"Bi Gott! de Grof ka se guet môlä als de Schelleberg!" : Anton Graff und seine Heimatstadt

Autor(en): Joelson-Strohbach, Harry

Objekttyp: Article

Zeitschrift: Zeitschrift für schweizerische Archäologie und Kunstgeschichte = Revue suisse d'art et d'archéologie = Rivista svizzera d'arte e d'archeologia = Journal of Swiss archeology and art history

Band (Jahr): 70 (2013)

Heft 2

PDF erstellt am: 09.10.2021

Persistenter Link: http://doi.org/10.5169/seals-389720

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http://www.e-periodica.ch «Bi Gott! de Grof ka se guet mòla als de Schelleberg!» Anton Graff und seine Heimatstadt Winterthur

von Harry Joelson-Strohbach1

Winterthur ist heute eine mittelgrosse Schweizer Stadt Graff-Saal genannten Raum im Kunstmuseum Winterthur mit über 106000 Einwohnerinnen und Einwohnern: sind heute vorwiegend Nachimpressionisten (Abb. 1) die meisten davon kennen den Namen Anton ausgestellt. Doch nicht nur die Bildsprache und Graff nur aufgrund der Anton Graff-Strasse in Waldesnähe Darstellungsweise Graffs sind für etliche Betrachtende heute und des 1969 als Sulzer Werkschule und Kantine nicht modern genug; auch die damals gesprochene und erbaute Anton-Graff-Hauses, das heute der geschriebene Sprache ist für viele kaum mehr verständlich, Berufsbildungsschule zur Verfügung steht. Während vor wie ein Blick auf die erste biografische Skizze von einem Jahrhundert Graffs Porträts in vielen Winter- Hans Heinrich Heidegger 1768 (Abb. 2) verdeutlicht.2 thurer Villen zu sehen waren, hat sich der ästhetische Schon die Schreibweise und Aussprache des Namens Geschmack im Laufe der Zeit geändert. Im einst Anton bereiten Mühe.

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Abb. 1 Stadt Winterthur, Blick vom Heiligberg, anonym. Feder auf Papier, 10,4 X 17,8cm (Bild), 20,8 X 36,0cm (Blatt), in: Johann Friedrich Meyss, Lexicon Graphico Heraldo-Stemmatographicum urbis et agri tigurini, Bd. 7, 1743. Zentralbibliothek Zürich, Ms E 59, vor S. 615.

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Abb. 2 Hans Heinrich Heidegger an Anton Graff, 3. Dezember 1768, Anfang der biografischen Skizze. Zentralbibliothek Zürich, Ms Briefe, Heidegger.

124 /.AK. Bund 70. Heft 2/2013 Graff, Graf, Graaf oder Graaff? Das Donatorenbuch der alten Bürgerbibliothek Winterthur verzeichnet alle Geschenke an die 1660 gegründete mit Im Gegensatz etwa zu Italien und Frankreich, wo die Bibliothek entsprechenden Familienwappen Accademia della Crusca und die Académie Française der Schenkenden (Abb.3). Hier finden sich die Namen bereits früh für eine Normierung der Rechtschreibung Gebhart, Anthonj, Caspar, Rudolff und Hans Fleinrich Ländern Matheus und Anthoni und zuletzt die gesorgt hatten, brachten in den deutschsprachigen Graaff, Graff Adelung in erst die Wörterbücher von Johann Christoph folgende Eintragung: «Herr Anton Graf Maler den 29 Juni 1797. das ihm (seit 1774) und der Brüder Jakob und Wilhelm verehrt von unübertrefflich einheitliche und höchst ähnliche Portrait des sei. sehr Grimm (ab 1854) die Voraussetzungen für eine gemalte verdienten Professor Sulzer der deutsche Rechtschreibung, die durch die orthografi- und berühmten mit Bitte standardisiert solches als ein Zeichen der und Liebe seine schen Konferenzen von 1876 und 1901 offiziell Achtung an wurde. Auch für Namen existierte keine «richtige» Vaterstadt aufzunehmen. M[eine] G[nädigen] H[erren] nahmen dieses kostbare Geschenk mit Schreibweise, und so taucht der Name des Künstlers in einstimmiger verschiedenen Schreibvarianten auf. Insbesondere die Freyde an und erkannten: das Portrait soll als ein dau- auf Verdoppelung des Buchstaben F ist noch im 18. rendes Denkmahl uns. Bürgerbibliothek aufgestellt und dem vortrefflichen und bescheidenen Künstler der Jahrhundert vielfach belegt: Freündschafft, auff, begreiffen, Beifall werden nebst darff, dürffen, Eiffer, Geschafft, helffen, Kauffmann, obrigk. Dank & zugesichert der Ruff, Schlaff, Schrifften und viele mehr. Äußerung der lebhaftesten Freude einen so ausgezeichneten Mann unter unsern Bürgern zu zählen.»3 Im Taufregister der Winterthurer Stadtkirche steht am I 20. November 1736 eindeutig geschrieben:4 «Anthonj» als Sohn von «Hs Virich Graff Zinngießer» und «Fr i Anna Barbara Boller»,5 mit «Hs Rudolff Studer» und «Fr Anna Ziegler» als Taufpaten, während in der Winterthurer Eheproklamation von 1771 unser Künstler «Antonius Graaff» heisst/' Obwohl man die verschiedensten ".'... Schreibvarianten in Briefen an ihn findet, unterzeichnet er seine eigenen Briefe konsequent mit «A. Graff» oder «Anton Graff». Es ist nicht auszuschliessen, dass er bereits in jungen Jahren «Graff» zu schreiben begonnen hat, um Verwechslungen mit seinem Onkel, dem Kupferschmied Anton Graf, zu vermeiden. Auch in zeitgenössischen Drucken findet man keine einheitliche Schreibform. So schrieb Johann Caspar Füssli 1770 in -• 9f* seiner Geschichte der besten Künstler in der Schweitz über «Anton Graf», doch der das Kapitel einleitende Kupferstich Johann Rudolf Schellenbergs ist beschriftet W **np- i*") '

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Graffs Geburtshaus in der Abb.3 Wappen der Familie Graaff, anonym. Feder und Abb.4 Anton Winterthurer Aquarell, in: Donatorenbuch der Bürgerbibliothek Winterthur. Altstadt, Untertor Nr. 8, Aufnahme um 1890. Winterthurer Winterthurer Bibliotheken, Studienbibliothek, Ms fol 222. Bibliotheken, Studienbibliothek.

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Abb.5 Pfarrer Johann Jakob Däniker, der Schwager des Abb. 6 Susanne Däniker-Graf, die Schwester des Künstlers, Künstlers, von Anton Graff, 1810. Öl auf Leinwand, 52 X 40cm. von Anton Graff, 1810. Öl auf Leinwand, 52 X 40cm. Winterthur, Winterthur, Privatbesitz. Privatbesitz. mit ANTONIVS GRAFF.7 Die naheliegende Schlussfolgerung, Anna Barbara Boller (1697-1744) geheiratet, die ihm dass der Maler den Vokal selber kurz ausgesprochen neun Kinder gebar, von denen fünf das Säuglingsalter hat, ist nicht gerechtfertigt: einerseits verweist die überlebten. Man spricht bisweilen vom Kinderreichtum Schreibweise Graaf auf eine gegenteilige Aussprache; jener Epoche, doch waren damals die Überlebenschancen zudem beweist die obige Liste der Doppel-f-Anwendun- dergestalt, dass Anton eigentlich nur vier Geschwister gen, dass ein verdoppelter Konsonant den vorangehenden wahrgenommen hat, drei Schwestern und einen Bruder. Vokal damals nicht a priori verkürzte. Als er fünfjährig war, wohnten neun Personen im Haus: die Grossmutter, die siebenköpfige Familie seiner Eltern und sein noch lediger Onkel. Das war damals in Herkunft und Familie Winterthur nicht unüblich: 1766 wohnten durchschnittlich sieben Personen in einem Haus.10 Die Enge dieses Obschon die Familie Graf seit 1350 in Winterthur bezeugt Hauses war vermutlich prägend für Anton, der als ist, lassen sich Anton Graffs Vorfahren väterlicherseits arrivierter Maler in Dresden für Familie und Atelier nur ein nur bis ins 16. Jahrhundert zurückverfolgen. Urahn war Stockwerk beansprucht hat." Antons Urururgrossvater, der Weber Hans Jacob Graf, Prägend war gewiss auch der frühe Verlust der Mutter, der zirka 1560 geboren wurde. Schon der Urgrossvater denn diese verstarb bereits 1744, fünf Tage vor hatte den Berufeines «Kantengießers» (d.h. eines Kan- seinem achten Geburtstag. Vermutlich haben in der Folge nengiessers) ergriffen, und die nachfolgenden Generationen die Grossmutter und die sieben Jahre ältere Schwester waren alle als Zinngiesser bekannt. Daneben Susanna bei der Kindererziehung geholfen, denn Antons übernahmen die Männer bisweilen auch städtische Onkel heiratete erst 1746. Pflichten. Grossvater Antoni Graf-Schellenberg (1662- Der einzige Bruder Anton Graffs, der das Säuglingsalter 1726)8 war Obmann, Grossrat und Weinschätzer. Seine überlebte, war das jüngste Kind seiner Eltern, der Gattin, Veritas Graf-Schellenberg (1671-1751), brachte viereinhalb Jahre jüngere Hans Rudolf Graf (1741-1796), neun Kinder zur Welt, von denen sich fünf als lebensfähig der die Familientradition weiterführte und Zinngiesser erwiesen. Die zwei Söhne, Hans Ulrich Graf-Boiler wurde und später auch das Amt eines Obmanns bekleidete. (1697-1767) und der Onkel Anton Graf (1700-1782),9 Zwar ist keine Korrespondenz der beiden Brüder verblieben mit ihren Familien im Haus Nr. 313 am Unterthor erhalten, doch muss es eine solche gegeben haben.12 Aus (später Unterthorgasse 8, heute Untertor 8), wo Briefen Salomon Gessners und Johann Georg Sulzers geht früher der Ofenbauer Hans Heinrich Pfau gewirkt hatte hervor, dass die Beziehung herzlich gewesen sein muss: (Abb. 4). Anton Graffs Vater hatte 1727 die Zürcherin Hans Rudolf Graf hat Bezahlungen für Gemälde entge-

126 ZAK. Hund 70. Heft 2/2013 gengenommen,1-1 das Schweizer Vermögen seines Bruders verwaltet und den Bruder mit eigenem Wein beliefert.14 *r Von seinen neun Kindern wuchs nur Anna Cathrina auf, bei deren Taufe am 24. Mai 1767 «Anton Graf, Mahler» die Würde des Paten in absentia übernommen hatte. Anna Cathrina wurde ein langes Leben beschieden. Die Nachkommenschaft aus ihrer Ehe mit dem Kaufmann Johann Jacob Rieter (1766-1811) gedeiht noch heute. Die ältere Schwester Susanna (1729-1815) war seit 1761 mit dem Theologen Johann Jacob Däniker (1730- 1793) vermählt. Däniker wurde 1754 ordiniert und war zunächst 1757 Vikar in Herrliberg, dann 1757 in Dorf, wo er 1762 zum Pfarrer gewählt wurde. Die Hochzeit hatte am Ort seines Wirkens, in Dorf bei Andelfingen nordwestlich von Winterthur, stattgefunden. 1775 wurde er Pfarrer in Veitheim bei Winterthur. Susannas und Johann Jacob Dänikers zwei Töchter heirateten beide nach Winterthur. Unter den vielen bedeutenden Nachfahren der älteren Tochter Anna Maria Rieter-Däniker (1763-1841) figurieren Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Politik und Kultur.15 Graff hat Schwester wie Schwager 5 und die Verbindungen seines porträtiert (Abb. und 6) Abb. 7 Johann Ulrich Schellenberg, von Anton Graff, 1765/66. sich Schwiegervaters Johann Georg Sulzer genutzt, um Öl auf Leinwand, 52 X 39cm. Winterthur, Museum Oskar Reinhart, im Herbst 1774 für Däniker einzusetzen.16 Als Pfarrer Depositum der Gottfried Keller-Stiftung. Bruder in Dorf segnete dieser die Ehen von Anton Graffs Hans Rudolf Graf mit Anna Cathrina Büchi von Die Schule in Winterthur bestand Veitheim 1764 und 1766 der jüngsten Schwester Veritas grundsätzlich aus einer Unterstufe, «Deutsche und (1738-1795) mit Jacob Rieter (1745-1810) ein. genannt Schule», einer Oberstufe, die seit der Die zweite Schwester Anna Barbara (1732-1800) hatte neuen Schulordnung der Stadt Winterthur ab 1664 nicht mehr Lateinschule, sondern bereits 1758 den Metzger Antonius Forrer (1710-1777) hiess. Die Deutsche Schule bestand geheiratet; die beiden wohnten an der Obergass. Zwei nun Gymnasium aus einer einzigen Klasse, zusätzlich Jahre nach dem Tod des Gatten vermählte sie sich mit wo zu Lesen, Schreiben ebenfalls und Rechnen noch Geschichte und Physik unterrichtet dem Witwer Hans Kaspar Knus (1736-1802), der wurden. Je nach Begabung dauerte sie ein bis zwei Jahre Metzger war. Beide Ehen blieben kinderlos. oder auch länger. Die jüngere Schwester Veritas war mit dem Tuchsche- Das dauerte fünf Jahre, bestand drei rer Jacob Rieter verheiratet; sie wohnten in der Nähe Gymnasium aus Klassen und fand fünf Stunden täglich statt, wobei der ihres Geburtshauses am Untertor. Die fünf Kinder aus Donnerstag- und Samstagnachmittag unterrichtsfrei dieser Ehe, drei Töchter und zwei Söhne, sorgten für Gelehrt wurden die Fächer eine reiche Nachkommenschaft.17 Hinweise auf irgendwelche waren. Religion, Sittenlehre, Kirchengesang, Latein und Griechisch. Ab der 3. Klasse Porträts der zwei jüngeren Schwestern fehlen.1" durften die Schüler nur noch Latein sprechen. Wer einen praktischen Beruf erlernte, verliess die Schule.20 Das Winterthurer an der Schule und Lehrzeit Schulgebäude Steinberggasse 13, die bis 1904 Hintergasse hiess, besteht seit 1586. Es bis 1842 1852, als die Knaben- Die Stadt Winterthur im Kanton Zürich war im 18. diente respektive beziehungsweise die Mädchenschule eingeweiht wurden, doch Jahrhundert Heimat für rund 3000 Einwohnerinnen und das Haus noch heute. Die Fresken der Einwohner.19 Handel und Gewerbe florierten. Zwar steht einstigen enthalten und die war die Blütezeit der Uhrmacherfamilie Liechti und Schulstube Sinnsprüche Grundlagen der das heisst die Namen der Tonstufen.21 der Hafnerfamilie Pfau, die mit ihren Uhren und Öfen Musiknotation, bis die Hintergasse Winterthur auch im Ausland bekannt gemacht hatten, Graffs Schulweg vom Untertor an war ein Weg von fünf Minuten. vorbei, doch sorgte eine fleissige Bürgerschaft weiterhin Aus Hans Heinrich Heideggers für einen gewissen Wohlstand. Einem aufwachsenden Lebensbeschreibung und auch Graffs Skizze wissen Kind wird dies indessen weniger bewusst gewesen sein. aus autobiografischer die Schule Sofern seine Grundbedürfnisse erfüllt werden konnten, wir, dass der spätere Maler nicht gemocht hat. nicht seiner war die Schule die Hauptbeschäftigung eines jungen Er stand allein mit Abneigung, hatte doch Menschen. sein Schwiegervater, der in tätige Winterthurer

127 ZAK, Band 70, Heft 2/2013 stt&NTiyj

Zeichen- und Malschule Johann Ulrich Schellenbergs (Abb. 7) einzutreten, wo er drei Jahre blieb. Schellenberg besass eine ansehnliche Sammlung von Gemälden, Zeichnungen und Gipsmodellen, die als Anschauungsmaterial diente. Füssli schrieb über die Lehre bei Schellenberg: «Man hätte auch keine bessere Wahl treffen können; denn neben dem schönen Vorrath von Kunstsachen verstuhnd er auch die Theorie, einen Mahler v jungen zu bilden. Er hatte ein redliches und Menschen liebendes Herz, und nahm den Knaben als sein eigen Kind auf. Bey einer solchen Anführung entwickelte sich seine Fähigkeit geschwinde, und kam fast dem Unterricht zuvor.»2-1 Der vor allem als Radierer und Kupferstecher bekannte Schellenberg hatte unter anderem in beim Kupferstecher Johann Jakob Haid gelernt, der 1756 den von Schellenberg empfohlenen Graff empfangen, beherbergen und für die ersten ausländischen Beziehungen sorgen würde. In der Malschule entstand die Freundschaft zu Schellenbergs Sohn Johann Rudolf, der später ein bedeutender Buchillustrator werden sollte:24 dessen exquisiter Totentanz Freund Heins Erscheinungen in Holbeins Manier" enthält die Abb. 8 Johann Rudolf Schellenberg, «Schulvisitation», in: Darstellung einer Knabenschule, in welcher die Abneigung Johann Karl August Musäus (Text) / Johann Rudolf gegenüber der Schule mit Schadenfreude zum Ausdruck Schellenberg (111.), Freund Jlein.s Erscheinungen in Holbeins gebracht wird: der Tod tritt als Visitator zur Tür unter Winterthur 1785. Manier, dem Schild «Silentium» ein, um vor den Augen der entsetzten Knaben den gefassten Lehrer zu holen (Abb. 8). Später schuf Schellenberg, der naturwissenschaftlich Philosoph Johann Georg Sulzer, am gleichen Ort ebenfalls interessiert war, mehrere Tausend Insektenaquarelle schlechte Erfahrungen gesammelt: nach der Natur.26 «Dabey empfand ich nur sehr schwachen Trieb zu den Während Graffs Lehrzeit entstanden die ersten erhaltenen Schulstudienf,] die ich treiben mußte und die mit mir Porträts, zunächst wohl 1754 ein erstaunlich gelungenes auf eine Art getrieben wurden, die mir alles widrig und Selbstbildnis (Abb. 9) und ein Porträt des abgeschmackt machte, so, daß ich nicht anders als aus Bruders.27 Es folgte 1755 ein Bildnis des Vaters, den es mit Zwange lernte. berechtigtem Stolz erfüllt haben dürfte, sich von seinem Allein dies war die Schuld der damaligen schlechten 19-jährigen Sohn malen zu lassen.28 Lehrart unsrer Schulen, nach der man nichts als Zu dieser Gruppe gehört vielleicht ein kleines, nur unverständliche Wörter ohne Begriffe in den Kopf bekam. Ich 18X13cm messendes Gemälde im Kunsthaus Zürich, erinnere mich noch ganz deutlich, daß ich in keiner das um 1753/54 entstanden sein soll (Abb. IO).29 Stimmt einzigen Schulstunde die geringste Aufmerksamkeit hatte, diese Einschätzung, so handelt es sich dabei neben dem außer denen, in welchen unser Rektor uns die ersten genannten Selbstbildnis um das älteste bekannte Porträt Begriffe von der allgemeinen Erdbeschreibung, von der aus der Hand Graffs. Technisch stellt das Bild eine Figur und Größe der Erde und was dahin einschlägt, Ausnahme dar. Während die meisten Ölporträts auf Leinwand gab; alle andre Stunden, ohne Ausnahme, waren mir gemalt sind, wurde hier Holz als Bildträger zum Ekel. verwendet.30 Die kryptische Bezeichnung auf dem Rücken [...] Wären also die Erziehungsanstalten damalfs] des Gemäldes: «Mein lieber Schwager / Johannes besser gewesen, so würde ich ohne Zweifel auch mehr Vögeli / berühmter Zimmermeister / in Zürich / gemalt gelernt haben.»22 von Anton Graff» hat zur irrigen Annahme geführt, es Da Anton Graff von der öffentlichen Schule wenig handle sich beim Dargestellten um Graffs Schwager. profitiert hatte, war er glücklich, als er diese 1753 mit siebzehn Indessen stammt die Inschrift nicht von Graff selber: Jahren verlassen konnte, um in die 1752 eröffnete Vögeli muss der Schwager des Schreibers beziehungs-

Abb. 9 Selbstporträt 1754, Öl auf Leinwand auf Karton marufliert, 37,5 X 29,0 cm, rückseitig bezeichnet: «Anton Graff im Alter von siebzehn Jahren». Kunstmuseum Winterthur.

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weise des einstigen Besitzers gewesen sein.31 Zudem war keine Schwester Graffs mit einem Johannes Vögeli «• verheiratet, und deren Eheschliessungen sind ohnehin erst 1761, 1758 und 1766 erfolgt. In Zürich ist jedoch kein Zimmermeister Johannes Vögeli oder Vögelin um 1754 verzeichnet.32 Später gab es den Zimmermeister Johann Caspar Vögeli (1742-1795), der dafür bekannt ist, dass er 1780 den massgeblichen Vorschlag für den Neubau der Grossmünstertürme im neugotischen Stil eingereicht hat.33 Sollte das von Waser, Berckenhagen II und dem des Gesamtkatalog Kunsthauses vermutete Entstehungsdatum 1753/54 für Graffs Porträt revidiert werden? Gewiss passt das in der Schulterpartie unbeholfen gemalte Bildnis eher in die Lehrzeit, doch entspräche eine Entstehung während Graffs Zürcher Aufenthalts im Herbst 1765, als Johann Caspar Vögeli 23-jährig war, dem damaligen Alter des nachmalig «berühmten Zimmermeisters».

Schultheissenporträts

Ehe es in Winterthur eine eigene Kunstsammlung gab, Abb. 10 Johannes Vögeli. von Anton Graff. Öl auf Holz. hatte die Bürgerbibliothek seit 1665 die Aufgabe, 18 X 13cm. Kunsthaus Zürich. Porträts zu sammeln, die in den Bibliotheksräumen aus- ^*

DI D ¦— Heimweh

Nachdem Anton Graff 1756 sein Vaterland verlassen hatte, war er nur fünfmal zurückgekehrt: 1765, 1781, 1786, 1796 und 1810. Bei Ulrich Hegner ist diesbezüglich zu lesen: «Sein liebster Weg aber ging ins ferne Vaterland, für welches ihn seine Anhänglichkeit nie verließ. Die weite Entfernung gestattet ihm freylich nicht, die Reise so oft zu machen, als er gewünscht hätte; war aber einmal der Entschluß gefaßt, und der Urlaub erhalten, von dem Augenblick an wurde seine Sehnsucht ordentliches Heimweh. [...] Und wenn er dann daheim war, so fand er an allem, selbst an der Langeweile, wie einer seiner Freunde sagte, Freude, gab sich der Geselligkeit hin, malte seine Bilder wohlfeiler, und verzögerte seine Abreise immer so lang er konnte.»38 Schweizer gelten nicht als Meister des Wortes, und sie verbergen ihre Emotionen oft. Bisweilen wurden diese in Verse gefasst. Zwei erhaltene Gedichte, von Johann Leinwand, Abb. 12 Salomon Hegner, von Anton Graff. Öl auf Rudolf Schellenberg und vom Pfarrer Johann Wilhelm 108,5 X 87,5cm. Winterthur, Rathaus. Veith, thematisieren die weite Distanz Dresdens.39

Johann Rudolf gestellt wurden.34 In erster Linie sind die Schultheis- Schellenberg: im An Anton senporträts zu nennen, die zunächst die Bibliothek Graff Rathaus und ab 1842 die neue Bibliothek im ersten Stock sie des Knabenschulhauses schmückten, bis der Anton Du zählst nicht, die Seufzer, Die ich nach dir, Freund, sende, Graff-Saal im neuen, 1916 eröffneten Kunstmuseum So als viele Gemälde Graffs im öffentlichen Besitz vereinigen wenig du zählest Den Sand am Meeresstrande. konnte (Abb. 11 ).3S Für die Bibliothek hat Graff zwischen 1765 und 1796 Doch was soll all mein Seufzen? fünf Schultheissen porträtiert: Hans Ulrich Hegner Denn viele lange Meilen die mich (1718-1786), Johannes Sulzer (1705-1796), Elias Bider- Sind's, von dir scheiden. und Nach dem ich seufze. mann (1731-1788), Christoph Ziegler (1734-1808) täglich Ach eilet doch seinen Freund Salomon Hegner zum Egli (1744-1800) ihr Stunden nicht Und aufschnellen (Abb. 12). Die Bedeutung dieser Aufträge darf bringt Flügeln unterschätzt werden, denn Graft" hatte bereits in den Den Freund, den ich ersehne. frühen Jahren seines Wirkens in Dresden genug zu Ich zähle hier die Stunden Wie du Dukaten tun. Es dürfte ihm dennoch Freude bereitet haben, so zählest, Die dein prominent in seiner Vaterstadt ausgestellt zu werden. dir Zauberpinsel In deinen Beutel Fast beiläufig erwähnt er in seiner autobiografischen locket; Doch eben die Skizze im Zusammenhang mit seiner entscheidenden Dukaten, Reise in die Heimat 1765: «In Winterthur malte ich den Die leidigen Dukaten nachher Die sind die alten Schultheiß Hegner für die Bibliothek, ging es, so lange entfernen. nach Zürich und suchte Herrn Heidegger auf, der Von dir mich, Freund, du noch mich mit seinem Schwager Geßner bekannt machte.» Willst lange dergleichen deinem Pinsel fischen? Salomon Gessners Schwager, der Schriftsteller und Mit Buchhändler Hans Heinrich Heidegger (1738-1823), Ich male Herbst und Frühling, und hat 1768 eine kurze Biografie Graffs verfasst36 und im Gebüsche, Hain' Fluren, Begleitbrief den Maler zur Ablieferung eines weiteren Gebirg und stille Thäler, des Porträts ermuntert: «Wie geht es mit dem Bildniß Bald jene Abendsonne Hn. Schulth. Sulzers, denken Sie doch, daß es auf die Und bald die Morgenröthe, öfentliche Bibliothec kommen soll, da dann jeder Bürger Und du malst manchen Esel mòla als de Mit schimmernden Dukaten. sagen wird, bi Gott! de Grof ka se guet Schelleberg!»37 Wenn du die Wahl noch hättest

Aufnahme 1916. Kunstmuseum Abb 11 Anton Graff-Saal im Kunstmuseum Winterthur, von Hermann Linck, Archiv Winterthur.

131 ZAK. Band 70. Heft 2/2013 Was würdest du wohl wählen? mon und dessen Gattin Anna Margreth Hegner-Steiner Ich male keinen Esel (1746-1771) bereits 1765 gekannt, denn sein erst post- Um aller Welt Dukaten. hum entstandenes Bildnis der früh verstorbenen Gattin war dergestalt beseelt, wie es allfällig vorliegende Johann Wilhelm Veith: Zeichnungen kaum ermöglicht hätten.41 Hegner bedankte sich An Herren Graff in Dresden. in seinem ersten erhaltenen Brief vom 9. April 1776 für das ihm aus Dresden zugesandte Gemälde: Wie dank ich dir o Edler Greis! Die Milde - «Hochedler Herr, Schäzbahrer Freund und Mitbürger! Daß meiner du, so freundlich noch gedenkst - Empfangen Sie meinen verbindlichsten Dank für das Der Himel ligt für mich in diesem schönen Bilde - zierliche Portrait, das Sie mir von meiner Seel: Gemah- Das du dem Freund mit zarter Güte schenkst. linn so freundschaftlich zuverfertigen und zuüberschi- ken belieben wollen. Nichts auf der Welt konnte für mich Es ist voll Seele - wie die Bilder Alle; intereßanteres seyn. Der Höchste Grad der Ähnlichkeit Die kunstreich deine Hand du SeelenBildner mahlt - - und die Kunst[,] die nur eines Graffen würdig ist, Es ist ein ödes Wort - daß mir das Bild gefalle finden sich da vollkommen vereinet. Da ich es aufrollte und Ja! welch ein edler Geist aus diesen Augen strait. den herrlichen Außdruk des Seelevollen Bildes sähe, erkannte ich Sie sogleich in Ihrem ganzen Wesen - ihre Wie sanft, wie rein die zartgeschloßnen Lippen himmlische Güte, ihre sanfte, heitere, stets zufriedene Wo veste Treu, - und Flerzensliebe thront - Seele, ihre Anmut - alle genoßene Glükseeligkeit meines Ach! daß der Tod mit seiner furchtbar scharfen Hippen40 Lebens - die ich nach ihr eine lange Zeit gänzlich Auch solcher Menschen Engel nicht verschont? -- verlohren, und doch Theürer Herr! (ich weiß es[,] daß Sie Antheil daran nehmen) durch eine neü-gewählte Könt ich o Greis! am Abend dir vom Leben, - Gattinn, in allen Absichten einer wahren Schwester en Auch Rosen noch der zarten Freude streun! Excellence von ihr, wiederum gefunden zuhaben, mit Gern würd ich wie dein Schatten dich umschweben, aller Begründniß hoffen kann. Auch diese, wenn Sie ihr Und seelengern dir meinen Abend weihn. Vaterland wiederum mit ihrer Gegenwart beehren, wird ihrer Kunst würdig seyn. [...] Aber, kein Freund kann Dein müdes Aug, das Köstliche zu schonen! -- der Seeligen Portrait ohne Rührung betrachten - kein Du edler Greis! - du göntest mir dein Ohr - Kenner, ohne Sie lieber Hr. Graf zubewundern!»42 Las ich dir Dichterwerke höherer Zonen! - Hegners verstorbene Gattin hatte das Haus zum Von Seüme deinem Freund, u[nd] deinem Schiller vor. Schanzengarten sozusagen als Mitgift in die Ehe gebracht: der Sommersitz bot Raum für viele Gemälde, Sie rieffen wir auch offt - die deinen Geist gebunden und hier wohnte Graff bei den Besuchen seiner Heimatstadt Dein Auge dir geöfnet - rein von Dunst 1781 und 1796, wahrscheinlich auch vom 29. August Sie - deren Heiligthum als Jüngling du gefunden bis 21. September 1786. Die gastfreundliche Villa ging Dein Liebling Sie - dein Genius - die Kunst. - 1853 in den Besitz des Musik Verlegers Jakob Melchior Rieter-Biedermann über, der Komponisten wie Johannes Doch! ach! mich trennt von dir so manche grause Ferne Brahms hier beherbergte. Drum nimm der Liebe Handdruk Bidrer Mann! - Weitere Porträts erhielt Hegner im November 1782, Einst treff ich dich! auf einem Jener Sterne! - worauf er überschwenglich «den längsten Brief[,] den Dort dank ich Warm - da ich es hier nicht kan. ich in m. Leben geschrieben» wie im Rausch zu Papier brachte und ausführlich das Auspacken der Kisten und die Reaktionen der zahlreichen Anwesenden beschrieb. Die Freundschaft mit Salomon Hegner Es waren Bildnisse von Salomon Hegner selbst43 und seiner Gattin Anna Hegner-Sulzer44, von Johann Rudolf Anlässlich seiner Reisen nach Winterthur wird der Schellenberg «in s. Habit - die Hand auf den Schaz- Besuch der Familie für Graff im Vordergrund gestanden Kasten seines Herzens gelegt»45 und das sympathische haben. Sein Vater war bereits 1767 gestorben, doch Altersporträt Hans Ulrich Flegners4'': «Sanfte drükte konnte dieser immerhin noch 1766 den Ruf seines Sohnes der Gel. Papa mir die Hand, es dünkt mich, sprach er, nach Dresden erleben. Gewohnt hat Graff indessen der liebe Hr Graff hat mich so natürlich gemahlt, daß meist bei Freunden, in Winterthur bei Salomon Hegner, ich beynahe lebendig bey dir seyn kann, wenn ich sonst in Zürich bei Salomon Gessner. nicht mehr bin!» Weiter enthielt die Sendung das Bildnis Die Ursprünge der Freundschaft mit Landschreiber von Schultheiss Elias Bidermann und das Doppelporträt Salomon Hegner zum Egli sind unsicher. Der «alte Schultheiß Johann Georg Sulzers mit seinem Enkel Carl Anton Flegner», den Graff 1765 gemalt hat, war Salomons Graff in der Replik für Stadtschreiber Wolfgang Dietrich Vater Hans Ulrich Hegner. Vermutlich hat Graff Salo¬ Sulzer. Hegner war so begeistert von der Idee,

132 ZAK. Bund 70. Heft 2/2013 Werke eines solchen Freundes und Meisters zu besitzen, So wurde Graff zur Anlaufstelle für einige Schweizer einrichten Dresden: Heinrich (1749-1815) aus Zürich dass er Graff vorschlug, eine Art Abonnement in Pfenninger bereits 1769 bei als dieser noch zu dürfen. Im Juni 1784 schickte ihm Graff ein Bild war Graff, Junggeselle und lernte bis 1772 bei ihm. Der Winterthurer seines sechsjährigen Sohnes Georg, im Juni und Oktober war, er Heinrich Rieter (1751-1818) kam im Jahr von Graffs 1797 kamen insgesamt fünf Bildnisse in Winterthur an, 1771 nach Dresden, nahm ein Jahr und schliesslich erhielt Hegner ein Selbstporträt seines Heirat zwar nur Unterricht bei diesem, blieb jedoch bis 1775 in Dresden. Freundes.47 Hegner hat nicht nur für sich selbst gesammelt, Auch der Zürcher und Architekt er hat auch Graff zur Schenkung eines Porträts von nachmalige Ingenieur Johannes Feer (1763-1823) wurde bei seinem Dresdner Johann Georg Sulzer an die Bibliothek bewogen. Aufenthalt 1784 zuerst zu Graff geschickt, obschon er keinen Malunterricht begehrte. So entstand eine und der Winterthurer und Zürcher Schüler winzige Schweizer Kolonie in Dresden, angehende Zürcher Maler Heinrich Freudweiler (1755-1795) konnte 1784 bei Feer wohnen. Freudweiler mit Salomon In Dresden soll Graff verpflichtet gewesen sein, «jungen war Gessners Sohn, dem Pferdemaler Conrad Gessner Leuten mit Rath u. That an die Hand zu gehen - aber 1782 nach Dresden wo dieser bis 1786 keine Lehrstunden» zu erteilen.48 Im Vertrag von (1764-1826), gereist, in blieb. heisst es jedoch ausdrücklich: «Hat er jährlich zwey seiner Schweizer Reisen Chur-Sachsen einheimische Kinder in seiner Kunst treulich Auch während war Graff bereit, Künstlerarbeiten zu beurteilen. Der Vorarlberger zu unterrichten [...] und vornehmlich gute Portrai- Maler Franz Thomas Low (bisweilen Leu geschrieben) tisten nach dem Leben aus ihnen zu bilden.»4'' Es sind nachweislich mit Unterbrüchen von 1789 bis allerdings mit gewissen Ausnahmen eher die Schweizer war entwickelte 1798 in Winterthur, als er den Schüler, die bekannt geworden sind. Denn Graff vor kriegerischen Ereignissen fliehen musste. wie eine besondere Beziehung zu Malern aus seiner Als kleiner Bauernsohn, er der sich selbst beschrieb, verehrte Low den in Heimat, wie etwa zu seinem Freund und Kollegen an ganz Europa bekannten Meister, dem 1796 in Akademie, dem Kupferstecher und Landschaftsmaler er Winterthur begegnen Freunde sollte und von dem er lernen durfte. Low hat in aus St. Gallen. Und so schickten und Bekannte in der Schweiz ihre jungen Verwandten Winterthur verschiedentlich Gemälde Graffs kopiert. Für die Löws nicht erhaltenes Stammbuch zeichnete 1797 mit Empfehlungen zu Graff nach Dresden. Hier mag Graff dass ein und Low bedankte sich heimatliche Sprache eine Rolle gespielt haben, er Selbstporträt, untertänig für die «Eür wohl Edel aigeneß Gut Änlicheß sie so grosszügig empfing, und man erinnert sich an portret».53 Graff sich als Freude, die Graff im März 1763 in Augsburg genoss, als hatte Löws Schuldner bezeichnet, denn als Dankesbeweis seine Landsleute Johann Georg Sulzer, Johann Caspar für die ihm erwiesene Freundschaft hatte Christoph seinem eine Lavater, Felix Hess, Johann Heinrich Füssli und Low Lehrer Handzeichnung von Albrecht Jetzier ihn besuchten. Denn in Dresden konnte der Dürer geschenkt.54 Künstler seinen Winterthurer Dialekt nur mit Schweizern Darf man Johann Rudolf Schellenbergs Schüler, den Jacob den bei Winterthurer sprechen. Dazu gehörte zwar sein Schwiegervater Kupferstecher Rieter, Graff Aufenthalten sicherlich auch als in Berlin, doch die Muttersprache seiner Gattin war kennengelernt hat, Schüler bezeichnen? Rieter hat einem vielleicht sächsisch oder niederdeutsch, da ihre Mutter aus Graffs mit Kupferstich die eines der schönsten Magdeburg stammte. für Verbreitung Bilder Graffs das herrliche Johann Graff erteilte zwar «sehr gerne» Unterricht,50 doch war gesorgt: Doppelporträt nachzulesen: Sulzers mit dem jungen Carl Anton Graff. Das er kein Pädagoge. Bei Ulrich Hegner ist hierzu Georg Blatt, zu dem auch eine Vorzeichnung Rieters überliefert «er hatte nicht die Gabe, Schüler zu bilden, er konnte und ist,55 die «J. G. Sulzer mit einem seiner nicht geduldig über alles Red1 und Antwort geben, trägt Bezeichnung und Enkel I Sulzers und Grafens Vaterstadt Winterthur hatte weniger Räsonnement auf der Zunge als Blick ihrem J. Rieter I Das Gemœlde Kraft im Geist; er meinte, das Können sollte sich von gewidmet von Mitbürger besizt Herr Stadt-Schreiber Sulzer daselbst.» Der selbst geben, daher war sein einfacher Grundsatzjunge Praktik kunstinteressierte Stadtschreiber Dietrich Sulzer Leute müssen nur recht viel malen, um eine fertige Wolfgang hatte.»51 der 1766 Mozart mit seinen zwei zu bekommen, weil er sich auch so gebildet (1732-1794), Leopold Der Maler David Eduard Steiner überlieferte in einem Wunderkindern in Winterthur empfangen hatte, hatte Beitrag über seinen Vater Emanuel Steiner, der 1795 bis 1782 eine Replik des 1777 entstandenen Bildes (Abb. 13) 1798 in Dresden bei Graff gelernt hatte und 1801 mit erhalten, die als Vorlage von Rieters Stich diente.5'' Die nach liebevolle des bereits 1779 seinem Kommilitonen und Freund Carl Anton Graff Darstellung verstorbenen Italien gereist war: «Betrachtete er die schwachen Arbeiten Grossvaters verbindet Vergangenheit und Zukunft, unde durch den seines eignen Sohnes, so pflegte er zu diesem bloß et quo, woher und wohin: Kupferstich stellt es schon besser auch eine die bescheidene Herkunft des zu sagen: »52 Philosophen und des Malers dar.

133 ZAK. Band 70. Hell 2/2013 daß ich weniger über meinen Verlust [der Gattin] leiden würde, als ich hier leide. Allein was ist zu machen, ich muß Geduld haben, und sollte ich künftiges Jahr noch so viel Kräfte haben, eine solche Reise zu machen, wer weiß[,] was noch geschehen kann, wenigstens thut mir der Gedanke wohl. Lange kann ich doch nicht mehr in diesen unruhigen Zeiten leben; ruhiger glaube ich, ist es doch mehr bey Ihnen als hier, wiewol es noch erträglich ist.» Weiter heisst es am 2. Dezember: «Haben Sie vielen Dank, mein lieber Freund, für Ihren mir lieben Brief. Es hat mir Vergnügen gemacht, daß m. Bilder Beyfall gefunden. Ich wollte[,] ich hätte sie selber gebracht, so wäre ich bey Ihnen, wo ich jetzt so gerne wäre, da sich die guten Zeiten für mich hier zu Land verlohren. Behalte ich Leben und Gesundheit, so ist vielleicht auf dieser kurzen Laufbahn noch ein Viertelstündchen für mich für Winterthur aufgehoben.» Ein letzter Brief nach Winterthur wurde am L.Juni 1813 verfasst, nur drei Wochen vor seinem Tod: «Wenn ich eine Möglichkeit sehen könnte, selbst nach der Schweiz zu kommen, so würde ich es noch in meinem Abb. 13 Johann Georg Sulzer mit seinem Enkel Carl Anton Alter wagen dahin abzureisen, aber bey diesen unsichern Graff, von Anton Graff. Öl auf Leinwand. Ill X 82,5 cm. Wegen wäre es unbehutsam. Wir leben hier immer noch Aschaffenburg, Schlossmuseum. in großer Unruhe, immer Durchmärsche, viele Einquar- tirungen: die den Einwohnern sehr drückend sind. Flier sind über 9000 einquartirt. Meine Einquartirung ist in Vergleich vieler Andern erträglich, wenn ich schon mein Letzte Sehnsucht nach der Heimat - ein Viertelstündchenfür Zimmer hergeben mußte und außerhalb schlafen muß. Winterthur Die Menschen zu ernähren kostet viel, man muß zum Bettler w[erden]. Das Beste was ich noch habe, ist daß Graff hatte Winterthur zwar 1810 bis 1811 besucht, doch ich sehr gesund bin, was mir unbegreiflich ist.» nach dem Hinschied seiner Gattin am 26. April 1812 sehnte er sich wieder nach der Heimat zurück. Ein Brief vom 4.Juli 1812 an seinen langjährigen Kollegen, den Kupferstecher , bringt ein erschütterndes Zeugnis seiner seelischen Verfassung:57 «Es ist wahr daß ich entschloßen bin nach der Schweiz zureisenf;] es fehlt mir nur an einer ADRESSE DES AUTORS Reisegesellschaft weil ich in dem Alter es nicht wagen darf, Harry Joelson-Strohbach. I. Musik- und Kunsthistoriker, allein zureissen und meinen Sohn muß ich vor der Hand lie.phil. wissenschaftlicher Bibliothekar. Albanistrasse 16. hier lassen [...] Ich bin hier jez bei nahe ganz verlaßen, CH-8400 Winterthur meine Stüze im Alter habe ich verlohren, meine häußli- che Glückseligkeit die ich im vollen Maase immer genossen ist mit meiner guten Frau begraben. Kein größer Unglück hätte mir wieder fahren können, ich bin zwar gesund aber ganz freüdenloß, das einzige Gute habe ich daß ich jez dem Tod ohne Furcht entgegen gehe.» In dieser Zeit korrespondierte er auch mit dem Winterthurer Landschaftsmaler Johann Caspar Küster. ABBILDUNGSNACHWEIS Die Originalbriefe sind zwar verschollen, doch lagen sie Ulrich Hegner vor, dessen Teilabschriften in Abb. 1-2: Zentralbibliothek Zürich. 8: Winterthurer Bibliotheken. Studienbibliothek. seinem Nachlass in der Studienbibliothek Winterthur Abb.3-4, Abb.5-7. 9. 12. 14: Schweizerisches Institut für Kunstwissenschaft. erhalten sind.58 Am 17. Oktober 1812 schrieb Graff an Zürich. Foto: Philipp Hitz. daß ich mich nicht habe Küster: «So thut mir doch leid, Abb. 10: Autor. entschließen können vor ein paar Monaten nach d[er] Abb. 11: Kunstmuseum Winterthur. Schweiz zureisen, jetzt wäre ich darin, und glaubef,] Abb. 13: Aschaffenburg, Museen der Stadt.

134 ZAK. Hand 70,Heft 2/2013 Abb. 14 Selbstporträt 1805, Öl auf Leinwand, 69,5 X 56,5 cm, rückseitig bezeichnet: «A Graff pinx 1805», Museum Oskar Reinhart, Winterthur, Depositum der Stadt Winterthur.

ZAK. Band 70. Heft 2/2013 135 ANMERKUNGEN 14 Ein paar Flaschen schickte Graff von Leipzig aus seinem Schwiegervater nach Berlin, wie dessen Briefe vom 12. Juni 1 Der vorliegende Aufsatz ist eine in wesentlichen Teilen und 29. Juni 1778 bezeugen: «Gestern schikte man mir aus erweiterte Version eines Beitrages in: Marc Fehlmann/ der Statt zwey Flaschen mit der Nachrieht[.] sie seyen aus Birgit Verwiebe (Hrsg.), Anton Graff. Gesichter einer Leipzig gekommen: allem Ansehen nach ist der Velthei- Epoche, München 2013 (in der Folge als Graff 2013 zitiert), mer Wein darin [...]» und «Wenn man mich mit dem Wein der unter dem Titel «...noch ein Viertelstündchen für mich [...] nicht hinter gangen hat, so muß ihr Bruder den besten für Winterthur». Anton Graff und seine Geburtsstadt Weinberg im ganzen Canton haben; denn der Wein ist erschienen ist. in der That sehr gut und sehr geistreich. Es übertrifft alle 2 Die Skizze ist erstmalig veröffentlicht in Graff 2013, Schwaizer Weine, die ich je gekostet habe» (Winterthurer S. 314-317. Bibliotheken, Studienbibliothek, Ms BRH 512/68). Siehe 3 Winterthurer Bibliotheken, Studienbibliothek, Ms fol 222. dazu: Harry Joelson-Strohbach (Hrsg.), «Mein lieber I Als Quellen für Lebensdaten und Verwandtschaft dienten Herr Sohn» - «Theüerster Freund». Briefe an Anton Graff die Pfarrbücher der Stadtkirche Winterthur (Stadtarchiv von Johann Georg Sulzer, Salomon Hegner und Hans Heinrich Winterthur, B3m2 und B3m3), das Bürgerregister der Stadt Heidegger, Winterthur 2013. Winterthur von Antonius Kuenzli (Winterthurer Bibliotheken, 15 Die Industriefirma Gebrüder Sulzer und das Studienbibliothek. Ms fol 243) und die genealogische Baumwollhandelshaus Paul Reinhart AG verdanken ihren Erfolg den Datenbank des alt Stadtpräsidenten Urs Widmer (Winterthurer Nachfahren von Anton Graffs Nichte Anna Maria Rieter- Bibliotheken, Studienbibliothek). Däniker; zu diesen gehörte auch die Kunstsammlerin Jenny s Nicht Koller, wie bei Waser (Otto Waser. Anton Graff Brown-Sulzer, die Gattin des Industriellen Sidney William 1736-1813, Frauenfeld/Leipzig 1926, S. 11), Berckenhagen Brown in Baden. (Ekhart Berckenhagen, Änton Graff. Leben und Werk, "' Siehe dazu Harry Joelson-Strohbach (vgl. Anm. 14). Berlin 1967, S. 34) u. a. angegeben. In der Folge wird dieses 17 Eine gewisse Konfusion verursachen die verschiedenen Werkverzeichnis schlicht als Berckenhagen mit der Jacob Rieters: es gab u. a. den Schwager Jacob Rieter-Graf, entsprechenden Nummer zitiert, den Neffen Jacob Rieter-Hafner zur Tapferkeit 1772— '• Jakob Fries (Dekan, 1707-1792), Ehebrief für Anton Graff 1848), der als Kaufmann die Schweizer Finanzverwaltung und Augusta Sulzer, Winterthurer Bibliotheken, nach Hans Rudolf Grafs Ableben 1796 übernahm und Graff Studienbibliothek, Ms Seh 113/3. während seines Winterthurer Aufenthalts 1809 Johann Caspar Füessli, Joh. Caspar Füeßlins Geschichte beherbergte, sowie den Kupferstecher Jacob Rietcr (1758-1823). der besten Künstler in der Schweitz, Zürich 1769-1779, 18 Es gibt ein Porträt eines Verwandten der weitverbreiteten Bd. 3, 1770, S. 240-248. Familie Rieter, vom Kaufmann Johannes Rieter-Vögeli N Nach alter Winterthurer Sitte wird der Allianzname ver¬ (1771-1818): Berckenhagen Nr. 1174. Anton Graff war wendet, um Verwechslungen zu vermeiden. Bisweilen durch seine jüngere Schwester Veritas und durch seine wurde aus diesem Grund der Name des Wohnhauses angefügt, Nichte Anna Cathrina mit der Familie Rieter verwandt. z. B. Salomon Hegner zum Egli. Die Angabe in Muther Berckenhagens Zuschreibung seiner Nr. 1173 an den Maler (Richard Muther, Anton Graff. Ein Beitrag zur Kunstgeschichte Heinrich Rieter (1751-1818) aus Gründen der Physiognomie des achtzehnten Jahrhunderts, Leipzig 1881, S.7), ist wohl nicht stichhaltig. Es handelt sich beim Porträtierten wonach Anton Graffs Grossvater Heinrich Graf-Ziegler eher um Johann Friedrich von Medem (Berckenhagen hiess, basiert auf einer Verwechslung; dessen Sohn, der Nr. 981), den Vater der , in deren wie Antons Vater Hans Ulrich Graf hiess, war am 24. April Familie sich das Gemälde befindet. 1701 zur Welt gekommen, starb jedoch bereits kurz darauf 19 Johann Conrad Troll (vgl. Anm. 10). 2,1 am 6. Mai. Anton Graffs Vater wurde also 1697 geboren, Siehe dazu Hermann Winkler, Schulgeschichte der Stadt nicht 1701, wie bei Richard Muther und auch Berckenhagen, Winterthur bis zum Jahre 1922 Neujahrsblatt der S. 34 und S. 151. Nr. 472 angegeben. Stadtbibliothek Winterthur 280), Winterthur 1947. " Der Kupferschmied Anton Graf heiratete zweimal, 1746 21 Diese sind im Hinterhaus (heutige Adresse: Techni¬ und als Witwer 1751. Anton Graff kannte die Tante Anna kumstrasse 22) nur fragmentarisch erhalten, doch lässt sich Barbara geb. Rieter (1714-1749) und deren 1747 geborene der erste Spruch ergänzen. Gemäss Matthäus Nefes Tochter Veritas wie auch die Tante Anna Catharina geb. Aritmetica (Breslau 1565) muss er heissen: «[Lern mit fleis das] Sulzer (1711-1795) und die 1752 geborene Tochter Verena. Einmal ein / [So wird dir alle] rechnung gmein.» Andere 111 Johann Conrad Troll, Geschichte der Stadt Winterthur Sprüche auf Deutsch und Latein thematisieren den Nutzen nach Urkunden bearbeitet. Siebenter Theil: Die Einwohner der Schule, zum Beispiel der auf das Jahr 1587 datierte Leitsatz und ihre Thätigkeit, Winterthur 1848. S.6. Im Jahr 1766 «Leer bringt eher» (Lehre bringt Ehre), und Vierzeiler wohnten 2985 Personen in 421 Häusern mit 605 Haushaltungen. dienen einer Erziehung durch Abschreckung im Sinne von: Wer in der Jugend die Rute missachtet, wird sich im Alter " Susanne Heiland / Karl-Heinz Mehnert, Anton Graff. vor dem Schwert (des Jüngsten Gerichts) fürchten müssen. Selbstbildnis vor der Staffelei Meisterwerke aus dem Peter Lindegger und Heinz Haffter Hessen sich geistreiche Museum der bildenden Künste Leipzig, Bd. 2), Museum der Ergänzungen der Fragmente einfallen: siehe dazu Peter Bildenden Künste, Leipzig [1986], S. 15-16. Stocker, Denkmalpflege, in: Winterthurer Jahrbuch 1989, 12 In einem Brief an den Zürcher Kaufmann Johann Martin S. 145-166, besonders S. 151-152. Usteri vom 14. März 1788 (Zentralbibliothek Zürich. Ms 22 Johann Georg Sulzer's Lebensbeschreibung von ihm selbst V 309.25) bittet Graff, einen beiliegenden Brief an seinen aufgesetzt, Berlin/Stettin 1809, S.U. Bruder weiterzuleiten. 23 Johann Caspar Füessli (vgl. Anm. 7), S. 242. II Gemäss einem Brief Wolfgang Dietrich Sulzers an Graff 24 Zu Schellenberg als Illustrator siehe Brigitte Thanner, vom 30. November 1782 (Entwurf in der Studienbibliothek Schweizerische Buchillustrationen im Zeitalter der Aufklärung Winterthur, Ms fol 213/5, B1.5) hat Sulzer die Kaufsumme am Beispiel von Johann Rudolf Schellenberg, Winterthur eines erworbenen Bildes (Berckenhagen Nr. 1357) dem 1987. Bruder entrichtet. 25 Johann Karl August Musäus (Text) / Johann Rudolf

136 ZAK. Band 70. lieft 2/2013 Schellenberg (III.), Freund Heins Erscheinungen in 1768. In: Harry Joelson-Strohbach (vgl.Anm. 14). 38 Leben Anton Holbeins Manier, Winterthur 1785. Abb. vor S. 37 («Schulvisitation»). Ulrich Hegner, Graff's von Winterthur, LI.Neujahrsstück, hrsg. von der Künstler-Gesellschaft 26 1815. Die meisten davon befinden sich in den Winterthurer Bib¬ in Zürich, Zürich - Neudruck in: Ulrich Hegner's liotheken. Studienbibliothek. Ms 8° 102-161a und Ms 8 gesammelte Schriften. Bd. 5, Berlin 1830, S. 59-86. Siehe auch Conrad Gessners Brief seine Eltern 22. Januar 498, sowie in der Bayerischen Staatsbibliothek München, an vom in Waser S. 47. Cod. icon. 64-87. 1786, abgedruckt Otto (vgl. Anm. 5). 39 27 Berckenhagen Nrn.473 und 602. Charles Biedermann, Aus Joh. Rud. Schellenbergs hand¬ 2S der Berckenhagen Nr. 472. schriftlichem NachlajS Neujahrsblatt Stadtbibliothek 29 Winterthur auf das Jahr 1902), S. 13-14. Veiths Gedicht im Berckenhagen Nr. 1394. - Christian Klemm, Kunsthaus seinem Brief an Graff 26. November 1811 Zürich. Gesamtkatalog der Gemälde und Skulpturen, Ost- Anhang zu vom Museum Oskar Reinhart, Zu Johann fildern 2007. S. 57. (Archiv Winterthur). 30 I Veith Pfarrer in Graff hat fast nie auf Holz gemalt: einmal beim ruhen Wilhelm (1758-1833). Andelfingen. Antis- Dekan und Kunstsammler, siehe Seymour Howard, Selbstporträt (Berckenhagen Nr.475) von 1756/1759 (Kat. 2) tes, Two Portraits Johann Wilhelm Veith by Jacob Merz, in: und einmal bei einem anonymen Porträt ungesicherter of Schaffhauser 72, 1995, S. 77-102.' von ca. 1755/1759 (Berckenhagen Nr. 1543). Beiträge Zuschreibung 4" Ansonsten findet sich in Graffs eigenhändigem Werk Holz Siehe dazu Offenbarung 14,17-19. 41 Berckenhagen Nr. 646. Wahrscheinlich nahm Otto Waser lediglich bei marouflierten Leinwänden (Berckenhagen und diesem Grund 1903 das Porträt sei 1765/66, also Nrn. 828, 831, 833, 877. Öl auf Leinwand auf Holztafel) aus an, zu Lebzeiten, entstanden. Berckenhagen. S. 188, hat diese einmal als Träger eines Papiers oder Pergaments (Berckenhagen übernommen. Nr. 923). Datierung 42 31 Archiv Museum Oskar Reinhart. Winterthur. Die Gross¬ Das Gemälde ist als Legat des Kunsthistorikers Friedrich und Kleinschreibung, beispielsweise der Unterschied Salomon Vögelin (1837-1888) ins Kunsthaus Zürich gelangt. ,2 des zwischen Sie und sie, ist noch undifferenziert. Möglicherweise handelt es sich um den jüngsten Sohn 43 Wohl Berckenhagen Nr. 654, wodurch Quartierhauptmanns Hans Heinrich Vögeli, der mil seinen Berckenhagens ins Jahr 1796 revidiert werden musste. vier Söhnen 1721 in Zürich eingebürgert wurde; die beiden Datierung 44 Berckenhagen Nr. 643. jüngeren Söhne waren damals noch minderjährig. B der 45 Dieses verschollene Bild steht zwischen dem Gemälde Stadtarchiv Zürich. IIl.AAb. Abschrift des Bürgerbuchs von 1765/66 und dem Altersbildnis Stadt Zürich (1545-1723), Nr. 6637. (Berckenhagen Nrn. 1206-1207) 33 wohl als Siehe dazu Daniel Gutscher, Das Grossmünster in von 1796, Schellenberg stark unter Gicht litt Nr. Zürich. Eine baugeschichtliche Monographie Beiträge (Berckenhagen 1209). S. 172- 46 Berckenhagen Nr. 648. zur Kunstgeschichte der Schweiz, Bd. 5), Bern 1983, 47 Berckenhagen Nrn. 595 und514. 173. Vielleicht dieser Johannes Vögeli hat im September 48 Gemäss 1763 Anna Wegmann im Grossmünster geheiratet (gemäss Ulrich Hegners Notizen (Winterthurer Bibliothe¬ ken, den Donnstags-N'achrichten No. 39. Den 29. Herbstmonat, Studienbibliothek, Ms UH 121/5), wohl nach einem mit Carl 1763). Ein Zürcher Zimmergeselle Johann Vögelin hat um Gespräch Anton Graff. 4'' nach S. 1775 in Frankfurt Johann Ludwig Ernst Morgenstern in Zitiert Berckenhagen, 43. Rosa 50 Anton Graff Johann 17. Perspektive und Architektur unterrichtet. Siehe dazu an Caspar Lavater, April 1780, Schapire, Johann Ludwig Ernst Morgenstern. Ein Beitrag Zentralbibliothek Zürich, FA Lav Ms 510.67. publiziert in Jahrhundert, Orto Waser (vgl. Anm. 5), S. 36. zu Frankfurts Kunstgeschichte im XVIII. 51 Hegner Strassburg 1904, S. 21-22 und 44-45. Ulrich (vgl. Anm. 38). M In seinen handschriftlich erhaltenen Erinnerungen «Mein David Eduard Steiner, Emanuel Steiner, Landschaftsund Bibliotheken, Blumenmaler der Bemühen um die Stadtbibliothek» (Winterthurer Neujahrs-Blatt von Bürgerbiblio- Ms UH 129) schrieb Ulrich Hegner Ihek zu Winterthur auf das Jahr 1857). S. 3. Studienbibliothek, 53 über die Zustände im Rathaus, wo die Bibliothek untergebracht Franz Thomas Low an Anton Graff. 13. April 1797, Winter¬ thurer Bibliotheken, Ms fol 494/8. war: «Im Jahre 1789 wurde ich zu einem Bibliothekar Studienbibliothek, antun 54 Der Standort der konnte nicht gewählt, und konnte nun thätig eintreten, da ich bis heutige Dürerzeichnung ermittelt werden. nur Zuschauer war. Ich fing damit an, die Schultheißen 55 bei Ketterer Kunst, München, 373 Porträte, wovon bis jetzt nur ein Theil auf der neuen Versteigert Auktion vom Rath- 23. 2010, Lot 77. Bibliothek aufgestellt war, und die übrigen zerstreut im April 56 Berckenhagen Nr. 1357, nach 1355. hause und Staube herumhingen, so wie auch die Bildnisse Replik ,7 der Geistlichen und Ärzte, reinigen und firnissen zu lassen, Freies Deutsches Hochstift. Hs-13914. 58 und erstere dann chronologisch aufzustellen, und letztere Studienbibliothek Winterthur. Ms UH 121/5. Als Ulrich 1814 sein auf 1815 in den Seitenzimmern zu placiren. Es sind die Bilder aller Hegner Neujahrsblatt schrieb, gab es Schultheiße seit Entstehung der Bibliothek 1660. eine die Quellenkunde noch nicht. Wie Herausgeber bei Editionen liierarischer und musikalischer Werke bisweilen bis interessante, zum Theil auch schöne Sammlung.» 35 heute besten Derzeit ist geplant, ab 2014 etliche davon wieder im einsti¬ verfahren, nahm man die Lesarten aus den Reinhart, verschiedenen Handschriften, um eine gen Knabenschulhaus, dem heutigen Museum Oskar stimmige Lösung zu auszustellen, weil im Kunstmuseum seit Jahren für die erhalten. Hegner hat seinen Text durch Zitate angereichert, älteren Bestände kaum mehr Platz vorhanden ist. So werden doch um die Wirkung zu erhöhen, verknüpfte er Sätze aus und 2. die von Oskar Reinhart gesammelten Bilder Graffs im verschiedenen Briefen (17. Oktober Dezember 1812) gleichen Haus mit jenen des Kunstmuseums und der Stadt und schrieb sie teilweise um, um den Sachverhalt zu in verdeutlichen. auf diese ideal ergänzt. Daneben sind einige wenige Gemälde Hegner «zitierte» Weise Briefe «an den Winterthurer Bibliotheken, im Stadthaus und im alten einen Freund im Vaterlande», den er nicht nannte. Richard Stadthaus geblieben. Muther (vgl. Anm. 8) und Orio Waser (vgl. Anm. 5) haben 36 Graff 2013, S. 314-317. diese Stelle zitiert, und Berckenhagen, S.38, nahm sogar 37 Hans Heinrich Heidegger an Anton Graff, 3. Dezember an, «der» Brief sei an Hegner gerichtet.

137 ZAK. Bund 70. Heft 2/2013 ZUSAMMENFASSUNG RIASSUNTO

Im Zusammenhang mit dem 200.Todestag Anton Graffs am In concomitanza con il Bicentenario della morte di Anton 22. Juni 2013 finden Ausstellungen in Halberstadt. Winterthur Graff, il 22 giugno 2013, hanno luogo mostre a Halberstadt, und Berlin statt. Obsehon der 1736 geborene Porträtmaler seine Winterthur e Berlino. Nonostante il ritrattista, nato nel 1736, bekanntesten Werke in Dresden geschaffen hat, wo er von 1766 abbia creato le sue opere più famose a Dresda, dove fu membro bis zu seinem Tod als Mitglied der Kunstakademie tätig war, dell'Accademia dal 1766 fino alla sua morte, rimase sempre blieb er zeitlebens mit seiner Vaterstadt Winterthur verbunden. legato alla sua città natale Winterthur. Un esame critico di fonti Eine kritische Betrachtung bekannter und neu entdeckter note e di recente scoperta permette di allargare la nostra Quellen erweitert unsere Kenntnisse zu verschiedenen Aspekten conoscenza su diversi aspetti della sua origine, della sua famiglia e seiner Herkunft, seiner Familie und zu seinen vielfältigen delle sue molteplici relazioni con Winterthur. Beziehungen zu Winterthur.

RÉSUMÉ SUMMARY

En rapport avec le 200ème anniversaire de la mort dAnton Graff The 200th anniversary of Anton Graff's death on 22 June 2013 le 22 juin 2013 des expositions ont lieu à Halberstadt, Winter- has been the incentive for exhibitions in Halberstadt, Winterthur thour et â Berlin. Bien que le portraitiste né en 1736 ait créé ses and Berlin. Although the Swiss portrait painter born in œuvres les plus célèbres à Dresde, où il était membre de 1736 created his most famous works in Dresden, where from l'Académie de 1766 jusqu'à sa mort, il est toujours resté associé à 1766 until his death he was active as a member of the Academy sa ville natale de Winterthour. Un examen critique des sources of Art, Graff maintained close bonds to his hometown of connues et nouvellement découvertes élargit nos connaissances Winterthur during his entire life. A critical examination of known sur divers aspects de son origine, de sa famille et de ses and newly discovered sources expands our knowledge concerning nombreux liens avec Winterthour. various aspects of his family and his multifarious ties to Winterthur.

138 ZAK, Bond 70, Heft 2/2013