Stand: 2012 Die Quellen in den Baumbergen

Einleitung Darfeld Die Baumberge sind eine ca. 40 km² Aulendorf Vechtequelle a 120 A umfassende Hügellandschaft westlich r rte einfu von Münster (Abb. 1) mit einigen St bemerkenswerten Eigenschaften: e Aa – Mit mittleren Höhen von ca. sch 120 nster 150–170 m ü. NN (höchster Punkt Mü

187,1 m) stellen sie die höchsten 120 Erhebungen im zentralen Münster- Lutum l Naturraum land dar. ke Ber Poppen- – Aufgrund dieser Höhen stellen die beck Baumberge eine Niederschlags- Hangsbach- Osthellen Berkelquelle quellen Lasbeck barriere mit vergleichsweise hohen Arningquelle 120 Lasbecker Niederschlagsmengen von jährlich Aa Quellen Masbeck 800–1000 mm (700–800 mm in Quellpunkt Stever- Baumberge- quellen der Umgebung) dar. Schichten Natrup 120 – Bei den Gesteinsschichten im Un- 120 m ü.NN- S Höhenlinie te Gerleve Haste- ver tergrund der Baumberge handelt es Profillinie hausen 0 2km1 Stevern Schapdetten sich um die letzten Ablagerungen (s. auch Abb. 2) 120 der jüngsten Kreidezeit (höhere Abb. 1: Lage der Quellpunkte in Bezug zur 120m ü. NN-Höhenlinie Oberkreide) im gesamten Müns- und der Untergrenze der Baumberge-Schichten terland. (Quelle: verändert nach Göbel 2010, S. 12) – Obwohl die Baumberge eine morphologische Erhebung darstel- logische Situation zurückzuführen bergen liegen ca. 25 punktförmige len, bilden die Gesteinsschichten (Abb. 2): Die oberen Gesteins- Einzelquellen und ca. 20 Quellgebiete im Untergrund eine schüsselartige schichten der Baumberge, die sog. mit mehr als 100 Quellaustritten, Muldenstruktur (sog. Reliefum- Baumberge-Schichten, bestehen aus deren Höhenlage vom Grundwas- kehr). Sandmergel- und Kalkmergelsteinen, serstand des Grundwasserkörpers – Das versickernde Niederschlags- die stark geklüftet und gut wasser- abhängt. Der Grundwasserstand wasser sammelt sich zunächst als durchlässig sind (Kluftgrundwasser- schwankt im Mittelpunkt der Baum- Grundwasser in der Muldenstruktur leiter). Das Regenwasser wird von berge um 30 m (45–75 m unter und läuft zeitverzögert an zahl- diesen Gesteinen kaum gespeichert, Gelände). Die periodisch schüttenden reichen Quellen (Überlaufquellen) sondern sickert durch die Spalten (= intermittierenden) Winterquellen über. und Klüfte bis in eine Tiefe von bis befinden sich auf höheren Lagen am – Die Quellen fließen in alle Himmels- zu 75 m unter der Geländeober- Hang als die perennierend schütten- richtungen und speisen die Flüsse fläche (Abb. 3). Dort staut sich das den Sommerquellen (Wanderquellen). Rhein, Ems, Ijssel und Vechte. Grundwasser in einem unterirdischen Somit bilden die Baumberge einen Grundwasserkörper auf den sog. Hydrochemie hydrografischen Knoten. -Schichten auf. Diese Ton- Der Chemismus des Quellwassers in – Die Baumberge stellen ein nahezu und Kalkmergelsteine sind weniger den Baumbergen ist sehr einheitlich. geschlossenes Grundwasserökosys- wasserdurchlässig. tem mit einem Gleichgewicht im Die Muldenstruktur SW Longinusturm NO Wasserhaushalt zwischen Nieder- der Schichten stellt schlag, Grundwasserabfluss an den eine Schüssel dar, Obere Baumberge-Schichten Quellen und Verdunstung dar (sog. aus der das Grund- (wasserdurchlässig) Stever- Hangsbach- Naturlysimeter). wasser randlich etwa quellen quellen Quv v Qu v v v auf der 120 m ü. vvvv Untere Baumberge-Schichten vvvvv Im nachfolgenden wird eine aktuali- NN-Höhenlinie am (wasserdurchlässig) sierte zusammenfassende Darstellung Hang überläuft. Das der Ergebnisse der Untersuchungen Grundwasser tritt an Coesfeld-Schichten (gering wasserdurchlässig) in den Baumbergen vorgenommen den Überlaufstellen in Sandmergel- u. Kalkmergelsteine vvvvvv Grünland Ton- u. Kalkmergelsteine (Göbel 2010). Sturzquellen, Tümpel- Acker Unterirdischer Grundwasserkörper Wald quellen und Sicker-/ Hydrogeologie Sumpfquellen zu Tage Abb. 2: Schematisches hydrogeologisches Der Quellreichtum der Baumberge (Abb. 4). Querprofil durch die Baumberge, stark überhöht ist auf die einzigartige hydrogeo- In den Baum- (Quelle: verändert nach Kähler 2009) Baumberge Patricia Göbel

Das Quellwasser weist bei mittleren In den letzten Jahrzehnten war Wassertemperaturen von +10°C und die Landschaft in den Baumber- einer mittleren elektrischen Leitfä- gen durch die Intensivierung der higkeit von 750µS/cm einen generell Landwirtschaft (Stoffeinträge), dem hohen Kalkgehalt (Calcium-Hydro- Klimawandel (verminderte Quellwas- genkarbonat-Wasser, Karbonatquelle) serschüttung) und mechanischen auf. Geringe räumliche und jahres- Beanspruchungen der Quellstruktur zeitliche Variationen im Chemismus großen Veränderungen unterlegen. ergeben sich durch anthropogene An die Stelle der Quellspezialisten

(schwankende Nitrat-, Phosphat- und sind mehrheitlich quellfremde Bach- Naturraum Kalium-Gehalte durch Düngemittel- generalisten getreten. Die kaltsteno- einträge) und geogene Einflüsse (La- thermen Quellarten treten heute nur gerung der Gesteinsschichten, Relief, noch äußerst selten auf. Exposition, Vegetation). Heute ist die Struktur der Quellen Als eine der Folgeerscheinungen in den Baumbergen sehr heterogen des hohen Kalkgehaltes treten an und als naturnah oder bedingt natur- Abb. 3: In den Spalten und einigen Quellbächen Kalksinterabla- nah zu bewerten. Nur wenige Quel- Klüften der oberen Baumberge- gerungen auf. Infolge der Kalklö- len erscheinen als stark geschädigt. Schichten kann das Regenwasser sung in den Gesteinsschichten des Die heutigen Lebensgemeinschaften versickern (Foto: P. Göbel) Untergrundes werden die Klüfte in den Quellen sind überwiegend als durch Verkarstung erweitert. Durch quellfremd bzw. sehr quellfremd zu typische Bakterienbesiedlung, die Markierungsversuche im Grund- bewerten. Die Zusammensetzung der sich am Anfang der Nahrungskette wasser lassen sich relativ hohe Ab- Lebensgemeinschaften ist abhängig befindet. Außerdem finden sich in standsgeschwindigkeiten von bis zu von der Quellschüttung (perennie- den Baumbergen echte Grundwas- 90m pro Tag nachweisen (Gehring rend oder intermittierend) und vom sertiere, die eher klein, augenlos und 2011). Substrat (grobe organische Ablage- durchsichtig weißlich erscheinen (z. B. rungen oder kiesige Sohlstruktur); Höhlenflohkrebse). Durch zukünfti- Ökologie eine Abhängigkeit von der Morpho- ge Untersuchungen soll aufgezeigt Die Quellen der Baumberge behei- logie der Quelle (Sturz-, Tümpel- oder werden, inwieweit die Grundwas- maten Tiergruppen, die sich an den Sickerquelle) besteht in den Baum- serfauna mit ihren Abbauaktivitäten hohen Kalkgehalt der Quellwässer bergen generell nicht. die Hydrochemie des Grundwassers angepasst haben (u. a. Strudelwür- Der Grundwasserkörper stellt beeinflusst oder umgekehrt die an- mer). Die Quellen der Baumberge ebenfalls einen Lebensraum für Mi- thropogenen Faktoren die Grundwas- besaßen ursprünglich eine Misch- kroorganismen und Grundwasser- serfauna beeinflussen.

Abb. 4: Grundwasseraustritte an Sturzquellen (li.), Tümpelquelle (mi.) und Sickerquelle (re.) (Fotos: Quellenprojekt) fauna aus Arten der Ebenen und tiere dar (Grundwasserfauna). Dieser Alle Quellen in den Baumbergen der Mittelgebirge (Beyer 1932); die Lebensraum zeichnet sich aus durch stellen aufgrund der sehr großen Baumberge dienten in der Zeit nach Dunkelheit, räumliche Enge, zwar Variation der naturräumlichen und der Vergletscherung als Rückzugsge- gleichbleibende, aber relativ niedrige ökologischen Gegebenheiten einen biet für kaltstenotherme Arten, die Temperatur und geringe Nährstoff- immerwährenden schutzwürdigen bei der stattfindenden Erwärmung in konzentration. In den Baumbergen Raum dar. der Ebene keine geeigneten Biotope zeigen erste Untersuchungen Hin- mehr vorfanden. weise auf eine aktive, grundwasser-