Nacht Und Nebel Filmkanon
filmkanon Nacht und Nebel Text des Kommentars aus NACHT UND NEBEL von Jean Cayrol, deutsche literarische Übersetzung von Paul Celan Auch ruhiges Land, Razzia in der französischen Provinz, auch ein Feld mit ein paar Raben drüber, mit Getreidehaufen und Großfahndung in Paris, Erntefeuern, Deportierung von Widerstandskämpfern: auch eine Straße für Fuhrwerke, Bauern und Liebespaare, die Masse der Festgenommenen, Mitgenommenen, Mitgekomme- auch ein kleiner Ferienort mit Jahrmarkt und Kirchturm nen tritt den Weg in die Lager an. kann zu einem Konzentrationslager hinführen. Die Züge sind vollgepfercht, verriegelt, Struthof, Oranienburg, Auschwitz, Ravensbrück, Dachau, Neu- hundert Verschleppte pro Waggon, engamme, Bergen-Belsen: kein Tag, keine Nacht, Hunger, Durst, Wahnsinn, Ersticken. das waren einmal Namen wie andre, Namen auf Landkarten und in Eine Botschaft – manchmal wird sie aufgelesen. Der Tod hält seine Reiseführern. erste Auslese. Eine zweite folgt am Bestimmungsort, bei Nacht und Nebel. Das Blut ist geronnen, die Münder sind verstummt, es ist nur eine Kamera, die jetzt diese Blocks besichtigen kommt. Ein eigentümli- Dieselbe Bahnstrecke heute: Tageslicht und Sonne. Langsam ches Grün bedeckt die müdegetretene Erde. schreitet man sie ab – auf der Suche wonach? Die Drähte sind nicht mehr elektrisch geladen. Kein Schritt mehr, Nach einer Spur der Leichen? nur der unsre. Oder nach den Fußstapfen der Auswaggonierten, die man mit Kolbenstößen zum Lager trieb, unter Hundegebell, von Schein- Neunzehnhundertdreiunddreißig, die Maschine setzt sich in Be- werfern angestrahlt, im Hintergrund den Flammenschein der wegung. Man braucht ein Volk ohne falsche Töne, Krematorien – in einer jener nächtlichen Inszenierungen, wie sie ohne innern Zwist. die SS so liebte… Man geht an die Arbeit. Ein erster Blick auf das Lager: Ein Konzentrationslager, das wird gebaut wie ein Stadion oder ein ein anderer Planet.
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