgebiet, zum Schutz des Wasservorkommens im Gebiet von Sarstein, Sandling und Loser sowie für den Schutz der Wasservor- kommen im Toten Gebirge erlassen.
Die wasserwirtschaftliche Planung ist nach § 55 WRG dem Landeshauptmann und dem Bundesminister überantwortet. Der Landeshauptmann hat in seiner Funktion als wasserwirtschaftliches Planungsorgan die Planungsfragen im Land zu koordinieren und zusammenzufassen, die wasserwirtschaftliche Entwicklung zu überwachen und die Daten für eine vorausschauende wasserwirtschaftliche Planung zu sammeln, die Grundlagen für die Festlegung von Schutz- und Schon- gebieten zu schaffen, die wasserwirtschaftlichen Interessen gegenüber anderen Planungsträgern wahrzunehmen und als Partei die Interessen an der Sicherung der Trink- und Nutzwasserversorgung im Land in allen behördlichen Verfahren wahrzunehmen. Dem Bundesministerium obliegt die Behandlung der Planungen
217 Vgl. § 53 WRG. 218 Vgl. § 54 WRG. 89 auf Bundesebene, sowie die Behandlung von wasserwirtschaftlichen Grundsatz- fragen und die Aufstellung von einheitlichen Grundsätzen für die was- serwirtschaftliche Planung der Landeshauptleute.
Im Wasserrechtsgesetz sind zwei Organisationsformen zur Verfolgung wasser- wirtschaftlich bedeutsamer Ziele, wie die Trinkwasserversorgung eine ist, vorge- sehen. Es können Wassergenossenschaften und Wasserverbände als Körper- schaften öffentlichen Rechts für die Trink-, Nutz- und Löschwasserversorgung einschließlich der notwendigen Speicherungs-, Anreicherungs- und Schutzmaß- nahmen gegründet werden. Wassergenossenschaften und Wasserverbände wer- den freiwillig, mit Beitrittszwang oder als Zwangsgenossenschaft bzw. -verband durch die bescheidmäßige Anerkennung und die Genehmigung der Satzung ge- bildet. Zur Bildung einer Wassergenossenschaft sind mindestens drei Beteiligte erforderlich; zur Bildung des Wasserverbandes ebenfalls mindestens drei Betei- ligte, die aber Gebietskörperschaften, Wassergenossenschaften, zur Erhaltung öf- fentlicher Verkehrswege Verpflichtete und solche, die die Gewässer nicht bloß ge- ringfügig beeinträchtigen oder in Anspruch nehmen, sein können. Des Weiteren ist im Wasserrechtsgesetz der Satzungsinhalt, das sind die Bestimmungen über die Aufteilung der Herstellungs-, Erhaltungs- und Betriebskosten und die der Ver- bandsorgane, geregelt.219
Mehrere Wasserverbände und Wassergenossenschaften können sich zur besse- ren und leichteren Erfüllung ihrer Aufgaben nach behördlicher Genehmigung zu einem Dachverband zusammenschließen, der gleichfalls einen Wasserverband darstellt. Dem Dachverband obliegt die Beratung und Unterstützung der Mitglie- der, die Mitwirkung bei der Vergabe von Aufträgen, die Beschaffung von Krediten, die Besorgung buchhalterischer Arbeiten für die Mitglieder, die Wahrnehmung gemeinsamer Interessen nach außen, die Bildung eines gemeinsamen Reserve- fonds, die Anregung und Vorbereitung der Errichtung neuer Wassergenossen- schaften oder Wasserverbände sowie die Ausbildung und Bereitstellung geeig- neten Personals und die Bereitstellung gemeinsamer Einrichtungen.
219 Vgl. VII. und VIII. Abschnitt BGBl. 1959/215 i. d. g. F. 90 Zur Wahrung der Interessen eines gemeinnützigen öffentlichen Wasserversor- gungsunternehmens ist im Wasserrechtsgesetz vorgesehen, dass der Landes gesetzgeber einen Anschlusszwang festlegen kann; wenn private Wasserversor- gungsanlagen die Gesundheit oder die wirtschaftliche Existenz der öffentlichen Wasserleitung gefährden, dann kann durch landesgesetzliche Regelung die Weiterbenützung oder Neuerrichtung solcher Anlagen verboten werden.220 Der steirische Landesgesetzgeber hat aufgrund der Ausführungsbestimmungen des § 36 Wasserrechtsgesetz das Steiermärkische Gemeindewasserleitungsgesetz 1971221 erlassen.
3.1.3. Rechtsvorschriften des Landes Steiermark und der Gemeinden
3.1.3.1. Steiermärkisches Gemeindewasserleitungsgesetz und Wasserleitungsbeitragsgesetz
Aufgrund der Ermächtigung des Wasserrechtsgesetzes222, die Anschlussver- pflichtung durch Landesgesetz zu regeln, wurde das Steiermärkische Gemeinde- wasserleitungsgesetz 1971223 erlassen. Darin wurde festgelegt, dass in jeder Ge- meinde, die eine öffentliche Wasserleitung errichtet, die Gebäudeeigentümer, die mit Wasser aus der öffentlichen Wasserleitung versorgt werden können, auf eige- ne Kosten in diesem Gebäude eine Hausleitung herzustellen und dauernd in ge- sundheitlich einwandfreiem Zustand zu erhalten haben. Weiters ist das notwen- dige Trink- und Nutzwasser ausschließlich aus der öffentlichen Wasserleitung zu beziehen, wenn der Gemeinderat dies beschließt und eine Wasserleitungsord- nung aufstellt.
Im Verpflichtungsbereich zum Wasseranschluss liegen jene Gebäude, deren kür- zeste Verbindung vom Gebäude zu der Versorgungsleitung der öffentlichen Was- serleitung 150 Meter nicht überschreitet. Die Anschlussverpflichtung hat keine Gültigkeit, wenn der Anschluss aus technischen Gründen überhaupt nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohen Kosten hergestellt werden kann. In diesem Fall,
220 Vgl. § 36, BGBl. 1959/215 i. d. g. F. 221 LGBl. 1971/42. 222 Vgl. § 36, BGBl. 1959/215 i. d. g. F. 223 LGBl. 1971/42 i. d. g. F. 91 oder wenn die Entfernung vom Gebäude zur öffentlichen Wasserleitung 150 Me- ter überschreitet, kann die Gemeinde im Wege einer Vereinbarung mit den Ge- bäude- bzw. Liegenschaftseigentümern den Anschluss genehmigen.
Die Gemeinden ihrerseits haben die Anschlussleitung herzustellen sowie das notwendige Trink- und Nutzwasser zu liefern. Eine Einschränkung der Entnahme- berechtigung ist dann möglich, wenn die Wassermenge nicht ausreicht. Dies hat der Gemeinderat von Fall zu Fall zu beschließen bzw. in der Wasserleitungsord- nung festzulegen.
Im Gemeindewasserleitungsgesetz sind zwei Verordnungsermächtigungen der Gemeinde enthalten: jene für die Erlassung der Wasserleitungsordnung und die für die Gebührenordnung. Die Wasserleitungsordnung hat den Verpflichtungs bereich für den Anschluss an die öffentliche Wasserversorgungsanlage, allfällige Einschränkungen des Wasserbezuges, die Bestimmungen über die Anmeldung und Herstellung des Hausanschlusses bzw. die Befreiungsansprüche sowie die Festsetzung des Erhebungstages, wenn der Wasserzins nach der Bewohnerzahl und der Zahl des Viehstandes eingehoben wird, zu enthalten. Soweit sich die Be- stimmungen der Wasserleitungsordnung auf den § 36 Wasserrechtsgesetz bezie- hen, müssen sie der Landesregierung zur Genehmigung vorgelegt werden.
In der Gebührenordnung werden die Anschluss-, die Wasserverbrauchs- und die Wasserzählergebühren festgelegt. Die Anschlussgebühr ist eine einmalige Ab- gabe für die Errichtung der Anschlussleitung bis zur maximalen Höhe der tatsäch- lichen Herstellungskosten. Die Gemeinden sind berechtigt, einen Wasserzähler auf ihre Kosten aufzustellen, wobei die Erhaltungspflichten für den Wasserzähler den Gemeinden übertragen sind. Die Gebührenpflicht für den Wasserzins und die Benutzung des Wasserzählers entsteht mit dem Anschluss an die öffentliche Wasserleitung.
Das Wasserleitungsbeitragsgesetz224 beinhaltet die Berechtigung zur Erhebung des Wasserleitungsbeitrages in jenen Gemeinden, die eine öffentliche Wasser- versorgungsanlage errichten und betreiben, mit Ausnahme der Stadt Graz. Der
224 LGBl. 1962/137 i. d. g. F. 92 Wasserleitungsbeitrag wird nach Beschluss des Gemeinderates zur Deckung der Kosten der Errichtung und Erweiterung der öffentlichen Wasserversorgungsan- lage eingehoben. Zur Wasserversorgungsanlage zählen alle Grundstücke, Bau- lichkeiten und Anlagen, die zur Gewinnung, Sammlung und Förderung des Was- sers zu den Grundstücken, die mit Wasser zu versorgen sind und die der Ver- waltung der Wasserversorgungsanlage dienen.
Die einmalige Abgabeverpflichtung entsteht mit der Anschlusspflicht des Gebäu- des an die öffentliche Wasserleitung. Bei anschlusspflichtigen Neubauten bzw. Zu-, Auf-, Ein- und Umbauten in anschlusspflichtigen Gebäuden entsteht die Bei- tragspflicht mit dem Zeitpunkt der Erteilung der Benützungs- oder Betriebsbewilli- gung.
Für den Verbraucher hat die Höhe des Wasserleitungsbeitrages, der für den ein- maligen Anschluss zu bezahlen ist, selbstverständlich große Bedeutung. Das Be- rechnungsschema für den Wasserleitungsbeitrag ist in der nachfolgenden Über- sicht dargestellt.
Übersicht 3-1: Berechnung der Höhe des Wasserleitungsbeitrages