Geologie und Paläontologie in Westfalen Heft 16

Die Entwicklung der Flußsysteme ·in der Westfälischen Bucht {NW-Deutschland) während des Känozoikums. ECKHARD SPEETZEN

Der saalezeitliche Geschiebemergel am westlichen Stadtrand von Münster/Westfalen: Lithologie und seine Eigenschaften als Baugrund. ROLAND OTTO

Ziegelrohstoffe und Ziegeleien im zentralen Münsterland {Westfalen, NW-Deutschland). ECKHARD SPEETZEN .

Landschaftsverband Westfalen - Lippe

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Schriftleitung: Dr. Peter Lanser Westfälisches Museum für Naturkunde Sentruper Straße 285 4400 Münster

2 Geologie und Paläontologie in Westfalen

Heft 16

Herausgeber: Westfälisches Museum für Naturkunde und Westfälisches Museum für Archäologie - Amt für Bodendenkmalpflege -

Die Entwicklung der Flußsysteme in der Westfälischen Bucht (NW-Deutschland) während des Känozoikums.

Eckhard Speetzen

Der saalezeitliche Geschiebemergel am westlichen Stadtrand von Münster/Westfalen: Lithologie und seine Eigenschaften als Baugrund.

Roland Otto

Ziegelrohstoffe und Ziegeleien im zentralen Münsterland (Westfalen, NW-Deutschland).

Eckhard Speetzen

37 Abb. Geol. Paläont. Münster 16 61 S. 6 Tab. Westf. April 1990 2 Taf .

3 ISS N 0176-148X ISBN 3-924590-21-4

© 1990 Landschaftsverband Westfalen-Lippe

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4 Inhalt Seite

SPEETZEN, E.: Die Entwicklung der Flußsysteme in der Westfälischen Bucht (NW-Deutschland) während des Känozoikums ...... 7

OTTO, R.: Der saalezeitliche Geschiebemergel am westlichen Stadtrand von Münster/Westfalen: Lithologie und seine Eigenschaften als Baugrund ...... 27

SPEETZEN, E. : Ziegelrohstoffe und Ziegeleien im zentralen Münsterland (Westfalen, NW-Deutschland) ...... 35

5 6 Geol. Paläont. 16 Abb. Münster 16 7- 25 Westf. 1 Tab. April 1990

Die Entwicklung der Flußsysteme in der Westfälischen Bucht (NW-Deutschland) während des Känozoikums

Eckhard Speetzen*

Einleitung Das heutige Entwässerungssystem der Westfälischen Bucht ist im wesentlichen über die Ems nach Norden und über die Lippe nach Westen ausgerichtet. Nur einige kleinere Flüsse (Berkel, Dinkel, Vechte) entwässern nach Nordwesten. Die Hauptflüsse bzw. die Talzüge von Ems und Lippe/Emscher verlaufen mehr oder weniger parallel zu den Außenrändern der Bucht und geben damit einen Hinweis auf ihren Großbau (Abb. 1 ). Sie sind überwiegend in weichen Mergelsteinen der mittleren Oberkreide (Coniac - Santon) angelegt. Die morphologisch hervortretenden Ränder der Westfälischen Bucht bestehen aus härteren, schräg zum Inneren der Bucht einfallenden Kalksteinen der tieferen Oberkreide (Cenoman - Turon), während die zentralen Höhen (Becku­ mer Berge, Baumberge) aus festeren, flach lagernden Kalk- und Kalksandsteinen der höheren Oberkreide (Campan) gebildet werden. Wegen ihres muldenförmigen Aufbaus wird diese Groß• struktur im geologischen Sprachgebrauch auch als Westfälische Kreidemulde bezeichnet. Ein der heutigen Entwässerung der Westfälischen Bucht vergleichbares Abflu ßsystem hat wohl schon im Altpleistozän bestanden, zumindest war es bereits vor der Saale-Kaltzeit vorhanden. Gehen wir in der Erdgeschichte weiter zurück, so wird das Bild immer lückenhafter. Für den Zeitraum des Tertiärs haben wir nur noch wenige Hinweise (vgl. Tab . 1 ).

Die Abflu ßverhältnisse im Tertiär Durch die Bildung und Heraushebung des Teutoburger Waldes und des Eggegebirges während der jüngeren Kreidezeit entstanden mit dem gleichzeitigen Rückzug des kreidezeitlichen Meeres erste Konturen einer nach Westen mehr oder weniger offenen Westfälischen Bucht. Ihre Entwäs• serung dürfte überwiegend nach Westen zur Niederrheinischen Senke ausgerichtet gewesen sein. Hier stellten sich im Oligozän und Miozän nochmals marine Verhältnisse ein, die sich bis in den westlichen Bereich der Westfälischen Bucht ausdehnten. Das sich heute im Süden der Bucht erhebene Rheinische Schiefergebirge trat morphologisch noch nicht hervor und bildete mit dem nördlichen anschließenden Gebiet während des gesamten Tertiärs eine einheitliche Rumpffläche. Fluviatile Sedimente bzw. terrestische Ablagerungen aus dieser Zeit sind nur noch sehr lücken• haft überliefert in Form von sandig-kiesigen Karstschlottenfüllungen, Resten von Bodenbildungen (Terra fusca, Graulehme) und reliktischen Vorkommen von Schotterkörpern ehemals ausgedehn­ terer Flu ßablagerungen. Im Miozän entstanden auf der Rumpffläche weite, trogartige Talzüge. Im Pliozän bildeten sich in diesen Trogregionen infolge erster Hebungen des Rheinischen Schiefergebirges deutliche Täler (Hochtäler) mit fluviatilen Ablagerungen. Zu diesem System gehört vermutlich ein im Hochsauerland südlich von Bödefeld bei 500 m ü. NN gelegenes Tal mit Geröllen aus Oberkrei­ degesteinen eines aus Nordosten kommenden Flusses (HESEMANN 1975: 290). Auch im Über• gangsbereich des Rheinischen Schiefergebirges zur heutigen Westfälischen Bucht scheint ein

* Anschrift des Verfassers: Dr. Eckhard Speetzen Geologisch-Paläontologisches Institut der Universität Münster Corrensstr. 24, 4400 Münster.

7 nach Südwesten bzw. Westen entwässerndes Flußsystem bestanden zu haben. Hinweise geben die merkwürdige NO-SW-Ausrichtung der heutigen Flußläufe am östlichen Haarstrang und auf der Paderborner Hochfläche und Schotter mit Unterkreidegesteinen des Eggegebirges auf der Haarhöhe westlich der Alme (Abb. 2). Dieses von TIMMERMANN (1959) als Ur-Mähne bezeich­ nete Flußsystem lagerte seine Schotter in einer Flachlandschaft ab , als die nach Norden gerich­ tete Abdachung des Haarstrangs noch nicht vorhanden war. Gleichzeitig mit der Bildung der Hochtäler wurden im Kreidedeckgebirge vermutlich erste leichte Schichtstufen angelegt. Diese Vorgänge kennzeichnen den Begfnn der eigenständigen Entwicklung des Rheinischen Schiefergebirges und der Westfälischen Bucht. Mit weiterer He­ bung des Schiefergebirges wurden die Flu ßsysteme an seinem Nordrand allmählich instabil. Die Entwässerung schwenkte zum Teil nach Norden um und verlegte ihr Einzugsgebiet durch rück• schreitende Erosion nach Süden in das sich heraushebende Gebirge.

r· · · · · · · · · ·1 :::::.:::::::::::::::: TERTIÄR (marin) ~ CAMPAN

M.- u. 0.­ SANTON ~ CONIAC bis U.- SANTON

~ 1111111111111111

CENOMAN

0 50 ?@R:J PALÄOZOIKUM,MESOZOIKUM km (Vo,cenomanes Unte'I~

Abb. 1: Der geologische Bau der Westfälischen Bucht mit der Stufengliederung der Ober­ kreide (Quartär abgedeckt; nach BODE 1960).

Die Flu ßentwicklung im Ältestpleistozän Mit der Wende zum Pleistozän, dem auch als Eiszeitalter bezeichneten ersten Abschnitt des Quartärs, verschlechterte sich das Klima. In den Talregionen des Rheinischen Schiefergebirges bildeten sich bei weiterem Einschneiden der Flüsse mehrere treppenartig gestaffelte Terrassen­ körper. Ihre Entstehung geht auf eine Veränderung der Sedimentationsverhältnisse durch die ersten Kälteeinbrüche zurück (SPEETZEN 1986: 21 ). Die höheren Terrassenbildungen werden als ältere und jüngere Höhenterrassen bezeichnet. Daran schließen sich mehrere als Hauptter­ rassen zusammengefaßte Stufen an, deren Bildung zu Beginn des Altpleistozäns, spätestens aber im Cromer-Komplex abgeschlossen war. Nach HESEMANN (1975: 311) lassen sich die Höhen- und Hauptterrassen am Nordrand des Rheinischen Schiefergebirges, die isolierten Zeu­ genberge der Westfälischen Bucht (Beckumer Berge, Hohe Mark, Baumberge) mit ihren Ero­ sionsstufen und die Pässe und Durchbruchstäler des Teutoburger Waldes unter Annahme eines

8 NW-Gefälles höhenmäßig in Beziehung setzen. Er ordnet diese Landschaftselemente frühplei• stozänen Flu ßsystemen zu. Mit Beginn des Pleistozäns dürfte die Entwässerung des nördlichen Rheinischen Schiefergebirges somit bereits auf die Westfälische Bucht ausgerichtet gewesen sein. Reste dieser Flu ßsysteme stellen Schotter mit Geröllen aus paläozoischen Gesteinen des Sauerlandes dar, die man heute noch auf den Höhen des Haarstrangs finden kann, wie z.B. südlich von Unna (Abb. 3a). Sie sind Zeugen einer Entwässerung nach Norden zu einer Zeit, als die Täler von Möhne und Ruhr noch nicht tiefer eingeschnitten waren.

FOSSILE SCHOTTER ••••• Eggesandstein 000 00 Grauwacke • ...... • • Massenkalk FLUSS-SYSTEM Tertiär K Jetztzeit

2 4 6 8 10 km

Abb. 2: Tertiäres und rezentes Flu ßsystem am SO-Rand der Westfälischen Bucht (nach FEIGE 1961 ).

Als älteste fluviatile Ablagerungen innerhalb der Westfälischen Bucht treten im Bereich der unteren Lippe gering mächtige kiesige Sande mit Ruhr- und Rheinschottern auf. Sie liegen in schmalen Rinnen , die in kreidezeitliche Sande eingeschnitten sind und von Hauptterrassensedi­ menten überdeckt werden. Die Bildung der Rinnen und ihrer Sedimentfüllung ist in das frühe Pleistozän zu stellen und zeitlich den Höhenterrassen an der Ruhr gleichzusetzen, zu denen sich auch vom Geröllinhalt her verwandtschaftliche Beziehungen ergeben (BRAUN & THIERMANN 1975; HESEMANN 1975; UDLUFT 1934). Eine weitere Verbindung zwischen dem Rheinischen Schiefergebirge und der Westfälischen Bucht läßt sich aus der Verbreitung der Hauptterrassen­ ablagerungen ableiten. Zwischen Witten und Bochum zweigt ein Hauptterrassenast vom Ruhrtal nach Norden ab und läßt sich über 14 km in die Westfälische Bucht hinein verfolgen. Ein anderer, weniger ausgeprägter Abzweig besteht im Stadtgebiet von Essen. Hier sind Hauptterrassenabla­ gerungen bis 4 km nördlich des Ruhrtals erhalten. Ein dritter deutlicher Vorstoß der Hauptterras­ senströme nach Norden gibt sich an der unteren Ruhr bei Mülheim zu erkennen. Hier sind östlich des heutigen Ruhrtals Ablagerungen der Hauptterrasse auf einer Länge von etwa 8 km und in einer Breite von max. 3 km erhalten (JANSEN & DROZDZEWSKI 1986). Sie stellen die Verbin­ dung zu den bereits erwähnten, von Rhein und Ruhr gebildeten Hauptterrassenablagerungen an der unteren Lippe dar.

9 N

Abb. 3: Ablagerung und Umlagerung paläozoischer Gerölle aus dem Rheinischen Schiefer­ gebirge im Bereich des Haarstrangs (aus LOTZE 1933). a. Ablagerung auf der tertiären Verebnungsfläche b. Umlagerung im Altpleistozän. (kro = Oberkreide; P = Paläozoikum).

Die Entwicklung im Altpleistozän Nach der Entstehung der Hauptterrassen kam es zu einer weiteren deutlichen Hebung des Rheinischen Schiefergebirges und zur Bildung ausgeprägter Schichtstufen in dem schräg gestell­ ten Kreidedeckgebirge. Die Flüsse kompensierten die Hebung durch stärkeres Einschneiden in den Untergrund. Seit dieser Zeit ist ein Ausbrechen ~_ der Flüsse aus ihren Tälern nicht mehr möglich. Auch die Ruhr wurde endgültig auf ihren heutigen Talzug festgelegt. Eine Verstärkung der Tiefenerosion ist auch im Niederrheingebiet zu verzeichnen. Sie erreichte am Ende der Elster-Kaltzeit ihren größten Wert (THOME 1980: 47). Die Ursache ist hier allerdings in der Bildung von großen kontinentalen Eismassen zu suchen. Sie führte zur Erniedrigung des Mee­ resspiegels und damit zur Anregung der Erosionstätigkeit der Flüsse, die sich bis in die Westfä• lische Bucht bemerkbar machte. An ihrem Südrand entstand mit der weiteren Herauspräparie• rung der Schichtstufenlandschaft des Haarstrangs eine trennende Barriere zum Rheinischen Schiefergebirge. Sie hat die eigenständige flußgeschichtliche Entwicklung der Westfälischen Bucht besiegelt und ist bis heute als Wasserscheide in Funktion. Auf dem Haarstrang kam es zur Umlagerung der Höhenterrassen. Gerölle aus Sauerlandgesteinen finden sich deshalb auch in jüngeren Schottern am Nordflu ß des Höhenzuges vor den Ausmündungen kleinerer Täler, die keine Verbindung zum paläozoischen Hinterland haben (Abb. 3b). Nur an einer Stelle - im Almetal - durchschneidet heute noch ein Fluß den Haarstrang und tritt aus dem Rheinischen Schiefergebirge in die Westfälische Bucht ein. Bis in das ausgehende Tertiär war der Abfluß in dem zuerst dem Ur-Mähne-System zugehörigen mittleren Almetal nach Südwesten gerichtet (s. Abb. 2). Spätestens mit der starken Hebung des Schiefergebirges im Altpleistozän änderte sich die Fließrichtung nach Nordosten. Ob bereits zur Hauptterrassenzeit der Abfluß zur Westfäli• schen Bucht gerichtet war, läßt sich nicht sicher belegen. Höher gelegene Schotterreste mit Sauerlandgeröllen an den Rändern des heutigen Almetals südlich von Ahden, die SCHULTE (1937) als Hauptterrasse und Höhenschotter einstufte, könnten auch jüngerer Entstehung sein und Relikte glaziärer Ablagerungen darstellen (FEIGE 1961: 25). Nordwestlich der Eintrittsstelle der Alme in die Westfälische Bucht - im Raum Geseke - Delbrück - Wiedenbrück - treten an der Basis der quartären Schichten Schotter mit Sauerland­ geröllen auf (Abb. 4). Es handelt sich sehr wahrscheinlich um elsterzeitliche Ablagerungen. Sie enthalten neben Ober- und Unterkreidegesteinen vom Südrand der Westfälischen Bucht auch Gerölle von Grauwacken, Lyditen und Massenkalken aus dem Karbon und Devon des Rheini­ schen Schiefergebirges. Die Schotter haben eine weite Verbreitung. Sie treten im oberen Emstal auf und kommen auch im Lippetal bis unterhalb von Lippstadt vor. Es zeigt sich hier eine Bifurkation des Ur-Alme-Systems in einen nordwestlichen und einen westlichen Arm, die Vorläu• fer der heutigen Ems und Lippe darstellen. Die Schottervorkommen entsprechen der älteren Mittelterrasse. Sie werden hier als „Ältere Plänerschotter" bezeichnet, deren Geröllspektrum aus 70-90% Oberkreidegesteinen (Plänerkalkstein), 1-2% Unterkreidegesteinen und 5-25% paläo• zoischen Gesteinen besteht. Sie treten im Mittellauf der Alme als Terrassenreste 15-40 m oberhalb des heutigen Talniveaus auf, während sie am Nordfuß des Haarstrangs mächtige, meistens von jüngeren Ablagerungen bedeckte Schotterfluren bilden (SKUPIN 1985). Auch bei den an der Basis der quartären Schichtenfolge in den Ziegeleigruben bei Westerwiehe südöstlich

10 von Gütersloh auftretenden stark tonigen Kieskörpern bzw. „Schotterlehmen" mit gleichem Ge­ röllspektrum (SKUPIN 1987) dürfte es sich um Relikte elsterzeitlicher Terrassenbildungen han­ deln. Die ausgeprägte Vertonung der Ablagerung geht sehr wahrscheinlich auf einen ehemals hohen Gehalt an lokalen Mergelsteingeröllen zurück, die durch spätere Verwitterung und Kalklö• sung zu einer tonigen Matrix zersetzt wurden.

PADERBORN

'11111/P//lllfl/t 1 0 5 10 km 11111111111111111111 2 :!~-:,: 3

Abb. 4: Das vor-saalezeitliche Entwässerungssystem der Alme (nach LOTZE 1953). 1: Grenze zwischen südöstlichen Randhöhen und Flachland der Westfälischen Bucht 2: Südrand der Westfälischen Kreidemulde 3: Schotter mit paläozoischen Gesteinen

Lippe und Ems im Alt- und frühen Mittelpleistozän

Im westlichen Teil der Westfälischen Bucht, im Bereich der unteren Lippe und Stever, läßt sich eine Entwicklung der Flu ßsysteme seit dem Altpleistozän ableiten (Abb. 5). Die Vorläuferin der Lippe (Ur-Lippe) benutzte während der Hauptterrassenzeit ab Lünen noch das Tal der heutigen Emscher. Dieser Flußlauf bestand auch noch zur älteren Mittelterrassenzeit. Er wurde aber bald von einem bereits im heutigen unteren Lippetal bestehenden Flu ßsystem angezapft und nach Norden umgelenkt. Dieser Abflu ßweg war bis in die Holstein-Zeit in Funktion. Ein zweiter Fluß, die Ur-Stever, verlief zur Hauptterrassenzeit zunächst in einem südwärts gerichteten Bogen von Olfen über Haltern, von dort nach Nordwesten und bog schließlich bei Stadtlohn nach Südwesten zum Rhein ab. Mit der Tieferlegung der Wasserläufe zur Wende Holstein-Warmzeit zu Saale-Kalt­ zeit - infolge der erneuten Bildung von kontinentalen Eismassen und dem damit verbundenen Fallen des Meeresspiegels - entstand zwischen Olfen und Lünen durch rückschreitende Erosion eine Verbindung von Ur-Stever und Ur-Lippe. Der bis dahin von der Lippe teilweise noch benutzte Talzug zur Emscher fiel endgültig trocken.

11 Im nördlichen Teil der Westfälischen Sucht, im Bereich der Ems, läßt sich die Flußentwicklung nur lückenhaft rekonstruieren. Sauerlandgerölle der Alme sind noch bis in den Raum nördlich von Münster nachzuweisen, wenn auch zum Teil in umgelagerter Form in jüngeren Ablagerungen. Diese Vorkommen stehen mit pleistozänen Rinnen in Zusammenhang, die bis in die Kreide­ schichten eingetieft sind und zumindest in Teilen Relikte eines alten Flußsystems bzw. eines Ur-Ems-Systems darstellen (Abb. 6). Es handelt sich um breitere, wannenartige oder auch relativ schmale, talartige Eintiefungen, die mit pleistozänen Ablagerungen unterschiedlichen Alters gefüllt sind. Die Entstehungszeit der Hohlformen ist nicht genau zu bestimmen. Eine Altersabfol­ ge zeigt sich im Stadtgebiet von Münster. Ein mit holsteinzeitlichen schluffigen Sanden und torfigen Lagen gefülltes Tal wird von drenthezeitlichen Schmelzwassersanden in einer lokal übertieften Talrinne, dem Münsterländer Kiessandzug, abgeschnitten bzw. überdeckt (BAECKER 1963). Im Bereich der Ems muß deshalb generell mit der Überlagerung eines Talsystems der älteren Mittelterrassenzeit durch jüngere, zum Teil subglaziär entstandene Schmelzwasserrinnen gerechnet werden. Im Jungpleistozän haben diese Täler bzw. Rinnen noch eine Überprägung erfahren, die bis zur totalen Ausräumung und erneuten Füllung reichen kann (vgl. S. 13).

LIPPE- STEVER- SYSTEM

0 15 0 Münster km

1------1 ~ 2

jo o o o oj 3

~ 4 l-·-1 5 1---1 6

Lünen

Abb. 5: Entwicklung des Talsystems von Lippe und Stever (nach BOLSENKÖTTER & HILDEN 1969). 1: Abfluß zur Hauptterrassenzeit 2: Abfluß zur älteren Mittelterrassenzeit 3: Abfluß zur Wende Holstein-Warmzeit/Saale-Kaltzeit 4: Früh-drenthezeitliche Abflußwege 5: Spät-drenthezeitlicher Abfluß 6: Nach-drenthezeitlicher Abfluß

Die Abflu ßverhältnisse während der Saale-Kaltzeit Mit der Saale-Kaltzeit traten einschneidende Veränderungen in der Entwicklung der Flu ßsyste• me ein, da zu dieser Zeit wohl erstmalig lnlandeismassen bis in die Westfälische Sucht vordran­ gen (SPEETZEN 1986: 12-13). Durch das von Norden kommende Inlandeis wurden zuerst die in der Ur-Ems-Rinne abströmenden Wassermassen aufgestaut und nach Westen abgedrängt. Der Abfluß des Ur-Alme-Ems-Systems verlagerte sich dabei immer mehr auf die Ur-Lippe. Mit dem weiteren Vordringen des Inlandeises wurde auch der anfänglich noch als Urstromtal wirksame Unterlauf der Ur-Lippe, das Stever-Lippe-System, außer Funktion gesetzt. Das Inlandeis erreich­ te schließlich im Süden den Haarstrang und örtlich auch das Ruhrtal und stieß im Westen bis

12 8° ö.L.v .Gr.

Osnabrück D

u f o 0 s /) b (j i / /) § .9/ ~:\ 6' \~\~ /" Bielefeld D 52 ° ~a

Drensteinfurt 10 20km

Abb. 6: Mit quartären Ablagerungen gefüllte pleistozäne Rinnen im östlichen Teil der Westfälischen Bucht (aus THIERMANN 1974).

SCHIEFERGEBIRGE

Abb. 7: Die nach-saalezeitlichen bzw. rezenten Flu Bläute von Ems und Lippe im Vergleich zum vor-saalezeitlichen Alme-Lippe-Ems-System.

13 zum Niederrhein vor. In dieser Zeit bildeten sich im Weserbergland und im Südosten der West­ fälischen Bucht große Eisstauseen, deren Wassermassen zwischen Eisrand und Haarstrang nach Westen zum Rhein hin abflossen. Stellenweise erodierten sie dabei Stufen in den Nordhang des Haarstrangs. Auch unterhalb des Inlandeises existierten unter hohem Druck stehende Schmelzwasserströme. Sie spülten besonders im Bereich der Täler von Ems und Lippe subgla­ ziäre Rinnen aus, die sich bei nachlassender Strömungskraft mit Schmelzwassersanden und -kiesen füllten (vgl. THOME 1981; 1983). Dieser Erosionstätigkeit und der voraufgegangenen Exaration durch das Inlandeis fielen große Teile älterer Ablagerungen zum Opfer. Dadurch erklärt sich das auffällige Zurücktreten der unter die Mittelterrassen einzuordnenden vor- und frühsaa• lezeitlichen Terrassenablagerungen. In größerer Verbreitung sind sie anscheinend nur in höheren Positionen in der Umrandung der Beckumer Berge und im zentralen Teil der Westfälischen Bucht erhalten (ARNOLD 1960; 1977). Ob es sich bei diesen oft von Grundmoräne überdeckten Sedimenten tatsächlich immer um wirkliche Terrassenablagerungen handelt oder um Verschütt• sande des drenthezeitlichen Inlandeises, bleibt dahingestellt. Im Bereich des Emstals kommen saalezeitliche Terrassen oberflächlich nicht vor; hier sind sie nur unter der Grundmoräne erhalten und durch Bohrungen auch flächenhaft nachzuweisen (H. STAUDE, mdl. Mitt.). An den Rändern des Lippetals hingegen treten stellenweise frühsaalezeitliche Terrassenablagerungen zutage. Während der Abschmelzphase des Inlandeises wurde zuerst die westliche Entwässerungsrich• tung im Bereich des Lippetals frei. Dabei lebte der alte Abflußweg von der Lippe zur Emscher kurzfristig wieder auf. Später wurde durch rückschreitende Erosion zwischen der Hohen Mark und der Haard das Stever-Lippe-System an das heutige untere Lippetal angeschlossen (Abb. 5). Eine Entwässerung nach Norden war nicht mehr möglich, da die alte Rinne zwischen Maria Veen und Ramsdorf durch mächtige Grundmoränenablagerungen verstopft war. Auch im Bereich der oberen Lippe und Ems wurden die Abflu ßverhältnisse während des Drenthe-Stadiums umgestal­ tet. Der von Süden aus dem Rheinischen Schiefergebirge kommende Oberlauf des Alme-Lippe­ Ems-Systems wurde endgültig nach Westen zur heutigen Lippe abgelenkt, da er bereits von Schmelzwässern des zerfallenden Inlandeises geformte, westwärts gerichtete Talungen vorfand, während der Abfluß nach Norden durch glaziäre Ablagerungen verlegt war. Die vor-drenthezeit­ lich vorhandene Bifurkation in Lippe und Ems stellte sich deshalb nicht wieder ein. Das Quellge­ biet der nach-drenthezeitlichen Ems entwickelte sich in der Senne, einer im wesentlichen aus Schmelzwassersanden aufgebauten Landschaft am Ostrand der Westfälischen Bucht. Zwischen den beiden neu entstehenden Flu Bläuten bestand ein g·eschlossener Höhenrücken, der heute noch in Resten als Delbrücker Höhe vorhanden ist (Abb. 7). Die Trennung von Ems und Lippe wurde allerdings später, während der Weichsel-Kaltzeit, wieder aufgehoben. Das Inlandeis des Drenthe-Stadiums hinterließ eine Landschaft mit lebhaftem Kleinrelief, zahlreichen Seen und einem unausgereiften Gewässernetz, ähnlich der heutigen Jungmoränen• landschaft in Schleswig-Holstein (ARNOLD 1977). Da aber die morphologische Großgliederung der Westfälischen Bucht in randliche Senken und zentrale Höhe erhalten blieb, bildeten sich die alten Hauptentwässerungswege sehr schnell wieder aus. Bereits am Ende des Drenthe-Stadiums dürfte ein Abflu ßsystem vorhanden gewesen sein, das dem modernen Bild weitgehend ent­ sprach.

Die Flüsse im späten Mittel- und frühen Jungpleistozän Die nach-drenthezeitliche Fluß- bzw. Landschaftsgeschichte der Westfälischen Bucht ist über große Zeitabschnitte nur lückenhaft zu rekonstruieren. Die Ereignisse während des lnterstadials zwischen Drenthe- und Warthe-Stadium und die Vorgänge während des Warthe-Stadiums und der anschließenden Eem-Warmzeit sind nicht genau aufzuklären, da in der Westfälischen Bucht aus dieser Zeit kaum Ablagerungen überliefert sind. Wir haben mit einer normalen Tiefenerosion der Flüsse und der erneuten Ausbildung von Flußtälern in den warmen Zeitabschnitten und mit Terrassenaufschüttungen und Sedimentumlagerungen durch Solifluktion während des warthe­ zeitlichen Kälteeinbruchs zu rechnen. Obwohl die Entwicklung von Ems und Lippe infolge der Barriere bei Delbrück seit dem Ende des Drenthe-Stadiums getrennt verlief, sind für beide Flüsse gleichartige Vorgänge anzunehmen. Reste einer jüngsten Mittelterrasse, die während des Wart­ he-Stadiums gebildet wurde, sind nur noch an der Lippe bei Haltern vorhanden (BRAUN & TH IERMANN 1975). Von der Ems sind bisher überhaupt keine jüngeren Mittelterrassen bekannt geworden. Aus dem Bereich der mittleren Alme wird ein Relikt einer möglicherweise warthezeit­ lichen Terrasse beschrieben (SKUPIN 1985). Während des Eems entstanden durch das erneute

14 Einschneiden der Flüsse in die pleistozänen Ablagerungen und die unterlagernden Kreideschich­ ten und durch die allmähliche Verbreiterung und Ausräumung der Rinnen deutliche Talungen mit mäandrierenden Flußläufen (Abb. 8). Durch diese Erosionstätigkeit sind besonders im Tal der Ems saalezeitliche Ablagerungen weitgehend aufgearbeitet worden.

\ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ / / \ \~ \~ \ 1 \ 0 2 1 1 \ km

Abb. 8: Die „Ur-Ems-Rinne" zwischen Greven und Emsdetten - ein in die Kreideschichten ein­ geschnittenes eemzeitliches Flußtal (nach EWERT 1972). (Quartärbasis in Meter ü. NN; die Isohypsen entsprechen zugleich dem Relief der Kreideoberfläche)

Die Flu ßentwicklung in der Weichsel-Kaltzeit Während der Weichsel-Kaltzeit bildeten sich in den Flußtälern der Ems und Lippe die bis zu 30 m mächtigen Aufschüttungen der oberen Niederterrasse. Der Sedimentkörper zeigt eine typische Dreigliederung (SKUPIN 1983; SPEETZEN 1986), in der sich ein Klimazyklus widerspiegelt. Zuunterst liegen frühweichelzeitliche kiesige Sande mit Resten von pleistozänen Säugetiere, die sog. „Knochenkiese". Sie wurden von verwilderten Flu ßsystemen mit zahlreichen, sich häufig verzweigenden Abflu ßbahnen abgelagert. Im Hochglazial entstanden überwiegend feinkörnige Sedimente. Es handelt sich im wesentlichen um äolisch abgesetzten Löß, der teilweise auch

15 fluviatil verschwemmt oder durch Solifluktion umgelagert wurde. Den Abschluß bilden wiederum fluviatile Ablagerungen des späten Weichsel-Glazials (Abb. 9). Diese Dreigliederung ist mehr oder weniger vollständig auch in den weichselzeitlichen Talfüllungen der kleineren Flüsse der Westfälischen Bucht (wie z.B. Stever, Berkel, Dinkel, Vechte) ausgebildet.

EMS - TAL sw NO ------ca 2 km ------

Obere Obere -50m

-40

-30

~ ve rlandete Altarme

Fein- bi s Mittelsa n

Grobsrhluff k/}/j -Om NN

Mittelsan

- Mergelstein 30 fache Überhöhung

Abb. 9: Schema zur Gliederung und Abfolge der Terrassen im Bereich der Ems nördlich von Münster.

Durch die Aufhöhung und Verbreitung der Täler infolge der kaltzeitlich bedingten Aufschüttung (SPEETZEN 1986: 21) traten die Niederterrassenströme von Ems und Lippe um die trennende Delbrücker Höhe herum in Verbindung. Sie schufen eine einheitliche Terrassenfläche, so daß die von Süden oder Osten kommenden Schneeschmelzwässer wechselweise sowohl im Ems- als auch im Lippetal abströmen konnten. Diese erneute Bifurkation zwischen Ems und Lippe hatte bis in jüngste Zeit Bestand. So trat in dem extremen Hochwasser von 1946 die Ems nach Süden zur Lippe über und überschwemmte die nördlichen Teile der Stadt Lippstadt, die gegen das Hochwasser der Lippe gehalten werden konnten (Abb. 10). Gegen Ende des Weichsel-Glazials, im Alleröd-lnterstadial, vereinigten sich die verzweigten Schmelzwasserströme in den Tälern von Ems und Lippe und bildeten mäandrierende Flu Bläute. Bei Hochwasser lagerten diese Flüsse auf den Tal rändern zunächst noch Uferwälle und Aueleh­ me ab, tieften sich aber - bedingt durch den noch niedrigen Meeresspiegel - sehr schnell ein. Das Einschneiden erreichte an der Ems nördlich von Münster in relativ kurzer Zeit Werte von über 10 m. In der jüngeren Dryas-Zeit, der letzten Kaltphase des Weichsel-Glazials, wurde dieses Erosionstal durch erneute Aufschüttung weitgehend wieder aufgefüllt. Dieser Sedimentkörper, dessen Oberfläche 4-5 m unter dem Niveau der oberen Niederterrasse liegt, wird als untere oder jüngere Niederterrasse bezeichnet (Abb. 9). Der Höhenunterschied zwischen beiden Niederter­ rassenstufen verringert sich emsaufwärts. Bei Warendorf beträgt er nur noch 2-3 m, 1O km weiter oberhalb ist er nicht mehr vorhanden. An der Lippe setzt die untere Niederterrasse ca. 12 km unterhalb von Lippstadt ein. 30 km weiter flußabwärts bei Hamm beträgt der Höhenunterschied bereits 3 m und erreicht nach weiteren 25 km im Raum Lünen etwa 5 m.

16 Im Emstal nördlich von Münster sind im Bereich der Einmündungen der linksseitigen Neben­ flüsse Werse und Aa auf der oberen Niederterrasse deutliche Gefälleverflachungen mit anschlie­ ßenden Versteilungen ausgebildet. Diese Stufen weisen auf eine starke seitliche Zufuhr von Sedimenten hin. An der Werseeinmündung ist eine derartige Gefälleveränderung auch in der unteren Niederterrasse der Ems zu erkennen. Somit zeigt sich, daß im zentralen Teil der Westfälischen Bucht zumindest seit der ausgehenden Weichsel-Kaltzeit nach Norden gerichtete Abflu ßsysteme vorhanden waren. Ein weiterer Beweis ergibt sich aus der Verbreitung der unteren Niederterrasse, die bereits in den Unterläufen von Werse und Aa entwickelt ist. Auch in einigen

EMS

.. .. WIEDENBRÜCK ..

LIPPE LIPPSTADT

0 10 20 KM

Abb. 10: Übertritt von Emswasser in das Flußgebiet der Lippe im Frühjahr 1946. (Gestrichelte Linie= Wasserscheide)

Tälern der randlichen Höhen der Westfälischen Bucht sind in den weichselzeitlichen Terrassen­ ablagerungen zwei Stufen zu erkennen, wie z.B. im Beketal nordöstlich von Paderborn (SKUPIN & SPEETZEN 1988). Hier liegen besondere Bildungsverhältnisse der jüngeren Niederterrasse vor (Abb. 11 ). Betrachtet man die Oberflächen der Terrassenablagerungen in den sich verzwei­ genden Bekeläufen, so zeigt sich für den nördlichen Arm ein geringeres Gefälle, das mit einem Einschneiden im Oberlauf und einer Aufhöhung im Unterlauf erklärt werden kann. Diese Erschei­ nung einer spät-weichselzeitlichen Zertalung der Niederterrasse mit räumlich anschließender Aufschotterung ist schon seit langem aus den Schotterfluren des Alpenvorlandes bekannt. Diese im Oberlauf schmalen und tief eingeschnittenen und sich zum Unterlauf allmählich verbreiternden und aufhöhenden Täler werden wegen ihrer Form auch als „Trompetentäler" bezeichnet (TROLL 1957).

17 Längsprofile durch die jüngere und ältere Niederterrasse der Beke mNN Geologische Übersichtskarte 160 des Grenzbereichs von Lippe und Beke

8t At D Talaue 150 l\/\j Niederterrasse

Grundmoräne

I:=:·:·:~Obere Terrasse 140 ~ Oberkreide

0 1km i....,,,,.....,,,,;,,~~...i

130

····•···············•·········•······•······• ··•·· .....•· Verlauf Profil Abschnitt Gefälle 82 .··•··· . in der t •...··•·· · 120 ·······•···············•·· ...· At - A2 j Nt der Beke 9,0%o 83 •····· A •····················· A2 - A3 Nt der Lippe 4,3%o

8 t - 82 äNt der Beke t0,4 %0 110 B B 2 - B3 Nt der Lippe 3,2%o

A3 - 83 Nt der Lippe 4,5%o

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~-~~~~~~~~~~~~~,..--~~~~~~100 CO 5km 4 3 2 1 0 Ems und Lippe im Holozän Mit der Klimaverbesserung nach der Weichsel-Kaltzeit änderte sich auch das Geschehen in den Abflußsystemen. Mit der Vereinigung des abfließenden Wassers in normalen Flußrinnen wechselte die Dynamik von Akkumulation zu Erosion. In den Tälern von Ems und Lippe wurde durch die mit Sedimentumlagerung verbundene Erosion der mäandrierenden Flüsse weitere Talstufen angelegt, noch im frühen Holozän die Inselterrasse und schließlich als jüngste und tiefste Talstufe die Talaue. Die Breite des Emstals zwischen den Erosionsrändern der oberen Niederterrasse beträgt nördlich von Münster 1-2 km. Innerhalb dieser Talung treten die jüngeren Terrassen mit mehr oder weniger großen, untereinander abgestuften Flächen auf (Abb. 9), wobei die Niveauunterschiede zwischen den Terrassen emsaufwärts stetig geringer werden. Im Lippetal sind die Verhältnisse ähnlich. An der oberen Lippe, im Bereich von Delbrück, beträgt der Höhenunterschied zwischen Niederterrasse und Inselterrasse etwa einen Meter, von dieser zur Talaue nochmals einen Meter (SKUPIN 1983). Die Talauen der Flüsse werden bei stärkeren Hochwässern normalerweise überschwemmt. Gleichzeitig kommt es zu einer verstärkten Umlagerung von Sedimenten von den Prall- zu den Gleithängen und zur flächenhaften Auflagerung des sandig-schluffigen Auelehms auf die Talaue. Bildung und Umlagerung der Talauensedimente von Ems und Lippe sind bis in die jüngste Zeit nachzuweisen. So fanden sich am Südufer der Lippe bei Anreppen südlich von Delbrück Auen­ ablagerungen mit mittelalterlichen Schlacken und neuzeitlichen Keramikresten (SKUPIN 1983: 63-64). Für diese Sedimentationsvorgänge sind möglicherweise klimatische Ursachen wie Peri­ oden strengerer Winter mit gesteigerter Hochwassertätigkeit im Frühjahr bestimmend gewesen, wie z.B. die „Kleine Eiszeit" von 1430 bis 1850. Andererseits können sie aber auch Ausdruck menschlicher Tätigkeiten wie Rodung und intensive Landnutzung sein. Sie führten zu einer verstärkten Abtragung der Böden, deren feinkörniges Material bis in die Flußauen geschwemmt wurde und die Talböden aufhöhte, wie die allgemein zu beobachtende starke Auelehmbildung im Gefolge der mittelalterlichen Rodungsphasen anzeigt. In dieser Zeit standen die Flüsse noch in aktiver Beziehung zu ihrem Umland und haben auf menschliche Eingriffe in die Landschaft sofort reagiert.

Flu ßentwicklung im Zeitalter der Technik Mit Beginn des technischen Zeitalters, besonders mit der Entstehung des Rheinisch-Westfäli• schen Industriebezirks in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts, nahmen die Eingriffe des Menschen in Landschaft und Gewässer immer größere Ausmaße an. Die Flüsse wurden teilweise zu Schiffahrtswegen ausgebaut und zur Speisung der künstlich angelegten Wasserstraßen, der Kanäle, angezapft. Darüber hinaus dienten sie der Industrie als Brauchwasserreservoir und bildeten die Grundlage der Trinkwasserversorgung für die stark anwachsende Bevölkerung. Andere Wasserläufe, wie z. B. die Emscher, wurden zur Ableitung der Abwässer aus den Ballungszentren benutzt und damit zu Kloaken degradiert. Der Ausbau und die Regulierung der Flüsse setzten ihre natürliche Dynamik außer Kraft. Zudem veränderte die intensive Nutzung ihres Wassers die Abflußmengen. So wird z.B. die 15 km westlich von Münster entspringende Stever bei Haltern, 40 km westlich von Münster, aufgestaut und zur künstlichen Grundwasseran­ reicherung bzw. zur Trinkwassererzeugung verwendet. Allein die Stadt Münster bezieht von dort pro Jahr 6-8 Mio. m3 Trinkwasser, das nach Benutzung und Verbrauch als Abwasser nördlich von Münster in die Ems fließt. Die Menge entspricht einem Abfluß von 200 bis 250 l/s und ist damit einem kräftigen Bachlauf vergleichbar, der künstlich aus dem Stever-Lippe-System in das Ems­ System umgeleitet wird. Auch die Lippe muß Wasser abgeben, allerdings in anderen Größenord• nungen. Zur Speisung der westdeutschen Schiffahrtskanäle wird ihr bei Hamm im Jahresdurch­ schnitt eine Menge von 280 Mio. m3 entzogen (THIELEMANN 1980; EMSCHERGENOSSEN­ SCHAFT - LIPPEVERBAND 1982), das zu einem großen Teil über den Dortmund-Ems-Kanal der unteren Ems zufließt. Aus diesem Kanal wiederum entnimmt die Stadt Münster 6-7 Mio. m3 Wasser pro Jahr zur künstlichen Grundwasseranreicherung in den städtischen Wasserwerken. Diese Menge geht als Abwasser ebenfalls in das Flußgebiet der Ems über. Auch am Südrand der Westfälischen Bucht wurden durch technische Maßnahmen neue Abflu ßverhältnisse geschaffen,

Abb. 11: Gefälle der Oberflächen von älterer und jüngerer Niederterrasse der Beke am SO-Rand der Westfälischen Bucht.

19 Abb. 12: Eingedeichte Lippe im Bereich von Marl mit Schacht 8 der Gewerkschaft Auguste Viktoria.

Abb. 13: Die Lippe in einem noch relativ naturnahen Zustand (wenige hundert Meter flußaufwärts von Abb. 12).

20 die denen zu Beginn des Pleistozäns ähneln. So werden jährlich 315 Mio. m3 Wasser zur Versorgung der Bevölkerung und der Industrie in der Westfälischen Bucht von der Ruhr über die im Altpleistozän entstandene Wasserscheide nach Norden gepumpt. 234 Mio. m3 davon muß allein die Emscher zusätzlich als Abwasser abführen, 76 Mio. m3 gehen in das Flußgebiet der Lippe über, und 5 Mio. m3 fließen in die Ems. Erhebliche Eingriffe in die natürlichen Abflußsysteme gehen auch vom Bergbau und die in seinem Gefolge auftretenden Bergsenkungen und von den zur Erhaltung der Vorflut notwendigen Wasserbaumaßnahmen aus. Obwohl heute bei der Beseitigung von Vorflutstörungen ökologisch angepaßte Lösungen gesucht werden, bleibt doch eine in großen Teilen naturferne, mehr oder weniger künstliche Bergbaufolgelandschaft zurück. So ist die Lippe im Bereich von Marl, wo der Steinkohlenbergbau unter dem Fluß nach Norden vordringt, in bis zu 8 m hohe Deiche einge­ zwängt, die ein Ausufern bei den zu erwartenden Bergsenkungen verhindern sollen (Abb. 12). Nur wenig weiter flußaufwärts ist der Ffu ß noch in einem relativ naturnahen Zustand. Er kann bei Hochwasser über die Ufer treten und sich über die Talaue, sein natürliches Hochwasserbett, ausdehnen (Abb. 13). Allerdings wird der Bergbau in den kommenden Jahren auch in dieses Gebiet vordringen und damit die Eindeichung der Lippe bis an den Stadtrand von Haltern fortschreiten.

Abb. 14: Ausbau der Ems an der Harnheide nordöstlich von Münster im Jahr 1934 (Foto: Archiv Westf. Museum f. Naturkunde, Münster).

Weitere Eingriffe in die Landschaft und die Flu ßsysteme stellen die zur Intensivierung der Landwirtschaft durchgeführten Maßnahmen der Flurbereinigung und der ausufernde und flächen• zehrende Städte- und Straßenbau dar. Infolge der Entwässerung der Böden durch Drainagen und Ausbau der Vorflut in landwirtschaftlich genutzten Bereichen und durch die Versiegelung der Oberflächen in bebauten Gebieten wird die natürliche Verzögerung des Abflusses aufgehoben. Nach starken Niederschlägen fallen somit in kurzer Zeit große Wassermengen an, die unmittelbar in die Bäche und Flüsse gelangen und häufig schnell und hoch auflaufende Hochwässer hervor­ rufen. Um diese Wassermassen noch ableiten zu können und einen Schutz gegen die verstärkte Hochwassergefahr zu erreichen, müssen die Flu Bläute „reguliert", d. h. verbreitert und begradigt werden. Dieser Ausbau führt im Sommer bei niedrigem Abfluß oft zum Trockenfallen von Teilbe­ reichen der überdimensionierten Wasserläufe oder durch das Aufstauen der Flüsse zu nahezu

21 Abb. 15: Naturnahe Ems im Jahr 1931 (nach einem Aquarell von DETERMEYER).

Abb. 16: Die kanalartig ausgebaute Ems bei Gittrup nördlich von Münster im Jahr 1988.

22 stagnierenden Gewässern. Die Störungen des ökologischen Gefüges der Flüsse und der Bezie­ hungen zwischen den Flüssen und ihren Uferlandschaften bewirken eine Verringerung der bio­ logischen Vielfalt. Damit ist zugleich eine Verminderung der Selbstreinigungskraft der Fließge• wässer verbunden , die darüber hinaus durch die Einleitung von Abwässern mit hohen Schadstoff­ mengen belastet werden. Diese Fehlentwicklungen müssen, unabhängig vom Schutz der Fluß• landschaften, auch deshalb abgestellt und rückgängig gemacht werden, weil sauberes Grund­ und Oberflächenwasser als Voraussetzung der Trinkwasserversorgung immer seltener wird.

Ausblick Bereits in den 30er Jahren wurde die ehemals stark mäandrierende Ems im Bereich nordöstlich von Münster reguliert und damit weitgehend begradigt (Abb. 14). Letzte größere Baumaßnahmen erfolgten in den 60er Jahren (PELZ & WALBAUM 1988). Die durch die Durchstiche abgetrennten Mäanderbögen sind oft noch beiderseits der künstlichen Flu ßrinne zu sehen. Was bei diesen Eingriffen allein an landschaftlicher Schönheit und Vielfalt verloren ging, zeigt ein Vergleich der heutigen kanalartigen Ems in ihrem flurbereinigten Umland mit Bildern der Ems vor etwa 50 Jahren (Abb. 15 u. 16). Flüsse mit natürlichen Steilufern, einst typisch für die in eiszeitlichen Ablagerungen angelegten Flu ßlandschaften der Westfälischen Bucht, gehören weitgehend der Vergangenheit an - ein Preis des technischen Fortschritts, den man heute nur schwer zurückfor• dern kann. Ein erster Schritt dazu sind die aus einem allmählichen Umdenken der letzten Jahre zu erklärenden Versuche zur Renaturierung von Bächen und Flüssen. Allerdings werden diese Maßnahmen den naturnahen, vorindustriellen Zustand nicht wiederherstellen können. Um so mehr gilt es, die noch verbliebenen Reste der über Jahrtausende geformten natürlichen Fluß• landschaften zu erhalten und unter besonderen Schutz zu stellen.

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Geologische Karten von Nordrhein-Westfalen 1:100.000

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24 GEOLOGISCHE GLIEDERUNG Mio.a EROSION UND ÜBERGEORDNETE SEDIMENTATION EREIGNISSE : Eem-Warmzeit ~ a: .., 0,12 =< .il !::! Warthe-Stadium ..... z ...:i w ~ Groß-In ters tadial jüngere a: :< 1- ~ 0,2 N 1- 1 Dren the-Stadium Mittelterrassen Inlandeis in der < 0 i v.l :::> 1- ~ Westfälischen Bucht ~ 0 _,w Holstein-Warmzeit c.. ältere Inlandeis in NW- Elster-Kaltzeit ...... ,:.. Mittelterrassen Deutschland ·a; Cromer-Komplex* 0,5 ~ -' N <( starke Hebung des :::1 Menap-Kaltzeit Q) Rhein. Schiefergebirges c: "C... Waal-Warmzeit w .,:.. 1,0 Hauptterrassen Cl) Eburon-Kaltzeit - w ~ 1- -' Tegelen-Warmzeit ~ :::> :< ~ Praetegelen-Zeit Höhenterrassen - 2,4 erste Hebungen des 0 ~ Anlage von PLIOZÄN Rhein. Schiefergebirges N Hochtälern 0 5,1 z Ausbildung =< erneutes ~ MIOZÄN von Vordringen Trogregionen a: des =< 24,6 - Meeres ..... OLIGOZÄN a: Bildung im Westen w ..... 38,0 einer

Rumpffläche EOZÄN

54,9

PALEOZÄN erste Konturen der 65,0 Westfälischen Bucht Beginn der Festlandszeit

*enthält vennutlich 2 Kalt- und 3 Warmzeiten Tab. 1: Landschaftsentwicklung und Flu ßgeschichte in der Westfälischen Bucht und im Rheinischen Schiefergebirge im Tertiär und Quartär.

25

Geol. Paläont. 4 Abb. Münster 16 27- 33 Westf. 1 Tab. April 1990

Der saaleeiszeitliche Geschiebemergel am westlichen Stadtrand von Münster/Westfalen: Lithologie und seine Eigenschaften als Baugrund

Roland Otto*

Zusammenfassung

Der Geschiebemergel im Gebiet zwischen Münster und Münster-Roxel besteht aus einem weitgestuften Sand, der bis zu 60% Schluff und Ton enthält. Bedingt durch diesen hohen Feinkornanteil zeigt er die typischen plastischen Eigenschaften eines bindigen Bodens. Nach DIN 18196 fällt er in den Bereich der leicht plastischen Tone (Gruppensymbol TL) mit steifer Konsistenz. Sein Steifenmodul Es beträgt für einen Lastbereich von 50 bis 200 kN/m 2 6 MN/m2 , der Winkel der inneren Reibung 31° und die Kohäsion 18 kN/m2 . Die zulässigen Bodenpressun­ gen für Regelfälle sind der DIN 1054, Tabelle 5, zu entnehmen.

Summary

The boulder clay in the area between Münster and Münster-Roxel consists of a inequigranular sand, which contains up to 60% silt and clay. These high amounts of fine-grained fractions show to have the typical plastic properties of a cohesive soil. In accordance with DIN 18196 it belongs to the light plastic clays (Group symbol: TL) with a stiff consistency. The stiffness coefficient Es is for an imposed load from 50 to 200 kN/m 2 6 MN/m2, the angle of internal friction 31°, and the cohesion 18 kN/m 2. The permissible consolidation of the subsoil is shown in DIN 1054, table 5.

1. Einleitung

Im Rahmen einer baugeologischen Kartierung am westlichen Stadtrand von Münster/Westf. (Abb. 1) wurde die anstehende quartäre Schichtenfolge lithologisch sowie ingenieurgeologisch untersucht (OTTO, 1981 ). Ein Augenmerk fiel dabei auf den saaleeiszeitlichen Geschiebemergel, der dort mit einer Mächtigkeit von bis zu 6 m ansteht. Während des frühen Drenthe-Stadiums der Saaleeiszeit schob sich das von Norden heranna­ hende Inlandeis westlich an der Mittelgebirgsschwelle vorbei in das Münsterländer Kreidebecken hinein. Die Eisbedeckung erreichte, wie Druck-Setzungsversuche ergaben (vgl. KELLER, 1952), Mächtigkeiten von 250 bis 300m. Auf seinem Weg von Norden nahm das Eis nicht nur den am Boden vorhandenen Schutt auf, sondern erodierte auch aktiv den Untergrund. Nach dem Ab­ schmelzen des Eises blieb seine Fracht als unsortiertes und in der Regel ungeschichtetes Material in Form einer Grundmoräne zurück (THIERMANN, 1973). Da der Gletscher im Münster• land vor allem Ton-, Kalk- und Sandmergel sowie deren Verwitterungsprodukte aufnahm, ist die Grundmoräne als Geschiebemergel ausgebildet.

* Anschrift des Verfassers: Dr. Roland Otto, Landesamt für Wasserhaushalt und Küsten Schleswig-Holstein, Saarbrückenstraße 38, D-2300 Kiel 1, F. R. Germany.

27 33 98 34 00 34 02 34 04 5762 1\) )> (X) 0- F 0-

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Das Untersuchungsgebiet umfaßt ein 4 km 2 großes Areal zwischen Münster und Münster-Ro• xel. Es wird von Nordnordwest nach Südsüdost von der Aa, einem bis zu 3 m breiten, kleinen Flußlauf, durchflossen. Durch die Erosionstätigkeit der Aa entstand ein ausgeprägtes Talrelief mit einem Höhenunterschied von bis zu 14 m. Während der Geschiebemergel an der nordöstlichen Flanke des Aatales oberflächennah ansteht (Abb. 1), ist er auf der nordwestlichen Talseite in Richtung Roxel unter Lößbedeckung nur in einer flachen Depression zu finden (Abb. 2).

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Abb. 2: Geologische Schichtenschnitte durch das Untersuchungsgebiet. Ihre Lage ist der Abb. 1 zu entnehmen.

Wie auf Grund seiner Genese zu erwarten ist, kann der Geschiebemergel vielseitig ausgebildet sein. Im Gebiet zwischen Münster und Münster-Roxel stellt er ein unsortiertes, ungeschichtetes Gemisch von Blöcken, Steinen, Kies, Sand, Schluff und Ton dar. Die Tongehalte variieren zwischen 16 und 31 %, die Sehluftgehalte zwischen 23 und 39%, die Sandgehalte zwischen 40 und 54%. Der Anteil der Kiesfraktion beträgt in allen Fällen nicht über 5% (Abb. 3: Kurve A-D). In unverwittertem Zustand schwankt der Gesamtkarbonatgehalt zwischen 14,4 und 23,8%. Es handelt sich also gemäß DIN 4022 bei dem Geschiebemergel um einen tonigen, schluffigen bis stark schluffigen, kalkhaltigen, weitgestuften Sand. Oberflächennah verwittert der mittel- bis dunkelgraue Geschiebemergel zu braunem Geschie­ belehm. Dabei werden die Eisen-II-Verbindungen zu Eisen-III-Verbindungen oxidiert, die kalkigen Bestandteile gelöst und nach unten verlagert, wobei in der Regel die Oxidationsgrenze tiefer liegt als die Entkalkungsgrenze. Begleitend tritt häufig eine Lessivierung auf, die zu einer relativen Anreicherung der groben Kornfraktionen, also auch an Geschieben, führt. Während sich das nordische Material aus Gneisen, roten Graniten, Zweiglimmer-Graniten, Porphyren und Kreide­ Feuersteinen zusammensetzt, finden sich als einheimische Geschiebe neben den Gesteinen der

29 Oberkreide auch solche aus roten Sandsteinen, die bei Ochtrup vom Gletscher aufgenommen wurden. Da größere Geschiebe als Ziersteine immer mehr Verwendung finden, sind Äcker und Ziegeleigruben weitgehend abgesucht. So besaß das größte im Untersuchungsgebiet gefundene Geschiebe einen Durchmesser von nur 15 cm.

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Korngröße in mm

Abb. 3: Einige charakteristische Kornverteilungskurven der Grundmoräne. Die Kurven A-D be­ schreiben den Geschiebemergel, die Kurve E den Sand einer im Mergel eingelagerten Sandlinse.

Oberflächennah treten im Geschiebemergel immer wieder größere Sandlinsen auf, die im Untersuchungsgebiet Mächtigkeiten bis zu 0, 7 m erreichen. Auch GUTHEIL (1968) beschrieb bei der Aufnahme eines ca. 4 km nördlich nahe der Ortschaft Münster-Nienberge gelegenen Auf­ schlusses mehrere im Anschnitt m2-große Feinsandlinsen. Es sind schwach tonige, schwach schluffige Fein- bis Mittelsande (Abb. 3: Kurve E) , die einen Gesamtkarbonatgehalt von 5% aufweisen. Genetisch lassen sich diese Sandlinsen nur schwer einstufen, da sich im Bohrstock keine Bodenstrukturen erkennen lassen. WOLDSTEDT (1961) weist darauf hin, daß diese Ein­ schaltungen in der Grundmoräne vom Eis in gefrorenem Zustand aufgeschürfte Lockersediment­ pakete sein können . Während der Weichselkaltzeit herrschte im Münsterland periglaziales Klima. In den Sommer­ monaten taute der tiefgründig gefrorene Boden oberflächennah auf, was eine Wasserübersätti• gung des Bodens zur Folge hatte. Schon bei sehr geringen Hangneigungen (ab 2°) kam es zu einem Abfließen des Oberbodens (WOLDSTEDT & DUPHORN, 1974). Die Entstehung solcher Fließerden fällt nach Untersuchungen von BRAUN & THIERMANN (1972) in das frühe Weichsel­ glazial. Auch LIEDTKE (1976) weist darauf hin, daß die Solifluktion ihre größte Wirksamkeit während des feuchten Klimas zu Beginn einer Kaltzeit hat. In der Trockenphase während des Höchststandes der Vereisung sind dagegen solifluidale Prozesse gehemmt. Vor allem auf der nordöstlichen Talflanke des Aatales trifft man in den unteren Hangbereichen dünne Schleier von Fließerden an. Sie bestehen aus tonigen, schluffigen, unsortierten, entkalk­ ten Sanden, die bis zu faustgroße Geschiebe führen können. Ihre Farbe ist mittel- bis gelbbraun. Die größte Mächtigkeit beträgt ca. 0,85 m. Im Bohrstock beobachtet man ferner schmale Sandbänder, die nach ARNOLD (1960) als durchteufte Sandfüllungen schräg verlaufender Frostspalten angesehen werden können (Abb. 4).

30 Bohrstock Frostspalte " / a .

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Abb. 4: Eine schräg verlaufende Frostspalte und ihr Erscheinungsbild im Bohrstock.

3. Der Geschiebemergel als Baugrund

Zur Beurteilung des Geschiebemergels als Baugrund ist es erforderlich, sein bodenphysikali­ sches Verhalten zu kennen. Mit Hilfe einer Reihe von bodenmechanischen Versuchen können Kennwerte ermittelt werden, die seine Einstufung als Baugrund nach einschlägigen DIN-Normen einschließlich einer Angabe zur zulässigen Bodenpressung für Regelfälle zulassen. Eine Zusam­ menstellung dieser Kennwerte findet sich in der Tabelle 1. Obwohl der Geschiebemergel bis zu 54% aus Sand besteht, zeigt er doch auf Grund des hohen Ton- und Sehluftgehaltes das typische Verhalten eines bindigen Bodens. Zur Einstufung in eine Bodengruppe nach DIN 18196 (Gruppeneinteilung der Böden für bautechnische Zwecke) mußten daher neben der Kornverteilung auch die ATTERBERGschen Grenzen (DIN 18122, T. 1) be­ stimmt werden. Danach ergab sich für die Fließgrenze ein mittlerer Wassergehalt (wL) von 32,5%, für die Ausrollgrenze ein Wassergehalt (wp) 13,5%. Die Plastizitätszahl (lp) betrug 19%. Verglei­ chende Untersuchungen in Münster-St. Mauritz ergaben bei Erreichen der Fließgrenze einen Wassergehalt von 35% gegenüber 13% bei der Ausrollgrenze (WINKELMANN, 1982). Er fällt damit im Plastizitätsdiagramm nach CASAGRANDE in den Bereich leicht plastischer Tone (Grup­ pensymbol TL). Bei einem natürlichen Wassergehalt von 14 bis 18% besitzt er eine steife Konsistenz. Die zulässigen Bodenpressungen für Streifenfundamente sind der DIN 1054, Tabelle 5 (Böden der Gruppen UM, TL, TA), zu entnehmen. Da die lithologische Zusammensetzung des Geschiebemergels jedoch räumlich stark variiert, sollte seine Einstufung in eine Bodengruppe nach DIN 18196 bei Bauvorhaben im Einzelfall geprüft werden. Der Steifemodul Es des Baugrundes wird zur Berechnung der Setzung des Bauwerkes benötigt und mit Hilfe von Kompressionsversuchen ermittelt. Das für solche Versuche erforderliche unge­ störte Probenmaterial wurde im Untersuchungsgebiet einer Tiefe von 3 m unter Geländeoberkan• te entnommen, d. h. dem Gründungsniveau eines Hauses mit einem Kellergeschoß. Für den 2 Lastbereich von 50 bis 200 kN/m 2 betrug der mittlere Es-Wert 6 MN/m . VON SOOS (1980) gibt für vergleichbare Bodenarten Es-Werte in der Größenordnung von 4,0 bis 7,4 MN/m2 an. Zur Berechnung der Grundbruchsicherheit eines Bodens müssen der Winkel der inneren Reibung

Das Feuchtraumgewicht der ungestörten Proben betrug 21,2 kN/m 3 , das Porenvolumen 33,5%. Der Durchlässigkeitswert kt umfaßt nach SCHULZE & MUHS (1967) den Bereich von 1 o- 8 bis 1 o-9 m/s, nach VON SOOS (1980) 10-7 bis 10-9 m/s und nach WINKELMANN (1982) 10-8 bis 10-10

31 Gehalt der Kornfraktionen in % Kies: 5 Sand: 40-54 Schluff: 23-39 Ton: 16-31

Wassergehalte in %:

natürlicher Wassergehalt Wn= 14 bis 18 Wassergehalt der Fließgrenze WL= 32,5 Wassergehalt der Ausrollgrenze Wp= 13,5 Plastizitätszahl lp = 19,0

Bodengruppe nach DIN 18196: TL Frostempfindlichkeit nach ZTVE-StB 76: 3 Bodenklasse nach DIN 18300 VOB: 4

Porenvolumen (%) n = 33 ,5 Reibungsw i nkel~0 )

Kalkgehalt (%) K = 14,4 bis 23 ,8 Tab. 1: Die bodenmechanischen Kennwerte des saaleeiszeitlichen Geschiebemergels im Gebiet zwischen Münster und Münster-Roxel.

Diese geringe Durchlässigkeit kann das Auftreten von Stauwasser bewirken und macht zum Schutze der Bauwerke eine Dränung des Baugrundes erforderlich (vgl. DIN 4095). Nach DIN 18300 VOB ergibt sich für den Geschiebemergel die Lösbarkeitsklasse 4 (mittel­ schwer lösbare Bodenarten), nach der ZTVE-StB 76 die Frostempfindlichkeitsklasse F3 (sehr frostempfi ndlich). Die im Geschiebemergel erbohrten Sande gehören auf Grund ihrer Kornverteilung zur Boden­ gruppe SU (Sand-Schluff-Gemische). Nach DIN 18300 VOB sind sie der Bodenklasse 3 (leicht lösbare Bodenarten), nach ZTVE-StB 76 der Klasse F2 (gering- bis mittelfrostempfindlich) zuzu­ ordnen. Ihr Porenvolumen betrug 36,4%. Die krWerte der Sande sind deutlich größer als die des Geschiebemergels. Sie liegen zwischen 1o -5 und 1 o-7 m/s. Dieses hat zur Folge, daß sich die Wasserbewegung vorwiegend in diesen weniger bindigen Partien der Grundmoräne vollzieht. · Auch an dieser Stelle sei noch einmal auf die Notwendigkeit einer Dränung verwiesen.

4. Literatur

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33 34 17 Abb. Geol. Paläont. Münster 16 35 - 61 4 Tab. Westf. April 1990 2 Taf.

Ziegelrohstoffe und Ziegeleien im zentralen Münsterland (Westfalen, NW-Deutschland)

Eckhard Speetzen*

1. Einleitung Die Kunst, tonige Massen zu formen und zu festen Ziegeln zu brennen, ist schon sehr alt und war bereits im 4. Jahrtausend v. Chr. bei den Sumerern bekannt. Zu Beginn unserer Zeitrechnung gelangte diese Kenntnis mit den Römern bis an den Niederrhein. In das Gebiet östlich dieser Grenzlinie des römischen Reichs, in den westfälischen Raum, hat die Verwendung von Ziegeln erst sehr viel später Eingang gefunden. Die dort lebenden germanischen bzw. sächsischen Stämme bauten ihre Häuser aus Holz, wobei die Wände aus lehmbestrichenem Flechtwerk bestanden. Die Befestigungen wurden als Erdwälle angelegt, die oft mit Steinen verstärkt und teilweise mit einer hölzernen Palisadenwand versehen waren. Erst in späterer Zeit, mit dem Wunsch nach beständigeren, festeren und zudem auch feuersi­ chereren Bauwerken wurden zum Bau von Kirchen und Befestigungen gebrochene, oft auch behauene quaderförmige Natursteine verwendet. Diese Entwicklung ist eine Wiederaufnahme einer Tradition der Römer, die am Rhein zahlreiche Steinbrüche unterhielten. In anderen Gebie­ ten mußten Bausteine von weit her importiert werden, wie z.B. im ostfriesischen Raum, wo noch heute in alten Bauwerken mittelrheinische Tuffsteine zu finden sind. Vermutlich in diesen Berei­ chen, in denen Natursteine nicht vorkommen, besann man sich wieder auf die alte Kunst des Ziegelbrennens. Mit der Mitte des 11. Jahrhunderts ist der Beginn der Backsteinzeit in Nord­ deutschland anzusetzen (MEYHÖFER 1986). Im Münsterland ist die Verwendung von Ziegeln seit dem 13. Jahrhundert belegt. Sie wurden zuerst für Sakralbauten und auch vor 1300 schon beim Bau von Stadtbefestigungen benutzt (EIYNCK 1984). Der zentrale Teil der Westfälischen Bucht, insbesondere der Raum westlich und südlich von Münster, das Kernmünsterland, stellt ein Gebiet mit ausgedehnten Vorkommen von Ziegelroh­ stoffen dar. Sie liegen in Form der weitverbreiteten Mergel- und Tonmergelsteine der Oberkreide und des Geschiebemergels des Eiszeitalters vor; weitere Rohstoffvorkommen stellen der Löß• lehm und, weniger bedeutend, der in den Fluß- und Bachniederungen abgelagerte Auelehm dar (Taf. 1). Demgegenüber wird der Bereich nördlich und östlich von Münster, das Ostmünsterland, weitgehend von sandigen Ablagerungen eingenommen, während Ziegelrohstoffe nur lokal auftre­ ten. Die Grenzlinie zwischen beiden Gebieten verläuft von Burgsteinfurt im Nordwesten über

* Anschrift des Verfassers: Dr. Eckhard Speetzen Geologisch-Paläontologisches Institut der Universität Münster

35 Nordwalde, Münster und Warendorf bis Wiedenbrück im Südosten. Der westlich dieser Linie gelegene, auch „Kleimünsterland" genannte Bereich bildete die Grundlage einer ausgedehnten Ziegelindustrie. In der Umgebung der Stadt Münster lassen sich für den Zeitraum ab 1840 über 100 Ziegeleien bzw. Ziegelbrennereien nachweisen (Taf. 2). Die wirkliche Zahl dürfte wesentlich höher sein. Die Blütezeit - gemessen an der Anzahl der Ziegeleien - lag zwischen 1880 und 1940. Heute werden die Ressourcen im näheren Umkreis von Münster nur noch wenig genutzt. Hier bestehen noch drei Ziegeleien, von denen zwei ihr Rohmaterial überwiegend aus anderen Regionen beziehen. Diese Ziegelwerke haben einen erheblichen Ausstoß; sie stellen zusammen pro Jahr ca. 120 Mio. Ziegelsteine her. Im Bereich östlich der Grenzlinie, der auch als „Sandmün• sterland" bezeichnet wird und sich bis zum Teutoburger Wald erstreckt, hat sich aufgrund der andersartigen Rohstoffsituation seit 1928 eine Kalksandsteinindustrie entwickelt. Sie produziert mit fünf Werken etwa 125 Mio. Kalksandsteine pro Jahr. In diesem Raum gibt es heute nur noch eine Ziegelei.

2. Die Ziegelrohstoffe

2.1. Zusammensetzung und Eigenschaften der Ziegelrohstoffe Das Ausgangsmaterial zur Herstellung von Ziegeln, bzw. von grobkeramischen Erzeugnissen, besteht im allgemeinen aus sehr feinkörnigen Rohstoffen, die im weitesten Sinn als tonige Gesteine anzusprechen sind. Es handelt sich dabei einerseits um nicht verfestigte, mehr oder weniger plastische Tone und Lehme, andererseits um feste Tonsteine, die massig, geschichtet oder auch geschiefert sein können. Allen Gesteinen gemeinsam ist eine nahezu gleiche minera­ logische Zusammensetzung aus Tonmineralen, Quarz, Glimmer und Feldspat, die im wesentli­ chen nur im mengenmäßigen Anteil variiert. Tritt noch Calcit bzw. Karbonat in merklichen Anteilen hinzu, werden die Gesteine als mergelige Tone oder Mergel, bzw. als Tonmergel- oder Mergel­ steine bezeichnet. Weitere Minerale kommen nur sehr untergeordnet vor (Tab1 ).

Mineralart Anteil in Gew.-%

Tonminerale Kaolinit+ Fire-clay-Minerale 0- 35% Montmorillonit 0-25%

Quarz 15 - 75%

Glimmer Illit (Hydroglimmer) + Sericit 0-50% Chlorit 0- 30%

Feldspat 0-20%

Karbonate Calcit 0-20 % Dolomit und Ankerit 0-15 % Siderit 0- 3 %

Eisenhydroxide bzw. -oxide GoeLhit 0- 5 % Hämatit 0- 5 %

Pyrit 0- 4 %

Gips 0- 3 %

Schwerminerale (z.B. Hornblende) 0- 5 %

Tab.1: Mineralbestand von Ziegelrohstoffen (nach BENDER 1978).

36 Nach ihrer Bedeutung werden die Minerale der Ziegelrohstoffe in zwei Gruppen eingeteilt: 1. Ziegeltechnisch wesentliche Minerale: Kaolinit, lllit, Quarz 2. Ziegeltechnisch unwesentliche Minerale und Beimengungen: Montmorillonit, Glimmer, Feld­ spat, Calcit, Eisenoxide u. a.

Allein aus den Mineralen der ersten Gruppe (oder auch nur aus einem der beiden ersten und Quarz) können bei geeigneter Korngrößenverteilung Ziegelprodukte hergestellt werden. Dabei ergibt lllit die notwendige Plastizität bei der Aufbereitung und Verarbeitung des Rohstoffs, Kaolinit bewirkt ein gutes Brennverhalten, während der Quarz im wesentlichen als Füllstoff und Stabilisa­ tor dient (STEIN 1982). Die Minerale der zweiten Gruppe können sich, auch in Abhängigkeit von ihrem mengenmäßigen Anteil, sowohl günstig als auch störend auf den Produktionsablauf und die Qualität des Fertigprodukts auswirken oder auch neutral verhalten.

BILDSAMKEIT

Ungenügend

Mangelhaft

Ausreichend

Befriedigend

· Gut

Sehr gut

10 20 30 40 50 60% ANTEIL DER KORNFRAKTIONEN

Abb.1: Abhängigkeit der Bildsamkeit der Ziegelrohstoffe vom Anteil der Feinkornfraktion < 2 µ bzw. < 6 µ(nach STEIN 1982).

Für die Beurteilung der Eignung von Rohstoffen für die Ziegelherstellung sind die Verarbeitbar­ keit bei der Aufbereitung und Formgebung, das Trocknungs- und Brennverhalten sowie die geforderte Qualität der Fertigprodukte von Bedeutung. Ideale Ziegelrohstoffe zeichnen sich durch eine gute Plastizität, eine geringe Brennsehwindung und ein langes Sinterintervall aus; sie ergeben gleichmäßige, reine Klinkerfarben und ein verwitterungs- und frostbeständiges Fertig­ produkt. Zur Ermittlung der Eigenschaften eines Ziegeltons werden neben mineralogischen, chemischen und physikalischen Untersuchungen auch aufbereitungs- und brenntechnische Ver­ suche durchgeführt. Sie sollen Aufschluß geben über Korngrößenverteilung, Mineralbestand, Chemismus, Plastizität, Anmachwasserbedarf und Trocknungsschwindung des Rohstoffs und über Brennfarbe, Rohdichte und Porosität des gebrannten Materials. Das Aufbereitungs- und Formungsverhalten des Ziegelrohstoffs, das Trocknungs- und Brenn­ verhalten der geformten Masse und die Farbe und Qualität des fertigen Ziegels werden vor allem durch Mineralbestand und Korngrößenaufbau bestimmt. Dabei ist besonders der Anteil der an

37 Tonmineralen reichen feinkörnigsten Fraktion von Bedeutung, der je nach Verwendungszweck des Fertigprodukts zwischen 10 und 55% liegen sollte (vgl. Abb. 5). Aber auch die übrigen Fraktionen müssen in einem ausgewogenen Verhältnis vertreten sein, um die Herstellung be­ stimmter Ziegelprodukte zu gewährleisten und Produktionsfehler zu vermeiden. Rohstoffe mit hohem Tongehalt werden als fett, solche mit geringem Tonanteil als mager bezeichnet. Zu fette Rohstoffe können z.B. mit Sand oder Ziegelmehl gemagert, zu magere Rohstoffe durch Zusatz fetter Tone verbessert werden. Die zugesetzten Rohstoffe sollen das vorhandene Kornspektrum sinnvoll ergänzen. Die Zugabe von Stoffen mit geringen Korngrößenvariationen, wie z.B. Sand, steht oft einer ausgewogenen Kornverteilung entgegen. Als günstig haben sich Mischungen verschiedener Tone und Lehme erwiesen, die eine Rohmasse mit durchweg guten Eigenschaften ergeben. Der zur Aufbereitung und Formgebung erforderliche Energieaufwand ist abhängig von der Bildsamkeit bzw. Plastizität des Rohstoffs, die wiederum vom Tongehalt (vgl. Abb. 1), aber auch von der Art der Tonminerale bestimmt werden. Sehr feinkörnige Rohstoffe, d. h. tonreiche Mas­ sen, haben eine höhere Bildsamkeit, die mit steigendem Montmorillonitgehalt weiter zunimmt. Diese Rohstoffe erfordern allerdings aufgrund des stark wassereinlagernden und dabei aufquel­ lenden Montmorillonits eine große Anmachwassermenge, die sich wiederum negativ auf das Trocknungs- und Brennverhalten und auf den Energieaufwand auswirkt. Vor dem Brennen wer­ den die geformten Rohlinge bzw. „Formlinge" getrocknet, um ihnen einen großen Teil des Anmachwassers wieder zu entziehen. Auf herkömmliche Weise werden sie in sogenannten „Trockenschuppen" (Abb. 10 u. 11) einer natürlichen Trocknung unterzogen. Heute erfolgt das Trocknen allerdings weitgehend unter Ausnutzung der hei Ben Ofenabgase in beheizten Kammer­ oder Tunneltrocknern. Der Trocknungsvorgang ist mit einem Schwinden verbunden, das in Prozent der Ausgangslänge des Rohlings angegeben wird. Diese „lineare Trockensehwindung" soll unter 10% bleiben. Zudem dürfen bei der Trocknung keine Risse entstehen und es muß eine gewisse Trockenbruchfestigkeit des Formlings erreicht werden, die für den weiteren Produktions­ gang (Stapelhöhe, Ofentransport) von Bedeutung ist. Beim anschließenden Brennen werden zunächst Haft- und Kristallwasser und andere gasförmige Komponenten aus den Mineralen ausgetrieben, was zu einer weiteren Schwindung führt. Diese Brennsehwindung soll unter 8% bleiben und die Gesamtsehwindung darf 12% nicht überschreiten, da sonst mit Fabrikations­ schwierigkeiten und Qualitätseinbu Ben zu rechnen ist.

2.2 Beziehungen zwischen Rohstoff, Brennvorgang und Fertigprodukt Beim Brennen der Formlinge entstehen aus der im Wasser noch dispergierbaren Rohmasse feste keramische Produkte, die weitgehend beständig gegen mechanische und chemische Ein­ flüsse sind. Durch physikalische und chemische Prozesse bilden sich neue Mineralphasen und auch glasartige Substanzen. Diese Vorgänge werden unter dem Begriff der Sinterung zusam­ mengefaßt. Die Temperatur, die zur Erreichung dieser nicht mehr rückgängig zu machenden Stoffänderungen notwendig ist, wird als Garbrandtemperatur bezeichnet. Sie liegt je nach Aus­ gangssubstanz zwischen 800 und 1200 °C. Art und Umfang der Stoffumwandlungen, insbeson­ dere die Festigkeit und die Farbe des gebrannten Materials, hängen vom Mineralbestand, von der Korngrößenverteilung und dem Chemismus der Rohstoffe ab. Weitere Einflüsse gehen von der Aufheizgeschwindigkeit, der Brenntemperatur, der Verweilzeit des Brennguts im Hochtempe­ raturbereich und von der Ofenatmosphäre aus. Das fertig gebrannte Material wird als „Scherben" bezeichnet. Das Raumgewicht der gebrann­ ten Masse, die Scherbenrohdichte, liegt zwischen 1,6 und 2,2 kg/dm 3. Sie wird im wesentlichen durch die Rohstoffart und den Sinterungsgrad bestimmt und beeinflußt die Druckfestigkeit, die Porosität und auch die Frostempfindlichkeit der Ziegel. Eine besondere Rolle kommt dabei dem Quarz zu. Beim Brennen von kalkfreien Tonen dient er nur als stabilisierender Füller der Scher­ ben, der mit den Tonmineralen kaum reagiert. Bei höheren Anteilen kann er jedoch die Druckfe­ stigkeit herabsetzen, da die bei 573 °C erfolgende Umwandlung von ß- in a-Quarz mit einer Volumenänderung verbunden ist und zu Ri ßbildungen führen kann. In kalkreichen Tonen erhöht der Quarz hingegen die Scherbenfestigkeit, da er ab 900 °C mit CaO stabile Calciumsilikate bildet. Hohe Calciumgehalte setzen die Brennsehwindung herab und erniedrigen damit die Scherbenrohdichte, was zu einer Erhöhung der Porosität und der Wasseraufnahmefähigkeit führt. Die aus einem derartigen Material gebrannten Ziegel weisen günstige wärmedämmende Eigenschaften auf, sind dafür aber im allgemeinen frostempfindlicher. Sie eignen sich besonders für Hintermauersteine, während stärker gesinterte Ziegel mit höherer Scherbenrohdichte als Vormauersteine oder Verblendziegel im Außenmauerwerk verwendet werden.

38 Die Farben des gebrannten Materials, die von schwarzvioletten über rote, braune, gelbe bis zu wei Ben Tönen reichen können, hängen einerseits vom Gehalt des Rohstoffs an Fe-Oxiden und Hydroxiden, andererseits aber auch von der Brenntemperatur und einer reduzierenden oder oxidierenden Ofenatmosphäre ab. Auch der Calcitgehalt bzw. das Verhältnis von Fe20 3/Ca0 hat einen Einfluß auf die Brennfarbe. Hohe CaO-Gehalte hellen die Farbtöne auf; bei einem Gehalt von über 7% treten braune, gelbe und gelbgraue Brennfarben auf. Für eine abschließende Beurteilung von Ziegelrohstoffen müssen die Ergebnisse der verschie­ denen Untersuchungen und Analysen sorgfältig gegeneinander abgewogen werden. Dabei kommt den praxisorientierten Aufbereitungs- und Brennversuchen im allgemeinen eine größere Aussagekraft zu . Besonders wegen der Komplexität der Einflüsse von Kornverteilung und Mine­ ralbestand des Rohmaterials ist eine optimale Abstimmung aller Einzelergebnisse notwendig, um einen störungsfreien Betriebsablauf und einwandfreie Ziegelprodukte zu gewährleisten. Neben dem Mineralgehalt sollte auch der Chemismus der Rohstoffe bekannt sein. Obwohl die Aussage­ kraft einer chemischen Analyse beschränkt ist, gibt sie doch in Teilaspekten wichtige Hinweise auf das Brennverhalten. So ist z. B. der Gehalt an Alkalioxiden für das Sinterverhalten von Bedeutung; höhere Anteile führen zu frühem Sintern und steigern die Brennsehwindung. Auch ·der an die Tonminerale gebundene Al 20 3-Gehalt erhöht mit steigendem Wert die Brennsehwin­ dung. Jedoch heben CaO-Gehalte von 2-3% diesen Effekt bereits wieder auf. Weiterhin ist es wichtig, störende Beimengungen wie Schwefel- und Fluorverbindungen zu erkennen, die einer­ seits den Ofenbetrieb stören können, vor allem aber die Umwelt erheblich belasten. Auch hierbei hat ein Karbonatgehalt des Rohstoffs eine gewisse Bedeutung; er bindet Fluor und verringert dadurch die Emission.

2.3. Die Ziegelrohstoffe des Münsterlandes Die in der Westfälischen Bucht weit verbreiteten Tonmergel- und Mergelsteine der Oberkreide und die tonig-lehmigen Ablagerungen des Quartärs sind grundsätzlich zur Ziegelherstellung geeignet. Sie werden seit langer Zeit im Münsterland für die Erzeugung von Mauersteinen und Dachziegeln verwendet. Der Untergrund des Kernmünsterlandes wird überwiegend von den Tonmergelsteinen gebildet, die eine Mächtigkeit von etlichen 100 Metern erreichen können. Sie werden von einem dünnen, z. T. lückenhaften Schleier quartärer Ablagerungen überdeckt, deren Mächtigkeit im allgemeinen nur wenige Meter beträgt. Das schematische Normalprofil (Abb. 2) gibt die vollständige Schichtenfolge und die durchschnittlichen Mächtigkeitswerte wieder. Über den Tonmergelsteinen liegt zunächst, manchmal unter Einschaltung geringmächtiger Sande, eine vom Inlandeis der frühen Saale-Kaltzeit ~interlassene Grundmoräne. Wegen des deutlichen Karbonatgehalts und der in ihr auftretenden, vom Eis transportierten Gesteine („Geschiebe"), wird sie auch als Geschiebemergel bezeichnet. Darüber folgt oft eine Lage von Löß, ein staub­ förmiges äolisches Sediment, das während der Weichsel-Kaltzeit abgelagert wurde. Als jüngste Ablagerung schließt sich der an die Fluß- und Bachtäler gebundene Auelehm an. Dabei handelt es sich um feinkörnige Sedimente, die sich während der gelegentlichen Überflutungen auf den Talflächen absetzen. Die normale Schichtenabfolge ist nicht überall durchgehend vorhanden. Durch verschiedene zwischenzeitliche Erosionsvorgänge oder auch durch lokale Sedimentationsunterschiede ergibt sich ein wechselndes Bild. Der schematische Profilschnitt (Abb. 3) gibt die unterschiedlichen Abfolgen bzw. Profiltypen im Kernmünsterland wieder, die zugleich auch die Lagerstättentypen der ehemaligen und heutigen Ziegeleien darstellen (vgl. Tab. 4). Die einzelnen Schichtglieder haben eine sehr unterschiedliche Oberflächenverbreitung (Tat. 1 ). Die im Untergrund anstehen­ den Gesteine der Oberkreide tauchen unter den jüngeren Schichten nur inselartig auf. Die überdeckende Grundmoräne hat gerade im Kernmünsterland eine große Ausdehnung. Sie ist allerdings lokal abgetragen oder durch jüngere Sedimente verhüllt. Der Löß bzw. Sandlöß, der ehemals wohl eine durchgehende Deckschicht darstellte, kommt in größerer Mächtigkeit nur noch in einem ca. 5 km breiten Streifen vom Ostrand der Baumberge über Münster bis an den Südrand des Emstals bei Telgte vor. Die Auelehme halten sich eng an die jungen Flu ßebenen. Sie wurden auf der Karte wegen ihrer geringen Ausdehnung nicht gesondert dargestellt. Die Tonmergelsteine des zentralen Münsterlandes gehören den Oberkreidestufen Santon und Campan an. Es handelt sich um mittel- bis dunkelgraue, meistens nur undeutlich geschichtete, oft scherbig-schalig zerfallende Gesteine, die nach ihrer Korngrößenverteilung (vgl. Abb. 4) ein schwach feinsandiges Ton-Schluff-Gemisch darstellen. Der Kalkgehalt liegt im allgemeinen zwi­ schen 30 und 35%. Je nach Korngrößenaufbau und Kalkgehalt sind die Gesteine als mergelige

39 Ton- und Schluffsteine, als schluffige Tonmergelsteine oder nur als Tonmergelsteine anzuspre­ chen. Bei Kalkgehalten über 35% werden sie als Mergelsteine bezeichnet. Zuoberst sind die Gesteine durch den Verwitterungseinfluß meistens bis in eine Tiefe von 1-2 m mehr oder weniger stark entkalkt und entfestigt und zu einem zähplastischen Mergel bzw. Tonmergel umgewandelt. Bei völliger Entkalkung entsteht häufig ein graugelber schluffiger Ton. Der Mineralbestand der Tonmergelsteine setzt sich zusammen aus*: 30-40% Calcit ca. 20% Quarz ca. 20% Glimmer (Sericit/lllit) 15-20% Kaolinit ± Montmorillonit ± Feldspat.

Löß (Weichsel - Kaltzeit) 1-3m,max.5m; Auelehm (Holozän) 1 - 3 m , max. 5 m ; teilweise entkalkt ( = Lößlehm) z .T. auch Wiesenton - mergel, bis 2 m

Geschiebemergel (Saale - Kaltzeit) 1 - 3 m, max. Sm häufig 1 - 2 m entka 1kt

( = Geschiebelehm )

0 Mergelstein (Oberkreide) bis über 100 m; die oberen 1 - 2 m L1J häufig zu einem . c tonigen Mergel verwittert

5m

Abb.2: Abfolge der oberflächennahen Schichten im zentralen Münsterland (schematisch).

11 Bei der im frischen Zustand dunkelgrau bis braungrau gefärbten, im allgemeinen schichtungs­ losen Grundmoräne handelt es sich um eine Ablagerung mit weit gestreuter Kornverteilung. Sie reicht vom Ton- über den Schluff- und Sandbereich bis in die Kies- und Steinfraktion (vgl. Abb. 4). Die Grundmoräne enthält zwischen 10 und 25% Karbonat und hat damit einen mergeligen

* Sämtliche Angaben zum qualitativen und quantitativen Mineralbestand bezeichnen eine Pauschalzusammensetzung; sie wurden im wesentlichen aus neueren Erläuterungen zur Geol. Kt. Nordrh.-Westf. 1 :25.000 entnommen.

40 Charakter. Von der Oberfläche her ist sie meistens bis zu einer Tiefe von 1-2 m entkalkt und zu einem braunen Geschiebelehm verändert. Oft geht damit auch eine Tonausschlämmung einher, so daß die Verwitterungsreihe vom Geschiebemergel über den kalkfreien Geschiebelehm und geschiebeführenden Sand bis zu einer Steinlage führt. Sie ist als Relikt einer ehemaligen Grundmoränenbedeckung häufig zu finden. Gegenüber der sandreichen, schluffig-tonigen Moräne mit höherem Geschiebeanteil treten oft auch tonreiche und geschiebearme Grundmoränen auf. Sie enthalten im wesentlichen Gesteins­ material des unmittelbaren tonig-mergeligen Untergrundes und werden deshalb auch als Lokal­ moränen bezeichnet. Der Mineralgehalt des Geschiebemergels besteht aus: 30-40% Quarz 10-25% Calcit 10-15% Kaolinit ca.15% Glimmer 5-1 0% Feldspat 5% Montmorillonit + Wechselschicht-Minerale.

t t t t t t

- L ·.:.:;·.:-::;:::;: L 1·~-.:.-:--_-:..:_-:·· A GA 5oml I'~~:0:::1 G M M M M M 10 I 1 I Typ l Typ 2 Typ 3 Typ 4 Typ 5 Typ 6 Typ 7

A L M t-- · --·-·- · -·--·-~· k

Abb.3: Schematischer Profilschnitt durch die oberflächennahe Schichtenfolge des zentralen Münsterlandes mit Profiltypen.

Löß ist eine gut sortierte Windablagerung, deren Korngröße in der Hauptsache im Grobschluff­ bereich liegt (Abb. 4). Ausbildungen mit einem höheren Feinsandanteil werden Sandlöß oder in Norddeutschland auch „Flottsand" genannt. Das im allgemeinen ungeschichtete Sediment hat eine gelbbraune Farbe, die im Grundwasserbereich in grau übergeht. Löß weist normalerweise einen Kalkgehalt von 10-15% auf. In entkalkter Form wird er als Lößlehm bezeichnet. Der Mineralgehalt setzt sich zusammen aus: 55-65% Quarz ca.15% Glimmer 10-15% Calcit ca.1 0% Feldspat ca.15% Kaolinit ± Montmorillonit.

41 TON SCHLUFF SAND KIES STEINE Fein- Mittel- Grob- Fein - Mittel- Grob- Fein- Mittel.- Grob -

0,002 0,006 0,02 0,06 0,2 0 ,6 2 6 20 60 - Korndurchmesser in mm

Abb.4: Korngrößenverteilung bzw. Kornsummenkurven der Ziegelrohstoffe des Münsterlandes (Auelehm ähnlich Löß). 100

10 90

20 80

30 70

······· .· .· [Ä] 4 3 70

80 .... 20 1 90 10 ·. [1 : ········· 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 >20µ- Abb.5: Optimale Korngrößenzusammensetzung von Ziegelrohstoffen für bestimmte Produkte (nach SENDER 1978 u. STEIN 1982): 1 Vollziegel bzw. Vollsteine 2 Viellochziegel bzw. Gittersteine 3 Dachziegel 4 dünnwandige Deckensteine und Hohlwaren (punktierte Felder stellen die Korngrößenzusammensetzung der Ziegelrohstoffe des zentralen Münsterlandes dar: L =Löß; G = Geschiebemergel; M =Mergel- bzw. Tonmergelstein).

42 Auelehme sind feinkörnige, kalkfreie oder schwach kalkhaltige, schluffig-sandige bis tonig­ schluffige Ablagerungen. Die Farbe wechselt, je nach Gehalt an humosen Bestandteilen, von braun bis grau. Oft ist eine Zweiteilung in einen unteren, mehr sandigen und einen oberen, mehr schluffigen Bereich zu erkennen. Grenzen die Täler an Gebiete mit Tonmergel oder Geschiebe­ mergel, weisen die Auesedimente häufig einen höheren Tongehalt auf und sind dann als schluf­ fige Tone anzusprechen. Eine besondere Ausbildung der Auesedimente stellen die sog. Wiesen­ tonmergel dar. Dabei handelt es sich um hellgraue bis weiße schichtungslose, tonig-schluffige Ablagerungen mit einer Korngrößenverteilung von ca. 40% Ton, 50% Schluff und 10% Sand und einem Karbonatgehalt von 30-50%. Der Mineralbestand setzt sich zusammen aus Calcit, Quarz, Kaolinit, Montmorillonit, lllit und z. T. auch Feldspat. Die Mächtigkeit liegt im allgemeinen bei 0,7 bis 1,0 m und erreicht nur ausnahmsweise Werte über 2 m. Die Vorkommen von Wiesentonmer­ gel weisen eine unterschiedliche Genese auf. Es handelt sich einerseits um spätweichselzeitli'ch entstandene Talabsätze von Abschlämmprodukten benachbarter Tonmergelstein-Höhen. Ande­ rerseits treten auch jüngere, holozäne Bildungen auf, bei denen normale Auesedimente durch kalkgesättigte, von den Talflanken einziehende Bodenwässer aufgekalkt wurden. Je nach Korngrößenverteilung bzw. Anteil definierter Korngrößenfraktionen sind die Ziegelroh­ stoffe für bestimmte Produkte besonders geeignet (Abb. 5). Die Rohstoffe des Münsterlandes weisen sowohl eine ausreichende Mineralzusammensetzung als auch ein entsprechendes Korn­ größenspektrum auf. Die sandig-schluffigen, relativ tonarmen Bereiche1 und 2 werden von Löß und Geschiebemergel abgedeckt, während der tonreichere, feinschluffige Bereich 4 von Mergel bzw. Mergelstein vertreten wird. Der Zwischenbereich 3 kann durch Mischung der Rohstoffe erreicht werden. Allerdings schränkt der zum Teil recht hohe Kalkgehalt der mergeligen Gesteine die Verwendung dieser Rohstoffe ein. Eine Verbesserung läßt sich durch Beimischung von Löß oder Lößlehm erreichen. Sie führt bei den fetten Tonmergelsteinen zu einer Magerung und setzt zugleich den Kalkgehalt herab. Aus der Mischung der einheimischen Rohstoffe ergibt sich somit eine Rohmasse, die gute Korneigenschaften und einen ausreichend niedrigen Kalkgehalt auf­ weist. Besonders geeignete Rohstoffgewinnungstellen sind deshalb Bereiche, in denen die genannten Gesteine in einer Schichtenfolge neben- und übereinander vorkommen, d. h. Gebiete mit den Lagerstättentypen 2 und 3 (vgl. S. 55).

3. Die Ziegelindustrie im zentralen Münsterland

3.1. Die Entwicklung der Ziegelindustr'ie Die Verwendung von Ziegelsteinen ist im Münsterland bereits für das 13. Jahrhundert belegt. Ziegeleien werden erstmalig in und in Münster im Jahre 1286 bzw. 1296 erwähnt (EIYNCK1984). Der Backstein setzte sich in der Folgezeit, oft kombiniert mit Natursteinen, zum beherrschenden Baustoff der Höfe und Häuser des Adels und des Klerus, aber auch des gehobenen städtischen Bürgertums durch. Einen weiteren Aufschwung erfuhr die Verwendung von Ziegelsteinen etwa ab 1800, als man in den ländlichen Bereichen zur Ausmauerung der Fachwerkbauten und zur Errichtung reiner Ziegelbauten überging. In dieser Zeit entstanden viele kleine Ziegelbrennereien, die vorwiegend Ziegelsteine im Feldbrand, d. h. in meilerartigen, zu jedem Brand neu zu errichtenden Öfen, herstellten. Neben den Feldbrennereien gab es auch Ziegeleien mit ortsfesten Kammeröfen, die rationeller arbeiteten und zudem bessere Steine lieferten. Etwa ab 1870 wurden die kontinuierlich zu betreibenden Ringöfen eingeführt. Diese Neuerung und die nahezu gleichzeitige Einführung der Ziegelstrangpressen ergab eine weitere Produktions- und Qualitätssteigerung der Ziegeleien, die sich damit von teilweise nur im Neben­ erwerb betriebenen Ziegelbrennereien zu eigenständigen Ziegelwerken entwickelten und bis 1900 die Feldbrennereien verdrängten. Das Ziegelbrennen wurde oft von Saisonarbeitern betrieben, die als wandernde Ziegler beson­ ders aus dem lippischen Raum kamen (BARTELT & SCHINKEL 1986). Viele dieser Ziegler wurden später im Münsterland seßhaft. So sind auch die Vorfahren der Ziegeleibesitzer Hage­ meister in gegen Ende des vorigen Jahrhunderts aus der Detmolder Gegend in das Münsterland gekommen und haben zuerst Ziegeleien bei Coerde (Nr. 31: Tab. 4 u. Taf. 2; Abb. 6) und bei Lasbeck (Nr. 1O; Abb. 14) betrieben. Der zunächst in Coerde ansässige Zweig der Familie erwarb nach Zwischenstationen von 1928 bis 1930 in Buldern (Nr. 21) und später in Alstätte im Jahr 1940 eine Ziegelei in Nottuln. Diese Ziegelei (Nr. 17) nahm nach einer kriegsbe­ dingten Pause 1946/47 die Produktion wieder auf und ist noch heute in Betrieb. Auch der letzte

43 Besitzer der Ziegelei an der Altenberger Straße in Nordwalde (Nr. 3b), August Hanning, war ein lippischer Ziegler. Er stammte aus Pivitsheide bei Detmold und betrieb in den 20er Jahren bei Borken eine gepachtete Ziegelei. 1930 kaufte er die Ziegelei in Nordwalde und erwarb später noch die Ziegelei Hallenberg bei Lengerich. Während die Ziegelei in Nordwalde, die bis Ende 1964 in Betrieb war, heute noch weitgehend erhalten ist, mußte die Ziegelei bei Lengerich Mitte der 60er Jahre dem Autobahnbau weichen. Mit Hilfe von Archivunterlagen und historischen Karten, bzw. Karten der preu Bischen Landes­ aufnahme ist die Entwicklung der Ziegelindustrie im Umkreis von Münster ab 1840 genauer nachzuzeichnen. Aus Akten des Landratsamtes des alten Kreises Münster geht hervor, daß 1844 im Kreis Münster insgesamt 29 Ziegeleien betrieben wurden (Tab. 2). Für das Amt Mauritz werden für den gleichen Zeitraum 31 Ziegelbrennereien mit einer Jahresproduktion von ca. 1,2 Mio. Ziegeln genannt (Tab. 3). Bei diesen Angaben dürfte es sich sowohl um feste Ziegeleien als auch um Feldbrennereien handeln. Nimmt man die Produktionszahlen der übrigen Ämter hinzu (Wolbeck 56.000, 43.000, Roxel und Greven zusammen auf ca. 60.000 geschätzt), so ergibt sich für den Kreis Münster für das Jahr 1844 eine Produktion von etwa 1,35 Mio. Ziegeln bei insgesamt 38 Ziegelbrennereien.

Amt Gemeinde Eigentümer

Mauritz Mauritz 1 Coppenrath 2 Stadtbäumer 3 Witte gt. Polkötter Hiltrup 4Buermann 5 Helling 6 Lohmann 7 Kluck 8 Reismann 9 Schepers Amelsbüren lOBeckmann 11 Brüning 12 Haverkamp 13 Laumann 14 Kuhlmann 15 Mieling 16 Venschott 17 Herold Lamberti 18 Greve 19 Hesselmann Überwasser 20 Barinck 21 Braunstein 22 v. Buchholz Wolbeck Wolbeck 23 Woldering Alverskirchen 24 Boes 25 Cordes Havixbeck Havixbcck 26 Schleithoff Roxel Roxel 27 Richter Nienberge 28 Tihring Greven Greven 29 Hesselmann

Tab.2: Verzeichnis der im Jahr 1844 im Kreis Münster vorhandenen Ziegeleien (Aufstellung vom 5. Juni 1845; Stadtarchiv Münster, b).

In der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts, besonders mit der Einführung der Ringöfen, blühte die Ziegelindustrie auf. Diese Entwicklung geht eindeutig aus den jährlichen Berichten zur Lage der Industrie hervor, die die einzelnen Ämter des Landkreises Münster dem Landrat erstatten mußten: Amt Nottuln am 10. Nov. 1895: „Die Ziegeleibesitzer hatten vollauf zu thun. Die fertige Ware wurde sofort abgesetzt".

44 Amt Wolbeck am 11. Nov. 1895: „Die Ziegeleien hatten flotten Betrieb und Absatz, so daß für den Winter fast kein Bestand an Ziegeln mehr vorhanden ist". Amt St. Mauritz am 8. Nov. 1899: „Die Aussichten der bereits vorhanden gewesenen fast nur aus größeren Ziegeleien bestehenden Unternehmen sind recht günstig, durch eingetretene Veränderungen bezw. Vergrößerungen ist die Productionsfähigkeit bedeutend erhöht". Auch der zusammenfassende Bericht über die Lage der Ziegeleien, die der Landrat am 17. Nov. 1900 dem Regierungspräsidenten in Münster erstattete, ergibt ein positives Bild: „Der Betrieb in den Ziegeleien des Landkreises Münster war ein sehr reger. Sämmtliche Ziegeleien hatten durchweg einen guten Absatz. Zu den bereits bestehenden Ziegeleien sind drei neue hinzugetreten und zwar: 1. Die Ringofenziegelei des Dr. Schmitz in Hiltrup welche ca. 30 Arbeiter beschäftigt und 2. Die Ziegelei von Jean Müllermeister in Nienberge Dorf 24, welche im Sommer ca. 30 und im Winter ca. 10 Arbeiter beschäftigt und im Jahr ca. 2.000.000 Ziegelsteine fertig stellt. 3. Die Ringofenziegelei von J. de Vries aus Leer in Ostfriesland in der Gemeinde Greven r. d. E. mit ungefähr 15 Arbeitern" (Stadtarchiv Münster, a).

Nr. Gemeinde Name oder Eigentümer Ziegelsteine/Jahr

1 St. Mauritz Oekonom Coppenrath 70.000 2 B äwner (Stadtbaum) 15.000 3 Pottkötter 10.000 4 Überwasser Buchholz 45.000 5 Holschulte 50.000 6 Barring 100.000 7 Lamberti Schefers auf Feldhaus 100.000 8 Kolon Hesselmann 9 Stadt. Maurermeister Greve 50.000 10 Hiltrup Gutsbesitzer Hwnann 80.000 11 " Kötter Helling 50.000 12 Kolon Buermann 30.000 13 Pächter Lohmann 30.000 14 Kolon Reismann 50.000 15 Kötter Wegmann 15.000 16 Amelsbüren Kolon Venschott 36.000 17 Oekonom Herold 45.000 18 Kolon Große Beckmann 36.000 19 Kolon Kuhlmann 30.000 20 Kolon Ladberg 40.000 21 Kötter Wiedau 15.000 22 Kötter Haverkamp 40.000 23 Kolon Hamsen 28.000 24 Schulze Wilbrenning 20.000 25 Kolon Lawnann 40.000 26 Schulze Bruning 50.000 27 Kolon Nottebrock 28.000 28 Kolon Börger 11.000 29 Schulze Mieling 42.000 30 Kolon Brinckmann und 31 Pächter Mieling zusammen 40.000

Summa 1.196.000

Tab.3: Verzeichnis der im Jahr 1844 im Amt St. Mauritz I Kreis Münster vorhandenen Ziegelbrennereien (Aufstellung vom 26. Juli 1845; Stadtarchiv Münster, b).

45 Mit der im zentralen Münsterland etwa ab 1840 einsetzenden kontinuierlichen Landesaufnah­ me ergibt sich die Möglichkeit einer nahezu lückenlosen Dokumentation der zeitlichen Entwick­ lung der Ziegelindustrie in den letzten 150 Jahren. Aufgrund des zeitlichen Abstands der Karten­ aufnahmen wurden die Ziegeleien allerdings oft erst einige Jahre nach ihrer Gründung kartogra­ phisch erfaßt, und auch die Stillegungen wurden mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung registriert. Die aus den Kartenunterlagen abgeleiteten und in Tab. 4 angegebenen Betriebszeiten sind deshalb nur als ungefähre Altersangaben zu verstehen, die allerdings in den meisten Fällen

Abb.6: Ehemalige Ziegelei Hagemeister in Münster-Coerde (Nr. 31) mit Belegschaft und Erzeugnissen (Dränrohre) in den 20er Jahren. den wahren Daten sehr nahe kommen dürften. Eine deutliche Abweichung zeigt sich nur bei der Ziegelei Schmitz (Nr. 58a), deren Betriebszeit aus den topographischen Karten nur indirekt für die 30er Jahre zu erschließen ist, während ihre Gründung bereits 1900 erwähnt wird (vgl. S. 45). Auch die um 1875 eingestufte Ziegelei Richter (Nr. 38) bei Roxel dürfte bereits 1844 bestanden haben, falls die aus den topographischen Karten ermittelte Ziegelei und die in den Archivunter­ lagen genannte (vgl. Tab. 2) von der Lage her identisch sind. Für den Zeitraum von 1840 bis heute lassen sich mit Hilfe des Kartenmaterials in der Umge­ bung von Münster über 100 Ziegeleien bzw. Ziegelbrennereien lokalisieren (vgl. Tat. 2). Dabei handelt es sich einerseits um kurzlebige Feldbrandstellen, an denen nur einmal oder über wenige Jahre produziert wurde, andererseits aber auch um feste Ziegeleien, die teilweise über etliche Jahrzehnte bestanden (vgl. Tab. 4). Gemessen an den zahlreichen Hinweisen auf weitere Lehm­ abbaustellen dürfte die tatsächliche Zahl der ehemaligen Ziegelbrennereien viel höher gelegen haben. Sie wurden aber wegen der oft nur kurzen Betriebsdauer nicht alle kartographisch erfaßt. Für den Zeitraum von 1840 bis 1860 lassen sich aus den Kartenunterlagen im Raum Münster 25 Ziegeleien nachweisen, was mit den Archivangaben relativ gut übereinstimmt. Nach der aus 16 Blättern bestehenden „Special-Karte von der Umgegend von Münster, 1 :20.000" von 1869/70 ergeben sich 29 Ziegeleien. Die Topographische Karte des Kreises Münster von 1876 verzeich­ net 25 Ziegeleien. Für den Zeitabschnitt von 1860 bis 1880 lassen sich insgesamt 38 Ziegeleien feststellen (vgl. Abb. 7). Ihre Zahl nimmt bis über 1900 hinaus ständig zu, was auf einen

46 wirtschaftlichen Aufschwung und einen steigenden Bedarf an Baumaterial hinweist. Ab 1920 ist ein deutlicher Rückgang in der Anzahl der Ziegeleien zu verzeichnen. Dafür sind sicherlich Konjunkturflauten und Wirtschaftskrisen verantwortlich zu machen, die zur Aufgabe von Betrie­ ben führten. Weitere Ursachen sind in der Verdrängung kleinerer Ziegeleien durch größere, rationeller arbeitende Betriebe und in dem Aufkommen der Kalksandsteinindustrie zu suchen, deren erstes Werk 1928 etwa 10 km nordöstlich von Münster im Dünengebiet der Bockhalter Berge gegründet wurde. Gegen Ende der 30er und Anfang der 40er Jahre mußten viele Ziegeleien aus kriegswirtschaft­ lichen Gründen (Einsparung von Energie und Rohstoffen bzw. Verbot privater Bautätigkeit) den Betrieb einstellen. Nach dem Ende des 2. Weltkriegs erlebte die Ziegelindustrie eine zweite Blütezeit. Bedingt durch die rege Bautätigkeit infolge des Wiederaufbaus der zerstörten Städte wurden zahlreiche Ziegeleien wieder in Betrieb genommen. Aber bereits in den 60er Jahren ist ein erneuter Rückgang in der Zahl der Ziegeleien zu verzeichnen, der auf die starke Konkurrenz innerhalb der Ziegelindustrie zurückzuführen ist. Heute bestehen nur noch wenige moderne Ziegelwerke mit hoher Produktivität, die sich meistens auf bestimmte Ziegelarten spezialisiert haben.

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1 1840 1860 1880 1900 1920 1940 1960 1980 Zeitabschnitte

Abb.7: Zeitliche Verteilung der Ziegeleien in der Umgebung von Münster (vgl. Tab. 4).

Hinweise auf die alten Ziegeleien geben heute noch die zahlreichen Abbaustellen, die man vielerorts im Gelände an geradlinigen Geländestufen bzw. Abbaukanten, an unnatürlichen Ver­ tiefungen und vernäßten Senken erkennt oder auch in Form von Teichen und Seen vorfindet. Alte Abbaustufen im Geschiebemergel sind noch an der linken Talflanke der Aa östlich von Roxel zu sehen (Nr. 36, 37 u. 39; Abb. 8; vgl. OTTO 1981: 31 ). Weitere Gewinnungsstellen von Geschie­ bemergel, die heute als Teiche vorliegen, gibt es 1 km südöstlich von Westbevern (Abgrabung für bäuerliche Feldbrandverziegelung; STAUDE1984: 52) und an zwei Stellen am nordwestlichen Stadtrand von Münster (ca. 250 bzw. 500 m westlich des Wohngebietes Brüningheide; STAUDE 1986: 86). Eine weitere, heute als „Gertrudensee" bekannte Abbaustelle von Tonmergelsteinen

47 liegt ca. 13 km nordnordöstlich von Münster in der Bauernschaft Bockholt. Sie wurde um 1900 zunächst zur Gewinnung von Dichtungsmaterial für den gerade fertiggestellten Dortmund-Ems­ Kanal angelegt und erst ab 1906 zur Ziegelherstellung weiterverwendet (STAUDE1984: 50-52, Abb. 9). Auch Straßen- und Flurbezeichnungen weisen auf ehemalige Ziegelbrennereien hin. So gibt es im Nordosten der Stadt Münster zwischen Coerde und Sudmühle die Bezeichnungen „An der alten Ziegelei", „Lehmheide" und „Ziegelhof", im Ostteil der Stadt die Straßennamen „Teigel• kamp" und „Teigelesch". Auch die Namen „Kleiheide" im Norden der Stadt bei Sprakel, „Klei• busch" im südwestlichen Teil bei Mecklenbeck und „Kleikamp" bzw. „Kleibach" im südlichen Teil von Münster deuten auf Bereiche mit tonigem Untergrund hin, die sicherlich für die Ziegelindu­ strie Bedeutung hatten. Bauliche Reste von Ziegeleien, bzw. von Ziegelöfen sind nur noch sehr selten erhalten. Sie befinden sich meistens in einem sehr schlechten Zustand, da die betreffen­ den Ziegeleien schon vor Jahrzehnten stillgelegt wurden. Obwohl diese Bauwerke heute wertvol­ le technische Kulturdenkmäler darstellen, stecken die Bemühungen zu ihrem Erhalt noch in den Anfängen. In Laer bei Burgsteinfurt ist der Rest eines holländischen Einkammerziegelofens erhalten (Nr. 1; KETTELER 1987: 34-35 u. 152-153). In Nordwalde besteht noch eine komplette Ziegelei mit einem ovalen 24-kammerigen Ringofen, einer Maschinenhalle und den Trocknungs­ lagern (Nr. 3b; Abb. 10, 12 u. 13; KETTELER 1987: 54-55 u. 151-152). Diese Ziegelei wurde erst 1964 stillgelegt. In Lasbeck bei Havixbeck ist noch ein kleiner, halboval-rechteckiger, stark ver­ fallener Ringofen (sog. Loeff'scher Ziegelofen) mit Schornstein vorhanden (Nr. 1 O; Abb. 14 u. 15). Von der Ziegelei in der Bauernschaft Bockholt (Nr. 72) existiert nur noch ein stark veränderter Schuppen. Zwischen der ehemaligen Ziegelei und den Gertrudenseen ist im Gelände noch die ca. 2 km lange Trasse einer Feldbahn zu erkennen, mit der das Rohmaterial von der Abbaustelle bis zu der am Dortmund-Ems-Kanal gelegenen Ziegelei befördert wurde (Abb. 16). In der Bauern­ schaft Werse, zwischen Münster und Handorf, stehen noch Gebäude (Trocknungsschuppen und Maschinenhalle) einer Ziegelei (Nr. 83; Abb. 11 ), die 1960 den Betrieb einstellte.

3.2. Ziegeleien und Rohstoffe Betrachtet man die Lage der ehemaligen Ziegeleien des zentralen Münsterlandes, erkennt man eine Häufung im Umkreis der Stadt Münster mit besonderen Schwerpunkten im Westen und Süden und im Nordosten der Stadt (Tat. 2). Diese Konzentration spiegelt die Nähe zum wichtig­ sten Absatzmarkt, aber auch eine bestimmte Rohstoffsituation wider. Bei den genannten Berei­ chen handelt es sich im wesentlichen um Flächen mit Geschiebemergel. Nur die an der Münster• schen Aa aufgereihten, sehr stadtnah gelegenen Ziegeleien (Nr. 42-46) haben vorwiegend Auelehm und Lößlehm (Typ 2 bzw. 3) abgebaut. Hier mögen neben der ausreichenden Rohstoff­ qualität besonders die Faktoren Verbrauchernähe und Anmachwasserdargebot ausschlaggebend gewesen sein. Weitere Schwerpunkte sind nördlich von Altenberge und südöstlich von Nottuln zu erkennen, die wiederum in Gebieten mit Geschiebemergel liegen. Schlüsselt man die einzelnen Ziegeleien nach dem vorherrschenden Lagerstättentyp auf, so zeigt sich die absolute Vormacht des Typs 4 (Abb. 17). Aus einem Vergleich der Lage der Ziegeleien und ihren Betriebsperioden bzw. Gründungszei• ten ergibt sich, daß bereits in der Mitte des vorigen Jahrhunderts Ziegelbrennereien über das gesamte zentrale Münsterland verbreitet waren. Eine gewisse Häufung zeigt sich westlich und besonders südlich der Stadt Münster. Auch die in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts gegründeten Ziegeleien liegen überwiegend im Westen und Süden von Münster. Das bedeutet, daß bereits die frühen Ziegeleien hauptsächlich auf Lagerstätten des Typs 4 begründet waren. Der Geschiebemergel bzw. der Geschiebelehm scheint demnach von allen Ziegelrohstoffen des zentralen Münsterlandes die größte Bedeutung gehabt zu haben, wenn auch bei einigen Vorkom­ men die verwitterten Schichten der unterlagernden Tonmergelsteine der Kreide mitverarbeitet wurden. Erst um 1900 entstanden auch in den übrigen Gebieten weitere Ziegeleien. Eine beson­ dere Konzentration ist in den Geschiebemergelgebieten südöstlich von Nottuln und nördlich von Altenberge zu erkennen. Im Bereich östlich von Münster sind die Ziegeleien nahezu gleichmäßig über den Raum verteilt. Sie wurden wohl überwiegend nach dem lokalen Bedarf angelegt, wobei das Argument der Rohstoffqualität von zweitrangiger Bedeutung gewesen sein dürfte. Sofern vorhanden, haben auch diese Ziegeleien Geschiebelehm verarbeitet, andererseits aber auch Rohstoffe wie Auelehm, Wiesentonmergel, Löß und Tonmergelstein, die wegen eines zu geringen Tonanteils oder eines zu hohen Kalkgehalts weniger gut geeignet sind. Bei allen Rohstofftypen hat man deshalb nach Möglichkeit die kalkfreie bzw. kalkarme Ausbildung abgebaut (Geschiebe­ lehm, Lößlehm, Verwitterungsbereich der Tonmergel), um die durch zu hohe Kalkgehalte hervor­ gerufenen Qualitätsbeeinträchtigungen der Ziegelsteine (Abplatzungen, Frostempfindlichkeit) zu

48 Abb.8: Abbaukante der Tongrube der ehemaligen Ziegelei Voss zwischen Roxel und Gievenbeck (Nr. 39) im Westen der Stadt Münster.

Abb.9: Gertrudensee in der Bauerschaft Bockholt nordöstlich von Münster - alte Rohmaterial­ gewinnungsstelle der ehemaligen Ziegelei Keller (Nr. 72).

49 Abb.10: Trocknungslager („Trockenschuppen") der Ziegelei Hanning bei Nordwalde (Nr. 3b).

Abb.11: Trocknungslager der alten Ziegelei Kemper in der Bauernschaft Werse östlich von Münster (Nr. 83).

50 Abb.12: Ringofen der 1964 stillgelegten Ziegelei Hanning bei Nordwalde (Nr.3b) - Ansicht von Südwesten.

Abb.13: Außenwand des Ringofens (Nordseite) der Ziegelei Hanning mit Eingang zu einer Brennkammer.

51 vermeiden. Das bedeutete aber auch, daß die Rohmaterialvorkommen wegen der geringen Entkalkungstiefe von 1 bis 2 m relativ schnell erschöpft waren. Erst in jüngerer Zeit ist man in der Lage, auch kalkreichere Ziegeltone durch eine besondere Brenn- und Verfahrenstechnik ohne Qualitätseinbußen zu verarbeiten. Darüber hinaus setzt man diese Rohstoffe für bestimmte Qualitäten, wie z.B. Hintermauersteine, auch bewußt ein (vgl. S 38).

3.3. Die Entwicklung der Rohstoffsituation Eine erste zusammenfassende Darstellung der Ziegelrohstoffe des Münsterlandes gibt WEG­ NER (1927). Er nennt als wichtigsten Rohstoff den Geschiebemergel, der allerdings oft unter Mitverwendung des unterlagernden kreidezeitlichen Mergels verarbeitet wurde. Die Abbaustellen verteilen sich über das gesamte Münsterland, u. a. werden die Orte Rinkerode, Hiltrup, Münster, Sudmühle, Nienberge, Altenberge und Nordwalde aufgeführt. Als weitere Rohstoffe werden Löß und andere schluffige Ablagerungen des Quartärs und im nordwestlichen und westlichen Mün• sterland besonders die Tonsteine bzw. Tone der Unterkreide und des Tertiärs erwähnt. Erste Ansätze zu einer regionalen Erfassung und Beschreibung der Ziegelrohstoffe finden sich in den Erläuterungen zu den in den 30er Jahren erschienenen Geologischen Karten 1 :25.000 des westlichen und südlichen Münsterlandes. In neuerer Zeit hat ARNOLD (1960) für das zentrale Münsterland auf die Verwendung von Grundmoräne, Löß, Auelehm und Tonmergel für die Ziegel­ herstellung hingewiesen. Er erwähnt besonders, daß der Tonmergel, teilweise nach Magerung mit Sanden, trotz seines hohen Kalkgehalts in zunehmendem Maße verarbeitet wird. Erst mit der 1973 erschienenen Lagerstättenkarte „Steine und Erden" (s. Planungskarten) werden die Roh ­ stoffe landesplanerisch erfaßt und der Geschiebemergel, der südlich und nordwestlich von Münster größere Flächen einnimmt, und der im gesamten Münsterland verbreitete Mergelstein der Oberkreide als Ziegelrohstoffe ausgewiesen. Zugleich ist südlich von Buldern eine Mergelab­ baustelle verzeichnet, die der heutigen Ziegelei Schnermann (Nr. 21) entspricht. In einer lagerstättenkundlichen Beschreibung der nicht verfestigten Gesteine („Lockergestei­ ne") Nordrhein-Westfalens befaßte sich DOLEZALEK (1978) auch mit Löß, Auelehm und Ge­ schiebemergel. Obwohl diese Ablagerungen , zum Teil unter Mischung mit anderem Material, zur Herstellung grobkeramischer Erzeugnisse geeignet sind, ist zu dieser Zeit bereits ein Rückgang in der Verwendung der quartären Ziegelrohstoffe zu erkennen. Es werden verschiedene Rohma­ terialgewinnungsstellen angeführt, u. a. ein 4 km östlich von Nottuln gelegener Abbau von ca. 2,5 m mächtigem Löß und ein bis zu 7 m tiefer Tonmergelabbau nordwestlich von Amelsbüren. In der Übersichtskarte des Gebietsentwicklungsplans „Westmünsterland" (1980) ist nur noch das Löß• vorkommen bei Nottuln und der Tonmergelsteinabbau bei Buldern eingetragen. Die übrigen Flächen mit Ton- und Lehmvorkommen werden nicht mehr besonders ausgewiesen. Auch auf dem als Entwurf erschienenen Landesentwicklungsplan V (1982) sind für den Regierungsbezirk Münster im wesentlichen nur noch kleinere Rohmaterialgewinnungsflächen in der Nähe der drei heute noch bestehenden Ziegeleien ausgewiesen. Auf eine großflächige Sicherstellung weiterer Vorkommen von Ziegelrohstoffen wird verzichtet. Im einzelnen verzeichnet sind das (Löß-) Lehmvorkommen östlich von Nottuln (zu Ziegelei Hagemeister, Nr. 17), das Lehm- und Tonmer­ gelsteinvorkommen bei Buldern (Ziegelei Schnermann, Nr. 21) und das Geschiebelehm- und Tonmergelsteinvorkommen bei Amelsbüren (zu Ziegelei Janinhoff, Nr. 59) . Ein weiteres Tonmer­ gelsteinvorkommen ist südlich von Amelsbüren an der Straße nach Davensberg ausgewiesen. Auf der Lagerstättenkarte des Gebietsentwicklungsplans „Zentrales Münsterland" (1986) ist es nicht mehr verzeichnet. Sie zeigt nur noch das Tonmergelsteinvorkommen nordwestlich von Amelsbüren, in dem heute aus Qualitätsgründen nicht mehr abgebaut wird. Eine großflächige Sicherung von Ziegelrohstoffen für den zukünftigen Bedarf ist in den Gebietsentwicklungsplänen nicht enthalten. Die Gewinnung von Rohstoffen soll vielmehr vorrangig - unter Berücksichtigung der in den Plänen dargestellten Nutzungen und der örtlichen Gegebenheiten - an den in den Übersichtskarten „Lagerstätten und Abbaubereiche" gekennzeichneten Stellen erfolgen. Aller­ dings ist der Abbau von Rohstoffen auch außerhalb der ausgewiesenen Bereiche noch möglich. Aufgrund der in den letzten Jahren deutlich gestiegenen Anforderungen an die Ziegelprodukte hinsichtlich der physikalischen Eigenschaften, der Farbe und der Gleichmäßigkeit hat sich die Rohstoffsituation völlig verändert. Der bereits in den 70er Jahren zu erkennende Rückgang in der Verwendung quartärer Lehme hat sich bis heute fortgesetzt und mittlerweile auch die Tonmergel­ steine der Oberkreide erfaßt. Die modernen Ziegelwerke verwenden nur noch Mischungen hochwertiger Tone, die einen gleichmäßigen Rohstoff ergeben. Diese Rohmassen lassen sich ?Ufbereitungs- und brenntechnisch problemloser verarbeiten und zugleich über geringfügige Anderungen der Mischung besser an besondere Kundenwünsche anpassen. So beziehen z.B.

52 Abb.14: Ringofen (Loeff'scher Ziegelofen) und Schornstein der alten Ziegelei in Lasbeck südwestlich von Havixbeck (Nr. 10) - im Hintergrund Abbaustufen im Löß.

Abb.15: Detailaufnahme des Ringofens der alten Ziegelei in Lasbeck mit Eingängen zu den Brennkammern.

53 Abb.16: Gebäude, Feldbahn und Tongruben (heutige Gertrudenseen) der ehemaligen Ziegelei Keller (Nr. 72) in der Bauerschaft Bockholt nordöstlich von Münster (Ausschnitt der TK 25 Blatt 3912 Westbevern , Ausgabe 1927).

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1 2 3 4 5 6 7 Lagerstättentyp

Abb.17: Aufteilung der Ziegeleien in der Umgebung von Münster nach Lagerstättentypen (vgl. Abb. 3 u. Tab. 4).

54 die vorwiegend Verblend- bzw. Fassadenklinker herstellenden Ziegeleien in Nottuln und Hiltrup den größten Teil ihrer Rohstoffe aus dem Raum Ibbenbüren (rote Tonschiefer des Karbons), von Jöllenbeck bei Bielefeld (schwarzgraue Tone aus dem Unteren Jura), aus dem Raum Frechen („Braunkohlenton") und aus der Eifel und dem Westerwald (Tone und vulkanische Tuffe des Tertiärs). Die lokalen Rohstoffe werden nur noch in geringem Umfang zugesetzt und nicht mehr, wie noch in den 50er Jahren, als einziges Material verwendet. Die Gründe liegen allerdings nicht nur in den erhöhten Ansprüchen an die Qualität der Ziegelprodukte, die mit dem lokalen Rohma­ terial nur schwer zu erfüllen sind, sondern auch in der nicht ausreichenden Quantität der lokalen Rohstoffe. Aufgrund ihrer geringen Mächtigkeit sind die örtlichen Lagerstätten sehr schnell erschöpft oder erfordern riesige Abbauflächen, die nicht erwünscht, bzw. gegen die Ansprüche des Umwelt- und Landschaftsschutzes nicht mehr durchzusetzen sind. Nur bei der Herstellung von Hintermauersteinen werden noch lokale Rohstoffe in größerem Umfang verwendet, wie z.B. das Tonmergelsteinvorkommen bei Buldern (Nr. 21 ).

4. Ausblick Im zentralen Teil des Münsterlandes bzw. im Rahmen des hier betrachteten Raumes besteht heute noch eine leistungsstarke Ziegelindustrie. Die drei verbliebenen Ziegelwerke (Nr. 17, 21 u. 59) von ehemals über hundert haben eine Jahresproduktion von ca. 120 Mio. Ziegeln, die etwa das Dreifache dessen betragen dürfte, was zur Hoch-Zeit der Ziegeleien um 1900 in diesem Raum produziert wurde. Damals stellten kleinere Betriebe um 200.000, größere Ziegeleien etwa 1 Mio. Ziegelsteine pro Jahr her (BÜCHNER, HOFFMANN & JORDAN 1986). Für das betrachtete Gebiet ist danach für die Jahrhundertwende eine Jahresproduktion von überschlägig 30-40 Mio. Ziegeln anzunehmen. Obwohl die heutigen Ziegelwerke ihre Rohstoffe vorwiegend aus anderen Bereichen „importie• ren", sind im Münsterland nach wie vor große Vorräte an Ziegelrohstoffen vorhanden. Diese Vorkommen können bei einer Verknappung der hochwertigen Rohstoffe und einer Rücknahme übertriebener Qualitätsansprüche zukünftig wieder eine Bedeutung erlangen. Das trifft beson­ ders für Gebiete mit einer Abfolge von Löß, Geschiebelehm und Tonmergelstein zu (vgl. S. 41 ). ·Dieser Lagerstättentyp gibt in der Mischung eine bessere Rohstoffqualität, zudem weist er größere Abbaumächtigkeiten auf. Wenn auch die Versorgung der Ziegeleien mit Rohstoffen über die nächsten Jahre sichergestellt ist, müssen diese Gebiete bei der Landes- und Regionalpla­ nung stärker berücksichtigt werden. Eine vorausschauende Exploration und Sicherung der loka­ len Ziegelrohstoffe sind die Voraussetzungen zur Erfüllung zukünftiger Ansprüche und erhalten zugleich eine alte Tradition des Münsterlandes.

Ich danke Herrn Norbert Hagemeister in Nottuln und Herrn Egon Janinhoff in Münster für Erläuterungen zur Praxis der Ziegelherstellung und für zahlreiche Hinweise zur Geschichte der Ziegeleien im Münsterland.

5. Literatur ARNOLD, H. (1960): A. Geologische Karte.- In: Erl. Übersichtskt. Nordrh.-Westf. 1 :100.000, Blatt C 4310 Münster: 9-126, 6 Abb., 4 Tat.; Krefeld. BARTELT, F. & SCHINKEL, E. (1986): Gut Brand! Leben und Arbeit der Lipper Ziegler um 1900. - Westf. Industriemus. Schriften, 3: 1-191, zahlr. Abb.; Hagen (v. d. Linnepe). SENDER, W. (1978): Die Planung von Ziegelwerken. - 130 S., 11 Abb.; Wiesbaden (Bauverlag). SENDER, W. & HÄNDLE, F. (1982): Handbuch für die Ziegelindustrie. Verfahren und Betriebspraxis in der Grobkeramik. - 832 S., zahlr. Abb.; Wiesbaden (Bauverlag). BÜCHNER, M., HOFFMAN, K. & JORDAN, R. (1986): Die Tongruben der Ziegeleien im Unter-Pliensbachium (Lias gamma) der weiteren Umgebung von Bielefeld, ihre Geologie und Betriebsgeschichte - Ein Beitrag für künftige Rohstoff-Erschließungen. - Veröff. Naturkunde-Mus. Bielefeld, 1: 57 S., 35 Abb., 5 Tab., 5 Tat.; Bielefeld.

55 DOLEZALEK, B. (1978): Nutzbare Lockergesteine in Nordrhein-Westfalen. - 96 S., 11 Abb., 1 Tab., 1 Tat.; Krefeld (Geologisches Landesamt Nordrhein-Westfalen). EIYNCK, A. (1984): Haus und Hof im Westmünsterland - Bauen, Wohnen und Wirtschaften in vorindustrieller Zeit. - In: Ländliches Bauen im Westmünsterlarid. - Beitr. Heimatver. Vreden z. Landes- u. Volkskde., 27: 15-220, 234 Abb.; Vreden. KETTELER, H. (1987): Technische Denkmäler im Kreis Steinfurt - Zeugen der Technikgeschichte. - 465 S., zahlr. Abb.; Steinfurt (Kreis Steinfurt). MEYHÖFER, D. (1986) : Hamburgs Backstein - Zur Geschichte des Ziegelbaus in der Hansestadt. - 144 S., zahlr. Abb.; Hamburg (Sautter & Lackmann) . OTTO, R. ·(1981 ): Stratigraphisch-lithologische und ingenieurgeologische Untersuchungen der quartären Schichtenfolge zwischen Münster und Münster-Roxel. - Dipl.-Arb. Univ. Münster, Tl. 1: 38 S., 8 Abb., 4 Anl.; Münster (Unveröff.) . Stadtarchiv Münster - Landratsamt Münster XXII Industrie. - a) Fabriken, Industrie Val. III , Nr. 962 (Bd. 4) Fabriken, Industrie Val. IV, Nr. 962 (Bd. 5) b) Ziegeleien und Kalköfen 1845-1856, Nr. 964. STAUDE, H. (1984): Erläuterungen zu Blatt 3912 Westbevern. - Geol. Kt. Nordrh.-Westf. 1 :25.000, Erl., 3912 Westbevern: 91 S., 6 Abb., 7 Tab., 2 Tat; Krefeld. - (1986): Erläuterungen zu Blatt 3911 Greven. - Geol. Kt. Nordrh.-Westf. 1 :25.000, Erl., 3911 Greven : 137 S., 15 Abb., 8 Tab., 2 Tat.; Krefeld. STEIN, V. (1982): Die Rohstoffe der Ziegelindustrie. - In : BENDER, W. & HÄNDLE, F. : Handbuch der Ziegelindustrie: 73-94, 10 Abb. , 1 Tab.; Wiesbaden (Bauverlag). WEGNER, Th. (1927): Geologie der Münsterschen Ebene. - Westfalen land, Bd . IV - Beiträge zur Westfälischen Heimatkunde: 1-44, 21 Abb., Tat. 1-3; Paderborn (Schöningh).

Karten

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Geologische Karte von Nordrhein-Westfalen 1:100.000 Blatt C 3910 Rheine mit Erl.; Krefeld 1987. Blatt C 4310 Münster mit Erl.; Krefeld 1960.

Geologische Karte von Nordrhein-Westfalen 1 :25.000 Blatt 3911 Greven mit Erl.; Krefeld 1986. Blatt 3912 Westbevern mit Erl.; Krefeld 1984.

B. Topographische Karten Topographische Carte der Provinz Westfalen und der Rheinprovinz 1 :80 .000 (aufgenommen 1836-1850) Blatt 13 Coesfeld Blatt 14 Münster Blatt 15 Warendorf

/ Topographische Karte der Kreise des Regierungs-Bezirks Münster 1 :80.000 Kreis Coesfeld 1876 Kreis Münster 1876 Kreis Warendorf 1843

56 Preu Bische Kartenaufnahme Provinz Westfalen 1 :25.000 Uraufnahme (1836-1842) Neuaufnahme (1891-1912) Fortführungen bzw. Topographische Karte 1 :25 .000 Blatt 391 O Altenberge 3911 Greven 3912 Westbevern 401 O Nottuln 4011 Münster 4012 Telgte 4013 Warendorf 411 O Senden 4111 Ottmarsbocholt 4112 Sendenhorst 4113 Enniger

Special-Karte von der Umgegend von Münster 1 :20.000 in 16 Sectionen (1869-1870)

C. Planungskarten

Akademie für Raumforschung und Landesplanung (Hrsg.) (1973): Lagerstätten 1 - Steine und Erden. - Deutscher Planungsatlas Bd. 1: Nordrhein-Westfalen, Lief. 5: 1 Kt. 1 :500.000 mit Erl.; Hannover (Jänecke).

Minister für Landes- und Stadtentwicklung des Landes Nordrhein-Westfalen (Hrsg.) (1982): Landesent­ wicklungsplan V - Gebiete für den Abbau von Lagerstätten, Regierungsbezirk Münster: 2Kt. 1 :200.000 mit Erl. (Entwurf); Düsseldorf.

Gebietsentwicklungsplan Regierungsbezirk Münster: Teilabschnitt Westmünsterland (1980) Tei labschnitt Zentrales Münsterland (1986).

57 Tab.4: Bezeichnung, ungefähre Betriebszeiten und Lagerstättentypen der ehemaligen und heutigen Ziegeleien in der Umgebung von Münster (vgl.. Taf. 2).

58 Nr. Top. Karte 1 :25 000 Koordinaten Name und/oder Lage Betriebszeit Lagerstätte 1 3910 Altenberge R92740 H71270 Piening/Heßling, nördlich Laer 1840-1920 G Typ 4 2 R97730 H72660 nordwestlich von Altenberge 1890-1940 G Typ 4 3 R99200 H72220 nordwestlich von Altenberge 1890-1940 G Typ 4 3a R94540 H72660 am Bahnhof Nordwalde 1890-1940 G Typ 4 3 b R95680 H72600 Bücker/Hanning, südlich Nordwalde 1930-1960 GM Typ 4 4 R98800 H71770 nordwestlich von Altenberge 1890-1940 G Typ 4 5 R99070 H71300 nordwestlich von Altenberge um 1900 GM Typ 4 6 R94320 H66760 südlich von Holthausen 1890-1940 M Typ 5 7 R93660 H66250 südlich von Holthausen um 1875 G Typ 4 8 4010 Nottuln R02630 H62080 Bauernschaft Schonebeck 1890-1940 G Typ 4 9 R98980 H61500 östlich von Havixbeck 1850-1880 L Typ 6 10 R95430 H59820 Hagemeister/Örding, Lasbeck 1890-1940 L Typ 6 11 R92040 H54520 südwestlich von Nottuln 1890-1940 GM Typ 4 12 R92920 H54740 südlich von Nottuln 1890-1940 GM Typ 4 13 R93440 H55700 Nottuln um 1900 GM Typ 4 14 R93720 H55760 Nottuln 1850-1940 GM Typ 4 15 R94170 H55340 Nottuln 1890-1940 GM Typ 4 16 R95260 H54580 südöstlich von Nottuln 1890-1940 GM Typ 4 17 R95460 H54200 Hagemeister, Nottuln 1890-heute GM Typ 4 18 R95880 H54170 südöstlich von Nottuln um 1875 GM Typ 4 19 R96320 H53850 südöstlich von Nottuln um 1875 G Typ 4 20 R00140 H52700 östlich von Appelhülsen 1890-1940 GM Typ 4 21 4110 Senden R93100 H47150 Schnermann, Buldern 1930-heute (G)M Typ 4/5 22 R94270 H47200 südlich von Buldern 1850-1940 GM Typ 4 23 R96810 H47000 nördlich von Hiddingsel 1890-1940 GM Typ 4 24 R01340 H48370 Senden 1890-1940 GM Typ 4 25 R00960 H46750 südwestlich von Senden um 1850 M Typ 5 26 3911 Greven R03960 H65920 nördlich von Kinderhaus um 1900 A' Typ 7 27 R04200 H65040 nördlich von Kinderhaus um 1900 A' Typ 7 28 R08340 H63600 östlich von Coerde 1860-1900 GM Typ 4 29 R03400 H63750 Kinderhaus um 1875 GM Typ 4 30 R00300 H64200 Rosery, Nienberge 1900-1960 G Typ 4 31 4011 Münster R07560 H63400 Deitmar/Hagemeister, Coerde 1900-1941 (G)M Typ 4/5 32 R03120 H62900 Rosery (Uppenberg), Kinderhaus 1900-1960 GM Typ 4 33 R02060 H62500 nördlich von Gievenbeck 1840-1860 G Typ 4 34 R98550 H61770 Thiering, Schonebeck 1840-1930 GM Typ 4 35 R01760 H61450 Gievenbeck 1840-1860 LG Typ 3 36 R01120 H59390 Gievenbeck um 1900 G Typ 4 37 R01170 H59100 Gievenbeck um 1900 G Typ 4 38 R00890 H58780 Richter, westlich Gievenbeck 18447-1880 LGM Typ 3/6 39 R01620 H59040 Scheithoff/Voss, Gievenbeck 1870-1900 G Typ 4 40 R02120 H59000 Gievenbeck 1840-1880 LG Typ 3 41 R02880 H58900 Kiesekamp/Sentrup, Gi evenbeck 1870-1900 (L) M Typ 5/6 42 R04680 H58550 Hassenkamp, Aaseestadt um 1875 AL Typ 2 43 R04300 H58300 Schultz/Hellenkamp, Aaseestadt 1870-1930 AL Typ 2 44 R03900 H57680 Gering/Steinburg, Aaseestadt 1870-1900 (L) G Typ 3/4 45 R03760 H57400 Büscher-Toddenroth, Aaseestadt 1920-1940 (L) G Typ 3/4 46 R03440 H57220 Aaseestadt 1840-1880 AG Typ 1 47 R03500 H56800 Gehring, Aaseestadt um 1900 LG Typ 3 48 R03590 H55560 Hesselmann, Geist um 1875 G Typ 4 49 R01740 H55140 Roter!, Mecklenbeck um 1875 G Typ 4 50 R02040 H55100 Weglau, Mecklenbeck 1890-1925 G Typ 4 51 R00990 H54800 Autobahnkreuz Münster-Süd um 1900 G Typ 4 52 R01700 H54480 Herold, Autobahnkreuz Münster-Süd 1840-1900 G Typ 4 53 R01070 H54240 Kappenberg, Autobahnkreuz Süd um 1875 G Typ 4 54 R99070 H53280 Bauernschaft Niederort um 1875 M Typ 5 55 R03470 H54560 Kappenberger Damm 1840-1880 G Typ 4 56 R04400 H54820 Padmöller, Vennheide 1840-1880 G Typ 4 57 R03300 H53650 Kappenberger Damm 1840-1860 G Typ 4 58 R05150 H54000 Kentrup/Averhoff/Menke, Hiltrup 1890-1960 G Typ 4 58a R07600 H54900 Schmitz ("-Kühlken"), Loddenheide 1900-1930 G Typ 4 59 R04070 H53120 Janinhoff, Hiltrup 1906-heute GM Typ 4 60 R05170 H53000 Greve Bermann, Hiltrup um 1875 GM Typ 4 61 4111 Ottmarsbocholt R97620 H51870 Bauernschaft Niederort 1890-1940 GM Typ 4 62 R00830 H52260 Bauernschaft Wilbrenning 1890-1940 GM Typ 4 63 R02750 H51850 westlich von Amelsbüren 1850-1880 GM Typ 4 64 R04660 H51440 nördlich von Amelsbüren um 1850 G Typ 4 65 R04920 H52250 Heeremann, westlich von Hiltrup um 1875 G Typ 4 66 R05680 H52400 Greve, Hiltrup 1890-1937 G Typ 4 67 R06600 H51220 Winkelmann, südlich von Hiltrup 1850-1940 GM Typ 4 68 R06180 H50640 südlich von Hiltrup um 1850 GM Typ 4 69 R04500 H49560 Brüning/Sudhof, Davert 1850-1938 G Typ 4 70 R05900 H48920 Nottebrack, Davert 1860-1880 G Typ 4 71 R07500 H46300 Davert (bei Haus Borg) um 1850 GM Typ 4 72 3912 Westbevern R10260 H69750 Keller, Bauernschaft Bockholt 1906-1930 (G)M Typ 4 73 R14340 H69710 Völker!, Brueskenheide 1870-1940 GM Typ 4 74 R14840 H67780 Vadrup um 1840 GM Typ 4 75 R08820 H63730 Sudmühle 1850-1900 GM Typ 4 76 R10070 H63600 Sudmühle um 1900 GM Typ 4 77 4012 Telgte R08500 H63330 Diehl, östlich von Coerde 1860-1880 GM Typ 4 78 R08550 H62920 Waltermann/Gödicke, Mariendorf 1860-1920 GM Typ 4 79 R09880 H63060 Stadtbäumer, Sudmühle 1900-1940 GM Typ 4 80 R10020 H62720 Sudmühle um 1900 GM Typ 4 81 R13920 H62770 Verth, Bauernschaft Verth 1870-1900 G Typ 4 82 R13820 H62260 Pröbsting, Bauernschaft Verth 1890-1935 G Typ 4 83 R10480 H60850 Kemper, Bauernschaft Werse 1900-1960 A 84 R08810 H58840 St. Mauritz, an der Werse 1890-1940 AL Typ 2 85 R16970 H61000 Telgte um 1900 A 86 R16920 H57920 Bauernschaft Berdel 1890-1940 LM Typ 6 87 R13960 H55200 östlich von Wolbeck um 1850 G Typ 4 88 R13760 H54800 östlich von Wolbeck um 1875 G Typ 4 89 R 13480 H 54900 Wolbeck 1870-1900 G Typ 4 90 R14200 H54140 östlich von Wolbeck um 1900 A' 91 R18180 H52310 südlich von Alverskirchen um 1900 A' 92 4112 Sendenhorst R12020 H51780 Bauernschaft Berl 1890-1940 G Typ 4 93 R10500 H51170 Hohe Ward 1860-1880 GM Typ 4 94 R 12580 H49500 Albersloh 1930-1960 G Typ 4 95 R 12550 H49340 Albersloh 1890-1940 G Typ 4 96 R13420 H47900 südlich von Albersloh 1870-1940 GM Typ 4 97 R11100 H47550 nordöstlich von Ri nkerode 1890-1940 M Typ 5 98 R17230 H46180 · westlich von Sendenhorst 1890-1940 A' M Typ 7 99 R 15720 H45120 westlich von Sendenhorst 1890-1940 M Typ 5 100 4013 Warendorf R24600 H58720 südlich von Müssingen um 1850 A(M?) Typ 7 101 R23450 H57260 nordöstlich von Everswinkel 1900-1940 LM Typ 6 102 R21200 H54850 Everswinkel um 1840 GM Typ 4 103 R25210 H53560 südöstlich von Everswinkel 1900-1940 AM Typ 7 103a R33800 H56000 Schulze/Walgern, Freckenhorst 1930-1960 AG Typ 1 104 4113 Enniger R23200 H48650 westlich von Hoetmar 1900-1940 M Typ 5 105 R23400 H47120 Bauernschaft Wessenhorst 1900-1940 G Typ 4 A' = Wiesentonmergel

59 Q) 0 0 Greven Verbreitung von Ziegelrohstoffen m der Umgebung von Münster l>@?JLöß/Sandlöß 0 Geschiebelehm bzw. ITT~~~i~Geschiebemergel ~ Mergel bzw. ~ Mergelstein 0 Auelehm nicht gesondert dargestellt o ehemalige Ziegelei

0 • Ziegelei in Betrieb 0 Telgte 0 0 5 km

-1 Pl -CD 3910 3911 0 Greven Ehemalige und heutige Ziegeleien 2 () 3 ()3a 3b 4()() e m der Umgebung von Münster ~1 ()5 Betriebszeit 0 ~72 ()73 0 bis 1860 La er 0 ~ bis 1880 Altenberge 074 () bis 1900 7~()6 „ bis 1930 ()26 () bis 1940 ()27 30 28 75 e bis 1960 ()"' 4010 ~ bis heute ~ 17 ()79 Telgte • 78 () 0 ~9 0 Havixbeck ~oHai km 1 1 0 5 0 () Ll A e83 85 ()10 idJffü\ 84 () 0100 ()86 () 101 Nottuln 1 - .~3]i ~Jjij!j~~~ 14 Everswinkel 103a 15 0 1~ 16 00 102 e () 18 Albachten -,. - ...... ,- Y Y:\. - () () ()12 .~~19 ~"52 55 e58 Hiltrup '\:9 90 11 17 53 0 ()103 ~54 57 • 60 0 --+. ()20 59 0 ()62 63 ()66 4112 ()92 4110 _j__ :; "'et+, Appelhülsen 1 ()~ ~ 65 61 0 054 () 67 ~93

Amelsbüren 068 94 () 104 ~70 95f1b Albersloh () o Buldern 24 69 21 ()96 • ()22 ()23 () O Senden Rinkerode ()97 -i () 105 Q.> 71 0 98 025 0 () - . 99 O Sendenhorst ~ O'> ___.. () N)

ISS N 0176-148X ISBN 3-924590-21-4