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Die badischen Rheinbrücken – Teil 2 Vor 75 Jahren: Die Zerstörung der Brücken zwischen Maxdorf und

Der Teil 1 dieses dreiteiligen Beitrags behandelte die Rheinbrücken, die Baden mit dem Elsass verbanden. Im vorliegenden Teil 2 wird es um die Brücken zwi- schen (-)Maxau und Mannheim gehen, deren Bau im 19. Jahrhundert unter anderen Voraussetzungen als bei den Rheinbrücken zwischen Weil und Wintersdorf erfolgte: Nördlich von Wintersdorf lagen sich nun nicht mehr Ba- den und Frankreich, sondern Baden und die Bayerische Pfalz gegenüber. Hier waren es weniger militärstrategische Gründe, die den Bau der Brücken not- wendig machten, sondern vorrangig die stürmische Entwicklung des Eisen- bahnverkehrs. Die Reihenfolge der Brücken richtet sich – wie schon im Teil 1 – nach ihrem Eröffnungsdatum.

Ulrich Boeyng

Das Ende der Kämpfe zwischen Maxau hatte. Nach 1720 wurde für den Bau der Resi- und Mannheim denzgebäude in Mannheim und Oggersheim eine Schiffsbrücke eingerichtet, die man nach 1815 Im Verlauf der alliierten „Operation Undertone“ durch eine neue Schiffsbrücke ersetzte. Sie wurde vom 11. Februar bis 21. März 1945 rückten die im Zuge der Deutschen Revolution von 1848 zer- Amerikaner im Hunsrück zwischen und stört, war jedoch im Jahr darauf wieder benutzbar bis an den Rhein vor (Abb. 1). Im und blieb bis zum Bau der festen Rheinbrücke von Glossar Elsaß und in Lothringen standen amerikanische 1867 der einzige befahrbare Rheinübergang. und französische Verbände am Ende der Opera- Ludwigshafen war als Gemeinde aus der links- Fachwerkträger tion vor dem Westwall. Die hielt im rheinischen Schanze der Festung Mannheim her- Beim Fachwerkträger sind Südwesten der Pfalz am 21. März nur noch ein an- vorgegangen. Nach dem Ende der Napoleoni- die tragenden Seitenwände in Einzelstäbe aufgelöst; nähernd keilförmiges Gebiet, das sich vom Rhein schen Kriege war sie 1816 mit der westlich des ihre Ober- und Untergurte bei Ludwigshafen in den Pfälzerwald bis Landstuhl Rheins gelegenen Pfalz an das Königreich Bayern fassen die Einzelstäbe zu- und von dort über entlang des West- gefallen. Vom kleinen Handelsplatz mit natürli- sammen. walls zurück bis an den Rhein bei Lauterburg er- chem Hafen wuchs das Gemeinwesen seit Anfang streckte. des 19. Jahrhunderts stetig an und ab November Fliegende Brücke Am 22. März überschritten die Alliierten von Sü- 1859 wurden ihm die Stadtrechte verliehen. Fähre, die auf zumeist zwei den aus dem Elsaß kommend den Westwall, sowie Um die bisher unverbundenen Eisenbahnstrecken Schwimmkörpern einen von Nordwesten über kommend in Baden, in der Pfalz und in Hessen zu einem Stre- befahrbaren Belag trug. Dank der Strömung trieb den Pfälzerwald und verkürzten im Verlauf weni- ckennetz zu verknüpfen, suchte man nach Ver- sie mit dem an einem der ger Tage die Front auf eine Linie, die von Lud- bindungen mit den benachbarten Staatsbahnen. beiden Ufer befestigten wigshafen über Landau und Bergzabern bis Wörth Im Staatsvertrag vom 27. Januar 1862 beschlossen Ankerseil im weiten Kreis- reichte. Unter großen Verlusten an Menschen und daher Baden und Bayern, zwischen Mannheim bogen ans andere Ufer. Material musste sich die Wehrmacht in Richtung und Ludwigshafen eine feste Eisenbahn- und Stra- der Rheinbrücken bei Ludwigshafen, , Ger- ßenbrücke über den Rhein zu erbauen. Halbparabelträger mersheim und Maximiliansau zurückziehen. Als Zwischenlösung diente ab dem 9. Januar 1863 Fachwerkträger, bei dem eine Trajektanstalt, die per Dampfboot einzelne Ei- der Obergurt zur Brücken- Eisenbahn- und Straßenbrücke: senbahnwaggons zwischen den Häfen der beiden mitte hin ansteigt; sein ho- rizontaler Untergurt wirkt Mannheim–Ludwigshafen Städte übersetzte. als Zugband und spannt Nachdem man sich mit Ludwigshafen über die den Obergurt an den En- Ein Stich von 1669 belegt, dass Kurfürst Karl I. Lud- Lage der Brücke und damit einhergehend in Mann- den wie eine Bogensehne wig von der Pfalz den Bau einer „fliegenden Brü- heim über die Lage des neuen Hauptbahnhofs, so- ein. cke“über den Rhein bei Mannheim beauftragt wie über die Streckenführung durch den Schloss-

192 Denkmalpflege in Baden-Württemberg 3 | 2020 garten geeinigt hatte, wurde ab 1865 mit dem Brü- ler und den Bau der Bögen übernahmen zwei bay- 1 The Rhineland- ckenbau begonnen. Am 25. Februar 1867 konnte erische Bauunternehmen. Campaign 1944– 1945, zunächst ein Gleis für den Güterverkehr, nach Fer- Ab 1878 wurden auf der Straßenbrücke die Schie- Blatt 77a+b. tigstellung des Mannheimer Hauptbahnhofs am nen für eine Pferdebahn verlegt, die Ende Mai 1. August 1867 auch das zweite Gleis für den Per- 1902 von einer elektrischen Straßenbahn abgelöst sonenverkehr freigegeben werden (Abb. 2; 3). Die wurde. Bald darauf stellte man fest, dass die Stra- Freigabe der Straßenbrücke erfolgte am 20. Au- ßenbrücke für den gestiegenen Verkehr zu schmal Parallelgurtiges Ständer- gust 1868 bei Fertigstellung der beiden massiven wurde, und plante einen Brücken-Neubau. Weiter- fachwerk Portalbauten nach einem Entwurf von Josef Durm. gehende Überlegungen stoppte der Ausbruch des Beim parallelgurtigen Das parallelgurtige Ständerfachwerk der beiden Ersten Weltkriegs. Ständerfachwerk stehen dicht nebeneinander liegenden Überbauten be- Nach dessen Ende besetzte Frankreich ab 1919 ge- zwischen den Gurten und stand aus jeweils drei Teilen von je etwa 89 m mäß den Versailler Verträgen linksrheinisch die bay- senkrechten Ständern Länge und 7,5 m (Eisenbahn) bzw. 6,5 m (Straße) erische Pfalz, in Nordbaden die Brückenköpfe bei schräge Streben. Breite. Die Eisenteile wurden von den Gebrüdern Mannheim, Rheinau, Speyer und Karlsruhe, sowie Parallelgurtiges pfosten- Benckiser aus Pforzheim auf ihrem Werkplatz in in Südbaden den Brückenkopf bei Kehl. Erst als loses Strebenfachwerk Ludwigshafen vorgerichtet und über dem Rhein ab 1930 die französischen Besatzungstruppen die Beim parallelgurtigen pfos- auf einem Gerüst zusammengefügt. An beiden Pfalz wieder verließen, konnte man in Baden an tenlosen Strebenfachwerk Ufern schlossen an die eisernen Überbauten die die Planung neuer Rheinbrücken gehen. Bis Juni stehen die Streben zick- Bögen mehrerer massiver Flutbrücken an. Die 1932 wurde zwischen Mannheim und Ludwigs- zackförmig zwischen den Gründung der Landfesten, der beiden Flusspfei- hafen eine neue, zweispurige Eisenbahnbrücke Gurten.

Denkmalpflege in Baden-Württemberg 3 | 2020 193 delberg über den Rhein führen sollte (Abb. 5). Bis 1940 konnten linksrheinisch drei und rechtsrhei- nisch sechs massive Bögen von je circa 35 m Licht- weite als Vorlandbrücken fertiggestellt werden. Der stählerne Hauptüberbau war als Vollwandträ- ger-Balkenbrücke geplant und sollte vom einzigen Flusspfeiler ausgehend beidseitig im freien Vorbau erstellt werden. Der westliche Teil von 147 m Länge war bereits fertig, als am 12. Dezember 1940 – kurz vor der Vollendung des 161 m langen östlichen Teils – ein Hilfsjoch versagte und der Hauptüberbau halbseitig zusammenbrach. Die im Rhein liegenden Trümmer wurden bis Ende 1941 geräumt, der Weiterbau der Brücke wegen des Krieges eingestellt. Am 20. März 1945 sprengte die vor den alliierten Truppen zurückweichende Wehrmacht alle Rhein- brücken zwischen Mannheim und Ludwigshafen, um den eigenen Rückzug zu sichern.

Eisenbahnbrücke und Straßenbrücke: Maxau – Maximiliansau

Jahrhundertelang waren die Menschen auf Fähren und Boote angewiesen, wollten sie auf die andere Seite des hier in unsteten Schlingen mäandrieren- den Flusses. Erst nach dem Beginn der Rheinregu - lierung durch Johann Gottfried Tulla, die den Fluss ab 1817 mit den Durchstichen bei Knielingen und Pforz in ein Bett mit konstanter Breite zwängte, bahnte sich hier eine Änderung an. In einer badisch-bayerischen Übereinkunft vom 1. September 1839 wurde vereinbart, zwischen dem badischen Maxau und dem bayerisch-pfälzi- schen Maximiliansau eine Schiffsbrücke zu errich- ten. Diese schwimmende Brücke hatte etwa 276 m Länge und bestand aus 34 nebeneinander im Fluss liegenden hölzernen Bootsrümpfen, auf denen eine hölzerne Fahrbahn lag. Die beweglichen Teile der Brücke waren in der Regel ausgefahren und 2 Eisenbahn- und flussaufwärts neben den beiden bestehenden die Schiffe oder Flöße hatten freie Fahrt. Zu fest- Straßenbrücke Mann- Überbauten erstellt (Abb. 4). Die parallelgurtige Ei- gelegten Zeiten wurde die Brücke geschlossen und heim – Ludwigshafen senkonstruktion war – anders als die Brücke von der Fuhrverkehr konnte passieren Seit dem 25. Au- 1867, Ansichtsschema. 1867 – als rautenförmiges Fachwerk konstruiert. gust 1840 war die Schiffsbrücke für den Fuhrver- Hersteller des Überbaus, der am 20. Juni 1932 dem kehr freigegeben. 3 Eisenbahn- und Bahnverkehr übergeben wurde, war eine Arbeits- Die Strecke der städtischen „Maxaubahn“, die Straßenbrücke Mann- heim – Ludwigshafen gemeinschaft der Maschinenfabrik Augsburg vom alten Karlsruher Bahnhof über Knielingen an 1867, Südost-Ansicht Nürnberg (MAN) – Werk Gustavsburg mit den Ei- den Rhein bis zum Maxauer Hafen führte, wurde 1931. senwerken Kaiserslautern. Die Gründungsarbeiten am 5. August 1862 eröffnet. Linksrheinisch en - an den beiden Pfeilern übernahm die Grün & Bil- dete die von Landau kommende „Maximilians- 4 Eisenbahn- und finger AG aus Mannheim. Die alte Eisenbahnbrü- bahn“ zunächst in Maximiliansau. Um den ge- Straßenbrücken Mann- cke baute man zur zweiten Straßenbrücke um und wünschten Anschluss beider Bahnen zu erreichen, heim – Ludwigshafen konnte so künftig jeweils zwei Fahrspuren pro Rich- waren die Stadt Karlsruhe und die Pfälzische Ma- 1867 + 1932, Ost-Ansicht tung anbieten. ximiliansbahn-Gesellschaft am 9. Mai 1861, sowie 1932. Das „Unternehmen Reichsautobahnen“ begann die inzwischen zuständigen Großherzoglich Badi- ab 1938 zwischen Frankenthal und Mannheim mit schen Verkehrsanstalten und die Pfälzischen Ei- dem Bau einer Autobahn-Brücke, die im Zuge der senbahnen am 11. April 1862 übereingekommen, geplanten Reichsautobahn 38 Saarbrücken – Hei- die beiden Streckenabschnitte über eine feste Ei-

194 Denkmalpflege in Baden-Württemberg 3 | 2020 senbahnbrücke oder eine Schiffsbrücke miteinan- der zu verbinden. Da eine feste Brücke jedoch aus Kostengründen und eine Trajektanstalt wegen der ungünstigen Strömungsverhältnisse verworfen wurde, zugleich die bestehende schwimmende Brücke für den Eisenbahnverkehr nicht umgebaut werden konnte, beschlossen Baden und Bayern am 31. März 1864 den Bau einer neuen Schiffs- brücke. Diese hatte wieder 34 hölzerne Schwimm- körper, sowie sechs ausfahrbare Teilstücke, um dem Schiffs- und Floßverkehr eine Durchfahrt zu ermöglichen. In der Mitte der beiden hölzernen Brückenfahrbahnen war ein Bahngleis verlegt, auf dem mithilfe einer leichten Brückenlokomotive je- weils fünf Bahnwaggons über die Brücke gezogen werden konnten. Am 8. Mai 1865 wurde der Zug- verkehr für Güterwagen und am 1. Juli 1865 für laden und verdrahtet. Nach erfolglosen alliierten 5 Autobahnbrücke Personenwagen freigegeben. Fliegerangriffen traf am 21. März 1945 ein Artil- Mannheim – Frankenthal Die Betriebsabläufe zum Ein- und Ausfahren der leriegeschoss eine der Sprengkammern, löste eine 1940, Südwest-Ansicht Öffnungsteile erwiesen sich jedoch als zeitauf- ungeplante Explosion aus und beide Überbauten 2020. wendig. Dazu kamen die Sperrzeiten: Da die Ei- stürzten zusammen. Damit war der Wehrmacht senbahn stets Vorrang vor dem übrigen Verkehr diese Rückzugsmöglichkeit versperrt und die Trup- hatte, blieb die Brücke nach dem Einfahren der Ver- penteile, die sich aus dem täglich kleiner werden- bindungsteile mehrmals am Tag für den Schiffs- den linksrheinischen Brückenkopf zurückziehen verkehr und bei Zugverkehr auch für den Stra- mussten, waren auf die beiden letzten intakten ßenverkehr gesperrt. Gleichzeitig stauten sich auf Rheinübergänge bei Speyer und Germersheim an- 6 Eisenbahn- und Stra- dem Rhein die Lastschiffe auf ihren Berg- und Tal- gewiesen. ßenbrücke Maxau – Maxi- miliansau 1938, Ansichts- fahrten sowie an Land die Fuhrwerke. Trotz des schema. zunehmenden Fahrzeug- und Schiffsverkehrs blieb Kombinierte Eisenbahn- und Straßen- die 1893/95 noch einmal durch eiserne Pontons brücke: Speyer 7 Straßenbrücke Maxau – ertüchtigte Schiffsbrücke bis zur Eröffnung der Maximiliansau 1938, ersten festen Eisenbahnbrücke im Jahr 1938 er- Auch zwischen dem badischen Rheinhausen und Nordwest-Ansicht mit staunliche 73 Jahre in Betrieb. Speyer waren die Menschen auf Fähren und Boote Schiffsbrücke 1938. Nach Abzug der im Nachgang des Ersten Welt- kriegs hier stationierten französischen Besatzung konnte im September 1935 mit dem Bau einer neuen Rheinbrücke begonnen werden, die etwa 150 m flussaufwärts der alten Schiffsbrücke lag (Abb. 6; 7). Die beiden baugleichen Überbauten für den Eisenbahn- und den Straßenverkehr wur- den unmittelbar nebeneinander als pfostenlose Strebenfachwerke von circa 292 m Länge herge- stellt und lagen auf einem gemeinsamen, außer- mittigen Strompfeiler auf. Die Gründungsarbeiten und die Stahlbauten wurden von einer Arbeitsge- meinschaft der Grün & Bilfinger AG aus Mannheim und der MAN – Werk Gustavsburg ausgeführt. Mit den Verkehrsfreigaben – für die Straße am 17. Ja- nuar, für die zweigleisige Eisenbahn am 3. April 1938 – versprachen die seitherigen Verkehrsbe- hinderungen Geschichte zu sein. Die Geschichte der Brücke währte jedoch nur sie- ben Jahre und zehn Wochen (Abb. 8). Als sich die Wehrmacht vor den von Westen heranrückenden Alliierten über den Rhein zurückziehen musste, war die Maxauer Brücke für ihren Rückzug von gro- ßer Bedeutung. Vorsorglich hatten deutsche Pio- niere bereits die Sprengkammern der Brücke be-

Denkmalpflege in Baden-Württemberg 3 | 2020 195 kosten und ab Mitte 1935 begannen die Arbeiten an beiden Brücken. In Speyer baute man eine ähnliche pfostenlose Strebenfachwerk-Konstruktion wie in Maxau, je- doch gab es in hier nur einen gemeinsamen Über- bau für den Straßen- und Eisenbahnverkehr (Abb. 9). Der Hauptüberbau in Speyer hatte bei ei- ner Länge von circa 272 m und bei einer Breite von 12,8 m einen außermittigen Pfeiler. Dazu kamen auf badischer Seite sechs Vollwandträger von je 45 m Länge als Vorlandbrücken und in Speyer eine Flutbrücke von 20 m Länge. Für die Gründungs- 8 Eisenbahn- und zur Überquerung des Flusses angewiesen. In einer und Massivbauarbeiten waren die Firmen Grün & Straßenbrücke Maxau – bayerisch-badischen Übereinkunft vom 10. Mai Bilfinger aus Mannheim und Wiemer & Trachte aus Maximiliansau 1938, 1864 wurde beschlossen, bei Speyer anstelle der Dortmund zuständig. Eine Arbeitsgemeinschaft Südost-Ansicht 1938. bestehenden Fähre eine Schiffsbrücke für den zu- der Brückenbauanstalt Gute Hoffnungs Hütte nehmenden Straßenverkehr zu bauen. Bauherrin (GHH) aus Sterkrade mit den Eisenwerken Kaisers - war die Stadt Speyer, welche die schwimmende lautern und Humbold aus Köln übernahm die Her- Brücke 1866 für den Verkehr freigab. stellung des eisernen Hauptüberbaus. Den Bau der Im Staatsvertrag vom 23. November 1871 einigten Flutbrücken übernahmen die Dinglersche Ma- sich Baden und Bayern, die Bahnstrecke Heidel- schinenfabrik aus Zweibrücken sowie die Kölsch- berg – Schwetzingen über den Rhein in Richtung Fölzer Werke aus Siegen. Am 20. Januar 1938 Speyer zu verlängern. Da jedoch auch hier die Kos- wurde der Bahnverkehr aufgenommen, am ten für den Bau einer festen Eisenbahnbrücke zu 3. März 1938 die Straßenfahrbahn freigegeben Pontons hoch waren, kaufte die bayerisch-pfälzische „Lud- und am 3. April 1938 konnte die Speyerer Brücke Antriebslose Schwimmkör- wigsbahn-Gesellschaft“ die bestehende Schiffs- offiziell dem Verkehr übergeben werden. per, die zumeist bei Schwimmbrücken neben- brücke auf und baute sie in eine kombinierte Stra- Auch dieser Rheinbrücke war nur eine kurze Nut- einanderliegend eingesetzt ßen- und Eisenbahnbrücke um. Als Vorbild in Tech- zungsdauer von sieben Jahren vergönnt. Am werden und die Fahrbahn nik und Betrieb diente die bereits seit 1865 23. März 1945 wurde sie von der zurückweichen- tragen. betriebene Schiffsbrücke bei Maxau. Die Speyerer den Wehrmacht gesprengt und der Hauptüberbau Brücke hatte eine Gesamtlänge von circa 235 m, stürzte in den Fluss. Somit blieb als letzte Rück- Reichsland Elsaß- bestand aus 43 nebeneinande liegenden eisernen zugsmöglichkeit nur noch die intakte Brücke bei Lothringen Pontons und auch hier waren für den Schiffs- oder Germersheim. Ein aus Teilen der alten Floßverkehr einzelne Teilstücke ausfahrbar. Am Landschaften Elsass und 10. Dezember 1873 konnte die Schwimmbrücke Lothringen gebildetes Ver- Eisenbahnbrücke: Germersheim waltungsgebiet des Deut- zugleich mit dem letzten Teilstück der Bahnstrecke schen Reiches von 1871 bis von Schwetzingen nach Speyer in Betrieb genom- Als Germersheim nach dem Ende der Napoleoni- 1918. Nach dem Ende des men werden. So sollte es 65 Jahre bis zur Eröff- schen Kriege 1816 an das Königreich Bayern fiel, deutsch-französischen nung der festen Brücke von 1938 bleiben. plante das Militär, die Stadt zur Festung gegen Krieges 1871 wurden die Wie schon in Maxau zeigte sich, dass es zu zeit - Frankreich auszubauen. Am 18. Oktober 1834 war Ortsnamen eingedeutscht. raubenden Verzögerungen kam, wenn die be- die Grundsteinlegung zum Bau der Befestigungs- Dies änderte sich erneut nach dem Ende des Ersten weglichen Teile der Brücke mehrmals täglich für anlagen, der umliegenden Vorwerke sowie der Ka- Weltkriegs, abermals nach den Zugverkehr eingefahren wurden. Obwohl die sernen im Stadtinnern. Diese Baumaßnahmen zo- dem deutschen Einmarsch Gespräche über den Bau von festen Brücken bei gen sich über ein Vierteljahrhundert bis etwa 1861 im Zweiten Weltkrieg so- Speyer und bei Maxau bereits 1925 begonnen hat- hin. Die Lage der Festung war militärtechnisch wie noch einmal nach des- ten, war an eine Realisierung erst nach Abzug der günstig, da sie auf dem äußersten Rand des alten sen Ende. Da dieser Text französischen Besatzung ab 1930 zu denken. Rhein-Hochufers im Nordosten und Osten von al- eine Zeitspanne mit mehre- Die beteiligten Länder Baden und Bayern, das ten Rheinarmen gedeckt war. Auf dem rechten ren Umbenennungen um- fasst, wird die jeweils zeit- Deutsche Reich und die seit 1920 zur Reichsbahn- Ufer lagen die „Brückenkopf“ genannte Rhein- genössische Schreibweise Gesellschaft zusammengelegten Länderbahnen schanze sowie weitere Vorwerke. Um aus der Fes- verwendet. einigten sich 1931 über die Aufteilung der Bau- tung in die Rheinschanze zu kommen, baute das

9 Eisenbahn- und Straßenbrücke Speyer 1938, Ansichtsschema.

196 Denkmalpflege in Baden-Württemberg 3 | 2020 Militär eine eigene Schiffsbrücke, während die 10 Eisenbahnbrücke Stadt für den zivilen Verkehr in Richtung Rheins- Germersheim 1877, heim eine weitere Schiffsbrücke am nördlichen Südost-Ansicht im Ende der Festung beim „Flügelwerk Ysenburg“ Bau 1876. einrichtete (heute: Alte Schiffbrückenstraße). 11 Eisenbahnbrücke In ihrem Staatsvertrag vom 23. November 1871 Germersheim 1877, hatten Baden und Bayern auch den Bau einer Ansichtsschema. Bahnstrecke zwischen Bruchsal und Germersheim einen Artillerietreffer zerstört und am 23. März vereinbart (Abb. 10). Die neue Bahnstrecke sollte 1945 sprengte die Wehrmacht auch die Brücke in in Graben-Neudorf von der badischen Hauptbahn Speyer. Für die zurückflutenden Reste der Wehr- abzweigen und ab Rheinsheim in einem weit nach macht konzentrierte sich somit alles auf die Ger- Süden geführten Bogen an den Rhein verlaufen. mersheimer Rheinbrücke, die zusätzlich für Panzer Auf Einspruch des Militärs einigte man sich auf und schweres Gerät befahrbar gemacht worden eine gut zu überwachende, feste Rheinbrücke öst- war. Auf Befehl Hitlers sollte dieser „Brückenkopf lich der Festung. In den rechtsrheinischen Auen- Germersheim“ für den Rückzug der Wehrmacht wäldern sollte das Gleis auf einem zum Ufer hin bis zur letzten Patrone gehalten werden. ansteigenden Damm liegen, der sich am linken Für die Wehrmacht war es wie bei einer Sanduhr – Ufer in Germersheim zwischen Rhein und Festung die Zeit verrann von Stunde zu Stunde und ihre fortsetzte. Auf diesem Damm sollte die Bahn die Rückzugsmöglichkeiten über den Rhein reduzier- Festung an deren Ostseite umfahren und im Nor- ten sich von Brücke zu Brücke. Seit Beginn der al- den der Stadt in den Bahnhofsbereich einmünden. liierten Operation „Undertone“ am 15. März sol- In Germersheim bestand bereits seit 1864 An- len bis in die Nacht vom 23. auf den 24. März noch schluss an die Bahnstrecke nach Speyer und Lud- etwa 50 000 Wehrmachtssoldaten mit den fahr- wigshafen, seit 1872 nach Landau, sowie ab 1876 tüchtigen Resten ihrer Ausrüstung und wohl auch über Wörth nach Straßburg und ins Elsaß. etliche Zivilisten als letzte Rückzugs- und Flucht- Im Jahr 1875 war der Baubeginn an der Brücke möglichkeit die Germersheimer Brücke überquert Trajektanstalt und am 15. Mai 1877 konnten Strecke und Brücke haben. Am Morgen des 24. März 1945 kurz nach Trajektanstalten wurden in Betrieb genommen werden (Abb. 11). Herstel- 10 Uhr detonierten dort die Sprengladungen am seit dem 19. Jahrhundert ler der drei Halbparabelträger mit Zugband von linken Widerlager, an einem der Flusspfeiler sowie anstelle fester Brückenbau- jeweils circa 90 m Länge sowie einer Flutbrücke an den eisernen Überbauten und die Brücke ten eingerichtet. Die an- triebslosen, von Dampf- von etwa 17 m Länge auf pfälzischer Seite waren stürzte in den Fluss. booten bewegten Leichter- die Gebrüder Benckiser aus Pforzheim, die auch Mit der Brücke von Germersheim war die letzte schiffe (Präme) dienten vor die pneumatischen Gründungsarbeiten an den bei- intakte Rheinbrücke zwischen Weil in Südbaden allem dem Übersetzen von den Flusspfeilern übernommen hatten. Zur zu- und Emmerich im Nordwesten des Deutschen Rei- Eisenbahn-Waggons über sätzlichen Nutzung für den Fuhrverkehr belegte ches zerstört. Gewässer, die damals für man die Gleiszwischenräume mit starken Bohlen. eine feste Brücke zu breit Zunächst eingleisig befahren, wurde wegen des Die Fortsetzung und der Neubeginn waren. wachsenden Verkehrs mit den Kohlerevieren an Überbauten der Saar ab 1888 auch das zweite Gleis verlegt. Der letzte Teil 3 soll im Heft 4/ 2020 folgen und mit Jene Teile einer Brücke, die den Rheinübergängen der Alliierten Ende März zwischen den beidseitigen Die letzten Tage im März 1945 1945 beginnen. Beschrieben werden die ersten Widerlagern (Landfesten) Ponton- und Notbrücken, die ab 1946 beginnen- und eventuell auf Pfeilern Als die alliierten Truppen gegen Ende März 1945 den Instandsetzungsarbeiten an zerstörten Brü- über ein Hindernis (Fluss, aus dem Pfälzer Wald von Westen und aus dem cken, der in den 1950er Jahren einsetzende Bau Tal, etc.) führen. Elsaß von Südwesten in die Rheinebene vordran- von neuen Brücken sowie ein abschließendes Re- Vollwandträger gen, musste sich die Wehrmacht fluchtartig über sümee. den Rhein zurückziehen. Auf ihrem Rückzug hat- Beim Vollwandträger sind die tragenden Seitenwände ten deutsche Pioniere bereits am 20. März die bei- geschlossen; ihre auskra- den Brücken zwischen Ludwigshafen und Mann- Dipl.-Ing. Ulrich Boeyng genden Ober- und Unter- heim gesprengt, am 21. März wurden die beiden Südring 19 seiten werden als Gurte be- Brücken zwischen Maximiliansau und Maxau durch 76773 Kuhardt zeichnet.

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