rheinform Informationen für die rheinischen Museen

rheinschrift Museum Insel Hombroich Kunst parallel zur Natur rheinblick Das Museum neu denken Zur Wiedereröffnung des Clemens Sels Museums Neuss rheingehen „himmelwärts“. Religiöses Leben an Rhein und Maas Kulturgeschichtliches Museumsnetzwerk Niederrhein präsentiert neues Themenjahr

01/2015 www.rheinform.lvr.de 2 rheinform Inhalt

rheinform Editorial 6

rheinschrift Fachartikel ■ Museum Insel Hombroich, Neuss Frank Boehm Museum Insel Hombroich – Kunst parallel zur Natur 7

■ Skulpturenpark Waldfrieden, Wuppertal Michael Mader Der Skulpturenpark Waldfrieden in Wuppertal 12

■ Skulpturenpark Köln Dr. Boris Stoffel Der Skulpturenpark Köln – Ein Skulpturenmuseum in der freien Natur 15

■ Skulpturensammlung Viersen Dr. Albert Pauly Die „Skulpturensammlung Viersen“ 18

■ Schlosspark Stammheim Dr. Romana Breuer Schlosspark Stammheim 22

■ Das SEEWERK, Moers Claudia Rinke Das SEEWERK in Moers Privatinitiative und Forum für zeitgenössische Kunst 25

rheinblick Museumsportraits ■ Clemens Sels Museum Neuss Dr. Uta Husmeier-Schirlitz Das Museum neu denken Zur Wiedereröffnung des Clemens Sels Museums Neuss 29

weitere Museumsportraits Heimatmuseum, Wesel-Bislich: Dauerausstellung aktualisiert und erweitert (34) ■ Burg Rode, Herzogenrath: Einrichtung einer Dauerausstellung auf Burg Rode im Rah- men des Projektes „VIA Erlebnisraum-Römerstraße“ (34) ■ Museum Abteiberg, Mön- chengladbach: Neue Präsentation der Sammlung (35) ■ Deutsches Röntgen-Museum, Remscheid: Fortschritt durch Spezialisierung – Röntgentechnik im 20. Jahrhundert: Das neue Schauarchiv (35) ■ DIZeum Ledigenheim Lohberg: Das Dokumentations- und Informationszentrum Ledigenheime (35) ■ NS-Dokumentationsstelle der Stadt Krefeld (Villa Merländer): Die erste Stufe der überarbeiteten Ausstellung ist abge- schlossen (36) ■ MKM Museum Küppersmühle für Moderne Kunst, : Neue Räume mit Werken von Anselm Kiefer und Peter Brüning (37)

rheinform 01/2015 Inhalt rheinform 3

rheingehen Sonderausstellungen ■ Kulturraum Niederrhein e.V., Kempen Dr. Britta Spies „himmelwärts“. Religiöses Leben an Rhein und Maas Kulturgeschichtliches Museumsnetzwerk Niederrhein präsentiert neues Themenjahr 38

■ LVR-Industriemuseum Oberhausen Nicole Scheda „Ist das möglich?“ Eine Experimentierausstellung für Kinder, Jugendliche und Familien 41

rheinfeiern Jubiläen ■ Kreissparkasse Köln, Sammlung Geldgeschichte Norbert Mersch M.A. Kölner Stadtgeschichte(n) – eine numismatische Zeitreise Jubiläumsausstellung der Sammlung Geldgeschichte der Kreissparkasse Köln – 60 Jahre „Das Fenster“ 44

weitere Jubiläen 10 Jahre: Kölner Karnevalsmuseum (49) ■ 20 Jahre: Kulturzentrum Sinsteden des Rhein-Kreises Neuss (49) ■ 25 Jahre: Papiermuseum Düren (50) ■ 30 Jahre: Schiff- fahrtMuseum Düsseldorf im Schlossturm (50) ■ 50 Jahre: Heimatmuseum Windeck / Museumsdorf Altwindeck (51)

rheinkommen und gehen Personalia ■ LVR-Museumsberatung, Köln Dr. Norbert Kühn In memoriam Dr. Alfons W. Biermann Gründungsdirektor des Rheinischen Museumsamtes verstorben 52

weitere Personalia Stiftung Insel Hombroich, Neuss: Frank Boehm ist neuer Geschäftsführer (54) ■ NRW-Forum, Düsseldorf: Landeshauptstadt beruft Alain Bieber zum neuen Leiter (54) ■ Historisches Zentrum der Stadt Remscheid: Zum Abschied von Dr. Urs Diederichs (55)

rheinform 01/2015 4 rheinform Inhalt

rheinschnuppern Kurznachrichten LVR-Industriemuseum, St. Antony-Hütte, Oberhausen: Die St. Antony-Hütte fürs Smartphone (56) ■ „BildungsParCour“: Die App der Bildungspartner NRW (56) ■ LVR-Freilichtmuseum Kommern: Leben im Container (57) ■ MKM Museum Küp- persmühle für Moderne Kunst, Duisburg: Erweiterungsbau für das MKM beschlos- sen (57) ■ Stiftung Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf: Umstrittenes Gris-Gemälde – Kunstsammlung NRW ruft Limbach-Kommission an (58) ■ Stiftung Neanderthal Museum, Mettmann: Tickets und Talk im Web (58) ■ Stiftung Schloss Dyck, Jüchen: Rekordbesucherzahlen und positive Bilanz der letzten Jahre (58) ■ Schokoladenmuseum, Köln: 76.409 Besucherinnen und Besucher im August 2014 – Rekord! (59) ■ Frauenmuseum, Bonn: Gabriele Münter Preis wird erneut ausgelobt (59) ■ DANKE* : „200 Jahre Preußen am Rhein“ (59)

rheinlesen Publikationen Anthony Cragg: Dinge im Kopf / Things on the Mind (61) ■ René Küng – Kunst und Natur: Eine lebenslange Beziehung (61) ■ form follows nature: Eine Geschichte der Natur als Vorbild für Formgebung in Ingenieurbau, Architektur und Kunst (62) ■ Präventive Konservierung: Ein Leitfaden (62) ■ Zur Ethik des Bewahrens: Konzepte, Praxis, Perspektiven (63) ■ DEAKZESSION: Chancen und Risiken bei der Abgabe von Sammlungsgut (63) ■ Die Praxis des Sammelns: Personen und Institutionen im Fokus der Provenienzforschung (64) ■ Ethik im Museum: Ein Kit für Museumsfach- leute (64) ■ Die Musealisierung der Gegenwart: Von Grenzen und Chancen des Sam- melns in kulturhistorischen Museen (64) ■ Experimentierfeld Museum: Internationale Perspektiven auf Museum, Islam und Inklusion (65)

rheinfinden Termine 3. – 6. Mai 2015 (So-Mi): „Die Biografie der Objekte. Provenienzforschung weiter denken“ Jahrestagung des Deutschen Museumsbunds e.V. in Kooperation mit der Kulturstiftung der Länder (66) ■ 17. Mai 2015 (So): 38. Internationaler Museumstag (66) ■ 1. Juni 2015 (Mo): XII. Rheinischer Museumstag (67)

rheindenken Fortbildungen 27./28. April 2015 (Mo/Di): An einem Strang: Organisation von multi-disziplinären Teams in Museen. Ein Workshop zu Methoden einer effektiven Nutzung des kreativen Potentials von Projektgruppen (68) ■ 7. Mai 2015 (Do): Kultur-Blog – planen, ein- richten, loslegen (68) ■ 11./12. Mai 2015 (Mo/Di): MAI-Tagung – „museums and the internet“ (68) ■ 15. – 17. Mai 2015 (Fr-So): Das Wilde Denken. Praktische Versuche zu dialogreichen Querverbindungen zwischen Exponaten (69) ■ 19. Mai 2015 (Di): „Ohne Moos nichts los!” – Geschäftsmodelle für Kultureinrichtungen (69) ■ 1. – 3. Juni 2015 (Mo-Mi): Generationen im Museum. Handreichungen für unvergessliche Begegnungen im Museum (70)

rheinform 01/2015 Inhalt rheinform 5

rheinschauen Ausstellungen ■ LVR-Fachbereich Kultur, Köln Thilo Martini “Wegen Relaunch geschlossen!“ Der Ausstellungskalender jetzt tagesaktuell im Internet 71

rheinform Impressum 72

rheinform 01/2015 6 rheinform Editorial

Liebe Leserinnen, liebe Leser, liebe Kolleginnen und Kollegen!

In dieser Ausgabe widmen wir uns dem Thema „Kunst & Natur“. Naturräume bieten – wild wuchernd oder künstlich angelegt und gepflegt – eine enorme Formenvielfalt, von der sich Kunstschaffende, aber auch Architekten seit Jahrhunderten inspirieren lassen. Unsere Autorinnen und Autoren folgen dabei gewissen Leitfragen, z. B.: Wie können Kunst und Natur eine Verbindung eingehen, wie kann diese aussehen und für Menschen erlebbar werden? Anhand ausgewählter Institutionen der rheinischen Museumslandschaft werden beispielhaft die besonderen Qualitäten einer Präsentation im nicht-urbanen Außenraum vorgestellt. Dabei kommen wir verschiedenen kuratorischen und künstlerischen Heran- gehensweisen auf die Spur. Sie erfahren, was das Museum Insel Hombroich unter „Kunst parallel zur Natur“ versteht und wie fünf unterschiedliche Skulpturenparks im Rheinland die zumeist großformatigen Exponate immer wieder aufs Neue, u.a. in Anbetracht der Jahreszeiten, in Beziehung zur Natur setzen. Wir freuen uns, wenn wir Ihnen mit diesem Thema einen anregenden Einblick in den “musealen“ Außenraum bieten können. Als Einstimmung auf den Frühling macht Ihnen die Ausgabe hoffentlich Lust auf Kunsterfahrungen in der Natur. Weiterführende Informationen zum Thema „Kunst & Natur“ finden Sie unter „Extra 1/2015“ auf unserer Internetseite: www.rheinform.lvr.de. Wie gewohnt, finden Sie in unseren bekannten Rubriken Informationen zu Neueröff- nungen, Jubiläen und Sonderausstellungen. Das Clemens Sels Museum Neuss öffnet am 17. Mai 2015, passend zum 38. Internationalen Museumstag, wieder seine Türen für die Öffentlichkeit. Die Geldgeschichtliche Sammlung Köln feierte ihr 60-jähriges Bestehen, und das LVR-Industriemuseum in Oberhausen lädt mit der Wanderausstellung „Ist das möglich?“ Kinder und Jugendliche zum Experimentieren ein.

Mit der Zeitschrift wollen wir das Museumsleben im Rheinland begleiten, kommentieren und damit die bestehenden Service-Angebote der LVR-Museumsberatung ergänzen. Zu- gleich soll die Zeitschrift auch Ihr Forum für neue Gedanken und Entwicklungen sein. Wir hoffen, Ihnen hiermit ein informatives und zeitgemäßes Medium bereit zu stellen und freuen uns auf Ihre Rückmeldungen sowie auf viele weitere spannende Themen aus den rheinischen Museen!

Ihre Redaktion

rheinform 01/2015 Editorial | Seite 6 bis 6 rheinschrift 7 Fachartikel

Museum Insel Hombroich Kunst parallel zur Natur Frank Boehm

Bild 1: Graubner Pavillon, begehbare Skulptur, Erwin Heerich, 1984 (© Tomas Riehle/Arturimages, Nachlass Erwin Heerich/Stiftung Insel Hombroich)

„Vielleicht ist die Insel nur zu erleben, nicht den Landschaftsplaner Bernhard Korte 1 zu beschreiben.“ sowie die Künstler Erwin Heerich, Anatol Frank Boehm Herzfeld und Gotthard Graubner früh in das 1987 eröffnete der Düsseldorfer Sammler Projekt einzubinden, macht Müller deutlich, ist Architekt und seit Oktober 2014 Karl-Heinrich Müller (1936–2007) das Mu- dass es ihm um „ein Netz von Menschen, Geschäftsführer der 2 seum Insel Hombroich in Neuss. Das kom- Vorstellungen und Arbeit“ geht. Stiftung Insel Homb- plexe Zusammenspiel aus Kunstsammlung, Der ebenfalls dem Museum eng verbun- roich. Er studierte an außergewöhnlichen Bauten und unter- dene Philosoph Walter Biemel unterstreicht der RWTH Aachen, schiedlich gestalteten Landschaften ist die Bedeutung einer unauflösbaren, unhie- der Kunstakademie Budapest sowie an der einzigartig und international wegweisend rarchischen Verbindung einer Vielzahl von Hochschule der Künste (Bild 1). Elementen und Akteuren. Heidegger zitie- in Berlin. In Köln rend, eröffnet Biemel außerdem ein weite- arbeitete Frank Boehm Idee res Thema: „Der Ort versammelt zu sich für das Büro Prof. Peter ins Höchste und Äußerste. Das Versam- Kulka und in Wien bei Prof. Adolf Krischanitz. Müller hat eine Bemerkung von Paul Cézan- melnde durchdringt und durchwest alles. Im Jahr 2000 gründete ne zum Leitmotiv des von ihm initiierten Der Ort, das Versammelnde, holt zu sich er das studioboehm Ortes abgewandelt. Die Vorstellung einer ein, verwahrt das Eingeholte, aber nicht in Mailand. Seit 2006 „Kunst parallel zur Natur“ definiert Gleich- wie eine abschließende Kapsel, sondern beriet Boehm die „Deut- zeitigkeit und Gleichberechtigung; es wäre so, daß er das Versammelnde durchscheint sche Bank Collection eine grobe Vereinfachung, hier lediglich an und durchleuchtet und dadurch erst in sein Italy” und war 2012 3 Direktor der MiArt - eine Gegenüberstellung von Kunstwerken Wesen entläßt.“ Die Institution bildet ei- Messe für moderne und einerseits und Flora und Fauna anderer- nen Rahmen innerhalb dessen (Kunst- und zeitgenössische Kunst in seits zu denken. Mit der Entscheidung, Bau-) Werke, Landschaft und Personen Mailand.

Frank Boehm | Museum Insel Hombroich | Seite 7 bis 11 rheinform 01/2015 8 rheinschrift Fachartikel

Bild 2: Brücke zur Gewohnheiten hinterließ kaum manifeste Hohen Galerie, mit Spuren. Die Erinnerung an ihn prägt aber Skulpturen von Erwin die Imagination in der Bevölkerung von Heerich Hombroich als „verschlossenem Garten“6. (© Tomas Riehle/Arturi- Haus und Garten waren verlassen und ver- mages, Nachlass Erwin wildert als Müller das Grundstück erwarb. Heerich/Stiftung Insel In den folgenden zwanzig Jahren kaufte Hombroich) Müller weitere 40 Grundstücke und ergänz- te so in den neunziger Jahren das Museum Insel Hombroich um die Raketenstation Hombroich und das Kirkeby-Feld.

Sammlung

Karl-Heinrich Müller besaß bereits mit 19 Jahren eine Sammlung einiger tausend Ek- tachrome von Bildern des Mittelalters bis zur Neuzeit. Mit seinen Erfolgen in der Immo- bilienbranche wuchs seine Kunstsammlung, die er bis zu seinem Tod ausbaute. Werke unabhängig voneinander bleiben, aber in von Rembrandt van Rijn, Jean Fautrier, ihrem Zusammentreffen gleichzeitig dar- Lovis Corinth, Alexander Calder, Hans Arp, über hinausweisen, eine Heterotopie, wie Henri Matisse, Yves Klein, Francis Picabia, Foucault eine solche „realisierte Utopie“4 Kurt Schwitters und Gotthard Graubner ge- genannt hat. hören ebenso dazu wie Khmer-Skulpturen Die Unabhängigkeit der einzelnen Pa- und archäologische Stücke. Zum Sammeln villons und ihre gleichrangige Anordnung über viele Jahre hinweg sagte er in einem auf dem Gelände, die Schaffung einzelner Interview mit dem ihm nahestehenden Arbeiten für diesen Ort und die Hängung Schriftsteller Thomas Kling: „Nachher hat der Sammlung in einer dauerhaften Anord- man vielleicht ein System, das sich durch nung bilden eine in dieser Form weltweit Bereinigung entwickelt hat. (...) Man säu- erste Realisierung der von Künstlern und bert vielleicht ein, zwei und drei Mal und Theoretikern in dieser Zeit postulierten es wird immer klarer, was dazu passt und Idealanforderungen an eine ortsspezifische was nicht. Das kann immer etwas sein, was und „offene“ Präsentation von Kunst.5 zeitlich scheinbar nicht zusammenpasst – aber es passt eben durch die Zeitlosigkeit Ort der Objekte zusammen.“7 Die Sammlung besteht aus mehreren umfangreicheren Um seine Ideen umzusetzen, hatte Karl- Blöcken, die im Bereich der Moderne und Heinrich Müller lange nach einem geeig- Gegenwart an einzelnen Künstlern, nicht an neten Ort gesucht und wurde schließlich Themen orientiert ist. in Neuss, also nur wenige Kilometer von seiner Heimatstadt Düsseldorf entfernt, Architektur fündig. Als er 1982 das erste Grundstück mit einer 1816 erbauten Villa, dem Rosa Der damalige Professor für Bildhauerei an Haus, erwarb, hatte Hombroich bereits eine der Düsseldorfer Akademie, Erwin Heerich, Geschichte als gestaltete Landschaft. baute im Laufe der Jahre zehn begehbare Noch heute erinnert ein Gedenkstein im Skulpturen als Ausstellungspavillons für das Keller der Villa daran, dass diese für die Fa- Museum. Sie sind Tageslichtbauten, die zu milie de Weerth erbaut wurde. Die Wupper- jeder Tages- und Jahreszeit eine andere taler Industriellenfamilie hat sich hier einen Stimmung erzeugen. Mit ihren geometri- Landsitz errichten und einen Park nach eng- schen Formen, den Backstein-Fassaden und lischem Vorbild von Maximilian Weyhe ge- den Glasdächern sind sie keine Zweckbau- stalten lassen. 1900 wurde der Park durch ten, sondern eigene Kunstwerke. In der das Graben eines Erftumlaufes zur Insel ersten Bauphase entstanden im alten Park Hombroich. Der folgende Besitzerwechsel die Orangerie, der Graubner Pavillon und zu einem Herrn Lensing mit exzentrischen die Hohe Galerie (Bild 2). Das langgestreck- rheinform 01/2015 Frank Boehm | Museum Insel Hombroich Fachartikel rheinschrift 9 te Gebäude dient als eine Art Schleuse Dessen verwilderte Strukturen hatte zwischen der später angelegten Auenland- Korte einst wieder freigelegt und mit An- schaft und dem alten Park. Von der Aue pflanzungen ergänzt. Zu seinem Pflanzen- kommend, gehen die Besucher durch eine konzept erklärt er: „Hombroich als Heimat Lücke in einer dichten Fichtenreihe auf die für die aus allen Ländern herbeigeholten große Tür in der Backsteinwand zu, begeg- Pflanzen war bedroht; das belegt eine Kar- nen innerhalb der weißen Wände und unter tierung der Gehölze. Einheimische Pflanzen dem Glasdach Granitskulpturen von Erwin wie Eschen, Ahornbäume, Holunder und Heerich und gelangen schließlich über eine Brennnesseln erstickten exotische Arten Brücke zum verwunschen wirkenden, alten wie Sumpfzypresse, Platane, Zerreiche, Park. Säbeltanne, Hemlocktanne, Tulpen- und Zwischen 1984 und 1988 vollzog sich Trompetenbaum, Robinie, Amberbaum, eine zweite Entwicklungsphase, in der die Scheinzypresse, Lebensbaum, Zeder, Pa- ersten von in der Folge mehreren vom Bild- vie, Christusdorn und Schnurbaum. Der hauer Erwin Heerich entworfenen Gebäude Gehölzkartierung folgte eine behutsame entstanden: das Labyrinth als größter Aus- baumpflegerische Behandlung – im Bereich stellungspavillon und der Turm. Letzterer der Besucherwege etwas stärker und im ei- ist eine begehbare Skulptur mit Glastüren gentlichen Bestand nur sehr zurückhaltend. in alle vier Himmelsrichtungen. Im Sommer Es wurde vor allem eingegriffen, um die schmeicheln hohes Gras und Laubbäume Konkurrenz auszugleichen; die bloße Weg- der kubischen Form, wohingegen in der nahme einer Esche etwa aus rein formal- Winterlandschaft seine geometrische Klar- ästhetischen Kriterien unterblieb.“13 heit hervorsticht. Mit einem Pumpsystem legte Korte 1993 wurde die dritte Phase mit der Er- künstlich Wasserflächen an, deren natürli- richtung der Ausstellungspavillons Schne- ches Vorkommen er in alten Karten und auf cke, Tadeusz-Pavillon und Zwölf-Räume- Luftbildern entdeckte. Korte sah im Muse- Haus abgeschlossen. um Insel Hombroich „die wohl einmalige Chance, in einer durch den Braunkohleta- Landschaft gebau weithin veränderten und teilweise zerstörten Region wieder eine ideale Land- „Respektierung der Natur durch alle, weit schaft mit Flüssen und Weihern, mit um- über das Maß hinaus, das heute üblich ist, fangreichen Neupflanzungen und bunten, gibt dem Inselgedanken Sinn.“8 sinnenfrohen Wiesen zu schaffen – eine wirkliche Lebensgemeinschaft von Pflan- Karl-Heinrich Müller wollte die Kunst mit zen, Tieren und Menschen.“14 Neben dem anderen Menschen teilen, und dabei war alten Park und der Auenlandschaft schuf ihm von Anfang an klar, dass er sie in der Korte die etwas höher gelegene Terrasse, Natur zeigen würde. Die Natur sah er als mit Bauerngarten sowie einer Maronen- „Partner“. Sie „muss darin ihr volles Recht und Lindenallee (Bild 3). Hier, zwischen haben. So wie die Architektur ihr Recht da- zwei Linden, fand Karl-Heinrich Müller 2007 rin haben soll, so wie die Kunst ihr Recht seine letzte Ruhestätte. hat. So erwarten wir eben auch, dass die Pflanze und das Tier sich da wohl fühlen. Und dann entstand auch die Vorstellung, dass der Mensch, der ja die ganze Sache anlegt, darin auch beweglich sein kann“9, sagte er. Auf keinen Fall wollte er ein „stati- sches Museum“10, vielmehr strebte er einen „offenen Versuch“11 an. Nach Bernhard Korte „sind sich der Kunstbereich und der Naturbereich vor allem in der Auseinandersetzung gleich: die Rückführung auf grundlegende Erfah- rungen und fragende Ansätze und schließ- Bild 3: Auenlandschaft lich das bestimmte Handeln, so das Anle- im Frühling gen eines Gartens, das jede Beliebigkeit (© Tomas Riehle/Arturi- ausschließt.“12 mages)

Frank Boehm | Museum Insel Hombroich rheinform 01/2015 10 rheinschrift Fachartikel

Bild 4: Zwölf-Räume- so ein eigenes Gesamtkunstwerk. Bis zu Haus mit Werken von seinem Tod im Mai 2013 lebte und arbeitete Bart van der Leck Graubner in einem Atelier- und Wohnhaus (© Tomas Riehle/Arturi- am Rand von Museum Insel Hombroich. mages) Mit Skulpturen aus Stein, Eisen und Holz hat der Beuys-Schüler Anatol Herzfeld auf dem gesamten Gelände seine Spuren hin- terlassen. Der Düsseldorfer Bildhauer und Maler nennt sich stolz „Insulaner der ersten Stunde“. Einst kam er auf Einladung Mül- lers nach Hombroich und ist in seinem für ihn errichteten Atelier in einer ehemaligen Scheune noch immer tätig, wo er die Be- gegnung mit den Besuchern pflegt. Auch Heerich hatte sein Atelier auf der Insel, das Heerich-Archiv befindet sich heute auf der Raketenstation. Unter dem Motto „Hombroich: freiwil- lig“ trifft sich seit vielen Jahren einmal im Das 23 ha große Museumsgelände gilt Monat eine Gruppe von Helfern, die je nach als Landschaftsschutzgebiet und wird von Jahreszeit Brennnesseln zupfen, Weiden nur zwei hauptamtlichen Gärtnern gepflegt, schneiden oder auch die Brombeerhecken die nach dem Prinzip des willentlichen Un- zurückschneiden. Dieses tatkräftige, eh- terlassens vorgehen. Das heißt, dass sie so renamtliche Engagement gehört auch zum viel wie nötig und so wenig wie möglich in Wesen von Hombroich. das natürliche Wachstum eingreifen. Ihre Das Museum Insel Hombroich zieht so- Aufgabe ist es, die Natur genau zu beob- wohl Menschen an, die sich für Kunst inte- achten und bewusst zu entscheiden, wann ressieren, als auch Naturliebhaber. „Wenn und wie sie eingreifen. „Die Inselnatur ist einer nur wegen der einen Sache kommt, kein andersartiger Park für Menschen, son- wird er auch von der anderen Sache be- dern eine Heimstatt für Tiere und Pflanzen, rührt. Beide Bereiche befruchten sich ge- denen der Mensch begegnen kann. Nicht genseitig“17, resümierte Müller. Der stetige der private Garten, sondern die Natur für Wechsel zwischen Innen und Außen, zwi- alle, Pflanzen, Tiere und Menschen, wird schen Kunst und Natur ist wie zwischen gesucht und gehegt. Ein scheinbares Chaos Ein-und Ausatmen, zwischen An- und Ent- und Überwuchern unter den Pflanzen ist ein spannung (Bild 4). Prozess, der nicht abgetötet wird, sondern dem man möglichst große Freiheit lässt“15, Orientierung fasste Müller das Konzept zusammen. Ein Besuch von Museum Insel Hombroich Menschen ist eine Entdeckungsreise. Jeder kann hier seinen eigenen Weg finden, als einzige Ori- „Sie bauen kein gemeinsames Haus, son- entierungshilfe dient ein Plan, der an der dern sind ihren Gemeinsamkeiten ver- Kasse ausgegeben wird. pflichtet. In sich stabil, verwischen sie nicht Nicht nur auf den Wegen, sondern auch ihre persönlichen Grenzen.“16 in den Ausstellungspavillons gibt es keine Schilder, keine Beschriftungen. Die Besu- Karl-Heinrich Müller sammelte nicht nur cher können ihre eigenen Bezüge herstellen Kunst, er pflegte auch einen engen Kontakt und werden dabei nicht von Hinweistafeln zu Künstlern. Der Maler und Düsseldorfer belehrt und gelenkt. Wer mehr Erläuterung Akademieprofessor Gotthard Graubner be- möchte, kann den Katalog befragen oder riet ihn beim Aufbau seiner Sammlung und von Februar bis November an jedem ers- war enger Vertrauter bei der Entwicklung ten Sonntag im Monat an einer öffentlichen von Museum Insel Hombroich. Er übernahm Führung durch Künstler teilnehmen sowie die Präsentation der vielseitigen Samm- ganzjährig private Führungen buchen. lung, inszenierte die unterschiedlichen Einzelstücke zu einem Ganzen und schuf rheinform 01/2015 Frank Boehm | Museum Insel Hombroich Fachartikel rheinschrift 11

Stiftung MUSEUMS-INFO „Menschen, die da waren, brachten neue Menschen – es entstand eine ganz natür- Museum Insel Hombroich liche Vernetzung, wie in der Natur. Da ist Minkel 2 erst nichts und plötzlich ist Wachstum da.“18 41472 Neuss

Tel.: 02182 887-4000 Die Idee des Miteinanders unterschiedlicher Mail: [email protected] Künste und Künstler setzte Müller mit dem Web: www.inselhombroich.de Ausbau der Raketenstation Hombroich und dem Kirkeby-Feld in Nachbarschaft zum Museum fort. Die Bauten des dänischen Anmerkungen Bildhauers Per Kirkeby dienen als Ausstel- lungsräume, die die Besucher nur über ei- 1 Müller, Karl-Heinrich: Hombroich – ein nen Feldweg erreichen können. Eingebettet offener Versuch, S. 35, in: Stiftung in die Natur, stehen auf der Raketenstation Insel Hombroich (Hg.), 7. Aufl. 2014, Hombroich neben den umgebauten Nato- S. 35–37. Bauten außergewöhnliche Gebäude von Ta- 2 Müller, Karl-Heinrich, a.a.O. S. 35. dao Ando, Alvaro Siza, Raimund Abraham 3 Heidegger, Martin: Unterwegs zur und Erwin Heerich. Sie bieten Wohn-, Ar- Sprache, Pfullingen 1959, S. 37, beits- und Ausstellungsraum für Literaten, zitiert nach Biemel, Walter: Das Musiker, Maler und Bildhauer. Es ist ein Ort Geschehen der Wahrheit, S. 8–9, in: für Begegnungen. Stiftung Insel Hombroich (Hg.), a.a.O. 1997 bündelte Müller Museum Insel S. 8–10. Hombroich, Kirkeby-Feld und Raketenstati- 4 Foucault, Michel: Andere Räume, on Hombroich unter Beteiligung des Landes 1967. Nordrhein-Westfalen in der Stiftung Insel 5 Daniel Buren und Donald Judd for- Hombroich, die seitdem sein Werk fortführt. mulierten die Notwendigkeit, Werke fest an einem Ort zu verankern. Remy Zaugg forderte eine Wegführung, die das gezielte Betrachten einzelner Werke ermöglicht. 6 Korte, Bernhard: Insel Hombroich, 1988, S. 4. 7 Kling, Thomas / Müller, Karl-Heinrich: Energien/Synergien, Kunststiftung NRW, 2004, S. 13. 8 Müller, Karl-Heinrich, a.a.O. S. 35. 9 Domradio, Interview, 2006. 10 Kling, Thomas, a.a.O. S. 51. 11 Müller, Karl-Heinrich, a.a.O. S. 35. 12 Korte, Bernhard: Insel Hombroich, 1988, S. 10/11. 13 Korte, Bernhard, a.a.O. S. 11/12. 14 Korte, Bernhard: Topos, S. 56, in: Stiftung Insel Hombroich (Hg.), 7. Aufl. 2014, S. 54–60. 15 Müller, Karl-Heinrich, a.a.O. S. 36/37. 16 Müller, Karl-Heinrich, a.a.O. S. 35. 17 Domradio, Interview, 2006. 18 Kling, Thomas, a.a.O. S. 37.

Frank Boehm | Museum Insel Hombroich rheinform 01/2015 12 rheinform Fachartikel

Der Skulpturenpark Waldfrieden in Wuppertal Michael Mader

Der Skulpturenpark Waldfrieden liegt in- Waldfrieden, das der Architekt Franz Krau- mitten des Waldgebietes Christbusch auf se gleich nach dem Zweiten Weltkrieg für einem der Hügelkämme, die das Tal der den Unternehmer Kurt Herberts entwickel- Wupper säumen. Obwohl das Gelände von te. Im Zentrum dieses Vorhabens stand der Wuppertals Stadtzentren Elberfeld und Bar- Bau einer zweigeschossigen Villa, die 1947 men ungefähr gleich weit entfernt ist und bis 1950 auf den Grundmauern eines vom Hauptbahnhof aus binnen fünf Minu- kriegszerstörten Vorgängerbaus errichtet ten erreicht werden kann, scheint man die wurde. Ihre Formsprache ist im Inneren Stadt hinter sich zu lassen, sobald man das dynamisch auf die Bewegungen der Bewoh- schwere Haupttor im anthroposophischen ner abgestimmt, während die Außengestalt Stil passiert. Entlang der steilen Serpenti- organisch in Landschaft und Naturraum nenstraße, die zum Eingangsgebäude des eingefügt ist.“1 Park und Villa Waldfrieden Parks führt, sind einzelne Skulpturen des wurden aufgrund ihrer architektur- und britischen Bildhauers Tony Cragg platziert. sozialgeschichtlichen Bedeutung in den Bereits hier fällt auf, dass der Skulptu- 1990er Jahren unter Denkmalschutz ge- renpark durch die Umnutzung einer histo- stellt und waren seit 1992 unbewohnt rischen Parkanlage entstanden ist, deren (Bild 1). Struktur und Charakter den Ort noch heute Der Erhalt des Gebäudeensembles prägt. „Die Geländegestaltung und Garten- Waldfrieden, das neben der Villa auch anlage waren Teil des Gesamtkonzepts ein Wohnhaus für Dienstboten umfasst,

Michael Mader wurde 1979 in Jena geboren. Nach dem Abschluss eines Studi- ums der freien Kunst an der Hochschule für Bildende Künste in Dresden, absolvierte er ein Masterstudium am Zentrum für Internatio- nales Kunstmanagement CIAM in Köln. Seit 2009 ist er als Ge- schäftsführer des Skulp- turenparks Waldfrieden Bild 1: Die Villa Waldfrieden, im Vordergrund ist eine Skulptur von Jean Dubuffet zu sehen. tätig. (© Cragg Foundation, 2014, Fotograf: Charles Duprat) rheinform 01/2015 Michael Mader | Der Skulpturenpark Waldfrieden in Wuppertal | Seite 12 bis 14 Fachartikel rheinform 13

Bild 2: Blick auf eine der Ausstellungshallen des Skulpturenparks. (© Cragg Foundation, 2014, Fotograf: Charles Duprat)

ist der privaten Initiative des in Wupper- Der Skulpturenpark Waldfrieden zählt tal lebenden Bildhauers Tony Cragg zu zu den wenigen Privatmuseen weltweit, die verdanken. Das verlassene Anwesen bot durch einen Künstler von internationaler die geeigneten Voraussetzungen für die Bedeutung gegründet und gestaltet wur- Verwirklichung seines Vorhabens, einen den. Es ist insofern naheliegend, dass Tony Ausstellungsort für Skulptur inmitten der Craggs Werke den Sammlungsschwerpunkt bergischen Landschaft zu schaffen: „Die bilden. Dennoch geht es ihm nicht nur da- Topografie des Bergischen Lands mit Wald rum, sein eigenes Oeuvre zu präsentieren. und Wiesen, das leicht Rollende, das erin- Vielmehr soll dem Publikum die Möglichkeit nerte mich an den Storm King Sculpture geboten werden, verschiedene Positionen Parc in Mountainville, in der Nähe von New der Bildhauerei des 20. und 21. Jahrhun- York […] Ich sah dort unter anderem Wer- derts kennen zu lernen. „Es sollen hier nicht ke von David Smith und Donald Judd und nur Arbeiten von mir gezeigt werden. […] hatte die Idee, dass es fantastisch wäre, Mir ist die Bildhauerei sehr wichtig. Das, wenn der Blick aus meinem Fenster auf so was die Menschen allgemein mit Material einen Park hinausginge.“2 machen, ist allgemein dem Utilitarismus Im Jahr 2006 erwarb Tony Cragg das unterworfen. Alles, was wir herstellen, be- Grundstück aus Privatbesitz und ließ den ruht auf kleinsten gemeinsamen Nennern. Baubestand und das Parkgelände umge- In der Kunst aber geht es nicht primär um stalten und umfassend sanieren. Die er- Kosten oder um den Rezipienten – es geht forderlichen Neubauten wurden unter um den experimentellen Umgang mit dem Berücksichtigung der historischen Dimen- Material, um die Suche nach einer neuen sion des Ortes in die bestehende Anlage Sprache, nach Formerlebnissen. Auch mit integriert. In den Jahren nach der Eröff- einer kleinen Produktion kann das große nung des Skulpturenparks im September Ganze beeinflusst werden. Die Geschichte 2008 folgten weitere Baumaßnahmen, um der Bildhauerei der vergangenen 120 Jah- die verfügbare Ausstellungsfläche zu ver- re ist ‚explosiv‘ – viele Künstler haben sie größern. Heute können die Besucher eine entscheidend mitgestaltet. Ich finde es eine Sammlung von 36 Außenskulpturen inmit- sehr spannende Aufgabe, einem Publikum ten eines 14 ha großen Parkwaldes besich- den Zugang dazu zu verschaffen.“3 tigen. Darüber hinaus veranstaltet die Im Sinne dieser Zielsetzung wurde ei- gemeinnützige Stiftung, die als Trägerin nerseits der Sammlungsbestand des Skulp- des Skulpturenparks fungiert, regelmäßig turenparks in den vergangenen Jahren Wechselausstellungen in zwei Gebäuden sukzessive erweitert. Andererseits konnten mit einer Gesamtfläche von 400 m² zahlreiche Wechselausstellungen, darunter (Bild 2). so namhafter Künstler wie Eduardo Chillida,

Michael Mader | Der Skulpturenpark Waldfrieden in Wuppertal rheinform 01/2015 14 rheinform Fachartikel

Richard Long, John Chamberlain oder Jean Tinguely, realisiert werden. Die konzepti- INFORMATION onellen Entscheidungen in Bezug auf das Ausstellungsprogramm werden dabei von Skulpturenpark Waldfrieden Tony Cragg persönlich getroffen. Auch die Hirschstraße 12 Dauerausstellung des Parks, die sich parallel 42285 Wuppertal zum Wachstum der Sammlung fortwährend Tel.: 0202 4789812 0 verändert, wird bis hin zu formalen Details Mail: mail@skulpturenpark- der Präsentation von Tony Cragg gestaltet. waldfrieden.de Die Auswahl des Standortes jeder Skulptur Web: www.skulpturenpark- richtet sich dabei einerseits nach deren äs- waldfrieden.de thetischer Wirkung im jeweiligen Umfeld, andererseits muss die „Dramaturgie“ der gesamten Ausstellung berücksichtigt wer- sich keine Anzeichen einer „Gartengestal- den. Angestrebt wird eine Konfiguration, tung“ im Sinne des Versuchs, die Land- die sowohl eine optimale Kunstrezeption, schaft durch eine effektvolle Bepflanzung als auch die ungestörte Wahrnehmung reizvoller zu machen. Der Anspruch, ein der landschaftlichen Schönheit des Parks Landschaftskunstwerk zu erschaffen, liegt ermöglicht (Bild 3). Tony Cragg fern. Stattdessen werden die Denn das 14 ha große Areal umfasst Voraussetzungen für die nachhaltige Ent- Gebiete mit sehr verschiedenartiger Ge- wicklung des Waldökosystems geschaffen, ländeform und Vegetation. Während im um den Skulpturenpark als Ort zu erhalten, unmittelbaren Umfeld der Villa Waldfrieden der eine ganzheitliche ästhetische Erfah- große Rasenflächen, Beete und exotische rung ermöglicht, in welcher „die Wahr- Baumarten den Charakter des Parks be- nehmung der Kunst in die Naturerfahrung stimmen, ist der östliche Grundstücksteil eingebunden und nicht von ihr zu trennen“ Bild 3: Zwei Werke von einem Buchenmischwald bedeckt. Am ist.4 von Tony Cragg, im Südrand fällt das Gelände zu einem Tal hin Vordergrund „Points of steil ab. Hier bilden wilde Obstbäume als Anmerkungen View“ und im Hinter- Überreste einer alten Gartenbepflanzung grund „Declination“, eine Streuobstwiese. Dass diese vielfältige 1 Carmen Klement: Der Skulpturenpark als Teil der Daueraus- Flora und Fauna für Tony Cragg mehr als Waldfrieden. Ein Museumsführer, stellung des Skulptu- nur eine Kulisse zur Präsentation von Skulp- Wuppertal 2012, S. 5. renparks. turen ist, zeigt schon allein sein Wunsch, 2 Tony Cragg im Gespräch mit Jørg (© (Tony Cragg) VG die verschiedenen Baumarten des Parks Himmelreich (unveröffentlicht). BILD-KUNST Bonn, mit einer botanischen Ausschilderung zu 3 Ebd. 2014, Fotograf: Charles versehen. Obwohl sämtliche Grünanlagen 4 Carmen Klement: Der Skulpturenpark Duprat) mit großer Sorgfalt gepflegt werden, finden Waldfrieden, Ein Museumsführer, Wuppertal 2012, S. 34.

rheinform 01/2015 Michael Mader | Der Skulpturenpark Waldfrieden in Wuppertal rheinschrift 15 Fachartikel

Der Skulpturenpark Köln Ein Skulpturenmuseum in der freien Natur Dr. Boris Stoffel

Der Skulpturenpark Köln ist ein Ort des und emotionale Bereicherung durch den unmittelbaren Erlebens von Gegenwarts- intensiven Umgang mit den Skulpturen zu- skulptur. Ausschließlich der Präsentation wachsen soll […] [und] dort auf dem Wege und Vermittlung eines breiten Spektrums der Privatinitiative mit Wohlwollen und Hilfe zeitgenössischen skulpturalen Schaffens der Stadt einen öffentlichen, für jedermann gewidmet, trägt er seinem Gründungsge- unentgeltlich zugänglichen Skulpturenpark danken seit seiner Eröffnung im Jahr 1997 ins Leben zu rufen.“1 Es war weiterhin der in Form der kontinuierlichen Ausrichtung Wunsch, „dass sich für den Besucher im von Ausstellungen in der Reihe „Köln- Heraustreten aus dem urbanen Leben mit Skulptur“ Rechnung. Bislang sind in einem seiner dem Alltag angehörenden Hektik fast biennalen Rhythmus sieben Ausstel- in einem nahezu insularen Bereich eine lungen unter wechselnder Kuratorenschaft Sensibilisierung für das Schöne einstellen ausgerichtet worden, die Werke von vielen möge. Es sollte ein Raum spezifischen Erle- nationalen und internationalen, sowohl bens werden, welches in der Symbiose von etablierten als auch jungen, Künstlern zeig- Kunst und Natur seine Wurzeln hat, viel- ten (Bild 1). leicht auch, […] ein Raum, der zum Nach- Seine Entstehung im Jahr 1997 ver- denken anregt und in andere Dimensionen dankt der Skulpturenpark Köln der Idee, des Denkens weist, als die "Nur-Natur“ es Leidenschaft und Privatinitiative des Köl- tut. Ein Raum, den man reicher verlässt, ner Sammlerehepaares Dr. Michael (gest. als man ihn betreten hat.“2 2005) und Dr. Eleonore (gest. 2007) Stof- Besonders bei der Ausstellungseröff- fel, die mit Hilfe und Unterstützung der nung KölnSkulptur #6 erinnerte der Ku- Dr. Boris Stoffel Stadt Köln, von Freunden, Förderern und rator Dr. Friedrich Meschede daran, dass Sponsoren ihre Vision des Skulpturenparks „der Skulpturenpark Köln in seiner Art eine Jahrgang 1963, Studium Köln in die Realität umgesetzt hatten. Da- einzigartige Anlage ist. […] Er ist ein Areal der Agrarwissenschaften an den Universitäten bei war es der Wunsch des Sammlerehe- für sich, ohne eine öffentliche Sammlung, Bonn und München. paares Stoffel, dass „in der Abgeschlossen- ohne einen weiterführenden Park. Alles ist Promotion zum Dr. agr. heit des Parks dem Besucher eine geistige – „auf Sichtweite“, wie Walter Grasskamp Ing. an der TU München im Jahr 1993. Heute Ge- schäftsführer eines gro- ßen deutschen Biotech- nologieunternehmens in Bergisch Gladbach. Als Vorsitzender der gemeinnützigen Stiftung Skulpturenpark Köln engagiert er sich ehren- amtlich seit 2007 für die Fortführung der Ausstel- lungsreihe KölnSkulptur sowie den Erhalt des Parks. Dr. Boris Stoffel ist Neffe des Kölner Sammlerehepaares Dr. Michael (†2005) und Bild 1: Parkansicht Dr. Eleonore (†2007) (© Stiftung Skulpturenpark Köln, 2015, Fotograf: Veit Landwehr, bildpark.net) Stoffel.

Dr. Boris Stoffel | Der Skulpturenpark Köln | Seite 15 bis 17 rheinform 01/2015 16 rheinschrift Fachartikel

Bild 2: Garden Gallery von Sou Fujimoto, 2011 (© Stiftung Skulptu- renpark Köln, 2015, Fotograf: Veit Landwehr, bildpark.net)

schreibt – konzentriert auf circa 3 ha Flä- Skulpturenpark bietet, wo die dort zu fin- che, die sich als Ausläufer eines bereits um denden Werke geradezu erwandert werden 1919 geplanten Grüngürtels am nördlichen müssen. „Der Skulpturenpark Köln erweist Ende des inneren Rings der Stadt Köln sich als ein geradezu übersichtliches Gelän- befindet.“3 de […]“4, schrieb Friedrich Meschede, und Schon allein die topographische Lage Walter Grasskamp ergänzte „[…] Er steht macht den Skulpturenpark zu einem be- für einen Typus des Skulpturengartens, sonderen Ort. Am Rand der nördlichen In- dessen Exponate untereinander in Sicht- nenstadt Kölns in ein Geviert verkehrsrei- weise stehen und deswegen eher an ein cher Straßen eingebettet, ist er zu allen Museum unter offenem Himmel erinnern Seiten von urbaner Betriebsamkeit umge- […].“5 „Genau dies ist der einmalige Vorteil ben: der Zoobrücke, die die nördliche Be- dieses Parks, weil Blickachsen ermöglicht grenzung des Parks darstellt und als Stadt- werden, um bestimmte Werke im formalen autobahn ein entsprechend hohes Ver- oder motivischen Wechselspiel zueinander kehrsaufkommen aufweist, im Süden zu entdecken. […] Dieses räumliche Format begrenzt die Elsa-Brändström-Straße und des Skulpturenparks Köln bietet den Anreiz, im Westen die Riehler Straße das Areal, eine Ausstellung zu konzipieren und Künst- und mit dem Konrad-Adenauer-Ufer im ler einzuladen, die in den Dialog treten Osten steht man vor einer nahezu unüber- mit den Vorgaben aus urbanem Kontext, windbaren Barriere zum Rheinufer. Der einer inzwischen biennalen Ausstellungs- Unterschied zwischen „drinnen“ und „drau- geschichte und dem Anfangsbestand der ßen“ erschließt sich dem Besucher beim Sammlung,“6 schrieb Friedrich Meschede. Betreten unmittelbar und hinterlässt den Seit 2008 setzt der Vorstand der ge- Anschein, sich an einem naturnahen Rück- meinnützigen Stiftung Skulpturenpark Köln zugsort inmitten des großstädtischen Ge- die Grundidee des Sammlerehepaares füges zu befinden. Ein Thema, das auch in Stoffel – ganzjährig geöffneter Skulpturen- der Garden Gallery 2011 von dem japani- park Köln und Ausstellungsreihe „KölnS- schen Stararchitekten Sou Fujimoto aufge- kulptur“ –konsequent fort. Finanziert wird griffen wurde. Dazu stellt das Areal an sich dieses ambitionierte Vorhaben durch die eine von Menschenhand gestaltete Grün- Michael und Eleonore Stoffel Förderstif- fläche mit einer angelegten Wegeführung tung, durch die Einnahmen aus der Vermie- dar, die einen alten Baumbestand, dichte tung des Stifterhauses an der Elsa-Bränd- Hecken und Büsche und eine hier längst ström-Straße und durch die Stadt Köln, die heimisch gewordene Fauna aufweist mit einem jährlichen finanziellen Ausgleich (Bild 2). in Form eines Betriebskostenzuschusses Die exponierte Lage und das räumliche den Skulpturenpark Köln fördert. Für die Format des Parkgeländes schließen eine Ausstellungsreihen „KölnSkulptur“ konnten Weitläufigkeit aus, die manch anderer in der Vergangenheit Sponsoren, Förderer, rheinform 01/2015 Dr. Boris Stoffel | Der Skulpturenpark Köln Fachartikel rheinschrift 17

INFORMATION

Stiftung Skulpturenpark Köln Elsa-Brändström-Straße 9 50668 Köln

Tel.: 0221 33668860 Mail: [email protected] Web: www.skulpturenparkkoeln.de

Eingang Skulpturenpark Köln Riehler Straße und Konrad-Adenauer-Ufer 50668 Köln

Anmerkungen

Bild 3: Thomas Schütte, Weinende Frau, 2011, 1 Michael u. Eleonore Stoffel, in: Kata- erworben mit Mitteln der Kunststiftung NRW log zur Ausstellung „KölnSkulptur 1“, (© VG Bild-Kunst, Stiftung Skulpturenpark Köln, 2015, S. 14 ff., hrsg. von der Gesellschaft Fotograf: Veit Landwehr, bildpark.net) der Freunde des Skulpturenparks Köln e.V., Wienand Verlag, Köln 1997. Mäzene gefunden werden, die großzügig 2 Ebd. zur Realisierung beigetragen haben 3 Friedrich Meschede, in: Katalog zur (Bild 3). Ausstellung „KölnSkulptur #6“, S. 51, Der Skulpturenpark Köln kann ganz- hrsg. von der Stiftung Skulpturenpark jährig unentgeltlich besucht werden. An Köln u. Friedrich Meschede, Verlag der jedem ersten Sonntag im Monat wird um Buchhandlung Walther König, 2011. 15 Uhr eine öffentliche Führung angeboten. 4 Friedrich Meschede, in: Katalog zur Private Führungen können individuell über Ausstellung „KölnSkulptur #7“, S. 50, die Stiftung Skulpturenpark Köln angefragt hrsg. von der Stiftung Skulpturenpark und gebucht werden. In Form von zwei- Köln u. Friedrich Meschede, Verlag der jährigen Wechselausstellungen mit wech- Buchhandlung Walther König, 2013. selnden Kuratoren und deren spezifischen 5 Walter Grasskamp, in: Katalog zur Konzeptionen zum Thema zeitgenössische Ausstellung „KölnSkulptur #6“, S. 99, Skulptur im Außenraum treffen skulptu- hrsg. von der Stiftung Skulpturenpark rale Werke nationaler und internationaler Köln u. Friedrich Meschede, Verlag der Künstlerinnen und Künstler auf bereits Buchhandlung Walther König, 2011. etablierte Werke, und so ist es ein Wesens- 6 Friedrich Meschede, in: Katalog zur merkmal des Skulpturenparks Köln, dass Ausstellung „KölnSkulptur #7“, S. 50, er sein Erscheinungsbild kontinuierlich än- hrsg. von der Stiftung Skulpturenpark dert. Der Skulpturenpark Köln bietet seinen Köln u. Friedrich Meschede, Verlag der Besuchern 365 Tage im Jahr einen Raum, Buchhandlung Walther König, 2013. eine Fläche, um eine Nachbarschaft von 7 Michael u. Eleonore Stoffel, in: wechselnden Kunstwerken im Kontrast mit Katalog zur Ausstellung „KölnSkulptur der Natur im Wechsel der Jahreszeiten zu 1“, S. 16, hrsg. von der Gesellschaft erfahren, zu erleben. der Freunde des Skulpturenparks Köln Die Stiftung Skulpturenpark Köln möch- e.V., Wienand Verlag, Köln, 1997. te den Gedanken und das Bestreben des Sammlerehepaares Stoffel, das seine gan- ze Kraft, Energie und auch seinen Mut für die Erhaltung kultureller Werte einsetzte, fortsetzen, um deren Wunsch und gelebte Vision nachhaltig zu erfüllen: „Das bleiben- de Skulpturenmuseum in der freien Natur ist letztlich das Ziel.“7

Dr. Boris Stoffel | Der Skulpturenpark Köln rheinform 01/2015 18 rheinform Fachartikel

Die „Skulpturensammlung Viersen“ Dr. Albert Pauly

Einführung Nach der künstlerischen Konzeption von Dr. Joachim Peter Kastner wurden zunächst Dr. Albert Pauly Die „Skulpturensammlung Viersen“ ist eine 1989 Skulpturen von Erwin Heerich, K. H. private Initiative des Vereins für Heimat- Hödicke und David D. Lauer mit den Mitteln Vors. Richter am Landesarbeitsgericht pflege e. V. Viersen, die bisher ohne- In der Pohl´schen Schenkung erworben. Die- Düsseldorf a. D., anspruchnahme von Haushaltsmitteln der se drei Skulpturen wurden im Umfeld der Vorsitzender des Ver- Stadt weiterentwickelt werden konnte, dank 1868 erbauten klassizistischen Städtischen eins für Heimatpflege der Pohl´schen Schenkung, der Kunststif- Galerie im Park und des 1984 im postmo- e. V. Viersen (www. tung NRW, der Sparkassen-Kulturstiftung dernen Stil fertiggestellten Kreishauses des heimatverein-viersen. de), der zusätzlich Rheinland, des Ministerpräsidenten des Kreises Viersen aufgestellt. den „Viersener Salon“ Landes NRW, der Viersener Sparkassen- Dass die „Skulpturensammlung Viersen“ betreibt, ein Forum für stiftung, der Sparkasse Krefeld, zahlreicher durch die Aufstellung der Skulptur „New musikalische Ereignisse, privater Spender, des Kunstkreises sowie Star“ von Mark di Suvero ergänzt werden literarische Begegnun- Rat und Verwaltung der Stadt Viersen. Sie konnte, ist in erster Linie der „Stiftung gen, wissenschaftliche Diskurse und historische hat sich zur Aufgabe gestellt, der bildenden Kunst und Kultur des Landes Nordrhein- Ausstellungen (www. Kunst unserer Zeit eine Entfaltungsmög- Westfalen“ zu verdanken, die die Skulptur viersener-salon.de). lichkeit im Zentrum unserer Stadt einzu- über den Kunsthandel erworben und der räumen und zu diesem Zweck bedeutende Stadt Viersen – zunächst für 30 Jahre – Werke der Plastik für die Kreisstadt Viersen zur Verfügung gestellt hat. Sie wurde 1992 zu erwerben. von Mark di Suvero auf dem Diergardtplatz aufgestellt und vom damaligen Ministerprä- Kuratorische Praxis sidenten und späteren Bundespräsidenten, Dr. h.c. Johannes Rau, übergeben. In der „Skulpturensammlung Viersen“ Inzwischen durfte die Stadt Viersen werden beispielhafte Positionen der Plastik weitere Schenkungen entgegen nehmen, unserer Zeit in einer besonderen urbanen die Erwin Heerich dem Verein für Heimat- Situation vorgestellt. Dabei sollen durchaus pflege gemacht hat. Seiner Skulptur aus unterschiedliche und auch widersprüchliche Eifeler Basaltlava hat Erwin Heerich eine künstlerische Tendenzen in Werken höchs- Vogeltränke aus gleichem Material als Bo- ter Qualität zusammengefasst werden. Die denplastik hinzugefügt. Außerdem hat er Stadt wird dadurch zu einem ständigen Stein- und Metallbänke geschaffen, die den Austragungsort eines vielstimmigen künst- künstlerischen Merkmalen der Skulpturen- lerischen Ereignisses. sammlung entsprechen sowie Schrifttafeln für die Skulpturen, die mit einer von ihm Bild 1: Wolfgang Nest- entwickelten Typografie umgesetzt wurden. ler, Position im Schwer- Im Jahre 1996 konnte die von Anthony punkt, Stahlblech, drei Cragg eigens für Viersen entworfene Bron- Teile, Bodenplatte 360 ze „ Wirbelsäule – the articulated column“ x 300 x 10 cm, Großes angekauft und aufgestellt werden. Dem Elipsenelement: 180 x folgte als weiterer Schritt im Jahre 1998 240 x 30 cm, 1998 eine Stahl-Plastik von Wolfgang Nestler (© Fotograf: Nic Ten- „Position im Schwerpunkt“ (Bild 1). Ein wiggenhorn) weiterer Ankauf ist im Jahre 2001 getätigt rheinform 01/2015 Dr. Albert Pauly | Die „Skulpturensammlung Viersen“ | Seite 18 bis 21 Fachartikel rheinform 19 worden. Es handelt sich um die bronzene Skulptur „Chaosmos“ von Roberto Sebas- Bild 2: Roberto Se- tian Antonio Matta Echaurren, die 2002 der bastian Antonio Matta Öffentlichkeit im Rahmen einer Ausstellung Echaurren, Chaosmos, mit begleitender Publikation übergeben Bronze, 180 x 92 x 38 wurde (Bild 2). Als weitere Neuerwerbung cm, 2001, 3/8 folgte die Plastik „Optimus II“ von Günter (© Fotograf: Nic Ten- Haese, die 2007 übergeben wurde (Bild 3). wiggenhorn) Die vorläufig letzte Neu-Erwerbung war wiederum eine Schenkung, in diesem Falle der Viersener Unternehmer-Familie Peters- Messer, mit deren Hilfe eine Plastik des in China geborenen und in Paris lebenden Bildhauers Wang Du, „China Daily“, 2010 aufgestellt werden konnte.

Kunst und Natur

Vorbilder für die Konzeption der Samm- lung in ihrer Wechselwirkung von Kunst und Natur waren das „Louisiana Museum of Modern Art“ am Ufer des Öresunds bei Kopenhagen und das „Museum Insel Hom- broich“ bei Neuss. Ein großer Freund und Zugang zum Werk des jeweiligen Künstlers Förderer der Sammlung war schließlich Er- bzw. der jeweiligen Künstlerin durch eine win Heerich, der Konzeption und Pavillons Ausstellung in der Städtischen Galerie im in Hombroich entworfen hat. Die Städtische Park in Viersen zu eröffnen, verbunden Galerie war dabei als Ausstellungsort und mit einer begleitenden Publikation.1 Da künstlerischer Mittelpunkt der Stadt eben- künstlerisches Arbeiten in hohem Maße so bedeutsam wie der sie umgebende Park erklärungsbedürftig ist, war die Einbindung mit historischem Baumbestand aus der der Pädagogen und Schüler der Schulen Zeit des Textilbarons Friedrich Freiherr von der Stadt und des Kreises nicht weniger Diergardt bzw. des Kaffeerösters Kommer- zienrat Josef Kaiser, des Begründers des Kaiser´s-Kaffee-Imperiums.

Konzept und Präsentation

Nachdem durch die Aufstellung der ers- ten drei Plastiken der Grundstock für eine Sammlung gelegt worden war, wurden die weiteren Künstler jeweils eingeladen, sich mit der Örtlichkeit und den bereits auf- gestellten Plastiken vertraut zu machen. Wenn Sie bereit waren, sich zu beteiligen, suchten die Künstler sich jeweils den Platz aus, für den Sie ein bildhauerisches Werk vorschlugen, das in der Regel für diesen Platz neu entworfen wurde. Die Sammlung ist Teil des öffentlichen Raums der Stadt. Sie ist nicht Bestandteil Bild 3: Günter Haese, einer musealen Einrichtung, sie ist 24 Stun- Optimus II, Messing, den täglich frei zugänglich, ein Eintritt wird Edelstahl und Bronze, nicht erhoben. ca. 700 x 500 x 150 cm, Bei jedem weiteren Schritt zum Ausbau 2006-07 der „Skulpturensammlung Viersen“ war (© Fotograf: Nic Ten- es ein selbstverständliches Anliegen, den wiggenhorn)

Dr. Albert Pauly | Die „Skulpturensammlung Viersen“ rheinform 01/2015 20 rheinform Fachartikel

wichtig. Hierzu gehörte nicht nur die Zur- „Skulpturensammlung Viersen“ realisiert verfügungstellung von Publikationen in worden. Klassensätzen und die Einladung zu spezi- ellen Führungen durch die jeweiligen Aus- Konservierung und Restaurierung stellungen, vielmehr haben sich im Rahmen des Unterrichts Schüler aller Schulformen Die aus Stein bzw. Bronze bestehenden einschließlich der Berufsschulen und der Werke der „Skulpturensammlung Viersen“ Schulen für Geistig- und Lernbehinderte bedürfen in recht eingeschränktem Umfan- mit den Skulpturen auseinandergesetzt. ge der Pflege, die die Stadt übernimmt. Sie Die Ergebnisse führten im Jahre 1999 zu sind wegen solcher Folgekosten vom Verein einer Ausstellung unter dem Titel „Skulptu- der Stadt übereignet. Vandalismus hat es, ren machen Schule – Schule macht Skulp- trotz der freien Zugänglichkeit der Werke in turen“, die zur bestbesuchten Ausstellung der Zeit des bisherigen 25-jährigen Beste- der Städtischen Galerie im Park wurde. hens der Sammlung, nur in einem einzigen Fall gegeben, der durch die Versicherung Vermittlung und Kommunikation der Stadt abgedeckt wurde.

Die überregionale Resonanz wurde nicht Aussichten und Pläne zuletzt dadurch geschaffen, dass die be- teiligten Künstler ihrerseits Wert darauf Die Monumentalplastiken unterschiedlicher legten, dass die begleitende Publikation in Form, Größe und Materialität, sind in den die Museen in Europa und in Übersee ver- letzten annähernd 40 Jahren entstanden schickt wurde, in denen sie mit ihren Wer- und aus den verschiedensten Teilen der ken vertreten sind oder in denen sie bereits Welt hierhin zusammengebracht. Man den- ausgestellt haben. Deshalb ist die Publika- ke an „Chaosmos“, die Bronzeplastik des in tion, die zur jeweiligen Neuerwerbung vom Paris und Tarquinia/Italien ansässigen Chi- Verein für Heimatpflege aufgelegt wird, in lenen Matta Echauren, an „New Star“ des Deutsch und Englisch verfasst. Gleichzeitig Italoamerikaners Mark Di Suvero von der hat der Verein eine Website (www.skulp- nordamerikanischen Westcoast, an „Wir- turensammlung-viersen.de) geschaffen, belsäule“ des in Wuppertal ansässigen Eng- die inzwischen in Deutsch, Französisch, länders Tony Cragg und jetzt, als neuestem Italienisch, Spanisch und Niederländisch Zuwachs, an „China Daily, Services top task die komplette Sammlung mit Fotos und for Games“ von dem in Paris wohnenden textlichen Erläuterungen darstellt. und arbeitenden Chinesen Wang Du. Ein Audio-Guide für Erwachsene und „Diese Internationalität tut uns gut, für Kinder wird angeboten. Innerörtliche denn sie verbindet den Namen unserer Verkehrsschilder sind aufgestellt, ein Post- Stadt mit allen möglichen Teilen der Welt stempel „Skulpturensammlung Viersen“ und hilft über den sprichwörtlichen Teller- wird von Stadt und Kreis benutzt, und ein rand zu schauen - dadurch werden neue, Bus der Niederrheinwerke wirbt inzwischen unbeachtete Perspektiven eröffnet. Und für die Sammlung. Die „Skulpturensamm- das nicht nur in künstlerischer Hinsicht, lung Viersen“ ist in unserer Stadt nichts sondern auch bezüglich der Integration Fremdes mehr. Zeichen dieser Haltung ist der in unserer Stadt lebenden unterschied- der einstimmige Beschluss des Ältestenra- lichen Menschen sowie der Zusammenar- tes der Stadt Viersen, diese Skulpturen- beit unserer Unternehmen und Betriebe sammlung als kulturelles Wahrzeichen der und den Ausbau ihrer überregionalen und Stadt in einer entsprechenden Beschilde- internationalen Verbindungen. Übertragen rung an der Bundesautobahn im Umkreis auf die Skulpturensammlung im Ganzen der Stadt kenntlich zu machen und zugleich heißt das: Nichts symbolisiert die Freiheit damit für unsere Stadt zu werben und zu und Vielseitigkeit, die Offenheit und die ihrem Besuch einzuladen. Die Stadt will Ernsthaftigkeit unserer Weltauffassung sich mit diesen Kunstwerken nach außen besser als diese kleine, aber monumentale, vorstellen und identifiziert sich mit ihrer zweckfreie Sammlung von Kunstwerken. künstlerischen und kulturellen Bedeutung. Sie ist für unsere Stadt entstanden und Dies ist inzwischen auf Initiative des sie soll zugleich Zeichen unserer Stadt und Vereins geschehen, und auf der Auto- des in ihr waltenden Denkens und Handelns bahn A 61 mit einem Hinweisschild für die sein“.2 rheinform 01/2015 Dr. Albert Pauly | Die „Skulpturensammlung Viersen“ Fachartikel rheinform 21

Anmerkungen INFORMATION 1 Bisher sind die folgenden Publikati- onen, deren Autor jeweils Joachim Skulpturensammlung Viersen Peter Kastner ist, erschienen: Städtische Galerie im Park Die Skulpturen der Pohl´schen Rathauspark 1 Schenkung in Viersen, 1989, ISBN 41747 Viersen 978-3-9805339-8-0; Tel.: 02162 101-160 Mark di Suvero, New Star in der Mail: [email protected] Skulpturensammlung Viersen, 1992, Web: www.skulpturensammlung- ISBN 978-3-9805339-9-7; viersen.de K. H. Hödicke, Plastik, 1994, ISBN 3-928298-06-2; Anthony Cragg, Wirbelsäule – the articulated column in der Skulptu- rensammlung Viersen, 1996, ISBN 978-3-9805339-0-4; Wolfgang Nestler in der Skulpturen- sammlung Viersen, 1998, ISBN 978-3-9805339-1-1; Matta, Chaosmos in der Skulpturen- sammlung Viersen, 2002, ISBN 3-9805339-5-9; Günther Haese, Optimus II in der Skulpturensammlung Viersen, 2007, ISBN 978-3-9805339-6-1; Wang Du in der Skulpturen- sammlung Viersen, 2010, ISBN 978-3-9813463-1-2. 2 Günter Thönnessen: Danksagung des Bürgermeisters der Stadt Viersen, in: Wang Du in der Skulpturensammlung Viersen (s. oben Anm. 1)

Dr. Albert Pauly | Die „Skulpturensammlung Viersen“ rheinform 01/2015 22 rheinform Fachartikel

Schlosspark Stammheim Dr. Romana Breuer

Eine der schönsten und bedeutendsten Parkanlagen Kölns liegt ausgerechnet auf der „Schäl Sick“, genauer gesagt in Köln- Stammheim. Hierhin verschlägt es selten die Kölner aus dem Linksrheinischen. Wenn sich jedoch Besucher zum ersten Mal im Schlosspark blicken lassen, zeigen sie sich stets begeistert: Die malerische Gartenan- lage liegt direkt am Rhein und breitet sich auf über 80.000 m² aus. Der reichhaltige Baumbestand mit einheimischen und exoti- schen Hölzern ist meist sogar noch älter als der Park selbst. Baumriesen im Alter von über 200 Jahren wurzeln schon seit den 1830er Jahren entlang der verschlungenen Wege und auf den großzügig angelegten Rasenflächen. Der bekannteste rheinisch- westfälische Gartenarchitekt, Maximilian Friedrich Weyhe (1775–1846), legte dieses Kleinod für Franz Egon zu Fürstenberg- Stammheim (1797–1859) nach dem Vor- Bild 1: Lebens-Baum der Künstlergruppe Foerst, bild des „Englischen Gartens“ an. Herterich & Kaiser Doch ist dies nicht die einzige Attrakti- (© Bildarchiv KRR) on: Der Schlosspark besticht auch durch das Miteinander von Kunst und Natur. Seit bewusst Berührungsängste vermeiden. über 14 Jahren dient die Gartenanlage als Jeder Gast im Park – seien es Anwohner Dr. Romana Breuer Präsentationsfläche von zeitgenössischer oder Erholungssuchende von weiter her – Kunst. Rund 60 Skulpturen und Plastiken soll mit diskutieren können. studierte Kunstge- schichte, Klassische können von den Besucherinnen und Besu- Doch zunächst ein Blick zurück auf die und Vorderasiatische chern entdeckt werden. Dabei ist das „Ent- Anfänge des Projekts: Nach einer wechsel- Archäologie, Sprach- decken“ durchaus wörtlich zu verstehen, vollen Geschichte des Parks im 20. Jahr- wissenschaft und Philo- denn viele der Arbeiten drängen sich nicht hundert liefen 2001 bestehende Nutzungs- sophie in Saarbrücken in Größe oder Positionierung auf, sie gehen verträge mit der Stadt Köln – die seit 1983 und Köln. Nach ihrer Promotion 1998 arbeite- vielmehr eine Symbiose mit der gestalteten erneut Besitzerin der Anlage ist – aus. In te sie zunächst als freie Natur oder den Baummonumenten ein. dieser Situation gründeten Künstlerinnen Museumspädagogin, Vielfach lohnt es sich, den Blick zu heben und Künstler sowie Kaufleute und historisch seit 2008 als Referentin und in das Geäst der Gehölze oder an eine interessierte Anwohner aus Stammheim für Museumspädagogik verborgene Mauer zu schauen, um dann und Flittard die Initiative KRR, um den his- des Museumsdienstes Köln. Seit Juli 2014 beispielsweise aus der Form geratene Park- torischen Schlosspark mit neuem Leben zu ist sie Kuratorin für bänke, keramische „Schutzschilde“, hän- erfüllen. Dies war die Geburtsstunde des bis Bildende Kunst und gende Metallplastiken oder im Boden mar- heute aktiven, ehrenamtlich arbeitenden Design, Grafik und kierte Formationen zu erschauen (Bild 1). Organisationsteams der jährlich wechseln- Plakat am Museum für Oder auch zu ertasten, denn im Gegensatz den Skulpturenausstellung. Im Jahr 2002 Angewandte Kunst in Köln. Seit 2003 ist sie zu vielen anderen Skulpturenparks möchte realisierte die Gruppe die erste Ausstellung ehrenamtliches Mitglied das Ausstellungsteam der Initiative Kultur- unter dem Titel „Rheinblicke-Einblicke“ mit der Initiative KRR. RaumRechtsrhein (KRR) im Schlosspark Skulpturen, Objekten und Installationen, rheinform 01/2015 Dr. Romana Breuer | Schlosspark Stammheim | Seite 22 bis 24 Fachartikel rheinform 23

Bild 2: Aus dem Eröff- nungsprogramm, die Musikgruppe - Cajon Connection. (© Bildarchiv KRR)

die ein sehr großer Publikumserfolg war. Park verbunden sind, dass sie dauerhaft Eingeladen hatte das Team vornehmlich verbleiben – so z. B. das „Schloss mit Gra- bildende Künstlerinnen und Künstler aus fenpaar“ von Herbert Labusga (2002), die der rechtsrheinischen Region. Ein großes „Remnants“ („Überbleibsel“) von Linda Anliegen der KRR war und ist, die kultu- Cunningham (1997/2005) oder auch die relle Vielfalt auf dieser Rheinseite in das „Gräfin zu Fuß“/ „Hundemeute“ von Gilbert Bewusstsein der Bevölkerung zurückzu- Flöck (2012/2013). bringen sowie jungen, weniger bekannten In der kuratorischen Praxis wirbt die Kunstschaffenden eine attraktive Präsenta- Initiative Ende eines jeden Jahres/zu Be- tionsfläche der eigenen Arbeiten zu bieten. ginn des neuen Jahres durch Ausschrei- Das Konzept funktionierte – und funktio- bung in einschlägigen Kunstzeitschriften niert so gut, dass mit jedem Jahr, mit jeder sowie im Internet neue Bewerbungen für Ausstellung das Projekt bekannter wurde die Ausstellung im Park ein. Inhaltlich wird und sogar mehrfach jurierte Kunstpreise dann im Auswahlverfahren besonderes Au- („Kunstpreis Schlosspark“) an die jeweils genmerk auf den Bezug zum Schlosspark drei besten neuen Werke einer Ausstel- (Geschichte des Parks inklusive der Initia- lungsstaffel vergeben werden konnten. toren im 19. Jahrhundert, Nähe zum Rhein, Mittlerweile hat der Skulpturenpark Baumbestand, Flora und Fauna) sowie auf längst seine regionalen Grenzen verlassen: die Beschaffenheit des möglichen Ausstel- Kunstschaffende aus ganz Deutschland, lungsobjekts (weitgehende Witterungs- aus der Schweiz, den Niederlanden und den und Vandalismusbeständigkeit) gelegt. USA sind mit ihren Werken im Park vertre- Künstlerische Professionalität ist natürlich ten. Die jährliche Neupräsentation, die je- Voraussetzung für eine Bewerbung. weils am Pfingstsonntag und -montag mit Um dem Publikum die jeweilige Neuprä- reichhaltigem Rahmenprogramm, kosten- sentation möglichst eng an der Intention losen Führungen, Künstlergesprächen, der Künstlerinnen und Künstler zu vermit- Musik und Performances gefeiert wird, teln, realisiert die KRR jeweils einen Aus- sorgt nicht für eine Überfüllung des Parks stellungsbegleiter mit Kurztexten, so dass (Bild 2). Grundsätzlich stellen die Künstle- sich jeder individuell im Park bewegen kann rinnen und Künstler ihre Arbeiten für ein und „trotzdem“ etwas über die Exponate Jahr zur Verfügung – es sei denn, es han- erfährt. Besonderen Zuspruch erhalten in delt sich um eine temporäre Installation, diesem Kontext die kostenlosen Führungen die von der Natur im Laufe des Jahres wie- zu Pfingsten, bei denen auch die anwesen- der zurückerobert wird. Es gibt aber auch den Künstler nach Möglichkeit eingebunden einige wenige Arbeiten, die so eng mit dem werden. Und wer den Park mit seiner

Dr. Romana Breuer | Schlosspark Stammheim rheinform 01/2015 24 rheinform Fachartikel

Präsentation auch unabhängig von den Pfingsttagen mit entsprechenden Erläute- INFORMATION rungen genießen möchte, der kann eine Gruppenführung bei einer der an der Initi- Schlosspark Stammheim ative beteiligten Kunsthistorikerinnen bu- Stammheimer Hauptstr. 67 chen. Dieses Angebot verzeichnet ebenfalls 51061 Köln wachsenden Zuspruch (Bild 3). Web: www.schlosspark- Das Projekt „Schlosspark Stammheim“ stammheim.com ist nur möglich durch das Engagement Vie- ler: durch das Herzblut der ehrenamtlich tätigen Gruppenmitglieder, durch die Un- terstützung der Stadt Köln – insbesondere dem Fachbereich Landschaftspflege und Grünflächen, der die Pflege der Gartenan- lage sicherstellt, durch die Sponsoren und Unterstützer – und immer wieder durch das Vertrauen der Künstlerinnen und Künstler, die ihre Arbeiten zur Verfügung stellen. Der Initiative liegt es sehr am Herzen, hier weitere Sponsoren zu finden, die die Situa- tion der Künstler verbessern helfen – durch Sachmittel, durch Finanzen, durch techni- sche Unterstützung beim Aufbau. Der Lohn des Ganzen ist ein einmaliger Skulpturenpark, eine historische Parkan- lage mit unaufdringlich sich einpassenden Skulpturen, Plastiken und Objekten, der ganzjährig und ganztägig bei freiem Eintritt für jeden geöffnet ist. Kunst und Natur zum Anfassen und Begreifen.

Bild 3: Kostenlose Führungen zum Thema Kunst natürlich! an den Eröffnungstagen. (© Bildarchiv KRR) rheinform 01/2015 Dr. Romana Breuer | Schlosspark Stammheim rheinschrift 25 Fachartikel

Das SEEWERK in Moers Privatinitiative und Forum für zeitgenössische Kunst

Claudia Rinke

Idyllisch im Grünen, direkt am Silbersee, Öffentlichkeit zugänglich sein sollte. Die liegt das Gelände der ehemaligen Dujardin- zweite Ausstellung wurde zu einem außer- Fabrik in Moers-Kapellen. In diesem Zweig- gewöhnlichen Erfolg mit großem Publi- werk der Weinbrandbrennerei wurden bis in kumsinteresse. Dies bestärkte das Team die 1970er Jahre hinein Spirituosen produ- um Angelika Petri und Frank Merks, daraus ziert und eingelagert. eine jährliche Veranstaltung zu entwickeln. Heute befinden sich in den ehemaligen Jedes Jahr im Sommer lädt das SEEWERK Fabrikgebäuden Ateliers, Werkstätten und zu einer Kunstaustellung und daran an- Büroräume, die zusammen die Kreativge- schließenden Veranstaltungen ein. Dabei meinschaft „das SEEWERK“ bilden. beschränken sich die Ausstellungen nicht Mit einfühlsamen Umbaumaßnahmen, auf eine bestimmte Kunstrichtung oder welche die architektonischen Besonderhei- Gattung, sondern zeigen ein breites Spek- ten der Fabrikgebäude und des Geländes trum arrivierter sowie junger zeitgenössi- erhielten, ist hier eine Mischung aus Gewer- scher Kunst. Eine enge Verbindung zur begebiet und Kunstpark entstanden. Die al- Kunstakademie Düsseldorf zeigt sich hier- ten Produktionsanlagen wurden ausgebaut bei nicht nur in den Kernausstellungen von und durch industriell, puristisch gehaltene emeritierten Akademieprofessoren wie Ir- Inneneinrichtungen ersetzt. Auf dem ca. min Kamp (2008) oder Christian Megert Claudia Rinke 15.000 m² großen, parkähnlichen Grund- (2009), sondern insbesondere auch in ist Kunsthistorikerin aus stück befinden sich neben altem - Baum Gemeinschaftsausstellungen und -projek- Bochum. Sie studier- bestand auch zahlreiche Außenskulpturen ten von Akademieklassen und ehemaligen te Kunstgeschichte, namhafter Künstlerinnen und Künstler, die Studierenden. So wurde im Jahr 2008 eine Gender Studies und im Laufe der Jahre dort entstanden oder dauerhafte Installation der letzten Klasse Sozialpsychologie an der Ruhr-Universität vom SEEWERK-Team in Zusammenarbeit des damals kürzlich verstorbenen Jörg Im- Bochum und hat sich mit den Künstlern installiert wurden. mendorff realisiert. Die jungen Künstlerin- auf die Bereiche der nen und Künstler gestalteten mit Unter- zeitgenössischen Kunst, Die jährliche Ausstellung im stützung eines Industrieherstellers den Fotografietheorie und SEEWERK Fußboden der Innenräume in einigen Ge- des Ausstellungsma- nagements spezialisiert. bäudeteilen neu. Mit Hilfe einer speziellen Neben ihrer Tätigkeit Neben kleineren Einzelausstellungen findet Bodenbeschichtung entstanden nicht nur für die Kunstsammlun- seit 2005 jährlich eine große Kunstschau ein neuer, für die Ausstellungen optimal gen der Ruhr-Universi- mit Beteiligung regionaler und internatio- nutzbarer Boden, sondern auch künstleri- tät Bochum/Sammlung naler Künstler im SEEWERK statt. Angefan- sche „Lichtbilder“. Die sonst flüchtigen Moderne arbeitet sie als freie Kuratorin, Autorin gen hat dies mit einer privaten Feier des Momente der Reflektion von Scheinwerfer- und Projektassistentin SEEWERK-Teams, zu der einige befreunde- licht oder Sonnenstahlen auf der Fußbo- u.a. für den Westdeut- te Kunstschaffende eingeladen wurden, denfläche wurden von den Künstlern dau- schen Künstlerbund ihre Werke auf dem Gelände aufzustellen. erhaft festgehalten und bilden einen subti- e.V., für das Kunstmu- Die Resonanz der Besucher auf die ausge- len künstlerischen Eingriff ohne den seum Bochum und den stellte Kunst in diesem besonderem Ambi- industriellen Charakter der Räume zu zer- Kunstverein „galerie januar – Verein zur ente war so groß, dass spontan die Idee stören. 2009 zeigte das SEEWERK die Aus- Förderung junger Kunst entstand, hieraus eine eigene Kunstaus- stellung „POSITIONEN 09“ mit 47 interna- e.V“, in deren Vorstand stellung zu entwickeln, die der tionalen Beteiligten, die alle Meisterschüler sie ebenfalls aktiv ist.

Claudia Rinke | Das SEEWERK in Moers | Seite 25 bis 28 rheinform 01/2015 26 rheinschrift Fachartikel

Bild 1: Christian Me- gert „Wasserspiegel“, im Hintergrund Markus Ambach „Ersatzbiotop“ (© das SEEWERK)

von Christian Megert an der Kunstakademie entstehenden Kunstwerke bietet Besuchern Düsseldorf waren und von ihm zu dieser die spannende Gelegenheit, nicht nur die Gemeinschaftsausstellung eingeladen wur- fertige Arbeit zu betrachten, sondern auch den. In den Ausstellungshallen, auf dem an ihrer Entstehung hautnah teilzuhaben. gesamten Gelände sowie auf dem See zeig- Ideen nehmen Gestalt an und finden, wenn ten diese Malerei, Skulpturen, Installatio- alles gut geht, am Ende ein begeistertes nen und Performances (Bild 1). Publikum.“1 Markus Ambachs Projekt „Ersatzbiotop“ realisierte gleichzeitig die auf einige Jahre Projekte auf der Kulturinsel angelegte Revitalisierung des Silbersees. Nepix Kull im Schlosspark Moers Bei der Auswahl der Künstlerpositionen verlassen sich die Initiatoren Angelika Petri Seit 2008 realisiert das SEEWERK in Koope- und Frank Merks auf ihren Qualitätssinn, ration mit dem Kulturbüro der Stadt Moers ihre Intuition und ihr großes Netzwerk in- jährlich ein Kunstwerk auf der Kulturinsel nerhalb der Kunstszene im Rheinland. Bei Nepix Kull im Moerser Schlosspark. Jedes der Auswahl der in der Region verwurzelten Jahr wird ein Künstler, eine Künstlerin oder Künstlerinnen und Künstler mit überregio- Künstlergruppe eingeladen, sich mit die- naler und internationaler Bekanntheit legt sem Ort auseinanderzusetzen und eine das SEEWERK-Team Wert auf anerkannte Arbeit zu verwirklichen, die über mehrere Qualität. Die ausstellenden Künstler wer- Wochen im öffentlichen Raum zu sehen ist. den nach Besichtigung ihrer Werke in den Der Moerser Schlosspark liegt innerhalb der Ateliers ausgesucht. Innerhalb des außer- historischen oranischen Befestigungsanla- gewöhnlichen Umfeldes des SEEWERKs soll ge, die sich aus der Grundstruktur des dem Publikum ein abwechslungsreiches Parks und des Verlaufes des ihn umgren- Angebot an aktueller Kunst präsentiert und zenden Moersbaches ablesen lässt. Die ein Zusammentreffen von Kunstschaffen- Kulturinsel Nepix Kull besitzt einen – für den und Kunstinteressierten in entspann- diese Wallanlagen typischen – dreieckigen ter Atmosphäre ermöglicht werden. Im Grundriss und befindet sich am äußeren Vorwort zum Katalog der Ausstellung 2010 südlichen Ende des Parks. Mit einer Grund- äußern sich die beiden Hauptinitiatoren zu fläche von rund 2.500 m² wurde sie u.a. in ihrem Engagement folgendermaßen: „Das der Vergangenheit von der Stadtbevölke- SEEWERK ist mehr als einfach nur ein Aus- rung zum Wäschebleichen genutzt. Der stellungsort. Es ist ein auch freies Experi- Boden der Insel ist leicht nach hinten an- mentierfeld, das Künstlern die Möglichkeit steigend, und außer einem einzelnen, mit- bietet, ihre Ideen unbeeinflusst und frei von tig angeordneten Baum besteht die Be- fremden Vorgaben vor Ort zu realisieren. pflanzung aus Gras, sodass hier Kunstwer- […] Der sichtbare Entwicklungsprozess der ke auf freier Fläche präsentiert werden und rheinform 01/2015 Claudia Rinke | Das SEEWERK in Moers Fachartikel rheinschrift 27

Bild 2: Keisuke Matsu- ura „Weisse Nepix“ (© das SEEWERK)

Spaziergänger, auf ihrem Weg rund um den Gebäudes – das der Künstler regelmäßig Park, diese aus verschiedenen Perspektiven neu gestaltet – sind rund 100 Arbeiten von ungestört betrachten können (Bild 2). Anatol Herzfeld zu sehen, die sein gesam- In der Auswahl der künstlerischen Positi- tes künstlerisches Schaffen repräsentie- onen für die bisher realisierten sieben Pro- ren. Neben Relikten aus Aktionen finden jekte zeigt sich auch hier die Verbundenheit sich hier auch Zeichnungen, Collagen und des SEEWERKs mit der Kunstakademie Skulpturen. Auf dem Gelände befinden sich Düsseldorf – mit einer Ausnahme sind alle weitere große Installationen des Künstlers Künstlerinnen und Künstler Absolventen wie etwa die „Wachstation des Denkens ge- dieser Hochschule. Sie alle leben und ar- gen illegale Gewalt“ von 1992, eine Arbeit beiten im Rheinland. Folgende Projekte die zur IX. documenta in Kassel entstanden wurden bis 2014 realisiert: Anne-Katrin ist, und „Apocalypse 78“ von 1978. Zu den Puchner – Fleur Stoecklin – Thomas Woll jährlichen Ausstellungen des SEEWERKs „Nepix Landromat“ (2008); Keisuke Matsu- hat Anatol Herzfeld immer wieder neue Ar- ura „Weiße Nepix“ (2009); Anatol Herzfeld beiten angefertigt, die ebenfalls dauerhaft „Inselparlament“ (2010); Lena Kuntze zu besichtigen sind. Unter anderem finden „Wildernde Matrix“ (2011); Takako Saito sich hier: „Seewerk Demokratie“ von 2010, „Musikschachspiel Nr. 1 und 2“ (2012); „Schmetterlingsmann“ von 2011 sowie die Gabrielle Fekete „Fanal gegen das Leid“ Stahlstatue „Kemal Atatürk“ von 2014. (2013) und Ahmed Ibrahim „Ouroborus Auch andere Künstlerinnen und Künstler – Fluss des Lebens“ (2014). Jedes dieser haben zu den jährlichen Ausstellungen Ar- Projekte setzte sich auf ganz spezielle Art beiten realisiert, die dauerhaft gezeigt wer- und Weise mit der Umgebung und der Ver- den. Zu sehen sind u.a.: Liz Bachhuber „Car gangenheit dieses Ortes auseinander. Ferry“, Christian Megert „Wasserspiegel“; Mikyung Pae gestaltete mit „1+1= ?“ eine Skulpturenpark und Kunstpro- Giebelwand; Danielle Riede „Seewurm“; duktion vor Ort das überdimensionale Rednerpult von Dra- gan Lovrinovic und eine dreidimensionale Das SEEWERK Moers ist nicht nur eine Skulptur von Günter Stangelmayer. Von Kai Institution für temporäre Ausstellungen, Rheineck ist auf dem weiteren Gelände die sondern auch ein Ort der aktiven Kunst- Arbeit „Bauten des ruhenden Verkehrs“ zu produktion. Seit mehreren Jahren betreibt sehen und Gabriella Fekete zeigt hier ihre der Bildhauer Anatol Herzfeld hier eine Arbeiten „Fanal gegen das Leid“, die 2013 Werkstatt – neben seiner Werkstatt auf für die Kulturinsel Nepix Kull entstand, so- der Museumsinsel Hombroich – und prä- wie die Installationen „wir“, „Nachbar“, und sentiert seine Arbeiten auf dem Gelände. „Leben = Falle“. In dem ausgebauten Obergeschoss eines

Claudia Rinke | Das SEEWERK in Moers rheinform 01/2015 28 rheinschrift Fachartikel

Einen besonderen Schwerpunkt bilden die Plastiken der Düsseldorfer Bildhauerin INFORMATION und ehemaligen Kunstakademieprofessorin und -leiterin Irmin Kamp. Fünfzehn ihrer SEEWERK Skulpturenpark e.V. großen Arbeiten, die meist aus Polyester Silberseeweg 1a oder ähnlichen Materialien gefertigt sind, 47447 Moers wurden 2008 auf dem Gelände des SEE- Tel.: 02841 886878 WERKs präsentiert (Bild 3). Mail: [email protected] Irmin Kamps abstrakte Formensprache Web: www.das-seewerk.de steht im starken Kontrast zu den wilden organischen Formen der Natur, ergän- zen sich aber auch gegenseitig zu einer Grundstock eines eigenen Kampschen „eigenwillige(n), fast poppige(n) Land- Skulpturenparks am Silbersee. Das SEE- schaftsarchitektur“2. Die Künstlerin Kamp WERK in Moers ist kein Ort des Stillstands bedient sich der Formensprache der Natur und der stillen Präsentation von Kunst. und reduziert diese fast bis zur Unkennt- Es ist ein aktiver Ort der Kunstproduktion lichkeit und baut ihre Plastiken in strenger und des Austausches. Mit den jährlichen Reihung auf. Damit sind diese Arbeiten ge- Ausstellungsaktivitäten und der ständigen radezu dafür geschaffen, in der Natur prä- Erweiterung des Skulpturenparks und der sentiert zu werden und entfalten erst hier Arbeiten auf dem gesamten Gelände wird ihre subversive Kraft. Als Ausstellungsorte dieser aus privater Initiative geschaffene nutzt sie freie Grünflächen, ihre Arbeiten und betriebene Kunstort weiterentwickelt. ranken sich aber auch neben den Bäumen im Park empor und verschmelzen mit dem Anmerkungen Geäst. Insbesondere hervorzuheben ist die Installation der fünf „Zwiebeltürme“ im 1 Angelika Petri/Frank Merks: „Vorwort“, Silbersee. Die weißen, spitzzulaufenden, in: Seewerk 2010, Ausst.-Kat., Hrsg. riesigen Kugeln scheinen schwerelos auf „das SEEWERK“, Moers, o.J., S. 8. der Wasseroberfläche des Sees zu schwe- 2 Helga Meister: „Der Schatz am ben. Mit Unterstützung des LVR werden in Silbersee. Irmin Kamp – Ein Porträt diesem Jahr auf einem weiteren Gelände von Helga Meister“, in: Irmin Kamp die ersten zwei Plastiken („Trees“, 1970 – Plastiken am Silbersee, Ausst.-Kat. und „Black Mushrooms“, 1974) von Irmin „das SEEWERK“, Moers 2008, S. 11. Kamp dauerhaft aufgebaut und bilden den

Bild 3: Irmin Kamp „Black Turtles“ (© das SEEWERK) rheinform 01/2015 Claudia Rinke | Das SEEWERK in Moers rheinblick 29 Museumsportraits

Das Museum neu denken Zur Wiedereröffnung des Clemens Sels Museums Neuss

Dr. Uta Husmeier-Schirlitz

Die Position des Museums höchsten Museumsdichten, und insbeson- stärken dere der Standort Neuss bietet, flankiert von Düsseldorf und Köln, der hiesigen Am 15. Oktober 2013 begannen in dem Bevölkerung ein breites Spektrum an kul- 1975 eröffneten, von Harald Deilmann ent- turellen Angeboten. Trotz dieser Vielfalt ist worfenen Clemens Sels Museum Neuss das Clemens Sels Museum Neuss einzig- umfangreiche Sanierungsmaßnahmen. artig – aufgrund seiner Sammlung. Es ist Während der Schließungszeit wurden un- ein modernes Mehrspartenhaus mit dem abhängig von den baulichen Maßnahmen Schwerpunkt Kunst. Als einziges Haus in zahlreiche Neuerungen erarbeitet, welche Deutschland besitzt das Museum vier Wer- zukünftig die Attraktivität des Hauses für ke von Gustave Moreau, dem Vater des die Besucher entscheidend steigern sollen Symbolismus, Lehrer der späteren Fauves (Bild 1). und Vorbild der Surrealisten. Dieser Meilen- In Deutschland gibt es über 6.000 Mu- stein der Sammlung wird ergänzt durch ei- seen. Nordrhein-Westfalen besitzt eine der nen umfangreichen Bestand zur Kunst des

Bild 1: Clemens Sels Museum Neuss, 2014 (© Clemens Sels Museum Neuss, Fotograf: Martin Langenberg)

Dr. Uta Husmeier-Schirlitz | Das Museum neu denken | Seite 29 bis 33 rheinform 01/2015 30 rheinblick Museumsportraits

Bild 2: Gustave Mo- fast vollständig ausgegrabenes römisches reau, Der Abend, 1887, Legionslager. Dementsprechend befinden Aquarell auf Papier, sich im Museum zahlreiche Neusser Funde, Clemens Sels Museum die einen besonderen Blick auf die frühe Neuss römische Geschichte des Rheinlandes er- (© Clemens Sels Museum möglichen. Die Position des Museums zu Neuss, Fotograf: Carsten stärken, heißt, die Sammlung hervorzu- Gliese) heben, ihre Einzigartigkeit zu betonen und für die Besucher wahrnehmbar zu machen. Dies ist das zentrale Anliegen der Neuprä- sentation zur Wiedereröffnung des Hauses 2015.

Präsentation der Spitzenstücke

Das Clemens Sels Museum Neuss verfügt über eine ganze Reihe von hochkarätigen Meisterwerken. Einige konnten aufgrund ihrer Fragilität bisher nur sehr selten und nur für einen kurzen Zeitraum gezeigt wer- den. Dazu gehören vor allem die beiden hervorragenden Aquarelle „Der Abend“ (Bild 2) und „Die Sphinx“ von Gustave Mo- reau und das bereits erwähnte Blatt „Kan- dern IV“ von August Macke. Durch speziell Symbolismus von internationalem Rang. für diese Werke angefertigte Klimavitrinen Darüber hinaus bildet die Sammlung zum in Verbindung mit der neu installierten „Rheinischen Expressionismus“ einen wei- LED-Beleuchtung im Haus wird es künftig teren wichtigen Schwerpunkt des Hauses. möglich sein, diese Werke über einen län- So befinden sich beispielsweise herausra- geren Zeitraum der Öffentlichkeit zu prä- gende Werke von Heinrich Campendonk in sentieren. Auch die drei Hinterglasbilder der Sammlung. Mit dem Aquarell „Kandern von Heinrich Campendonk stellen einen IV“ von August Macke besitzt das Muse- besonders fragilen Schatz des Hauses dar. um sogar die womöglich letzte Arbeit des Während der Schließung hat das Clemens Künstlers, der bereits 1914 als Soldat im Sels Museum Neuss an einem Forschungs- Ersten Weltkrieg fiel. Nicht zu vernachläs- projekt zu den Hinterglasbildern Campen- sigen ist auch die Sammlung zur Kunst der donks und des „Blauen Reiters“ teilgenom- Naiven, die neben der Sammlung von Char- men, welches vom Dörner Institut in lotte Zander zu den wichtigsten in Deutsch- München begleitet wurde und in der Res- land zählt. Seit den 1980er Jahren sammelt taurierung der drei Werke durch eine aus- das Clemens Sels Museum Neuss ebenso gewiesene Spezialistin für Hinterglasmale- Werke der Farbmalerei von internationaler rei mündete. Zur Wiedereröffnung erstrah- Bedeutung. Der über 5.000 Objekte um- len die Werke nun in ihrem nahezu fassende Bestand der populären Druck- ursprünglichen Glanz. grafik ist seit 2010 in einer Dependance, dem sogenannten Feld-Haus, angesiedelt Raus aus dem Depot und bildet einen wichtigen Brückenschlag zwischen der kunst- und kulturgeschicht- Aus brandschutztechnischen Gründen lichen Sammlung des Hauses. Auch dieser musste die Fachbibliothek des Museums an Schwerpunkt ist ein Alleinstellungsmerkmal bisheriger Stelle geräumt werden. Dadurch innerhalb der Museumslandschaft in Nord- steht jetzt ein weiterer, rund 100 m² großer rhein-Westfalen. Neben diesen gewichtigen Ausstellungsraum im ersten Obergeschoss Beständen darf der stadt- und kulturge- des Deilmannbaues zur Verfügung. Dieser schichtliche Bereich des Museums nicht bietet nun die Möglichkeit, die Kunst der vergessen werden. Denn Neuss gehört zu Naiven, die in den letzten Jahren nur in den ältesten Städten in Deutschland und Wechselausstellungen gezeigt werden konn- verfügt als einzige Stadt in Europa über ein te, dauerhaft in die Sammlungspräsentation rheinform 01/2015 Dr. Uta Husmeier-Schirlitz | Das Museum neu denken Museumsportraits rheinblick 31 zu integrieren. Von den fast 500 Gemälden Bild 3: Séraphine Lou- und über 250 Skulpturen wird eine reprä- is, Kirschen und gelbe sentative Auswahl zu sehen sein. Weitere Blätter, um 1930, Öl Stücke und Ensembles werden das Depot auf Leinwand, Clemens verlassen, um das Museumsprofil zu schär- Sels Museum Neuss fen (Bild 3). (© Clemens Sels Museum Neuss, Fotograf: Jörg Individualität versus Schanze) Einheitlichkeit

An die Neupräsentation eines Mehrsparten- hauses werden besondere Anforderungen gestellt, da die verschiedenen Sammlungs- bereiche aufgrund der großen Objektviel- falt sehr unterschiedliche Ansprüche an die Präsentation stellen. Daher ist es besonders wichtig, eine Balance zwischen Individuali- tät und Einheitlichkeit zu finden. Dies gilt sowohl für die Gestaltung der Räume als auch für die Präsentation der Objekte. Da- her wurde für das gesamte Haus ein Farb- eigenen Seminarraum. Dieser wurde in der konzept entworfen, welches die einzelnen Zeit der Schließung neu konzipiert und neu Sammlungsbereiche klar voneinander un- gestaltet. terscheidet. Die Farbwahl wurde spezifisch auf die künftig gezeigten Objekte abge- Die Besucherinnen und Besucher stimmt. Ein einheitliches Erscheinungsbild willkommen heißen der verschiedenen Ausstellungsetagen wird durch eine übereinstimmende Typografie Der erste Eindruck, den der Besucher beim erreicht, die für die Wandtexte ebenso wie Betreten des Museumsgebäudes erhält, etwa für die Objektbeschriftungen verwen- ist von entscheidender Bedeutung. Oft- det wird. Dadurch wird die Zusammenge- mals beeinflusst dieser nachhaltig, ob der hörigkeit der Sammlung durch alle Sparten Besucher den Aufenthalt als positiv oder hindurch demonstriert. Ebenso wurde ein negativ in Erinnerung behält. Daher ist demontierbares Vitrinensystem entwickelt, es besonders wichtig, einen offenen und welches in allen Bereichen eingesetzt wer- freundlichen Eindruck im Entrée-Bereich zu den kann. Allein die Innenausstattung der erreichen. Dies stellt unter den architekto- Vitrinen folgt den individuellen Bedürf- nischen Gegebenheiten des Deilmannbaues nissen der jeweiligen Abteilung. Für alle eine besondere Herausforderung dar. Um Sammlungsbereiche gleichermaßen von dieses Ziel zu erreichen, wurde der gesam- Bedeutung ist die Vertiefung der Betrach- te Eingangsbereich neu gestaltet. In dem tung durch zusätzliche Interaktion. Daher innovativen Design der Informationstheke, wurde insbesondere für die Zielgruppe der des Shops und der angrenzenden Cafeteria Kinder ein modulares System für die soge- spiegelt sich die Absicht wider, dem Besu- nannten „Aktionswürfel“ entwickelt, die an cher ein angemessenes und zeitgemäßes verschiedenen Stellen in den Ausstellungs- Ambiente und Serviceangebot anzubieten. räumen zur Verfügung stehen. Anhand der „Aktionswürfel“ können einzelne Aspekte Neues Publikum gewinnen der vielfältigen Themen in Kunst- und Kulturgeschichte vertieft werden. Das Ziel Im Zeitalter der digitalen Medien hat sich dieses Angebotes besteht darin, neben der der Anspruch der Besucher auf die Verfüg- visuellen Wahrnehmung auch weitere Sin- barkeit von Informationen von 24 Stunden ne wie die Haptik anzusprechen, um eine an 365 Tagen im Jahr als Standard eta- intensivere Annäherung an vorgestellte bliert. Um diesem Bedürfnis gerecht zu Themen und ausgestellte Exponate zu er- werden, ist eine attraktive Website für ein reichen. Um die kreative Auseinanderset- Museum unverzichtbar. Denn diese fungiert zung mit der Sammlung zu fördern, gibt als Visitenkarte des Hauses und ist zugleich es im Deilmannbau darüber hinaus einen ein wichtiger Faktor für die Entscheidung,

Dr. Uta Husmeier-Schirlitz | Das Museum neu denken rheinform 01/2015 32 rheinblick Museumsportraits

ob ein angedachter Museumsbesuch re- zunehmend internationales Publikum an. alisiert wird. Als Resultat der intensiven Um dem Interesse der auswärtigen Gäste Auseinandersetzung mit der Außenwirkung adäquat zu begegnen, erfolgt im Zuge der des Clemens Sels Museums Neuss wurde Vorbereitungen auf die Wiedereröffnung ein neues Corporate Design entworfen, die durchgängige Einführung der Bilingua- welches noch vor der Wiedereröffnung lität in den Sprachen Deutsch und Englisch. des Museums vorgestellt wird. Auch eine Dies bezieht sich nicht nur auf die bereits neukonzipierte und neugestaltete Home- erwähnte Website, sondern setzt sich auch page wird bereits zuvor online gehen, um im Audio- und Printbereich fort. Das Cle- ein breites Publikum auf das kommende mens Sels Museum Neuss verstärkt damit Ereignis der Wiedereröffnung, die neuen seine Öffnung für ein internationales Pub- Ausstellungen und zahlreichen neuen An- likum und spiegelt seine Reputation auch gebote aufmerksam zu machen. Die neue im Ausland wider. digitale Welt übt sowohl auf die Kunst als auch auf das Format Museum einen weit- Kunst und Kultur erleben reichenden Einfluss aus. Die Beschäftigung mit den sich daraus entwickelnden Verän- Die lebendige Vermittlung der kunst- und derungen ist ein virulentes Thema, dem im kulturgeschichtlichen Inhalte hat im Cle- Clemens Sels Museum Neuss ein adäquater mens Sels Museum Neuss eine lange Tra- Raum eingeräumt wird. Daher eröffnet das dition. Seit 2010 trägt zusätzlich das Motto Haus parallel zur Dauerpräsentation die „Kunst und Kultur erleben“ zur Positionie- Wechselausstellung „re:set. Abstract pain- rung des Hauses als Ort für die erlebnis- ting in a digital world“, um die komplexen orientierte Auseinandersetzung mit Kunst Einflüsse nachzuzeichnen, die die digitalen und Kultur bei. Auch in Zukunft liegt ein Welten auf die aktuelle Kunstproduktion besonderer Fokus auf der Bereitstellung ausüben. Den Fragestellungen, welche die eines nachhaltigen Vermittlungsangebotes neuen Medien an die Präsentationsformen für Einzelbesucher und Gruppen aller Al- und -möglichkeiten von Kunst stellen, tersstufen. Für den Einzelbesucher ist die wird ebenso im Rahmen eines innovativen erstmalige Einführung eines Audioguides Projektes nachgegangen. Unter dem Titel auf Deutsch und Englisch von besonderer „Freiland“ entsteht ein virtueller Ausstel- Bedeutung. Auch für Kinder wird ein „Ge- lungsraum, der die Funktionsweisen und hörgang“ durch das Museum angeboten. Als Strukturen des Internets untersucht und medienpädagogisches Kooperationsprojekt dabei offenlegt, wie die digitale Transfor- zwischen dem Schulamt des Rhein-Kreises mation und Präsentation von Exponaten im Neuss und dem Clemens Sels Museum Internet die Wahrnehmung gegenüber der Neuss entstanden hörspielartige Beiträge musealen Ausstellung verändert. Vor dem unter der Beteiligung von mehr als zehn Hintergrund des großen Interesses an den Grundschulen. Nicht nur im Haupthaus, neuen Medien sollen beide Projekte dazu sondern auch in der Dependance, dem dienen, die Attraktivität des Clemens Sels Feld-Haus, erwarten die Besucherinnen Museums Neuss gerade für die junge Gene- und Besucher nun medial gestützte Ob- ration entscheidend zu verbessern. jekterläuterungen. An fünf iPad-Stationen Auch die Kunst des Symbolismus mit erfährt man Wissenswertes über alle Gat- ihren surrealen Zügen wird zeitgenössisch tungen der Populären Druckgrafik. Darüber interpretiert. Die in Berlin lebende Künstle- hinaus erscheint auch eine neue Publikation rin Barbara Breitenfellner entwickelt in der zur Sammlung des Clemens Sels Museums Auseinandersetzung mit der hauseigenen Neuss in einer deutschen und englischen Sammlung eine künstlerische Intervention Fassung. Auf mehr als 150 Seiten werden vor Ort. Dieses Projekt ist Teil der dezent- Exponate aus allen Sammlungsbereichen ralen Ausstellungsinitiative „25/25/25“ der vorgestellt. Kunststiftung NRW, deren Jury das Clemens Um Gruppen die Bestände des Museums Sels Museum Neuss in Anerkennung seiner näherzubringen, wurden für das klassische bisher geleisteten Arbeit als Ausstellungs- Veranstaltungsformat der Führung innova- ort ausgewählt hat. tive Varianten erarbeitet. So werden etwa 2012 feierte das Haus sein 100-jähri- iPad-gestützte Führungen angeboten, bei ges Jubiläum. Die zahlreichen Ausstel- denen durch das Heranzoomen auf interes- lungen und Veranstaltungen lockten ein sante und wichtige Details eines Bildwerkes rheinform 01/2015 Dr. Uta Husmeier-Schirlitz | Das Museum neu denken Museumsportraits rheinblick 33 aufmerksam gemacht wird. Weitere Neue- rungen stellen begleitende Rundgänge dar, MUSEUMS-INFO die etwa „die Bilder zum Sprechen“ oder – wie bereits im Rahmen von Wechselaus- Clemens Sels Museum Neuss stellungen bewährt – die Kunstwerke „zum Am Obertor Duften“ bringen. Zusätzlich werden neu 41460 Neuss konzipierte Veranstaltungen angeboten, die Tel.: 02131 904141 sowohl für Einzelbesucher als auch für Mail: info@clemens-sels-museum- Gruppen nutzbar sind. Dabei gilt es, das neuss.de Erleben der Sammlung unter einem neuen clemes-sels-museum-neuss.de Blickwinkel zu fördern. Dazu gehören u. a. Web: die meditative Betrachtung und Vertiefung in ein Kunstwerk (Bild 4).

Bild 4: Volker Wevers, Nova Nova, 2008, Öl auf Leinwand, im Besitz des Künstlers (© Clemens Sels Museum Neuss, Fotograf: Jens Ziehe)

Die vielfältigen Neuerungen zur Wieder- eröffnung unterstreichen und festigen die Einzigartigkeit des Clemens Sels Museums Neuss innerhalb der Museumslandschaft von Nordrhein-Westfalen und darüber hi- naus. Ab dem 17. Mai 2015 besteht für die Öffentlichkeit die Möglichkeit, sich vom neuen Gesamtkonzept des Hauses selbst zu überzeugen.

Dr. Uta Husmeier-Schirlitz | Das Museum neu denken rheinform 01/2015 34 rheinblick weitere Museumsportraits

geben Fotos und Gemälde von Per- an dem sich ein Sandsteinbruch Heimatmuseum, sonen den in der Dauerausstellung befindet, bauten bereits die Römer Wesel-Bislich gezeigten Objekten und Lebensum- Buntsandstein ab. Die Bedeutung Dauerausstellung ständen konkrete Gesichter. Hier des Ausstellungsortes für das VIA- aktualisiert und erweitert und in anderen Bereichen bieten Projekt ergibt sich aus dem Aspekt moderne Touchscreen-Computer der Handels- und Fernstraße aus Nachdem das im Weseler Stadtteil die Möglichkeit, sich intensiver späterer Perspektive. Die Höhen- Bislich gelegene Museum in zwei mit den jeweiligen Themen zu be- feste Burg Rode diente der Siche- Neubauten, mit der Einrichtung ei- schäftigen. Zugleich werden damit rung eines neuen Zweiges der alten nes Rhein-Deich-Museums (im Jahr die Bestände des Foto- und Text- Römerroute, der Köln mit den wich- 2000) und eines Ziegelmuseums archivs unmittelbarer zugänglich. tigen Handelszentren in Flandern (im Jahr 2006), neue Themenaus- Über eine Suchfunktion lassen sich und Brabant verband. Zollburg, stellungen mit regionalem Bezug z. B. Totenzettel, Porträtaufnahmen Verwaltungssitz, Gericht, Lazarett setzen konnte, standen in den und Fotos von Gebäuden ermitteln. und Rathaus – Burg Rode hat eine letzten drei Jahren eine räumliche Ausblick: In einem weiteren Schritt facettenreiche Vergangenheit. Ausweitung und völlige Überarbei- werden demnächst die Themen- Die Ausstellung in den atmosphä- tung der bisherigen Dauerausstel- einheiten „Bislich im Ersten und rischen Gewölberäumen der Burg lung im Haupthaus an. Dank groß- Zweiten Weltkrieg“, „NS-Zeit“, lädt die Besucher zu einer kleinen zügiger Unterstützung seitens des „Wiederaufbau“, „Eingemeindung Reise in die Geschichte der Burg Landschaftsverbandes Rheinland und aktuelle Dorfentwicklung“ die und des Landes von Rode ein. Sie (LVR) und der Stadt Wesel konnten Ausstellung bis in das 21. Jahrhun- tauchen ein in die Bau- und Nut- wichtige bauliche Voraussetzungen dert weiterführen. zungsgeschichte der Burg Rode, für einen geordneten Museumsbe- Heimatmuseum Wesel-Bislich / die schaurige Zeit der „Bockrei- trieb sowie ein separater Raum für Peter von Bein ter“, einer Räuberbande des 18. Sonderausstellungen geschaffen Jahrhunderts, der inquisitionsähn- werden. MUSEUM lichen Justiz der Zeit, und werfen Im Eingangsbereich werden die www.bislich.de/content/ einen Blick zu den niederländischen Gäste auf eine Zeitreise mitgenom- museum-bislich Nachbarn in der Grenzregion vis á men. Unter dem Motto „Husch, hu- vis von Burg, Abteikomplex Rolduc sch, durch die Bislicher Geschichte“ und der ehemaligen Mühle der Ab- Burg Rode, Herzogenrath bieten zwölf Themeneinheiten von tei, der Baalsbrugger Mühle. Durch der Eiszeit bis in die frühe Neuzeit die Erschließung des Außenberei- Einrichtung einer Dauer- eine spannende Einführung in die ches können die Besuchenden an ausstellung auf Burg Rode niederrheinische Geschichte unter im Rahmen des Projektes markanten Außenpunkten in die besonderer Berücksichtigung Bisli- „VIA Erlebnisraum- Stadt und die Region wie durch ein cher Besonderheiten. Römerstraße“ Zeitfenster schauen. Die neugestaltete Dauerausstellung Die Ausstellung ist zu den Öff- widmet sich dem Dorfleben im 19. Die Burg Rode in Herzogenrath ist nungszeiten des Burg-Cafés in und 20. Jahrhundert. Ausgehend Schauplatz einer Dauerausstellung den Monaten April–Oktober jeweils von der früher den Alltag prägen- im Rahmen des EU-Förderprojektes Sa. & So. von 14:00–18:00 Uhr den (katholischen) Religion, führt „VIA Erlebnisraum-Römerstraße“. zugänglich. Bitte wenden Sie sich der Rundgang durch die Bereiche Die heutige Stadt Herzogenrath, an das Personal des Cafés. Außer- „Hauswirtschaft“, „Kindheit und die mit dem benachbarten nie- halb dieser Öffnungszeiten ist ein Schule“, „soziale Sicherung und derländischen Kerkade die Eu- Besuch für Gruppen nach Termin- medizinische Versorgung“, „Dorf- ropastadt „Eurode“ bildet, wird absprache möglich. handwerk und Landwirtschaft“ bis auf den ersten Blick nicht mit der Burg Rode / Ingo Klein in die Moderne, als sich nicht zu- Römerzeit in Verbindung gebracht. letzt durch die Elektrifizierung des Das damalige „Land von s‘ Herto- MUSEUM ländlichen Raumes die Lebensver- genrode“ war nachweislich vom www.burgrode.de hältnisse radikal änderten. In der ersten bis vierten Jahrhundert in Abteilung „Bislich(er) im Porträt“ römischer Hand. Am Nivelstein, rheinform 01/2015 weitere Museumsportraits | Seite 34 bis 37 weitere Museumsportraits rheinblick 35

und umgesetzt. Immer wieder neu Museum Abteiberg, MUSEUM aufkommende Fragestellungen füh- Mönchengladbach www.museum-abteiberg.de ren zu anderen, dem besonderen Neue Präsentation der Zweck angepassten, technischen Lösungen. Transparente Einblicke Sammlung Deutsches Röntgen- in die technischen Grundstruktu- Museum, Remscheid Weite Teile der Kunstsammlung des ren ermöglichen den Besuchern ein Museums Abteiberg präsentieren Verstehen der besonderen Anforde- Fortschritt durch sich seit dem 26. Oktober 2014 in rungen und Funktionen. Spezialisierung – deutlich veränderter Form. Unter Röntgentechnik im 20. Die Präsentation der Geräte im der Regie von Oberkustodin Dr. Jahrhundert: neuen Schauarchiv zeigt einen Hannelore Kersting entstanden teils Das neue Schauarchiv Querschnitt aus den Sammlungen. unkonventionelle Konstellationen, Die seit Röntgens Entdeckung 1895 von denen nicht alle in Lehrbüchern Das Deutsche Röntgen-Museum entstandenen Formen und Funktio- stehen mögen, die aber nicht zu- beherbergt eine in der Welt ein- nen eröffnen einen facettenreichen letzt deshalb eine erfrischend an- malige Sammlung von Exponaten Blick in das vielfältige Anwendungs- dersartige Sicht auf Kunstwerke zur Erforschung und Anwendung spektrum der Röntgenstrahlen, die und Architektur eröffnen. Neben von Röntgenstrahlen. Unterstützt weit über das medizinische Feld Neuerwerbungen der jüngeren von der NRW-Stiftung und in en- hinausragen. Beim genaueren Be- Vergangenheit etwa von Thomas ger Zusammenarbeit mit dem trachten zeigt sich eine besondere Houseago, Rita McBride oder And- Landschaftsverband Rheinland Ästhetik der technischen Details reas Siekmann sind auch zahlreiche wurde ein neues Ausstellungskon- und des Zusammenspiels der For- ältere Werke des Bestandes neu zu zept entwickelt, das es Besuchern men und Materialien. entdecken, von denen viele nach möglich macht, einen Blick in die Deutsches Röntgen-Museum längerer Zeit erstmals wieder öf- faszinierende Vielfalt dieser tech- Remscheid / Dr. Uwe Busch fentlich zu sehen sind. Dabei hat nischen Geräte zu werfen. In einer sich unter anderem der Charakter depotähnlichen Inszenierung wird MUSEUM der nunmehr Licht durchfluteten, die Vielfalt und Masse, aber auch www.roentgenmuseum.de weitläufigen Gartenebene deut- besondere Ästhetik der Samm- lich verändert. Eine neue Anord- lungsobjekte augenscheinlich. DIZeum Ledigenheim nung der variablen Wände schafft Die historischen, gegenwärtigen Lohberg nunmehr eine luftige und leichte und zukünftigen Anwendungen der Raumsituation voller Blickachsen Röntgenstrahlen sind vielfältig. Sie Das Dokumentations- und und vielfältiger Korrespondenzen, erstrecken sich vom Mikro- bis zum Informationszentrum die auf die Auswahl und Zusam- Makrokosmos. Kleinste Zellstruktu- Ledigenheime menstellung der Exponate Bezug ren und Magnetdomänen, Moleküle nehmen. Nicht zuletzt auch die und Kristalle, Materialien und Werk- Seit September 2014 ist das Do- quadratischen Räume mit Werken stoffe, Fossilien und archäologische kumentations- und Informations- der Expressionisten und der Kon- Funde, Kunstwerke und Mumien, zentrum Ledigenheime (DIZeum) struktivisten zeigen sich in neuem Koffer und Container, Sterne und in Dinslaken-Lohberg eröffnet. Es Licht, so wie auch die Auswahl der Galaxien sind einige ihrer Untersu- hat sich zur Aufgabe gemacht, ein Fotografien von Man Ray erweitert chungsobjekte. Die dazu verwen- besonderes Kapitel der Bergbau- wurde. Dies sind nur einige wenige dete Röntgentechnik ist ebenso geschichte Nordrhein-Westfalens der vielen Neuerungen in der aktu- vielfältig wie hoch technisiert. Sie zu bewahren und zu präsentieren. ellen Präsentation der Sammlung, ist dabei aber keine geradlinige Das DIZeum verfügt über eine in der bis auf weiteres lange nicht Fortsetzung und automatische Sammlung und stellt diese Inter- mehr oder noch nie gezeigte Werke Konsequenz technisch-historischer essierten für Nachforschungen zur von Roni Horn, Morgan Fisher, Sig- Entwicklungen. Röntgentechnik ist Verfügung. Daneben gibt es einen mar Polke, Richard Serra, Robert vielmehr auf die unterschiedlichen Ausstellungsbereich, der mehrere Ryman, Joseph Marioni, Rebecca Anwendungsfelder mit ihren spe- Elemente beherbergt. Im ersten Quaytman, Hans-Peter Webel, zifischen Fragestellungen genau Ausstellungsraum ist ein „deut- Thomas Rentmeister, Isa Genzken, abgestimmt. Dabei wird das grund- scher Türstock“ von Bergleuten David Shrigley, Richard Tuttle, Hen- legende Prinzip der Erzeugung der aufgebaut worden. Durch die reich rik Olesen, Jochen Gerz und viele Strahlung, der Durchleuchtung bebilderte Tafelausstellung werden andere mehr zu sehen sind. des Objektes, der Detektion und viele Aspekte von Ledigenheimen Museum Abteiberg / der Analyse des Strahlenreliefs je- beschrieben. Es finden sich hier Dr. Hannelore Kersting weils unterschiedlich interpretiert auch spannende Schilderungen von

rheinform 01/2015 36 rheinblick weitere Museumsportraits

Zeitzeugen und Zeitzeuginnen. Drei farbigen Bauhaus-Tapeten hängen. NS-Dokumentationsstell Vitrinen mit Originalexponaten ver- Im Gesamteindruck soll es das der Stadt Krefeld (Villa deutlichen die Komplexe „Privatle- Eindringen der Diktatur auch in die Merländer) ben“, „Arbeitsalltag“ sowie „Betrieb privatesten Räume visualisieren eines Ledigenheimes“. Besonders Die erste Stufe der und unterstreicht den Charakter liebevoll gestaltet ist das kleine überarbeiteten Ausstellung der Villa Merländer als ehemaliges Kino. Hier erzählen Zeitzeugen und ist abgeschlossen Wohnhaus. So fällt der Besucherin Zeitzeuginnen von ihren Erfahrun- und dem Besucher beim Betreten gen, die sie mit und in Ledigenhei- In der Krefelder Villa Merländer – des Hauses auch sofort ein ange- men gemacht haben. Der neben- NS-Dokumentationsstelle der Stadt deutetes Wohnzimmer ins Auge. an liegende Wohnraum, der die Krefeld – kam die vollständige Zentral angeordnet darin ist ein Situation von etwa 1920 abbildet, Überarbeitung aller Ausstellungsta- Radio. Die Szene mit Spitzendeck- vermittelt die Atmosphäre eines ty- feln zum Abschluß, die erste Stufe chen und Familienfotos ist dezent pischen Ledigenheimzimmers. Hier zur Renovierung der Ausstellung durch – eine nach 1933 übliche befinden sich vier Eisenbetten mit ist somit abgeschlossen. Auch Kombination – ein Hitler-Bild und kleinen Nachttischen, Holzspinde nach Beifügung weiterer geplanter eine zeitgenössische Interpretati- für die Habseligkeiten der Arbeiter, Elemente wie Hör, Seh- und Riech- on Friedrichs des Großen gerahmt. ein Tisch sowie vier Stühle. Viel stationen wird sich an der themati- Optisch aufgewertet zeigen sich mehr an Einrichtungsgegenständen schen Raumaufteilung nichts mehr die Räume durch neue Vitrinen. standen den Bewohnern nicht zur ändern: Der erste Raum behandelt Diese wurden extra für die Villa Verfügung. Der Raum wurde nach die Etablierung der nationalsozia- Merländer angefertigt und sollen an zur Verfügung stehenden Foto- listischen Herrschaft in Krefeld, der die von Heinrich Campendonk be- vorlagen in seiner Gestaltung und zweite befaßt sich mit dem neuen malten Möbel aus dem häuslichen Einrichtung rekonstruiert. Alltag in der Stadt, in der ehema- Arbeitszimmer Richard Merländers Das Ledigenheim Lohberg, in dem ligen Garage Richard Merländers erinnern. Sie haben neben dem sich das DIZeum befindet, ist ein wird das Thema Judenverfolgung ästhetischen Anspruch eine höchst idealer Ort für die Einrichtung. dargestellt, und im letzten Raum praktische Funktion, ermöglichen Es wurde als Ledigenheim gebaut finden sich Informationen zum sie doch das Zeigen von Exponaten, und über Jahrzehnte als solches Kriegsgeschehen in der von Bom- die wegen ihrer Empfindlichkeit vor genutzt. Das Gebäude ist denk- benangriffen gebeutelten Stadt. Licht geschützt werden müssen. malgeschützt und als solches vor Ergänzt wird die Präsentation durch Probevisiten mit Schulgruppen ver- wenigen Jahren saniert und res- die Installation „Luftschutzkeller“ schiedener Altersstufen ergaben, tauriert worden. Mit der Stiftung im ehemaligen Luftschutzkeller des dass die Ausstellung von ihnen gut Ledigenheim gibt es dort einen Hauses und die neue Einbindung angenommen wird. Schülerinnen verlässlichen Partner, der eine sol- des Campendonk-Raumes. und Schüler empfehlen Freundin- che Einrichtung auf Dauer betreuen Innerhalb dieser Gliederung wurden nen und Freunden den Besuch der und die Existenz sicherstellen kann. bisher nicht behandelte Themen Villa Merländer, wenn sie sich mit Der Besuch des DIZeums kann neu aufgenommen: beispielsweise der Zeit des Nationalsozialismus mit einem Spaziergang durch die die Rolle von Polizei und Justiz, der beschäftigen wollen. Gartenstadt Lohberg entlang eines Einfluss der NS-Organisationen, Villa Meerländer / Dr. Ingrid historischen Tafelrundweges sowie der Kriegsvorbereitung, die Ver- Schupetta den kürzlich eröffneten Bergpark folgung von Roma und Sinti, der Lohberg kombiniert werden. Die Kranken- und Kindermord sowie MUSEUM Einrichtung eignet sich gut für ei- die Gegenemanzipation. Dazu gibt www.villa-merlaender.de nen Tagesausflug. es bislang nicht gezeigte Fotos und Stiftung Ledigenheim Lohberg / Kopien zahlreicher Dokumente aus André Wilger verschiedenen Archiven zu sehen. Aus dem alten Konzept übernom- INFORMATION men wurde die stark personalisier- www.ledigenheim-lohberg.de te Darstellung. So begegnen dem Besucher handelnde Personen wie der damalige Oberbürgermeister und der Kreisleiter in der Ausstel- lung gleich an mehreren Stellen. Das neue Layout der Ausstellungs- tafeln zeigt Fotos und Dokumente in Bilderrahmen, die scheinbar auf rheinform 01/2015 weitere Museumsportraits rheinblick 37

schönes Beispiel mit intensiver MKM Museum Wirkung. Küppersmühle für MKM Museum Küppersmühle / tm Moderne Kunst, Duisburg MUSEUM Neue Räume mit Werken von Anselm Kiefer und www.museum-kueppersmuehle.de Peter Brüning

Das MKM Museum Küppersmühle eröffnete zwei neue Räume mit Arbeiten von Anselm Kiefer und Peter Brüning aus der Sammlung Ströher. Neben den Bildern gehören Bücher für den in Frankreich lebenden Künstler Anselm Kiefer zu den ele- mentarsten Ausdrucksmöglichkei- ten seines Wirkens – Bücher aus Blei, Lehm, Pflanzen und Fotogra- fien, gewidmet den unterschiedli- chen Figuren und Ereignissen der Geschichte. Zwei solcher Bücher und zwei Gemälde sind nun in dem von MKM-Direktor Walter Smerling neu gestalteten Raum im MKM zu sehen, zusammen mit den Gemälden „Die goldene Bul- le“ (1985) und „Johannisnacht“ (1981). Die neuen Werke ersetzen die Arbeiten „Die Treppe“ (1982) und „Dem unbekannten Maler“ (1983), die als Leihgaben auf län- gere Ausstellungstournee gehen, zunächst an die Royal Academy of Arts, London, und später ins Centre Pompidou, Paris. Dominierende Aspekte von Peter Brünings Arbeit hingegen sind Raum und Landschaft, denen er in höchst unterschiedlicher Weise nachgeht. Das MKM präsentiert fünf seiner zu Beginn der 1960er Jahre entstandenen Werke. Es handelt sich um gestisch-abstrak- te, informelle Bildkompositionen und solche in Form einer karto- grafischen Zeichensprache, die scheinbar praktische Hinweise geben, sich in der Landschaft zu- rechtzufinden, dies letztlich aber doch nicht einlösen. In einem seiner Interviews sagte Brüning: „Die ganze Entwicklung meiner Arbeit ist hauptsächlich durch das Problem der Raumauffassung in der Malerei bestimmt.“ Der neue Raum im MKM ist hierfür ein

rheinform 01/2015 38 rheingehen Sonderausstellungen

„himmelwärts“. Religiöses Leben an Rhein und Maas Kulturgeschichtliches Museumsnetzwerk Niederrhein präsentiert neues Themenjahr

Dr. Britta Spies

Bild 1: In der höchsten Mit der Eröffnung „Bös teutsch, bös evan- Die Ansätze sind dabei so unterschied- Lounge Deutschlands, gelisch“ im Städtischen Museum Schloss lich wie die beteiligten Häuser. Der rote im Düsseldorfer Rhein- Rheydt am 2. November 2014 startete das Faden, der die verschiedenen Präsenta- turm auf 168 Meter Kulturgeschichtliche Museumsnetzwerk tionen durchzieht, ist einfach, aber doch Höhe mit Aussicht Niederrhein nach „Familiengeschichte(n)“ überraschend: Die Annahme, der Nieder- auf den Niederrhein, (2012/2013) sowie „Alt Bier und nieder- rhein mit all seinen Kirchen, Klöstern und präsentierten die rheinisch-limburgische ALTernativen“ Wallfahrtsorten sei grundkatholisch, ist Mitwirkenden des (2013/2014) sein nunmehr drittes The- falsch! Im Gegenteil: Der Blick in die Ver- Kulturgeschichtlichen menjahr unter dem Motto „himmelwärts“. gangenheit, aber auch auf die Gegenwart Museumsnetzwerks bei Bis zum Frühjahr 2016 nehmen rund 50 zeigt, dass die Menschen im Land zwischen der Pressekonferenz am deutsche und niederländische Museen und Rhein und Maas seit dem 17. Jahrhundert 22. Oktober 2014 das Kultureinrichtungen in zahlreichen Ausstel- ein multireligiöses und gleichsam multi- neue Themenjahr. lungen und Begleitveranstaltungen das kulturelles Miteinander leben. Katholiken, (© Kulturraum Nie- religiöse Leben an Rhein und Maas in den Protestanten, freikirchliche Gemeinschaf- derrhein, Fotografin: Blick (Laufzeit 2. November 2014 bis März ten, jüdische Gemeinden, inzwischen auch Martina Hellmich) 2016) (Bild 1). Muslime, Hindus und Buddhisten – die

rheinform 01/2015 Dr. Britta Spies | „himmelwärts“. Religiöses Leben an Rhein und Maas | Seite 38 bis 40 Sonderausstellungen rheingehen 39

Region zwischen Rhein und Maas ist ein Religion im Alltag Schmelztiegel der Religionen. Dies hat den Niederrhein geprägt und hat ihn in Bewe- Viele Häuser zeigen auf, wie sehr Religion gung gehalten. Die Zuwanderer brachten und Glaube noch vor wenigen Generatio- nicht nur ihre Weltanschauungen, sondern nen das Alltagsleben der Menschen geprägt auch ihre Fähigkeiten mit. Ihr technisches haben. Dabei geht es um religiöse Feste und handwerkliches Know-how bildete (Heimatmuseum Kamps Pitter, Willich- häufig den Motor für Fortschritt, Kultur Schiefbahn; Niederrheinisches Freilichtmu- und Bildung. Vielfalt wurde zum Mehrwert seum, Grefrath), Glaubensrituale (Museum und Toleranz zum Zauberwort für die wirt- Katharinenhof Kranenburg), Textilien und schaftliche Prosperität so mancher Stadt in Paramente (Flachsmuseum, Wegberg; dieser Region. Textilmuseum Die Scheune, Nettetal; Deut- sches Textilmuseum Krefeld), besondere Leitthema Toleranz Festtagsspeisen (Ortsgeschichtliches Muse- um Neukirchen-Vluyn), Heiligenbilder und Mit Fragen der religiösen Toleranz beschäf- Andachtsgrafiken (Feld-Haus – Museum tigen sich etwa die Ausstellungen im Muse- für populäre Druckgrafik, Neuss; Museum um Burg Linn in Krefeld oder das Museum de Kantfabriek, Horst), Wallfahrten und der Niederrheinischen Seele in Grevenbro- Heiligenverehrung (Städtisches Kramer- ich. Das Royal Air Force Museum fragt, wie Museum, Kempen; „Viersener Salon“ in der sich auf dem ehemaligen Militärstützpunkt Villa Marx; Museum het Domein, Sittard; in Weeze die verschiedenen Religionsgrup- Missiemuseum Steyl) oder den Zusam- pen miteinander arrangiert haben. Das menschluss zu religiösen Bruderschaften Grafschafter Museum im Moerser Schloss (Rheinisches Schützenmuseum Neuss; lotet dagegen in einer Ausstellung zur He- Museum van de Vrouw, Echt). Auch die xenverfolgung die Grenzen der Toleranz in größten Zeugnisse religiösen Lebens, die Glaubensfragen aus. Kirchenbauten, werden in Ausstellungen Andere Häuser stellen die Geschichte (Museum Kulturbahnhof Korschenbroich; einer Religionsgemeinschaft in den Mit- Limburgs Museum, Venlo) vorgestellt oder telpunkt: So spürt das Museum Schloss im Rahmen von Exkursionen (Duisburg; Rheydt den Geschehnissen der Reformation Nettetal-Hinsbeck; Sittard) besucht. Das am Niederrhein nach, das Haus der Seiden- Museum Tuppenhof in Kaarst beleuchtet kultur in Krefeld fragt nach dem Einfluss die gesamte Vielfalt dieser Glaubensäuße- der Mennoniten, das Preußen-Museum We- rungen „zwischen Kirche und Herrgotts- sel nach dem Leben der Hugenotten, und winkel“. Und im StiftsMuseum Xanten das Humberghaus in Hamminkeln-Dingden sollen „fromme Sachen“ von Privatleuten rekonstruiert das Leben einer deutschen zu einem Musée Sentimental des Glaubens Familie jüdischen Glaubens über mehrere zusammenwachsen. Generationen hinweg. Ausstellungen zu den Einen weiteren Schwerpunkt der neuen Spuren jüdischen Lebens am Niederrhein Ausstellungsreihe des Museumsnetzwerks präsentieren auch die ehemalige Synagoge bilden Präsentationen, bei denen es um Issum, das Koenraad Bosman Museum in die Auseinandersetzung von Künstlern mit Rees, das Trefcentrum Edith Stein in Echt religiösen Inhalten geht. Dabei gibt es ne- und das Museum de Locht in Melderslo. ben Werkschauen von einzelnen Künstlern, Das Kultur- und Stadthistorische Muse- etwa Rembrandt van Rijn (Gemeentemuse- um Duisburg öffnet den Blick über die Re- um Weert), Otto Pankok (Pankok Museum, gion hinaus und zeigt in seiner Ausstellung Hünxe), Ferdinand Langenberg (Arnold- auf, wie sehr die Entwicklung in Europa zur Janssen-Haus, Goch), Alfred Grimm (Klos- Zeit der Renaissance durch das Wissen isla- ter Kamp) oder Hugo Kaagman (Museum mischer Wissenschaftler befördert worden Vaals) auch Ausstellungen, bei denen sich ist und wie diese Erkenntnisse das Leben die Werke verschiedener Künstler und Epo- bis heute beeinflussen. Und das Clemens chen gegenüber stehen und so in einen Sels Museum Neuss blickt auf eine weit- kraftvollen Dialog gestellt werden (Tage der aus frühere Epoche zurück und beschäftigt Kunst, Schwalmtal; Städtische Galerie im sich mit prähistorischen Religionen am Park, Viersen). Das Museum Kloster Kamp Niederrhein. und das Kreismuseum Zons planen zudem Workshops, bei denen sich Jugendliche dem

Dr. Britta Spies | „himmelwärts“. Religiöses Leben an Rhein und Maas rheinform 01/2015 40 rheingehen Sonderausstellungen

Thema religiöse Kleidung bzw. das Kreuz als Glaubenszeichen künstlerisch nähern. INFORMATION

Literaturprogramm Kulturgeschichtliches Museumsnetzwerk Niederrhein Parallel zu den Ausstellungen findet erst- c/o Kulturraum mals das Literatur- und Lesefestival „HORI- Niederrhein ZONTE“ statt, bei dem Fragen nach Religi- Thomasstraße 20 on, Glaube und Konfession in den Kontext 47906 Kempen zeitgenössischer, überregionaler Literatur gestellt werden. Hierfür konnten zahlrei- Tel.: 02152 8098802 che renommierte Autorinnen und Autoren Mail: [email protected] gewonnen werden, darunter Randi Crott, Web: www.niederrhein-museen.de Mirjam Pressler und Tilman Rörig. Einen Überblick über das gesamte Aus- stellungsprogramm mit Begleitveranstal- tungen, Exkursionsangeboten sowie Hin- tergrundinformationen und zusätzlichen Entdeckertipps bietet das kostenfrei erhält- liche Magazin „himmelwärts – hemelwaar- ts“. Das Magazin kann auch im Internet (www.niederrhein-museen.de) abgerufen werden (Bild 2).

Bild 2: Alle Informati- onen zum Themenjahr und zu den Ausstellun- gen sind im umfangrei- chen und kostenfreien Begleitmagazin zusam- mengestellt. (© Kulturraum Nieder- rhein)

Das Themenjahr „himmelwärts“ ist ein Beitrag der kulturgeschichtlichen Muse- en, Vereine und Archive zur „Kulturellen Biografie Rhein-Maas“. Die Mitwirkenden danken der Regionalen Kulturpolitik des Landes NRW, der Provincie Limburg sowie dem Landschaftsverband Rheinland für die Förderung des Gesamtvorhabens.

rheinform 01/2015 Dr. Britta Spies | „himmelwärts“. Religiöses Leben an Rhein und Maas rheingehen 41 Sonderausstellungen

„Ist das möglich?“ Eine Experimentierausstell- ung für Kinder, Jugendliche und Familien LVR-Industriemuseum Oberhausen, 25. Januar bis 8. November 2015

Nicole Scheda

spezielles Thema und keine besondere Sammlung. Vielmehr stand am Anfang der Ausstellung „nur“ die Idee, eine Ausstel- lung für Schülerinnen und Schüler der wei- terführenden Schulen zu machen. Daraus folgerte, sie musste interaktiv sein und einen Inhalt haben, der neben den Schülern auch die Lehrerinnen und Lehrer – diejeni- gen, die einen Ausstellungsbesuch organi- sieren – ansprechen würde. Das Projekt- Bild 1: Für die Ausstellung wurde ein eigenes Logo team unter Leitung der Autorin entschied Bild 2: Blick in die entwickelt. sich, eine MINT-Ausstellung (MINT: Mathe- Ausstellung „Ist das (Grafik: mgp, Hamburg) matik, Naturwissenschaften, Ingenieurwis- möglich?“ senschaften, Technik) zu machen, mit (© LVR-Industriemuse- Im April 2014 eröffnete das LVR-Industrie- vielen Experimenten, zielgruppenorientiert um, Fotografin: Sabine museum im Kraftwerk Ermen & Engels, und lehrerfreundlich. Das Thema der Schachtner) dem Engelskirchener Schauplatz des Lan- Ausstellung sollten Eigen schaften von desmuseums für Industrie- und Sozialge- schichte, die Sonderausstellung „Ist das möglich?“ (Bild 1 und 2). Sie ist als Expe- rimentierausstellung mit den klar definier- ten Zielgruppen Kinder, Jugendliche und Familie konzipiert. Die Ausstellung ist eine Wanderausstellung und tourt in den nächs- ten Jahren durch die Schauplätze des LVR- Industriemuseums. Vom 25. Januar bis zum 8. November 2015 ist sie in Oberhau- sen zu sehen, die nächste Station ist Solingen.

Ideen und Ziele von „Ist das möglich?“

„Ist das möglich?“ ist als museumspädago- gische Ausstellung konzipiert. Der Aus- gangspunkt der Ausstellung ist kein

Nicole Scheda | „Ist das möglich?“ | Seite 41 bis 43 rheinform 01/2015 42 rheingehen Sonderausstellungen

industriellen Materialien sein, da wir so die „schlüsselfertig“ bauen. Entstanden ist einzelnen Schauplätze des LVR-Industrie- eine Wanderausstellung, die so flexibel museums inhaltlich miteinander verbinden aufstellbar ist, dass sie in alle Sonderaus- konnten. Kinder und Jugendliche im Alter stellungsräume des LVR-Industriemuseums von zehn bis 15 Jahren sollten in „Ist das passt. Sie füllte in Engelskirchen 400 m² möglich?“ untersuchen können, welchen und muss später in Bergisch Gladbach auf Anforderungen Wolle und Baumwolle, Stahl 180 m² angepasst werden. und Papier im industriellen Fertigungspro- „Ist das möglich?“ besteht im Wesentli- zess ausgesetzt sind. Die Experimente chen aus acht Experimentierstationen und sollen viel Spaß machen und alltagsrele- einem ganz besonderem Abschlussmodul. vant sein. Außerdem war uns wichtig, dass An jeder Station können vier Schülerinnen wir keine reine "Phänomenta" machen. Wir und Schüler gleichzeitig experimentieren. wollten Experimente haben, die speziell für Bei dem Besuch einer Schulklasse werden unsere Ausstellung erdacht wurden und die Schüler in acht Gruppen eingeteilt, „unsere“ industriellen Materialien testeten die dann nacheinander von Station zu (Bild 3). Station wandern und so alle Experimente

Bild 3: Das Fallham- mer-Experiment wurde von den Werkstätten des LVR-Industrie- museums geplant und gebaut. Unter dem Fallhammer werden Bleche, Papiere und ein textiles Gewebe getes- tet. Die Besucherinnen und Besucher können herausfinden, ob eine Pfeilspitze eher eine moderne Polizeiweste, eine mittelalterliche Ritterrüstung oder eine chinesische Papierrüs- tung durchschlagen würde. (© LVR-Industriemuse- um, Fotograf: Jürgen Hoffmann)

Mit dem Hamburger Ausstellungsbüro ausprobieren können. Bei der Planung der missal, gies & partner (mgp) fanden wir Ausstellung war es wichtig, genau dies zu Gestalter, mit denen wir sehr gut unsere bedenken. Es musste gewährleistet sein, Ideen umsetzen konnten. Wir entwickel- dass circa 30 Schülerinnen und Schüler ten gemeinsam das Ausstellungskonzept gleichzeitig auf einer ziemlich kleinen Flä- und mgp ließ die Ausstellung in Hamburg che experimentieren können, sich nicht rheinform 01/2015 Nicole Scheda | „Ist das möglich?“ Sonderausstellungen rheingehen 43 gegenseitig behindern und alle alles testen können. Dieses Konzept unterscheidet sich PROJEKT-INFO maßgeblich von anderen Ausstellungskon- zepten, die im Wesentlichen für Einzelbesu- LVR-Industriemuseum Solingen cher gemacht sind. Aspekte wie Lautstärke, Gesenkschmiede Hendrichs Laufwege für Gruppen, Bewegungsfreiheit, Projektleitung: Nicole Scheda Lesbarkeit von Texten für viele gleichzei- Merscheider Straße 289-297 tig, ausreichende Handlungsmöglichkeiten 42699 Solingen für Vierergruppen und selbstverständlich Tel.: 0212 232410 alterskompatible Experimente wurden bei Mail: [email protected] der Planung bedacht. Web: www.industriemuseum.lvr.de Das besondere Highlight der Ausstellung ist das Abschlussmodul. Hier spielen die Besucher in einem Bereich, das einem sich die Ausstellung aufgrund der hohen Fernsehstudio nachempfunden ist, das „Ist Handlungsorientierung auch für jüngere das möglich?“-Quiz. Hier geht es um Spaß Schülerinnen und Schüler eignet, ist der und Spiel. Und darum, die Kinder und Ju- hohe Grundschulanteil nicht erstaunlich. gendlichen mit Hinblick auf das abschlie- Dieser Entwicklung wurde für die folgende ßende Quiz zu motivieren, sich mit den Eröffnung im Januar 2015 in Oberhausen Themen der Ausstellung möglichst intensiv Rechnung getragen. Ein spezieller Rund- auseinander zu setzen (Bild 4). gang für Grundschulen wurde entwickelt, das Quiz wurde durch einen Grundschulteil Erfolgreiches Konzept erweitert, und es gibt nun auch Material für Grundschullehrerinnen und -lehrer Nach dem Ende der Ausstellung in Engels- zum Download. Mit diesen Erweiterungen kirchen im Oktober 2014 zeigte sich, dass wollten wir unserem Anspruch, eine ange- das Konzept aufgeht. Das Quiz ist ein Ren- messene und durchdachte Ausstellung für ner. Viele Familien mit Kindern besuchen Schulen zu machen, gerecht werden. die Ausstellung, die mit ihren zahlreichen Für das Team des Museums ist die interaktiven Elementen einen hohen Frei- Wanderausstellung „Ist das möglich?“ zeitwert hat und zur Kommunikation zwi- bisher ganz erfolgreich. Ob auch die Lehr- Bild 4: Der Abschluss schen den Familienmitgliedern anregt. Vor kräfte und die Schülerschaft die Ausstellung und das Highlight der allem aber kommen etliche Schulklassen zu so positiv beurteilen, wird im Frühjahr Ausstellung ist das „Ist „Ist das möglich?“. Die Schülerinnen und 2015 von der Universität Duisburg-Essen das möglich?“-Quiz. Es Schüler experimentieren mit viel Interesse evaluiert. Die Ergebnisse der Evaluation ist wie im Fernsehen in der Ausstellung, und die Lehrerinnen sind für das LVR-Industriemuseum nicht inszeniert, mit allem und Lehrer sind mit den Inhalten und dem nur als B ewertung der geleisteten Arbeit Drum und Dran: Show- didaktischen Konzept der Ausstellung sehr interessant, sondern auch in Hinblick auf master, Kandidaten und zufrieden. Zumal das LVR-Industriemu- die weitere Wanderschaft der Ausstellung Buzzer. seum den Lehrkräften einen besonderen wichtig, um etwaige Verbesserungen vor- (© LVR-Industriemuse- Service bietet: Der Lehrstuhl Technologie nehmen zu können. um, Fotograf: Jürgen und Didaktik der Technik an der Univer- Hoffmann) sität Duisburg-Essen hat für verschiede- ne Fächer der weiterführenden Schulen Unterrichtsentwürfe erstellt, die „Ist das möglich?“ mit dem Lehrplan verbinden. Diese Entwürfe stehen auf der Homepage des LVR-Industriemuseums zum Download bereit. Erfreulicherweise haben wir mit der MINT-Ausstellung vor allem auch die MINT- Lehrer erreicht und damit für das Museum eine neue Lehrerzielgruppe erschlossen. Obwohl wir die Ausstellung insbeson- dere für Schülerinnen und Schüler der weiterführenden Schulen entwickelten, besuchten in Engelskirchen auch viele Grundschulklassen „Ist das möglich?“. Da

Nicole Scheda | „Ist das möglich?“ rheinform 01/2015 44 rheinfeiern Jubiläen

Kölner Stadtgeschichte(n) – eine numismatische Zeitreise Jubiläumsausstellung der Sammlung Geldgeschichte der Kreissparkasse Köln – 60 Jahre „Das Fenster“ Norbert Mersch M.A.

Im Jahr 2014 feierte die Sammlung Geld- Laufe der Jahrzehnte änderte sich sowohl geschichte der Kreissparkasse Köln das der Standort als auch die Fläche des Aus- 60-jährige Bestehen ihrer Ausstellungs- stellungsbereiches. Mittlerweile werden die reihe „Das Fenster“. Anlässlich dieses Ju- Sonderausstellungen in acht großen Wand- biläums wurde eine Schau konzipiert, die vitrinen in der Kassenhalle präsentiert. Der einen der wichtigsten Schwerpunkte der Name der Reihe ist auch mit der aktuellen Sammlung, die Kölner Stadtgeschichte, in 176. Ausstellung der Gleiche geblieben – den Fokus rückt. „Das Fenster“. Die Anfänge der Sammlung reichen bis In der aktuellen Schau bieten mehr als in die 30er Jahre des 20. Jahrhunderts 200 Exponate aus der Sammlung Geld- zurück, als man auf dem Gelände der geschichte der Kreissparkasse Köln einen Kreissparkasse Köln bei Bauarbeiten rö- facettenreichen Überblick über die fast mische Spardosen entdeckte. Es entstand 2.000-jährige Geschichte Kölns. Somit eine kleine Schausammlung von Münzen, zeigt die Präsentation seit langem wieder Medaillen und Spardosen. Diese wurde im eine Übersicht der Münz- und Geldge- Zweiten Weltkrieg zerstört. Im Rahmen schichte der Stadt. der Neueröffnung der Kassenhalle zeigte Die Ausstellung ist als Zeitreise von den die Kreissparkasse eine geldgeschichtliche Anfängen der Stadt in römischer Zeit bis Ausstellung, die ein unerwartet großes heute konzipiert. In insgesamt elf Themen- Echo fand. Dieser Erfolg führte dazu, dass schwerpunkten wird die Geschichte Kölns sich die Kreissparkasse Köln entschloss, anhand der Zahlungsmittel der jeweiligen eine eigene Sammlung aufzubauen. Zeit bilderreich thematisiert. Von Beginn an richtete sich das Augen- Die Reise beginnt mit der ubischen Sied- merk nicht nur auf Münzen und Geldschei- lung, die in der Regierungszeit des Kaisers ne, sondern auf die Geldgeschichte im wei- Augustus auf dem Gebiet des heutigen teren Sinne. Zu den Schwerpunkten zählen Kölns entstand, und führt bis in die mo- unter anderem traditionelle Zahlungsmittel, derne Stadt des 20. Jahrhunderts. Spardosen von der Antike bis heute, Münz- Die ersten numismatischen Hinweise waagen, Geldbeutel, Münzen und Medaillen auf Köln reichen bis in die römische Antike sowie auch Münzfälschungen. Mittlerweile zurück. Der erste römische Kaiser, Augus- gehört die Sammlung Geldgeschichte zu ei- tus, siedelte gezielt befreundete germani- ner der größten Sammlungen bundesweit. sche Stämme am Niederrhein an. Zu Die erste Ausstellung der Sammlung diesen Neusiedlern gehörten auch die wurde im September 1954 in der Kassen- Ubier, die vermutlich um 19 v. Chr. auf halle der Regional-Filiale Neumarkt eröff- dem Gebiet des heutigen Kölns eine dau- net. Dafür wurde ein eigenes „Schaufens- erhafte Siedlung errichteten. Dort wurde ter“ im Foyer der Kassenhalle eingerichtet, in den darauf folgenden Jahren ein römi- von der die Ausstellungsreihe ihren Namen scher Kaiserkultaltar, die Ara Ubiorum erhielt – „Das Fenster in der Halle“. Im (Altar der Ubier) errichtet, der der rheinform 01/2015 Norbert Mersch M.A. | Kölner Stadtgeschichte(n) – eine numismatische Zeitreise | Seite 44 bis 48 Jubiläen rheinfeiern 45

Bild 1: Augustus, 27 v. Chr.–14 n. Chr., Dupondius, Lugdunum, 9–12 n. Chr. Vorderseite: Büste des Augustus mit Lorbeerkranz nach rechts. Rückseite: Der Kaiserkultaltar von Lugdunum. Deutlich zu erkennen sind die Treppen, die zum eigentlichen Altar führen, und die geschmückten Säulen auf beiden Seiten des Heiligtums. (© Kreissparkasse Köln, Sammlung Geldgeschichte)

Siedlung auch ihren Namen gab: Ara Ubi- Der Name der Stadt zeigt den großen orum. Münzen aus der Stadt Lugdunum Einfluss Agrippinas auf Claudius. Zwar (das heutige Lyon, Frankreich), wo sich trägt der Stadtname sowohl den Namen ebenfalls ein Kaiserkultaltar befand, bil- des Claudius als auch den der Agrippina den diesen Kultbezirk ab. Da dieser Altar in sich, allerdings war noch nie vorher in dem im antiken Köln im Aussehen glich, der römischen Geschichte eine Kolonie ist nachvollziehbar, wie die Ara Ubiorum nach einer Frau benannt worden. Die Be- ausgesehen haben könnte (Bild 1). wohner wurden in der Folgezeit als „Ag- Im Jahr 50 n. Chr. erhielt das antike rippinenses“ bezeichnet. Der Einfluss Köln den Status einer römischen Stadt. Agrippinas auf Claudius lässt sich auch in Die Gattin des Kaisers Claudius, Agrippina der Münzprägung nachweisen. Agrippina die Jüngere, war im Jahr 15 n. Chr. in wurde als erste lebende Kaiserin auf Mün- Köln geboren worden. Claudius verlieh der zen abgebildet, ebenso wie ihr leiblicher Siedlung auf Initiative der Agrippina den Sohn Nero, der nach der Ermordung des Status einer Colonia. Diese trug nun den Claudius dessen Nachfolge antrat (Bild 2). Namen Colonia Claudia Ara Agrippinensi- Im Zusammenhang mit den militä- um (CCAA). rischen Konflikten des 3. Jahrhunderts

Bild 2: Claudius, 41–54 n. Chr., Aureus, Rom, 50/54 n. Chr. Vorderseite: Büste der Agrippina nach rechts. Rückseite: Büste des jungen Nero nach links. (© Kreissparkasse Köln, Sammlung Geldgeschichte)

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Bild 3: Ludwig das Kind, 900–911, Pfennig, Köln. Vorderseite: Name des Königs um Kreuz im Perlkreis. Rückseite: S / COLONIA / A (Sancta Colonia Agrippina) in drei Zeilen. Die ersten Pfennige des „Sancta Colonia“-Typus. (© Kreissparkasse Köln, Sammlung Geldgeschichte)

richtete der Kaiser Gallienus zur Besoldung Konsequenzen für Köln. Weite Gebiete im seiner Truppen spätestens Mitte 257 n. Chr. eroberten Sachsen, die im Zuge der Chris- in Köln eine offizielle Münzstätte ein, die tianisierung zu Bistümern erhoben wurden, auch in der Zeit des Gallischen Sonderrei- unterstellte man Anfang des 9. Jahrhun- ches (260–274 n. Chr.) ihre Tätigkeit nicht derts Köln. Die vormalige Grenzstadt wurde einstellte. Prägungen des Kaisers Postumus so zum Erzbistum und zu einer christlichen (260–269 n. Chr.) nennen zum ersten Mal Metropole. Seit dieser Zeit durfte die Stadt den Namen der Stadt. Die Münzstätte in als vierte christliche Metropole, neben Köln bestand vermutlich bis zum Ende des Jerusalem, Byzanz und Rom, den Zusatz Gallischen Sonderreiches im Jahr 274 n. Sancta – heilig – im Stadtnamen führen. Chr. weiter. Ein neuer Münztypus, der zu Beginn des Im frühen 4. Jahrhundert ließ Kaiser 10. Jahrhunderts entstand, greift diesen Constantin I. (306–337 n. Chr.) nach einem Namen auf. Die sogenannten Sancta Colo- erfolgreichen Feldzug gegen die rechtsrhei- nia Pfennige zeigen auf ihrer Rückseite nischen Germanen die erste feste Brücke jeweils den Namen der Stadt in drei Zeilen in Köln über den Rhein bauen. In dieser angeordnet: S – COLONIA – A (Sancta Co- Zeit, genauer im Jahr 313, findet der erste lonia Agrippina). In dieser Zeit entwickelte Bischof Kölns, Maternus, Erwähnung. Auch sich die Kölner Münzstätte zur bedeutends- die nachfolgenden Jahrzehnte waren durch ten Münzstätte des Reiches. Das belegen Einfälle der Franken in das linksrheinische auch mittelalterliche Schatzfunde in Skan- Gebiet geprägt. Schließlich setzten sie dinavien und Westrussland, die zum großen sich am Niederrhein fest und nahmen um Teil aus Kölner Pfennigen des 10. bis 12. 460 n. Chr. die römische Stadt Köln, die Jahrhunderts bestehen und somit die Be- fast 50 Jahre lang wie eine Insel im fränki- deutung Kölns und seiner Münzen im inter- schen Gebiet gelegen hatte, ein. nationalen Handel zeigen (Bild 3). Die nächste Station der Reise beschäf- Der nächste Schwerpunkt der Präsen- tigt sich mit der Epoche des frühen Mit- tation beschäftigt sich mit der Geschichte telalters. Die Münzprägung im fränkischen des Kölner Erzbistums. Schon zur Zeit des Köln setze erst wieder im 6. Jahrhundert Erzbischofs Bruno (953–968) nahmen die ein. Goldmünzen aus dieser Zeit nennen Erzbischöfe Einfluss auf die Münzprägung. den Namen der Stadt, Colonia. Auf Grund Unter Erzbischof Pilgrim (1021–1036) er- von Goldknappheit ging man im Laufe des hielten die Kölner Erzbischöfe das Recht, 7. Jahrhunderts dazu über, silberne Denare eigene Münzen zu prägen. Die Übertragung anstelle der Goldmünzen zu prägen. Die des königlichen Privilegs auf die Kölner Eroberung Sachsens durch Karl den Gro- Erzbischöfe bekräftigte die politische, aber ßen im 8. Jahrhundert hatte weitreichende auch die wirtschaftliche Bedeutung Kölns rheinform 01/2015 Norbert Mersch M.A. | Kölner Stadtgeschichte(n) – eine numismatische Zeitreise Jubiläen rheinfeiern 47

Bild 4: Köln Groschen um 1474/75. Vorderseite: Stadtwappen im Dreipaß. In Umschrift: Caspar-Melchior- Balthasar. Rückseite: Kreuz in doppelter Umschrift mit rhombischer Vierung. In Umschrift außen: Grossus Civitatis Coloni (Groschen der Stadt Köln). Eine der ersten Prägungen der Stadt. (© Kreissparkasse Köln, Sammlung Geldgeschichte) im Heiligen Römischen Reich. Nach der worden waren, überführte man in den Köl- Schlacht von Worringen im Jahr 1288, die ner Dom. Köln gehörte nun mit Jerusalem, zur Unabhängigkeit Kölns vom Erzbischof Rom, Santiago de Compostela und Aachen führte, wurde die Münzstätte in Köln ge- zu den bedeutendsten Wallfahrtsorten der schlossen. Die erzbischöflichen Münzen Christenheit, ein auch wirtschaftlich nicht galten aber weiterhin in der Stadt. Die unerheblicher Faktor. Kurrheinischen Münzverträge vom 14. bis Der damit unmittelbar verbundene Bau zum 16. Jahrhundert schufen eine wäh- des Kölner Doms wird in einem eigenen rungspolitische Einheit des Rheinlandes, Bereich von der Grundsteinlegung bis zur die maßgeblich auf die Münzpolitik der endgültigen Fertigstellung durch die Aus- Bild 5: Notgeldschein, Kölner Erzbischöfe zurückging. stellungsstücke dargestellt. Daneben zeigt 100 Billionen Mark, Die nächste Station der Schau ist der die Präsentation moderne Domansichten 01.11.1923. Rückseite: Geschichte der freien Reichsstadt Köln ge- und rundet so die Geschichte dieses be- Stadtansicht Kölns widmet, die vom Jahr 1474 bis zum Ein- rühmten Bauwerkes einprägsam ab aus dem 16. Jhd. Der marsch der Franzosen im Jahr 1794 eigene (Bild 5). Baukran auf dem Dom Münzen prägen durfte. Mit ihren Münzen In zwei eigenen Bereichen wird die Ge- ist in der Bildmitte zu demonstrierte die Stadt auch ihr Selbstbe- schichte des modernen Kölns von 1815 bis sehen. wusstsein, galt Köln doch in dieser Zeit mit heute thematisiert. Die Stadt kam im Rah- (© Kreissparkasse Köln, über 40.000 Einwohnern als größte Stadt men der Beschlüsse des Wiener Kongresses Sammlung Geldgeschich- im Reich. Die Münzen nennen als Präge- im Jahr 1815 zu Preußen. Die zahlreichen, te) herrn die Stadt Köln, Urbs Colonia bzw. Civitas Colonia und zeigen das Stadtwap- pen mit den Kronen der Heiligen Drei Kö- nige (Bild 4). Im Jahr 2014 beging die Stadt Köln das 850-jährige Jubiläum der Überführung der Gebeine der Heiligen Drei Könige. Die Geschichte der Verehrung der Heiligen präsentiert die Schau in einem eigenen Schwerpunkt. Im Jahre 1164 erhielt der Kölner Erzbischof und Kanzler des Rei- ches, Rainald von Dassel (1159–1167), von Kaiser Friedrich Barbarossa für treue Kriegsdienste gegen die Stadt Mailand die Gebeine der Heiligen Drei Könige. Die Reliquien, die zuvor in Mailand aufbewahrt

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in der Folgezeit entstandenen Medaillen zeigen anschaulich die Veränderungen im MUSEUMS-INFO Stadtbild dieser Jahre (Bild 6). Das moderne Köln ist auch heute noch Kreissparkasse Köln ein beliebtes Motiv auf Medaillen. An ihnen Sammlung Geldgeschichte lassen sich nicht nur die Veränderungen im Neumarkt 18-24 Stadtbild, sondern auch der Wandel in der 50667 Köln Medaillenkunst ablesen. Tel.: 0221 227 2370 Im 20. Jahrhundert angekommen, wirft Mail: [email protected] die Schau nochmal einen Blick zurück auf Web: www.geldgeschichte.de die Stadtgeschichte. Deren Wiederauf- nahme in der Neuzeit lässt sich auch auf Münzen, Medaillen und Notgeldscheinen Die Schau zeigt die Exponate eingebet- ablesen und ist gleichzeitig Beleg für das tet in zeitgenössische Abbildungen und Bewusstsein der Kölner um die bedeuten- moderne Rekonstruktionen. Durch das de Vergangenheit ihrer Stadt. Ein eigenes Zusammenspiel von Exponaten und Bil- Kapitel zum Bereich des Kölner Brauchtums dern werden die einzelnen Schwerpunkte rundet die numismatische Zeitreise ab. so nicht nur dem Fachpublikum, sondern Im Fokus der Ausstellung steht aber auch allen interessierten Besucherinnen nicht nur die Geschichte einer der ältesten und Besuchern zugänglich gemacht. Im Städte Deutschlands. Geld als Medium des Rahmen der Ausstellung werden jeden 3. Alltags war und ist immer mehr als nur rei- Mittwoch im Monat um 17 Uhr öffentliche nes Zahlungsmittel. Die Münzen, Medaillen Führungen angeboten. und Notgeldscheine geben Auskunft über Herrscher und ihre Symbole, Bilderwelten vergangener Epochen und religiöse Vor- stellungen. So vermitteln die gezeigten Exponate eindrucksvoll und anschaulich die Bildsprache und die Gedankenwelt ih- rer Zeit. An ihnen lässt sich nachvollziehen, wie sich die Präsentation der Stadt und ih- rer Symbole auf Münzen und Medaillen im Laufe der Jahrhunderte veränderte.

Bild 6: Köln, Medaille, 1921, Bronze, anlässlich der Ausrufung der Deutschen Republik auf dem Neumarkt am 09.11.1918. Vorderseite: Der Kölsche Boor mit Stadtschild und Lanze vor der Stadtansicht mit Dom und Groß St. Martin. In Umschrift: Halt fass am Rich do kölsche Boor mag es falle söss or soor. Rückseite: Menschenmenge auf dem Neumarkt, im Hintergrund St. Aposteln und das alte Görreshaus, der Vorläufer des Kreissparkassengebäudes. Im Abschnitt Vater Rhein. In Umschrift: Ausrufung der Deutschen Republik auf dem Neuen Markt in Koeln 9. November 1918. (© Kreissparkasse Köln, Sammlung Geldgeschichte) rheinform 01/2015 Norbert Mersch M.A. | Kölner Stadtgeschichte(n) – eine numismatische Zeitreise rheinfeiern 49 weitere Jubiläen

10 Jahre Kölner Museumslandschaft um ein 20 Jahre neu konzipiertes Karnevalsmuseum Kölner Karnevalsmuseum zu bereichern, im Juni 2005 Wirk- Kulturzentrum Sinsteden lichkeit geworden. des Rhein-Kreises Neuss Die Anfänge liegen in der Antwer- Tauchen Sie ein in die einzigartige pener Straße 55, als 1985 das erste Erlebniswelt des Kölner Karnevals Im Jahr 2015 begeht das Kulturzen- Karnevalsmuseum des “Festkomi- von seinen Anfängen bis heute – trum Sinsteden des Rhein-Kreises tees Kölner Karneval von 1823“ im von der Antike bis in die Neuzeit. Neuss sein 20-jähriges Jubiläum. Belgischen Viertel von Köln offiziell Warum wird Karneval überhaupt Auf einem über 4 ha großen Gelän- eingeweiht wurde. Das war die gefeiert? Wieso gibt es in Köln ein de erleben die Besucher Eindrücke, Geburtsstunde einer in Deutsch- Dreigestirn? Karneval, wie geht wie sie unterschiedlicher nicht sein land einzigartigen Sammlung zum das eigentlich? Selbst wenn Sie auf können: Kunst, Landwirtschaft und Thema Kölner Karneval, die fortan diese Fragen die Antworten bereits Wissenschaft. auch der Öffentlichkeit zugänglich kennen, erfahren Sie im Kölner Kar- Hinter den Gebäuden der Hofan- war. Beherbergt in der Geschäfts- nevalsmuseum mehr als nur Daten lage wurden gemeinsam mit dem stelle des Festkomitees, erschloss und Fakten. Hören Sie hinein in die international bekannten Bildhauer sich den Besuchern die Sammlung Musikwelt des Kölner Karnevals. Ulrich Rückriem, unterstützt von in neun Ausstellungsräumen auf Seltene historische Dokumente, der Stiftung zur Kulturpflege und verschiedenen Etagen des Grün- themenspezifische Inszenierungen, Kulturförderung der Sparkasse derzeitgebäudes. In Schaukästen akustische und visuelle Medien ma- Neuss, zwei Hallen errichtet, in de- und Vitrinen präsentierte das junge chen Ihren Museumsbesuch zu ei- nen die Sammlung des Bildhauers Museum Orden, Text- und Bilddo- nem unvergesslichen Erlebnis. Für dauerhaft ein neues Zuhause fand. kumente, Druckgrafik und auch Kölner und Nicht-Kölner, Jung und Auch auf dem Außengelände sind Kuriositäten aller Art zum kölschen Alt – das ganze Jahr über. seine Skulpturen zu sehen. Hier Fastelovend. Neben der Dauerausstellung gibt wird moderne Bildhauerkunst in Die Ausweitung der Geschäftstä- es eine Präsenzbibliothek mit 2.500 einem eigens dafür geschaffenen tigkeiten des Festkomitees, neue Titeln und Schwerpunkt auf dem Ambiente präsentiert. Anforderungen und nicht zuletzt Kölner Karneval sowie ein Archiv. Im Landwirtschaftsmuseum wird auch das Anwachsen der Muse- Sammeln, Bewahren, Dokumentie- der Getreideanbau der hiesigen umssammlung im Verlauf der Jah- ren und Erforschen des kulturellen Region dargestellt. Die Geräte, erst re machten einen Standortwechsel Erbes gehören zu den Kernaufga- von Pferden später von Traktoren erforderlich. Bald war das neue ben. Ob Büttenrede, Liederheft, gezogen, zeigen die technische Ent- Domizil am Maarweg gefunden. Zeitung und Zeitschrift, Tonträger, wicklung. Im Kulturzentrum ist das Im Februar 1999 erfolgte der Orden, Foto und Film, aktuell um- Archiv des Rheinischen Kaltblut- Umzug nach Köln-Ehrenfeld. Von fasst die mannigfaltige Sammlung pferdes ebenso angesiedelt wie das nun an vereinte der neue Stand- rund 100.000 Objekte. Archiv der Firma Case-IH. Darüber ort Geschäftsführung, Verwaltung, Kölner Karnevalsmuseum / hinaus unterstützen die Mitglieder Zugleitung, Schneiderei und Klei- Claudia Teichner des Fördervereins die Interessen derkammer, Literarisches Komitee, des Landwirtschaftsmuseums. Ziel Wagenbauhallen und das Kölner MUSEUM und Zweck des gemeinnützigen Karnevalsmuseum mit Eventhalle – www.koelnerkarnevalsmuseum.de Vereins ist die Pflege und Doku- den Raum für besondere Feste. mentation des landwirtschaftlich Nach einer zügigen Umbauzeit und geprägten Kulturguts der Region. unter Berücksichtigung neuester Der Verein ist um den Erhalt sowie wissenschaftlicher Erkenntnisse ist die Ergänzung der Museumssamm- ein modernes Museum entstanden, lung bemüht. Wechselausstellun- das das Erleben des Kulturguts Köl- gen und Veranstaltungen, wie das ner Karneval in seiner Vielfalt für bekannte Blues-Festival, sowie die Besucher in den Mittelpunkt die „Lernwelt Sinsteden“ und das stellt. Somit war der lang geheg- museumspädagogische Programm te Wunsch des Festkomitees, die des Kulturzentrums, runden das weitere Jubiläen | Seite 49 bis 51 rheinform 01/2015 50 rheinfeiern weitere Jubiläen

Angebot ab. der Bildenden Künste in Stuttgart repräsentativen Museumsgebäude Der im Jahr 2004 eröffnete Wissen- und mit Wissenschaftlern der Mor- in Rheinnähe erfüllen. Einer pri- schaftliche Geflügelhof des Bundes gan Library und des Metropolitan vaten Initiative war die Grundsi- Deutscher Rassegeflügelzüchter Museum New York veranstaltet. cherung der Bausubstanz aus dem e.V. (BDRG) zeigt in weitläufigen Am 17. Mai 2015 wird der 38. Jahr 1551 nach den Brandschäden Gehegen unterschiedliche Hühner- Internationale Museumstag unter des Zweiten Weltkrieges zu ver- und Taubenrassen, deren Verhalten dem Motto „MUSEUM. GESELL- danken. Für die museale Nutzung und Eigenheiten von einem inter- SCHAFT. ZUKUNFT.“ gefeiert. Auch musste der Turm allerdings erst nationalen Wissenschaftlerteam im Leopold-Hoesch-Museum & Pa- umfangreich saniert werden. An- erforscht werden. Ein Besuch im piermuseum Düren wird es dazu fang der 1980er Jahre wurde hier- auf der Hofanlage befindlichen ein vielfältiges Programm geben, für die enorme Spendensumme von Café Stüffje mit selbstgebackenem unter anderem mit dem Papierthe- über 2 Millionen Mark gesammelt, Kuchen lohnt sich ebenfalls. ater Nürnberg. so dass am 14.01.1984 das Schiff- Kulturzentrum Sinsteden / Die Ausstellung „Colour, Space & fahrtMuseum im Schlossturm eröff- Marion Kaiser Paper“ vom 14. Juni bis 22. No- net werden konnte. Im Jahr 1994 vember 2015 präsentiert Arbeiten war in Zeiten knapper städtischer INFORMATION von Volker Saul, Ulrich Rückriem, Mittel wieder privates Engagement www.rhein-kreis-neuss.de/de/ Hans Salentin und Martin Gerwers, gefragt. Der Freundeskreis über- themen/kultur_freizeit/kulturzent- die auch die raumgreifende Dreidi- nahm rund zehn Jahre den Betrieb rum/kulturzentrum.html mensionalität von Papier belegen. des Hauses. Zeitgleich warb er um Der international bekannte Papier- Mittel für eine Neugestaltung. Mit machermarkt findet am 12. und 13. pfiffigen Ideen wurden 1,4 von 25 Jahre September 2015 zum 8. Mal statt. 2,2 Millionen Mark Gesamtkosten Besucher erhalten einen spannen- beigesteuert. Nach der Eröffnung Papiermuseum Düren den Einblick in die verschiedensten 2001 bis 2013 verdreifachten sich 2015 feiert das Leopold-Hoesch- Techniken der Papiergestaltung und die Besucherzahlen. Dies hinter- Museum & Papiermuseum Düren dürfen Papierkünstlern über die ließ Spuren an der Ausstattung, das Jahr des Papiers. Anlass sind Schulter schauen. so dass wieder eine Neugestaltung 625 Jahre deutsche Papierherstel- Leopold-Hoesch-Museum & diskutiert wurde. Die gewünschte lung und das Jubiläum des Papier- Papiermuseum Düren / Raumerweiterung gab den Anlass, museums Düren – eines der drei Dr. Renate Goldmann das unterste Kellergewölbe in die Papiermuseen Deutschlands, das Planungen einzubeziehen. Der 1990 gegründet wurde. Exponate MUSEUM Unterstützung des LVR ist es zu zur Papierherstellung werden prä- www.leopoldhoeschmuseum.de verdanken, dass auch dieser Raum sentiert, darüber hinaus kann die zukünftig für die Öffentlichkeit zu- Technik des traditionellen Papier- gänglich sein wird. 30 Jahre schöpfens kennen gelernt werden. Individuelle Lösungen waren nicht Im Jahr des Papiers zeigen wir die nur hierbei gefragt. Mithilfe des SchifffahrtMuseum Ausstellung „Paper is part of the unermüdlichen Engagements der Düsseldorf im Schlossturm picture. Europäische Künstlerpa- Freunde und Förderer, namhafter piere von Albrecht Dürer bis Ger- Die Sammlung zur Binnenschiff- Stiftungen und einer Vielzahl von hard Richter“, die vom 15. März bis fahrt wurde mit großer privater privaten Spendern konnte im Ju- zum 31. Mai 2015 läuft. Initiative um 1930 gegründet. Trotz biläumsjahr mit der jüngsten Neu- Im Kontext des heutigen aktuellen der schlechten wirtschaftlichen gestaltung des Museums begonnen Diskurses zur Materialität von Kunst Lage konnte zum Düsseldorfer Ha- werden. Mitte 2015 soll das Muse- wird die Ausstellung zeigen, welche fentag 1936 die erste Ausstellung um eröffnet werden. Bedeutung Papier hat. Grund für präsentiert und im folgenden Jahr SchifffahrtMuseum Düsseldorf / die Ausstellung „Paper is part of die Eröffnung der Dauerausstellung Dr. Annette Fimpeler the picture“ ist die internationale im Grünen Gewölbe der heutigen Expertentagung, die zeitgleich vom Tonhalle gefeiert werden. Die MUSEUM 18. bis 21. März 2015 in Düren zu kriegsbedingte Magazinierung blieb www.freunde-schifffahrtmuseum.de diesem Thema stattfindet. Sie wird mangels Raum für die Sammlung in Kooperation mit Herrn Professor auch in den folgenden Jahrzehnten Satzinger von der Rheinischen bestehen. Erst im Zuge der Diskus- Friedrich-Wilhelms-Universität sion um die Nutzung des Schlos- Bonn, mit Herrn Professor Nils Bütt- sturmes sollte sich der Wunsch ner von der Staatlichen Akademie des Freundeskreises nach einem rheinform 01/2015 weitere Jubiläen rheinfeiern 51

50 Jahre Öffnungszeiten nach Absprache möglich. Heimatmuseum Windeck / Förderverein Heimatmuseum Museumsdorf Altwindeck Altwindeck e.V. / Jens Klein

„Ein Museum zum Anfassen“: Das MUSEUM Museumsdorf Altwindeck liegt an www.heimatmuseum-windeck.de der Grenze zwischen Rhein-Sieg- und Oberbergischen Kreis, direkt am Natursteig-Sieg und unterhalb der Burg Windeck. Am 3. Oktober kommen jedes Jahr bis zu 15.000 Besucher zum Burg- und Hand- werkermarkt nach Altwindeck. Doch das Museumsdorf hat auch noch mehr zu bieten – zum Bei- spiel den Blumen-, Pflanzen- und Kunstmarkt, Ausstellungen und Sommerliederabende oder die Lange Museumsnacht. Aber auch an Wochenenden lädt es zu einer Zeitreise durch die Vergangenheit ein, und mit individuell abgestimm- ten Führungen wird jeder Gruppen- ausflug zu einem Highlight. Vater des Heimatmuseums war im Jahre 1964 Emil Hundhausen, der von Bruno Althoff unterstützt wurde. 1987 gründete sich der Förder- verein, der die Trägerschaft über- nahm. Nach der Umgestaltung des alten Schulhauses ging man dar- an, zwei aus dem 17. Jahrhundert stammende Fachwerkhäuser aus der näheren Umgebung vor dem Abriss zu bewahren, mit eigenem Einsatz abzutragen und im Muse- um wieder aufzubauen. Zwischen den Häusern entstand ein Bauern- garten nach historischem Vorbild. Später kamen eine Göpelmühle, eine Wassermühle und eine Scheu- ne hinzu, in der eine historische Schreinerei in Betrieb genommen wurde. In einer weiteren Scheune wurde ein historisches Sägewerk mit Transmission für Schauzwecke wiederbelebt. 2009 erhielt der För- derverein den erstmals verliehenen Ehrenamtspreis des Landes NRW in der Kategorie „Erhalten“. Geöffnet ist das Museumsdorf von April bis November 2015 an Wo- chenenden und Feiertagen von 14 bis 18 Uhr. Sonderöffnungen, Führungen und historische Schul- stunden sind auch außerhalb der

rheinform 01/2015 52 rheinkommen und gehen Personalia

In memoriam Dr. Alfons W. Biermann Gründungsdirektor des Rheinischen Museumsamtes verstorben

Dr. Norbert Kühn

meisterhaft – die letzten Blätter entstanden kurz vor seinem Tod. Diese Liebe zur Kunst und zur anschaulichen Vermittlung wurde ihm in die Wiege gelegt. Sein Vater Alphons (geb. 1906) war von Beruf Bildhauer und Gründer sowie Leiter der Bildhauerei im Benediktiner- kloster Maria Laach, die in späteren Jahren von seinem älteren Bruder Gerhard geleitet wurde. Hier erhielt auch die älteste Tochter Adelheid ihre Ausbildung. Die Studienfächer zeigen das breite Spek- trum seines Interesses: Kunsterziehung, Kunstgeschichte, Geographie, Philosophie, Pädagogik, Musik- und Kirchengeschichte sowie Archäologie und Volkskunde – ein Ka- non, dessen reicher Fundus ihm das Rüstzeug für den beruflichen Werdegang vermittelte, Bild 1: Alfons Am 15. Oktober 2014 verstarb der langjährige der 1969 im Hessischen Landesmuseum in ­Biermann, 2011 Direktor des seinerzeitigen Rheinischen Mu- Darmstadt mit einem Volontariat bei Gerhard (privat) seumsamtes des Landschaftsverbandes Bott seinen Anfang nahm. Hier bekam er eine Rheinland, Dr. Alfons W. Biermann, einer der „fundierte Einführung und Grundausbildung“ bedeutendsten Museumsleute im Rheinland, in den Museumsdienst. Bott hatte entschei- der die rheinische Museumsszene wie kaum denden Einfluss auf seine berufliche Entwick- ein anderer geprägt hat. lung, und es gelang Alfons Biermann, nach Geboren am 24. Juli 1935 in Niedermen- seinem Studium die ersten Maschen seines dig, Kreis Mayen, legte er sein Abitur am weitgespannten Netzwerkes zu knüpfen, das Bischöflichen Konvikt in Prüm ab und- be ihn in Verbindung mit Hugo Borger und somit gann seine Studien der Kunsterziehung und an das Rheinische Landesmuseum nach Bonn Kunstgeschichte an der Universität Mainz. brachte. Borger selbst war Leiter der Abtei- 1969 wurde er bei Fritz Arens mit seiner lung Öffentlichkeitsarbeit und Ausstellungen. Dissertation über „Die Miniaturenhandschrif- Der Wechsel nach Bonn war nach eigenen ten des Kardinals Albrecht von Brandenburg Worten der „Beginn einer aufregenden, aber (1514–1545)“ promoviert, deren Veröffent- freundschaftlichen Zusammenarbeit mit Hugo lichung in den Aachener Kunstblättern vom Borger und den neuen Kollegen und Freunden berühmten Sammlerehepaar Peter und Irene in Bonn“. Ludwig finanziert wurde. Ab 1970 organisierte Alfons Biermann Alfons Biermann hatte einen unmittelbaren im Auftrag Borgers die Planung und Durch- Zugang zur Kunst, die ihn zeitlebens beglei- führung von Ausstellungen. Hinzu kam die tete, inspirierte und letztlich auch jung er- allgemeine Mitarbeit im Museum. Nicht hielt; er selbst beherrschte die Zeichenkunst unterschätzt werden darf die Zeit seiner rheinform 01/2015 Dr. Norbert Kühn | In memoriam Dr. Alfons W. Biermann | Seite 52 bis 53 Personalia rheinkommen und gehen 53

Geschäftsführung des Bonner Kunstvereins, Eine entscheidende Zäsur für die Arbeit des die ihn in Verbindung mit namhaften in- und Rheinischen Museumsamtes bedeutete 1978 ausländischen Künstlern brachte. 1971 wur- der Umzug von Bonn in die Abtei Brauweiler. de Hugo Borger als Abteilungsdirektor Leiter Alfons Biermann erkannte als einer der ersten des Referates Museumspflege, das in der das Potential der Räumlichkeiten sowie der Folge eine Außenstelle der Kulturabteilung weitgehend intakten Infrastruktur der gerade des Landschaftsverbandes Rheinland und geschlossenen Landesklinik, die ideale Ent- um weitere Referenten unterschiedlicher wicklungsmöglichkeiten für das Rheinische Fachrichtungen erweitert wurde. 1972, nach Museumsamt bot und die er energisch um- der Wahl Borgers zum Direktor des Römisch- zusetzen wusste. Seine Vision war eine zent- Germanischen Museums in Köln, übernahm rale Restaurierungswerkstatt mit integrierter Alfons Biermann das neu installierte Rheini- Fachhochschule für alle Fachbereiche der Mu- sche Museumsamt, das in den Folgejahren seen, die Institutionalisierung der „fliegenden“ unter seiner Leitung landes- und bundesweit Fortbildungskurse (Museumsakademie) sowie neue Maßstäbe in der Museumsarbeit setzte. die Einrichtung eines Experimentiermuseums, Es waren goldene Jahre für die rheinischen inklusive öffentlicher Präsentation der Wan- Museen, die einen ungeahnten Aufschwung derausstellungen des Amtes. Bis auf die Fach- nahmen, sich regional und überregional zu- hochschule wurden unter seiner Leitung die sammenschlossen, was nicht zuletzt in der Pläne Realität. Das Rheinische Museumsamt Arbeit des Verbandes Rheinischer Museen wurde zu einer Institution, die auf vielfältigste sichtbar und wirksam wurde. Erste Priorität Weise mit Museen, Instituten und Organisati- hatte die Professionalisierung und die Qualifi- onen im In- und Ausland verbunden war. Dies zierung der Museumsarbeit, daher der frühe alles danken wir Alfons Biermann. Die Grund- Gedanke an eine „Museumsschule“, die zu- lagen des dezentralen LVR-Industriemuseums nächst in ambulanten Fortbildungskursen zum sowie des LVR- Freilichtmuseums Lindlar ge- Ausdruck kam. Wie im Verband Rheinischer hen auf seine Überlegungen zurück. Museen, engagierte sich Alfons Biermann Der Abtei Brauweiler, ihrer Geschichte und gleichermaßen in der Arbeitsgemeinschaft ihrer Bedeutung galt seine ganze Liebe. Für der nordrhein-westfälischen Museen sowie ihn war sie „Kulturzentrum“ im eigentlichen im Deutschen Museumsbund und verschaffte Sinne. Ihre Restaurierung hat er über Jah- sich somit Achtung und Gehör. re mit begleitet, aber auch als Direktor des In enger Abstimmung mit dem Kultur- Museumsamtes mit ihren Einschränkungen dezernenten und späterem Ersten Landes- ertragen. In ihrem unmittelbaren Schatten rat Hans Rudolf Hartung setzte er auf eine haben er und seine Familie lange Jahre ge- systematische Entwicklung der rheinischen wohnt. Mit seinen Aktivitäten hat er sie zu Museen. Instrument waren zunächst die neuem Leben erweckt. Er formte den „Kultur- Jahrespläne der Kulturabteilung des Land- verein Abtei Brauweiler“ zum „Freundeskreis“ schaftsverbandes Rheinland, denen ab 1976 mit seinen anspruchsvollen Konzert- und die eigenständigen Museumspläne des Rheini- Vortragsveranstaltungen. schen Museumsamtes folgten, die Grundlage Alfons Biermann war ein Mensch, der bis jeglicher Förderung und der Beratung waren. in die letzten Fasern seines Herzens von sei- Die Entwicklung der rheinischen Museen ner Arbeit und Aufgabe durchdrungen war. belegen schlichte Zahlen: Gab es um 1970 Er riss die Menschen mit und verstand es, etwa 100 Museen im Rheinland, so waren es sie zu begeistern. Ein Menschenfischer. Sein 1980 bereits 180, heute sind es über 400. An Leben gehörte der Kunst, sie bestimmte dieser Erfolgsgeschichte hat Alfons Biermann sein Leben, mit ihr zog er jeden in seinen maßgeblichen Anteil. Bann. Einem schweren gesundheitlichen Die Fortbildung und der kollegiale Aus- Rückschlag im Jahr 1995 folgte 1996 die tausch standen für ihn an oberster Stelle. So Pensionierung. Nach der Genesung widmete organisierte er in Verbindung mit dem Verband er sich wieder mit wachem und kritischem Rheinischer Museen zahlreiche Studienreisen, Geist der Kunst und der Musik. Sein PC ver- die die rheinischen Museumsleiter in die USA, band ihn im wahrsten Sinne des Wortes mit die Niederlande, nach Frankreich und Polen der Welt, mit seinem großen Freundes- und führten und sie mit den neuesten Entwick- Bekanntenkreis. Er hatte noch viele Pläne. lungen in der Museologie vertraut machten Der überraschende Tod ließ manches, dar- und halfen, neue Akzente und Standards in unter seine Memoiren, unvollendet. Er fehlt der Museumsarbeit im Rheinland zu setzen. – der Freund und sein Rat.

Dr. Norbert Kühn | In memoriam Dr. Alfons W. Biermann rheinform 01/2015 54 rheinkommen und gehen weitere Personalia

ein attraktiver Ort für Kunst-, Archi- deutsche als auch die französische Stiftung Insel Hombroich, tektur- und Naturfreunde, während Staatsbürgerschaft. Nach dem Neuss die Raketenstation Hombroich als Studium der Allgemeinen Rhetorik, Frank Boehm ist neuer lebendiger Kulturort immer mehr der Soziologie und Neueren Deut- Geschäftsführer Besucher begeistert. schen Literatur von 1999 bis 2005 Stiftung Insel Hombroich / ew in Tübingen arbeitete Bieber als Der Architekt Frank Boehm ist seit Volontär sowie Hospitant bei meh- 1. Oktober 2014 Geschäftsführer MUSEUM reren Verlagen und Redaktionen in der Stiftung Insel Hombroich. www.inselhombroich.de Hamburg. Eine Findungskommission wählte Von 2007 bis 2010 war Bieber den 47-jährigen unter etwa 100 Ressortleiter von „ART – Das Kunst- NRW-Forum, Düsseldorf Bewerbern aus. Ausschlaggebend magazin“ und Leiter des Online- war Frank Boehms internationale Bereichs der Zeitschrift. Seit 2010 Landeshauptstadt beruft Erfahrung sowohl als Architekt als arbeitet er beim TV-Sender ARTE Alain Bieber zum neuen auch als künstlerischer Berater. Er Leiter in Straßburg. Hier leitet Bieber die kuratierte seit 2007 den Aufbau Abteilung ARTE Creative, ein Ma- der “Deutsche Bank Collection Die Landeshauptstadt Düsseldorf gazin für zeitgenössische Kultur. In Italy” und war 2012 künstlerischer beruft Alain Bieber ab dem 1. April dieser Zeit konzipierte er zudem Direktor der MiArt-Messe für mo- 2015 zum neuen künstlerischen zahlreiche neue inhaltliche Projek- derne und zeitgenössische Kunst in Leiter des NRW-Forums Düsseldorf. te, wie etwa das crossmediale TV- Mailand. Frank Boehm zieht direkt Sein Vertrag hat eine Laufzeit von Format „About:Kate“. aus Mailand zurück ins Rheinland. 5 Jahren. Vorausgegangen war ein Alain Bieber ist seit 2007 in diversen “Ich freue mich sehr als Geschäfts- mehrstufiges Auswahlverfahren, Ausstellungsprojekten in Deutsch- führer der Stiftung Insel Hombro- bei dem zuletzt sieben Bewerbe- land, der Schweiz, Österreich und ich, einem auch im internationalen rinnen und Bewerber in die engere Frankreich aktiv gewesen. Dabei Kontext einzigartigen Ort der Kunst, Auswahl gekommen waren. hat er mehrfach mit ungenehmig- tätig werden zu können. Ein solch Oberbürgermeister Thomas Geisel: ten Aktionen im öffentlichen Raum visionäres Projekt gemeinsam mit „Ich freue mich, dass wir mit Alain konventionelle Wege verlassen. dem Team und den hier lebenden Bieber eine Persönlichkeit gewin- Darüber hinaus ist Bieber in den Künstlern weiterentwickeln zu kön- nen konnten, die mit frischen Ide- letzten sieben Jahren immer wie- nen, ist ein großes Privileg“, betont en die Brücke zwischen Kunst und der als Gastdozent, Jurymitglied, Frank Boehm im Hinblick auf seine Kreativwirtschaft schlagen wird und Vortragender und Autor im In- und neue Aufgabe. der anerkannten Institution NRW- Ausland aufgetreten und hat freie „Ich bin zuversichtlich, dass Frank Forum neue Strahlkraft verleihen Projekte, mit Schwerpunkt im Boehm auf Grund seiner Erfahrun- wird.“ Und Kulturdezernent Hans- Online-Bereich, begleitet und ins gen und Fähigkeiten das künst- Georg Lohe: „Das NRW-Forum Leben gerufen, wie beispielsweise lerische Profil der Stiftung Insel hat nun endgültig eine konkrete den Kunstblog „Rebel:Art“. Hombroich mit uns weiter schärfen Zukunftsperspektive und kann sei- Amt für Kommunikation, wird“, sagt Prof. Oliver Kruse. Der nen guten Ruf in der Düsseldorfer Landeshauptstadt Düsseldorf / tm Vorstandsvorsitzende sieht die Stif- Kulturlandschaft neu unter Beweis tung Insel Hombroich auf gutem stellen.“ MUSEUM Wege. Wichtige Sanierungsmaß- Ziel der künftigen inhaltlichen Aus- www.nrw-forum.de nahmen im Museum Insel Hombro- richtung ist es, an den bisherigen ich haben begonnen, und für 2015 Erfolg des NRW-Forums anzuknüp- sind unter anderem Programme für fen und den künstlerischen Ansatz die zeitgenössische künstlerische weiter zu entwickeln. Relevante Weiterentwicklung, eine Souto de Themenbereiche dafür sind Foto- Moura-Ausstellung, das Hombroich grafie, Medien, Mode, Kommuni- : Summer Fellows-Projekt sowie die kation, Architektur und Lifestyle. Pastior-Tagung geplant. Das Muse- Alain Bieber wurde 1978 in Wesel um Insel Hombroich ist beständig geboren und besitzt sowohl die rheinform 01/2015 weitere Personalia | Seite 54 bis 55 weitere Personalia rheinkommen und gehen 55

Verfügung zu stehen. Historisches Zentrum der Auch ehrenamtliches Engagement Stadt Remscheid hatte und hat für Dr. Diederichs Zum Abschied von Dr. Urs stets einen hohen Stellenwert. Er- Diederichs wähnt seien hier seine langjährige Tätigkeit als Sprecher der „Fach- Am 31. Oktober ging Dr. Urs gruppe Technikhistorische Museen“ Justus Diederichs als Leiter des im Deutschen Museumsbund oder Historischen Zentrums der Stadt sein Engagement auf sozialer und Remscheid in den (Vor-) Ruhe- gewerkschaftlicher Ebene. Auch für stand. Seit 1986 war er in der das Historische Zentrum der Stadt kleinen bergischen Großstadt Remscheid – so sein Versprechen tätig gewesen, zunächst als wis- in seiner Abschiedsrede – will er in senschaftlicher Mitarbeiter und Zukunft ehrenamtlich tätig sein. Museumspädagoge am Deutschen Historisches Zentrum der Stadt Werkzeugmuseum, später als en- Remscheid / Ulrich Chr. Horz gagierter Leiter des damals noch eigenständigen Stadtarchivs. Als MUSEUM dieses dann im Zuge der immer www.werkzeugmuseum.org einschneidender werdenden Spar- maßnahmen orga-nisatorisch mit dem damaligen Heimatmuseum (heute: „Museum Haus Cleff“) und dem Deutschen Werkzeugmuseum zum „Historischen Zentrum der Stadt Remscheid“ zusammengelegt wurde, stellte sich Diederichs auch dieser neuen Verantwortung. Arbeitsintensivste, aber auch reizvollste Aufgabe war für ihn zu- nächst die damals anstehende Neu- gestaltung des Deutschen Werk- zeugmuseums. Denn mit seinem maroden Gebäude und längst völlig überholten musealen Strukturen waren hier grundlegende Entschei- dungen gefragt. Auch dieser Auf- gabe widmete er sich mit großem Elan. Denn „wer“ – so Diederichs in einem Zeitungsinterview gegen Ende seiner Dienstzeit – „hat schon das Glück, als Leiter ein Museum von dieser Bedeutung komplett neu gestalten zu können?“ Großes Interesse zeigte er auch am Werk des in Remscheid gebo- renen, international bedeutenden „kritischen Grafikers“ und Bildsta- tistikers Gerd Arntz (1900–1988), zu dem Diederichs auch in persön- lichem Kontakt stand. Nach dem Tode von Arntz gelang es ihm, auch bei dessen Sohn Peter das Interes- se an der Heimatstadt seines Va- ters zu wecken und bei der Einrich- tung eines „Gerd-Arntz-Kabinetts“ sowie dessen Werk beratend zur

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des Smartphones wird auf dem LVR-Industriemuseum, „BildungsParCour“ Display in die reale Umgebung in St. Antony-Hütte, Echtzeit eine Ebene mit Zusatz- Oberhausen Die App der informationen gelegt und so an Bildungspartner NRW Die St. Antony-Hütte fürs ausgesuchten Stellen in den Innen- Smartphone räumen und im Außenbereich des Die App ermöglicht es, auf einfa- Museums ausgewählte Animatio- che Weise multimediale Inhalte Sie ist die Geburtsstätte der Ruh- nen in den Ausstellungsraum ein- (Dokumente, Bilder, Videos, Maps, rindustrie: Die St. Antony-Hütte. gespielt. Auf diese Weise erscheint QR-Codes etc.) mit bestimmten 1757 floss hier erstmals im Ruhr- dem User der erste Hüttendirektor, (Weg-)Punkten zu verknüpfen. Zu- gebiet Roheisen. Heute erzählt Gottlob Jacobi, als virtueller Be- sätzlich zu diesen Informationen, sie vom spannenden Beginn der sucherbegleiter. Er steht nahezu lassen sich auch Aufgaben (Quiz- Eisen- und Stahlindustrie, von be- greifbar im Raum und berichtet fragen, Erreichen eines bestimm- deutenden Innovationen und vom in unterhaltsamer Weise von den ten Standorts, Finden eines QR- harten Leben der Menschen, die Vorkommnissen auf St. Antony. Codes, Erstellung von Video- und dort arbeiteten. So wird dem Gast ein innovativer, Fotoaufnahmen) definieren, die es Ein Besuch der St. Antony-Hütte spielerisch-informativer Zugang am jeweiligen Punkt zu lösen gilt. verspricht Spannung pur. Denn zur Industriegeschichte geboten. Die Überprüfung der eingegange- bei genauerem Hinsehen entpuppt Entwickelt wurde das Augmented nen Antworten und Ergebnisse ist sich ihre Entwicklung als ein fas- Reality-Modul von Stephan Beh- ebenfalls möglich, sie können per zinierender Wirtschaftskrimi mit rens, Student der FH Köln, im Rah- Mail an bestimmte Personen zur schillernden Persönlichkeiten, bis men seiner Masterarbeit. Ihm ist Auswertung verfügbar gemacht hin zu allerlei Schlitzohren und es mit der Anwendung gelungen, werden. Aufgrund der einfachen Ganoven. Betrug, Gewalt, Macht- AR-Inhalte an Markern zu fixieren Bedienbarkeit können Jugendliche politik und nicht zuletzt die heikle und somit bestimmte Inhalte sicht- auch selbst problemlos eigene Rolle der Kirche machen den Stoff, bar werden zu lassen. Die Pausa- BildungsParCours (am Desktop aus dem sich das Drama der ersten nio GmbH & Co. KG., ebenfalls aus PC im Backend der Anwendung) Eisenhütte im Revier entwickelte. Köln, programmierte die App. erstellen: Die Recherche von Infor- Auf der Hütte lebten und arbeiteten Die Applikation „St. Antony“ ist mationen und deren Verknüpfung Protagonisten, ohne die das Ruhr- kostenfrei für Google Android mit konkreten Orten und Objekten gebiet nicht das geworden wäre, Smartphones und Apple iOS bei vermittelt so Sach-, Methoden- und was es heute ist: Jacobi, Haniel, Google Play und iTunes verfügbar. Handlungskompetenz. Das ent- Krupp, Wenge – sie alle sind bedeu- LVR-Industriemuseum / tm standene Lernangebot ist darüber tende Persönlichkeiten der Schwer- hinaus auch nachhaltig nutzbar, da industrie. Die Hütte ist nicht nur die MUSEUM die BildungsParCours nach deren Geburtsstätte der Ruhrindustrie, www.industriemuseum.lvr.de/de/ Veröffentlichung (wenn vom Autor sondern auch Wiege des späteren oberhausen/schauplatz/st__anto- erwünscht) von jedem Interessier- Weltkonzerns Gutehoffnungshüt- ny_huette/st__antony_huette_1. ten nutzbar sind. te (GHH) und damit des MAN- html Durch Verwendung von GPS-Daten Konzerns, der heute modernste lassen sich Stadt- oder Naturrund- LKW und Busse, Schiffsmotoren INFORMATION gänge zu vielfältigen Fragestellun- und Turbinen für den Weltmarkt www.industriemuseum.lvr.de/de/ gen und Themen erstellen: Phäno- produziert. oberhausen/schauplatz/st__anto- mene aus den Fächern Geografie, Um die Geschichte des einst pul- ny_huette/app/app_2.html Geschichte, Biologie usw. können sierenden Hüttenwerks St. Antony durch die App vor Ort (in Stadt und noch lebendiger zu vermitteln, stellt Natur) sichtbar und erlebbar ge- das LVR-Industriemuseum seinen macht werden und somit auf moti- Besucherinnen und Besuchern für vierende Weise mit der Lebenswelt den Museumsrundgang eine mobile der Lerngruppe verknüpft werden. Applikation zur Verfügung. Daher eignet sich die Anwendun- Mit Hilfe der App und der Kamera gen auch für Institutionen, die nicht rheinform 01/2015 Kurznachrichten | Seite 56 bis 60 Kurznachrichten rheinschnuppern 57

über die notwendigen Raumkapa- und lässt Menschen zu Wort kom- MKM Museum zitäten für die pädagogische Arbeit men, die mit dem und im Container Küppersmühle für mit Gruppen verfügen. lebten: ein Flüchtling aus dem Irak, Moderne Kunst, Duisburg Mit der App lassen sich aber auch Sachbearbeiter des Sozialamtes innerhalb geschlossener Räume Titz, Politiker, Nachbarn und ehren- Erweiterungsbau für das Lernangebote schaffen: Über QR- amtliche Flüchtlingsbetreuer. MKM beschlossen Codes oder Nummern können hier Stellvertretend für viele steht in Informationen bestimmten Expo- Film und Ausstellung der Iraker Das MKM Museum Küppersmühle naten/Räumlichkeiten zugeordnet Kawa Abbas, der vor Krieg und erhält einen Erweiterungsbau. Das werden. Es können neben Soundda- Gewalt nach Deutschland floh und Sammlerehepaar Sylvia und Ulrich teien auch Videos und Texte bereit- 10 Jahre in dem Wohncontainer in Ströher hat mit der Gründung der gestellt werden – damit übertreffen der Gemeinde Titz lebte. Dieser MKM-Stiftung die notwendigen Vo- die Nutzungsmöglichkeiten der App Container, der nun die Baugrup- raussetzungen geschaffen und das diejenigen eines klassischen Audio- pe „Markplatz Rheinland“ um ein Schweizer Architektenbüro Her- guides. Durch den Rückkanal, der außergewöhnliches Exponat be- zog & de Meuron mit der Planung die Beantwortung von Fragen und reichert, ist einer von vielen, die beauftragt. das Lösen von Aufgaben ermög- in den 1990er Jahren der Unter- Ein erster Entwurf existiert bereits. licht, kann den Nutzern zudem ein bringung von Flüchtlingen dienten Dieser sieht die Realisierung des Lernerlebnis mit Wettbewerbscha- und die umgangssprachlich als Erweiterungsbaus mit einer Aus- rakter geboten werden. „Asylcontainer“ bekannt wurden. stellungsfläche von ca. 2.600 m² Die App basiert auf der Anwendung Als die Containeranlage nach 20 auf vier oberirdischen Geschossen Actionbound (www.actionbound.de) Jahren entsorgt werden sollte, ist an der Ostseite des Museums Küp- und wird derzeit für den Einsatz im es dem LVR-Freilichtmuseum Kom- persmühle mit direkter Anbindung Bildungsbereich modifiziert. Anfang mern gelungen, sie für das Museum zum Stammhaus vor. Dem Bau- 2015 wird die App von den Bil- zu gewinnen. Ein innovatives Pro- beginn wird eine etwa einjährige dungspartnern NRW als Werkzeug jekt, wie Museumsleiter Dr. Josef Planungsphase vorausgehen, so für schulische und außerschulische Mangold betont: „Einen solchen dass voraussichtlich im Jahr 2016 Lernorte unter dem Namen „Bil- Flüchtlingscontainer gibt es bisher die Bautätigkeit aufgenommen und dungsParCour“ veröffentlicht. Der noch in keinem Freilichtmuseum“. der Erweiterungsbau im Jahr 2018 Download und die Nutzung der App Außergewöhnlich ist auch, dass fertiggestellt werden kann. für Bildungszwecke wird kostenlos die komplette Einrichtung des letz- Die erweiterten Sammlungsräume sein. ten Containerbewohners – Kawa werden es zukünftig ermöglichen, Medienberatung-NRW, Tobias Abbas – komplett übernommen die Künstler und ihre Werke im Düttmann / tm werden konnte. Den Ausstellungs- großen Zusammenhang zu prä- besucherinnen und Ausstellungsbe- sentieren. Die Besucher erhalten INFORMATION suchern wird auf diese Weise das somit sowohl Einblicke in die Kunst- www.medienberatung.nrw.de/ Leben im beengten Übergangsraum entwicklung einzelner Künstler Medienberatung/index.html eindringlich vor Augen geführt. als auch Vergleichsmöglichkeiten Angesichts der aktuellen weltpoli- künstlerischer Produktion. tischen Lage ist es umso wichtiger, MKM Museum Küppersmühle / tm LVR-Freilichtmuseum auf die Situation von Flüchtlingen Kommern und die Erfordernisse, die bei ihrer MUSEUM Unterbringung eine Rolle spielen, www.museum-kueppersmuehle.de Leben im Container aufmerksam zu machen. Film und Das LVR-Freilichtmuseum Kommern Ausstellung leisten dazu einen integriert einen Flüchtlingscontai- wertvollen Beitrag. Das gesamte ner mit einer Ausstellung zum Le- Projekt überzeugte auch Ralf Jäger, ben von Flüchtlingen in Nordrhein- Innenminister des Landes Nord- Westfalen in seine Dauerausstel- rhein-Westfalen, der die Schirm- lung. In Ergänzung zur Ausstellung herrschaft übernahm. entstand der 30-minütige Doku- LVR-Freilichtmuseum Kommern / mentarfilm „Muss langsam weg. tm Von der Flüchtlingsunterkunft zum Museumsobjekt“ des LVR-Instituts MUSEUM für Landeskunde und Regionalge- www.kommern.lvr.de schichte. Der Film begleitet den Abbau der Containeranlage in Titz

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anderem in Werkverzeichnissen Instant-Messaging-Dienstes Stiftung Kunstsammlung oder in öffentlichen und priva- WhatsApp. Nordrhein-Westfalen, ten Archiven im In- und Ausland, Neanderthal Museum / tm Düsseldorf hätten keine weitere Klärung der offenen Fragen erbracht, schil- MUSEUM Umstrittenes Gris-Gemälde – Kunstsammlung NRW ruft derte Ackermann. Die lückenhafte www.neanderthal.de Limbach-Kommission an Dokumentation von Kunstwerken mit Flechtheim-Provenienz mache Stiftung Schloss Dyck, Zur Klärung der strittigen Frage, eine eindeutige Beurteilung der Ei- Jüchen ob der Galerist Alfred Flechtheim gentumsfragen unmöglich. Acker- ein Gemälde von Juan Gris (1887– mann: „Wegen dieser Unklarheiten Rekordbesucherzahlen und 1927) unter dem Druck der Verfol- halten wir es jetzt für angemes- positive Bilanz der letzten gung durch die Nationalsozialisten sen, in Übereinstimmung mit den Jahre verkaufen musste, ruft die Kunst- Flechtheim-Erben die Limbach- sammlung Nordrhein-Westfalen die Kommission um ihre Bewertung zu Mit rund 230.000 Besuchern er- Limbach-Kommission an. Das bei bitten.“ reichte die Stiftung Schloss Dyck, Differenzen über die Rückgabe von Bei einem anderen Restitutionser- Zentrum für Gartenkunst und Kulturgütern beratende Experten- suchen der Flechtheim-Erben, das Landschaftskultur im Jahr 2014 gremium soll klären helfen, ob für Paul Klees Gemälde „Federpflan- das beste Ergebnis der letzten fünf die NRW-Landesgalerie eine Res- ze“ (1919) zum Gegenstand hat, Jahre. Im Durchschnitt der letzten titution des Stilllebens „Geige und sieht das Museum keinen Grund, Jahre lag die Besucherzahl bei rund Tintenfass“ (1913) an die Erben des die Beratende Kommission anzu- 200.000, das Jahr 2014 lockte so- 1937 im Londoner Exil gestorbenen rufen. Nach den Nachforschungen mit rund 15 % mehr Besucher in Galeristen Flechtheim geboten ist. der Kunstsammlung NRW war die immer attraktiver werdenden Die Kunstsammlung NRW hatte das das kleinformatige Klee-Gemälde Anlagen von Schloss Dyck. Gris-Werk 1964 im internationalen nach dem Tod Flechtheims 1937 Insgesamt ist die Stiftung mit den Kunsthandel erworben. aus dessen Nachlass in den Besitz Veranstaltungen zufrieden, mit der Anders als die Erben Flechtheims, einer Londoner Galerie übergegan- „illumina“, den „Classic Days“, den die in ihrem Restitutionsersuchen gen und nicht schon zu Lebzeiten Gartenfestivals, dem Familienfest das 1934 in London an die Sammle- Flechtheims verkauft worden. und den Konzertveranstaltungen rin Dorothea Ventris verkaufte Bild Kunstsammlung NRW / tm wird ein abwechslungsreiches als einen durch die NS-Verfolgung Programm geboten. Positiv sieht bedingten Verlust des Kunsthänd- MUSEUM die Stiftung das zunehmende eh- lers bewerten, sieht die Kunst- www.kunstsammlung.de renamtliche Engagement sowohl sammlung Nordrhein-Westfalen bei großen als auch bei kleineren keinen Grund für die Rückgabe. Veranstaltungen. Ob beim Famili- Stiftung Neanderthal „Bei unseren seit 2009 laufenden enfest des Rhein-Kreises Neuss, bei Museum, Mettmann Forschungsarbeiten haben wir zwar den Schlosskonzerten der Freunde viele neue Details zur Provenienz und Förderer, dem Niederrhein- Tickets und Talk im Web des Bildes entdeckt. Trotzdem Musikfestival oder dem Schlosslauf, haben sich keine Dokumente ge- Ab sofort sind Eintrittskarten für immer mehr Menschen engagieren funden, wonach das Gris-Gemälde das Neanderthal Museum auch on- sich für Schloss Dyck. zum Zeitpunkt des Londoner Ver- line erhältlich. Über den Anbieter Als Zentrum für Gartenkunst und kaufs zweifelsfrei Eigentum Flecht- „westticket“ lassen sich Tickets Landschaftskultur und Mitglied heims war“, sagte die Direktorin bequem zu Hause ausdrucken und des Europäischen Gartennetz- der Kunstsammlung Nordrhein- sind 12 Monate gültig. Interes- werkes stehen die Aktivitäten zur Westfalen, Marion Ackermann: „Die sierte finden direkt auf der Start- Gartenkultur für die Stiftung nach Recherche hat gezeigt, dass das seite des Neanderthal Museums wie vor im Vordergrund. Im von ab 1925 in der Galerie Flechtheim im Internet einen Link zu „west- Fürst Joseph vor knapp 200 Jah- nachzuweisende Bild durchaus auch ticket“ für die Tickets des Muse- ren angelegten Landschaftspark Kommissionsware oder gemeinsa- ums. Ebenfalls online erhältlich hat die Stiftung mit rund 300.000 mer Besitz mehrerer Galeristen sind Tickets für das umfangreiche Blumenzwiebeln und mit einer der hat sein können.“ Zudem geht die Veranstaltungsprogramm. größten Hortensiensammlungen Kunstsammlung davon aus, dass Ganz neue Wege in der Kun- Deutschlands besondere Akzente der Verkauf 1934 in London im si- denkommunikation geht das gesetzt. Im Schloss hat sich die cheren Ausland geschehen ist. Neanderthal Museum außer- Ausstellungsreihe „Gartenfokus“, Intensive Recherchen, unter dem mit der Einführung des in der in diesem Jahr Fotografien rheinform 01/2015 Kurznachrichten rheinschnuppern 59 japanischer Gärten gezeigt wur- Schokoladenatelier lassen sich die 2017 zum siebten Mal verliehen. 20 den, erfolgreich etabliert. Mit den Maîtres Chocolatiers des Museums Künstlerinnen werden ihre Arbeiten Angeboten an Spielmöglichkeiten gerne über die Schulter schauen auf einer Ausstellung in Berlin und für Kinder und dem im Frühjahr und zeigen, wie Schokoladen von Bonn präsentieren können. Orga- unter der Regie der Stiftung neu Hand hergestellt werden. nisation und Verwaltung liegen im eröffneten Restaurant „Botanica“ Zusätzlich zur ständigen Ausstel- Gabriele Münter Büro im Bonner hat die Stiftung ein Angebot für lung werden in Sonderausstellun- Frauenmuseum. Ab dem Frühjahr eine breite Zielgruppe entwickelt. gen regelmäßig spezielle Themen 2015 können sich Künstlerinnen „Besonders die sehr positive Reso- beleuchtet, Künstlerinnen und dort bewerben. nanz auf das Botanica hat unsere Künstler vorgestellt sowie beson- Frauenmuseum / tm Erwartungen weit übertroffen“, so dere Ereignisse hervorgehoben. Ein der Stiftungsvorstand. Höhepunkt im vergangenen Jahr MUSEUM Stiftung Schloss Dyck / tm war die Präsentation: „Dreikönigs- www.frauenmuseum.de schrein in süßem Glanz – Trans- MUSEUM lation in Schokolade“. Aus Anlass DANKE* BERLIN www.stiftung-schloss-dyck.de des 850. Jubiläums der Ankunft der Gebeine der Heiligen Dreiköni- „200 Jahre Preußen am ge in Köln zeigte das Museum von Schokoladenmuseum, Köln Rhein“ Allerheiligen, 1. November 2014, bis zum Dreikönigstag, 6. Januar Dieses runde Jubiläum nehmen 76.409 Besucherinnen und 2015, eine Interpretation des Drei- der Rheinische Verein für Denk- Besucher im August 2014 – Rekord! königsschreins im Maßstab 1:1. Der malpflege und Landschaftsschutz Schokoladenschrein wurde von der und seine Kooperationspartner Einen Besucherrekord konnte das Berliner Künstlerin Sonja Alhäuser zum Anlass, das Jahr 2015 unter Schokoladenmuseum im Kölner geschaffen. das Leitthema „Preußen“ zu stellen. Rheinauhafen im August 2014 ver- Schokoladenmuseum / tm „DANKE* BERLIN“ ist das Motto, zeichnen. In diesem Monat kamen mit dem der Rheinische Verein 76.409 Besucherinnen und Besu- MUSEUM an eine 200-jährige Beziehung cher, um sich über die Geschichte www.schokoladenmuseum.de mit Folgen erinnert. Von April bis und Gegenwart der Schokolade zu Oktober 2015 sollen im gesamten informieren. Traditionell sind die Gebiet der ehemaligen preußischen Frauenmuseum, Bonn Sommermonate im Schokoladen- Rheinprovinz verschiedenste Ver- museum gut besucht, doch so viele anstaltungen unterschiedlichste Gabriele Münter Preis wird Besuche wie im diesjährigen August Aspekte beleuchten. erneut ausgelobt waren es noch nie in einem Monat Zahlreiche Institutionen, Institu- seit der Eröffnung im November „Endlich Vierzig“ – so lautete das te, Vereine und Verbände haben 1993. Für 2014 erwartet das Mu- Motto des 1994 im Bonner Frau- sich entschlossen, die überaus seum insgesamt bis zu 650.000 enmuseum erstmalig verliehenen wechselvolle Beziehung in ihren Besucher, womit es weiterhin zur Gabriele Münter Preises für Bil- verschiedenen Facetten angemes- Spitzengruppe der meistbesuchten dende Künstlerinnen über 40. Seit sen zu würdigen. Dazu zählen u.a. Museen in Deutschland zählen wird. 1994 wurde der Preis sechs Mal der Landschaftsverband Rheinland Das von Dr. Hans Imhoff gegrün- verliehen. Bekannte Künstlerinnen mit seinen Kulturdienststellen, die dete, privat geführte Museum lässt wie die Malerin Cornelia Schleime Region Köln/Bonn e.V. und deren die 4.000-jährige Geschichte des und die Performance-Künstlerin Mitgliedskörperschaften, die Bon- Kakaos und der Schokolade leben- Ulrike Rosenbach (2004), Leni ner Friedrich-Wilhelms-Universität, dig werden. In neun Ausstellungs- Hoffmann (2007) oder Christiane die Kunsthochschule Düsseldorf, bereichen auf fünf Ebenen warten Möbius (2010) waren die bisheri- die Generaldirektion Kulturelles ein begehbares Tropenhaus, na- gen Preisträgerinnen. Erbe Rheinland-Pfalz, Archive wie turkundliche Informationen zum Nach mehrjähriger Pause wird der das Landeshauptarchiv in Koblenz Kakao und Exponate aus dem prä- Preis nun erneut verliehen. Mit dem oder das Historische Archiv der kolumbischen Mittelamerika mit Preis werden Künstlerinnen über Stadt Köln, Museen wie das Arp- den Kulturen der Olmeken, Maya 40 geehrt – und damit sehr häufig Museum Rolandseck, das Sieben- und Azteken auf die Besucher. Dazu Frauen, die eine ganz einzigartige gebirgsmuseum Königswinter, das ermöglicht die gläserne Schokola- Leistung vollbringen: Die Verein- Kölnische Stadtmuseum oder das denfabrik Einblicke in die heutige barkeit von Familie und Kunst. Ab Preußen-Museum in Wesel. Beson- Herstellung von Schokoladenta- 2015 wird der mit 20.000 Euro do- ders bemerkenswert und erfreulich feln, Hohlfiguren und Pralinen. Im tierte Preis erneut ausgelobt und sind in diesem Zusammenhang das

rheinform 01/2015 60 rheinschnuppern Kurznachrichten breite bürgerschaftliche Interesse und Engagement sowie die diszip- linäre Vielfalt der geplanten Tagun- gen und Kolloquien. Im Zuge des Wiener Kongresses und der Neuordnung Europas wur- de das Rheinland 1815 Preußen zugeschlagen. Damit begann eine intensive politische, kulturelle, so- ziale und wirtschaftliche Beziehung zwischen der Rheinprovinz und dem preußischen Kernland, die nicht im- mer unproblematisch war und noch heute insbesondere in den Bundes- ländern Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz in vielen Bereichen spürbar nachwirkt. Auch unser heutiger „Rheinland“- Begriff geht auf die preußische Zeit zurück: Es war Preußen, das nach der „Besitzergreifung“ der Rheinlande 1815 wesentliches dazu beitrug, dass sich in der sich im 19. Jahrhundert durchsetzenden Gleichsetzung von „Rheinland“ und „Rheinprovinz“ , also von Land- schaftsnamen und Verwaltungs- bezirk, erstmals ein einheitlicher Rheinland-Begriff herausbildete, der dann letztlich bis heute nach- haltig gewirkt hat. LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte / Georg Mölich

INFORMATION www.danke-berlin-2015.de

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der 1990er Jahre bis hin zu seinen Anthony Cragg René Küng – Kunst jüngsten Arbeiten sichtbar werden. und Natur Dinge im Kopf / Things on Als konstanter Eindruck durch alle the Mind unterschiedlichen Werkphasen hin- Eine lebenslange durch faszinieren jedoch vor allem Beziehung Hrsg.: Smerling, Walter die in den Skulpturen freigesetzte Wienand Verlag, Köln 2011 Energie und nicht zuletzt die hin- Hrsg.: Settelen-Trees, Daniela ISBN 978-3-86832-052-7 tergründige Ironie Craggs, welche Christoph Merian Verlag, Basel dt./engl., 136 Seiten, 105 farb. u. seine Arbeiten suggerieren. Neben 2014 47 s/w-Abb. kunstwissenschaftlichen Essays er- ISBN 978-3-85616-649-6 34,00 Euro lauben ein Textbeitrag von Anthony Gebunden, 96 Seiten, 55 farb. Cragg und ein Interview mit dem Abb. Künstler tiefere Einblicke in sein 24,00 Euro Schaffen. Wienand Verlag / ew

INFORMATION www.wienand-koeln.de

BESTELLUNG www.wienand-koeln.de/titel/ Anthony-Cragg-Tony-Dinge-im- Kopf-Skulpturen.asp

Anthony Cragg (geboren 1949 in Liverpool) ist einer der bedeu- tendsten Bildhauer unserer Zeit. Für den Künstler René Küng ist Seine Werke werden in vielen in- die Natur Inspirationsquelle. Hier ternationalen Museen ausgestellt, findet er seine Materialien, deren und er nahm bereits mehrfach an Formensprache er aufnimmt und der documenta sowie der Biennale weiterentwickelt. Dieser Dialog von Venedig teil. Darüber hinaus führt Küng an archetypische Motive wurde Cragg, der seit den späten heran, die in Skulpturen von großer 1970er Jahren in Wuppertal lebt Schönheit ihren Ausdruck finden. und arbeitet, u.a. mit dem re- Die Publikation bietet in einem um- nommierten Turner Prize und dem fassenden, vor Ort entstandenen Praemium Imperiale für Skulptur Bildteil Einblick in das Werk des ausgezeichnet. Die vorliegende Pu- Künstlers, das in der gleichnamigen blikation ermöglicht erstmals eine Ausstellung im Park des Hofguts retrospektive Betrachtung seines Mapprach im Kanton Basel-Land- Werkes: Rund sechzig Skulpturen schaft zu sehen ist. Sie zeigt etwa aus den letzten vier Jahrzehnten 35 Skulpturen aus allen Schaffens- und etliche Zeichnungen und Gra- phasen und hält die unerwarteten fiken lassen die Entwicklung von Ein- und Ausblicke auf die Skulptu- frühen Installationen aus Fundstü- ren in den verschiedenen Garten- cken über die gedrehten Formen räumen fest. Ein unvergleichliches

Publikationen | Seite 61 bis 65 rheinform 01/2015 62 rheinlesen Publikationen

Zusammenspiel von Kunst und und erläutern, auf welche Weise Kernaufgabe der Museen. Die Prä- Natur in einem über 100 Jahre die Natur zumindest manchmal die ventive Konservierung dient dem gewachsenen Kulturdenkmal wird Architektur inspiriert. langfristigen Erhalt und der Pflege erlebbar. Von besonderem Interesse ist da- von Sammlungsgut. Ihr Ziel ist es, Mit Texten von Emil Angehrn, Stefan bei das widersinnige Verhältnis des schädigende Einflüsse bereits im Hess und Daniela Settelen-Trees. Menschen zur Natur, das in diesem Vorfeld zu erkennen und zu ver- Christoph Merian Verlag / ew Buch zum Ausdruck kommt: Auf der meiden oder sie zu reduzieren. Der einen Seite steht das Bestreben, Leitfaden zeigt Möglichkeiten auf, INFORMATION von der Natur zu lernen, auf der potentielle Gefahren für Sammlun- www.merianverlag.ch anderen Seite, der Versuch sie zu gen zu identifizieren, tatsächliche beherrschen. Die Formen, Prozesse Gefährdungen zu erkennen und BESTELLUNG und Anpassungsfähigkeit natürli- die Erhaltungsbedingungen bereits www.merianverlag. cher Gebilde dienen als Vorbild für durch einfache Schritte nachhaltig ch/de/publikationen. optimierte Konstruktionen. Gleich- zu verbessern. Er formuliert Stan- html?productDetail=ad63ae83- zeitig führt die Nutzung technischer dards und bietet Empfehlungen für 92ac-495b-92e1-55c883fac4e9 Innovationen nicht unbedingt zur die tägliche Museumsarbeit. Der Schonung der Umwelt. Leitfaden kann in der Geschäfts- Baunetz Wissen / ew stelle von ICOM Deutschland be- form follows nature stellt werden. INFORMATION ICOM-Deutschland / tm Eine Geschichte der www.baunetzwissen.de/buecher/ Natur als Vorbild für Formgebung in Ingenieur- Nachhaltig-Bauen-Form-Follows- INFORMATION bau, Architektur und Kunst Nature_2909401.html www.icom-deutschland.de/publi- kationen.php Hrsg.: Finsterwalder, Rudolf Präventive Konservierung Springer Verlag, Wien 2011 BESTELLUNG ISBN 978-3-7091-0855-0 www.icom-deutschland.de/client/ Ein Leitfaden Gebunden, dt./engl., 512 Seiten, media/546/bestellformular.pdf 450 farb. Abb. Hrsg.: ICOM Deutschland e. V. 69,95 Euro Beiträge zur Museologie Bd. 5, 2014 ISBN 978-3-00-046939-8 95 Seiten Kostenfrei, Versand nur nach Zusendung eines ausreichend vorfrankierten und adressierten Rücksendeumschlags

Mit dem Ziel, die Geschichte der Na- tur als Modell für die Formfindung in Ingenieurbau, Architektur und Kunst zu erzählen, hat Rudolf Fins- terwalder dieses Buch herausge- geben. Autoren aus den Bereichen Architektur, Naturwissenschaft und Kunst schreiben darin über natür- liche Gebilde und Phänomene. Sie Die Sicherung und Bewahrung beschreiben Formen und Prozesse von Natur- und Kulturerbe ist eine rheinform 01/2015 Publikationen rheinlesen 63

Zur Ethik des Bewahrens werden muss. Deakzession ist vor INFORMATION allem für uns – als öffentliche Kul- Konzepte, Praxis, www.icom-deutschland.de/publi- tureinrichtungen – ein essentielles Perspektiven kationen.php Thema. Aussonderung, Abgabe, Ausmusterung oder administrati- Hrsg.: ICOM Deutschland e.V. BESTELLUNG ve Entfernung eines Objektes aus Tagungsband zur Jahrestagung www.icom-deutschland.de/client/ dem Eigentum und der Verwah- von ICOM Deutschland 2013 media/537/bestellformular.pdf rung eines Museums gehören zu Beiträge zur Museologie, Band 4, den heikelsten, aber gleichzeitig 2014 auch unvermeidbaren Aufgaben DEAKZESSION ISBN 978-3-00-045736-4 eines Museums. Während es in 148 Seiten vielen Ländern bereits stringen- Chancen und Risiken 15,00 Euro (zzgl. Versandkosten); te Grundlagen zur Aussonderung bei der Abgabe von Vorzugspreis für ICOM-Mitglieder Sammlungsgut von Sammlungsteilen gibt, liegt und für Tagungsteilnehmer (gegen in Österreich noch vieles in einer Nachweis): 10,00 Euro (zzgl. Hrsg.: ICOM Österreich Grauzone. Hier herrscht dringender Versandkosten) Tagungsband zum ICOM Handlungsbedarf, und daher ist es Österreich-Seminar in Wien, 2014 ICOM ein besonderes Anliegen, die- ISBN 978-3-9503327-4-2 ses wichtige Thema einer breiten 67 Seiten, illustriert Diskussion zu stellen. 10,00 Euro (zzgl. Prof. Dr. Wilfried Seipel gibt in sei- Versandgebühren) nem Beitrag eine generelle Einfüh- rung in das Thema Deakzession. Die Vortragenden des ICOM Seminars: Frank Bergevoet (The Netherlands Cultural Heritage Agency) spricht über „Deakzession in den Nie- derlanden“. Hans Lochmann vom Deutschen Museumsbund bietet einen Überblick über die Situation in Deutschland. Almut Grüner vom Freilichtmuseum Neuhausen ob Eck (ehem. Thackray Medical Museum in Yorkshire) berichtet aus Großbri- Das Kulturerbe zu bewahren, ist tannien, und Claudia Hermann vom eine Kernaufgabe der Museen, es Verkehrshaus Luzern trägt über an künftige Generationen weiter- „Entsammeln in der Schweiz“ vor. zugeben, eine ethische Verpflich- Praxisbeispiele aus der österrei- tung. Das Gebot der Stunde lautet chischen Museumslandschaft stel- Prävention. Dafür müssen Museen Das Thema Deakzession beschäf- len Helmut Lackner (Technisches und Museumsprofessionals die ge- tigt national wie international Museum Wien), Patrick Werkner sellschaftliche Notwendigkeit und Museen, Kunst- und Kultureinrich- (Universität für angewandte Kunst den Wert der dauerhaften Siche- tungen. Daher war es für ICOM Ös- Wien) und Ulrike Vitovec (Muse- rung des Erbes klar benennen und terreich ein großes Anliegen, eine umsmanagement Niederösterreich) im gesellschaftlichen Diskurs aktiv Diskussion darüber zu beginnen, ob v o r. vertreten. Nach welchen Kriterien und wie man mit der heiklen Frage ICOM Österreich / tm Erhaltungsmaßnahmen entschie- des Entsammelns umgeht. ICOM den werden bzw. werden sollen, Österreich widmete daher sein INFORMATION diskutierten die Teilnehmerinnen Frühjahrsseminar 2014 diesem www.icom-oesterreich.at und Teilnehmer der Jahrestagung brisanten Thema. 2013 zum Teil kontrovers. Der Deakzession verlangt nach sen- Band, der die Tagungsbeiträge siblen Richtlinien, verwahren fast vollzählig wiedergibt, re- Museen und Kultureinrichtungen flektiert Theorie und Praxis der doch essentielle Sammlungen, Prävention. deren Deakzession gewissenhaft, ICOM-Deutschland / tm sorgsam, vorsichtig, bedacht und verantwortungsvoll vorbereitet

rheinform 01/2015 64 rheinlesen Publikationen

Die Praxis des Sammelns zurückrufen. Des Weiteren sind in sowie Workshops und eignet sich diesem Band Essays zur Gründung auch zum Selbststudium. Personen und Institu- öffentlicher Sammlungen bzw. zur ICOM Schweiz / tm tionen im Fokus der Provenienzforschung enthalten. Provenienzforschung Böhlau-Verlag / tm INFORMATION www.museums.ch/publikationen/ Hrsg.: Blimlinger, Eva / Schödl, BESTELLUNG publikationen/ethik-kit Heinz www.boehlau-verlag.com/978-3- Band 5 der „Schriftenreihe der 205-79601-5.html Die Musealisierung der Kommission für Provenienz- Gegenwart forschung“ Ethik im Museum Böhlau Verlag, Wien/Köln 2014 Von Grenzen und Chancen ISBN 978-3-205-79601-5 Ein Kit für Museums- des Sammelns in kultur- Gebunden, 417 Seiten, 25 farb. u. fachleute historischen Museen 35 s/w-Abb. 39,00 Euro Hrsg.: ICOM Schweiz Hrsg.: Elpers, Sophie / Palm, Mappe mit PowerPoint-Präsen- Anna tation auf CD sowie Broschüre transcript Verlag, Bielefeld 2014 Ethische Richtlinien, 2014 kart., 218 Seiten, zahlr. Abb. 11,00 Euro (zzgl. Versandkosten) ISBN 978-3-8376-2494-6 28,99 Euro E-Book ISBN 978-3-8394-2494-0 25,99 Euro

Band 5 der „Schriftenreihe für Pro- venienzforschung“ setzt sich in ei- ner Reihe von Texten mit Sammlun- gen auseinander, die erst aufgrund der Provenienzforschung wiederum ICOM Schweiz stellt mit dem ins Bewusstsein der Öffentlichkeit Ethik-Kit den Museumsfachleuten treten können. Waren sie, und na- Instrumente zur Verfügung, um türlich auch die Sammlerinnen und über das Thema Ethik im Museums- Sammler selbst, einst ein wesentli- alltag nachzudenken und dieses zu cher Teil des kulturellen Ambientes vertiefen. Kulturhistorische Museen sind im Wiens, verschwanden sie in Folge Um das Verständnis und die An- 21. Jahrhundert mehr denn je der Ereignisse nach dem März 1938 wendung der ethischen Richtlinien gefordert, die Besucherinnen und aus dem öffentlichen Bewusstsein. zu erleichtern, eignet sich nichts Besucher in ihrem unmittelba- Seit 1998 arbeitet die Provenienz- besser, als diese mit praxisnahen ren Jetzt abzuholen und gesell- forschung nicht nur an der Zu- Beispielen aus dem Museumsalltag schaftliche Prozesse und Proble- ordnung der Eigentumsgeschichte in Verbindung zu bringen. Der Kit, me aufzugreifen. Was bedeutet von Einzelwerken, sondern auch bestehend aus einer PowerPoint- dies für das museale Sammeln? am Wiederentdecken dieser Kon- Präsentation (mit realen und fik- Die Texte dieses Bandes beschrei- texte und Zusammenhänge. Band tiven Fallbeispielen samt Notizen ben aktuelle Entwicklungen in der 5 soll einige dieser einstmals so und Erklärungen) und den Ethi- Museumslandschaft und legen dar, bekannten Sammlungen und ihre schen Richtlinien von ICOM, bildet was die Musealisierung der Gegen- Stifter wiederum ins Gedächtnis die Grundlage für Teamsitzungen wart für die Sammlungskonzepte rheinform 01/2015 Publikationen rheinlesen 65 und -strategien der Museen bedeu- „Source Communities“? Dieser tet. Dabei werden Beiträge aus der Band berichtet von einem Berliner deutschen und niederländischen Forschungs- und Ausstellungspro- Museumspraxis und theoretische jekt und lässt zahlreiche renom- Zugänge zum Thema aus kultur- mierte Wegbegleiterinnen und wissenschaftlicher Perspektive -begleiter zu Wort kommen, um vereint. die Repräsentation muslimischer transcript Verlag / tm Traditionen an einem wichtigen Ort gesellschaftlicher Selbstver- BESTELLUNG gewisserung – dem Museum – zu www.transcript-verlag. hinterfragen, zu erforschen und de/978-3-8376-2494-6/ zu verändern. Die Beiträge suchen die-musealisierung-der-gegenwart nicht nur nach neuen Zugängen, sondern auch nach anderen In- halten, die den Forderungen der Experimentierfeld Museum kritischen Museologie nach Reprä- sentation, Teilhabe und sozialer Internationale Perspek- Inklusion Rechnung tragen können. tiven auf Museum, Islam und Inklusion Mit Beiträgen u.a. von Sharon Macdonald und Paul Basu, Richard Hrsg.: Kamel, Susan / Gerbich, Sandell und Eithne Nightingale, Christine Carmen Mörsch, Mirjam Shatana- transcript Verlag, Bielefeld 2014 wi, Bénédicte Savoy und Andrea kart., 482 Seiten, zahlr. z.T. farb. Meyer. Abb. transcript Verlag / tm ISBN 978-3-8376-2380-2 34,99 Euro BESTELLUNG www.transcript-verlag. de/978-3-8376-2380-2/ experimentierfeld-museum

Welche Rolle spielen Museen, die Objekte aus islamisch geprägten Regionen beherbergen, in einer sich diversifizierenden Gesell- schaft? Wie könnten neue Formen des Sammelns, Forschens und Vermittelns aussehen? Vor welchen Herausforderungen steht eine Ko- operation mit den so genannten

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Veranstaltungsort 3. – 6. Mai 2015 (So-Mi) Damit bewegen sie sich am Puls Ruhr Museum auf dem der Zeit. Als Orte der Vermittlung „Die Biografie der Objekte. Welterbe Zollverein und Begegnung sind Museen auch Provenienzforschung Zollverein A 14 (Schacht XII, Orte des Austausches und der weiter denken“ Kohlenwäsche) Auseinandersetzung. Sie bieten Jahrestagung des Gelsenkirchener Straße 181 Partizipation für alle und schaffen Deutschen Museumsbunds 45309 Essen barrierefreie Zugänge. Wie erfolg- e.V. in Kooperation mit der reich sie dies umsetzen, belegen Kulturstiftung der Länder INFORMATION die steigenden Besucherzahlen www.museumsbund.de und das große Interesse an ihren Ausstellungen und Angeboten. Das Motto des Internationalen Mu- 17. Mai 2015 (So) seumstages 2015 rückt die Rolle der Museen in der Gesellschaft und 38. Internationaler damit ihren Anteil an der Mitgestal- Museumstag tung der Zukunft in den Fokus. Es bietet eine besonders breite Palet- te an Anknüpfungsmöglichkeiten, so dass jedes Museum mit seiner Sammlung an diesem besonderen Tag teilnehmen kann.

1. Geben Sie einen besonderen Die Provenienzforschung als Auf- Einblick in Ihre Sammlung. gabe zur Ermittlung der Herkunft Wozu, was und wie wird ge- eines Museumsobjektes steht im sammelt? Welche Bedeutung Mittelpunkt dieser Tagung. Dabei haben Sammlungen für die Ge- kommt der Provenienzforschung sellschaft? Welche Objekte der hinsichtlich NS-verfolgungsbedingt Gegenwart werden das Bild von entzogenen Kulturgutes aus der Der Internationale Museumstag unserer Zeit künftig prägen? historischen Verantwortung he- (IMT) wurde 1977 vom Interna- Fördern Sie den Dialog über die raus eine besondere Bedeutung tionalen Museumsrat ins Leben Sammlung mit den Besuchern zu. Doch auch Objekte, die in der gerufen und wird weltweit um und bieten Sie Gesprächsrun- Kolonialzeit oder zur Zeit der DDR den 18. Mai gefeiert. Seit 1992 den mit den Museumsmitarbei- in unsere Sammlungen gelangten, wird der Tag von einem jährlich tern an. konfrontieren die Museumsfachleu- wechselnden Motto begleitet. Das 2. Fördern Sie das gesellschaft- te mitunter mit herausfordernden Motto zum diesjährigen IMT lau- liche Miteinander und in- Fragestellungen, die nicht nur un- tet: „MUSEUM. GESELLSCHAFT. terkulturelle Begegnungen, ter juristischen, sondern auch unter ZUKUNFT.“. Museen begleiten indem Sie Bezugspunkte und ethischen Aspekten zu betrachten gesellschaftliche Entwicklungen „Heimat-Verbundenheit“ auch sind. Von hoher Aktualität ist zu- mit innovativen Ideen, kreativen für Menschen mit Migrations- dem der Umgang mit archäologi- Angeboten, neuen Ausstellungs- hintergrund schaffen. Stellen schem Kulturgut von möglicherwei- formen und dem Einsatz moder- Sie zum Beispiel Objekte aus se illegaler Herkunft. Neben diesen ner Techniken. Sie führen die anderen Ländern vor, bieten Sie Themen berücksichtigt die Tagung Besucherinnen und Besucher an Führungen in unterschiedlichen auch, dass die Erforschung der aktuelle Themen und Fragestel- Sprachen, Kulturelles (z. B. Objekte hinsichtlich ihrer Herkunft lungen heran, sensibilisieren sie Tanz, Musik, Literatur etc.) und grundsätzlich zu den Kernaufgaben für Probleme, Widersprüche und Kulinarisches aus anderen Län- der Museumsarbeit gehört. Konflikte und regen zum Nachden- dern an. Deutscher Museumsbund / tm ken an, ohne zwingend Ergebnisse 3. Fördern Sie generationenüber- oder Lösungen zu präsentieren. greifende Begegnungen, indem rheinform 01/2015 Termine | Seite 66 bis 67 Termine rheinfinden 67

Sie „Jung“ und „Alt“ zusam- viel ihnen der Besuch wert ist. der Region. menbringen. Geben Sie Kindern Verband Rheinischer Museen / die Möglichkeit, Erwachsene zu Die Museumsberatung des LVR- Regine Zeller führen und damit ihren Blick auf Fachbereichs Kultur wird den rhei- das Museum zu vermitteln. Las- nischen Museen auch 2015 als re- Veranstaltungsort sen Sie Zeitzeugen berichten gionaler Ansprechpartner zur Seite Museum Schloss Homburg und machen Sie Geschichte so stehen und die Pflege der zentralen Schloss Homburg 1 lebendig. Kinder sind das Mu- Internet-Veranstaltungsdatenbank 51588 Nümbrecht seumspublikum von morgen. zum Museumstag sowie die Be- Bieten Sie ein Programm für darfsabfrage und den Versand der INFORMATION Familien mit besonderen Ange- Werbemittel übernehmen. www.museumsverband-rheinland.de boten, einem Museumsfest. Mit Deutscher Museumsbund / tm Wettbewerben oder Führungen von Kindern für Kinder können Veranstaltungsorte Sie die jungen Besucher für das Museen im Rheinland, Museum begeistern. Deutschland und Weltweit 4. Nutzen Sie den Museumstag, um Arbeitsbereiche und Berufe INFORMATION vorzustellen, die sonst für Be- www.museumstag.de sucher nicht sichtbar und für das Verständnis der komplexen SOCIAL MEDIA Aufgaben des Museums wichtig www.facebook.com/ sind. Bieten Sie die Möglichkeit InternationalerMuseumstag zum Blick hinter die Kulissen https://twitter.com/museumstag – Führungen im Depot, in der www.pinterest.com/museumstag Dokumentation, in der Restau- rierung etc. 1. Juni 2015 (Mo) 5. Betonen Sie die wichtige Rolle des Museums beim Erhalt un- XII. Rheinischer seres gemeinsamen kulturellen Museumstag Erbes: Wie sichern Sie Ihre Sammlung für die Zukunft? Museen im ländlichen Raum füh- Bieten Sie Präsentationen, ren häufig ein Schattendasein und Führungen und Aktionen rund müssen sich in unter finanziellem um Sammlungspflege und Druck stehenden Kommunen im- -erhaltung an. Stellen Sie das mer stärker behaupten. Bewahren, Museum als Ort der Forschung erforschen, ausstellen und vermit- vor. An welchen interessanten teln reichen allein nicht mehr aus. Themen arbeiten Sie derzeit? Neue und innovative Konzepte Wie wollen Sie diese Themen sind gefragt. Welche strategischen vermitteln? Befassen sich Schü- Überlegungen zur Profilierung aber lerprojekte mit der Sammlung? sind erfolgversprechend? Welche 6. Nutzen Sie neue Medien, um neuen Wege sind möglich und not- mit Ihren Besuchern in den wendig? Wie findet das Museum Dialog zu treten. Eine hervor- sein Alleinstellungsmerkmal? Und ragende Möglichkeit ist zum welche Erfahrungen liegen beim Beispiel die Teilnahme an der thematischen und baulichen Aus- Social-Media-Aktion des In- bau des Standorts schon vor? Der ternationalen Museumstags XII. Rheinische Museumstag am 1. 2015 „MuseumSound“. Welche Juni 2015 im Museum und Forum „Sounds“ hat Ihr Museum zu Schloss Homburg im Oberbergi- bieten? schen Kreis, organisiert vom Ver- 7. Begrüßen Sie Ihre Gäste auf band Rheinischer Museen und der besondere und persönliche Thomas-Morus-Akademie Bens- Weise. Gewähren Sie freien berg, geht diesen Fragen nach, Eintritt oder lassen Sie Besu- stellt Projekte vor und diskutiert cher selbst entscheiden, wie neue Entwicklungen von Kultur in

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lassen. Über das „Design Thinking“ Sie, wie man einen Blog aufsetzt, 27./28. April 2015 geben wir Ihnen sehr praxisbezo- gute Inhalte dafür entdeckt und (Mo/Di) gene und lösungsorientierte Ins- mit erfolgreichen Beiträgen seine An einem Strang: trumente an die Hand, mit deren Leserschaft findet. Organisation von multi- Unterstützung sich viele Köpfe, vie- Pausanio disziplinären Teams in le Ideen und viele Impulse auf ein Museen. Ein Workshop gemeinsames Ziel bringen lassen. Veranstaltungsort zu Methoden einer Zielgruppe: Feste sowie freie Mit- Startplatz effektiven Nutzung des arbeiterinnen und Mitarbeiter in Im Mediapark 5 kreativen Potentials von Ausstellungsteams und/oder Pro- 50670 Köln Projektgruppen jektgruppen, selbständig Tätige. Bundesakademie für kulturelle INFORMATION Ob analog oder digital: Die Muse- Bildung / tm www.pausanio-akademie.de/ umsarbeit erfordert immer mehr programm/kultur-blog Kompetenzen, die mit immer we- Veranstaltungsort niger Ressourcen abgedeckt wer- Bundesakademie für kulturelle 11./12. Mai 2015 (Mo/Di) den müssen. Zudem erfordert die Bildung Wolfenbüttel Einbeziehung externer Kräfte und Schloßplatz 13 MAI-Tagung – „museums verschiedenster Disziplinen zusätz- 38304 Wolfenbüttel and the internet“ liche Anstrengungen. Um hier einen effizienten Arbeits- INFORMATION Auch im fünfzehnten Jahr ihres prozess zu organisieren, müssen www.bundesakademie.de Bestehens wird sich die MAI-Ta- unterschiedliche Teamstrukturen gung mit neuen und innovativen und divergierende Verfahren des PROGRAMM Entwicklungen im Bereich inter- wissenschaftlichen, kreativen und www.bundesakademie.de/ netbasierter Museumspräsenta- administrativen Arbeitens auf ein programm/museum/do/ tionen und -dienste beschäftigen gemeinsames Ziel hin synchroni- veranstaltung_details/mm20-15/ und aktuelle Informationen und siert werden. Das erfordert neben Sachstandsberichte über museale hoher dialogischer Kompetenz auch ANMELDUNG Internetprojekte aus dem In- und den Einsatz von Methoden, die die www.bundesakademie.de/ Ausland vorstellen. Zusammenarbeit von Experten zu programm/buchung/do/ Anhand von Fachvorträgen und einem gemeinsamen Tun mit mi- veranstaltung_buchen/mm20-15/ Praxisbeispielen soll veranschau- nimalen Reibungsverlusten werden licht werden, welche Möglichkeiten lässt. Eine Strategie, die Expertise Museen haben, auf bestehender 7. Mai 2015 (Do) vieler effizient zu verbinden, ist das Medienkompetenz und -ausstat- „Design Thinking“. In der Zusam- tung aufzusetzen, um kulturelle Kultur-Blog – planen, menarbeit mit multidisziplinären Inhalte via Internet an ihr Publi- einrichten, loslegen Teams bildet die Methode einen kum zu vermitteln. Geplant sind kreativen Prozess ab, der den Nut- Das Internet geht nicht mehr weg. außerdem Beiträge über neue In- zer (in unserem Falle den Ausstel- Und es gehört uns allen. ternetpräsenzen im Kulturbereich, lungsbesucher) in das Zentrum der Ausgehend von diesen beiden Informationen über neue Initia- Betrachtung setzt. In diesem Work- Thesen, soll es in diesem Work- tiven, Studien und theoretische shop werden wir Sie in die Lage shop darum gehen, wie man mit Auseinandersetzungen sowie die versetzen, Ideen und Lösungen einem Kultur-Blog erfolgreich sein Vorstellung praktischer Umsetzun- kollaborativ zu erarbeiten, Sie so kann. Im digitalen Wandel für mehr gen zu den Themenbereichen So- für den Mehrwert multidisziplinärer Sichtbarkeit der eigenen Themen cialMedia, Barrierefreiheit, Online- Zusammenarbeit sensibilisieren sorgen, den digitalen Raum mit- Marketing, eCommerce, Usability, und Ihnen Möglichkeiten aufzeigen, gestalten und den Austausch mit der Auseinandersetzung mit Porta- Ihre Fähigkeiten und Ideen in die Gleichgesinnten erleichtern – das len, Fragen des Urheber- und Nut- gemeinsame kreative Arbeit eines sind wichtige Argumente für einen zungsrechts digitaler Inhalte und Entwicklungsteams einfließen zu eigenen Kultur-Blog. Hier lernen der Zusammenarbeit mit Schulen rheinform 02/2014 Fortbildungen | Seite 68 bis 70 Fortbildungen rheindenken 69

Veranstaltungsort und anderen Bildungsträgern. Ta- 15. – 17. Mai 2015 (Fr-So) gungsergänzend und vertiefend, Bundesakademie für kulturelle werden am Nachmittag des zweiten Das Wilde Denken. Bildung Wolfenbüttel Veranstaltungstages Workshops Praktische Versuche Schloßplatz 13 angeboten. zu dialogreichen 38304 Wolfenbüttel Ziel der Veranstaltungsreihe ist Querverbindungen es, die Teilnehmerinnen und Teil- zwischen Exponaten INFORMATION nehmer mit den für die Museen www.bundesakademie.de maßgebenden Entwicklungen des Mit Absicht oder ohne: Zwischen WWW bekannt zu machen, ihnen den Werken einer Ausstellung PROGRAMM Impulse und Orientierung für die entstehen immer Bedeutungen – www.bundesakademie.de/ eigene Arbeit zu geben und sie zur formal oder auch inhaltlich. Sol- programm/museum/do/ Mitgestaltung neuer Strukturen zu che Konstellationen lassen sich veranstaltung_details/mm28-15/ ermutigen. Wichtige thematische für Impulse zum Gespräch und zu Aspekte sind dabei die besonderen Interaktionen mit Museumsbesu- ANMELDUNG Präsentations-, Werbe-, Marketing- cherinnen und Museumsbesuchern www.bundesakademie.de/ und Kommunikationsmöglichkeiten nutzen. programm/buchung/do/ des Internets. Die Tagung versteht Die Herausforderung an die Ver- veranstaltung_buchen/mm28-15/ sich darüber hinaus auch ausdrück- mittlerinnen und Vermittler dabei lich als ein Gesprächs-, Austausch- ist, die Beziehungen zwischen Ob- 19. Mai 2015 (Di) und Kontaktforum. jekt und Betrachtenden ernst zu Zielgruppe: Alle Mitarbeiterin- nehmen und eine selbsttätige Aus- „Ohne Moos nichts los!” – nen und Mitarbeiter von Museen, einandersetzung in Gang zu brin- Geschäftsmodelle für Ausstellungshäusern und anderen gen. Es ist speziell der bisher wenig Kultureinrichtungen Kulturdienstleistern und -admi- beachtete Raum zwischen den Ex- nistrationen sowie Archiven und ponaten, auf den sich die Aufmerk- Kulturelle Angebote kosten Geld Bibliotheken, die im Rahmen ihrer samkeit des Workshops richtet und und sind nicht kostenlos zu haben. Tätigkeit bereits praktische Erfah- der als gewinnbringender Umweg Angespannte Haushalte der Länder rungen mit Internet-Auftritt und für Vermittlungsaktionen besetzt und Kommunen lassen keine Stei- -Präsenz gewonnen haben und das und erschlossen werden soll. Die gerung der Kulturausgaben erhof- Medium auch weiterhin gezielt und Idee des „Wilden Denkens“ – ein ur- fen. Wie aber sichern wir in Zukunft nutzbringend einsetzen wollen oder sprünglich von Claude Lévi-Strauss ein vielfältiges Angebot? Welche als WebMaster oder Redakteur für geprägter Begriff – dient dabei als Verwertungsmodelle sind beson- den Internetauftritt der jeweiligen Impuls, um die Beobachtungen und ders für Kultureinrichtungen geeig- Institution verantwortlich zeichnen. Wahrnehmungen aller Beteiligten net? Wie kann das Geschäftsmodell tm über mögliche Objektbeziehungen „Pay-what-you-want“ den Umsatz anzuregen. Die Vermittlungspraxis steigern? Wie könnte Crowdfunding Veranstaltungsort wird hier als eine Einladung zum Teil einer wirtschaftlichen Kultur- :Dasa Arbeitswelt Ausstellung Querdenken verstanden und als strategie werden? Wie wirtschaftet Friedrich-Henkel-Weg 1-25 Versuch, auf unterschiedliche Art Kultur im Dreieck von staatlicher 44149 und Weise mit den Fähigkeiten Förderung, zivilgesellschaftlichem aller Beteiligten zu arbeiten. Ziel Engagement und unternehmeri- INFORMATION UND des Workshops ist es zunächst, scher Tätigkeit erfolgreich? ANMELDUNG praktische Erfahrungen mit den In einer Kombination von Impuls- www.mai-tagung.de Verfahrensweisen des „Wilden referaten und Workshop wollen wir Denkens“ zu sammeln und dessen diese Fragen mit Ihnen gemeinsam NEWSLETTER offene und dialogorientierte Metho- erarbeiten und diskutieren. Im www.mai-tagung.lvr.de/app/Pres- den und Möglichkeiten zu erproben, Workshop werden wir gemeinsam se_Mai/MailAbo.asp um sie in einem nächsten Schritt anhand des „Business Model Can- auf eigene Vermittlungskonzepte vas“ Geschäftsmodelle für Kultu- zu übertragen. reinrichtungen erarbeiten. Diese Bundesakademie für kulturelle Methode ist dem „Design Thinking“ Bildung / tm entlehnt und eignet sich besonders gut, Geschäftsmodelle für Kultur- einrichtungen zu entwickeln. Pausanio

rheinform 02/2014 70 rheindenken Fortbildungen

Veranstaltungsort Workshops und kollegialer Bera- Startplatz tung in den Seminarverlauf integ- Im Mediapark 5 rieren wollen. 50670 Köln Angesprochen sind feste und freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im INFORMATION Sektor der Museumspädagogik und www.pausanio-aka- Vermittlung aus allen Sparten und demie.de/programm/ Museumsgattungen. cultural-entrepreneurship Bundesakademie für kulturelle Bildung / tm 1. – 3. Juni 2015 (Mo-Mi) Veranstaltungsort Bundesakademie für kulturelle Generationen im Bildung Wolfenbüttel Museum. Handreichungen für unvergessliche Schloßplatz 13 Begegnungen im Museum 38304 Wolfenbüttel

Der Weg vom Schlagwort „interge- INFORMATION nerative Vermittlung“ bis zu einem www.bundesakademie.de echten Dialog der Generationen ist mitunter nicht leicht. Der Bildungs- PROGRAMM anspruch eines Museums bedingt www.bundesakademie.de/ es, dass die Konzepte für solche programm/museum/do/ Begegnungen inhaltlich präzise veranstaltung_details/mm22-15/ vorbereitet, in der Form sorgfältig gestaltet und in der Umsetzung mit ANMELDUNG hoher Empathie für alle Beteiligten www.bundesakademie.de/ durchgeführt werden müssen. programm/buchung/do/ Das Ergebnis einer solchen Be- veranstaltung_buchen/mm22-15/ gegnung zielt dabei nicht nur auf die Weitergabe von Erfahrungen, sondern setzt auf einen starken Impuls, um gemeinsames Lernen voneinander zu ermöglichen und dieses Erlebnis über das Museum hinaus wirksam sein zu lassen. In diesem Seminar zeigt Ihnen das Beispiel „Generationen im Museum“ (GIM) aus der Schweiz, wie gelin- gende generationsübergreifende Konzepte geplant, organisiert und realisiert werden können. An prak- tischen Beispielen – wie etwa „GIM- live“ – erfahren Sie Hintergründe über verschiedene Konzepte, ler- nen unterschiedliche methodische Umsetzungen kennen und erfahren Handreichungen zu den notwen- digen inhaltlichen und formalen Strukturen, die notwendig sind, um einen solchen Dialog zu initiieren und in einen gleichberechtigten und lebendigen Austausch münden zu lassen. Ebenso sind in diesem Seminar Ihre Erfahrungen und Kenntnis- se gefragt, die wir in Form von rheinform 02/2014 rheinschauen 71 Ausstellungen

„Wegen Relaunch geschlossen!“

Der Ausstellungskalender jetzt tagesaktuell im Internet

Thilo Martini

Bild 1: Logo des Internet-Museumsführers und -Ausstellungskalenders www.RheinischeMuseen.de (LVR-Fachbereich Kultur)

Wie an dieser Stelle bereits in der letzten Ausgabe ausführlich berichtet, wurden der INFORMATION Online-Museumsführer und Ausstellungs- kalender für die rheinischen Museen und Landschaftsverband Rheinland LVR-Fachbereich Kultur Sammlungen – Redaktion www.RheinischeMuseen.de – einer umfas- „RheinischeMuseen.de“ senden grafischen, technischen und inhalt- Thilo Martini lichen Überarbeitung unterzogen. Seit Ottoplatz 2 Oktober 2014 ist dieses überarbeitete und 50679 Köln erweiterte Serviceangebot nun online zugänglich. Tel.: 0221 809 2143 Die redaktionelle Erfahrung zeigt, dass Mail: [email protected] uns annähernd täglich Ausstellungs- und Web: www.RheinischeMuseen.de Veranstaltungsmeldungen erreichen. Diese können jetzt zeitnah in das Datensystem eingepflegt werden und sind somit- zeit der rheinischen Museen auch weiterhin in gleich auch im Internet sichtbar. Diese aktueller und umfassender Weise abbil- Möglichkeit der tagesaktuellen Darstellung den kann, benötigen wir jedoch auch Ihre von Ausstellungsinformationen steht der Mithilfe. statischen Auflistung und unvermeidbaren Bitte senden Sie alle Ausstellungshinwei- Unvollständigkeit der hier abgedruckten se, Veranstaltungsmeldungen, Pressemit- Angaben entgegen. Aus diesem Grund ha- teilungen etc. an die Adresse der Online- ben wir uns entscheiden, die Rubrik "Aus- Redaktion von www.RheinischeMuseen.de. stellungen" einzustellen. Damit der Online-Museumsführer und -Ausstellungskalender www.Rheini- scheMuseen.de die Ausstellungslandschaft

Thilo Martini | “Wegen Relaunch geschlossen!“ | Seite 71 bis 71 rheinform 01/2015 72 rheinform Impressum

Herausgeber: Landschaftsverband Rheinland LVR-Dezernat Kultur und Landschaftliche Kulturpflege Ottoplatz 2 || 50679 Köln-Deutz

Verantwortlich: Milena Karabaic–LVR-Dezernentin für Kultur und Umwelt

Layout, Technische Umsetzung – Barrierefreies PDF: Sein und Haben Werbeagentur GmbH, Köln|| Tim Gouder www.sein-und-haben.de|| [email protected]

Aufbereitung des Dokuments für sehbehinderte und blinde Menschen: LVR-Druckerei || Solveig Kemsies [email protected]

Titel: Entwurf: LVR-Zentrum für Medien und Bildung, Ralf Nussbaum Titelbild: Keisuke Matsuura „Weisse Nepix“, Fotoausschnitt (© das SEEWERK)

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Redaktion: Dr. Norbert Kühn, Thilo Martini (tm), Ruth Türnich (rt), Eva Westphal (ew)

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Version 1.0 – März 2015

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rheinform 01/2015