Anton Graff Und Seine Heimatstadt Winterthur
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"Bi Gott! de Grof ka se guet môlä als de Schelleberg!" : Anton Graff und seine Heimatstadt Winterthur Autor(en): Joelson-Strohbach, Harry Objekttyp: Article Zeitschrift: Zeitschrift für schweizerische Archäologie und Kunstgeschichte = Revue suisse d'art et d'archéologie = Rivista svizzera d'arte e d'archeologia = Journal of Swiss archeology and art history Band (Jahr): 70 (2013) Heft 2 PDF erstellt am: 09.10.2021 Persistenter Link: http://doi.org/10.5169/seals-389720 Nutzungsbedingungen Die ETH-Bibliothek ist Anbieterin der digitalisierten Zeitschriften. Sie besitzt keine Urheberrechte an den Inhalten der Zeitschriften. Die Rechte liegen in der Regel bei den Herausgebern. Die auf der Plattform e-periodica veröffentlichten Dokumente stehen für nicht-kommerzielle Zwecke in Lehre und Forschung sowie für die private Nutzung frei zur Verfügung. 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Ein Dienst der ETH-Bibliothek ETH Zürich, Rämistrasse 101, 8092 Zürich, Schweiz, www.library.ethz.ch http://www.e-periodica.ch «Bi Gott! de Grof ka se guet mòla als de Schelleberg!» Anton Graff und seine Heimatstadt Winterthur von Harry Joelson-Strohbach1 Winterthur ist heute eine mittelgrosse Schweizer Stadt Graff-Saal genannten Raum im Kunstmuseum Winterthur mit über 106000 Einwohnerinnen und Einwohnern: sind heute vorwiegend Nachimpressionisten (Abb. 1) die meisten davon kennen den Namen Anton ausgestellt. Doch nicht nur die Bildsprache und Graff nur aufgrund der Anton Graff-Strasse in Waldesnähe Darstellungsweise Graffs sind für etliche Betrachtende heute und des 1969 als Sulzer Werkschule und Kantine nicht modern genug; auch die damals gesprochene und erbaute Anton-Graff-Hauses, das heute der geschriebene Sprache ist für viele kaum mehr verständlich, Berufsbildungsschule zur Verfügung steht. Während vor wie ein Blick auf die erste biografische Skizze von einem Jahrhundert Graffs Porträts in vielen Winter- Hans Heinrich Heidegger 1768 (Abb. 2) verdeutlicht.2 thurer Villen zu sehen waren, hat sich der ästhetische Schon die Schreibweise und Aussprache des Namens Geschmack im Laufe der Zeit geändert. Im einst Anton bereiten Mühe. ' >.<j.'c;'^TVl^ ; >-v. r — x Ultra „3&BSSAM y AAt a '^-.«¦i•k 7RA a ,-: 'JJ"Ai i r/ 7 / l'ili« B"*1 mmmAAwmÀ' wft^m^ i H „M,ti-Htt# '¦ ¦ ^^^4^^,1,1,,,,;,,Z' ¦ 7A--Vir A ¦'. -m-mmaut ~w~*«» ~Hl, 'A S ^rinrfT?* JkÄ£r y*k stv W\ 77 «f w^w*» 4iyC1' « -¦ z *S Ä «."Is* !-'>>>j¦ A Abb. 1 Stadt Winterthur, Blick vom Heiligberg, anonym. Feder auf Papier, 10,4 X 17,8cm (Bild), 20,8 X 36,0cm (Blatt), in: Johann Friedrich Meyss, Lexicon Graphico Heraldo-Stemmatographicum urbis et agri tigurini, Bd. 7, 1743. Zentralbibliothek Zürich, Ms E 59, vor S. 615. ZAK, Band 70, Heft 2 123 t. euu J.. ;iÎ.-qaû " ^fc^e^ ^ËjtijV'y^ JUt «Ai«. «~~4 '4-J A» jCjJyv^A (vAaîc*^. ^ÏC^«M3 «"~ Af J>f oCSLvCjlf- »*-,-»• i» V^V\ ^~ "^* vszù- Ol: *. 1 'ÖL X W " :^± » • J ^Î^D J- cCïLy J:^ 1 ^^-.-ÄC^-'ijärLû^.'o.J -js»fl—:i:W^. 2LBT,é ft- ÎQJIf) Ë^(^ r y ^ K JX ^•#tJ 6 ' 3a â 1 r^o^DjL ^'"îJriL. \Q?^VV \» 1*.'^^ • 9 "f JC Jï UJ ^v^H- m ^% Abb. 2 Hans Heinrich Heidegger an Anton Graff, 3. Dezember 1768, Anfang der biografischen Skizze. Zentralbibliothek Zürich, Ms Briefe, Heidegger. 124 /.AK. Bund 70. Heft 2/2013 Graff, Graf, Graaf oder Graaff? Das Donatorenbuch der alten Bürgerbibliothek Winterthur verzeichnet alle Geschenke an die 1660 gegründete mit Im Gegensatz etwa zu Italien und Frankreich, wo die Bibliothek entsprechenden Familienwappen Accademia della Crusca und die Académie Française der Schenkenden (Abb.3). Hier finden sich die Namen bereits früh für eine Normierung der Rechtschreibung Gebhart, Anthonj, Caspar, Rudolff und Hans Fleinrich Ländern Matheus und Anthoni und zuletzt die gesorgt hatten, brachten in den deutschsprachigen Graaff, Graff Adelung in erst die Wörterbücher von Johann Christoph folgende Eintragung: «Herr Anton Graf Maler Dresden den 29 Juni 1797. das ihm (seit 1774) und der Brüder Jakob und Wilhelm verehrt von unübertrefflich einheitliche und höchst ähnliche Portrait des sei. sehr Grimm (ab 1854) die Voraussetzungen für eine gemalte verdienten Professor Sulzer der deutsche Rechtschreibung, die durch die orthografi- und berühmten mit Bitte standardisiert solches als ein Zeichen der und Liebe seine schen Konferenzen von 1876 und 1901 offiziell Achtung an wurde. Auch für Namen existierte keine «richtige» Vaterstadt aufzunehmen. M[eine] G[nädigen] H[erren] nahmen dieses kostbare Geschenk mit Schreibweise, und so taucht der Name des Künstlers in einstimmiger verschiedenen Schreibvarianten auf. Insbesondere die Freyde an und erkannten: das Portrait soll als ein dau- auf Verdoppelung des Buchstaben F ist noch im 18. rendes Denkmahl uns. Bürgerbibliothek aufgestellt und dem vortrefflichen und bescheidenen Künstler der Jahrhundert vielfach belegt: Freündschafft, auff, begreiffen, Beifall werden nebst darff, dürffen, Eiffer, Geschafft, helffen, Kauffmann, obrigk. Dank & zugesichert der Ruff, Schlaff, Schrifften und viele mehr. Äußerung der lebhaftesten Freude einen so ausgezeichneten Mann unter unsern Bürgern zu zählen.»3 Im Taufregister der Winterthurer Stadtkirche steht am I 20. November 1736 eindeutig geschrieben:4 «Anthonj» als Sohn von «Hs Virich Graff Zinngießer» und «Fr i Anna Barbara Boller»,5 mit «Hs Rudolff Studer» und «Fr Anna Ziegler» als Taufpaten, während in der Winterthurer Eheproklamation von 1771 unser Künstler «Antonius Graaff» heisst/' Obwohl man die verschiedensten ".'... Schreibvarianten in Briefen an ihn findet, unterzeichnet er seine eigenen Briefe konsequent mit «A. Graff» oder «Anton Graff». Es ist nicht auszuschliessen, dass er bereits in jungen Jahren «Graff» zu schreiben begonnen hat, um Verwechslungen mit seinem Onkel, dem Kupferschmied Anton Graf, zu vermeiden. Auch in zeitgenössischen Drucken findet man keine einheitliche Schreibform. So schrieb Johann Caspar Füssli 1770 in -• 9f* seiner Geschichte der besten Künstler in der Schweitz über «Anton Graf», doch der das Kapitel einleitende Kupferstich Johann Rudolf Schellenbergs ist beschriftet W **np- i*") ' SU itw^ft 9rf • tv, $. _ r S I _ • BÈ« y. mìu U*A> I Hl ¦»»WA., ly^a^io.i;.!...,^,,.,»..'.,,.,«,:»... / O" f* Graffs Geburtshaus in der Abb.3 Wappen der Familie Graaff, anonym. Feder und Abb.4 Anton Winterthurer Aquarell, in: Donatorenbuch der Bürgerbibliothek Winterthur. Altstadt, Untertor Nr. 8, Aufnahme um 1890. Winterthurer Winterthurer Bibliotheken, Studienbibliothek, Ms fol 222. Bibliotheken, Studienbibliothek. ZAK, Band 70, Heft 2/2013 125 ••<', '» -w- "t^G^Ai Abb.5 Pfarrer Johann Jakob Däniker, der Schwager des Abb. 6 Susanne Däniker-Graf, die Schwester des Künstlers, Künstlers, von Anton Graff, 1810. Öl auf Leinwand, 52 X 40cm. von Anton Graff, 1810. Öl auf Leinwand, 52 X 40cm. Winterthur, Winterthur, Privatbesitz. Privatbesitz. mit ANTONIVS GRAFF.7 Die naheliegende Schlussfolgerung, Anna Barbara Boller (1697-1744) geheiratet, die ihm dass der Maler den Vokal selber kurz ausgesprochen neun Kinder gebar, von denen fünf das Säuglingsalter hat, ist nicht gerechtfertigt: einerseits verweist die überlebten. Man spricht bisweilen vom Kinderreichtum Schreibweise Graaf auf eine gegenteilige Aussprache; jener Epoche, doch waren damals die Überlebenschancen zudem beweist die obige Liste der Doppel-f-Anwendun- dergestalt, dass Anton eigentlich nur vier Geschwister gen, dass ein verdoppelter Konsonant den vorangehenden wahrgenommen hat, drei Schwestern und einen Bruder. Vokal damals nicht a priori verkürzte. Als er fünfjährig war, wohnten neun Personen im Haus: die Grossmutter, die siebenköpfige Familie seiner Eltern und sein noch lediger Onkel. Das war damals in Herkunft und Familie Winterthur nicht unüblich: 1766 wohnten durchschnittlich sieben Personen in einem Haus.10 Die Enge dieses Obschon die Familie Graf seit 1350 in Winterthur bezeugt Hauses war vermutlich prägend für Anton, der als ist, lassen sich Anton Graffs Vorfahren väterlicherseits arrivierter Maler in Dresden für Familie und Atelier nur ein nur bis ins 16. Jahrhundert zurückverfolgen. Urahn war Stockwerk beansprucht hat." Antons Urururgrossvater, der Weber Hans Jacob Graf, Prägend war gewiss auch der frühe Verlust der Mutter, der zirka 1560 geboren wurde. Schon der Urgrossvater denn diese verstarb bereits 1744, fünf Tage vor hatte den Berufeines «Kantengießers» (d.h. eines Kan- seinem achten Geburtstag. Vermutlich haben in der Folge nengiessers) ergriffen, und die nachfolgenden Generationen die Grossmutter und die sieben Jahre ältere Schwester waren alle als Zinngiesser bekannt. Daneben Susanna bei der Kindererziehung geholfen, denn Antons übernahmen die Männer bisweilen auch städtische Onkel heiratete erst 1746. Pflichten. Grossvater Antoni Graf-Schellenberg (1662- Der einzige Bruder Anton Graffs, der das Säuglingsalter 1726)8 war Obmann, Grossrat und Weinschätzer. Seine überlebte,