M Zeitung der BerlinerIETER MieterGemeinschaft e.V. www.bmgev.deE CHO Nr. 392 Dezember 2017

MIETERPROTESTEMIETERPROTESTE ININ OST-BERLINOST- ZURZUR WENDEZEITWENDEZEIT IMPRESSUM GESCHÄFTSSTELLE Herausgeberin: Berliner MieterGemeinschaft e.V. Berliner MieterGemeinschaft e.V. Möckernstraße 92 (Ecke Yorckstraße), 10963 Berlin Redaktion MieterEcho: Joachim Oellerich (V.i.S.d.P./ Chefredaktion), Telefon: 030 - 2168001, Telefax: 030 - 2168515 Philipp Mattern (Titelthema), R. Berg (Schlussredaktion/ CvD), www.bmgev.de Matthias Coers (Bildredaktion), Hermann Werle, Philipp Möller, G. Jahn (Mietrecht) ÖFFNUNGSZEITEN Kontakt: Telefon: 030 - 21002584, E-Mail: [email protected] Mo, Di, Do 10 – 13 Uhr und 14 – 17 Uhr Mi 10 – 13 Uhr Grafik: undaunted (Gestaltung/ Satz/ Bildredaktion) Fr 10 – 13 Uhr und 14 – 16 Uhr

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mand von diesem unternehmer- und vermieterfreundlichen 10 Mieterladen in Friedrichshain Parteienensemble erwartet, dass Steuern zur Finanzierung 1989 entsteht erste unabhängige Mieterberatung Ostdeutschlands eines kommunalen statt eines privaten Wohnungsbaus einge- Gigi setzt worden wären. Die Empörung hätte sich folglich in Grenzen gehalten. 12 Ost-Berliner Besetzerbewegung der Wendezeit Fast verwundert es, dass die Mietpreisbremse als „Instrument Vom Sommer der Anarchie bis zur Räumung der Mainzer Straße der Mietpreissicherung“ im Zentrum der Auseinandersetzung Dietmar Wolf um den wohnungspolitischen Themenkomplex stand. Ur- sprünglich wollten CDU und FDP die Mietpreisbremse in bei- BERLIN derseitigem Einverständnis ohne jeden Kommentar ausklin- gen lassen, dann aber wurde sie von den Grünen auf die Ta- gesordnung gesetzt. Die FDP reagierte mit einer Forderung 16 Soziale Wohnraumversorgung unter ferner liefen nach sofortiger Abschaffung – am liebsten rückwirkend –, Zwischenbericht zum Stadtentwicklungsplan Wohnen 2030 die CDU wollte sie zunächst beibehalten, aber keinesfalls Rainer Balcerowiak wirkungsvoller werden lassen. Nur die Grünen wollten sie verbessern, das heißt zu einem Instrument machen, das der 19 Kennen wir nicht, wissen wir nicht rasanten Mietsteigerung entgegenzuwirken vermag. Dazu hät- Bezirksamt hilflos bei Verfolgung von Leerstand in Moabit ten die Ausnahmeregelung beseitigt und die Vermieter bei Rainer Balcerowiak Wiedervermietung zur Auskunft über die Vormiete verpflich- tet werden müssen. Ob das grüne Vorhaben Erfolg gehabt hät- 20 Hohe Ansprüche und hohe Kosten te, ist ungewiss. Die einflussreiche und lautstarke Vermieter- Konzeptverfahren schaffen keinen bezahlbaren Wohnraum lobby vermisste bereits die von der FDP angekündigte „neue Jutta Blume Radikalität“, das heißt Marktradikalität, und die Mietpreis- bremse wäre wahrscheinlich auch von den Grünen nicht allzu WOHNEN INTERNATIONAL entschlossenen verteidigt worden. Im Übrigen hätten die Interessenverbände des Immobilienka- pitals zufrieden sein können. Die steuerliche Förderung der 22 Zur Miete in einem Land des Wohneigentums energetischen Sanierung, ein „Baukindergeld“ zur Anhebung Wohnungsmarktprobleme und Mieteraktivitäten in Madrid des Wohneigentums und die Verbilligung von öffentlichen Matthias Coers und Grischa Dallmer Grundstücken – Punkte, über die es bei den Parteien keinen Dissens gibt – hatten sie bereits lange zuvor auf ihrer Agenda. MIETRECHT AKTUELL Die wohnungspolitische Zukunft ist nun wieder offen. Wir werden uns im kommenden Jahr mit den neuen Plänen be- 24 Mieter/innen fragen – wir antworten schäftigen, doch bis dahin wünschen wir unseren Leser/innen Fragen und Antworten zu häufigen Mietrechtsirrtümern erst einmal ein erholsames Weihnachtsfest und einen guten Rechtsanwalt Hans-Christoph Friedmann Rutsch ins neue Jahr. IHR MIETERECHO 27 RECHT UND RECHTSPRECHUNG 31 SERVICE HINWEIS ZUM JAHRESWECHSEL 32 RECHTSBERATUNG Von Weihnachten bis Silvester bleiben die Beratungsstellen bis auf Ausnahmen geschlossen. Für unaufschiebbaren Beratungsbedarf in Eilfällen sind die vom 27. bis 29.12.2017 geöffneten Beratungsstellen auf der hinteren Umschlagseite mit * gekennzeichnet.

MieterEcho 392 Dezember 2017 3 TITEL

Schwarzwohnen in der DDR

Mit stillen Besetzungen gegen den Wohnungsmangel Foto: ME Foto:

Von Dietmar Wolf bezirken des Ostens planungsperspektivisch auf Entmietung, Abriss und kostengünstigen Betonneubau. Stumme Zeugen In der DDR war Wohnraum sehr günstig – aber Mangel- kann man am Alexanderplatz rund um die Nikolaikirche begut- ware. Das „schwarze Wohnen“ und die stille Besetzung wa- achten. Dieser Bereich war durch den Krieg stark zerstört wor- ren verbreitete Mittel, um an eine Wohnung zu gelangen. So den. Während die Nikolaikirche für die 750-Jahr-Feier waren in den Ost-Berliner Altbaubezirken teils ganze Häu- zwischen 1980 und 1983 aufwendig und nach historischen Plä- ser faktisch besetzt. nen wiederhergestellt wurde, schuf man in der Umgebung ein zusammengewürfeltes Ensemble mit historischen Bezügen auf Während die Staatsführung der DDR alle Kraft in die Schaf- verschiedene Zeitepochen und Plattenneubauten mit historisie- fung von riesigen Plattenbausiedlungen am Rand Berlins renden Fassaden. Die so errichteten 800 Wohnungen blieben steckte, verfielen große Teile der Innenstadtbezirke zuneh- allerdings normalen Menschen ohne höhere Funktion, entspre- mend. Darüber konnten auch gelegentliche Sanierungsprojekte chende Beziehungen oder ausreichend Schmiergeld von vorn- nicht hinwegtäuschen. Die Maxime der DDR-Wohnungspoli- herein verwehrt. tik war es, die „Lösung der Wohnungsfrage“ durch gigantische Neubauprogramme anzustreben. Bereits in den 60er Jahren Entmietungen und Abrisspläne bestand der Plan, den gesamten Bezirk Prenzlauer Berg – oder Ein ganz anderes und viel extremeres Beispiel für diese Form zumindest den südlichen Teil davon – abzureißen, um an seiner von Rekonstruktion bzw. „Sanierung mit Platte“ sieht man in Stelle Plattenbauten zu errichten. Doch bereits in den 70er Jah- Friedrichshain. In der Frankfurter Allee, von der Ringbahn ren wurde der Plan aufgrund des akuten Wohnungsmangels auf stadteinwärts zwischen der Jessner- und der Colbestraße, Eis gelegt. Die Stadtplanungsbüros wurden nun angewiesen, wurden in den 80er Jahren mehrere komplette Straßenzüge schnelle Lösungen zu finden. Kurze Zeit später lief das erste abgerissen und durch Betonplattenbau ersetzt. Die Wirren der Pilotprojekt um den Arnimplatz in der Nähe der Schönhauser Wende 1989 und das folgende „Jahr der Anarchie“ 1990 ver- Allee an. Durch Entkernungen und Grundrissvergrößerungen hinderten, dass dieses Schicksal auch die nachfolgenden Stra- sank die Zahl der Wohnungen in dieser Zeit um 15%. Weil aber ßenzüge der Mainzer-, Kreutziger- und Niederbarnimstraße kein neuer Wohnraum geschaffen wurde und für die Bewoh- ereilte. Großangelegte Entmietungen waren auch hier bereits ner/innen zudem Ausweichwohnungen freigehalten werden vollzogen. Letztendlich stoppten dort die zahlreichen Hausbe- mussten, sahen die Planer/innen das Projekt nicht als Erfolg setzungen im Jahr 1990 die weiteren Abrisspläne (Seite 12). an. Komplexe Modernisierungen wie am Arnimplatz in Prenz- Ein wesentlicher Grund für den steigenden Leerstand in den lauer Berg oder dem Arkonaplatz in Mitte blieben Einzelmaß- Altbaugebieten der Innenstadt waren die stetig wachsenden nahmen. Für die große Masse des Altbaubestands unterblieb Bestände in den Neubausiedlungen von , Hellersdorf die überfällige Sanierung, weil die staatlichen Mittel nicht aus- und Heinersdorf. Es waren gefragte Wohnungen mit Fernwär- reichten. Zwar wurden auch noch in den 80er Jahren Altbauten me und Warmwasser. Hier zog es viele Menschen hin. An- saniert, der entstandene Rückstand konnte aber bis zur Wende statt die freigewordenen Wohnungen im Altbau jedoch für die bei Weitem nicht aufgeholt werden. Nicht unähnlich der West- vielen Wohnungssuchenden zu nutzen, verschwanden ganze Berliner Sanierungspolitik, setzte man auch in den Innenstadt- Straßenzüge förmlich von der Bildfläche. Sie galten als nicht

4 MieterEcho 392 Dezember 2017 TITELTITEL mehr vermietbar und standen auf imaginären, für die Zukunft angedachten Abrissplänen. Oder sie wurden Bestandteil von Wohnungsschiebereien innerhalb der Kommunalen Woh- nungsverwaltungen (KWV, Plural KWVen), gepaart mit viel Schlamperei, Misswirtschaft und Bürokratie. Zum Schluss, also spätestens ab dem Sommer 1989, kam zu- sätzlich die verstärkt einsetzende Massenflucht in den Westen hinzu. Viele Menschen schlossen morgens ihre Wohnung ab, als würden sie normal zur Arbeit gehen oder in den Urlaub fah- ren. Stattdessen verschwanden sie im Westen und kamen nicht wieder. Ihre zurückgelassenen Wohnungen blieben, meist voll möbliert, über Wochen oder Monate leer. Die KWV merkte meist noch nicht einmal, dass keine Miete mehr gezahlt wurde, Die DDR-Regierung setzte bis zur Wende auf Abriss und Neubau. Während die denn es gab nur selten Nachprüfungen. Falls die „Flüchtlin- Altbauten verfielen, entstanden am Stadtrand Plattenbausiedlungen. ge“ nicht selbst anderen Menschen – Freund/innen, Verwand- Foto: Eugen Nosko/ Deutsche Fotothek/ Wikipedia ten oder Bekannten – ihre Wohnung überlassen hatten, waren diese Wohnungen für den offiziellen Wohnungsmarkt gesperrt. Vor diesen Hintergründen erklärt sich, warum in der ganzen DDR das sogenannte schwarze Wohnen bereits in den 70er und dann erst Recht in den 80er Jahren zur probaten Metho- de wurde, um an Wohnraum zu gelangen. Das Ziel dieser Art der stillen Besetzung bestand nicht darin, Miete zu sparen, sondern schlichtweg eine Wohnung zu bekommen. Nach dem Bezug war es wichtig, sich „still zu verhalten“, damit die Be- setzung nicht aufflog. Wenn das dann doch passierte, geschah es meist durch Denunziationen von „wachsamen Mitbürger/ innen". Gelegentlich führten die Abschnittsbevollmächtigten der Volkspolizei bzw. Mitarbeiter/innen der KWV Stichpro- benkontrollen der Hausbewohner/innen durch. Hierfür diente auch das sogenannte Hausbuch, in dem alle aktuellen Bewoh- ner/innen verzeichnet waren. Dieses Hausbuch wurde von einem Mitglied der jeweiligen Hausgemeinschaft aufbewahrt und verwaltet. Um Kontrollen, einem Abgleich mit dem Haus- buch und einem möglichen Auffliegen zu entgehen, vermieden Im Haus Fehrbelliner Straße 7 in Prenzlauer Berg wohnten in den 80er Jahren Wohnungsbesetzer/innen oftmals Namensschilder am Klin- viele Oppositionelle und Künstler/innen schwarz, darunter Aljoscha Rompe von gelbrett. Das aber galt bei Kontrollen wiederum als ein Indiz der Punkband Feeling B. Die Stasi observierte das Haus. dafür, dass Wohnungen „illegal“ bewohnt sein könnten. War Foto: jugendopposition.de/ BStU, MfS, HA VIII Nr. 2266, Bd. 3, S.35 eine Wohnung erst einmal in den Fokus der Kontrolleur/innen geraten, folgte unweigerlich eine verstärkte Überwachung der Wohnung und dann nicht selten die Entdeckung. und Friedrichshain führte die Methode der stillen Besetzung nicht selten dazu, dass ganze Häuser „schwarz“ bezogen „Illegal“ im Altbau waren. Dazu einige Beispiele: Die Dunckerstraße 21 war ab War man als Besetzer/in aufgeflogen, hing das weitere Verfah- Anfang der 1980er Jahre nach und nach systematisch besetzt ren von den nicht selten korrupten Sachbearbeiter/innen der worden. Hier lebten viele Oppositionelle. Deshalb befand sich KWVen ab. War die jeweilige Wohnung zum Beispiel Teil von das Haus schnell im Fokus der Staatssicherheit. Mitte der 80er Schieberplänen der KWVen, war ein Rauswurf durch die Po- Jahre wurde das Haus entmietet und saniert. Die Bewohner/ lizei und auch eine hohe Geldstrafe unausweichlich. Hatte der innen wurden in verschiedene andere Häuser umgesetzt und oder die Sachbearbeiter/in keine Pläne, konnte man hoffen, mit erhielten Mietverträge. Im Haus Lychener Straße 61 waren ab einer geringen Strafe davonzukommen und in der Wohnung 1982 ebenfalls fast alle Wohnungen besetzt. Auch dieses Haus bleiben zu dürfen. In den letzten Jahren der DDR waren KWV galt als ein Hort von Oppositionellen. 1988 wurde es geräumt, und Polizei jedoch zunehmend überfordert, die „stillen Beset- aber schon kurz danach von anderen Personen erneut besetzt. zungen“ zu bemerken. Mit der Massenflucht von DDR-Bürger/ In der Fehrbelliner Straße 7 begannen die stillen Besetzungen innen Richtung Westen verlor man gänzlich den Überblick dar- ab 1982. Ab etwa 1987 wohnten im gesamten Haus Besetzer/ über, wer nun tatsächlich noch in welchen Wohnungen wohnte. innen, vorwiegend Oppositionelle und Künstler/innen. In der In den Ende der 80er Jahre bereits bedenklich maroden und Prenzlauer Allee 203/204 wurden seit dem Frühjahr 1989 die heruntergewirtschafteten Altbaubezirken wie Prenzlauer Berg Wohnungen des Hinterhauses „schwarz“ bezogen. Im Januar 1990 erklärten die Wohnungsbesetzer/innen das Haus auch öf- Dietmar Wolf gehörte Ende der 80er Jahre der linken DDR-Opposition fentlich für besetzt. Da sich das Schwarzwohnen in der Regel an. Er war Hausbesetzer und Gründungsmitglied der Antifa Ostberlin und notgedrungen im Verdeckten abspielte, ist das gesamte sowie der Zeitschrift telegraph. Bei letzterer ist er noch heute als Ausmaß dieser Praktik auch heute nicht genau bekannt. Jedoch Herausgeber und Redakteur tätig. nahm es mancherorts beinahe die Form eines sozialistischen Weitere Informationen: www.telegraph.cc Volkssports an. Und das nicht nur in Berlin. h

MieterEcho 392 Dezember 2017 5 TITEL Wie aus WBA „Wir bleiben alle!“ wurde

Von den Anfängen der Mieterselbstorganisierung in Prenzlauer Berg bis hin zu großflächigen Protesten

Von Peter Nowak die eigene politische Biografie Klipps deutlich macht. Er war selbst Mitglied eines WBA in Prenzlauer Berg und wurde von Der Slogan „Wir bleiben alle!“ oder auch das Kürzel WBA diesem im Frühjahr 1989 zu den Kommunalwahlen aufgestellt. ist heute kaum wegzudenken, wenn sich Mieter/innen weh- Wie er als damaliger linker Oppositioneller auf die Wahlliste ren oder Stadtteilaktivist/innen auf die Straße gehen. Fast der Nationalen Front kam, schildert er in dem Interview so: vergessen ist, dass es sich dabei um ein Erbe der DDR „Ich war damals unter anderem im Friedenskreis der Gethse- handelt. mane-Gemeinde tätig und habe die Arbeitsgruppe Strafrecht geleitet. Wir haben die Gesetze der DDR analysiert und festge- Die Abkürzung WBA stand in der DDR für Wohnbezirksaus- stellt, dass die Wohnbezirksausschüsse eigene Kandidaten auf- schuss. Es handelte sich dabei um eine untere Gliederungsein- stellen können. Das hatte nur keiner vorher gemacht.“ So wur- heit der Nationalen Front, dem Zusammenschluss der Parteien de Klipp in die Stadtbezirksversammlung von Prenzlauer Berg und Massenorganisationen der DDR. Der WBA wurde von gewählt und war damit der erste oppositionelle Abgeordnete den Einwohner/innen des jeweiligen Wohnbezirks gewählt und in der DDR vor der letzten Volkskammerwahl im März 1990. erfüllte eine Doppelrolle. Auf der einen Seite konnte er räte- Der WBA 56 in der Oderberger Straße, der Klipp zur Kom- demokratische Züge annehmen und aktiven Bürger/innen die munalwahl aufgestellt hatte, war seit Mitte der 80er Jahre in Möglichkeit zur Mitgestaltung bieten. Auf der anderen Seite der Hand der linken DDR-Opposition. Ein Hauptanliegen der erfüllte er auch die Rolle eines Kontrollorgans. Was von bei- im WBA Aktiven war die Verhinderung des Abrisses von Alt- dem überwog, lag stark an den Menschen, die in ihm aktiv bauten in der grenznahen Gegend um die Oderberger Straße. waren. Der größte Erfolg aber war die Schaffung des sogenannten Der damalige Grünen-Politiker Matthias Klipp verglich die Hirschhofs. Es handelt sich dabei um den Innenbereich des Wohnbezirksausschüsse in einem Interview mit der taz im Jahr größten Straßenblocks in Prenzlauer Berg, gelegen zwischen 2009 gar mit den Betroffenenvertretungen in Sanierungsge- Kastanienallee, Oderberger und Eberswalder Straße. Anwoh- bieten. Doch dieser Vergleich passt nur sehr bedingt, wie auch ner/innen legten dort, unterstützt vom WBA, mehrere Brachen zusammen. Das Areal wurde fortan als Stadtteiltreffpunkt ge- nutzt. Eine Freiluftbühne wurde errichtet und es gab Theater- und Filmvorführungen sowie regelmäßig im Sommer ein gro- ßes Hirschhoffest. Den Namen hat der Hirschhof von seinem Wahrzeichen, einem aus Schrottteilen zusammengeschweißten Hirsch. Während die Stasi das Treiben argwöhnisch beobachtete und einige Meter Akten anlegte, unterstützten die Kommunalbe- hörden den Stadtteilgarten – auch finanziell. Mitunter war gar von einem Bündnis zwischen Bürgerinitiativen und lokaler Staatsmacht die Rede. Möglich war das nur, weil die Flächen kein Privateigentum waren, was auch den meisten Aktivist/in- nen des WBA klar war, deren Ziel zwar ein Ende der autoritä- ren Strukturen in der DDR, aber keineswegs eine Restauration des Kapitalismus oder eine Vereinigung mit der BRD war.

Keimzelle des Mieterwiderstands So entwickelte sich aus dem ehemaligen WBA in den frühen 90er Jahren ein Aktionsbündnis, das zu einem Kristallisations- punkt des Widerstands gegen die beginnende Vertreibung wur- de. Das Kürzel WBA wurde beibehalten, doch nun stand es für Die Aufhebung der Mietpreisbindung und die Übernahme von Wohnungsbe- „Wir bleiben alle!“. Unter diesem Slogan demonstrierten am ständen durch Alteigentümer und Wohnungsbaugesellschaften ließ Anfang der 9. September 1992 über 20.000 Menschen gegen die anstehen- 90er Jahre Ost-Berliner Mieter/innen um ihre Wohnsituation bangen. Foto: ME de Erhöhung der Mieten in Ost-Berlin. Viele trugen den Slogan

6 MieterEcho 392 Dezember 2017 TITEL

„Wir bleiben alle!“ in den Umrissen eines Hauses auf selbst gemalten Schildern. Die besondere gesellschaftliche Breite der WBA-Mobilisierung war der allgemeinen Unsicherheit ge- schuldet, die angesichts der Aufhebung der Mietpreisbindung und der Übertragung der Wohnungsbestände an Alteigentümer und Wohnungsgesellschaften bestand. Das 1995 beschlossene Mietenüberleitungsgesetz (MÜG) besiegelte schließlich die Vereinheitlichung der mietrechtlichen Bestimmungen durch das Bundesrecht. In der DDR hatte es Probleme beim Zugang zu einer Wohnung oder bei Umzugswünschen gegeben (Seite 4) – die Vorstellung jedoch, dass eine so existenzielle Angelegenheit wie das Woh- nen von rein ökonomischen Kriterien bestimmt werden könnte, lag schlicht außerhalb der Vorstellungskraft vieler Menschen. Am 9. September 1992 demonstrierten rund 20.000 Menschen gegen die zu Der WBA in der Oderberger Straße war durch seine erfolg- erwartende Mieterhöhungs- und Verdrängungswelle im Ostteil Berlins. Auf selbst reiche Stadtteilarbeit in der DDR zu einem Organ geworden, gemalten Schildern stand das Motto: „Wir bleiben alle!“ An dieser Demonstration das diesen Protest organisieren konnte. Er war jedoch nicht der beteiligten sich sehr viele ältere Menschen. Foto: Umbruch Bildarchiv einzige. Im Lichtenberger Nöldnerkiez rund um die Pfarrstraße besetzten 1981 Nachbar/innen eine ehemalige Apotheke und gründeten den Jugendclub Neues Arbeitszentrum Pfarrstraße (N.A.Pf.). Später wurde er in Klub der Werktätigen umbenannt und schließlich sogar von der SED unterstützt und mit öffent- lichen Geldern finanziert. Auch auf stadtpolitischem Gebiet hatte der dortige WBA Erfolg. Kurzfristig wurden die schon

Fotos: Matthias Coers Fotos: fast beschlossenen Abrisspläne geändert und im Nöldnerkiez Häuser saniert. Obwohl der Klub der Werktätigen und die Ar- beit des WBA in der Nöldnerstraße über fast 10 Jahre den Kiez geprägt hatten, ist ihre Geschichte schnell in Vergessenheit ge- raten. Nach der Wende zerstreuten sich die Menschen schnell in alle Winde, die neuen Anforderungen des kapitalistischen Alltags forderten ihren Tribut. In Prenzlauer Berg dauerte die- ser Prozess länger.

Kapitalistische Landnahme nach 1989 In der ersten Hälfte der 90er Jahre hatte der ehemalige WBA dort noch einen gewissen Einfluss auf die Entwicklung der Der Hirschhof wurde ab 1982 durch Anwohner/innen und den WBA geschaffen Straße. Natürlich blieben auch interne Zwistigkeiten nicht aus, und war ein grundstücksübergreifender Garten im Block zwischen Oderberger die bis in die Zeit der DDR-Opposition zurückreichten. Als und Eberswalder Straße in Prenzlauer Berg. Namensgebend war die Hirschskulptur der langjährige WBA-Aktivist Bernd Holtfreter als Parteiloser aus Metall. Die neuen Hauseigentümer veranlassten die Schließung (MieterEcho auf der Liste der PDS 1995 für die Wahl ins Abgeordneten- Nr. 313/ 2005). Foto: Gerd Danigel/Wikipedia haus kandidierte, bekam er eine ungewöhnliche Unterstützung. „Wählen Sie diesen Mann. Dann sind wir ihn endlich los“, in deren Gefolge eine verstärkte Mietervertreibung aus seinem stand auf Plakaten, die von libertären Kräften aus dem WBA Kiez begann, stand Bernd wieder an vorderster Stelle bei der in seinem Wahlkreis geklebt wurden. Holtfreter wurde dreimal Organisierung von Gegenwehr.“ wieder gewählt und behielt sein Mandat bis zu seinem frühen Die Trauerfeier für Holtfreter fand im Stadtbad Oderberger Tod im Jahr 2003. Die Zeitung „Horch und Guck“ schrieb Straße statt, das der WBA zu einen Zentrum für den Kiez ma- in ihrem Nachruf: „Vor allem auf Bernds Betreiben erfolgte chen wollte. Heute ist es ein Nobelrestaurant und passt gut zu die Unterwanderung des offiziellen Wohnbezirksausschusses einem Viertel, in dem die Bevölkerung seit den frühen 90er (WBA) der Nationalen Front in der Oderberger Straße, dessen Jahren fast vollständig ausgetauscht wurde. Vorsitzender er 1987 wurde und den er gemeinsam mit anderen Auch der Hirschhof war über mehrere Jahre nicht mehr zu- in eine basisdemokratische Bürgerinitiative umfunktionierte. gänglich, weil die dort wohnenden, vermögenden Eigenheim- Insbesondere bleibt sein Name damit verbunden, dass es die- besitzer den Zugang verweigerten. Das Berliner Oberverwal- ser Bürgerinitiative und einer bald darauf nach ihrem Vorbild tungsgericht hatte 2011 entschieden, dass das Areal keine gegründeten zweiten in der nahe liegenden Rykestraße gelang, öffentliche Fläche ist und daher durch Zäune getrennt werden die von der SED geplante Abriss-Sanierung in Prenzlauer Berg kann. Seit 2011 wurde ein „Neuer Hirschhof“ errichtet, ein zu verhindern (…). Als nach der Wiedervereinigung die von Platzhaus und ein öffentliches Café sind im Bau. Dass dort der SED geschaffenen Probleme durch die Probleme der ka- noch an den alten WBA erinnert wird, ist unwahrscheinlich. pitalistischen Umstrukturierung des Ostens abgelöst wurden, Aber das macht nichts, schließlich gibt es eine viel bessere Würdigung: Das Kürzel WBA als Vermächtnis einer Oppo- Peter Nowak ist Journalist. Im Herbst 1990 besetzte er als zugezogener sition gegen autoritäre Strukturen in der DDR und gegen die Westler eine Wohnung in der Oderberger Straße in Prenzlauer Berg, in kapitalistische Landnahme nach 1989 ist auch aus heutigen der er 13 Jahre lebte. Mieterkämpfen nicht mehr weg zu denken. h

MieterEcho 392 Dezember 2017 7 TITEL

Stand der Berliner MieterGemeinschaft bei Mieterprotesten 1991 am Alexanderplatz. Die Einführung des bundesdeutschen Mietrechts und die beginnenden Mieterhöhungen machten Ost-Berliner Mieter/innen Anfang der 90er Jahre zu schaffen. Die Situation verschärfte sich 1993 durch das Altschuldenhilfe-Gesetz, das eine Privatisierungswelle auslöste. Foto: Peter Homann

„Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt“

Interview mit Hans Joachim Scholz vom Mieterbeirat „Anton-Saefkow“ aus Lichtenberg

MieterEcho: Sie waren schon zu DDR-Zeiten mit Mieter- Reise für die Mieter/innen gehen sollte. Hervorzuheben ist fragen befasst? hier das Altschuldenhilfe-Gesetz. Laut Einigungsvertrag sollte das zur Wohnungsversorgung genutzte volkseigene Vermögen Hans Joachim Scholz: Ja, als Parteigenosse bekam ich den mit gleichzeitiger Übernahme der darauf lastenden Schulden Auftrag, mich im Wohngebiet zu engagieren. Da ich damals in das Eigentum der Kommunen übergehen. Die sogenannten Sportler und Schiedsrichter war und so ein Gerechtigkeitsge- Altschulden waren aber eigentlich gar keine echten Schulden, fühl hatte, bot es sich an, in den Wohnbezirksausschuss (WBA) sondern Buchkredite der Staatsbank der DDR. Es handelte zu gehen. Da kamen viele Probleme aus dem Wohngebiet zu- sich also um in der DDR erwirtschaftetes Vermögen, mit dem sammen, bei denen man vermitteln musste. Und man konnte, der Wohnungsbau finanziert wurde. Nachdem die Staatsbank zumindest im Einzelfall, durchaus etwas bewirken. aufgelöst und die Bestände der volkseigenen KWVen in pri- vatrechtlich organisierte städtische Wohnungsbaugesellschaf- Wie sah denn die Arbeit im WBA aus? ten überführt worden waren, lasteten diese Verbindlichkeiten Zum einen organisierte der WBA Arbeitseinsätze im Wohnum- nun auf den neuen Gesellschaften. Um eine Teilentlastung feld, zu denen die Mieter/innen aufgerufen waren. Da ging es aus dem Erblastentilgungsfonds zu erhalten, mussten sich die um Reinigungsarbeiten, Sperrmüllentsorgung und solche Sa- Wohnungsunternehmen verpflichten, mindestens 15% ihrer chen. Zum anderen vermittelte der WBA bei Nachbarschafts- Bestände zu verkaufen. Das war eine riesige Privatisierungs- konflikten und organisierte das soziale Zusammenleben im Wohngebiet. Und er hatte natürlich die Aufgabe, bei Proble- men der Mieter/innen mit der kommunalen Wohnungsverwal- tung (KWV) tätig zu werden. Da ging es etwa um Fragen der Miethöhe und Instandhaltung. In solchen Fällen wurde dann der Vermieter zur Stellungnahme hinzugezogen und nach einer Lösung gesucht. Da musste man manchmal schon etwas kreativ und trickreich sein. Der WBA bestand aus zehn Personen und zwei Nachrücker/innen. Die Wahl wurde vom Bezirk ausgeru- fen. Das Ganze hatte schon etwas von einem demokratischen Mäntelchen, war aber besser als nichts. Wir waren als Mieter/ Foto: Privat Foto: innen zufrieden, dass wir diesen, wenn auch begrenzten, Ein- Hans Joachim Scholz war berufstätig als Chemiker und ist heute fluss hatten. Rentner. Er war Mitglied der SED und aktiv im Wohnbezirksausschuss (WBA) in Lichtenberg, wo er bis heute lebt. In den 90er Jahren war er Was änderte sich für die Mieter/innen nach der Wende? aktives Mitglied der Berliner MieterGemeinschaft und gehörte zu den In der Wendezeit ging erst einmal alles drunter und drüber und Gründungsmitgliedern des Mieterbeirats „Anton Saefkow“, in dem er es war sehr konfus. Allerdings zeigte sich schnell, wohin die heute noch tätig ist. Weitere Infos: www.mieterbeirat-fennpfuhl.de

8 MieterEcho 392 Dezember 2017 TITEL orgie, die viele „Miethaie“ auf den Plan rief. Auch meine ei- gene Wohnung wurde verkauft, an einen Investor aus Bayern. Westdeutsches Fluchtkapital habe ich das immer genannt. Und damit begannen dann die Probleme.

Wie konnten Sie dem neuen Eigentümer entgegentreten? Unseren alten WBA gab es ja nicht mehr und wir fragten uns, was wir tun sollten. Ich redete mit meinem Nachbarn und der hatte eine Idee: Wir machen eine Mieterinitiative! Er hatte ir- gendwo gelesen, dass es so etwas andernorts schon gab. Also zogen wir los und holten uns aus jedem der betroffenen Häuser in der Straße jemanden ran. Die Leute kannten wir noch aus dem WBA, der hatte ja überall seine Verantwortlichen, die für die einzelnen Aufgänge zuständig waren, sitzen. Das Ziel war es, geschlossen gegenüber dem Investor auftreten, um mit ihm verhandeln zu können. Der Investor lud dann zu einer Veran- Der Mieterbeirat „Anton Saefkow“ hatte sich in der Wohnungsbaugesellschaft staltung ein, um über anstehende Modernisierungsmaßnahmen Lichtenberg gegründet, die 1997 von der Howoge übernommen wurde. Er ist zu informieren. Wir sind dort hingegangen und es kam zum zuständig für die Wohnungsbestände des Kundenzentrums der Howoge am ersten Eklat. Wer wir seien, fragte er. Er kenne keine Mieter- Fennpfuhl. Foto: Angela M. Arnold/ Wikipedia initiative und wir seien auch nicht eingeladen. Einer der Nach- barn, der damals auch Bezirksverordneter war, drohte ihm, die Bezirkspolitik gegen ihn aufzubringen. Seitdem waren wir als Aber diese Probleme hatten die Mieter/innen im Westen Gesprächspartner anerkannt. Wir konnten einiges bewirken, auch. vor allem bei der Verhinderung von unnötigen Modernisierun- Ja, aber der Umgang war ein anderer. Im Westen kannte man gen. Da musste man teilweise ganz schön tricksen, um sich die Marktwirtschaft, man wusste, wie man mit Geld umgehen nicht ins Bockshorn jagen zu lassen. Aber das ist ja heute nicht muss und hatte immer geschaut, wo man sparen kann. Und anders. Als dann die ersten Mieterhöhungen kamen, waren sie man war es eher gewohnt, dass man sich im Einzelfall selbst dennoch happig. Teilweise 40% und mehr wollte er haben. für etwas einsetzen muss. Im Osten mussten wir in dieser Hin- sicht den Leuten das Gehen erst wieder beibringen. Ich muss Wie kam es, dass Sie dann Mitglied eines Mieterbeirats heute sagen, wir haben in der DDR die Leute zur Unselbstän- wurden? digkeit erzogen. Ob bewusst oder unbewusst, das lasse ich mal Ich war in der Zwischenzeit umgezogen. Weg von dem Bayern, offen. Man brauchte in der DDR keine Probleme zu lösen, es hin zur Wohnungsbaugesellschaft Lichtenberg. Da ich früher gab immer andere, die sich darum gekümmert haben, in der immer einen guten Draht zur alten KWV hatte, streckte ich Partei war es der Parteisekretär, im Betrieb der Vorsitzende der meine Fühler auch in der neuen Wohnungsbaugesellschaft aus Betriebsgewerkschaftsleitung. Die Devise, was die da oben und stieß dort durchaus auf offene Türen. Bisher hatten wir machen, wird schon richtig sein, funktioniert aber heute nicht als Mieterinitiative informell gearbeitet. Dann standen plötz- mehr. Dieses Obrigkeitsdenken muss man ablegen und sich lich die Wahlen von Mieterbeiräten an, wie es sie auch bei selbst aufraffen. Man kriegt das aber schwer aus den Köpfen den städtischen Wohnungsbaugesellschaften im Westen gab. raus. Vor allem bei den Alten ist das immer noch drin. Und Also habe ich wieder die alten Aktiven zusammengetrom- viele Junge sagen wiederum, ich habe genug Geld, ich kann melt, die ich aus dem WBA und der Mieterinitiative kannte. mir das leisten. Und beide merken nicht, dass sie zu viel Miete Wir haben kandidiert und sind auch alle gewählt worden. So zahlen. entstand unser Mieterbeirat „Anton Saefkow“. Er gehört heu- Ein anderes Problem ist, dass auch der sorgsame Umgang mit te zur Howoge, die die Wohnungsbaugesellschaft Lichtenberg Ressourcen in der DDR wenig bekannt war. Nicht nur die Mie- 1997 übernommen hatte und ist zuständig für die Bestände te, auch die Nebenkosten waren ja verdammt billig. Da guck- des Kundenzentrums am Fennpfuhl. ten sich einige um, gerade was Betriebs- und Heizkosten an- ging. Da traf noch nicht einmal den Vermieter die Schuld. Klappte es nun besser mit dem Vermieter? Eigentlich ja. Wir waren beim Vermieter gut angesehen und ka- Nach welchen Grundsätzen arbeitet der Mieterbeirat heute? men auch persönlich mit den Mitarbeiter/innen und den Chefs Ich sage immer: Wir handeln nicht gegen die Howoge, sondern gut zurecht. Das Problem war aber, dass die landeseigenen für die Interessen der Mieter/innen. Wenn die Howoge etwas Wohnungsbaugesellschaften nun zur Melkkuh für den Senat gegen die Interessen der Mieter/innen macht, dann scheuen wir wurden. Die hohen Abführungen an den Berliner Landeshaus- die Konfrontation nicht. Von uns aus suchen wir sie aber nicht. halt mussten sie natürlich über die Mieten reinholen. Insofern Das ist unser Prinzip, bis heute. Man muss eben manchmal hatten wir auch hier viel zu tun, vor allem was Mieterhöhungen Druck machen und sich wehren, mit den Mitteln, die man hat. anging. Die waren oft nicht ganz sauber, nach dem Motto: Wo Das ist das wichtigste, was ich nach 1989 gelernt habe: Wer kein Kläger ist, ist auch kein Richter. Umgekehrt wurde vieles, sich nicht wehrt, lebt verkehrt. was Kosten für den Vermieter verursacht oder seinen Gewinn schmälert, erst einmal abzuweisen versucht. Man musste schon Vielen Dank für das Gespräch. viel Kraft aufwenden, um zu seinem Recht zu kommen. Vor allem die Mieter/innen im Osten waren das nicht gewohnt. Das Interview führte Philipp Mattern.

MieterEcho 392 Dezember 2017 9 TITEL Dramatisch wurden für Ost-Berliner Mieter/innen die Rückübertragungen an Alteigentümer und der beginnende Wohnungshandel, der teils kriminelle Akteure anlockte. Druck und Erpressung von Mieter/innen waren auf der Tagesordnung. Foto: Peter Homann

Mieterladen in Friedrichshain

1989 entsteht die erste unabhängige Mieterberatung Ostdeutschlands

Von Gigi eigentümern, die Kommunale Wohnungsverwaltung (KWV) alle anderen (Seite 4), also auch jene mit ungeklärten Eigen- Es war November 1989. Mit dem Mauerfall wurden die Räu- tumsverhältnissen. Jede Wohnung hatte eine Wohnungsnum- me des Wohnbezirksausschusses (WBA) in der Bänsch- mer. Lauteten die ersten beiden Ziffern 62, stand das für einen straße 79 im Friedrichshainer Nordkiez aufgegeben und unbekannten Eigentümer. Da fast alle Wohnungen in Fried- 14 Kiezaktivist/innen besetzten das Erdgeschoss. Hier be- richshain diese 62 hatten, war zu ahnen, dass nichts Gutes auf ginnt die Geschichte der ersten unabhängigen Mieterbera- die Mieter/innen zukommen würde. Zudem waren die Mieter/ tung Ostdeutschlands. Sie existiert bis heute. innen in der unmittelbaren Wendezeit mit einer rechtlich un- klaren Situation konfrontiert. Welches Gesetz gilt? Was bringt Eine der ersten Tätigkeiten der Kiezaktivist/innen war die die Zukunft? Und an wen kann man sich angesichts des staat- Vorbereitung des dritten Bürgerforums. Bei den Bürgerforen lichen Vakuums überhaupt wenden? Schnell traten die ersten handelte es sich um von unten organisierte Beratungsrunden, vermeintlichen Alteigentümer auf die Bühne und versuch- die sich mit Alltagsfragen der Bewohner/innen des Bezirks be- ten, bereits vor der Rückübertragung Miete zu kassieren und fassten. An ihnen nahmen auch Vertreter/innen des Rats des fragwürdige Verträge abzuschließen. Die Mieter/innen waren Stadtbezirks teil. Zwei Foren hatten bereits vor der Wende Rechtlosigkeit und Willkür ausgesetzt. Dem konnten sie nur stattgefunden, an jenem dritten jedoch fehlten die Vertreter/ durch organisierte Selbsthilfe begegnen. innen des Rats. Die neue Initiative bemühte sich um Antwor- ten bei den politisch Verantwortlichen und trat ihnen gegen- Kooperationspartner gesucht und gefunden über unter dem Namen „Unabhängige Bürgerinitiative (UBI) Mit der „Wiedervereinigung“ 1990 durften aufgrund des bun- Friedrichshain“ auf. Dieser Name öffnete fortan Türen bei der desdeutschen Rechtsberatungsgesetzes die Anwält/innen des Verwaltung und die UBI etablierte sich schnell zu einem ak- Mieterladens nicht mehr kostenfrei beraten. Um die Rechts- zeptierten Ansprechpartner und Bindeglied zwischen Bürger/ beratung auf eine legale Grundlage zu stellen, benötigte man innen und Bezirksrat. Weitere Bürgerforen wurden initiiert und einen Partner und fand ihn im Berliner Mieterverein (BMV). Probleme am runden Tisch bürgernah behandelt. Parallel dazu Schon bald zeigten sich aber erhebliche Schwierigkeiten und gründete sich in den Räumen in der Bänschstraße die „UBI Differenzen. Die bezahlten Anwält/innen des BMV suchten Mieterladen“ und baute mit Unterstützung von zwei Anwälten nach Ansicht zahlreicher Ratsuchender und der Organisator/ aus dem Osten und dem Westen der Stadt die erste offene Mie- innen des Mieterladens zu vorschnell nach Kompromisslösun- terberatung Ostdeutschlands auf. Die Nachfrage war groß und gen für die erheblichen Probleme der Mieter/innen und reizten das Einzugsgebiet reichte weit nach Brandenburg hinein. die begrenzten Rechtswege nicht vollständig aus. Den Grund Warum brauchte es eine Mieterberatung in Friedrichshain? Die fand man in der Tatsache, dass der BMV eine vereinsinterne Hausverwaltung Alscher verwaltete alle Häuser mit Auslands- Rechtsschutzversicherung hat, die er durch zu viele Prozesse

10 MieterEcho 392 Dezember 2017 TITEL nicht zu sehr beanspruchen wollte. Außerdem vertraten einige der Anwält/innen auch Vermieter. Nach nur 6 Monaten löste der Mieterladen die Kooperation auf, da man für halbgare Pro- blemlösungen nicht seine Freizeit opfern wollte und konnte. Folgerichtig wechselte man 1992 zur alternativen Berliner MieterGemeinschaft, die eine sehr vorteilhafte externe Rechts- schutzversicherung bot und nach dem Prinzip der Hilfe zur Selbsthilfe agierte. Noch heute ist sie Kooperationspartnerin des Mieterladens. Die Betreiber/innen des Mieterladens waren zu dieser Zeit im- mer noch Besetzer/innen in den ehemaligen Räumen des WBA, die zwar nass waren, aber dennoch von der KWV verwaltet wurden. Der Räumungsdruck wuchs. Aus der UBI wurde ein offizieller Verein, der UBI Mieterladen e.V., und man schloss einen Mietvertrag für die Räume ab. Unterstützung erhielt der Mieterladen dabei von der Berliner MieterGemeinschaft. Der Büroablauf, die Aktionen und die Stadtteilzeitung Bänsch- Echo blieben aber weiterhin ausschließlich über Spenden fi- nanziert. Neben der Mieterberatung wurden andere Aktivitäten notwendig wie der Kampf gegen die erstarkenden Neonazis und Einsatz wegen der Räumungen der besetzten Häuser (Sei- te 12). Auch im 1990 gegründeten Besetzerrat (B-Rat) war der Mieterladen vertreten. Gemeinsam mit Anwohner/innen grün- dete sich nach dem Vorbild Prenzlauer Bergs das Aktionsbünd- nis „Wir bleiben alle!“ (Seite 6). Etwa zeitgleich entstand 1992 die Selbstverwaltete Ostberliner Genoss*innenschaft (SOG e.G.), die sich aus einem Kreis von Besetzer/innen gegründet hatte und das Ziel verfolgte, über den Kauf eine Legalisierung der Häuser zu erwirken. Als der Samariterkiez 1993 zum ersten förmlich festgelegten Sanierungsgebiet Ost-Berlins wurde, gründete sich aus dem Umfeld des Mieterladens heraus auch die erste Betroffenenver- tretung im Ostteil der Stadt. Ziel war es, sich von Beginn an zu- Bereits kurz nach Mauerfall schufen aktive Mieter/innen den Mieterladen in sammen mit den Anwohner/innen einzubringen und das Feld Friedrichshain und damit die erste unabhängige Mieterberatung Ostdeutsch- nicht den staatlich Beauftragten und den Eigentümervertretern lands. Heute befindet er sich in der Kreutzigerstraße 23. Gigi ist Gründungs- zu überlassen. All diese Aktivität hatte nie eine Alibifunktion, mitglied und bis heute dort aktiv. Infos: www.ubi-mieterladen.de sondern folgte stets der Idee der aktiven Hilfe zur Selbsthilfe Foto: Matthias Coers in verschiedenen Lebenssituationen. die flächendeckende Modernisierungswelle, die immer noch Flächendeckender Betrugsversuch an Mieter/innen andauert und zu einem Motor der Verdrängung wurde. Seit Im Jahr 1997 zog der Mieterladen in das Erdgeschoss der Mitte des ersten Jahrzehnts im neuen Jahrtausend ist zudem Kreutzigerstraße 23 im Friedrichshainer Südkiez um. Es han- eine aggressive Strategie der Profitmaximierung durch Um- delte sich dabei um das erste von der SOG e.G. gekaufte Haus. wandlung in Eigentum und Zweckentfremdung zu beobachten. Seit der Sanierung im Jahr 2001 hatte man es nun warm im Auch die Zerschlagung von günstigen Altverträgen im Bestand Winter, hell im Sommer, ganzjährig trocken und die Miete war ist zu einem großen Problem geworden. Die Kündigungen um einiges niedriger. Der Beratungsraum vergrößerte sich, häuften sich, vor allem aufgrund von Geltendmachung eines das Angebot wurde ausgeweitet, und das, obwohl die Zahl der vermeintlichen Eigenbedarfs. Aber es gibt auch Probleme, die Aktiven über die Jahre deutlich geringer geworden war. Die sich nie änderten. Zu ihnen gehören die oft fehlerhaften Miet- Umbenennung des Vereins im Jahr 2002 in UBI KLiZ e.V. erhöhungsverlangen und Betriebskostenabrechnungen. Die (Kommunikatives Leben in Zusammenarbeit) reflektierte die Dreistigkeit, mit der Vermieter über all die Jahre probierten, inzwischen etablierte Vielfalt. Das Hauptaugenmerk lag aber unberechtigte Forderungen geltend zu machen, kommt einem nach wie vor auf der Mieter- und Sozialberatung. flächendeckenden Betrugsversuch an der Mieterschaft gleich. Über die Jahre haben sich viele Dinge geändert. Auch die Pro- Der Mieterladen existiert noch heute. In dem Zeitraum von bleme der Mieter/innen. In der unmittelbaren Nachwendezeit nunmehr 28 Jahren ist er zu einem festen Bestandteil im Bezirk waren es die unklare Rechtslage und das dreiste Auftreten von und zu einem wichtigen Knotenpunkt verschiedener Netzwer- Alteigentümern, die versuchten, zum eigenen Vorteil Fakten zu ke geworden. Er steht den Menschen im Kiez bei Problemla- schaffen. Die anschließende Rückübertragung und der begin- gen zur Seite und versteht sich als Vermittler und Multiplikator, nende Wohnungshandel riefen teils kriminelle Akteure auf den der den Austausch zwischen Gruppen, Vereinen und Initiativen Plan. Druck und Erpressung von Mieter/innen waren in vielen fördert. Von zeitlich begrenzten Einzelprojekten abgesehen, Fällen auf der Tagesordnung. Auch die Einführung des bundes- erhält der Mieterladen keine öffentliche Förderung. Die Arbeit deutschen Mietrechts und die beginnenden Mieterhöhungen dort wird auch heute noch vollständig ehrenamtlich geleistet stellten große Problemfelder dar. In den 90er Jahren begann und die Sachmittel sind durch Spenden finanziert. h

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In der Schönhauser Allee 20/21 in Prenzlauer Berg erfolgte die erste „offizielle“ Hausbesetzung Ost-Berlins. Foto: Peter Homann

Ost-Berliner Besetzerbewegung der Wendezeit

Vom kurzen Sommer der Anarchie über einen besonderen Ost-West-Konflikt bis zur Räumung der Mainzer Straße

Von Dietmar Wolf man sich der Öffentlichkeit zu erkennen. Dies geschah zu ei- nem Zeitpunkt, als im Drunter und Drüber der Wende bereits Die ersten offenen Hausbesetzungen gab es bereits vor etliche Gruppen auf der Suche nach leer stehenden Häusern in dem Herbst 1989. Sie waren aber selten. Erst in dem Va- den maroden Altbauvierteln Ost-Berlins waren. kuum der unmittelbaren Nachwendezeit wurden sie zum Massenphänomen. 200 Häuser in Ost-Berlin besetzt Es gab damals – mindestens – zwei recht unterschiedliche Mo- Bereits Ende der 1980er besetzten Punks und Jugendliche aus tive, sich auf diese Suche zu machen. Ein Teil der Gruppen war der Alternativszene je ein Haus in der Gleimstraße und in der „nur“ auf der Suche nach geeignetem Raum für gemeinsame Wörther Straße in Prenzlauer Berg. Gleiches passierte in der Wohn- und Lebensprojekte. Diese Personen haben sich nur Pfarrstraße in Lichtenberg. Diese Besetzungen wurden schnell selten als Teil einer Bewegung begriffen. Für die anderen wa- von den Sicherheitsorganen beendet. Man vermutete die Bil- ren Hausbesetzungen als solche ein politischer Akt. Hier ging dung neuer konspirativer Zentren der Opposition. So verwun- es darum, endlich eigene Räume für die politische Arbeit zu dert es nicht, dass das erste „offizielle“ Haus der neuen Ost- gewinnen, um nicht mehr auf Wohnzimmer oder Pfarrhäuser Berliner Besetzerbewegung ursprünglich aus einer vormals angewiesen zu sein. Allein zwischen Januar und März 1990 stillen Wohnungsbesetzung (Seite 4) hervorging. In direkter wurden ca. 50 Häuser besetzt, überwiegend von Ost-Berliner/ Nachbarschaft zur Polizeiinspektion Prenzlauer Berg versuch- innen in Prenzlauer Berg. Es folgten weitere, vor allem in Mit- ten die Bewohner/innen der Schönhauser Allee 20 zunächst, te, Friedrichshain und Lichtenberg. Hier waren vor allem Zu- möglichst nicht aufzufallen. Erst Ende Dezember 1989 gab gezogene aus West-Berlin und der BRD aktiv. Im Spätsommer 1990 waren in Ost-Berlin etwa 200 Häuser besetzt – eine Zahl, die alle überraschte. Die Website berlin-besetzt.de zeigt auf einer interaktiven Karte – zum Um den Informationsfluss zwischen den Häusern zu verbes- Teil mit Hintergrundinformationen und Bildmaterial – die seit 1970 sern und Aktionen miteinander koordinieren zu können, bilde- erfolgten Besetzungen von Häusern, Räumen und Freiflächen, darunter auch die Hausbesetzungen in Ost-Berlin (http://berlin-besetzt.de). te sich Anfang des Jahres 1990 ein erster „Besetzerrat“, kurz „B-Rat“ genannt. Die Zahl der Häuser, die tatsächlich im B-

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Rat mitarbeiteten, wechselte ständig. Zu Hochzeiten waren es 120, am Ende noch etwas mehr als 80. Bereits ab dem Frühjahr 1990 mussten sich die besetzten Häuser gegen eine Vielzahl von Angriffen durch Neonazis zur Wehr setzen. Dabei war vor allem ein funktionierendes Informationsnetz wichtig. Internet gab es noch nicht und Telefone waren selten. Auch das Äu- ßere der Häuser veränderte sich vor diesem Hintergrund. Zu Fahnen und Transparenten kamen schnell Gitter und Barrika- den. Aus Furcht vor marodierenden Fußballfans und Neonazis verwandelte sich manches Haus in eine regelrechte Festung. Zunächst sollte der B-Rat den Schutz vor und die Abwehr von Überfällen koordinieren. Zeitgleich begannen aber auch ers- te Versuche, die gewonnenen Freiräume gegenüber dem Staat abzusichern. Das primäre Ziel war der Abschluss von soge- Das Kunsthaus Tacheles wurde im Februar 1990 besetzt und befand sich in nannten Sicherungsverträgen. Das Mittel dafür waren Ver- einem Überrest eines ehemaligen Kaufhauses in der Oranienburger Straße in Berlin-Mitte. Bis 2012 war es ein Kunst- und Veranstaltungszentrum. handlungen, die anfänglich in separaten Gesprächen einzelner Foto: Traumrune/ Wikipedia Hausgemeinschaften mit den jeweiligen Kommunalen Woh- nungsverwaltungen (KVWen) erfolgten. Weil dort aber schon bald die Umwandlung in GmbHs auf der Tagesordnung stand und keine Kompetenzen mehr vorhanden waren, beschloss der B-Rat, nur noch mit dem Magistrat direkt zu verhandeln. Zu diesem Zweck wurde am 22. Juni 1990 das Vertragsgremium des B-Rats gegründet.

Besserwessis und Ostsektierer Am 27. Juni 1990 kam es zu einem ersten Treffen, an dem völ- lig inkompetente Vertreter/innen des Magistrats teilnahmen. Eine erste reguläre Beratung fand am 4. Juli statt, zu der der da- malige Stadtrat Clemens Thurmann einen frisch aus der West- Verwaltung importierten Beamten namens Hugo Holzinger (CDU) schickte. Dieser hatte bereits 1980/81 in West-Berlin unter CDU-Innensenator Heinrich Lummer die Verhandlungen mit Besetzer/innen geführt. Nach diesem Treffen schätzte das Vertragsgremium ein, dass „die Stadt im Augenblick weder ein Interesse noch die Zeit (habe), sich ausführlich mit besetzten Häusern zu beschäftigen“, wie es in einem damaligen Artikel Die Köpi (auch Køpi) ist ein Wohnprojekt und Kulturzentrum in der Köpenicker in der Zeitschrift telegraph hieß. Doch sie irrten sich. Denn Straße 137 in Berlin-Mitte. Die Besetzung erfolgte im Februar 1990. Das Projekt die Stadt hatte genug Zeit, einen Beschluss der Stadtverordne- besteht noch heute. Foto: Nicor/ Wikipedia tenversammlung herbeizuführen, der mit dem Stichtag 24. Juli 1990 die sogenannte Berliner Linie auch im Ostteil einführte. Der Frieden wurde einseitig beendet, nun galt: Neubesetzungen werden innerhalb von 24 Stunden geräumt. Ende Juli steckten die Verhandlungen folgerichtig das erste Mal in der Sackgas- se. Der Eindruck machte sich breit, in den Verhandlungen nur veralbert zu werden. Nicht zu Unrecht, denn der Magistrat war keinesfalls unfähig und auch nicht untätig. Am 10. August nämlich erteilte eben jener Holzinger dem West-Berliner An- waltsbüro Dr. Knauthe und Partner den Auftrag, mittels eines Gutachtens zu prüfen, wie besetzte Häuser nach dem noch gel- tenden DDR-Recht räumbar sind. Die Herren kamen zu dem Schluss, dass eine Räumung auch nach DDR-Recht „leider“ nicht möglich wäre, solange nicht die Namen der Besetzer/in- nen bekannt seien. Ende August nahm daraufhin der Magistrat die Verhandlungen wieder auf. Kurz nach dem 3. Oktober 1990 wurden sie jedoch endgültig abgebrochen. Pikant war die Be- gründung: Man verhandle nicht mit anonymen Gremien, man wolle Namen. Rückblickend zeigt sich, dass für einen langfristigen und gesi- cherten Fortbestand der besetzten Häuser zu keiner Zeit eine 12 Häuser wurden in der Mainzer Straße in Friedrichshain im April 1990 besetzt. Chance bestanden hatte. Dass sie überhaupt so lange durch- Der Widerstand gegen ihre Räumung eskalierte Mitte November 1990 in einer halten konnten, war lediglich den besonderen Umständen im dreitägigen Straßenschlacht. Foto: Renate Hildebrandt/ Wikipedia

MieterEcho 392 Dezember 2017 13 TITEL

sogenannten kurzen Sommer der Anarchie geschuldet. Denn der Nacht zum 13. November und ging an die Besetzer/innen. der erklärte Wille zur Räumung bestand schon lange. Nur fehl- Am Tag darauf wurde die Straße dann von über 4.000 Poli- ten dem Ost-Berliner Magistrat schlicht die Möglichkeiten und zist/innen mit Wasserwerfern, Räumpanzern, Hubschraubern Mittel. Der West-Berliner Senat hatte diese. Dass seine Hoheit und Sondereinheiten geräumt. erst am 3. Oktober 1990 begann, war allerdings kein Hinde- Es wurde viel darüber spekuliert, wer die Verantwortung für rungsgrund, bereits frühzeitig mit der Planung zu beginnen. diese Eskalation trägt. Berücksichtigt man alle Aspekte und die Und da sich die West-Berliner Wohnungsbaugesellschaften im Aussagen von Politiker/innen und Zeitzeug/innen, dann bleibt Laufe des Sommers 1990 bereits vorzeitig die KWVen einver- nur der Schluss, dass die Mainzer Straße nicht geräumt wur- leibt hatten, war auch sichergestellt, dass die besetzten Häuser de, weil – wie ominöse Gerüchte behaupteten – eine mittlere in Ost-Berlin, und ganz besonders jene 12 in der Mainzer Stra- und CDU-dominierte Ebene der Berliner Polizei gegen den da- ße, auf gar keinen Fall langfristige Verträge erhalten würden. maligen rot-grünen Senat geputscht hätte. Sondern es wurde Der B-Rat wiederum lag zu dieser Zeit bereits am Boden, zer- geräumt, weil die Berliner SPD-Führung um den Regierenden fressen durch internen Streit. Anlass waren, vorsichtig ausge- Bürgermeister Walter Momper (SPD) den Befehl dazu gab drückt, spätestens ab Sommer 1990 unterschiedliche Vorstel- und dies auch unbedingt so wollte. Und das unter Ausklam- lungen von der Art und Weise, wie politische Diskussionen merung des kleinen Regierungspartners, des Abgeordnetenhau- geführt werden. Leute aus Ost-Berlin warfen den „Westlern” ses sowie der Bezirkspolitik. Man glaubte offenbar, mit einer Mackerverhalten und Besserwessitum vor. Die wiederum kon- überzogenen Law-and-Order-Strategie bei den Wähler/innen terten mit dem Vorwurf des „Sektierertums“. Inhaltliche Aus- derart punkten zu können, dass man zukünftig auf die Grünen einandersetzungen über die Vorwürfe wurden nicht geführt. verzichten könne. Im Ergebnis zerfiel Rot-Grün und die SPD Dem Unverständnis der einen stand die Arroganz der anderen ging aus den Neuwahlen als kleiner Koalitionspartner der CDU gegenüber. Aus dem Riss innerhalb des B-Rats wurde schnell hervor. eine tiefe Kluft. Eine mindestens informell wichtige Institution Nach der „Schlacht“ machte sich allerorts Resignation breit. löste sich so aus kleinlichen Gründen und menschlichem Un- Die stadtweiten Strukturen und vor allem der B-Rat zerbrö- vermögen auf. Einzig ein neuer Terminus war in der Diskussi- selten vollständig. Eine wirkliche Aufarbeitung der Ereignisse on angekommen: der „Ost-West-Konflikt“. fand nie statt, bis heute nicht. Alle Beteiligten waren sich mehr Zu diesem Zeitpunkt hatte die monatelange Hinhaltetaktik von oder weniger darin einig, dass die Phase des Häuserkampfs Bezirken, Magistrat und Senat Früchte getragen. Die Besetzer/ hinter den Barrikaden und vor den Wasserwerfern ihr Ende innen standen mit leeren Händen da. Die westdeutsche Norma- gefunden hatte. Dass damit im Grunde nachträglich den Se- lität war im Osten Berlins angekommen. Nun wurden andere natsstrategen, die sich später mit Lügen, Legenden und Ver- Saiten aufgezogen. Der Senat hatte nicht mehr nur den Willen, drehungen zu rechtfertigen versuchten, Recht gegeben wurde, sondern endlich auch die Macht, massive Räumungsaktionen ist innerhalb der Besetzerbewegung nie vollständig realisiert durchzusetzen. Die Berliner Polizei war dafür bestens gerüs- worden. tet und hatte bereits Wochen vorher ausgiebig trainiert. Man hatte sich eigens dafür bei den US-Streitkräften eingemietet, Mietenexplosion und emanzipatorische Inseln die in Gatow über ein spezielles Übungsgelände für den Häu- Nach über 25 Jahren ist von der Ost-Berliner Hausbesetzerbe- serkampf verfügten. Es kursierten Informationen, nach denen wegung nicht viel mehr als ein Mythos geblieben. Schon zur die Polizei darauf spekulierte, dass infolge des Vollzugs von Demonstration zum fünften Jahrestag der Räumung der Main- Räumungstiteln in der Lichtenberger Pfarrstraße in der Ge- zer Straße erschienen gerade einmal 300 Leute. Trotz allem gend um die Mainzer Straße Unruhen ausbrechen könnten, die lieferte die Hausbesetzerbewegung im Ost-Berlin der Wende- man als Vorwand für eine Räumung nach Polizeirecht nutzen zeit, ebenso wie jene im Westteil der 80er Jahre, Anstöße für könnte. Der Berliner Senat und natürlich auch die BRD-Regie- viele Menschen in anderen Teilen des Landes. Inspiriert durch rung konnten und wollten die Hausbesetzungen in Ost-Berlin die Vorgänge in Ost-Berlin besetzten vor allem junge Leute keinesfalls dulden. Und eine derart kompakte Konzentration in vielen anderen ostdeutschen Städten Häuser und schufen wie in der Mainzer Straße schon gar nicht. dort ein ganz neues und wichtiges soziopolitisches Umfeld. Letztendlich ist es einigen Aktivist/innen zu verdanken, dass Schlacht um die Mainzer Straße sie im Nachhinein das Menetekel der Schlacht um die Main- Nachdem im August und September mehrere Demonstrationen zer Straße politisch klug benutzen konnten, um durch zähe stattgefunden hatten, eine Neubesetzung in Mitte gescheitert Verhandlungen an runden Tischen längerfristige Mietverträge war, eine weitere in Friedrichshain aufgrund des großen Wi- auszuhandeln. So konnte ein beträchtlicher Teil dieser Häuser derstands geduldet werden musste, der Ton immer rauer ge- und Freiräume bis in die heutige Zeit bewahrt werden. Sie sind worden war und die Besetzerszene inzwischen eine eigene noch heute wichtige, emanzipatorische und soziokulturelle In- „BesetzerInnenZeitung“ gegründet hatte, ging der Senat zum seln. Das kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass viele Angriff über. In den frühen Morgenstunden des 12. Novem- der Ziele und Hoffnungen auf ein selbstbestimmtes Leben, ber 1990 wurden zwei Häuser in Lichtenberg und ein Haus in gerechte Lebensbedingungen und bezahlbare Mieten unerfüllt Prenzlauer Berg geräumt. Begründet wurde das mit der Berli- geblieben sind. Schlimmer noch. Die ungezügelte Mietenex- ner Linie. Bezirkspolitiker/innen, wie etwa der stellvertretende plosion und die skrupellose Verdrängung haben die Berliner Bürgermeister von Prenzlauer Berg Martin Federlein (CDU), Innenstadtbezirke für viele Menschen unbezahlbar gemacht. die noch am Wochenende zuvor durch eilige Depeschen ver- Was also tun? Hausbesetzungen sind heute weit schwieriger sucht hatten, den Wahnsinn aufzuhalten, wurden an die Wand als 1990 – schon allein, weil in der Innenstadt kaum mehr leere gedrängt. Der Protest gegen die Räumungen, besonders in Wohnhäuser herumstehen. Ein richtiges politisches Signal wä- der Mainzer Straße, entwickelte sich binnen Stunden zu einer ren sie trotzdem. Auf jeden Fall darf man nicht damit aufhören, Straßenschlacht. Die erste Runde dieses Spektakels endete in Widerstand gegen die aktuelle Wohnungsmisere zu leisten. h

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Die Mainzer Straße im November 1990 kurz vor der endgültigen Räumung. Foto: Umbruch Bildarchiv

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Senatorin Katrin Lompscher auf dem Podium beim Stadtforum am 20. November 2017. Foto: Matthias Coers

Soziale Wohnraumversorgung unter ferner liefen

Der Zwischenbericht zum Stadtentwicklungsplan Wohnen 2030 ist ein Dokument der Mut- und Hilflosigkeit des Senats

Von Rainer Balcerowiak der Wohnungswirtschaft und der Kommu- Jahren 2017 bis 2021 laut Senat mindes- nalpolitik, aber auch der Berufsverbände tens 20.000 Wohnungen pro Jahr fertigge- Auch dem Berliner Senat ist mittler- der Bauwirtschaft und der Wissenschaft. stellt werden. Danach würde sich der weile aufgegangen, dass der im Im Sinne der im Koalitionsvertrag festge- Neubaubedarf auf jährlich ca. 10.000 Ein- August 2014 beschlossene Stadt- schriebenen „neuen Beteiligungskultur“ heiten reduzieren, da mit einer „nachlas- entwicklungsplan Wohnen 2025 wurden auch „alternative“ Institutionen senden Einwohnerdynamik“ zu rechnen (StEP Wohnen) bereits Makulatur und Initiativen eingeladen, unter anderem sei. Es sei allerdings „erkennbar, dass die ist. Im vor einigen Wochen veröf- das Mietshäuser Syndikat und die Gruppe bisher bekannten Potenziale den Bedarf fentlichten Zwischenbericht zum „Stadt von unten“. Den drei großen Mie- langfristig nicht decken können“. Für die neuen StEP Wohnen 2030 heißt es terorganisationen der Stadt wurde aller- kommenden fünf Jahre sei das Bauland dazu, dass der seinerzeit angenom- dings nur ein Platz zugestanden. „rechnerisch noch ausreichend“, aller- mene Bedarf von 10.000 neuen Der Zwischenbericht zum StEP Wohnen dings nur „sofern die verfügbaren Flächen Wohnungen pro Jahr aufgrund der 2030 und ein „Mengengerüst“ wurden im mobilisiert werden können“. Dass genau „beschleunigten Entwicklungsdy- September vom Senat verabschiedet. daran erhebliche Zweifel angebracht sind, namik“ nicht mehr realitätstauglich Letzteres beziffert den Neubaubedarf für hat der rot-rot-grüne Senat bereits zu Be- sei, da Berlin zwischen 2011 bis den Zeitraum 2017 bis 2030 auf 194.000 ginn seiner Amtszeit demonstriert, als er 2016 um mehr als 250.000 Einwoh- Wohnungen. Davon entfallen allein 77.000 das größte von der Vorgängerregierung ner/innen gewachsen ist. auf den sogenannten Entlastungsbedarf. ausgewiesene Entwicklungsgebiet, die Damit sind fehlende Wohnungen gemeint, Elisabeth-Aue in Pankow, aufgrund von Für die Erarbeitung des StEP Wohnen die aufgrund der Bevölkerungsentwick- Bürgerprotesten komplett aufgab. Voll- 2030 wurde zunächst ein 29-köpfiger be- lung bereits in den Jahren 2013 bis 2016 kommen unklar ist derzeit ferner, ob – und ratender Begleitkreis eingerichtet, um die hätten gebaut werden müssen, aber nicht wenn ja wann – mit dem geplanten Bau Leitlinien zu erarbeiten. Seine Mitglieder gebaut wurden. Um diesen Rückstand ei- von 5.000 Wohnungen auf dem Areal des bestehen in erster Linie aus Vertreter/innen nigermaßen aufzuholen, müssten in den Flughafens Tegel begonnen werden kann.

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In einem Interview mit der Berliner Zei- meidet“. Das präge „den Charakter der tung bezifferte Stadtentwicklungssenato- unterschiedlichen Kieze und stärkt deren rin Katrin Lompscher (Die Linke) das Identifikationskraft“. Ziel sei „die Schaf- Risikopotenzial einer Offenhaltung von fung und Erhaltung sozial stabiler Bewoh- Tegel sogar auf 25.000 Wohnungen, da nerstrukturen“ von einer entsprechenden Entscheidung Die Leitlinie 2 trägt den Titel „Kompakte auch viele mögliche Neubauflächen in der Stadt lebenswert gestalten und ausbauen“. Umgebung des Flughafens betroffen wä- Zwar wird zugestanden, dass „eine wach- ren. sende Stadt eine qualitätsvolle Erhöhung Die Belastbarkeit der mittelfristigen Neu- der Dichte erfordert“. Doch Verdichtung bauplanungen ist also ohnehin nicht be- habe Grenzen, „denn es gilt, die Wohn- sonders hoch, aber die im Zwischenbe- und Lebensqualität in der Stadt zu sichern richt zum StEP Wohnen 2030 formulierten sowie Grünräume für Belange der Erho- acht Leitlinien machen darüber hinaus lung, des Naturerlebens und des Stadtkli- auch deutlich, dass man den eingeschlage- mas zu schützen und zu qualifizieren“. nen Kurs der Ermunterung von Neubau- Nachverdichtung sei daher darauf zu be- gegner/innen fortzusetzen gedenkt. Es schränken, „im Quartier einen Mehrwert wimmelt nur so vor Allgemeinplätzen und zu schaffen“, zum Beispiel durch „eine hehren Absichtserklärungen nebst ständi- ökologische und gestalterische Aufwer- ger Betonung der „partizipativen Prozes- tung von Quartieren und Freiräumen“. se“. Das Kernproblem, nämlich der jetzt Was das konkret heißt, demonstrierte die schon dramatische und weiter wachsende zuständige Senatorin im August mit ihrem Mangel an bezahlbarem Wohnraum für „Baum-Erlass“. Durch diesen werden die alle Schichten der Bevölkerung wird kaum Fällung und der Rückschnitt von Straßen- Ein Rundschreiben der Senatsverwaltung für Stadt- benannt. Auch die Profitlogik des Woh- bäumen verboten, auch wenn diese Ein- entwicklung vom Juni 2017 verbietet den „Rückschnitt nungsmarkts wird durch bestimmte Neu- griffe für die Schaffung eines gesetzlich von Straßenbäumen oder deren Fällung, um den 2. bauanteile der städtischen Wohnungsbau- vorgeschriebenen zweiten Rettungswegs Rettungsweg für den Neubau (Dachgeschossausbau gesellschaften und zeitlich begrenzte Be- – damit ist die Rettung über die Leitern der und Lückenschließung) planmäßig zu ermöglichen“. legungsbindungen bei privatwirtschaftlich Feuerwehr gemeint – notwendig wären. Stattdessen ist ein zweites Treppenaus oder ein Sicherheitstreppenhaus erforderlich. Damit wird der errichteten Wohnungen nur ein wenig „Effektiver“ kann man wohl kaum gegen Ausbau von Dachgeschossen erheblich erschwert, flankiert, aber im Kern nicht angetastet. Verdichtung durch Dachgeschossausbau- obwohl damit Wohnraum ohne zusätzliche Versie- ten vorgehen. gelung geschaffen werden kann. Foto: Matthias Coers Hauptsächlich Allgemeinplätze In der Leitlinie 3 („Stadtentwicklung inte- Die Präambel beginnt mit dem Satz: „Vo- griert betreiben“) wird immerhin eine als Maßstab ist wichtig, um angemessene rausschauende Stadtentwicklung dient „strategische Liegenschaftspolitik“ gefor- Räume unterschiedlicher Öffentlichkeit dem Gemeinwohl“. Der StEP Wohnen dert, um „die Spekulation mit Boden aktiv und eine lebenswerte Stadt für alle Bevöl- 2030 sei daher die „Agenda für die räum- einzudämmen und langfristig die Bezahl- kerungsgruppen zu schaffen“. Vorausset- lichen Aspekte des Wohnens wie Wohn- barkeit von Wohnraum zu gewährleisten“. zung dafür sei, „die Einbindung und Be- flächenbedarfe und -potenziale, Neubau-, Der Erhalt und Ausbau landeseigener teiligung einer Vielfalt von Akteuren, Bestands- und Quartiersentwicklung und Raumressourcen sei dabei für die Stadt- insbesondere von Eigentümern und Nut- Flächenvorsorge“. Ziel sei es, „urbane entwicklung von zentraler Bedeutung. zern“. Verwiesen wird auch auf den „Kon- Quartiere mit ihren vielfältigen Funktio- Zudem sei die Liegenschaftspolitik „auf flikt zwischen den Zielen schnellen und nen zu bewahren und zu entwickeln, die die Bedürfnisse der wachsenden Stadt kostengünstigen Bauens einerseits und im Sinne einer sozial gerechten, innovati- auszurichten“. Doch prompt und quasi hoher Energieeffizienz und städtebauli- ven und umweltverträglichen Stadtent- gleichberechtigt folgt der verbale Kotau cher Qualität andererseits“. Dieser Kon- wicklung die vielfältigen Bewohner- und vor der eigenen Klientel, denn bei der flikt müsse vor allem „durch dialogische Nutzerinteressen berücksichtigen. (...) Umsetzung gelte es nicht nur, „Wohnungs- Verfahren (Wettbewerbe, Konzeptverfah- Zentral für den StEP Wohnen ist dabei der neubau mit den erforderlichen sozialen, ren, Baukollegium, interdisziplinäre Gre- Blick auf die gegenwärtige und künftige grünen und verkehrlichen Infrastrukturen mien etc.) gelöst werden“ (zu Konzeptver- Lebenswirklichkeit in Berlin“. Die Leitli- synchronisiert zu entwickeln“, sondern fahren siehe Seite 20). nien seien daher dem „Gebot der Nachhal- auch „Raum für die Realisierung experi- In der Leitlinie 5 („Siedlungsstruktur im tigkeit mit ihren ökologischen, ökonomi- menteller und modellhafter Ansätze zu regionalen Kontext weiterentwickeln“) schen, sozialen, kulturellen und partizipa- schaffen und vorzuhalten, auch um flexi- wird mehr oder weniger offen eingeräumt, torischen Dimensionen verpflichtet“. bel unterschiedlichen Entwicklungspro- dass gemeinsame Planungen mit dem Viel mehr erfährt man auch in der Folge zessen gerecht zu werden“. Land Brandenburg bzw. mit den Umland- nicht. In der Leitlinie 1 wird unter der gemeinden bislang sträflich vernachläs- Überschrift „Sozial und funktional vielfäl- „Guter Städtebau“ , aber für wen? sigt wurden und „intensiviert“ werden tige Quartiere schaffen und erhalten“ die Vollkommen nebulös wird es dann in der müssten. Dass betreffe nicht nur die räum- „breite Vielfalt von Akteuren“ beschwo- Leitlinie 4 unter der Überschrift „Baukul- liche Planung beispielsweise für die Aus- ren, die „ein enges, kleinräumiges Neben- turelle und städtebauliche Qualität sicher- weisung von Bauflächen, sondern auch und Miteinander unterschiedlicher Nut- stellen“. Dort heißt es zu den Kriterien „die Wohn-, Arbeits- und Freizeitfunktio- zungen zulässt und Monostrukturen ver- eines „guten Städtebaus“: „Der Mensch nen in ihren räumlichen Verflechtungen

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Lebensqualität in der Stadt“ eröffne. Fragt sich nur für wen. In der Leitlinie 8 („Stadtentwicklung als partizipativen Prozess der Stadtgesell- schaft betreiben“) wird dann schließlich so ziemlich alles, was man eigentlich vorhat, unter eine Art Zustimmungsvorbe- halt der jeweils betroffenen Bewohner- schaft gestellt. Wie das nun genau funkti- onieren soll, weiß man im StEP-Begleit- kreis allerdings noch nicht, denn gegen- wärtig laufe ja erst „ein umfassender Prozess mit der Stadtgesellschaft zur Er- arbeitung von Leitlinien für die Partizipa- tion“, der laut bisheriger Planung in der zweiten Jahreshälfte 2018 abgeschlossen werden soll. Dem könne in diesem Zwi- Der StEP Wohnen 2030 beziffert den Bedarf an zusätzlichen Wohnungen auf 194.000. Allein bis 2021 sollen schenbericht „nicht vorgegriffen werden“. jährlich 20.000 Wohnungen gebaut werden. Im Schumacher-Quartier sind aktuellen Planungen des Senats Denn nur „beteiligende Stadtentwicklung zufolge auf dem Areal des Flughafens Tegel nach dessen Schließung bis zu 5.000 „bezahlbare“ Wohnungen schafft für die Bewohnerinnen und Be- vorgesehen. Foto: Nikolai Karaneschev/ Wikipedia wohner eine Möglichkeit, die Entwick- lung des eigenen Lebensumfelds mitzuge- und besonders ihren verkehrlichen Aus- der Anwohnerinnen und Anwohner, als stalten. Frühzeitigkeit, Transparenz und wirkungen“. Auch in dieser Frage wird Wege- und Biotopverbindung und zur Verbindlichkeit in Bezug auf die Spielre- wieder eine „Stärkung der kommunalen Erhöhung der biologischen Vielfalt zu geln, die Rollen, die Entscheidungskom- Nachbarschaftsforen“ als Lösungsansatz qualifizieren. Eingriffe in Natur und Land- petenzen und die Umsetzung sind wesent- ins Spiel gebracht. schaft sind zu minimieren und durch ge- liche Faktoren erfolgreicher Partizipation. Die Überschrift der Leitlinie 6 „Bezahlba- eignete Maßnahmen möglichst vor Ort Dafür sind ausreichend Ressourcen für ren Wohnraum für alle schaffen und be- auszugleichen.“ Das ist eine Steilvorlage Beteiligungsprozesse abzusichern“. wahren“ weckt ein bisschen Hoffnung, für Neubau- und Verdichtungsgegner/in- Unterm Strich: Der Senat konstatiert einen zumal in diesem Abschnitt formuliert nen in allen Teilen der Stadt. Gerade in Neubaubedarf von 194.000 Wohneinhei- wird, dass „der Aspekt einer dauerhaften innerstädtischen Quartieren werden sich ten bis 2030. Davon definiert er 77.000 als Bezahlbarkeit von zentraler Bedeutung“ bei jeder auch noch so kleinen Baumaß- „Altlast“, die aus dem Versagen der Vor- sei. Konsequent angewendet würde dies nahme eine blockierte Frischluftschneise gängerregierung resultiert. Das geplante eine Abkehr von der bisherigen Förderpo- und ein eingeschränktes Naturerlebnis Neubauvolumen ist bislang nicht durch litik bedeutet, die ja in den meisten Fällen finden lassen, das dann im Rahmen von entsprechenden Flächenvorhalt gedeckt. aufgrund der zeitlich begrenzten Bele- Bürgerbeteiligung ins Feld geführt werden Dazu kommen große Unsicherheiten bei gungsbindung nur eine befristete soziale kann. den bereits ausgewiesenen Entwicklungs- Zwischennutzung der geförderten Woh- gebieten, besonders bei der Nachnutzung nungen beinhaltet. Doch wer jetzt auf ein Ein Plan gegen Verdrängung des Flughafens Tegel und seines Umfelds. ambitioniertes Programm für den kommu- Nahezu zynisch wird es in einer späteren Wie auch bereits in der Vergangenheit zu nalen Wohnungsbau hofft, wird schnell Passage: „Die Reduzierung von klima- beobachten war, wird es bei vielen Neu- enttäuscht. Vielmehr werde der Senat wirksamen Emissionen durch sozialver- bauvorhaben erheblichen Widerstand ge- „verstärkt auf Genossenschaften, gemein- trägliche energetische Maßnahmen an ben, dem der geplante Ausbau der „Parti- wohlorientierte sowie alle weiteren Akteu- Gebäuden (...) ist für das Ziel der kli- zipation“ hervorragende Instrumente zur re zugehen, die Berlin bei der Schaffung maneutralen Stadt unabdingbar“. Dem Verzögerung und Reduzierung der Bau- bezahlbaren und qualitätsvollen Wohnens lässt sich ohne Weiteres zustimmen, aber vorhaben liefert. Dabei können sich Neu- unterstützen“, um „möglichst langfristig dem Senat sollte bekannt sein, dass die bau- und Verdichtungsgegner/innen auch bezahlbaren Wohnraum“ zu schaffen. Ver- Bundesgesetzgebung zur energetischen unmittelbar auf einige Passagen des StEP- schwommener geht es kaum. Modernisierung deren „Sozialverträglich- Berichts stützen, wenn es zum Beispiel um Natürlich muss im Stadtentwicklungsplan keit“ nicht nur einschränkt, sondern fak- „Lebensqualität im Quartier“ und „Klima- einer rot-rot-grünen Landesregierung tisch ausschließt. Längst sind derartige verträglichkeit“ geht. Dazu kommt, dass auch das quasi identitätsstiftende grüne Modernisierungen unabhängig von der die besonders ambitionierten Ziele von Steckenpferd gepflegt werden. Das ge- damit tatsächlich erzielten Energieeinspa- 20.000 neuen Wohnungen pro Jahr für den schieht in der Leitlinie 7 („Stadtentwick- rung eines der wichtigsten Instrumente der Zeitraum 2017 bis 2021 angesichts der lung ökologisch und klimagerecht gestal- Vertreibung einkommensschwächerer derzeit deutlich geringeren Zahl von Fer- ten“), die eine eindeutige Handschrift Mieter/innen aus ihren Quartieren. Und so tigstellungen und Bauanträgen bereits trägt. „Zur Verminderung der unvermeid- wird im Zwischenbericht auch einge- jetzt Makulatur sind. Wie auf dieser lichen Folgen des Klimawandels (...) sind räumt, dass eine „klimagerechte Stadtent- Grundlage der dramatische Mangel an stadtklimatisch relevante Freiräume wie wicklung ein hohes Maß an Kreativität bezahlbarem Wohnraum mittelfristig Frischluftschneisen zu erhalten. Diese und Innovation bei der Umsetzung erfor- überwunden werden kann, bleibt das Ge- sind auch als Räume für das Naturerleben dert“, aber eine große Chance „für mehr heimnis der Autor/innen dieses Berichts.h

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BERLIN

Kennen wir nicht, wissen wir nicht

Bezirksamt Mitte zeigt sich hilflos bei der Verfolgung missbräuchlichen Leerstands in Moabit

Von Rainer Balcerowiak

Mit dem seit Mai 2014 geltenden Zweckentfremdungsverbot-Gesetz und der zu dessen Durchführung erlassenen Verordnung soll nicht nur die missbräuchliche Nutzung von Wohnraum für Ferienapart- ments, sondern auch der Leerstand von Wohnungen unterbunden und gegebenenfalls geahndet werden.

Laut Gesetz handelt es sich um Zweckent- fremdung, wenn Wohnraum länger als ein halbes Jahr leer steht. Allerdings gibt es zahlreiche Ausnahmen. So wird die Frist auf zwölf Monate verlängert, wenn in dieser Zeit „Wohnraum zügig umgebaut, instand gesetzt oder modernisiert wird“ Das Zweckentfremdungsverbot-Gesetz richtet sich nicht nur gegen die Vermietung von Wohnraum als Ferien- oder eine Klage auf Duldung von Moder- wohnungen, sondern auch gegen Leerstand. Mit der Ermittlung und Ahndung von Zweckentfremdungen sind Bezirksämter nach wie vor überfordert. Foto: Peter Homann nisierungsmaßnahmen anhängig ist. Auch der Verkauf eines Hauses hebelt das Zweck- entfremdungsverbot aus, da die Übergangs- des Zweckentfremdungsverbot-Gesetzes Zweckentfremdungsverbot-Gesetz ist ak- fristen dann wieder von Neuem gelten. bestellt ist. Zu 13 der 21 Häuser wurde tuell nicht gegeben“. Die Bezirksämter haben kaum einen Über- schlicht mitgeteilt, dass Leerstand dort Bei allen ungelösten Fällen will der Runde blick über den tatsächlichen Leerstand und nicht bekannt sei. Man werde in solchen Tisch am Ball bleiben. Auch die stadtent- sind auf entsprechende Meldungen von Fällen „im Rahmen der Möglichkeiten wicklungspolitische Sprecherin der Links- Anwohner/innen angewiesen. In Moabit eine Ermittlung durchführen“. In einem fraktion in Mitte, Katharina Mayer, hat versucht der „Runde Tisch gegen Gentri- Fall sei noch „strittig“, ob es sich über- zugesagt, weitere entsprechende Anfragen fizierung“ seit Jahren durch gezielte Öf- haupt um schützenswerten Wohnraum an das Bezirksamt zu stellen. Ohnehin ist fentlichkeitsarbeit leer stehende Wohnun- handele. Dabei ist nach Recherchen des davon auszugehen, dass es sich bei den in gen zu ermitteln und zu melden, aber leider Runden Tischs offensichtlich, dass Woh- der Anfrage behandelten Leerstandsmel- oft ohne jegliche Resonanz der Behörden. nungen in diesem Haus nach dem Auszug dungen nur um die Spitze des Eisbergs Die Linksfraktion in der Bezirksverordne- der Mieter/innen vom Eigentümer bewusst handelt. Offiziell ermuntern der Senat und tenversammlung Mitte stellte daher be- unbewohnbar gemacht wurden, um das die Bezirke die Bürger/innen ausdrück- reits im Juni eine schriftliche Anfrage an Zweckentfremdungsverbot zu umgehen. lich, entsprechende Fälle zu melden, aber das Bezirksamt. Dabei wurden 21 Häuser ein offizielles Leerstandsregister lässt benannt, in denen von Anwohner/innen Entlarvende Antwort auf noch immer auf sich warten. Zudem ist es Leerstand festgestellt und gemeldet wur- BVV-Anfrage für engagierte Anwohner/innen ausge- de. Das Bezirksamt wurde gebeten mitzu- In einem weiteren Fall war der Leerstand sprochen demotivierend, wenn ihre Mel- teilen, ob es sich dabei um Zweckentfrem- bis zum 31. Dezember 2016 genehmigt dungen schlicht versanden, obwohl diese dung im Sinne des Gesetzes handelt oder gewesen. „Nachweise über die gesetzes- direkt bei den zuständigen Stellen des nicht. konforme Nutzung wurden angefordert, Bezirksamts oder auf im Internet angebo- Zwar beträgt die Erledigungsfrist für der- zum Beispiel Mietverträge, diese liegen tenen Formularen der Senatsverwaltung artige Anfragen in der Regel zwei Wochen, noch nicht vor“, heißt es in der Antwort für Stadtentwicklung abgegeben werden doch das Bezirksamt brauchte dafür meh- auf die Anfrage. Der Bezirk hat es also können. rere Monate. Und die Antwort selbst de- nicht vermocht, in den neun Monaten nach Schnelle Abhilfe ist nicht in Sicht. Den- monstriert deutlich, wie es um den Vollzug Ablauf der Leerstandsgenehmigung zu noch wird der Runde Tisch weiterhin verifizieren, ob der gesetzeswidrige Zu- versuchen, Verstöße gegen das Zweckent- Hinweisformular, um eine zweckentfremdete stand beendet wurde. In einem weiteren fremdungsverbot zu ermitteln. Ein be- Wohnung zu melden: Haus sei „der Eigentümer nicht bekannt“. währtes Mittel sind dabei Infostände und http://www.stadtentwicklung.berlin.de/wohnen/ Das Haus befinde sich in der Zwangsvoll- Kiezspaziergänge der Gruppe, bei denen zweckentfremdung_wohnraum streckung, eine „Zuständigkeit nach dem stets neue Fälle bekannt werden. h

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An der Gotenstraße in der Nähe vom Bahnhof Südkreuz werden im Baufeld 2/3 (blau markiert) aktuell vier landeseigene Grundstücke im Konzeptverfahren vergeben, von denen zwei an Baugruppen gehen sollen, eins an einen sozialen Träger und eins an eine Genossenschaft. Alle anderen Grundstücke des Blocks gehen an die Gewobag. Die Schöneberger Linse ist Teil des Stadtumbaugebiets Schöneberg-Südkreuz. Quelle: Geoportal Berlin / ALKIS, Blattschnitte: 3855814_F, 3895814_F (www. stadtentwicklung.berlin.de/geoinformation/fis-broker/), nachträglich bearbeitet durch die Redaktion.

Hohe Ansprüche und hohe Kosten

Erfahrungen mit der Liegenschaftsvergabe im Konzeptverfahren zeigen Widerspruch zwischen Verwertungsdenken und dauerhafter Schaffung bezahlbaren Wohnraums

Von Jutta Blume ausschlaggebend sein soll. Angewendet gen auf dem Gebiet der Schöneberger wird es auf Grundstücke mit „Entwick- Linse, einem städtebaulichen Entwick- Im Jahr 2014 fasste der Berliner Senat lungsperspektive“, bei deren künftiger lungsgebiet, das vom Sachsendamm und nach langen Debatten den Beschluss Nutzung ein besonderes öffentliches In- der S-Bahn zwischen den Bahnhöfen zur „Transparenten Liegenschaftspoli- teresse besteht. Schöneberg und Südkreuz begrenzt wird. tik“ , zu einem Zeitpunkt, als der größte Ein Teilstück davon nahe dem Südkreuz Teil der gut verwertbaren Grundstücke Schöneberger Linse befindet sich in Landesbesitz und wird der Stadt bereits verkauft war (Mieter- In Tempelhof-Schöneberg steht mit der nun von der BIM vergeben. Der größere Echo Nr. 385/ Dezember 2016). Im Pro- „Schöneberger Linse“ ein seit März 2016 Teil des Grundstücks wird wiederum an zess des „Clusterns“ wird seitdem da- laufendes Konzeptverfahren kurz vor dem eine städtische Wohnungsbaugesellschaft rüber entschieden, ob die Grundstücke Abschluss. „Das Verfahren Schöneberger gehen. Das laufende Konzeptverfahren und Immobilien langfristig für öffentli- Linse gilt berlinweit als Pilotprojekt zur bezieht sich auf vier angrenzende Grund- che Zwecke gebraucht werden und da- Umsetzung wohnungs- und sozialpoliti- stücke, von denen eins an einen sozialen mit in den sogenannten Fachvermögen scher Zielsetzungen mit dem Instrument Träger, eins an eine Genossenschaft und verbleiben, oder ob sie auf die eine oder Konzeptverfahren“, schreibt die Senats- zwei an Baugruppen vergeben werden andere Weise veräußert werden sollen. verwaltung für Stadtentwicklung. Doch sollen. Auf diese Weise bemüht sich die bereits vor der Vergabeentscheidung gibt Stadt, vielfältige Akteure zu berücksichti- War in Berlin lange Jahre der Verkauf es Kritik, ob das Verfahren den Entwick- gen. Doch auch jeder einzelne der Bieter zum Höchstpreis im Bieterverfahren üb- lungszielen gerecht wird. Die vermark- sollte noch möglichst viele Interessen un- lich, verschiebt sich die Praxis nun hin tende Berliner Immobilienmanagement ter einen Hut bekommen. Dahinter steht zur Direktvergabe, oftmals an städtische GmbH (BIM) und die Finanzverwaltung ein Grundproblem: „Wir haben immer Wohnungsbaugesellschaften, und in klei- geben sich derweil lernwillig. weniger Grundstücke bei steigendem Be- nerem Umfang zum Konzeptverfahren. Am 1. November 2017 lud die BIM zu ei- darf. Es gilt daher zunehmend, Interessen Bei letzterem soll das Nutzungskonzept ner Infoveranstaltung zum Stand der aktu- abzuwägen und vielfältige Interessen auf der Bewerber im Vordergrund stehen, ellen und zukünftigen Konzeptverfahren einem Grundstück unterzubringen“, er- während der gebotene Preis weniger ein. Insgesamt laufen vier Ausschreibun- klärt Sascha Piastowski, der bei der BIM

20 MieterEcho 392 Dezember 2017 BERLIN für die Konzeptverfahren mitverantwort- lich ist. Das im Mietshäuser Syndikat organisier- te „Linse Hausprojekt“ hat sich trotz der bislang positiven Bewertung ihres Kon- zepts kurz vor der Vergabeentscheidung dagegen entschieden, das Bauvorhaben weiterzuverfolgen. „Auch nach sorgfälti- ger Prüfung des uns zuletzt vorgelegten Kaufvertrags, erscheint es unmöglich, die im Ausschreibungsverfahren for- mulierten Ziele einer nachhaltigen und sozialen Stadt- und Kiezentwicklung zu diesen Bedingungen umzusetzen“, heißt es im Schreiben zur Begründung des Baufeld der Konzeptverfahren-Grundstücke an der Gotenstraße. Bei Konzeptverfahren gehen öffentliche Ausstiegs. Der geforderten Nutzungs- Grundstücke in einem Wettbewerb an den Bieter mit dem besten Konzept, der Preis spielt keine oder nur eine vielfalt und Öffnung für die Anwohner/ untergeordnete Rolle. Das aktuelle Verfahren an der Schöneberger Linse steht in der Kritik, weil die Anforde- rungen an die Bieter zu hoch und die Grundstücke zu teuer sind und bezahlbarer Wohnraum somit kaum innen versuchte die Hausprojektgruppe geschaffen werden kann. Foto: ME in ihrem Konzept gerecht zu werden. So sollte Wohnraum für rund 100 Personen in unterschiedlichsten und veränderbaren Wohnungen in Eigentum umzuwandeln. nungsbau gegenüber den städtischen Wohnformen entstehen, Barrierefreiheit Die im Mietshäuser Syndikat organisier- Wohnungsbaugesellschaften benachtei- gewährleistet sein und 10% an einen so- ten Projekte haben aber extra eine recht- ligt fühlen. Bereits im Juli hatten 20 Ge- zialen Träger für betreutes Wohnen zur liche Konstruktion geschaffen, um den nossenschaften in einem offenen Brief an Verfügung gestellt werden. Im Erdge- Weiterverkauf und die Aufteilung in Ein- die Berliner Landesregierung die aktuelle schosse waren ein Späti mit Café, eine zeleigentum zu verhindern. Wohnungspolitik kritisiert, die Genos- Theaterprobebühne und eine Familien- senschaften zu wenig berücksichtige. Sie und Erziehungsberatung geplant. Doch Erbbaurecht statt Verkauf forderten unter anderem eine „gleichbe- die Kosten wie auch die Risiken wären Doch die Schöneberger Linse könnte das rechtigte Vergabe von Baugrundstücken zu hoch gewesen, um noch dem eigenen letzte Konzeptverfahren gewesen sein, zum Festpreis nach dem Münchner Mo- sozialen Anspruch gerecht zu werden. bei dem die BIM die zu bebauenden dell: Schlanke Konzeptverfahren mit ho- „Wir hatten einen großen Anteil an ge- Grundstücke überhaupt verkauft. Drei hem Stellenwert auf sozialen, gemein- fördertem Wohnraum geplant“, so Frank Grundstücke in Steglitz und Lichtenberg schaftlichen und integrativen Aspekten Hajdu von der Hausprojektgruppe. „Die- sollen bald ausgeschrieben werden, wo- bei nur äußerst geringer Betrachtung ser wird aber nicht komplett gefördert. Je bei jeweils Erbbaurechte für 60 Jahre ver- des Preises“. Kooperationsprojekte von mehr es davon gibt, desto teurer werden geben würden. Bei der künftigen Höhe mehreren Genossenschaften sowie von die anderen Wohnungen.“ Förderfähigen des Erbbauzinses zeigt sich die BIM fle- Genossenschaften und sozialen Trägern Mieten von 6,50 Euro/qm hätten so frei xibel. Nach Vorstellung von Geschäfts- sollten erleichtert werden. finanzierte von 12 bis 14 Euro/qm netto- führerin Birgit Möhring sollten Interes- In München ist beispielsweise vorge- kalt gegenübergestanden. Und auch die sent/innen den Zinssatz anbieten, wobei sehen, dass auf bis zu 30% der ausge- Gewerberäume wären für die vorgese- ein höherer Erbbauzins nicht das bessere schriebenen Wohnbauflächen sogenann- henen Nutzer zu teuer geworden. Hajdu Konzept schlagen solle. Bislang gilt in ter konzeptioneller Mietwohnungsbau kritisiert nicht nur den hohen Mindest- Berlin für den Erbbauzins ein Richtwert entsteht. Die Stadt setzt dabei Festpreise preis, den die BIM für das Grundstück von 4,5% für Wohnnutzungen, rund das für die Grundstücke deutlich unterhalb verlangt, sondern auch eine Menge ver- Doppelte aktueller Bankfinanzierungen. des Marktwerts an. Im Gegenzug sind steckter Kosten und Risiken. So würden Möhring deutete daher an, dass die BIM die Erst- und Wiedervermietungsmieten sich auf dem Gelände Altlasten befinden, künftig weit weniger als 4,5% akzeptie- begrenzt, Mieterhöhungen sind gedeckelt die Gruppe hätte dafür einen Sicherungs- ren könnte. und frühestens im sechsten Jahr nach kredit von 750.000 Euro aufnehmen müs- Um den Arbeitsaufwand für alle Betei- Erstbezug möglich. Zudem besteht eine sen, so Hajdu. Der Grundwiderspruch des ligten zu reduzieren, sollen die Konzept- 60-jährige Bindung als Mietwohnung Verfahrens liege in der Vielzahl der sozi- verfahren nicht mehr zweistufig verlaufen und Aufteilungsverbot, um Umwandlun- alen und ökologischen Ansprüche und wie bei der Schöneberger Linse, sondern gen in Eigentumswohnungen zu verhin- dem gleichzeitigen Beharren auf einem einstufig und innerhalb von einem Jahr dern, sowie das Verbot von Eigenbedarfs- am Verkehrswert orientierten Bodenpreis. entschieden werden. Auch sollen die kündigungen. Der Verkehrswert hätte sich daran orien- Grundstücke erst ausgeschrieben werden, Abgesehen von der Frage, wie die Verga- tiert, zu welchem Preis die Immobilie in wenn bereits Baurecht besteht, was eben- beverfahren auch für kleinere Akteure zu- einigen Jahren wieder verkauft werden falls vom bisherigen Verfahren abweicht, gänglicher werden könnten, bleibt in Ber- könnte – bei Wohnungen mit langfristiger da der Bebauungsplan für die Schöneber- lin die Forderung nach mehr Transparenz Sozialbindung keine besonders sinnvolle ger Linse noch nicht festgesetzt ist. und frühzeitiger Öffentlichkeitsbeteili- Größe. Genossenschaften könnten dem Grundsätzliche Kritik wurde am 1. No- gung im Raum stehen. So könnte ein Lie- Kostenproblem vielleicht damit begeg- vember vonseiten der Genossenschaften genschaftskataster über alle Grundstücke nen, in 15 bis 20 Jahren einen Teil der laut, die sich als Akteure beim Woh- der öffentlichen Hand Auskunft geben. h

MieterEcho 392 Dezember 2017 21 WOHNEN INTERNATIONAL Zur Miete in einem Land des Wohneigentums

Eine Reportage über Wohnungsmarktprobleme und Mieteraktivitäten aus Madrid

Von Matthias Coers und Grischa Dallmer Nach der Filmvorführung entspannt sich FRAVM: Federación Regional de Asociaciones eine Debatte über Stadtpolitik. Daran be- de Vecinos de Madrid In Madrid findet jährlich das soziale teiligen sich unter anderem ein Rechtspro- ILP: Iniciativa Legislativa Popular Filmfestival „16 Kilómetros de Cañada fessor von der Universität Cordoba, eine LAU: Ley de Arrendamientos Urbanos Real“ statt, zu dem 2017 der Berliner Sozialpsychologin, die in Cañada Real PAH: Plataforma de los Afectados por la Dokumentarfilm „Mietrebellen – Wider- arbeitet, eine Stadtplanungsprofessorin Hipoteca stand gegen den Ausverkauf der Stadt“ aus Alcalá, ein Vertreter von Arquitectura PP: Partido Popular eingeladen wurde. Nach der Filmvor- sin fronteras (Architektur ohne Grenzen) führung standen eine Diskussion zu sowie ein Aktivist, der zu den Favelas sierung angehen, so die Diskutant/innen. Stadtpolitik auf dem Programm und am Brasiliens arbeitet. Bei den Diskutant/ Zugleich brauche es einen positiven Um- folgenden Tag Zusammenkünfte von innen herrscht Einigkeit darüber, dass gang mit den lebensnotwendigen infor- Aktiven, die sich für Mieterrechte und die derzeitige Stadtpolitik sich nicht ge- mellen Netzwerken der Communities. für das Recht auf Wohnen einsetzen. nügend um die drängenden Fragen des Wohnens in der spanischen Hauptstadt Wohnungsmarkt den Banken Der Name des Festivals nimmt Bezug auf kümmert. Man müsse an Sozialwoh- überlassen eine 16 Kilometer lange Straße am süd- nungsprojekte anknüpfen, die es in der Dass die Wohnproblematik bis weit in die lichen Rande Madrids, in der Menschen ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts noch Mittelschicht hineinreicht, berichten Ak- mit niedrigem Einkommen abgeschnitten gab, bevor sich Francos Eigentumsför- tive am Tag nach der Filmvorführung. So von städtischer Infrastruktur leben. Das derung und Mietrechtsbeschränkungen meint Diego Sanz, ein Aktiver der PAH Festival wurde 2011 von der Stiftung durchsetzen konnten. Die Menschen in Vallekas, dass derzeit zwar Wirtschafts- Voces (Stimmen) als Sozialarbeitspro- Cañada Real sind vom Wohnungsmarkt wachstum vorherrsche, viele internationale jekt gestartet, um mit dort wohnenden und von der städtischen Infrastruktur wie Investitionen, auch im Immobiliensektor, Kindern Kurzfilme zu erstellen, und prä- dem Personennahverkehr abgeschnitten. erfolgten und insgesamt die Arbeitslosig- sentiert mittlerweile auch im Zentrum Eine Politik, die die Situation der Men- keit gesunken sei. Aber dennoch lägen Madrids internationale Filme, die soziale schen dort verbessern will, müsse die mit die Löhne um einiges niedriger als vor Fragen thematisieren. der Segregation einhergehende Stigmati- der Krise von 2008. Zudem habe 2012 eine von der Europäischen Union als Be- dingung für das Auszahlen der Rettungs- pakete auferlegte Arbeitsmarktreform Arbeitnehmerrechte und Verhandlungs- möglichkeiten von Gewerkschaften stark eingeschränkt. Der Staat kürzte außer- dem bei den Sozialleistungen. Ähnliches berichtet Gomer Nuez, Mit- glied der neugegründeten Mieterorga- nisation Inquilinato, betont jedoch ein weiteres Problem. Mit der Krise habe es eine enorme soziale Polarisierung gege- ben, bei der die Eigentümer und Wohl- habenden reicher geworden sind und der Großteil der Bevölkerung inklusive Mittelschicht um einiges ärmer. Dies habe auch katastrophale Auswirkungen auf die Wohnsituation in Madrid und in ganz Spanien. Seit Jahren fehle eine Po- litik der Wohnungsvorsorge, denn das Mehrmals in der Woche trifft sich die PAH Centro in einem ehemaligen Bankgebäude im Stadtteil Lavapiés. Thema wurde komplett den Banken über- Derzeit versuchen die Aktivist/innen eine Gesetzesinitiative durchzusetzen, die das Recht auf sozialen lassen. Deren hypothekenbasierte Konzep- Wohnraum in Madrid garantieren soll. Fotos: Matthias Coers te kamen jedoch mit der Krise selbst in

22 MieterEcho 392 Dezember 2017 WOHNEN INTERNATIONAL eine Krise und so entstanden die Prob- heute ist das die gängige Praxis. Zuletzt leme der zahllosen Zwangsräumungen wurde 2013 die aus den 50ern stammen- und der lebenslangen Verschuldung der de Mietgesetzgebung (LAU) zuunguns- Zwangsgeräumten. Nuez zufolge sehen ten der Mieter/innen verschärft. Eine der sich viele Familien gezwungen, leerste- Neuerungen war, dass Mietverträge statt hende Wohnungen zu besetzen, weil sie zuvor für fünf Jahre nun nur noch für drei sonst obdachlos wären. Allein in Madrid Jahre abgeschlossen werden können. Zu- stehen ungefähr 200.000 Wohnungen gleich ist in Spanien die Nachfrage nach leer. Zudem weist Madrid eine hohe Mo- Mietwohnungen groß, aber das Angebot bilitätsrate auf, was Zu- und Wegzüge äußerst klein. Der verschwindend geringe angeht. Hinzu kommt der Besuch von 9 öffentliche Bestand an Sozialwohnungen Millionen Tourist/innen pro Jahr. Das ist beträgt nur 1% des Wohnungsmarkts. Jahrzehntelang wurde die Wohnraumversorgung in zwar noch nicht vergleichbar mit Bar- Das führt dazu, dass sich viele Menschen Spanien den Banken überlassen. Mit der Bankenkrise kam es zu massenhaften Zwangsräumungen und celona mit mehr als 30 Millionen, doch Wohnungen ungewollt teilen müssen, Verschuldungen. In Arbeiter- und Migrantenstadtteilen beides verschärft den Preisanstieg bei den da sie weder die Möglichkeit haben, per wie Vallecas sind die Menschen besonders betroffen. Wohn- und Lebenshaltungskosten. Kredit eine Wohnung zu kaufen, noch die Seit den 1950er Jahren ging es in Spa- Miete zu bezahlen. Außerdem sind die nien darum, basierend auf den Stabili- Kosten für Gas, Strom und Wasser stark Die Kommission für Kommunikation sierungsplänen Francos, Wohneigentum angestiegen. So kommt es selbst bei Fa- ist für Pressearbeit und Zusammenarbeit gegenüber dem Wohnen zur Miete zu milien der unteren Mittelschicht zu Ener- mit anderen Gruppen zuständig. Um die stärken. Dadurch sollte eine Mittelschicht giearmut. Besonders in den letzten zwei aktuelle Situation zu analysieren, eigene entstehen, die sich aus Angst vor Verlus- Jahren sind die Mieten in Madrid enorm Positionen zu entwickeln und diese in die ten nicht sozialen Protesten anschließen angestiegen, vor allem im Zentrum, aber öffentliche Debatte zu bringen, hat sich würde. Im Zuge dessen wurden die Rech- auch in den Außenbezirken. Dass Miets- die Kommission für Argumentation ge- te von Mieter/innen stark abgebaut. Bis häuser für Investoren interessant sind, ist bildet. Die dritte Kommission organisiert in Spanien noch recht neu. Das ökonomi- die Beratungsarbeit und wechselseitige sche Modell, das die Eigentumswohnung Unterstützung vor Ort. Die Mieterge- favorisiert, erzeugt auch ein kulturelles werkschaft arbeitet eng zusammen mit Modell, Sozialwohnungen ausschließ- den PAHs, die sich bisher am aktivsten lich für Randgruppen zur Verfügung zu um Probleme von Mieter/innen geküm- stellen. Dies ermöglicht wiederum einen mert hatten, doch dies bei der Komplexi- Diskurs, der die Notwendigkeit von So- tät der Lage nicht mehr allein bewältigen zialwohnungen überhaupt negiert. Die können. Verantwortung für die Wohnsituation In einem angeeigneten ehemaligen Bank- wird dann vermeintlichen individuellen gebäude findet eine Versammlung der Verfehlungen angelastet. PAH Centro statt. Hier wird eine aktu- elle Gesetzesinitiative von unten (ILP) Mietergewerkschaft und PAH thematisiert, an der die Madrider PAHs Der Großteil der Zwangsräumungen, in zusammen mit dem Bündnis der Nach- Barcelona sogar über 90%, findet heu- barschaftsversammlungen (FRAVM) und Gomer Nuez, Stadtaktivist in Madrid, ist Mitbegründer te bei Mieter/innen statt und nicht mehr weiteren Gruppen arbeiten. Das Gesetz der Mietergewerkschaft Inquilinato. bei Hypothekenbetroffenen. Angesichts soll das Recht auf würdevollen und sozia- der brisanten Lage der Mieter/innen hat len Wohnraum für alle Menschen in Mad- sich in Madrid eine Gruppe aus ver- rid garantieren. Fast zwei Jahre hat es ge- schiedenen sozialen Bewegungen für dauert, den Gesetzestext zu entwickeln. das Recht auf Wohnraum und Einzel- Innerhalb von drei Monaten wurden über personen zusammengefunden. Sie nennt 77.000 Unterschriften gesammelt. Die sich Mietergewerkschaft, da sie ihre ILP ist laut der Aktivist/innen der PAH Auseinandersetzungen in die Geschich- zwar ein Instrument direkter Demokratie, te der Arbeitskämpfe stellt und auf die doch letztlich entscheiden die Parteien, Praxis gewerkschaftlicher Arbeit Bezug ob sie den Entwurf überhaupt bearbeiten. nimmt. Formell ist sie keine Gewerk- Aktuell wird Druck ausgeübt, damit sich schaft, sondern eine Initiative, die sich die Abgeordneten verpflichtet fühlen. über Versammlungen und verschiedene Ende Oktober lehnten die konservative Kommissionen organisiert. Derzeit wird Volkspartei (PP) und die Ciudadanos-Par- eine Satzung erarbeitet, die als Grundlage tei es ab, sich dem Entwurf zu widmen. der Arbeit dienen soll. In der Mieterge- Zur nächsten Abgeordnetenversammlung werkschaft sind drei Kommissionen aktiv. mobilisieren nun die Initiativen. Das Ge- Der Journalist Diego Sanz ist Sprecher der PAH setz wäre ein großer Schritt. Denn es sieht die Schaffung sozialer Mietwohnungen Vallekas. Weitere Informationen zu Wohnungsmarkt und Mieterak- tivitäten in Spanien siehe MieterEcho Nrn. 361/ Juli 2013 vor und die Kopplung der Mieten an die und 376/ September 2015. Höhe der Einkommen. h

MieterEcho 392 Dezember 2017 23 MIETRECHT AKTUELL

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Mieter/innen fragen – wir antworten

Fragen und Antworten zu häufigen Mietrechtsirrtümern

Von Rechtsanwalt großflächig. Da mich die „fachgerechte“ nicht. Allerdings hat die derzeit für die Hans-Christoph Friedman Bearbeitung einschließlich Entfernung Bezirke Mitte, Tiergarten und Wedding alter Lackschichten, Grundierung usw. zuständige Mietberufungskammer beim Ich wohne seit 2002 in einer Altbauwoh- überfordert, habe ich meinen Vermieter Landgericht Berlin am 9. März 2017 ent- nung im Wedding. Die Wohnung wurde gebeten, die Fenster malermäßig über- schieden, dass die in Ihrem Mietvertrag komplett frisch renoviert übergeben, arbeiten zu lassen. Dieser will nur den enthaltene Klausel auch dann wegen „un- seither hat der Vermieter aber keine Anstrich der Außenseiten der äußeren angemessener Benachteiligung“ des Mie- Malerarbeiten durchgeführt. Da diese Fenster übernehmen. Er meint, die drei ters unwirksam ist, wenn die Räume bei überfällig waren, habe ich letztes Jahr Innenseiten müsste ich renovieren und Mietbeginn renoviert übergeben wurden teilweise die Wände und Decken neu verwies auf eine Klausel in meinem (AZ: 67 S 7/17). Demnach müsste Ihr gestrichen. Ein Problem sind aber die Mietvertrag, in der es heißt: „Die Kosten Vermieter sämtliche Schönheitsreparatu- alten Holz-Kastendoppelfenster. Der Lack der Schönheitsreparaturen trägt der ren auch innerhalb der Wohnung durch- bröckelt auf allen Seiten ab, teilweise Mieter. “ Eine Freundin meinte, das Ge- führen. setz habe sich geändert und Mieter Es ist noch nicht bekannt, ob sich die an- müssten generell keine Schönheitsre- deren Mietberufungskammern des Land- paraturen mehr durchführen. Stimmt gerichts der Auffassung dieser Kammer das? Wie soll ich mich verhalten? anschließen werden. Weil der Vermieter Sie können Ihrem Vermieter eine konkrete gegen das Urteil des Landgerichts vom 9. Frist für die Durchführung der Lackierar- März 2017 keine Revision eingelegt hat, beiten setzen. Am besten lassen Sie sich wird es zu diesem keine Entscheidung des ein entsprechendes Schreiben vor Absen- Bundesgerichtshofs geben. dung in einer unserer Beratungsstellen „absegnen“. Sollte er bei seiner Verweige- Ich möchte Silvester in meiner Woh- rung bleiben, sollten Sie Klage auf In- nung in Kreuzberg wieder eine Party standsetzung einreichen lassen. Es hat feiern. Wir werden wie immer auch tan- zwar keine „Gesetzesänderung“ gegeben, zen und es wird sicher sehr laut und Foto : Matthias Coers : Foto allerdings hat der Bundesgerichtshof in ausgelassen bis in die Morgenstunden Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und den letzten 15 Jahren viele Klauseln in gefeiert werden. Ich bin bisher davon Wohnungseigentumsrecht Hans-Christoph Altmietverträgen, welche die Schönheits- ausgegangen, dass man Silvester so Friedmann berät Mitglieder in den reparaturen auf Mieter/innen abwälzen, verbringen kann, wie man mag. Letztes Kreuzberger Beratungsstellen Bergmannstraße für unwirksam erklärt. Die in Ihrem Ver- Jahr gab es allerdings Beschwerden und Möckernstraße. trag verwendete Klausel bisher jedoch eines griesgrämigen Nachbarn, der

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schon um 23 Uhr „seine Ruhe haben“ wollte. Kann er das verlangen? Sollte ich die Party lieber absagen? Die Einhaltung der Nachtruhe ist gegeben, wenn ab 22 Uhr in der Wohnung keine störenden Geräusche aus anderen Woh- nungen mehr zu hören sind. Ein generelles Recht, an Silvester solche Hausordnungs- regeln zu missachten, gibt es nicht. Zwei- fellos kann zu Silvester aber um 22 oder 23 Uhr von „Nachtruhe“ keine Rede sein. Es dürfte an diesem Tag also reichen, wenn Sie den Lärmpegel den Gegebenheiten außerhalb Ihrer Wohnung anpassen. Denn auch Ihr Nachbar muss im Rahmen der gegenseitigen Rücksichtnahme die örtli- chen Gepflogenheiten berücksichtigen. Ob es „griesgrämig“ ist, weil er es auch zu Einen Anspruch darauf, die Silvesternacht in der Wohnung laut zu feiern, gibt es nicht. Allerdings sollte es an diesem Tag reichen, den Geräuschpegel dem Umfeld außerhalb der Wohnung anzupassen, da an Silvester in Silvester lieber ruhig mag, kann dabei der Berliner Innenstadt auch nach 22 Uhr üblicherweise keine Nachtruhe gegeben ist. Foto: pixabay.com dahingestellt bleiben. Er dürfte mit seinem Wunsch, eine Stunde vor dem Jahreswech- sel eine real nicht existierende Nachtruhe trag, wonach ich den Zutritt nach ent- takt bekommen hatte, teilte mir die von zu genießen, in Berlin eher zu den Aus- sprechender Ankündigung „zur Über- ihm gewünschte – eher moderate – Mie- nahmen gehören und wird dementspre- prüfung des Wohnungszustands“ stets te mit und übergab mir in der Wohnung chend – unabhängig von Ihrer Feier – Zu- zu gewähren hätte. Außerdem habe ich die Wohnungsschlüssel. Seitdem zahle geständnisse an den Geschmack der übri- gehört, dass der Vermieter auch ohne ich die mündlich vereinbarte Miete und gen Bevölkerung machen müssen. Ähnli- besonderen Grund alle zwei Jahre die bin eigentlich sehr zufrieden. Nur seine ches dürfte beispielsweise im Rheinland Wohnung besichtigen darf. Stimmt das? Zusage, einen schriftlichen Mietvertrag auch während des Karnevals gelten, in Nein. In der früheren Rechtsprechung werde er mir noch zusenden, hat er bis Berlin eher nicht. Ich empfehle Ihnen, wie wurde häufig die Auffassung vertreten, heute nicht eingehalten. Auf meine ge- geplant Silvester zu feiern. Wenn im Groß- dass Vermieter auch ohne besonderen legentlichen Nachfragen im Hausflur (er teil der Stadt gegen 1.00 Uhr allmählich Grund alle ein bis zwei Jahre Anspruch auf wohnt selbst im Haus) vertröstet er Ruhe einkehrt (in Kreuzberg, je nach La- Zutritt zu der von ihnen vermieteten Woh- mich immer. Ich möchte ihn nicht ner- ge, vielleicht auch später), sollten Sie dies nung haben. Diese Rechtsprechung ist ven, mache mir aber Sorgen, weil ich bei der Lautstärke der Musik und den glücklicherweise durch ein Urteil des noch immer keinen Mietvertrag habe. sonstigen Aktivitäten Ihrer Gäste berück- Bundesgerichtshofs vom 4. Juni 2014 Sie haben einen Mietvertrag. Sie haben sichtigen und – falls es Beschwerden gibt überholt (AZ: VIII ZR 289/13). Der BGH sich mit Ihrem Vermieter über die Miet- – die Party oder zumindest die laute Musik stellte in der Entscheidung klar, dass ein wohnung, die Miethöhe und den Vertrags- beenden. In jedem Fall sollten Sie, um turnusmäßiges Recht des Vermieters auf beginn geeinigt. Damit ist ein wirksamer unnötigen Ärger mit den Nachbar/innen zu Besichtigung der Wohnung ohne besonde- Mietvertrag zustande gekommen. Ein vermeiden, einige Tage vorher (z. B. per ren Grund nicht besteht und dass anders- mündlicher Mietvertrag ist für Sie sogar Aushang bei den Briefkästen) Ihre Absicht lautende Formularklauseln in Mietverträ- von Vorteil. Die (übliche) Schriftform ist ankündigen und die Nachbarn um Ver- gen unwirksam sind. Wenn Ihr Vermieter gemäß § 550 BGB nur für Wohnraummiet- ständnis bitten. Hilfreich kann es natürlich Ihnen also keinen vernünftigen sachlichen verträge mit einer Laufzeit von mehr als auch sein, den Nachbarn anzubieten, mit Grund für seinen Besuch nennt, müssen einem Jahr vorgeschrieben. Ihr mündli- Ihnen zu feiern, sofern es zum „Partyplan“ Sie ihn nicht in die Wohnung lassen. Ein cher Mietvertrag läuft auf unbestimmte passt. solcher Grund könnte zum Beispiel in Zeit, kündigen kann Ihr Vermieter nur geplanten Sanierungs-/Modernisierungs- unter den bekannten Voraussetzungen Mein Vermieter hat angekündigt, meine maßnahmen, einer Neuvermessung der (fristlos wegen Zahlungsverzugs oder Wohnung besichtigen zu wollen, da er Wohnfläche, einem geplanten Verkauf der sonstiger schwerwiegender Vertragsver- zuletzt vor zwei Jahren in der Wohnung Wohnung oder deren Neuvermietung nach letzungen, fristgemäß beispielsweise we- gewesen sei. Einen anderen Grund hat Ihrer Kündigung bestehen, sowie – selbst- gen Eigenbedarfs). Die üblichen vom Ge- er nicht genannt. Seine früheren Besu- verständlich – zur Besichtigung von Män- setz abweichenden Regelungen in Formu- che habe ich stets als sehr unangenehm geln, die Sie gemeldet haben. Bitte suchen larmietverträgen (Übernahme von Schön- empfunden und die Besichtigung wür- Sie in Zweifelsfällen eine unserer Bera- heitsreparaturen, Kleinreparaturklausel de ich nur ungern dulden. Mein Vermie- tungsstellen auf. etc.) gelten für Sie nicht. Sie sollten also ter verweist auf eine Klausel im Mietver- Ihre gelegentlichen Nachfragen im Haus- Ich habe vor gut vier Jahren eine Woh- flur einstellen und sich der „entspannten“ nung in Schöneberg bezogen. Der nette Haltung Ihres Vermieters anpassen. Etwas Häufige Mietrechtsirrtümer waren bereits Vermieter, der mir von Anfang an etwas anderes kann gelten, falls Sie mündliche Thema der Fragen und Antworten im chaotisch erschien und zu dem ich über MieterEcho Nr. 386 / Februar 2017. Vereinbarungen zur Untervermietung, zu einen gemeinsamen Bekannten Kon- von Ihnen getätigten Umbauten usw. ge-

MieterEcho 392 Dezember 2017 25 MIETRECHT AKTUELL

troffen haben. In solchen Fällen lassen Sie sich bitte in einer unserer Beratungsstellen anwaltlich beraten.

Ich habe von meinem Vermieter eine Modernisierungsankündigung erhalten. Er möchte eine „energetische Moderni- sierung“ durchführen. Die erst 10 Jahre alten doppelt verglasten Isolierglasfens- ter sollen gegen dreifach verglaste Iso- lier- und Schallschutzfenster ausge- tauscht werden, statt der vorhandenen zuverlässig funktionierenden Öl-Zen- tralheizung soll ein „modernes Block- heizkraftwerk“ künftig für die Behei- zung des Hauses sorgen, außerdem sollen die Fassaden mit einer 14 cm Die Keller von Altbauten dienten ursprünglich dem Lagern von Kohlenbriketts. Zum Lagern von Kleidung, dicken Dämmung versehen werden. Der Möbeln und Unterlagen sind sie ungeeignet, da sie häufig feucht sind. Foto: Mendoza Vermieter kündigt mir an, dass durch die Maßnahmen eine Einsparung von chen Kosten für die Mieter/innen muss men und diesen dazu zu bringen, den 20% der Heizenergie zu erwarten sei, die nach dem Gesetz nicht bestehen. Ebenso Keller in einen ordentlichen Zustand zu voraussichtliche Mieterhöhung nach finden die von Ihnen richtigerweise (aber bringen, damit sich so etwas nicht wie- Modernisierung werde für meine Woh- nicht „zu Recht“) angemahnten Energie- derholt? nung 217 Euro monatlich betragen. Ich verschwendungen durch den Austausch Als erstes sollten Sie anhand Ihres Miet- zahle bisher durchschnittlich 70 Euro voll funktionsfähiger Bauteile im Gesetz vertrags prüfen – besser noch in einer Heizkosten pro Monat. Wenn die Be- keine Berücksichtigung. Ihr Ärger ist also unserer Beratungsstellen prüfen lassen – hauptung einer 20%igen Einsparung gut begründet, aber Ihr Vermieter hat ob überhaupt ein Kellerabteil an Sie ver- tatsächlich eintreten sollte, beträgt die- Recht. Er kann prinzipiell die Duldung mietet wurde. Falls ein solches im Miet- se 14 Euro pro Monat, das ergibt für solcher Maßnahmen von Ihnen verlangen. vertrag nicht erwähnt ist, riskieren Sie bei mich künftige Mehrkosten von 203 Euro Ob er dazu allerdings auch in der Lage und einer entsprechenden Meldung an Ihren pro Monat. Von wegen Einsparung! die Ihnen übersandte Modernisierungsan- Vermieter die Aufforderung, Ihr Kellerab- Auch wenn ich ein sehr umweltbewuss- kündigung wirksam ist, sollten Sie umge- teil zu räumen. Die von Ihnen geschilder- ter Mensch und diesbezüglich auch zu hend in einer unserer Beratungsstellen te, in Berlin häufig übliche Praxis, sich ein persönlichen Opfern bereit bin, frage prüfen lassen. Eine schnelle Überprüfung leeres Abteil im Keller einfach zu nehmen ich mich: Was ist mit der Energiever- ist auch hinsichtlich eventueller (zum Bei- und zu nutzen, verpflichtet den Vermieter schwendung durch den Ersatz vollkom- spiel finanzieller) Härteeinwände wichtig, nicht, Ihnen dieses dauerhaft zur Verfü- men intakter zehn Jahre alter Isolier- da Sie solche bis zum Ablauf des auf den gung zu stellen, wenn er sich dazu im glasfenster, das Entsorgen einer intak- Zugang der Ankündigung folgenden Mo- Mietvertrag nicht verpflichtet hat. Selbst ten Heizungsanlage und dem energeti- nats geltend machen müssen. wenn Sie einen vertraglichen Anspruch schen Aufwand für die Herstellung des auf ein solches Kellerabteil haben, können Fassadendämmmaterials und der ge- Ich habe vor zwei Jahren eine Altbau- Sie jedoch leider keinen Schadensersatz planten sechsmonatigen Bauarbeiten? wohnung in „Kreuzkölln“ angemietet. für Ihre zerstörten und beschädigten Sa- Das kann doch alles nicht Recht sein! Wie im Haus üblich habe ich mir im chen verlangen. Der Zustand des „unsani- Doch. Genauso ist es vom Gesetzgeber unsanierten Altbaukeller ein leeres Ab- erten“ Altbaukellers, die Abteile dienten vorgesehen: Eine „energetische Moderni- teil durch Anbringung eines Vorhänge- vor noch nicht allzu langer Zeit im Wesent- sierung“, deren Kosten auf die Miete schlosses und Beschriftung mit mei- lichen zum Lagern von Kohlen, dürfte sich umgelegt werden können, liegt nach der nem Namen gesichert. Da die Wohnung nach Vertragsbeginn kaum geändert ha- aktuellen Rechtslage dann vor, wenn die sehr klein ist, habe ich dort unter ande- ben. Solche Keller sind „gerichtsbekannt“ Baumaßnahme zu einer „nachhaltigen“ rem einige Möbel und Kisten mit alten regelmäßig feucht und zum Lagern von Einsparung von Endenergie – also der Unterlagen und Kleidung gelagert. Durch Möbeln, Papierunterlagen etc. nicht ge- Energiemenge, die benötigt wird, um Ihre die starken Regenfälle im Sommer war eignet. Sie sollten in einem derartigen Räume auf eine bestimmte Temperatur zu längere Zeit der ganze Kellerboden Keller also künftig keine Sachen mehr erwärmen – führt. „Nachhaltig“ ist da- durchfeuchtet. Als ich jetzt meine Win- lagern, die entweder einen persönlichen nach, wie der Bundesgerichtshof festge- terklamotten aus dem Keller holen woll- Wert oder einen nennenswerten Geldwert stellt hat, jede dauerhafte Reduzierung des te, musste ich feststellen, dass sowohl haben. Dies gilt, aufgrund der unzurei- Energiebedarfs, 1% würde also bereits die Kleidung als auch alle Unterlagen chenden Sicherung mit Vorhängeschlös- ausreichen. Weiter regelt das Gesetz, dass feucht und zum größten Teil verschim- sern, auch wegen der Einbruchsgefahr. h 11% der tatsächlichen Kosten einer derar- melt waren, ein schöner alter Holz- Alle bisher im MieterEcho veröffentlichten tigen Baumaßnahme pro Jahr auf die schrank und zwei Stühle sind durch das Beiträge „Mieter/innen fragen – wir antworten“ Wasser aufgequollen und völlig rui- Miete umgelegt werden können. Ein ir- finden Sie auf unserer Website unter www. gendwie „vernünftiges“ Verhältnis zwi- niert. Was muss ich tun, um Schadens- bmgev.de/mietrecht/fragen-und-antworten.html schen Energieeinsparung und zusätzli- ersatz von meinem Vermieter zu bekom-

26 MieterEcho 392 Dezember 2017 RECHT UND RECHTSPRECHUNG

AG Schönberg LG Berlin Urteil vom 18.07.2017 Urteil vom 09.03.2017 AZ: 16 C 73/17 AZ: 67 S 7/17

Modernisierung oder Unwirksamkeit einer Mangelbeseitigung Schönheitsreparaturklausel

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Vom Vermieter gestellte Formularklauseln, Hans-Christoph Friedmann in denen die Pflicht zur Durchführung von Schönheitsreparaturen uneingeschränkt 1. Die Kosten eines Balkonanbaus können auf den Wohnraummieter abgewälzt wird, nicht als Modernisierung auf die Miete sind – gemäß §§ 536 Absatz 4 BGB, 307 umgelegt werden, wenn die Wohnung bei Absatz 1, Absatz 2 Nr. 1 BGB – auch dann Anmietung mit einem Balkon ausgestattet unwirksam, wenn die Mietsache dem Mie- war, welcher rund 30 Jahre zuvor wegen ter zu Vertragsbeginn renoviert überlassen Baufälligkeit abgerissen werden musste. wurde. 2. Der Anspruch des Mieters auf Mangel- beseitigung ist nicht verwirkt, wenn er den In einem Mietvertrag vom 12. Juni 2001 Vermieter zur Mangelbeseitigung auffor- fand sich folgende weit verbreitete Klau- dert und diesen Anspruch danach über 30 sel: „Die Kosten der Schönheitsreparatu- Jahre nicht durchsetzt, sondern lediglich ren trägt der – Mieter – Vermieter“ . Das geringfügig die Miete mindert. Wort „Vermieter“ war handschriftlich ge- 3. Eine Verjährung von Mangelbeseitigungs- strichen. Im Jahr 2015 endete das Miet- ansprüchen ist während des laufenden verhältnis, da der Vermieter Eigenbedarf Mietverhältnisses ausgeschlossen. für seinen Sohn geltend machte. Der Mie- ter gab die Wohnung unrenoviert zurück, Die Wohnung einer Mieterin in Schöne- worauf der Vermieter Schadensersatz we- berg war bei Anmietung im Jahr 1970 gen unterlassener Schönheitsreparaturen mit einem Balkon ausgestattet gewesen. in Höhe von 6.345,96 Euro verlangte. Er Wegen Baufälligkeit wurde der Balkon im behauptete, die Wohnung sei dem Mieter Jahr 1982 entfernt. Die Aufforderungen Verfügte eine Wohnung bei Anmietung über einen im Jahr 2001 renoviert übergeben wor- der Mieterin, den Balkon wiederherzustel- Balkon, der später wegen Baufälligkeit abgerissen den. Anders als der Bundesgerichtshof in wird, können die Kosten eines Balkonanbaus in der len, blieben vergeblich. Sie minderte die seiner bisherigen Rechtsprechung hielt Regel nicht als Modernisierungskosten geltend Miete daraufhin über Jahrzehnte hinweg die für Urteile des Amtsgerichts Wedding gemacht werden. Foto: ME geringfügig, was der Vermieter akzeptier- und des Amtsgerichts Mitte zuständige te. Nach einem Eigentümerwechsel im Mietberufungskammer des Landgerichts Jahr 2013 ließ der neue Vermieter wieder Berlin (ZK 67) dies jedoch für unerheblich. einen Balkon anbauen. Er verlangte von nicht ausgehen können. Auch eine Verjäh- Die Klausel sei auch dann unwirksam, der Mieterin einen Modernisierungszu- rung des Instandsetzungsanspruchs der wenn die Wohnung renoviert übergeben schlag von 15,47 Euro. Da die Mieterin die Mieterin verneinte das Amtsgericht un- worden wäre, und begründete ihre Ent- Zahlung dieses Zuschlags verweigerte, ter Hinweis auf die Rechtsprechung des scheidung wie folgt: ließ er ein Gitter anbringen, welches die Bundesgerichtshofs, wonach eine solche 1. Die Klausel verpflichte den Mieter nach Mieterin am Betreten und der Nutzung während des laufenden Mietverhältnisses ihrem Wortlaut zur Kostentragung (der des Balkons hinderte. Die Mieterin klagte nicht möglich ist. Da der Vermieter somit vom Vermieter durchgeführten Schön- auf Entfernung dieses Gitters. Mit Erfolg: nach Auffassung des Amtsgerichts mit heitsreparaturen) und eröffne ihm nicht Das Amtsgericht Schöneberg verurteilte dem Anbau eines neuen Balkons lediglich die Möglichkeit der kostengünstigeren den Vermieter zur Beseitigung des Git- den vereinbarten Zustand der Mietwoh- Selbstvornahme. ters und stellte fest, dass die Mieterin für nung wiederhergestellt hatte, konnte er 2. Selbst wenn man der (nach Auffassung die Dauer der Sperrung des Balkons zur auch keine Modernisierungsumlage von des Landgerichts falschen) Auffassung Minderung ihrer Bruttokaltmiete um 5% der Mieterin verlangen. Die Sperrung des des Bundesgerichtshofs folge, der in ei- berechtigt ist. Es folgte der Auffassung neuen Balkons stellte folglich einen Man- nem Urteil aus dem Jahr 2005 zu dieser des Vermieters nicht, der Anspruch der gel dar, welcher die Mieterin zur Minde- Klausel davon ausgegangen war, dass Mieterin auf Wiederherstellung des ur- rung berechtigte. diese den Mieter nur zur Vornahme von sprünglichen Balkons sei verwirkt. Hier- Schönheitsreparaturen verpflichten solle, für reiche der reine Zeitablauf von mehr Anmerkung: Eine Umlage von Moderni- sei sie wegen unangemessener Benach- als 30 Jahren seit Entfernung des alten sierungskosten käme in einem derartigen teiligung des Mieters ebenfalls unwirk- Balkons nicht aus. Für eine solche An- Fall infrage, wenn der Vermieter einen sam, da sie gegen § 536 Absatz 4 BGB nahme seien vielmehr weitere besondere – im Vergleich zum ursprünglich vorhan- verstoße. Danach sind in Wohnraummiet- Umstände bzw. ein Verhalten der Miete- denen – besseren (insbesondere größe- verträgen Vereinbarungen unwirksam, die rin erforderlich, aus denen der Vermie- ren) Balkon angebaut hätte. Er könnte von den in § 536 Absatz 1 bis 3 BGB gere- ter hätte entnehmen können, dass die dann die tatsächlich angefallenen Kos- gelten Ansprüchen des Mieters auf Minde- Mieterin ihr Recht auf Wiederherstellung ten abzüglich der ersparten Instandset- rung der Miete bei Mängeln der Wohnung des Balkons nicht mehr geltend machen zungskosten (Kosten eines Balkons in ur- zum Nachteil des Mieters abweichen. Die wolle. Da sie jedoch den damaligen Ver- sprünglicher Qualität und Größe) auf die Klausel sei aber dahingehend zu ver- mieter bereits im Jahr des Balkonabrisses Mieterin umlegen. Im vorliegenden Fall stehen, dass dem Mieter diese Gewähr- zur Wiederherstellung aufgefordert und hatte der Vermieter aber nicht behauptet, leistungsrechte (Mietminderung) nicht im Anschluss über Jahrzehnte die Miete dass der neue Balkon irgendeine höhere zustehen, sofern und solange er der ihm gemindert habe, habe er hiervon gerade Qualität als der alte hätte. übertragenen Durchführung der Schön-

MieterEcho 392 Dezember 2017 27 RECHT UND RECHTSPRECHUNG

sungswidriger Weise gegen den Gleich- heitsgrundsatz des Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes verstoße. Zum einen verstoße die in § 556d Absatz 1 BGB vor- genommene Bemessung der zulässigen Neu- und Wiedervermietungsmiete an der ortsüblichen Vergleichsmiete „selbst bei Anlegung eines am Willkürverbot orien- tierten großzügigen Prüfungsmaßstabs“ gegen Artikel 3 Absatz 1 Grundgesetz (GG). Die Regelung belaste die Vermieter in Kommunen mit einer vergleichsweise niedrigen ortsüblichen Vergleichsmiete (z. B. Berlin) wesentlich stärker als solche in Kommunen mit einer hohen ortsüblichen Vergleichsmiete (z. B. München). So läge die durchschnittlich gemäß § 556d Ab- satz 1 BGB zulässige Miete (ortsübliche Miete plus 10%) im Jahr 2016 in Berlin (West) bei 7,14 Euro/m², in München da- „Die Kosten der Schönheitsreparaturen trägt der Mieter“, diese Klausel steht in zahllosen Mietverträgen. Die gegen bei 12,28 Euro/m² und somit rund 67. Kammer des Landgerichts Berlin hält diese Klausel für unwirksam, selbst wenn die Wohnung renoviert 75% darüber. Der Gesetzgeber habe mit vermietet wurde. Ob dieser Auffassung die anderen Mietrechtskammern des Landgerichts und der Bundesge- der Vorschrift den Zweck verfolgt, „die richtshof folgen, ist offen. Foto: Rainer Sturm/Pixelio.de Verdrängung wirtschaftlich weniger leis- tungsfähiger Mieter aus begehrten Wohn- heitsreparaturen nicht nachkommt. Damit zung der Schönheitsreparaturen „der Ver- lagen zu begrenzen und dort Wohnraum weiche sie zum Nachteil des Mieters von kehrssitte“ entspreche. Eine solche gäbe für breitere Bevölkerungsschichten be- § 536 Absatz 1 bis 3 BGB ab und sei da- es im Übrigen nicht, da die dem gesetz- zahlbar zu halten“ . Wenn aber der Ge- mit nach § 536 Absatz 4 BGB zwingend lichen Leitbild widersprechende und die setzgeber der Meinung sei, diese Ziele unwirksam. Die bei einem längeren Miet- kostenmäßig unbegrenzte Abwälzung von mit einer durchschnittlichen Miete von verhältnis zwingend eintretende Renovie- Schönheitsreparaturen keineswegs auch 12,28 Euro/m² in München zu verwirkli- rungsbedürftigkeit einer Wohnung stelle von Mieterseite als „maßgeblich und noch chen, sei es nicht folgerichtig, Vermietern nämlich zweifellos einen Mangel dar, wel- dazu angemessen“ angesehen werde. in Berlin z. B. Mieten über 6,49 Euro/m² zu cher zur Minderung berechtige. Dement- versagen. Eine sachliche Rechtfertigung sprechend habe der Bundesgerichtshof Anmerkung: Nach dieser Rechtsprechung dieser Ungleichbehandlung sei „allen- Klauseln, die den Mieter zur Vornahme dürfte es derzeit keine wirksamen Schön- falls dann in Betracht zu ziehen, wenn die von Kleinreparaturen verpflichten, wegen heitsreparaturklauseln geben. Es bleibt vom Gesetzgeber adressierten einkom- Verstoßes gegen § 536 Absatz 4 BGB für aber abzuwarten, ob die anderen Miet- mensschwächeren Haushalte und Durch- unwirksam erklärt. Nichts anderes könne rechtskammern des Landgerichts Berlin schnittsverdiener“ in Berlin und München für die Verpflichtung zur Vornahme von und der Bundesgerichtshof der Auffas- z. B. über entsprechend unterschiedliche Schönheitsreparaturen gelten. sung dieser Kammer folgen. Einkommen verfügen würden, wofür es 3. Auch aus einem weiteren Grund be- keine Anhaltspunkte gäbe. Zum anderen nachteilige eine solche Klausel den Mieter verstoße § 556d BGB auch deshalb ge- unangemessen. Die Unterscheidung des gen Artikel 3 Absatz 1 GG, weil gemäß Bundesgerichtshofs bezüglich der Wirk- § 556e Absatz 1 BGB ohne sachliche Landgericht Berlin samkeit derartiger „Vornahmeklauseln“ Rechtfertigung diejenigen Vermieter von Beschluss vom 14.09.2017 danach, ob die Wohnung renoviert oder der 10%-Grenze ausgenommen seien, AZ: 67 S 149/17 unrenoviert übergeben wurde, hält das die bereits vorher zu einer über der jetzi- Landgericht für falsch. Die mit der Durch- gen Mietobergrenze liegenden Miete ver- führung der laufenden Schönheitsrepara- Mietpreisbremse (1) mietet hatten. Dies stelle eine ungleiche turen verbundene wirtschaftliche Belas- Behandlung dar, welche ebenfalls gegen tung des Mieters erfordere „nicht anders Die Vorschrift des § 556d Absatz 1 BGB den Gleichheitsgrundsatz verstoße. Der als bei einer unrenoviert überlassenen (sogenannte „Mietpreisbremse“) verstößt Gesetzgeber habe bei diesem Ausnah- Mietsache entweder eine kostenmäßige gegen Artikel 3 Absatz 1 Grundgesetz, da metatbestand den Gesetzeszweck seiner Begrenzung (…) oder die Gewährung sie den Gleichheitsgrundsatz verletzt. Mietrechtsreform aus dem Blick verloren, eines angemessenen Ausgleichs durch „denn dieser lag gerade nicht in der Un- den Vermieter“ . Der tatsächliche und Die 67. Kammer des Landgerichts Berlin terbindung von ‚Preissprüngen‘, sondern wirtschaftliche Aufwand, der mit der Ab- hatte sich im Rahmen einer Berufung ge- in der Marktöffnung für einkommens- wälzung der laufenden Schönheitsrepa- gen ein Urteil des Amtsgerichts Wedding schwächere Bevölkerungsschichten und raturen (einer renoviert vermieteten Woh- mit der Frage der Wirksamkeit der im Jahr in der Verhinderung zunehmender Gen- nung) verbunden ist, geht in der Regel weit 2015 in Kraft getretenen „Mietpreisbremse“ trifizierung“ . Für die Verwirklichung dieser über den einer – auch nach Auffassung (§§ 556d ff BGB) zu befassen. In einem Gesetzesziele seien nicht gegenüber der des Bundesgerichtshofs kompensations- Hinweisbeschluss vom 14. September vorherigen Miete gesteigerte Wiederver- pflichtigen – Anfangsrenovierung hinaus, 2017 teilte die – außer für Wedding auch mietungsmieten schädlich, solange sie weil die Durchführung von Schönheitsre- für Urteile des Amtsgerichts Mitte und einkommensschwache Mieter nicht an paraturen im Laufe eines lange andauern- des Amtsgerichts Tiergarten zuständi- der Anmietung hinderten, dagegen sehr den Mietverhältnisses nicht nur einmalig, ge – Berufungskammer mit, dass nach wohl „stabile Wiedervermietungsmieten sondern mehrfach erforderlich werde. Da- ihrer Überzeugung die Mietpreisbremse (…), die zwar zu keinem ‚Preissprung’ ge- bei spiele es keine Rolle, ob die Abwäl- gleich in zweifacher Hinsicht in verfas- genüber der Vormiete führen, jedoch we-

28 MieterEcho 392 Dezember 2017 RECHTRECHT UNDUND RECHTSPRECHUNGRECHTSPRECHUNG

gen ihrer beträchtlichen absoluten Höhe einkommensschwächere Mieter von ei- ner Anmietung ausschließen oder über ihren Einfluss auf die Bildung der ortsüb- lichen Miete zumindest mittelbar die Ver- drängung von Bestandsmietern fördern“ . Die Regelung widerspreche zudem dem Gerechtigkeitsgedanken. Ausgerechnet diejenigen Vermieter, die bisher zu einer „maßvollen Miete“ vermietet und damit dem Gesetzeszweck der Mietrechtsre- form entsprochen hätten, auch einkom- mensschwachen Mietern die Anmietung von Wohnraum zu ermöglichen, würden gegenüber den Vermietern benachteiligt, Auch wenn die 67. Kammer des Berliner Landgerichts laut eines im September gefassten Beschlusses die die durch maximale Ausschöpfung der Mietpreisbremse für verfassungswidrig hält, bleibt diese Einschätzung wirkungslos, da über die Verfassungsge- am Markt erzielbaren Miete „in ungleich mäßheit eines Gesetzes nur das Bundesverfassungsgericht urteilen kann. Die 65. Kammer des Berliner höheren Maße zu einer Anspannung des Landgerichts hingegen hält die Mietpreisbremse für verfassungskonform. Foto: Chris 73/ Wikipedia betroffenen Wohnungsmarktes beigetra- gen haben“ . Gegen das Urteil hat das Landgericht die zeitnah die sozialpolitisch unerwünschten sondern auf einer wirtschaftlich günsti- Revision zugelassen. negativen Auswirkungen der erheblichen gen Entwicklung der Region, etwa dem Preissteigerungen auf angespannten Woh- Ansehen einer Universität, einer erhöhten Anmerkung: So gerne man den Ausfüh- nungsmärkten zu begrenzen“ . Die Rege- Zuwanderung aufgrund der Wertschät- rungen 67. Kammer des Landgerichts lung greife zwar in das grundgesetzlich zung der Stadt, die auf Ihre Infrastruktur, zur Bestandsschutzregelung für gewohn- verbürgte Eigentumsrecht ein, bestimme ihr Arbeitsmarkt- und/oder Kulturangebot heitsmäßige Mietpreisüberhöher folgen „aber in verfassungsrechtlich zulässiger und viele andere Gründe zurückzuführen möchte, bleibt doch offen, weshalb dann Weise dessen Inhalt und Schranken“ . Ar- ist“ . Damit hätten aber Leistungen der All- nicht nur § 556e BGB, der diesen Be- tikel 14 des Grundgesetzes (GG) gewähr- gemeinheit und nicht Investitionen oder standsschutz regelt, verfassungswidrig leiste nicht nur das Eigentum, sondern sonstige Leistungen der Vermieter zu einer sein soll, sondern gleich die ganzen als stelle darüber hinaus die Forderung einer Steigerung der Verwertungsmöglichkeiten „Mietpreisbremse“ bekannten Regelun- am Gemeinwohl ausgerichteten Nutzung ihres Eigentums geführt. Es könne daher gen der §§ 556d bis 556g BGB. des Privateigentums auf. Dies schließe verfassungsrechtlich nicht beanstandet das Gebot der Rücksichtnahme auf die werden, „wenn die Allgemeinheit über die Belange derjenigen ein, die auf die Nut- verfassungsrechtliche Rückbindung des zung des betreffenden Eigentumsgegen- Eigentums an Gemeinwohlbelange dem stands angewiesen sind. Der Wohnung von den Leistungen der Allgemeinheit in als Mittelpunkt der privaten Existenz kom- besonderer Weise profitierenden Vermie- Landgericht Berlin me dabei „als Eigentumsobjekt ein erheb- ter (…) Kürzungen zumutet, ohne ihm die Urteil vom 29.03.2017 liches sozialpolitisches Gewicht zu“ , da wirtschaftliche Verwertung seines Eigen- AZ: 65 S 424/16 der überwiegende Teil der Bevölkerung tums zu nehmen“ . Das mit der gesetz- auf die Anmietung von Wohnraum zur lichen Regelung verfolgte Ziel sei auch Mietpreisbremse (2) Deckung dieses existenziellen Bedarfs legitim. Es solle den in prosperierenden angewiesen sei. Vor diesem Hintergrund Städten aktuell starken Mietanstieg bei Die Vorschriften des §§ 556d ff BGB (soge- habe das Bundesverfassungsgericht be- der Wiedervermietung von Bestandswoh- nannte „Mietpreisbremse“) sowie die auf reits vielfach klargestellt „dass die Mög- nungen begrenzen. Der mangelbedingte dieser Grundlage erlassene Mietenbegren- lichkeit, ohne jede Verzögerung sofort Mietanstieg beeinflusse das Mietniveau zungsverordnung Berlin vom 28. April 2015 und in voller Höhe die Marktmiete zu er- in den betroffenen Gebieten „insgesamt sind verfassungskonform. halten, durch Artikel 14 Absatz 1 Satz 1 und längerfristig, über die ortsübliche Ver- GG nicht garantiert“ sei. Das Grundgesetz gleichsmiete letztlich auch die Höhe der Die (derzeit für Berufungen gegen Urtei- habe dem Gesetzgeber insoweit vielmehr Bestandsmieten“ . Dieser Entwicklung sol- le des Amtsgerichts Neukölln zuständi- einen großen Gestaltungsspielraum ein- le die Regelung vorübergehend und räum- ge) 65. Kammer des Landgerichts Berlin geräumt. Eine zwischenzeitliche Einbuße lich begrenzt entgegenwirken, bis die zur kommt in ihrer Entscheidung zum ent- des Vermieters an Verwertungsmöglich- Abhilfe eingeleiteten Maßnahmen (Be- gegengesetzten Ergebnis und stellt fest, keiten würde demnach das Grundgesetz kämpfung des Wohnungsmangels) Wir- dass die Mietpreisbremse verfassungs- erst verletzen, wenn dies die Wirtschaft- kung entfalten. Legitim sei auch das Ziel, konform ist. Sie führt in ihren Entschei- lichkeit der Vermietung ernstlich infrage „den Anreiz zu vermindern, Bestandsmie- dungsgründen aus, dass es Zweck des stelle. Es gebe jedoch keine Anhalts- ter zu verdrängen, weil große Mietsteige- Gesetzes sei, durch die vorübergehende punkte dafür, dass die Wirtschaftlichkeit rungen bei Abschluss eines neuen Miet- Regulierung der Wiedervermietungs- der Vermietung dadurch infrage gestellt vertrags nicht mehr möglich sind“ . Die mieten, wozu es die Landesregierungen würde, dass es Vermietern zeitlich und „Mietpreisbremse“ verstoße auch nicht ermächtigt, „den durch die Mangellage örtlich begrenzt nicht möglich sei, so- gegen den Gleichheitssatz nach Artikel 3 verursachten Preisanstieg (zu) dämpfen, fort die Miete zu erzielen, die der Markt Absatz 1 GG. Vermieter, die auf den ent- bis die Maßnahmen der jeweiligen Lan- aufgrund seiner angespannten Situati- sprechenden Märkten agieren, würden desregierung greifen, die den Ursachen on hergibt. In Berlin (z. B.) beruhten die gleichbehandelt. Ungleichbehandlungen, begegnen und Abhilfe schaffen sollen“ . sprunghaften Anstiege der Mieten und wie beispielsweise durch den Bestands- Dies schaffe, was der Gesetzgeber auch damit einhergehend die ebenso sprung- schutz bereits höherer Vormieten, beruh- gesehen habe, zwar keinen zusätzlichen hafte Wertsteigerung der Immobilien ten auf einem sachlichen Grund und seien Wohnraum, sei aber erforderlich, „um „nicht auf einer Leistung des Vermieters, noch nicht als „sachwidrige Differenzie-

MieterEcho 392 Dezember 2017 29 RECHT UND RECHTSPRECHUNG

rung“ anzusehen. Dies habe das Bundes- verfassungsgericht beispielsweise 1974 bezüglich der Begrenzung der Mieterhö- hung auf die ortsübliche Vergleichsmiete bereits entschieden, obwohl der Gesetzge- ber dort die Erhöhung der Miete nur für be- stehende Mietverhältnisse, nicht jedoch für Neuvermietungen gebunden hatte. Die 65. Kammer des Landgerichts vertrat in ihrem Urteil zudem die Auffassung, dass die „Mietbegrenzungsverordnung Berlin“

vom 28. April 2015 von der gesetzlichen Matthias Coers Foto: Ermächtigung in § 556d Absatz 2 BGB gedeckt und damit wirksam ist. Die Revision gegen dieses Urteil hat das Landgericht nicht zugelassen.

Anmerkung: An anderer Stelle in seinem Urteil verweist das Landgericht auch auf die Entscheidung des Bundesverfas- sungsgerichts zur Kappungsgrenze vom Kinderlärm, der aus einem altersgerecht üblichen kindlichen Verhalten resultiert, ist in der Regel „als sozial 4. Dezember 1985 (AZ: BVerfGE 71, 230). adäquat hinzunehmen“. Bei einem Fall mit erheblichem Kinderlärm und einem brüllenden Familienvater sah Diese hielt das Bundesverfassungsge- der BGH jedoch das hinzunehmende Maß als überschritten an und hielt für wiederkehrende Beeinträchti- richt für verfassungsgemäß, obwohl auch gungen durch Lärm eine Beschreibung anstatt eines Protokolls für ausreichend. Foto: Heike Berse/Pixelio.de dort der Einwand der 67. Kammer (siehe oben unter „Mietpreisbremse 1“) zuträfe, Schreie sowie durch lautstarke und ag- dersprach der Bundesgerichtshof in seiner dass der bisher zu moderaten Preisen gressive familiäre Auseinandersetzungen, Entscheidung vehement, hob das Urteil vermietende Vermieter durch diese Re- unter anderem mit lautem Schreien des der 67. Kammer auf und wies die Sache gelung härter getroffen wird, da die Kap- Familienvaters. Dies trete nicht nur gele- zur erneuten Verhandlung an eine an- pungsgrenze den Erhöhungsspielraum gentlich, sondern manchmal mehrmals dere Kammer des Berliner Landgerichts nicht absolut, sondern bezogen auf die täglich für die Dauer von 1 bis 4 Stunden zurück. Es treffe zwar zu, dass nach all- bisherige Miete begrenzt. auf. Der Lärm sei sogar bei Verwendung gemeiner Auffassung in einem Mehrfamili- Es bleibt abzuwarten, welche der unter- von Ohrstöpseln noch hör- und spürbar, enhaus gelegentlich auftretende Lärmbe- schiedlichen Auffassungen der beiden Töpfe wackelten durch die Erschütterun- einträchtigungen grundsätzlich „als sozial Kammern des Landgerichts sich durch- gen in den Regalen, die Schallübertra- adäquat hinzunehmen“ seien und deshalb setzt und wie gegebenenfalls der Bundes- gung über die Bauteile sei heftig und als nicht automatisch einen Mangel darstel- gerichtshof bzw. das Bundesverfassungs- andauerndes Wummern zu hören und zu len würden. Hierzu zähle auch üblicher gericht die „Mietpreisbremse“ beurteilen. spüren. Besucher übernachteten daher Kinderlärm. Es seien daher einerseits Ge- inzwischen nicht mehr in ihrer Wohnung. räusche, „die ihren Ursprung in einem al- Auch die in der Wohnung über der Fami- tersgerecht üblichen kindlichen Verhalten lie lebende Mieterin könne den Lärm trotz haben, gegebenenfalls auch unter Inkauf- BGH Schwerhörigkeit selbst ohne Hörgerät nahme erhöhter Grenzwerte für Lärm und Beschluss vom 22.08.2017 wahrnehmen. entsprechender Begleiterscheinungen kindli- AZ: VIII ZR 226/16 Die 67. Kammer des Landgerichts Berlin chen Verhaltens, grundsätzlich hinzuneh- hielt die Klage der Mieterin für unbegrün- men“ . Andererseits habe auch die inso- det. Es vertrat die Auffassung, dass die weit zu fordernde „erhöhte Toleranz“ ihre Kinderlärm von der Mieterin in ihrer Wohnung wahr- Grenzen, welche im Einzelfall nach Art, nehmbare „Geräusch- und Erschütte- Dauer, Qualität und Zeit der Geräusche, a) Zur Rücksichtnahmepflicht unter Mie- rungskulisse“ nicht das normale Maß des des Alters der Kinder sowie der Vermeid- tern bei (Kinder-)Lärm aus der Nachbar- in einer Mietwohnung sozial Zumutbaren barkeit durch erzieherische – gegebenen- wohnung eines Mehrfamilienhauses. überschreite und damit keinen Mangel falls auch bauliche – Maßnahmen zu be- b) Bei wiederkehrenden Beeinträchtigun- darstelle. Zudem handele es sich bei dem stimmen seien. gen durch Lärm bedarf es nicht der Vor- Haus um mit öffentlichen Mitteln geför- Das entsprechende Vorbringen der Miete- lage eines detaillierten Protokolls. Es derten Wohnraum. Von Mietern solcher rin habe das Landgericht in wesentlichen genügt vielmehr grundsätzlich eine Be- Wohnungen sei ein höheres Maß an „Ge- Teilen übergangen, wonach der von den schreibung, aus der sich ergibt, um welche räuschtoleranz“ zu erwarten, da sie ins- Kindern wie auch vom Vater der Familie Art von Beeinträchtigung es geht und zu besondere auch für Familien mit Kindern ausgehende Lärm jedes noch irgendwie welchen Tageszeiten, über welche Zeitdau- attraktiv seien, weil auf dem freien Markt hinzunehmende Maß überschritten hat- er und in welcher Frequenz diese ungefähr in Berliner Innenstadtlagen kaum bezahl- te. Dabei habe das Landgericht auch zu auftreten. bare Wohnungen vorhanden seien. Zu- Unrecht Störungszeiträume, für die kein dem seien die Lärmprotokolle der Mieterin Lärmprotokoll vorlag, außer Betracht ge- Die Mieterin einer Wohnung in Tiergar- lückenhaft, für einige Monate fehle jeder lassen. Bei wiederkehrenden Beeinträch- ten machte Minderungs- und Mangelbe- Vortrag zu konkreten beeinträchtigenden tigungen durch Lärm bedürfe es nämlich seitigungsansprüche gegenüber ihrem Ereignissen. Die vorgetragenen Belästi- nicht der Vorlage eines Protokolls. „Es ge- Vermieter geltend. Seit dem Einzug einer gungen seien von Mietern als ein Schritt nügt vielmehr eine Beschreibung, aus der Familie mit zwei kleinen Kindern in die der natürlichen Entwicklung von Kindern sich ergibt, um welche Art von Beeinträch- über ihr gelegene Wohnung komme es hinzunehmen und entsprächen normaler tigung es geht und zu welchen Tageszei- fast täglich zu massiven Störungen durch Wohnnutzung. ten, über welche Zeitdauer und in welcher heftiges Stampfen, Springen, Poltern und Dieser Beurteilung des Landgerichts wi- Frequenz diese ungefähr auftreten“ .

30 MieterEcho 392 Dezember 2017 Von Weihnachten bis Silvester bleiben die Beratungsstellen bis auf Ausnahmen geschlossen. Für unaufschiebbaren Beratungsbedarf in Eilfällen sind die geöffneten Beratungsstellen angegeben.

BETRIEBSKOSTENBERATUNG TELEFONBERATUNG Auf unserer Website www.bmgev.de finden Sie einen Betriebskostenrechner Telefonische Kurzberatung für Mitglieder der Berliner MieterGemeinschaft sowie zahlreiche Tipps rund um die Betriebskostenabrechnung. ist nur bei allgemeinen und einfachen rechtlichen Fragen möglich, die keine Zusätzlich zur Beratung in allen anderen Beratungsstellen werden Betriebs- Einsicht in Unterlagen erfordern. Bitte nennen Sie zu Beginn des Anrufs Ihre kostenabrechnungen in folgenden Beratungsstellen überprüft: Mitgliedsnummer (Sie finden diese im Adressfeld Ihres MieterEchos) und Ihren Namen. Fassen Sie sich bitte im Interesse weiterer ratsuchender Mitglieder Dienstag 11 bis 13 Uhr, Neukölln kurz. Es empfiehlt sich, vor dem Anruf die Fragen zu notieren. Auch kann die Sonnenallee 101, Beratungsstelle der Berliner MieterGemeinschaft Kurzberatung zur Vorbereitung auf eine Beratung in der Beratungsstelle Freitag 13 bis 16 Uhr, Kreuzberg nützlich sein. Möckernstraße 92, Geschäftsstelle der Berliner MieterGemeinschaft Die telefonische Kurzberatung erreichen Sie über die Telefonnummern 030 - 21002571 und 030 - 21002572 zu folgenden Zeiten: Bitte bringen Sie zu den Beratungen die aktuelle und die vorherige Betriebs- Dienstag 15 bis 17 Uhr kostenabrechung sowie den Mietvertrag mit. Donnerstag 15 bis 17 Uhr (auch am 28.12.2017) Freitag 14 bis 16 Uhr (auch am 29.12.2017)

SOZIALBERATUNG VORMITTAGSBERATUNG Auskünfte von Jurist/innen und Sozialarbeiter/innen zu sozialrechtlichen Fra- Mittwoch 10 bis 12 Uhr, Neukölln (auch am 27.12.2017) gen sowie Unterstützung beim Ausfüllen von Anträgen auf ALG II, Beratungs- Sonnenallee 101, Beratungsstelle der Berliner MieterGemeinschaft oder Prozesskostenhilfe. Donnerstag 10 bis 12 Uhr, Kreuzberg (auch am 28.12.2017) Montag 16 bis 18 Uhr*, Neukölln Möckernstraße 92, Geschäftsstelle der Berliner MieterGemeinschaft Sonnenallee 101, Beratungsstelle der Berliner MieterGemeinschaft Freitag 10 bis 13 Uhr, Neukölln (auch am 29.12.2017) tercüman bulunmaktadır Sonnenallee 101, Beratungsstelle der Berliner MieterGemeinschaft Dienstag 19 bis 20 Uhr, Kreuzberg Freitag 10.30 bis 12.30 Uhr, Prenzlauer Berg (auch am 29.12.2017) Möckernstraße 92, Geschäftsstelle der Berliner MieterGemeinschaft Fehrbelliner Straße 92, Nachbarschaftshaus Mittwoch 13 bis 16 Uhr, Neukölln (auch am 27.12.2017) Zusätzlich bieten wir für Mitglieder, die aus beruflichen Gründen verhindert Sonnenallee 101, Beratungsstelle der Berliner MieterGemeinschaft sind, die regulären Beratungsstellen aufzusuchen, jeden Dienstag und Freitag Freitag 15 bis 17 Uhr*, Neukölln (auch am 29.12.2017) von 11 bis 13 Uhr in der Möckernstraße 92 eine mietrechtliche Sonnenallee 101, Beratungsstelle der Berliner MieterGemeinschaft Beratung an. Für diese Beratung ist eine telefonische Anmeldung unter 030 - 2168001 erforderlich. * Nur für Mitglieder der Berliner MieterGemeinschaft. Bringen Sie als Nachweis über Ihre Mitgliedschaft das aktuelle MieterEcho auf Ihren Namen oder einen Zahlungsbeleg mit. HAUSVERSAMMLUNGEN Von Verkauf, Sanierung oder Umwandlung sind oft mehrere Mietparteien eines Hauses, wenn nicht sogar die gesamte Mieterschaft betroffen. Wenn sich die Mieter/innen zusammentun, können sie sich besser wehren und ihre eige- BEZIRKSGRUPPENTREFFEN nen Interessen gegenüber dem Vermieter durchsetzen. Deshalb empfiehlt die Friedrichshain Jeden 3. Montag im Monat, 20 Uhr Berliner MieterGemeinschaft, dass die Mieter/innen Hausversammlungen Mieterladen, Kreutziger Straße 23 durchführen, um sich auszutauschen, zu informieren und eine gemeinsame Strategie zu entwickeln. Wenn mindestens ein/e Mieter/in des Hauses Mitglied Kreuzberg Jeden 1. Donnerstag im Monat, 19 Uhr ist, kann die Berliner MieterGemeinschaft diese Hausversammlungen mit Infor- Geschäftsstelle der Berliner MieterGemeinschaft, Möckernstraße 92 mationen und Ratschlägen unterstützen. Informationen und Kontakt telefonisch unter 030 - 21002584. Lichtenberg Jeden 1. Montag im Monat, 18 Uhr Kiezspinne, Schulze-Boysen-Straße 38 Neukölln Jeden letzten Montag im Monat, 19 Uhr Beratungsstelle, Sonnenallee 101 VOR-ORT-BÜROS Prenzlauer Berg Jeden 1. Donnerstag im Monat, 20 Uhr Hier finden Sie Informationen, Tipps, Kontakte und haben die Möglichkeit der Christburger Straße 29 Berliner MieterGemeinschaft beizutreten. In den Vor-Ort-Büros findet keine Rechtsberatung statt. Rechtsberatung erfolgt Wedding Jeden 2. Mittwoch im Monat, 19 Uhr ausschließlich durch Rechtsberater/innen in den dafür ausgewiesenen Tageszentrum Wiese 30, Wiesenstraße 30 Beratungsstellen (siehe hintere Umschlagseite). Folgende Bezirksgruppen treffen sich unregelmäßig: Hellersdorf Marzahn, Schöneberg, Spandau, Tempelhof Mittwoch, 18 bis 19 Uhr, Albert-Kuntz-Straße 58 Ort und Termin der Treffen bitte erfragen unter 030 – 21002584. Mittendrin leben e.V., - u Louis-Lewin-Straße ; 195 Aktuelle Termine unter: www.bmgev.de/verein/bezirksgruppen.html Lichtenberg Bei den Bezirksgruppentreffen findet keine Rechtsberatung statt. Rechtsbera- Jeden 2. Donnerstag im Monat, 16 bis 18 Uhr, Erich-Kuttner-Straße 31b tung erfolgt ausschließlich durch Rechtsberater/innen in den dafür ausgewie- Nachbarschaftstreff Quatschtrommel senen Beratungsstellen (siehe hintere Umschlagseite). i Landsberger Allee, Storkower Straße Ee M5, M6, M8 ; 156

MieterEcho 392 Dezember 2017 31 Unsere Beratungsstellen

In allen Beratungsstellen werden Sie als Mitglied der Berliner MieterGemeinschaft von Rechtsanwält/innen­ beraten, die auf Mietrecht spezialisiert sind. Bringen Sie als Nachweis über Ihre Mitgliedschaft das aktuelle MieterEcho auf Ihren Namen oder einen Zahlungsbeleg mit.

Von Weihnachten bis Silvester bleiben die Beratungsstellen bis auf Ausnahmen geschlossen. Für unaufschiebbaren Beratungsbedarf in Eilfällen sind die mit * gekennzeichneten Beratungsstellen vom 27. bis 29.12.2017 geöffnet.

Charlottenburg Lichtenberg Prenzlauer Berg Tempelhof ■ ■ Dienstag 17 bis 18.30 Uhr ■ Montag 18 bis 19 Uhr ■ Montag 17.30 bis 18.30 Uhr Montag 18.30 bis 19.30 Uhr Sophie-Char­ ­lotten-Straße 30 A, abw gGmbH/ Frankfurter Allee 149 Fehrbelliner Straße 92 Kaiserin-Augusta-Straße 23, Kirchen- Sprachschule, Vorderhaus, 3.OG, Raum 301, - 1. OG, Bibliothek Nachbarschaftshaus, - (bitte Türöffner am gemeinde Alt-Tempelhof, Bücherstube i Westend ; 309, 145 u und i Frankfurter Allee Klingeltableau benutzen) u Kaiserin-Augusta-Straße u Rosa-Luxemburg-Platz, Rosenthaler Platz ; 170, 184, 246 ■ Donnerstag 18 bis 19 Uhr ■ Mittwoch 17.30 bis 18.30 Uhr Ee M1, M8, M12 ; 240 Mierendorffplatz 19, Ecke Lise-Meitner-Straße jeden 2. und 4. Mittwoch im Monat Haus am Mierendorffplatz Anton-Saefkow-Platz 14, 1. OG ■ Montag 18.30 bis 19.30 Uhr u Mierendorffplatz Anton-Saefkow-Bibliothek, - Oderberger Straße 50, Kiez-Kantine Tiergarten u und i Jungfernheide ; M27, X9 i Storkower Straße u Eberswalder Straße Ee M5, M6, M13, M16 Ee M1, M10, M12 ; 240 ■ Donnerstag 18 bis 19 Uhr Stephanstraße 43, BürSte-Haus am ■ Donnerstag 18 bis 19 Uhr ■ Dienstag 18.30 bis 19.30 Uhr Esmarchstraße 18 * Paechbrunnen. Friedrichshain Einbecker Straße 85, 4. OG Durchgang zwischen Moa-Bogen und Ev. Kirche Geschäftsstelle der Volkssolidarität Bürgerverein Pro Kiez e. V. ■ Montag 18 bis 20 Uhr Ee M4, M10 ; 200 u Birkenstraße i Westhafen Kreutzigerstraße 23, Mieterladen­ , - u Friedrichsfelde u und i Lichtenberg ; M27, 123 u Samariterstraße Ee 21 ■ Mittwoch 18.30 bis 19.30 Uhr Greifenhagener Straße 28 ■ Donnerstag 19 bis 20 Uhr Sonntags-Club e. V. Kreutzigerstraße 23, Mieterladen,­ - Marzahn u und i Schönhauser Allee Treptow u Samariterstraße Ee 21 M1, M13, 12, 50 * Ee ■ Mittwoch 18 bis 19 Uhr ■ Montag 18 bis 19.30 Uhr Dörpfeldstraße 54, Jugendhilfe Alt-Marzahn 30a, Lebensnähe e. V. ■ Donnerstag 18.30 bis 20 Uhr Jablonskistraße 20, Einhorn gGmbH * Treptow-Köln e.V., Alte Schule Kontakt- und Begegnungsstätte i Adlershof Ee 60, 61 Hellersdorf (bitte klingeln) * Ee M2, M10 i Marzahn Ee M6, M8, 18 ■ ■ Mittwoch 18.30 bis 19.30 Uhr ■ Freitag 10.30 bis 12.30 Uhr Freitag 18 bis 19 Uhr ; X 54, 154, 192, 195 Karl-Kunger-Straße 55 jeden 2. und 4. Mittwoch im Monat Fehrbelliner Straße 92 Laden von „Loesje” Albert-Kuntz-Straße 58 Nachbarschaftshaus, - (bitte Türöffner am * Treptower Park 194, 171 Mittendrin leben e.V., - Klingeltableau benutzen) i ; u Louis-Lewin-Straße Ee 195 u Rosa-Luxemburg-Platz, Rosenthaler Platz Ee M1, M8, M12 ; 240 Mitte Wedding Hohenschönhausen ■ Mittwoch 19 bis 20 Uhr Tucholskystraße 32, Ecke Auguststraße ■ Donnerstag 18 bis 19 Uhr ■ Mittwoch 17.30 bis 18.30 Uhr Wiesenstraße 30, Tageszentrum Wiese 30 Neustrelitzer Straße 63 * Comic-Bibliothek „Bei Renate“ Reinickendorf i Oranienburger Straße, Hackescher Markt u und i Wedding * Bürgerinitiative Ausländische MitbürgerInnen e. V. ■ Dienstag 18.30 bis 19.30 Uhr u Nauener Platz i Humboldthain Ee M5, M16 ; 256 u Oranienburger Tor, Weinmeisterstraße Ee M1, M6 ; 240 Alt-Tegel 43 Seniorenfreizeitstätte, Clubraum, - i Tegel u Alt-Tegel Weißensee Köpenick ■ Dienstag 18 bis 19 Uhr Neukölln ■ Montag 17 bis 19 Uhr Bizetstraße 75, Ecke Herbert-Baum-Straße Wilhelminenhofstraße 42b, BIZO ■ Montag 13 bis 18 Uhr Berliner Stadtmission, - i Schöneweide weiter mit Ee 63 oder 67 Sonnenallee 101 Schöneberg Ee M4, M13, M12 ; 255 u Rathaus Neukölln ; M41, 104, 167 ■ ■ Donnerstag 18 bis 19 Uhr saat 16 dan 18'e kadar Montag 16:30 bis 17:30 Uhr Puchanstraße 9, Rabenhaus e.V., - tercüman bulunmaktadır Kurfürstenstraße 130, Berliner Aids-Hilfe e.V., - i Köpenick ; X69, 269, 164 u Nollendorfplatz ; M19, M29, 100, 106, 187 Wilmersdorf ■ Montag 19 bis 20 Uhr Ee 60, 61, 62, 63, 68 ■ 18.30 bis 19.30 Uhr Fritz-Reuter-Allee 50 Dienstag ■ Montag 18.30 bis 19.30 Uhr Cranachstraße 7, Sozialstation, - Seniorenfreizeitstätte Bruno Taut Wilhelmsaue 119, Nebentrakt des Kirchen- i Friedenau ; 187, 246 u Blaschkoallee, Parchimer Allee gebäudes, links vom Kircheneingang, - ; M46, 171 ■ Donnerstag 19 bis 20 Uhr u Blissestraße ; 101, 104, 249

Kreuzberg Kurfürstenstraße 130, Berliner Aids-Hilfe e.V., - ■ Dienstag 18.15 bis 19.15 Uhr u Nollendorfplatz ; M19, M29, 100, 106, 187 ■ Montag 19 bis 20 Uhr Hobrechtstraße 55, Zugangsweg neben dem Bergmannstraße 14 Spielplatz, Nachbarschaftsladen „elele” Zehlendorf Stadtteilausschuss Kreuzberg e.V. u Hermannplatz u Gneisenaustraße,­ Mehringdamm ; M29, M41, 171, 194 ■ Mittwoch 18 bis 19 Uhr Kirchstraße 1/3, Rathaus Zehlendorf

■ Mittwoch 16 bis 17.30 Uhr ■ Mittwoch 10 bis 12 und 16 bis 19.30 Uhr Spandau Raum bitte beim Pförtner erfragen Möckernstraße 92, Ecke Yorckstraße Sonnenallee 101 ■ Mittwoch 19 bis 20 Uhr i Zehlendorf u Möckernbrücke, Mehringdamm, * u Rathaus Neukölln ; M41, 104, 167 Mauerstraße 6, Kulturhaus Spandau ; M48, X10, 101, 112, 115, 118, Yorckstraße i Yorckstraße ; M19 * u und i Spandau 184, 285, 623 tercüman bulunmaktadır ■ Freitag 10 bis 17 Uhr Sonnenallee 101 ■ Donnerstag 10 bis 12 Uhr * u Rathaus Neukölln ; M41, 104, 167 Möckernstraße 92, Ecke Yorckstraße Die angegebenen Beratungszeiten * u Möckernbrücke, Mehringdamm, gelten für das laufende Quartal und Yorckstraße i Yorckstraße ; M19 Steglitz in der Regel auch darüber hinaus. ■ Donnerstag 18.15 bis 19 Uhr ■ Montag 18.30 bis 19.30 Uhr Dennoch können mitunter Ände- Mehringdamm 114 Pankow Osdorfer Straße 121, Arbeiterwohlfahrt rungen auftreten. Um sicher zu * Familienzentrum, Raum 403a, 2. Stock - Zugang über den Parkplatz gehen, können Sie gern unsere u Platz der Luftbrücke ■ Dienstag 18.30 bis 19.30 Uhr i Osdorfer Straße ; 112, 186 Schönholzer Straße 10, Eingang Mitte Geschäftsstelle unter 030 - 2168001 ■ Freitag 18 bis 19 Uhr 2. OG, Bücherstube, Stadtteilzentrum Pankow ■ Mittwoch 19 bis 20 Uhr anrufen (oder siehe www.bmgev.de/ Adalbertstraße 95A, Nachbarschafts- und Familienzentrum, - Schildhornstraße 85a beratung/beratungsstellen.html). * Gartenhaus, Kotti e.V. u und i Pankow i Wollankstraße * Bezirksgeschäftsstelle Die Linke u Kottbusser Tor ; M29,140 Ee M1 ; 107, 155, 250, 255 u Schloßstraße ; 282 Bitte beachten Sie auch unsere Serviceangebote auf Seite 31.