ARCTOS

ACTA PHILOLOGICA FENNICA

VOL. XXXV

HELSINKI 2001

INDEX

NEIL ADKIN "I Am Tedious Aeneas": Virgil, Aen. 1,372 ff. 9

JEAN-PIERRE GUILHEMBET Quelques domus ou résidences romaines négligées 15

RIIKKA HÄLIKKÄ Sparsis comis, solutis capillis: 'Loose' Hair in Ovid's 23 Elegiac Poetry

MAARIT KAIMIO ET ALII Metatheatricality in the Greek Satyr-Play 35

MIKA KAJAVA Hanging Around Downtown 79

KALLE KORHONEN Osservazioni sul collezionismo epigrafico siciliano 85

PETER KRUSCHWITZ Zwei sprachliche Beobachtungen zu republikanischen 103 Rechtstexten

UTA-MARIA LIERTZ Die Dendrophoren aus Nida und Kaiserverehrung von 115 Kultvereinen im Nordwesten des Imperium Romanum

LUIGI PEDRONI Il significato dei segni di valore sui denarii repubbli- 129 cani: contributi per la riapertura di una problematica

OLLI SALOMIES Roman Nomina in the Greek East: Observations on 139 Some Recently Published Inscriptions

WERNER J. SCHNEIDER Ein der Heimat verwiesener Autor: Anaximenes von 175 Lampsakos bei Lukian, Herod. 3

HEIKKI SOLIN Analecta epigraphica CXCII–CXCVIII 189

De novis libris iudicia 243

Index librorum in hoc volumine recensorum 298

Libri nobis missi 300

Index scriptorum 303

ANALECTA EPIGRAPHICA

HEIKKI SOLIN

CXCII. WEITERE NEUE LATEINISCHE COGNOMINA

Wie im vorigen Arctos-Band versprochen, werde ich in regelmässigen Abständen Nachträge zum Repertorium lateinischer Cognomina liefern. Da schon jetzt, nur ein Jahr nach der letzten Auslese (Arctos 34 [2000] 149– 151), mehrere neue Bildungen zu notieren sind, gebe ich hier die mir in der Zwischenzeit bekannt gewordenen Novitäten. Auch manche bisher selten belegte Namenbildungen werden verzeichnet (solche Bildungen sind jedoch nicht systematisch berücksichtigt worden). Besondere Mühe habe ich ver- wandt, um seltene Namenbildungen aus dem griechischen Osten zusammen- zustellen, wobei interessante Einzelheiten aufgetaucht sind, wie etwa zahl- reiche Neubildungen auf -ianus -iana, die ein übliches Namenbildungsmittel in vornehmen Familien in manchen Griechenstädten waren, oder die Verwendung von orthographischen Varianten wie die Geminierung von Konsonanten (etwa Τρεβωννιανός neben Trebonianus). – "Rep." meint das Repertorium nominum et cognominum Latinorum von Salomies und Solin (1988, 2. Aufl. 1994); "Kajanto" I. Kajantos The Cognomina, Helsinki 1965. – Neue Namen (bisher nicht belegte feminine [oder gegebenenfalls maskuline] Formen mitgerechnet) sind fett gesetzt. Adventinus -a: Kajanto 349 mit drei Belegen. Dazu AE 1996, 1595 (Bostra) Ulpia Adventina, Tochter und Frau eines Legionscenturionen. Der neue Beleg erhärtet die Annahme, dass Adventinus -a kaum nur eine ortho-

* Marco Buonocore hat auf bewährte Weise meine Handschriftenstudien unterstützt. Mika Kajava, Olli Salomies und Kalle Korhonen haben ebenfalls in bewährter Weise meinen Text durchgelesen und mit Bemerkungen bereichert. Erja Salmenkivi war bei ägyptischen Personennamen, Martti Leiwo bei linguistischen Fragen behilflich. Einen ganz besonderen Dank schulde ich Manfred G. Schmidt für die sprachliche Durchsicht des Textes. 190 Heikki Solin graphische Variante von Aventinus sei, wie in ThlL I, 835 angenommen. Αἰφικιανός: TitCal 250, 9 (3. Jh. n. Chr.). Das Gentilicium Aeficius - ia ist auf Kos als Einzelname belegt: Paton – Hicks 186a. Als Gentilname im griechischen Osten aus Athen (IG II2 4243, 2. Hälfte des 1. Jh. n. Chr.) und (I. Knidos 386) bekannt. Aelias: Rep.2 289. 497. Dazu HAE 1523 Aelias, vivas in ⊂Christo⊃ (Sexus bleibt unbekannt). Αἰτερνιανή: M. H. Sayar, Perinthos-Herakleia ( Ereğlisi) und Umgebung. Geschichte, Testimonien, griechische und lateinische Inschriften (DAW 269 = Veröff. Kleinasiat. Komm. 9), Wien 1998 = I. Perinthos-Herakleia 89. Der Männername Aeternianus lässt sich nicht mit Sicherheit belegen; der in OPEL I 47 dafür angeführte Beleg aus CIL XIII 3323 lautet Etenianus, wohinter ein selbständiger Name stecken kann: s. weiter unten. Agrippiana: Kajanto 175. Dazu Ἀγριππιανή SEG XXIX 425 (Patrai, 4./5. Jh.). Anguilla. Dieses in Rep.2 497 aus I. 894 gewonnene Testimonium bleibt unsicher. Eine neue Bestandsaufname hat ergeben, dass in der Inschrift möglicherweise eher Angulata zu lesen sei.1 Anicianus. Den wenig zahlreichen von Kajanto 140 verzeichneten Belegen sind hinzuzufügen ILTG 6; I. Ephesos 1238. Ἀπελινάριος: I. Perinthos-Herakleia 309 Αὐρ. Ἀ. Interessante Nebenform von Apollinaris: dem Namengeber schwebte als Ausgangspunkt Ἀπελλῆς Ἀπελλᾶς vor. Apro: Kajanto 325 mit zwei sicheren Belegen.2 Dazu ICUR 19432 ab Aprone; SEG IX 491 (Taucheira in Cyrenaica, 1. Jh. n. Chr.) Ἄπρων. Aproniana: Kajanto 140. Dazu I. Beroia 419 Publicia T. fil. Aproniane; I. Ephesos 3467. Aprunc(u)la: HAE 1242 (Apruncula); C. Castillo – J. Gómez Pantoja – M. D. Mauleon, Inscr. rom. del Museo de Navarra (1981) 41 (Apruncla). Kajanto kennt nur den Männernamen Aprunculus (325 mit drei Belegen aus der vorgerückten Kaiserzeit; dazu noch ein älterer Beleg in CIL II 4581 vgl.

1 Vgl. H. S., "Spigolature aquileiesi", in Atti del Colloquio Ceti medi in Cisalpina (Milano 2000), Milano 2002 (im Druck). 2 Von den vier bei Kajanto angeführten Belegen sind auszuscheiden CIL III 6010, 15, ein Ziegelstempel mit dem Text OF APRO, wo was auch immer stecken kann; und CIL VI 35979, wo eher der Frauenname Aphro vorliegt. Analecta epigraphica 191

I. Barcelona 190). Ἀρβουξηιανός: I. Ephesos 2055, 16 (kaiserz.) Λ. Κ[αλπούρν]ιος Ἀρβουξηιανό[ς], ein Koer, Apollonpriester. Der Gentilname Arbuxeius ist nur aus CIL I2 1436 (Nemi) bekannt. Armentius: Kajanto 325 mit drei Belegen. Dazu CIL XV 8325 L. Maesi Armentivi. Ἀρρηνιανή: ArchDelt 45 (1990) Chron. 257 Nr. 5 ( in Epeiros). Kajanto 140 verzeichnet nur den Männernamen mit zwei Belegen. In Epeiros könnte der Name auch als griechisch gedeutet werden. Asellinus: Kajanto 326 mit zwei Belegen. Dazu AE 1995, 397 (Iuvanum); ILBulg. 89. Asprianus: Kajanto 141 = 265 mit zwei Belegen. Dazu AE 1983, 371 (Fanum Fortunae). Wessel IGCVO 1358 (Syracusae). Ἀττικιανή: eine ἀρχιέρεια in , AE 1998, 1363 (1. Hälfte des 3. Jh. n. Chr.). Bisher war nur der Männername Atticianus belegt (Kajanto 203); überraschend bleibt dabei, dass neben den recht zahlreichen Männernamenbelegen (Kajanto verzeichnet deren insgesamt 23) Frauen- namenbelege bisher gänzlich fehlten. Ἀττίκων: A. Brugnone, Κώκαλος 20 (1974) 235 Nr. 8 (Thermae Himeraeae, nach der Herausgeberin 1. Jh. n. Chr.). Nach dem Photo zu schliessen scheint die Lesung sicher. Ist dieser Name, der sonst nicht belegt zu sein scheint (das Suffix -o(n) neben dem viel üblicheren -io(n) war in der griechischen und lateinischen Anthroponymie nicht sehr gebräuchlich), als griechisch oder lateinisch aufzufassen? Diese Frage (die auch den vorigen Namen berührt) ist nicht nur theoretisch, denn die römischen Namengeber haben Atticus doch wohl als ein lateinisches Cognomen identifiziert, wie aus seiner Frühgeschichte hervorgeht, die in Rom beginnt. Aber wie steht es mit diesem Ἀττίκων in einer griechisch geschriebenen Urkunde in Sizilien im 1. Jh. n. Chr., – freilich in einer Stadt, wo die Stellung des Lateinischen stärker war als sonst auf der Insel? Dabei ist es wichtig, sich zu vergegen- wärtigen, dass im griechischen Bereich die Verwendung von Ἀττικός und seiner Sippe erst in der Kaiserzeit einsetzt (mit einer einzigen Ausnahme: Ath. XVII 739 aus dem 2. Jh. v. Chr.3).Wie ich andernorts dargelegt habe, ist es durchaus möglich, die Verbreitung dieses Namens mit einigen

3 Ἀττικός fehlt bei Bechtel HPN, muss aber dort aus dieser Inschrift nachgetragen werden. 192 Heikki Solin berühmten Namensträgern zu verbinden,4 d. h. ihn als lateinischen Namen zu identifizieren;5 besonders solche Derivative wie Ἀττικιανή oder Ἀττίκιλλα würde man eher dem lateinischen Namengut zurechnen.6 Auctianus: Kajanto 350 mit drei Belegen. Dazu CIG 3844 (Aezani) Αὐκτιανός(?). Auspicius. Zu den wenigen von Kajanto 318 verzeichneten Belegen kommt hinzu Αὐσπίκιος I. Ephesos 1821. Avidianus: Kajanto 141 mit zwei Belegen. Dazu I. Pisid. Cen. (IK 57) 28 Π. Οὔλ. Ἀουιδιανὸς Ῥοτείλιος Πρόπινκος. Birianus: IGLS 9174 (Bostra) Biriano de numero M(aurorum) Ill(yricorum) Constan(). Vgl. Virianus Kajanto 159. Blandianus: Kajanto 282 mit zwei Belegen. Dazu SEG XX 56 () Αὐρ. Βλανδιανὸς Κόνων (Sohn Αὐρ. Ἀνθέστιος Κονωνιανὸς Βλάνδος). Blossianus: Kajanto 142 mit einem Beleg. Dazu Γ. Μάρ(ιος) Βλοσσιανὸς Θράσων IG X 2, 2, 73 ( Lyncestis). Das Auftauchen von Blossianus in Heraclea Lyncestis setzt eine dort angesiedelte Familie der Blossii voraus (s. Salomies, oben 153), sofern Blossianus selbst nicht als zweiter Gentilname des C. Marius zu werten ist, gemäss einer besonders in Makedonien verbreiteten Sitte, neue Gentilnamen auf -ianus zu bilden.7 Caelina: Καιλεῖνα I. Anazarbos I 550. Auch Caelinus bisher nicht belegt. Die Wahl dieses Cognomens setzt nicht eine in Anazarbos angesiedelte Familie der Caelii voraus, obschon morphologisch Caelinus -a aus dem Gentilicium gebildet ist. Ebenso gut mag dem lokalen Namengeber

4 H. S., "Latin Cognomina in the Greek East", in The Greek East in the Roman Context. Proceedings of a colloquium organized by the Finnish Institute at Athens, May 21 and 22, 1999, edited by O. Salomies (Papers and Monographs of the Finnish Institute at Athens 7), Helsinki 2001, 197f. 5 Eine andere Sache ist, dass das Ethnikon selbst seit jeher weit verbreitet war und dass mehrere Derivate entstanden, darunter auch Ἀττικίων in der Bedeutung 'kleiner Athener', belegt in Aristophanes' Frieden 214. 6 Erst recht ist es unzulässig, solche Namenbelege aus lateinischen Urkunden wie Atticus aus Luceria oder Puteoli oder Pompeji oder Atticilla aus Puteoli der griechischen Onymie zuzurechnen, wie es in LGPN III A, 83 geschieht (und warum gebraucht man in diesem Lexikon in Bezug auf Puteoli ständig die Bezeichnung "Dikaiarchia-Puteoli", obwohl die eher imaginäre Gründung von Dikaiarchia nichts mit der historischen Überlieferung puteolanischer Inschriften zu tun hat?). 7 Vgl. O. Salomies, Arctos 18 (1984) 102. Analecta epigraphica 193

(sofern es sich nicht um fremdes Namengut handelt) als Namenwort etwa caelum vorgeschwebt haben. Καλανδαρία: I. Ephesos 2277 δ. Bisher war nur der Männername Calendarius bekannt (Kajanto 219 mit einem einzigen Beleg). Die Schreibung auf -ανδ- ist, wie bekannt, in griechischen Inschriften die überwiegende. Calaviana: Kajanto 143 mit einem Beleg. Dazu I. Philippi 222. 226 (1. Jh. n. Chr.) Maecia C. f. Auruncina Calaviana. Calidianus: Kajanto 143 mit einem Beleg. Dazu CIL VI 14062 (Sklave). XII 3712; I. ad Olympum 33 Τίτος Φλάουιος Δίωνος υἱός [---] Καλειδιανὸν υἱόν. Calvanus: I. Cilicie 47 (2./3. Jh.) Calventius C[a]lvanus veteran(us) ex numero equitum Batavonum natione Pannonius domo Sirmi. Lesung und Deutung scheinen sicher. Calvanus gesellt sich zur grossen Namensippe Calvus (Kajanto 235); auch wenn das Suffix -anus an sich nicht produktiv war, liegt kein Grund vor, eine sekundäre Schreibung für ein sonst nicht belegtes *Calvianus anzunehmen, auch nicht keltisches Substrat. Capio(?): CIL XIV 617a (Ostia, 2./3. Jh.). Einmalige Bildung, wahrscheinlich steht sie nur für Capito (möglicherweise ist ein Nexus von I und T verkannt worden). Doch sei darauf hingewiesen, dass die Capia in Ostia belegt ist: CIL XIV 769. 1213. Cappius 5088. Καπιτᾶς: I. Anazarbos I 319. Das griechische Suffix -ᾶς wurde, wie bekannt, auch mit lateinischen Namenstämmen verbunden. Gebildet aus Capito durch Verkürzung des Stammes, wie auch in ähnlichen okkasionalen Bildungen wie Capitinus (Kajanto 235) oder Capitulla (Rep. 308: καπίτυλλα). Καπιτωλία: Καπιτωλία IG XIV 196 + 199 + NSc 1895, 514 Nr. 248 (= Wessel IGCVO 238) vgl. A. Ferrua, CivCatt 92, 2 (1941) 376 (Syracusae). Vgl. Καπετώλιος Rep. 308 aus I. 777, dazu noch Καπιτώλιος in Chios (s. LGPN I 251, zweimal, 2. Jh. n. Chr.). Καπιτωνιανή: AnatStud 12 (1962) 206 Nr. 208 () Αὐρ. Καπιτωνιανήν Αιλουν. Der entsprechende selten belegte Männername Capitonianus (Kajanto 143 = 235) wird aus I. Ephesos 929 und I. Pisid. Cen. (IK 57) 34–41 um zwei Belege bereichert. Cascellianus: Kajanto 143 mit einem Beleg. Dazu Varro ling. 9, 71 (doch kaum ein wirkliches Cognomen, wie man im ThlL Onom. II 225, 5–8 meint, sondern eher Adjektiv, vgl. Cascellianum iudicium); CIL XIV 5347 194 Heikki Solin

(Ostia) L. Munatius C. (1. Hälfte des 2. Jh.). Καστριανός: SEG III 334, 34 (Chios, ca. 160 n. Chr., Vater und Sohn). Wohl aus dem Gentilicium Castrius gebildet, das aus Milet bekannt ist: RA 1874, 109, wo ein kaiserlicher Procurator Castrius (PIR2 C 546) aus dem 3. Jh. erwähnt wird. Καστρικᾶς(?): CIG 9222 ( in Kilikien, christl.) Καστρικᾶ βιρ(σοποιοῦ?); in CIG wird Καστρ[ηνσίου] vorgeschlagen. Vgl. Castricus (Rep. 311), dessen Bildungsweise etwas unklar ist: zu castrum oder dem Gentilnamen Castrius oder aber durch Abkürzung des Stammes aus dem üblichen Gentilnamen Castricius. Castricas ist aber sicher aus Castricius gebildet. Das griechische Männernamensuffix –ᾶς wird lateinischen Namen auf -ius zuweilen ohne i angehängt: zu Praenomina wie Λουκᾶς Ποπλᾶς Τιβερᾶς, zu Gentilnamen wie Ἰουλᾶς Οὐαλερᾶς Πετρωνᾶς. Catellus -a: Kajanto 326. Dazu RAC 44 (1968) 154 (m., Rom, 508 n. Chr.) C. ebur[arius]; Wessel IGCVO 1354 (f., Syracusae). Κατιάνιλλα: Kajanto 144 mit einem Beleg (jetzt ICUR 20749). Dazu Κατιάνιλ{α}λα Strazzulla, Museum epigraphicum (1897) 308 (Syracusae, christl.). Catulianus: Kajanto 326 mit einem Beleg. Dazu Epigraphica 42 (1980) 95 (Timgad). Celeria: Kajanto 248 mit einem Beleg für den Frauennamen. Dazu I. Klaudiu polis 146 (Vater Celer). Cervilla: Kajanto 327 mit zwei Belegen. Dazu AE 1985, 355 (Ricina); CILA II 143 (christl.) Cervella. Claudilla: Kajanto 168 mit zwei Belegen. Dazu Κλαυδίλλης (Gen.) I. North Galatia (Regional Epigraphic Catalogues of Asia Minor II, ed. St. Mitchell) 234. Es mag überraschen, dass dieses Cognomen nicht öfter belegt ist. Launen der Namengebung. Cognitus -a: Kajanto 278 zufolge 5mal als Männername, 2mal als Frauenname belegt. Dazu Κόγνιτος I. Ephesos 2290 dreimal in drei Generationen; Κογνίτα ebda. 2307c. Comentiolus: zwei hohe byzantinische Beamten an der Schwelle des 6. zum 7. Jh. (PLRE III 321–326 Nr. 1–2; der erstere stammt aus Thrakien). Der Name ist nahezu ausschliesslich in gr. Form Κομεντίολος überliefert (lat. nur Comenciolus in CIL II 3420). Ferner AE 1994, 1551 aus Hadriano- polis (575/577 n. Chr.). Zu den Personen vgl. D. Feissel, BCH 119 (1995) 379–386, bes. 382. In klassischem Latein sollte der Name wohl -mm- Analecta epigraphica 195 geschrieben werden; zugrunde liegt wohl der Name Commentus (Kajanto 350), der freilich sehr selten ist, so dass eher an eine direkte Anknüpfung an die Wortsippe commen- zu denken ist. Comitiolus: Kajanto 306 mit zwei christlichen Belegen. Dazu Greg. M. epist. 13, 47 = PLRE III 329 Nr. 2, der nicht mit dem von Kajanto aus Greg. M. epist. 8, 19 angeführten Namensvetter identisch sein kann. Commentiolus: s. Comentiolus. Κομμόδιλλα: I. Anazarbos I 369 Κομόδιλα. Commodus mit Sippe (Kajanto 256; dort hinzuzufügen ICUR 25078 Commodiana) war nicht sehr verbreitet, so dass der Name des Kaisers Commodus seit dem Ende des 2. Jh. teilweise als Namensvorbild, auch in der Bildung von Suffixableitungen, gewirkt hat.8 Commodus war eine bekannte Figur im römischen Bewusst- sein, und besonders seit seiner Divinisierung durch Severus konnte sich auch die Verwendung seines Namens weiter entfalten. Communis: Kajanto 256 (ein üblicher Name). Kann Κομμοῦνος SEG XLII 545 (Nicopolis in Epeiros) hierzu als eine Nebenform angesehen werden? Copiola: Kajanto 281 mit einem Beleg. Dazu CIL VI 19057; HAE 1914 (Carthago Nova). Κορβουλίων: [Κ]ορβουλίων I. 239 vgl. SEG XXIII 486. Zu Corbulo (der bei Kajanto fehlt) Rep. 318. Cornicinus: Kajanto 319 mit einem Beleg. Dazu AE 1989, 875 (Soldat unbekannter Herkunft, hadrianisch). Cornutinus: AE 1997, 909 (Conventus Caesaraugustanus, etwa 2. Jh. n. Chr.) Corneliae Cornutini f(iliae). Wenn Lesung und Auflösung stimmen (das Fehlen des Cognomens der Cornelia verwundert), haben wir hier ein neues Cognomen. Angenommen die Auslegung der Editoren stimmt, hiess sein Urenkel Cornutus. Crispianus: Kajanto 223 mit drei Belegen. Dazu RIU 436; I. (IK 27) 11 II 28: Μ. Αὐρήλ(ιος) Κρισπιανὸς Ἀλέξανδρος ὁ καὶ Κύριλλος. Decimiana: Kajanto 145, der neben dem üblicheren Decimianus nur einen Beleg von Decimiana verzeichnet. Ein weiterer in synkopierter Form kommt aus dem Osten: Δεκμιανή I. Kyzikos 358. Decrianus: Kajanto 145 mit drei Belegen. Dazu AE 1966, 276

8 Der Editor datiert die Inschrift ins 1./2. Jh., sicher falsch. Sie ist augenscheinlich viel jünger, vom Ende des 2. oder aus dem 3. Jh. 196 Heikki Solin

(Noricum); RIU 54; Δεκριανός Luc. asin. 2, ein Sophist aus Patrai;9 I. Klaudiu polis 121 mit einer abenteuerlichen Bemerkung des Herausgebers zum Namen.10 Delicatus: Kajanto 270 mit vier Belegen. Dazu Μάριος Δηλικᾶτος I. Beroia 20 (2. Jh. n. Chr.). Deusdedit. Zu den in Arctos 32, 1998, 239 angeführten Belegen aus Italien kommen mehrere kirchliche Würdenträger hinzu, in PCBE 2, 552– 557 Nr. 1–14 verzeichnet. Domnentiolus: Es sind uns aus dem Ende des 6. und Anfang des 7. Jh. eine Reihe von spätrömischen Beamten bekannt, deren Namen (fast ausschliesslich auf griechisch geschrieben) Domnentiolus, Domnentziolus, Domnitziolus überliefert sind (s. PLRE III 413–414 Nr. 1–2. 417 Nr. 1–2). Das führt zu einem Namen Domnentiolus, der zu der grossen Namensippe von dom(i)nus gehört und mittels des zweifachen Suffixes -entius und -iolus von der Sippe dom(i)nus gebildet ist. Der Gebrauch des Suffixes -antius - entius erweiterte sich auch ausserhalb der Präsenspartizipien oder anderer Bildungen auf -ans -ens. Von der Kombination dieser beiden Suffixe gibt es mehrere Beispiele wie Constantiolus Vincentiolus Viventiolus, und mir ist ein Fall bekannt, der ebenfalls kein Partizip voraussetzt, nämlich Maxentiolus, der auch aus dem Osten stammt (Procop. bell. Goth. 2, 8, ein Beamter im Jahre 537 n. Chr.). Dossenus: Kajanto 226 kennt zwei Belege, den spätrepublikanischen Münzmeister und CIL V 2256; hier ist aber eher Dossennus zu lesen, vgl. Pais 1235. Beide Formen sind also als Cognomina beglaubigt. Ferner Fabius Dossennus, Quelle des Plinius für Buch 14 und 15. Die sprachliche Herkunft des Namens ist nicht sicher (vgl. Schulze ZGLE 283; ungenau W.- H. I 373); seine Geschichte beginnt nunmehr in vorrömischer Zeit, nachdem eine in die Jahre 410–350 v. Chr. zu datierende Münze aus Poseidonia- Paestum diesen Namen bezeugt: LGPN IIIA 134 Δόσσεννο(ς). Etenianus(?): CIL XIII 3323 (Remi). Die Lesung dürfte feststehen. In OPEL I 47 wird dafür ohne Not Aeternianus (sonst nicht belegt) konjiziert. Zugrunde könnte ein sonst nicht bekannter Gentilname Etenius liegen; vgl. ähnliche Namen Rep. 75.

9 W. Schmidt, RE IV 2306 Nr. 2 fragt sich unnötigerweise, ob nicht eher Decirianus zu verstehen sei. 10 "Das Gentilicium Decrianus, das hier als Eigenname gebraucht wird", als sei ein Gentilicium kein Eigenname. Analecta epigraphica 197

Fabaria: ILAlg. II 870. Kajanto 335 kennt nur den Männernamen Fabarius (vier Belege). Φαβατίων: SEG XXIII 666 (Soloi auf Kypros, 2./3. Jh.). Ableitung von Fabatus, das als Cognomen einigermassen Verwendung fand. Fabricianus: Kajanto 146 mit einem Beleg. Dazu IAM II 307, 2 (ein Fabius); IG X 2, 2, 72; I. Beroia 11. Fadus: Kajanto 178 mit drei Belegen. Ein interessanter Fall kommt aus Prusias ad Hypium: in I. Prusias ad Hypium 22 und 54 führen Vater und Sohn den Namen Φάδος, die Mutter heisst Φαδιλλιανή und die Tochter und die Enkelin Φάδιλλα.11 Zu notieren ist hier, dass Mann und Frau Φάδος und Φαδιλλιανή heissen; die zu dieser Sippe gehörenden Namen waren also bei mehreren lokalen Familien gebräuchlich. Wie die Sippe nach Prusias kam, ist eine andere Sache, was aber diesen Fall interessant macht, ist, dass hier die Ableitungen Fadilla und Fadilliana auf Fadus bezogen worden sind, so dass sie in der Tat eher als Ableitungen von Fadus zu betrachten sind, während Kajanto 178 Fadus zu einem etwas obskuren alten stellt und 168 Fadilla Fadiliana aus dem Gentilnamen Fadius ableitet, wenn es sich denn bei unserem Fadus nicht um eine nachträgliche Rückbildung handelt (eine ältere Verwandte kann etwa Fadilla geheissen haben). – Fadilla noch NSc 1927, 303 (Rom). RPAA 33 (1960–1961) 214 (Rom, christl.); MAMA IX P 71 (Aizanitis, 3. Jh. n. Chr.). Φαλερῖνος: IG XII 6, 1, 420 (Samos, 154–161 n. Chr.). Ist ent- weder eine Erweiterung von Falernus, auch als Cognomen einigermassen verbreitet, oder Ableitung aus dem Gentilnamen Falerius, ganz wie Falerianus. Fannianus: Kajanto 146 mit drei Belegen. Dazu Μ. Ὄψιος Νάουιος Φαννιανός IG XIV 719. 795 = IGrNapoli 6. 133 (1. Jh. n. Chr.). Φατάλιος: I. chrét. Macédoine 64 = I. Beroia 441 (492 n. Chr.) μ(εγαλο)π(ρεπεστάτου) κόμ(ητος) Φαταλίου. Kajanto 214 kennt nur den Frauennamen Fatalia (mit einem Beleg). Φαυστάς: G. E. Bean – T. B. Mitford, Journeys in Rough 1964–1968 (DAW 102 = Ergänzungsbd. zu TAM 3), Wien 1970, 266 Φαυστᾶτι τῇ μητρί. Als Nominativ kann Φαυστάς (nicht Φαυστᾶς mit den Editoren) festgelegt werden, denn das griechische Suffix -άς wurde

11 Zu den Verwandschaftsverhältnissen vgl. W. Ameling, ad I. Prusias ad Hypium 22. Aber seine Behauptung, "im Kaiserhaus der Antonine wurde er (d. h. diese Namen) des öfteren gebraucht", bleibt unverständlich. 198 Heikki Solin einigermassen in rein lateinischen Cognomina verwendet. In Rom werden die mit diesem Suffix versehenen Namen mit -ad- flektiert; die -t-Flexion wird für Frauennamen der ersten Deklination verwendet. Aber im griechischen Osten, besonders in Kleinasien tritt -τ- oft an die Stelle von -δ-. Φαυστώ (?): SEG XXXI 1353 aus RDAC 1981, 195 (Amathus, um 100 n. Chr.) Δημήτριος Φαυ<σ>τοῦς. Die Lesung bleibt etwas unsicher, aber mit der gebotenen Vorsicht kann man den Namen dem lateinischen Cognominarepertoire wohl hinzufügen. Zur Bildung vgl. unten Μαρκώ. – Dagegen ist aus den Namenlexika auszuscheiden die vermeintliche Bildung Φαυστοῦς, in dieser Form im LGPN I 456 verbucht, doch vertritt sie einen falschen Namen, denn die Namenquelle ist nichts anderes als eine Dublette der hier oben zitierten Inschrift.12 Felica (m.): Kajanto 273 mit drei Belegen. Dazu kommt ein Beleg min richtiger griechischer Schrift und Endung: Φηλικᾶς ArchDelt 26 (1971) Chron. 335 (Nicopolis, kaiserz.). Felico: Arctos 32 (1998) 240 aus AE 1991, 1667 (nahe Thugga). Jetzt kann aus Africa ein weiterer Beleg hinzugefügt werden: AE 1996, 1744 Cornelius Fel[i]co (nach dem Photo zu schliessen, scheint die Lesung sicher zu sein). Ferner IG V 2, 54, 23 aus Tegea (2. Jh. n. Chr.). Flamma: Kajanto 341. Sodann ist der Name belegt auf Delos (ID 1631, ein Audius, wohl Italiker), auf Kos (s. LGPN I 475, 1. Jh. n. Chr.), in Cyrenaica (zweimal, s. LGPN I 475, 1.–2. Jh.), in Ephesos (I. Ephesos 1546, ein Gerellanus). Φλαμμεάτης: I. Beroia 388 (2./3. Jh.) Φλαμμεάτης ὁ τὸ πρὶν Ζώσιμος, Gladiator. Die Bildung des Namens bleibt obskur. Doch sei mir folgende hypothetische Erklärung gestattet. Als Ausgangspunkt könnte das Wort flamm(e)arius dienen, das infector flammei coloris bedeutet (Paul. Fest. p. 89).13 In griechischer Umgebung könnte eine Suffixvertauschung stattgefunden haben,14 und -arius wäre dann durch - άτης ersetzt worden.

12 LGPN I 456 schöpft aus RDAC 1983 (muss sein 1982), p. 261 n. 18, aber die Inschrift, auf welche hingewiesen wird, muss die aus Amathus sein. Die Art und Weise, wie die Herausgeber mit tralazistischem Gut arbeiten, ist also verhängnisvoll geworden. 13 Zu den zwei Wörtern, die im Grunde dasselbe bedeuten, vgl. Bacherler, ThlL VI 870, 44–56. Georges übersetzt flammearius (aus Plaut. Aul. 510, wo aber eher an der hsl Tradition flammarius festzuhalten ist) "Verfertiger von Brautschleiern", wofür der Kontext nicht spricht. Besser an diesem Punkt OLD. 14 Ähnliches kommt in griechischen Urkunden vor: κιpκουλᾶς PSAAthen. 34, 7 (3./4. Jh.) aus circulator, κολληγιᾶς ebda. 67, 9 (3./4. Jh., überliefert τοὺς κολληγιᾶτες) aus Analecta epigraphica 199

Das so entstandene Wort hätte die Funktion des Eigennamens einge- nommen, was in diesem Fall um so leichter gewesen wäre, als es sich um den Zunamen eines Gladiators handelt, welcher ihn erhalten hätte, weil er seine Gegner 'blutrot' machte. Fontanus: Kajanto 308 mit fünf Belegen. Dazu C. Vindilicius C. f. Pub. Fontanus ex equite Devijver, PME V 114bis.15 Fonteianus: Kajanto 146 mit einem Beleg (aus Rom). Jetzt hat sich die Zahl vervierfacht: AE 1996, 334 (Interamna Lirenas); AE 1919, 81 (Ratiaria); IGrNapoli 235 (3./4. Jh.); I. Klaudiu polis 61 Φοντειανός. Formilla. Dieser Name liegt höchstwahrscheinlich in der Inschrift FORMELLA auf einem Goldring, anulus aureus vor (die Inschrift wird in dem letzten von Heinrich Dressel hinterlassenen, von M. G. Schmidt zu bearbeitenden den Ringen und Gemmen gewidmeten Faszikel des CIL XV enthalten sein). Wenn hier Formilla zu verstehen ist, wird man die neue Bildung am besten neben Formianus -a (Kajanto 181, dazu AE 1993, 759a) zum Städtenamen Formiae stellen, ungefähr so, wie sich Carnuntilla (Kajanto 205) zu Carnuntinus oder Hirpil(l)a (Kajanto 188; die Deutung des Namens ist nicht über alle Zweifel erhaben) zu Hirpinus verhält; Kajanto stellt freilich Hirpil(l)a zu Hirpi, zum Namen einer Gilde unter den Faliskern; doch angesichts der hier angeführten analogen Fälle ist es vorzu- ziehen, Hirpil(l)a zu dem viel besser beglaubigten Hirpinernamen zu ziehen, dies um so mehr als Hirpinus auch als Cognomen auftritt (Kajanto 185). Auch Veientilla (Kajanto 189) kann zu Veientanus gestellt werden, obschon es auch direkt auf das Ethnikon Veiens bezogen werden konnte. (An griechische Namen wie Φόρμος und Sippe [Bechtel HPN 600] ist hier kaum zu denken, denn sie treten in der römischen Namengebung höchst selten auf.) Die Schreibung -ella für -illa ist verbreitet in der Kaiserzeit, besonders in der Zeit des ausgehenden Altertums; zum Beispiel Petronella, zum ersten Mal bei Greg. M. epist. 4, 6 belegt, wird in nachantiker Zeit ein üblicher Name gerade in dieser Form. Formosa: Kajanto 231 mit einem Beleg (Formonsa). Dazu IG XII 2, 434 (kaiserz.) Φορμῶσα (überliefert ΦΟΡΜΟΣΑ). Φορνικᾶς: I. Ephesos 3715 Αὐρ(ηλίῳ) Κοΐντῳ Φορνεικᾷ. Die Lesung des Namens dürfte feststehen. Die Bildung ist nicht ganz durch-

collegiatus. 15 Devijver (im Supplement) plädiert für Herkunft aus Verona, aufgrund der Tribus, was gut stimmen kann. 200 Heikki Solin sichtig, könnte aber zu fornix fornicatus gestellt werden. Aber aus dieser Sippe sind keine Eigennamen gebildet worden (ob CIL II 5227 Furnus hierher gehört, stehe dahin); notiere auch die peiorative Bedeutung, die vielen aus fornix gebildeten Wörtern innewohnt. Andererseits sind in der lateinischen Namenbildung Cognomina nicht unbekannt, die mittels verschiedener Suffixe aus Bezeichnungen von Gebäuden oder kleineren Gegenständen abgeleitet sind: etwa Naucellio zu naucella, Scammatius zu scamma, Turrio zu turris. Unter Verwendung des üblichen griechischen Suffixes -ᾶς wurden besonders im griechischen Osten nach Belieben neue lateinische Namen gebildet, und eine Bildung Fornicas wäre, wenngleich recht kühn, so doch nicht ganz auszuschliessen bei einem mit dem römischen Bürgerrecht bedachten Ephesier. Fortinus: Kajanto 257 mit einem Beleg. Dazu CIL III 10903 = RIU 318 vgl. AE 1996, 1239. Fortunalis: Kajanto 273 mit drei Männernamen- und zwei Frauennamenbelegen, Dazu CIL II2 14, 757a. AE 1997, 780 (Emerita). Der von Kajanto aus Marini, Vat. 9072 p. 489 Nr. 2 (auch 9076 f. 278 sched. Nr. 316) zitierte Beleg jetzt ICUR 18423. Fortunatio: Rep. 334. Arctos 32 (1998) 241. Dazu JournGlass Stud 2 (1960) 74 (Acrillae in Sizilien, 3./4. Jh.). Frugiana: Ἰουλία Φρουγιαvὴ Ἀλεξάνδρα SEG XXXIV 633 = AE 1998, 1212 (Dium). Bisher war nur der Männername Frugianus bekannt, von dem Kajanto 253 einen Beleg anführt. Dazu noch Λούκιος Κλαύδιος Φρουγιανός I. Ephesos 461. 1128–1129a, Gymnasiarch in Ephesos Ende des 1. Jh. n. Chr.; Π. Δουκήνιος Φρουγιανός Alt. Hierapolis (1898) 923 Nr. 166; Φρουγιανός MAMA IX 541 (Aezanitis). Φρούγιλος: AE 1998, 1323 (Maionia in Lydien). Bisher war nur der Frauenname Frugilla bekannt. Gabinilla: Kajanto 169 = 182 mit einem Beleg aus Africa. Dazu AE 1995, 1740 (Theveste). Γαιᾶς: BGU 71, 2 (189 n. Chr.). Tax Rolls 223, 1306. 224, 631 (2. Jh. n. Chr.). Gaio: Britannia 27 (1996) 451 Nr. 27 = AE 1996, 951, Amphoren- graffito Gaionis [---]; OGIS 196 = I. Philae I 63 (32 v. Chr.) Γάιος Ἰούλιος Πάπειος ... ὑπὲρ Γαΐωνος τοῦ ... υἱοῦ; P. Mich. 191, 1 (1. Hälfte des 2. Jh. n. Chr.) Γαΐων. Diese Belege scheinen auf einen sonst nicht belegten Namen Gaio hinzuweisen, der jedoch eine regelrechte Bildung darstellt, vgl. Analecta epigraphica 201 etwa Marcio zu . In dem ersten Fall könnte epichorisches Namengut vorliegen, woher auch immer der Namensträger stammt. Dasselbe trifft für die zwei uns bekannten Belege von Caio zu (CIL III 10795. 11592). Vgl. M. W. C. Hassall – R. S. O. Tomlin, Britannia cit. 451 Anm. 47. Galeo: Kajanto 342. Dazu Suppl. It. 18 (2000) Suasa 1. Gallicianus: Kajanto 195 mit einem Beleg. Dazu Γ. Κλώδιος Ἀρτεμίδωρος Γαλλικιανός I. Kyzikos I 265. Γαλλιττιανός: Rep.2 499. Dazu CIG 4153 = Chr. Marek, Stadt, Ära und Territorium in Pontus-Bithynia und Nord-Galatia (Istanb. Forsch. 39), Tübingen 1993, 139 Nr. 12 (). Gargonillus. Bisher war nur der Frauenname Gargonilla (Γαργώ- νιλλα) bezeugt (Rep. 337, Senatorenfrau aus Ephesos). Der entsprechende Männername könnte in einem ebenfalls aus Ephesos kommenden Beleg vorliegen: Γαργόνιλος I. Ephesos 1285, 5 (christlich). Gavilla: Kajanto 169 mit einem Beleg. Dazu I. Anazarbos I 571 Γάουιλλα. Γεμινίων: Rep.2 499. Dazu Chr. Marek, Stadt, Ära und Territorium in Pontus-Bithynia und Nord-Galatia (Istanb. Forsch. 39), Tübingen 1993, 141 Nr. 17 (Pompeiopolis). Gillo. Ein altes Cognomen der Fulvier, noch in der Kaiserzeit in Gebrauch (Kajanto 344 verzeichnet drei Senatoren, zwei davon aus der Kaiserzeit). Es ist aber auch beim gemeinen Volk belegt: CIL VI 10358; II 3437; I. Ephesos 617a (römischer Bürger mit dem Gentilnamen [---]υιλώ- νιος). Der letztere könnte sein aussergewöhnliches Cognomen den zwei Fulvii Gillones verdanken, die Statthalter der Provinz Asia waren. Freilich meint der Editor, es handele sich bei [---]υιλώνιος um ein bisher unbekanntes Gentilicium des einen der zwei bekannten Statthalter der Provinz Asia. Das bleibt recht unsicher, auch weil wir nicht wissen, wie viel vom Namen in der fragmentarischen Inschrift fehlt. (Man könnte übrigens auch an einen Sohn eines der Statthalter denken, denn die Söhne von Provinzialbeamten waren in Asien oft polyonym.16) – Den Gentilnamen ergänzt der Herausgeber zu [Ἀκ]υιλώνιος, doch ist Aquilonius ein äusserst seltener Name [und sicher unpassend für einen Senator], nur einmal bei einem Patavinier belegt (Rep. 20), so dass vielmehr an den einigermassen verbreiteten Gentilnamen Vilonius zu denken ist. Γναίς: I. Kyzikos I 275 = II 83. Das griechische Frauennamensuffix

16 Freundlicher Hinweis von Olli Salomies. 202 Heikki Solin

-is wird nicht selten lateinischen Namen angehängt, so etwa Firmis, Lucianis, Montanis, Pisonis. Gnais statt dem zu erwartenden Gnaeis ist leicht verständlich. Griechisch kann der Name nicht sein, und ein kleinasiatisches Etymon steht auch nicht zu Gebote. Granilla: Kajanto 169 mit zwei Belegen. Dazu Γράνιλλα I. Klaudiu polis 9 mit einer abenteuerlichen Bemerkung des Herausgebers zur Bildung des Namens (er meint, Γρανίλλα (sic!) sei Deminutiv zu granus, der Zopf, "Zöpfchen"!). Gratilliana: Kajanto 282 kennt nur Gratillianus (ein Beleg). Dazu I. Andalucia I 68 Gratillia[na]; IGRR IV 631 (Alia in Phrygien) Μᾶρ. Οὔλπιος Γρατιλλιανός. Gratissima(?): Γρατισήμης (Gen.) I. chrét. Macédoine 60 = I. Beroia 447 (5./6. Jh.). Vgl. Gratissimus Rep. 340 (praepositus sacri cubiculi im Osten). Grattianus: Kajanto 147 mit drei Belegen. Dazu RIT 205; AE 1995, 902 = 1996, 906 (Hisp. cit.) C. Grattius Grattianus IIvir. Hibernalis: Kajanto 218 mit drei Belegen, alle aus gallischen und germanischen Provinzen. Dazu AE 1996, 1158 (Osterburken, ein beneficiarius consularis). Homobonus. Den von mir in Vir bonus dicendi peritus. Festschrift für A. Weische, Wiesbaden 1997, 389–398 gesammelten Belegen kommt noch hinzu AE 1996, 1792 (Africa, etwa 3. Jh. n. Chr.) Concordius Homobonus. Es ist freilich nicht völlig sicher, dass Homobonus hier ein Cognomen ist, denn Concordius kann auch Cognomen sein, wobei homo bonus zu ver- stehen sei – und dieses Wortpaar war üblich in heidnischen Grab- inschriften.17 Die Entscheidung fällt schwer. Für das Epitheton spricht, dass Concordius als Cognomen üblicher ist denn als Gentilname, für Homobonus das Fehlen eines Trennpunktes zwischen HOMO und BONVS, während der Steinmetz sich sonst der Punkte als Worttrenner bedient, sowie die Tatsache, dass homo bonus pius als Pleonasmus nicht sehr stilvoll anmutet. Hortensis: Kajanto mit drei Belegen. Dazu gesellt sich vielleicht Ὁρτῆσιν (Akk.) I. Lykaonien I 377 (so nach der Auslegung der Editorin, die aber Ορτήσιν akzentuiert). Sein Bruder ist ein Valerius, so dass, wenn jener auch ein Valerius sein sollte, Hortensis an Wahrscheinlichkeit gewinnen würde. Die früheren Editoren haben hier den Gentilnamen Hortensius erkennen wollen, was nicht ganz ausgeschlossen werden kann; in dem Fall

17 H. S., in Vir bonus 394. Analecta epigraphica 203 hätten wir die abgekürzte Flexionsform ohne ο. Insulanus: Kajanto 308 mit einem Beleg. Dazu AE 1965, 326 (, trajanisch) Κόιντος Μάρκιος Εἰσουλανὸς Κρὴς Γορτύνιος, aus der lokalen Aristokratie. Vom Frauennamen Insulana verzeichnet Kajanto ebenfalls einen Beleg; dazu JHS 9 (1888) 259 = BSA 42 (1947) 225 vgl. G. E. Bean – T. B. Mitford, Journeys in Rough Cilicia in 1962 and 1963 (DAW 85); Wien 1965, 41, 64 (Paphos auf Kypros, 1. Jh. n. Chr.) Λικιννία Ἰσουλᾶνα. Ἰοβιννιανός: I. Prusias ad Hypium (IK 27) 125 (christl.). Geminierte Variation von Iovinianus Kajanto 212, der sieben christliche Belege kennt. Iudex: Arctos 32 (1998) 242 (ein Duovir von Utica). Jetzt kann ich einen weiteren Beleg anführen: Suppl. It. 18 (2000) Reate 25 (etwa 2. Jh. n. Chr., kaiserlicher Sklave).18 Ἰουλιάδης: Σέξτος Ἀτρίλιος (zum Gentilnamen s. Salomies, oben 152) Ἰουλιάδης Νάρκισ(σ)ος Milet VI 514 (1./2. Jh.); ferner IG XII 5, 667 (Syros, 251 n. Chr.). 755 (Andros, 1. Jh. n. Chr.). [Zweifelhaft I. , 274, 13; s. unten 230.] Zur Bildung vgl. Planciades bei einem vir clarissimus, Schriftsteller aus dem 6. Jh. (PLRE II 488 s.v. Fulgentius 3). Anders steht Scipiades mit der Bedeutung 'einer aus der Familie der Scipionen', öfters in der römischen Literatur belegt. Ἰουλιάς: H. Malay, Greek and Latin Inscriptions in the Museum (DAW 237 = Ergänzungsb. zu TAM 19), Wien 1994, 325 (unbek. Herkunft, 2./3. Jh.) Ἰουλιάδι. Iulio: Kajanto 164 mit einem Beleg. Dazu Wessel IGCVO 760 (Syracusae) Ἰουλίων. Ἰούλι[σ]σα: I. Anazarbos I 115. Zur Bildung vgl. Scribonissa aus Scribonius (auch sonst wird -issa rein lateinischen Namen angehängt). Iulitta: Kajanto 171. Dazu BCH 115 (1991) 322 (Argos); IG V 2, 463f. (Megalopolis); I. Anazarbos I 311. Iulla: Rep. 346. Dazu AE 1996, 1033 (Narbo); I. Anazarbos passim und sonst im griechischen Osten. Iullinus: Rep.2 500 und öfters in den gallischen Provinzen. Vgl.

18 Die Inschrift kann aber eher stadtrömisch sein: M. Buonocore, "Il capitolo delle Inscriptiones falsae vel alienae nel CIL. Problemi generali e particolari: l'esempio della regio IV Augustea", in Varia epigraphica. Atti del colloquio internazionale di epigrafia, Bertinoro 8–10 giugno 2000, a cura di G. Angeli Bertinelli e A. Donati, Faenza 2001, 85. 204 Heikki Solin

Iullina Rep. 346. Iunonia: Kajanto 212 mit zwei Belegen aus Africa (Iunonius: Rep. 347). Jetzt kommt ein weiterer Beleg aus Africa: AE 1996, 1737a. Iuvatus. Ich habe in Arctos 32, 1998, 242 darauf hingewiesen, dass die Existenz dieses Namens fraglich sei. Doch sei es gestattet festzustellen, dass es neben dem umstrittenen Beleg bei Mart. 12, 24, 4 einen anderen einwandfreieren gibt: CIL VI 5747 C. Iulius divi Aug. l. Felix I(u)vatianus, wo aus dem Agnomen des Freigelassenen auf einen Vorbesitzer namens Iuvatus geschlossen werden kann (zu diesem Fall vgl. H. S., "Appunti sulla presenza di Africani a Roma", in L'Africa romana 14, 2002 (im Druck). Iuvenca: I. Philippi 279. Kajanto 300 kennt nur den Männernamen Iuvencus mit wenigen Ableitungen. Iuventiana. Kajanto 148 kennt nur den Männernamen Iuventianus, aber auch der Frauenname lässt sich nunmehr belegen: Ἰουουεντιανή I. Ephesos 2204. – Weitere Belege für den auch nicht sonderlich üblichen Männernamen: der Priester P. Licinius Priscus Iuventianus aus Korinth (PIR2 L 232, 2. Jh. n. Chr.), dessen Agnomen in griechischen Inschriften entweder Ἰουουεντιανός oder Ἰουβεντιανός wiedergegeben wird;19 I. Prusias ad Hypium 8. 51; I. Carie II 60 Π. Αἴλιος Ἰουβεντιανός (zweimal, Vater und Sohn; es kann sein, dass der Vater, der das Bürgerrecht unter Hadrian erhalten hatte und so ein P. Aelius war, sein Cognomen dem Proconsul von Asia 129/130 P. Iuventius Celsus verdankt). Lauricius. Den von Kajanto 334 verzeichneten Belegen ist hinzuzu- fügen PLRE I 497 Bassidius L., comes et praeses Isauriae in 359; P. Tjäder 1 (445/6 n. Chr.); I. chrét. Macédoine 252 = I. Philippi 112 (ca. 4. Jh.). Libellus: Kajanto 344 mit einem Beleg. Dazu Milet VI 903 Νίκη Αὐ(ρηλίου?) Λιβέλλου. Liburnianus: s. im folgenden unter Liburnus. Liburnus: Kajanto 185 mit einem Beleg. Dazu IGUR 742 (Λίβυρνος); ILJug 825; ICret I S. 216 Nr. 122 (Lyttos, Λίβυρν[ο]ς Σωτάδα, 2. Jh. v. Chr. [also kein echter lateinischer Name]). Die Zahl der Belege hat sich seit Kajanto also verdreifacht. Ferner soll in AE 1967, 511 (Antiochia Pisidiae) dieser Name vorliegen; die Inschrift ist aber fragmentarisch, und es ist vorzuziehen, dort etwa Liburni[ano] zu lesen. Stimmt dies, so hätten wir

19 Zu ihm vgl. D. Geagan, The Isthmian dossier of P. Licinius Priscus Juventianus, Hesperia 58 (1989) 349–360. Die Nachweise von ihm werden in LGPN III A 220 unkritisch geboten. Analecta epigraphica 205 hier einen neuen Namen, eine der unzähligen neuen Bildungen auf -ianus, die nur im Griechischen vorkommen. Litoria: ICUR 25326; AE 1973, 339 (Lugdunum, christl.). Kajanto 308 kennt nur den Männernamen Litorius. Lolliana: Kajanto 149 mit drei Belegen für den Frauennamen (als Männername üblich). Dazu Λολλιανά Strazzulla, Museum epigraphicum (1897) 413 (Syracusae, christl.). Λογγιδιανός: Chr. Marek, Stadt, Ära und Territorium in Pontus- Bithynia und Nord-Galatia (Istanb. Forsch. 39), Tübingen 1993, 163 Nr. 18 (Amastris) Λονγιδιανὸς Ῥούφου ἐφηβαρχήσας. Λόγγιλλα: I. Pisid. Cen. (IK 57) 38 (Kremna, 3. Jh. n. Chr.) Οὐλ. Ῥοτ. Λόγγιλλα (ein naher Verwandter heisst Λογγιλλιανός); MAMA VIII 129 = I. Lykaonien I 303 [Αὐρ.] Λόνγιλλα. Longinia: CIL II 2534 (aus Muratori!) Longinia Longini filia; I. Lykaonien I 372 Ἰουλία Λονγινία. Es besteht kein Grund, in dem letzteren Fall den Gentilnamen Longinius in der Funktion eines Cognomens zu erblicken (auch ihr Bruder ist ein Iulius), zumal die Inschrift recht spät zu sein scheint, was den Gebrauch des Suffixes -ius -ia verständlicher macht. Der Erstherausgeber W. M. Ramsay datierte den Text ins späte 4. Jh.; die neue Editorin Laminger-Pascher bestreitet dies und setzt die Inschrift ins 1. Jh., und zwar wegen des Gebrauchs des im Namen des Bruders, doch das ist kein triftiger Grund für eine so frühe Datierung (warum es sich übrigens um Veteranenkinder handeln soll, wie L.-P. geltend macht, versteht man nicht). Lucas: Rep. 353. Dazu Λουκᾶς IG V 2, 55 (zweimal, 2. Jh. n. Chr.); IGB 667 (Nicopolis ad Istrum) Λουκᾶς Ζήνωνος Νεικαιεὺς καὶ Νεικοπολείτης; SEG XXVII 1156b (Apollonia in Cyrenaica, 1. Jh. n. Chr.?). Christliche Belege werden nicht aufgezählt. Lucensia: AE 1996, 1341 (Montana in Moesia inf.). Kajanto 189 kennt nur einen späten Beleg von Lucensius. Lucerianus: AE 1905, 110 = 1997, 1743 (Caesarea Mauretaniae) Sex. Cornelio Lucaeriano municipium Hadrianum Drobetense ex Dacia. Die Herkunft des Namensträgers bleibt vorerst offen. Der neue Name steht neben Lucerinus (Kajanto 193) und stellt eine direkt auf das Toponym bezogene Suffixbildung dar, wie etwa Faventianus (Rep. 330) neben Faven- tinus (die aus diesem gebildete Suffixerweiterung heisst Faventinianus: Kajanto 196) aus dem Stadtnamen Faventia gebildet ist; auf ähnliche Weise 206 Heikki Solin

Laurentianus aus Laurens neben Laurentinus (Kajanto 182). Ferner Setianus neben Setinus (aus Setia) (Kajanto 155 zufolge ist Setianus eine Ableitung aus dem Gentilnamen Setius, was auch eine richtige Erklärung sein kann) oder Amerianus (Rep. 292) neben Amerinus (aus Ameria) oder noch Canu- sianus (Kajanto 143) neben Canusinus (aus Canusium) und Venusianus neben Venusinus (aus Venusia), wenn nicht zu den Gentilnamen Amerius, Canusius und Venusius.20 Vgl. ferner Aventianus (von Kajanto 357 kaum richtig auf ein spätes Gebilde Aventius bezogen) neben Aventinus; hier liegt eine Art Kürzung statt *Aventinianus vor. Lucernio. Den von Kajanto 343 verzeichneten zwei heidnischen und vier christlichen Belegen sind eine Wandinschrift aus Rom, herausgegeben von P. Castrén, Mem.Pont.Acc.Arch. XI 1 (1972) 77 Nr. 17 und AE 1998, 946 (Lugdunensis) hinzuzufügen. Lucilliana: Kajanto 149 = 173. Dazu Λουκιλλιανή IG XII 2, 443 (Mytilene, kaiserz.). Lunie(n)sis: CIL XIV 1608 M. Aemilius P. f. Luniesis. Nebenform von Lunensis; Formen auf Luni- sind mir aus dem Toponym oder Ethnikon nicht bekannt. Λουπαρίων: SEG XXIX 477 + XXXVIII 551 (Illyrien, kaiserz.). Zu Luparius Kajanto 323 aus CIL XI 752. Lurianus: Kajanto 149. Dazu ILJug 634 (Dalmatia); Le Bas – Waddington III 356 = I. Mylasa 371 (aus Lampsakos). Magnentia: HAE 1673 (christl.). Kajanto 275 kennt nur den Männer- namen Magnentius aus Amm. Marc. 14, 5, 6 (es handelt sich um den Usurpator, der öfters bei Ammian und sonst erwähnt wird). Μαγνιανή: I. 15. 16 aus der vornehmen lokalen Familie der Plancii Magniani. Bisher war nur der Männername Magnianus (in derselben Familie beim Vater und Bruder unserer Magniana belegt) bekannt: Kajanto 149.21 Malacitanus: CIL XIV 4778 (Ostia) M. Aemilius M. f. M. Geogra-

20 So Kajanto 143 von Canusius, 158 von Venusianus. Unsicher bleibt die Gleichung Pl[ace]ntianus(?) in ICUR 24375 : Placentinus Kajanto 197. 21 Kajanto betrachtet den Namen als Ableitung aus dem Gentilicium Magnius, ob mit Recht steht dahin. Etwa im griechischen Osten, wo das Cognomen Magnus in der fort- geschrittenen Kaiserzeit nicht selten auftritt, wurde Magnianus eher mit ihm assoziiert. Vgl. etwa die senatorischen Planciae Magnae aus Perge (PIR2 P 444 und 445, die letztere durch Adoption pergeisch und so Magna geworden). Analecta epigraphica 207 phisches Cognomen. Abgesehen von dem beliebten Hispanus, sind die auf Hispanien hinweisenden geographischen Cognomina nicht sonderlich üblich, weder in Hispanien noch in Italien. Mamercus (Kajanto 176) und Mamertinus (Kajanto 212) vertreten altes oskisches Namengut und sind in Sizilien seit dem 7./6. Jh. belegt; s. LGPN IIIA, 287. Ähnlich bei Dossennus oben. Marcelio: ILJug 2962 (Dalmatia). Nebenform von Marcellio. Vgl. z. B. Marcelus CIL VI 2447. 12739. Marcela 28229 (Vater Marcellinus). Marcelinus 32520 VI, 44. Μαρκελλίων: Μαρ[κ]ελλίωνος (Gen.) IGRR IV 889 vgl. N. P. Milner, An Epigraphical Survey in the - Region conducted by A. S. Hall (Regional Epigraphic Catalogues of Asia Minor 3), London – Ankara 1998, 48 Nr. 114 (Kibyra, 205/206 n. Chr.). Mit diesem Beleg wird die Existenz von Marcellio sichergestellt. Kajanto 173 kennt davon nur einen fragmentarischen Beleg. Vgl. auch Marcelio oben. Μαρκώ (f.): Μαρκὼ Διονυσίου χρε IG XII 8, 530 vgl. Chr. Dunant – J. Pouilloux, Recherches sur l'histoire et les cultes de Thasos 2: De 196 avant J.-C. jusqu'à la fin de l'Antiquité (Etudes thasiennes 5), Paris 1958, 180 Nr. 347, wo die richtige Lesung festgelegt worden ist.22 Hier liegt der einzige ganz sichere Beleg dafür vor, dass das griechische Frauennamen- suffix -ώ einem lateinischen Namenstamm angehängt wird. Weniger sicher Φαυστώ (s. oben); über einige vermeintliche Fälle vgl. unten 230-231. Mariscus: Kajanto 334 mit zwei Belegen. Dazu I. Beroia 384 (2. Hälfte des 2. Jh. n. Chr.). 497 (2. Hälfte des 2. Jh.) Πόπλις ὁ καὶ Μαρίσκος Ἀρπεῖνος (aus Arpi in Apulien?)23 Gladiator; Paton – Hicks, I. Cos 138, auch ein Gladiator. Bei den Gladiatoren kann es sich um ein nomen artis handeln; diese Möglichkeit ist besonders bei dem ersteren in Erwägung zu ziehen, da es hier als ein Supernomen gebraucht ist. Μαριτῖνος (?): A. C. Headlam, Ecclesiastical Sites in , London 1893, 26 Nr. 11 [π]αρὰ Μαριτίνο[υ Ἰα]τρ[ο]κλέος (?). Ein Cognomen Maritinus ist sonst nirgends belegt, wäre aber eine mögliche Bildung. Doch kann man dem Verdacht nicht entgehen, hier sei der Name

22 Dagegen ist es nicht zulässig, den Vatersnamen Διονύσιος als Beweis für den Dionysoskult zu werten, wie die Autoren zu denken scheinen (freilich sind sie an diesem Punkt etwas obskur). 23 Die Einwohner von Arpi hiessen Arpani (Plin. nat. 3, 105) oder Arpini (Liv. 24, 47, 2. 34, 45, 3). 208 Heikki Solin

Maritimus verkannt worden. Maritus. Den wenigen bei Kajanto 305 registrierten Belegen hinzu- zufügen ist I. Ephesos 3019 L. Manlius L. f. Col. Maritus (sicher ein Cognomen). Marita: RIT 21. Marracinus: Paul. Nol. epist. 22, 1. Dieser Name gehört zu einer grossen aus dem Substantiv marra abgeleiteten Namensippe; hierzu siehe meine Bemerkungen in "Spigolature aquileiesi", in Atti del colloquio sui ceti medi in Cisalpina (Milano 2000), im Druck. Μασκελλίς: I. Beroia 172 (3. Jh. n. Chr.). Die Namensippe Mascellus (Kajanto 307. Rep. 359) hat mehrere Ableitungen, auch in griechischer Schrift, aufzuweisen; so bereitet es keinerlei Schwierigkeiten, eine neue Bildung in Beroia anzunehmen. Die Lesung und Deutung sollten in Ordnung sein. Matidianus: Kajanto 150 mit einem Beleg für den Männernamen (und einem für den Frauennamen). Dazu SEG XXXVIII 1493 () Αὐρ. Τυδιανὸς Κόνων ὁ καὶ Ματιδιανὸς Συεδρεύς. Matronilla: Kajanto 305 mit vier Belegen. Dazu I. Anazarbos I 606 Ματρώνιλλα. Der Beleg könnte an sich auch als griechisch gedeutet werden (Namen auf Ματρ- lassen sich unschwer auch in Kleinasien belegen: z. B. Ματρέας in Ephesos und Smyrna, oder Ματρόδωρος für einen Bürger von Iasos, freilich in einer rhodischen Inschrift). Maurentius -ia: Kajanto 206. Dazu ICUR 13587 (m.). 17086 (m. und f.); AE 1976, 241 = PCBE 2, 1433 Nr. 1 (Concordia, presbiter); Μαυρέντιος μ(εγαλο)π(ρεπέστατος) I. chrét. Macédoine 224 = I. Philippi 528 (5./6. Jh.). Maximula: Kajanto 276. Auszuscheiden aber *Μαξιμοῦλα SicGymn 14 (1961) 196 (Catina), vgl. A. Ferrua, Κώκαλος 28-29 (1982-83) 7f. n. 15. Medulla: Kajanto 340 mit einem Beleg. Der Name findet sich wahr- scheinlich noch bei Cic. dom. 81 (aus Anagnia), wo ich dieses Cognomen für das überlieferte Menulla habe festlegen wollen: Gnomon 64 (1992) 502. Memorialis: Kajanto 255. Dazu Suppl. It. 15 Ateste 604 (Freige- lassener). Mercurianus: Arctos 32 (1998) 244 aus AE 1991, 1236. Dazu noch Αὐρ. Εὐτύχ[ους] Μερκουριαν[οῦ π]ολείτου usw. IGRR III 154 = I. North Galatia 181 (145 n. Chr.). Mestrianus: Kajanto 150. Rep.2 501. Dazu IMS VI 38; IGBulg. 518. 587; ein interessanter Fall kommt aus Pelagonien: Μέστριος Μεστριανός IG X 2, 2, 254, interessant insofern, als das Cognomen des Mannes aus dem Gentilnamen seiner Familie gebildet wurde, dass aber gleichzeitig Μέστριος ein epichorischer Name war (wenigstens tritt er in Nordmakedonien als Individualname auf). Μινᾶτος: Kajanto 176 aus IG XIV 637. Weitere Belege in LGPN IIIA, 301f. Mitalianus: NSc 1953, 302 Nr. 69 (Ostia, 2. Jh. n. Chr.) ex concessione P. Aeli Mitaliani. Die Lesung bleibt etwas unsicher, aus der Wiedergabe der Inschrift in NSc zu schliessen, doch ist sie wohl plausibel (oder muss Vitalianus verstanden werden). Dem Namengeber hat wohl ein an sich nicht belegtes Gentilicium Mitalius vorgeschwebt, vgl. Mitilius, Mitulleius u. ä. Muciana: Kajanto 151. Neben dem verhältnismässig häufig auf- tretenden Mucianus verzeichnet Kajanto einen einzigen Frauennamenbeleg. Dazu ICUR 14495; I. (IK 19) 65 (Madytos; Vater Mucius). Mudianus -a. Dieses Cognomen fehlt bei Kajanto, es ist aber in Ephesos nachgewiesen: (Οὔλπιος) Μουδιανός und Οὐλπία Μουδιανή, ἱέρεια τῆς Ἀρτέμιδος, Vater und Tochter: I. Ephesos 989. Es scheint eine Ableitung aus dem Gentilnamen Mudius zu sein (eine griechische oder kleinasiatische Anknüpfung stehen nicht zu Gebote; wohlgemerkt sind aber alle anderen Cognomina in der Familie griechisch), der allein in Africa belegt ist (Rep. 122). Stammte ein Familienmitglied also aus Africa? Mummianus: Kajanto 151 mit zwei Belegen. Dazu P. Mummius Mummianus IIvir munic(ipii) Segoviensium, von G. Alföldy in der Inschrift des Aquäduktes von Segovia glänzend wiederhergestellt.24 Ferner Ὠρανὸς Μομμιανός I. North Galatia 22; Ποπλικιανὸς Μομμιανός IGRR III 412. 413 + 1493 (Olbasa); Αὐρή(λιος) Μομιανός ebda. 333 (Bischof, 4. Jh.). Es existiert in der kleinasiatischen Anthroponymie eine Lallnamensippe auf mom-, es ist aber besser, mit Zgusta die hier verzeichneten Belege davon fernzuhalten und als Derivative aus dem Gentilicium anzusehen.25 Das Lateinische kennt Mommius (Rep. 121), doch ist es aus vielen Gründen zu empfehlen, die galatischen Belege auf Mummius zurückzuführen. Μουνδίων: CIG 4366w (Pisidien); I. Kibyra-Olbasa (s. oben zu Μαρκελλίων) 114, und sonst im phrygisch-pisidischen Raum. Vgl. L.

24 G. Alföldy, Die Bauinschriften des Aquäduktes von Segovia und des Amphitheaters von Tarraco (Madr. Forsch. 19), Berlin 1997, 1ff. 25 L. Zgusta, Kleinasiatische Personennamen 329. 210 Heikki Solin

Zgusta, Kleinasiatische Personennamen 336, der den Namen richtig für lateinisch hält. Auch der Grundname Mundus (Kajanto 232) kommt in Kleinasien vor: IBM 924 (Branchidai). Neben anderen Ableitungen wie Mundinus und Mundilla (Rep. 365) eine weitere Bildung Mundio anzu- nehmen bereitet keinerlei Schwierigkeiten. Munitus. Zu den von Kajanto 280 verzeichneten zwei Belegen (einmal als Männername, einmal als Frauenname) kommen drei weitere hinzu: T. Statilius Maximus Severus L. Iuventius Munitus augur, Xvir stlitibus iudicandis, Aug., trib. pleb., praetor [---], ein aus der heliopolitanischen Inschrift IGLS 2795 bekannt gewordener Senator aus der ersten Hälfte des 2. Jh. n. Chr.; CIL II2 14, 9; AIJ 168 (Emona). Murredianus: Ineditum aus Ostia, vgl. A. Licordari, ArchClass 37 (1985) 345. Gebildet aus dem Gentilicium Murredius, das nur spärlich in Italien belegt ist. Musonianus: Kajanto 151 mit einem Beleg. Dazu Αὐρήλ(ιος) Μουσωνιανὸς Εὐκράτης I. Prusias ad Hypium 7 II 25. Das Auftauchen dieses Namens im Osten ist an sich keine Überraschung. Der Gentilname Musonius wird in Athen seit dem 2. Jh.n. Chr. des öfteren als Einzelname gebraucht (hier liegt vielleicht eine Erinnerung an den Philosophen C. Musonius Rufus vor, wobei auch eine eventuelle Assoziation mit dem Musennamen zu seiner Verwendung verhalf).26 Von Athen breitete er sich weiter nach Osten aus, so dass auch neue Belege von Derivaten durchaus zu erwarten sind. Mutatus: Kajanto 353. Rep.2 366. 591. Dazu Μουτᾶτος FD III 4, 82 (aus Argos, 2. Jh. n. Chr.). Natalia: AE 1966, 85 = 1978, 163 (Brundisium) Pinnia Natalia, Schwester eines Pinnius Natalis.27 Kajanto 290 kennt nur den Männer- namen Natalius aus einer karthagischen christlichen Inschrift, aber be- merkenswerterweise ist die brundisinische Natalia viel älter. Navus: Kajanto 259. Dazu AE 1991, 1538 Curio Navus, Legat von

26 Dazu H. S., "Latin Cognomina in the Greek East", in The Greek East in the Roman Context. Proceedings of a colloquium organized by the Finnish Institute at Athens, May 21 and 22, 1999, edited by O. Salomies (Papers and Monographs of the Finnish Institute at Athens 7), Helsinki 2001, 198f. 27 OPEL III 96 verzeichnet aus CIL XIII 2221 Natalia als Cognomen, es kann aber ebenso gut der Gentilname vorliegen; ausserdem bleibt der erste Buchstabe des Namens unsicher. Analecta epigraphica 211

Lycia-Pamphylia 138 n. Chr.; I. Catalogne I 25; I. conventus Pacensis 306. – Von Navina kennt Kajanto einen Beleg; dazu CIL II2 7, 60a. Νεμωνᾶς: SB 7591 (Ostrakon aus Elephantine, 100/101 n. Chr.) Νεμωνᾶς Πέτρος. Wie Νεμωνιανός, auch in Ägypten belegt, aus dem Gentilnamen Nemonius. Zur Bildung vgl. oben zu Καστρικᾶς. Nemonianus: Rep. 368. Dazu Νεμωνιανός I. Caesarea Maritima 158 (s. weiter unten). Νεπτούνιος: S. L. Agnello, RAC 36 (1960) 23 Nr. 8 (Syracusae, christl.) Νεπτούνειος. Kajanto 213 kennt nur den Frauennamen Neptunia (mit einem Beleg). Neronianus: Kajanto 176 mit vier Belegen. Aus gut verständlichen Gründen taucht Nero wie auch die Ableitung Neronianus (als reines Cognomen) sehr selten in der kaiserzeitlichen Anthroponymie ausserhalb des julisch-claudischen Hauses auf;28 die meisten der wenigen Belege kommen aus dem griechischen Teil der Mittelmeerwelt. Ich habe andernorts dieses Phänomen behandelt, mit Belegen für Nero aus dem griechischen Bereich.29 Von der Ableitung ein freilich etwas unsicherer Beleg aus Beroia: I. Beroia 144 [---] Νηρωνιανός. Trotz der Schreibweise mit eta statt epsilon dürfte Neronianus gemeint sein, denn andere Namen auf -nero(n) -neronianus sind nicht bekannt. Die Inschrift wird von Herausgebern ins 2./3. Jh. angesetzt, in eine Zeit, aus der auch die übrigen griechischen Belege stammen. Nerullinus: Kajanto 176 mit zwei Belegen. Dazu CIL III 7071 = I. Alexandreia Troas 22 [---] Neryllinus, ein Flamen Augustorum und Duovir quinquennalis. Nigrinianus: Kajanto 228. Dazu I. prov. Lugo 81; AE 1929, 168 (Asseria in Dalmatien). 1997, 1265 (Solva). Νοκερία: τόπος Νοκερίας Wessel IGCVO 874. Dies ist zweifellos die griechische Transliteration von Nuceria. Der Ethnikonname Nucerinus

28 Unkritisch ist die Zusammenstellung in OPEL III 99: von den dort angeführten Belegen sind auszuscheiden wenigstens CIL II 800 (verdächtig) und XIII 3097k (nicht einmal im Cognominaindex des CIL XIII unter Nero verzeichnet). Andererseits fehlen ILGN 40 = AE 1976, 380 = 1986, 483 Neroni civi Batavo. AE 1992, 1439 (Pannonia superior, 2. Jh. n. Chr.) Nero Sab[i]ni mil. coh. I Ael. sag. 29 "Ancient Onomastics: Perspectives and Problems", in Roman Onomastics in the Greek East. Social and Political Aspects. Proceedings of the International Colloquium on Roman Onomastics, Athens, 7–9 September 1993, edited by A. Rizakis (Μελετήματα 21), Athens 1996, 9. 212 Heikki Solin

(Kajanto 191) ist einigermassen belegt; daneben ist eine freiere Bildung Nucerius aus CIL VIII 13499 (christl.) bekannt, aber der Stadtname selbst war bisher nicht als Cognomen belegt; dazu stimmt, dass die Stadtnamen nur selten metonymisch als Cognomina verwendet wurden. Νομεντῖνος: Τ. Δομίτιος Νομεντεῖνος I. Klaudiu polis 132. Bisher war nur der Frauenname Nomentina (Kajanto 184 mit einem Beleg aus Africa) bekannt: Auch die morphologisch regelrechte Form Nomentanus ist selten (Kajanto 182 verzeichnet vier Belege, dazu CIL X 7490;30 HAE 2046). Nominatus: Kajanto 279. Dazu Chr. Marek, Stadt, Ära und Territo- rium in Pontus-Bithynia und Nord-Galatia (Istanb. Forsch. 39), Tübingen 1993, 149 Nr. 47 (Pompeiopolis) Κλαύδιος Νωμινᾶτος (der Editor scheint den Namen für epichorisch zu halten, daraus zu schliessen, dass er ihn nicht akzentuiert, doch handelt es sich um eine einwandfreie lateinische Namen- bildung). Norbulla: CIL IV 1973 Norbulla abi (die Lesung scheint sicher zu sein). Kajanto, Cognomina Pompeiana, Neuphilol. Mitt. 66 (1965) 459 vermutet hier einen keltischen Namen, verweist aber auf den Städtenamen Norba in (dass er den Namen doch letzten Endes dem Keltischen zuwies, geht daraus hervor, dass dieser in Latin Cognomina fehlt). Mir scheint die Ableitung aus dem Städtenamen viel wahrscheinlicher; ver- glichen werden könnten Bildungen wie Trebulla (Kajanto 171), die zum Ortsnamen Treba (vgl. auch Trebula) gestellt werden kann, gleichen Rechtes freilich auch zum Gentilnamen Trebius (so Kajanto mit Schulze, ZGLE 461, 4), oder Μάρσυλλα (SEG VI 420, Iconium, überl. Dat. Μαρσύλλῃ), womit Marsillus Marsianus Marsicus (Kajanto 185) zu ver- gleichen sind. Sachlich nahe kommt Narbulla aus dem Städtenamen Narbo (s. Arctos 32 (1998) 253f.), wenn es auch morphologisch anders steht. Ocellina: Dieses seltene, bei Kajanto 239 nur für eine Senatorenfrau belegte Cognomen lässt sich nunmehr auch aus dem griechischen Osten belegen: SEG XL 555 (Thessalonike, ca. 150–200 n. Chr.) Πετρωνία Ὀκελλείνη; SEG XXXVI 615 (ca. 200 n. Chr.) Κλαυδία Ὀκελ[λῖνα], ἱέρεια θεοῦ πατρίου Διονύσου καὶ ἀρχιέρεια τῆς Ἐδεσσαίων πόλεως. Ocriculanus: T. Furius Ocriculanus, Gesandter ex provinc(ia)

30 In CIL X 7490 liegt zweifellos Nomentanus vor (daran sei eigens erinnert, da Mommsen im Index irreführend Noment[a]nus abdruckt), denn überliefert ist NOMENTRNVS. Analecta epigraphica 213

Lusitania colonia Emerita: M. G. Granino Cecere, RPAA 59 (1996– 1997 [2000]) 239 (Tusculum, 1. Hälfte des 1. Jh. n. Chr.). Zu beachten ist das neue, auf Mittelitalien hinweisende Cognomen bei einem Hispanier. Diese Kategorie von Cognomina war beliebt in Hispanien; z. B. Tuscus ist dort verbreitet, bei der einfachen Bevölkerung stammt mehr als die Hälfte der Belege aus den hispanischen Provinzen. Oppidanus: Rep.2 372. 501. Dazu ein Ineditum aus Ostia: A. Licordari, ArchClass 37 (1985) 346. Kajanto 311 kennt nur den Frauen- namen Oppidana (mit drei Belegen). Optatilla: Kajanto 296 mit zwei Belegen für den Frauennamen (einmal männlich). Dazu I. Philippi 151. Πακατιανή: IG X 2, 2, 264 aus dem Ritterstand (auch der entsprechende Männername war in ihrer Familie in Gebrauch). Bisher war nur dieser Männername Pacatianus bekannt (Kajanto 261). Paetianus: Kajanto 239 mit einem Beleg. Dazu CIG 3421 = IGRR IV 1631 (, 2. Hälfte des 2. Jh.) Φλ. Αὐρ. Ἡφαιστίων Παιτιανός. Pagilla: AE 1998, 1202 (Dium) Herennia M. f. Pagilla. Es handelt sich wohl um einen lateinischen Namen; eine griechische Erklärung steht kaum zu Gebote (die von Bechtel HPN 355 erwähnten zu -πάγης gehörenden Bildungen Πάγων Παγώνδης helfen nicht weiter). Wie sich Urbilla (Kajanto 170) zu urbs Urbanus verhält, könnte Pagilla zu pagus (Kajanto 365) Paganus (Kajanto 311) gestellt werden. Freilich leitet Kajanto Urbilla aus dem Gentilnamen Urbius aus, der aber, wie auch Urvius (s. H. S., Analecta epigraphica 356) ein höchst selten auftretendes Gentilicium darstellt, so dass man Urbilla eher mit der überaus beliebten Namensippe Urbanus verbinden möchte. Palatinus. Der Grossteil der Belege kommt aus Rom. So sei auf einen interessanten Fall als Supernomen aus Hypaipa hingewiesen: Αὐρ(ήλιος) Ἀπολλώνιος Περιγένους ὁ καὶ Παλατεῖνος I. Ephesos 3817. Palma: Kajanto 335 mit drei Belegen. Dazu CIL XIII 607 Palme (hierher gehörig?); IMS II 112 Fl. Palma b(ene)f(iciarius); CIL III 12464 Palmas (gräzisierend?); IGLS 9270. 9318 (Bostra) Πάλμας;31 oder liegt

31 9270 lautet Αἰνείας Πάλμας, λζʼ, der Mann hat also zwei Namen; kaum ist Πάλμας Genetiv (diese Form könnte Genetiv nur von einem Frauennamen Palma sein, der aber nur als Männername bezeugt ist). 9318 wiederum beginnt [Ἀ]μμία Πάλμα Βά[σσ]ου, und auch hier liegt Männername, diesmal im Genetiv vor (der Versuch, hier einen Frauennamen zu sehen, scheitert daran, dass Palma nun einmal Männername und dass 214 Heikki Solin epichorisches Namengut vor? Pascentia: Kajanto 358 mit zwei Belegen für den Frauennamen. Dazu Πασκεντία Wessel IGCVO 661 (Syracusae). Pastus. Kajanto 353 verzeichnet nur einen Beleg (CIL VI 31140 c 24). Dazu kommt noch CIL VI 14843. Es kann sich aber auch um den griechischen Namen Πάστος (Bechtel HPN 363) handeln. Patientia. Bisher war der entsprechende Männername Patientius bekannt (Kajanto 259 mit einem Beleg für einen Bischof aus dem 5. Jh.), der aber in Bezug zu Patientia sekundär ist. Jetzt kennen wir jedoch den Frauennamen von einer britannischen Vasenscherbe aus christlicher Zeit: RIB II 2, 2417, 29 vgl. R. S. O. Tomlin – M. Hassall, Britannia 29 (1998) 443f. (= AE 1998, 808 b). Patulus. Bisher nur einmal belegt (NSc 1911, 148 aus Interamna Lirenas, vgl. Rep.2 502). Kajanto 245 verzeichnet den Frauennamen Patula aus CIL XII 2734 (doch fragmentarisch und mit unsicherer Deutung). Ein weiterer Beleg für den Männernamen kommt aus in Kappadokien: C. Minucius C. f. Patlus – Γάιει Μενύκιε Γαίου υἱὲ Πάτλε I. (IK 55) 124. Persianus: ein Centurio in Carnuntum: AE 1995, 1266a. Wohl eine Ableitung vom Gentilnamen Persius. Plancianus: Kajanto 153 = 241. Dazu I. Ephesos 2597a (ein Asiarch). 1548 aus Rhodos. Plautiana: Kajanto 153 mit einem Beleg für den Frauennamen. Dazu I. Leukopetra 79 (230/232 n. Chr.) παιδίον Πλαυτιανή. Plotilla: Kajanto 169 = 242, Dazu Πλώτιλα Μαξίμου I. Ephesos 2544 b. Πλουμᾶτος: I. Parion 48. Ist wohl aus plumatus gebildet, kein unpassendes Namenswort. Falsch der Herausgeber, der Plumatius mit Hinweis auf Bull. ép. 1972, 363 ansetzt; der Stein aber hat -ᾶτος,32 und ein Name Plumatius ist sonst nirgends überliefert und wäre nur als Weiter- bildung von Plumatus erklärlich. Pollittianus: Kajanto 171 mit drei Belegen; dazu Κόγνιτος Πωλλιττιανός I. Ephesos 2290. Potentilla: Kajanto 247: dazu PIR2 J 686 aus Ephesos; I. Ephesos 980 (wohl verwandt mit der vorigen).

Ammia hier sicher kein Gentilicium vertreten kann. 32 So auch die editio princeps in AM 9 (1884) 64. Analecta epigraphica 215

Potentius: Kajanto 247 mit zwei christlichen Belegen. Dazu CIL II2 5, 267a. Von Potentia verzeichnet Kajanto einen Beleg; dazu CIL II 4313 = RIT 442. Praestantius: Kajanto 276 mit einem (christlichen) Beleg. Dazu I. Byzantion 296 Αὐρ. Πολύτειμος ὁ καὶ Πρεστάντιος. Praetorina: Kajanto 317. Dazu AE 1996, 1209 (Salona, 3. Jh. n. Chr.). Πριμαρία: BCH 20 (1896) 343 Nr. 1 (Kition, ca. 1. Jh. n. Chr.) Πρειμαρία. Kajanto kennt nur den Männernamen Primarius (290 mit einem Beleg). Principinus: Kajanto 291 mit drei Belegen. Dazu T. Ritti – S. Yilmaz, in MemLincei 10, 4 (1998), 465 Nr. 4 (Hierapolis in Phrygien) Πρινκι- πεῖνος (Gladiator). Der entsprechende Frauenname (Kajanto 291 mit einem Beleg) liegt wahrscheinlich vor in Πρικειπεῖνα SEG XXXVIII 543 (Illyrien). Procillianus: Kajanto 177 mit einem Beleg. Dazu Προκιλλιανός I. North Galatia 168. Proculanus: Kajanto 177 mit zwei Belegen. Dazu I. Lykaonien I 181 P. Annius [P]roculanus. Professus: Kajanto 354 mit vier Belegen (alle aus Gallia cisalp. oder aus den gallischen und germanischen Provinzen). Dazu AE 1996, 1144 (Germ. sup.). Profuturus. Ist der sonst schwerlich erklärbare Name Προπετοῦρος I. North Galatia 316 (christl.) eine griechische Nebenform von diesem durchaus üblichen Cognomen? Der Editor St. Mitchell hält ihn für epichorisch, daraus zu schliessen, dass er ihn unakzentuiert wiedergibt. Publicianus: Kajanto 153 mit zwei Belegen. Rep.2 502. Dazu AE 1969/1970, 34 (Rom); I. Beroia 20. 36 Λ. Βρούττιος Ποπλικιανός (ein Priester). Πουπλίων: SB 6007, 5 (3. Jh. n. Chr.). Ein Cognomen Publio scheint sonst nicht belegt zu sein. Pupianus: Kajanto 153: dazu Πουπιανός I. Ephesos 2927. Quadratianus: Kajanto 232. Rep. 388. Dazu IMS III 2, 4; I. Kibyra- Olbasa (s. oben zu Μαρκελλίων) 144 Μ. Λικινιανὸς Ἰουλιανὸς Κοδρατιανός. Quinquatrialis. Neben dem Kajanto 220 zufolge zehnmal belegten Quinquatralis kennen wir nunmehr die Form Quinquatrialis: Z. Benzina 216 Heikki Solin

Ben Abdallah – L. Ennabli, Epigraphica 60 (1998) 137–140 (Carthago) = AE 1998, 1539 (aus dem Photo zu schliessen, in dem gerade dieser Teil des Namens weniger gut sichtbar ist, scheint die Lesung plausibel). Die beiden Formen sind mittels des Suffixes -alis aus dem Festnamen Quinquatrus abgeleitet (ein Adjektiv quinquatr(i)alis existiert nicht). Bei der Bildung der neuen selteneren Form stand wohl die Variante Quinquatria des Festnamens Pate. Refector(?). Diese Bildung kann in einer stadtrömischen Fluchtafel etwa aus dem 4. Jh. n. Chr. vorliegen: G. Bevilacqua, Epigraphica 60 (1998) 114–132 (= AE 1998, 210) Ῥεφεκίτορος καταδείνο φακτωναρουσι. Bevilacqua 126 übersetzt "Io lego Refecitoros factionarius" und postuliert einen Namen Refecitoros. Wenn hier aber überhaupt ein Name zu suchen ist, dann liegt wohl ein sonst bisher nicht belegter Name Refector vor (wenn denn nicht an eine missgeglückte Schreibung für Refectus zu denken ist, welcher Name aber auch eine Augenblicksbildung darstellt – Kajanto 355 kennt nur einen Beleg). Könnte man in Ῥεφεκίτορος einen griechischen Genetiv und in φακτωναρουσι einen fehlerhaft wiedergegebenen (-ρουσι für -ρίους) Akkusativ Plural sehen? Also "Ich verfluche die factionarios des Refector"? Cognomina aus nomina agentis sind in der lateinischen Namen- bildung üblich, besonders in der vorgerückten Kaiserzeit (ein Auslese gibt Kajanto 360–362; seine Listen können beliebig erweitert werden). Restatus. Dieser Name liegt vor in I. Aquileia 3117 (= Pais 1186). Die Lesung ist sicher. Es handelt sich um eine etwas überraschende Bildung, einen okkasionellen Namen, der vielleicht mit dem Suffix -atus aus restis gebildet wurde; mit diesem Suffix können Namen auch von anderen als von a-Stämmen gebildet werden, wie etwa Passaratus (Kajanto 331) aus passer passar Passar (vgl. auch das Adverbium passeratim). Rhenicus: Kajanto 202 mit drei Belegen (aus Rom und aus dem Bereich des CIL XIII). Dazu AE 1996, 1143 aus Augusta Raurica. Ῥουφινάκιος: I. (IK 4) 69 (byzantinisch, wohl nachantik). Zur Bildung vgl. etwa Paulacius Ursacius Emptacius. Rufulus -a: Kajanto 230 mit drei bzw. vier Belegen. Dazu I. Ephesos 1800 Rufulus. Rusellanus. Dieses sonst gänzlich unbekannte Cognomen scheint in der rusellanischen Inschrift Suppl. It. 16 (1998) Rusellae 71 = AE 1998, 487 vorzuliegen, so wenigstens nach der gängigen Auffassung (Cognomina- Indices von Suppl. It. und AE), der auch ich mich in meinem Interpretations- Analecta epigraphica 217 versuch Arctos 34 (2000) 154f. anschliesse. Es sei mir jedoch, angesichts der Einmaligkeit des Personennamens Rusellanus, erlaubt, auf eine weitere Interpretationsmöglichkeit hinzuweisen. Rusellanus könnte hier ein echtes Ethnikon sein und wäre hinzugefügt worden, um zu zeigen, dass dieser Eubius, in Kontrast zu dem peregrinen Patron Eubius Eubi (filius) in Rusellae geboren war. Wenn dem so wäre, dann wäre auch nicht Eubia, der erste Name der Mutter, notwendigerweise als Gentilname zu deuten, es könnte sich auch um eine Namenformel mit zwei Cognomina handeln; Eubia wäre der Sklavin von seinem Patron aufgrund seines eigenen Namens zugelegt worden. Doch würde ich an meiner ersten Interpretation festhalten. – Die in AE 1998, 487 angeführten Erklärungen von Corbier und Gascou sind nicht ganz zutreffend. Russus. Dieser Name, an dessen lateinischem Charakter ich nicht zweifeln würde, war nur als Cognomen von Ap. Claudius, Konsul 268 v. Chr., bekannt (Kajanto 230); dazu gesellen sich freilich die Ableitungen Rusilla und Russinus (Kajanto 230 mit 1 bzw. 2 Belegen). Eine zu russus gebildete Namensippe existierte also seit der republikanischen Zeit; das Adjektiv russus (das freilich nur sparsam in archaischer Zeit und im Spätlatein belegt ist) muss seinerseits im Vulgärlatein ein gebräuchliches Wort gewesen sein, da es panromanisch geworden ist (siehe z. B. REW 7464–7466. FEW X [1962] 588–592). Aus irgendeinem Grund blieb aber die Verwendung des Cognomens Russus okkasionell; hatte vielleicht Rufus den Boden erobert, oder liegt der Grund darin, dass russus, aus der literarischen Überlieferung zu schliessen, nicht so sehr von Menschen gebraucht wurde, während rufus mit der Bedeutung 'rothaarig' oft auf Menschen bezogen wurde? Es ist auch in Betracht zu ziehen, dass russus negative Konnotationen innewohnen konnten, während rufus in dieser Hin- sicht eher neutral war: rothaarig konnten viele sein; wer hätte sich aber gern 'fleischrot' benennen lassen? Vereinzelte Beispiele sind jedoch jederzeit zu erwarten, und freilich hat die Durchsicht neuerer Publikationen einen inter- essanten Beleg ans Licht gebracht,33 der aus Messene kommt: Ῥοῦσσος Praktika Arch. Het. 150, 1995, 70 = AE 1998, 1253 b.34 Ich weiss nicht, wie dieser Name sonst erklärt werden könnte. Sein Auftauchen in Griechenland

33 Der von Kajanto aus CIL I2 2394/5 zitierte L. Planius Russinus auf mehreren Bleibarren kann aus Hispanien stammen; er wird des öfteren in AE ohne Hinweis auf CIL angeführt: 1983, 450. 1989, 349. 1992, 862 g. 863 c. 864. 1995, 958. 34 Die Lesung ist sicher. Freundliche Mitteilung von Denis Feissel. 218 Heikki Solin wird dadurch verständlicher, dass russus als Lehnwort im Griechischen der Kaiserzeit weiterlebt (ῥούσιος), sogar noch im Neugriechischen; auch die Bezugnahme auf die Zirkuspartei kann zur Verwendung des Namens beigetragen haben. Ῥουστικιλλιανή: I. Pisid. Cen. (IK 57) 28 (Kremna) Φλ. Ῥου- στικιλλιανὴ Ῥοτειλία. Rusticula: Kajanto 311 mit drei Belegen für den Frauennamen. Dazu AE 1967, 595 (Cuicul). 1995, 677 (Mediolanum, christl.). Sacerdotianus: Kajanto 319 mit einem Beleg. Dazu ein Σακερδωτια- νός, ἀρχιερεύς usw. in : TAM V 2, 976. 979. 980. 1180(?). Σαλλουστιανή: I. Leukopetra 95. 96 (241 n. Chr.) Αὐρηλία Σ. Kajanto 154 kennt nur den Männernamen Sallustianus. Sarnus: Kajanto 192 mit zwei Belegen. Dazu ILAlg II 6531 (soweit nicht epichorisches Namengut vorliegt).35 Satriana: Kajanto 154 mit einem Beleg. Dazu I. Byzantion 387 Σατριανή. Scaurianus: Kajanto 242 mit zwei Belegen. Dazu IGLS 9303 Σκαυριανός aus Bostra (dort auch ein Σκαῦρος 9439; ob einheimisch?). Secundia: Kajanto 292 mit zwei Belegen für den Frauennamen. Dazu Νεικόλεος Σεκονδίας(?) NSc 1913, 279 (Syracusae, 2./1. Jh.). Dies ist die in LGPN III A, 391 präsentierte Lesung und Datierung. Wegen der frühen Zeit des Belegs fragt man sich, a) ob die Lesung richtig ist, b) ob hier der Gentilname als Eizelname gebraucht ist (dagegen spricht jedoch, dass Secundius als Gentilicium eher ein später Name ist). Hinzuzufügen ist folgendes: Es ist gar nicht sicher, dass die Datierung ins 2./1. Jh. das Richtige trifft (im Ausgrabungsbericht in NSc findet sich nichts Positives zu einem solchen Ansatz); nach wie vor belibt die Datierung offen.36 Zweitens wundert der Frauenname als Patronymikon. Drittens ist die Lesung selbst, trotz der Versicherung des Editors P. Orsi, nicht über alle Zweifel erhaben: delta ist als alpha wiedergegeben, und nu ist umgekehrt geschrieben. Sementina. Kajanto 221 kennt nur Sementinus mit einem Beleg. Der

35 Vgl. ILAlg II 2945 Sarniosi (Gen.) und ähnliche Bildungen bei K. Jongeling, North African Names from Latin Sources, Leiden 1994, 128f. Dies trifft auch für den von Kajanto angeführten Beleg CIL VIII 20028 zu. 36 R. J. A. Wilson, Sicily under the Roman Empire, 1990, 133f. datiert die fraglichen Gräber in die Zeit nach der augusteischen Kolonisation (etwa die Feuerbestattung wurde in Sizilien vor den römischen Zeit überhaupt nicht gebraucht). Analecta epigraphica 219

Frauenname ist nunmehr aus Hypaipa belegt: I. Ephesos 3862 Baebia Sementina. Sempronilla: Kajanto 170 mit einem Beleg. Dazu I. Beroia 360 (2. Jh. n. Chr.) Ποπλικίαι Σεμπρωνίλληι. Senilla: den in Rep. 400 angeführten Belegen hinzuzufügen ist Paul. dig. 49, 14. 47. Wie aber in Rep. bemerkt, kann es sich um den gut griechischen Namen Ξένιλλα handeln. Σικουλία: G. Manganaro, Helikon 2 (1962) 488 (Catina, kaiserz., wohl vorgerückte Kaiserzeit). Stellt nicht etwa eine Nebenform von dar (als Cognomen: Kajanto 194), sondern ist mit dem für die spätere Kaiserzeit typischen Suffix -ius -ia gebildet und gesellt sich so zu Siculus Sicula Siculinus -a (Kajanto 193. 342. Rep. 403).37 Silianus: Kajanto 155. Dazu AE 1952, 227 = I. Philippi 720. Silvanio: Kajanto 214 mit vier Belegen. Dazu CIL IX 315; I. Buthrotos 193 (3. Jh. n. Chr.) Γάλλιος Σιλβανίων. Σωσφίτιλλα (überl. Dat. -ίλλῃ) AE 1997, 1481 (Iconium) vertritt wohl den sonst nirgends belegten Namen Sospitilla; vgl. M. Corbier und O. Salomies ad loc. Sparsus: Kajanto 356. Rep.2 504. Dazu Sex. Iulius Sparsus, Suffekt- konsul 88 n. Chr. (PIR2 J 586), wenn nicht identisch mit den von Kajanto angeführten Freunden von Martial (Mart. 12, 57) und Plinius (Plin. epist. 4,5. 8,3). Spedianus: Kajanto 156 mit einem Beleg. Dazu Μ. Τάδιος Σπεδιανός IG V 2, 463 (Megalopolis). Sponsianus: Kajanto 305 mit einem Beleg als Sklavenagnomen (das- selbe Agnomen noch CIL VI 8901). Als richtiges Cognomen (Σπωσιανός) belegt in Patrai (SEG XXIX 424) und Korinth (s. LGPN III A, 401; 2./3. Jh.). Spurcio(?): RIB I 863 (Grabinschrift) [---]PVRCIO (voraus geht ein winziger Buchstabenrest, den man am ehesten als den oberen Teil eines S deuten möchte; ausserdem bietet sich keine andere vernünftige Ergänzung an). – Σπουρκίων στρατιώ(της) I. chrét. Macédoine 268 = IG X 2, 2,150 (Heraclea Lyncestis, 5./6. Jh.). Die Deutung des Namens ist nicht unmittel- bar einleuchtend. Mir sind sonst keine Namenbildungen aus der Sippe spurcus bekannt, aber in der griechischen wie in der römischen Anthropo-

37 Kajanto 342 stellt Sicula zu Sica, es ist aber vorzuziehen, hierin die feminine Form von Siculus zu sehen. 220 Heikki Solin nymie gab es aus Spitznamen hervorgegangene, unverblümte Personen- namen vom Typ Turpio oder die wohlbekannten und oft behandelten Namensippen Stercorius und Κοπρο-.38 Im Rahmen dieser Namengebungs- gewohnheit lässt sich das Auftauchen von Spurcio in der kaiserzeitlichen Namengebung wohl rechtfertigen. Zu notieren ist noch, dass der Namens- träger als Soldat von wo auch immer stammen kann, d. h. sein Name nicht im Osten entstanden sein muss. Studiosus: Kajanto 259. Dazu CIL VI 20675; Στουδιῶσος SicGymn 16 (1963) 63 vgl. MEFRA 106 (1994) 103 (Centuripae, vorgerückte Kaiserzeit). Summus: Kajanto 277 mit vier Belegen. Rep.2 504. Dazu I. Beroia 113 (2. Jh. n. Chr.) Σέξ. Ποπίλλιος Σοῦμμος νεώτερος. 408 (2./3. Jh.) Σούμμῳ. Tabernarius: Kajanto 322. Dazu Sotgiu 268; ILAlg. II 2183. Tamudianus: CIL IV 1493 Vesbius Tamudianus. Die Lesung scheint sicher zu sein (anhand der Abschrift von Zangemeister in tab. XXX 28 könnte neben Tamudianus auch Tamudanus gelesen werden, indem I als der linke Strich von A gedeutet werden könnte, doch fordert schon der morpho- logische Befund Tamudianus, und ferner wird I sichergestellt aus tab. XVI 5 in Ritschls Priscae Latinitatis monumenta epigraphica). Tamudianus ist zweifellos aus dem Gentilnamen Tamudius abgeleitet. Mehrere Forscher haben das Cognomen mit arabischen oder hebräischen Städtenamen verbunden,39 doch das ist abenteuerlich. Das Richtige wurde schon von Schulze, ZGLE 240 gesehen. Ταρουτῖνος: IG IV 98 = I. Rhénée S. 356 Nr. 20 (unbekannter Herkunft, Vater und Sohn, kaiserz.). Ist wohl vom Gentilnamen Tarutius abgeleitet. Tegula stellt einen interessanten Fall dar. Um 200 v. Chr. wirkte in

38 Zu solchen römischen aus beledigenden Bezeichnungen hervorgegangenen Namen s. z. B. I. Kajanto, "On the Problem of 'Names of Humility' in Early Christian Epigraphy", Arctos 3 (1962) 45–53; zu Namen auf Κοπρο- S. Pomeroy, "Copronyms and the Exposure of Infants in Egypt", in Studies in Roman Law in memory of A. A. Schiller, Leiden 1986, 147–162. 39 So C. Giordano – I. Kahn, Gli Ebrei in Pompei, in Ercolano e nelle città della Campania Felix, Pompei 1965, 40f.; W. O. Moeller, The Wool Trade of Ancient Pompeii, Leiden 1976, 102; A. Varone, Presenze giudaiche e cristiane a Pompei (Quaderni della Società per lo studio e la divulgazione dell'archeologia biblica 1), Napoli 1979, 84. Analecta epigraphica 221 literarischen Kreisen in Rom ein P. Licinius Tegula, dessen Cognomen mit dem des ebenfalls zeitgenössischen Komödiendichters Licinius Imbrex zu vergleichen ist. Es kann sein, dass beide Cognomina ursprünglich Spitz- namen waren, die den zwei Literaten möglicherweise gleichzeitig seitens des Theaterpublikums verliehen wurden.40 Jedenfalls waren sie für die republikanische Namengebung typische okkasionale Bildungen, die später nicht mehr auftreten. Von Tegula sind aber zwei wenngleich unsichere Fälle aus der Kaiserzeit ans Licht gekommen: AE 1995, 872 (Hisp. cit., die Lesung steht nicht ganz sicher fest) und I. Lykaonien I 429 (ca. 1. Jh. n. Chr.) [---]ν θυγατέρα τοῦ Τεγούλα (die Lesung keineswegs sicher, aber nicht ausgeschlossen). An sich ist diese Kategorie von Cognomina in der Kaiserzeit nicht ganz unbekannt; vgl. etwa einen Namen wie Columella. Terentulla: Kajanto 171. Dazu AE 1997, 1637 (Ammaedara); I. Byzantion 171 Τερέντυλλα. Terracine(n)sis: Ineditum aus Ostia (s. A. Licordari, ArchClass 37 [1985] 346). Diese Inschrift liefert den ersten Beweis dafür, dass die heutige Form des Stadtnamens, Terracina, neben Tarracina schon in der Antike existierte.41 – Auch Tarracinensis ist als Cognomen einmalig. Titinniana. Ein neuer Name (auch nicht der entsprechende Männername lässt sich belegen): Πομπηία Τιτιννιανή I. Ephesos 710a. Selten ist ebenfalls Titinianus -a: Kajanto 157. Rep.2 504. Τιττιανός: IGLS 9391 (Bostra) Δέξτρος Τιττιανοῦ. Titianus war üblicherweise in Gebrauch. Torquatianus: Kajanto 346 mit drei Belegen. Dazu I. Selge 46–48. 50 Αὐρ. Οὐαλέριος Τορκουατιανὸς Κασσιανός, Agonothet. Traianus: Kajanto 157. Seine Verwendung geht vornehmlich auf das Namensvorbild des Kaisers Trajan zurück (Traianus war als Cognomen vor Trajan praktisch unbekannt). Die von Kajanto angeführten Belege lassen sich einigermassen vermehren. Etwa das dritte Jh. kennt ausser Decius (der nach seiner Ankunft als Kaiser in Rom seinem Namen Traianus beifügte,

40 Zu den zwei Namen vgl. meine Ausführungen in Namenpaare. Eine Studie zur römischen Namengebung, Helsinki 1990, 62. (Schulze ZGLE 355 verbindet Tegula mit Decula; das kann sein, aber andererseits ist anzumerken, dass Tegula und Imbrex als Vertreter unterer Stände von der Geburt her wohl cognomenlos waren, dagegen aber bekannte Figuren in der zeitgenössischen Unterhaltung; so ist man leicht zu erklären, dass ihnen spitznamenartige neue Cognomina zugelegt wurden.) 41 Was Mommsen, CIL X p. 623 sagt ("Terracina forma quae hodie obtinet antiqua auctoritate destituta est"), wird also hinfällig. 222 Heikki Solin um so künstlich Anschluss an die Vergangenheit zu suchen) einen Traianus Mucianus, vir ducenarius gegen Ende des 3. Jh., der übrigens aus Traiana gebürtig war (PLRE I 609). Aus der Spätantike sind zahlreiche weitere Beamte bekannt (PLRE I 921f. Nr. 1–3. III 1333–1335 Nr. 1–5), die meisten von ihnen Orientalen. Ferner aus dem Orient I. Beroia 285 (3. Jh.) Αἴλιος Τραιανός; MAMA VIII 60 = I. Lykaonien I 246 Λούκιος Ἄννιος Τραιανὸς Λουκίῳ Ἀννίῳ Τραιαvῷ πατρί; AE 1991, 1580 (Abila in der Dekapolis); 1997, 1479 (Laodicea Combusta, christl.). Weitere späte Belege aus dem Westen: RMD 78 (306 n. Chr., Prätorianer); ICUR 18066 (fem.). 18067. 19409. 27364 (523 n. Chr.). Der interessanteste Fall kommt aber aus Italica, CILA II 383, ein Duovir namens L. Blattius L. f. Traianus Pollio, dessen Datierung umstritten ist (tiberisch oder späthadrianisch?). Wenn die Inschrift vortrajanisch ist, dann liegt eine Bezugnahme auf den aus Hispanien bekannten Gentilnamen Traius vor, und in der Tat will der Editor im Namen des anderen Duovirn Traius ergänzen. Τρεβωννιανός: I. Perge 45 Γάιος Ἰούλιος Κορνοῦτος Τρεβωννιανός. Kajanto 157 registriert nur Trebonianus mit drei Belegen. Treccianus: AE 1996, 1248 (Pannonia sup.). Wenn nicht epichorisch, dann zu einem nicht belegten Gentilnamen Treccius zu stellen, sofern nicht eine orthographische Variante für Triccianus vorliegt. Dieser ist freilich auch ein Hapax (Kajanto 157), aber Triccius existiert. Tuscianus: Kajanto 157 = 188 mit drei Belegen. Dazu I. Carie II 78. 143 (2. Jh. n. Chr.) Λ. Ἀβούρνιος Τουσκιανός; Münsterberg Beamtennamen 168 (Laodicea am Lykos, mit Bildern von Philippus I und Otacilia). Umbrinus. Kajanto 163 = 188 verzeichnet nur drei senatorische (Grossvater, Vater, Sohn) Petronii (jetzt PIR2 P 319. 320; der dritte von Kajanto angeführte Namensträger heisst eher Umber: PIR2 P 318). Nunmehr kommt ein neuer Beleg aus Kappadokien: Ὀμβρεῖνος τραπεζείτης I. Tyana (IK 55) 37. Warum dieses seltene Cognomen plötzlich in Tyana auftaucht, bleibt Erraten verlassen, jedenfalls ist eine Verbindung mit Umbrien weniger wahrscheinlich. Schon von der Herkunft der drei Senatoren kann nichts Sicheres eruiert werden,42 es sei aber darauf hingewiesen, dass als

42 Nach M. Torelli, Epigrafia e ordine senatorio II, Roma 1982 (ersch. 1984), 290 soll die Herkunft in Volaterrae gesucht werden, was recht unsicher bleibt. Zum Aussagewert der geographischen Cognomina im allgemeinen vgl. H. S., "Zur Tragfähigkeit der Onomastik in der Prosopographie", in Prosopographie und Sozialgeschichte. Studien zur Methodik und Erkennntnismöglichkeit der kaiserzeitlichen Prosopographie, hrsg. von W. Analecta epigraphica 223 ihre Herkunftsort Attaleia in Pamphylien erwogen worden ist.43 Urbanio: Kajanto 311 mit zwei Belegen. Dazu Οὐρβανίων IG XIV 510 (Catina). – Der von Kajanto aus Armellini zitierte Beleg Urbanion mit gräzisierender Endung ist ICUR 21220. Οὐαλεντᾶς: P. Merton 25, 2. 28 (3. Jh. n. Chr.). Valentilla: Kajanto 247. Dazu Οὐαλέντιλλα I. Anazarbos I 639. Οὐαλεριᾶς: P. Mich 201, 1 (99 n. Chr.). SB 7572, 1 (2. Jh. n. Chr.). Οὐαλγιανός: MAMA VIII 111 = I. Lykaonien I 330. Zweifellos aus dem Gentilnamen Valgius (nicht aus Valgus) gebildet, der im isaurisch- lykaonischen Gebiet belegt ist. Varanus. Ein weiterer Beleg für diesen bei Kajanto 205 nur einmal verzeichneten Namen könnte in I. Ephesos 951 Αὐρήλιος Βαρανός vorliegen; doch bleibt die Zuweisung recht unsicher. Velleianus: Kajanto 158 mit einem Beleg aus dem Senatorenstand. Dazu I. Philippi 229. 230 L. Velleius Velleianus, Freund eines Senators. Βενουστίων: RAC 18 (1941) 195 Nr. 63 (Augusta, moderne Ortschaft zwischen Catina und Syracusae, christl.). Veriana. Kajanto 158 = 253 kennt von dem Frauennamen nur einen Beleg. Dazu tritt ein zweites Cognomen einer Senatorenfrau aus Ephesos: RE Suppl. XIV 103 Nr. 413a. Vestigator: Kajanto 362 mit zwei Belegen; Rep.2 505 (dort jetzt so zu zitieren: Suppl. It. 18 [2000] Reate 15). Dazu AE 1995, 395 Vestigator p(ublicus) Iuvan(ensium). Vettillianus: Rep. 421. Dazu Βεττιλλιανός I. Cilicie 125 (spät). Vetulla: Rep. 421 mit drei Belegen aus Gallia cisalp. und den nördlichen Provinzen (teilweise kann Einfluss epichorischen Namengutes vorliegen). Dazu noch I. Beroia 125 (1. Jh. n. Chr.) Τορπιλία Οὐέτυλλα. Veturianus: Kajanto 158. Dazu Οὐετουριανός I. Anazarbos 542. Vigelio: AE 1997, 1704 (Uchi Maius). Vgl. Vigellio Kajanto 165 mit einem Beleg. Vigilantia: Wessel IGCVO 947; Schwester Justinians, von Procop. bell. Vandal. 2, 34, 3 in Form Βιγλεντία überliefert, Vigilantia bei Coripp. Iust. praef. 21. 1, 8. Der Männername Vigilantius: Kajanto 364. Rep.2 505; dazu noch AqN 38 (1967) 68 (Cantianum, tosor, 5./6. Jh.); I. chrét. Macédoine 39 (5./6. Jh.) Βιγελέντιος, sowie ein Metropolit in Illyricum um

Eck, Köln – Wien – Weimar 1993, 1–33. 43 So W. Eck, EpAnat 21 (1993) 45–54. 224 Heikki Solin die Mitte des 5. Jh. (RE VIII A 2131 Nr. 2) und ein Presbyter in Barcelona, geboren in Gallien um 370 (RE VIII A 2132 Nr. 3). Villiana: Epigraphica 47 (1985) 99 = AE 1985, 317 (S. Giovanni di Ruoti auf dem Territorium von Potentia). Kajanto kennt nur den Männer- namen Villianus (158 mit einem Beleg). Vindemiolus. Bisher war nur der Frauenname Vindemiola bei Kajanto 364 ein paarmale aus späten Belegen aus den gallischen Provinzen bekannt. Nunmehr lässt sich der Männername belegen: Βινδημίουλος διάκονος Beševliev, Spätgr. und spätlat. Inschr. aus Bulgarien 171 (Aquae Calidae, 6. Jh. n. Chr.). Virbonus: Ein Virbonus episcopus civitatis Tuscanensis wird ange- führt in der Liste der bei dem im Jahre 595 n. Chr. in S. Petri abgehaltenen Konzil anwesenden Bischöfe (Greg. M. epist. 5, 57a; vgl. PCBE 2, 2316). Ein zweiter Beleg scheint in einem Instrumentumstück hispanischer Herkunft (AE 1997, 1746) vorzuliegen. An der Glaubwürdigkeit der Überlieferung und somit des Namens können kaum Zweifel gehegt werden. Diese Bildung, die ich also für einen einwandfreien Personennamen halte, stellt ein interessantes Gegenstück zu dem häufiger belegten, wenngleich selten gebliebenen Männernamen Homobonus dar; zu dieser Bildung vgl. H. S., "Homobonus", in Vir bonus dicendi peritus. Festschrift für A. Weische, Wiesbaden 1997, 389–398 (leider waren mir bei der Abfassung des Beitrages diese zwei Belege von Virbonus nicht gegenwärtig, denn es wäre schön gewesen, auch sie dem vir bonus zu widmen). Dieser Typ von Cognomina, in denen Substantiv und Adjektivattribut zu einem Namen verschmolzen sind, ist sehr selten und eigentlich nur durch Homobonus vertreten. Wir haben es mit deutlich christlich gefärbten Namen zu tun: von Homobonus sind nur ein paar heidnische Belege aus dem 2. und 3. Jahr- hundert bekannt (ein neuer Beleg oben 202), und von Virbonus nur die hier verzeichneten. Auch kenne ich von dem letzteren (anders als von Homo- bonus) keine weiteren Belege aus der nachantiken Zeit, was aber damit zusammenhängen mag, dass vir aus den romanischen Sprachen gänzlich verschwindet. Volussianus. Kajanto 159 verzeichnet nur Volusianus; von den in seiner Belegszahl enthaltenen Belegen finden sich einige mit der Schreibung Voluss-, was man als selbständiges Cognomen anzusetzen erwägen könnte: CIL III 640 aus Philippi (ein Volussius Volussianus). 7437 I, 30 (Nicopolis, 227 n. Chr.). VIII 5675. 11139. 16782. XIV 246 VII, 29. Analecta epigraphica 225

Vopiscus: Kajanto 295. Dazu CIL XVI 6 = AE 1995, 1217 (Komman- dant von Auxiliartruppen in Noricum) Vopi[scus]; I. Philippi 227 (Orts- bewohner, aus der Tribus Voltinia zu schliessen).

Ich lasse noch einen rückläufigen Index von allen in Arctos 32 (1998) 235–251. 34 (2000) 149–151 und hier oben verzeichneten Namen folgen.

Scaenica Κλαύδιλλα Bucula Iuvenca Pagilla Tegula Calida Λόνγιλλα Μαξιμοῦλα *Agenda Formilla *Nummula Abeddea Κατιάνιλλα Anula Λουπερκία Γράνιλλα Garrula Σεκονδία Senilla Gratissima(?) Iuvenalia Gabinilla Ἀττικιανή Natalia Σεμπρώνιλλα Muciana *Crescentilia Ματρώνιλλα Οὐμμιδιανή Καπιτωλία Caprilla Μουδιανή Σικουλία Fabatilla Φρουγιανή Longinia Optatilla Ῥουστικιλλιανή Iunonia Σωσφίτιλλα Λουκιλλιανή Turpia Οὐαλέντιλλα Villiana Fabaria Potentilla Λολλιανά Καλανδαρία Plotilla Δεκμιανή Πριμαρία Sollertilla Ἀρρηνιανή Νοκερία Γάουιλλα Μαγνιανή Litoria Cervilla Τιτιννιανή Lucensia Norbulla Aproniana Vigilantia Medulla m. Καπιτωνιανή Πασκεντία Iulla Αἰτερνιανή Patientia Οὐέτυλλα Ἀγριππιανή Βιγλεντία Terentulla Φιλοβαλεριανή Magnentia Silvicola Veriana Currentia Malliola Σατριανή Aurentia Vinniola Πακατιανή Bonavia Copiola Eventiana Apruncla Ferriola Ἰουουεντιανή Κομόδιλα Γρατίολα Σαλλουστιανή Πλώτιλα Miracula Πλαυτιανή Formella Viticula Calaviana Fenestella Rusticula Φουλβιανή Cervella Apruncula Καλεῖνα Fadilla *Ascula Ὀκελλείνη Κομμόδιλλα Fuscula Πρικειπεῖνα 226 Heikki Solin

Praetorina Lucernio Quinctilis Πομητεῖνα Passario Lunie(n)sis Sementina Cicerio Martiensis Adventina Maurio Ὁρτῆνσις Navina Augurio Sapiens Libarna Asturio Parens Vafra Calvisio Aequidicus Laura Natio Buccellicus Φορμῶσα Fortunatio Rhenicus Ἰούλισσα Minutio Varicus Angulata Gillo Κίρκος Conservata Apro Vopiscus Invenita Φαυστώ Φάδος Invita Calvo Φιλοκόμμοδος Aperta Vestigator Tardus Supersta Refector Abeddeus Ἰούλιττα Φηλικᾶς Ῥουφινάκιος Salvitta Φορνικᾶς Αὐσπίκιος Cedoalteram Καστρικᾶς Lauricius Σπουρκίων Λουκᾶς Φατάλιος Μουνδίων Tigridas Firminianius Μαρκελλίων Γαιᾶς Favonius Πουπλίων Μαρκίας Νεπτούνιος Κορβουλίων Aelias Cubicularius Ἰουλίων Ἰουλιάς Ἀπελινάριος Δεκμίων Οὐαλεριᾶς Tabernarius Οὐρβανίων Πάλμας Maurius Γεμινίων Φλάμμας Parisius Λουπαρίων Firmas Persius Φαβατίων Νεμωνᾶς Consultius Βενουστίων Barbaras Laetantius Ἀττίκων Καπιτᾶς Πρεστάντιος Ἄπρων Οὐαλεντᾶς Vicentius(?) Felico Φαυστάς Βιγελέντιος Μαρκώ Ἰουλιάδης Maurentius Galeo Heres Potentius Gaio Φλαμμεάτης Φρούγιλος Marcelio Γναίς Γαργόνιλος Vigelio Sodalis Λίβελλος Vernacellio Memorialis Catellus Pellio Quinquatrialis Gargonillus Cruscillio Initialis Caesullus Titullio Hibernalis Vindemiolus Decimio Fortunalis Comitiolus Silvanio Μασκελλίς Com(m)entiolus Analecta epigraphica 227

Domnentiolus Silianus Volcasianus Patlus Petilianus Σπωσιανός Globulus Curtilianus Parsianus Buculus *Ustilianus Persianus Rufulus Cascellianus Βλοσσιανός Βινδημίουλος Προκιλλιανός Volussianus *Nummulus Gratillianus Quadratianus Patulus Βεττιλλιανός Κοδρατιανός Baetulus Fabullianus Τορκουατιανός Pientissimus Tabullianus(?) Αὐκτιανός Σοῦμμος Saesolianus Παιτιανός Mariscanus Catulianus Σακερδωτιανός Oppidanus Mummianus Negotianus Mammaeanus Canianus Apertianus Treccianus Tullenianus Grattianus Αἰφικιανός Etenianus Γαλλιττιανός Publicianus Ἀντωνεινιανός Πωλλιττιανός Γαλλικιανός Nigrinianus Τιττιανός Ποπλικιανός Urvinianus Rusellanus Anicianus Φαννιανός Feliculanus Fabricianus Ἰοβιννιανός Ocriculanus Plancianus Τρεβωννιανός Proculanus Mariscianus Falconianus Insulanus Τουσκιανός Νεμωνιανός Varanus (Βαρανός) Σπεδιανός Κονωνιανός Malacitanus Murredianus Μουσωνιανός *Lurritanus Λογγιδιανός Vetonianus Calvanus Calidianus Liburnianus Dossenus Caridianus Crispianus Marracinus Ματιδιανός Πουπιανός Cornicinus Ἀουιδιανός Octobrianus Paludinus Μουδιανός Vacrianus(?) Petelinus Tamudianus (ΟΥΑΚΡΙΑΝΟΣ) Aemilinus Velleianus Decrianus Asellinus Siculeianus Lucerianus Iullinus Campuleianus Materianus Nerullinus Fonteianus Birianus Vitullinus Ἀρβουξηιανός Σεπτωριανός *Culinus Cethegianus Asprianus Πρινκιπεῖνος Οὐαλγιανός Καστριανός Ὀμβρεῖνος Φρουγιανός Mestrianus Egerinus Mitalianus Σκαυριανός Φαλερῖνος Ampelianus Mercurianus Κακορῖνος Velianus Λουριανός Παλατεῖνος Racilianus Οὐετουριανός Servatinus 228 Heikki Solin

Μαριτῖνος Campus Tectus Νομεντῖνος Προπετοῦρος Architectus Frequentinus Σαπηδῶσος Redimitus Nepotinus Studiosus Munitus Fortinus Sparsus Maritus Cornutinus Professus Apertus Ταρουτῖνος Ῥουσσος Venutus(?) Salvinus Δηλικᾶτος Navus Dossennus Armatus *Finitivus Homobonus Πλουμᾶτος Protervus Virbonus Μινᾶτος Deusdedit Nonus Νωμινᾶτος Ispesindeu Sarnus *Invitatus Iudex Avernus Restatus Nutrix Liburnus Μουτᾶτος Κομμοῦνος Iuvatus

CXCIII. FALSCHE NAMEN

Aermianus. Dieses Cognomen soll in einer ostiensischen Namenliste enthalten sein (D. Nuzzo, VetChr 33 [1996] 89, Anm. 24 mit blosser Minuskeltranskription = AE 1996, 307a): [- ---]s Aermianus. Das ist aber sicher eine fehlerhafte Schreibung. Der Mann hiess zweifellos Hermianus. Entweder liegt hier eine, durch die Aussprache bedingte, gut bekannte orthographische Variante AE für HE vor (das kurze e, das offen war, wurde in der Schrift mit dem ebenfalls offenen ae leicht verwechselt), oder aber der Steimetz hat die zwei sich ähnelnden Buchstaben A und H verwechselt, oder aber Nuzzo hat falsch gelesen. Faber in AE 1996, 994 (Arelate) soll dem Index zufolge ein Cognomen sein. Dies wurde aber nur okkasionell gebraucht (Kajanto Latin Cognomina 322 verzeichnet fünf Fälle, und auch von ihnen ist in CIL I2 685 = X 3782 eher faber zu verstehen). AE 1996, 994 ist wie folgt überliefert: T VIBIVS VICISON [---] / VCONTIVS FABER [---]. Verdächtig ist Vicison, und auch Ucontius ist nicht richtig abgeschrieben (es muss wohl Vocontius verstanden werden). Bei der Lage der Dinge kann auch in FABER was auch immer innewohnen (wie etwa Faber[ianus] o. ä.); auch die Berufs- bezeichnung ist nicht ausgeschlossen. Jedenfalls empfiehlt es sich, hierin Analecta epigraphica 229 keinen weiteren Beleg für das seltene Cognomen Faber zu sehen.44 Felicides. Dieses neue Cognomen wird in Suppl. It. 15 (1997) Ateste 30 festgelegt (so auch AE 1997, 603). Eine solche Bildung wäre aber ein Unicum. Ich kenne keinen Fall, in dem das griechische Suffix -ides einem lateinischen Namenstammt angehängt worden wäre (die Editorin Bassignano spricht von einem griechischen Namen, aber hier könnte nur eine Ableitung aus dem rein lateinischen Felix vorliegen). Mit dem oben besprochenen Typ Iuliades Planciades steht es ganz anders. Zweifellos ist Felicides ein falscher Name. Zu lesen ist einfach Felici gefolgt von DE[---] oder DE+[---], was auch immer dahinter stecken mag. Figellus. So wird AE 1997, 449 d FIGELLI (Aesernia, Ziegelstempel) im Cognominaindex wiedergegeben. Figellus wäre aber ein falscher Name und schwer zu rechtfertigen. Zweifellos liegt das Gentilicium Figellius vor, das u. a. in dem benachbarten Histonium belegt ist. Dass in Ziegelstempeln ein Gentilname allein gebraucht wird, ist nichts Einmaliges (u. a. CIL IX 6078, 158 aus der regio II). Ἰουκονδάς. Diesen Namen, der neu wäre, wollen die Herausgeber des LGPN I 235 aus IG XII 9, 972 (Chalkis, kaiserz.) gewinnen. Der Text lautet ΑΓΑΘΩ ΙΟΥΚΟΝΔΑΣ. Der Editor Ziebarth druckt Ἀγαθὼ Ἰουκόνδας, und es besteht kein Grund, davon Abstand zu nehmen (auf dem Relief ist nur ein Mädchen abgebildet). Dass die Tochter Agatho mit dem Metronymikon und nicht mit dem Patronymikon angeführt wird, bereitet keine unüberwindlichen Schwierigkeiten, vgl. in derselebn Gruppe von Stelen 1027 Ζώσιμος Ἀμβροσίας aus dem 2. Jh. n. Chr. [Ἰ]ουλιάδης I. Iasos 274, 13 aus Th. Reinach, REG 6 (1893) 192 Nr. 39 aus dem Jahre 27 v. Chr. (?) ist sicher eine unnötige Ergänzung für Οὐλιάδης, welcher Name des öfteren in Iasos vorkommt. Reinach bietet eine blosse Majuskeltranskription, und es geht nicht hervor, ob es notwendig war, eine Lücke vor ΟΥΛΙΑΔΟΥ anzusetzen; wahrscheinlich aber nicht. Der jetzige Herausgeber hat Reinachs Wiedergabe gedankenlos übernommen, ohne zu bedenken, dass eine derartige Bildung wie Ἰουλιάδης für eine so frühe Zeit nicht sehr wahrscheinlich gewesen wäre, und dass andererseits

44 Die Zusammenstellung der Belege von Faber in OPEL II 132 ist bezeichnend für die Kritiklosigkeit des Werkes. Zum einen vertreten mehrere der verzeichneten Belege nicht das Cognomen (CIL V 2328 und 3306 enthalten eher Berufsbezeichnungen, und auch 7487 und Pais 442 dürfen nicht ohne weiteres als Cognomina gedeutet werden), zum anderen fehlen Belege, die deutlich Cognomina sind (CIL V 4225). 230 Heikki Solin

Οὐλιάδης ein Modename nicht nur in Iasos war; er ist überall in der griechischen Welt bestens belegt (vgl. J. Benedum, RE Suppl. XIV 912–931). An sich existiert aber Ἰουλιάδης als Name: vgl. oben 203. Καισάρεια Καισάρειος. Die Existenz eines solchen Namens ist öfters angenommen worden. Eine Dame, die bei Joh. Ant. frg. 214 b 2 (FHG vol. V p. 30) Καισαρία heisst, wird in LGPN III A, 227 zu Καισάρεια umgetauft, doch ohne Not. Noch schlimmer ist es, wenn Forscher von der Qualität Keils und Wilhelms in MAMA III 530b σωματοθήκη Κεσαρ(ε)ίου schreiben.45 Doch der Name war Caesarius -ia (daneben ist Caesareus bekannt: CIL VI 32480), der sich einer gewissen Verbreitung in der Spätantike erfreute, aber Καισάρεια ist nur der Stadt- name, und ohne eindeutige Belege für seinen Gebrauch als Frauenname darf er nicht der antiken Anthroponymie zugewiesen werden. Liberta aus AE 1995, 1786 (Choba in Mauret. Sitif.). Aus gut ver- ständlichen Gründen kam im römischen Westen ein Cognomen Libertus überhaupt nicht in Gebrauch (s. meine Ausführungen in Analecta epigraphica 354f.). Deswegen ist in diesem verschollenen Fragment eher liberta o. ä. zu verstehen. Belege aus dem griechischen Osten habe ich a.a.O. verzeichnet. Dazu noch ein Beleg aus Centuripae, also aus dem Westen, aber aus griechischem Milieu: MEFRA 106 (1994) 85 Nr. 3 mit dem Text Λείβερτε, χρηστέ, χαῖρε, also hochwahrscheinlich ein Name. Μαξιμώ. Dieser Frauenname soll in I. Beroia 261 (L. Gounarapoulou – M. B. Hatzopoulos, Επιγραφές κάτω Μακεδονίας. Αʼ: Επιγραφές Βεροίας, Αθήνα 1998) (2. Jh. n. Chr.) vorliegen. Die Editoren drucken den Text folgendermassen: Μαξιμὼ Μαξίμᾳ τῷ γλυκυτάτῳ τέκνῳ κτλ., sie hätten aber besser mit Tataki, Ancient Beroea. Prosopography and Society, Athens 1988, 853 Μαξίμῳ Μαξίμα schreiben sollen. Das Frauennamen- suffix -ώ wird auch im griechischen Bereich lateinischen Namen kaum angehängt (mir ist ein enziges, einigermassen eindeutiges Beispiel bekannt, der oben 207 behandelte Name Μαρκώ; weniger sicher Φαυστώ oben 198). Übrigens ist die von Tataki gegebene Textform ganz natürlich, und man versteht nicht, warum man daran Anstoss nehmen sollte. – Zwei weitere vermeintliche Beispiele eines dem lateinischen Stamm angehängten Suffix -ώ(ι): 1) Πουβλιώι, aus CIG 1806 (Ambrakia) hergeholt; 46 doch dürfte es

45 Ähnlich St. Hagel – K. Tomaschitz, Repertorium der westkilikischen Inschriften (DAW 265 = Ergänzungsb. zu den TAM 22), Wien 1998, 261 Korykos 407b. 46 So LGPN III A, 373 aus P. M. Fraser – T. Rönne, Boeotian and West Greek Analecta epigraphica 231 sich um einen falschen Namen handeln. Überliefert ist ΠΟΥΒΛΙΩΙΑΡΙΣΙΩΝΟΣ, und die nächstliegende Erklärung ist doch allemal, dass hier der Männername Πούβλιος vorliegt. – 2) ICret I p. 311 Nr. 3h BAϹϹ, von der Editorin ohne Not als Βασσώ gedeutet, doch liegt kein Grund vor, warum nicht einfach Βάσσῳ aufgefasst werden soll; ebenso ist die nachfolgende Inschrift Nr. 3i ΑΒΑϹΚΑΝΤ eher Ἀβασκάντῳ zu verstehen. Hier sei noch auf die Auslegung eines anderen Namens in derselben Edition hingewiesen: I. Beroia 453 (6. Jh. n. Chr.), wo die Herausgeber den Namen Lupercia gewinnen wollen; sie geben den Text "[Memoria(;) L]upercia I" wieder. Nach dem im Abbildungsteil publizierten Photo zu schliessen bleibt die Lesung der Anfangsbuchstaben unsicher, doch wäre Lupercia (mit erhaltenem L) vertretbar. Nun ist ein Name Lupercius -ia sonst nicht mit Sicherheit belegt; CIL III 9209, worauf die Editoren hinweisen, gibt uns den fragmentarischen Beleg Lupercia[---], ohne dass es mit Sicherheit hervorgeht, ob Lupercia ein Gentilname oder ein Cognomen wäre;47 ausserdem kann hier auch Lupercia[nus] (Kajanto 318) stecken. In der Zeit des ausgehenden Altertums wäre aber ein aus dem üblichen Cognomen Lupercus mit dem Suffix -ius -ia abgeleitetes Cognomen plausibel. Was den Namenbeleg aus Beroia betrifft, zeigt der auf LUPERCIA folgende Vertikalstrich, dass entweder Luperciae (oder ge- gebenenfalls Luperciai) oder aber Lupercian[us] verstanden werden sollte. Πράτα. Diesen Namen wollen die Herausgeber in einer Inschrift des Heiligtums von Leukopetra (Ph. M. Petsas – M. B. Hatzopoulos – L. Gounaropoulou – P. Paschidis, Inscriptions du sanctuaire de la Mère des Dieux autochthone de Leukopétra (Macédoine), Athènes 2000, 93 Nr. 17 als

Tombstones (Acta Instituti Atheniensis Regni Sueciae, ser. in 4°, 6), Lund 1957, 169 mit Hinweis auf A. Wilhelm, Beiträge zur griechischen Inschriftenkunde (Sonderschriften des ÖAI 7), Wien 1909, 68f.; aber Wilhelm hat nur diesen Namenstyp in rein griechischen Namen festgelegt, über mit diesem Suffix versehene lateinische Namen sagt er nichts; bei der Erklärung von Πουβλιώι vergleichen Fraser und Rönne unvorsichtiger- weise lateinische Namen mit griechischen Endungen wie Ἰουλιᾶς (der gar nicht existiert, denn in der von Cavenaile [auf den die Autoren verweisen] herangezogenen Stelle P. Mich. 203, 23 steht Ἰουλᾶς), Πουπλίωv, die doch ganz anders stehen (-as und -o(n) sind auch lateinische Suffixe). 47 Als Gentilname aufgefasst in G. Alföldy, Die Personennamen in der römischen Provinz Dalmatia, Heidelberg 1969, 95, in Rep. 108 und in OPEL III 38; als Cognomen im Cognominaindex des CIL III. 232 Heikki Solin

Namen der freizugebenden Sklavin festlegen; die Lesung Γράτα (sic!) weisen sie ab. Die Inschrift stammt aus dem Jahr 184/5 n. Chr. Γράτα soll die zu erwartende Form für Πρώτη in einem nordwestlichen Dialekt sein. Man versteht aber nicht, wie gegen Ende des 2. Jh. n. Chr. in Makedonien eine so charakteristisch dorische Form hätte auftauchen können. Auf dem im Abbildungsteil publizierten Abklatsch liest man viel eher ΓΡΑΤΑΝ; ΠΡΑΤΑΝ würde einen Nexus von Π und Ρ voraussetzen (anhand der etwas unscharfen Wiedergabe des Abklatsches fragt man sich ausserdem, ob die zwei letzten Buchstaben des vorausgehenden Wortes einen Nexus mit dem Anfangsbuchstaben unseres Namens haben), was an sich möglich wäre, denn der Steinmetz scheint gelegentlich Nexus zu verwenden, soweit dies der Abbildung des Abklatsches entnommen werden kann (in Z. 2 scheint  in Ἀρτεμιδώρα in Nexus mit den umgebenden Buchstaben geschrieben zu sein, und in θεῶν stehen  und N ebenfalls in Nexus; in Z. 3 stehen Π und Η von ὑπηρετοῦσαν in Nexus). Die von den Editoren eingebrachten Einwände, den Sklaven seien sehr selten lateinische Namen in Leukopetra zugelegt worden und Grata sei sonst nicht in Makedonien belegt, zählen wenig. Im Ganzen sind lateinische Sklavennamen in Griechenland, zudem in der späteren Kaiserzeit, nicht unbekannt und konnten beliebig verwendet werden,48 und was speziell Gratus Grata Γρᾶτος Γρᾶτα betrifft, so ist es als Anthroponym im griechischen Bereich einigermassen verbreitet;49 dass er gerade als Sklavenname nicht belegt ist, beruht auf Zufall. Viatoreilius. Nur im Vorbeigehen sei auf ein wahres Monstrum hingewiesen, das in der neuen Edition philippischer Inschriften von Pilhöfer stehen geblieben ist:50 I. Philippi 80 Viatoreilius Liciniani aus P. Lemerle, BCH 62 (1938) 476 = AE 1939, 45, wo im Index richtig Viator filius Liciniani steht; der Stein hat ein deutliches E statt eines F (wie man dem in BCH publizierten Photo entnehmen kann), und Pilhöfer hat Lemerles Transkription einfach übernommen, ohne zu sehen, dass in AE das Richtige

48 Dazu vgl. H. S., "Griechische und römische Sklavennamen. Eine vergleichende Untersuchung", in Fünfzig Jahre Forschungen zur antiken Sklaverei an der Mainzer Akademie 1950–2000 (Forschungen zur antiken Sklaverei 35), Stuttgart 2001, 307–330. 49 Eine flüchtige Sondierung hat Belege etwa aus Athen, der Peloponnes und Kleinasien ergeben. 50 P. Pilhöfer, Philippi II: Katalog der Inschriften (Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen Testament 119). Tübingen 2000 (die Inschriften aus diesem Band werden im vorliegenden Aufsatz mit I. Philippi zitiert. Analecta epigraphica 233 schon geboten worden war. Ein anderes Monstrum in 391: Tatinia Eniceni mit der köstlichen Bemerkung, ein Name Enicenus sei nirgends nachzu- weisen. Zu lesen ist einfach Tatiniae Niceni. Weiter 513 = CIL III 13707: der Name der Verstorbenen ist in der Abschrift eines lokalen Gewähr- mannes IVLIE⋅EPINI⋅VXORI überliefert. Die Inschrift ist voll von schweren Korruptelen, dieser Name aber lässt sich ohne grosse Mühe in Iuli(a)e Epini verbessern. Flexionsformen auf -n- sind bei Helpis überaus häufig. Und noch 87: in Iuli Fidei soll Fideius vorliegen; hier hat in Irre geführt, dass Fideius in Philippi tatsächlich als Gentilnamen bekannt ist (209. 220),51 hier wird aber ein Cognomen benötigt. Warum also nicht Fides, als Männername bestens bekannt?52

CXCIV. VERKANNTE NAMEN

Chrysodice. Dieser Name liegt vor in AE 1998, 517 aus Dertona, wie aus dem von L. Mercando – G. Paci, Stele romane in Piemonte (MonAnt 57 Misc. 5), Roma 1998, 185 Nr. 111 publizierten Photo hervorgehen dürfte (die Editoren haben seit jeher Chrysodia gelesen, was kein Name ist). Chrysodice ist auch sonst in Italien bekannt, aus Venusia (AE 1981, 261). In der Anthroponymie des griechischen Mutterlandes kann ich ihn zur Zeit nicht nachweisen, doch bereitet es keinerlei Schwierigkeiten, Χρυσοδίκη neben zahlreichen anderen Vollnamen auf Χρυσο- und vor allem auf -δικος -δίκη anzusetzen (den von Bechtel HPN 135f. verzeichneten Bildungen können noch Ἁγνοδίκη und Ἁστυδίκη aus Athen hinzugefügt werden). Semasiologisch verwandt ist der einigermassen verbreitete Name Χρυσόθεμις. Dioga. Die Endklausel der nur durch alte Gewährsleute bekannten, aber einhellig überlieferten philippischen Inschrift CIL III 645 = I. Philippi (Pilhöfer) 429 lautet curantib(us) Albio Vero mil(ite) et Diogan lib(erto). Mommsen hat den letzten Namen nicht verstanden, im Kommentar gibt er nur et Dio.... lib(erto), und im Cognominaindex schreibt er *Diogan..... Noch schlimmer Pilhöfer, der in dem kürzlich erschienenen Katalog der

51 Ist aber sonst nirgends belegt, vgl. O. Salomies, in Roman Onomastics in the Greek East, Athens 1996, 117. 52 Vgl. H. S., "Spes", in Utriusque linguae peritus. Studia in honorem T. Viljamaa, Turku 1997, 3. 234 Heikki Solin

Inschriften von Philippi einen monströsen Namen Diogan(tes) geschaffen hat. Doch der Text ist in Ordnung,53 und die Namen sind nicht abgekürzt geschrieben. Der Mann hiess Dioga. Für den Ablativ Diogan liefern eine perfekte Parallele CIL VI 1159 b = XIV 461 (239 n. Chr.) curatore C. Annio Basiliden und CIL VI 30998 (hadrianisch oder etwa später) cum D. Valerio Chaerean iun(iore) fil(io) (sein Vater heisst in derselben Inschrift D. Valerius Chaereas); nicht fern bleibt CIL VI 1063, 8 (212 n. Chr.) Fulvio Socraten. Auch andere naheliegende Parallelen aus Rom lassen sich anführen: CIL VI 12626 (ca. 2. Jh.) ex Atilia Agnen; 20025 (ca. 2. Jh.) cum Cominia Atalanten; 25683 (hadrianisch oder später) a Vibia Euprepen;54 35308 (Ende 1. Jh. / Anfang 2. Jh.) cum Laudicen sorore.55 Keine dieser Inschriften hat Abkürzungen (ausser den üblichen) oder andere Besonder- heiten aufzuweisen (nur in 12626 finden sich einige Entgleisungen im Text). Vgl. noch CIL VI 27615 Traeboniae Calitychen (Dativ). Umgekehrt bietet 6027 (augusteisch) Terentia C. l. Prognen ein parasitäres n.56 Was die Frauennamenbelege betrifft, so fällt es schwer, sie allesamt als abgekürzte Ablative aufzufassen, z. B. cum Cominia Atalanten(e),57 da die Inschriften sonst keine Abkürzungen aufweisen. Erst recht geht diese Erklärung für Chaerean und Diogan nicht an, denn eine n-Flexion Chaereas Chaereanis wäre recht sonderbar (dagegen ist die Flexion Socraten- einigermassen bezeugt). Eher liegt hier Verwechslung von Ablativ und Akkusativ vor; warum aber der Gentilname regelrecht im Ablativ steht, während das Cognomen die Akkusativendung -an -en erhält, ist schwieriger zu bestimmen. Vielleicht liegt der Grund darin, dass das auslautende m schwach geworden war (die romanischen Sprachen haben ja, von winzigen

53 Ganz unnötigerweise definiert Reisch, ThlL Onom. III 166, 12f. die Inschrift als einen 'titulus male lectus'. 54 Vidman will im Cognominaindex zu CIL VI als Nominativ Euprepes feststellen, schwerlich zu recht, denn Euprepes ist Männername. Euprepe ist eine plausible Bildung (vgl. z. B. Asphale neben Asphales), und tatsächlich auch belegt: ICUR 7202). 55 Nichts zu diesen Formen bei P. Frei, Die Flexion griechischer Namen der 1. Deklination im Latein, Diss. Zürich 1958. 56 Die Inschrift wurde von Editoren des CIL VI nicht gesehen, doch dürfte PROGNEN feststehen; PROGEN von Lanciani ist eine Art lectio facilior, die aber zu nichts führt, denn Namen auf Proge- gibt es nicht. 57 Nach E. Diehl, De M finali epigraphica (FleckJb Suppl. 25, 1), Leipzig 1899, 23 sei dies die nächstliegende Erklärung, da nach dem Namen benemerenti im Dativ folge! Andere der hier angeführten Fälle kennt Diehl nicht. Analecta epigraphica 235

Ausnahmen abgesehen, keine Spur von ihm bewahrt), während das aus- lautende n sich besser bewährte. So wurde im lateinischen Gentilnamen der auslautende Nasal weggelassen, aber im griechischen Cognomen bewahrt. Andererseits kann in vulgären Inschriften der Autor in einem Präpositional- ausdruck korrekt mit Ablativ anfangen, um dann im zweiten Glied in den Akkusativ überzugehen: z. B. TPSulp 45, 3, 6f. (37 n. Chr.) ab aeodem Euno; CPL 193, 12 aeadem diem.58 Auch in unseren Fällen könnte demnach eine pure Verwechslung zwischen Ablativ und Akkusativ vorliegen. Florentia. In MAMA III 538 (Korykos) σοματοθήκη ... καὶ τῖς αὐτοῦ συνβίω Φλορέννας + liegt zweifellos Genetiv von Florentia vor (im Index verkannt). Pudens. M. H. Sayar, Perinthos-Herakleia (Marmara Ereğlisi) und Umgebung (DAW 269 = Veröff. Kleinasiat. Komm. 9), Wien 1998, 286f. Nr. 109 publiziert als Erstherausgeber folgenden Text: [Pr]udentiu[s / ] ARKAG[ usw. Als Datierung wird 1./2. Jh. vorgeschlagen. Keine Einwände werden in AE 1998, 1177 erhoben, nur wird die Datierung aufs 2. Jh. eingeengt. Diese Auslegung ist aber unmöglich. Denn Prudentius ist ein später Name, der vor dem 3. Jh. undenkbar wäre (ausserdem müsste von dem vermeintlichen R vor V etwas vom Schwanz der abfallenden Haste sichtbar sein). Auch andere Namen auf -udentius stehen nicht zur Verfügung, weder Gentilicia noch Cognomina: alle mit dieser Endung versehenen Cognomina sind späte Gebilde, und für die wenigen Gentil- namen trifft dasselbe zu; sie sind ausserdem allesamt nur in den nordlichen Provinzen belegt. Die Inschrift, nach den Buchstabenformen zu schliessen, gehört aber der guten Prinzipatszeit an: sie muss spätestens aus dem 2. Jh. stammen. Nun erkennt man auf dem Photo zwischen VDENTI und V einen Trennpunkt, so dass die Lesung [--- P]udenti sich von selbst ergibt. Die zweite Zeile liest der Editor ARKAG und vermutet darin Akrage[nsis] durch Metathese. Ein sonderbarer Einfall. Nach ARK ist ein deutlicher Trennpunkt sichtbar, also etwa ark(arius), gefolgt vielleicht von ac(tarius) o. ä. Sowohl arcarii als auch actarii waren z. B. im Militär beschäftigt, und Pudens ist ein beliebtes Cognomen in Soldatenkreisen. Pythidoris in RendLincei 1979, 47 Nr. 35 = AE 1979, 58: siehe unten unter "Varia urbana".

58 Weitere Belege bei J. N. Adams, ZPE 82 (1990) 243. 236 Heikki Solin

CXCV. VARIA URBANA

1. CIL VI 2261, von Henzen aufgrund älterer Gewährsleute publiziert, existiert noch heute in der Villa Altieri, dort von St. Fox, Xenia Antiqua 5 (1996) 207 Nr. 76 (= AE 1997, 157) gesehen und als Ineditum publiziert. Henzen druckt die Namen der Mutter und des Sohnes Galene und Galenus, während Lupi und Maffei Calene und Calenus gelesen hatten; so jetzt auch Fox. Ohne Autopsie fällt die Entscheidung schwer; für Gal- könnte die griechische Endung des Namens der Mutter sprechen, sowie die Tatsache, dass Galenus und Galene viel üblichere Namen in Rom waren, besonders in den Kreisen, aus denen die Personen kommen. 2. CIL VI 8936 (gesehen von de Rossi und Gatti) wurde von S. Frascati, La collezione epigrafica di Giovanni Battista de Rossi presso il Pontificio Istituto di Archeologia cristiana (Sussidi allo studio delle antichità cristiane 11), Città del Vaticano 1997, 170 Nr. 126 (= AE 1997, 161) als Ineditum publiziert. Wenn de Rossi und Gatti die letzte Zeile richtig gelesen haben, muss dort [---]a Felicula gestanden haben. 3. CIL VI 29022 beginnt in der Abschrift des einzigen Zeugen, des im 16. Jh. in Ferrara wirksamen Florentiner Humanisten Alberto Lollio d. m. Viriae Aristocletâe.59 Das Cognomen der Verstorbenen wird von Henzen ohne Not in ARISTOCLEae geändert (so auch Vidman in seinem Cognominaindex). Aristocleta lässt sich gut vertreten. Ἀριστόκλειτος wäre ein gut griechischer Name, freilich zur Zeit nicht belegbar (der bei Bechtel HPN 70 zitierte Beleg ist hinfällig).60 Andererseits sind Ἀριστοκλῆς und Ἀριστόκλεια sehr beliebte Namen überall in der griechischen Welt; in Rom aber kommt der Frauenname nur okkasionell vor (s. GPN2, im Druck). Wie -κλεια in Rom sowohl mit -clea wie -clia wiedergegeben wird, so konnte man gelegentlich analog dazu -cleta statt -clita schreiben, sofern es sich nicht um eine Verschreibung oder Verlesung handelt. 4. Unter RendLincei 1979, 47 Nr. 35 (S. Silberstein Trevisani) = AE 1979, 58 findet sich eine Namenliste, deren Inhalt mich schon längere Zeit beschäftigt. Vor allem die Lesung der ersten Zeile, von der Herausgeberin

59 An sich kann nichts Genaues vom Wert der Abschriften von Lollio gesagt werden, denn er hat nur von anderen geschöpft. 60 Der von Bechtel zitierte Beleg ist IG IX 2, 522, aber dort ist Ἀριστοκλεῖ τῷ Νικωνίδου statt Ἀριστοκλείτῳ Νικωνίδου zu lesen: A. Wilhelm, Griechische Inschriften rechtlichen Inhalts, Athen 1952, 37–43. Analecta epigraphica 237

Pithioordeu[s] wiedergegeben, ist mir ein Dorn im Auge. Jetzt glaube ich das Rätsel gelöst zu haben. Ich lese PYTHIDORISEV[---] und lege dort den Namen Pythidoris fest, der neu ist. Der obere Teil der Buchstaben dieser Zeile ist abgebrochen, und so bereitet es keinerlei Schwierigkeiten, als zweiten Buchstaben ein Y statt I anzunehmen.Alle anderen Buchstaben dürften sicher sein, ausser D, das aber vielleicht nur schlecht gelungen ist, oder aber sein runder unterer linker Bogen ist von der Unziale beeinflusst worden – solche Formen sind in der späten Zeit, der die Inschrift angehört, nicht erstaunlich. Eine Datierung etwa ins 4. Jh. n. Chr.scheint naheliegend, wie aus den Buchstabenformen und dem onomastischen Befund ersichtlich wird; dazu mehr unten. EV, das auf Pythidoris folgt, kann zum zweiten Namen der Pythidoris gehören oder einen neuen Namen anfangen oder aber ein Appellativ vertreten. Im Griechischen sind neben zahlreichen Vollnamen auf Πυθο- einige Bildungen auf Πυθιο- bekannt, wie Πυθιόνικος aus Athen (Bechtel HPN 389, wo noch Πυθιογείτων SEG XIX 359c [Thespiai, 4./3. Jh. v. Chr.] nachgetragen werden kann), ganz wie die zwei Vollnamen- sippen auf Διονυσο- und Διονυσιο- nebeneinander stehen (Bechtel HPN 137f.).61 Die Namen auf Διονυσιο- und Πυθιο-, die zu den Festnamen Διονύσια und Πύθια gehören, werden im Griechischen oft zu Διονυσι- und Πυθι- verkürzt; in Rom aber schrieb man regelmässig Dionysiodorus, der in stadtrömischen Urkunden sechsmal neben Dionysodorus (fünfmal) belegt ist (dazu eine Dionysodoris in ICUR 22417 = CIL VI 16890);62 hier hätten wir die verkürzte Form. Frauennamen auf -doris sind keine Seltenheit in Rom, dafür bürgt Pythodoris selbst, für Rom aus CIL VI 18413 gesichert. Aber Πυθιόδωρος lässt sich auch in Griechenland belegen (er fehlt bei Bechtel): der Philosoph Pythiodoros aus Ägypten, erwähnt zum Jahre 362 n. Chr. (RE XXIV 550 = PLRE I 756).63 – Sonst genügen wenige Worte zum Text. Eigenartig ist der Name Ferrucio, der zu der grossen Sippe Ferr- gehört

61 Bei Bechtel nachzutragen Διονύσιππος, Διονυσόφιλος, Διονυσοφῶν, alle aus Athen (die Belege in LGPN II) und Διονύσερμος, belegt aus Jonien (L. Robert, RA 1966, 216– 222 vgl. G. Daux, BCH 91 [1967] 491–493: Statue aus dem 6. Jh., unbekannter Herkunft, aber in jonischem Stil), in Massalia (ParPass 37 [1982] 360–370 vgl. O. Masson, JS 1985, 20 = seine Onomastica Graeca selecta II 478) und in (IPE I2 216 Διονυσέρμ[ου]); auch in Rom: AE 1985, 220 (falsch unter Ostia). 62 Die Zahlen sind der im Druck befindlichen Neuauflage meines griechischen Namen- buches entnommen. 63 In LGPN III B, 366 wird ihm unverständlicherweise Herkunft aus Thebai in Boiotien zugeschrieben. 238 Heikki Solin

(Rep.2 78. 331. 483. 499) und dessen Bildung vielleicht an einem an sich unbelegten Gentilnamen *Ferrucius orientiert ist (sonst s. die Bemerkungen der Editorin). Herculis (wenn so zu lesen) ist nicht mit der Herausgeberin als Variante von Hercules zu nehmen, denn dieser ist eine höchst seltene Namenbildung, vielmehr ist Herculius zu verstehen mit der für die späte Zeit charakteristischen Auslassung von u. Die Namenliste besteht aus lauter Cognomina, denn die akephal erhaltenen Namen in der linken Kolumne können nicht Gentilicia sein, wie aus Zeile 3 hervorgeht. Männer- und Frauennamen werden gemischt dargeboten, und in der erhaltenen Kolumne wechseln sie regelmässig ab. Der zweimal vorkommende Name Scintilla ist wohl Frauenname, wenigstens ist er nur als solcher belegt; freilich handelt es sich um keinen verbreiteten Namen, ausser Habinnas' Frau etwa zehnmal in Rom, Hispanien und Africa belegt.64 Was die Datierung der Inschrift betrifft, gehört sie sicher der späteren Kaiserzeit, etwa dem 4. Jh., an, wie die Buchstabenformen und die Namen zeigen (Gebrauch nur eines Namens, charakteristisch späte Bildungen wie Herculius).

CXCVI. MINIMA CYZICENA

Κούλκιε καὶ Δεκμιανὴ τῷ τέκνῳ Μοδέστῳ μνήμης χάριν. So publiziert E. Schwertheim als Erstherausgeber I. Kyzikos I 358. Kein Wort über den Textverlauf im Kommentar. Die Form des ersten Namens macht jedoch stutzig. Im Namenindex steht nur Κούλκιος, ein Name, der auch sonst in Kyzikos vorkommt. Nun bediente sich der Steinmetz lunarer Buchstabenformen, so dass sich der Verdacht aufdrängt, auf dem Stein habe ΚΟΥΛΚΙϹ gestanden (also Verschreibung oder Verlesung). Wenigstens muss hier so verstanden werden (-ις statt -ιος ist eine ganz übliche Schreibung). Schwertheim ergänzt sodann den Namen des Verstorbenen in I. Kyzikos I 389 = II 121 ohne Vorbehalt [Οὐα]λεντιανός. Valentianus ist jedoch ein recht selten belegter Name, weswegen auch andere Ergänzungen in Frage kommen wie etwa Lentianus, auch dies selten, oder Pollentianus, ein Name, der an sich nirgends belegt ist, doch neben Pollentinus eine plausible Bildung vertritt.

64 Kajanto Latin Cognomina 341 verzeichnet fünf Belege. Dazu noch mehrere weitere hispanische Belege: AE 1934, 25. 1987, 635. IRLeón 171. Analecta epigraphica 239

CXCVII. ÄGYPTISCHES IN CAESAREA MARITIMA?

C. M. Lehmann und K. G. Holum, The Greek and Latin Inscriptions of Caesarea Maritima (The Joint Expedition to Caesarea Maritima. Excavation Reports 5), Boston 2000 publizieren unter Nr. 158 eine Grab- inschrift, die sie als ein "Egyptian Epitaph for Priskos Nemonianos and Isidora" betiteln. Diese Auslegung ist irrig. Der zweite Name des ersten verstorbenen Kindes Νεμωνιανός soll ein in Ägypten gebrauchter Name gewesen sein; zu diesem Schlußsatz kommen die Editoren aufgrund der in Preisigkes Namenbuch stehenden Angaben. In Wirklichkeit schrumpfen die zahlreichen bei Preisigke (und Foraboschi) aufgelisteten Belege auf einen einzigen Namensträger zusammen, einen Beamten der Steuererhebungs- verwaltung in Syene in der zweiten Hälfte des 2. Jh., namens Μᾶρκος Ἄννιος Νεμωνιανός, samt seinem gleichnamigen Sohn; alle Belegstellen aus den zahlreichen Ostraka beziehen sich auf die beiden; der Sohn, der zum Unterschied vom Vater νεώτερος genannt wird, war in derselben Verwaltung in der ersten Hälfte des 3. Jh. tätig.65 Sonst sind aus Ägypten das Gentilicium Νεμώνιος als Einzelname belegt (Wilcken Ostraka 276, 186/187 n. Chr.; SB 243 [Grabinschrift aus römischer Zeit]66), sowie die oben 211 angeführte Ableitung Νεμωνᾶς bekannt (sonst nirgends belegt). Nemonius war ein römischer Gentilname, besonders in Campanien (aber auch sonst, etwa in den gallischen Provinzen) verbreitet,67 hat aber wenige Derivate zustandegebracht, ja nur die hier oben genannten, von denen Nemonianus nur für die Steuererhebungsmännern und das Kind aus Caesarea belegt ist. Zum Schluss sei noch erwähnt, dass Nemonius im Osten als Einzelname noch auf Thasos vorkommt (IG XII 8, 325, Suppl. 445, 2. Jh. n. Chr.). Dies macht Nemonianus doch noch nicht zu einem für Ägypten typischen Namen;68 um von allem anderen zu schweigen, sei daran erinnert,

65 Die Belege sind: Wilcken Ostraka 291. 297–300. 1460. O. Strassb. 286. SB 9545, 24, 3. 9604, 24, 3. AE 1996, 1652. 1654. 66 Hier ist Νεμόνις und nicht mit den Editoren Νεμονίς zu schreiben, denn Νεμόνις stellt eindeutig die abgekürzte maskuline Nominativendung dar. 67 Ausser den in CIL X publizierten Inschriften: MGR 2 (1968) 369 Nr. 24 (Formiae); MonAnt 24, 1 (1917) 180 (Messana); Inedita aus Ulubrae und Puteoli. 68 Erst recht ist eine sprachliche Herleitung aus dem Ägyptischen auszuschliessen; einheimische Namen, die Nemoni(an)us zurunde liegen könnten, sind nicht vorhanden, aus den Listen bei W. Brunsch, Untersuchungen zu den griechischen Wiedergaben ägyptischer Personennamen, Enchoria 8 (1978) 131 zu schliessen. 240 Heikki Solin dass besonders Ableitungen auf -ιανός und -ᾶς, die uns hier begegnen, in der Bildung neuer Cognomina aus lateinischen Namenstämmen gerade im griechischen Osten benutzt wurden. Dasselbe trifft für den Namen des zweiten Kindes zu; ob er nun Ἰσίδωρος oder Ἰσιδώρα war,69 als typisch ägyptisch darf er nicht gewertet werden, denn dieser Name ist ja überall in der Mittelmeerwelt modisch geworden.70 Was endlich die Formel δοῖ σοι ὁ Ὄσειρις τὸ ψυχρὸν ὕδωρ betrifft, ist auch sie kein Beweis für ägyptische Herkunft der Familie, denn sie ist auch ausserhalb von Ägypten verbreitet; hier nur die Belege aus Rom: IGUR 432. 628 (= CIL VI 20616). 720. 836. In all diesen Fällen ist nichts von ägyptischem Einfluss nachzuweisen (im Gegenteil, der Errichter von 836 könnte aus Kleinasien stammen, nach seinem Cognomen Ηλεις zu schliessen). Osiris war ja ein viel verehrter Gott überall in der Mittelmeerwelt geworden.

CXCVIII. NOCHMALS VERKANNTE CHRISTLICHE INSCHRIFTEN

Ich habe in den zwei vorigen Jahrgängen des Arctos 33 (1999) 201f. 34 (2000) 186–192 mir bekannte Fälle von seit jeher bekannten altchrist- lichen stadtrömischen Inschriften zusammengestellt, die aus dem einen oder anderen Grund in dem römischen altchristlichen Inschriftenwerk fehlen. Hier seien noch zwei weitere Inschriften ans Licht gebracht, auf die ich bei der Durchsicht des zweiten, Italien gewidmeten Bandes der kürzlich publizierten Prosopographie chrétienne du Bas-Empire (Paris 1999) gestossen bin. Marco Buonocore hat mich auf bewährte Weise bei der Suche nach älteren Gewährsleuten unterstützt. Marini, Cod. Vat. Lat. 9076 f. 251 Nr. 279 hat aus den Scheden des Suaresius mit der Herkunftsangabe "Romae in vinea monasterii SS. Iohannis et Pauli in ambitu sarcophagi" folgenden Text abgeschrieben:

69 Der Name steht im Text in Vokativ Ἰσίδωρε, was auf einen Männernamen schliessen liesse. Die Herausgeber haben aber einige Gründe dafür genannt, wonach hier an ein Steinmetzirrtum für Ἰσιδώρα zu denken sei. Die Entscheidung fällt schwer, jedenfalls ist die von den Editoren vorgenommene Konjektur etwas gewaltsam. 70 Zur Verbreitung von Isis-Namen in der griechischen Welt neuerdings R. Parker, "Theophoric Names and the History of Greek Religion", in Greek Personal Names. Their value as evidence, edited by S. Hornblower & E. Matthews (Proceedings of the British Academy 104), Oxford 2000, 74f. Analecta epigraphica 241

+ ic req(uiescit) in pace Anast(asius) subdi(aconus) reg(ionarius) s(an)c(ta)e eccle(siae) Rom(anae), qui bixit anno(s) plus minus [---].

Derselbe Text kehrt nochmals bei Marini, Cod. Vat. Lat. 9072 p. 406 Nr. 7 wieder (diesmal aus Filippo Rondinini, De sanctis martyribus Johanne et Paulo, eorumque basilica in urbe Roma, Romae 1727, 169f., der den Text wiederum aus Fioravanti Martinelli hat, Roma ex ethnica sacra, Romae 1653, 130, freilich schlecht kopiert; Marini korrigiert stillschweigend). Der mit einem hochinteressanten Titel beladene Mann hat – zum Glück – aus Marini seinen Weg in die Pariser Prosopographie gefunden (120 Nr. 22). Die Inschrift trägt keine Datierung, sie gehört aber augenscheinlich der Zeit des ausgehenden Altertums an (die Editoren der Prosopographie denken ans 6./7. Jh.). – Aus der Wiedergabe des Textes bei Marini zu schliessen, folgte nach PLVS MINVS eine sehr kurze Altersgabe, mit einer oder höchst zwei Ziffern. zum Beispiel L oder LX o. ä. Derselbe Marini, Cod. Vat. Lat. 9079 f. 6 Nr. 1002 = 9072 p. 421 Nr. 3 gibt folgende Inschrift "ex coem. Priscillae" wieder:

Calepodius XPI / famulus decessit / Non(is) Februarii(s).

Der Text fehlt im achten und neunten Band von ICUR, in denen die Priscilla-Inschriften stehen. Der Mann steht in der Pariser Prosopographie 378 Nr. 2 (in die Angabe der Folie bei Marini 9072 hat sich ein Versehen eingeschlichen: 421, nicht 412) mit einem Datierungsansatz ins 4./5. Jh.

Universität Helsinki