Ein Grosser Ichthyosaurier Aus Dem Schweizer Spätjura
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Der "Bornsaurier", ein grosser Ichthyosaurier aus dem Schweizer Spätjura Autor(en): Maisch, Michael W. Objekttyp: Article Zeitschrift: Mitteilungen / Naturforschende Gesellschaft des Kantons Solothurn Band (Jahr): 42 (2014) PDF erstellt am: 06.10.2021 Persistenter Link: http://doi.org/10.5169/seals-543352 Nutzungsbedingungen Die ETH-Bibliothek ist Anbieterin der digitalisierten Zeitschriften. Sie besitzt keine Urheberrechte an den Inhalten der Zeitschriften. Die Rechte liegen in der Regel bei den Herausgebern. Die auf der Plattform e-periodica veröffentlichten Dokumente stehen für nicht-kommerzielle Zwecke in Lehre und Forschung sowie für die private Nutzung frei zur Verfügung. Einzelne Dateien oder Ausdrucke aus diesem Angebot können zusammen mit diesen Nutzungsbedingungen und den korrekten Herkunftsbezeichnungen weitergegeben werden. Das Veröffentlichen von Bildern in Print- und Online-Publikationen ist nur mit vorheriger Genehmigung der Rechteinhaber erlaubt. 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Das Wettingen-Member eher räuberischer Meeresreptilien unsicherer systemati- besteht aus im Meer abgelagerten, kalkigen Sedimenten, scher Stellung, gehörte von der frühen Trias (ca. 245 die bereits eine ganze Reihe von Wirbeltierresten gelie- Millionen Jahre) bis zur frühen Spätkreide (ca. 90 Millio- fert haben (Peyer & Koechlin 1934; Maisch et al. 2008: nen Jahre) zu den auffälligsten Vertretern der meeresbe- Abbildung 1). Dazu gehört unter anderem der unvollstän- wohnenden Wirbeltiere des Mesozoikums. Überreste dige Oberschenkelknochen eines gepanzerten Dinosau- dieser Tiere sind uns aus vielen Teilen der Welt in mitun- riers, einer der wenigen Dinosaurierfunde des Schweizer ter hervorragendem Erhaltungszustand überliefert wor- Jura überhaupt; aber auch Reste von Meeresschildkrö- den, beispielsweise in den mitteltriassischen Schwarz- ten, Meereskrokodilen und Haien sind bekannt (Meyer & schiefern des Monte San Giorgio im Kanton Tessin oder Hunt 1998; Meyer & Thüring 2003). der frühjurassischen Posidonienschiefer-Formation von Der «Bornsaurier» ist fraglos der erste und auch bisher Holzmaden in Süddeutschland. einzige bedeutende Fund eines spätjurassischen Dennoch täuschen diese fantastischen Funde aus weni- Ichthyosauriers aus der gesamten Schweiz. Generell gen Fossillagerstätten gerne darüber hinweg, dass im Fos- sind jurassische Ichthyosaurier in der Schweiz nicht eben silbericht der Gruppe noch immer grosse und empfindliche häufig. Die wenigen Funde sind aber teilweise äusserst Lücken klaffen. Zusammenhängende Reste von Ichthyo- aufschlussreich, so wie der im Naturmuseum Ölten zu sauriern gehören insbesondere im Spätjura Westeuropas sehende Schädel eines Lepfonecfes fenu/rosfr/s aus der zu den sehr seltenen Fossilfunden. Nur eine kleine Zahl von Staffelegg-Formation («Lias») von Hauenstein, der nicht Fossillagerstätten hat bislang aussagekräftiges Material nur eines der besterhaltenen Exemplare dieser Art reprä- geliefert. Hierzu gehören die Solnhofen-Formation («Soin- sentiert, sondern darüber hinaus auch um mehrere Milli- hofener Plattenkalke») in Franken (Süddeutschland), die onen Jahre jünger ist als seine bisher aus England be- Kimmeridge Clay Formation Englands und die Schichten schriebenen «Vettern», oder der ungewöhnlich grosse des Kimmeridgiums bis Tithoniums des nordwestlichen Schädel eines Vertreters der Gattung /c/ifbyosaurus aus Frankreich. In den spätjurassischen Sedimenten Russ- dem Frühjura der Tongrube Frick (Maisch & Reisdorf lands sind Ichthyosaurier bedeutend häufiger, obwohl ihre 2006a, b, Maisch et al. 2008). Diversität nicht so hoch ist, wie von einigen russischen Be- Der Bornsaurier wurde bereits zu Beginn des zwanzigs- arbeitern angenommen. Ansonsten sind auch im östlichen ten Jahrhunderts gefunden und schlief seit 1905 einen Europa spätjurassische Ichthyosaurier grosse Seltenheiten «Dornröschenschlaf» im Naturmuseum Ölten, wo er seit- (siehe Maisch 2010 für eine aktuelle Übersicht). her aufbewahrt und anfangs der 1980-er Jahre durch die Beim «Bornsaurier» handelt es sich um das Teilskelett Firma Meyer & Imhof, Trimbach, auch teilweise präpariert eines grossen Ichthyosauriers aus dem Wettingen-Mem- wurde. 1981 fand der Oltner Bruno Matter im Schuttma- ber («Wettingerschichten»; divisum- bis eudoxus-Zone terial des selben Steinbruchs ein Kieferfragment (Abbil- des Kimmeridgiums, mittlerer Spätjura; Alterseinstufung dung 2), das von ihm präpariert wurde und 1990 ins siehe Gygi 2000) des alten Ruppoldinger Steinbruchs auf Naturmuseum Ölten gelangte. dem Gemeindegebiet von Kappel im Kanton Solothurn Lange Zeit wurde dem bedauernswerten Fischsaurier (632500/240250). Es wurde am Fuss des 710 Meter ho- unterstellt, er sei ein «Krokodil». Bereits ein oberflächli- hen Berges Born entdeckt, woher sein Spitzname rührt. eher Blick auf die Kieferreste mit noch erhaltener Be- Der exakte Fundhorizont des Stückes (Abbildung 1) zahnung zeigt, dass dies nicht korrekt sein kann. 159 Abb/M/np 7: Zerfa//ene Scbäcfe/- and Ske/effresfe c/es «ßornsaur/'ers», c/euf//cb zu ernennen s/nd d/e /angs*esfrec/<fen K/'eferknocben, d/'e d/'e sebma/e, sp/fze Schnauze des T/eres Mc/efen. Samm/unp A/afurmuseum O/fen A/r. 26630. Bei Krokodilen stecken die Zahnwurzeln in einzelnen und dokumentierten fossilen Meeresreptilien, der Schwei- knöchernen Zahnhöhlen (thecodonte Bezahnung), wie zer Fund wäre daher keine so grosse Besonderheit. Tat- auch bei den Säugetieren, einschliesslich des Men- sächlich zeigt aber Opbfba/mosaurus ein nur schwach sehen. Die Ichthyosaurier des Jura weisen hingegen eine entwickeltes Gebiss aus kleinen Zähnen, das bei alten durchgängige Rinne im Kieferknochen auf, in der die Tieren oft vollständig reduziert wird. Beim «Bornsaurier» einzelnen Zähne nur bindegewebig befestigt waren. Die- fallen schon auf den ersten Blick die grossen, überaus sen sogenannten aulacodonten Bezahnungstyp sehen kräftigen Zähne auf, eine Zugehörigkeit zu Opbfba/mo- wir auch beim «Bornsaurier». sauras kann also ausgeschlossen werden. Erst 1998 fand das Stück erstmals in einer Wissenschaft- Die bisherigen Untersuchungen des Materials haben statt- liehen Arbeit Erwähnung (Meyer & Hunt 1998), und wurde dessen ergeben, dass der Fund mit grosser Wahrschein- auch korrekt als Ichthyosaurier angesprochen. Allerdings lichkeit zu einer der seltensten und am wenigsten erforsch- stellten die Autoren den Fund in die Nähe der aus Eng- ten Ichthyosauriergattungen des Jura gehört, zu land, Nordamerika, Russland und Frankreich bekannten ßracöypferygf/'us. Diese Form zeichnet sich - wie sein Ver- mittel- bis spätjurassischen Gattung Opbfba/mosaurus. wandter P/afypferyg/us aus der Kreide - unter anderem Opbfba/mosaurus gehört zu den am besten bekannten dadurch aus, dass die Zahnwurzeln nicht wie bei allen an- 160 Abb/'/dung 2: Fragment c/es (VnferF/'efers des «ßornsaur/'ers», cfeuf//'cb zu erFennen s/nd d/'e Fräff/gen, sp/'fzen Zäbne, d/'e /bn a/s erfo/gre/cben ßäuber ausi/ve/sen. 7yp/'scd fur /cdfdyosaur/'er s/'nd, w/'e deuf//'cd zu seden /sf, d/'e Zädne /'n e/'ner durcdgäng/gen R/nne befesf/gf. Samm/ung /Vafurmuseum O/fen A/r 2663f. deren Ichthyosauriern einen runden oder ovalen, sondern dieser Form und ordnete sie einer neuen Gattung, einen eher quadratischen Querschnitt besitzen, ein Merk- ßracbypferyg/us, dem «Kurzflosser» zu. Seither wurden mal, das beim Ruppoldinger Ichthyosaurier ganz deutlich noch ein Schädel und ein Teilskelett in der Kimmeridge zu erkennen ist (siehe Fischer et al. 2012 für eine aktuelle Clay Formation gefunden. Der Schädel wurde 1976 von Übersicht der Ophthalmosaurier-Stammesgeschichte). dem bekannten kanadischen Ichthyosaurierforscher Von ßracbypferyg/us liegen aus Westeuropa nur wenige Christopher McGowan einer neuen Gattung und Art, Gren- Funde vor. Das erste zur Kenntnis gelangte Exemplar war c/e//us morc/ax (benannt nach dem mythischen Ungeheu- eine einzelne Vorderflosse aus der Kimmeridge Clay For- er Grendel aus der Beowulf-Saga), zugeordnet. Erst das mation der Umgebung von Bath in England, die 1904 von noch nicht detailliert beschriebene Teilskelett, das sowohl G. A. Boulenger, einem Reptilienspezialisten des Briti- den Schädel als auch die Vorderflosse aufweist, zeigte im sehen Museums, aufgrund ihrer auffallenden Kürze und Jahre 1997, dass ßracbypferyg/us und Grencfe//'us ein und Breite als zu einer neuen Art, /cbfbyosaurus exfremus, dieselbe Form repräsentieren, einen grosser Ichthyosau- gehörig beschrieben wurde. 1922 erkannte der deutsche rier mit einem gewaltigen, kräftig bezahnten Schädel und Saurierspezialist Friedrich von Huene die Besonderheiten ungewöhnlich kurzen und breiten