Schweízerische Eidgenossenschaft Eidgenõssisches Departement für Verteidigung, Confédération suisse Bevõlkerungsschutz und Sport VBS Confederazione Svizzera Schweizer Armee Confederaziun svizra

FRL 14.03.2008

Korpskommandant Roland Nef

175 Jahre Eidg. Truppen Der Chef der Armee an der Jubilãumsversammlung der SOG -15. Mãrz 2008

Es gilt nu r das gesprochene Wort- Sperrfrist, 15.3.2008, 11 :OOh

Egregio signor presidente

Stimati delegati

Egregio Consigliere federale

Stimati membri delle autorità

Stimati membri delle camere

Egregi colleghi alti ufficiali superiori

Gentili signore, egregi signori,

Gentili rappresentanti dei media

Sona molto lieto di essere qui con voi in occasione dell'assemblea giubi­ lare dei delegati della Società svizzera degli ufficiali.

1/14 Chi giunge a e contempla questi fantastici castelli, si rende conto del fatto che l'attacco e la difesa stanno vivendo un mutamento storico.

Fino all'invenzione della polvere da sparo, questi castelli costituivano una soluzione ottimale; in epoche successive, il nostro Paese ha dovuto tro­ vare e ha sempre trovato nuove soluzioni.

Ammirando questi castelli, dobbiamo ricordarci di tale processo e del fat­ to che il nostro esercito dev'essere radicato nel presente se vuole avere un futuro.

Tuttavia, la visione di questi castelli dovrebbe sempre essere motivo di

QIOia.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, natürlich hoffe ich, dass lhnen auch der Anblick des Bundeshauses in immer wieder aufs Neue

Freude macht. Mag sich auch die Begeisterung über die Entscheide, die dort gefãllt werden, hie und da in Grenzen halten, so ist die Freude an der Art und Weise, wie wir in diesem Land miteinander um die besten

Entscheide ringen, ungebrochen.

2/14 So jedenfalls geht es mir, wenn ich am Morgen ins Bundeshaus zur Ar­ beit schreite.

Wenn ich ins Bundeshaus eintrete, passiere ich alsbald die Büsten der vier Oberbefehlshaber der Schweizer Armee:

Guillaume-Henri Dufour, , und .

Und an dieses "Viergestirn" der Schweizer Armee will ich mich im fol­ genden in meinen Ausführungen halten.

Was bedeuten diese grossen Gestalten unserer Wehrgeschichte für mein Tageswerk? Welche Erkenntnisse kann ich für mein Denken und

Handeln aus ihrem Tun ableiten? Welche, die Jahrhunderte und Jahr­ zehnte überdauernden Konsequenzen kann ich für unsere heutige Ar­ mee ziehen? Auf diese Fragen mõchte ich eingehen.

Le 21 octobre 1847, la Diàte fédérale élit Guillaume-Henri Dufour comme général et commandant en chef des troupes fédérales. Malgré quelques réticences, i/ accepta la mission de dissoudre le Sonderbund. Apràs avoir discuté avec ses commandants e t atin de prévenir les excàs, le général s'adressa à ses troupes:

Ordre du jour du général Dufour lors de l'ouverture de la campagne. Du quartier général à Berne, le 5 novembre 1847:

3/14 « Soldats ! 11 faut sortir de cette lutte, non seulement victorieux, mais encore sans reproches ; i l faut qu'on puisse dire de vous : iis ont vaillamment combattu quand i l l' a fali u, mais se sont montrés partout humains et généreux.

Je mets donc sous votre sauvegarde les enfants, les vieillards, les femmes et les ministres de la religion. Celui qui porte la main sur u ne personne inoffensive se déshonore et souille son drapeau !

Les prisonniers, et surtout les blessés, méritent d'autant plus vos

égards et votre compassion que vous vous êtes souvent trouvés avec eux dans les mêmes camps.

Vous ne ferez aucun dégât inutile dans les campagnes et saurez faire face aux privations momentanées imposées par la saison, malgré tous les efforts qui seront fournis pour assurer votre subsis- tance."

Fin de citation.

A la suite d' u ne campagne de trois semaines habilement conduite et peu sanglante, les cantons dissidents capitulêrent. Guillaume-Henri Dufour avait accompli sa mission, soit conduire une armée de parti dans le ca­ dre d'une guerre civile, avec prudence et prévoyance. Par la suite, le gé-

4/14 néral Dufour a été engagé à trois reprises en tant que commandant en chef.

Mit dem frei schwebenden, weissen Schweizer Kreuz im roten Feld, das,

1815 von Niklaus Franz Bachmann für die Armeebinde eingeführt, 1840 auf das Betreiben von Guillaume-Henri Dufour als erste gesamtschwei­ zerische Truppenfahne geschaffen wurde, erinnern wir uns an diesen unermüdlichen Vorkãmpfer für den nationalen Zusammenhalt.

Dieses Schweizer Kreuz, das spricht aus Dufours Leben und Werk, ist für alle Schweizerinnen und Schweizer da. Diese Überzeugung hat Ge­ neral Dufour gelebt, das ist seine Botschaft, die ich mitnehme und daran denke ich, wenn ich als Chef der Armee auf dem frisch renovierten Bun­ deshaus die Fahne flattern sehe.

lch komme zum nãchsten Konflikt und zum nãchsten Oberbefehlshaber.

Am 19. Juli 1870, am Tag der Kriegserklãrung Frankreichs an Preussen, wãhlte die vereinigte Bundesversammlung Hans Herzog zum Oberbe­ fehlshaber der eidgenõssischen Truppen, die von Schaffhausen bis zum

Pruntruterzipfel die Grenzübergãnge zu sichern hatten.

5/14 Nachdem sich das Kampfgeschehen zunachst von der Schweiz entfernt hatte, naherte sich der Krieg i m Dezember 1870 wieder der Schweiz.

Der Bundesrat beschloss, Truppen für den Grenzschutz im Jura aufzu­ bieten. In Eilmarschen verschob nun der die Truppen in die be­ drohte Grenzregion, wohin die võllig demoralisierte franzõsische Ostar­ mee unter General Bourbaki abgedrangt wurde.

In der Nacht vom 31. Januar auf den 1. Februar diktierte General Herzog den franzõsischen Unterhandlern die Bedingungen für die Aufnahme.

Danach begann in Les Verriéres die Entwaffnung und lnternierung von

über 80'000 verlumpten und halb verhungerten Soldaten.

Für sein Engagement u m die Neutralitat im Krieg bekam General Herzog von Bismarck einen Ehrensabel und in der Schweiz, zum Beispiel in Birr oder Genf oder Windisch finden si eh zahlreiche Denkmaler, welche die dankbaren Franzosen errichtet haben. Das war und bleibt eine muster­ gültige historische Leistung!

Bei General Herzog ist die Botschaft eine doppelte: Zum ei nen ist es sein situatives Handeln. Vorbereitet wurde die Verhinderung von Umfas­ sungen im deutsch/franzõsischen Krieg, aber plõtzlich ging es um die lnternierung von über 80'000 Soldaten. In Windeseile und mit grossem

Geschick hatte General Herzog die eidgenõssischen Truppen für die

6/14 neue Situation aufgestellt und vor allem auch auf die neue Lage einge­ stellt. General Herzog ist mir in Bezug auf situatives Handeln und Even­ tualplanung ein grosses Vorbild.

Bei Herzog findet sich eine weitere, zeitlose Botschaft:

Man muss auch erkennen, wenn ein lnstrument nicht mehr den Anforde­ rungen entspricht.

In seinen beiden Berichten über die Grenzbesetzung im deutsch/franzõsischen Krieg deckte Hans Herzog die Schwãchen der fõderalistisch geprãgten, auf kantonalen Kontingenten beruhenden Ar­ mee schonungslos auf.

Bestrebungen zur Zentralisierung der Armee erhielten durch seine Über• legungen Auftrieb und wurden schliesslich in der Bundesverfassung von

1874 verankert. Die Gesetzgebung über das Heerwesen wurde dem

Bund übertragen, der den Vollzug durch die Kantone überwachte. Das

Kontingentssystem wurde abgeschafft.

General Herzog hatte mit seiner nüchternen Analyse zweifellos die ent­ scheidenden Beitrãge zur notwendigen Weiterentwicklung der Armee geliefert.

7/14 Der nüchterne Blick aut die Bedrohung, aut die Rahmenbedingungen, aber natürlich auch aut die Armee an sich, ist unabdingbar, wenn man diese voranbringen will. Das nehme ich aus der Auseinandersetzung mit

General Hans Herzog mit.

Damit komme ich zum Oberbetehlshaber des Ersten Weltkrieges, zu Ul­ rich Wille, der wegen seiner "Deutschtreundlichkeit" insbesondere bei den Sozialdemokraten als General umstritten war. Seine tachliche Kom­ petenz stand jedoch tür jedermann ausser Zweitel.

Anlãsslich des Besuchs von Kaiser Wilhelm 11. in der Schweiz, leitete er als Korpskommandant 1912 das so genannte Kaisermanõver, das bei den zahlreichen auslãndischen Gãsten einen nachhaltigen Eindruck hin­ terliess. Die Zuschauer waren danach überzeugt, dass die Schweizer

Armee den Neutralitatsschutz ernst nahm und in einem Krieg bestehen konnte. Die Wahl Ulrich Willes zum Oberbetehlshaber am 3. August

1914 anstelle des ursprünglich vorgesehenen Generalstabschets, Theo­ phil Sprecher, war damit auch als Zeichen gegenüber dem Ausland zu verstehen, dass die Schweiz diese Neutralitat durchsetzen würde.

Auch i m Zusammenhang mit General Ulrich Wille mõchte ich aut zwei

Bereiche zu sprechen kommen, deren Gegenwartsbezug aut der Hand liegt.

8/14 Erstens: Die Disziplin.

General Ulrich Wille hatte messerscharf erkannt, dass es für den Wandel und für die Verbesserung, gerade der Milizarmee, Disziplin braucht. Dis­ ziplin bildete für ihn die Grundlage der Modernisierung.

Disziplin, mei ne sehr verehrten Damen und Herren, ist eine zeitlose For­ derung. Wohlgemerkt: lch spreche nicht von Schinderei und Formalis­ mus, ich spreche von Disziplin, wie wir sie in der Armee heute verstehen. l eh zitiere Artikel 13 Absatz 1 im Dienstreglement 04:

"Das Erreichen der gesetzten Ziele setzt bei allen Angehõrigen eines mi­ litãrischen Verbandes diszipliniertes Verhalten voraus. Disziplin heisst:

Der einzelne stellt sei ne persõnlichen lnteressen und Wünsche zuguns­ ten des Ganzen zurück und gibt im Sinne des Auftrags sein Bestes." Zi­ tat Ende.

Mit dieser Definition, die sich bei ihm in ganz ãhnlicher Form findet, lebt ein Teil von Ulrich Wille in der heutigen Armee weiter.

l eh mõchte i m Zusammenhang mit General Wille als Zweites auf sei ne

Zusammenarbeit mit Theophil Sprecher von Bernegg, der als Oberbe­ fehlshaber übergangen wurde und danach gleichwohl ein überaus loya­ ler Chef des Generalstabs war, eingehen.

9/14 Nein, Sprecher und Wille waren wahrlich keine Freunde. Aber Theophil

Sprecher akzeptierte Willes Wahl zum General und lieferte damit ein Ex­ empel für die Fãhigkeit, Personen- und Sachebene zu trennen. Wille und

Sprecher arbeiteten in der Folge sehr gut zusammen und das Volk machte sich bald einen Reim daraus: "Was Wille will und Sprecher spricht, das tu e gern un d murre nicht".

Damit komme ich nun zum bisher letzten Oberbefehlshaber, zu General

Henri Guisan:

Mit dem 1. Weltkrieg endete die relativ ideologiefreie Zeit des 19. Jahr­ hunderts; zuerst in Russland und dann in ltalien kamen ldeologien und ldeologen an die Macht. Als Guisan 1919 mit seinem Regiment in Zürich

Ordnungsdienst versah, wurde er aus nãchster Nahe Zeuge dieser Ent­ wicklung und der damit einhergehenden Spannungen.

Dan k seines kontaktfreudigen Naturells war Henri Guisan beliebt und wurde 1932 vom Vorsteher des eidgenõssischen Militãrdepartementes,

Bundesrat Ruedi Minger, bei der Wahl zum Korpskommandanten unter­ stützt. Minger war es auch, der Guisan zu seinen volkskulturellen und

"volksverbindenden" Vortragsreisen durch die Schweiz anregte, natürlich um ihn im Land bekannt zu machen.

10/14 Am 30. August 1939, also zwei Tage vor dem deutschen Überfall auf Po­ len, wurde Henri Guisan von der Bundesversammlung zum Oberbe­ fehlshaber bestimmt.

Auch i m Falle Guisans lege ich meinen Finger auf zwei Eigenschaften, die mir losgelõst von jeder Zeit gültig scheinen.

Erstens:

General Henri Guisan war ein erkenn- und sichtbares Symbol für demo­ kratische Ordnung in freier Selbstbestimmung. Er war ei ne lntegrations­ figur durch und durch, mit einer ausserordentlichen Menschenfreundlich­ keit. Vielfalt in der Einheit, getreu dem Kellerschen Freundschaft in der

Freiheit, dafür steht General Henri Guisan noch heute.

Und darum ist er auch eine Lichtgestalt für unsere Milizarmee, deren

Bedeutung für das Land als Ausdruck unserer gemeinsamen Selbstver­ antwortungskultur er vielleicht wie kein zweiter erkannt hatte.

Zum zweiten Gedanken:

General Henri Guisan steht aber auch für ungebrochenen Kampfwillen.

Diesen Kampfwillen verlor er auch im Juni 1940 nicht als Frankreich fiel.

Schon ei nen Monat spãter, am 25. Juli 1940, berief er alle Truppen-

11/14 kommandanten - ab Stufe Bataillon und Abteilung aufwarts -aut das Rüt• li, um sie von der Zurücknahme der Armee ins Réduit in Kenntnis zu set­ zen.

Guisan beseelte Armee und Volk mit seinem Widerstandsgeist und scharte Volk und Truppe mit seiner Entschlossenheit h inter sich. l eh glaube, dass wir uns von seinem unbedingten Kampfwillen und sei­ nen Überzeugungen immer wieder inspirieren lassen sollten.

lch komme zum Schluss.

Wir alle, mei ne Damen und Herren, sind Erben dieser vier Oberbefehls­ haber. Von Guillaume-Henri Dufour, von Hans Herzog, von Ulrich Wille und von Henri Guisan. Wir sind die Erben der Kritiker, wir sind die Erben der Erneuerer und der Bewahrer.

Von General Dufour nehme ich mit, dass die Schweizer Fahne für das

Gemeinsame steht, dass die Schweizer Fahne für die Vielfalt steht, die unser Land stark macht. Dass in ihr unser Zusammenhalt zum Ausdruck kommt und dass die Milizarmee die Freiheit dieser Fahne schützt.

General Herzog lieferte mit der lnternierung der Bourbaki-Armee ein

Musterbeispiel für situatives Handeln. Gleichzeitig bildeten seine nüch• ternen und ehrlichen Berichte zum Zustand der Armee den Grundstein zur notwendigen Weiterentwicklung.

12/14 Von Ulrich Wille stammt die Einsicht, dass wir die gesetzten Ziele n ur dann erreichen kõnnen, wenn es der einzelne versteht, seine persõnli­ chen lnteressen und Wünsche immer wieder zugunsten des Ganzen zu­ rückzustellen.

In der Zusammenarbeit von Theophil Sprecher von Bernegg mit Wille erkenne ich weiter, was es heisst, die Personen- und Sachebene erfolg­ reich trennen zu kõnnen.

l m Falle von General Guisan bewahre ich mir seine Menschenfreund­ lichkeit, seine tiefe Freude an der vielfaltigen Schweiz und seinen Mut, auch in einer vermeintlich aussichtslosen Situation, die eigenen Prinzi­ pien nicht zu verraten.

Wir werden nicht fehlen, wenn wir unsere Milizarmee in der Erinnerung an diese vier Generale weiterentwickeln und entlang von spannungsvol­ len Debatten in die Zukunft führen.

Daran denke ich, wenn ich am Morgen an meinen vier Oberbefehlsha­ bern vorbei ins Büro gehe. Daran denke ich aber auch, wenn ich Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren, heute vor mir sehe.

13/14 "Zusammen sind wir stark." Das steht auf der Plakette dieser Laterne, die ich dem Prãsidenten der Schweizerischen Offiziersgesellschaft nun als Zeichen der Freundschaft und grossen Dankbarkeit überreichen mochte.

Wir müssen gemeinsam stark sein - für die Freiheit und Sicherheit der

Schweiz. lch bin überzeugt, dieser Appell hãtte auch die Zustimmung und Unterstützung von Dufour, Herzog, Wille und Guisan gefunden.

Herzlichen Dank für lhre Aufmerksamkeit!

14/14