(Iris Sibirica) Im Westlichen Bodenseegebiet 27-51 ©Staatl
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ZOBODAT - www.zobodat.at Zoologisch-Botanische Datenbank/Zoological-Botanical Database Digitale Literatur/Digital Literature Zeitschrift/Journal: Carolinea - Beiträge zur naturkundlichen Forschung in Südwestdeutschland Jahr/Year: 2011 Band/Volume: 69 Autor(en)/Author(s): Peintinger Markus Artikel/Article: Verbreitung, Populationsdynamik und Vergesellschaftung der Sibirischen Schwertlilie (Iris sibirica) im westlichen Bodenseegebiet 27-51 ©Staatl. Mus. f. Naturkde Karlsruhe & Naturwiss. Ver. Karlsruhe e.V.; download unter www.zobodat.at carolinea, 69 (2011): 27-51, 4 Abb.; Karlsruhe, 15.12.2011 27 Verbreitung, Populationsdynamik und Vergesellschaftung der Sibirischen Schwertlilie (Iris sibirica) im westlichen Bodenseegebiet MARKUS PEINTINGER Kurzfassung alle Streuwiesen mit Iris sibirica befinden sich in Natur- Die Sibirische Schwertlilie (Iris sibirica) ist eine ty- schutzgebieten und werden aus Naturschutzgründen pische Art der Streuwiesen (Molinion caeruleae) am einmal im Jahr gemäht. Bodenseeufer. Der beobachtete Rückgang einiger Po- pulationen wurde zum Anlass genommen, um Verände- Abstract rungen in der Populationsgröße und der Artenzusam- Distribution, population dynamics and phytoso- mensetzung von Iris sibirica-Wiesen zu untersuchen. ciology of Iris sibirica in the western part of Lake Es wurde hauptsächlich drei Fragen nachgegangen: Constance 1. Wie ist die aktuelle Verbreitung von Iris sibirica und Iris sibirica is a characteristic species for calcareous hat sich der Bestand in den letzten hundert Jahren ver- fen meadows (Molinion caeruleae) at the shore of Lake ändert? 2. Gibt es einen langfristigen Populationstrend Constance. Since a decline of local populations was 1992-2008? 3. Hat sich die Artenzusammensetzung observed, a more detailed study was initiated to exa- der Streuwiesen mit Iris sibirica-Wiesen zwischen den mine changes in population size and species compo- zwei untersuchten Zeitperioden 1988-1993 und 2003- sition of Iris sibirica meadows. Three main questions 2009 verändert? were addressed: (1) What is the recent distribution of Um die Änderung der Häufigkeit zu untersuchen, wur- Iris sibirica and how strong was the decline of the spe- de die aktuelle Verbreitung von Iris sibirica mit Litera- cies during the last hundred years? (2) Is there a long- turangaben verglichen. Zudem wurden die Monitoring- term trend in population size 1992-2008? (3) Is there Daten des Naturschutzbunds Deutschland (NABU) evidence for changes in species composition between ausgewertet, um den langfristigen Populationstrend two time periods (1988-1993 and 2003-2009)? abschätzen zu können. Beim Monitoring wurde in 16 To examine local extinctions the recent distribution of Populationen von 1992 bis 2008 jährlich die Zahl der Iris sibirica were compared with published records. The Blütenstände ausgezählt. Spearmans Rangkorrela- monitoring data of the Naturschutzbund Deutschland tions-Koeffizienten wurden benutzt, um den Trend zu (NABU) were examined to estimate long-term trends in schätzen und auf Signifikanz zu prüfen. Um Vegetati- population size. For the monitoring the number of inflo- onsveränderungen festzustellen, wurden die Vegeta- rescences were yearly counted in 16 populations from tionsaufnahmen beider untersuchter Zeiträume nach 1992 to 2008. Spearman’s rank correlation coefficients der Methode Braun-Blanquet und mit Hilfe multivariater were calculated to estimate temporal trends and signifi- Verfahren (Detrended Correspondence Analysis, DCA) cance. Furthermore, vegetation of the two time periods ausgewertet. were analysed by the method of Braun-Blanquet and Die Zahl der Vorkommen verringerte sich von 25 um by detrended correspondence analysis (DCA). 1910 auf 13 nach 2008. Iris sibirica war hauptsächlich The number of locations with Iris sibirica decreased an den Mündungen der Bodenseezuflüsse verbreitet from 25 before 1910 to 13 after 2008. Iris sibirica oc- und kam in einer Höhenlage zwischen 400 und 430 m curred mainly at river mouths and at an altitude bet- NN vor. Die Bestandsentwicklung zeigte keinen einheit- ween 400 and 430 m a.s.l. Population size showed no lichen Trend. Die Populationsgröße verringerte sich in general trends. In two population size declined while in zwei Populationen, während sie in dreien zunahm. Die three population it increased. Iris sibirica meadows are Iris sibirica-Wiesen ließen sich in zwei Ausbildungen divided into two subtypes: one with Molinia caerulea unterteilen: eine mit Molinia caerulea und eine mit Tha- and one with Thalictrum flavum. Between 1988-1993 lictrum flavum. Zwischen 1988-1993 und 2003-2009 and 2003-2009 no dramatic changes in species com- fand keine deutliche Veränderung der Artenzusammen- position were observed. However, a slight increase of setzung statt. Jedoch wurde eine leichte Zunahme von Deschampsia cespitosa and Solidago gigantea could Deschampsia cespitosa und Solidago gigantea fest- be observed. gestellt. Zusammenfassend betrachtet ist Iris sibirica In conclusions, Iris sibirica is currently not endangered derzeit im westlichen Bodenseegebiet nicht gefährdet, in the western part of Lake Constance although a de- obwohl ein Rückgang der Fundorte seit 1910 festzu- cline was observed since 1910. However, most recent stellen ist. Die meisten aktuellen Populationen zeigten populations show no general trend or even increased keinen Bestandstrend auf oder nahmen sogar zu. Fast in size. Almost all populations were located in nature ©Staatl. Mus. f. Naturkde Karlsruhe & Naturwiss. Ver. Karlsruhe e.V.; download unter www.zobodat.at 28 carolinea, 69 (2011) reserves and the Iris sibirica meadows were managed Vergleich zum Beginn des 20. Jahrhunderts for reasons of nature conservation. festzustellen? 2. Welche Bestandstrends weisen die unter- Autor suchten Populationen zwischen 1992 und Dr. MARKUS PEINTINGER , Arbeitsgruppe Bodenseeufer 2008 auf? (AGBU), Güttinger Str. 8/1, D-78315 Radolfzell, E-mail: [email protected] 3. Wie ist Iris sibirica im westlichen Bodensee- gebiet vergesellschaftet und gibt es Hinwei- se auf Vegetationsveränderungen zwischen 1988-1993 und 2003-2009? 1 Einleitung Die Sibirische Schwertlilie (Iris sibirica) gehört 2 Untersuchungsgebiet zu den charakteristischen Pflanzenarten des Bo- densees. Sie kommt vor allem in seenahen Streu- Die Landschaft des westlichen Bodenseege- wiesen in hoher Abundanz vor und ist während bietes ist geprägt durch die Vergletscherung wäh- der Blüte im Frühjahr aspektbildend. Iris sibirica- rend der letzten Eiszeit (Würm). Bei der anschlie- Wiesen sind dokumentiert aus dem westlichen ßenden Verlandung wurden im Bodenseebecken Bodenseegebiet (PHILI pp I 1960, LANG 1973) und Beckentone und dann Seekreide abgelagert. In vom Eriskircher Ried am Obersee (WINTERHOFF flachen Teilen des Sees sind so großflächige 1993). Pflanzensoziologisch werden die ähnlich Riedlandschaften entstanden (SCHREINER 1974). ausgeprägten Iris sibirica-Bestände entweder als Die früher als Streuwiesen genutzten Flächen eigene Assoziation „Iridetum sibiricae“ gefasst werden seit den 1970er Jahren aus Naturschutz- (PHILI pp I 1960, KORNECK 1962, LANG 1973, BOHNER gründen gemäht. Im westlichen Bodenseegebiet et al. 2001), zu verschiedenen eng umgrenzten sind diese sogenannten Seeriede vor allem am Molinion-Gesellschaften gestellt (Cirsio tuberosi- Untersee zu finden, außerdem im Mündungsbe- Molinietum/Allio suaveolentis-Molinietum, LANG reich der Stockacher Aach. Eine Torfbildung fin- 1973, OB ERDROFER 1983, GOE B EL 1995) oder dem det aufgrund der Wasserstandsschwankungen weiter gefassten Molinietum caeruleae zugeord- des Bodensees nicht statt, da bei Niedrigwas- net (WINTERHOFF 1993, BURKHART et al. 2004). ser organisches Material wieder abgebaut wird. Regelmäßige Bestandszählungen ergaben, dass Die Böden der Seeriede sind kalkreich, weil sie in einzelnen Populationen die Bestände rückläu- über Seekreide entstanden sind. Entlang der Zu- fig waren, obwohl die Flächen unter Naturschutz flüsse in den westlichen Teil des Bodensees ist standen und keine Veränderung der Nutzung zu Iris sibirica nur in den Versumpfungsmooren an erkennen war. Dies wurde zum Anlass genom- der Radolfzeller Aach zu finden (Bohlinger und men, die Verbreitung und Soziologie von Iris sibi- Hausener Aachried). Die Umgebung des Boden- rica im westlichen Bodenseegebiet und mögliche sees liegt bei rund 400 m ü NN und ist, was die Veränderungen zu untersuchen. Hierzu wurden jährlichen Durchschnittstemperaturen anbelangt die Bestandszählungen der Naturschutzzen- (8,9 °C), begünstigt im Vergleich zum Umland. tren Mettnau und Wollmatinger Ried des Natur- Die durchschnittlichen Niederschläge betragen schutzbunds Deutschland (NABU) ausgewertet. im westlichen Teil des Sees nur 849 mm pro Jahr Zudem wurden alte bisher unpublizierte Vegeta- (Konstanz 1961-1990, Daten des Deutschen tionsaufnahmen des Autors (1986-1993) mit neu Wetterdienstes). angefertigten (2003-2009) verglichen, um Verän- derungen der Gesellschaftsstruktur erkennen zu können. Iris sibirica-Wiesen werden häufig durch 3 Methode die hohe Artmächtigkeit der namensgebenden Art charakterisiert (z.B. KORNECK 1962: „optimal, Die aktuellen Nachweise stammen von Be- Deckung bis 75%“). In dieser Arbeit sind jedoch obachtungen seit den 1980er Jahren. Die histo- alle Streuwiesen mit Iris sibirica berücksichtigt, rischen Nachweise beruhen im wesentlichen auf unabhängig vom Deckungswert der Art. Es wird BAU M ANN (1911) und im geringeren Umfang auf im Wesentlichen folgenden Fragen nachgegan- JACK (1900). gen: Im Rahmen des Monitoring-Progamms