MEIKE Was waren die Handlungsmotivationen von Künstlern, HOFFMANN Kunsthistorikern und Kunsthändlern, die Ausdrucksformen DIETER SCHOLZ der Moderne mit dem Nationalsozia­lismus zu verbinden (HRSG.) versuchten? Welche Mechanismen bestimmten die kunst- historische Kanonisierung nach dem Zweiten Weltkrieg sowie die Wiederkehr ideologisch befrachteter Begriff- lichkeiten und Argumentationsmuster in der Gegenwart? Diese Fragestellungen behandelt der vorliegende Tagungs- band zum gleichnamigen internationalen Kolloquium, das als Kooperation zwischen der Neuen Nationalgalerie und der Freien Universität Berlin im Mai 2019 unter der Lei- tung von Meike Hoffmann und Dieter Scholz stattfand.

Mit Beiträgen von Eugen Blume, Bernhard Fulda, Meike Hoffmann, Andreas Hüneke, Joachim Jäger, Gregor Langfeld, Michael Nungesser, Gerhard Paul, Olaf Peters, Sebastian Peters, Sebastian Preuss, Wolfram Pyta, Julius Redzinski, Christian Ring, Thomas Röske, Christina Rothenhäusler,­ Lisa Marei Schmidt, Dorothea Schöne, Dieter Scholz, Aya UNBEWÄLTIGT? Soika, Janosch Steuwer, Michael Tymkiw, Volker Weiß und

Christoph Zuschlag ÄSTHETISCHE MODERNE UND NATIONALSOZIALISMUS AUSSTELLUNGSPRAXIS KUNSTHANDEL, KUNST, ÄSTHETISCHE MODERNE UND NATIONALSOZIALISMUS KUNST, KUNSTHANDEL, AUSSTELLUNGSPRAXIS UNBEWÄLTIGT?

ISBN 978-3-95732-452-8 HERAUSGEGEBEN VON MEIKE HOFFMANN 9 783957 324528 DIETER SCHOLZ UNBEWÄLTIGT ?

ÄSTHETISCHE MODERNE UND NATIONALSOZIALISMUS KUNST, KUNSTHANDEL, AUSSTELLUNGSPRAXIS

HERAUSGEGEBEN VON MEIKE HOFFMANN DIETER SCHOLZ

UNTER ORGANISATORISCHER MITARBEIT VON NATASCHA HELLWAG INHALT

MEIKE HOFFMANN, DIETER SCHOLZ 10 VORWORT

CHRISTOPH ZUSCHLAG 14 KUNST UND KUNSTPOLITIK IM NATIONALSOZIALISMUS EINE FORSCHUNGSBILANZ DER LETZTEN 20 JAHRE

I. KATEGORISIERUNGEN UND BEGRIFFLICH­KEITEN ZU KUNST UND NATIONAL­SOZIALISMUS

OLAF PETERS 38 natiONALSOZIALISTISCHE KUNST ODER: DIE VERNEINUNG DES AUSSERORDENTLICHEN

ANDREAS HÜNEKE 52 WAS IST »ENTARTETE« KUNST, WORAN ERKENNT MAN SIE ?

JANOSCH STEUWER 62 »NATIONALSOZIALISTEN« UND ANDERE MENSCHEN DES 20. JAHRHUNDERTS ZUM ORT DES NATIONALSOZIALISMUS IN DER DEUTSCHEN GESELLSCHAFT

II. KUNST IM NATIONAL­­SOZIALISMUS: HANDLUNGS­SPIEL­RÄUME UND ERZÄHLUNGEN

THOMAS RÖSKE 78 ZWISCHEN VAN GOGH UND HITLER hanS PRINZHORN UND SEIN LIEBLINGSKÜNSTLER FRANZ KARL BÜHLER

MICHAEL NUNGESSER 94 EIN NORDISCHER EXPRESSIONIST ? OTTO ANDREAS SCHREIBER (1907−1978) inhalt

JULIUS REDZINSKI 112 ERINNERUNG AN STALINGRAD FRANZ EICHHORST ALS KRIEGSMALER IM NATIONALSOZIALISMUS

7 III. KUNSTHANDEL IM NATIONAL­SOZIALISMUS: BERNHARD FULDA BUSINESS AS USUAL ? 256 DAS SCHWEIGEN DER QUELLEN lEERSTELLEN BEI EMIL NOLDE SEBASTIAN PETERS 134 nETZWERKE UND HANDLUNGSSPIELRÄUME DOROTHEA SCHÖNE anna CASPARI, EINE VERFOLGTE KUNSTHÄNDLERIN IM NATIONALSOZIALISMUS 268 KONSTRUIERTE (KUNST-)GESCHICHTE anSPRUCH UND REALITÄT IN DEN WESTDEUTSCHEN AUSLANDSAUS­STELLUNGEN NACH 1945

EUGEN BLUME 148 »KRIEG, HANDEL UND PIRATERIE, DREIEINIG SIND SIE, 282 CHRISTINA ROTHENHÄUSLER niCHT ZU TRENNEN.« DER »KAMPF« UM DIE ÄSTHETISCHE MODERNE EINE ANNÄHERUNG AN ERHARD GÖPEL EBERHARD HANFSTAENGL VOR UND NACH 1945

MEIKE HOFFMANN 158 VON KUNSTHANDEL BIS PROPAGANDA VI. NS, KUNST, KUNSTMUSEUM: KURATORISCHE ERFAHRUNGEN hilDEBRAND GURLITT UND DAS DEUTSCHE INSTITUT IN UND INSTITUTIONELLE PERSPEKTIVEN

AYA SOIKA IV. KUNST, NATIONAL­SOZIALISMUS UND ÖFFENT­LICHKEIT 300 DIE ROLLE DER NS-ZEIT IN AUSSTELLUNGEN ZUM DEUTSCHEN EXPRESSIONISMUS

WOLFRAM PYTA REFLEXIONEN ZUR BEZIEHUNG ZWISCHEN KUNSTWERKEN UND HISTORISCHEN KONTEXTEN 180 SCHREIBSTIFT STATT MALERPINSEL KULTURHISTORISCHE ÜBERLEGUNGEN ZU GENIALISIERUNGSSTRATEGIEN BERNHARD FULDA BILDENDER KÜNSTLER IN DEUTSCHLAND 312 EMIL NOLDE. EINE DEUTSCHE LEGENDE. DER KÜNSTLER IM natiONALSOZIALISMUS GERHARD PAUL aBSENZEN UND PRÄSENZEN IM AUSSTELLUNGSRAUM 196 BILDERWELTEN IM NATIONALSOZIALISMUS anMERKUNGEN DER »VISUAL HISTORY« MEIKE HOFFMANN 322 FLUCHT IN DIE BILDER ? DIE KÜNSTLER DER BRÜCKE IM MICHAEL TYMKIW natiONALSOZIALISMUS 212 DIE MASSENPRODUKTION VON FABRIKAUS­STELLUNGEN ZUM VERHÄLTNIS VON INSTITUTIONSGESCHICHTE UND AUSSTELLUNGS­PRAXIS iM NATIONAL­SOZIALISTISCHEN DEUTSCHLAND 332 UMGANG MIT DEM THEMA »ÄSTHETISCHE MODERNE UND NATIONAL- VOLKER WEISS SOZIALISMUS« AUS MUSEALER PERSPEKTIVE 230 »DER STIL, EINEN BRAND ZU STIFTEN…« VOM NACHHALL EINER HEROISCHEN MODERNE IN DER NEUEN RECHTEN HEUTE 356 aUTORINNEN UND AUTOREN

V. VERFOLGUNGS­NARRATIVE UND HELDENGESCHICHTEN 360 PERSONENINDEX DER MODERNE IM NACHKRIEGSDEUTSCHLAND 366 BILDNACHWEIS inhalt GREGOR LANGFELD 242 DER BLICK VON »AUSSEN« 368 IMPRESSUM KONSTRUKTIONEN DER »DEUTSCHEN« MODERNE NACH 1945

8 9 Bedingungen arbeiten sie heute – im Spannungsfeld von innerdisziplinären Dis- kursen, institutionellen Abhängigkeiten und politischen Wunschvorstellungen ? Dies sind die Leitfragen der folgenden Überlegungen, die sich in acht CHRISTOPH ZUSCHLAG Abschnitte gliedern: 1. »Entartete« Kunst, 2. »Nazikunst«, 3. Sowohl – als auch (oder wahlweise: weder – noch), 4. Kunstkritiker und Kunsthistoriker, 5. Institutionen (Museen und Kunstakademien), 6. Kunstmarkt, Kunsthändler KUNST UND KUNSTPOLITIK und Privatsammler, 7. Provenienzforschung und 8. Ausblick. IM NATIONALSOZIALISMUS 1. »ENTARTETE« KUNST EINE FORSCHUNGSBILANZ DER LETZTEN 20 JAHRE Auf Initiative von Wolfgang Wittrock und der Ferdinand-Möller-Stiftung wur- de 2003 die Forschungsstelle »Entartete Kunst« am Kunsthistorischen Institut der Freien Universität Berlin eingerichtet (in den ersten drei Jahren war ich Die folgende Forschungsbilanz zum Thema Kunst und Kunstpolitik im Natio­ selbst dort als wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig). Sie wurde anfangs von nalsozialismus ist eine entschieden subjektive, geprägt von meiner eigenen Uwe Fleckner geleitet, der nach seinem Wechsel an die Universität Hamburg Forscherbiografie ebenso wie von meiner individuellen selektiven Wahrneh- 2004 dort eine weitere Forschungsstelle mit eigenem Schwerpunkt ansiedelte. mung. Es wäre vermessen, Vollständigkeit anzustreben und den Anschein zu Die Ferdinand-Möller-Stiftung förderte die Berliner Forschungsstelle langfristig erwecken, Objektivität erreichen zu können. bis Mitte 2015, weitere Mittel kamen von der Gerda Henkel Stiftung. Nach Als Bezugspunkt wie auch als eine Art Blaupause meiner Überlegungen einer sechsmonatigen Überbrückung durch die FU übernahm in den Jahren dient die Publikation Überbrückt. Ästhetische Moderne und Nationalsozialismus. 2016 bis 2018 die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien die Kunsthistoriker und Künstler 1925−1937, die von der Ferdinand-Möller-Stiftung Finanzierung. Danach förderten das Land Berlin unter Mitfinanzierung durch in Zusammenarbeit mit der Nationalgalerie der Staatlichen Museen zu Berlin – die FU sowie die Kulturstiftung der Länder die Forschungsstelle. Aktuell und

Stiftung Preußischer Kulturbesitz 1999 vorgelegt und von Eugen Blume und bis Mitte 2021 finanziert die Kulturstiftung der Länder eine studentische Hilfs- smus Dieter Scholz herausgegeben wurde.1 In acht Sektionen widmen sich 24 Bei- kraft sowie Werkverträge für die Pflege der Datenbank »Entartete Kunst«. In

träge dem Verhältnis von ästhetischer Moderne und Nationalsozialismus, der all diesen Jahren entwickelte sich die Berliner Forschungsstelle durch die konti­ iali soz Rolle von Kunsthistorikern, Publizisten, Künstlern und Kunsthändlern 2 sowie nuierliche wissenschaftliche Grundlagenarbeit des Teams um Meike Hoffmann der Ausstellungs- und Museumshistorie im NS-Staat. Das damalige Kolloquium und Andreas Hüneke unter der administrativen Leitung von Klaus Krüger und der Begleitband steckten einerseits das bis dato wenig beschrittene For- national wie international zu dem Kompetenzzentrum in Sachen »entartete« schungsfeld ab und zeigten andererseits die Notwendigkeit einer differen- Kunst, weswegen ihre künftige langfristige Förderung aus öffentlichen Mitteln zierteren Auseinandersetzung mit der NS-Kunstideologie, mit der Rolle der mit allem Nachdruck zu fordern ist. Die öffentlichkeitswirksamsten Beispiele: verschiedenen Institutionen und Protagonisten sowie mit der Ästhetik der Sie wurde 2010 kontaktiert, als bei Erdarbeiten für eine neue U-Bahn-Linie Moderne selbst auf – aus heutiger, retrospektiver Sicht ebenso weitsichtig wie vor dem Roten Rathaus in Berlin-Mitte 16 Skulpturen bzw. Skulpturenfrag- o nal s t po liti k i m N ati durchaus provokant. mente ausgegraben wurden, die als Werke aus der NS-Beschlagnahmeaktion u n Was hat sich nun in den vergangenen rund 20 Jahren in der Forschung »Entartete Kunst« identifiziert werden konnten.3 Auch bei der Bearbeitung getan, was wurde geleistet, was ist bis heute »unbewältigt« ? Welche institutio- der 2012 bei Cornelius Gurlitt in München aufgetauchten Bestände spielte

nellen Entwicklungen hat es gegeben, wie haben sich Ausstellungswesen und die Forschungsstelle in der Person von Meike Hoffmann von Anfang an eine s t u n d K 4

Forschungsinfrastruktur gewandelt, etwa durch den expandierenden Bereich Schlüsselrolle. u n Provenienzforschung sowie generell durch die Digitalisierung ? Und nicht zu- Kernaufgabe der Berliner Forschungsstelle war und ist die Bearbeitung und K letzt: Wie hat sich die Situation der Wissenschaftler verändert, unter welchen Internetveröffentlichung des NS-Beschlagnahmeinventars »Entartete Kunst«.

14 15 Grundlage dafür ist das von den Nationalsozialisten erstellte Verzeich- NS-Ausstellung Entartete Kunst) und jener von Stephanie Barron u. a. in Los nis der von ihnen konfiszierten Werke. Jedoch stand der Forschung lange Angeles und Berlin 1991/92, dann ist festzustellen, dass die Fortschritte in der Zeit nur der erste, die Museen von bis Greifswald umfassende Band Erforschung der NS-Kunstpolitik zu einer signifikanten Erweiterung der Frage- zur Verfügung. 1996 schenkte die Witwe des Kunsthändlers Harry Fischer des- stellungen und Forschungsansätze geführt haben: So wird den Provenienzen sen schriftlichen Nachlass dem Victoria and Albert Museum in London. Darin der einzelnen Werke nun mehr Aufmerksamkeit zuteil, weiterhin den Netz- identifizierteA ndreas Hüneke 1997 eine Kopie des kompletten NS-Inventars. werken von Künstlern, Kunsthändlern und Museumsleuten, desgleichen schlägt Seit Sommer 2018 sind nun alle über 21 000 von der Beschlagnahme betrof- sich das mittlerweile beträchtlich erweiterte Wissen zum NS-Raubgut nieder. fenen, im NS-Inventar erfassten Kunstwerke in der Datenbank der Berliner Zum Themenkomplex »entartete« Kunst gehören auch die Reaktionen Forschungsstelle »Entartete Kunst« online zugänglich, inklusive jener rund auf die NS-Propagandaausstellung im Ausland, etwa die »Gegenausstellungen« 500 Werke aus dem Nachlass von Cornelius Gurlitt, heute im Kunstmuseum in London, Paris und den USA. In ihrer grundlegenden, 2019 erschienenen Bern.5 Insbesondere die Provenienzangaben werden laufend ergänzt. Erneut Dissertation hat Lucy Wasensteiner die Exhibition of Twentieth Century Ger- sei betont: Um die zukünftige wissenschaftliche Pflege der Datenbank zu man Art untersucht. Zu diesem Thema kuratierte Wasensteiner 2018/19 eine gewährleisten und die Forschungsstelle in Berlin als Kompetenzzentrum zu Ausstellung in der Liebermann-Villa am Wannsee in Berlin. An dieser Stelle sei erhalten, ist es in meinen Augen unbedingt erforderlich, ja längst überfällig, ferner auf Michael Tymkiws 2018 publizierte Studie Nazi Exhibition Design and ihre Existenz dauerhaft aus öffentlichen Mitteln zu sichern. hingewiesen.10 Über die bereits genannten Aktivitäten hinaus veranstaltet die For­ schungsstelle »Entartete Kunst« regelmäßig Lehrveranstaltungen sowie Tagun- 2. »NAZIKUNST« gen und betreut einschlägige Abschlussarbeiten. In zwei Schriftenreihen sind grundlegende Studien erschienen. Die Schriftenreihe im Akademie Verlag bzw. Wie verhält es sich nun mit der vom NS-Staat offiziell geförderten, der (seit 2013) im De Gruyter Verlag umfasst bislang zwölf Bände, darunter meh- regimekonformen, der sogenannten »Nazikunst« ? Dieses Thema fand 1999 in rere über den Kunstmarkt und einzelne Kunsthändler im Nationalsozialismus.6 Überbrückt nur am Rande Beachtung, darf aber natürlich in einer Forschungs- In der Reihe im Wilhelm Fink Verlag wurden bisher zwei Bände publiziert, einer bilanz zur Kunst und Kunstpolitik im Nationalsozialismus nicht fehlen.

zu Hermann Göring und seinem Agenten Josef Angerer sowie ein weiterer zu Rückblende. Nazi-Kunst ins Museum ?, so lautet der Titel eines 1988 smus »entarteter« Baukunst. Derzeit sind zwei weitere in Vorbereitung, nämlich ein von Klaus Staeck herausgegebenen Sammelbandes, der eine vor dem Hin-

Tagungsband zur »entarteten« Kunst in Breslau, Stettin und Königsberg sowie tergrund des sogenannten »Historikerstreits« kontrovers geführte Debatte iali soz eine Monografie von Andreas Hüneke mit dem Titel Kunst am Pranger.7 dokumentiert. Anlass war zum einen die Übergabe der »German War Art Ausstellungen zum Thema »entartete« Kunst mit begleitenden Kata­ Collection«, einer Sammlung von rund 9 000 Werken der bildenden Kunst logen fanden in der letzten Dekade, teilweise unter Beteiligung der Berliner aus der NS-Zeit, durch die US-Amerikaner an die Bundesrepublik Deutsch- Forschungsstelle, zahlreich statt: 2009 in der Städtischen Galerie Bremen, land im Frühjahr 1986 (das Konvolut befindet sich seit 2000 im Deutschen 2012 im Kunstmuseum Mülheim an der Ruhr, 2014 in der Neuen Galerie in Historischen Museum, Berlin). Zum anderen ließ sich das Aachener Unterneh- New York, 2016 im Kunstmuseum Bern, 2017/18 im Museum Kunstpalast mer- und Sammlerehepaar Irene und Peter Ludwig im selben Jahr von »Hitlers in Düsseldorf und 2019 in der Kunsthalle Mannheim.8 Erwähnt sei auch die Lieblingsbildhauer« Arno Breker porträtieren. Peter Ludwig hatte sich zudem o nal s t po liti k i m N ati 2017 erschienene Publikation Einstehen für »Entartete Kunst« – Die Basler An- in mehreren Interviews darüber beklagt, dass die deutschen Museen keine u n käufe von 1939/40 von Georg Kreis, eine stark erweiterte Neuausgabe eines Werke aus der NS-Zeit zeigten. Der Tenor der im genannten Band ver- Buches von 1990, in dessen Zentrum die 21 Erwerbungen des Kunstmuseums sammelten Stimmen fiel dazu überwiegend ablehnend aus: »Nazikunst« sei

Basel aus den Berliner Beschlagnahmebeständen sowie der Luzerner Auktion keine Kunst, sondern qualitäts- und belanglos, ja, sie sei »Unkunst«; wer sie s t u n d K 9

von 1939 stehen. Wenn wir das nun mit den beiden umfassendsten Aus­ in Museen ausstelle, nobilitiere sie und beleidige die Opfer des NS-Regimes; u n stellungen zum Thema »entartete« Kunst vor 1999 vergleichen, nämlich jener sie sei Produkt eines menschenverachtenden Systems, gehöre daher aus ethi- K von Peter-Klaus Schuster in München 1987 (anlässlich des 50. Jahrestages der schen Gründen nicht ins Museum etc.11

16 17 Heute, über 30 Jahre nach Staecks Sammelband, ist die Ausgangssitua­tion Deutschen, erschienen 2015 in Deutsch und Englisch in der Schriftenreihe des in vielerlei Hinsicht eine andere: historisch-politisch, gesellschaftlich, fach­ Kunsthauses Dahlem, des ehemaligen Staatsateliers Brekers.14 lich. Nach dem Fall der Mauer und der deutschen (Wieder-)Vereinigung Eine gewisse Brisanz des Themas NS-Kunst in jüngerer Zeit dokumen- blicken wir Deutschen nun auf zwei historische Diktaturen zurück und wer tieren eine Reihe von Sonderausstellungen (überwiegend mit Begleitpubli­­ nach dem Umgang mit »NS-Kunst« fragt, wird das Thema »DDR-Kunst« kationen), so 2013 im Museum im Kulturspeicher Würzburg, 2015/16 in der kaum ausklammern können. Gleichwohl ist die Forschungslage zu Ersterer Pinakothek der Moderne in München, ebenfalls 2015/16 in Bergen (Norwegen), eine andere, die Materialbasis breiter. So gibt es auch in diesem Bereich seit 2016 in den Kunstsammlungen der Ruhr-Universität Bochum (2017 in der eini­gen Jahren ein wichtiges digitales Arbeitsmittel: GDK Research, die 2011 Kunsthalle Rostock und im Kunstforum Ostdeutsche Galerie Regensburg), online gestellte Bildbasierte Forschungsplattform zu den Großen Deutschen 2017 in der Städtischen Galerie Rosenheim sowie 2018/19 im Tiroler Landes­ Kunst­ausstellungen 1937−1944 in München, die aus einem Projekt des Zentral- museum Ferdinandeum in Innsbruck. Dem NS-Design widmete sich 2019/20 instituts für Kunstgeschichte in Kooperation mit dem Deutschen Historischen eine Ausstellung im Design Museum Den Bosch im niederländischen ’s-Herto­ Museum und dem Haus der Kunst hervorging. Auf der Website heißt es: genbosch.15 Ferner sei hier der 2015 erschienene Sammelband Kunst im »GDK Research publiziert unbekannte fotografische Dokumente zur staatlich NS-Staat. Ideologie – Ästhetik – Protagonisten erwähnt, in dem anhand unter- geförderten Kunst der NS-Zeit, um die kritische Auseinandersetzung mit der schiedlicher Gattungen der Frage nachgegangen wird, ob es eine spezifisch Kunst- und Kulturpolitik des nationalsozialistischen Regimes auf ein breitere, »nationalsozialistische« Kunst gab. Er enthält unter anderem Aufsätze über quellengestützte Grundlage zu stellen.«12 die Reichskammer der bildenden Künste sowie über Arno Breker und Adolf Eine ähnlich kritische, differenzierte Perspektive eröffnete bereits die Ziegler.16 Ausstellung Taking Positions. Figurative Sculpture in the Third Reich / Figürliche Ein reflektierter Umgang mit der Kunst aus der NS-Zeit setzt voraus, Bildhauerei und das Dritte Reich, die 2001/02 im Henry Moore Institute in dass sie dem Publikum zugänglich ist – und zwar sowohl in Sonderausstellun- Leeds, im Georg Kolbe Museum in Berlin sowie im Gerhard-Marcks-Haus gen wie den eben genannten als auch in dauerhaften musealen Präsentationen. in Bremen gezeigt wurde (beide deutsche Stationen ergänzt um den zuerst Doch da sieht es mau aus. NS-Kunst (wie immer man sie definieren möchte) genannten Untertitel Untergang einer Tradition). Anhand von 15 Skulpturen, kann man in Deutschland derzeit nur in sehr wenigen und zudem fast aus-

unter anderem von Karl Albiker, Arno Breker, Fritz Klimsch, Georg Kolbe schließlich historisch oder kulturgeschichtlich ausgerichteten Museen sehen, smus und Gerhard Marcks, markierte diese Schau den nach 1945 ersten »Ver- etwa im Deutschen Historischen Museum in Berlin oder im Germanischen

such, Skulpturen, die in Deutschland während der NS-Zeit entstanden sind, Nationalmuseum in Nürnberg. Eine, wie ich finde, lobenswerte Ausnahme iali soz unter künstlerischen Aspekten zu untersuchen, einzuordnen und zu präsen- stellt die Pinakothek der Moderne in München dar, in der Saal Nummer 13 tieren«. In der Presseerklärung des Kolbe-Museums hieß es im Weiteren: Künstlern im NS-Staat gewidmet ist. Die dort präsentierten Gemälde und »Das Thema ist nicht die Darstellung der Bildhauerei in der NS-Zeit. Es soll Skulpturen »verdeutlichen in der Zusammenschau gegensätzliche Stile und vielmehr gezeigt werden, wie die vor 1933 in Deutschland dominierende Haltungen der Künstler gegenüber dem NS-Regime«, so der Saaltext. Es Richtung der idealistischen Aktplastik sich in den dreißiger/vierziger Jahren hängen neben Adolf Zieglers Triptychon Die vier Elemente, einem der bekann- veränderte.«13 testen Werke der NS-Propaganda, surrealistische Bilder von Richard Oelze Bleiben wir noch einen Moment bei dem bekanntesten Bildhauer und und Max Ernst, »die in Paris entstanden und Unheil sowie Bedrohung des o nal s t po liti k i m N ati Profiteur des NS-Regimes, Arno Breker. Seine nach 1945 bislang einzige Aus- Faschismus andeuten« (Saaltext).17 u n stellung in einer öffentlichen Institution fand im Sommer 2006 im Schleswig- 1999 (also im selben Jahr, in dem der Band Überbrückt erschien) schrieb Holstein-Haus in Schwerin statt. Doch stellte sie Breker nicht, wie der Titel der Historiker Lucian Hölscher: »In jedem Fall wird die Beurteilung des Drit-

versprach, »zur Diskussion«, sondern präsentierte eine gänzlich unkritische, ten Reiches jedoch komplexer werden müssen. […] Politische Urteile wer- s t u n d K

verharmlosende Sicht auf den Künstler, ja stilisierte ihn regelrecht als Opfer, den z. B. nicht mehr selbstverständlich mit ästhetischen Hand in Hand gehen, u n was (völlig zu Recht) eine heftige Kontroverse auslöste. All dies ist nachzulesen wie die zunehmende Kontroverse um die ästhetische Qualität national­ K in Eckhart Gillens Essay Arno Breker: Dekorateur der Macht und Sündenbock der sozialistischer Kunst und Architektur in der Öffentlichkeit schon heute zeigt.

18 19 Aller Voraussicht nach wird sich die pauschale Ausgrenzung der im Dritten beschriebenen vereinfachenden und daher bequemen Schema wegzukommen Reich geförderten und gefeierten Kunstwerke aus der Kunstgeschichte der und stattdessen eine differenziertere, kritische Sicht auf Kunst und Künstler Moderne, wie sie bis heute noch vielfach betrieben wird, nicht mehr lange während der NS-Diktatur sowie danach zu entwickeln – inklusive der Be- halten lassen.«18 reitschaft, sich von liebgewonnenen Mythen und kunsthistorisch tradierten Rund 20 Jahre später müssen wir konstatieren, dass sich diese Prognose Narrativen zu verabschieden und Widersprüche, Ungereimtheiten, Brüche nicht bewahrheitet hat, sondern die von Hölscher beschriebene Ausgrenzung, und fließende Grenzen auszuhalten. In diese, wie ich meine, richtige Rich- trotz manch gegenläufiger Bemühungen (einige habe ich genannt), noch immer tung weisen viele jüngere Forschungen und Projekte, und hier würde ich auch dominiert. Hier plädiere ich für mehr Mut. »Nazikunst« darf nicht dämonisiert die Nolde-Ausstellung im Hamburger Bahnhof und die Brücke-Ausstellung werden. Sie gehört ins Museum, auch ins Kunstmuseum, aber sie muss dort im Brücke-Museum und im Kunsthaus Dahlem im Jahr 2019 verorten. Um historisch-kritisch aufgearbeitet und kommentiert, kontextualisiert und durch beim Beispiel Emil Nolde zu bleiben: Er war eben sowohl ein von der national- eine anspruchsvolle Didaktik vermittelt werden. Dabei bin ich mir der schwie- sozialistischen Verfolgung »entarteter« Kunst Betroffener als auch ein glühen- rigen ethisch-moralischen, ästhetischen und nicht zuletzt museologischen der Antisemit und Anhänger Hitlers. Gleichzeitig gab es im National­sozialismus Herausforderungen bewusst. Denn das Thema wirft komplexe Fragen auf: Tausende bildende Künstler, die weder von der Kampagne gegen die Moderne nach dem Selbstverständnis der Institution Museum in der heutigen Gesell- betroffen waren noch auf der Seite der offiziell geförderten Kunst in Erschei- schaft, nach dem Verhältnis von Kunst und Politik sowie nach der Funktion nung traten, die sich vielleicht nie um eine Aufnahme in die Reichskammer von Kunst in der Demokratie. Dem sollten wir uns stellen und es als Chance der bildenden Künste und/oder für die bis 1944 jährlich stattfindenden Großen begreifen, in den öffentlichen Diskurs einzugreifen. Deutschen Kunstausstellungen bewarben – oder es vergeblich versuchten. Eine Untersuchung solcher exemplarischer Künstlerbiografien würde unser Bild 3. SOWOHL – ALS AUCH (ODER WAHLWEISE: WEDER – NOCH) von den Handlungsspielräumen im NS-Staat substanziell bereichern und zu- gleich Material für die in jüngerer Zeit entflammte Diskussion um die »innere« Wenn ich im ersten Abschnitt »entartete« Kunst und im zweiten »Nazi- Emigration liefern. kunst« behandelt habe, so entspricht dies einer schon bald nach 1945 ent- Einen vielgestaltigen Blick auf Kunst, Politik und Museumsgeschichte

wickelten und dann über viele Jahrzehnte tradierten simplifizierenden Unter- während der NS-Zeit warf auch die Ausstellung Die schwarzen Jahre. Geschich- smus scheidung, nämlich einer Gegenüberstellung der modernen, als »entartet« an ten einer Sammlung. 1933−1945 im Hamburger Bahnhof in Berlin 2015/16.

den Pranger gestellten, auch politisch fortschrittlich gesinnten Künstler (also Gezeigt wurden Werke im Besitz der Nationalgalerie, die entweder im ge- iali soz der Guten) auf der einen Seite und der künstlerisch rückständigen, sich willig nannten Zeitraum entstanden, besonders goutiert wurden, damals in die in den Dienst des NS-Staates stellenden und dessen Ideologie vertretenden Sammlung gekommen oder aber durch die Nationalsozialisten im Rahmen der Künstler (also der Bösen) auf der anderen Seite – wobei diese Opposition Aktion »Entartete Kunst« beschlagnahmt worden waren. So unterschiedlich vom NS-Staat selbst propagiert und durch die beiden Parallelausstellungen die Werke und ihre Provenienzen, so unterschiedlich waren auch die in der 1937 in geradezu didaktischer Weise zugespitzt wurde, natürlich unter um- Ausstellung dokumentierten Biografien der beteiligten Künstler.19 gekehrten Vorzeichen, nämlich »entartet« = schlecht und »deutsch« = gut. Zum Abschluss dieses Abschnitts noch ein kurzer Blick nach Düssel- Auch meine eigene, 1991 an der Universität Heidelberg eingereichte und dorf. Anlässlich des 100-jährigen Gründungsjubiläums der Künstlervereinigung o nal s t po liti k i m N ati 1995 in überarbeiteter Form als Buch erschienene Dissertation zu den NS- »Das Junge Rheinland« 2019 veranstaltete der Kunstpalast die Ausstellung u n Femeausstellungen ist noch (zu) stark von diesem binären Denken im Sinne Das Junge Rheinland. »Zu schön, um wahr zu sein«.20 In seinem aktuellen Bonner von »entartet« = modern und moralisch gut versus NS-Kunst = rückständig Dissertationsprojekt mit dem Arbeitstitel Anpassung und Widerspruch. Künstler

und moralisch verwerflich geprägt. des Jungen Rheinlands im Nationalsozialismus und nach 1945 untersucht Lukas s t u n d K

Die oben zitierte Forderung Lucian Hölschers aus dem Jahr 1999 nach Bächer Künstlerbiografien wie jene von Carl Lauterbach und Otto Pankok, u n einer komplexeren Beurteilung des Nationalsozialismus entsprach einem der Theo Champion und Richard Gessner – ebenfalls jenseits des beschriebenen K wesentlichen Impulse des Überbrückt-Kolloquiums von 1997, nämlich von dem bipolaren Schwarz-Weiß-Modells.

20 21 4. KUNSTKRITIKER UND KUNSTHISTORIKER fünf Reisetagebücher Hans Posses (1939−1942) im Deutschen Kunstarchiv am Germanischen Nationalmuseum.23 Posse war ebenso für die Vorbereitung und Zwei Sektionen in der Publikation Überbrückt sind Kunsthistorikern sowie Umsetzung eines groß angelegten Verteilungsprogramms von NS-Raubkunst Publizisten gewidmet, darunter ein Beitrag über Will Grohmann, einen der auf Museen in der sogenannten »Ostmark« sowie weitere Museen im Deut- einflussreichsten Kunstkritiker und Vermittler der Avantgarden im 20. Jahr- schen Reich zuständig, was Birgit Schwarz, die die Online-Edition der Reise- hundert in Deutschland und darüber hinaus. Auch auf diesem Feld wurde tagebücher bearbeitet, in einer 2018 erschienenen Monografie mit dem Titel inzwischen viel geforscht. So initiierte und finanzierte die Ferdinand-Möller- Hitlers Sonderauftrag Ostmark umfassend untersucht hat.24 Stiftung ein groß angelegtes Projekt zu Will Grohmann an den Staatlichen Nicht weniger brisant: Welche Rolle spielten die akademische Disziplin­ Kunstsammlungen Dresden unter Leitung von Konstanze Rudert. Drei Pub- Kunstgeschichte und ihre Vertreter im Nationalsozialismus ? Hierzu ist nach likationen sind bereits erschienen: der Ausstellungskatalog Im Netzwerk der wie vor der bereits 2008 von Ruth Heftrig, Olaf Peters und Barbara Schelle- Moderne. Kirchner, Braque, Kandinsky, Klee, Richter, Bacon, Altenbourg und ihr wald herausgegebene Tagungsband Kunstgeschichte im »Dritten Reich«. Theo- Kritiker Will Grohmann, ferner ein Quellenband mit Texten von Will Groh- rien, Methoden, Praktiken an erster Stelle zu nennen. Er enthält 22 Beiträge zu mann zur Kunst der Moderne, beide 2012, sowie ein Tagungsband mit dem biografischen, theoretischen, methodisch-terminologischen, kulturhistorischen Titel Zwischen Intuition und Gewissheit. Will Grohmann und die Rezeption der sowie vermittlungshistorischen Fragestellungen.25 Monografische Studien wur- Moderne in Deutschland und Europa 1918−1968 im Jahr 2013. Zudem be- den in jüngerer Zeit etwa Alois J. Schardt, Richard Hamann und Alfred Stange findet sich eine Grohmann-Monografie in Vorbereitung.21 Grohmann wurde gewidmet.26 Doch gibt es gerade in diesem Bereich noch viele weitere For- 1958 Präsident der deutschen Sektion der »Association Internationale des schungsdesiderate. Critiques d’Art« (AICA). Sein Amtsvorgänger seit ihrer Gründung 1951 war der Kunstkritiker und Künstler Franz Roh, dessen Buch »Entartete« Kunst. 5. INSTITUTIONEN (MUSEEN UND KUNSTAKADEMIEN) Kunstbarbarei im Dritten Reich 1962 erschien. Die wissenschaftliche Aufarbei- tung des Lebens und Wirkens von Franz Roh ist nach wie vor ein Desiderat Im Bereich der Erforschung der Museen und Kunstakademien während der der Forschung. NS-Zeit gibt es ebenfalls gewichtige Fortschritte. 2013 veranstaltete die

In methodischer Hinsicht ist interessant, dass die Analyse der sozialen Richard Schöne Gesellschaft für Museumsgeschichte im Deutschen Histo­ smus Netzwerke, eine ursprünglich von der empirischen Sozialforschung entwickel- rischen Museum in Berlin ein Symposium zum Thema und unter dem Titel

te Methode zur Erfassung relevanter Beziehungen und Verbindungen, zuneh- Museen im Nationalsozialismus. In dem vorausgegangenen »Call for Papers« iali soz mend in der Kunstwissenschaft angewandt wird, neben der Kunstkritik zum wurde über alle musealen Genres hinweg gefragt nach »den politischen und Beispiel auch in der Kunstmarktforschung. administrativen Rahmenbedingungen für die Museumsarbeit, nach Museums- Ebenfalls an den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden fand im De- akteuren, der Sammlungspraxis, Formen der Museumsinszenierung, Formen zember 2013 eine Tagung zu dem umstrittenen Kunsthistoriker von Propaganda, den Museen im internationalen Kontext sowie nach dem statt, der unter anderem als langjähriger Direktor der dortigen Gemälde­ Umgang der Museen mit ihrer NS-Geschichte in der unmittelbaren Nach- galerie und ab 1939 bis zu seinem Tod 1942 als Adolf Hitlers »Sonderbeauf- kriegszeit. Solche Aspekte sollten aus vergleichender Perspektive oder als Fall- tragter« für Linz wirkte, also für jenes gigantische, nie realisierte sogenannte beispiele beleuchtet werden.«27 Die Resonanz war enorm, es gab fast 100 o nal s t po liti k i m N ati »Führermuseum« ebenda. Als »Sonderbeauftragter« Hitlers agierte Posse als Einsendungen aus zwölf Ländern. Über den 2016 publizierten Sammelband u n Großeinkäufer auf dem internationalen Kunstmarkt und griff dabei auf be- mit 20 Beiträgen schreibt Christian Hirte in seiner Rezension: »Die Veröffent- schlagnahmten jüdischen Besitz zu, weswegen er auch bei der Erforschung von lichung ist eine tour d’horizon geworden, im Zuge derer eine Fülle von Phäno- 22

NS-Raubgut eine tragende Rolle spielt. In seiner spezifischen Funktion legte menen und Aspekten aufgerührt wird. Vielleicht gerade durch die Zufälligkeit s t u n d K

Posse fünf Reisetagebücher an, die sich in seinem Teilnachlass in Nürnberg manches Exempels gelingt es, einen plastischen Eindruck dieser museums- u n befinden. Seit 2017 und noch bis 2020 fördert das Deutsche Zentrum Kultur- geschichtlichen Phase zu vermitteln. Vielleicht hätte dem Ganzen am Ende K gutverluste (DZK) in Magdeburg das Projekt Kommentierte Online-Edition der eine wertende Synthese gutgetan. Es bleibt die Feststellung, dass uns hier ein

22 23 Band zu einem, geradezu verdächtig selten berührten, museographischen For- bildung sowie zu einzelnen Künstlern und Kunstgattungen. Darüber hinaus schungsfeld gegeben ist, der seinen Gegenstand repräsentativ vermisst und stellen sie eine unverzichtbare Quelle für die Provenienzforschung dar. […] letztlich als Aufforderung zu werten ist, hier und da tiefer zu bohren.« 28 Die in Berlin erzeugten bibliographischen Daten der Auktionskataloge und die Zudem liegen inzwischen eine Reihe von Einzeluntersuchungen vor, wie in Heidelberg erzeugten OCR-Daten der einzelnen Katalogeinträge wurden das von Uwe Fleckner und Max Hollein 2012 als Band 6 der Schriften der For- dem Getty Research Institute in Los Angeles zur Verfügung gestellt. Rund schungsstelle »Entartete Kunst« herausgegebene Buch über das Frank­furter 832.000 Datensätze aus ca. 5.000 Katalogen zu den im deutschsprachigen Städel und den Nationalsozialismus sowie die 2013 von Jörn Grabowski und Raum versteigerten Gemälden, Zeichnungen und Skulpturen wurden dort Petra Winter edierte Publikation über die Staatlichen Museen zu Berlin wäh- in die Sales-Description und die Sales-Content Datenbanken des Getty Prove- rend der NS-Zeit. Aktuell beschäftigt sich das Kunstmuseum Stuttgart in einer nance Index® übernommen.« 31 Ausstellung und Publikation mit seiner Geschichte in jenen Jahren. Ergänzend Zu nennen ist weiterhin die Forschungsplattform Galerie Heinemann sei auf Timo Saalmanns Studie über die Kunstpolitik der Berliner Museen zwi- online, die von der damaligen Arbeitsstelle für Provenienzforschung gefördert schen 1919 und 1959 aus dem Jahr 2014 hingewiesen.29 und im Juli 2010 freigeschaltet wurde.32 Auf der Website des DZK heißt es Die Geschichte der Kunsthochschulen im Nationalsozialismus rückt dazu: »Grundlage der Datenbank sind die Geschäftsbücher und die Karteien ebenfalls verstärkt in den Fokus des Faches, ich nenne exemplarisch den Nürn- der Münchner Galerie Heinemann (1872−1938), die sich im Deutschen Kunst- berger Ausstellungskatalog Geartete Kunst. Die Nürnberger Akademie im Natio- archiv im Germanischen Nationalmuseum, Nürnberg, befinden, sowie die nalsozialismus von 2012 sowie den von Wolfgang Ruppert herausgegebenen Kataloge und Fotografien, die im Zentralinstitut für Kunstgeschichte, Mün- Sammelband Künstler im Nationalsozialismus. Die »Deutsche Kunst«, die Kunst- chen, aufbewahrt werden. Diese wurden digitalisiert, mit Metadaten versehen politik und die Berliner Kunsthochschule von 2015.30 Dennoch gibt es noch eine und online gestellt. Die Datenbank ›Galerie Heinemann online‹ ermöglicht ganze Reihe von Kunstakademien, die ihre Geschichte während der Zeit der Recherchen zum Kunsthandel der seinerzeit bedeutenden Münchner Gale- NS-Diktatur bis heute nicht aufgearbeitet haben. rie, schwerpunktmäßig für den Zeitraum von 1890 bis 1939 und erschließt Informationen zu rund 43.500 bedeutenden Gemälden aller Epochen sowie 6. KUNSTMARKT, KUNSTHÄNDLER UND PRIVATSAMMLER zu etwa 13.000 mit ihrem Erwerb beziehungsweise Verkauf verbundenen Per- 33 sonen und Institutionen.« smus Eine Sektion in der Publikation Überbrückt widmete sich mit drei Beiträgen In ihrer 2011 als Band 7 der Schriften der Forschungsstelle »Entartete

den Kunsthändlern und ihrer ambivalenten Rolle im Nationalsozialismus. Be- Kunst« erschienenen Dissertation Kunstwerte im Wandel. Die Preisentwicklung iali soz zeichnenderweise ist es ebendieses Forschungsfeld sowie, damit thematisch der deutschen Moderne im nationalen und internationalen Kunstmarkt 1925 eng zusammenhängend, jenes der Privatsammler, die in den letzten Jahren eine bis 1955 untersucht Gesa Jeuthe die Preisentwicklung von Gemälden deut- große Dynamik entwickelt haben, was sicher nicht zuletzt mit dem Erstarken scher Künstler des Impressionismus, Expressionismus, des Bauhauses und der der Provenienzforschung zusammenhängt. Neuen Sachlichkeit auf dem nationalen und internationalen Kunstmarkt im Auch hier stehen der Forschung nun Datenbanken im Internet zur Ver- Zeitraum von 1925 bis 1955.34 Sie kommt zu einer Fülle neuer Einsichten und fügung. Zu nennen ist das groß angelegte internationale Kooperations- und Erkenntnisse. So kam es bei den genannten Strömungen weder 1933, nach Digitalisierungsprojekt German Sales 1901–1945, das im Rahmen zweier durch der Machtübernahme, noch 1937, nach Eröffnung der Propagandaausstellung o nal s t po liti k i m N ati die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderter Vorhaben erstellt Entartete Kunst, zu einem Preisverfall. Auch die Aussage, die deutsche Moderne u n wurde und kontinuierlich weiter ausgebaut wird: »Ca. 9.110 vor allem in hätte vor 1939 keinen internationalen Marktwert besessen und überhaupt Deutschland, Österreich und der Schweiz erschienene historische Auktions- erst die Diffamierung durch die Nationalsozialisten habe ihr nach 1945 zu

kataloge der Jahre 1901 bis 1945 [werden] online und im Open Access be- internationalem Ansehen verholfen, lässt sich nicht derart verallgemeinern. s t u n d K

reitgestellt. Berücksichtigt wurden dabei rund 390 Auktionshäuser. Die Auk- Richtig ist hingegen, dass die Verkaufspreise des Propagandaministeriums für u n tionskataloge sind die Grundlage zur Erforschung des Kunstmarkts der ersten »entartete« Kunst extrem gering und die Gewinnmargen der Kunsthändler K Hälfte des 20. Jahrhunderts, zu Fragen des Sammelns und der Geschmacks- beim Weiterverkauf – offiziell durften die vier vom Propagandaministerium

24 25 mit der »Verwertung« beauftragten Händler Bernhard A. Böhmer, Karl Buch- Sammlungsforschers Werner J. Schweiger) und dadurch zu einem bedeuten- holz, Ferdinand Möller und Hildebrand Gurlitt nur gegen Devisen ins Ausland den Zentrum der Kunstmarkt- und Provenienzforschung geworden ist.37 verkaufen, hielten sich jedoch alle nicht an diese Direktive – sehr groß waren. In den Jahren zwischen der Währungsreform 1948 und 1955 lagen die Preise 7. PROVENIENZFORSCHUNG zwar im Vergleich zu den zwischen 1925 und 1944 erzielten höher, von einem drastischen Anstieg kann gleichwohl keine Rede sein. Ebenso verblüffend ist Es besteht kein Zweifel: Provenienzforschung, also das Nachvollziehen der die Erkenntnis, dass für »entartete« Kunst selbst in der Zeit des National- Herkunft und (Besitz-)Geschichte von Kulturgütern und Objekten aller Art, sozialismus durchaus Absatz- und Verkaufsmöglichkeiten in Deutschland be- hat derzeit Konjunktur (und ich selbst bin als Inhaber der Alfried Krupp von standen, wenngleich in eingeschränktem Umfang. Bohlen und Halbach-Stiftungsprofessur mit dem Schwerpunkt Provenienz­ Es waren also weiterhin »gute« Geschäfte möglich. Gute Geschäfte. forschung und Geschichte des Sammelns Teil ebendieser Konjunktur). Dabei Kunsthandel in Berlin 1933−1945 lautete denn auch der Titel einer Ausstel- gehört sie im Prinzip seit jeher zum Methodenkanon der Kunstwissenschaft, lung des Aktiven Museums im Centrum Judaicum und im Landesarchiv Berlin etwa im Zusammenhang mit der Untersuchung privater und öffentlicher 2011/12 unter der Projektleitung von Christine Fischer-Defoy.35 Nicht weni- Sammlungen, des Kunstmarktes, der Urheberschaft und der Authentizität von ger als 14 Berliner Galerien und Kunsthandlungen im Nationalsozialismus, von einzelnen Kunstwerken sowie eines künstlerischen Œuvres (Stichwort Werk- Bernhard A. Böhmer und Karl Buchholz über die Galerien Flechtheim und verzeichnisse). Allerdings führte Provenienzforschung lange Zeit eher ein Haberstock bis hin zu Hans W. Lange und Leo Spik, sind in dem material- Schattendasein, als eine Art Hilfswissenschaft, und wurde auch in der Lehre und erkenntnisreichen Katalog dokumentiert – eine wahre Fundgrube für das kaum beachtet. Das ändert sich seit einigen Jahren, wobei die gegenwär­tige Thema. Zu manchen der vorgestellten Kunsthändler sind mittlerweile mono- Konjunktur der Provenienzforschung außerfachliche, genauer: politische Grün- grafische Studien erschienen, etwa 2016 eine über Paul Graupe. Diese Unter- de hat, sie hängt nämlich vor allem zusammen mit der verstärkten Suche nach suchung schlägt ebenso den Bogen vom Berliner Kunsthandel der Weimarer NS-Raubkunst.38 Republik zu jenem der NS-Zeit wie Angelika Enderleins bereits 2006 erschie- Bereits in den 1980er- und 1990er-Jahren erschienen Studien zum NS- nene Dissertation Der Berliner Kunsthandel in der Weimarer Republik und im Kunstraub (unter anderem von Hector Feliciano, Günther Haase, Jakob Kurz,

NS-Staat. Zum Schicksal der Sammlung Graetz. Von Berlin aus betrieb auch der Lynn H. Nicholas, Jonathan Petropoulos), aber erst seit der sogenannten smus aus einer Kunsthändler-, Künstler- und Gelehrtenfamilie stammende Wolfgang »Washingtoner Erklärung« vom 3. Dezember 1998 entwickelt das Thema

Gurlitt, Cousin von Hildebrand Gurlitt, seine Geschäfte. In der NS-Zeit war eine zuvor nicht dagewesene Dynamik. Im Rahmen jener Konferenz beschloss iali soz er in den Handel mit »entarteter« Kunst und mit Raubkunst aus jüdischem eine internationale Staatengemeinschaft Grundsätze für die Rückgabe von Besitz involviert. Seine Biografie und eigene Sammlung sind überdies eng mit während der NS-Zeit unrechtmäßig entzogenen Vermögenswerten (wie etwa der Geschichte der Neuen Galerie der Stadt Linz (heute LENTOS Kunst­ Raubkunst). Daraufhin unterzeichneten im Dezember 1999 Bund, Länder und museum) verknüpft, die ihm 2019/20 eine umfassende, von einem umfang- kommunale Spitzenverbände eine gemeinsame Erklärung, in der die Auffin- reichen Katalog begleitete Ausstellung widmete. Weiterhin sind einschlägige dung und Rückgabe »NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgutes, insbe- Dissertationen zu Kunsthändlern aufzuführen, beispielsweise jene von Meike sondere aus jüdischem Besitz«, als fortwährende Aufgaben öffentlicher Ein- Hopp über Adolf Weinmüller (2012) und jene von Katrin Engelhardt über richtungen in Deutschland formuliert wurden (also nicht nur für Museen, o nal s t po liti k i m N ati Ferdinand Möller (2013).36 sondern ebenso für Bibliotheken und Archive). Dabei handelt es sich um eine u n Ferdinand Möller war zwischen 1917 und 1956 einer der führenden freiwillige moralische Selbstverpflichtung, ein »soft law«, denn in Deutschland Galeristen der deutschen Moderne und, wie oben erwähnt, ab 1938 an der gibt es im Gegensatz etwa zu Österreich kein Restitutionsgesetz. Wird Kultur-

»Verwertung« der in den deutschen Museen als »entartet« beschlagnahmten gut als NS-Raubgut identifiziert, so fordern die »Washingtoner Prinzipien« s t u n d K

Kunst beteiligt. Sein Firmenarchiv befindet sich in der Berlinischen Galerie, die dazu auf, »gerechte und faire Lösungen« mit den rechtmäßigen Eigentümern u n eine ganze Reihe weiterer Galerie-, Künstler- und Kunstvermittlernachlässe bzw. deren Nachfahren zu finden. Das können, müssen aber nicht Restitu­ K verwahrt (darunter das überaus reiche Archiv des Wiener Kunstmarkt- und tionen sein. Die Rückgabe von Ernst Ludwig Kirchners Gemälde Berliner

26 27 Straßenszene aus dem Brücke-Museum im August 2006 an die Enkelin des Was hat all das nun bewirkt − zunächst gefragt in Hinblick auf die Infrastruktur jüdischen Kunstsammlers Alfred Hess war einer der ersten spektakulären Fäl- der Wissenschaft, dann mit Blick auf die Inhalte ? le in Deutschland, der international Aufsehen erregte. Bis heute ist umstritten, Seitdem der damalige Leiter der Hamburger Kunsthalle Uwe M. Schnee- ob dieses Werk tatsächlich »NS-verfolgungsbedingt« entzogen worden und de dort im Jahr 2000 weitsichtig eine erste Stelle für eine Provenienzforsche- also eine Restitution angezeigt war.39 rin eingerichtet und 2005 entfristet hat, ist ein langsamer, aber stetiger Stellen- Nach der »Washingtoner Erklärung« sollte es noch zehn lange Jahre zuwachs in diesem Bereich zu beobachten. Der Vorstand des Arbeitskreises dauern, bis man die Suche nach NS-Raubgut in Deutschland systematisch Provenienzforschung e. V. hat im März 2019 an seine 280 Mitglieder eine vorantrieb. Erst 2008 wurde die »Arbeitsstelle für Provenienzforschung« Online-Umfrage versandt, um erstmals präzise Angaben über die Stellensitua­ (Af P) beim Institut für Museumsforschung der Staatlichen Museen zu Berlin – tion seiner Mitglieder zu erheben. Erfragt wurden in diesem Rahmen aller- Stiftung Preußischer Kulturbesitz eingerichtet und mit der Vergabe staatlicher dings auch Stellen, die nicht ausschließlich der Provenienzforschung gewidmet Fördermittel beauftragt. Von 2008 bis 2011 standen jährlich eine Million Euro sind. Ergebnis: Von den 160 Mitgliedern, welche die Umfrage vollständig be- für Museen, Bibliotheken und Archive zur Verfügung, die ihre Bestände nach antworteten, haben 55 (also 34 %) unbefristete Stellen, wovon auf die im NS-Raubgut durchforsten wollten; danach wurden die Fördermittel in mehre- Ausland tätigen Mitglieder knapp 20 % entfallen. Die deutliche Mehrheit der ren Schritten auf heute über vier Millionen Euro jährlich erhöht. in diesem Bereich Tätigen arbeitet also in prekären, befristeten Verhältnis- Der sogenannte »Schwabinger Kunstfund« löste im November 2013 sen.43 Mit allem Nachdruck ist hier die Einrichtung zusätzlicher unbefristeter ein weltweites Echo und zugleich erheblichen Druck auf die deutsche Bun- Stellen zu fordern. desregierung aus. Wenn es eines Beweises bedurft hätte, dass Medien gesell- Doch woher kommt überhaupt das qualifizierte Personal ? Nachdem schaftliche Diskurse nicht nur abbilden, sondern auch wesentlich zu ihrer Ent- die Ausbildung von qualifizierten Provenienzforschern lange Zeit ausschließ- stehung und Entwicklung beitragen – hier wäre er erbracht. Der »Fall« Gurlitt lich durch learning by doing und im Rahmen des kollegialen Austausches, etwa führte schließlich am 1. Januar 2015 zur Gründung des DZK in Magdeburg. im Arbeitskreis Provenienzforschung, möglich war, findet sie nun seit eini- Das DZK führt die Aufgaben der ehemaligen Koordinierungsstelle Magdeburg, gen Jahren auch an den Hochschulen statt. So startet seit 2011 jeweils im die die Lost-Art-Internetdatenbank betrieb, und der AfP fort – mit mittler- Wintersemester das Modul »Provenienzforschung« am Kunsthistorischen

weile deutlich erweitertem Aufgabenfeld. Die Bilanz bisher: In vielen Fällen Institut der Freien Universität Berlin. Seit 2016 gibt es strukturierte berufs- smus nachgewiesener NS-Raubkunst konnten »gerechte und faire Lösungen« im qualifizierende Angebote in den Bereichen Aus- und Weiterbildung. Speziali-

Sinne des achten Grundsatzes der »Washingtoner Erklärung« gefunden wer- sierte Professuren wurden an den Universitäten in Hamburg, Bonn, München, iali soz den. Allein die Stiftung Preußischer Kulturbesitz hat seit 1999 über 350 Kunst- Berlin und Lüneburg eingerichtet, wobei davon nur die W3-Professur in Bonn werke und mehr als 1 000 Bücher restituiert.40 Die Gesamtzahl aller von Af P und die W2-Professur in Lüneburg unbefristet sind, die übrigen sind befristete und DZK geförderten Projekte beläuft sich auf 340 (Stand Dezember 2019).41 Juniorprofessuren. Spezielle Masterstudiengänge bieten die Universitäten Zusätzlich zur NS-Zeit werden vom DZK inzwischen zwei weitere his- Bonn und Würzburg an.44 Auch in diesem Bereich müssen künftig mehr unbe- torische Unrechtskontexte in den Blick genommen: zum einen Enteignungen fristete Stellen eingerichtet werden, andernfalls sind die wachsenden Aufgaben in der Sowjetischen Besatzungszone und in der DDR, zum anderen »Kul- nicht zu bewältigen. tur- und Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten«, wie ein neuer, eigens ein- Die vermehrte Provenienzforschung in den Museen prägt auch den o nal s t po liti k i m N ati gerichteter Fachbereich heißt. Die Debatte um das Thema Kulturgüter aus Ausstellungsbetrieb. Seit 2004 hat es in Deutschland, Österreich, Frankreich u n der Kolonialzeit wurde dabei im Wesentlichen durch drei Ereignisse befeuert: und den USA rund 100 Ausstellungen zum Thema NS-Raubkunst gegeben, die Kontroverse um das künftige Humboldt Forum in Berlin, eine Rede des viele von ihnen begleitet von wissenschaftlichen Katalogen.45 Diese Sonder-

französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron am 28. November 2017 in ausstellungen basierten jeweils auf den Ergebnissen der Provenienzforschung s t u n d K

Burkina Faso sowie der Bericht von Felwine Sarr und Bénédicte Savoy über die in den betreffenden Institutionen. Weitere wichtige Projekte wurden und u n Rückgabe afrikanischen Kulturerbes vom November 2018, der mittlerweile werden, ganz oder teilweise finanziert vom DZK, unter anderem am Zen­ K auch auf Deutsch vorliegt.42 tralinstitut für Kunstgeschichte in München – zum Beispiel die Rekonstruktion

28 29 des sogenannten »Führerbau-Diebstahls« – sowie an der Freien Universität in 8. AUSBLICK Berlin – zum Beispiel die Mosse Art Research Initiative (MARI) zur Kunstsamm- lung von Rudolf Mosse – durchgeführt.46 Meine persönliche Bilanz der Forschungen zur Kunst und Kunstpolitik im Zusammenfassend lässt sich konstatieren, dass die in den letzten Jah- Nationalsozialismus in den letzten rund 20 Jahren fällt ambivalent aus. Große ren intensivierte Provenienzforschung vor allem in Hinblick auf NS-Raubgut Fortschritte sind vielerorts unbestreitbar: Eine Fülle von Einzeluntersuchungen Untersuchungen und Erkentnisse zur Kunstpolitik im Nationalsozialismus liegen vor, das öffentliche wie auch das fachliche Bewusstsein für die Thematik entschieden vorangebracht hat. Und dies in erster Linie hinsichtlich einzelner wurde geschärft, eine differenziertere Beurteilung ist im Gange und die digitale Privatsammlungen, des Kunstmarktes und Kunsthandels sowie der Geschichte Welt (einige der wichtigen Datenbanken habe ich genannt) eröffnet der For- der Museen. schung ganz neue Möglichkeiten. Aber vieles bleibt noch eingehender zu unter- Doch Provenienzforschung hat viele Dimensionen (ebenso wie die suchen, gerade in Hinblick auf die bisweilen ambivalente und auch widersprüch- Objekte, mit denen sie sich beschäftigt, unterschiedlichste Bedeutungen liche Haltung und Rolle moderner Künstler im NS-Staat und die Mechanismen tragen), sie erschöpft sich keineswegs in der Beantwortung der Frage nach und Nachwirkungen kunsthistorischer Kanonbildung nach 1945. Das Kollo- rechtmäßigem oder unrechtmäßigem Besitz; und mithin auch nicht in der quium Unbewältigt? fand nicht nur 20 Jahre nach Erscheinen des Bandes Über- Frage: Restitution – ja oder nein ? Ebenso wenig in der bloßen positivistischen brückt statt, sondern auch rund 60 Jahre, nachdem sich Theodor W. Adorno Anhäufung von Fakten und Daten zu einzelnen Objekten, wenngleich diese in einem berühmt gewordenen Vortrag mit dem Titel »Was bedeutet: Auf­ Recherchen natürlich die Grundlage für alle weitergehenden Interpretatio- arbeitung der Vergangenheit« für eine öffentliche Thema­tisierung der NS-Zeit nen bilden. Provenienzforschung, verstanden als breit angelegte Kontext- eingesetzt hat.48 Persönlich wünsche ich mir mehr Mut im Umgang mit diesem forschung, liefert neue Erkenntnisse über die Geschichte und Erwerbungs- Thema, auch mehr Mut zur Selbstkritik (etwa was die Rolle der Kunsthistoriker strategie der betreffenden Institutionen und sie wirft ein neues Licht auf und jene des Faches Kunstgeschichte im NS-Staat betrifft), zur Provokation das einzelne Kunstwerk, indem sie es an der Schnittstelle von Objekt- und sowie zum Anstoß von und zur Positionierung in öffentlichen Debatten. Sammlungsbiografie verortet. Und: Die Kenntnis der Provenienz eines Ob- Ab 2015 wurde in der Zeitschrift für Kunstgeschichte eine Debatte zur jekts hat unmittelbare Auswirkungen auf seine Wahrnehmung. Provenienz- Lage der Kunstgeschichte geführt. Ulrich Pfisterer betitelte seinen Beitrag

forschung führt damit nicht vom Objekt weg, wie zuweilen kritisiert wird, im Heft 1 des Jahres 2016 »Hans im Glück: Kunstgeschichte heute«. Dar- smus sondern erschließt neue Zugänge zu seinem Verständnis. Deswegen müssen in schreibt er: »Und wer hätte je gedacht, dass Themen wie ›Beutekunst‹,

die Ergebnisse der Provenienzforschung – noch viel stärker, als das bisher Restitution oder Kulturgüterschutz nicht nur öffentliches Interesse und iali soz der Fall ist – in das museale Display der Dauerausstellungen einfließen, sie politischen Handlungsbedarf erregen, sondern unter Titeln wie Monuments müssen für das Publikum sichtbar(er) und nachvollziehbar(er) werden. Pro- Men oder Woman in Gold selbst im Kino Kasse machen […] ?« (S. 5 f.) Des Wei- venienzen ermöglichen es den Museen nämlich, dem Publikum andere, neue teren moniert der Münchner Kunsthistoriker: »Seltenes Einmischen in öffent­ Erzählungen anzubieten, und das jenseits von Chronologie, Stilgeschichte liche Fragen, wenig Mut zu genuinen Theoriemodellen und Makro-Entwürfen, oder Schulzusammenhängen. defensives Positionsbeziehen in der Umstrukturierung der Universitäts- und Meine These ist, dass unser heutiges Wissen um die Bedeutung von Bildungslandschaft, Rückzug in die eigene fachliche comfort zone erleichtern Provenienzen unseren Umgang mit Kulturgütern nachhaltig und tief greifend allesamt das Marschgepäck des kunsthistorischen Hans im Glück« (S. 7 f.), um o nal s t po liti k i m N ati verändern wird, dass Provenienz sogar das Potenzial hat, ein neues Paradigma am Ende zu fordern: »Nach so viel Glück wäre die Herausforderung und Hoff- u n in den Kultur- und Geisteswissenschaften zu werden. Provenienz erweist sich nung, dass man sich in Zukunft wieder etwas mehr Last – in den öffentlichen nämlich als anschlussfähig an zahlreiche kultur- und geisteswissenschaftliche Diskussionen, in den disziplinären Ambitionen, in den Visionen – zutraut«

Fächer, Disziplinen und Diskurse. So lässt sich Provenienzforschung mit der (S. 8). Ist denn überhaupt ein Thema denkbar, das sich dafür mehr anbietet, ja s t u n d K

Erinnerungskultur und dem kollektiven bzw. kulturellen Gedächtnis einer Ge- geradezu aufdrängt, als Kunst und Kunstpolitik im Nationalsozialismus ? u n sellschaft verknüpfen. Für diesen Prozess habe ich den Begriff »provenancial K turn« vorgeschlagen.47

30 31 ANMERKUNGEN behandelt: Christoph Zuschlag, »Looted 13 Pressemitteilung zur Ausstellung Taking mit NS-Kunst im Kunstmuseum heute«, in: Art, Booty Art, ›‹: Aspects Positions. Untergang einer Tradition. Figürliche Kunstzeitung, Nr. 254, Oktober 2017, S. 3. 1 Vgl. Eugen Blume und Dieter Scholz of Art Collecting in the Third Reich«, in: Bildhauerei und das Dritte Reich, Georg- 18 Lucian Hölscher, »Erinnern und Ver­ (Hrsg.), Überbrückt. Ästhetische Moderne Maia Wellington Gahtan und Eva-Maria Kolbe-Museum, Berlin, 2001/02, URL: gessen – Vom richtigen Umgang mit der und Nationalsozialismus. Kunsthistoriker und Troelenberg (Hrsg.), Collecting and Empires. [24. Februar 2020]. Ulrich Borsdorf und Heinrich Theodor 2 Um den Lesefluss nicht zu stören, ver­ Turnhout 2019 (Collectors and Dealers, 14 Vgl. Rudolf Conrades (Hrsg.), Zur Dis­ Grütter (Hrsg.), Orte der Erinnerung. Denkmal, wende ich das generische Maskulinum, das Bd. 4), S. 322−337. kussion gestellt: der Bildhauer Arno Breker, Gedenkstätte, Museum, Frankfurt am Main/ alle Geschlechter einschließt. 8 Vgl. Ausstellungen »entartet« – beschlag­ hrsg. von Rudolf Conrades, Ausst.-Kat. New York 1999, S. 111−127, hier S. 113. 3 Vgl. Der Berliner Skulpturenfund. »Entartete nahmt. Bremer Künstler im Nationalsozialismus, Schleswig-Holstein-Haus, Schwerin, Schwerin 19 Vgl. Die schwarzen Jahre. Geschichten einer Kunst« im Bombenschutt, Entdeckung – Städtische Galerie Bremen, 2009; Jagd auf 2006; Christoph Zuschlag, »Warum ich der Sammlung. 1933−1945, hrsg. von Dieter Scholz Deutung – Perspektive. Begleitband zur Aus­ die Moderne. Verbotene Künste im Dritten Meinung bin, dass die Schweriner Breker- und Maria Obenaus, Ausst.-Kat. Staatliche stellung mit den Beiträgen des Berliner Sympo­ Reich, Kunstmuseum Mülheim an der Ruhr, Ausstellung geschlossen werden soll«, in: Museen zu Berlin, Preußischer Kulturbesitz, siums 15.−16. März 2012, hrsg. von Matthias 2012; Degenerate Art. The Attack on Modern kultur politik, Nr. 3, September 2006, S. 6; Hamburger Bahnhof – Museum für Gegen­ Wemhoff in Zusammenarbeit mit Meike Art in Nazi , 1937, Neue Galerie, Walter Vitt und Christoph Zuschlag (Hrsg.), wart – Berlin, Berlin 2015. Hoffmann und Dieter Scholz, zugl. Ausst.-Kat. Museum for German and Austrian Art, Der Fall Arno Breker. Ein Kritiker-Disput zur 20 Vgl. Das Junge Rheinland. »Zu schön, um Museum für Vor- und Frühgeschichte, Staat­ New York, 2014; Moderne Meister. »Ent­ Schweriner Ausstellung 2006, Nördlingen wahr zu sein«, hrsg. von Kay Heymer und liche Museen zu Berlin, Regensburg 2012. artete« Kunst im Kunstmuseum Bern, 2007 (Schriften zur Kunstkritik, Bd. 17); Daniel Cremer, Ausst.-Kat. Museum Kunst­ 4 Vgl. Bestandsaufnahme Gurlitt, hrsg. von Kunst­museum Bern, 2016; 1937. Die Aktion Rudolf Conrades (Hrsg.), Das Schweriner palast, Düsseldorf, Köln 2019. Andrea Baresel-Brand, Meike Hopp und »Entartete Kunst« in Düsseldorf, Museum Arno-Breker-Projekt. Dokumentation, Schwerin 21 Vgl. Grohmann-Projekt der Ferdinand- Agnieszka Lulińska, Ausst.-Kat. Kunstmuseum Kunstpalast, Düsseldorf, 2017/18; Beschlag­ 2007; Eckhart Gillen, Arno Breker: Dekorateur Möller-Stiftung, URL: [24. Februar 2020]. desrepublik Deutschland, Bonn/Gropius Bau, Mannheim, 2019. Anmerkungen zu einer Rezeption in der 22 Vgl. Staatliche Kunstsammlungen Berlin, München 2017. − Weitere Literatur 9 Vgl. Georg Kreis, Einstehen für »entartete Bundesrepublik Deutschland nach 1945, Dresden, Gilbert Lupfer und Thomas zum Fall Gurlitt: Johannes Heil und Annette Kunst«. Die Basler Ankäufe von 1939/40, Berlin 2015 (Schriftenreihe des Kunsthauses Rudert (Hrsg.), Kennerschaft zwischen Macht Weber (Hrsg.), Ersessene Kunst. Der Fall Zürich 2017. − Die Luzerner Versteigerung Dahlem, hrsg. von Dorothea Schöne). – und Moral. An­näherungen an Hans Posse Gurlitt, Berlin 2015; Catherine Hickley, Gurlitts vom 30. Juni 1939 war unter dem Sektions­ Für einen Einblick in aktuelle institutionelle (1879−1942), Beiträge der wissenschaftlichen Schatz. Hitlers Kunsthändler und sein geheimes titel La vente de Lucerne, 1939 ebenfalls Standpunkte hierzu vgl. ferner die abgedruck­ Tagung Forschungen zu Hans Posse vom 5. bis Erbe, Wien 2016; Meike Hoffmann und Thema der Ausstellung L’art dégénéré selon te Podiumsdiskussion im vorliegenden Band, 6. Dezember 2013 in Dresden, Köln/Weimar/ Nicola Kuhn, Hitlers Kunsthändler. Hildebrand Hitler in der Cité Miroir, Liège, 2014/15. S. 332–353. Wien 2015. Gurlitt 1895−1956. Die Biographie, München 10 Vgl. Lucy Wasensteiner, The Twentieth 15 Vgl. Ausstellungen Tradition und Propa­ 23 Eine Arbeitsversion ist bereits online 2016; Andreas Hüneke, Fund Gurlitt – Fall Century Exhibition. Answering ganda. Eine Bestandsaufnahme. Kunst aus der abrufbar, URL: [24. Februar 2020]. Berichterstattung, Deiningen 2015 (Schriften London 2019; dies. und Martin Faass (Hrsg.), Sammlung Würzburg, Museum im Kulturspei­ 24 Vgl. Birgit Schwarz, Hitlers Sonderauf­

zur Kunstkritik, Bd. 25); Stefan Koldehoff, London 1938: defending »degenerate« art. cher Würzburg, 2013; GegenKunst. »Entartete trag Ostmark. Kunstraub und Museumspolitik smus Die Bilder sind unter uns. Das Geschäft mit der Mit Kandinsky, Liebermann und Nolde gegen Kunst« – NS-Kunst – Sammeln nach ’45, im Nationalsozialismus, Wien/Köln/Weimar NS-Raubkunst und der Fall Gurlitt, Berlin 2014; Hitler, Ausst.-Kat. Liebermann Villa am Pinakothek der Moderne, München, 2015/16; 2018 (Schiftenreihe der Kommission für Oliver Meier, Michael Feller und Stefanie Wannsee, Berlin, Wädenswil am Zürichsee Art in Battle, KODE – Art Museums of Ber­ Provenienz­forschung, Bd. 7). Christ, Der Gurlitt-Komplex. Bern und die Raub­ 2018; Michael Tymkiw, Nazi Exhibition Design gen, 2015/16; »artige« Kunst. Kunst und 25 Vgl. Ruth Heftrig, Olaf Peters und iali soz kunst, Zürich 2017; Maurice Philip Remy, Der and Modernism, Minneapolis 2018. Politik im Nationalsozialismus, Situation Kunst Barbara Schellewald (Hrsg.), Kunstgeschichte Fall Gurlitt. Die wahre Geschichte über Deutsch­ 11 Vgl. Klaus Staeck (Hrsg.), Nazi-Kunst ins (für Max Imdahl), Kunstsammlungen der im »Dritten Reich«. Theorien, Methoden, Prak­ lands größten Kunstskandal, Berlin u. a. 2017. Museum ?, Göttingen 1988. Ruhr-Universität Bochum, 2016 (2017 in tiken, Berlin 2008 (Schriften zur modernen 5 Vgl. Datenbank »Entartete Kunst« der 12 Datenbank Große Deutsche Kunstaus­ der Kunsthalle Rostock und im Kunstforum Kunsthistoriographie, Bd. 1). Forschungsstelle »Entartete Kunst«, Freie stellung 1937−1944, URL: [24. Februar verfallen, verdrängt. Kunst und Nationalsozia­ Rehm (Hrsg.), Alois J. Schardt. Ein Kunsthisto­ kult.fu-berlin.de/e/db_entart_kunst/daten­ 2020]. − Der Vortrag, den Hans-Ernst Mittig lismus. Die Sammlung der Städtischen Galerie riker zwischen Weimarer Republik, »Drittem bank/index.html> [24. Februar 2020]. am 19. Oktober 2011 anlässlich der Ver­ Rosenheim in der Zeit des Nationalsozialis­ Reich« und Exil in Amerika, Berlin 2013 6 Vgl. Schriftenreihe der Forschungsstelle anstaltung Die Großen Deutschen Kunstaus­ mus und in den Nachkriegsjahren, Städtische (Schriften zur modernen Kunsthistorio­ »Entartete Kunst« bei De Gruyter, URL: stellungen 1937−1944/45 – Interna­tionale Galerie Rosenheim, 2017; Zwischen Ideo­ graphie, Bd. 4); Ruth Heftrig, Fanatiker der

234937 ?rskey=zDE87o&result=1&q= form »GDK Research« hielt, erschien in Nationalsozialismus in Tirol, Tiroler Landes­ der Moderne in der universitären deutschen u n entartete+kunst> [24. Februar 2020]. überarbeiteter Form 2014: Hans-Ernst Mittig, museum Ferdinandeum, Innsbruck, 2018/19; Kunstgeschichte 1930–1960, Diss. Basel 2011, 7 Vgl. Schriftenreihe der Berliner Forschungs­ »Offene Kapitel beim Umgang mit NS-Kunst Design van het Derde Rijk, Design Museum Berlin/Boston 2014 (Schriften zur modernen stelle »Entartete Kunst« im Fink Verlag, in Museum, Ausstellung und Forschung« Den Bosch, ’s-Hertogenbosch, 2019/20. Kunsthistoriographie, Bd. 5); Iris Grötecke, URL: [9. Oktober 2014], in: Journal of the Inter­ 16 Vgl. Wolfgang Benz, Peter Eckel und »Alfred Stange – Politik und Wissenschaft. [24. Februar 2020]. − An dieser Stelle sei national Association of Research Institutes Andreas Nachama (Hrsg.), Kunst im NS-Staat. Ordinarius des Bonner Kunsthistorischen s t u n d K

ferner auf meinen kürzlich erschienenen Auf­ in the History of Art − RIHA Journal 0098, Ideologie – Ästhetik – Protagonisten, Berlin Instituts von 1935 bis 1945«, in: Roland Kanz u n satz hingewiesen, der die Aktion »Entartete URL: 17 Vgl. hierzu Christoph Zuschlag, »Erkun­ Geschichte und Gelehrte, Berlin/München Kunstsammelns im NS-Staat überblickshaft [24. Februar 2020]. dungen in der Grauzone. Über den Umgang 2018, S. 147−175.

32 33 27 Tanja Baensch, »Einführung«, in: dies., 35 Vgl. Gute Geschäfte. Kunsthandel in Berlin den Band Provenienzforschung in deutschen Freien Universität Berlin, URL: [beide 24. Februar 2020]. Wimmer (Hrsg.), Museen im Nationalsozia­ Defoy und Kaspar Nürnberg, Ausst.-Kat. derung, Berlin 2019 (Provenire, Schriftenreihe 47 Vgl. Christoph Zuschlag, »Vom Iconic lismus. Akteure – Orte – Politik, Köln/ Weimar/ Aktives Museum − Faschismus und Wider­ des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste, Turn zum Provenancial Turn ?, Ein Beitrag Wien 2016, S. 11−19, hier S. 11. stand in Berlin e. V., Centrum Judaicum/ Magdeburg, Bd. 1). zur Metho­dendiskussion in der Kunst­ 28 Christian Hirte, »Rezension zu: Baensch, Landesarchiv Berlin, Berlin 2011. 42 Vgl. Felwine Sarr und Bénédicte Savoy, wissenschaft«, in: Maria Effinger u. a. (Hrsg.), Tanja; Kratz-Kessemeier, Kristina; Wimmer, 36 Vgl. Patrick Golenia, Kristina Kratz- Zurückgeben. Über die Restitution afrikanischer Von analogen und digitalen Zugängen zur Dorothee (Hrsg.), Museen im Nationalsozia­ Kesse­meier und Isabelle le Masne de Cher­ Kulturgüter, Berlin 2019. − Von den neueren Kunst. Festschrift für Hubertus Kohle zum lismus. Akteure, Orte, Politik, Köln 2016« mont, Paul Graupe (1881−1953). Ein Berliner Publikationen zum Thema sei genannt: Deut­ 60. Geburtstag, Heidelberg 2019, S. 409−417, [6. Dezember 2016], in: H-Soz-Kult − Kommu­ Kunsthändler zwischen Republik, Nationalso­ scher Museumsbund e. V. (Hrsg.), Leitfaden online in: arthistoricum.net, DOI: wissenschaften, URL: [24. Februar in der Weimarer Republik und im NS-Staat. 43 Vgl. E-Mail des Arbeitskreises Provenienz­ erschien in: Provenienzforschung in deut­ 2020]. Zum Schicksal der Sammlung Graetz, Diss. forschung e. V. an die Mitglieder, 9. April schen Sammlungen 2019 (wie Anm. 41), S. 29 Vgl. Uwe Fleckner und Max Hollein (Hrsg.), Berlin 2005, Berlin 2006; Wolfgang Gurlitt, 2019. 347−355. − An dieser Stelle sei ferner auf Museum im Widerspruch. Das Städel und der Zauberprinz. Kunsthändler – Sammler, hrsg. 44 Vgl. Ulrike Saß und Christoph Zuschlag, einen kürzlich erschienenen Sammelband Nationalsozialismus, Berlin 2011 (Schriften der von Elisabeth Nowak-Thaller und Hemma Kapitel 6.4: »Aus- und Weiterbildung«, in: verwiesen: Jane C. Milosch und Nick Pearce Forschungsstelle »Entartete Kunst«, Bd. 6); Schmutz, Ausst.-Kat. LENTOS Kunstmuseum Deutsches Zentrum Kulturgutverluste und (Hrsg.), Collecting and Provenance. A Multidisci­ Jörn Grabowski und Petra Winter (Hrsg.), Linz/Museum im Kulturspeicher Würzburg, Arbeitskreis Provenienzforschung e. V. (Hrsg.), plinary Approach, Lanham u. a. 2019. Zwischen Politik und Kunst. Die Staatlichen München 2019; Meike Hopp, Kunsthandel im Leitfaden Provenienzforschung zur Identifizierung 48 Vgl. Theodor W. Adorno, »Was be­ Museen zu Berlin in der Zeit des Nationalsozia­ Nationalsozialismus. Adolf Weinmüller in Mün­ von Kulturgut, das während der nationalsozia­ deutet: Aufarbeitung der Vergangenheit« lismus, Köln/Weimar/Wien 2013; Kai Artinger, chen und Wien, Diss. München 2012, Köln/ listischen Herrschaft verfolgungsbedingt ent­ [1959], in: ders., Gesammelte Schriften, Bd. 10: Das Kunstmuseum Stuttgart im Nationalsozia­ Weimar/Wien 2012 (Veröffentlichungen zogen wurde, Magdeburg 2019, S. 122−125. Kulturkritik und Gesellschaft, Teil 2: Eingriffe, lismus. Der Traum vom Museum »schwäbischer« des Zentralinstituts für Kunstgeschichte, 45 DZK online, URL: Saalmann, Kunstpolitik der Berliner Museen historischer Umbrüche, Diss. Hamburg 2013, [24. Februar 2020]. 1919–1959, Berlin 2014 (Schriften zur mo­ URL: Diebstahls« Ende April 1945 und Recherchen 30 Vgl. Geartete Kunst. Die Nürnberger [27. Dezember 2019]. zum Verbleib der Objekte, in: Zentralinstitut Akademie im Nationalsozialismus, hrsg. von 37 Vgl. Künstler*innen-Archive. Wissens­ für Kunstgeschichte online, URL: ; Die Mosse Art Research Initiative Nürnberg, Nürnberg 2012; Wolfgang URL:

Ruppert (Hrsg.), Künstler im Nationalsozia­ lerinnen-archive/#c3559> [24. Februar 2020]. smus lismus. Die »Deutsche Kunst«, die Kunstpolitik 38 Vgl. Uwe M. Schneede, »Eine kleine Ge­ und die Berliner Kunsthochschule, Köln/Wei­ schichte der aktuellen Provenienzforschung«, mar/Wien 2015. in: Evelyn Brockhoff und Franziska Kiermeier 31 Projekt German Sales 1901−1945, in: (Hrsg.), Gesammelt, gehandelt, geraubt. Kunst iali soz arthistoricom.net, Themen/Themenportale, in Frankfurt und der Region 1933 bis 1945, URL: [24. Februar furts Geschichte und Kunst, Bd. 78), 2020]. S. 12−22. 32 Projekt Galerie Heinemann online des 39 Vgl. hierzu jüngst Ludwig von Pufendorf Germanischen Nationalmuseums, Nürnberg, (Hrsg.), Erworben, besessen, vertan. Dokumen­ URL: [24. Februar 2020]. »Berliner Straßenszene«, Bielefeld 2018. 33 Projektbeschreibung Die Galerie Heine­ 40 Nicola Kuhn, »Hauptstadt der Restitu­ mann online, in: DZK online, Forschungs­ tion: Wie Berlin loslassen lernte« [9. Februar förderung/Projektfinder, URL:

www.kulturgutverluste.de/Content/03_For­ lernte/12898508.html> [24. Februar 2020]. [24. Februar 2020]. 41 DZK online, Forschungsförderung/Pro­ 34 Vgl. Gesa Jeuthe, Kunstwerte im Wandel. jektstatistiken, URL:

im nationalen und internationalen Kunstmarkt Projektstatistiken/Index.html> [24. Februar u n 1925 bis 1955, Diss. Berlin 2008, Berlin 2011 2020]. − Vgl. ferner das vom DZK heraus­ K (Schriften der Forschungsstelle »Entartete gegebene, zweimal jährlich erscheinende Kunst«, Bd. 7). Periodikum Provenienz & Forschung sowie

34 35 Dieser Tagungsband sowie das In der vorliegenden Publikation ist zugehörige Kolloquium, welches aus Gründen der besseren Lesbar- vom 16. Mai –18. Mai 2019 in keit kein systematisches Gendern Berlin stattfand, wurden initiiert vorgenommen worden. Es sind und finanziert durch die grundsätzlich, sofern es für die Aus- Ferdinand-Möller-Stiftung. sage relevant ist, alle Geschlechter- identitäten mit der Wahl einer Konzept des Kolloquiums: Form ausdrücklich mitgemeint. Meike Hoffmann, Dieter Scholz, Aya Soika und Bernhard Fulda © Verbrecher Verlag 2020 © Ferdinand-Möller-Stiftung (für diese Ausgabe)

Herausgeber: Meike Hoffmann ISBN deutsche Ausgabe: (Forschungsstelle »Entartete 978-3-95732-452-8 Kunst«, Freie Universität Berlin) ISBN englische Ausgabe: und Dieter Scholz (Neue National- 978-3-95732-453-5 galerie, Staatliche Museen zu Berlin, Preußischer Kulturbesitz) Bibliografische Information der Projektkoordination, Deutschen Nationalbibliothek Bildredaktion: Natascha Hellwag Die Deutsche Nationalbibliothek (Ferdinand-Möller-Stiftung) verzeichnet diese Publikation in der Übersetzungen: Brian Currid und Deutschen Nationalbibliografie; Wilhelm Werthern (Zweisprach- detaillierte biblio­grafische Daten kunst), Miranda Robbins sind im Internet über http://dnb. Lektorat deutsch: Katrin Günther dnb.de abrufbar. Lektorat englisch: Kristie Kachler Gestaltung und Satz: Petra Ahke Schrift: Gill Sans Nova Umschlagabbildung: Papier: PrimaSet 130 g /m2 Paul Klee, Nordischer Künstler Druck und Bindung: DZA (Detail), 1939, 673, Kleisterfarbe Druckerei zu Altenburg und Bleistift auf Papier auf Kar- ton, 26,9 × 21,4 cm, Privatbesitz Printed in Germany Schweiz, Depositum im Zentrum Paul Klee, Bern