30 Mitteilungen aus den rheinland-pfälzischen und saarländischen Archiven

Kommunales Archivwesen

Kommunale Archivpflege im Wormser Umland: Ein Erfahrungsbericht des Stadtarchivs (1996 – 2013 von Gerold Bönnen

Seit etwa ein bis zwei Jahren diskutieren Politi- 1. Ausgangslage und Vorgeschichte ker und Bürger in Rheinland-Pfalz nach mehr seit 1969 als einer Generation wieder über ein Thema, das nach der großen Reformwelle der Jahre Seit der als Folge der in Rheinland-Pfalz relativ 1968 bis 1972 fast als abgeschlossenes Kapitel früh, jedoch im Ergebnis weniger tiefgreifend als gelten konnte: Eine weitere Verwaltungs- und in anderen Bundesländern durchgeführten Ver- Gebietsreform auf der Ebene der Gemeinden im waltungs- und Gebietsreformen ab 1969 betrie- Land. Auch vor dem Hintergrund dieser aktuel- benen Bildung von aus selbständig bleibenden len, auch und gerade für das Archivwesen fol- Ortsgemeinden bestehenden Verbandsgemein- genreichen Debatte hatte der inzwischen als den (1972) hat sich das Stadtarchiv um die Leiter des Universitätsarchivs tätige Übernahme von Archiven benachbarter rhein- Archivreferendar Dr. Christian George im Jahre hessischer Gemeinden bemüht. In Absprache 2011 in seiner Transferarbeit an der Archivschu- mit dem Landesarchiv , das durch die le Marburg die Frage untersucht, welche For- Zusammenlegung der Regierungsbezirke Pfalz men der Zusammenarbeit von Gebietskörper- und Rheinhessen (ebenfalls 1969) auch für schaften zur Sicherstellung der gesetzlichen Rheinhessen zuständig geworden war, wurden Pflichtaufgabe der Archivierung von Unterlagen in der Amtszeit des bis 1996 tätigen Wormser nach den Bestimmungen des Landesarchivge- Archivdirektors Dr. Fritz Reuter (* 1929) seit setzes Rheinland-Pfalz im Land praktiziert wer- dem Jahre 1973 Bemühungen unternommen, den und welche möglich sind. 1 Im Zusammen- die Gemeindearchive von , Hamm, , hang seiner Recherchen hat sich der Verfasser , Mettenheim (VG Eich) sowie von auch mit dem ausgesprochenen Sonderfall des Hohen-Sülzen, Kriegsheim, Mölsheim, Mörstadt, Stadtarchivs Worms befasst, das als einziges , , / und Kommunalarchiv im Land Rheinland-Pfalz Ge- Flörsheim-Dalsheim (VG Monsheim) auf der meindearchivalien umliegender Verbandsge- Basis von Depositalverträgen in das Stadtarchiv meinden (bzw. von deren Ortsgemeinden) ver- Worms zu verbringen, dort sachgerecht aufzu- wahrt und sich seit den 1970er Jahren laufend bewahren, zu verzeichnen und für die Benut- und in den letzten Jahren mit gesteigerter Inten- zung bereit zu halten. Der Zusammenhang mit sität um die Belange der örtlichen Archivpflege den bereits 1969/72 betriebenen Übernahmen für diese Gemeinden kümmert. der Archivalien der sechs 1969 nach Worms eingemeindeten Orte (Rheindürkheim, Aben- Im vorliegenden Beitrag soll vor diesem Hinter- heim, Wiesoppenheim, Heppenheim/Wiese, grund der Versuch unternommen werden, die in Pfeddersheim, Ibersheim) 2 ist evident, waren der Archivpflege für das rheinhessische Umland doch alle genannten, bis 1798 überwiegend von Worms seit 1996, dem Dienstantritt des kurpfälzischen Gemeinden bis 1969 Teile des Verfassers als Wormser Stadtarchivar, gesam- zu diesem Zeitpunkt aufgelösten Landkreises melten Erfahrungen mit Archivpflege und Über- Worms und somit historisch-verwaltungsmäßig nahmen, Erschließung und Nutzbarmachung mindestens seit der Bildung des Kreises in der des Archivgutes der 14 (bzw. 15) betroffenen Zeit des Großherzogtums Hessen 1835 klar auf Ortsgemeinden vorzustellen und dabei auch der Worms hin ausgerichtet. Frage nachzugehen, ob dieser Sonderfall auf andere kommunale Archive übertragbar sein könnte. Es stellt sich hier also auch die Frage, 2 ob das stärkere Engagement von hauptamtlich Von den dabei übernommenen (zurzeit) zusammen besetzten Kommunalarchiven für ihr Umland ein 208 lfm der genannten Archivabteilungen entfällt fast die Hälfte auf den reichen und bemerkenswerten Bestand des Beitrag zur Entschärfung der Probleme in der eingemeindeten Pfeddersheim (1954 Wiedererlangung Archivpflege darstellen könnte oder die Worm- älterer Stadtrechte, bereits kurz nach 1300 zeitweilig ser Erfahrungen nicht übertragbar sind. Reichsstadt, an Kurpfalz verpfändet, Abt. 49). Die insbeson- dere für die frühe Neuzeit ganz außergewöhnlich reichhalti- gen und wertvollen Archivalien wurden bis 2005 neu ver- zeichnet. Der Aktenbestand umfasst 4.427 Verzeichnungs- einheiten in 612 Archivkartons, dazu kommen 46 Perga- 1 Christian George, Archivverbünde bei kleineren und mittle- menturkunden; vgl. die Übersicht über die Archivbestände ren Kommunen in Rheinland-Pfalz. Transferarbeit im Rah- unter: http://www. stadtarchiv-worms.findbuch.net. Nach men des 45. Wissenschaftlichen Kurses für den höheren dem von Reuter (vgl. Anm. 3) Ende 1974 mitgeteilten Stand Archivdienst, eingereicht 29.03.2012, 36 S. (Ex. Stadtarchiv waren seinerzeit rund 106 lfm Schriftgut der eingemeindeten Worms, Abt. 204 Nr. 39-01/15, hier v. a. S. 24 f.). Orte vom Stadtarchiv übernommen worden (S. 113). Unsere Archive Nr. 58 31

Das Stadtarchiv konnte bei seinem Vorstoß, der durch kulturelle Aktivitäten (z. B. Einsatz eines sich nicht zuletzt aus gewissen örtlichen Vorbe- Bücherbusses der Stadtbibliothek seit ca. 1928 halten gegenüber einer alternativ möglichen im Umland, zeitweilige Übernahme der Archiva- Abgabe von Archivgut in das Landesarchiv lien der Gemeinde 1927 bis ca. 193, Speyer und somit in die Pfalz speiste, auf die Vortragstätigkeit etc.) zu durchdringen und hier geringen Entfernungen, die historisch gewach- Flagge zu zeigen. 4 senen Vorortfunktionen der Stadt und die Mög- Alle übernommenen Gemeindearchive entspre- lichkeiten der dortigen Lagerung verweisen und chen in ihrer Struktur und Aufstellung dem hes- die bei den Übernahmen des Jahres 1969/70 sischen Registraturplan von 1908 5 und wurden gemachten Erfahrungen mit den örtlichen Ge- in Anlehnung daran verzeichnet. Die Verluste gebenheiten und den logistischen Herausforde- gegenüber dem Vorkriegsstand konnte man rungen nutzen. Vor die Wahl gestellt, die Unter- durch Vergleich mit den summarischen Über- lagen nach Speyer abzugeben, zogen daher sichten im Inventar der Gemeindearchivbestän- viele die Wormser Lösung einer öffentlich- de des Kreises Worms aus dem Jahre 1937 in rechtlichen Vereinbarung vor, zumal (heute nicht etwa ermessen. 6 Der Überlieferungsschwer- mehr leicht vorstellbar) diese Hinterlegung und punkt liegt im 19. und 20. Jahrhundert, wobei damit Aufgabenübernahme nicht mit Kosten für einige Gemeindearchive der VG Eich eine dich- die Gemeinden verbunden werden sollte bzw. te und qualitativ hochwertige Überlieferung aus zu dieser Frage gar keine Regelung getroffen der Zeit des Alten Reiches, vor allem für das 18. wurde. Die Übernahmen wurden durch diverse Jahrhundert, aufweisen; auf die Bedeutung die- Nachfragen nach noch vorhandenen, nachträg- ser Quellen für die Forschung ist noch einzuge- lich noch abgelieferten Unterlagen begleitet, da hen. erste Sichtungen der nach Aktenplangruppen übernommenen Gemeindearchivalien Lücken Erfreulicherweise verfügen wir ergänzend zu gegenüber den älteren, summarischen Inventa- den Gemeindearchivalien im Falle der Orte des risierungen der 1930er Jahre offenbarten. vormaligen Kreises Worms im Hessischen Staatsarchiv Darmstadt über einen relativ reich- Zugleich legitimierten die vor allem 1975 umzu- haltigen Aktenbestand der Kreisverwaltung für setzenden neuen Aufgaben (vor allem die Her- die Gemeinden im dortigen Bestand G 15 Kreis ausforderung der Verzeichnung der umfangrei- Worms. 7 chen, de facto unverzeichneten, nur nach Akten- plangruppen aufgestellten Unterlagen) auch den Zunächst zur Verbandsgemeinde Eich: Nach seinerzeit noch von einem bescheidenen Niveau Vorarbeiten in den Jahren seit 1973 kam es in aus erfolgten personellen Ausbau des Archivs in der Zeit von 1976 bis 1980 zur schrittweisen den späten 1970er Jahren, das im November Überführung aller Archivalien der Gemeinden 1982 mit dem Raschi-Haus im vormaligen Ju- Eich, Hamm, Alsheim, Gimbsheim und Metten- denviertel seine beengten Räume im Haus zur heim (im Wesentlichen bis zum Jahre 1972 als Münze am Marktplatz verlassen und ein eigenes festgelegtem Grenzjahr) nach Worms. Aufgrund Domizil beziehen konnte. Bis 1989 gelangte auf eines Beschlusses des Verbandsgemeinderates diese Weise mit (zunächst noch) zwei Ausnah- wurde von der VG Eich schließlich im November men, auf die noch einzugehen ist, der weitaus 1980 – nach Abschluss der Transporte und ei- größte Teil der Gemeindearchivalien des rhein- ner ersten Sichtung – eine öffentlich-rechtliche hessischen Umlandes in das Stadtarchiv. 3 Aller- Vereinbarung mit der Stadt Worms geschlossen. dings hat das Beispiel, worauf jüngst George Die Archivalien wurden zwischen 1983 und hingewiesen hat, im Land keine Schule ge- 1986 vom Stadtarchiv Worms durch vollständige macht. und intensive Verzeichnung der Bestände in Nicht vergessen darf man auch, dass der im Rückblick durchaus als Glücksfall zu wertende 4 Vorstoß des Wormser Stadtarchivs, sich im Vgl. dazu den Überblick zur Wormser Archivgeschichte in: Gerold Bönnen (Bearb.), Das Stadtarchiv Worms und seine Umland zu positionieren, ideell bereits in die Bestände, Koblenz 1998 (Veröffentlichungen der Landesar- 1920er und 30er Jahre zurückreichte. Bereits chivverwaltung Rheinland-Pfalz 79), hier S. 18 ff.; Becht- der damalige Archivleiter Dr. Friedrich Illert heimer Gemeindeakten in Worms: StadtAWo Abt. 20 Nr. (1892 – 1966) war sehr darum bemüht, der 624, siehe auch unten Anm. 12. Zuletzt (v. a. zu Worms): Gerold Bönnen, Möglichkeiten der Nutzung kommunaler Stadt Worms ihren als historisch gewachsenen Archive in Rheinhessen und der Pfalz, in: Pfälzisch- ‚Lebensraum‘ definierten Umlandbezirk gerade Rheinische Familienkunde 61. Jg. 2013. Bd. 17, Heft 8, S. 433 – 446. 5 3 Vgl. den Text unter http://www.worms.de/downloads/Hes- Erfahrungsbericht des Archivleiters: Fritz Reuter, Die Registraturplan_1908.pdf. Verwaltungsreform 1969 in Rheinland-Pfalz und ihre Folgen 6 für Stadtarchive und Gemeindearchive im Landkreis - Wilhelm Martin Becker, Inventare der Gemeindearchive Worms, in: Archivverzeichnisse. Verwaltungsreform und des Kreises Worms, Darmstadt 1937, hg. v. Staatsarchiv Archive, Koblenz 1975 (Veröffentlichungen aus rheinland- Darmstadt (summarische Auflistung durch einzelne Bearbei- pfälzischen und saarländischen Archiven. Kleine Reihe 4), ter gemäß dem Aktenplan von 1908). 7 S. 108 – 122, v. a. S. 115 ff.; ergänzend befindet sich eine Vgl. die Bestände des Archivs unter http://www.staats Akte zu den Verhandlungen und Vorgängen in der Dienst- archiv-darmstadt.hessen.de. Das Landesarchiv Speyer registratur des Archivs. verwahrt zum ehemaligen Kreis Worms kaum Akten.

32 Mitteilungen aus den rheinland-pfälzischen und saarländischen Archiven maschinenschriftlichen Findbüchern mit ausführ- die seit 1945 entstandenen Akten hinsichtlich lichen Vorworten fachlich tadellos erschlossen. ihrer Klassifikation zu behandeln sind und wer Im 18. Jahrhundert bildeten die zur Kurpfalz künftig die Unterlagen bewerten wird. Seinerzeit (Oberamt Alzey) gehörenden Orte Alsheim, hat man sich dazu entschieden, die neueren Gimbsheim, Eich, Hamm und Ibersheim (1969 Akten gemäß dem naturgemäß in vielen Punk- zur Stadt Worms) den Verwaltungsbezirk eines ten der Verwaltungsentwicklung für die Jahre Oberschultheißen, der in Alsheim seinen Sitz seit 1945 nicht befriedigenden bzw. zutreffenden hatte. Die verwaltungsmäßige Zugehörigkeit der Aktenplan des Jahres 1908 zu integrieren; auch Orte der heutigen Verbandsgemeinde war seit darüber wird man künftig nachdenken müssen. der französischen Zeit, d. h. mit dem Übergang Für die 1998 übernommenen Bestände wurden des linken Rheinufers an Frankreich Anfang bereits zwei Teilbestände (Laufzeit vor oder 1798 gleich. 8 nach 1945) gebildet, um so den jeweiligen Ak- tenplan abbilden zu können. Für die VG Monsheim ergibt sich im Rückblick folgendes Bild: Nach ersten Gesprächen zwi- Ein Blick in das Zugangsbuch des Archivs zeigt, schen der Verbandsgemeinde, den Ortsge- dass seit Anfang 1997 insgesamt 15 Übernah- meinden und dem Wormser Stadtarchiv im Jah- meaktionen von Archivgut aus insgesamt elf re 1974 erfolgte (zunächst noch mit Ausnahme Ortsgemeinden mit jeweils vorausgehender der Doppelgemeinde Flörsheim-Dalsheim) im Bewertung (die generell sehr zurückhaltend Jahre 1976 die Übernahme der Archivalien, erfolgt ist) bzw. Sichtung zu bilanzieren sind. 1989 wurde ein Depositalvertrag abgeschlos- Bereits Ende 1996 wurde mittels eines Rund- sen, seit 1988 liegt ein gemeinsames Findbuch schreibens an die Ortsgemeinden das Problem (Abt. 235 – 241) vor. Insgesamt sind für die der noch zu vermutenden Nachzügler- Gemeinden – insbesondere im Vergleich mit der Archivalien mit dem Erfolg einiger Rückmeldun- durchweg günstigeren Situation für die Orte der gen und Sichtungen in der Folgezeit angespro- VG Eich – erhebliche Archivalienverluste festzu- chen. Diese Aktion verfolgte auch das Ziel, dass stellen. Kassationen fanden bei der dem Regist- die inzwischen amtierenden neuen Verantwortli- raturplan von 1908 folgenden Verzeichnung so chen an der Ortsspitze auf die Wormser Zu- gut wie keine statt. ständigkeiten (und Hilfsangebote!) aufmerksam gemacht werden. Insgesamt erwies sich die Beim Amtsantritt des Verfassers im Frühjahr Arbeit der laufenden Betreuung als lösbar und 1996 konnte man demnach der Meinung sein, war mit den ‚eigentlichen’ Aufgaben des Stadt- die Frage der Gemeindearchivalien des Umlan- archivs zu vereinbaren. des sei (abgesehen von den beiden noch aus- stehenden Gemeinden Niederflörsheim und 2. Archivpflege für das Umland Dalsheim, seit 1969 zusammengeschlossen als zwischen Pflicht und Kür seit 1997 Flörsheim-Dalsheim) als abgeschlossen zu be- Im Rückblick auf die Zeit seit den frühen 1970er trachten: Der Gesamtumfang der Bestände (Abt. Jahren zeigt sich, dass auch nach der Über- 230 bis 241) betrug 1996 in laufenden Metern nahme der Akten der Ortsgemeinden das Stadt- für die zwölf Gemeinden 186 (Eich 102, Mons- archiv doch immer wieder mit Fragen der Ar- heim 84) mit zusammen 8.942 verzeichneten chivpflege der ihm nun anvertrauten Gemeinden Einheiten (Eich 6.594 VE, Monsheim 2.348 9 zu tun hatte, dass laufender Beratungsbedarf, VE). neue Archivfunde, Bewertungsfragen, Probleme Als Laufzeitende wurde für die Archivalien – wie der Bestandserhaltung und Unterbringung vor erwähnt – das Jahr 1972 und damit der Zeit- Ort sowie andere Herausforderungen nicht aus punkt des Inkrafttretens der Reform gewählt. der Welt waren, zumal seit etwa 2005 im Zuge Dies hat inzwischen die Frage aufgeworfen, wie der Retrokonversion der maschinenschriftlichen Findmittel die Frage nach dem Umgang mit den umfangreichen Findbüchern aufkam. 8 1797 – 1814 französische Herrschaft (seit 1798 zum Kan- Bis zum Ende des Jahres 1997 gelang nach ton Bechtheim), 1814 – 1816 Österreichisch-Bayerische einer Reihe von Informations- bzw. ‚vertrauens- Landesadministrationskommission, ab 1816 Großherzogtum (1919 – 1945 Volksstaat) Hessen; 1816 – 1822 Kanton (und bildenden‘ Gesprächen sowie einem entspre- Friedensgerichtsbezirk) Bechtheim, 1822 – 1835 Kanton chenden Beschluss des Gemeinderates von (und Friedensgerichtsbezirk) , 1835 – 1848 Kreis Flörsheim-Dalsheim der Abschluss eines den Worms, 1848 Regierungsbezirk Mainz, 1850 Regierungsbe- Verträgen der 70er Jahre entsprechenden Ab- zirk Worms, 1852 – 1969 Kreis Worms (ab 1946 Land Rheinland-Pfalz), ab 1969 Kreis Alzey-Worms, 1972 Bildung kommens mit der Gemeinde über die Übernah- der Verbandsgemeinde Eich, siehe auch dazu die in Anm. 3 me der Archivalien der noch ausstehenden Ge- genannte, insgesamt überholte Beständeübersicht; vgl. meinden Niederflörsheim und Dalsheim (VG auch: Historisches Ortsverzeichnis für das Gebiet des Groß- Monsheim, Abholung Febr. 1998, 63 lfm). Die- herzogtums und Volksstaats Hessen, bearb. v. Hans Georg Ruppel unter Mitwirkung v. Karin Müller, Darmstadt 1976 ser Erfolg, dem eine Reihe von örtlichen Dis- (Darmstädter Archivschriften 2). kussionen vorausgingen, in denen es gar nicht 9 Zahlen nach der in Anm. 4 genannten, in weiten Teilen um Archivfragen, sondern um innergemeindliche bereits überholten Beständeübersicht (Stand Sommer Fraktionierungen und Meinungsunterschiede 1998).

Unsere Archive Nr. 58 33 ging, war vor allem wegen des enormen Reich- einer Daueraufgabe. Ein Problem ist sicher die tums der übernommenen Unterlagen bedeut- mangelnde Kontinuität in den stark personenab- sam. Von den Gemeinden der VG Monsheim hängigen örtlichen Gegebenheiten – ein einem erwiesen sich diese Akten als die mit Abstand (ehrenamtlichen) Ortsbürgermeister überreich- reichhaltigsten, vollständigsten und gerade für tes Findbuch ‚seines‘ Gemeindearchivs muss die Epoche des Ancien Régime als besonders nicht zwangsläufig auch dem Nachfolger zur wertvoll. Wenngleich das Archiv keine Verspre- Verfügung stehen, die Kenntnisse über das chungen hinsichtlich des Zeitraums der Er- Archivwesen müssen immer wieder erneuert schließung zusagen konnte (die Arbeiten fanden werden. 11 Stetige Aufklärung und Information unter eingehender Verzeichnung 2009/2010 bei neuen Ortschefs und Wechseln im Vorstand statt; die Erschließung wurde dann in der Ge- der örtlichen Heimatvereine helfen daher auch, meinde öffentlich präsentiert und die Findmittel Kenntnisse über immer wieder neu auftauchen- der Öffentlichkeit übergeben), bedeutete dies de Akten oder offene Fragen direkt dem Archiv den gleichsam äußeren Abschluss der 1973 weiterzuleiten. begonnenen Übernahmebemühungen. Die immer wieder zu hörenden Feststellungen Die Worms benachbarte, derzeit noch verbands- wie ‚es ist schon alles bei Ihnen‘, ‚das und das freie Stadt Osthofen (Stadtrecht 1970) hat ihr ist verloren‘ werden regelmäßig und oft erfreuli- durchaus reichhaltiges Archiv in eigener Ver- cherweise durch die Wirklichkeit widerlegt, so wahrung belassen. Hier wirkte mit Walter Kon- dass selbst dort, wo bereits große Mengen im rad (geb. 1921) jahrzehntelang ein verdienter Archiv sind, weitere, häufig unerwartete Unter- ehrenamtlicher Heimatpfleger als Archivar, mit lagen auftauchen. Das Archiv hat aufgrund ei- dem (wie auch mit den Verantwortlichen der gener örtlicher Recherchen und durch ihm ge- Stadt generell) eine vertrauensvolle Zusam- meldete Funde seit den 90er Jahren einen er- menarbeit besteht, 10 die trotz formaler Unzu- heblichen und durchaus nicht zu erwartenden ständigkeit (und gewisser örtlicher Vorbehalte quantitativen und qualitativen Zuwachs an Ge- gegen den großen Nachbarn Worms) manche meindearchivquellen zu verzeichnen (s. u.). Beratungen und fachlichen Hinweise sowie Be- Als Beispiel für unerwartete Zugänge kann die mühungen um eine Sensibilisierung der politisch erst im April 2013 erfolgte Abgabe des bis dahin Verantwortlichen für ‚ihr‘ recht reiches Archiv als nicht mehr vorhanden eingeschätzten Ge- möglich machte. Im Jahre 2012 erfolgte der meindearchivs von Mörstadt (VG Monsheim) Beschluss zu einer Fusion der Stadt mit der VG genannt werden. Die bis dahin im Archiv ver- im Rahmen der eingangs erwähnten wahrten dürftigen Unterlagen von vier Metern Vorgaben der rheinland-pfälzischen Verwal- Umfang waren inhaltlich weit davon entfernt, tungsreform. Es bleibt abzuwarten, wie sich die auch nur Teile des historischen Archivs zu re- archivischen Belange dann weiter entwickeln, präsentieren. Erst im Zuge der gewünschten denn Westhofen hat keine entsprechenden Ver- Mitwirkung des Archivleiters an der 1250-Jahr- träge mit Worms abgeschlossen. feier des Dorfes im Frühjahr 2013 wurden dann Die gemachten Erfahrungen bei der Archivpfle- die unerwartet im Rathaus befindlichen Akten ge vor Ort in den beiden Verbandsgemeinden gesichtet und dank der Unterstützung des Bür- des Umlandes seither lassen sich in folgenden germeisters dem Archiv vollständig überstellt. 12 Punkten zusammenfassen: Auf Verständnis und Die Verzeichnung der erst Mitte April 2013 Interesse stößt das Archiv in den Ortsgemein- übernommenen, nach bisherigem Stand min- den durchweg überall, sei es bei den (ehrenamt- destens bis 1699 zurückreichenden ca. elf lau- lichen) Bürgermeistern, Gemeinderäten, enga- fenden Meter (dazu ca. sechs laufende Meter gierten Bürgern oder den als Partnern generell Druckschriften und Gesetzblattserien) hat be- unerlässlichen Heimatvereinen. Auch die VG- reits unmittelbar nach der Übernahme begonnen Verwaltungen wissen die Entlastung und fachli- und soll bis Ende 2013 abgeschlossen werden. chen Möglichkeiten des Wormser Archivs eben- Für die noch ganz in den Anfängen stehende so zu schätzen wie Beiträge zu Ortsjubiläen, Erforschung und Darstellung der Gemeindege- Vortrags- und Gutachtertätigkeit sowie Hilfen bei schichte (eine Ortschronik existiert hier bis der Erarbeitung oder Organisation von Ort- schroniken und ähnliches. Allerdings herrscht 11 vielfach Unkenntnis und Unsicherheit u. a. über So erfuhr das Archiv vor einigen Jahren, dass in Alsheim, Fragen der Bestandserhaltung (Unterbringungs- dessen reichhaltige Unterlagen längst verzeichnet in Worms lagern, auf Initiative des neuen Bürgermeisters im Rahmen umstände!), rechtliche Rahmenregelungen, einer AB-Maßnahme Archivunterlagen und Serien alter Aufbewahrungsfristen und Bewertung. Nicht Gesetzblätter(!) im Rathausspeicher geordnet und listenmä- zuletzt dies macht die Archivpflege auch nach ßig erfasst wurden – gut gemeint, aber an sich unnötig. 12 den erfolgten Übernahmen von Unterlagen zu Nach seiner Auskunft hatte der örtliche Heimatverein eine Bearbeitung begonnen, aber nicht zu Ende geführt. Wie so oft, waren auch hier Laien, denen der gute Wille nicht abzu- sprechen ist, von der Aufgabe überfordert – von rechtlichen 10 Das masch. Verzeichnis der recht reichhaltigen Bestände Fragen wie dem Zugang zu personenbezogenen Unterlagen befindet sich in: StadtAWo Abt. 204 Nr. 39-03/14 (Stand ganz abgesehen. Ende Mai 2013 waren bereits mehr als 2006/09, Arbeit Konrads (Jg. 1921) seit 1988). 560 Einheiten des Bestandes verzeichnet.

34 Mitteilungen aus den rheinland-pfälzischen und saarländischen Archiven heute noch nicht) ist dies die entscheidende, vom Stadtarchiv nach seinen Möglichkeiten zu fördernde Voraussetzung. Wie wichtig vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den (ehrenamtlichen) Ortsbürgermeistern hier ist, zeigt auch der Fall Wachenheim/Pfrimm, wo der langjährige, jetzt intensiv mit Heimatfor- schung befasste Bürgermeister im Frühsommer 2013 bei ihm (privat verwahrt!) vorhandene Ak- ten des 19. und frühen 20. Jahrhunderts abge- geben hat, wodurch der Bestand erfreulich er- gänzt werden konnte. Im Gegenzug wurde auch er bei Recherchen zur Dorfgeschichte unter- stützt. Der Zustand, in dem Unterlagen lagerten und dann übernommen werden, ist dabei ebenso unterschiedlich wie die dem Kulturgut vor Ort entgegengebrachte Sorgfalt, wie einige fotogra- fische Zeugnisse von Übernahmen aus den Ortsgemeinden der letzten Jahre belegen. Seit Jahren werden die Umstände der Lagerung und Abholung in Fotos des Archivs festgehalten.

Abb. 3

Abb. 1: Unterbringung des 2002 erfolgten, umfangreichen Zugangs der Ortsgemeinde Eich in der Ernst-Ludwig-Schule (vom Stadtarchiv als Außenstelle genutzte Kellerräume)

Abb. 4

Abb. 2: Rathaus Alsheim, von der Gemeinde veranlasste Aufstellung vor Ort verbliebener Archivteile, 2007

Abb 5

Unsere Archive Nr. 58 35

tätig, etwa für die Gemeinden Bechtheim 13 und Westhofen (VG Westhofen, Landkreis Alzey- Worms) mit ihren sehr bedeutsamen Archivbe- ständen. Hier fühlt sich das Archiv verpflichtet, deutlich auf die Wertigkeit und die fachlichen Anforderungen an eine Unterbringung und den Schutz des Kulturgutes aufmerksam zu machen, selbst wenn es formal unzuständig ist. Diese Tätigkeit fand stets in enger und sehr vertrau- ensvoller Zusammenarbeit mit dem Landesar- chiv Speyer statt, das in die Fragen der Archiv- pflege in der Fläche stets kollegial eingebunden ist und mit dem gemeinsam auch gegenüber dem Landrat des Kreises Alzey-Worms, Ernst- Abb. 6 Walter Görisch, die Probleme und Chancen bei einem Informationsgespräch in Alzey und bei Abb. 3 bis 6: Verschimmelte Unterlagen aus Übernahme von Bürgermeisterversammlungen des Kreises seit der Ortsgemeinde Mölsheim 2007, stammt aus total feuch- einiger Zeit besprochen werden. Die Bemühun- tem Rathauskeller, Lagerung der noch zu behandelnden Archivalien in der Außenstelle Ernst-Ludwig-Schule (vgl. 1) gen des Stadtarchivs können allerdings, und das ist den Kolleginnen und Kollegen der staat- lichen Archive auch ganz klar, eine Verbesse- rung in diesem Feld nicht vorwegnehmen oder gar ersetzen. Eine Regelung für die flächenhafte Archivpflege nach dem Vorbild anderer Bundes- länder mit ihren bei den staatlichen Archiven bzw. Landschaftsverbänden angesiedelten Be- ratungsstellen steht nach wie vor aus. Sie wäre angesichts des Reichtums vieler rheinhessi- scher, aber auch anderer Ortsarchive ebenso dringend nötig wie im Blick auf viele latente Ge- fährdungen vor Ort. 14 3. Retrokonversion der Findmittel mit Hilfe des DFG-Projekts und der

Abb. 7: Übernahme/Bewertung von in Gitterboxen lagernden Archivschule Marburg 2010/2011 Archivalien aus dem Gemeinde-Bauhof Mettenheim, Anfang Die maschinengeschriebenen Findmittel der 2012 Bestände Abt. 230 bis 241 gerieten unabhängig von den laufenden weiteren Übernahmen und der Planung der künftigen Verzeichnungs- schwerpunkte in den Blick, als mit den Fort- schritten der seit ca. 2003/2004 erheblich for- cierten Konversion der traditionellen analogen Findbücher auch die Frage aufkam, ob bzw. wann und unter welchen Umständen die um-

13 Verzeichnis der Archivalien des Ortsgemeindearchivs Westhofen (1974) in: StadtAWo Abt. 204 Nr. 39-03/01. Laut Zeitungsberichten vom Sommer 2012 erfolgt eine Erschlie- ßung der überaus reichhaltigen und wertvollen Bestände demnächst im Landesarchiv Speyer, von wo aus die Unter- lagen verzeichnet und besser als bisher lagernd wieder nach Abb. 8: Aussonderung und Bewertung von Akten im Rat- Westhofen zurückkehren sollen. Das Bechtheimer Archivin- haus der Gem. Hamm, Anfang 2012 ventar findet sich in Kopie in: StadtAWo Abt. 204 Nr. 39- 03/02, siehe dazu auch oben Anm. 4. Sichtung des Ge- meindearchivs mit Hinweisen zu Aufbewahrung und Ord- Neben den gleichsam regulären archivischen nung durch das Stadtarchiv auf Bitten von Bürgermeister Kernaufgaben für die Gemeinden ergab sich in bzw. Heimatverein im Januar 2013 aufgrund eines bevor- der Vergangenheit immer wieder auch Bera- stehenden Umzugs, auch hier fotografische Dokumentation. 14 tungsbedarf bei bevorstehenden Ortsjubiläen Dazu zuletzt u. a. mit Hinweis auf laufende Bemühungen und Anfragen wie etwa im Umfeld der Zwangs- des Landesarchivs Speyer für ein Bewertungsmodell bzw. Dokumentationsprofil ‚seiner‘ kommunalen Bestände mit arbeiterrecherchen. Auch über die beiden ge- weiteren Hinweisen auf Literatur zu den Verwaltungsrefor- nannten Verbandsgemeinden hinaus war das men 1969/72: Susanne Rieß-Stumm, Stand der kommuna- Archiv auf Wunsch beratend und hilfestellend len Archivpflege in Rheinhessen-Pfalz, in: Unsere Archive. Mittelungen aus den rheinland-pfälzischen und saarländi- schen Archiven 57, 2012, S. 33 – 35.

36 Mitteilungen aus den rheinland-pfälzischen und saarländischen Archiven fangreichen maschinenschriftlichen Verzeich- bleiben (und dann auch in den VG-Verwal- nisse in eine datenbankfähige Form überführt tungen Nutzungsmöglichkeiten vorgehalten werden könnten. Aufgrund der qualitativ guten werden) oder ob die Unterlagen (gemeint sind Verzeichnung, der Gleichartigkeit der Klassifika- hier die Erstschriften) gemäß vertraglicher Re- tion und der guten Eignung der Findmittel sowie gelung als Archivgut nach Worms kommen und angesichts der Bedeutung der Gemeindearchive dort nachverzeichnet und benutzbar gehalten konnte ein über die Retrokonversionsstelle an werden, ist zurzeit (Ende 2012) noch nicht ab- der Archivschule Marburg eingereichter Antrag schließend entschieden worden. auf Förderung durch das entsprechende Pro- gramm der Deutschen Forschungsgemeinschaft 4. Der Wert der Unterlagen für die (DFG) im Frühjahr 2010 in voller Höhe bewilligt Forschung werden. Das Archiv erklärte sich bereit, aus Die Verbringung der Unterlagen nach Worms eigenen Haushaltsmitteln komplementäre Gel- und ihre fachgerechte Verzeichnung war auch der für die Finanzierung bereitzustellen, und die die Voraussetzung für ihre Nutzung. Neben den Arbeiten an den Daten von sieben kompletten heimatgeschichtlichen Forschungen im Rahmen Archivbeständen konnten durch die nach der der nach wie vor intensiven Ortsgeschichten16 Ausschreibung beauftragte Firma Herrmann & sei hier beispielhaft auf die grundlegenden Ar- Kraemer (Garmisch-Partenkirchen) zur vollen beiten des Gimbsheimer Historikers Dr. Gunter Zufriedenheit aller Seiten bis zum Frühsommer Mahlerwein verwiesen, der in seiner 2001 im 2011 abgeschlossen werden. 15 Druck erschienenen Dissertation über die Ent- Nach einer Reihe von Nachbearbeitungen der wicklung der bäuerlichen Oberschichten und der importierten mehr als 9.500 Datensätze und ländlichen Elitenbildung in Rheinhessen zwi- verschiedenen, inzwischen abgeschlossenen schen 1700 und 1850 intensiv mit dem reichhal- Revisionen stehen die Daten nun komplett auf tigen Material der Gemeindearchive im Raum der Homepage des Archivs zur Recherche zur Alsheim und Hamm, also dem Altrheingebiet, Verfügung, zum Teil unter Zusammenführung gearbeitet und seitdem weitere einschlägige Studien zur ländlichen Gesellschaft der Region mit den seit der Einführung der Archivsoftware 17 ‚Augias‘ 2001 bereits in der Datenbank fortge- vorgelegt hat. Hierbei konnte er vom Reichtum führten Verzeichnungen. der Überlieferung und ihrer guten Nutzbarkeit des Materials immer wieder profitieren. Ergänzt Die Arbeit des Archivs lag dabei u. a. in der wurden diese Arbeiten, die ohne eine Erschlie- Vorbereitung und Begleitung der Arbeiten (Klas- ßung in Worms nicht durchführbar gewesen sifikationsfragen, Zweifelsfälle) an den masch. wären, durch seine zweibändige, auf intensivem Findmitteln, Datenimport, Neuabfassung der Archivalienstudium beruhende Ortsgeschichte Findbuchvorworte, Korrekturdurchgänge, div. von Alsheim. 18 Vereinheitlichungen usw. Das finanzielle Volu- men des Projekts lag bei insgesamt 7.700 Euro, von denen die DFG gut zwei Drittel übernom- 16 Vgl. etwa die 2002 erschienene neue Chronik von Möls- men hat. Ohne diese Möglichkeit hätte das Ar- heim: Mölsheim: Aus der Geschichte eines rheinhessischen chiv aus eigenen Kräften eine Retrokonversion Dorfes im , hg. v. Heimat- und Kulturverein Möls- nie erreichen bzw. finanzieren können. Im Ge- heim, bearb. v. Trude Fuchs u. a.; 2002. 17 folge dieser Arbeiten kam es ergänzend zur Gunter Mahlerwein, Die Herren im Dorf. Bäuerliche Ober- Verzeichnung noch unbearbeiteter Bestandstei- schicht und ländliche Elitenbildung in Rheinhessen 1700 – 1850, Mainz 2001 (Veröffentlichungen des Instituts für Euro- le der Archivabteilungen Abt. 241 Wachenheim päische Geschichte Mainz, Abt. für Universalgeschichte 189; (zusätzlich 106 VE), Abt. 235 Hohen-Sülzen Historische Beiträge zur Elitenforschung 2), für diese Arbeit (zus. 217 VE) sowie in geringerem Umfang Abt. wurden eine Reihe von Ortsarchiven der Region, darunter 238 Mörstadt (vgl. oben zu neuesten, noch un- auch die Unterlagen aus Bechtheim, ausgewertet, zur Quel- lenlage vgl. Einleitung S. 8 ff.; zuletzt mit weiteren Nachwei- bearbeiteten Zuwächsen des Jahres 2013) und sen u. a. der Arbeiten Mahlerweins zur Region siehe seinen Abt. 240 Offstein (mit jeweils zusammen 33 VE). Beitrag: Ders., Demographie, Gesellschaft, Alltag; Wirt- schaftsgeschichte, in: Kreuz – Rad – Löwe. Rheinland-Pfalz. Im Ergebnis waren damit von den 15 Gemeinde- Ein Land und seine Geschichte, Bd. 1: Von den Anfängen archivbeständen der beiden VGs elf abschlie- der Erdgeschichte bis zum Ende des Alten Reiches, hg. v. ßend bearbeitet. Davon wurden allein acht im Lukas Clemens/Franz-Josef Felten/Matthias Schnettger, Mainz 2012, S. 607 – 672, S. 673 – 694. Jahre 2011 abgeschlossen. 18 Gunter Mahlerwein, Alsheim – Halasemia. Geschichte Noch nicht ganz geklärt ist derzeit die Frage des eines rheinhessischen Dorfes, 2 Bde. Alsheim 1996, 2004; Umgangs mit den durch die Reform des Perso- ergänzend: Ders., Gebremste ‚Machtergreifung‘: Alsheim vor nenstandsgesetzes 2009 zu Archivgut gewor- dem 30. Januar 1933 und in der Frühzeit des ‚Dritten Rei- denen Zivilstandsregistern bzw. Standesamts- ches‘, in : Rheinhessische Wege in den Nationalsozialismus. Studien zu rheinhessischen Landgemeinden von der Wei- unterlagen seit 1798/1876. Ob diese vor Ort marer Republik bis zum Ende der NS-Diktatur, Worms 2010, S. 61 – 90. Von den weitere Arbeiten, die ohne die in Worms verzeichneten und benutzbaren Akten in den letzten Jahren 15 Details des Projekts sind dem ausführlichen Jahresbericht nicht möglich gewesen wären, sei nur verwiesen auf: Günter des Archivs für 2011 zu entnehmen, der (wie alle Berichte Reich, Eich und seine Landwirtschaft im Wandel der Zeit seit 1996) über die Homepage unter www.stadtarchiv- vom 18. bis 20. Jahrhundert. Eine Dokumentation (Eich worms.de einsehbar ist. 2000, Selbstverlag, 275 S.); Günter Reich, Jüdische Fami-

Unsere Archive Nr. 58 37

Nicht zuletzt vermochte die Übernahme der späten 18. Jahrhundert oder die 2011 als Depo- Gemeindearchivalien die Quellenbasis für die situm übernommenen, bis Anfang 2013 intensiv bereits 1977 in einem grundlegenden Aufsatz verzeichneten Unterlagen der in Dittelsheim von Wolfgang Hans Stein eindrucksvoll skizzier- (heute Gem. Dittelsheim-Heßloch, VG Westh- ten Möglichkeiten der sozialgeschichtlichen ofen, Landkreis Alzey-Worms) ansässigen, ver- Forschung nach französischem Vorbild für die mögenden Großbauernfamilie Kirschbaum vor Zeit des 18./19. Jahrhunderts in der Region allem aus dem späten 18. und 19. Jahrhundert beträchtlich zu erweitern. 19 Dazu trägt etwa die (Abt. 170/46, 171 Verzeichnungseinheiten = 15 bislang kaum ausgeschöpfte Überlieferung von Archivkartons). 22 Schatzungsrechnungen, Bederegistern, Ge- Einen jüngst deutlich gewordenen Beleg für die richts-, Versteigerungs- und Kaufprotokollen, Bedeutung der übernommenen regionalen Un- Lager- und Morgenbüchern, Erbschafts- und terlagen gibt die 2012 erschienene, grundlegen- Vormundschaftsangelegenheiten, Inventaren, de Arbeit des Wormser Kunsthistorikers und Erbteilungen und Testamenten sowie Gemein- Verlegers Dr. Ferdinand Werner über Arbeiter- derechnungen, Güter- und Beforchungsrenova- siedlungen und Arbeiterwohnungen im Rhein- tionen (seit ca. 1670 bis um 1800) in besonderer Neckar-Raum, in der u. a. die bedeutsamen Weise bei, ganz abgesehen von den reichen Wohnungsbauaktivitäten der nicht mehr beste- Notariatsquelle und Akten der linksrheinischen henden, einst sehr wichtigen Möbelwerke Phi- Friedensgerichte des 19. Jahrhunderts (v. a. im lipp Merkel in Dalsheim (heute Gem. Flörsheim- Landesarchiv Speyer). Immerhin erreicht der Dalsheim, VG Monsheim) um 1900 dokumen- Anteil der Archivalien des 18. Jahrhunderts im tiert werden. 23 Im Gemeindearchiv liegen dazu Falle von Alsheim ein Drittel des Gesamtum- reiche Planunterlagen vor, die nach der Ver- fangs (Stand vor 1996), für Gimbsheim liegt er zeichnung des Bestandes erstmals genutzt wer- immer noch bei ca. 20 %. den konnten und künftig zur Verfügung stehen, Neben den Forschungen von Gunter Mahler- etwa für die im Jahre 2016 geplante neue Ort- wein beruhen auch die neueren Arbeiten von schronik der Doppelgemeinde. Frank Konersmann über vor allem mennoniti- sche ‚Bauernkaufleute‘ und Aspekte der Agrar- 5. Fazit und Ausblick modernisierung mit auf der Nutzung von Worm- Nach dem Stand Ende April 2013 beträgt der ser bzw. im Stadtarchiv verwahrten regionalen Umfang der Bestände der seit Anfang der Quellen 20 und belegen eindrucksvoll ihre über- 1970er Jahre übernommenen, stetig weiter ge- regionale Bedeutung. wachsenen 14 Gemeindeunterlagen etwa 334 Aufgrund dieser Ausrichtung der Bestände und laufende Meter (beide VGs umfassen jeweils ca. des hohen Stellenwertes der regionalen Ge- 167 lfm, davon sind 36 und sechs lfm noch un- meindearchive für das Überlieferungsprofil des verzeichnet bei der VG Eich, elf lfm unverzeich- Hauses generell ist das Archiv stetig um den net in der VG Monsheim). Es handelt sich dabei Erwerb weiterer regionaler Quellen bemüht, wie um 7757 (VG Eich) und 7087 Verzeichnungs- etwa das von Frank Konersmann 2009 näher einheiten (VG Monsheim) in der Augias- beschriebene und gewürdigte Journal der men- Datenbank des Stadtarchivs. Der Gesamtum- nonitischen Bauernfamilie Möllinger 21 aus dem fang der Bestände hat sich damit von 1996 (damals waren es insgesamt 186 lfm) bis heute um das 1,8-fache vermehrt. Die Zahl der ver- lien in Alsheim, Gimbsheim, und Metten- heim 1529 bis 1939. Dokumentation, Eich/Rhh. 2005 zeichneten Archivalieneinheiten wuchs von ma- (masch., 432 S.); Willy Matthes, Die vergessene Staats- schinenschriftlichen 8.942 Einheiten (Stand grenze. Eine Dokumentation über die Entstehung und Gel- 1996) auf Ende 2012 14.844, die seit 2011 in tungsdauer sowie das Ende der ehemaligen Hoheitsgrenze der Augias-Datenbank recherchierbar sind. Nur zwischen dem Königreich Bayern („Rheinkreis“) und dem Großherzogtum Hessen (“Rheinhessen“) auf dem linken für drei Abteilungen bestehen nach jetzigem Rheinufer, Alzey 2008. 19 Nach wie vor anregend: Wolfgang Hans Stein, Die Archi- Verflechtungen; hier auch weitere Lit. zu diesem in den ve des Departements Donnersberg. Eine Möglichkeit, die letzten Jahren intensiv beachteten Forschungsfeld mit zahl- Methoden der französischen Sozialgeschichte für die deut- reichen Bezüge in den Raum Worms/südliches Rheinhes- sche Landesgeschichte nutzbar zu machen, in: Vom Alten sen, Signatur: StadtAWo Abt. 200 Nr. 520). Siehe auch: Reich zu neuer Staatlichkeit. Alzeyer Kolloquium 1979. Frank Konersmann, Neue Quellenfunde über die mennoniti- Kontinuität und Wandel im Gefolge der französischen Revo- sche Bauernfamilie Möllinger in den rheinhessischen Dör- lution am Mittelrhein, Wiesbaden 1982 (Geschichtliche fern Monsheim und Pfeddersheim (1746 – 1835), in: Men- Landeskunde 22), S. 152 – 177. nonitische Geschichtsblätter 61, 2004, S. 118 – 123. 20 22 Vgl. u. a.: Entfaltung einer agrarischen Wachstumsregion Eigentümer der Unterlagen ist Thomas Goller (Osthofen), und ihre ländlichen Akteure am nördlichen Oberrhein (1650 dessen Familie weitere, sehr bedeutsame Unterlagen zur – 1850), in: Zeitschrift für Geschichte des Oberrheins 154, regionalen Geschichte aus der Überlieferung der für die 2006, S. 171 – 216. Stadt bzw. Gemeinde überaus wichtigen Familie Weißhei- 21 Frank Konersmann, Das Journal von David Möllinger mer verwahrt. Goller bereitet dazu eine größere, für die senior und seinem Sohn Christian in Monsheim (1746 – rheinhessische Geschichte wertvolle Edition bzw. Publika- 1809), in: Der Wormsgau 27, 2009, S. 87 – 91 (vom Archiv tion vor. 23 2003 angekauftes Dokument der Wirtschafts- und Lebens- Ferdinand Werner, Arbeitersiedlungen – Arbeiterhäuser weise einer der bedeutendsten mennonitischen Bauernfami- im Rhein-Neckar-Raum, Worms 2012 (Beiträge zur Mann- lien der Region mit weitreichenden Wirkungsnetzen und heimer Architektur- und Baugeschichte 8), S. 276 – 284.

38 Mitteilungen aus den rheinland-pfälzischen und saarländischen Archiven

Stand noch Verzeichnungsrückstände, die mög- ßen bzw. unter welchen Voraussetzungen das lichst bis Ende 2013 abgearbeitet werden sollen. möglich wäre. Entscheidend dürfte heutzutage Nach allen gemachten Erfahrungen wird es sicher die im Falle Worms vor vierzig Jahren dennoch auch künftig zu Beratungen, weiteren fast ganz außer Acht gelassene finanzielle Fra- Archivalienabgaben und fachlicher Tätigkeit des ge sein: Inwieweit wären die hinterlegenden Stadtarchivs für ‚sein’ Umland kommen, eine Gemeinden bzw. die Verbandsgemeinden be- Aufgabe, die für ein Kommunalarchiv ebenso reit, einigermaßen kostendeckende Gebühren ungewöhnlich wie (nach Einschätzung des Ver- an die aufnehmende Stadt zu leisten? Wäre fassers) wichtig und lohnend ist. eine solche Aufgabenübernahme durch größere Städte politisch heute noch vorstellbar und wür- Auf andere Stadtarchive übertragbar wäre das de das auch entsprechend unterstützt? hier vorgestellte Wormser Modell der Archiv- pflege und damit die dauerhafte Installierung Bei aller Vorsicht, was eine Modellhaftigkeit der eines regionalen Netzwerkes zu Heimatvereinen Wormser Lösungen anbelangt, sei abschließend und Bürgermeistern sowie aktives Engagement betont, dass sich die Mitarbeiterschaft des Ar- in der Regionalgeschichte über die Stadt hinaus chivs stets engagiert der Aufgabe gewidmet und – und damit kommen wir zu einer eingangs auf- sich auch die Archivleitung in hohem Maße die geworfenen Grundfrage – sicher nur unter be- Herausforderungen der Arbeiten im Umland zu stimmten Voraussetzungen: Dazu gehört neben eigen gemacht hat. Für uns sind diese Bestände der Bereitschaft der Archivleitung, sich diese und die laufenden Anstrengungen um die Ge- Aufgaben überhaupt zu eigen machen zu wol- meinden im Umland auch in Zukunft integraler len, die Prüfung der Frage, ob die personellen Bestandteil des Beständeprofils und der Kern- und räumlichen Ressourcen eines Stadtarchivs aufgaben des Wormser Stadtarchivs. in heutiger Zeit eine solche Daueraufgabe zulie-