LÜGNER ODER ERZÄHLER? Gespräch Mit Dem Autor Kim Young-Ha in Berlin
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KULTUR KOREA ausgabe 1 / 2016 LÜGNER ODER ERZÄHLER? Gespräch mit dem Autor Kim Young-ha in Berlin KAFFEEKLATSCH IN SEOUL Über den Deutschen Club Seoul GESCHICHTE DER VORGETÄUSCHTEN UNSCHULD Eine Ausstellung von Kim Hyun Jung Coverbild: Vorgetäuschte Unschuld: du bewegst mich, 2013 von Kim Hyun Jung 86 x 61 cm © 김현정 All rights reserved EDITORIAL Impression von der Ausstellung Quiet Stare von Yook Keun Byung Liebe Leserinnen und Leser, Sommerzeit ist Reisezeit. Neben Sonnencreme und Badeanzug gehört für viele auch die richtige Reiselektüre in den Koffer. Wie wäre es beispielsweise mit einem Kriminalroman? „Sieben Jahre Nacht“ von Jeong Yu-jeong fesselt den Leser von der ersten bis zur letzten Seite mit einer ungewöhnlichen Kriminalgeschichte vor der Kulisse eines gespenstischen Stausees in einer entlege- nen Region Koreas. Oder mit einem finsteren Familiengeheimnis in dem Roman „Das verborgene Leben der Pflanzen“ von Lee Sung-U, den der Autor im März in der deutschen Hauptstadt vorstellte? Auch lernen Sie den erfolgreichsten koreanischen Schrift- steller seiner Generation, Kim Young-ha, kennen, der kürzlich im Literaturhaus Berlin über seine Arbeit gesprochen hat. Sein Roman „Schwarze Blume“ beispielsweise behandelt das wenig bekannte Thema der koreanischen Auswanderung nach Mexiko. Aber nicht jeder möchte seinen Urlaub mit Lesen zubringen. Die Aktivurlauber unter Ihnen würden wir gern zu einer Fahrradtour durch Korea anregen. Und wer statt Asphalt das Wasser bevorzugt, erfährt in „Raus und ab ins kühle Nass!“, wie und wo in Korea Abkühlung von der Sommerhitze zu finden ist. Wie lebt es sich als deutscher Expat in der Millionenmetropole Seoul? Wir stellen den Deutschen Club Seoul vor und berichten über ein Stück Heimat in der Fremde – von Kaffeeklatsch bis Abfahrtsskilauf. Falls Sie auf den Alltag in der südkoreanischen Met- ropole neugierig sind, können Sie sich über eine typische koreanische Wohnform oder über die Vorzüge des Seouler U-Bahn-Sys- tems informieren. Welche Rolle spielt der Islam im heutigen Korea? In dem Artikel „Der Halbmond über Itaewon“ lesen Sie, wie sich das alltägliche Nebeneinander der Religionen gestaltet. Und wenn Sie wissen möchten, wem die Modernisierung des Leipziger Hauptbahnhofs zu verdanken ist, werden Sie Näheres in dem Gespräch mit dem Architekten Prof. Duk-Kyu Ryang erfahren. Oder hätten Sie viel- leicht Lust auf etwas Süßes? Chi-Young Bang fertigt broschenähnliche biscuits in Paris. Darüber hinaus werfen wir noch einmal einen Blick zurück auf unterschiedlichste Kulturveranstaltungen, die im vergangenen halben Jahr vom Koreanischen Kulturzentrum durchgeführt wurden. Vor Kurzem ist die Ausstellung der jungen koreanischen Künstlerin Kim Hyun Jung zu Ende gegangen. Sie gilt als Shootingstar der Szene für traditionelle koreanische Malerei und hat mit ihren ungewöhnlichen Arbeiten - wie dem Titelbild dieser Ausgabe - für ein Revival des Genres gesorgt. Wir wünschen Ihnen einen schönen Sommer und wie immer viel Freude beim Lesen! Ihre Reaktion Kultur Korea Foto: Koreanisches Kulturzentrum Koreanisches Foto: KULTUR KOREA / 1 INHALTSVERZEICHNIS 1 EDITORIAL LITERATUR UND SPRACHE 4 Wenn Menschen lieber Bäume wären Über die Lesung mit Lee Sung-U aus dem Buch „Das verborgene Leben der Pflanzen“ Von Sören Kittel 6 Er säuft. Sie zankt. Sie sterben Ein ungewöhnlicher Kriminalroman aus Südkorea: „Sieben Jahre Nacht“ von Jeong Yu-jeong Rezension von Sylvia Staude 6-9 Leseprobe aus „Sieben Jahre Nacht“ Von Jeong Yu-jeong 10 Individualistisches Bewusstsein und Geschichte Ein Gesprächsabend mit dem Schriftsteller Kim Young-ha Von Dr. Kai Köhler 12 „Übersetzen ist eine hochintegrative Disziplin“ Interview mit dem Koreawissenschaftler Dr. Albrecht Huwe Von Gesine Stoyke GESELLSCHAFT 14 Der Islam in Korea Der Halbmond über Itaewon Von Hoo Nam Seelmann 16 Raus und ab ins kühle Nass!!! Von Anneliese Stern-Ko 18 Das EcoMobility World Festival in Suwon Interview mit Konrad Otto-Zimmermann, Ideengeber und Initiator des Festivals Von Gesine Stoyke 21 Mit dem Velo über Stadt und Land ans Meer Unterwegs mit dem Fahrrad in Südkorea Von Wolfram van Stephold 2 / KULTUR KOREA KALEIDOSKOP 43 Aus alt wird neu 23 Nach Jahrzehnten des Baubooms entdeckt Südkorea sein Kaffeeklatsch in Seoul architektonisches Erbe wieder Im Gespräch mit Annette Grund, Präsidentin des Von Fabian Kretschmer Deutschen Clubs Seoul Von Dr. Stefanie Grote MUSIK UND TANZ 25 45 Apartmentleben in der südkoreanischen Hauptstadt Ein neues Jahr, ein „neues“ Neujahrskonzert Von Sophie Bowman Das Neujahrskonzert der Botschaft der Republik Korea am 13. Januar in der Berliner Philharmonie 27 Von Matthias R. Entreß Mitfahren Über das U-Bahn-System in Seoul 47 Von Charles Usher Ein Körper voller Erinnerungen, oder kann man Intimität tanzen? 29 Hyoung-Min Kim zeigt zwei hochpoetische Soli So BANG! im Berliner DOCK11 Interview mit Chi-Young Bang, Herstellerin Von Thomas Schütt exklusiver biscuits in Paris Von Gesine Stoyke 49 Junger Meister misst sich mit Titanen der Klassik KUNST UND ARCHITEKTUR Sunwook Kim spielt Klaviermusik von Schubert, Beethoven und Mozart 31 Von Matthias R. Entreß Inspirationen des Erinnerns Über die Eröffnung der Ausstellung „Souvenirs aus Korea“ 51 im Koreanischen Kulturzentrum Gugak-Festival in 70 Minuten Von Dr. Stefanie Grote Das Ensemble Yangju Pungryu Akhoe auf Konzertreise durch Europa 33 Von Matthias R. Entreß Bildertagebuch des Zeitgeists Die „Geschichte der vorgetäuschten Unschuld” RÜCKBLICK IM BILD von Kim Hyun Jung im Koreanischen Kulturzentrum Von Dr. Miriam-Esther Owesle 53 Neulich im Koreanischen Kulturzentrum & anderswo... 36 Januar bis Juni 2016 „Sich an Altem orientieren und Neues schaffen“ Interview mit Rheem Misun, Kuratorin der Ausstellung IMPRESSUM „Korea NOW!“ in München Von Gesine Stoyke 60 38 „Architektur ohne Kunst gibt es nicht“ Im Gespräch mit dem Architekten Prof. Duk-Kyu Ryang Von Dr. Stefanie Grote 40 Die Welt auf weißem Grund Interview mit dem Maler Lee Daecheon über seine Ausstellung „Die Welt – Tracing Nature“ Von Gesine Stoyke KULTUR KOREA / 3 LITERATUR UND SPRACHE WENN MENSCHEN LIEBER BÄUME WÄREN Über die Lesung mit Lee Sung-U aus dem Buch „Das verborgene Leben der Pflanzen“ Von Sören Kittel ein, Lee Sung-U spricht nicht mit Pflanzen, und ja, er musste diese Frage schon ein paar Mal be- Nantworten. Das überlasse er lieber den Figuren in seinem Roman „Das verborgene Leben der Pflan- zen“. „Ihre Beziehungen zu Bäumen und Sträuchern“, sagt der Autor, „sollen zeigen, wie tief die Verbindung zwischen verschiedenen Lebewesen sein kann, auch die zwischen Menschen.“ Die Bäume in seinem Buch sind nicht Teil einer anderen Welt, sondern der der Menschen. Sie bedingen einander gegenseitig. „Und manchmal“, sagt er, „gibt es Menschen, die selbst gern Lee Sung-U (li), bei der Lesung in Berlin am 21. März 2016. Er studierte Theolo- ein Baum sein wollen.“ gie und lehrt neben seiner Arbeit als Schriftsteller Koreanische Literatur an der Universität von Chosun. In seiner Heimat erhielt er zahlreiche Preise, in Frankreich war er für den Prix Femina nominiert. Moderator Sören Kittel (re) war freier Passend dazu wurde, bevor am 21. März im Litera- Journalist in Südkorea und ist derzeit Redakteur der Funke-Mediengruppe in Berlin. turforum im Brecht-Haus Berlin überhaupt ein Wort gesprochen wurde, das Lied „Haunted Tree“ gespielt, des Anschließend betritt der bestens gelaunte Schriftsteller die berühmten Gayageum-Meisters Hwang Byungki. Lee Sung-U Bühne. Er hat eine weite Reise hinter sich, war gerade Gast auf ist nach Berlin gekommen, um seinen Roman über Pflanzen der Buchmesse in Paris – und hat ebenso einen bewegenden und Menschen in Deutschland vorzustellen. Rund 50 Gäste Lebenslauf vorzuweisen. Bevor er Autor wurde, studierte er sind gekommen, um mehr von dem in Südkorea bekannten Theologie und veröffentlichte nebenbei seinen ersten Roman Autoren zu erfahren. Dort ist der Roman schon vor 16 Jahren „Porträt des Erysichthon“, der ihm gleich seinen ersten Litera- erschienen. Gerade einmal zwei weitere seiner mehr als zehn turpreis garantierte. Danach begann er noch ein Aufbau-Stu- Bücher sind von dem renommierten Schriftsteller in Deutsch- dium an der renommierten Yonsei-Universität, brach dies land bisher übersetzt worden: „Die Rückseite des Lebens“ und dann aber ab. Auch die Beziehung zu seiner Mutter sei Zeit „Vermutungen über das Labyrinth“. In Frankreich gibt es einige seines Lebens schwierig gewesen, wie er einmal sagte. Das ist Werke mehr, die übersetzt wurden. eines der Themen, die ihn nie losgelassen haben. Das zweite ist die Theologie, deren Lehren sich immer wieder in seinen Das, so sagt Gesandter-Botschaftsrat Dr. Kwon Sehoon gleich Romanen spiegeln — so auch in „Das verborgene Leben der zu Beginn des Abends, liege auch daran, dass er in Frankreich Pflanzen.“ eine weitaus größere Leserschaft habe. Er würde sich freuen, wenn auch in Deutschland die koreanische Literatur mehr Der Roman beginnt jedoch mit einem sehr irdischen Problem: Beachtung finden würde. „Vielleicht ist dieser Besuch ja dafür Eine Mutter trägt ihren beinamputierten Sohn auf ihrem Rü- ein Anfang.“ Lee Sung-U kam auf Einladung des Koreanischen cken in ein Bordell, damit dieser dort jene Befriedigung findet, Kulturzentrums nach Berlin. Dessen Leiter Dr. Kwon hat es die ihm nur Frauen verschaffen können. Tut sie das nicht, be- sich unter anderem zur Aufgabe gemacht, die koreanische kommt er regelmäßig Anfälle, während der er die Einrichtung Literatur in Deutschland bekannter zu machen. In seiner der Wohnung zerstört. „Dann zerfetzt er seine Kleider,