Neuzeit: 1492 bis 1789 (Französische Revolution)

Ein für Altdorf sehr ereignisreicher Zeitabschnitt steht bevor. Ein deutlicher Anstieg der überlieferten Begebenheiten ist zu vermelden. Neben der Etablierung der kommunalen Verwaltung mit seinen Aufgaben Rechten und Pflichten erhält Altdorf 1504, fremdbestimmt im Zuge der Eroberung durch Nürnberger Truppen während des Landshuter Erbfolgekrieges, seine zugewiesene Rolle innerhalb des reichstädtischen Territoriums Nürnbergs als Teil der Stadtrepublik, die bis 1806 andauern wird. Man spricht vom Altdorfinum Noricum. Der Bau des Pflegschlosses und die Einrichtung des Landpflegamtes repräsentieren eine im Gro- ßen und Ganzen fruchtbare Verbindung zwischen der aufstrebenden städtischen Kommune und der großen Schwester Nürnberg.

Wieder auf Anregung Nürnbergs startet mit der Verlegung des Gymnasium illustre aus der Reichs- stadt nach Altdorf 1575 die Karriere der Stadt als einer der wichtigsten Bildungszentren im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation. 1578 zur Academia Norica erhoben, wird die Altorfina ab 1622 als Nürnbergische Universität Altdorf weit über die regionalen Grenzen strahlen und überaus ge- scheite Köpfe hervorbringen.

Kriegerische Ereignisse erschüttern das Leben und die Infrastruktur Altdorfs in diesem Zeitabschnitt. Die Konflikte im Zweiten Markgrafenkrieg (1552-1555) zwischen Albrecht Alcibiades von Branden- burg-Kulmbach und der Reichsstadt Nürnberg lassen Altdorf fast vollständig in Flammen aufgehen. Immer wieder wird es in diesem und in den folgenden Zeitabschnitten brennen. Bis zum Ende des 19. Jh. fallen ganze Häuserquartiere den Feuersbrünsten zum Opfer. Der jeweilige Wiederaufbau wird das Stadtbild für die Zukunft prägen. Dagegen ziehen die europäischen Wirren und Gräuel des Dreißigjährigen Krieges relativ glimpflich vorbei. Sowohl die Erinnerung an diese Ereignisse des von 1618 bis 1648 andauernden Krieges als auch die turbulente „Studienzeit“ Albrecht von Wallensteins an der hiesigen Akademie werden genügend Stoff liefern, um in der Gegenwart mit den Wallenstein-Festspielen im dreijährigen Rhythmus an die Vergangenheit Altdorfs zu erinnern.

Erinnern wird man sich auch bald an die glorreichen Zeiten der Nürnbergischen Universität zu Altdorf, deren Niedergang sich am Ende dieser Epoche schon abzeichnet.

1494 Peter Viechhäußer, Richter.

1497 Erste überlieferte Gemeinde- und Polizeiordnung mit 66 ausführlichen Gebo- ten für das kommunale, rechtliche und wirtschaftliche Zusammenleben in der Stadt.

1500 Jörg (Georg) von Mistelbach (Mistelbeck) zu Lintach und Egensbach, letzter Pfälzer Pfleger.

1504 / 1505 Im Landshuter Erbfolgekrieg (Bayerisch-pfälzischer Erbfolgekrieg, Bayrische Fehde) stehen sich die beiden Wittelsbacher Linien von Baiern-München und Baiern-Landshut militärische gegenüber. Anlass für den Ausbruch des Krieges ist die Streitfrage, welche von beiden Geschlechterlinien die Erbfol- ge im Herzogtum Baiern-Landshut erhält. Für Baiern-München beansprucht Herzog Albrecht die Erbfolge, für Baiern-Landshut ist es Pfalzgraf Ruprecht. Die Reichsstadt Nürnberg steht hierbei auf der Seite Herzog Albrechts. 1504 greifen deshalb reichsstädtische Truppen die östlich der Stadt gelegenen Teile der Kurpfalz an und besetzten diese. Zu den eingenommenen Orten gehörten u. a. Lauf, , Altdorf, Velden, , , Betzenstein oder das Schloss Heimburg. Recherche, Doku mentation & Layout: Th. Dannhorn M. A. / Stadtarchiv Altdorf b. Nürnberg ©2012 Seite 1 23. Juni 1504

An diesem Tag erscheinen die Nürnberger mit 3500 Mann zu Pferd und zu Fuß unter den beiden Haupt- leuten Andreas Tucher und Sebald Schürstab vor den Toren Altdorfs und lagern zwischen der Stadt und der alten Ziegelhütte. Vier Tage lang verteidigen sich die Altdorfer unter dem Pfleger Georg von Mistelbach und Hauptmann Lorenz Spangenberg zusammen mit 250 Kriegsknechten.

Erst als von dem größten der mitgebrachten Geschüt- ze, Eule genannt, ein Geschoss von 220 Pfund Gewicht durch die Stadtmauer bis mitten in die Stadt fliegt, erge- ben sich die Verteidiger.

Abb.: Belagerung einer mittelalterlichen Stadt mit schwerer Artillerie. (Rekonstruktion um 1950).

Georg Andreas Will berichtet uns in seiner „Geschichte und Beschreibung der Nürnbergischen Landstadt Altdorf“ aus dem Jahr 1796 auf Seite 62 ff. ausführlich über dieses für die Stadt so einschneidende Ereignis:

„Nürnberg brachte bald ein damals beträchtliches Kriegsheer von 3500 Mann zu Roß und Fuß auf, zog mit demselben am Freitag nach St. Veit den 22. Juni von der Stadt aus, rückte mit diesem und einem ansehnlichen Geschütze in der Geächteten Lande, und am Sonnabend nach St. Veitstag vor Altdorf. Des Raths Haubtleute waren Andreas Tucher und SebaldSchürstad, welche vom Geschütz 3 Haubt-Stücke mit sich geführet haben. Das erste, die Eule genannt, hat einen Stein 220 lb. (Pfund) schwer geschossen; das andere, der Falke, und das dritte, die Fischerin genannt, haben Kugeln 100 lb. schwer geschossen, 3 große Karthaunen schossen eiserne Kugeln zu 64 lb., und dabei waren noch 16 Feldschlänglein und 36 Hackenbüchsen, nebst vielen Wägen mit Zeug und Proviant. Das Lager hat man zwischen der Stadt und der alten Ziegelhütte geschlagen und 2 große Haubtbüchsen auf 200 Schritt zu der Stadt gebracht. Der erste Schuß, den man aus einem solchen großen Stück gethan, ist durch die Stadtmauern bis mitten in die Stadt gegangen, welches bei den Bürgern einen großen Schrecken gemacht macht hat. Weil aber gegen 200 Fußknechte und vom Land - und Bauern Volke gegen 60 Mann, ingleicken Georg von Mistelbach, Pfleger, Lorenz Spangenberger, Haubtmann, und Hanns Reulein, oder Reuhel, Kastner, darinnen gewesen, hat man sich mit Herausschiessen bis an den 4ten Tag gewehret, zwei Fußknechte erschossen und etliche verwundet, immittelst die Büchsenmeister die Stadt sturmmäßig beschossen haben. Die Altdorfer vertheidigten sich also auch diesmal wieder tapfer, konnten aber die Nürnberger nicht, wie vorhin im 1449 geschehen, abtreiben, sondern haben sich, da sie Ernst sahen und sich keiner Rettung und keines Entsatzes zu getrösten hatten, ergeben. Sie capitulirten, verlangten Sicherheit für ihre Personen und ihr Vermögen, und daß das Dienstvolk samt dem Haubtmann und Pfleger mit ihrer Habe frei abziehen dürfe. Dieß ist ihnen verwilliget worden, und sie sind Dienstag nach Iohannis, 2 Stund vor Tags, mit fliegenden Fahnen auegezogen. Weil die Nürnbergischen Hauptleute aus Unvorsichtigkeit die Dienstknechte nicht schwören ließen, ferner nicht wider Nürnberg zu dienen, sind dieselben straks gegen Neumarkt und das Landvolk auf das Schloß Heimburg gezogen. Der Rath zu Nürnberg hat Anton Tetzeln und Hanns Harsdörfern hinaus nach Altdorf geschicket, welche von der Bür- gerschaft die Huldigung eingenommen und die Stadt mit 200. Fußknechten besetzt haben. Deren Haubtmann ist Hanns Schneider von Flachslanden gewesen, Georg Kötzel (Ketzel) aber ist als Pflegverweser hinaus verordnet worden, der die schadhaften Thore, Thürme Mauern u. a. wieder hat ausbessern lassen“.

Abb. links: Vergleichbares schweres Geschütz - eine sog. „Scharf- metze“ um 1502 aus dem Zeugbuch Kaiser Maximilians I. BSB Cod.icon. 222. Abb. rechts: Artillerie-Tross d. 16. Jh. auf dem Marsch. Recherche, Doku mentation & Layout: Th. Dannhorn M. A. / Stadtarchiv Altdorf b. Nürnberg ©2012 Seite 2 1504 Georg Ketzel (Kötzel), erster kommissarischer Nürnberger Pfleger.

1504 Nürnberg besetzt Altdorf mit 200 Fußknechten. Die Bürgerschaft verpflichtet sich, dem Rat der Reichs- stadt Nürnberg zu huldigen. Als Martin Truchseß verfügt, dass die nahe gelegene Burg Grünsberg den Nürnbergern diese Huldigung verweigern soll, wird die Burg kurzerhand niedergebrannt. Auch Burg Prackenfels wird zerstört und im Gegensatz zu Grünsberg nicht wieder aufgebaut. Schließlich beendet der Kölner Schiedsspruch vom 30. Juli 1505 den Landshuter Erbfolgekrieg. Altdorf und seine ehema- lige Hofmark sind nun nürnbergisch und bleiben als eines von elf Pflegämtern mit dem Geschick der Reichsstadt über 300 Jahre bis 1806 verbunden. Die Kurpfalz, die ehemalige Besitzerin der Stadt, kann nur die Rückgabe des südöstlich von Altdorf gelegenen Amtes Haimburg erreichen. Das Verwaltungs- gebäude und die Struktur des vorherigen pfälzischen Amtes Altdorf werden bei der Einrichtung des Nürnbergischen Pflegamtes übernommen.

Abb.: Das Landgebiet der Reichsstadt Nürnberg vom 16. bis 18. Jh.; aus: Bauernfeind, W., Engelke, Th., Friedrich, G., Rechter, G., Recknagel, H. u. Schmidt-Fölkersamb, U., Das Territorium der Reichsstadt Nürnberg - Katalog zum 500. Jahrestag seiner Erwerbung. Altnürnberger Landschaft u. Staatsarchiv Nürnberg. 2004.

Der Obere und Unterer Torturm werden nach der Einnahme durch die Nürnberger verstärkt. Hölzerne Vorbauten, spanische Reiter und die Bestückung mit Geschützen in den sogenannten Pasteyen ver- bessern die Wehrhaftigkeit der Stadt. Noch zu dieser Zeit führt zudem ein drittes Stadttor nach Norden. Auch die Hochgerichtsbarkeit wird an den Nürnberger Rat übergeben.

Vor 1504 rekrutiert sich die Stadtbevölkerung zumeist durch den Zuzug aus der Oberpfalz, nach 1504 meist aus dem Pflegamtsbezirk und den Nürnbergischen Ämtern Lauf und Hersbruck.

Recherche, Doku mentation & Layout: Th. Dannhorn M. A. / Stadtarchiv Altdorf b. Nürnberg ©2012 Seite 3 1504

Das aktuelle Altdorfer Wappen repräsentiert die Nürnberger Herrschaft von 1504/05 bis 1806. Der pfälzische Löwe wird beibehalten, allerdings hält er nun das Wappen der Reichsstadt Nürnberg in seinen Pranken und seine Krone fehlt.

König Maximilian I. sichert am 7. Juli 1504 dem Rat und den Bürgern der Stadt Nürnberg zu, als Entschädigung für Aufwendungen und Verluste, die im Krieg eroberten Städte und Güter fortan behalten zu können.

Abb. oben.: Wappen der Stadt Altdorf von 1504. Abb. unten: Pflegamtstaler der Reichsstadt Nürnberg vom Januar 1580 (Nachprägung 2003) Um die beiden Nürnberger Schilde sind die Wappen von 16 Pflegämtern in heraldischer Rangfolge angeordnet. (Altdorfer Wappen gelb markiert, Ausschnittvergrößerung).

1506 Hanns Ebner, Richter.

1507 Bestätigung der alten Freiheiten durch die neue Obrigkeit.

1508 Heinrich Stainlinger von Sintleuten, Pfleger.

1509 Hans Reichel (Reuhel, Rewhel), Kastner.

1510 sind in der Stadt 131 waffenbesitzende Männer registriert.

1512 Der Nürnberger Rat vereidigt den Altdorfer Kastner (ursprünglich Verwalter des grundherrschaftlichen Getreidespeichers) als Bannrichter und bestätigt die alte Gerichtsverfassung. In der Folge wird für das gesamte nürnbergische Landge- biet ein Landbannrichter bestellt.

1513 Das Landpflegamt Nürnberg (bzw. ab1797 Territorialamt) wird die zuständige Verwaltungsbehörde für Altdorf. Ihm gehören fünf Patrizier an, drei oder vier sind Mitglieder des Inneren Rates, einer, selten zwei, sind Genannte des Größeren Rates.

Abb.: Bauernfeind, W., Engelke, Th., Friedrich, G., Rechter, G., Recknagel, H. u. Schmidt-Fölkersamb, U., Das Territorium der Reichsstadt Nürnberg - Katalog zum 500. Jahrestag seiner Erwerbung. Altnürnberger Landschaft u. Staatsarchiv Nürn- berg. 2004. Recherche, Doku mentation & Layout: Th. Dannhorn M. A. / Stadtarchiv Altdorf b. Nürnberg ©2012 Seite 4 1513

Dem Landpflegamt unterstehen die einzelnen Pflegämter, für deren Verwaltung man im Allgemeinen die Organisation der vorausgegangenen Zeit übernimmt. An der Spitze der Pflegämter steht der Pfleger, fast immer ein Nürnberger Pa- trizier. Ihn unterstützt der Stadt- oder Gerichtsschreiber, in der Regel ein Jurist. Dem Pfleger ist vor allem die Wahrung der hoheitlichen Rechte der Reichsstadt Nürnberg übertragen. In seiner Funktion ist er auch Vorsitzender des Gerichts seines Pflegamtsbezirks.

1514 Sigmund Groß, Pfleger.

1516 Michael Götz, Kastner.

1516 Auf Erhard Etzlaubs u. Michael Grafs Wiltcarte Nummer 2 von 1516 („…transumpta im Jenner 1519 …“) erscheint die Silhouette Altdorfs erstmals in einem frühneuzeitlichen Kar- tenwerk. Die Stadt zeigt sich in der Miniatur wehrhaft mit der Laurentiuskirche in ihrer Mitte, aber noch ohne den später do- minierenden Bau der Hohen Schule (eingeweiht 1575) und noch vor der Existenz des neuen Pflegamtsschlosses (Beginn der Baumaßnahmen 1522).

Abb.: Stadtarchiv Altdorf.

1522 Wolfgang Holzschuher, Pfleger.

1522 / 1523 Beginn der Planungen des Nürnberger Stadtbauamtes zum Bau eines neuen Amts- schlosses. Schließlich wünscht der Nürnberger Rat den Ankauf einiger bürgerlicher Grundstücke, darunter einen Grund hinter dem „… alten ampthof …“ als zukünftigen Standort des Pflegschlosses. Dies bleibt bisher die einzige, jedoch nicht genaue Iden- tifizierung der Lage des alten pfälzischen Amtshofs. Die Planung des neuen Schlos- ses obliegt dem Nürnberger Baumeister Hanns, demnach wohl Hanns Beheim dem Jüngeren.

Im Mai 1522 legt er eine Materialliste vor, die einen dreigeschossigen, ca. 30 Meter langen Massivbau mit einem gewölbten Erdgeschoss vorsieht.

Im Frühjahr 1523 ist der Neubau des Amtsgebäudes beschlossene Sache, wobei das Landpflegamt bekannt gibt, dass man auf eine aufwendige Grabenanlage verzichten müsse, um eine kostspielige tiefe Fundamentierung des Neubaus zu vermeiden.

Die Anlage soll mit einer Mauer und zur stadtauswärtigen Seite (Schlossgraben) mit ei- nem Türmlein und einer Zugbrücke gesichert werden. Die Baumaßnahmen ziehen sich offenbar einige Zeit hin, weil Nürnbergs oberster Werkmeister Paulus Beheim noch 1530 einen Entwurf zur Pflasterung vor dem Schloss abgibt. Bis 1542 werden noch bauliche Nachbesserungen durchgeführt.

In diesem Jahr integriert der Nürnberger Rat 20 Stadtknechte in die Bürgerwehr Alt- dorfs. Recherche, Doku mentation & Layout: Th. Dannhorn M. A. / Stadtarchiv Altdorf b. Nürnberg ©2012 Seite 5 1524

Schon fast pittoresk mutet die Altdorfer Ansicht von 1524 an. Rechts im Bild, nahe dem Feilturm, ist vermutlich der Quaderbau des in dieser Zeit erbauten Pflegamtsschlos- ses zu erkennen.

Ausschnitt: Grenzkarte Nürnberger Pflegamt des Landpflegeschreibers Hieronymus Rudolf aus dem Jahr 1524. Blick von Südwesten. Das Pflegamtsschloss ist gelb markiert. Stadtarchiv Altdorf.

23. Juni 1525 Gründung der sogenannten Oberen Schule“ als Ägidien-Gymnasium in den Räumen des ehemaligen Schottenklosters St. Egidien in Nürnberg unter Beteiligung von Philipp Melanchthon und Martin Luther. Nach 39 Jahren (1565) gibt Joachim Camerarius, der ehemalige Grün- dungsrektor dieser Bildungseinrichtung mit einem Schreiben an den Nürnberger Rat den Anstoß für eine Verlegung der Schule. Nach der Besichtigung der noch infrage kommenden Standorte Hers- bruck und Engelthal, entscheidet man sich für Altdorf (Grundsteinlegung des Gebäudes in der Silbergasse im Jahr 1571). Professor Camerarius, der Initiator und Spiritus Rector der neuen Bil- dungsstätte in Altdorf wird die feierliche Eröffnung 1575 nicht mehr erle- ben. Er stirbt bereits am 16. April 1574. Abb. links: Joachim Camerarius d. Ä.; Abb. rechts: Philipp Melanchthon.

1524 - 1527 Altdorf schließt sich der Reformation an. Nürn- berg führt bereits am 5. Juni 1524 eine evan- gelische Gottesdienstordnung ein. Drei Jahre später erreicht sie auch Altdorf. Über den ersten evangelischen Pfarrer erfahren wir von G. A. Will folgendes: „… Anno 1527 kam Andreas Flamm hierher. Er war noch katholisch und vorher Pfar- rer zu Stöckelsberg, hier zu Altdorf aber der erste evangelische Pfarrer …“. (Will, G. A., in: Historisch-di- plomatisches Magazin für das Vaterland und angrenzende ..., Band 1. 1781, S. 92)

Drei lutheraner Pfarrstellen werden Altdorf zuge- sichert.

Man beginnt den alten Gottesacker aus dem Are- al der Laurentiuskirche auf den neuen Friedhof vor das Untere Tor zu verlegen. Das bestätigt ein Schreiben des Nürnberger Rates vom 8. Februar 1527: „… Burgermeyster unnd Raht …“ werden er- mahnt „…das sie nach pelzen gedenken wie die begrabnus fur die stat zu wenden sey ...weil der- selbe kirchoff nit allein einen scjmalen oder klei- nen platz inn sich begreyff ... durch die feuchtig- keit von den todten Corpern ... allen Innwonern der Stadt Alltorff ... ain gewisser grosser schad zu erwarten werd …“.

Abb. Der Kirchliche Friedhof vor dem Unteren Tor. Kupferstich von Joh. Gg. Puschner um 1718. Vor der alten Friedhofska- pelle sind die Martersäule und die ehemals sarkophag-ähn- lichen Gräber, die an den Johannis- oder Rochusfriedhof in Nürnberg erinnern, zu erkennen. Stadtarchiv Altdorf.

Recherche, Doku mentation & Layout: Th. Dannhorn M. A. / Stadtarchiv Altdorf b. Nürnberg ©2012 Seite 6 um 1539

Die Lateinschule als erstes Altdorfer Schulhaus zieht hinter der Laurentiuskirche im Zentrum der Stadt ein (alt: Hs Nr. 97/98; neu: Kirch- gasse 6/8) und ist um das Jahr 1539 zu datieren. Allerdings dürfen an- fangs nur Knaben unterrichtet werden, ab 1591 auch Mädchen. 1825 ist die Zahl der Kinder, die in Altdorf zur Schule gehen, schon so angewachsen, dass die Klassen ins Lehrerseminar (ehemalige Univer- sität) und etwas später in die neu errichtete Schulhäuser am Schloss- platz und in der Röderstraße (Röderschulhaus, erbaut 1885, bezogen am 1. Mai 1886) verlegt werden.

Abb.: „Vogelschau“ Altdorfs von Abdias Trew aus dem Jahr 1638. Stadtarchiv Altdorf. Gebäude der Lateinschule, gelb markiert. Stadtarchiv Altdorf.

1542 Anton Rieter (Riether), Pfleger.

1544 Balthasar Rummel (Balthasar I. Rummel von Lonnerstadt), Pfleger.

1546 / 1547 Im Schmalkaldischen Krieg zieht Kaiser Karl V., gestützt auf seine spanische Macht in den offenen Kampf gegen die evangelischen Fürsten. Am 29. März 1547 bricht der Kaiser mit seinem Heer von Nürnberg auf und lässt die Trup- pen nach Nordosten über Gräfenberg, Hersbruck und Altdorf marschieren. Diese spanischen Truppen verwüsteten das Nürnberger Land schwer. In Altdorf wer- den Knechte gemustert, die sich plündernd in der ganzen Gegend herumtreiben und die Bevölkerung belästigten. Mitunter greift die Landbevölkerung zur Selbst- verteidigung.

1547 Hieronymus Spalter, Pfleger.

1551 Balthasar Paumgartner, Pfleger.

1552 - 1555 Zweiter Markgrafenkrieg zwischen Albrecht Alcibiades von Brandenburg-Kulm- bach und den Hochstiften Bamberg und Würzburg und der Reichsstadt Nürnberg und später mit Moritz von Sachsen. Am 28. Mai 1552 wird Altdorf das erste Mal vom Markgrafen eingenommen und muss sich mit 12.000 Gulden freikaufen, um der Brandschatzung zu entgehen.

Dennoch wird das Pflegamtsschloss geplündert, wobei auch Altdorfer Bürger daran beteiligt gewesen sein sollen. Im Mai 1553, erobert Albrecht Alcibiades die Stadt erneut. Sie wird jedoch im gleichen Monat (21.Mai) wieder von den Nürn- bergern eingenommen - eine trügerische Ruhe vor dem großen Sturm.

Abb.: Albrecht Alcibiades von Brandenburg-Kulmbach.

Recherche, Doku mentation & Layout: Th. Dannhorn M. A. / Stadtarchiv Altdorf b. Nürnberg ©2012 Seite 7 2. Juni 1553

Nach der Wiedereroberung von Lauf, Hersbruck und Altdorf durch Nürnberger Truppen ziehen sich die Reichstädtischen am 29. Mai wieder nach Nürnberg zurück.

Markgraf Albrecht Alcibiades, der fürstliche Mordbrenner, steht jedoch bereits am 2. Juni wieder vor Lauf und Altdorf. Die kaum schützende Hand Nürnbergs und die ungenügen- den Stadtbefestigungen sind nicht in der Lage, das Vordrin- gen der Truppen des Markgrafen zu verhindern.

Die Stadtmauern werden zur Falle für ihre Bürger und Ge- bäude. Der Eroberer lässt, genauso wie in Lauf a. d. Peg- nitz, die Tore versperren und die Stadt anzünden, die fast vollständig dem Brand zum Opfer fällt. 80 Todesopfer be- klagt die Bürgerschaft Altdorfs, 306 von 315 Gebäuden wer- den zerstört, darunter das Rathaus und das Pflegschloss. Auch die Laurentiuskirche wird beschädigt. Die notwendi- gen Reparaturen an der Kirche werden 1556 durchgeführt.

Die Bürger suchen ihr Heil in den umliegenden Wäldern und in den verschonten Dörfern.

Bis ca. 1557/58 sind bereits 204 Häuser wieder aufgebaut, zum Teil größer als die Vorgängerbauten. Dabei wird der örtliche Sandstein aus der Umgebung als Baumaterial ver- wendet. Als es an den Wiederaufbau geht, orientiert man sich an den alten mittelalterlichen Baulinien. Dieser Aufbau prägt das Stadtbild für die nächsten Jahrhun- derte.

Abb. oben: Altdorf aus der Vogelschau, 1575, Staatsarchiv Nürnberg, Kar- ten und Pläne, Nr. 386. Noch 1575 sind die Baulücken aus dem Zweiten Markgrafenkrieg erkennbar. Abb. unten: Schlussstein der Renovierungsarbeiten am Turm der Laurenti- uskirche mit der Jahreszahl 1556. Stadtarchiv Altdorf.

13. Mai 1554 Erstes Kirchenbuch der Gemeinde mit dem Taufeintrag: „… Maius 13. Gergl Spörlein ein Sohn getaufft mit Namen Hänßlein, Gfatter Hans Preußen …“.

1556 Am 22. Mai erlässt die Reichsstadt Nürnberg eine Schießordnung, die Übungen und Wettkämpfe zum Erhalt der Wehrfähigkeit der Bürgerwehr Altdorfs regelt. Die Privilegierte Schützengesellschaft PSG, die bis heute Bestand hat, beruft sich auf diese alte Tradition.

1558 Die Planung zur Wiederherstellung des Pflegschlosses ist bereits vor1558 angelaufen. Das Datum 1558 für den Neubau ist durch die Wappentafel über dem Eingang bezeugt. Eine jüngere Baunachricht betrifft die Zug- brücke des Schlosses, die 1600 erheblich baufällig ist und erneuert wer- den muss. Der Nürnberger Rat benötigt das Verwaltungsgebäude für den standesgemäßen Auftritt des jeweiligen Pflegers, der stets aus dem Pa- triziat stammen muss. Über das Aussehen des Vorgängerschlosses aus pfälzischer Zeit wissen wir nichts. Sicher ist nur, dass dieser Bau im Ver- lauf des Zweiten Markgrafenkriegs zerstört (28. Mai 1552) wird.

Abb.: Ausschnitt aus dem Altdorfer Rollbild von 1575, Staatsarchiv Nürnberg, Karten und Pläne, Nr. 386; Recherche, Doku mentation & Layout: Th. Dannhorn M. A. / Stadtarchiv Altdorf b. Nürnberg ©2012 Seite 8 Im Erdgeschoss mit verschieden großen Fenstern befinden sich Gewöl- beräume zur Unterbringung von Pferden und Fuhrwerken, in der oberen Etage die Empfangsräume. Die Pflegerwohnung und weitere Übernach- tungsmöglichkeiten für die zahlreichen Gäste bringt man zum Teil im zwei- ten Obergeschoss unter. Das Gebäude zeigt besonders von außen ein wehrhaftes Aussehen. Der vordere Vorhof, der ehemals bis zum Marktplatz reicht, ist ein reiner Wirtschaftshof. Der innere Hof dient der Repräsentation. Die rückseitige Front wird durch einen turmartig vorspringenden Anbau unterbrochen. Die Erbauung des Schlosses untersteht der Obhut des damaligen Pflegers Balthasar Paumgartner. Das relative konstante Erscheinungsbild zeigt auch die Ansicht des Pfleg- amtsschlosses um 1720. Abb.: J. G. Puschner um 1720. Stadtarchiv Altdorf.

1562 / 1563 Einführung der Nürnbergischen Halsgerichtsordnung (Strafgesetzbuch) von 1526. Ab diesem Zeitpunkt steht das Richteramt dem Nürnberger Pfleger in Altdorf zu. Der Richter wird von zwölf Ratsbürgern unterstützt. Die anstehenden Gerichtstage werden vorher durch Beflaggung des Rat- hauses angekündigt. Es gibt zwei Hinrichtungsstätten. Die sogenannte Richtstatt, in Altdorf Rabenstein genannt, liegt schräg gegenüber dem Friedhof, außerhalb der Stadtmauer (heute etwa beim Backhaus Fuchs). Hier geschieht die Hinrichtung mit dem Schwert, das Rädern, Schleifen oder Verbrennen. Für die Enthauptung wird ein gemauertes Podest er- richtet. Die zweite Hinrichtungsstätte in Altdorf beherbergt den Galgen. Die Weg- strecke davor, die etwa von der Danziger Straße zum Galgen führt, nennt man süffisant Sorgengasse. Seine Lage in Altdorf ist durch den Flurna- men Am Galgen überliefert. Zudem ist an der östlichen Gebäudeecke des Abb.: aus Tallner, L., Die Flurnamen des Altdorfer Landes mit sprach- und kulturgeschichtlicher Be- Rathauses der Pranger mit dem Halseisen angebracht. Bereits seit 1400 trachtung. Unveröffentl. 2008, Kapitel 6. besitzt die Stadt durch das Ruprecht‘sche Halsgerichts Privileg die Mög- lichkeit der Aburteilung. Nach dem Übergang der hohen Gerichtsbarkeit an den bayerischen Staat zu Beginn des 19. Jh. gibt es für die Altdorfer Richtstätten keine Verwendung mehr. Der Flurname Am Galgen bleibt, der Rabenstein verschwindet spurlos, die Stelle wird später überbaut.

1565 Der Wiederaufbau des im Zweiten Markgrafenkrieg abgebrannten Rathauses wird abgeschlossen, wie dies die Jahreszahl beim Wappen und der Stein mit den Namen der einstigen Ratsherren Hans Peringer 1565 und Hanns Maier- peck 1566 heute noch ausweisen.

Beim Wiederaufbau scheint man sich ziemlich genau an den Grundriss des alten Gebäudes zu halten, falls sich die Baumeister an die Verfügung von Pfalzgraf Otto I. gehalten haben. Denn in seiner Urkunde vom 2. Januar 1451 verfügt er, dass: „… zu ewigen Zeytten ... die Zinß an den laden, prottpennc- ken, unnd fleyschpenncken unter dem Rathaus …“, d. h., im Erdgeschoss des Rathauses, erhalten bleiben sollen.

Der Renaissance-Profanbau ist sowohl in der Anordnung seiner Fensteran- zahl, als auch durch das leicht aus der Mitte versetzte Portal nicht symmetrisch aufgebaut. Noch im 19. und 20. Jh. wird das Erdgeschoss als Siegelhalle und Hopfenwaage, als Polizeiwache, als Feuerwehrgarage, als Freibank, Krämer- und Bäckerladen genutzt. Mehrfache Um- und Anbauten, vor allem im Bereich des Dachstuhls, führen zum heutigen Erscheinungsbild des Verwaltungsge- bäudes.

Abb. oben: Ausschnitt aus dem Altdorfer Rollbild von 1575, Staatsarchiv Nürnberg, Karten und Pläne, Nr. 386; Abb. unten: Stadtarchiv Altdorf, J. G. Puschner um 1720. Recherche, Doku mentation & Layout: Th. Dannhorn M. A. / Stadtarchiv Altdorf b. Nürnberg ©2012 Seite 9 30. September 1571

Nachdem die Entscheidung zur Schulgründung zugunsten Altdorfs ausgefal- len ist (s. auch 1525), wird am 30. September der Grundstein für das durch Nürnberger Patrizier finanzierte Kollegiengebäude der Hohen Schule (Schola nobilis et patriciae, Gymnasium illustre) gelegt. Zuvor erwirbt man in der Silber- gasse die entsprechenden Grundstücke.

Auszug aus: Waldau, G. E., Neue Beyträge zur Geschichte der Stadt Nürnberg.1791, S. 2.

Das auf diesen Häusern liegende Braurecht geht auf das Kollegium über. Als Gründungsdeposita werden bei der Eck- und Grundsteinlegung des zukünfti- gen Gebäudes am 30. September silberne Gedenkmedaillen eingebracht. Abb.: Vorderseite der niedergelegten Gedenkmedaillen. Stadtarchiv Altdorf;

1571 - 1575 Das Schulgebäude, zumindest zwei Flügel davon, planen Baumeister Bartholomäus Grolock und Maurermeister Georg Rosner in den Jahren 1571 bis 1575.

1573 folgt der Mittelbau, 1574 der Westflügel.

Als Ausgleich für die Investitionen erwerben die Nürnberger Adelsfamilien ein Wohnrecht für ihre studierenden Söhne. Gleichzeitig werden im sogenannten Zwölfknabenboden (Alumneum) zwölf mittellose Chorschüler aufgenommen, deren Stipendien auf Kosten der Reichsstadt gehen.

29. Juni 1575 Nach knapp vierjähriger Bauzeit findet am 29. Juni 1575, dem Tag der Apostel Peter und Paul, die feierliche Einweihung der Hohen Schule, also des Gymnasiums (Schola nobilis et patri- ciae, Gymnasium illustre) in der Silbergasse in Altdorf als Vorläu- fer der späteren Akademie und Universität statt.

Die erste erhaltene, vollständige Stadtansicht von 1575 stellt den Festzug der in schwarzen Talaren gekleideten Honoratio- ren zur neu errichteten Bildungsstätte dar, deren erster Rektor, Valentin Erythräus, vom Straßburger Gymnasium nach Altdorf gewechselt war. Der Mittelbau und der westliche Flügel stehen schon, der Bau des Ostflügels wird 1582 abgeschlossen. Abb.: Der feierliche Zug des „Dies academicus“ am 29. Juni 1575 zum „Colle- gium“ mit den beiden Gebäudeflügeln, erbaut 1571-1575, Ausschnitt aus dem Altdorfer Rollbild von 1575, Staatsarchiv Nürnberg, Karten und Pläne, Nr. 386 (Ansicht gedreht). Recherche, Doku mentation & Layout: Th. Dannhorn M. A. / Stadtarchiv Altdorf b. Nürnberg ©2012 Seite 10

Dieser Tag wird später auch für die Universität zum Dies acade- micus. Die Gründungsfeier erfordert einen großen finanziellen und organisatorischen Aufwand, dem sich der Nürnberger Pfle- ger Balthasar Paumgartner stellen muss.

So macht sich an diesem Tag ein Zug würdiger Honoratioren, Ehrengäste, Pfleger, Ratsmitglieder, Doktoren, Geistlicher und Studenten in feierlichem Schwarz gekleidet, mit weißen Hals- krausen, Baretten und Spitzhüten bereit für den Abmarsch zur Lehrstätte. Der Lehrbetrieb beginnt sofort im Anschluss an die Feierlichkeiten.

Die Matrikeleinträge werden für die Zeit von 1575-1809 insge- samt 19623 Einschreibungen von Studenten, Professoren und sonstigen Universitätsverwandten (die z. T. auch Bürger waren) dokumentieren. Seit 1575 ist zudem das Kirchenamt mit dem theologischen Lehrstuhl verbunden.

Abb.: Porträt des Valentin Erythräus, der erste Rektor. Privatbesitz, Erlangen.

1575 Erster Stadtplan Altdorfs (Rollbild) in der sogenannten Vogelschau dargestellt und mit Ölfarbe auf Leinwand gemalt.

In dieser bildlichen Darstellung von Altdorf, die im Auftrag des Rates der Stadt Nürnberg von ei- nem unbekannten Künstler erstellt wird, sind noch im Jahr 1575 (Datierung des Gemäldes) die Baulücken erkennbar, die von der schlimmsten Katastrophe für das Landstädtchen herrühren (Stadtbrand 2. Juni 1553). Abb. Altdorf aus der Vogelschau, 1575, Staatsarchiv Nürnberg, Karten und Pläne, Nr. 386 Recherche, Doku mentation & Layout: Th. Dannhorn M. A. / Stadtarchiv Altdorf b. Nürnberg ©2012 Seite 11 1575 Der Unterrichtsbetrieb an der Hohen Schule leidet unter einer Seuchenwelle.

1576 Johannes Praetorius, der erste Professor für Mathematik an der Hohen Schule, bedeutender Instrumentenbauer und Astronom, erhält den Auftrag für die Planung einer Wasserleitung von Pühl- heim nach Altdorf. In diesem Jahr wird Altdorfs erste Wasserleitung von sechs Kilo- meter Länge mittels Holzröhren bis in die Hohe Schule verlegt. Zudem speiste sie den Stadtbrunnen und einige Häuser mit fri- schem Quellwasser aus den Höhenlagen um Pühlheim.

Georg Andreas Will berichtet uns in seiner „Geschichte und Beschreibung der Nürnbergischen Landstadt Altdorf“ aus dem Jahr 1796 auf Seite 98 ff. über die erste strategisch geplante Wasserversorgung Altdorfs:

„ So hoch Altdorf auch liegt, so ist es doch ziemlich wasserreich, und es wird über- all, wo man gräbt, Wasser gefunden; daher auch viele Häuser, deren wol mit den Gärten in der Vorstadt ihrer 111 anzunehmen sind, ihre eigenen Quellen, Brunnen und Wasserleitungen haben. Doch wird das allermeiste Wasser für gemeine Stadt von aussen herein geleitet, indem das hier in den Brunnen und Häusern befind- liche nicht zu allem tauglich, noch weniger hinlänglich wäre, die Stadt, zumal im Sommer und in trockenen Jahren, vor Wassermangel zu schützen und nach Noth- durft zu versehen. Die Hereinleitung des Wassers hat Altdorf auch dem oben erwähnten Prof. Präto- rius zu danken, der ein gutes lebendiges Wasser aus einem 1. Stunde entlegenen Dorfe Bühlheim (Pühlheim) durch hölzerne Röhren herein geführet hat, zu wel- chem in einem in dem Bühlheimer Wald befindlichen Brunnenhäuslein noch ein Wasser von einer Wiese 1692 dazu kam, so wie ehehin auch noch eines von dem Hegenberg (Hegnenberg) herab in besagtes Brunnenhäuslein, und so weiter in die Stadt geleitet wurde. In der Stadt geht dieses Wasser in die beiden erneuerten Haubtbrunnen auf dem Markt, von da in das Pflegschloß und dann wieder herunter in das Kollegium, indem es inzwischen einige wenige Abfälle, besonders in der Stadtschreiberei und in der akademischen Speisemeisterei hat. Sobald es in das Kollegium kommt, lauft es in bleiernen Röhren, ausser dem aber in hölzernen, die zwar, wegen beständig nöthiger Reparatur, viel Holz erfordern und große Kosten verursachen, aber doch beibehalten werden müssen, weil die bleiernen Röhren bei der weitern Hereinführung und der Unsicherheit noch mehr Aufwand machen würden. Abb.oben: Teile der hölzernen Wasserleitung, Universitäts-Museum Altdorf. Abb. mittig: Johannes Praetorius. Stadtarchiv Altdorf. Abb. unten: Rekonstruktion des Messtisches von Joh. Praetorius im Universitäts-Museum. Seine Erfin- dung beschert den Geometern bereits um 1590 den Vorläufer des Theodoliten: das MeßTischlein zur Herstellung maßstabsgetreuer Karten - für Jahrhunderte das grundlegende Werkzeug in der Vermes- sung.

Der Nürnberger Erzgießer Georg Labenwolf gestaltet 1575/76 den Pallas-Athene- Brunnen im Innenhof der Hohen Schule. Über dem kupfernen Becken mit drei Wasser spendenden Delfinen steht die Göttin Pallas Athene, damit sie auch im Nürnbergischen Athen (Athena Norica) die Wissenschaft beschirmt und sie mit Weisheit erfüllt. Für Drei Jahre wird die Figur den Hof der Akademie im 19. Jh. verlassen. Von 1821 bis 1824 verweilt sie kurzeitig in Folge der Auflösung der Universität in Erlangen. 1824 wird sie wieder an ihrem angestammten Platz stehen und ist auch heute noch das Kleinod im Innenhof des Wichernhauses.

Der Studiosus Gabriel Stumpflein gilt als der erste Verurteilte, der 1576 im neuen Karzer, auch „Stumpfl“ genannt, eingesperrt wird. Es gibt drei Karzerzellen für die oftmals rabiate Studentenschaft: das Hundeloch (Untergeschoss des Turmes), den Schuldturm (vergittertes Zimmer unterhalb der Schlaguhr) und schließlich den „Stumpfl“ im Dachgeschoss des Haupttrakts.

Abb.: Pallas-Athene-Brunnen im Hof des Kollegiums. Stadtarchiv Altdorf.

Recherche, Doku mentation & Layout: Th. Dannhorn M. A. / Stadtarchiv Altdorf b. Nürnberg ©2012 Seite 12 26. November 1578

Kaiser Rudolf II. von Habsburg erhebt die Hohe Schule zu Altdorf zur Akademie (Academia Altorfina (Aldorfina), Acade- mia Norica, Academia Norimbergen-si- um). Die Lehrstätte kann somit die Titel Baccalaureus und Magister in den Kün- sten, Philosophie, Medizin, Theologie und Jurisprudenz verleihen. Die erste Fassung stammt vom 26. November 1578. Die Urkunde wird offiziell nach einigen Verhandlungen und Nachbesse- rungen im Bezug auf den Lehrbetrieb erst am 25. Juli 1580 feierlich publiziert.

Die Kosten für die Beurkundung von 500 Goldgulden werden durch eine öffentli- che Lotterie gedeckt.

Abb.: Urkunde Kaiser Rudolfs II. vom 26.11.1578, StaN Reichsstadt Nürnberg-Kaiserprivilegien Nr. 699.

12. Januar 1580 Der Bericht über die Himmelserscheinung vom 12. Januar 1580 in einem Flugblatt des Briefmalers Hans Mack, „Warhaffte Contrafactur / derer juengst erschienen grossen Wunderzeychen / dreyer Sonnen / vier Regenbogen / und darinn zweyer Liechter klarheyten / auch grossen, weissen Creutzes am Himel / an vilen orten gesehen wor- den / als folgende Figur klaerlich aussweise“, zeigt eine ungewöhnliche Ansicht der Stadt Altdorf, sozusagen auf der Ebene des Betrachters. Zu erkennen sind u. a. das Obere Tor, Pflegamtsschloss, Laurentiuskirche, Rathaus mit gotischem Treppengiebel und die Akademie vor der Errichtung des Ostflügels.

Abb.: Ausschnitt des Flugblattes von 1580. Stadtarchiv Altdorf.

27. Juni 1581 Es werden die ersten Magistertitel an der Academia Aldorfina verliehen.

Recherche, Doku mentation & Layout: Th. Dannhorn M. A. / Stadtarchiv Altdorf b. Nürnberg ©2012 Seite 13 1582 / 1583

In diesen Jahren wird die Akademie durch einen dritten Gebäudeflügel im Osten auf Kosten des Nürnberger Patriziers Sebald Welser erweitert. Der in diesem Trakt untergebrachte große Hörsaal erhält im Namen seines Stifters die Bezeichnung Auditorium Welserianum.

Der letzte Teil dieser Bauphase umfasst das Torhaus mit der Wohnung des Pedells (Hausmeisters) und die zur Straße hin abschließende Mauer, die schließlich 1583 umgesetzt werden. Der gesamte Gebäudekom- plex erhält das, bis auf den heutigen Tag konservierte Erscheinungsbild eines schlossähnlichen, architektoni- schen Gevierts mit Gebäudeflügeln, Innenhof, Arkaden und Türmen. Abb.: Das Welserianum, Archiv der Freiherrlich Welserschen Famili- enstiftung, BGB We III, S. 288.

Einen sehr guten Einblick in die Architektur, Grundriss und die vormalige Nutzung der Räume bietet der Plan der Univer- sität von H. W. Luber aus dem Jahr 1811. Die Zeichnung wird wegen der anstehenden neuen Nutzungsmöglichkeiten nach der Auflassung der Universität (1809) in Auftrag gegeben.

Legende: A. Erste Etage a. Brunnen b. Wohnung der Oeconomicus c. Universitäts-Bibliothek d. Autitorium philosophicum e. Autitorium theologicum f. Theatrum anatomicum g. Autitorium mathematicum h. Autitorium Welserianum i. Holzremisen k. Einheitzer-Wohnung l. Chemisches Laboratorium

B. Zweyte Etage a. Studenten-Wohnungen b. Trewische Bibliothek c. Convent-Stube

C. Dritte Etage a. Studenten-Wohnungen

D. Unterm Dach a. Alumneum b. Schwarzische Bibliothek c. Professoren-Wohnungen F. Pedellen-Wohnung

Abb.: Stadtarchiv Altdorf.

Recherche, Doku mentation & Layout: Th. Dannhorn M. A. / Stadtarchiv Altdorf b. Nürnberg ©2012 Seite 14 1583 Die Altdorfer Kirche erhält das alleinige Ordinationsrecht (Priesterweihe) für das Nürnberger Gebiet.

1585 Anfangs werden die Druckereibetriebe in der zukünftigen Universitätsstadt von Druckern aus Nürnberg und Amberg geführt. Es ist daher anzunehmen, dass zu dieser Zeit die Druckereien nicht ständig, sondern nur bei Bedarf produzie- ren. Hauptauftraggeber ist die Akademie. Der erste gesicherte Drucker, der für die Akademie arbeitet, Nikolaus Taläus auch Hieronymus Knorr genannt und als Acade- miae Typographus bezeichnet, datiert in das Jahr 1585. Ihm folgen 1589 Christoph Lochner und viele andere. Der erste ständig in Altdorf ansässige Drucker wird Baltha- sar Scherff sein, der im Jahre 1620 als akademischer Buchdrucker vor Ort verpflichtet wird. Die zweite Druckerei im Dienste der Universität Altdorf wird 1661 von Johann Göbel errichtet. Aus ihr geht später die Druckerei Hessel hervor.

1594 Georg Roggenbach, Pfleger.

Abb.: Georg Roggenbach. Ausschnitt eines Porträtstichs von Hans Sebald Lautensack. 1554.

1599 / 1600

Abb.: Matrikelblatt Wallensteins von 1599. Stadtarchiv Altdorf.

Albrecht Wenzel Eusebius von Wallenstein schreibt sich am 29.08.1599 in den Matri- keln (Abb. oben) der Academia Noribergensiumin Altdorf mit folgendem Eintrag ein:

„Albertus a Waldstein, Baro Boh. (Baron Böhmens)“. Gleich dahinter ist vom damali- gen Schreiber der Altdorfer Akademie 1634 das Datum seiner Ermordung in Eger er- gänzt worden: „Dux Megapolitanus (Mecklenburgischer Herzog) ... violentam mortem (gewaltsamen Todes) ... Egre (Eger) Febr. 15. (?) 1634.“ (Anm.: Der korrekte Todestag war der 25. Februar 1634).

Der spätere Generalissimus des Dreißigjährigen Krieges, studiert als 15-Jähriger an der Academia Aldorfina ein leidliches Semester und wohnt für knapp sieben Monate in Altdorf. Abb.: Wallenstein als Feldherr.

Schließlich muss er, nach diversen Vergehen Ende Februar/Anfang März 1600 und nach der Entlassung aus dem Karzeraufenthalt in der Nürnberger Burg, Altdorf verlas- sen. Der Aufenthalt Wallensteins in Altdorf wird zusammen mit den Ereignissen des Drei- ßigjährigen Krieges zur inhaltlichen Basis der ab 1894 abgehaltenen Wallenstein-Fest- spiele.

Recherche, Doku mentation & Layout: Th. Dannhorn M. A. / Stadtarchiv Altdorf b. Nürnberg ©2012 Seite 15 Ein Brief des Nürnberger Rates an die Leitung der Akademie verdeutlicht die Konsequenzen, die Wallenstein zu tragen hat:

„… So wollen wir ... euch hiemit befolen haben, Ihm Freyherrn von Walstain obenan- gezogener ursachen halben auf sein habitation oder wonstuben darauff er sich auch speisen lassen und davon nicht kommen sollt so lang zu verstricken, bis er seine zu Altdorf gemachte schulden abgericht und bezalet haben wirdt, undt wann dasselb ge- sehen, Ihm alsdann zu sagen, sich von Altdorf hinweg zu thun und seine gelegenholt anderer orten zu suchen ….“

Die Lokalisierung seines Quartiers in Altdorf bleibt trotz des sogenannten Wallenstein- hauses am Oberen Markt undeutlich. Die Hinweise reichen von: „… Er nimmt Quartier bei Prof. Nicolaus Taurellus (auch Öchslein genannt) …“ , der auch sein Kostherr ist, (aus: Schnabel, W. W., Athena Norica. 2012, Altdorf-Chronik 1599), bis zu „... der noch nicht ganz 16 Jahre zählende elternlose Baron nahm seine Wohnung im Ludwell’schen Hause auf dem Markte, das später Professor Fichtner neu baute, heute das Heinrich Holz’sche Haus ...“ (aus: Böhm, J., Kurze Beschreibung und Geschichte der Stadt Alt- dorf … 1888, S. 36). Letzteres Zitat dürfte wieder für das Wallenstein-Haus sprechen, da es indentischmit dem alten Ludwell’schen Hause ist. Abb.: Angeblicher Wohnsitz Wallensteins. Oberer Markt 9 (Fam. Wiech). Bürgerhaus, im Kern 17. Jh. Auf- nahme Anfang 20. Jh. Stadtarchiv Altdorf.

1602 Das Schießhaus wird errichtet (1937 abgebrannt). Regelmäßiges Übungsschießen der Bürgerwehr wird vorgeschrieben. Jeder angehende Bürger muss drei Jahre lang in der Schützengesellschaft üben. Es gilt eine Art allgemeine Wehrpflicht. Auch Studenten und Professoren nehmen am Wettschießen teil.

Abb.: Das Schießhaus. Stich von 1803. Stadtarchiv Altdorf.

1606 Die Pest wütet in Altdorf. Einer der bekanntesten Opfer wird N i c o l a u s Taurellus, der erste Professor der Medizin und Physik und dreimaliger Rektor der Akademie zu Altdorf.

1603 Johann (Hans) Ernst Haller von Hallerstein. Pfleger.

1606 Paulus Paumgartner von Holenstein, Pfleger.

1606 Die Stadt im Jahre 1606 wird von Hieronymus Braun, einem Mitarbeiter des bekannten Kartographen Paul Pfinzing, auf ei- ner Karte des Altdorfer Pflegamts miniaturisiert dargestellt.

Abb.: Ausschnitt aus Staatsarchiv Nürnberg: Reichsstadt Nürnberg, Karten und Pläne, Nr. 373 Recherche, Doku mentation & Layout: Th. Dannhorn M. A. / Stadtarchiv Altdorf b. Nürnberg ©2012 Seite 16 1607

Altdorfer Ratsverfassung wird durch Nürnberg bestätigt. Der Bürger- bzw. Stadtrat besteht aus zwölf Ratsbürgern, jeweils sechs alten und sechs jungen Bürgermeistern. Je ein alter und ein junger Bürgermeister führen gemeinsam einen Monat das Amt und bei Ratstagen den Vorsitz. Seit der „Stadterhebung“ von 1387 hat sich das Gremium kaum geändert.

Den Ratstagen wohnen außerdem vier Ratsgenannte, Vierer sowie die Achter als Vertreter der Gesamtbürgerschaft bei. Aus den Reihen der zwölf Ratsbürger und der Vierer werden die städtischen Ämter und jeweils die Plätze der Schöffen besetzt.

Bereits zu dieser Zeit gibt es schon eine beträchtliche Anzahl an Bediensteten in der städ- tischen Verwaltung: u. a. Stadtkammer, Kirchenverwaltung, Spital-, Schulalmosen-, Holz-, Bau-Unschlitt-, Salz-, Wacht- und Hirten-Amt, ferner die Brot- und Fleisch-, Feuer- und Tuch- schau, die Wein- und Bierkieser, Nachtwächter, Flur- und Turmhüter, Zöllner, Tor-Sperrer, Heb- ammen, Amts- und Gerichtsdiener. Zu jedem Handwerk wird ein Ratsmitglied als Beisitzer verordnet.

Das Scholarchat hatte hierbei die Aufsicht über das Kirchen-, Schul-, Bildungs- und zum Teil Armenwesen inne. Ihm unterstand auch die Aufsicht über die reichsstädtische Universität Alt- dorf.

Die Verwaltung des Landgebiets der Reichsstadt. Grafik von Walter Bauernfeind. Stadtarchiv Nürnberg.

1612 Die Pest wütet in Altdorf.

1615 Sigmund Haller von Hallerstein, Pfleger.

1618 - 1648 Dreißigjähriger Krieg

Recherche, Doku mentation & Layout: Th. Dannhorn M. A. / Stadtarchiv Altdorf b. Nürnberg ©2012 Seite 17 1620

Die erste Buchdruckerei in Altdorf wird eingerichtet (ehemals im Gebäude des jetzigen Universitäts-Museums). Der erste ständig in Altdorf ansässige Drucker wird Balthasar Scherff, der im Jahre 1620 als akademischer Buchdrucker verpflichtet wird. Der von ihm gegründete Betrieb besteht in Altdorf bis 1817, davon die längste Zeit im Besitz der Familie Meyer (Meyer’sche Offizin).

Während anstehender Arbeiten im Doktorsgärtlein des Universitäts-Museums wird 2009 ein einfaches eisernes Henkelkännchen von gerade mal acht Zenti- metern Höhe mit Resten von korrodiertem Blei gefunden. Der Fundumstand im Gartenbeet lässt auf den ersten Blick nicht auf den ehe- maligen Verwendungszweck schließen. Stellt man aber eine Verbindung mit der Historie des Anwesens Neubaugasse 5 (Universitäts-Museum) als einer der Standorte der beiden ehemaligen Universitätsdruckereien her, wird schnell klar, bei welchem Berufsstand entsprechende Gefäße zum Gießen der bleier- nen Lettern in Gebrauch waren.

Abb.: Die ehemalige Universitätsdruckerei, heute Universitäts-Museum; eingefügt „Gusskänn- chen“. Stadtarchiv Altdorf.

1620 Georg Pömer (Poemer), Pfleger.

1620 Das Panorama von Altdorf aus diesem Jahr zeigt Altdorf von Westen mit Blick auf das Obere Tor.

Abb.: Gouache zum Stammbucheintrag des Daniel Kundemann im Album des Johann Georg Rager, 1620. Schnabel, W. W., Athena Norica. 2012.

1620/1621: Höchster Stand der Neueinschreibung mit 221 Studenten in der Geschichte der Akademie. Während des Dreißigjährigen Krieges, insbesondere 1632, gehen die Studen- tenzahlen stattdessen dramatisch zurück.

Recherche, Doku mentation & Layout: Th. Dannhorn M. A. / Stadtarchiv Altdorf b. Nürnberg ©2012 Seite 18 3. Oktober 1622

Am 3. Oktober 1622 unterzeichnet Kaiser Ferdinand II. die Urkunde zur Erhebung der Universität in Altdorf. Als Gegenlei- stung muss die Reichsstadt Nürnberg in den Anfangsjahren des Dreißigjährigen Krieges aus dem Bündnis der Protestantischen Union ausscheren und dem Kaiser Zahlungen leisten. In der sehr ausführlichen Urkunde wird aus genannten Gründen mit keinem Satz und aus politischem Kalkül die vorhandene prote- stantische Fakultät erwähnt.

Am 24. November 1623 werden die ersten fünf Doktorpromotio- nen in Altdorf stattfinden.

Abb.: Ernennungsurkunde der Universitätsprivilegien von Kaiser Ferdinand II. mit dem SIGILLVM • VNIVERSI[TATIS] • ALTORFIANÆ • NORIB[ERGENSIS]. Stadtarchiv Altdorf.

Eine Auswahl bedeutender Gelehrte und Professoren der Akademie und Universität zu Altdorf:

Eine Vielzahl von bedeutenden Gelehrten und Studenten wird Bestandteil des Universitätsbetriebs und des Alltagslebens in der nun berühmten Stadt. Ihre Arbeiten und Lehrtätigkeit beeinflussen Bildung, Wissenschaft und Forschung bis in die heutige Zeit.

Das Jahr der Berufung nach Altdorf ist jeweils angegeben.

1576 Johannes Praetorius, Mathematiker, Astronom und Techniker, Erfinder des „MeßTischleins“ 1588 Hugo Donellus, Jurist 1592 Petrus Wesenbeck, Jurist 1608 Daniel Schwenter, Mathematiker und Philosoph 1628 Georg Nößler, Mediziner 1636 Abdias Trew (Treu), Mathematiker u. Astronom, Herausgeber des ersten gedruckten Stadtplans der Stadt Altdorf 1648/49 Mauritius Hoffmann, Mediziner 1666 Johann Wolfgang Textor. Jurist, Ururgroßvater Johann Wolfgang Goethes 1667 Johann Christoph Wagenseil, Historiker, Jurist und Orientalist 1669 Johann Christoph Sturm, Physiker und Mathematiker 1674 Magnus Daniel Omeis, Professor für Rhetorik, Poesie und Moral 1704 Johann Jacob Baier, Mediziner, Historiker (schreibt die erste zusammenfassende Geschichte der Stadt) und Fossilienkundler 1706 Gustav Georg Zeltner, Theologe 1710 Lorenz Heister, Mediziner und Botaniker 1720 Johann Heinrich Schulze, Mediziner, Philologe und Numismatiker 1744 Johann Heumann von Teutschenbrunn, ordentlicher Professor für Rechtswissenschaften 1757 Georg Andreas Will, Historiker und Philosoph, einer der wichtigsten Stadthistoriker 1791 Johann Philipp Siebenkees, Professor für Philosophie und Sprachen (1795)

Recherche, Doku mentation & Layout: Th. Dannhorn M. A. / Stadtarchiv Altdorf b. Nürnberg ©2012 Seite 19

Johannes Praetorius Abdias Trew Mauritius Hoffmann

Johann Christoph Wagenseil Johann Christoph Sturm Georg Andreas Will Abb.: Stadtarchiv Altdorf.

Berühmte Studenten u. a.:

Albrecht von Wallenstein (Abb. links), späterer Generalis- simus der Katholischen Liga im Dreißigjährigen Krieg.

Gottfried Wilhelm Leibniz (Abb. links), Universalgelehrter, promoviert 1667 durch Professor Textor, dem Ururgroß- vater Goethes mütterlicherseits.

Abb.: Stadtarchiv Altdorf

Des Weiteren: Gottfried von Pappenheim Reitergeneral Samuel Mikoviny (Mikovini) späterer Kartograf, Geometer und Architekt unter Kaiserin Maria Theresia, verfasst 1721-23 mehrere Ansichten Altdorfs. Friedrich von Logau Dichter Georg Philipp Harsdörfer Dichter Salomo Semler Theologe Gottfried von Pöhl Theologe Johann Christoph Gatterer Historiker Karl Heinrich Ritter von Lang Historiker Markgraf Friedrich von Brandenburg-Bayreuth Gründer der Universität Erlangen Franz Daniel Pastorius Erster deutscher Einwanderer. 1683 gründet er die Siedlung Germantown und ist damit einer der Väter des heutigen US-Bundesstaates Pennsylvania.

Recherche, Doku mentation & Layout: Th. Dannhorn M. A. / Stadtarchiv Altdorf b. Nürnberg ©2012 Seite 20 29. Juni 1623

In Erinnerung an die feierliche Einweihung der Hohen Schule am gleichen Datum des Jahres 1575, findet am 29. Juni 1623 der Festakt der Universitäts- erhebung mit festlichem Zug und feierlicher Prozessi- on durch Altdorf statt. Ca. 600 Ehrengäste, darunter Angehörige der Universität und der Stadtverwaltung, kaiserliche Abgesandte, Ratsherren aus Nürnberg, Patrizier und geistliche Würdenträger ziehen von der neu gegründeten Universität zum Pflegamtsschloss, um bei einem Festmahl „… gar köstlich tractiret …“ zu werden. Der Feiertag an Peter und Paul bleibt fortan bis zur Auflösung der Universität 1809 der große Altdorfer Festtag, wie es auch die Darstellung von Puschner um 1718 noch zeigt (am rechten unteren Bildrand erkennt man den damals noch erhaltenen Tordurch- gang zum Vorhof des Pflegschlosses).

Erstmalig in diesem Jahr erhalten die Studierenden die Studentengesetze, die sowohl den Aufenthalt an der Uni als auch das damit verbundene Privatleben regeln sollen.

Abb. oben: Zug der Universitätsangehörigen und Studenten am Peter und Paul-Tag. Joh. Gg. Puschner ca. 1718. Abb. unten: Titelblatt der „Leges“ (Studentengesetze) in einer Ausgabe von 1724. Stadtarchiv Altdorf.

1626 Anlage des botanischen Gartens durch Prof. Ludwig Jungermann vor der Stadtmauer zwi- schen Universität und Pflegamtsschloss. Dieser als Hortus Medicus bezeichnete botanische Gar- ten der Universität soll den Medizinstudenten zum Studium der Heilpflanzen dienen. Nach der Erweiterung des Gartens im Jahre 1656 durch Mauritius Hoffmann gilt der Garten als größte botanische Einheit Deutschlands. Mit dem Ende der Universität im Jahre 1809 wird auch der botanische Garten aufgegeben (Teile der Ummauerung sind noch vorhanden, das Ge- lände ist jedoch großteils überbaut). Die große, auf vielen Motiven wiederkehrende Lärche (links im Bild) fällt erst 1734 einem Sturm zum Opfer.

Abb. oben: Ansicht des Hortus Medicus von Süden des slowakischen Kupferstechers und Kartografen Samuel Mikoviny um 1723. Abb. rechts: Altdorf in Merians Topographia Franconiae von 1648 (1650); Lage des Hortus Medicus farbig gekennzeichnet. Recherche, Doku mentation & Layout: Th. Dannhorn M. A. / Stadtarchiv Altdorf b. Nürnberg ©2012 Seite 21 19. November 1631

Im November bricht der Heerführer der Katholischen Liga, Johann t’Serclaes Graf von Tilly aus der Oberpfalz mit 20.000 Mann nach Nordosten auf. Sein Oberst Heinrich Holck zieht mit etwa tausend Reitern vor Altdorf, um eine Zah- lung zu erpressen. Die Stadt soll sich als „… Freund oder Feind …“ erklä- ren, wobei eine Salva Guardia (Schutztruppe) den Ort vor Kampfhandlungen schützen wird. Er droht damit, „… niemandts, auch der Kinder im Mutterleib …“ zu verschonen. Altdorf muss sich mit 1.000 Reichstalern freikaufen. Zwei Monate später er- scheint Tilly sogar selbst mit drei Kompanien vor der Stadt, nimmt im Pfleg- amtsschloss Quartier und lässt nach seinem Abzug 50 Mann Salva Guardia zurück. Wieder muss Altdorf zahlen. Zahlreiche derartige Schutzbriefe werden ausgestellt, auf die im Ernstfall aber keine Armee Rücksicht nimmt.

Die Lage wird umso brisanter, da sich im März 1632 Nürnberg auf die Seite der schwedischen Kriegspartei stellt und somit auch der Pflegamtsbezirk Altdorf der pro- testantischen Sache gerecht werden muss.

Auf Bitten der Professoren schont Tilly jedoch Altdorf. Von Juli bis September 1632 stehen sich des Schweden- königs Truppen bei Nürnberg und Wallensteins Söldner bei der Burgruine Alte Veste, nahe der Nachbarstadt Fürth, direkt gegenüber. Wallenstein lässt im Westen von Nürnberg ein riesiges Feldlager für über 50.000 Landsknechte nebst Tross auf- bauen. Der zweimonatige Stellungskrieg verwüstet die Region um Nürnberg. Wallenstein kommt nie direkt nach Altdorf zurück - auch nicht als Feldherr. Dies ist nur eine Fiktion des Volksschauspiels.

Abb. oben: Gräueltaten des Dreißigjährigen Krieges. Abb. mittig links: Oberst Heinrich Holck; Abb. mittig rechts: Johann t’Serclaes Graf von Tilly. Abb. unten: Salva Guardia des Jahres 1632. Stadtarchiv Altdorf.

Recherche, Doku mentation & Layout: Th. Dannhorn M. A. / Stadtarchiv Altdorf b. Nürnberg ©2012 Seite 22 1632 - 1649

Besonders in diesen Jahren hat Altdorf während des Dreißigjäh- rigen Krieges nochmals stark zu leiden. Nachdem die Schwe- den im Nürnberger Umland größtenteils kapitulieren, zieht ein bayerisches Heer mit 400 Mann vor Altdorf und verlangt von der Stadt die Untertanenschaft. Die Altdorfer zeigen ihre Unter- würfigkeit und nehmen eine gegnerische Besatzung auf. Wö- chentlich müssen 300 Gulden Kontribution zur Versorgung der Mannschaften bezahlt werden. Im Juli und August 1632 plündern und verheeren die kaiserli- chen Truppen der Kroaten die Umgebung Altdorfs. Raub, Mord und Vergewaltigung stehen auf der Tagesordnung. Einer aus dieser Soldateska wird hierbei erschlagen und anschließend vom Altdorfer Mediziner Caspar Hofmann seziert. Skelettiert wird er in voller Pracht in der Universitätsbibliothek ausgestellt. Der nachfolgende Strom der Durchmärsche und Einquartierun- gen reißt nicht ab. Oft ist man gezwungen, für einen Tross von über 1.000 Mann mit Hunderten von Pferden Quartier zu schaf- fen und für Verpflegung zu sorgen. Erst nach dem Friedens- schluss 1648 in Münster und Osnabrück und den Nürnberger Friedensverhandlungen von 1649 kehrt in Altdorf und seinem Umland langsam wieder Ruhe ein. Noch 1648 verwüstet der schwedische Feldmarschall Hans Christoph von Königsmarck die Altdorfer Gegend.

Abb.: Stich der Universitätsbibliothek (Ausschnitt) von Joh. Gg. Puschner um 1720 mit dem Skelettpräparat des Kroaten vor einem ehemaligen Bücherregal. Stadtarchiv Altdorf.

1636/1637 Im Fachbereich der theoretischen Philosophie wird an der Universität zu Alt- dorf neben Physik und Mathematik auch die professionelle Astronomie (Him- melsschau) gelehrt. Um den Theorien einen praktischen Hintergrund zu bieten, errichtet um 1636 Abdias Trew auf einem der nördlichen Stadtmauertürme, dem Alten Trewturm (Treuturmgasse), 42 Jahre vor Gründung der Nürnberger Sternwarte, das erste Observatorium auf reichsstädtischem Territorium. Von 1637 haben sich Pläne von Johann Carl zur Errichtung des ersten Observato- riums auf einem der Altdorfer Stadtmauertürme erhalten. Bereits 1638 erscheint in den Quellen der Neue Trewturm als neuer Standort für das Observatorium.

Abb. links: Lage des „Neuen“ (rot) und „Alten“ (gelb) Trewturms auf der Stadtansicht von A. Trew von 1638. Abb. unten links: Der Neue Trewturm mit dem Aufbau der Sternwarte von 1638. Abb. unten rechts: Der Neue Trewturm mit drehbarem Dach um 1657. Stadtarchiv Altdorf. Recherche, Doku mentation & Layout: Th. Dannhorn M. A. / Stadtarchiv Altdorf b. Nürnberg ©2012 Seite 23 1638

Prof. Abdias Trew, evangelischer Theologe, Mathematiker und Astronom an der Universität gibt den ersten gedruckten Stadtplan von Altdorf heraus. In der Darstellung sind Grundriss und Aufriss der Stadt miteinander verbunden (sog. Vogelschau).

Abb.: „Vogelschau“ Altdorfs von Abdias Trew aus dem Jahr 1638. Stadtarchiv Altdorf. Trews Plan wird in den folgenden Jahrzehnten sehr oft als Vorlage benutzt. So z. B. bei M. Merian d. Ä., S. Mikoviny, u. a.

1641 Bau des Mortuariums, der Grufthalle im Kirchlichen Friedhof am Unteren Tor. Sie birgt die Gräber berühmter Professoren, u. a. von Johann Christoph Wagenseil, Mauritius Hoffmann und Friedrich Tresenreuther.

Abb.: Grufthalle. Stadtarchiv Altdorf.

Recherche, Doku mentation & Layout: Th. Dannhorn M. A. / Stadtarchiv Altdorf b. Nürnberg ©2012 Seite 24 1648

Matthäus Merian d. Ältere, Kupferste- cher und Verleger, beginnt 1642 das umfassende Gesamtwerk einer detail- lierten Topographie mit Stadtdarstel- lungen und deren Beschreibungen un- ter dem Titel Topographia Germaniae herauszugeben. Martin Zeiller aus Ulm ist für ergänzende Beschreibungen verantwortlich. Insgesamt 16 Bände erscheinen in Merians Verlag zu Frank- furt a. Main von 1642 bis 1654. Dar- unter befindet sich auch als Bd. 9 die Topographia Franconiae (Topgraphie Frankens) von 1648. Merian beginnt bei seiner Beschrei- bung der Landstadt Altdorf mit folgen- den Worten: „Diese kleine Stadt sol so viel als ein altes Dorff heissen dahin auch noch der Zeit viel Bauren gepfarret seyn und die Marggräffische Bürgthannische so eines unter den viel Haupt-Aemptern im Burggraff thumb Nürnberg und wel- ches Schloß ein halbe Meil ungefehrlich von Altorff gelegen an die Burggraffen von einem Edelmann der Thanner genannt kommen und vorzei- ten ein Pfältzisch nach Altorff gehöri- ges Lehen gewesen ist Unterthanen ihr Pfarrecht und Kirchhof oder Begräbniß allhie haben …“. 2011 wird dieser Stich die Vorlage für den Bau eines historischen Stadtmo- dells im Maßstab 1:500 liefern Abb.: M. Merian d. Ä., Topographia Franconiae 1648, hier abgebildet: nachkolorierte Version um 1650. Stadtarchiv Altdorf.

1650 Einrichtung des Anatomischen Theaters (Theatrum anatomicum) als Hörsaal im rechten Flügelgebäude der Universität für anschauliche Seminare der medi- zinischen Fakultät. Am 8. November 1651 findet die erste öffentliche Sezierung einer Männerleiche durch Prof. Mauritius Hoffmann statt. Die Leichen werden zumeist aus gerichtlichen Verfahren der Universität zur Verfügung gestellt. So z. B. am 4. November 1700: „Öffentliche Anatomie der wegen Kindsmords in Nürnberg hingerichteten Anna Margaretha Ströbel aus Schmidtstadt durch Johann Moritz Hoffmann.“

Abb.: Theatrum Anatomicum, J. G. Puschner, Stadtarchiv Altdorf.

Recherche, Doku mentation & Layout: Th. Dannhorn M. A. / Stadtarchiv Altdorf b. Nürnberg ©2012 Seite 25 1653 Christoph Andreas Imhof, Pfleger. um 1655 Der 22-jährige Stephan Farfler, Uhrmacher aus Altdorf, durch einen Unfall mit drei Jahren an den Beinen gelähmt, entwic- kelt einen mittels Handkurbel angetriebenen Kunstwagen (Rollstuhl, drei- und vierrädrig), der oftmals auch als Prototyp des modernen Liegerades herangezogen wird. Zudem kon-

Hortus Medicus Übersetzung_A3:Layout 1 15.04.2009 11:19 Seite 1 struiert der innovative Altdorfer eine Sanduhr, die sich jede Stunde von selbst umdreht. „... Er ersetzte an Verstand was ihm an Gaben es Leibes abging ...“, schreibt der Mathemati- ker und ehemalige Student in Altdorf, Johann Gabriel Doppel- Legende und Übersetmayrzu nüberg: Farflers Erfindungen. „Neue Zeichnung des akademischen Abb.: Doppelmayr, Joh. G., Historische Nachrichten von den Nürnbergischen medizinischen GarteMathematicisns zu und Künstlern. 1730. Stadtarchiv Altdorf. Altdorf“

Kupferstich: Johann Georg Puschner der Ältere, um 1720 1656 Übersetzung: Dr. Joachim Roller, Nürnberg-Kornburg Erweiterung des Hortus Me- dicus durch Prof. Mauritius AAAA. BBBB. Mit blühenden und wohlriechenden Pflanzen Angesäte Kissen, besonders mit medizinisch Hoffmann, darunter auch ein ausgeschmückte Flächen. wirksamen Wurzeln. sogenanntes Hybernaculum

CCCC. DDDD. (beheizter Wintergarten) zur Garten mit Küchenkräutern und Gehölzen, Reihen von Tontöpfen, die sehr seltene Überwinterung exotischer selbstverständlich mit beigegebener Pflanzen beherbergen. Beschreibung der Bäume. Pflanzen. E. F. Der Bestand an Pflanzen Gartenhaus oder Pergola. Mit Öfen ausgestattetes Winterquartier wächst bis zum Jahr 1790 (mit Schornsteinen). auf 2.500 Exemplare. Der G. H. Garten wird somit einer der Jüngst errichtetes Seminargebäude. Ziemlich groß angelegtes Gewächshaus größten botanischen Einhei- (Glashaus). ten Deutschlands. I. L. Kleineres Gewächshaus, gut gedüngt und Lärche, so alt wie der Garten. mit festem Boden (Mistbeet).

M. N. Drei Gartentore. Haus des Stadtpäfekten, durch das man in den Garten gelangt.

O. P. Stadtkirche. Teil der Häuser des akademischen Kollegiums (Universität).

O N P G H I M M D D F D D A A A A L E B B B B

C C C C

M Abb.: Legende des Hortus Medicus. Universitäts-Museum Altdorf.

1657 Ausbau des Observatoriums auf dem Neuen Trew Turm. Ein drehbares Dach wird installiert. In Altdorf erinnert heute noch die Treuturmgasse an diese Sternwarte.

Recherche, Doku mentation & Layout: Th. Dannhorn M. A. / Stadtarchiv Altdorf b. Nürnberg ©2012 Seite 26 1661

Die zweite Druckerei im Dienste der Universität Altdorf wird in diesem Jahr von Johann Göbel eingerichtet. Aus ihr geht später die Druckerei Hessel hervor. Mit der Göbelschen Druckerei beginnt auch die Geschichte der Altdorfer Ge- sangbücher. Ab 1697 war jeweils eine Firma, Druckerei Scherff (und Nachfolger) bzw. Druc- kerei Göbel (und Nachfolger), die offizielle Universitätsdruckerei. Nach dem Tod des jeweiligen Inhabers wechselt der Titel zum anderen Betrieb. Diese Regelung bleibt bis zur Aufhebung der Universität bestehen.

Abb.: Das erste Gesangbuch aus der Druckerei Johann Göbels. Schnabel, W. W., Athena Norica. 2012.

4. Oktober 1666

Der Universalgelehrte Gottfried Wilhelm Leibniz immatrikuliert an der Altdorfer Universität. Er promoviert als 20-Jähriger mit seiner größtenteils bereits in Jena entstandenen Doktorarbeit zum „Doctor juris utriusque“ (Doktor beider Rechte). Von der Prüfungskommission wird ihm sofort eine Professur in Altdorf angeboten, doch Leibniz lehnt ab. Nach diesem berühmten Geistes- und Naturwissenschaftler werden später das Altdorfer Gymnasium und eine Straße benannt. Abb.: Immatrikulation von Leibniz. Stadtarchiv Altdorf.

1682 Eröffnung des Laboratorium chemicum (chemisches Labor). Wegen der Explosionsgefahr wird das Labor in einem gesonderten Gebäude hinter dem Ostflügel der Universität und direkt an der Stadtmauer errichtet.

Abb.: Laboratorium chemicum von Joh. Gg. Puschner um 1720. Stadtarchiv Altdorf.

1682 Georg Andreas Imhof von Ziegelstein. Pfleger.

1694 Gustav Gabriel Imhof, Pfleger.

1693 - 1694 Auf Wunsch der Universitätsverwaltung werden von 1693 bis 1694 Um- bauten im Inneren der dreischiffigen Basilika von St. Laurentius vorge- nommen. Für die Professoren und die Studenten entsteht eine Empore. Die Seitenschiffe erhalten größere Fenster. Trotz Umbauten bleibt die alte Kirche zu klein und wird in ihrer Substanz immer baufälliger. Die Außenansicht von Puschner um 1710 zeigt den Zustand dieser Umbau- phase, bevor in den Jahren 1752 bis 1755 weit radikalere Abriss- und Umbaumaßnahmen folgen werden.

Abb.: St. Laurentius Kirche, J. G. Puschner um 1710. Stadtarchiv Altdorf. Recherche, Doku mentation & Layout: Th. Dannhorn M. A. / Stadtarchiv Altdorf b. Nürnberg ©2012 Seite 27 1697 Einführung des theologischen Promotionsrechts an der Universität zu Altdorf und damit Erhebung zur Volluniversität.

1699 Friedrich Alexander Boener, Kupferstecher und Kunsthändler aus Nürnberg, kann sich bei sei- ner Ansicht der Stadt Altdorf aus der Vogelschau auf Vorbilder von Abdias Trew und M. Merian stützen und diese aktualisieren.

Abb.: Stadtansicht von F. A. Boener 1699. Stadtarchiv Altdorf.

1702 Im Jahr 1702 umfasst die Stadtverteidigung des Bürgeraufgebots (Mannschaft) 216 Mitglieder in sechs Korporalschaften zu je sechs Rotten, dazu 18 Bürgersöhne und 25 Handwerksbur- schen sowie 40 Mann Ausschuss aus dem Pflegamtsbezirk. Den Befehl übernimmt ein von Nürnberg bestellter Offizier.

1707 Erste offizielle akademische Rede eines Studenten in deutscher (vorher lateinischer) Sprache an der Altdorfer Universität.

Recherche, Doku mentation & Layout: Th. Dannhorn M. A. / Stadtarchiv Altdorf b. Nürnberg ©2012 Seite 28 1710 - 1720

Johann Georg Puschner d. Ältere, Nürnberger Kupferste- cher, schafft detaillreiche Wiedergaben Altdorfer Ansich- ten, darunter die Amoenitates Aldorfinae oder Eigentliche nach dem Leben gezeichnete Prospecten der Löblichen Nürnbergischen Universität Altdorf. Bekannt wird er durch seine Ansichten der Universität Altdorf wie auch durch seine bildlichen Schilderungen des studentischen Lebens in Altdorf. Die Begleittexte stammen wahrscheinlich von Johann Martin Trechsel. Eine weitere Auflage erscheint 1743.

Beispiele: Abb. oben: Ansicht von Altdorf in Richtung Oberes Thor. Abb. links: Ansicht von Altdorf von Süden. Abb. rechts: Eine der bekanntesten Ansichten der Altdorfer Universität. Ölgemälde nach Joh. Gg. Puschner. Universitäts-Museum Altdorf.

1711 - 1713 Zwischen 1711 und 1713 lässt Johann Heinrich Müller, Professor für Mathe- matik, auf dem Dach des Kollegienge- bäudes (Mittelbau) die dritte Altdorfer Sternwarte errichten. Samuel Mikoviny, selbst in der Astro- nomie und Kartografie verwurzelt und Schüler Müllers wird um 1723 das Er- scheinungsbild des letzten Observato- riums der Stadt Altdorf auf einem sei- ner Stiche festhalten und beschreiben: „… damit aber dem collegio nichts ermangeln möge; so ist zu alleroberst das Astronomische Observatorium, mit einem starcken eisernen Gitter und ei- ner Stube, auf das kostbarste erst vor wenig Jahren, zu besonderer Zierde des Collegii und grossem Nutzen des Mathematischen Studii erbauet wor- den …“

Abb.: Der Gebäudekomplex der Universität, dargestellt von Samuel Mikoviny um 1723. Rot markiert das Observatorium auf dem Dach des Kolle- giengebäudes. Stadtarchiv Altdorf.

Recherche, Doku mentation & Layout: Th. Dannhorn M. A. / Stadtarchiv Altdorf b. Nürnberg ©2012 Seite 29 1714

In diesem Jahr veröffentlicht der Altdorfer Mediziner und Physiker Johann Jacob Baier seine 112-seitige Ausführliche Nachricht von der Nürnbergi- schen Universität-Stadt Altdorff als erste zusammenfassend dargestellte Stadt- und Universitätsgeschichte. Eine zweite Auflage folgt1717 .

Abb.: Titelblatt und Inhaltsangabe. Stadtarchiv Altdorf.

1717 Christoph Elias Oelhafen von Schöllenbach auf Eismannsberg, Pfleger.

Abb.: Porträt Christoph Elias Oelhafen. Stadtarchiv Altdorf.

1719 Johann Heinrich Schulze lehrt als Professor von 1721 bis 1732 Anatomie, Physio- logie, Medizingeschichte und Chemie. In Halle hatte er bereits 1719 über die Licht- empfindlichkeit der Silbersalze geforscht und eine Arbeit darüber in der Zeitschrift „Bibliotheca Novissima“ veröffentlicht. Er forscht im Altdorfer chemischen Labor wei- ter und legt damit den Grundstein für die Entwicklung der Fotografie.

Abb.: Porträt Johann Heinrich Schulze. Stadtarchiv Altdorf.

Recherche, Doku mentation & Layout: Th. Dannhorn M. A. / Stadtarchiv Altdorf b. Nürnberg ©2012 Seite 30 1723

Unter Samuel Mikoviny entsteht am Ende des ersten Viertels des 18. Jh. eine Viel- zahl von Kupferstichen, die das Städtchen Altdorf in verschiedenen Ansichten zei- gen. Als Vorlagen gelten die Arbeiten von Joh. Gg. Puschner.

Abb.: Einige Beispiele der Arbeiten von S. Mikoviny. Stadtarchiv Altdorf.

1728 Johann Paul Paumgartner auf Grünsberg lässt die auf- wendig barocke Anlage der Sophienquelle bei Grünsberg zu Ehren seiner zweiten Frau Sophie, geb. Nützel fertig- stellen. Die Anlage wird beliebtes Ausflugsziel der Altdor- fer Studenten und bleibt bis heute

Abb.: Die Sophienquelle im Jahr 1737. Stadtarchiv Altdorf

11. Mai 1735 Vierzehn Salzburger Emigrantenfamilien (Exulanten) mit 59 Personen, die wegen ihres protestantischen Glaubens aus dem Salzburger Gebiet vertrieben werden, fin- den in Altdorf eine neue Heimat. Als besonderen Gewerbezweig bringen die Salz- burger Exulanten das Know-how zur Herstellung von Holzspielwaren, Drechslereien und Spanschachteln mit. Die Erzeugnisse werden durch Nürnberger Händler bis in die Anfänge des 19. Jh. vertrieben.

1736 Sigmund Gabriel Imhof, Pfleger.

Recherche, Doku mentation & Layout: Th. Dannhorn M. A. / Stadtarchiv Altdorf b. Nürnberg ©2012 Seite 31 1740

Johann Friedrich Bauder, Altdorfer Kommerzienrat, Bürgermeister, Hopfen- und Weinhändler, entdeckt den sogenannten „Altdorfer oder Bauderschen Marmor“, eine Facies des versteinerungsreichen Lias Epsilon. „… Herr Bauder Kommercienrath und erster Bürgermeister … hatte 1740 ent- deckt, daß seit undenklichen Jahren an vielen Bauerhäusern in der Gegend Marmor vermauert war. Er war begierig zu wissen, wo dieser Marmor zu finden sey. Er fand ihn zuerst in der Oberpfalz im Amte Heimburg ohnweit Altorf darauf noch mehrern bey dem bayerschen Dorfe Ober Elspach am Flusse Schwarzach und endlich durch fleißiges Nachsuchen auf dem altorfischen Felde selbst zwi- schen Altorf und den bayrischen Dörfern Hagenhausen und Gnadenberg …“ Aus: Nicolai, Chr. F., Beschreibung einer Reise durch Deutschland und die Schweiz, im Jahre 1781. 1783. Bauder gründete daraufhin 1753 einen steinverarbeitenden Betrieb auf dem ehemaligen Grund der jetzigen Sparkassenfiliale. Seine Pro- dukte umfassen u. a. Tischplatten, Konsolen, Grabplatten, Briefbe- schwerer, Tabaksdosen und Schusser (Murmeln). Die entstandenen Produkte werden zu anerkannten Erzeugnissen und finden ihre Kun- den sowohl regional als auch länderübergreifend in wohlhabenden und fürstlichen Häusern. Auch Johann Wolfgang von Goethe besitzt zu dieser Zeit eine geschliffene Tischplatte in seinem Haus in Weimar. Er beschreibt die Stücke 1824 in naturwissenschaftlichen Schriften, die noch heute im Goethehaus in Weimar gezeigt werden. „ ... Ich besitze eine Tafel Altdorfer Marmor, drey Fuß lang zwei breit, deren ausgeschweifte Form darauf hindeutet, daß sie früher fürstliche Gemächer verziert hat ... Jedem Naturfreund ist dieser Marmor von Altdorf bekannt ...“. Joh. W. von Goethe. Der Abbau und die Verarbeitung des Altdorfer Marmors kommen je- doch bereits 1829 zum vollständigen Erliegen. Abb.: Taufstein aus Bauderschem Marmor in der Altdorfer Laurentiuskirche, gestiftet von Johann Friedrich Bauder im Jahr 1754; Tischplatte; Tabaksdose. Universitäts- Museum Altdorf.

1741 / 1742 Bau der Magdalenenkirche anstelle der alten Totenkapelle im Kirchlichen Friedhof am Unteren Tor (Saalkirche mit dreiseitigem Chorabschluss, hohen Rundbogenfenstern und zwei Portalen).

Abb.: Magdalenenkirche, im Vordergrund der Bildstock von 1430/50. Stadtarchiv Altdorf.

5. Oktober 1743 Stadtbrand. Eine Feuersbrunst in Altdorf legt das Viertel zwischen dem Pflegamts- schloss, das vom Brand auch leicht in Mitleidenschaft gezogen wird, und dem Oberen Tor in Schutt und Asche, vernichtet elf Wohnhäuser und den Feilturm. Auch die einzige Mahlmühle innerhalb der Stadtmauer, die Rossmühle, wird Raub der Flammen. Am Feilturm selbst und dem angebauten Haus befindet sich der Baujahrstein 1747, der auf eine der Wiederaufbauphasen dieses Areals verweist. Abb.: Baujahrstein. Stadtarchiv Altdorf.

Eröffnung der Brandenburgisch-Bayreuthischen Universität in Erlangen nach der Verle- gung von Bayreuth nach Erlangen im gleichen Jahr.

Recherche, Doku mentation & Layout: Th. Dannhorn M. A. / Stadtarchiv Altdorf b. Nürnberg ©2012 Seite 32 1750 Balthasar Christoph Kreß von Kressenstein, Pfleger.

1752 - 1755

Umfangreiche Aus- und Umbauarbeiten an der Stadtkirche werden durchgeführt. Das Langhaus der Laurentiuskirche mit den Seitenschiffen wird abgerissen. Chor und Turm bleiben erhalten und sind nur äußerlich dem spätbarocken, fast klas- sizistischen neuen Stil angepasst. Drei Jahren dauert der Umbau bis Ende 1755. Orgel und Orgelprospekt (eingebaut bereits 1727) ergänzt man 1755. Der Taufstein im Chor aus Altdorfer Marmor (Bauderscher Marmor) wird von Johann Friedrich Bauder im Jahr 1754 gestiftet. Die fest- liche Einweihung des Gesamtbaus findet am 14. Dezember 1755 statt. Abb.: Ansicht der Kirche um 1756. eingefügt: Titelblatt der Festschrift. Stadtarchiv Altdorf.

1757 Während des Siebenjährigen Krieges (1756-1763) sendet 1757 König Friedrich II. von Preußen zwei Bataillone und 300 Husaren unter Oberstleutnant Johann von Mayer nach Franken. Die ho- hen, der Reichsstadt Nürnberg auferlegten Kriegskosten, legt der Rat auf die Bewohner seines Territoriums, also auch auf Altdorf um. Gg. A. Will umschreibt 1796 die damalige Situation, wie folgt: „ …und auch zu Ende des siebenjährigen Kriegs, da Nürnberg von den Preussen einge- nommen wurde, hat man von dem hiehergekommenen Stürzenbechetischen Kommando mehr Furcht als Schaden gehabt.“

Anfang September 1765 Ein Stadtbrand vernichtet das Viertel um die Obere Wehd bis zum Plätzlein. Sieben Häuser brennen nieder (Haus Nr. 227 bis 233). Das Feuer zerstört auch den Al- ten Treuturm (Trew-Turm) vollständig (kein Wiederauf- bau). Danach nutzt man die überdachten Grundmauern des Turms als Gemeindebackofen. Durch den nachfol- genden, zügigen Wiederaufbau entsteht bald wieder ein geschlossenes Straßenbild.

Abb. links: Titelblatt der aus Anlass des Brandes gehaltenen und ge- druckten Predigt; Abb. rechts: das vom Brand betroffene Quartier, rot markiert. Stadtarchiv Altdorf.

1766 Professor Georg Andreas Will (1755 habilitiert; 1798 in Altdorf gestorben) hält eine Rede in deutscher Sprache, anstatt das bisher übliche Latein zu benutzen. Seine Geschichte der Stadt und der Universität Altdorf und eine Vielzahl weiterer Veröf- fentlichungen bleiben bis heute immer wieder zitierte Standardwerke und wichtige Quel- len für die Historie Altdorfs und Nürnbergs.

Er vermacht eine äußerst umfangreiche Bibliothek der Stadt Nürnberg. Dort bildet sie bis heute einen wichtigen Sonderbestand. Georg Andreas Will, der noch am 29. Juni 1797 sein 50-jähriges Magisterjubiläum feiert, stirbt ein Jahr später am 18. September 1798. Am 22. September wird er „… ohne Gepränge … nach seinem Wunsche in ein gewölbtes Grab, in dem bedeckten Gang an dem Ausgange der Totenkapelle…“ in Alt- dorf bestattet - ein stiller Abgang für einen großen Historiker.

Abb.: Titelblatt der Geschichte und Beschreibung der Nürnbergischen Universität Altdorf von 1795/96. Stadtarchiv Altdorf.

Recherche, Doku mentation & Layout: Th. Dannhorn M. A. / Stadtarchiv Altdorf b. Nürnberg ©2012 Seite 33 1768 Carl Wilhelm von Wölckern auf Kalchreuth, Pfleger.

Abb.: Portrait-Ausschnitt, Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Bildarchiv und Grafiksamm- lung, Inventar-Nr. PORT_00026108_01.

1770 - 1773 Die in diesen Jahren herrschende allgemeine Hungersnot, vor allem bedingt durch eine immense Verteuerung des Getreides, wirkt sich auch wegen der nahezu einseitigen Ausrichtung auf den Hopfenbau besonders hart aus. (Ster- beüberschuss von 195 Menschen). Missernten tun das Ihrige dazu, dass der Wohlstand in Altdorf für längere Zeit vernichtet wird. In der Altdorfer Gegend ist man schon glücklich, wenn man Hafer- und Kartoffelbrot zu essen bekommt. Von einfachen Blutsuppen ist die Rede. Viele Menschen sterben an Entkräf- tung.

1781 1781 regelt die erste erhaltene Altdorfische Feuer-Ordnung die Maßnahmen, die ergriffen werden müssen, um die Stadt vor Feuersbrünsten zu schützen.

Der Berliner Buchhändler und Schriftsteller Friedrich Nicolai besucht auf seiner „Reise durch Deutschland und die Schweiz im Jahre 1781“ auch Altdorf und schreibt u. a.: „… Altdorf ist eine kleine Stadt; man zählt darin, ohne die öffentlichen Gebäu- de, 205 Häuser. Diese sind nach alter Art, meist hölzern, doch zum Teil geräu- mig, haben Hofraum und auch wohl kleine Gärten. Die Straßen sind eben nicht eng und eben nicht gut gepflastert. Man klagt sonst, dass sie durch häufige Mistpfützen unangenehm gemacht würden, jetzt waren sie sehr reinlich …“. Ü b e r d i e A l t d o r f e r U n i v e r s i t ä t f ä l l t e r z u d i e s e r Z e i t e i n v e r n i c h t e n d e s U r t e i l .

Abb.: Titelblatt. Stadtarchiv Altdorf.

1785 Ein eigenes Siegel (städtisches Wappen) schützt ab 1785 den Altdorfer Hopfen. Das Altdorfer Land zählt zu den älte- sten Hopfenanbaugebieten Europas. Schon im Jahr 1439, in einer Stiftungsurkunde vom 31. Mai, wird ein „… Hop- fengärtlein gelegen bey Alttorf an dem graben …“ erwähnt. Nach 1945 ist der Anbau fast völlig aus dem Umland der Stadt verschwunden.

Abb.: Stadtansicht von Norden mit Hopfenstangen im Vordergrund rechts. G. E. F. Seidel 1798. Stadtarchiv Altdorf.

Recherche, Doku mentation & Layout: Th. Dannhorn M. A. / Stadtarchiv Altdorf b. Nürnberg ©2012 Seite 34 1786

Katastrophale Verschlechterung der Finanzsituation der freien Reichstadt Nürn- berg: Das Haushaltsdefizit erreicht die 10.000.000 Gulden-Grenze. Es droht der finanzielle Bankrott der Stadt und seiner Pflegamtsbezirke. In Altdorf studieren noch 100 Studenten. Man diskutiert erneut die Verlegung der Universität nach Nürnberg.

In diesem Jahr wird zudem die Anstalt für arme Kranke, eine Art Polyklinik, in der Universität zu Altdorf eingerichtet.

Ein bezeichnendes Licht auf die ehemalige „Wehrhaftigkeit“ der Stadt wirft der 1786 beginnende Abtransport großkalib- riger Waffen aus dem Pflegamtsbezirk. Diese „Entwaffnung“ wird durch das Landmarschkommissariat der Reichsstadt Nürnberg durchgeführt. Es sollen nur noch die Geschütze, die bei Alarmierungen oder Feuergefahr warnend eingesetzt werden, im Bestand der Stadt Altdorf verbleiben.

Abb. links: Hakenbüchse aus Schloss Grünsberg. Abb. rechts: Falkonett („Feldschlänglein“).

Die übrigen „Stücke“ werden nach Nürnberg überführt - diese waren:

Oberer Torturm: 2 Falkonet 1 Pd, 20 Kugeln 1 Centnerhaken oder kleines Falconet. 26 Kugeln 1 Streithaken, 105 Karth 2 Doppelhaken Unterer Torturm: 2 Centnerhaken, 42+25 2 Streithaken, 103 Carthetschen Auf dem Schloß 3 Centnerhaken, 3 etwas kleinere Lauf an einem Orgelgeschütz, 4 Streithaken, 1 kleiner Feuermörsel Pulverturm: Munition 12 Handgranaten, 177 bleierne Falkonettkugeln, 3 Stückkugeln, 108 Pb Stückkugeln, 5 Karth, 96 Karth, 300 Muskkugeln für die Kommandierten, 200 Hand-Raqueten

Entbehrlich: 2 Falkonetts, 6 Ctrhaken, 7 StreitH, 2 DH, 1 Orgelgesch, 1 Feuermörs, 12 Handgran, 310 PbStck- kugeln, 91 eiserne, 25 steinerne Kugeln, 209 Carth, 200 Handraqueten

Beizubehalten: 6 DH (Doppelhakenbüchse), ein Pfündiges (sic) Falkonet

LpflA an Altdorf, 4.8. 2 Falk, 2 DH, 6 CtrH, 7 StrH, Orgel, 1 Mörser „mit möglichster Vermeidung alles Aufsehens, nebst den gegen alle Entzündung wol zu verwahrenden Karthetschen... hierher zu transp.“

LPflA an Altdf, 6.11.90 Geschütze und Metall soll nächste Woche mit M.C. Peunter nach Nbg zu StckGießer Stumm, ohne abzuladen.

Altdf an LPflA, 13.11.90 12 Geschütze einzusenden; Orgelgeschütz ist unbedeutend und aus Eisen, wird mit glei- chen Streithaken und 6 Ctr und 6 DH für Feyerlichkeiten zurückbehalten.

Auszug aus: Staatsarchiv Nürnberg, Rep. 48 Landmarschkommissariat Nr. 642.

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