~ G e s chi c h t e

J 0 h ann von Wes e 1

Eine Studie zur Geistesgeschichte des ausgehenden Mittelalters.

Inaugural - Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Philosophischen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität zu Münster (Westf.)

vorgelegt von Reinhard Samoray aus Bielefeld---

1954 Tag der mündlichen Prüfung: 9. Mai 1955 Dekan: Prof. Dr. W. Foeste Referent: Prof. Dr. H. Grundmann Korreferent: Prof. Lic. Dr. R. stupperich Gliederung.

Einleitung:

Der Stand der Forschung und die Problemstellung. S. 1

I. Kapitel.

Leben, Prozeß und Schriften des Johann von Wesel. 1. Das Leben des Johann von Wesel bis zum Prozeß. S. 9 2. Der Prozeß und das Ende Johanns von Wesel. S. 12 3. Die Schriften des Johann von Wesel. S. 34

11. Kapitel.

Die Anschauungen Johanns von Wesel in seiner Erfurter Zeit. 1. Die philosophischen Anschauungen. S. 45 2. Die theologischen Anschauungen. s. 52

III. Kapitel.

Die Anschauungen Johanns von Wesel als Prediger in Worms und Mainz. 1. Die Schuld und Erlösung des Menschen. a. Die Schuld des Menschen. S. 66 b. Die Erlösung des Menschen. S. 74 2. Die Gottesauffassung. S. 85 3. Die Autoritäten für den Glauben. S. 90 4. Die Kirche und ihre Einrichtungen. S. 101 5. Die Astronomie und die Astrologie. S. 115

IV. Kapitel.

Johann von Wesel und die geistigen Strömungen seiner Zeit. 1. Die geistige Entwicklung und die Beeinflussung Johanns von Wesel. S. 120 2. Die Persönlichkeit des Johann von Wesel und der Ausgangspunkt seiner Anschauungen. S. 129 v. Kapitel.

Die Beurteilung Johanns von Wesel .von seinen Zeitgenossen. (1472 - 1517) 1. Johann von Wesel in seiner Zeit. S. 133 2. Johann von Wesel und der Streit um die unbefleckte Empfängnis Mariae. ß. 143

VI. Kapitel.

Die Gestalt des Johann von Wesel im Zeitalter der . 1. Die Beurteilung Johanns von Wesel auf evangelischer Seite. S. 158 2. Die Beurteilung Johanns von Wesel auf katholischer Seite. S. 166

Schlußbemerkungen. S. 171

Anmerkungen. S. 173

Quellen und Literatur •.S. 236

Abkürzungen, S. 249 Johann von Wesel

Eine Studie zur Geistesgeschichte des ausgehenden Mittelalters.

Einleitung: Der Stand der Forschung und die Problemstellung.

Am 8. Februar 1479 begann in Mainz der Ketzerprozeß gegen den Wormser Domprediger Johann von WeseI. Die Verhandlungen en- deten mit der Verurteilung dieses Mannes; nur sein Widerruf ret- tete ihn vor dem Feuertode. Johann von Wesel gehört in die Reihe der Männer, die vor der Reformation scharfe Kritik an der römischen Kirche übten. Vor ihm, besonders in der Zeit des avignonesischen Aufenthal- tes der Päpste und der großen Konzilien, war diese Einstellung sehr ausgeprägt gewesen, es ist an Marsilius von Padua, Wilhelm Ockam und Johann Hus zu denken. In der zweiten Hälfte des 15.Jahr- hunderts ebbte dieae Opposition ab; die Herrschaft und das Anse- hen des Papsttums festigten sich wieder; in der Schultheologie gelangte der Thomismus mehr und mehr zur Geltung, überall sind "restaurative Tendenzen"l) bemerkbar; nur in weniger bedeuten- den Laienkreisen, die ihren Ausgang von den Waldensern und H~s- siten genommen hatten, wu~de am Gegensatz zur römischen Kirche und ihren Institutionen festgehalten. Innerhalb dieser im allgemeinen rückläufigen Bewegung waren es unter den Theologen allein Johann von Wesel und WesseI Gans- fort, die als ehemalige Hochschullehrer gegen die herrschende Kirchenlehre eine ausgesprochen kritische Haltung einnahmen. Um die Deutung der Gestalt des Johann von Wesel bemühten sich die Gelehrten in den nachfolgenden Jahrhunderten; sein persönliches Ergehen in dem gegen ihn durchgeführten Ketzer- prozeß und die Nähe zur Reformation, die in manchen Stücken Verwandtschaft mit seinen Lehren zeigt, regten dazu an. Die Kenntnis über den Wormser Domprediger schöpfte jedoch zunächst allein aus dem von Orthuinus Grathius2) edierten Prozeßbe- richt3);erst von der Hardt brachte 1733 durch Herausgabe des Traktates gegen den Ablaß neues Material über Johann von Wesel.4) ehr. W. Fr. Walch gab diese Schrift 1757 nach einer Handschrift, in der er das bei Matthias Flacius erwähnte Exem- - 2 plar vermutete, ohne von dem Druck durch von der Hardt Kennt- nis zu besitzen, heraus.5) Von der Hardt schrieb einen weiteren Traktat, das "Opuscu- lum de auctoritatB,officio et potestate pastorum ecclesiasti- ...... --- corum" Johann von V/esel zu. Diese kleine Abhandlung war 1521 ohne Angabe des Verfassers und Druckortes erschienen.6) Auch Walch nahm den Traktat für den Wormser Domprediger in Anspruch und ließ ihn in seiner Sammlung abdrucken.7) Man glaubte, die- ses Werk Johann von Wesel zuschreiben zu können, da in den Prozeßberichten Schriften mit ähnlichem Titel als von ihm ver- faßt angegeben wurden.8) Auch gab Wiegand Wirt in seinem "Dialogus Apologeticus" eine kurze Beschreibung des Briefes an Nikolaus von Böhmen, in dem von IJitik an der kirchlichen Lehre~ der römischen Kirche und dem apostolischen Stuhl die Rede war.9 Dieses schien eine gewisse .Ähnlichkeit mit dem "Opusculum" zu haben. Otto ClemenlO)und Gerhard Ritterll)zeigten, daß das "Opusculum" nicht von Wesel stammen kann. Die wesentlichen Ar- gumente gegen-;-ine V-erfasserschaft WeseIs sind folgende: Wirt hielt seine Aussagen über den genannten Brief sehr allgemein, sie können jedem der antihierarchischen Traktate des 15D Jahr- hunderts zugeschrieben werden; auch behandelt der Autor des "Opusculum" die in dem "Dialogus Apologeticus" erwähnten Dinge nur am Rande. Das "Opusculum" unterscheidet sich formell stark von WeseIs Schrift gegen den Ablaß. Die Beweisführung in der "Disputatio adversus indulgentias" ist an das scholastische Schema: Behauptung, Beweis, Einwand, Widerlegung gebunden, während es sich in der anderen Schrift um den "überschäumenden Erguß eines heiß erregten Herzens handelt." 12) Hier wird lei- denschaftliche Erbitterung gegen den Klerus und die Universitäts- theologen deutlich, ZUge, die sich bei Wesel sonst nicht fest- stellen lassen. Wesel versuchte nicht, durCh Verunglimpfung und Beschmqtzung der Hierarchie zu wirken, sondern durch juristische Kritik ihrer MachtbefUgnisse.13) Auch der Gedanke, daß d1eAn- nahme des Magistertitels als Verstoß gegen das Gebot Christi an- zusehen seit läßtsich bei WeseI, der betonte, Doktor der Theolo- gie zu sein, schwer denken.14) Die Auffassung, das "Opusculum" und der Ablaßtraktat-seien von dem gleichen Verfasser, führte bei Gieseler und Ullmann zu einer verfehlten Darstellung der Gedankenwelt des Johann von WeseI. - 3 - Carl Ullmann fand in der Bonner Universitätsbibliothek einen weiteren Bericht über den Prozeß gegen Johann von WeseI. Er teilte ihn im Auszug in deutscher Sprache in seinem Buch IIReformatoren vor der neformation" mit.lS) otto Clemen gab den Text dieser sogenannten "Relation Bt! als Anhang zu seinem Auf- satz: "Über Leben und Schriften Johanns von WeseI" heraus.16) Einige Ergänzungen finden sich bei J. Hausleiter: IIBemerkun~en zu dem Ketzerprozeß und den Schriften Johann von Wes~ls."17 Eine Bereicherung der Kenntnis des Prozesses und seiner Über- lieferung erfolgte durch Beschreibung und teilweise Edition der "Relation C" 'durch Clemen in seinem Aufsatz: "Zu dem Ketzerprozeß Johanns von WeseI." 18) Neben diesen bisher genannten Quellen wußte man am Ende des 19. Jahrhunderts von der Existenz 2 weiterer Schriften WeseIs: von einem Sentenzenkommentar und einem Kommentar zur Physik des Aristoteles.19) Da sich das besondere Interesse an Wesel nur hinsichtlich seiner Stellung zu den sogenannten "Vorreformatoren" äußerte, wurden die beiden Werke nicht bear- beitet; erst durch Gerhard Ritter gelangten einige Abschnitte des Kommentars zu den Sentenzen des Petrus Lombardus zum Druck.20) Die Kenntnis der Gedankenwelt Johanns von Wesel wäre ein Torso geblieben, wenn nicht durch Gerhard Ritter weiteres, umfangreiches Material zugänglich geworden wäre.21) Auf Grund dieser neuen Quellen ist es möglich, in Verbindung mit den bis- her bekannten Schriften WeseIs ein umfassendes Bild der Gedan- kenwelt dieses Wormser Dompredigers zu entwerfen. Auf neue Quellenfunde ist kaum zu hoffen.22) Es wird erneut an die Beantwortung von Fragen heranzugehen sein, die bisher in der Forschung über Johann von Wesel auf- geworfen, aber nicht eingehend behandelt wurden. Ein Blick auf den Stand der Forschung führt zugleich in die Problematik ein, um die es bei der Beschäftigung mit diesem Manne geht. Die Nähe zur Reformation hat bei den Protestanten das Inter- esse an dem Wormser Domprediger wachgehalten und auch Chr.W.Fr. Walch veranlaßt, die Herausgabe des Ablaßtraktates zu besorgen. Wesel gehört nach Walch nieht nur zu den ausgezeichnetsten Zeu- gen der Wahrheit, sondern ihm ist die Ehrenbezeichnung eines "Bekenners" zuzuerkennen in dem Sinne, wie dieser Ausdruck in der Alten Kirche verwendet wurde.23) Trotz Anführung eines - 4 - Luther-Zitates über Johann von Wese124) werden von Walch keine näh~ren Parallelen zwischen den beiden Männern gezogen. Die Kenntnis WeseIs scheint ihm jedoch von Wichtigkeit, da er zu denen gehört, "qui ante Lutherum caelestem doctrinam ,'. cogno- verunt,,,2S) Durch Joh,C.Ludwig Giescler wurde der Blick auf d·ieBe zie- hungen Weseis zu Augustin gelenkt. WeseIs Lehre von Sünde und Gnade erschien ihm wesentlich als augustinisch.26) Von Einflüs- sender Hussiten hält Gieseler nichts; des DompredigersAus- gangspunkt waren die Bibel als die "reinste Quelle" der Lehre und Augustin. Wesel zählt neben WesseI Gansfort und Pupper van Goch zu den Vorläufern der großen Reformation des l6.Jahrhunderts. Die erste ausführliche Darstellung der Theologie des Johann von WeseI gab Carl Ullmann in seinem Buche "Reformatoren vor der Reformation.'1 (1. Ausgabe 1841) Wie bei den anderen in dem Werke behandelten Theologen und Kämpfern gegen die katholische Kirche wird auch bei Wesel versucht, ihn in unmittelbarer Be- ziehung zur Reformation zu sehen. Nach UI~mann geht die Zerglie- derung der wichtigsten Begriffe, namentlich derjenigen über Sün- de, Gnade und Vergebung weit über die Formendes hergebrachten Lohrbegriffes hinaus und läßt Vlesels "reformatorische und anti- pelagianische Denkweise" erkennen.27) Wesel setzt an die Stelle des k~rchlich-scholastischen Systems feste biblische Begriffo. 28) .Für Ullmann ist es unmöglich, daß Wesel die Erbsünde leugnete. Zwei Grundelemente des Denlcens werden unterschieden= das allge- mein biblisc~e und das speziell paulinische, letzteres in augustinischer Färbung.29) Von dieser Grundlage aus kam Wesel zur Bekämpfung der schlimmsten Äußerun~en der Werklehre im Ab- laß und in verwandten Einrichtungen,30). Da Ullmann Wese1 für den Verfasser des "Opusculum de auc- toritate, officio et potestate pastorum ecclesiasticorum" hielt, ergab sich im Blick auf die Kritik an den'äußeren Einrichtungen der Kirche ein falsches Bild.31) In ähnlichen Gedankengängen wie Ullmann bewegen sich Schade, 32) Auerbach33) und Brecher.34) Es wird auch von diesen eine besondere Nähe der weselschen Lehren zur Reformation gesehen, Wesel ist von Augustin geprägt und steht in gleicher Linie mit Wessel'Gansfort und Pupper van Goch.35) Durch die Zusammenstel- lung dieser Namen und mancher Xhnlichkeiten zwischen ihnen - 5 - herrschte die Vorstellung, daß Wesel wie WesseI Gansfort und Goch aus den Kreisen der "Brüder vom gemeinsamen Leben" und der "devotio moderna" erwachsen oder wenigstens von ihnen be- einflußt ist~ Sachliche Ergänzungen gaben Schade, Auerbach und Brecher nicht, da sie das gleiche Quellenmaterial wie UIlmann ve rwende t en , An Ullmanns Anschauung über die "Reformatoren vor der Reformation" übte Albrecht Ritschl schärfste Kritik. Nicht jede Abweichung von dem breiten Weg des katholischen Kirchen- tums, wie z. B. die pantheistische Mystik und die nominalist i- sehe Schultheologie, kann nach Ritschl unter den Begriff der "Reformation" gefaßt werden.36) Die Rechtfertigungslehre bei Wesel ist katholisch und hat nichts mit,der Auffassung Luthers zu tun. Die Analogie mit der Refo'rmation beschränkt sich dar- auf, daß der Do~prediger einige kirchliche Institutionen, die Gelübde und den Ablaß verwarf.37) Friedrich Kropatschek wandte sich gegen eine Überschätzung der Betonung der Heilieen Schrift bei WeseI. Nach Kropatscheks Meinung kann der Domprediger nicht um seines Biblizismus willen zum Vorreformator gemacht werden, denn sein Schriftprinzip er- scheint'nirgends mit reformatorischem Inhalt gefüllt, "leere Kritik und mittelalterliche Dogmatik wurden mit gleicher Hart- näcki.gkeitals biblis.ch ausgegeben. ,,38) Zur.Biographie Johanns von Wesel ist die Arbeit von Otto Clemen HÜber Lebenund Schriften Johanns von WeseI" und als Ergänzung der gleichnamige Aufsatz von Nikolaus Paulus grund- legend geworden.39) . . Nach Joh. Janssen kam V/esel von Hus beeinflußt zu seiner Opposition gegen de~ Apostolischen Stuhl und die Konzilien. WeseIs Äußerungen in Predigten und Schriften werden als "rohe und wüste Ausfälle'l hingestellt. 40) Von Franz Falk wi~d WeseIs Reise nach Böhmen, von der Butzbach erzählt, für historisch gehalten,41)für Falk steht also eine Einwirku.ng hussitischer Kreise fest, Wesel hat sich in gleicher Vleise wie Wiclef und Hus über die römische Kirche ausgesp~ochen. Im Ganzen betrachtet, war nach Falk das Auf- treten Johanns von Wesel eine Episode, durch die torübergch04~ der Ruhm der Mainzer Donkanzel verdunkelt wurde,42) von einer Einwirkung auf die Zeitgenossen kann nicht die Rede sein. 6 Eingehender befaßte sich lTikolaus Paulus in zwei Aufsätzen mit dem Leben des Wormser Dompredigers und seiner Lehre von Bußsakrament und Ablaß. In der zweiten Arbeit43) wollte Paulus die Ansicht einiger protestantischer Autoren als irrig erweisen, die behaupteten, "daß gegen das Ende des Mittelalters der voll- kommene Ablaß selbst von Päpsten nicht bloß als Straferlaß, sondern auch als Schuldenerlaß angepriesen sei.,,44) Paulus nahm nun Johann von WeseI, der gegen Ende des Mittelalters am hef- tigsten gegen den Ablaß polemisierte und ihn deshalb in allen seinen schädlichen Auswüchsen beschrieb, zum Zeugen dafür, daß der Ablaß in der Kirche nicht im oben genannten Sinne aufgefaßt wurde. Von diesem Ausgangspunkt her versteht sich die Beschrän- kung der Darstellung der weseIsehen Gedankenwelt bei Paulus auf die Lehre vom B~ßsakrament und Ablaß.45) Bei Nikolaus Paulus werden die Anschauungen besonders her- vorgehoben, welche Uesel mit der Lehre der Kirche seiner Zeit gemeinsam vertrat. Der Wormser Domprediger leugnete zwar den Ablaß, nahm jedoch, wie Paulus betont, ein Fegefeuer an; trotz der priesterlichen Lossprechung der Schuld bleibt- nach Wesel die Strafe und muß von dem Sünder durch Bußwerke abgetragen werden.46) Die Sündenvergebung erscheint als Mitteilung oder Eingießung der heiligmachenden Gnade; damit steht der Dompredj.- ger in voller Übereinstimmung mit den Gedanken des Thomas von Aquino und andsrer Scholastiker. Von einer Rechtfertigung durch den Glauben allein oder von einer bloß zugerechneten GErechtig- keit ist bei diesem"Vorgtinger Luthers" nichts zu finden.47) Paulus kam dem Eigentlichen der Gedankenwelt Johanns von Wesel näher als Ullmann, beurteilte ihn aber insofern einseitig, als er nicht die Ansichten WeseIs über das Papsttum, die römische Kirche und ihre Einrichtungen berücksichtigte, in denen Wesel weit über das hinausging, das im Mittelalter als geltende Lehre anerkannt wurde. Nachdem Gerhard Ritter·weselsche Traktate und Predigten in einer Stockholmer Sammelhandschrift entdeckt hatte, nahm er nach dem ersten Weltkriege die Forschung über Wesel wieder auf. In seinem Aufsatz "Romantische und revolutionäre Elemente in der deutschen Theologie am Vorabend der Reformation ,,48)zeigte Ritter die theologische Situation am Ausgang des Mittelalters auf und ordnete in großen Umrissen Johann von Wesel und WesseI - 7 - Gansfort in die geistigen Strömungen dieser Zeit ein. Während in der genannten Arbeit das Verhältnis zwischen Wesel und WesseI noch als ein enges angenommen wurde, machte Ritter in den "Studien zur Spätscholastik" Ill. (Neue Quellenstücke zur Theologie des Johann von Wesel)49) darauf aufmerksam, daß ein Einfluß der Niederländer aus dem Kreise der "Brüder vom ge- meinsamen Leben" sehr in Frage zu stellen ist. Ritters "Studien" enthalten eine Fülle von Gesichtspunkten und Fragestellungen, auf die in der folgenden Arbeit einzugehen ist. Ritter ver- suchte zum ersten Mal, eingehender WeseIs Standort innerhalb der spätmittelalterlichen Dogmengeschichte festzustellen; des- halb zog er den Sentenzenkomm,entar hinzu. Das Verhältnis zu WesseI Gansfort und Pupper van Goch wurde untersucht und die Frage nach dem Einfluß Augustins auf Wesel erörtert. Auch die Stellung WeseIs im Blick auf die Reformation versuchte Ritter neu zu klären.50) Er stellt die Frage, "ob es sich um einen bloßen Sonderling, eine geschichtliche Kuriosität ohne tieferes Interesse handelt, oder aber um den zwar vereinzelten, aber dennoch als Symptom bedeutsamen Ausdruck tiefliegender,-- sonst nicht ans Licht -gelangender geistiger Kräfte - um den Träger zukunftsvoller, wenn auch noch nicht zur vollen Wirksamkeit herangereifter moderner Ideen.,,51) Es wird in der vorliegenden Arbeit ausführlich darüber zu handeln sein, ob Wesel Beziehun- ( gen zu Männern und Kreisen hatte, die, ähnlich wie er, Kritik ..an der herrschenden Kirchenlehre übten. Ritter hat in seinen "Studien zur Spätscholastik" III in Verbindung mit der Frage nach der Überlieferungsgeschichte des Prozeßberichtes die Erforschung der Ansichten und der Beurtei- lung WeseIs in der Zeit n~ch dessen Tode eingeleitet,52) Die Darstellung der Diskussion um die Gestalt des Johann von Wesel wird in der vorliegenden Untersuchung ein Beitrag zur Kenntnis der geistigen Haltung vieler Männer zur römischen Kirche un- mittelbar vor der Reformation sein; denn in der Anerkennung oder Verurteilung dieses "Ketzers" spiegelt sich etwas wider von Gleichgültigkeit, Verachiting oder auf der anderen Seite Anerkennung des damaligen Zustandes der römischen Kirche und ihrer Lehre.53) Die Beurteilung \feseIs wird bis zum Ausgang der Reformation weiter verfolGt werden. Beide Konfessionen versuchten von ihrem Standpuru{t aus, den von der Inquisition - 8 - verurteilten Domprediger in den Ablauf der Geschichte als einen, der zu verurteilen oder anzuerkennen ist, einzuordnen. Eine Kontroverse zwischen Nilcolaus Paulus und Gerhard Ritter über den Verfasser der Relation A in der "Zeitschrift für Geschichte des Oberrheins" aus dem Jahre 1929 ist das Letzte, das in Verbindung mit der Forschung über Wesel er- schien.54) . 9 -

I. Kapitel. Leben, P£o~eß und Schriften des Johann von WeseI.

1. Das Leben des Johann von Wesel bis zum ProzeB.

Johann Ruchard von Uesell) wurde in dem Städtchen OberweseI, das nicht weit von St. Goar entfernt ist, geboren. Sein Geburts- jahr wird zwischen 1400 und 1420 1iegen.2) Von seinen Eltern, Verwandten und den Verhältnissen, unter denen er groB geworden ist, wissen wir nichts.3) Es dürfte unwahrscheinlich sein, daß Wese1 in seiner Jugend schon Anregungen erhielt, die für seine spätere Entwicklung von Entscheidung wurden.4) Seit dem Wintersemester 1441/42 studierte er in Erfurt. Dem Studiengang entsprechend absolvierte Wesel zunächst den philosophischen Kursus, wurde 1442 "baccalaureus artium" und 1445 "magister artium". In der philosophischen Fakultät hielt er Vorlesungen. Wesel wandte sich dann der Theologie zu; vor dem 18. Oktober 1456 wurde er Licentiat und promovierte am 15. November 1456 zum Doktor der Theologie. Im Wintersemester 1456/57 wählte man Wese1 zum Rektor der Universität, Ende 1457 war er noch kurze Zeit als Vicerektor tätig.5) In der Erfurter Zeit ist, wie die Kommentare zur Physik des Aristoteles und den Sentenzen des Petrus Lombardus zeigen und Wesel selbst bezeugt,6) noch keine Abweichung von der Kir- chenlehre festzustellen. Aus nicht bekannten Gründen ging Wese1 nach Worms, wo er zuerst' am 27. September 1460 als Domherr nachweisbar ist.7) Bald darauf versuchten Bürgermeister und-Rat der Stadt Basel, den Theologen als Lehrer an die neugegründete Universität zu ziehen. Der Bürgermeister Hans von Flachsland schrieb einige Briefe in dieser Angelegenheit an den Wormser Domherrn. Nach längerem Schwanken sagte Wese1 zu und nahm im Frühjahr 1461 die angetragene theologische Professur an. Wie auch andere Base1er Professoren gab Wese1 schon bald seine Lehrtätigkeit aufj8) wahrscheinlich verließ er Basel, da er wegen der Weige- rung des Baseler Bischofs die für ihn bestimmte Chorherren- stelle in St. Peter ~icht erhalten hatte.9) Wese1 kehrte in seine Dompredigerstelle nach Worms zurück, er empfand später seinen Aufenthalt in Basel nur als ZWischenspiel, das für ihn von geringer Bedeutung war.1Q) - 10 - Als Domprediger hatte Wesel gewöhnlich in deutscher Sprache zu predigen, nur die alljährlich zweimal an die Bistumsgeist- lichkeit anläßlich der Synoden gehaltenen Predigten waren late.inisch.ll) In dieser Stellung blieb Wesel die folgenden Jahre.12) Langsam macht s~ch in dieser Zeit eine Wendung gegen manche Anschauungen der römischen Kirche bemerkb-;r~ Wes91 sCheint seine Ansichten---- öffentlich kundgetan zu haben. In drastischer weise,13) vielfach auch in hochfliegenden s)ekulationen, griff er einige Lehren der römischen Kirche an.14 Durch Traktate versuchte er, seine Anecbcuungen zu verbreiten; eine Abhand- lung betreffs des Fastens schickte er an den Wormser BisChof,15) eine Schrift gegen die herkömmliche Auffassung der Erbsünde entstand 1470.16) Wesel selbst empfand nicht den Gegensatz, durch den er sich durch seine Äußerungen zu dem im allgemeinen von der Kirche vertretenen Glauben stellte. Er wies deshalb die'Anschuldigungen des Wormser Bischofs Reinhard I. von Sickin- gen (+ 1482), Wesel habe häretische Lehren verbreitet, in be- leidigtem Tone zurücko17) wes~l warf dem Bischof vor, dieser hätte Intrigen gegen ihn geschmiedet z~gunsten eines Johannes Utzlinger, der Wesel verschuldet war, und eines Hartmann Ulner aus Winheim. WeseIs Entgegnungen nutzten nichts, er wurde im November 1477 seiner DompredigersteIle, seines Kanonikats und seiner Pfründe entsetzt. Zum Nachfolger bestellte das Domkapi- tel den Licentiaten der Theologie Johannes EPhenbach.18) Nach der Charakteristik Reinhards I. von Sickingen bei dem Kirschgartener Mönch, der erzählt, wie der Bischof sich um die Kirche, um Ordnung bei Mönchen und Klöstern bemühte,19) und der ausdrücklich sagt, Wesel sei wegen seiner Predigten entlassen worden,20) darf geschlossen werden, daß es nicht böse, hinter- hältige Absichten des Bischofs waren, die Wesel aus seiner Dom- predigersteIle vertrieben. Wesel begab sich nach Mainz, er fand dort durch den Erzbischof Diether von Isenburg eine Stellung als Dompfarrer mit allen Rechten, die dazu gehörten.21) Domprediger war Johann de Lutr~< 22) Diether von Isenburg scheint gewisse Sympathien für Johann von Wesel gehegt zu.haben, wahrscheinlich weil seine Stellung .zur römischen Kirche und dem apostolischen Stuhl infolge seines - 11 - langjährigen Kampfes mit der Kurie eine andere als die des Wormser Bischofs war , Es dauerte nur eine kurze Zeit, und der neue Dompfarrer geriet wieder in den Verdacht der Ketzerei. Da nun, wie man glaubte, Beziehungen zu Hussiten entdeckt worden waren, gab es für den Erzbischof keine Möglichkeit mehr, seine Hand schützend über Johann von Wesel zu halten, wenn er selbst nicht in den Verdacht der Häresie kommen und erneute Schwie~ rigkeiten mit der Kurie sich aufladen wollte. Der Erzbischof ließ die Inquisi tj.on gewähren und verhielt sich bei den Ver ... handlungen äußerst passiv.23) - 12 - 2. Der Prozeß und das Ende Johanns von WeseI. _._-- _ ..__------Die Prozeßberichte.

Die Überlieferung über den Prozeß gegen Johann von Wesel ist sehr reich, wir haben drei verschiedene Relationen über die Vorgänge, ferner gute Nachrichten in Wiegand Wirts "Dialogus Apologeticus." Die Relation A ist die umfangreichste und wurde zuerst 1521 oder 1522 gedruckt.l) Ein Verfasser wird mit Namen nicht genannt. Die Relation beginnt mit der Nachricht, daß der Erzbischof von Mainz, Diether von Isenburg, Briefe an die Universitäten-' '---' .. Heidelberg und Köln schickte. Als Ergänzung teilt der Bericht ,,--- '--' mit, der Erzbischof sei von gewissen Thomisten dazu angesta- chelt worden, man habe ihm mit dem Zorn des Papstes gedroht, den er erst ~or kurzem erfahren hatte, dann wird der Anfang der Relation mit "misit, inquam, literas ad antedictas Univer- sitatesll2) wieder aufgenommen und als Zweck der Briefe angege- ben, der Erzbischof erbäte sich einige Theologen, um gewisse der Häresie verdächtigte Artikel Johanns won Wesel zu prüfen. Der Verfasser dieser Einleitung erzählt ferner, er habe im Namen der Universität geantwortet.3) Es foJgt eine ausführliche Darstellung der Vorbereitungen für den Prozeßr die Namen der Teilnehmer werden genannt und von den Versuchenr Wesel vor dem eigentlichen Verhör zum Wi0.IJ:..·· ruf zu überreden, gesprochen. Anschljeßend finden wir den Be- richt vom ersten Verhör. Der Verfasser fügt vor der Bericht- erstattung des zweiten Verhörs ein, welche Vorbereitungen für dieses getroffen wurden. Da man beim zweiten Verhör Wesel zum Teil noch einmal die- selben Fragen vorlegte wie am ersten Tage, auf die der Ange- klagte nach Meinung des Inquisitors nicht eindeutig geantwor- tet hatte, vermied der Berichterstatter die Wiederholung der vom Ketzerrichter gestellten Fragen und teilte nur mit, in uelchem Sinne Wesel antwortete und die Ergänzungen, die er zu einigen Artikeln gab.4),Diesen Abschnitt fügt0 der Autor weil er weniger Interesse verdiente, hinter den ein, in dj~ die neuen Fragen des Inquisitors mitgeteilt wurden, ob~ohl,

I ••••• 13 - wie die Relationen B und-oe zeigen, im Verlauf desVerhörs die Reihenfolge umgekehrt war; d. h. zunächst auf die noch nicht zur Zufriedenheit des Gerichtes beantworteten Fragen eingegangen und dann erst die neuen Artikel behandelt wurden. Ausführlich hören wir von weiteren Versuchen einzelner Männer, Wesel zum Widerruf zu bewegen; nachdem dieses gelun- gen war, wird berichtet,-~wieWesel vor dem Erzbischof und dem Inquisitor~erschien, widerrief und um Gnade bat. Wörtliche, charakteristische Wendungen--. sind fast anekdotenhaft--- von den Gesprächen mit Wesel im Gefängnis eingefügt. In einen Schlußabschnitt5J ergreift der Autor deutlich für V/esel Partei. Nach Meinung des Berichterstatters nahm man bei dem Verhör WeseIs wenig Rücksicht auf seine Krankheit, sondern verhielt sich sehr unfreundlich; abgesehen von der Leugnung des "filioque" waren seine Häresien_n.ighi_~9h~er-_-- wi~end, er verdiente für die anderen Artikel nicht solch eine harte Strafe, wie sie festgelegt wurde. Es wäre nicht zu einer derartigen Verurteilung gekommen, wenn nicht alle Ri9-~ter bis r" auf einen Anhänger der "via realium" gewesen wären. Die' Schuld

schiebt der Autor auf die:Mönche,",...-.---- die über•.. einen Weltgeistli---_.. ehen triumphieren wollten, und besonders über einen, der nicht _,-Anhänger des Thomas von Aquino ist. Er berichtet, Engelin von Braunschweig und Johann Geiler von Kaisersberg hätten sich da- hin geäußert, daß mit Wesel zu hart verfahren sei. Den Schluß des Abschnittes bildet die Klage über den Streit zwischen der "via moderna" und der "via antiqua", der vom Teufel gesät ist. I)1eser letzte Teil derlRelation A'hebt sich zunächst da- durch deutlich von dem übrigen Bericht ab, daß er nach der Erzählung des Prozesses mit der persönlichen Bemerkung ein- setzt: "Huius Doctoris Johannis de Wesalia examini et inquisi- tioni interfui ego ipse, qui haec scribo in Moguntiaco, sub Archiepiscopo Diethero de Isenburgo •••,,6) Gerhard Ritter nennt den mit diesen Worten eingeleiteten Abschnitt eine IIKritikll•7) Während in dem eigentlichen Prozeßbericht die Haltung gegen Wesel durchaus feindlich ist,S) wird hier deut- lich für Wesel Partei ergriffen. Es ist schwer denkbar, wie beide Teile den gleichen Verfasser haben könnten.- Die Einleitung zur Relation A ist nicht einheitlich, sie zeigt Verwandtschaft mit dem Schlußabschnitt, denn das Motiv, 14 .:. der Prozeß sei infolge des Hasses der Thomisten zustande ge- kommen, findet sich im Schlußteil wieder. Die Einleitung ist nicht ganz von einem Verfasser geschrieben; schon von der Text- gestalt her wird deutlich, daß die die Thomisten betreffenden Sätze später in den Zusammenhang des Berichtes eingeschoben sind, denn der Anfang wird nachträglich durch das "inquam" mit dem Schluß dieses Abschnittes verbunden. Die Überschrift der Relation C bestätigt, daß ursprünglich Beginn und Ende des ein- leitenden Abschnittes der Relation A einen Satz bildeten.9) Bei der Relation A handelt es sich somit um einen Bericht, der durch Zusätze, die ein anderes Gepräge als der Hauptteil tragen, erweitert worden ist. Der Verfasser der ursprünglichen Fassung der Relation A dürfte wahrscheinlich einer der Kölner Abgeordneten gewesen sein, dessen name ungenannt bleibt, er--~gehörte dem Dominika- nerorden an.IQ) Er muß schon vor Elten und Sprenger vo~-Köln nach Mainz gekommen sein, denn er ist gut über die Verhand- lungen unterrichtet, die vor deren Ankunft betreffs des Pro- . / ze sae e über Wesel geführt wur-den. Auch die Wesel feindliche Ten'denz des Berichtes weist den Autor in das Lager der Dominikaner und Thomisten.ll) In den "Studien zur Spätscholastik" Ill. versuchte Gerhard Ritter nachzuweisen, daß der Prozeßbericht in seiner erweiterten Form von dem Frankfurter Stadtpfarrer Konrad Hensel stammen müsse. Ritter elaubte, der sonst unbekannte Wiegand Tre· bellius, der in seiner Schrift: "Concordia curatorum et fratrum mendicantium" für den Wormser Domprediger Partei ergriff, habe seine Äußerung über WeseI, die zum Teil wörtlich mit denen im Schlußabschnitt der Relation A übereinstimmen, von Konrad Hen- sel, seinem Landsmann und Lehrer, bezofen.12) Hensel nahm als Freund WeseIs an dessen Prozeß teil.13 Nikolaus Paulus wandte sich gegen diese These Ritters~14) Da nach Paulus Wiegand Trebellius nur ein Pseudonym für den eigentlichen Verfasser Jakob Wimpfeling ist,15) ergibt sich bei der Übereinstimmung der._betreffenden Abschnitte in der . Relation A und der "Concordia" curatorum et fratrum mendican- tium,,16), daß die Zusätze des Prozeßberichtes von dem bekann- ten Humanisten stammen. Weil Wimpfeling mit seinem Landsmann~ Geiler von Kaisersberg in freundschaftlichem Verkehr stand - 15 - und Geiler selbst Verbindungen zu Engelin von Braunschweig hatte -beide lebten zur Zeit des Prozesses in Straßburg-, konnte der Schlettstädter Humanist genaue Auskunft' über ihre Haltung zum Prozeß bekommen.17) Die Erwähnung Geilers und En- gelins von Braunschweig am Ende des Prozeßberichtes ist also bei Wimpfeling durchaus verständlich. Paulus wandte sich gegen die Auffassung Ritters, Anfang und Schluß seien vom Hauptteil zu trennen, der ganze Bericht soll nach Paulus von Wimpfeling allein stammen.lS) Ritter hält jedoch aUf,Grund der von ihm vorgebrachten Argumente daran fest, "das Kopf und Schwanzstück dieses Berichtes aus stilistischen wie sachlichen Gründen von der eigentlichen Prozeßrelation zu trennen ist."l9) Innerhalb der Zusätze zur Relation A stellt der Satz "Ad quas quidem literas ego N.N. nomine Universitatis respondi" nach Ansicht Ritters di~ Abfassung des erweiterten Berichtes durch Wimpfeling in Frage.20) Das Antwortschreiben der Heidel- berger Universität, auf das in dem zitierten Satz Bezug genom- men wird, lobt der Erzbischof wegen seines Eifers für den Glau- ben und bezeichnet'die Bekämpfung der Feinde der Kirche nls eine verdienstliche Tat.21) Damit steht dieser Brief im Gegen- satz zu der Haltung, die am Ende der Relation A deutlich wird. Trotz dieser Schwierigkeiten wird man sich jedoch für die Erweiterung der Relation A durch den Schlettstädter Humanisten r- entscheiden müssen. Wimp~ling stand zur Zeit des Prozesses gegen Wesel an der Heidelberger Universität bereits in nicht geringem Ansehen, - im März 1479 erscheint er als Vicekanzler und Dekan der 'Artistenfakultät,22) - in dieser Stellung wird er wahrscheinlich mit der Abfassung des Briefes beauftragt worden sein. Vielleicht erfolgte von ihm auch nur eine Stili- sierung des Antwortschreibens. Weil der Humanist Wesel gegen- über im ganzen eine unklare und schwankende Haltung einnahm, konnte er einige Zeit später die Erweiterung zur Relation A in dieser Form schreiben.23) . ' Den Satz dem Kölner Abgeordneten zuzuschreiben, der wahr- scheinlich den ursprünglichsten Bericht verfaßte, ist wegen des Fehlens in der Relation C unmöglich.24) , 25 Der Rolation voran gehen die sogenanten "Paradoxall• ) Diese sind Sätze, die man? nach der Überschrift zu urteilen, - 16 - aus R~den WeseIs herausgegriffen hat. Wenn sie auch wegen ihrer Herkunft aus anonymer Berichterstattung mit Vorsicht zu benutzen sind, können die meisten von Weselstammen, weil sie sich, wie auch andere Äußerungen des Dompredigers,..._ die er in seinen . Schriften niedergelegt hat, gegen den Erlaß neuer Gesetze, ge- gen Ablaß und Glossen wenden. Bei der Herkunft der in den IIPara- doxa" mitgeteilten Sätze ist nicht, wie die Überschrift verein- fachend sagt, allein an Predigten zu denken. Von den deutschen Sätzen am Ende der "Paradoxa" scheint durch die sprachliche Form festzustehen, daß sie aus Ansprachen, wohl kaum anderen als de- nen WeseIs, stammen. Die lateinischen Sätze bestehen einerseits aus Zusammenfassungen weselscher Ansichten, die er schriftlich ausführlicher niedergelegt hatte,26) ferner aus Äußerungen We- sels, von denen nicht in jedem Falle feststeht, ob sie aus Pre- digten oder verlorengegangenen Schriften gewonnen sind. Manches ist etwas derb, beispielsweise .das Urteil über. das Fasten: "Si S. Petrus instituisset ieiunium, forte ideo fecisset, ut eo me- lius pisces suos vendisset.1I27) Diese drastische Ausdruckweise entspricht durchaus der Vorliebe mittelalterlicher Prediger, durch gewagte und überspitzte Formulierungen das Interesse der Zuhörer wachzuhalten. Die "Paradoxa" waren zunächst ein selbständiges Aktenstück, das beim Verhör neben anderen Excerpten als Unterlage für die Fragen diente, die der Inquisitor an Wesel richtete, Erst spä- ter wurden sie, worauf das Fehlen in der Relation C hinweist, der Relation A' beigefügt. Die Relation B wurde von Ullmann in der Bonner Universitäts- bibliothek entdeckt und in Ausschnitten in seinem Buche "Refor- matoren vor der Reformation" in deutscher Übersetzung mitge- teilt.28) Clemen gab sie in ihrer originalen Fassung als Beila- ge zu dem Aufsatz "Über Leben und Schriften.Johanns von WeseI" 1898 heraus.29) Der Bericht trägt die Überschrift: "Articuli seu Examinatio Dctoris Wesalie.1I30) Die Relation B ist weniger umfangreich als die Relation A. In knappen Worten wird von der Einladung des Mainzer Erz- bischofs erzählt und dann sogleich, wie die Versammlung sich WeseIs Verteidigungsrede angehört habe und der Inquisitor zur Untersuchunggeschritten sei. Der Bericht über das Verhör des ersten Tages entspricht im - 17 - ganzen wörtlich, abgesehen von einigen Abweichungen, dem der Relation a.3l) Die Nachrichten über die Vorbereitungen für den folgenden Tag fehlen; die einleitenden Worte des Inquisitors vor dem zweiten Verhör sind bei beiden Relationen inhaltlich übereinstimmend. Dem wirklichen Prozeßverlauf entsprechend teilt der Verfasser von B mit, wie Wesel erneut nach einigen Artikeln gefragt wurde, auf die er am vorhergehenden Tage nicht deutlich genug geantwortet hatte.32} Im Gegensatz zur Relation A wurden die Fragen des Inquisitors und WeseIs Antworten ausführ. lieh referiert. Im Anschluß daran mußte Wesel auf neu gestellte Fragen antworten.33) Die Verhandlungen der vom Inquisitions- tribunal Deputierten mit dem Angeklagten erzählt.der Bericht nur kurz, jedoch bringt er in diesem Zusammenhang einige selb- ständige Nachrichten. Der Relation B zufolge fand WeseIs Wider- ruf am vierten Tage des Prozesses statt, an einem Donnerstag, nach A jedoch am Freitag, A hat hier die bessere Überlieferung.34) Nach der Revokation stellte der Inquisitor an Wesel einige Fra- gen im Blick auf die Länge seiner Predigttätigkeit in Worms, wann er den Ablaßtraktat verfaßte, und zu welchem Zeitpunkt er anfing, anders als die römische Kirche über den Artikel "de spiritu sancto" zu denken. WeseIs Bitte, ihm eine bessere Unter- kunft zu gewähren, schlug der Inquisitor aDe Der Bericht endet mit der Mi tteilung~ Wesel habe am Sonntag "Esto mihi" in der Hauptkirche in M:ainz die ·Artikel öffentlich widerrufen, die am Rande mit einem schwarzen Strich versehen seien. Die Relation B ist sachlich, knapp und ohne Teilnahme für oder wider den Angeklagten.35) Der Bericht ähnelt einem amtli- chen Protokoll; als Verfasser läßt sich ein Beauftragter des Mainzer Erzbischofs, vielleicht einer der anwesenden Notare denken. Als Anhang zur Relation B findet sich in der Bonner Hand- schrift ein Brief WeseIs an den Worms er Bischof Reinhard I. von Sickingen. Eine dritte Relation (C) stammt aus dem Nachlaß des Hart- mann Schedel~37) Otto Clemen berichtet über sie in dem Aufsatz: "Zu dem KetzerprozeßJohanns von Wesel.,,38) Clemens Annahme, die Relation C habe zum Teil A und zum Teil BalsVorlage gc- habt, ist nicht aufrecht zu erhalten.39) Vielmehr ist, wie die nachfolgende Untersuchung zeigt, C die ursprüngliche Fassung - 18 - der Relation A. Die Relation C beginnt mit dem Bericht über die Versamm- lung der Hcidelberger Abgeordneten und der Deputierten, die aus Mainz selbst zu den Verhandlungen hingezogen wurden. Klei- ne Abweichungen von A lassen sich als Schreibfehler erklären , auf der anderen Seite ist durch Vergleich mit C zu erkennen, wo bei A Ungenauigkeiten unterlaufen sind.40) C entspricht bei der Schilderung des Verhörs am ersten Tage fast völlig der Fassung A, denn an den Stellen, wo A und B sich unterscheiden, stimmt C mit A überein.41) Abweichungen von A in diesen Ab- schnitten lassen sich durch spätere Veränderungen bei A erklä- ren.42) Während zu Beginn des zweiten Verhörs bei A die "Addi- tionales Articuli, super quibus fuit examinatus,,43) kommen, gibt C die Fragen des Inquisitors in Bezug auf die Artikel, die Wesel a~ Vortage nicht genau beantwortet hatte. Da die Um- stellung bei A sekundär ist, braucht bei der Relation C keine Abhängigk~it von B angenommen zu worden, wie os Clemen meinte. Auch in der Relation C macht sich, wenn auch in geringerem Um- fange als in A, die Tendenz der Verkürzung und Zusammenziehung bemerkbar.44) In dem Abschnitt, in dem über die nou gestellten Fragen berichtet wird, entspricht C wieder A.45) In gleicher Ueiso wird von A und C orzählt, wie nach dem zweiten Verhör Ab- gesandte des Gerichtes Wesel zum Widerruf veranlaßten. In der Relation C folgen einigo Angaben über die Predigttätigkeit in Worms usw., die sich auch in TI finden,46) in A sind sie wahr- scheinlich ausgefallen. Der von Wimpfeling verfaßte Schlußab- schnitt fehlt.47) . Dem Bericht angeschlossen ist ein Vorzeichnis der ketzeri- schen Sätze, die Wesel öffentlich widerrufen mUßte.48) Diese Artikel haben von Anfang an zu den Prozeßakten gehört, da in der.Ralation B indirekt auf sie hingewiesen wurde.49) Die zu widerrufenden Sätze zeigen, welche Anschauungen bei Wesel als häretisch angesehen wurden. Das Verzeichnis der neunzehn Sätze taucht bei Hans Knebel) in seine~ Tagebuch aUf,50) es findet sich bei Wiegand wirt;51 da ferner manche Wendungen bei Johannes Trithemius52) und in dem Ketzerkatalog Bernhards von Luxemburg mit dem Anqang zur Re~ation C übereinstimmen, ist anzunehmen, daß diese Sätze weite Verbreitung fanden. - 19 - Vor dem Bericht C steht eine Abschrift des Briefwechsels zwischen dem Mainzer Erzbischof und der Heidelberger Univer- s~'t··ta •53) Als ergänzende Quellen für den Prozeß Johanns von Wesel kommen die Nachrichten bei Vliegand Wirt in Frage. Trotz aller Polemik gegen die Anhänger VTesels gab Wirt in seinem "Dialogus Apologeticus contra Wesalianicam perfidian" zuverlässige Nach- richten; er war dazu gezwungen, weil seine Gegner Konrad Hansel und Jakob ~impfeling persönlich an dem Prozeß teilgenommen hat- ten und Wirts Aussagen überprüfen konnten. Durch Wirt sind uns die Gründe der Verhaftung Uesels bekannt, auch manche Nachrich- ten hinsichtlich der Teilnehmer.

Der Ablauf des Prozesses.

Die ketzerischen Lehren des Johann von Wesel waren im Laufe der Zeit über den Bereich von Hainz und Worms hinaus bekannt ge- worden, deshalb versuchte ein Mann mit Namen Nikolaus von Böhmen, mit Wesel Verbindung aufzunehmen. Er reiste nach Worms, um Wesel zu besuchen~ da er ihn dort nicht mehr antraf, begab er sich nach l Mainz. ) In r~1ainz,-- und in Oberwesel~ führten die beiden Männer Ge- spräche.' Wesel erklärte in dem Verhör, diese hätten sich nur auf --: medizinische Fragen und die Kommunion unter beiderlei Gestalt bezogen, auch habe er Nikolaus von Böhmen mit Hilfe des Evange- liums überw~nden.2) Daß jedoch mehr als allein dieses verhandelt wurde, zeigt die Überschrift,der Abhandlung, die Wesel dem Niko- laus übergab, sie lautet: "Tractatus super modo obligationis le- gum humanarum ad Nicola~~_~~_~_~~E;?l~avel I>?~C?nic:".,,3)DerFrank- furter Dominikanerprior Johann von Wilnau bekam diesen Traktat in die HEinde. Der Böhme scheint, stolz auf die Bekanntschaft mit ,/ dem Mainzer Dompfarrer, mit anderen über diese gesprochen zu ha- ben. Johann von Wilnau übergab die Schrift dem l1ainzer DOmkustCd Robert von Solms und dem Scholaster Damianus von Prunheymj der Mainzer Fiskal Magister Michael Heim meldete sodann dem Erzb~- schof diese Angelegenheit. Diether von Isenburg ließ den Traktat von Doktoren prüfen, diese bezeichneten die Schrift als haeretisch. Der Mainzer Fis- kal veranlaßte sogleich die Verhaftung beider. Nikolaus vo~ Böhmen---- lieferte er in das öffentliche Gefängnis---- ein, Johann von - 20 - Wesel kam in Haft bei den Franziskanern, dort sollte er bis zur Ankunft des Inquisitors bleiben.4) I[ Bei Nikolaus wurde ein Brief WeseIs an den Vorsteher der l Hussiten in Böhmen gefunden, 5) -a~;h"'~t'~llt;""'~i~h'a~i--derF'olter ------, ..~.,__--- heraus, daß der Böhme Siegel von Fürsten und Kaufleuten ge- fälscht hatte. 6) Zum Prozeß wur-de Nikolaus nicht mehr hinzuge- zogen, wahrscheinlich war sein Verhältnis zu Johann von Wesel von geringerer Bedeutung und weniger aufschlußreich, als man I zunächst angenommen hatte. Die Mainzer Domherren leiteten nach WeseIs Verhaftung eine Überprüfung aller seiner Schriften in die Wege; da in diesen weitere ketzerische Auffassungen gefunden wurden, war es unum- gänglich, Wesel vor ein Inquisitionsgericht zu ziehen. Auch sam melte man Äußerungen WeseIs aus seiner Predigtätigkeit; wir fin den sie in einem Teil der sogenannten "Paradoxa". Der Erzbischof sandte Briefe an die Universitäten Heidelber und Köln und bat um Theologen zur überprüfung der häresiever- dä±ffiigtenArtikel Johanns von WeseI. Das vom 17. Januar 1479 datierte Schreiben an die Universität Heidelberg ist erhalten.? Der Brief berichtet, daß WeseIs Schriften der Ketzerei verdäch- ~ ,-- tig seien und er aus diencm Grunde gehalten sei, in einem ehr- baren Aufenthalt die kommenden Verhandlungen zu erwarten. Der Erzbischof erbat Theologen, die Anfang Februar nach Mainz kom- men möchten, um Wesel zu inquirieren. In dem Antwortschreiben der Heidelberger Universität vom 23. Januar 1479 gab man der Bitte statt.8) Diether von Isenburg zog zu den Verhandlungen ferner Vertreter der Mainzer Universität und ,d,esDomkapitels hinzu. Am Freitag, den 5. Februar 1479, versammelten sich die Hei- delberger Abgeordneten mit anderen Doktoren und Magistern die- ser Universität, Angehörige des Mainzer Domkapitels, Rektor und Dekan der Artisten-Fakultät der Universität Mainz zu einer Vor- besprechung im Blick auf den kommenden Prozeß. Es wurde be- schlossen, daß Wesel ein Eid abgenommen werden solle, alle Trak tate, Werke und Schriften auszuliefern; man wollte ihn auf Grun seiner eigenen schriftlichen Aussagen anklagen. Der Graf von Wertheim, der Mainzer Fiskal Michael Heim, der Dekan von St. Viktor Johannes Faust und ein Notar wurden abgeordnet, Wesel de c Eid abzuverlangen. Ferner bestimmte man die Heidelberger Abge- - 21 - ordneten zusammen mit dem Syndikus des Domstiftes Makarius von Buseck, Johannes Faust und einem Ungenannten, die Traktate WeseIs durchzusehen, zu excerpiercn und in Artikeln zusammenzu- stellen. Als man noch bei den Besprechungen war, kamen die Köl- ner Abgeordneten. Das Inquisitionsgericht war nun vollständig beisammen.9) . Bei den Verhandlungen führte der Inquisitor Gerhard von Elten den Vorsitz. Als Prior des Dominikanerklosters in Köln hatte er zugleich das Amt eines Inquisitors in den Kirchenpro- vinzen Köln, Mainz und Trier zu versehen.lO) Elten war vermut- lich der Nachfolger des 1465 verstorbenen Inqui~itors Heinrich I Xalteysen, er ist in den Jahren 1470 - 1482 nachweisbar. Am 6.April- 1482 setzte der Ordensgeneral Elten ab, weil er das Amt des Inquisitors nicht recht ausgeführt hatte.ll) 1481 war Elten bereits von dem Provtnzial seines Amtes enthoben worden. Trotz einiger unfreundlicher Züge im yerhalten Eltens Wesel gegenüber12) scheint er den Angeklagten im ganzen wohlwollend behandelt zu haben, denn sein Ziel war, wie es die Amtspflicht· eines Inquisitors erforderte, nicht WeseIs Verbrennung, sondern dessen Widerruf. Ob von dem Inquisitor direkt die vielen Bemü- hungen ausgegangen sind, ~esel zur Revokation zu bewegen, läßt sich nicht mehr feststellen; or hat sie zu mindesten in keiner Weise verhindert. Auch spielte bei der verhältnismäßig milden Behandlung WeseIs eine Rolle, daß es sich bei dem Angeklagten um einen bo- l deutenden Theologieprofessor und Domprediger h~ndclte. Neben Elten präsidierte bei den Prozeßverhandlungen, jedoch nicht gleichberechtigt mit diesem, Jakob Sprenger. Am 19. Juli 1481 ernannte der Papst Sprenger zu einem Inquisitor für Köln, Mainz und Trier,13) Die Ernennung erfolgte zugleich mit der. Heinrich Kramors,14) beide Inquisitoren veröffentlichten 1489 zu Köln den sogenannten "Hexenhammer". Sprenger trat als einer der Vorsitzenden bei den Verhandlungen nicht besonders hervo~, er wird in der Berichterstattung über den Prozeßverlauf nur unter den Abgeordneten aUfgeZählt~ die wes~l bewegen sollten, von seinen Häresien abzustehen.15 . Der dritte Kölner Abgeordnete bleibt ungenannt. Von der Heidelberger Universität war Nikolaus von Wachen- heym (+ 1487) erschienen. Es läßt sich nicht feststellen, ob er, - 22 - weil er der "via moderna" angehörte, größere Sympathien für Wesel hegte als die anderen Ketzerrichter, wie Wimpfeling mein- te.16) Wachenheym brachte jedenfalls für die Beurteilung von WeseIs Häresien gute Kenntnisse mit und war deshalb wohl von der Universität geschickt; er hatt~ nämlich ausführliche Widerlegun- gen wiclefitischer und hussitischer Irrtümer verfaßt.17) Die beiden anderen Heidelberger Professoren Jodokus von Calw 18) (+ 1489) und Herwich von Amsterdam (+ 1481)19) gehörten der "via antiqua" an. Neben den genannten offiziellen Abgeordneten kamen andere Doktoren und Magister aus Heidelberg, einer von ihnen war der Elsässer Humanist Jakob Wimpfeling, wie er wohl zu Beginn des Schlußabschnittes der Relation A selbst berichtet. Der Mainzer Erzbischof Diether von Isenburg nahm am ersten und zweiten Verhör teil, hörte sich WeseIs Widerruf an und war bei der Verbrennung der weseIsehen Bücher zuge~gen. Die Berufung WeseIs nach seiner Vertreibung aus Worms nach Mainz läßt auf ge- wisse Sympathien Diethers für den ehemaligen Domprediger schlie- ßen. Einen Ketzerprozeß konnte der Erzbischof jedoch nicht ver- meiden, weil bei Wesel offenkundige Gemeinschaft mit einem Häre- tiker festgestellt worden war. Da die Untersuchung von Mitglie- dern des Domkapitels ausging und der Mainzer Erzbischof von die- sen in rechtlichen Dingen weitgehend abhängig war,20) bestand wenig Aussicht, Wesel erfolgreich in Schutz zu nehmen. Einen Ketzer zu verteidigen, stimmt nicht mit Diethers Intentionen überein, denn wenn er auch im heftigen, von kirchenrechtlichen Fragen bestimmten Gegensatz zur Kurie gestanden hatte, betonte er dennoch immer wieder, daß er von der Glaubenslehre der römi- schen Kirche nicht abweichen wolle.21) Während des Prozesses verhielt sich der Erzbischof durchaus passiv, nicht einmal die ketzerischen Sätze WeseIs interessierten ihn.22) Von der Mainzer Universität kam der Rektor, der Mediziner Petrus von Virsen,23) und der Dekan der Artistenfakultät, viele Licentiaten, Magister und Studenten. Von den Männern aus der Umgebung des Erzbischofs werden folgende mit Namen genannt: DerKanzler Georg Pfeffer, zugleich Professor der Rechte an der Universität,24) der D6mkustos Rur~ recht Graf von SOlms,25) der Syndikus des Domstifts Makarius von Buseck, der Dekan von st. Viktor, der Vikar Graf von Wert- - 23 - heim, der Fiskal Michael Heim. Der Großrichter Bernhard Groiß war anwesend, übte aber keine besonderen Funktionen aus. Wiegand Wirt wird dem Prozeß nicht beigewohnt haben, sonst hätte er es in seinem "Dialogusll erwähnt.26) Als weitere ~eilnehmer waren an dem Prozeß ein Weihbischof, Prälaten, Kanoniker, Notare, Mönche und Adlige zugegen. Die Domprediger von Mainz, Johannes von Lutter, und von Speyer, J~hannes ~ys, nahmen teil. Von Frankfurt kam der Stadtpfarrer Konrad Hensel. Neben diesem gab es bei dem Frozeß auch andere Männer, die man als ausgesprochene Freunde WeseIs bezeichnen darf.27) Aus den Prozeßakten geht nicht hervor, in welcher Weise die genannten Männer an der Urteilsfindung beteiligt waren, der größte Teil von ihnen übte wahrscheinlich nur beratende Funk- tionen aus. Die Zusammenstellung der Häresien WeseIs geschah durch die Heidelberger und Kölner Abgeordneten. Am Sonnabend unterbreite- ten sie diese dem Erzbischof und legten ihm dar, in welcher Weise der Prozeß ablaufen sollte. Diether von Isenburg sah sich die weseIsehen Artikel jedoch nicht näher an. Die Versammlung wies Gerhard von Elten durch ein Beglaubigungsschreiben dem Erzbischof in seiner Eigenschaft als Inquisitor aus. Als Pro- zeßbeginn legte man den kommenden I.1ontagfest, verhandelt wer- den sollte bei den Min6riten, bei denen sich Wesel in Haft be- fand. Anschließend waren die Doktoren und Heidelberger Magister bei dem Erzbischof zu Gast. Am Sonntag fanden "wegen der Heiligkeit des Tages" keine Verhandlungen statt.28) Am Montag, den 8. Februar 1479, versammelte sich das Inqui- sitionsgericht im Refektorium des Minoritenklosters zu Mai~29) -----~-, ____ .. ---. Da der Andrang zu groß war oder man den Charakter eines Inqui- sitionsgerichtes wahren sollte, wurden alle -bis auf ~ie Präla- ten, Doktoren, Magister und Uönahe- auf Befehl des Erzbischofs dem Saale ferngehalten. Am zweiten Tage wurde niemand, der dem Prozeß beiwohnen wollte, zurückgewiesen. So darf man behaupten, daß im Gegensatz zu den meisten Inquisitionsverfahren öffent- lich verhandelt wurde. Den ersten Platz nahm der Inquisitor Gerhard vOrLEUen ein, _------_--- -- auf dem zweiten folgte der Erzbischof Diether von Isenburg, auf - 24 - der anderen Seite saßen die lIeidelberger Doktoren.30) Der In- quisitor machte dem Erzbischof und der Versammlung31) den Vor-

schlag, daß erf bevor er Wesel inquirierte, zwei oder drei Män- ner, die Wesel wohlwollten, bäte, ihn zu ermahnen, von seinen Irrtümern abzustehen. Wenn Wesel es tun würde, könne er so- gleich Gnade und Vergebung erlangen. Der Weihbischof, Makarius von Buseck und der Pleban von Frankfurt übernahmen diesen Auf- trag, sie blieben eine lange Zeit bei Wosel, deshalb sandte der Inquisitor Michael Heim ab, um den Angeklagten herbeizu- rufen. Währenddessen erschienen die drei Abgesandten mit WeseI; der Wormser Domprediger hatte selbst gewünscht, sich vor dem Gericht zu verantworten. Er ging von zwei Min6riten gestutzt, war leichenblaß und hatte einen Stab in der Hand. Vor dem Erz- bischof und dem Inquisitor mußte sich Wesel auf die Erde setzen. 'Gerhard von Elten gebot Ruhe und forderte Wesel auf, zu wider- rufen und Gnade zu e:b~tton. Der Angeklagte antwortete in einer langen Rede, die der Inquisitor schließlich unterbrach; er ver- langte, daß Wesel in wenigen Worten erklären sollte, ob er bei seiner eigenen Meinung bleiben oder sich der Anordnung der Kir- che unterwerfen wolle. Wesel erwiderte, er habe nie etwas gegen die Ii3hren der Kirche gesagt t wenn sich aber in seinen Trakta- ten Irrt~er befänden, wolle er diese widerrufen und alles tun, was verlangt würde. Auf die Frage EItens : "Bittest du um Gnade?" entgegnete·Wesel: "Weshalb soll ich um Gnade bitten, da mir nichts an Ver'Jrechen, Schuld oder Irrtum bekannt ist?" Der In- quisitor fand es daraufhin angebracht, mit der Untersuchung zu beginnen, damit Wesel erführe, welche·Ansichten das Gericht bei ihm für häretisch hielt. Als Wesel von anderen ermahnt, zu wi- derrufen, schließlich di.osen willfahren wollte, ließ sich der Inquisitor darauf nicht ein, sondern begann trotzdem das Verhör. Offenbar schien ihm dieses Nachgeben WeseIs nicht überzeugend . ':1;2' genug zu sein~~ ) Ein Notar las zwei päpstliche Beglaubigungsschreiben vor, die Elten als Inquisitor bevollmächtigten. Wesel mußte einen .Eid schwören, die Wahrheit sagen zu wollen ohne sophistische Spitzfindiglceiten oder Zweideutigkeiten, auch wenn sie gegen ihn oder einen anderen gerichtet seL' Wesel bekannte, daß er eine Todsünde begehen und der Exkommun Lkat i.onanheimfallen würde, wenn er etwas Falsches sagte. Ein Notar des Erzbischofs - 25 - schwor, alles, was Wesel aussagte, wahrheitsgemäß niederschrei- bem zu wollen. Dem Notar gab man zwei Zeugen bei. Da das Urteil in einem Inquisitionsprozeß im allgemeinen auf Grund des Proto- kolls gefällt wurde,33) in das der Notar alle Fragen und Ant- worten aufzeichnete, war diese Akte mit großer Sorgfalt zu führen.34) . Die ersten Fragen des Inquisitors betrafen Wesels Schriften und sein Verhältnis zu den Häretikern. Wesßl'bekannte sich als . -~--' .._ ...... •... -...... -._. Verfasser folgender Traktate: "Super modo obligationis legum humanarum ad Nicolaum de bohemia vel pOlonia, •• de potestate ecclesiastica, de indulgentiis, de ieiunio etc.,,35) Wesel gab zu, ~r habe diese Schriften vielen Gelehrten zugesandt; den Tralctat über das Fasten schickte er an den n~9chof von Worms. Die Antworten betreffs seines Verkehrs mit Nikolaus von Böhmen _-----_ _._._ .._ __ "-.-._._- brachten allein zu Tage, daß Hesel mit diesem Manne in Mainz und Oberwesel Gespräche über medizinischeDinge und das Abend- mahl unter beiderlei Gestalt geführt hatte. Der Angeklagte er- klärte, weder Trakta~e noch Briefe an andere Böhmen, Schismati- ker oder Häretiker geschrieben noch erhalten zu haben,36) auch sei er kein Anhänger, Begünstiger oder Bischof der Böhmen. Viele Inquisitionsprozesse begannen, wie der gegen WeseI, mit der Frage nach den Deziehungen der Angeklagten zu anderen Häret~kern;37) von dieser Seite aus konnte man einen_leichter und schneller als Ketzer überführen als von dogmatischen Fragen her. Der Prozeß geeen Johann von Wesel schien den Ketzerrichtern am Anfang, da der Domprediger im Verkehr mit einem Hussiten er- tappt worden war, in ähnlichen Bahnenzu ..-verlai.tfen~·;:v,.~·~;ikonn- tenin dieser Beziehung jedoch nur die Gespräche mit den Hussi- ten nachgewiesen werden, auch uie Wiederholung der Fragen am zweiten Tage blieb ohne Erfolg. Die weiteren Fragen während des ersten Verhörs, ob er Anhänger habe, die mit ihm gleicher An- sicht seien, wurden von Wesel verneint. Das Ketzergericht mußte feststellen, daß WeseI, abgesehen von dem Besuch des Böhmen, keine Verbindungen mit häretischen Kreisen gehabt hatte. Den größten Teil des Verhörs nahmen Fragen ein, die die Lehre der römischen Kirche betrafen. WeseIs Antworten lassen sich in zwei Gruppen unterschoiden. In Bezug auf den Artikel vom Ausgang des Heiligen Geistes allein vom Vater blieb Wesel fest bei seiner Meinung, da etwas - 26 - anderes in der Heiligen Schri~t nicht gefunden werden könne. Der Satz des Athanasianischen Symbols: "Nam sicut anima ratio- nalis etc." wird von Wesel für falsch erklärt. Bei den Kindern im Mutterleib ist die Erbsünde nicht vorhanden; nur das ist eine Todsünde, was die B~l als eine solche bezeichnet. Wesel bekannte, den Ablaßtraktat geschrieben zu haben und so über den ~blaß zu denken, wie er es in seiner Schrift niederlegte. Bei anderen- Antworten stellte sich Wesel in Gegensatz zu sei- ner bisherigen Meinung, besonders deutlich wird dieses bei der Anerkennung des Papstes als Statthalter Christi und Haupt der Kirche. Am Ende des ersten Verhörs kehrte Wesel jedoch wieder zu seiner ursprünglichen Auffassung zurück, indem er erklärte, Christus habe keine Vertreter für sich auf·Erden zurückgelas- sen. Zur Bekräftigung führte der Angeklagte das Wort aus Matth. 28,20 an.38) Ähnlich verhielt sich Wesel bei der Frage des Inquisitors, ob Priester oder Presbyter dasselbe wie Bi- schof sei und sie sich nur durch die Bezeichnung unterscheiden. Wesel antwortete zunächst im Sinne der römischen Lehre. Der Notar bemerkte aber in seinem Protokoll, daß Wesel an einer anderen Stelle sagte: jeder Priester sei Bischof.39) , Trotz des Eides, den Wesel geschworen hatte, keine Zwei- deutigkeiten zu sagen, wandte er dieses Mittel an, um seine Richter irre zu führen. Der Angeklagte gab beispielsweise zu, daß die Kirche Christi nicht irren könne. Der Inquisitor setzte dabei -anders als Wesel- die römische Kirche mit der Kirche Christi gleich. Wesel dachte bei dem Satz: "ecclesia Christi non potest errare,1I40) ohne es auszusprechen, an die Kirche Christi, die nicht irrt, und die von der universalen Kirche, von der man sagen kann, daß sie irrt, unterschieden ist.41) Wesel erklärte ferner, die Kleriker sollten angehalten werden, in der Kontinenz zu leben, verschwieg aber, wen er für den Urheber dieser Anordnung hielt; nach seiner Auffassung handelt es sich um eine rein menschliche Vorschrift.42) Ähnlich ver- wischte Wesel seine kritische Auffassung im Blick auf die Mönchsgelübde.43) . In der Frage, ob der Papst oder andere Fürsten die Autori- tät besitzen, Gesetze ohne Zutun der Untergebenen zu erlassen und diese eine Todsünde begehen, wenn sie die Gebote übertre- ten, gestand Wesel den Fürsten allein die Gewalt dafür zu; - 27 - der Notar bemerkte jedoch, die Antwort sei nicht eindeutig gewesen.44) Dem Inquisitor lag viel daran, Wesel auch in seinen Hand- lungen als Ketzer zu entlarven. Er stellte die Frage, wann Wesel zum letzten Mal beichtete, die Messe feierte und Kommuni- zierte.45) Der Angeklagte bekannte, am letzten Weihnachten ge- beichtet und das Abendmahl empfangen zu haben. Im Sinne der kirchlichen Vorschrift sollenach seiner Meinung jeder dazu angehalten werden, einmal im Jahr zu Beichte und Abendmahl zu gehen.46) ------Für ein Urteil gegen den Domprediger war das erste Verhör wenig ertragreich gewesen. Wesel konnte nicht nachgewiesen wer- den, Anhänger irgendeiner Sekte zu sein, seine dogmatischen Antworten' erschienen dem Gericht unklar und zweideutig. Nachdem man Wesel in seinen Kerker zurückgebracht hatte, beschloß die Versammlung, einige abzuordnen, die erwäg~n soll- ten, was weiterhin zu geschehen habe. Diese Deputation, aus Heidelberger, Kölner und Mainzer Teilnehmern des Prozesses be- stehend, kam nach der Mahlzeit zusammen und beriet über den Verlauf des folgendes Tages. Am Dienstag begann unter dem Vorsitz des Inquisitors und des Erzbischofs das zweite Verhör. Jetzt,wurden alle, die zu- hören wollten, zu den Verhandlungen zugelassen. Man führte Wesel in den Saal. Gerhard von Elten gab das Programm für die- sen Tag bekannt. Zunächst sollten dem Angeklagten die Artikel noch einmal vorgelegt werden, auf die er am Vortage noch nicht bestimmt genug geantwortet hatte, ferner habe er zu den Fragen Stellung zu nehmen, die im Prozeß bisher noch nicht zur Sprache gekommen waren, Gerhard von Elten ordnete an,als Abschluß alle wichtigen Fragen mit den entsprechenden Antworten WeseIs zu verlesen. Wesel müsse sich dann entscheiden, ob er bei seiner Meinung bestehen oder von ihr ablassen wolle. Nach einer erneu- ten Vereidigu~g. des Angeklagten, ohne List und Intrige die Wahrheit zu sagen, begann die Untersuchung. Wesel zeigte sich am zweiten Tage entschlossener und be- harrte mehr als im ersten Verhör bei seinen im Gegensatz zur römischen Kirche stehenden Ansichten, auch gab er zu seinen Aussagen nähere Erläuterungen. An der Leugnung des "filioque" hielt er fest und erklärte ->: - 28 - ausdrücklich, der Satz des Nicänischen Symbols: "Spiritus sanctus a patre filioque procedit" sei falsch.47) In den Aus- sagen wird WeseIs spiritualistischer Kirchenbegriff erkenn- bar,48) ferner seine Ablehnung der Lehren Augustins, des Am- brosius,.des Hieronymus und der allgemeinen Konzilien, sofern sie nicht mit der Heiligen Schrift übereinstimmen. Die am Vor- tage noch nicht eindeutig beantwortete Frage, ob die Bibel in dem Sinne durch die Väter und Doktoren ausgelegt sei, in dem sie überkommen und offenbart ist, beantwortete Wesel im nega- tiven Sinne. Die Gegenwart Christi im Abendmahl verstand der Angeklagte entsprechend der Konsubstantiationslehre. Da Christus selbst auf Erden nach seiner Himmelfahrt wirksam sein will, setzte er den Papst nicht als seinen Stellvertre- ter ein. Bei den neu zu stellenden Fragen griff der Inquisitor Sätze aus dem Ablaßtraktat WeseIs heraus. Wie es scheint, wurde diese Schrift---in besonderer Weise bei der Untersuchung WeseIs benutzt.49) Wesel lehnte die Lehre von dem Schatz der überschüssigen Werke der Kirche ab, weil sich dieser Schatz nach Apoc. 14,13 nicht mehr auf Erden befindet und die Leiden Christi und der Heiligen nicht als Ausgleich für Strafen, die auf Grund von Sünden verhängt sind, herangezogen werden kön- nen.50) Auf der anderen Seite verneinte Weselt daß Sätze, die ihm vorgelegt wurden, in seiner Schrift gegen den Ablaß ent- halten seien; zum Teil hatte er damit Recht.51) Da man Wesel den Traktat, geschrieben von.seiner eigenen Hand, vorlegte, war er nicht imstande zu leugnen.52) In dem Streit um die unbefleckte Empfängnis Mariae, der etwa 20 Jahre später stattfand, versuchten die Verehrer des ----- Domp~edigers, diesen als Ketzer zu entlasten, indem sie vor- brachten, Wesel seiwährend des Prozesses schwer krank und ( fast nicht mehr zurechnungsfähig gewesen.53) An dieser Stelle ist, um WeseIs Ansehen hochzuhalten, stark übertrieben. Der Angeklagte war ein alter, schwacher Mann, er wußte aber, was er zu sagen hatte und versuchte immer wieder, durch geschick- te Formulierungen seine zur römischen Kirche gege~§ätzlichen Auffassungen, soweit es möglich war, zu verdecken. Aus diesem Grunde kann die Leugnung gewisser Sätze aus dem Ablaßtraktat nur zu einem geringen Grade auf das Unvermögen, sich dessen - 29 - zu erinnern, was er geschrieben hatte, zurückgeführt werden. Geweihte Kräuter, Öl und Wasser bewirken nach Wesels Aus- sagen keinen Erlaß zeitlicher Strafen; das Dispensationsrecht -- _- r des Papstes ist beschränkt. Ganz am Schluß kam man auf das Verhältnis von Gnade und Werke zu sprechen. Wesel bekannte, daß Gott seine Gnade ohne die Notwendigkeit der Zustimmung des freien Willens mitteilen könne, das Beispiel der Bekehrung des Paulus zog er heran, um seine These zu unterstützen. Das "facere quod in se est" der ockamistischen Theologie wird fal- len gelassen, denn er sagte: "sola gratia dei salvantur electi." 54) Nach der Relation A soll Wesel während des Examens gesagt haben: "Wenn jeder von Christus abweicht, werde ich allein Christus als den Sohn Gottes hochachten, verehren und ein Christ bleiben." Die geringschätzige Antwort des Inquisitors lautete: "Das sagen alle Häretiker, auch wenn sie schon bren- nen ..,,55) Als Wesel öfter wiederholte, er habe von dieser oder jener Sache nichts gehört, warf ihm der Inquisitor vor: "Ihr seid Doktor der Heiligen Schrift und wißt es nicht?,,56) Es scheint sich, ohne daß dieses einer der Prozeßberichte ausdrücklich sagt, an das Verhör die .Verlesung des Protokolls angeschlossen zu haben. Der Inquisitor.ermahnte Wesel, von sei- nen Irrtümern abzustehen und um Gnade zu bitten. Wesel warf darauf Elten vor, daß er ihn dazu zwänge, etwas gegen sein Ge- wissen zu tun, er sei sich keiner Schuld bewußt. Der Inquisitor betonte ausdrücklich, er wolle ihn nicht zwingen; Wesel müsse aus freien· Stücken um Gnade bitten, wenn er es aber nicht tue, würde er ein hartes Urteil erwarten.57) Als auch andere auf ihn einredeten, willigte Wesel in den Widerruf ein, der Inquisitor erklärte diesen für ungenügend, da es nicht freiwillig geschah. Wesel wollte eine Diskussion beginnen, man ließ sich darauf nicht ein und führte den Angeklagten in seinen Kerker ab.58) Drei Männer, derWelhbischof, Herwich von Amsterdam und Jakob Sprenger bestimmte die Versammlung, weiter mit Wesel zu verhandeln.59) Wesel sollten die betreffenden Artikel vorgelegt werden, auf Beweise und ausführliche Verhandlungen mit Wesel sei zu verzichten, um dadurch eine weitere Diskussion über diese Fragen zu verhindern, durch welche die Angelegenheit, wie man meinte, nie zum Abschluß käme. Am Mittwochmorgen fand das Gespräch der drei Deputierten - 30 - mit dem Angeklagten statt. Brüderlich ermahnten sie ihn, sich zu demütigen und die Irrtümer abzuschwören. Wesel wollte aber den Kanones keinen Glauben schenken, mit denen die Vertreter der Inquisition seinen Ketzereien begegneten. Herwich von Amsterdam stellte, um wahrscheinlich einen Ausgangspunkt für die Erörterung der Autorität der Kirche in Glaubensdingen zu gewinnen, die Frage, warum er den vier Evangelien mehr glaube als dem des Nikodemus. Wesel entgegnete: "Weil ich es will," dann: "\'7eilich die Evangelien von den Eltern empfangen habe." 60) Kritik an der Lehre der Väter wird bei Wesel wieder laut. Der Angeklagte warf den Männern vor, daß, wenn Christus an- wesend wäre, er von ihnen als Häretiker verurteilt werden könne; Wesel fügte unter Lachen hinzu, Christus würde sie durch seinen Scharfsinn (subtilitas) überwinden.61) Der Dom- prediger behauptete immer wieder, seine Ankläger sagten wohl, seine Artikel seien falsch, bewiesen dieses jedoch nicht. Der Versuch,an Hand des Zeugnisses der Konzilsbeschlüsse, Kanones und Bullen Wesel anderen Sinnes werden zu lassen, war von Anfang an aussichtslos, da diese Schriften nach WeseIs Auffassung keine Autorität für den Glauben bedeuteten. Der Angeklagte ließ sich schließlich unter der Bedingung überreden, daß die Abgesandten den Widerruf auf ihr Gewissen nehmen wollten. Die Deputierten erklärten-- sich dazu bereit, trotzdem fuhr es aus Wesel heraus: "Werde ich aber doll, so thun ichs es nit.,,62) Nach der Mahlzeit wurde ihm eröffnet, der folgende Tag solle dazu dienen, die Artikel noch einmal durchzusprechen. Am Donnerstag bekam Wesel die Artikel zugestellt, die be- sonders der Häresie verdächtigt ware;-.o3) Der Wortlaut des Widerrufes wurde festgelegt, wie er ihn im Refektorium des Minoritenklosters und dann öffentlich im Dom vor allem Volke ablegen sollte, nachdem er in allen Mainzer Kirchen bekannt gemacht worden war. Am Freitagmorgen versammelten sich erneut der Mainzer Erz- bischof, Doktoren, Prälaten, Mönche und Weltgeist.liche.,um dem Widerruf des Wormser Dompredigers beizuwohnen. Der Inquisitor eröffnete der Versammlung, Johann von Wesel habe den Abgesand- ten erklärt, er sei bereit zur Revokation und der Bitte um Verzeihung. Elten e;ab dem Mainzer Fiskal Michael Heim den Be- - 31 - fehl, Wesel in den Saal zu führen; als dieser erschien, er- mahnte der Inquisitor ihn, sein Vorhaben durchzuführen. Wesel wollte sich vor Diether von Isenburg, Gerhard von E1ten und den anderen bis zur Erde verneigen, er war wegen seiner Schwä- che dazu nicht in der Lage, Elten ließ es zu, daß er im Sitzen spräche. Der Widerruf lautet fast übereinstimmend nach den Be- richten: "Reverendissime pater princeps et archipresu1 huius inclite dyocesis Moguntine, venerande pater inquisitor et vene- rabiles domini doctores et magistri mei, Ego sponte recognosco in scriptis, libris et dictis meis inventum esse, quod erroneum est. Et revoco eadem erronea et in publico revocare volo et me submittere, quem-admodum nunc me sancte matris ecc1esie man- datis et omnium doctorum informationi. Et poenitentiam michi iniugendam suffere volo. Et peto veniam et gratiam. ,,64) Der Inquisitor fragte Wese1, wie lange er Prediger in Worms gewesen sei, wann er den Ablaßtraktat geschrieben, und zu wel- cher Zeit er angefangen habe, anders als die römische Kirche über den Artikel den Heiligen Geist betreffend zu denken. Wesel gab die gewünschten Auskünfte. Johann von V/esel bat EI ten, ihn nicht wieder in den, seiner Meinung nach, dunklen und schmutzigen Kerker zurückzuschicken. 65) Die Entscheidung lautete; erst nachdem er die öffentliche Revokation hinter sich gebracht und in die Kirche wieder aufge- nommen sei, könne er einen anderen Aufenthaltsort erwarten, vorher dürfe Wese1 mit niemandem Gemeinschaft haben. In den Prozeßberichten fehlt der endgültige Urteilsspruch über WeseI, wahrscheinlich erfolgte er erst nach dem Widerruf im Dom und der Verbrennung seiner Bücher. Das Inquisitionsge- richt verurteilte den--Domprediger, .----wie wir aus anderen Quellen wissen, zu lebenslänglicher Pönitenz, die er im Augustinerklo- ster in Mainz zu verbüßen hatt~-:66) Diese Strafe verhängte· die Inquisition---- hauptsächlich über reu~~etzer. Da im Mittelalter jede Abweichung von der kirchlichen Lehre und Übung als verdammungswürdige Ketzerei galt, wurde nicht lange diskutiert; es genügte, an Hand der Kanones und Bullen die Auffassung der Kirche aufzuzeigen, die von vornherein wegen der Irrtums10sigkeit der Kirche als die richtige galt, und dar- an die Lehren des bei der Inquisition Angeklagten zu überprüfen. Die Dekretalien, die Beschlüsse von Konzilien, besonders die - 32 - der 2., 3. und 4. Lateransynode, die des Konzils von Vienne und von Konstanz gaben die Rechtsquellen für das Handeln der Inquisitoren; oft herrschte jedoch Unklarheit, was als Ketze- rei zu gelten habe.67) An erster Stelle unter den verdammungswürdigen Artikeln WeseIs , die er im Dom widerrufen mußte, standd~-~-~~~ ··derLeug- nung des "filioque". Die Lehre vom Ausgang des Heiligen Geistes . vom Vater und-vom Sohne war seit der Synode zu Aachen (809) im Abendland allgemein anerkannt, auf den Unionskonzilien zu Lyon 1214 und Florenz 1439 wurden die Vertreter der griechischen Kirche veranlaßt, sich der Auffassung der abendländischen Kir- che anzuschließen, die "Constitutio de processione Spiritus Sancti" von 1274 zu Lyon68) und die Bulle "Laetentur coeli" vom 6. Juli 1439 zu Florenz69) legten die endgültige Ansicht der römischen Kirche fest und verwarfen die gegenteilige Mei- nung ~ls häretisch. In derselben Bulle wurde die Auffassung, daß der Papst der Stellvertreter Christi auf Erden sei, aus- drücklich hervorgehoben, ferner hatte bereits vorher das Kon- stanzer Konzil die von Johann Wiclef vorgebrachten Angriffe gegen den Primat des Papstes verworfen.70) Die Befugnis des Papstes, in der iirche Gesetze zu erlassen, stand fest und wurde von den Päpsten, beispielsweise dem Papst Clemens VI., immer wieder betont.71) Die Auffassung, daß sich Priester und Bischof imGrunde nicht unterscheiden, war von Marsilius von Padua vertreten und mit anderen Lehren dieses Mannes von der Kirche abgele~~t worden.72) Die Leugnung der Erbsünde galt dem Mittelalter als Häresie des Pelagius .und des Julian von Ekla- num, sie wurde zuerst verworfen auf dem Konzil zu Karthago 418 und dann in Ephesus 431.73) Bei der Auseinandersetzung mit den Häresien des Mittelalters hatte die römische Kirche bereits die Zweiteilung der Kirche in eine fleischliche und geistliche abgelehnt.74) Die Bulle "Unigenitus Dei Filius" des Papstes Clemens VI. vom 25. Januar 1343 legte fest, daß der Papst den Schatz der überschüssigen Verdienste Christi und der Heiligen verwalten könne.75) Die Prozeßberichte erwähnen außer einigen allgemeinen Be- merkungen76) nichts Näheres über die Versuche, die weseIsehen Anschauungen an Hand der Bullen und Dekretalien als häretisch nachzuweisen. Da nichtsdarüber berichtet wird, läßt sich, ab- - 33 - gesehen von den oben gegebenen Andeutungen, nicht eingehender bestimmen, welche Unterlagen dem Inquisitionsgericht zur Ver- fUgung standen. Den Zeitgenossen, die nicht unmittelbar an dem Prozeß beteiligt waren, erschien die weaelsohe Ketzerei Anteil an allen bereits von anderen Männern hervorgebraohten Häresien zu besitzen und noch dazu neu hinzugefügt zu haben.77) Am Sonntag "Estomihi", den 21. Februar 1479, widerrief Johann von Wesel 19 Sätze im Dom, die für häretisoh gehalten wurden.78) Anschließend geschah im Beisein WeseIs, des Erz- bischofs und einer großen Menge Volks die Verbrennung der Bücher.79) WeseIs Klage galt dem vielen Guten, das die Bücher -enthielten, und das wegen des wenigen Schlechten der Vernich- tung preisgegeben wurde. Diether von Isenburg bemerkte dazu spöttisch, es sei nicht ungefährlich und auch nicht der Zeit entsprechend, beides voneinander zu trennen.BO) Am Naohmittag des gleichen Tages fand in Mainz ein großes Turnier statt; so hatte das Volk, nach Wiegand Wirt, an diesem "bedeutenden und glücklichen Tage" zwei großartige SChauspiele.8l) Zu Wesels Nachfolger in Mainz bestellte der Erzbischof den Licentiaten der Theologie Johannes Vilhauer, ihm wurden alle Rechte übertragen, die zur Pfarre im Dom gehörten.82)

Wesels Ende. Johann von Wesel blieb bis an sein Ende in Mainz bei den Augustinern in Haft,l) er verschied dort nach kurzer Zeit als katholischer Christ und nach Empfang der Sakramente.2) Die Nachrichten bei dem Kirschgartener Mönch, Wesel sei aus der Kerkerhaft befreit und den Karmelitern übergeben, bei denen er nicht lange darauf starb,3) und'bei Martin Chemnitz, nach dessen Bericht der Domprediger 1479 zum Feuertode verurteilt wurde,4) sind als Gerüchte anzusehen. - 34 3. Die Schriften des Johann von Wesel.

Aus der Erfurter Zeit sind von Wesel ein Kommentar zu der Physik des Aristoteles und ein Kommentar zu den Sentenzen des Petrus Lombardus erhalten. Der philosophischen Schrift WeseIs, einem "Exercitium physicorum", gab Wilhelm Schum die Überschrift: "Johannes de Wesalia quaestiones de libris physicorum Aristotelis institu- tae." Das Werk, ein Quartband mit 178 Blättern, die ganzseitig beschrieben sind, befindet sich in der Stadtbibliothek Erfurt. (C.A. 42. 307) 1) Auf dem Vorblatt steht: "Iste magister Wecza- lia collegit hunc librumlt, die Angabe stammt von der Hand eines Benutzers oder eines Besitzers, der mehrfache Randzuschriften machte.2) Als Abfassungszeit lassen sich die Jahre nach 1445 vermuten, in denen sich Wese1 bei dem Studium der Theologie befand und in den Artes las. Die "Physik" wurde im Unterkurs behandelt, das Halten dieser Vorlesung war sehr beliebt.3) Eine "Logik", die nach der Überschrift zu urteilen, von Johann von Wesel 1462 in Basel gelesen wurde, ist im Besitz der Bayerischen Staatsbibliothek. Es handelt sich um die Abschrift eines Augsburger Studenten, der 1462 in Basel studierte.4) Da Johann von Wesel jedoch als Theo1ogieprofessor nach Basel berufen wurde, ist es schwer denkbar, wie er über einen Gegen- stand der artistischen Fakultät gelesen haben sollte. Nach dem Duktus der Handschrift zu urteilen, handelt es sich nicht um die N~chschrift einer Vorlesung, sondern eine Abschrift, bei einer solchen konnte leicht irrtümlicher Weise der Name des Johann von Wesel hinzugesetzt werden. Gerhard Ritter, der mit den ge- nannten Gründen Wesel als Verfasser der "Logik" in Abrede stellt, erklärt: "Mit Sicherheit läßt sich nach alledem nur sagen, daß man in Baseler Studentenkreisen 1462 ein logisches Schulbuch unter dem Namen des 1461 dorthin berufenen Doktors der Theologie Wesel kopierte. Das ist alles.,,5) Der aus der Erfurter Zeit erhaltenen theologischen Schrift Johanns von Wesel gab Valentin Rose die Übers,?hrift: "Johannes de Wesalia, Super L.I. - Ill. Sententiarum cum Kiliano super quarto. ,,6)Es ist ein Kommentar zu den Sentenzen des Petrus T...om- bardus, von welchem von Wesel nur die ersten drei Bücher erhalten - 35 - sind; um einen vollständigen Kommentar zu besitzen, ergänzte man, indem die Erläuterungen zum vierten Buch aus dem Werk des Ki1ian hinzugefügt wurden. Die Fortsetzung unterscheidet sich äußerlich und inhaltlich völlig von den.ersten drei Büchern. Di"e Namen der beiden Verfasser finden sich auf einem Papier- streifen, der auf den Deckel der Handschrift geklebt ist, eini- ges läßt sich nicht mehr lesen, es heißt dort: "lectura iannis de Wesalia super primum, secundum et tertium et Kiliani ••• (nicht lesbar) ••• super quartum sententiarum." Die Abhandlung Wese1s geht von fo1. 1 bis fol. l72b. Das Fehlen der Erläuterungen WeseIs zum vierten Buch, in denen die Lehre von den Sakramenten und Fragen des kirchlichen Lebens ab- gehandelt wurden,. ist nicht auf eine abweichende Auffassung WeseIs in seiner Erfurter Zeit zu diesem Problem zurückzufUhren. Die wenigen, diese Dinge betreffenden Ausführungen in den ersten drei Büchern geben nicht Anlaß, Wesel in dieser Zeit bereits eine oppositionelle Haltung zuzuschreiben. ~en zweiten Teil der Handschrift, die Erläuterungen des Ki- lian, führte zunächst derselbe Schreiber wie der des ersten Teils fort, fol. 197 tritt ein Wechsel ein. Der Schreiber der folgenden Blätter nennt sich selbst am Schluß des Buches, er be- zeichnet das Jahr 1460 als Zeitpunkt, an dem die Handschrift fertiggestellt war.7) Dieses Datum und die Tatsache, daß die Abhaltung einer Sen- tenzenvorlesung zu den Pflichten des theologischen Bakkalars ge- hörte, verweist die Abfassung des Kommentars durch Wesel in die Zeit vor 1458, denn in diesem Jahre promovierte Wesel in Erfurt zum lie. theol.8) Die Blätter der Handschrift sind in zwei Spalten beschrie- ben. Die Quaestionen, Conclusionen und die Namen der angeführ- ten Autoritäten hat man sauber mit roter Tinte unterstrichen. Das Buch befand sich zeitweise im Minoritenkloster zu Branden- burg. Aus WeseIs Zeit als Domprediger in Worms liegt eine Reihe von Schriften vor. Sie befinden sich sämtlich in einer Stock- holmer Papierhandschrift des 15. Jahrhunderts. (Königliche Bib- liothek. Signatur im Handschriftenkatalog von 1734: Phil. in folio nr. 1 jetzt: cod. V.a.2.) Die Seiten sind mit je zwei Kolumnen beschrieben. Neben einigen kleinen anonymen geistlichen - 36 - 'Stücken und philosophischen Abhandlungen enthält der Hand- schriftenband eine Anzahl Abschriften aus klassisch-römischen Autoren. Die Schriften Wesels edierte Gerhard Ritter zum Teil in den "Studien zur Spätscholastik" Ill. (S. 63 - 105) 9) Der Ablaßtraktat und ein Excerpt des Briefwechsels mit Johann von Lutter sind auch anderweitig überliefert.lO) "Briefwechsel zwischen Johann von Lutter, Domprediger zu Mainz, und Johann von Wesel, Domprediger zu Worms, über das Recht des Papstes und der Konzilien, etwas bei Strafe der Tod- sünde zu gebieten."ll) Am 22. Oktober 1472 sandte Johann von Lutter, der mit Wesel zusammen in Erfurt gewesen war und später an dem Prozeß teil- nahm, dem Wormser Domprediger einen Brief.12) Lutter berief sich auf eine Unterredung mit WeseI, in der dieser behauptete, daß weder Papst noch die Konzilien, die oft geirrt hätten, et- was bei Strafe der Todsünde gebieten könnten. Auch sagte WeseI, der Papst sei nicht Statthalter Christi auf Erden; für diese Behauptung führte Wesel Johannes Gerson als Zeugen an. Ferner äußerte sich Wesel Lutter gegenüber kritisch über das Fasten, die Kontinenz und das Stundengebet der Priester und, was nach Lutter das Schwerwiegendste war, über den Kelchentzug der Laien. Lutter bat WeseI, alles reiflich zu überlegen und ihm zu antwor- ten.13) Die Antwort WeseIs ist undatiert, muß aber vor dem 13. Novem- ber 1472 erfolgt sein, denn an diesem Tage verfaßte Lutter seine Entgegnung auf diesen Brief WeseIs. Wesel ging die einzelnen Punkte durch, er war sehr vorsichtig; so behauptete der Dompre- diger, er habe nicht gesagt, der Klerus sei zum stundengebet und der Kontinenz nicht verpflichtett sondern sei dazu durch mensch- liche Verpflichtung veranlaßt.14) Äußerst freimütig verwarf Wesel dagegen die AUffassung, daß der Papst Vikar Christi sei. Johann von Lutter versuchte durch einen Brief vom 13. Nov~m- ber 1472 Wesels Argumente zu entkräften. Dieser verteidigte sie jedoch neu in einem langen und ausführlichen Schreiben vom 17. desselben Monats. Am Schluß des Briefes bat WeseI, Johann Von Lutter möge nicht ihm glauben, sondern den Autoritäten und Be- weisen, die er vorgebracht habe. Der Briefwechsel muß in für solche Fragen interessierte - 37 - Kreise zirkuliert haben, dieses zeigt die Abschrift in der Stockholmer Sammelhandschrift, ferner war er Bartholomäus von Usingen bekannt, er nahm ihn in gekürzter Form nach 1521 in r~f seiner Exceftensammlung auf.15) Wiegend Wirt berichtet, Johann von Lutter habe Schriften gegen Johann von Wesel verfaßt, wahr- scheinlich meint er damit die entsprechenden Stücke des Brief- wechsels, von denen er erfahren haben mag.16) "Seelsorgerliches Gutachten Johanns von Wesel für einen Kar., täusermönch über die Frage der künstlichen Samenentleerung eines Devoten im Krankheitefall." 17) Die Schrift ist undatiert. Ein Kartäuser hat an Wesel die Frage herangetragen, ob es erlaubt sei, den Samen, wenn er im Körper verdirbt, auf irgendeine Weise zu entfernen, ohne das Auftreten wollüstiger Gefühle zu verursachen. Wesel bekennt, daß der Pater ihn mit dieser Frage schwer belaste. Die Antwort soll der Kartäuser· insoweit unbedingt glauben, als ihre Beweise aus der Bibel stammen, das übrige möge er prüfen und beurteilen. Der Traktat geht, veranlaßt durch die Fragestellung, auf sehr spezielle und für das Gesamtverständnis WeseIs wenig er- tragreiche Fragen ein. Von großer Wichtigkeit ist dagegen die Erörterung über das Keuschheitsgelübde, die in größerer Breite als der Zusammenhang es erfordert, entfaltet wird. Auch in an- deren Traktaten ist Wesel an Stellen, die ihn besonders inter- essieren, und bei denen er im Gegensatz zur herrschenden Meinung stand, ausführlicher als es eigentlich notwendig war. WeseIs Antwort auf die gestellte Frage lautet: Samenentlee- rung um der Gesundheit willen ohne die Begierde nach Lustempfin- dungen ist erlaubt und hebt das Gelübde nicht auf.' "Traktat Johanns von Wesel gegen die Astrologie.,,18) Wesel berichtet am Anfang seines Traktates, daß er sich selbst und viele andere gefragt habe, ob es sich bei den Aussa- gen der Astrologie um solche handelt, die der Wahrheit gemäß sind. Wesel will als Professor der Heiligen Schriften eine Ant- wort geben. Der Verfasser führt seine Leser in die Anfangsgründe der Astronomie ein, spricht von den Planeten und Fixsternen und faßt die wesentlichenastronomischen Erkenntnisse in zehn Leit- sätzen zusammen. Spezielle Probleme der kt~onomie über die Kon- junktionen der Planeten, ihren Eintritt in die einzelnen Tier- - 38 - zeichen usw. deutet Wesel nur an, ohne näher auf sie einzuge- hen, und verweist auf die Schriften des Gerhard von Cremona, Companus und Taddäus von Parma.19) Wesel unterscheidet von der Astronomie die Astrologie, die sich mit den natürlichen Wirkungen der Sterne beschäftigt., Ge- gen die Prinzipien der Astrologie stellt Wesel sechs Conclusio- nen auf; die wichtigste ist die letzte, nach der die Sterne keine andere Aufgabe als das Leuchten haben.20) Zum Beweis die- ser Behauptung zieht der Autor entsprechende Stellen aus der Bibel heran, auch belegt er diese Theorie durch Beschreibung möglicher Experimente, z. B. dadurch, daß er zeigt, daß das Wachstum der Pflanzen nicht von einem bestimmten Stand der Son- ne innerhalb des Tierkreises abhängig ist. In zehn ergänzenden Thesen lehnt der Verfasser den Einfluß der Sterne bei Krankhei- ten und Geburten ab.21) WeseIs Hauptargumente liegen auf theologischem Gebiet: die Astrologie ist Magie, die Sterndeuterstehen mit den Dämonen in Verbindung, und deshalb ist sie zu verwerfen. Der Autor zitiert in diesem Zusammenhang die Bibel, Augustins "De doctrina chri- 22 stianatl und die Etymologien des Isidor von Sevilla. ) Am Schluß seines Traktates antwortet Wesel auf Einwände, die gegen die von ihm vorgebrachte Auffassung gemacht werden könnten. We- sel teilt diese Entgegnung wieder in sechs Unterabschnitte ein. Da die Schrift gegen die Astrologie nicht auf Kometener- scheinungen oder besondere Konstellationen von Planeten hin- weist, ist eine Festlegung der Abfassungszeitunmöglich. "Seelsorgerliches Gutachten Johanns von Wesel betreffs Rechtmäßigkeit einer Ehe".23) Wesel nennt sich am Schluß der kleinen Schrift selbst,24) ein Datum ist nicht gegeben. , Zunächst legt der Verfasser den Sachverhalt dar: Bervata25) gelobte privat Keuschheit, sie änderte jedooh ihren Vorsatz und heiratete. Die Frage ist: durfte Berta heiraten, ohne eine Sün- de zu begehen; weiter wird untersucht, ob Berta das "debitum" von ihrem Ehemann fordern kann. WeseI zeigt, daß die Ehe von Gott eingerichtet und nur bei bestimmten Verwandtschaftsgraden, die Leviticus 18 aufgezählt sind, verboten ist. Außerhalb dieser göttlichen Verbote ist je- de Ehe vor Gott erlaubt. Vorschriften, die von den Prälaten der - 39 - ·Kirche aufgestellt sind, haben daher keine Gültigkeit.26) Auf die gestellten Fragen antwortet WeseI: Da Berta ein Ge- lübde ablegte, war sie auch verpflichtet, es zu halten; deshalb sündigte sie, als sie ihren Sinn änderte. Trotz des gebrochenen Gelübdes ist die Ehe gültig, weil es sich bei ihr um ein Sakra- ment handelt, das, einmal vollzogen, trotz Unwürdigkeit des Be- teiligten seinen Wert.behält. Berta kann also das "debitum" von ihrem Manne fordern. "Traktat Johanns von Wesel über die unbefleckte Empfängnis Mariae und das Wesen derE:rbsünde".27) 14 70. Die Stockholmer Handschrift nennt keinen Veriasser~ Wiegand Wirt zeigt in seinem fingierten Dialog dem Verteidiger WeseIs einen "tractatus des conceptione." Vvirt besaß das eigenhändige Original, auf dem eine Beglaubigung durch den Notar vermerkt war.28) Die Indentität beider Schriften·ist dadurch gesichert, daß die Zitate in Wirts "Dialogus" mit den entsprechenden Stel- len in der Sammelhandschrift übereinstimmen.29) Als Entstehungs- zeit wird von Wirt das Jahr 1470 angegeben.30) Der Traktat ist vom Inquisitor nicht mit verbrannt, sondern Wirt übergeben wor- den. Ähnlich wie in den' anderen Traktaten nahm sich Wesel eines Problems an, das die Gemüter seiner Zeitgenossen bewegte: des Streites um die unbefleckte Empfängnis Mariae. Wesel schildert, wie in dieser Diskussion die Meinungen in zwei Lager gespalten sind, die einen behaupten, Maria sei emp- fangen "sub originali peccato", die anderen leugnen es ab. Wesel bekennt sich zu der zuletzt genannten Ansicht, die auf dem Base- ler Konzil festgelegt wurde.31) Der Autor zitiert diese Konsti- tution. Wesel hält es für angebracht, zunächst zu klären, was unter dem Begriff der Erbsünde zu verstehen ist. Durch die folgenden Erörterungen gelangt der Verfasser zur völligen Leugnung der kirchlichen Erbsündenlehre. In einem weiteren Abschnitt wird auf die Frage nach der un- befleckten Empfängnis Mariae zurückgegriffen. An Hand des Wort- lautes der Baseler Constitution spricht der Autor durch, welche Argumente sich zum Beweis für die von ihm vorgetragene Ansicht vorbringen lassen. Den zweiten Teil des Traktates widmet Wesel der Widerlegung - 40 - von Einwänden gegen seine Leugnung der Erbsündenlehre. Die Er- -_._--_.- . örterung vollzieht sich im wesentlichen in Auseinandersetzung mit der Auffassung Augustins vom Beischlaf und dessen Deutung von Bibelstellen zugunsten seiner radikalen Erbsündenlehre. In diesem Zusammenhang gibt der Autor der Taufe eine andere Be- deutung, da sie nicht zur Abwaschung der Erbsünde bei den Kin- dern dienen kann. Ein formeller SChluß, der vielleicht WeseIs Namen und die Abfassungszeit enthielt, fehlt. Die Möglichkeit besteht, daß ihn der Abschreiber fortließ, weil er gerade am Ende einer Ko- kumne war, und weil er an den Kopf der nächsten die überschrift des folgenden Traktates setzen wollte. "Sermon gegen die kirchliche Feier der Darstellung der Jung- frau Maria im Tempelll•32) Angaben über Verfasser und Entstehungszeit fehlen. Vom In- halt her läßt sich die Verfasserschaft WeseIs erweisen, denn wie in den anderen Schriften gelten Bibel, Ratio und Offenbarung als Autoritäten für den Glauben.33) Die Kritik am Papsttum läuft in der gleichen Richtung wie in den anderen Traktaten~4) Auch die Ablehnung jeder außerbiblischen Überlieferung über Maria, soweit sie nicht durch Wunder sanktioniert ist, erweist sich als echt weseIsehe Auffassung. Wesel wendet sich in dieser Schrift gegen die Bemühungen, den Tag der Darstellung Marias im Tempel als Fest zu begehen. Er will nicht eine Herabsetzung der Jungfrau Maria oder die Be- seitigung anderer Marienfeste; es geht ihm allein um die Frage, ob das genannte Fest zu Recht besteht. Wesel polemisiert stark gegen eine apokryphe Schrift, in der von der Darstellung Mariä im Tempel die Rede ist, und nach der Maria im Tempel wohnte und dort Gott diente. An Hand von Stellen des Alten Testamentes zeigt WeseI, daß allein Knaben im Tempel dargestellt wurden und ein längerer Aufenthalt dort fUr Maria unmöglich waro Die Schrift ist unvrulendet,ob sie von dem Abschreiber oder von Wesel selbst abgebrochen wurde, läßt sich schwer entschei- den. Der Traktat endet mitten in einem satz.35) Da sich der Ab- schluß fast unten auf der Seite befindet,36) und das "etc." darauf hindeutet, daß der Abschreiber noch weitere Sätze vor Augen hatte, wird von diesem wahrscheinlich der Schluß fortge- lassen sein. - 41 - "Eine Abhandlung über die Frage, ob Petrus unter Nero in Rom hingerichtet wurde".37) Die kurze Schrift ist undatiert, der Autor wird nicht ge- nannt. Der Verfasser zeigt, wie es nach den Angaben der Apostel- geschichte unmöglich ist, eine 25-jährige Wirksamkeit Petri in Rom anzunehmen und trotzdem zu glauben, daß er unter Nero als Märtyrer starb. Es besteht die Möglichkeit, Wesel als Verfasser anzusehen, da die Leugnung des Märtyrertodes Petri unter Nero in Rom eng mit WeseIs Ablehnung der Stellung des Papstes zusammenhängt; , auch die Beachtung der Heiligen Schrift als Maßstab dafür, ob etwas geglaubt werden darf oder nicht, ist ein wesentlicher Be- standteil des Denkens WeseIs. Die gleiche Beweisführung wie bei Wesel findet sich, nur mit einigen Umstellungen, in der "persuasio quarta" einer Schrift des Ulricus ,Velenus.38) Beide Versionen gehen wahrscheinlich auf ein~ ältere unbekannte Vorlage zurück. Weil Wesel wahrscheinlich der Verfasser der Abhandlung über die Frage, ob Petrus unter Nero in Rom hingerichtet wurde, ist, kann ihm nicht die in der Handschrift folgende Predigt zum Fest- tage "Vincula Petri",zugeschrieben werden.39) Die Hinrichtung Petri in Rom unter Nero wird dort als geschehen berichtete Ob der Anfang eine~ Predigt, die anschließend in der Sammel- handschrift aufgezeichnet wurde und für das Fest des heiligen Bartholomäus bestimmt ist,40) von Wesel stammt, läßt sich nicht feststellen. Dieses Stück bietet nichts, was die Kenntnis über den Domprediger erweitern könnte. ll 41 "Disputation gegen die Ablässe • ) Wesel nennt sich in dem Traktat selbst.42) Aufschlüsse über die Abfassungszeit ergeben sich aus der Antwort WeseIs auf die Frage des Inquisitors, wann er den Ablaßtraktat verf'aßt e, Wesel antwortete: "Tempore eo, quando fuerunt indulgentie, scripsi tractatum de indulgentiis. Et anno praecedenti.1I43) Wesel hat also den Traktat in zwei aufeinander folgenden Jahren geschrie- ben, zunächst entstand das "Kompendium", das sind die Disputa- tionsthesen,44) die eigentliche Abhandlung erschien im folgenden Jahr. Die älteren Forscher glaubten, mit "quando fuerunt indul- gentiell sei der Jubelablaß von 1450 gemeint. otto Clemen setzte in dem Aufsatz: "Über Leben und Schriften Johanns yon Vlesel"45) - 42 - .die Schrift in die Zeit zwischen 1455 und 1458. Da Johann von-. Lutter Wesel das Zeugnis ausstellt, er habe in seiner Erfurter Zeit noch keine von der Kirchenlehre abweichende Meinung ver- treten,46) kommt diese Zeit für die Abfassung des Ablaßtraktates nicht in Frage. Nach Paulus hat Wesel seine kürzere Abhandlung im Jahre 1475 geschrieben, in dem Papst Sixtus IV. durch die Bulle "Quem ad modum operasi" den Jubelablaß verkündete, den längeren Trak- tat dagegen im Jahre 1476, als das zuerst in Rom gefeierte Ju- biläum in Deutschland verkündet wurde.47) Später vermutete Pau- Ius, Wesel habe das Kompendium seines Ablaßtraktates 1474 ver- faßt, als man sich auf das Jubiläum vorbereitete, und im fol- genden Jahr die Schrift erweitert.48) Die Jahre 1475 und 1476 erscheinen als Abfassungszeit des Traktates am ehesten in Frage zu kommen, da die in der Disputa- ,tion über die Indulgentien erwähnte Anfrage bei Wesel wahrschein- lich erst in der Zeit geschah, als man die Verkündigung des Ab- lasses im eigenen Lande hatte und sich mit ihm in nächster Um- gebung auseinandersetzen mußte. Das Kompendium wäre dann eine theologische Studie infolge der Nachricht vom Jubelablaß in Rom 1475, der Traktat die praktisch-seelsorgerliche Erweiterung aus dem Jahre 1476. Johann von Wesel berichtet, daß er sich zunächst in den Schulen für die Kraft der Ablässe einsetzte. Nun als Doktor der Heiligen Schrift sei er gefragt worden, was er von dem Ablaß hielte. Der Domprediger sagt, er habe darauf in einem "Kompen- dium" geentwortet, das er seinem Traktat einfügen will.49) In sieben Thesen gibt Wesel seine Auffassung über den Ablaß und die mit diesem zusammenhängenden Fragen kund.50) Der Autor hält sich in den folgenden Erörterungen nicht streng an sein Thema, sondern behandelt auch andere Fragen; erst am Ende des Traktates kommt er wieder ausführlicher auf die In- dulgentien zu sprechen.51) Die Schrift über den Ablaß läßt in ihrem Gang und ihrer Be- weisführung den scholastisch gebildeten Theologen erkennen. "Jene Schrift ist in dem trockenen Tone kühl überlegener ver- standesmäßiger Reflexion geschrieben, der Gedankenfortschritt ist an das,scholastische Schema: "Behauptung, Beweis, Einwand, Widerlegung gebunden.,,52) - 43 - Diese Abhandlung \/esels scheint von seinen Traktaten am meisten verbreitet gewesen zu sein. Im Prozeß wird sie herange- zogen, der Abschreiber weselseher Schriften nahm sie in die Stockholmer Sammelhandschrift auf, eine Handschrift hefindet sich in Berlin, sie trägt die Unterschrift: "Scriptum in Magdc 1478 in estate etc.u53) Matthias Flacius besaß ein handschrift- 1iches Exemplar.54) Der Text des Traktates in der Stockholmer Sammelhandschrift ist besser und ausführlicher als bei Walch.55) Die Kapitelein- teilung fehlt in der Sammelhandschrift, dafür sind wichtige Sät- ze, besonders bei den Disputationsthesen, durch größere Schrift hervorgehoben. "Synodalpredigt des Johann von Wesel, gehalten zu Worms am 30. August 1468".56) Die Predigt hat zum Thema Luk. 18,14. "Omnis, qui se exaltat, humiliabitur." Wesel erzählt die Ge- schichte vom Pharisäer und Zöllner und knüpft daran eine Buß- predigt ,fürden Klerus. Der Prediger macht seinen Zuhörern deut- lich, daß die Pharisäer und der Klerus im Grunde dasselbe sind und deshalb die Sünden der Geistlichen am Beispiel des Pharisä- ers gerügt werden können. Die Gliederung der Menschheit in Kle- riker, Soldaten und Bauern läßt Wesel in diesem Zusammenhang be- stehen. Es wird Kritik geübt an dem Hochmut, an der Pfründenjagd und anderen Fehlern der Geistlichkeit. Mit einem Lobpreis auf .die Trinität endet die Predigt. Die Schriften WeseIs sind stiickeder in Deutschland stark entwickelten popular-theologischen Schriftstellerei. Der Wormser Domprediger gab in seinen Traktaten Antwort auf religiöse und kirchenrechtliche Fragen, benutzte sie aber zugleich, um sich zu verschiedenen Lehren und Einrichtungen. der römischen Kirche kri- tisch zu äußern. Dem Zweck seiner Schriften entsprechend verzich- tete Wesel auf umfangreiches gelehrtes Beiwerk, es ist deshalb nicht nur aus seiner besonderen Betonung der Bibel als Autorität für den Glauben zu verstehen, wenn wir Zitate der bedeutenden Theologen des Mittelalters vermissen. Wesel zieht nur die Auto- ren und Werke, die seiner Zeit am geläufigsten waren, heran, es sind in erster Linie: Augustin, die Etymologien des lsidor von

Sevilla, die "Glossa Ordinaria" und das "Corpus Juris Panonici. 11 Auch von den undatierten Stücken darf man annehmen, daß Wesel sie in der zweiten Hälfte seiner Dompredigerzeit in Worms schrieb. - 44 - Andere Abhandlungen Wese+s sind verlorengegangen, ihre Titel kennen wir zum Teil aus den Prozeßberichten; Wesel ver- faßte in seiner Erfurter Zeit noch andere philosophische und t~eolo8ische Schriften, von denen uns jedoch nichts erhalten ist.57) Johannes Butzbach berichtet, Wesel habe viele Kommentare zur Heiligen Schrift verfaßt.58) - 45 - 11. Kapitel. Die Anschauungen Johanns von Wesel in seiner Erfurter Zeit.

1. Die philosophischen Anschauungen. (Der Kommentar zur Physik des Aristoteles.) Als wesentliche Quelle für WeseIs philosophische Auffassung liegt der Kommentar zur Physik des Aristoteles vor; einige phi- losophischeAussagen WeseIs finden sich ferner in dem Sentenzen- kommentar. Wesel hält sich in der Form und dem Aufbau der Vorlesung an das Schema der "moderni". Während die "antiqui" sich sehr eng an den Text des Aristoteles anschließen und diesen allein zu interpretieren versuchen, gingen die "Modernen" freier mit der Vorlage um und nahmen sie allein zum Anlaß, Quästionen über die behandelten Fragen aufzustellen.l) Die Fragestellung in den Quästionen selbst ist verschieden, teilweise stellt der Autor Fragen, die allein die behandelte Sache betreff~n,2) auf der anderen Seite ist die Quästion eine Überprüfung der von Aristoteles gegebenen Aussage oder Defini- tion,3) die zuerst genannte Form überwiegt. Wesel gibt zunächst die Überschrift "der Quästionen. Er be- ginnt seine AusfühI'11:ngmit "Dicendum quod •••" oder "Notandum •••" Die Ansicht des Aristoteles wird entfaltet, und verschiedene In- terpretationen des Textes, teilweise auch die Auffassung neuerer Philosophen werden referiert. Der Verfasser teilt in diesem Ab- schnitt, sofern es notwendig ist, die geläufigen Definitionen der zu behandelnden Begriffe mit. In den nächsten Ausführungen, die immer mit "Quibus prae- missis respondetur ad questionem •••" beginnen, legt Wesel mit eigenen Worten seine Auffassung dar und begründet sie, indem er teilweise die Autorität des Aristoteles heranzieht oder die an- derer Philosophen. Mit "Arguitur ilIa responsio •••" oder "Con- tra responsionem arguitur •••" leitet der Autor die Einwände ein, die gegen die gegebene Antwort gemacht werden können.Die kritische Untersuchung der "Conclusio" teilt eich wieder in meh- rere Unterabschnitte. Fast nie wird gesagt, wer diese Einwände machte, höchstens nennt der Verfasser einmal einen Kommentator des Aristoteles,4) ehne diesen näher mit Namen zu bezeichnen. Die Gegenargumente stellt Wesel vielfach aus rein forma- listischen und logischen Erwägungen auf. Als letzter - 46 - Teil folgt die Widerlegung, die mit "Ad primum respondetur ••• ad secundum respondetur •••" beginnen, auch hier beruft Wesel sich teilweise auf die Autorität des Aristoteles oder eines an- deren Gelehrten. Der Autor führt das gezeigte Schema nicht immer in der gleichen Weise durch, er kürzt bei Quästionen, die von geringer Wichtigkeit sind.5) Oft wachsen die Einwände und ihre Widerlegung zu beachtlicher Länge an. Wesel gibt jedes tial an, wenn er mit der Behandlung eines neuen Buches der Physik des Aristoteles beginnt. Zu den ersten Büchern stellt er mehr Quästionen als zu den späteren, auch wer- den die Fragen zunächst ausführlicher behandelt. WeseIs Kommentar zur Physik des Aristoteles erhebt nicht den Anspruch, wesentlich neue Erkenntnisse darzubieten oder in den Streit der Schulen für irgend eine Richtung Partei zu er- greifen. Da das Bemühen des Autors um die Mitteilung einfacher naturphilosophischer Kenntnisse an die Studenten kreist, ist. die häufige Nennung von Namen und die Darstellung der gegensätz- lichen Auffassungen der Philosophen unterblieben. Nur schwer läßt sich von der Heranziehung der einzelnen Gelehrten aus eine Möglichkeit der philosophischen Einordnung WeseIs gewinnen; von den rein sachlichen Fragen her kann dieses nicht geschehen, weil' der Hauptunterschied der "via moderna" und der "via antiqua" in der Erkenntnislehre und insbesondere in der Behandlung des Uni- versalienproblems liegt.6) Wesel lehrte in Erfurt, einer Universität, die von Anfang an, wie schon 'i"i'ienund Heidelberg vor ihr, Vertreterin der "via moderna" war und diesen Standpunkt bis zum Ende der Scholastik durchhielt.7) Bei seinen Zeitgenossen galt Wesel als Anhänger der "Modernen"; anders ist die Klage Wimpfclings nicht zu ver- stehen, daß bei dem Prozeß:~ur einer der Heidelberger Abgeord- neten "de via lIodernorum" war;8) auch der Hinweis Wimpfelings auf den Haß der Thomisten9) läßt in Wesel einen ausgesprochenen Gegner des Thomas von Aquino vermuten. Der Kommentar zeigt jedoch, wie verwaschen die philosophi- schen Schulgegensätze im l5.Jahrhundert waren. Es fehlt an neu- en Ideen, die großen Systeme werden nur reproduziert und kompi- latorisch zusammengearbeitet. Wesel zitiert in erster Linie Aristoteles, von den Scho- lastikern am meisten Thomas von Aquino. Der Autor bietet einer- - 47 - seits die Ansicht des Aquinaten dar,lO) andererseits zieht er ihn oft als Autorität bei der Widerlegung von Einwänden heran;ll) in dieser Weise schiebt Wesel die Erwägungen des Galienus gegen die Auffassung des Aristoteles, daß alles, das bewegt wird, von einem anderen bewegt werden muß, mit Berufung auf Thomas bei- seite.12) In der zweiten Hälfte des Kommentars bezieht sich Wesel in ähnlicher Weise, wie es im ersten Teil mit Thomas von Aquino ge- schah, auf Johannes Buridanus (+ nach 1358).13) Von Buridanus Wendung gegen die aristotelische Physik auf Grund der Impetus- theorie, die das Trägheitsgesetz und den physikalischenKraft- begriff in sich trägt,14) ist in WeseIs Kommentar nichts zu er- kennen. Bei der Frage nach der richtigen Einteilung der Philoso- phie, undbei der Untersuchung, ob die Natur Ungeheuer hervor- bringen könne, wird Albertus Magnus zitiert.15) Bei einer Quästion, die "generatio" betreffend, entscheidet sich Wesel gegen Aristoteles und Buridanus für die Auffassung des Marsilius von Inghen,16) sonst spielt dieser Philosoph in WeseIs Kommentar keine Rolle. Auch die Bezeichnungen "via antiqua" und"via moderna" kommen in der Abhandlung vor. Wo diese Namen erscheinen, läßt Wesel de~tlich erkennen, daß er die Auffassung der Modernen teilt. Bei der Frage: "Utrum generare sit generans?" berichtet der Autor zunächst in der allgemeinen Erörterung von der Verneinung dieser Frage durch die "via moderna". In seiner eigenen Stellung- nahme macht sich Wesel diese Auffassung zu eigen.17) Im Zusammen- hang mit der Entscheidung, ob Aristoteles die Zeit richtig defi- niert, antwortet Wesel "secundum veritatem et viam modernam •••" 18) Gemäß der Ansicht der Modernen können in derselben Sache "esse" und "essentia" sein. An einer weiteren Stelle wird berich- tet, daß die "antiqui" die achte Sphäre als die äußerste des Himmels betrachten und die "moderni" mit zehn Sphärem rechnen, nach WeseIs Meinung bestehen "secundum viam autem fidei" mehr als zehn.19) Bei der Frage, ob es eine unendliche Größe gibt, führt Wesel die Begriffe "potestas absoluta" und "potestas ordinata" ein und definiert sie im Sinne des Duns Scotus.20) Die ausführliche Besprechung der StUCke, an denen WeseIs Stellung zu den beiden im Spätmittelalter herrschenden Schulrich- tungen deutlich wird und an denen zu sehen ist, daß, wenn er sich - 48 - für eine Richtung zu entscheiden hatte, er sich der "via moder- na" zuwandte, darf nicht den überragenden Einfluß in Frage stel- len, den Thomas in dem Kommentar zur Physik des Aristoteles aus- übt. Für einen Scholastiker des 15. Jahrhunders konnte der Tho- mismus die Grundlage sein, auf der eine ockamistisch gefärbte Philosophie und Theologie möglich waren. Auch Marsilius von Inghen ist trotz seiner ockamistischen Tendenzen sehr konserva- tiv, er schließt sich häufig Thomas von Aquino an.21) Die Bezug- nahme auf Hauptbegriffe der Theologie des Duns Scotus, die dann weiterhin in der Theologie Ockams eine große Rolle spielen, weis in die gleiche Richtung. Der Inhalt des Kommentars selbst verschafft Einblick in den Gangund Inhalt einer Vorlesung zur Physik des Aristoteles, wie man sie im Mittelalter in großer Zahl gehalten hat. Die Philosophie wird nach Albertus l1agnus eingeteilt in "logica, ethica et philosophia", andere, wie Plato, gliedern in "mathematica, metaphysica et naturalis Philosophia.,,22) Wesel legt sich auf keinen der beiden Philosophen fest, sondern gibt nur kurze Definitionen zu den einzelnen Begriffen.23) Die Natur- philosophie befaßt sich mit einem anderen Gebiet als die Logik, auch bildet nicht das Sein den Mittelpunkt der Erörterung. Der Gegenstand der Physik ist die Bewegung, weil in einer die Natur behandelnden Wissenschaft alles auf diese Erscheinung zurückge-· fUhrt werden kann.24) Aus diesem Grunde steht die Erörterung über die Fragen, .die die "actio, passio, generatio, corruptio etc." betreffen, im Vordergrund. Von den Philosophen unterscheidet sich durch sein Arbeits- gebiet der Mathematiker. Die Mathematik ist eine spekulative Wissenschaft, die sich mit den Quantitäten beschäftigt und den Dingen, die damit z~sammengehören, während die Philosophie oder Naturphilosophie eine spekulative Wissenschaft "de ente mobili" ist und die Erscheinungen erforscht, die in diesen Bereich fal- len.25) Auch im Blick auf die Medizin wird die Zugehörigkeit zur Naturphilosophie untersucht und festgestellt, daß sie, da es sic bei ihr in erster Linie um "passiones naturales" handelt, mehr zu dieser gehört als zur Metaphysik.26) Wesel führt Gott als ersten Beweger ein, da zu einer vollkorn menen Wissenschaft eine vollständige Kenntnis der Ursachen der Dinee notwendig ist, auf diesem Wege kommt man zu Gott, der - 49 ~ "causa motuum aliorum orbium.,,27) Gott ist größer als das gesam- te Universum, weil er Himmel und Erde erschuf. Wesel betont Got- tes Erhabenheit über aller Kreatur. Das Verhältnisvon "generatio" und "forma" erörtert Wesel im Sinne des Aristoteles und das von "materia" und "forma".28) Bei der Frage, ob ein tatsächlicher Unterschied zwischen na- türlichen und künstlichen Dingen besteht, definiert der Autor zunächst die Begriffe "res naturales" und "res artificialeso,,29) Wesel verneint im Anschluß an Aristoteles diese Quästion. In die- sem Zusammenhang wird nicht bestritten, daß sich mit Hilfe der Alchimie auf künstlichem Wege Gold herstellen läßt, "quod habet colorem et pondus velut aurum.,,30) Die Natur bleibt in gewissen Grenzen. Es gibt keine Ungeheuer (monstra), weil die Natur nur das schafft, was sie häufig her- vorbringt. In der Natur gibt es keine unbegrenzten Größen, Körper und Linien. Zum Beweis führt Wesel die Begriffe "potestas ordina- ta" und "potestas absoluta" ein. Bei der ersten handelt Gott "ex determinatione sue voluntatis", bei der zweiten "ex mera liberta- te sue voluntatis." Die "potestas ordinata" bezieht sich auf die natürlichen Dinge, die "potestas absoluta" auf die göttlichen, Wesel fügt einschränkend hinzu: "simpliciter dicitur.,,3l) Gott ist in der Natur durch die "potestas ordinata" gebunden und schafft deshalb nichts Unbegrenztes. Wie in vielen anderen Dingen wiederholtWesel bei der Frage, was unter dem Begriff der "natura" zu verstehen sei, einfach die .Auffassung des Aristoteles. Die Begriffe: substantia, qualitas und quantitas werden be- handelt und gegeneinander abgegrenzt. Es gibt nach Aristoteles weder eine unpegrenzte Zahl von Prinzipien noch ein einziges. In Bezug auf die Qualitäten stellt Wesel die Frage, ob entgegenge- setzte Qualitäten in derselben Sache sein können, und zwar zur gleichen Zeit. Am Gegensatzpaar: Kälte und Wärme demonstriert er, daß die Quästion verneint werden muß.32) Bei der Besprechung der Quantitäten werden die Begriffe: Linie, Punkt, Breite, Tiefe und Höhe eingeführt. Die Linie ist die AUSdehnung in einer Dimension. Wesel zeigt den Unterschied zwischen Linien auf, die sich zu Kreis und Ellipse schließen kön-

nen, und solchen, die Strecken, die jedoch nicht unendlich sind, b, darstellen, Breite, Tiefe und Höhe können "realiter" nicht unter- - 50 - schieden werden, weil es sich bei diesen drei Dimensionen, mathe- matisch gesehen, um Linien handelt. Der Punkt entsteht nicht durch Teilung der Linien, kann nicht das Gegenteil, also eine Linie, die teilbar ist, werden. Einen breiten Raum nehmen die Erörterungen tiber die Bewegung, den eigentlichen Gegenstand der Physik, ein. Die Bewegung liegt nicht in dem Ding, das sich bewegt, sie wird vielmehr von außen herangetragen und vollzieht sich in dem Übergang von einem Extrem in das andere.33) Wesel zeigt die Beziehungen der Begriffe "pas- sio" und "actio" zu dem der Bewegung auf. "Generatio" und "cor- ruptio" sind keine Bewegungen, da diese Begriffe wesentlich auf die Materie anzuwenden sind.34) Wcsel meint, daß keine Verbindun- gen bestehen zwischen "motus" und "substantia", weil die Bewegung allein auf die Qualität, Quantität und den Ort gerichtet ist. Zeit und Bewegung hängen unmittelbar zusammen, denn "longus motus requiret longum tempus.,,35) Jede Bewegung vollzieht sich in der Zeit und wird von ihr gemessen. Bei der Zeit ist jeweils ein Zeitabschnitt das Maß einer anderen Zeit, dabei wird von der grö- ßeren Einheit auf die kleinere geschlossen.36) Durch die Zeit wird jedoch nicht alles gemessen, sondern allein die Bewegung. An sich ist keine Bewegung immerwährend, da aber "secundum veri- tatem fidei" es immer Zeit gibt, muß geschlossen werden, daß es auch immer BGwegung geben wird. Am Ende der Besprechung des siebenten Buches geht Wesel auf die Geschwindigkeitsregeln, die Aristoteles aufgestellt hat, ein. Diese Gesetze werden in zwei Formen dargebote~~ inhaltlich ist kein Unterschied, WGsel hält sich auch hier an die überlieferte Auffassung.37) Alle Bewegung geht auf die "prima causa vel deus" zurück, "que non movetur sed est immobilis", nachAristoteles ist dieser Satz einfach notwendig.38) Gott ist unbeweglich, er kann von kei- nem anderen bewegt werden, denn sonst wäre er nicht das "primum movens." Die Möglichkeit, daß Gott sich selbst bewegt, weist We- seI mit dem Hinweis ab, jede Bewegung bedürfe eines anderen als Bewegers. Das IIprimum movt;;ns"hat notwendiger Weise unbegrenzte Macht, anders wäre die unbegrenzte Bewegung auf Grund der end- losen Zeit nicht zu verstehen.39) Die letzte Quästion beschäftigt sich mit der Frage, ob Gott in Bezug auf die natürlichen Dinge an allen Orten zur gleichen - 51 - Zeit sein muß.40) Da Gott überall handelt -an der Bewegung der Himmelskörper macht Wesel dieses deutlich- müßte man annehmen, Gott sei auch gleichzeitig überall. Nach Aristoteles bezieht sich diese Ubiquität jedoch nicht auf die räumliche Gegenwart, sondern auf das Dabeisein im Blick auf sein Handeln und die Be- wegung. Mit dem Wunsch an seine Zuhörer, daß sie einst Teilhaber deJ ewigen Glückseligkeit werden möchten, und mit einem Lobpreis au: den Heiligen Geist schließt der Kommentar zur Physik des Aristo· teles. - 52 - 2. Die theologischen Anschauungen. (Der Kommentar zu den Sentenzen des Petrus Lombardus.)

Johann von W~sel beginnt seine Erläuterungen mit der Mittei- lung, Petrus Lombardus habe zur Ehre und zum Ruhm Gottes und der Auferbauung des Glaubens sein Werk herausgegeben.l) Im Verhältnis zu anderen Sentenzenkommentaren des 14. Jahr- hunderts und auch des 15. ist das Werk Johanns von Wesel in Form und Inhalt äußerst einfach gehalten. Wesel teilt bei der Auslegung des ersten Buches des Lombar- den zunächst, wenn er zu einer neuen Distinktion des Lombarden kommt, eingehend deren Inhalt mit.2) Bei dem zweiten und dritten Buch führt erdagegen oft sogleich in die Diskussion ein, die über die betreff8nde Distinktion in der Theologie entstanden ist, oder er stellt sofort Fragen, ohne auf den Inhalt der Distinktion des Lombarden näher einzugehen.3) Die zuletzt genannte Methode verwendet Wesel besonders bei der Engellehre, bei der einfach zu jeder Distinktion, die nicht weiter erklärt ist, eine Quästion gegeben wird. Bei den Fragen, die die Schöpfung betreffen, faßt der Autor sogar mehrere Distinktionen in einer Quästion zusammen. 4) Nach Stellung der Quästio legt Wesel die Meinungen dar, die zur Lösung der Frage von Bedeutung sein können.' Hier zieht Wesel Aristoteles, die Bibel, die Kirchenväter und die Auffassungen der scholastischen Theologen in die Diskussion hinein.5) Die Form der Conclusionen ist insofern in den Quästionen bereits vorgebildet, als entsprechend der Unterabteilung einer Quästion auch die Conclu- sion gegliedert ist. Die Conclusionen bestehen in dem Sentenzen- kommentar WeseIs aus zwei oder drei Teilen, sie werden nicht ge- schlossen mitgeteilt, sondern stückweise, damit sich jeweils so- gleich die Begründung anschließen kann.6) Am Schluß eines Ab- schnittes finden sich die Argumente, die gegen die betreffende Conclusion vorgebracht werden, undihre Widerlegung; die diese Einwände und die darauf gegebenen Antworten einleitenden sprach- lichen Wendungen entsprechen denen in dem Kommentar zur Physik des Aristoteles. Das erste Buch des Lombarden kommentiert Wesel am ausführlich- sten, aus den folgenden bringt er allein eine Auswahl des in den Sentenzen gebotenen Materials. Nur das Wichtigste der Dogmatik ist behandelt. Ein gewisses Interesse an den zu seiner Zeit be- sonders diskutierten Problemen hat die Darstellung des Stoffes - 53 - mitbestimmt.7) In dem Sentenzenkommentar wird wie in dem Kommentar zur Phy- sik des Aristoteles deutlich, daß geg~n Ende des Mittelalters selbst in Erfurt, obwohl es sich zur "via moderna" rechnete, die Schulgegensätze. stark verwischt waren. Johann von Wesel zieht Theologen aus allen Schulrichtungen zur Bekräftigung seiner Auf- fassungen heran. Anders als in seiner späteren Zeit,. in der die Bibel stark in den Vordergrund tritt , stellt Viesel die Ansicht des Aristote- les und die der Kirchenväter Hieronymus, Gregor von Nazianz, Dio- nysius Areopagita, besond~rs aber die Meinung Augustins gleich- berechtigt neben die Aussagen der Bibel. Der Autor entscheidet sich -trotz theoretischer Hochschätzung der Heiligen Schrift- in ihrer Verwendung in keiner Weise anders als seine Zeitgenossen. Von den scholastischen Theologen wird am meisten Thomas von Aquino zitiert; der Name dieses Gelehrten erscheint bei den Er- örterungen, die den Ausgangspunkt einer Conclusion bilden, aber auch in starkem Maße bei der Widerlegung von Einwänden. Für Jo- 8 hann von Wesel gilt Thomas durchaus als theologische Autorität. ) Es läßt sich jedoch beobachten, daß in den meisten Fällen dort die Auffassung des Aquinaten erscheint, an denen Wesel das all- gemein anerkannte Lehrgut der scholastischen Theologie mitteilt, über das keine heftigen Kontroversen bestanden. An zweiter St8lle steht die Autorität des Duns Scotus. In vielen Fragen: in Bezug auf den Gottesbegriff, die Versöhnung durch Christus und die Einteilung des Glaubens schließt sich We- seI diesem Theologen an. Häufig erscheint bei Abschnitten, die sich aus dem eintönigen Grau der Lehren der scholastischen Schul- theologie hervorheben und eine besondere Stellungnahme WeseIs ver- raten, der Name oder auch ungenannt die Auffassung des Duns Scotus In geringer~m Maße zieht der Verfasser andere scholastische ~heo1ogen in der Diskussion oder als Autoritäten hinzu. Wesel nennt: Anselm von Canterbury, Hugo von St.Victor (+ 1141), Richard von st.Victor, A18xander von HaIes (+ 1245), Bonaventura (+ 1274), den Verteidiger des Kurialismus und Schüler des Thomas Ägidius von Rom ( l3l6)~ den von Duns Scotus beeinf1ußten Duran- dus de S. Porciano, den Franziskaner Petrus Aureoli (+ 1;22), Nikolaus von Lira (+ 1340), der in seiner "Postille" eine im we- sentlichen fortlaufende Erklärung des Wortsinnes aller bibili- - 54 - sehen Bücher gab, und den Augustiner und gemäßigten Realisten Thomas von Straßburg.( + 1357) Weseis Bestreben geht dahin, die Schulgegensätze auszuglei- chen, zu vermitteln und möglichst viele Theologen bei dem Beweis der Conclusionen zu nennen. Der Autor ist nicht darum bemüht, eine besondere eigene Auffassung herauszuarbeiten und diese ge- gen die Auffassung anderer scharf abzugrenzen, sondern will viel- mehr in erster Linie das Lehrgut b+ingen, das von allen Schulen und allen Theologen anerkannt wird.9) Ähnlich wie in dem Kommentar zur Physik des Aristoteles be- rücksichtigt Johann von Wesel nur in geringem Maße die Auffassung der "via moderna"; es wird jedoch deutlich, daß der Autor sich zu dieser Schulrichtung bekennt, denn er spricht von "unserer" "via moderna"IO) und entscheidet sich an den Stellen, an denen er sie nannt, -einige Male sogar in ausdrücklicher Gegenüberstel- lung zur Auffassung des Thomas- für ihre Ansichten. Im Sinne der "via moderna" und damit im Anschluß an Wilhelm Ockam , dessen Na- me in dem Kommentar nicht erscheint, ist die ErbsUnden- und Gna- 'denlehre behandelt. In den philosophischen Fragen zeigt sich der Verfasser als Anhänger der "Modernen". Wesel vertritt die nominalistische Auf- fassung der Universalien. Die Ansicht Platons wird auf Grund der Autorität des Aristoteles und der heiligen Lehrer der Heiligen Schrift alsunmöglich abgetan.ll) Wesel entscheidet sich ausdrück- lich für die Lehre der "via moderna": Alles ist individuell und einzeln,12) die Allgemeinbegriffe werden in der Seele horvorge- bracht,13) hier liegt ein Abstraktionsvorgang vor.14) Wesel ist wie Ockam für eine möglichst große Beschränkung der Pluralitäten; an dieser Stelle srricht er sich ausdrücklich gegen die Auffas- sung der "via antiqua" aus, nennt aber die Anhänger des Duns Sco- tus noch gesondert für sich.15) Auch in anderen philosophischen Einzelfragen schließt sich Wesel den Lehren der "Modernen" an.16) Weseis Kommentar zu den ~entenzen des Lombarden ist ein Lehr- buch für Studenten, "nur das Allerwichtigste aus der Dogmatik soll dem hörenden bzw. lesenden Schüler'in möglichst handlich- knapper Form vorgesetzt werden. Es handelt sich um ein Schulbuch, einen Abriß, ur." die klare Übersichtlichkeit, die gewollte Knapp- heit auch der sprachlichen Form -fast in jedem Satz spUrbar- ist wohl der einzige Vorzug, den man diesem Spätwerk nachrühmen kann. - 55 - Aber mit einer unendlichen Masse gelehrten Ballastes ist zugleich auch der Geist ausgetrieben. Die Verwirrung des jugendlichen Hö- rers durch die Häufung kontroverser Meinungen und Autoritäten ist glücklich vermieden. Dafür reicht aber auch die Gelehrsamkeit des Verfassers kaum noch bis in jene Tiefe, wo die großen, prinzi- piellen Auseinandersetzungen anheben. Es ist -im ganzen- mehr auf eine Darlegung des unbestrittenen Gemeingutes aller Schulen, als auf eine ernste Erörterung und Lösung viel umkämpfter Probleme abgesehen. ,,17) Wesel unterscheidet im herkömmlichen Sinne zwischen "natura- lis sciencia" und "theologia". In der Theologie geht es um die geoffenbarten Geheimnisse Gottes, diese zu erfassen, bedarf es des Lrlaubens, das Licht der "naturalis sciencia" ist dagegen der "intellectus". Die Wahrheiten, die Gott direkt offenbart, werden in der Theologie von denen unterschieden, die die Gelehrten durch Schlüsse aus den Offenbarungstatsachen gewinnen. Im Gegensatz zu Wilhelm Ockam hält Wesel sich mit Thomas von Aquino an eine enge Verbindung von Theologie und PhilosoPhie,18) für viele Sätze läßt sich sowohl die Autorität der Theologen als auch die der Philosophen heranziehen.19) Die Theologie ist inso- fern eine spekulative Wissenschaft, als sie sich "de divina Gssen- tia et trinitate personarum" beschäftigt.20) Der spekulative Teil der Theologie ist wegen seines ausgezeichneten Gegenstandes der vollkommenste, -v/esel folgt bis hierher Thomas von Aquino2l)- -die Theologie ist aber auch oine praktische Wissenschaft, denn sie verhilft dem Menschen dazu, die Glückseligkeit zu erlangen.22) Die Dinge, die der menschliche V~rstand nicht erreichen kann, sind offenbart.23) Die Offenbarungen haben die Verfasser der Heiligen Schrift aufgezeichnet. Wes~l preist das Alte und Neue Testament als eine Schrift, die ohne Anfang und Ende ist, alle anderen Wissenschaften in sich schließt und keinen Makel der Falschheit hat. Auf das Verhältnis der Bibel zu den Symbolen und der Tradition geht der Autor nicht näher ein. In der Bibel nimmt der Verfasser einen vierfachen Schriftsinn an.24) Mit Duns Scotus unterscheidet Wesel zwischen "fides infusa" und "fides acquisita". Wie der genannte Theologe beruft sich der Verfasser dabei auf die Autorität der ~eiligen Schrift.2S) Der Glaube hat keine Beziehung zur Rechtfertigung, denn die Gnade, die die Rechtfertigung bewirkt, richtet sich nicht auf den - 56 - Glauben, sondern auf den Willen, da die Sünde etwas Willentliches ist. So wie der Wille durch die eingegossene Liebe oder Gnade er- neuert wird, so der Intellekt durch den eingegossenen Glauben.26) Der Glaube ist nach Wesel ausschließlich Erkenntnis, in erster Linie Erkenntnis Gottes. Bei dem Gottesbegriff, den Wesel in dem Sentenzenkommentar entwickelt, sind die Meinungen verschiedener scholastischer Theo- logen, besonders die des Thomas von Aquino und die des Duns 8co- tus ineinander gearbeitet. Im Gegensatz zu Duns Scotus und Ockam hält Johann von Wesel mit Thomas an der Möglichkeit, das Dasein Gottes zu beweisen, fest.27) Die Offenbarung vermittelt zwar die Kenntnis der Trini- tät und der Menschwerdung Gottes'; auf natürlichem, das heißt auf philosophischem Wege, gelangt man dagegen zu dem Wissen von Gott als der ersten Ursache aller Dinge,28) auch läßt sich durch die natürliche Wissenschaft erweisen, daß Gott nur Einer sein kann, "quia plurima prima esse est impossibile".29) Im Blick auf Gott gibt es verschiedene "obiecta"; entsprechend dem lTegenstand, der untersucht werden soll, beschäftigt sich entweder die Philosophie oder die Theologie mit demGottesbegriff. Einen grundsätzlich wertmäßigen Unterschied gibt es nicht, denn es ist der eine Gott, das, was Aristoteles als "primum ens" definiert, nennt die Theo- logie "dGus". Mit Thomas von Aquino bezeichnet Wesel Gott als rei- ne Aktualität.30) Gott~s Sein ist ferner, wie bei dem Aquinaten, reines Denken, ist Intellekt.31) Der stark rationalistische Zug des Thomis~us, der in der Theologie des Spätmittelalters vielfach von dem voluntaristischen abgelöst wird, herrscht also in der Gottesvorstellung Wescls noch vor. Im Anschluß an Duns Scotus unterscheidet der Autor zwischen der "potentia absoluta" und der "potentia ordinata" und zieht diese Begriffe an vielen Stellen in die Diskussion hinein.32) Die "potentia absoluta" spielt in WeseIs Denken jedoch keine ent- scheidende Rolle. Gottes Handeln und sein Wille ist nicht gegen das "Gesetz", was Wesel näher darunter versteht, wird nur schwer deutlich" wahrscheinlich denkt er daran, daß Gott nicht gegen sein Wesen und besonders seine "bonitas" handeln kann, denn in dem Folgenden spricht der Autor davon, Gott tue nichts Ungerech- tes.33) Dem Verfasser des Kommentars geht es besonders darum, die - 57 - Erhabenheit und Unumschränktheit Gottes zu erweisen, hier tritt, abweichend von den Aussagen, in denen der Intellekt bei Gott für das Primäre gehalten wurde, der göttliche Wille stark in den Vor- dergrund. Gottes Wille ist auf keine andere Ursache zurückzufüh- .ren, er ist keiner Notwendigkeit unterworfen, er ist sich selbst Gesetz,34) Da Gott an nichts gebunden ist, tritt der Gedanke der "acceptatio" und der der "ordinatio", die allein von Gott ausge- hen, hervor. Von dem Handeln der Menschen läßt Gott sich nicht bestimmen, ein Akt ist deshalb nicht aus sich, sondern nur dann verdienstlich, wenn die göttliche Gnade zugegen gewesen ist.35) Auch die Aussage WeseIs über die Prädestination nimmt hauptsäch- lich von dem Gedanken an die Alleinwirksamkeit Gottes ihren Aus- gang. Die Prädestination definiert Wesel als eine Regelung, durch die einem Menschen in diesem Leben die Gnade und in der Vollen- dung die H~rrlichkeit geschenkt wird.36) Der freie, erwählende Wille Gottes ist als der Beweggrund dieses HandeIns anzusehen.37) Weil Gott wirkt, dürfte es unmöglich sein, daß einer, der prä- destiniertist, verdammt werden oder einer, der verworfen ist, ge- rettet werden könne.38) Sollte dieses wirklich der Fall sein, so .liegt es nach Meinung des Verfassers nicht an der besonderen mo- ralischen Leistung des betreffenden Menschen, sondern allein wie- derum an Gottes Freiheit, in der er einen einmal gefaßten Ent- schluß wieder verwerfen kann. Dieses Tun Gottes ist nach WeseIs Auffassung, trotz scheinbarer Willkür, indem sie dem einen das Heil, dem anderen die Pein zuerteilt, gerecht.39) Wesel urteilt in der Frage, die Prädestination betreffend, so scharf wie Duns Scotus und Wilhelm Ockam; auch nach diesen Theologen hat die Er- wählung keinen Grund auf Seiten des Menschen, sie geschieht von Ewigkeit her und ist nicht umzuwerfen.40) Es handelt sich hier um "eine theologische Konsequenz aus dem Gottesbegriff".41) Auf der anderen Seite bezeichnet Wesel jedoch die Glückseligkeit der Er- wählten als Lohn für ihre MÜhen.42) Über die Stellung Christi zu Gott dem Vater und das Verhält- nis der beiden Naturen lehrt Wesel kirchlich korrekt. Aus freiem Willen nahm Christus den sterblichen Leib an. Das Verdienst Chri- stitritt zurück, auch steht sein Sterben wenig im Mittelpunkt sei- ner Versöhnungslehre.Dsr Autor bezweifelt,daß Christus zu einer besonderen Zeit mehr yerdiente als zu einer anderen,denn Christus - 58 - hatte immer die gleiche Gnade, die ihm von Anfang an verliehen war.43) Christus erwarb nicht die "prima gratia" für die Men- schen, weil diese nicht wegen eines Verdienstes, sondern ganz umsonst gegeben wird.44) Auch die Kraft der Sakramente hat ihren Grund mehr in dem "Gesetz" und "Vertrag" Gottes als in den Wer- ken Christi.45) Als positive Aussage über die Bedeutung Christi ist in erster Linie die anzusehen, daß Christus als Gott und Mensch der Mittler zwischen Gott und der menschlichen Kreatur wurde.46) Wesel sieht Christus wesentlich als den Geber des neu- en Gesetzes, den Lehrer der Gerechtigkeit und den Offenbarer der Liebe Gottes. Im Anschluß an Duns Scotus lehnt Johann von Wesel die Not- wendigkeit der Errettung des Menschengeschlechtes durch die Pas- sion Christi ab. Der Auffassung des Anselm von Canterbury stellt er die des Duns Scotus entgegen. Wesel beruft sich wie Scotus auf eine Stelle in Augustins "De trinitate" XIII,lO.47) Ein an- derer Weg zur Befreiung der Sünder alsder des genugtuenden Leidens des Herrn wäre möglich gewesen.48) Gott hätte ohne Satisfaktion, indem er einfach die Schuld nicht anrechnete, dem Menschen verge- ben können, es war aber Gottes Anordnung, den Tod Christi als Mittel der Erlösung anzunehmen. Handeln oder Leiden einer anderen reinen Kreatur hätten von Gott, da bei ihm kein Ding unmöglich ist, in gleicher Weise als ausreichende Genugtuung akzeptiert werden können.49) Die zuletzt ausgeführten Gedanken WeseIs über das Werk Christi stammen ebenfalls von Duns scotus.50) Die Frage vom Ausgang des Heiligen Geistes vom Vater und vom Sohn behandelt Wesel im Verhältnis zu anderen Problemen sehr aus- führlich. Scho~ in seiner Erfurter Zeit scheint er also, wie in seinen letzten Jahren, an diesem theologischen Problem lebhaft interessiert gewesen zu sein. Der Autor folgt hauptsächlich den Erörterungen des Lombar- ~ den.51) Im Anschluß an diesen Theologen bezeichnet er die, die den Ausgang des Heiligen Geistes vom Sohne leugnen, als "haereti- ci".52) Wesel referiert die Etnwände, welche die griechisc~e Kir- che gegen das "filioque" vorbringt. Die erste Entgegnung der· Griechen stützt sich auf die "veritas fidei in evangeliis"; denn nach Joh.15,26 geht der Heilige Geist allein vom Vater und nicht vom Sohne aus.53) Zum zweiten war auf den ersten vier großen Konzilien, zu Nicäa, Konstantinopel. Bphesus und Chalcedon, die - 59 - unter dem Vorsitz von Päpsten stattfanden, von dem Ausgang des Heiligen Gc!stss vom Vater allein die Rede. Als letzte Erwide- rung der Griechen führt Uesel an, in dem Symbol des Papstes Leo (III.), das dieser in eine "tabula argentea" eingraben ließ, laute es ausd~ckIich: "~piritus sanctus a patre procedit".54) Die Behauptungen der Griechen widerlegt Wesel im Sinne des Petrus Lombardus, nach dessen Auffassung das "filioque" nicht im Gegen- satz zu dem "a patre" steht, sondern es vielmehr ergänzt. Die weitere theologische Erörterung des "filioque" gründet sich einerseits darauf, daß dem Sohne durch die Zeugung die gleiche Macht gegeben ist wie dem Vater, 55) und daß es sich bei diesen beiden Personen der Gottheit um ein Prinzip handelt.56) Auf der anderen Seite entfaltet Johann von Wesel einen zuerst von Wilhelm von Auvergne und dann von Bonaventura übernommenen Gedanken: es handelt sich bei dem Heiligen Geist um die Liebe, mit der sich Vater und Sohn gegenseitig lieben.57) Abgesehen von dem lebhaften Interesse, welches Wesel bei der Frage nach dem "filioque" zeigt, deutet nichts aufseine spätere zu dieser Lehre der römischen Kirche gegensätzliche Stellung hin. In der Lehre von der Schuld und Erlösung des Men~chen werden neben vielen Gedanken, die Wesel aus der thomistischen Theologie übernahm, die Einflüsse der Spätscholastik deutlich. Bei den Problemen, die den Zustand des Menschen vor dem Fall betreffen,folgt der Autor dem Aquinaten: Gott·konnte den Men- schen nicht unsterblich erschaffen, "quia omne mixtum naturaliter ll 58 est corruptibile • ) Christus, der wie die Menschen vor dem Fall ohne Sünde war, nahm aus freien Stücken den menschlichen Leib an und stellte sich mit diesem zugleich unter die Notwendigkeit, sterben zu müssen.60) Hätte man ihn nach WeseIs Meinung nicht ge- tötet, so wäre er im Alter gestorben.6l) In der Frage, ob die ersten Eltern vor der Todsünde läßliche Sünden begehen konnten, entscheidet sich der Autor für Thomas von Aquino, Ägidius von Rom und Thomas ·von Straßburg gegen die Auffassung des Scotus und des Nikolaus von Lira.62) Bei der Quästion, ob Gott einen vernunftbegabten Menschen für immer sünd- los erschaffen konnte, stellt sich Wesel gegen Duns Scotus auf die Seite des Tho~as.~3) Der Autor verneint sie, da nach ThomaS in dem Begriff der "ratio" zugleich der der Freiheit dessen, der sie besitzt, eingeschlossen ist. Mit Alexander von HaIes und - 60 - Bonaventura hingegen behauptet WeseI, Adam habe vor dem Fall durch die natürliche Gerechtigkeit, ohne die "gracia gratum faciens" zu besitzen, die Möglichkeit besessen, a:llen Sünden auszuweichen und moralisch gute Werke zu verrichten.64) Johann von Wesel wendet sich in dem Sentenzenkommentar gegen die Auffassung der Erbsünde als "concupiscentia". Unter Berufung auf Anselm von Canterbury bestimmt er die Erbsünde als "carentia iusticie originalis". Die Erbsünde ist nicht ein Verderbnis des· Menschen, das ihm angeboren ist, sie liegt auch nicht im Willen, sie kann nicht positiv umschrieben, sondern nur negativals Feh- len der natürlichen Gerechtigkeit bestimmt werden. Dieser Mangel ist in dem Sinne schuld, wie man zuweilen das Fehlen eines guten Werkes Sünde oder Schuld nennt.65) Allein Adam und Eva besaßen die natürliche Gerechtigkeit; durch den Sündenfall, das heißt nach dem weseIsehen Verständnis, durch eine TatsUnde, ging ihm diese verloren. Gott hat nun festgelegt, daß alle nach Adam die "iusticia originalis", wenn dieser sie verlieren würde, nicht mehr haben sollten.66) Wesel referiert hier die Auffassung des Wilhelm Ockam, ohne diesen ausdrücklich zu nennen. Nach Meinung dieses Theologen will Gott, daß die Menschen yon ihm allesamt wegen einer Tat, die einer ihrer Vorfahren begangen hat, nicht aczeptiert werden.67) Mit ihm, Anselm von Canterbury, Duns Scotus und seinen Schülern steDX Wesel also die physische Vererbung in Abrede.68) An die Stelle der "concupiscentia" tritt in gewissem Grade der "fomes peccati". Unter ausdrücklicher Berufung auf die "via mo- derna" gegen die Aussagen Augustins und die der "antiqui" behaup- tet der Autor, er beträfe einen Zustand, der nicht in der Seele, sonderm im Leibe des'l1enschen seinen Sitz habe.69) Bei dem "Zun- der der Sünde" handelt es sich um eine natürliche Lust des Affek- tes in Bezug auf seine Objekte, insofern jene die Neigung in sich tragen, Intellekt und Willen gegen Vernunft und göttliche Vor- schrift zu bewegeno70) Der IIfomespeccati" war schon vor dem Sün- denfall vorhanden, wurde damals aber von dt::r"iusticia originalis" im Zaum gehalteno Weil der "fomes peccati" als ein natürliches Be- gehren anzusehen ist, kann er nicht als Sünde bezeichnet werden oder a.ls ihre Bestrcfung, jedoch läßt er sich als "Zunder der Sün- 7l de" definieren1 da aus ihm oft die Sünde erwächst. ) Mann kann sogar sagen, aus dem Zunder der Sünde entstehe die Erbsünde. Die - 61 - Aussagen über den "fomes peccati" stehen wie die Erbsündenlehre in der Schultradition des Ockamismus.72) Während man in der Zeit nach Ockam in der von ihm bestimmten Theologie in Bezug auf die Erbsündenlehre zum Thomismus hin ten- dierte, wie es beispielsweise bei Gabriel Biel gesChah,73) hielt Wesel an der scharfen Leugnung der Erbsünde als etwas Seiendem fest. Es bedurfte nur einer Ubersteigerung ockamistischer Gedan- ken, und Wesel gelangte, indem er den "fomes peccati" ausschied, zu einer völligen Leugnung der kirchlichen Erbsündenlehre. Sünde ist für Johann von Wesel in erster Linie Tatsünde, denn alle Sünde ist willentlich.74) Der Autor teilt, wie die an- deren scholastischen Theologen, in läßliche SUnden und Todsünden ein, diese beiden Arten sind voneinander völlig verschieden, des- halb kann aus einer läßlichen keine Todsünde erwachsen.75) Die menschliche Natur ist wegen des Fehlens der natürlichen Gerechtigkeit und der Tatsünden der Glückseligkeit nicht wert. Gottes Wille, die Menschen zu erretten, erforderte nun, daß von Gott etwas gegeben wird, eine "bonitas", durch'die der Mensch in die Lage versetzt wird, sieh den Lohn für das ewige Leben zu ver- dienen.76) Diese übernatürliche Gutheit ist die Liebe oder "gra- cia creata", durch welche das Geschöpf "formaliter" gut wird und würdig, sich das zu erwerben, was es aus sich zu verdienen nicht fähig ist.77) Jedem, der die Gnade besitzt, wird sodann "ex con- digno" die Glückseligkeit verliehen.78) Die Liebe hat ihren Sitz in der Seele, deshalb ist sie nicht fühlbar, da alles das, was in der Seele ist, nicht empfunden werden kann. Durch die Fähig- keit, moralisch zu leben, oder durch Kundgebungen Gottes kann ein Mensch erfahren, ob er im Besitz der "caritas" ist. Die Gnadenmitteilung kann, insofern die Gnade die Sünde ver- nichtet, als Rechtfertigung verstanden werden, denn ein Mensch wird dadurch ungerecht, daß er gegen Gott sündigt, durch die Gna- de aber gerecht, weil sie die Sünde aufhebt.79) Die konkrete Bedeutung für den Menschen hat die Gnade in zweifacher Hinsicht. Die Gnade wirkt in der Taufe und hebt dort bei den Kindern die "carentia iusticie originalis" auf, damit zugleich die Strafe, die auf dem Menschen lastet. Die qnade ist gleichsam das Äquivalent für die fohlende natürliche Gerechtig- keit, aber dazu noch nützlicher als diese, weil durch die Gnade der Mensch in den Stand versetzt wird, sich das ewige Leben zu - 62 - verdienen.80) Gott könnte auch die Erbsünde ohne Eingießung der Gnade durch bloße Nichtanrechnung der "carentia" vergeben.81) Die erste Gnade vermag sich kein Mensch selbst zu verdienen, 82) Gott schenkt sie. Die zweite Gnade wird dann durch die erste erworben. Die Aufgabe der Gnade besteht darin, auf den Willen zu wirken und durch diesen verdienstliche Werke hervorzubringen.83) Von seiner Gottesvorstellung her bestimmt kam Wesel zu einer scharfen Ablehnung der Beteiligung des Menschen bei dem Erlangen der Gnade. Gott wirkt alles, nur er vermag den Menschen zum Gna- . denempfang fähig zu machen, Wesel folgt hier Thomas von AQuino.84) Ockamistisch ist. die Auffassung bei WeseI, Gott könnte auch ohne Gnadenmitteilung die Schuld vergeben.85) Während Johann von Wesel an einigen Stellen die Möglichkeit, sich die Gnade aus eigener Kraft zu verdienen, leugnet, lassen andere Aussagen WeseIs das "facere quod in se est" der spätscho- lastischen Theologie durchscheinen; Gott ist nach Wesel bereit, die Gnade zu geben, wenn der Mensch nur moralisch gut handelt.86) Schon von dem Sentenzenkommentar her ist die Auffassung abzu- lehnen, Johann von Wesel habe in einer besonderen Weise auf. Augustin zurückgegriffen. Die Erbsündenlehre stand, ohne daß die- ses jetzt schon direkt ausgesprochen wird -später schreckt Wesel davor nicht zurück-, in scharfem Gegensatz zu der Auffassung des großen Kirchenvaters. In der Gnadenlehre scheinen gewisse Anklän- ge an Augustin vorzuliegen, da ihre Alleinwirksamkeit hervorgeho- benwird, jedoch spielt auf der anderen Seite in dem theologischen Denken WeseIs auch das "meritum" eine bedeutsame Rolle, die Aus- sagen in dieser Richtung sind nicht schärfer als die der bedeuten- den Theologen der Hochscholastik, von einem Einfluß der Neu- augustiner ist nichts zu spuren.87) Nach Johann von Wesel sind die Akte, die in dem natürlichen Willen des Menschen ihren Ursprung haben und als moralisch zu be- zeichnen sind, von denen verschieden, die verdienstlichen Charak- ter haben, weil die Gnade mitwirkte, Trotz dieser Einschränkung bleibt ein weites Feld für das menschliche Handeln, Der Mensch muß nach den Kardinaltugenden leben, sie sind notwendig zur Erlan- gung des ewigen Lebens.88) Im Anschluß an Duns Scotus bespricht Wesel diese und teilt sie wie üblich ein; sie sind zusammengefaßt in der Liebe. An dem Beispiel der Feindesliebe zeigt der Autor _. auf, daß es verdienstlicher ist, eine Handlung durchzuführen, die - 63 - schwieriger ist als eine andere, die nicht so viel Mühe bereitet. Die eigene Leistung des Menschen, sein eigenes Streben und Kön- nen kehrt Wesel in besonderer Weise hervor, wenn er behauptet, es sei ruhmvoller, den Lohn -es ist an die ewige Glückseligkeit zu denken- auf Grund eines Verdienstes als ohne ein solches zu erhalten.89) Zu meiden hat der Mensch die läßlichen Sünden und die Tod- sünden. Zu den letzteren gehört alles, was ausdrücklich durch göttliche Vorschrift verboten wurde; veniale Vergehen sind solche, die nur indirekt verboten sind.90) In seinen Ansatzpunkten ist Wesel völlig dem mittelalterli- chen Denken verhaftet, indem er wie alle anderen scholastischen Theologen und auch ein großer Teil der Häretiker das Christentum im wesentlichen als ein neues Gesetz faßte und verstand. Das christliche Leben vollzieht sich in erster Linie an und in den göttlichen Vorschriften, deshalb zeigt Wesel den Unterschied zwi- schen dem Alten und Nauen Testament darin auf, daß das Alte Testa- ment "precepta moralia, cerimonialia et iudicalia" enthalte, das N€ue dagegen allein nur "precepta moralia".91) Erst an zweiter Stelle sagt der Autor, das Neue Testament habe viele wirksame Hilfsmittel gegen die Sünde, und seine Lehre sei mehr als die des Alten Bundes entfaltet. Der Ablauf der verschiedenen Zeitabläufe wird dadurch unterschieden, daß in den jeweiligen.Zeitabschnitten ein anderes Gesetz herrscht, nachdem die Zeit von Adam bis Mose als die der Natur bestimmt wurde.92) Starke innere Anteilnahme läßt der Autor bei der Behandlung der Frage nach der unbefleckten Empfängnis Mariae deutlich wer- den, denn er greift dieses Problem als einziges aus denen der III.Distinktion des III.Buches heraus.93) Ausführlich spricht Wesel davon, in welcher Weise Maria als Mutter Gottes anzusehen ist. :Mit Petrus Lombardus und Duns Scotus entscheidet er sich für die "immaculata conceptio".94) Ohne Namen zu nennen, führt Wesel die Auffassungen Bonaventuras und des Tho- mas an, nach denen Maria mit der Erbsünde behaftet sei, weil an- derenfalls Christus nicht Erlöser aller Menschen ist und Röm.5,12. seine Gültigkeit verlierEn würde. Diese Einwände gegen die "imma- culata conceptio" werden widerlegt. Da Maria nie die Erbsünde be- saß oder den Trieb zum Sündigen infolge der Gnade und geistlichen Gaben hatte, wird das Fest der Empfängnis der glorreichen Jungfrau - 64 - 95) zu Recht gefeiert.

.-~-~,; .. In demselben Augenblick, als dem Leibe die Seele eingegossen wurde, war Maria voller Gnaden. Wesel gibt zu, daß sich in Maria der "fomes peccati" befand, dieser ist aber natürlich und jedem Menschen eigen.96) Die überströmende Gnadenfülle hat aber jede Sünde, die aus dieser Naturanlage entspringen konnte, verhindert. Der Anlage des Sentenzenwerkes des Petrus Lombardus entspre- chend fand Wesel nur geringe Gelegenheit, in seinem Kommentar zu den ersten drei Büchern auf die Lehre von den Sakramenten und Fragen der kirchlichen Praxis einzugehen. Nur einige wenige Äuße- rungen lassen sich anführen. In der Bußlehre folgt Wesel den Anschauungen des Duns Scotus. Der sündige Mensch kann sich zum Empfang der Gnade durch die "attricio" vorbereiten, besitzt er diese, gibt Gott durch die Gnade die "contricio" und zerstört die sünde.97) Die "attricio'" ist die geeignete Disposition zur Rechtfertigung.98) Im Gegensatz zu seiner späteren Zeit erkennt Johann von Wesel die Lehre vom Schatz der überschüssigen Werke der Kirche an. Er spricht im Zusammenhang mit den Vorteilen, die das Neue Testament gegenüber dem Alten besitzt, davon, die Menschen des Neuen Bundes besäßen viele Verdienste der Heiligen, welche diese jedoch nicht für sich, sondern für uns erwarben, aus deren Werken sei der Schatz der Kirche gesammelt.99) In einer anderen Frage zeichnet sich dagegen schon WeseIs spätere Haltung ab. Wie in dem Gutachten für den Kartäuser übt er bei deÄ Erörterung der Kontinenz Zurückhaltung. Eine Stelle in Sap.8,21 ist nach Wesel nicht dahin zu verstehen, daß alle Enthaltsamkeit von Gott geschenkt wird. Das'Bibelzitat ist allein auf die verdienstliche Keuschheit anzuwenden, welche niemand be- sitzt, wenn s~e. ~Ihm ni eht db"urch Gottes Gnade gege en ware.'100) Die Gnade steht nicht am Anfang aller Kontinenz, sondern tritt erst später als Lohn hinzu und macht sie dadurch zu einem "meri- tum". Über das Papsttum äußert sich Wesel bei der Aufzählung der vier ersten ökumenischen Konzile, in deren Lehrentscheidungen das "filioque" nicht erwähnt wird. Wesel berichtet, es gäbe eine dop- pelte Kirche, die occidentale Kirche und die des Orients, beide sind nach den Zeiten der Apostel unter einem höchsten Bischof ge- gründet. Die vier Kirchenversammlungen sind eine Uachahmung der - 65 - vier Konzile, die die Apostel unter dem Vorsitz des heiligen Petrus, dBr gleichsam oberster Priester war, abhielten.IOl) Dieser Äußerung zufolge scheint Johann von Wesel keine Kritik an der Sonderstellung des Papstes als geistlichenLeiter der Kirche und seinen Anspruch, oberstes Haupt sowohl der abendlän- dischen als auch der griechischen Kirche zu sein, geübt zu haben. Auch bei der Mitteilung des Lehrentscheides des Papstes Leo I. auf dem Konzil zu Chalcedon die Christologie betreffend, wird nichts davon gesagt, daß der oberste Bischof zu solchen Handlun- gen von Gott keine Befugnis habe.102) Johann von Wesel stellt die Quästion, ob durch magische Künste Einfluß auf die sichtbaren Dinge genommen werden könne. In diesem Zusammenhang erörtert er die Astrologie. Diese "ars magical! kann im Grunde nur von Dämonen oder Göttern ausgeübt werden, da diese allein in der Lage sind, vorauszuschauen.I03) Johann von Wesel legtdie Prinzipien der Astrologie dar, die verschiedenen Zeichen, Konjunktionen und die veränderliche Stel- lung der Planeten zueinander. Die sterne besitzen verschiedene Eigenschaften und üben unterschiedlichm Einfluß aus.104) Da durch diese Himmelserscheinungen das Zukünftige bestimmt wird, sofern es den Kausalgesetzen unterworfen ist, und der Teu- fel aus der Erfahrung um diese gesetzmäßigen Zusammenhänge weiß, kann er dem Menschen durch die Magie dieses geheimnisvOlle Wissen vermitteln.' Wesel spricht diese Auffassung nur gewunden und we- nig'deutlich aus, er ist wenig von dieser Kunst überzeugt. Nach WeseIs späterer Auffassung, die in seinem Traktat gegen die Astrologie zum Ausdruck kommt, vermögen der Teufel und die Dämo- nen Voraussagen über die Handlungen, die auf Grund des freien Willens geschehen, nicht zu machen. Entscheidend für den Autor ist das Verbot jener Künste wegen der Abgötterei, die in ihnen ist.I05) - 66 - Ill. Kapitel. Die Anschauungen Johanns von Wesel als Prediger in Worms und Mainz.

1. Die Schuld und Erlösung des Menschen.l) a. Die Schuld des Menschen.

Der Zustand vor dem Fall. Die Leiber der ersten Menschen waren aus sich heraus sterb- lich, sie trugen die Möglichkeit des Vergehens in sich.2) Nach Gen.3,19 sagte Gott zu Adam, er sei Staub und werde dahin wieder zurückkehren. Der Tod ist daher etwas Natürliches, er hängt mit der entsprechenden Beschaffenheit des Körpers zusammen, die vor dem Sündenfall keine andere war als nach diesem.') Den ersten Eltern gab Gottaber ein Geschenk, das nicht im Wesen der Natur seinen Ursprung hat, ein "donum superadditum", welches ~ie Gelehrten als die natürliche Gerechtigkeit bezeich- , nen.4) Die "iusticia originalis" befand sich in Seele und Leib; wäre sie nur in der ersteren, bestände die Schwierigkeit, deut- lich zu machen, in welcher Weise die natürliche Gerechtigkeit auf das Fleisch wirken und seine Neigungen und Handlungen bestim- men würde.5) Daß aber die "virtus moralis" zuerst und hauptsäch- lich in der vernünftigen Seele anzunehmen ist, darf darauf ge- schlossen werden, daß die natürliche Gerechtigkeit dort in erster Linie ihren Sitz hat, in welcher sie durch häufige Akte des Wil- lens zu einem "habitus" wird. Die Gabe der natürlichen Gerechtig- keit bewirkt in der Seele Vollkommenheit im Blick auf Einsicht, Weisheit, Wissen und Kunst. Für den Leib bedeutet dieses Geschenk Gottes die Bewahrung der Gesundheit, Erneuerung der Jugend und Verwandlung des irdischen Körpers in einen geistigen, ohne durch den Tod hindurchgehen zu müssen.6) In Bezug auf beide ~eile des Menschen veranlaßte die natürliche Gerechtigkeit die Aufhebung des Gegensatzes von Geist und Fleisch, das Fleisch begehrte nicht gegen den Geist und umgekehrt der Geist nicht gegen das Fleisch. In der Diskussion über die Frage, ob die "gracia gratum fa- ciens" den Menschen in ihrem Zustande vor dem Fall verliehen wor- den war, stellt sich der Domprediger auf die Seite derer, die ab- lehnen, daß den ersten Eltern diese Gabe geschenkt war. Er beruft sich auf einen Abschnitt aus der Schrift "De correptione et gratia" des Kirchenvaters Augustin und zitiert sie.7) - 67 - Die Erbsünde. Während Johann von Wesel in seinem Sentenzenkommentar die kirchliche Erbsündenlehre in ockamistischen Formeln vertrat und am "fomes peccati" festhielt, nimmt der Domprediger in seinem Traktat über die unbefleckte Empfängnis Mariae und das Wesen der Erbsünde eine Haltung ein, die eine völlige Ablehnung dieser so wichtigen Lehre der römischen Kirche bedeutet. NachWesel teilt man die Sünde gewöhnlich in "peccatum origi.- nale" und peccatum actuale". Es ist aber gewiß, daß die Heilige .Schrift, die doch sehr oft Sünden erwähnt, nicht auf die beiden Arten zu sprechen kommt. Augustin ist vielleicht der erste der heiligen Väter, der diese Unterscheidung aufbrachte, ihm sind viele Gelehrte gefolgt. Der Autor kennzeichnet die Auffassung derer, die an der augustinischen Erbsündenlehre festhalten. Diese meinen, die Kin- der hätten sich die Erbsünde von ihren Eltern zugezogen und diese wieder von ihren Vorfahren, bis die Reihe bei Adam und Eva endet. Diese Gelehrten sind der Überzeugung, bei dem "peccatum originale" handle es sich um etwas Wirkliches, das auf die Kinder übertragen wird. Es gibt aber auch andere, die derErbsünde keine Realität zuerkennen, sie ist nach deren Auffassung vielmehr das Fehlen der natürlichen Gerechtigkeit. Wesel rechnet sich zu dieser Gruppe, weil er sagt: Die Erbsünde ist nichts.8) Die Beweise für die Richtigkeit seiner Auffassung tritt der Domprediger in folgender Weise an: Alles, was irgend etwas ist, ist entweder Gott oder Kreatur. Es kann aber nicht gesagt werden, daß die Erbsünde Gott sei, da daraus folgen würde, daß sie das höchste Gut, das erste Sein, die erste Ursache, das beste Ziel usw. sei.9) Die Erbsünde kann nicht als Kreatur bezeichnet werden, da alle Kreatur Gottes nach 1.Thim.4,4 gut ist. Keiner wird be- haupten, "peccatum originale esse bonum, ymmo orones dicunt malum". 10) . Weitere Argumente WeseIs sind wie das erste rein rationaler Art und mit spitzfindiger, scholastischer Dialektik vorgetragen. Da die Erbsünde weder Substanz noch Akzidenz ist, ist sie nichts. Daß sie keine Substanz ist, ist offenbar; Akzidenz ist sie nicht, weil sie keinem Dinge anhängt. Wäre sie im Fleisch, wäre sie etwas Materiales und Ausgedehntes. Wenn sie sich in ihm befände, in dem keine Seele ist, würde das unheseelte Fleisch sün- digen; das sagt aber niemand, da alle Sünde willentlich aufgcfaßt - 68 - wird. DaB "peccatum originale" hat ferner seinen Sitz nicht in der Seele, sfuist nicht zugleich mit dieser geschaffen noch spä- ter hinzugekommen. Das erste widerspräche der Ehre Gotte~, weil Gott nicht Urheber eines übels sein kann, das zweite verneint der Autor, denn die Sünde, die die Seele aus sich hervorbringt, ist allein die aktuale. Eine dritte Beweiskette läuft auf die Feststellung hinaus, daß es absurd sei zu sagen, Gott sei der Urheber der Erbsünde.ll) Mit folgenden Worten zieht Johann von Wesel den Schlußstrich unter seine Argumente gegen die kirchliche Erbsündenlehre: "Ex hoc probata sequitur, quod parvuli non contrahunt originale pec- catum a parentibus proximis"oI2) .Wie früher in seinem Sentenzenkommentar glaubt der Dompredi- ger auch hier, daß das Fehlen der natürlichen Gerechtigkeit der Erbsünde gleichzusetzen sei. Weil die ersten Eltern vom Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen aßen und damit ein göttliches Ge- bot überschritten, sündigten sie und verloren die "iusticia ori- ginalis". Deshalb entbehrt das ganze Menschengeschlecht der na- türlichen Gerechtigkeit, weil dieses damals allein die ersten Eltern bildeten.13) Den Kindern haftet, auch wenn sie nicht sün- digen würden, der Verlust der natürlichen Gerechtigkeit an. Wenn dieser Verlust auch nicht etwas Reales ist, so ist er doch allen Menschen von Adam und Eva überkommen. Wenn nach der Ursache gefragt wird, aus welchem Grunde die Kinder, die geboren werden, die "iusticia originalis" nicht be- sitzen, kann nichts Passenderes geantwortet werden als: der Ge- ber der natürlichen Gerechtigkeit hat auf Grund seiner absoluten Freiheit denen das nicht verliehen, was er nicht wollte~ Dieses 1st die entscheidende Ursacheo Gottes Wille war der Grund, wes- wegen Adam die natürliche Gorechtigkeit besaß, er ist auch der Anlaß dafür, daß die anderen, die nach Adam kamen, sie nicht be- sitzen.14) Der-göttliche Wille also und nicht das Handeln der Eltern ist das Bestimmende bei dem Fehlen der natürlichen Gerech- tigkeit bei de~ Kindern. Wesel wendet sich besonders gegen die Auffassung Augustins, nach der die Erbsünde den Kindern durch die Zeugung vermittelt wird. Der Kirchenvater zieht Epho2,3 IIEramusnatura filii ire" zur Bekräftigung seiner Behauptung heran, "natura" wird in die- sem Zusammenhang interprc;tiert als "conceptione ex concubitu - 69 - viri et mulieris" ..15) Die eheliche Gemeinschaft ist der Grund, warum der, der empfangen ist, Sohn des Zorns genannt wird. Wesels Auffassung zufolge stimmt die Erklärung des heiligen Augustin mit der Wahrheit des angeführten Apostelwortes nicht überein, weil der Beischlaf keine Sünde ist und keine in den Kindern be- wirkt.16) Der Apostel Paulus, das deutet Wesel jedoch nur an, hat diese Auffassung in 1.Kor.7,28 und 36 vertreten. Auch in Gen ..l,28 und 9,1 wird nach WeseIs Meinung der "concubitus" nicht als Sünde angesehen. In der ersten Stelle gibt Gott den Menschen vor dem Fall den Auftrag, sich zu mehren und die Erde zu füllen, dieses konnte jedoch nicht ohne eheliche Gemeinschaft geschehen. Nach der ersten Sünde fand keine Umwertung des "con- cubitus" statt, denn Gott erteilt nach Gen.9,1 Noah und seinen Söhnen den gleichen Befehl.17) - Johann von Wesel drückt seine Stellungnahme gegen die Erb- stindenlehre und damit einen gewichtigen Zweig der kirchlichen Tradition am schärfsten mit den Worten aus: "Unde si nullus um- quam doctorum confinxisset hoc vocabulum 'peccatum originale', nihilominus salvarentur in veritate orones scripture fidei et sacre".18) Äußere Einflüsse auf die Entstehung der weselschen Auffas- sung von der Erbsünde sind nicht festzustellen. Wie der Senten- zenkommentar zeigte, steht Wesel in dieser Frage in der ocka- mistischen Tradition. Der Begriff der Erbsünde war dort durch Ausscheidung der "concupiscentia" bereits äußerst eingeengt und stand in der Gefahr, verloren zu gehen; man ließ ihn jedoch we- gen der Autorität Augustins, und weil man sich sonst dem Ver- dacht der pelagianischen Häresie ausgesetzt hätte, nicht fallen. Johann von Wesel führte die Gedanken Ocka~s konsequent zu Ende, er ließ den "fomes peccati" beiseite und stellte sich bewußt de:!' Auffassung Augustins entgegeno Das Bemühen, seine Aussagen allein im Sinne der Heiligen Schrift zu entfalten, tritt bei diesem Problem nur wenig"in Erscheinung; die wesentlichen Beweise We- sels zur Unterstützung seiner Ansicht sind von der Vernunft be- stimmt und in rein logischen Gedankenreihen vorgetragen.19) Da Wesel in Bezug auf die Gnadenlehre in seiner Wormser Zeit andere Wege als die der "via moderna" beschritt, tritt bei der Leugnung der Erbsündenlehre das ockamistische Motiv, durch Zurüokdrängung des Gedankens an die erbliche Belastung-von Adam her, die Wil- - 70 - lensfreiheit und Verantwortlichkeit des Menschen zu sichern, zurück. 20) Eine ähnliche Erweichung des Sündenbegriffes wie bei Wesel findet sich bei Wessol Gansfort und Johann Pupper van Goch, "bei ihnen ist vermutlich das mystische Motiv, die Unverträg- lichkeit der positiven Sündenbefleckung des Menschen mit dem Gedanken der Gotteinigung am stärksten wirksam gewesen".2l) Nach Goch ist die Erbsünde "nichts Positives, nichts furchtbar Reales".22) WesseI Gansfort faßt die Sünde im Sinne des Abstan- des von der Vollkommenheit aUf.23) Nähere Beziehungen zwischen den Gedanken dieser Niederländer und denen WeseIs bestehen nicht. Wesel predigte öffentlich über diesen Gegenstand; nach Wie- gand Wirt lebten um 1500 noch Menschen in Worms oder Mainz, die WeseIs Bekämpfung der Erb~ündenlehre miterlebt hatten.24) Des Dompredigers Leugnung der Erbsündenlehre kam in dem Ketzerprozeß zur Sprache. Am ersten Tage fragte der Inquisitor den Angeklag- ten, ob er geglaubt, geschrieben oder gepredigt habe: es gibt keine Erbsünde bei den Kindern, die bereits im Mutterleib empfan- gen sind. Die Antwort lautete: Es ist keine vorhanden. Am zweiten Tage des Verhörs legte man ihm dieselbe Frage vor, Wesel beharrte jedoch bei seiner Meinung.25) Das Inquisitionsgericht wußte au~- führlich um WeseIs Ansichten, da der Traktat gegen die Erbsünde den Richtern vorlag.26) WeseIs Auffassung als häretisch zu erweisen und zu verdammen, wurde den Ketzerrichtern nicht schwer, da man sie als pelagiani- sche und julianische Ketzerei einordnen konnte. Unter den Sätzen, die Wesel öffentlich im Dom zu widerrufen hatte~ befand sich einer, der den behandelten Gegenstand betraf.27

Die Tatsünden. Da seit dem Traktat über die unbefleckte Empfängnis Mariae und das Wesen der Erbsünde von 1470 in WeseIs theologischem System die Erbsünde keine Bedeutung mehr hatte, kam er in seiner Disputation gegen den Ablaß von 1475/76 gar nicht mehr auf sie zu sprechen, sondern gab allein eine grundsätzliche Bestimmung der Sünde, soweit sie Tatsünde ist. In dem Traktat gegen die Erbsünde betont YJesel, daß man von Sünde nur in der Mehrzahl sprechen kann, deshalb wird in Joh.l,29 der Plural verwendet, die gleiche Erscheinung zeigt der Dompredi- - 71- ger an l.Joh.2,16 auf, der Apostel zählt dort auf: Begierde des Fleisches, der Augen und ein hoffährtiges Leben.28) Wesel definiert die Sünde formal als Überschreiten der Ge- ll 29 setze Gottes oder "gegen das Gesetz Gottes sein • ) Der Sünder ist ein Schuldner und Übertreter, er ist ungerecht, verliert die Gerechtigkeit und wird ein Knecht des Teufels. Die formale Seite der Sünde ist aber vom Menschen aus nicht immer zu erkennen, denn nicht alle wissen, welche Handlungen Gott erlaubt, und welche er verboten hat. Wesel kommt zu dieser Auffassung, da er wie Duns Scotus und Ockam gegen eine Meinung ist, die etwas für an sich gut oder böse halten will.30) Eine Tat 'ist nach Auffassung dieser Theologen'und der WeseIs allein ein Übel, weil sie Gott verbot.31) Inhaltlich läßt sich die Sünde als Rede, Tat und Begehren bestim- men, dieses kann der Mensch erfassen, jedoch bedeutet das noch nicht, daß er von dem gesetzwidrigen Charakter dieser Akte Kennt- nis besitzt. Nur dann, wenn der menschliche Wille mit dem göttlichen über- einstimmt, ist der Mensch rechtschaffen und ohne Sünde.32) Bei den Tatsünden unterscheidet Wesel zwei Arten. Es ist et- was anderes, wenn ein Mensch gegen einen Menschen oder gegen Gott sündigt; der Domprediger beruft sich dabei auf 1.Reg.2,25. Schä- digt beispielsweise einer einen anderen an seinem Leib oder Gut, bedeutet diesesSünde gegen einen Menschen. Sünde gegen Gott kann dagegen, wi~ Wesel an einem Einzelbeispiel zeigt, darin bestehen, daß einer durch sein Verhalten dafür Sorge trägt, andere daren zu hindern, Gott die schuldige Ehre zu geben.33) Die Entscheidung darüber, ob etwas als Todsünde zu gelten hat, trifft nach WeseIs Meinung allein die Bibel, nicht der Papst oder die Konzilien.

Die Strafen für die Sünden. Die Kinder, die vor der Taufe sterben, werden bestraft, denr- ~ sie befinden sich noch in dem Zustand der "carentia iusticie ori- ginalis", in dem sie wegen des Fehlens der Gnade, die Gott erst in der Taufe eingießt, keine guten Werke verrichten und sich das ewige Leben nicht verdienen konnten. Wegen des Mangels an guten Werken also werden die Kinder verdammt. Ihre Strafe besteht aber im wesentlichen in der Vorenthaltung der ewigen Glückseligkeit. Dieser Zustand bedeutet für sie keine "pena sensibilia", denn - 72 - die Kinder sind noch nicht mit vollkommener Vernunft begabt und wissen nicht, daß sie wegen des Fehlens der Gnade die Glückselig- keit entbehren; da sie also von diesem Zustand der Seligen keine Kenntnis haben, empfinden sie darüber, daß er ihnen selbst nicht zuteil geworden ist, keinen Schmerz.34) In der milden Bestrafung äußert sich die Gerechtigkeit Gottes, denn diese fordert die "pena sensibilis" für die allein, die wil- lentlich sündigten; Wesel entnimmt diese Be.ha.~,_,..I;u:rgaus dem Wort Sap.ll,17: "Per que quis peccat, per hec te torqueretur". Ausführlicher spricht Wesel von den Strafen, die Gott über diejenigen Menschen verhängt, die sich auf Grund ihres Vernunft- besitzes gegen die Sünde entscheiden konnten. Die Verdammnis ist allgemein gesprochen "carentia boni", aus ihr erwächst die Strafe. Unter den Gütern, die dem Menschen ver- lorengehen, sind die zunächst zu nennen, die den ersten Eltern durch die natürliche Gerechtigkeit gegeben waren, Krankheit, Alter, Tod und Feindschaft zwischen Geist und Fleisch ziehen in die Menschen ein. In der Sünde gibt es nun zweierlei: Schuld und Strafe. Die Sünde besteht nicht aus beiden, wie ein Ganzes aus Teilen, son- dern die Sünde ist Schuld mit Strafe verknüpft, nicht absolut, sondern in Bezug auf die Zurechnung, die eine Beziehung auf das fibel ist. Als Beweis für diese Unterscheidung dienen Wesel die Worte aus Luk.lO, 7b und Matth.5,22.35) Wesel trennt zwischen SChuld und Strafe wegen ihrer verschiedenen Behandlung durch Gott. Gott vergibt in seiner Barmherzigkeit die SChuld, als Schrift- beweise gelten WeseI: Exod.32,34; Num.14,2l-23; Deut.32,35.36) Ferner erläßt Gott durch die Gnadeneingießung die ewige Strafe, denn so wie der Menach durch eine Todsünde der Verdammnis schul- dig wird, so wird er durch die Gnade des ewigen Lebens würdig. Es ist für Wesel jedoch eine Frage, ob der Mensch auch von der zeitlichen Strafe befreit wird.37) Der Domprediger glaubt, eine negative Antwort geben zu müssen: Die Strafe, die Gott auf Grund seiner Gerechtigkeit festgelegt hat, bleibt trotz Erlaß der Schuld bestehen. Wesel entnimmt diese Auffassung aus folgen- den fachverhalten. In 2.Sam.l3,l2 ff wird von einer großen SUndo~ die der König David beging, erzählt. Diese Sünde, sofern sie Schuld war, vergab Gott, die Strafe aber'blieb, sie bestand in dem von Gott angedrehten Tode des Kindes.38) Au.ch aus dem Ncuo:l - 73 - Testament kann man entnehmen, daß viele nach Empfang der Gnade große Leiden zu erdulden hatten. Als Beispiele führt der Dompre- diger Jesus selbst an, ferner Petrus und Paulus im besonderen, und die anderen Apostel. Aus der Heiligen Schrift ist nicht deutlich zu ersehen, ob sie diese Leiden für begangene Sünden zu ertragen hatten. Gott vermochte auch, als er die Gnade gab, die Apostel von den zeitlichen Strafen befreien; es ist jedoch zweifelhaft, ob Gott dieses tat. Bei Jesus kann nicht gesagt werden, er habe sich seine Leiden auf Grund von Verfehlungen zu- gezogen, denn von ihm steht fest, daß der Zorn Gottes nicht auf ihm ruhte.39) Wenn Gott um seiner Gerechtigkeit willen die Strafe nicht erläßt, kann er jedoch eine verhältnismäßig geringe Strafe als hinreichend für große und viele Sünden annehmen. Daß das der Fall ist, zeigt der Schächer am Kreuz, bei dem der Schmerz des Herzens über die begangenen Sünden und die Todesstrafe als Sühne für alle Sünden genügte. Konkret bestehen die Strafen für die Sünden in den Leiden, die der Mensch erdulden muß. Außer den leiblichen Beschwerden auf dieser Erde, wie Krankheit und Alter, ist der zeitliche Tod nach Gen. 2,17 eine Strafe für die Sünden. Wenn Gott mit der Gnadeneingießung zugleich die zeitlichen Strafen erlassen würde, brauchte der Mensch in diesem Zeitalter keine genugtuende Buße zu leisten, ferner wäre die Annahme eines Fegefeuers in der Zukunft unbegründet.40) Der Domprediger er- weist die Existenz eines solchen Ortes aus folgenden Erwägungen: Da die Strafenfür die Sünden nicht erlassen werden und die irdi- schen Leiden zur Sühnung nicht ausreichen, ist das Vorhandensein eines Purgatoriums, wo die Vergehen gegen Gott und den Nächsten gesühnt werden können, und zwar völlig, notwendig. Auch aus der Heiligen Schrift meint er, das Fegefeuer beweisen zu können. Der Kerker, von dem in Matth.5,25.26 die Rede ist, bezieht sich nicht auf die gegenwärtige Weltzeit, sondern auf die zukünftige, es ist unter ihm auch nicht die Unterwelt, sondern das Fegefeuer ·zu verstehen.41) Aus der Wendung in Matth.12,32, die Sünde wider den Heiligen Geist werde nicht vergeben "neque in hoc seculo neque in futura" 42) schließt der Domprediger auf eine Vergebung der Sünden in der zukünftigen Welt, die im Purgatorium geschieht. Nach 1.Kor.3,11-15 weiß der Apostel von einem Reinigungsfeuer, - 74 - in welchem ein Sünder Schaden erleidet und dennoch gerettet wird.43) Johann von Wesel faßt wie die meisten Scholastiker das Fege- feuer als Strafe für veniale SUnden, die mit physischem Schmerz- empfinden und Seelenqual verbunden ist, es handelt sich um Til- gung von Vergehen, die der Mensch in diesem Leben beging.44) WesseI Gansfort will dagegen von Satisfaktionen im Fegefeuer nichts wissen, es hat keinen genugtuenden, sondern einen lä~- ternden Zweck.45) Das Purgatorium ist als ein Mitteleustand zwi- schen dem irdischen Leben und der ewigen Seligkeit gedacht und kann als Paradies bezeichnet werden.46)

b. Die Erlösung des Menschen. Die Gnadenlehre. Die Errettung des Menschen, die Vergebung der SUnde kreist bei WeseI, wie bei allen mittelalterlichen Theologen, und wie es in seinem Sentenzenkommentar geschah, um den Begriff der Gna- de. Gott gibt dem Sünder diese Gabe, er macht ihn dadurch gerecht und schafft ihm die Möglichkeit, sich das ewige Leben zu verdie- nen. Da Johann von Wesel die ErbsUndenlehre bestreitet, kann er die Taufe nicht als Aufhebung der Erbsünde ansehen. Die erste und eigentliche Wirkung der Taufe besteht in der gejstlichen Erneuerung,· die er wegen des Herrnwortes in JOh.3,5 als "regene- ratio" bezeiChnet.l) Bei diesem Akt beseitigt Gott durch die "gratia gratum faciens" den Verlust der natürlichen Gerechtig- keit; denn so wie Gott im Alten Testament barmherzig gegen die handelte und seine Gnade gab, die beschnitten wurden, so verhält er sich gegen die, die zur Taufe gelangen.2) Weil Wesel sich je- doch nicht in Gegensatz zum Nicänischen Symbol stellen will, in dem er heißt: "Confiteor unum baptisma in remissione peccatorum," läßt er als zweite und allgemeine Wirkung der Taufe die Verge- bung der Sünden zu, äußert sich aber nicht darüber, wie diese näher zu interpretieren sei, da die unmündigen, noch nicht ver- nunftbegabten Kinder nicht sündigen können. Die Gnadenmitteilung, die auf eine andere Weise als durch die Taufe zu dem Menschen gelangt, ist dagegen in erster Linie Vergebung der SÜnden.3) Wesel folgt hier Wilhelm Ockam, der die Gnadeneingießung in besonderer Weise als Erlaß der SUnden be- - 75 - zeichnet.4) Ob der Mensch aber die Gnade besitzt oder nicht, kann nach Wesel mit Sicherheit nicht festgestellt werden. Der Umfang dieser Sündenvergebung ist folgender: Gott ersetzt durch die Gnade die dem Menschen nach dem Fall fehlende natürliche Gerechtigkeit. Weiter erläßt Gott in seinem Erbarmen die Schuld. Eine Vergebung dieser beiden gibt es in der kommenden Welt nicht mehr, sie besteht allein auf Erden. Ferner vergibt Gott die ewi- gen Strafen ..Die zeitl:i..ohenStrafen, wie Krankheit, Alter, Tod und die Leiden im Fegefeuer müssen erduldet werden. Die zweite Wirkung der Gnade besteht darin, daß der Mensch in die Lage versetzt wird, sich das ewige Leben zu verdienen. Wenn auch die zeitlichen Strafen durch die Gnade nicht vergeben werden, führt Wesel an dieser Stelle aus, so ist sie dennoch vollkommen, da sie die ihr gemäße Bestimmung erfüllt, nämlich den Menschen in den Zustand zu versetzen, sich die ewige Glück- seligkeit zu erwerben.5) Der Erfüller des göttlichen Gesetzes ist dann wegen der Gerechtigkeit, die ihm durch die Gnade ver- liehen wird, ein Gerechter.6) Der Domprediger stellt in seinem Ablaßtraktat heraus, daß die Gnadenmitteilung im wesentlichen von dem Willen Gottes ab- hängig ist.7) Nach Mark.2,7 und Jes.43,25 gibt Gott allein die Gnade. In überspitzten Formulierungen vertritt Wesel diesen Stand- punkt in dem Ketzerverhör, dort bekennt er: Gott könne dem Men- schen die Gnade mitteilen, ohne daß dieser irgendetwas dazu zu tun brauche, ein Beweis dafür ist ihm die Bekehrung des Paulus, die ohne willentliche Beteiligung des Apostels geschah. Gott kann jedem Menschen die Gnade geben, auch dann, wenn er nicht tut, "quod in se est,,_8)Der Mensch vermag nichts oder nur wenig zu vollbringen, durch die Gnade Gottes allein werden die Auser- wählten seligo Die Errettung eines Menschen verhindern die Prie- ster weder durch Verdammung noch durch Exkommunikation; wenn auf der anderen Seite alle Priester, der Papst und andere das .... Heil eines Menschen wollen, der verlorengehen soll, wird er doch nicht erlösto9) Obwohl diese Aussagen WeseIs starke Anklänge an augustini- sche Wendungen zeigen, kann nicht an ein tieferes Verständnis des Dompredtgers in Bezug auf die augustin:J_scheGnadenlehre gedacht werden, als man es auch sonst in der scholastischen - 76 - Theologie vorfindet~ Nichts in den weseIsehen Schriften deutet darauf hin. Dagegen findet sich in den Schriften Puppers van Goch und WesseI Gansforts eine bewußte Hinwendung zu augustinischen Ideen, bei ihnen ist die Betonung der "sola gratia" von dieser Grundla- ge her zu verstehen.lO) , Bei Wesel entspringt der Gedanke von der besonderen Wirksam- keit Gottes bei der Gnadenmitteilung seiner Gottesauffassung. Von der Betonung der absoluten Macht und Ehre Gottes aus ist WeseIs Ansicht zu verstehen, daß Gott ohne Verdienst und ohne viel Zutun des Menschen die Gnade gibt. Es würde der Allmacht und Majestät Gottes widersprechen, wenn Gott nicht allein das Lob hätte, sondern daneben noch, wenn auch in geringerem Maße der Mensch, der durch sein Verdienst einen Teil zur Erlangung des Heils beitrug. Wesel hat sich nicht immer so radikal wie im Ketzerverhör geäußert, er tat es nur, um sich entschieden gegen die abzu- setzen, die an einem "Verdienen" der Gnade festhielten. Die eigentliche Meinung WeseIs ist, daß der Mensch beim Empfang der Gnade nicht völlig passiv sein soll, das "facere quod in se est" der ockamistischen Theologie bleibt bestehen; denn wenn,Gott die Gnade auch ohne vorhergehendes Verdienst gibt, gie~er sie denen nicht ein, die sich dagegen stellen, sondern solchen, welche, soviel an ihnen liegt, sich auf ihren Empfang bereiten.ll) Der Begriff des "meritum" spielt in dem Denken WeseIs trotz der besonderen Betonung der Gnadenmitteilung durch Gott eine wichtige Rolle. Die Gnade setzt den Menschen in den Zustand, sich das ewige Leben zu erwerben. Es gibt aber Handlungen, die verdienstlicher sind als andere, zu ihnen gehört die Keuschheit. Die "BeSChnittenen", die sich aus freien Stücken um des Heils willen enthalten, sind zu belohnen, wer sich dagegen am Leibe beschneidet, der hat keinen Lohn, denn im Anschluß an Sirach 31,10 ist der zu loben, der das Gesetz überschreiten kann, es aber nicht tut, der Böses anrichten kann und es unterläßt.12) Wesel warnt den, der Enthaltsamkeit gelobte, sich und seinen Leib so zu vernachlässigen, daß er sterben könnte. Er sagt: "Si cessat pugna, que est meritoria, cessabit victoria, que est coronanda".13J - 77 - Das Bußsakrament. Der konkrete Vollzug der Gnadenmitteilung und der Sündenver- gebung geschieht neben der Taufe im wesentlichen wie bei Duns Scotus durch das Bußsakrament. Von der Taufe ist in diesem Zu- sammenhang bereits die Rede gewesen. (s.S.74) In allen Zeiten war und ist, wie das Gesetz Moses' und die Evangelien zeigen, für die Erwachsenen Buße und Vorbereitung auf die Gnade notwendig.14) Als Zeugnis der Schrift gilt WeseI: Lev.5,4; Luk.5,32; 15,10, Act.2,28. Auf welche Weise der Mensch sich bereiten soll, damit er die Gnade empfängt, lehrte Gott durch seine Gesetze, zuerst durch das im Innern offenbarte Ge- setz, zweitens durch das Gesetz, das Moses auf Tafeln gegeben, und drittens durch das Gesetz des Evangeliums, das von Christus gepredigt und von seinen Aposteln verkündigt wurde. In allen Schriftstellen wird die Buße als willentlicher Schmerz für begangene Sünden bezeichnet, dieses ist die ange- messene Disposition für die Vergebung der Sünden.15) Die Mitteilung der Gnade Gottes im Bußsakrament führt Wesel auf einen Vertrag Gottes mit der Kirche bzw. den Priestern zu- rück. Der Domprediger folgt hier den Scotisten und OCkamisten.16) Die Gewalt gab Gott durch einen göttlichen Pakt, wenn auch die Evangelien davon nichts sagen, ist es jedoch nicht unglaublich, daß Gott dieses Werk auf wunderbare Weise zustande brachte. Den Priestern wurde die Sündenvergebung auf Grund von Joh.20,23 auf- getragen. Der Geistliche kann aber ohne Gottes Hilfe die Los- sprechung effektiv nicht vollziehen, die Vergebung durch die Priester ist deshalb ein gewisser sakramentaler Dienst,l7) Die Geistlichen sind auf Grund der Schlüsselgewalt Diener und Ver- teiler der Geheimnisse Gottes, sie können beim Bußsakrament lösen und binden, aber sie haben diese Gewalt "non principalem sed minister.:~em".l8) Daß Wesel dieses ausd~ücklich betont, zeigt, wie er bedacht ist, den Unterschied zwischen dem Handeln Gottes und dem der Priester herauszustellen. Den Dienst der Priester als "ministeriale" zu bezeichnen begegnet auch sonst in der scholastischen Theologie, beispiels- we i ee bei Petrus Lombardus, aber auch bei Wiclef und Hus , dort haben diese Ausführungen eine Spitze gegen die Herrschaft der Priester. In diesem Sinne ist wohl das zu verstehen, was Wesel zu diesem Punkte sagt.l9) - 78 - Im Gegensatz zu den Thomisten behauptet Wesel mit Ockam, im Bußsakrament sei keine übernatürliche Kraft wirksam, denn die Ehre Gottes zwingt ihn zu der Auffassung, daß Gott die Gnade auf Grund seines freien Willens gibt.20) Als weiteres Zeugnis für die Richtigkeit seiner Behauptung gilt ihm die Definition des Sakramentes bei Augustin: Es ist die sichtbare Form der unsichtbaren Gnade. Wesel ist es ferner nicht verständ- lich, daß eine Handlung, welche der Natur, der Beschaffenheit und dem Subjekt nach unterschieden ist, eine einzige Kraft in sich haben könne.21) Wenn nun der Priester als Diener Gottes in der vorgeschrie- benen Ordnung und mit der rechten Intention beim Bußsakrament dabei ist, die Worte spricht: "Ego te absolvo etc."und dem Büßenden die Hände auflegt, bewirkt Gott in demselben Augenblick als der ursprünglich Vergebende auf Grund des geschlossenen Pak- tes von sich aus die Sündenvergebung. Mochte Wesel die Beteili- gung des Geistlichen beim Bußsakrament auch noch so zurückdrän- .gen, praktisch blieb der priesterliche Dienst unentbehrlich. Der Domprediger drang nicht wie die Hussiten zu der Auffas- sung durch, daß das Bekenntnis des Herzens vor Gott und nicht ,,22) vor Mensch en genuge. WesseI Gansfort spricht, beeinfluß von Scotisten und Ocka- misten, auch von einem "pactum sacramentale",23) betont jedoch ausdrücklich beim Bußsakrament die Vergebung von zeitlichen und ewigen Strafen.24) Die Hauptsache bei der Buße ist, was sich im Innern der Menschen vollzieht. Wesel gebraucht an keiner Stelle die Termini "attritio" und "contritio"; da diese Worte fehlen, ist schwer zu sagen, ob er mit Duns Scotus die unvollkommene'Reue für genügend hielt oder mit Ockam meinte, daß die "contritio" auch notwendig sei.25) Folgende Erwägungen führen zu dem -Schluß, daß Wesel mit Duns Scotus die "attritio" bei der Buße für ausreichend ansah. Bei den Theologen, die die "contritio" betonen, wurde kein besonde- rer Wert auf die Absolution gelegt, denn die Rechtfertigung ge- schah hauptsächlich schon vor dieser in der "contritio". Da bei WeseI, wie es scheint, die priesterliche Lossprechung das ent- scheidende Moment ist -trotz aller vorgebrachten Einschränkungen- und nicht so sehr das, was bei dem Büßenden vor sich geht, dürf- te Wesel -wie Duns Scotus- die "attritio" für genügend betrach- - 7.9- tet haben.26) Der Domprediger behielt in dieser Frage also den Standpunkt bei, den er bereits in seinem Sentenzenkommentar eingenommen hatte. (s.S.64)

Der Ablaß. Innerhalb der mittelalterlichen Kirche bestand neben dem Bußsakrament noch eine andere Möglichkeit, von den zeitlichen Sündenstrafen befreit zu werden, und zwar durch den Ablaß. Jo- hann von Wesel hat neben WesseI Gansfort in seiner Zeit am stärk- sten gegend:£seEinrichtung der römischen Kirche Sturm gelaufen und eigens über diese Frage einen Traktat verfaßt. Wesel geht von folgender Definition des Ablasses aus, die, wie er meint, • die verbreiteste ist: Der Ablaß ist der Erlaß zeitlicher Stra- fen für die Tatsünden.27) Wesel sah diese Lehre der römischen Kirche so, wie sie wirklich war, er übertrieb nicht, indem er beispielsweise dem Ablaß den Erlaß aller Sündenstrafen unter- schob, um seine Angriffe wirksamer gestalten zu können. Nach Thomas von Aquino, dem die meisten scholastischen Theologen folgten, handelt es sich bei dem Ablaß um die Nachlassung zeit- licher Sündenstrafen, d. h. der kanonischen und derer, die im Fegefeuer abgebüßt werden müssen.28) Zunächst wendet sich Wesel gegen das Ablaßwesen mit Berufung auf die Schrift und die Lehrer der Alten Kirche. Der Traktat be- ginnt mit folgenden Sätzen: Wir lesen die Predigten Jesu Christi, des Sohnes des lebendigen Gottes, die in de~ Evangelien durch die Schreiber Jesu Matthäus, Markus, Lukas und Johannes aufge- zeichnet sind. In diesen sind die meisten Geheimnisse des Heils und vielleicht alles, was zur Rettung notwendig ist, enthalten, es geschieht dort keine Erwähnung der Indulgentien, schlechthin oder mitbestimmten Zusätzen in Bezug auf die Menge , die Zeit, die Anzahl der Sünden und Strafen. Dann predigten die Apostel Christi und schrieben Briefe, aber nie werden in diesen die Ab- läasse genannt.29) Die Heilige Schrift, von der geglaubt wird, sie sei vom Heiligen Geist inspiriert, spricht an keiner Stelle von den Ablässen. Wesel führt dann weiter aus, daß viele Kir- chenväter, wie Gregor von Nazianzl Basiljusvon Cäsarea, Athana- sius, Chrysostomus, Ambrosius, Hieronymus, Augustin und Johannes Damascenus, die doch vieles geschrieben haben, das in der Ki+che anerkannt wird, den Ablaß nicht erwähnen. Erst in der Zeit, als - 80 - die Dominikaner und Franziskaner aufkamen" begannen bedeutende und ausgezeichnete Männer. und Doktoren, sich mit den Indulgen- tien zu beschäftigen,30) sie brachten es aber nicht zu einer einheitlichen Meinung. Johann von Wesel widerlegt verschiedene Theorien, mit denen die Anhänger der Lehre von den Indulgentien diese begründen wol- len. Als Hauptvertreter der Ablaßlehre nennt Johann von Wesel Thomas von Aquino, Petrus von Tarentaise und Franziskus Mayro- nis. 31) . Über die Frage, ob zeitliche Strafen erlassen werden, ist bereits gehandelt worden. Da in diesem Bereich keine Vergebung geschieht, ist auch der Ablaß, der nach der gegebenen Definition zur "remissio poenae temporalis" dient, sinnlos. Johann. von Wesel wendet sich gegen die Auffassung des Aqui- naten und anderer Scholastiker, die Fülle der Verdienste Christi und der Heiligen sei der Grund, weswegen die Kirche Ablaß geben könne. Diese Theologen meinen, die Verdienste Christi und der Heiligen seien in dem Schatz der Kirche gesammelt und würden an die ausgeteilt, die in der Liebe ständen und der Vergebung be- dürften. Sie bezeichnen den römischen Bischof als Verwalter die- sesSchatzes. Wesel meint, er habe gegen diese Lehre viele und wirksame Argumente. Der Schatz ist nach WeseIs Auffassung nicht auf Erden zurückgelassen; der Schriftbeweis findet sich Apc.14, 13 "Opera enim illorum sequuntur illos".32) Die Werke, die die heiligen Männer Gottes taten, sind für sie, weil sie in der Gna- de standen, ein Verdienst. Da diese Taten nur für die Heiligen selbst Bedeutung haben, befinden sie sich dort, wo diese auch sind. Daß die Heiligen für andere etwas verdienen könnten, müßte ihre Ursache in Gottes Willen haben, und Gott würde allein das Recht besitzen, diese Verdienste zu verteilen. In der Heiligen Schrift ist nichts von einem derartigen Vertrag, den Gott mit den Menschen abgeschlossen haben sollte, zu entdecken. Wesel bestreitet überhaupt die Möglichkeit der Recompensa- tion der Leiden und Strafen eines Sünders durch die eines Un- schuldigen. Diese These ist auch besonders auf Christus anzuwen- den: weil Gottes Gerechtigkeit es verbietet, sühnte Christus nicht stellvertretend für die Menschen. Wesel wendet sich gegen zwei weitere Ansichten der Schola- stik: einmal den Ablaß aus der Schlüsselgewalt der Priester zu - 81 - erklären, zum anderen sich auf die Jurisdiktionsgewalt und Auto- rität der Kirche, des Papstes und der Priester zu berufen. Seine Gegner sind der Auffassung, aus der Schl~sselgewalt sei die Gewalt über die Ablässe abzuleiten. Die Macht, zu lösen und zu binden, von der in Matth.16,19 die Rede ist, bezieht sfuh nach der Meinung des Dompredigers nur auf das Erlassen und Be- halten von Sünden beim Bußsakrament.33) An den Stellen, an wel- chen in der Bibel das Wort "indulgentia" auftaucht, steht es für Vergebung der Schuld.34) Weil der Priester bei der Buße nur "mi- nisterialiter" beteiligt ist, kann er nur im göttlichen Auftrag wirken; das bedeutet im Blick auf die Ablässe: der Geistliche vermag keine zeitlichen Strafen vermittels der Indulgentien zu vergeben. Von der Jurisdiktionsgewalt der Kirche oder des Papstes sprechen ausdrücklich weder das Alte noch das Neue Testament. Es ist kindlich zu meinen, aus dieser Gewalt stammten die Ab- lässe. Die Jurisdiktion der Geistlichen kommt aus dem Heidentum und ist im Evangelium verboten.35) Da Wesel entgegen der herrschenden Auffassung seiner Zeit die These vertritt, die Kirche, sofern sie nicht Kirche Christi ist, könne irren, und von diesem Teil, der nicht irrtumslos ist, seien die Ablässe eingeführt worden, besteht keine Möglichkeit, die Indulgentien durch die Autorität der Kirche zu begründen.36) Nachdem Wesemhauptsächliche Erwiderungen auf die verschie- denen Thesen, die Indulgentien zu rechtfertigen, dargestellt worden sind, gilt es nun zu zeigen, was er abschließend zum Ab- laß sagt: Nach seiner Auffassung ist der Ablaß ein frommer Be- trug, welcher der Kirche mehr schadet als nutzt. Bei diesem Satz, daß es sich bei den Indulgentien um "piae fraudes " handelt, fUhrt der Domprediger als Gewährsmann den Pariser Petrus Cantor an, der diesen Ausdruck im Blick auf die Ablässe gebraucht haben soll.37) Eine solche Bezeichnung ist deshalb zu rechtfertigen, so meint WeseI, weil die Gläubigen zu heiligen Orten wallfahren~- Almosen für fromme Zwecke geben, Geld stiften, damit Kirchen ge- baut und Kriege gegendie Ungläubigen durchgeführt werden. Sie haben den Glauben, durch diese Leistungen Ablaß'zu erhalten, d. h. von den Strafen für ihre Sünden befreit zu werden und nicht lange oder überhaupt nicht in das Fegefeuer zu kommen. Da sie in diesem Glauben getäuscht werden, handelt es sich um einen - 82 - Betrug. Einen gewissen Wert und Nutzen der Ablässe, wenn auch nicht im ursprünglichen Sinne, gibt Wesel zu, denn die Werke, die die Gläubigen in Verbindung mit den Indulgentien verrichten, sind in Bezug auf Erlangung des ewigen Lebens und Vermehrung des Ruhms verdienstlich.38) Manche Wendungen in dem weselschen Ablaßtraktat erinnern an Aussage~, die Durandus de St. Prociano, der WeseI, wie der Sen- tenzenkommentar zeigt (s.S.53), bekannt war, in dem 4. Buch sei- ner Erläuterungen zu den Sentenzen des Lombarden macht. Nach Durandus kann wenig Gewisses über die Ablässe gesagt werden, da die Bibel nicht ausdrücklich von ihnen spricht.39) Ambrosius, Hilarius, Augustinus und Hieronymus eagen wenig über diesen Ge- genstand.40) Auf Grund der allgemeinen Praxis nimmt Durandus je- doch als sicher an, daß durch die Ablässe etwas von den schuldi- gen Sündenstrafen nachgelassen werde. Waldenser und Hussiten wandten sich vielfach gegen die Ab- lässe. Sie bestritten aber -anders als Johann von Wesel- die Existenz eines Fegefeuers.41) Ein wenig später als Johann von Wesel schrieb WesseI Gansfort gegen die römische Lehre vom Ablaß. Wie Wesel macht er den Verfechtern der Ablaßlehre ihre Uneinigkeit in dieser Frage zum Vorwurf.42) Die Begründung der Ablehnung ist eine andere als bei dem Wormser Domprediger: WesseI Gansfort meint nicht, Gott lasse die Strafen nicht nach, sondern glaubt, daß im Bußsakra- ment mit der Sündenschuld auch alle zeitlichen Stindenstrafen vergeben werden, und deshalb ist der Ablaß nicht notwendig. Der Ablaß gilt dem niederländischen Theologen nur als Lösung von ka- nonischen Strafen und Zensuren. Wie Wesel nennt er die Indulgen- tien einen frommen Betrug.43) Die Ablehnung der Ablässe gehörte für Wesel zu den Stücken seines Denkens, die er nicht gewillt war,jemals preiszugeben. Im Verhör wird er gefragt, ob er glaubt, daß die Ablässe, die die Kirche 'spendet, Wirkung besäßen, was er liber die Indulgen- tien dächte, und ob er über diesen Gegenstand einen Traktat ver- faßte. Der Angeklagte bekannte sich zu dem Inhalt seines Ablaß- traktates.44) Das Inquisitionsgericht hielt die Leugnung Wesels betreffs der Ablässe fUr so verwerflich, daß es einige Sätze darüber in' - 83 - das Verzeichnis der abzuschwörenden Artikel aUfnahm.45) Die Verwerfung des Ablasses bei Wesel ist äußerlich gesehen radikaler als in Luthers 95 Thesen, wo der Reformator nur an den Auswüchsen und Mißbräuchen dieser Einrichtung Kritik übte. Der Unterschied liegt aber darin, daß bei Luther in der Grundhaltung zu der Lehre von der Erlösung des Menschen eine entscheidende Veränderung vor sich gegangen war, während sich bei Wesel nichts gewandelt hatte. Er brach mit der LGugnung des Ablasses ein Stück aus der Heilslehre des Mittelalters heraus, veränderte deren an- dere Teile aber in keiner Weise.

Das Werk Christi. Im Zusammenhang damit, wie Wesel die Erlösung des Menschen, die Vergebung der Sünden sieht, ist nun näher zu fragen, was er über das Werk Christi ausführt. Im wesentlichen haben wir von Wesel zu diesem Punkt nur ne- gative Äußerungen, in den Schriften und den Berichten vom Verhör wird nur gesagt, .was es nicht zu bedeuten hat. Das Werk Christi sieht Wesel im Blick auf den Erlaß der Strafen -es handelt sich um die zeitlichen- als nicht wirksam an, die Leiden Christi kön- nen nicht als Recompensation und Satisfaction für die Strafen, die andere Menschen zu erdulden haben, herangezogen werden, denn es widerspricht der göttlichen Gerechtigkeit, die Leiden eines Unschuldigen als Genugtuung für die Strafen der Sünder anzuneh- men.46) Andere Aussagen WeseIs zu dieser Frage sind stark an Schrift- zitate gebu~den und tragen allgemeine Züge: Nach Joh.I,29 nimmt Jesus von denen, welchen er die Gnade geben will, die Sünden; wer sündigt, kann sich an I.Joh.2,1.2 halten, wo der Apostel schreibt, daß wir einen Fürsprecher bei dem Vater haben, Jesus, der selbst die Versöhnung nicht allein für unsere Sünden, son- dern für die der ganzen Welt ist. Wesel beugt sich vor Jesus Christus, damit er ihm gnädig sei.47) In weiteren Zitaten aus der Bibeloder den Schriften Augu- stins ist einige Male etwas von Aussagen über das Werk Christi enthalten, aber sie werden immer in einem anderen Zusammenhang angeführt; nie schweift Wesel ab -wie es sonst leicht geschieht- um etwas im Blick auf die Erlösung durch Christus zu betonen. Um ein Beispiel zu nennen: Wesel zitiert im Zusammenhang mit der - 84 - Frage, ob "debitum" auch "peccatum" sei, die Auffassung Augustins, nach der Christus den Menschen aus der Schuldknechtschaft des Teufels befreite, indem er durch sein Leiden am Kreuz den Schuld- brief vernichtete. Wesel greift wohl den Gedanken auf, daß der Mensch als Sünder sich in der Gewalt des Teufels befindet, kommt aber nicht, wie Augustin, näher auf den Loskauf durch Christus zu sprechen.48) Wie es sCheint,' legte WeseI auf eine nähere Dar- legung des Werkes Christi wenig Wert, es war für ihn etwas, das am Rande stand oder für ihn nicht problematisch war, so daß es keiner näheren Erörterung bedurfte. Wahrscheinlich hat .wesel in diesem Punkt wie die anderen scholastischen Theologen die Ansicht vertreten, das Werk Christi sei fUr dieVergebung der ewigen'SUndenstrafen, die Schuld und die Mitteilung der Gnade durch die Sakramente von Bedeutung. Bei WesseI Gansfort tritt die Erlösung von der Sünde hinter dem Gesichtspunkt der Vollendung zurUck.49) WeseIs Anschauungen müssen in dieser Richtung gelegen haben; wenn er anderer Meinung gewesen wäre, hätte er es wahrscheinlich zum Ausdruck gebracht; auch sonst wendet er sich gegen Dogmen, die nach seiner Ansicht nicht der Wahrheit entsprachen. Es wurde dies bei der Behandlung der Erbsündenlehre gezeigt und wird noch bei der Leugnung des "filioque" deutlich werden. · - 85 - 2. Die Gottesauffassung.l) Die Macht, Gerechtigkeit und Ehre Gottes. Nach Johann von Wesel ist Gott der unumschränkte Herr, mit dem sich der Mensch in keiner Weise zu messen vermag. Yvesel führt als Beweis dafür, daß ein Mensch eine Strafe, die Gott auferlegt, nicht erlassen kann, an, Gottes Willen könne niemand, wie Dan.4,32 gesagt ist, widerstehen.2) Bei der Beantwortung mancherFragen verweist Wesel einfach, ohne andere Ursachen zu nennen, auf die unbeschränkte Macht Gottes. Ein eindeutiger Grund kann für dieses Handeln Gottes nicht immer angegeben wer- den. So läßt sich die Tatsache, daß die Nachkommen Adams die natürliche Gerechtigkeit nicht besitzen, allein auf den Willen Gottes zurückführen; in Bezug auf eine Anordnung Gottes äußert sich WeseI, die Ursache dieses Verbotes sei nicht zu nennen, denn wer könne dem Herrn sag~n: warum machst du es in dieser Weise?3) Weil Gott souverän über Welt ~nd Menschen herrscht, drUckt Wesel das Amt des Priesters zu einem Dienst herab, der im Blick auf Gottes Handeln wenig bedeutet. Es ist völlig un- möglich, daß der Geistliche beim Bußsakrament zuerst etwas tut und ihm Gott dann darin folgt.4) Nichts kann von einem Menschen verboten werden, das von Gott erlaubt ist. König und Bischof er- halten ihr Amt, indem Gott sie einsetzt, Wesel.führt zur beson- deren Bekräftigung Röm.13,1 an: "Non est enim potestas nisi a deo, que autem Bunt, a·deo ordinatae sunt". Gott handelt direkt und unmittelbar in der Welt. Die Auf- fassung des Aristoteles über Gott in seiner'Thysik" lehnt der Domprediger ab. Im achten Buch dieser Schrift des Aristoteles wird Gott als erster Beweger in die äußerste Sphäre gesetzt, Gott bewegt von dort aus den Himmel und dieser wiederum das übrige Geschehen.5) Die richtige Meinung bringt Aristoteles in seiner "Metaphysik"; nach dieser ist Gott unbeweglich, befindet sich überall und betreibt alles selbst, die oberen Körper wir- ken also nicht auf die unteren ein.6) Ähnlich wie von Gott dem Vater muß von Christus in Bezug auf sein Verhältnis zur Kirche gesprochen werden. Christus ist das Haupt der Kirche, sie ist seine Braut, zwischen ihm und ihr steht nicht der Papst als Stellvertreter Christi auf Erden, denn der Herr hat mit den Worten in Matth.28,20 klar gesagt, er wolle - 86 - keinen Vikar an seiner Stelle auf Erden einsetzen, sondern selbst gegenwärtig sein und alles allein durchführen.7) Wesel steht mit seiner Gottesauffassung, wie schon der Sen- tenzenkommentar in einigen Stücken zeigte, in einer Tradition, die von Duns Scotus und Ockam ihren Ausgang nahm. Gott ist ewi- ger, aktiver Wille, der frei handelt. Einen Grund fUr sein Tun anzugeben, ist unmöglich, da alles Wollen schlechthin grundlos ist. Wesel vertritt auch in seiner Wormser und Mainzer Zeit die Unwandelbarkeit der göttlichen Prädestination. Nach den "Para- doxa" soll Wesel gesagt haben, Gott habe von Ewigkeit her ein Buch, in welches er alle seine Erwählten schrieb, wer dort nicht einget~agen ist, kommt nie hinein, wer in diesem zu finden ist, wird nie gestrichen.8) Außer dem Willen Gottes betont Wesel Gottes Gerechtigkeit, gegen die alles menschliche Wollen und Bitten vergeblich anrennt. Die ungetauften Kinder werden verdammt, weil es die göttliche Ge- rechtigkeit fordert; dieselbe will aber nicht für die Kinder die "pena,sensibilis", da sie nicht willentlich gesündigt haben. Dem SUnder können die zeitlichen Strafen nicht erlassen werden, da es gegen Gottes Gerechtigkeit wäre. Wenn die Kirche auf Grund von Matth.18,19 bitten wUrde, Gott möchte die Leiden seines Sohnes als Ausgleich für die Strafen der Sünder anrechnen, täte Gott es doch nicht, da es nicht der göttlichen Gerechtigkeit entspräche, den Schuldigen frei ausgehen zu lassen.9) Die Einsetzung der ir- dischen Obrigkeiten 'hat ihren Grund in Gottes unerforschlicher Gerechtigkeit. Die Heilige Schrift bedarf als Gottes Wort keines Beweises, denn Gott ist nach Num.23,19 nicht ein Mensch, daß er lüge, noch Sohn eines Menschen, daß er sich verändere. In den Schriften WeseIs aus der Wormser und Mainzer Zeit feh- len die Ausdrücke: "potentia absoluta" und "potentia ordinata". Wesel ist jedoch von den Vorstellungen, die mit diesen Begriffen zusammengehören, erfaßt; wie es scheint, muß bei ihm die "iusti- tia divina" in das Gebiet eingeordnet werden, in dessen Mittel- punkt Duns Scotus die "potentia ordinata" stellen würde. Die Ehre Gottes spielt bei Wesel eine bedeutsame Rolle, um ihretwillen setzt er sich in Gegensatz zu der Meinung anderer Doktoren. Von ihr spricht der Domprediger bei der Zurückweisung der Ansicht, Gott sanktioniere in jedem Fall die Urteilssprüche, - 87 - welche die Kirche auf Grund von Matth.18,15 fällt. Wie sollte von Gott, so argumentierte WeseI, etwas gutgeheißen werden, das falsch oder böse sein kann, dieses würde nicht der göttlichen Ehre entsprechen. Gott ist nicht der Urheber eines Übels und erkennt keine Ungerechtigkeit an, er ist gerecht in allen seinen Wegen und heilig in allen seinen Werken.IO) Nicht allein der Gedanke an die absolute Macht Gottes in Be- zug aufdieses Weltgeschehen, die keinen Einfluß der Sterne zu- läßt, sondern auch der an die Ehre Gottes hatte Johann'von Wesel veranlaßt, einen Traktat gegen die Astrologie zu schreiben. Der Teufel, der wegen seines Hochmutes den Ort der Glückseligkeit verlassen mußte, bemüht sich darum, Gott die Ehrerbietung durch die Menschen zu entziehen. Er will sie dafür gewinnen, das, was Gottes ist, ihm und den erschaffenen Sternen zuwenden.ll) Mit WeseIs Gottesauffassung hängt die Erklärung zusammen, die er denen gibt, die meinen, die Kirche könne wissen, welche Strafen Gott über den Sünder verhängt. Wesel setzt dagegen: kei- ner kennt die Gedanken Gottes über die Menschen, auch nicht die seines Zornes. Die Abbüßung der von der Kirche auferlegten stra- fen nutzt vor Gott nichts. Gott ist für Johann von WeseI, das darf zusammenfassend ge- sagt werden, nicht der Vater Jesu Christi, der durch ihn unser Vater geworden ist, und dem sich die Menschen vertrauensvoll na- hen dürfen; er bleibt fern, unergründlich, weltverschieden, der Mensch ist ihm ausgeliefert und weiß im Grunde nicht, wie seine Lage ist. Die Begrif~e und Bilder, die Wesel verwendet, um etwas von seiner Gottesvorstellung deutlich werden zu lassen, entnimmt er weniger dem Gebiet der persönlichen menschlichen Begegnung als vielmehr dem juristischen und philolophischen Bereich. Aus dem Ketzerverhör wird berichtet, der Inquisitor habe den Angeklagten gefragt, ob er glaube, geschrieben oder gepredigt ha- be, der Satz im Athanasianischen Symbol: "Nam sicut anima rationa- lis et caro unus est homo, ita et deus et homo unus est Christus" sei falsch. Der Domprediger bekannte sich zu seiner früher ge- schehenen Ablehnung dieses Satzes.12) Am zweiten Tage des Verhörs äußerte sich Wesel in derselben Weise.13) Die Relation C führt diesen Satz unter den Artikeln auf, die Wesel öffentlich wider- rufen sOllte;14) er scheint also von Wichtigkeit gewesen zu sein. Johann von Wesel gab in dem Prozeß keine Erklärung für die - 88 - GrUnde seiner AUffassung, und das Inquisitionsgericht fragte nicht danach. Wahrscheinlich interessierten sich die Kotzerrich- ter nicht für Einzelheiten, denn die Ablehnung eines Stückes aus einem der drei großen Symbole galt als Tatsache an sich bereits als häretisch, eine nähere Begründung hätte Wesel nicht von dem Vorwurf befreit, gegen das Athanasianum etwas gesagt zu haben, oder den Inquisitoren eine Handhabe gegeben, den Angeklagten zu entlasten. Der Kirschgartner Mönchl5) und WesseI Gansfortl6) berichten davon, daß der Wormser Domprediger hochfliegende Ideen und Un- gereimtheiten vor dem Volke ausbreitete und damit viel Anstoß erregte. An einer anderen Stelle bezeichnet der Niederländer Wesel als "doctor sUbtilis".17) Nach katholischer Auffassung ist der genannte Satz des Atha- nasianums wesentlich als Gleichnis anzusehen, bei dem das Schwer- gewicht nicht bei der Beschaffenheit der beiden Begriffe "anima rationalis" und "caro" liegt, sondern bei der "unio personalisll, in welche diese eingehen. Es besteht nun die Möglichkeit, daß Johann von Wesel aus übertriebener theologischer Genauigkeit und einem gewissen Hang zu Spitzfindigkeiten heraus in diesem Satz einen verkappten Apollinarismus entdeckt hatte.18) Wenn Wesel nämlich die Begrif- fe preßte und eine genaue Entsprechung zwischen "caro" und "homo". als Aussage dieses Satzes annahm, trat im Symbol die menschliche Seite in der Person Christi zurück und war unbelebt und unbe- seelt wie das Fleisch des Menschen. Eine solche Auffassung galt aber dem Domprediger für häretisch und konnte nicht geduldet werden, deshalb also bezeichnete er wahrscheinlich diesen ein- zelnen Artikel aus dem Athanasianischen Symbol und nicht das Ganze als falsch.

Die Leugnung des "filioque". Im Gegensatz zu den Aussagen seines Sentenzenkommentars leugnete Wesel zur Zeit seines Wormser Aufenthaltes, seit etwa 1473, den Ausgang des Heiligen Geistes ~om Vater und v.omSohn.19) Wesel glaubte nicht, daß der Heilige Geist vom Vater und vom Sohn wie von gleichsam einem Ursprung ausginge, da er dayon in der Bibel nichts finden könne. Nach seiner Meinung sollten alle Christen mehr dem Wort des Apostels iohannes glauben: der Heili- - 89 - ge Geist geht vom Vater aus, als den Aussagen des Nicänischen Symbols, das das "filioque" hinzufügte.20) Wesel betonte ausdrücklich, er habe davon nichts gepredigt, sondern nur darüber geschrieben. Da überall gesagt wird, daß der Angeklagte behauptete, er könne den Satz vom Ausgang des Heiligen Geistes vom Sohne nicht in der Bibel finden, scheint ~~ hauptsächlich von seinem Schrift- verständnis aus zu dieser Ablehnung gekommen zu sein. Die Auffassung der griechischen Kirche, die ihm aus den Sen- tenzen des Petrus Lombardus bekannt war, und die er selbst als Hochschullehrer vorgetragen hatte, mag ihn angeregt haben, sich näher mit dieser Frage auseinanderzusetzen, und wird ihn in sei- ner Stellungnahme bestimmt haben. Das Inquisitionsgericht verurteilte Wescls Meinung als "griechische Ketzerei". Die ersten drei Sätze aus dem Verzeich- nis der abzuschwörenden Artikel beziehen sich auf diese Angele- genheit.21) Die Leugnung des "filioque" galt als die schlimmste Häresie, die man bei dem Domprediger fand, und wurde selbst von denen nicht gutgeheißen, die Wesel sehr wohlwollend gegenüber- standen. - 90- 3. Die Autoritäten für den Glauben. Der Glaube bei WeseI. Der Glaubensbegriff wird bei Wesel vom Intellekt her gefaßt, nicht in dem Sinne, daß Glauben und Verstehen auf einer Linie liegen, sondern insofern, als es sich bei ihm um das gedankliche Erfassen der übernatürlichen Wahrheiten handelt. Glaube ist nicht etwas, woran die ganze Persönlichkeit beteiligt ist, sondern nur die geistigen Kräfte des Menschen, der Verstand. Glaube ist Er- kenntnis desjenigen, das durch unsern Intellekt nicht begriffen, aber doch einigermaßen ergriffen werden kann.l) Mit demselben In- halt bestand der Glaube bereits immer. Es ist also entscheidend zu fragen, ob etwas auch schon früher, beispielsweise von den Kir- chenvätern, geglaubt wurde; ist dieses nicht der Fall, und liegt keine besondere Offenbarung vor( ist die sich als Glauben ausge- bende Auffassung zu verwerfen.2) Der Glaube hat seinen Grund in der Heiligen Schrift, sie ver- leiht ihm die Autorität, ohne die es keinen Glauben gibt,3) denn Gottes Wille ist uns nur durch den Glauben an die Heiligen Schrif- ten erkennbar.4) Der Glaube ist ferner Zustimmung und Hoffnung auf die Wahrheiten, die nicht offenkundig sind, sondern von Gott offenbart werden; wie der Zusammenhang dieser Stelle bei Wesel zeigt, braucht sich das nicht unbedingt auf die geoffenbarten Heilstatsacher- der Bibel zu beziehen, sondern auch auf solche Offenbarungen, die Gott durch Mirakel später hat den Menschen zu- kommen lassen.5) Für Wesel gab es, wie die folgenden Ausführungen deutlich ma- chen werden, drei verschiedene Autoritäten für den Glauben: Schrift, Offenbarung durch Mirakel und die Vernunft.6) Alle drei stehen nicht auf der gleichen Stufe, die Heilige Schrift ist das Wesentliche, Offenbarung und Vernunft haben sekundäre Bedeutung,

Die Heilige Schrift. Eins ~er charakteristisohen Merkmale im Denken Johanns von Wesel ist die Betonung der Autorität der Schrift. Immer wieder wendet er sich gegen die Auffassungen der Kirchenväter, gegen falsche Einrichtungen qer Kirche, indem er sinngemäß ausführt: in der Bibel steht davon nichts, oder: in der Bibel wird das ge- radezu verboten. - 91 - Der Domprediger betont ausdrücklich, nichts sagen oder be- haupten zu wollen, was der Wahrheit des Glaubens, die in den Heili8en Schriften enthalten ist, in irgendeiner Weise entgegen sei.7) Wesel stützt sich deshalb auf die Bibel als die alleinige Grundlage für den Glauben, weil er die überzeugung vertritt, alles zum Heil Notwendige sei vielleicht in ihr enthalten.8) Das göttliche Gesetz im Alten und Neuen Testament gibt dem Menschen die rechten Anweisungen zur Vorbereitung auf das Bußsakrament, es genügt als Vorschrift für die Lebensführung eines jeden ein- zelnen Menschen.9) Johann von Wesel zitiert, ohne einer bestimmten Gruppe den Vorrang zu geben, alle biblischen Bücher und benutzt sie in glei- cher Weise als Autoritäten für den Glauben. Die Evangelien enthalten im wesentlichen die Reden Jesu, die unter Einfluß des Heiligen Geistes von den Schreibern Matthäus, Markus, Lukas und Johannes aufgezeichnet wurden. Die Evangelien schließen mit der Himmelfahrt Christi ab.lO) Die Worte Jesu be- dürfen keines Beweises, sie sind wahr durch die Autorität, die sie in sich tragen, die nicht täuscht, noch getäuscht wird.ll) Nach den Aufzeichnungen über Christus folgen die Pr~digten und Briefe der Apostel, besonders der Apostel Paulus verfaßte viele und wichtige Schriften. In seiner Synodalpredigt ruft Wesel an einer Stelle aus, es läge ihm fern, etwas in Gegensatz zu der Auffassung des Heiligen Paulus zu meinen, denn der Apostel kennt die Anordnungen ~ottes.12) Wie das Neue 'gilt für den Domprediger das Alte Testament als Gesetz Gottes und für alle verbindlich.Ohne Unterschied in der Wertschätzung zitiert er die Bücher des Alten und Neuen B~ndes.13) Der Mutter Mariae ist es hoch anzurechnen, daß sie den Geboten des Alten Testamentes gehorchte, nach denen nur die Söhne der Israeliten Gott im Tempel dargebracht werden durften. Apokryphe Schriften, wie beispielsweise die über die Darstel- lung der Maria im Tempel, läßt der Domprediger nicht gel~en; ihnen ist kein Glaube zu schenken, auch sind sie nicht Richtschnur für Gebräuche und Feste der Kirche, allein die Schriften der Bibel sind um Rat zu fragen, wenn derartige Zweifel auftauchen.l4) Johann von WeseI betont bei der Auslegung der Schrift den Literalsinn.15) - 92 - Bei aller Hervorhebung der alleinigen Autorität der Bibel stand Wesel dem reformatorischen Schriftverständn1s fern, weil er trotz fleißiger Schriftbenutzung doch immer nur das aus der Bibel herausholte, was er von seinen scholastischen Voraussetzun- gen her beeinflußt in ihr sah und weil sich in seiner religiösen Grundhaltung nichts geändert hatte. So gilt für Wesel als aus- reichender Schriftbeweis für die unbefleckte Empfängnis Mariä das "gratia plena" des Engelgrußes aus Luk.I,28, verdeutlicht als "gratia plena" in prima esse sUi".16) Auch WeseIs Ansichten über das Fegefeuer und die Lehre von der Schuld und Erlösung des Menschen, beispielsweise die Zerlegung der Sünde in Schuld und Strafe und ihre verschiedene Behandlung durch Gott, lassen er- kennen, wie er, von dem reformatorischen Schriftverständnis her gesehen, von anderen Gedanken und Vorstellungen stärker abhängig war, als von denen der Schrift. WeseIs Streben, in allen Dingen so schriftgemäß wie möglich zu sein, ging, wie der Bericht von dem Verhör erzählt, so weit, daß er predigte, es sei ihm zweifelhaft, ob Christus nur mit Stricken an das Kreuz gebunden worden sei, oder ob man ihn ange- nagelt habe. In dem .Verhör bekannte sich der Domprediger im Sin- ne der herrschenden Auffassung dazu, Christus sei ang~nagelt wor- den.17) Daß die Schrift einzige Quelle und Norm des Glaubens ist, ist im Mittelalter, wenigstens in der Theorie,stets behauptet worden; auch an der fundamentalen Bedeutung des Literalsinnes hat man, im Spätmittelalter besonders Duns Scotus und Johannes Gersons, fest- gehalten.18) Im Blick auf die geschichtliche Entwicklung ist des- halb nicht so sehr von Bedeutung, was Wesel an positiven Aussagen über die Schrift hat, -sie könnten auch von anderen Theologen aue der Schule Ockams stammen- entscheidend ist seine Kritik an der kirchlichen Traqttion. Of.!_aEb.~r...Ullgen• Wenn fUr Wesel auch die Heilige Schrift die Grundlage für deL Glauben bildete, war es für ihn möglich, daß von anderer Seite her Autoritäten Anerkennung verlangen konnten. Sie fordertennicht Glauben an solche Lehren, die der Bibel widersprachen oder ihren Sinn verdrehten oder verdunkelten, sondern eine Ergänzung zu den Aussagen der Schrift darstellen. Zwischen der "revelatio" und der Bibel gibt es gewisse Zusam- - 93 - menhänge, beide stehen nicht völlig getrennt nebeneinander. Gottes Wille ist den Menschen an sich unbekannt, er tut ihn kund durch sein Sprechen, das als Offenbarung zu bezeichnen ist. Hei- ligen Männern Gottes offenbarte er seine Befehle, die dann in den Heiligen Schriften aufgezeichnet wurden, dort können alle die, zu denen Gott nicht in besonderer Weise sprach, von Gottes Geboten erfahren.19) Die Bibel teilt also eigentlich nur mit, was Gott besonders ausgezeichneten Männern durch die "revelatio" verkündete. In Auseinandersetzung mit der Frage, auf was sich die Auto- rität der Bibel gründet, setzt Wesel an Stelle des bei diesem Problem 1m Anschluß an Augustin eingeführten Begriffes der Kir- che den der Offenbarung. Der Domprediger ist nicht wie sein Ge- genpart Johann von Lutter der Auffassung, die Bibel sei von Men- schen, wie Jakobus, Johannes und Paulus usw. geschrieben, im Grunde also ein Buch wie alle anderen, und gelte nur deshalb als Richtschnur für den Glauben, weil die Kirche sie als solche annahm.20) Wesel bezeichnet dagegen die Bibel als göttliche Schrift, weil sie auf Grund von Offenbarungen durch den Heiligen Geist geschrieben ist. Als Schriftzeugnisse zur Bestärkung seiner These führt er Apc.l,l; Gal.l,11.12 und 2.Petr.l,20.21 an. Der Domprediger nimmt auch Offenbarungen durch Wunder an, die noch jetzt geschehen und Anspruch auf verbindliche Autoritä- ten erheben können. In einem Gang durch das Alte und Neue Testa- ment zeigt Wesel auf, wie die "revelatio" immermit dem "mira., culum" verbunden war. Als Gott dem Abraham nach Gen.15 einen Sohn und den Besitz des Landes Kanaan verhieß, war dieses mit wunderbaren Vorgängen verknüpft, die dem Stammvater der Kinder Israel ein Zeichen für die Wahrheit der Offenbarung sein soll- ten.21) Durch den brennenden, aber nicht verbrennenden Busch gab Gott nach Exod.3 ein Zeichen, daß Mose der Befreier Israels aus der ägyptischen Knechtschaft sein werde. Ebenso offenbarte Gott, wie Richter 6 erzählt, dem Gideon, er würde Israel erretten, und bekräftigte dies durch ein Wunder.22) Vieles andere aus dem Al- ten Testament will Wesel übergehen. Nach Aussagen des NeuenTesta- mentes offenbarte der Herr seinen Jüngern die Wahrheiten des Glaubens, befahl diese zu predigen und befestigte die Rede durch nachfolgende Zeichen.23) So erachtete Gott es für würdig, das Fest der unbefleckten Empfängnis Mariae durch Wunder zu offen- - 94 - baren, damit denen geglaubt wird, denen Gott die Einrichtung des Festes auftrug, Drei Männer, dem Abt Elsinus von Rimini, Johannes, dem Sohn des Königs von Ungarn und dem Presbyter Richard hat es Gott kundgetan.24) Der Domprediger entrüstet sich üb~r die Menschen, die leicht- sinnigerweise gegen die Revelationen über Marie Einspruch erheben und behaupten, man habe hier etwas erdichtet; diese mögen ihren christlichen Glauben bedenken, den die Juden bekämpfen, als Chri- stus auf Erden wandelte, und von welchem sie behaupten, die Chri- sten hätten ihn sich selbst zurechtgemacht. Hier ist Wesel der Auffassung, daß irgendwelchen Menschen gemachte Offenbarungen den christlichen Glauben ergänzen können.25) . In ähnlicher Weise, wie Johann von Wesel etwas ablehnt, wenn man es nicht mit Schriftzitaten zu belegen vermag, verwirft er Lehren und Einrichtungen, für die sich keine Offenbarungen an- führen lassen. Niemand ist verpflichtet, an die leibliche Himmel- fahrt der Maria zu glauben, weil keinem, auch der Kirche nicht offenbart wurde, daß die Mutter Gottes "corporaliter" gen Himmel fuhr.26) Bei der Frage, ob Gott eine Strafe für gültig annimmt, die Menschen auferlegten, gibt Wesel eine abschlägige Antwort, da niemand darüber eine Offenbarung empfing. Von den Verfassern der kirchlichen Kanones, besonderm d~m Papst Damasus, glaubt der Dom- prediger nicht, daß sie bei der Abfassung ihrer Schriften unter dem Einfluß des Heiligen Geistes standen.27) Die "revelatio" war für V/esel, wenn auch unbewußt, eine Hilfs- konstruktion, mit deren Hilfe er -die Kirche berief sich in der- artigen Fällen auf die Tradition- Erscheinungen im kirchlichen Leben zu erklären und zu rechtfertigen suchte, die er für wichtig und unumstößlich hielt -beispielsweise die Lehre von der unbe- fleckten Empfängnis Mariae- für die aber in der Bibel nicht die rechte und ausreichende Begründung zu finden war.

Die Vernunft. We'sel führt bei vielen Beweisen die "ratio" an, jedoch me Lat in Verbindung mitder Schrift und der Offenbarung~ ,Vernünftig ist das, was sich in den Sinnzusammenhang der Bibel einordnen läßt bzw. diesem nicht widerspricht. In dem Traktat gegen die Astrologie bringt er Bibelzitate und naturphilosophische Erklärungen und versucht, mit beidem zu dem- - 95 - selben Ergebnis zu kommen. Die Zeu~nisse der Bibel und Beweise (ratio=Beweis) will Wesel in der Diskussion über die Frage, ob der Papst der Statthalter Christi auf Erden sei, anführen.28) Nicht jeder Beweis ist richtig, sondern allein der, der an dem Evangelium ausgerichtet ist.29) Wenn das Handeln in Ub8reinstim- mung mit dem göttlichen Gesetz geschieht, kann es als vernünftig bezeichnet werden. Nur an wenigen Stellen erscheint die "ratio" völlig selbstän- dig, beispielsweise in Bezug auf die Einrichtung des Festes be- treffs der Himmelfahrt der Maria, wo der Domprediger ausdrücklich sagt, daß in der Bibel nichts davon stehe, jedoch habe man hier, ohne daß er näher darauf eingeht, einen vernünftigen Grund.30) Der Analogieschluß wird von Wesel als "ratio recta" bezeich- net,und mit seiner Hilfe werden Aussagen ermittelt, die für den Glauben verbindlich sind. Der Domprediger wendet ihn bei dem Prob- lem der unbefleckten Empfängnis Mariae an. Zwei Beispiele mögen dies verdeutlichen: 1. Gott hat nach Exod.20,19 befohlen, Vater und Mutter zu ehren, also muß er auch selbst Maria, als seiner Mutter, das Gleiche erzeigen; die Ehrung besteht nun darin, daß Gott sie ohne Erbsünde schuf. 2. Wie der Mittler zwischen Gott und Menschen ohne Sünde ist, so auch die Mi ttlerin zwischen beiden; Gott hat Maria zu diesem Amt bestimmt, folglich muß sie ohne Sün- de sein.31) Aber auch dort, wo Wesel es selber nicht ausdrücklich sagt oder sich dessen gar nicht bewußt ist, arbeitet er stark mit Ver- nunftgründen. Es geschieht beispielsweise bei der Erbsündenlehre, dort führt er bei seiner Argumentation theologische, aber auch vielfach philosophische Begriffe in die Diskussion ein.32) Ferner mußte er die selbst zitierten und die zu widerlegenden Bibelstel- len drehen und deuten, damit sie den ihm passenden Sinn erhielten. Die Wertschätzung von"ratio" und Philosophie, die bereits in sei- nem Sentenzenkommentar sichtbar wurde, hat sich auch in seinen späteren Jahren erhalten. Die Beachtung der "ratio" entsprach WeseIs tiefster Veranla- gung, vernunftbedingte und theologisch-systematische Erwägungen beherrschten Leben und Denken. ~i.~_J\J::F..~,~2l!1_d~~.~~?='•.J:~sh Für den mittelalterlichen Menschen bedeutet im Blick auf sei- nen Glauben die Kirche und an ihrer Spitze der Papst eine wichtige - 96 - Autorität. Wesel stellt sich entschieden gegen die herrschenden Auffassungen. Der Domprediger verwirft die häufig angewandte Formulierung Augustins: "Non crederemevangelio, niei auctoritas ecclesie me commoveret,,33),er setzt dagegen: Ich würde dem Evangelium nicht glauben, wenn ich nicht an Christus glaubte, das letztere geschä- he nicht, wenn er nicht ~ott und Mensch wäre. Das Evangelium ist nicht auf Grund der Annahme durch die Kirche wahr, sondern weil es wahr ist, hat es die Kirche akzeptiert. Die Wahrheit einer Schrift hängt nicht von der Anerkennung durch die Kirche ab.34) Ein wenig später als Wesel sprach Wesel Gansfort in ähnlichen Formulierungen seine Ablehnung des bekannten Augustin-Zitates aus.35) Kein Christ, und mag er noch so gelehrt sein, besitzt die Ver- fügungsgewalt über die Auslegung der Bibel.36) Für viele Vor- schriften und Strafen, die die Kirche sich zu erlassen anmaßt, ist sie nicht zuständig, sie kann nur ~twas in übereinstimmung mit der Wahrheit, wie sie in der Bibel aufgezeichnet ist, ein- richten oder anordnen.37) Dadie Kirche geirrt hat und noch irrt, berührt Wesel der Einwand des Petrus von Tarentaise nicht, die Indulgentien bestünden, weil die Kirche sie einsetzte, zu Recht. Die Exkommunikation der Kirche ist nicht unbedingt verpflichtend, denn nach WeseIs Ansicht sind viele, welche die Kirche bannte, bei Gott angenommen, und viele, die in der Kirche in Ehren stehen, sind von Gott verworfen. Wesel bezweifelt, ob ein Konzil, das sich legitim versammelt, unter unmittelbarem Einfluß des Heiligen Geistes und Christi als dem Haupte der Kirche steht, aus diesem Grunde ist den allgemeinen Konzilen nicht zu glauben.38) Der Dom- prediger machte mit dieser These ernst und setzte sich über ~iele Gebote und Vorschriften der Kirchenv~rsammlungen hinweg. Da die Kanones und Dekretalien der Kirche die Lehre von den Indulgentien enthalten, kann Wesel nicht glauben, daß sie vom Heiligen Geist inspiriert sind und bei Fragen des Glaubens von Bedeutung sein können. Anders steht es mit den weltlichen Dingen. Die Vorschriften der Kirche gelten dahin, daß der Papst eine ge- wisse Befugnis über das positive Recht besitzt, solange er es zur Auferbauung der Kirche und nicht zu ihrem Verderben anwendet.39) Auch vielen Päpsten spricht Wesel die Autorität in Dingen, die den Glauben betreffen, ab~ denn nicht alle besaßen den Heili- - 97 - gen Geist oder erhielten besondere Weisungen durch Offenbarung. Der Domprediger wendet sich gegen die AUffassung, die Stelle in Matth.16,IS.19 hernzuziehen, um daraus die Autorität des Papstes betreffs Einrichtung eines Festes abzuleiten, dieses Wort der Bibel darf nur auf das Bußsakrament bezogen werden.40)

Die Tradition. Johann von Wesel war von großem Mißtrauen gegenüber den Auf- fassungen der Kirchenväter erfüllt. Er glaubt nicht, daß diese Männer die Schrift immer in der Weise verstanden, wie sie nach ihrem ursprUnglichen Sinn eigentlich hätte ausgelegt werden müs- sen.41) Die Väter konnten irren und haben sich geirrt, deshalb ist ihnen und den allgemeinen Konzilien nicht unbedingt Glauben zu sChenken.42) Die Auseinandersetzung mit der kirchlichen Tradition voll- zieht sich im wesentlichen in Polemik mit Anschauungen Augustins. Der Wormser Domprediger betont aber ausdrUcklieh, er verehre die- .sen Lehrer der Kirche und wolle seine Heiligkeit und Gelehrsam- keit nicht antasten; trotzdem habe Augustin selbst gesagt, er glaube den heiligen Lehrern nicht deswegen, weil sie es so mein- ten, sondern weil sie ihn durch die kanonischen Schriften oder wahrscheinlicheGründe überzeugten. Auf Grund dieser Stelle meint WeseI, daß er Augustin bei aller Hochachtung seines Ansehens dort widerspreohen dürfe, wo, wie es ihm scheint, dieser von der Wahr- heit abweicht.44) Der Domprediger beruft sich an drei verschiede- nen Stellen auf diese Aussage Augustins, in seinem ersten Brief an Johann von Lutter, in der Schrift über die unbefleckte EmPfän~- nis Mariae und das Wesen der Erbsünde und in dem Ablaßtraktat.45 Diese häufige Wiederholung zeigt, wie Wesel sich selbst seiner Ablehnung Augustins und damit weiter Teile der kirchlichen Tradi- tion bewußt war, und sich im Gegensatz zur herrschenden Meinung fühlte, die keine Kritik an diesem bedeutenden Kirchenvater dul- dete. Auf der anderen Seite ist er, wie gezeigt wurde, noch so sehr dem Autoritätsdenken verhaftet, daß er selbst Augustin an- führt, um dessen Bekämpfung zu rechtfertigen. Die Widerlegung Augustins ist nicht grundsätzlich und umfas- send, sondern erscheint allein dort, wo Wesel versucht, seinen eigenen Auffassungen Geltung zu verschaffen. Der Domprediger ver- wirft die Ansicht Augustins betreffs der Erbsünde und ihrer Fort- - 98 - pflanzung von Generation zu Generation, weil sie nicht mit der Wahrheit eines Apostelwortes übereinstimmt, nach dem der Bei- schlaf keine Sünde ist, noch eine solche bewirkt.46) Eine Be- stimmung des Kirchenrechtes, die Bedeutung der Taufe betreffend, lehnt Wesel ab; da Augustin bei der Anordnung zugegen gewesen sein soll und, wie Wesel mit Anselm von Canterbury meint, alles. auf ihn zurückgeht, der Kirchenvater sicn aber nicht nach der Bibel richtete, ist ihm nicht zu glauben, man darf ihm vielmehr widersprechen, wie bereits durch viele heilige Väter gesChah.47) Die letzte Wendung fügt der Domprediger wahrscheinlich hä.nzu; um ausdrücklich zu betonen, er stehe mit seiner Auffassung in der Theologie nicht allein. Wesel wundertsich, daß die Väter, die diese Bestimmung aufsetzten und nur einen kleinen Teil der katho- lischen Kirche ausmachten, behaupten, die Kirche habe immer wie sie betreffs der Erbsünde gedacht.48) Dabei liest man über die- se Art der Sünde vor Augustins Zeiten nichts. Eine Widerlegung von Auffassungen anderer Kirchenväter fin- det sich in den von Johann von Wesel erhaltenen Schriften nicht. Der Wormser Domprediger schätzt nicht allein Heiligkeit und Gelehrsamkeit der Lehrer der Alten Kirche, sondern versucht an Stellen, an denen es ihm geeignet schien, ihre Anschauungen auf- zunehmen und mitzuteilen. An vielen Stellen wird Augustin zitiert. Um einige Beispiele zu nennen: Wesel hat davon gesprochen, daß Gott wohl die Schuld, aber nicht die Strafe erläßt, und das Alte Testament zitiert; deutlicher als jene Texte sagt es nach WeseIs Meinung jedoch Augustinus.49) Bei der Frage, ob die "gratia gratum faciens" den Ureltern gegeben wurde, antwortet der Domprediger mit einem Zitat aus der Schrift Augustins, "De correptione et gratia".50) Der Kirchenvater wird als Zeuge dafür angerufen, daß das Lob der Ma- ria nie ausreichend genug verkündet werden könne. Zur Bekräfti- . gung seiner Auffassung über den Einfluß der Dämonen bei der Astxo- logie führt Wesel Stücke aus Kap.IO und 12 der Schrift Augustins, tiDedoctrina christiana" an.51) Weil Hieronymus und Augustin nicht an die körperliche Aufer- stehung der Maria glaubten, und sie auch seitdem niemandem offen- bar wurde, braucht niemand sie für geschehen zu halten. Bei der Frage nach Recht und Kraft der Ablässe ist Wesel das Schweigen der Kirchenväter von großer Bedeutung~52) Mit Berufung auf Isidor - 99 - von Sevilla verkündet der Domprediger den Grundsatz, die Kirche dürfe nichts einrichten, das ihren Gliedern schaden könne. Dem Kirchenvater Hieronymus schließt sich Wesel in der Meinung an, daß die Jurisdiktion, die jetzt in der Kirche ist, von Menschen eingerichtet wurde.53) Johann von Wesel faßt seine Hinzuziehung von Kirchenväter- Zitaten als Erläuterung der biblischen Aussagen auf; entscheidend Neues konnte wegen der Möglichkeit eines Irrtums von ihm nicht ausgesagt werden. Der Domprediger kannte die Lehrer der Kirche aus ihren eige- nen Schriften, dieses läßt sich besonders bei der Benutzung Augustine feststellen.54) Viele Väter-Zitate entnahm er auch dem ttCorpus iuris canonici". Eine ähnliche Haltung wie zu den Kirchenvätern nahm Johann von Wesel gegenüber der "Glosse" ein. Die Glosse wird dann ge- wöhnlich verworfen, wenn sie nicht die Heilige Schrift hinzu- zieht.55) Die Glosse mag haben, was sie will, Wesel darf, wie er meint, eine eigene Auffassung äußern, weil die Glosse nicht mit der Bibel identisch ist. Die "Paradoxa" vereinfachen den Sachverhalt, wenn sie mittei- len: "Glossae non credit", 56) denn so sehr der Domprediger sieh allein der Meinung der Schrift anschließen will, weist er Erläu- terungen des Glossators dort nicht zurück, wo sie ihm zur Un~er- stützung seiner eigenen Auffassung dienlich sind. Bei der Frage nach dem Keuschheitsgelübde glaubt Wesel mit dem Glossator einer Meinung zu seinj57) die Stelle Luk. 2,37 wird im Sinne der Glosse interpretiert.58) Zur Bekräftigung seiner Ansicht, daß in Joh.20, 23 vom Erlaß der Schuld und nicht der Strafe die Rede ist, dient ihm die Erklärung der Glosse. Nur vereinzelt nennt Johann von Wesel mittelalterlich-scho- lastische Theologen. Am Anfang des Ablaßtraktates erscheinen ala Vertreter dieser Institution der römischen Kirche Thomas von Aqui- no, Petrus von Tarentaise und Franziskus Mayronis. Bei der Ableh- nung der Indulgentien führt er ihre Namen nicht ausdrücklich an, bewegt sich dort jedoch auf Schritt und Tritt im Gegensatz zu de- ren'Auffassungen und überhaupt denen der kirchlichen Tradition. In einem Brief an Wesel zog Johann von Lutter die Autorität Ger- sons heran, um den Satz, der Papst sei Statthalter Christi auf Erden, die notwendige Grundlage zu geben. Wesel entgegnet darauf, - 100 - nicht das Ansehen dieses Mannes bewirke bei ihm den Glauben, sondern das der Heiligen Schrift, in ihr findet sich jedoch nichts über den Vikariat Christi auf Erden.59) Der Ausspruch WeseIs, der vielleicht am bekanntesten ist, lautet: "Ich ver- acht den Bapst, die kirch und Concilia. Ich lo(e)b Christum. Verbum Christi habitet in nobis abundanter".60) Mit diesem Ausspruch scheint der Domprediger eine Antwort gegeben zu haben auf die Frage, welche Autoritäten für den Glauben ver- bindlich sein sollen. Christus und sein Wort, mein WeseI, haben zu gelten, alles andere ist zu verwerfen. - 101 -

4. Die Kirche und ihre Einrichtungen.l)

Der Kirchenbegriff. Am ausführlichsten kommt Wesel in seinem Ablaßtraktat auf diese Frage zu sprechen. Der Ausgangspunkt ist folgender: Petrus von Tarentaise hat behauptet, daß die allgemeine Kirche nicht irren kann. Wesel widerlegt diesen Satz auf Grund seiner Kirchen- auffassung. Der Ausdruck "allgemeine Kirche" findet sich nicht in der Heiligen Schrift, "katholisch" und "universal" sind gleichbedeu- tend; unter dem Namen "ecclesia ca:tholica" erscheint die Kirche im Nicänischen und Apostolischen Symbol. Die allgemeine Kirche ist die Gesamtheit aller derer, die den Glauben an Jesum haben, daß er Gott und Mensch ist; sie wird als universal bezeichnet, weil die Predigt von Christo, durch welche der Glaube von den Menschen'angenommen werden kann, über die ganze Erde verbreitet ist.2) In der universalen Kirche ist die Kirche Christi enthalten, die auf den Felsen gegründet ist und gegen die nach Matth.16,38 die Pforten der Hölle nichts ausrichten werden. Die Kirche Chri- st! ist heilig, unbefleckt, ohne Runzeln und Fehler und deshalb irrtumslos.3) Hier wird bei Wesel ein doppelter Kirchenbegriff deutlich, er unterscheidet zwischen der äußeren, sichtbaren und der unsichtbaren.Kirche, diese ist ein "corpus misticum" •. (s.S. 103) Auch WesseI Gansfort und Johann Pupper van Goch zeigen ähnli- che Anschauungen. Nach Goch befindet sich in der Kirche, die aus Guten und Bösen zusammengesetzt ist, die Kirche Christi als da~) "corpus mysticum".4) \Vessel Gansfort unterscheidet die äußerlich veriaßte Kirche von der unsichtbaren, der Gemeinde der Frommen.5) Diese drei Männer scheinen von den Strömungen beeinflußtzu sein, die von Wiclef und Hus ihren Ausgang nahmen. Dort wird die Kir- che definiert als "congregatio omnium predestinatorum", mit die- ser unsichtbaren Kirche ist die sichtbare nicht identisch. Die wahre Kirche ist Glaubensgegenstand.6) Wesel und WesseI Gansfort gebrauchen in Verbindung mit ihrem Kirchenbegriff nie den Aus- . druck "praedestinatus" oder "praedestinatio", wahrscheinlich woll- ten sie durch ihre andere Ausdruckweise die Nähe ihrer Gedanken zu denen der Hussiten verd8cken. - 102 - Für Johann von Wesel war die "ecclesia Christi", die vom Heiligen Geist regiert wird, eine geistige Größe, denn die wahre Kirche Christi kennt niemand denn Gott allein, sie ist nach sei- ner Auffassung die Gemeinschaft aller durch die Liebe verbundenen Gläubigen.7) Die Kirche ist die Braut Christi und wird von ihm durch den Heiligen Geist regiert. Da Christus selbst alles in sei- nen Händen halten will, kann der Papst nicht sein Stellvertreter auf Erden sein. Nicht alle, die getauft sind, gehören zur wahren Kirche Chri- sti, vielmehr ist der größere Teil der Getauften verworfen.8) Die Kirche, sofern sie nicht Christo angehört, wird von Wesel als Ehe- brecherin und Hure bezeichnet und als eine, die irrt.9) In dieser Kirche befinden sich Menschen, welche die Heilige Schrift nach ihrem Sinn deuten und anders glossieren, als sie vom Heiligen Ge~t geschrieben ist; obwohl die Männer sich nicht von der Kirche ent- fernen, können sie als Häretiker bezeichnet werden.IO) Die Mög- lichkeit des Irrens tritt öfter in Erscheinung, da die Kirche manchmal einen bannt, der bei Gott frei ist, oder einen löst, der von Gott gebunden ist.ll) Keine Schrift erhält dadurch das Zeug- nis der Wahrhaftigkeit und wird zu einer Autorität fUr Handeln und Glauben, daß die Kirche sie akzeptiert; sie hat sogar Schrif- ten angenommen, deren Zuverlässigkeit durchaus nicht feststeht. Auch die Kirche als Versammlung aller Gläubigen, wieme in einem Konzil in Erscheinung treten kann, braucht nicht unbedingt unter dem Einfluß des Heiligen Geistes zu stehen.12)

Das Papsttum. Die Behauptung, Christus habe den Papst als seinen Statthal- ter auf Erden zurückgelassen, weist Wesel ab , denn als Christus gen Himmel fuhr, sagte er zu seinen Jüngern: "Ego vobiscum sum omnibus diebus usque ad consumationem seculi". (Matth.28,20) Mit diesen Worten gab Christus deutlich zu verstehen, daß er keinen Statthalter an seine Stelle setzen wollte, da er selbst gegenwär- tig sein und alles selbst leiten wOllte.13) Unter einem IIVikar" versteht der Domprediger einen Menschen, der in Abwesenheit sei- nes "PrinZipals" dessen Geschäfte auszuführen hat; in diesem Sin- ne kann das Verhältnis des Papstes zu Christus jedoch nicht ge- deutet werden, weil die Bibel von diesen Dingen sChweigt.14) Die Behauptung, die Kirche bedürfe außer Christo, dem ver- - 103 - herrlichten Haupte, eines irdischen, sichtbaren, da sie sonst ein "corpus monstruosum" wäre, wird ven Wesel entkräftet. Er sagt, wie das Haupt in dem "corpus misticum" schon verherrlicht ist, so sind alle Glieder auf dieses Ziel hin in Bewegung, es besteht al- so kein prinzipieller Unterschied zwischen Christus und der Kir- che, deshalb ist sie, wenn das Haupt auch unsichtbar bleibt, kein "Menstrumll•15) Wesel schrieb man den Satz zu: "Si nullus umquam papa fuisset, adhuc salvati fuissent hi qui salvati sunt".16) Petrus wurde zusammen mit den anderen Jüngern die Schlüssel- gewalt übertragen, Wesel versteht darunter die Macht, Sünden zu vergeben oder zu behalten. Die Verfügungsgewalt ist in diesem Be- reich jedoch äußerst beschränkt. Im Grunde hat Christus allein die Schlüssel, und der Priester, und damit auch der Papst,ist nur Ausführer seiner Befehle. Nie geschieht es, daß der Papst löst oder bindet und Gott nachher diese Handlungen gutheißt, auch han- deln der Papst und Christus nie gemeinsam, zuerst vergibt Chri- stus, und dann darf der Papst als Austeiler der Geheimn~se Got- tes in Tätigkeit treten. Von seinem Interesse für juristische Probleme her bestimmt, setzt sich Wesel intensiv mit der Frage nach der richterlichen Gewalt des Papsttums auseinander, Schon die Apostel besaßen von Christo nicht die Vollmacht, neue Kanones oder Gesetze zu erlas- sen.17) Die Heilige Schrift -wesentlich als Gesetz verstanden- enthält alles das, was ein Mensch zur rechten Lebensführung wis- sen soll. So darf auch der Papst nicht von sich aus bei Strafe der Todsünde etwas befehlen.18) Todsünden sind die, die die Bibel als solche bezeichnet, der Papst hat keine Autorität, i~gendwelche neue hinzuzufügen. Der römische Bischof besitzt wohl die Befugnis, Strafen aufzuerlegen, diese gelten dann aber nur bei den Menschen, vor Gott haben sie keine Gültigkeit. Beispielsweise geht die Kelchentziehung auf eine päpstliche Einrichtung zurück, es muß jedoch, wie Wesel behauptet, erst noch bewiesen werden, daß einer, wenn er gegen das Gebot des Papstes verstößt, eine Todsünde be- geht.19) Die ablehnende Haltung WeseIs wird besonders in Ehefragen deutlich. Ehe gründet sich auf das göttliche Recht und auf das . Naturrecht, ein Mensch darf nichts ändern, auch der Papst hat in diesem Bereich keine besondereVollmacht.20) Die Vertreter der - 104 - Kirche mögen über die Vorschriften der Heiligen Schrift hinaus noch weitere Ehehindernisse aufstellen, die Ehen, die entgegen diesen menschlichen Verboten geschlossen wurden, haben trotzdem Gültigkeit vor Gott, wenn sie auch von der Kirche nicht anerkannt werden. Wesel Lehrrt, abgesehen von einigen Einschränkungen, von denen noch zu sprechen ist, die Jurisdiktionsgewalt in der Kirche ab. Es gibt Menschen, die meinen, aus Matth.16 und 18 sei diese Ge- walt abzuleiten, sie sagen es nur, beweisen es aber nicht.21) In der Bibel steht nichts von ihr. Die jurisdiktionelle Gewalt, die sich jetzt in der Kirche befindet, und auf Grund derer die Für~ sten die Untertanen beherrschen und Gesetze geben, stammt aus dem Heidentum und ist durch Christi Wort verboten.22) Auf Grund der von Wesel in diesem Zusammenhang zitierten Bibelstellen (Matth.20, 25.26 und LUk.22,25.26) muß man annehmen, daß der Domprediger hier die weltliche Obrigkeit, soweit sie sich in den Händen von Geistlichen befindet, meint. In dem Traktat gegen die Feier der Darstellung Mariae im Tem- pel wendet sich Johann von Wesel'gegen die Gewohnheit vieler Theologen, Matth.16,IS.19 zur Ableitung der verschiedensten An- sprüche des Papstes heranzuziehen. Nach seiner Meinung kann die- ses Wort der Bibel nur auf das Bußsakrament bezogen werden; zum Beispiel vermag der Papst nicht mit Bcrufung auf diese Stelle die Einrichtung eines neuen Festes anzuordnen.23) Das Wort i~h.16. gilt ferner nicht dem Petrus allein, sondern der ganzen Kirche bzw. allen Priestern, da nach Joh.20,22.23 dieselbe Verheißung an alle Jünger gerichtet wurde. Viel bleibt dem Papst nach Wesel an Aufgaben nicht übrig; die wesentlichste besteht darin, als Gesetzgeber im Bereich des menschlichen Rechtes zur Auferbauung der Kirche beizutragen. Der Papst ist zu diesem Amt von der Kirche eingesetzt.24) Johann von Wesel lehnt die Behauptung ab, der Apostel Petrus sei in Rom unter Nero hingerichtet, nachdem er 25 Jahre daselbst Bischof gewesen sei. Nach der Heiligen Schrift ist diese Überlie- ferung nicht zuverlässig. Der Domprediger weist an Hand von Stel- len, die Angaben über das Leben des Paulus' enthalten, und aus de- nen sich eine Zeittafel für die älteste Geschichte der Christen- heit herstellen läßt, nach, daß Petrus sich noch fast 20 Jahre nach Christi Tode in Jerusalem befand. - 105 - Im Anschluß an die Apostelgeschichte und Gal.l und 2 läßt sich nämlich folgender Sachverhalt erschließen: Stephanus wurde im ersten Jahr nach Christi Tod, das auf das Jahr 30 zu setzen ist, getötet, Paulus war bei dem Martyrium des Stephanus'zugegen und bekehrte sich noch in demselben Jahr. Nach ungefähr drei Jah- ren besuchte Paulus den Apostel Petrus in Jerusalem, ging darauf in die Länder Syrien und Cilioien und kehrte erst nach 14 Jahren nach Palästina zurück und traf in Jerusalem mit Petrus zusammen. Wesel glaubt im ganzen eine Zeit von beinah 20 Jahren für die An- wesenheit des Petrus in oder um Jerusalem annehmen zu können. Zählt man die 25 Jahre des Aufenthalts des Apostels zu den errechneten 20 Jahren, lag sein Lebensende 45 Jahre nach dem Ab- scheiden Christi. Zu dieser Zeit regierte in Rom aber nicht Nero, sondern der Kaiser Vespasian, der 40 Jahre nach der Passion des Herrn Jerusalem eroberte.25) Wesel zieht keine weiteren Folgerungen aus dieser Feststel- lung, beispielsweise dahin, daß er den römischen Aufenthalt des Petrus gänzlich leugnet. Auch diese Erörterung des Wormser Dom- predigers macht deutlich, wie kritisch er der Institution des Papsttums und der Tradition gegenüberstand. Kritik am Papsttum findetsich im Mittelalter überall, in ab- geschwächter Form innerhalb der Kirche, oft sehr kraß bei denen, die der römischen Kirche gegenüber eine feindliche Haltung ein- nahmen. Da Johann von Wesel sich nicht selbst darüber äußert, von wem er seine Anregungen erhielt, besteht allein die Möglichkeit, die Gedanken, die von anderer Seite in seiner Zeit zu diesem Ge- genstand gemacht wurden oder aus früheren Jahrhunderten noch wirk- sam waren, aufzuzeigen und zu vermuten,'daß Wesel sie gekannt hat und von ihnen beeinflußt wurde. Der Wormser Domprediger war in vielen Stücken seines Denkens von Wilhelm Ockam bestimmt, wahr- scheinlich ist dieses auch im Blick auf das Papsttum der Fall. Nach Ockam ist die Kurie keine an und für sich notwendige Einrich- tung. Die Schrift bezeugt nicht, Christus habe allein Petrus zum Apostelfürsten eingesetzt, alle Apostel erhielten die Schlüssel .des Himmelreiches und die Gewalt zu lösen und zu binden. Bei Ockam wird im Prinzip die geistliche Gerichtsbarkeit aufgehoben; der Papst kann keine neuen Dogmen einführen, sein Spruch macht keinen Menschen zum Häretiker, entscheidend sind die Aussagen der Schrift.26) - 106 - Gegen das Papsttum richtete auch Johann Wiclef heftige An- griffe. Er hielt es für Gotteslästerung, die bloße Nachfolger- schaft Petri für genügend anzusehen, um dem römischen Bischof eine solche Macht, wie er sie jetzt besitzt, zuzusprechen. Dem Papst mag eine gewisse Gewalt zugestanden werden, er ist nur dann Autorität, wenn seine Lehre der Bibel entspricht, seine Ex- kommunikation könne keinen von der wahren Kirche scheiden.27) Im 15. Jahrhundert waren es dann besonders die Hussiten, die nach dem Abklingen der konziliaren Bewegung im Gegensatz zu den Päpsten standen.28) . In WeseIs Zeit polemisierte Gregor Heimburg heftig gegen das Papsttum. Das wahre Haupt der Kirche ist Christus, der Papst ist nur Nachfolger Christi "quoad humani tatem1l• 29) Nicht allein Pe- trus, sondern allen Aposteln verlieh Christus die Gewalt zu lösen und zu binden.30) Nach WesseI Gansfort sind die Gesetze des Papstes nur ver- bindlich, wenn sie mit den Evangelien übereinstimmen. Christus gab allen Aposteln die Schlüsselgewalt.3l) Die Aufgabe des römi- schen Bischofs besteht im Beten, Lehren, Ermahnen, aber nicht im Regieren.32) Wenn Johann von Wesel auch im Blick auf das Papsttum nichts Neues sagt (s.S.124), so ist trotzdem seine Stellungnahme bedeut- sam, weil zur gleichen Zeit durch die Ausbreitung des Thomismus auch das Papsttum wieder zu größerem Ansehen gelangte.

Der Stand der Priester und der Mönche. Von der Bedeutung der Priester beim Bußsakrament ist schon gesprochen worden. Die Gewalt, die Christus den Priestern gege- ben hat, ist "ministeriale", nicht "principale". Diese Formel be- gegnet auch sonst in der Theologie scotistischer und ockamisti- scher Färbung, jedoch hängt viel von der Betonung ab, und die ist bei Wesel so, daß er den Dienst der Priester wohl als notwendig betrachtet, ihn aber nicht als Ausgangspunkt für weitere Vollmach- ten gelten las sen will. (s.S. 77 ff. ) An der Institution des Priestertums wird keine grundsätzliche Kritik geübt. Der Wormser Domprediger teilt die gesamte Menschheit in drei Stände: Kleriker, Soldaten und Bauern.33) Die Kleriker unter- scheiden sich von den Soldaten dadurch, daß ihnen verboten ist, - 107 - Krieg zu führen.34) Die Geistlichen gehören einem anderen Stand an als die Bauern, denn die Kleriker sind dem Tempel Gottes zu eigen gegeben. Es geht nicht an, daß die Priester ihre eigent- lichen Aufgaben verlassen, den Acker bebauen, den Weinstock be- schneiden, die Früchte abernten und andero Dinge betreiben.35) Die Geistlichen nehmen im öffentlichen Leben eine Sonderstel- lung ein. Der Domprediger vergleicht sie mit den Pharisäern und weist viele Parallelen zwischen beiden auf. So wie die Pharisäer -ihr Name drückt es bereits aus- von·dem übrigen Volke durch eine besondere Lebensführung und Kleidung getrennt waren, so sind in ähnlicher Weise die Geistlichen von den anderen Menschen unter- schieden.36) Den Priestern ist das Tragen von grünen und roten Kleidern nicht gestattet, auch dürfen sie sich nicht mit weltli- chen Geschäften abgeben,damit sie ungehindert für den Herrn kämpfen, dessen Lobpreis unablässig betreiben und am Altar die- nen können.37) Die Gleichsetzung von Pharisäer und Kleriker hält Wesel fUr durchaus möglich, da der Apostel Paulus in Acta 23,6 selbst sagt, er sei ein Pharisäer. Die_Kleriker besitzen das Recht, von ihrem Dienst zu leben, und dürfen freiwillige Gaben entgegennehmen.38) Die Geistlichen haben nicht den Zehnten zu geben -darin unterscheiden sie sich von den Pharisäern-, sondern zu empfangen; Wesel beruft sich an der betreffenden Stelle auf eine Bestimmung des Kirchenrechts.39) Die.Amtshandlungen werden nicht dadurch beeinträchtigt, daß der Priester ein Sünder isto Der Geistliche kann auch als Sünder beim Bußsakrament die Schuld erlassent ebenso beeinflußt dieses nicht die Gültigkeit des Meß9pfers.40} Eine Stufenordnung innerhalb des geistlichen Standes lehnt Wesel jedoch ab. Priester und Bischof unterscheiden sich allein durch den Namen. Die besonderen Rangunterschiede haben die Men- schen,eingerichtet. Christus war der erste Kleriker, er setzte diesen Stand ein, er erwählt die Geistlichen und ist ihr Meister und Herr.41) Dem Wormser Domprediger ging es ~~ möglichst große Reinerhal- tung der Geistlichkeit. Wenn die Kontinenz der Priester auch nur ein "consilium Christi" und nicht ein "preceptum" ist und die Geistlichen der griechischen Kirche, die verheiratet sind, nicht sündigen,42) glaubt er doch, daß die Enthaltsamkeit zum geistli- chen Stande gehört. Darüber, ob die Kontinenz der Kleriker ver- - 108 - nünftigerweise befohlen sei, enthält sich der Domprediger bewußt der Antwort. Zu den Priestern der abendländischen Kirche gehört die Keuschheit, deshalb ist der, der sein Gelübde bricht, ein , Gottloser.43) Es wäre wünschenswert, wenn bei diesem Gebot auf die menschlichen Schwachheiten Rücksicht genommen würde, und man nach dem Grad der Vollkommenheit abstufen könnte.' Neben der Unkeuschheit geißelt der Domprediger beim Klerus dessen Hochmut. Die Geistlichen sind bestrebt, bei Gastmählern und in den Kirchen den ersten Platz einzunehmen, sie wollen mit a.usgezeichneten Titeln angeredet werden, wie "gloriose pater, pater sancte, eximie domine, egregie magister".44) Wenn die Kle- riker zu einer Versammlung zusammenkommen, zanken sie sich und verhandeln lange Zeit über Rang und sitzordnung.45) Dieser Hoch- mut steht im Gegensatz zu der Mahnung und dem Vorbild des Herrn, demütig zu sein. Ferner sind viele Priester mit Räubern zu vergleichen, denn sie bringen wie diese mit Gewalt fremdes Gut an sich. Besitzt einer ein kirchliches Beneficium, mit dem ein Amt verbunden ist, dann ist es ungerecht, wenn er seine Aufgaben nicht erfüllt und' trotzdem den Gewinn der Pfrün~e einzieht.46) Nicht statthaft ist die Forderung oder auf der anderen Seite das Geben von Geld bei dem Antritt eines kirchlichen Amtes. Auch das Ausstellen von Ur- kunden gegen Bezahlung muß als simonistisch bezeichnet werden, das gleiche gilt von der Visitation von Kirchen, um Geld oder an- dere Gaben zu erlangen.47) Annaten, Gebühren für Bullenauszüge und ihre Beförderung sind verboten, ferner der Besitz mehrerer Pfründe. Der Heilige Franziskus wollte, daß man sich von der Be- gierde nach Geld und Gut befreien solle; seine Anhänger streben nicht danach und begehen deshalb keine ungerechtigkeiten,48) Den Gedanken, daß Priester und Bischof dasselbe sind, ver- trat auch Marsilius von padua.49) Pupper van Goch meinte, der. Episcopat stände nicht über dem Sacerdoti~, erst durch die Ge- wohnheit und Bestimmung der Kirche wurden Konfirmation und Ordi- nation den Bischöfen reserviert,50) WesseI Gansfort blieb wie Wesel bei der Ansicht, ein Priester, der lasterhaft und verdorben sei, behielte die consecrationsgewalt,51) auch er lehrte die Gleichstellung von Priester und Bischof. Im Anschluß an Matth.19,12 betont Johann von Wesel die "com- munis opinio", daß es sich bei dem mönchischen Keuschheitsgelübde - 109 - um ein bloßes "consilium Christi" handelt. Alle, die ein Gelübde ablegen wollen, sollen vorher alles genau überlegen, denn Gott mißfällt nach Eccls.5,3 eine "stulta promissio".52) Wesel meint damit Gelöbnisse, von denen niemand im voraus zu wissen vermag, ob er sie zu halten imstande ist. Der Mensch darf auch nicht sagen, ich weiß zwar, daß ich nicht enthaltsam sein kann, aber Gott wird es mir schenken. Im Anschluß an die Glosse interpretiert der Domprediger die Wendung: "qui pot est capere" in Matth.19,12 in dem Sinne, daß der Mensch damit gemeint ist, der lernte, nicht erschüttert zu werden, und sich durch eine lange Zeit hindurch von der Begierde des Fleisches rein erhielt, diesem wird dann gesae;t: "capeat", d.h. nach We- sela Meinung, er möge es geloben.53) Vor einer solchen Untersu- chung seiner eigenen Kräfte soll niemand Keuschheit geloben. Auch dem, der fürchtet, durch die Kontinenz krank zu werden oder sei- nen Tod zu beschleunigen, ist abzuraten. Allein von Maria darf gesagt werden, daß bei ihr nicht mensch- liche Weisheit und Erfahrung der Enthaltsamkeit vorangingen, da sie durch die Inspiration des Heiligen Geistes zu diesem Stande gelangte~ Mit diesen Erörterungen will Johann von Wesel das Gelübde der Keuschheit aber nicht aufheben. Es ist unstatthaft, das Verspro- chene nicht zu halten.54) Jeder, der anderen Sinnes wird und hei- ratet, begeht eine Sünde,55) Christus gab den Rat, Keuschheit zu geloben, als er sagte: "Sunt eunuchi, qui castraverunt seipsos " propter regnum celorum. Qui potest capere, capeat". (Matth.19,12) Es ist aber dem Menschen nicht erlaubt, sich selbst zum Eunuchen zu machen, denn der Dompredigermeint, ,die Menschen, die sich freiwillig enthalten, erhielten den größten Lohn, weil der zu 10- ben istt der das Gebot Gottes überschreiten kann, es aber unter- läßt.56) Von großer Wichtigkeit ist für WeseI, daß ein Mensch nur et- was geloben soll, das in seiner Macht steht, und von dem er weiß, daß er es zu halten vermag. Wenn das mönchische KeuschheitsgelUb- de auch ein verdienstliches Werk darstellt, soll dennoch keiner dazu gezwungen oder überredet werden. Wesels Kritik an einer Überbetonung der Kontinenz kam im Fro- zeß zur Spracheg Der Angeklagte wies zurück, gesagt zu haben, die Möüche seien nicht an ihr Gelübde'gebunden und könnten in diesem - 110 - Stande nicht gerettet werden. Entsprechend seinen früher gemach- ten Äußerungen glaubt er, daß der Weg durch das Kleeter mehr als ein anderer zur Seligkeit führe, im Grunde errettet jedoch nicht die mönchische Lebensweise, sondern die Gnade Gottes.57) Neben Wesel übte Pupper van Goch an der Handhabung des Keusch- heitsgelübdes durch die Kirche Kritik. Nach seiner Auffassung kann niemand dazu gedrängt werden. Goch ist wie Wesel nicht grund- sätzlich gegen das Mönchtum, sondern nur gegen dessen Überschät- zung.58) Auch WesseI Gansfort wendet sich gegen eine "stulta pro- mission•59)

Die Verehrung der Maria. Große Hochschätzung wird von Johann von Wesel der Maria zu- teil. Die gesamte Christenheit verehrt mit Recht die Mutter des Herrn. Sie kann als Mittlerin zwischen Gott und den Sündern be- zeichnet werden, wie Christus als der Mittler.60) Der Christ darf Maria um Fürsprache anrufen, damit er vor Gott Gnade erlangt. Gott hat die Jungfrau für würdig erachtet, daß aus ihr der Sohn des Höchsten geboren würde. Wegen dieses Ereignisses preist sie der Klerus am Fest ihrer Geburt mit den Worten: "Felix namque es sacra virgo Maria, et omnium laude dignissima, quod ex te or- tus sol iusticie, Christus, deus nostertt,.61)Nach dem Gebot, Vater und Mutter zu ehren, richtet sich Gott selbst, indem er seine Mut- ter ehrt, und sie mit Lob, Ehrerbietung und Seligkeit überschüt-. tet. Gott zeichnete Maria dadurch aus, daß sie als Jungfrau gebar und in diesem Zustande nachher blieb. So viele Feste die Christenheit auch feiern mag, Wesel glaubt mit Berufung auf Augustin behaupten zu können, das Lob der Maria werde nie genug verkündet werden, und wenn alle Glieder sich in Zungen verwandelten, es würde nie ausreichen. Eine besondere Auszeichnung gewährte Gott der Maria durch ihre unbefleckte Empfängnis·. Der Domprediger beruft sich dabei auf eine Konstitution des Baseler Konzils von 1439.62) Es gehört zu der Ehrerbietung, die Gott seiner Mutter erwies, daß sie immer ohne Sünde war. Da ferner die Kirche nur wegen eines heiligen Gegen- standes ein Fest begeht, der Tag der Empfängnis Mariae aber fei- erlich begangen wird, muß es sich um einen heiligen Vorgang ge- handelt haben; das bedeutet: bei der Eingießung der Seele Mariae in das Fleisch war die Gnade zugegen und die Erbsünde fehlteG63) - 111 - Durch die Kraft des Heiligen Geistes bewahrte Maria ihr ganzes Leben hindurch ihre Reinheit. Wesel leugnet die leibliche Himmelfahrt der Maria. Als Grund gibt er an, die Kirchenväter Hieronymus und Augustinus hätten nicht daran geglaubt, ferner sei dieses s)äter der Kirche nicht in besonderer Weise geoffenbart worden.64 An die großen Wunder, die Gott an Maria tat, erinnert sich die Christenheit an vielen Tagen des Jahres, die sie festlich begeht, und an denen sie von der gewöhnlichen Arbeit abläßt, da- mit sie sich völlig dem Gedächtnis und der Betrachtung der großen Taten Gottes im Leben der Maria widmen kann.65) Acht Tatsachen zählt Wesel in besonderer Weise auf: Am 25. März wird das Fest der Verkündigung gefeiert, an die- sem Tage gedenkt die Christenheit an Gottes Entschluß, Maria für würdig zu erachten, die Mutter des Herrn zu werden. Das Fest am 2. Juli erfolgt zum Gedächtnis an den Besuch der Jungfrau beiihrer Verwandten Elisabeth, wie er in Luk.l,39 ff beschrieben wird. Das Fest der Geburt Christi hat zugleich für Maria Bedeutung, denn Gott bewirkte, daß Maria als Jungfrau gebar und Jungfrau blieb. Der Domprediger beruft sich hier auf Luk.2,7. Als Anlaß zum vierten Marienfest gilt Wesel der Besuch der Magier, die den neugeborenen König der Juden suchten, und, als sie ihn fanden, Geschenke darbrachten, die Maria als Mutter des Königs in Empfang nahm.66) Die Erinnerung an die Seligpreisung, die Simeon nach Luk.2, 34.35 der Maria im Tempel zuteil werden ließ, ist nach Auffassung des Dompredigers am 29. Januar als Fest zu feiern. Am 15. August soll das Gedächtnis der Himmelfahrt der Maria festlich begangen werden. Wenn dieses Ereignis auch nicht in der Heiligen Schrift bezeugt 1st, so bürgen doch die Gründe, die die Väter dafür vorgebracht haben.67) Als weitere Marienfeste gelten die Tage, an denen der unbe- fleckten Empfängnis und der Geburt der Maria gedacht wird. Der Domprediger erwägt, ob.andere Ereignisse aus dem Leben der Maria in Bezug auf ihr Gedächtnis als Fest begangen werden könnten. Er erwähnt die Verlobung, die Flucht mit dem Kinde nach Ägypten und die Rückkehr von dort. Wenn in den Evangelien von diesen Dingen auch die Rede ist, so sind doch die Tage nicht genannt, an denen - 112 _ sie geschahen, deshalb kommen sie als Feste nicht in Frage.68) Wahrscheinlich erklären sich WeseIs Angriffe gegen das Fest der Darstellung Mariae im Tempel aus der Diskussion, die in sei- ner Zeit über diese Frage geführt wurde. Dieses Fest war 1372 erstmals in der päpstlichen Kapelle in Avignon gefeiert worden und wurde von Papst Pius 11. (1458-1464) für Sachsen gestattet. Nach dem Bericht einer apokryphen Schrift: "De nativitate Uariae" (c.6), die Wesel ausdrücklich erwähnt, brachten die El- tern der Maria das Kind in einem Alter von drei Jahren im Tempel Gott dar, dort lebte es lange Jahre hindurch und diente dem Herrn. 70) An alttestamentlichen Stellenweist Wesel nach, daß allein die männliche Erstgeburt Gott im Tempel dargebracht wurde, aber nicht die Mädchen. Eine Analogie zwischen dem Handeln der Eltern der Maria und dem der Hanna, die ihren Sohn zum Dienst für Gott gelobte, ist unangebracht, denn nur Knaben konnten dem Herrn ge- heiligt werden. Die Behauptung seiner Gegner, Maria habe im Tempel wohnen müssen, da dieser allein der geeignete Ort war, an welchem sie sich wegen ihrer Heiligkeit aufhalten konnte, entkräftet Wesel mit dem Hinweis auf Luk.I,26, nach dieser Stelle besuchte der Engel die Jungfrau Maria in Nazareth. Tempeldienst kam für Maria nicht in Frage, weil nach dem Zeugnis des Alten Testamentes al- lein Aron und seine männlichen Nachkommen für dieses Amt bestimmt waren. Diese Beweise genügen dem Domprediger, um darzulegen, daß dieser apokryphe Traktat Falsches berichtet. Das Fest der Dar- stellung oder Opferung Mariae im Tempel, das sich auf eine als unwahr erwiesene Schrift gründet, ist also abzulehnen.71) Auch bei Johann von Wesel wird deutlich, daß die Marienver- ehrung besonders ausgeprägt war in den Reihen der Volksprediger und bei den Männern, die in ihrem Denken von Duns Scotus beein- flußt waren.

Das Abendmahle Bei der Frage nach der Gegenwart Christi im Abendmahl hatte Wilhelm Ockam auf die Unmöglichkeit aufmerksam gemacht, das Dogma von der Transsubstantiation aus der Bibel zu erweisen. Er war der Ansicht nicht abgeneigt, daß im Abendmahl die Substanzen von Brot und Wein erhalten bleiben, trotzdem hielt er an der Transsubstan- - 113 - tiation fest, als Grund gab er nur an, die Kirche lehre sie.72) Nach Ockam vertraten Theologen, wie Durandus, Thomas von straß- burg, ~rre d' Ailli ohne Vorbehalt die Konsubstantiationslehre, Johann von Wesel schloß sich diesen Männern an. Nach seiner Auf- fassung bleiben die Substanzen von Brot und Wein erhaltent obwohl der himmlische Leib Christi "realiter" gegenwärtig ist.73) In Bezug auf die Frage, ob auch die Laien am Abendmahl "sub utraque specie" teilnehmen dürfen, behauptet WeseI, es handle sich hier um ein Verbot des papstes.74) Wenn wirklich die heili- gen Konzile ein Verbot erlassen hätten, machten sie den Papst, aus dessen Händen die Laien die Kommunion unter beiderlei Gestalt erhielten, zum Häretiker. Käme der Empfang von Brot und Wein einer Todsünde gleich, hätte es eine lange Zeit hindurch gar keine Kir- che gegeben.75) Die Beziehungen zum Hussitentum fallen sogleich ins Auge. Das religiöse Symbol dieser Bewegung war der Laienkelch, er gehörte zu den wichtigsten Forderungen auf dem Baseler Konzil, in den Prager Kompaktaten von 1433 wurde er den Hussiten von dem Konzil gewährt. Johann von Lutter, der mit Wesel im Briefwechsel stand, hielt von allen Irrtümern des Wormser Dompredigers den betreffs des Laienkelches für den sChwersten.76) Die Sakramente hat Gott auf Grund eines Paktes mit den Prie- stern eingesetzt. Dieser Vertrag bleibt trotz Unwürdigkeit des Geistlichen bestehen. Entscheidend sind bei Abendmahl, Taufe und Bußsakrament die Intention des Handelnden und die entsprechenden Worte bzw. bei der Taufe das Taufen. Auch die Ehe.läßt sich auf einen Pakt Gottes zurückführen.Zu Ordination, Konfirmation und letzter Ölung äußert sich Wesel nicht, es ist deshalb nicht er- sichtlich, welche Stellung er zu diesen Sakramenten der römischen Kirche einnahm.

Die Mißbräuche der Kirche.7?) Nach den Aussagen des Verhörberichtes verfaßte Wesel eine Schrift: "de ieiunio".78) Obwohl sie verlorengegangen ist, darf man darauf schließen, daß Wesel sich in ihr ablehnend zu dieser Einrich·tung der Kirche stellte. Zeugnisse aus anderen Quellen weisen darauf hin. Christus hat niemals das Fasten eingesetzt, noch geboten, an einem vorgeschriebenen Tage eine bestimmte Speise, wie beispiels- - 114 - weise Fleisch, zu meiden.79) Nach Meinung des Wormser Dompredi- gers richtete der Papst das Fasten ein, aus diesem Grunde kann er auch davon dispensieren, anders wäre die Duldung des Fleisch- verkaufes in Italien während der Fastenzeit nicht zu erklären. Soweit durch das Fasten der Leib in Zucht gehalten wird, läßt es Wesel als gut und verdienstlich zu, wenn es aber dem' Geize dienst- bar gemacht wird, ist es vom Übel. Wesel übt ferner an besonderen Gebeten, beispielsweise den sieben Stundengebeten, und der Art. wie die Messen gefeiert wer- den, Kritik. Christu.s befahl außer dem "Pater noster" keine ande- ren Gebete. Auch die Messe ist in der Christenheit erschwert wor- den. Bei Petrus war die Messe einfach, der Apostel sprach zu-· nächst das Gebet des Herrn, dann vollzog er die Wandlung und kom- munizierte mit den anderen. Heute dauert eine Messe dagegen eine Stunde und mehr, der Priester muß oft Kälte erdulden, dieses schä- digt ihn für lange Zeit.80) Wallfahrten nach Rom und anderen entfernten Orten sind unnö- tig, Christus hat sie nicht geboten, sondern nur gesagt: Gehe hin und sündige hinfort nicht mehr. Den Nutzen von geweihten Gegenständen im Blick auf die Verge- bung läßlicher Sünden und die Vertreibung der Dämonen lehnt Wesel ab.81) Der Domprediger soll gesagt haben, das heilige Öl sei nicht anders als das, was man zu Hause im Mehlkloß ißt.82) Mit diesen kritischen Bemerkungen über gewisse ,Gebräuche der römischen Kirche griff Wesel nicht ihre Substanz an. Es war noch nicht ketzerisch, die einfache, urchristliche Form der Messe ge- gen die sich 1m Gebrauch 'befindliche auszuspielen. Diese Äußerun- gen lassen aber einerseits von dem kritischen Sinn Wesels etwas deutlich werden, der auch bei vielen anderen Ansichten des Dom- predigers sichtbar wurde. Auf der anderen Seite ist zu sagen, wenn es der Inquisitor für notwendig hielt, auf diese Dinge zu sprechen zu kommen, dann geschah es wohl deshalb, weil die Leug- nung dieser Gebräuche der römischen Kirche ihm Indizien für hä- retische Einstellungen sein konnten. Es war auch nicht von der Hand zu weisen, daß bei den Hussiten Fasten, Weihen und andere Dinge abgeschafft worden waren und man die Messe in ihrer ur- sprünglichen Form feierte. - 115 - 5. Die Astronomie und die Astrologie. In den Jahrhunderten des späten Mittelalters und der Re- naissance richteten zahllose Menschen ihr Tun und Lassen nach den Sternen aus und handelten unter dem Druck ihres Horoskops.l) Gerade im 15. und 16. Jahrhundert stieg die Geltung der Astrolo- gie immer höher. Kaum einer vermochte sich völlig ihrem Einfluß zu entziehen. Hans Knebel berichtet in seinem Tagebuch zu den Jahren i477 und 1479 von berühmten Astrologen,2) und glaubt an den Erfolg dieser geheimnisvollen Kunst.3) An Widerspruch aus kirchliche~ Kreisen fehlte es nie, zumal die Forderung der mensch- lichen Willensfreiheit durch die,Sterne bedroht schien. Nur sel- ten jedoch verwarf einer die gesamte Denkweise, die mit der Astro- logie verbunden war. Thomas von Aquino ließ wenigstens Körperbau, Geschlechtsunterschied und den individuellen Charakter durch die Sterne bestimmt sein. Der Einfluß der Gestirne wurde beschränkt, aber nicht geleugnet, viele hielten sich an das Wort: "Inclinant astra, non necessitantH•4) Besondere Erscheinungen am Himmel gaben den Anlaß zu Voraus- deutungen, die die Menschen in Hoffnung, aber auch in Furcht ver- setzten. Aus einer solchen Situation heraus verfaßte Heinrich von Langenstein zwei Schriften gegen die Astrologie, 1368, als an eine Kometenerscheinung die verschiedensten Prophezeiungen geknüpft wurden, und den zweiten Traktat 1373 gegen Ausdeutungen der Kon- junktur des Jupiter und Saturn.5) Diese Schriften stehen aber ver- einzelt gegenüber der Masse derer, die die andere Seite vertraten. Johann von Wesel berichtet, er habe sich und andere gefragt, was von den Aussagen über die Gestirne zu halten sei.6) Da nicht an besonde~e Himmelserscheinungen erinnert wird, muß geschlossen werden, daß die Erörterungen des Wormser Dompredigers nicht aus einer besonderen Situation entstanden sind; sie dürfen vielmehr als das Ergebnis langer, grundsätzlicher Erwägungen angesehen werden. Die Erkenntnisprinzipien entni~t der Domprediger in erster Linie der Erfahrung und den Feststellungen, die durch die Sinne des Menschen gewonnen werden können.7) Zu anderen Erkenntnissen vermag man durch Verknüpfung von bereits bekannten Tatsachen zu gelangen, vielfach zieht der Domprediger dabei die Heilige Schrift hinzu. Gleichberechtigt neben der natürlichen Wahrnehmung steht die Autorität des Aristoteles, des Kommentators (wohl Averroes),8) - 116 - und der Bibel. Als Quellen für seine astronomische Schrift gibt Wesel fer- ner die Aufzeichnungen des Gerhard von Cremona (+ 1187), des Campanus (wohl Campanus de Novara),9) und des Thaddäus von Parma (+ 1341) an. Da der Domprediger nur die Grundelemente der Astro- nomie bringen will, verweist er für alle spezielleren Fragen auf diese Werke.lO) Jeder, der nicht völlig ungebildet und unwissend ist, vermag die Aussagen der Astronomie als richtig anzuerkennen.ll) Alle leuchtenden Körper des Himmelsgewölbes werden als Sterne bezeichnet. Nach Ansicht des Schöpfers dienen sie zum Schmuck des Weltalls und sollen als Lichter den Tag -diese Aufgabe hat beson- ders die Sonne- und die Nacht erhellen. Die sterne werden von Gott als der ersten Ursache bewegt. Alle Sterne sind von der gleichen Substanz, die dem Menschen in ihrem Wesen jedoch unbekannt ist. Wären die Himmelskörper in ihrer Grundstruktur differenziert, müßten sich verschiedene Wir- kungen feststellen lassen, da aus der jeweiligen "actio" auf die Substanz geschlossen werden kann. Nach Auffassung WeseIs läßt sich bei den sternen eine verschiedene Wirkung nicht erkennen, folglich sind sie in ihrem Wesen alle gleich. Die ÄgypterentdeCkten bei den Sternen einen Unterschied. Die meisten von ihnen bewegen sich in gleichem Abstand voneinan- der über das Himmelsgewölbe, diese Sterne werden als Fixsterne bezeichnet und der Ort, an den sie gesetzt sind, als Firmament. Andere Himmelskörper findet man, die sich einmal voneinander entfernen, sich dann wieder einander nähern; am deutlichsten läßt sich diese Erscheinung an Sonne und Mond beobachten, ihre Namen sind: Sonne, Mond, Mars, Merkur, Jupiter, Venus und Saturn. Diese Sterne werden als herumirrende Sterne bezeichnet, gewöhnlich nennt man sie Planeten.12) Letztere Namen haben sie, weil sich'ihre Be- wegung auf einer gewissen Ebene, dem Tierkreis, vollzieht.13) Die Quelle des Lichtes für alle Planeten ist die Sonne, sie regiert durch ihr Leuchten wie ein König in seinem Königreich. Eine Verfinsterung der Sonne ist dadurch zu erklären, daß der Mond zwischen diese und die Erde tritt und ihre Strahlen abfängt. Die Sonnenstrahlen bewirken auf der Erde die Wärme, durch die Wachsen und Gedeihen möglich ist. Wesel leugnet aber, daß die Vegetation, abgesehen von der Temperatur, die auch erzeugt werden - 117 - kann durch andere Mittel, von anderen Voraussetzungen abhängig sei, Beispielsweise von dem Stand der Sonne in einem bestimmten Zeichen des Tierkreises. Als Gegenbeweis beschreibt der Dompre- diger folgenden Versuch: Wenn im Winter ein Zweig von einem Baum abgeschnitten und in warmes Wasser gestellt wird, blüht er und bringt Blätter hervor, obwohl die Sonne sich in den Tierzeichen befindet, die für den Winter gelten.14) Ferner ist die Zeit der Reife nicht an einen bestimmten Stand der Sonne gebunden. Nach Act.2,13 fand in Palästina die Traubenernte viel früher statt als in den nördlichen Gebieten.15) Der Mond ist de! schnellste Planet, er vollendet seine Bewe- gung um die Erde in 28 Tagen. Er leuchtet nur dann, wenn die Sonne ihn bescheint, denn er hat kein eigenes Licht, wenn die Erde zwischen ihn und die Sonne tritt. Da der Domprediger grund- sätzlich jeden Einfluß der Gestirne auf das irdische Geschehen verwirft, wendet er sich gegen die Auffassung, Ebbe und Flut sei- en von dem Monde beeinflußt. Wenn der Mond wirklich eine Einwir- kung ausüben würde, dürfte diese nicht allein auf das Meer be- schränkt sein, sondern müßte sich auf alle Gewässer erstrecken, weil sie alle in gleicher ~eise Objekte des Mondes sind.16) Die Astrologie bezeichnet man als die Wissenschaft, die sich mit den Wirkungen der Sterne beschäftigt. Die Grundlagen dieser Lehre, von denen alles andere abgeleitet wird, sind: die Ver- schiedenheit der Naturen und Verbindungen bei den Planeten, die Unterschiedlichkeit der Tierzeichen in Bezug auf ihre Qualität und ihren Einfluß und die Überzeugung, daß die Sterne auf die irdischen Dinge einwirken können.17) Die Widerlegungen der Argumente, die für die Astrologie vor- gebracht werden, lassen sich bis zu einem gewissen Grade in sol- che, die mehr naturphilosophischer Art sind, und solche, die mit Wesel~ theologischer Ha.Ltung in Verbindung gebracht werden kön- .nen, einteilen. Johann von Wesel betont ausdrücklich, daß sich bei den Ge- stirnen, ab~esehen vom Leuchten, keine andere "qualitas" nachwei- sen läßt.18 Da andere Qualitäten fehlen, sind Verbindungen verschiedener Natur unmöglich" Die Gestirne empfangen keine Ein- flüsse vonden Tierzeichen, weil nur dann etwas gegeben werden kann, wenn etwas vorhanden ist; das ist hier jedoch nicht der Fall.19) Die Benennung der zwölf Abschnitte des Tierkreises be- - 118 - ruht auf menschliche Erfindung. Kein Zeichen ist warm, kalt, männlich, weiblich usw.,20) auch die Zuordnung der menschlichen Gliedmaßen zu den Tierzeichen muß als willkürlich, ohne Nutzen und Wirkung angesehen werden.21) Sich bei Operationen am mensch- lichen Körper nach bestimmten Zeichen zu richten, wie Ptolomäus meint, ist unsinnig. Die Sterne nötigen keinen Menschen, sie machen ihn aber auch rtichtzu etwas geneigt.22) Von den Konstellationen der Planeten irgendwelche Schlüsse im Blick auf Krankheiten oder Medikamente zu ziehen, ist gegen die medizinische Wissenschaft.23) Nach Sirach 38,4 läßt Gott auf Erden Heilmittel wachsen, die ein kluger Mann nicht verabscheut. Auf diese soll man sich verlassen, nicht auf die Gestirne. Wären beide Kräfte wirksam, die Gestirne und die Medikamente, ergäben· sich die größten Schwierigkeiten, wenn nämlich die Sterne den Tod eines Menschen wollen, die Medikamente aber auf dessen Ge- sundheit hinzielen. Die Hinzuziehung von Bibelstellen soll den Beweis erbringen, daß nach Gottes Willen die Sterne keine andere Aufgabe als die des Leuchtens besitzen.2~) Wesel führt beispielsweise Gen.l,14 an. Auch Jesajas (13,10) und Jeremia (31,35) erwähnen, wenn sie von den Gestirnen sprechen, nur deren "illuminatio". Nach Eze- chiel (32,7) werden in der Zukunft die Sterne verfinstert werden, der Prophet sagt aber nicht, daß der Einfluß der Gestirne des Himmels ein Ende haben wird, noch der von Sonne und Mond,25) weil keiner vorhanden ist. Auch Daniel erwähnt (12,3) nichts von Hand- lungen oder Regierung der Sterne. Die Stelle in Josua 10,12.13 zeigt, daß die Gestirne das menschliche Geschehen in keiner Weise beeinflussen. Obwohl die Sonne und der Mond am Himmel stehen blieben'und der eine Tag künstlich auf zwei verlängert wurde, gi~g der Kampf, ohne daß die Gestirne einen Einfluß ausüben konnten, weiter, und viele Mächtige fielen. Die Astrologie ist Magie. Unter dem Einfluß der Dämonen er- dichteten die Autoren astrologischer Schriften die Behauptung, die sterne könnten etwas auf Erden bewirken. Die AstrolOgen ver- mögen auch Voraussagungen zu treffen, diese Aussprüche lassen sich jedoch nicht auf die Kenntnis der Gestirne,sondern auf die verwerflichen Einflüsterungen der bösen Geister zurückführen. - 119 - Nach Lev.19,26 und Deut.18,9.10.12 verbot Gott jede Art der Wahr- sagerei.26) Der Taufel wollte mit dieser Kunst Gott die Ehre ent- ziehen und bewirken, daß das, was Gott gebührt, von den Menschen den geschaffenen Gestirnen zugewendet wird.27) Zur Bekräftigung seiner Auffassung zitiert der Domprediger ein größeres Stück aus Augustins "De doctrina christiana", in dem davon die Rede ist, wie unter dem Einwirken der Dämonen durch abergläubische Künste der Kreatur gedient wird, als ob sie Gott sei.28) - 120 - IV. Kapitel. Johann von Wesel und die geistigen Strömungen seiner Zeit.i)

1. Die geistige Entwicklung und die Beeinflussung Johanns von WeseI. Die ersten Jahrzehnte des Lebens WeseIs sinduns in Bezug auf seine Entwicklung unbekannt, wir wissen nicht, welche Ein- drücke er in seiner Heimat Oberwesel empfing, und welche Gründe ihn veranlaßten, nach Erfurt zu gehen, um dort Theologie zu stu- dieren. An dieser Universität dachte und lehrte er in den Bahnen einer Theologie, die wesentlich von Wilhelm Ockam, Duns Scotus, aber auch von Thomas---- von Aquino bestimmt war. ~hann von ~l darf man in seiner Erfurter Zeit noch nicht als Vertreter einer oppositionellen Richtung innerhalb der römischen Kirche ansehen. Er bekennt selbst, er habe zunächst, weil er als Schüler zu leicht seinen Lehrern glaubte, die Kraft der Ablässe und ihre Anerkennung durch Gott verteidigt.2) Der Kommentar zu den Sentenzen des Petrus Lombardus zeigt, wie Johann von Wesel in Erfurt im wesentlichen das unbe~trittene Lehrgut aller theologischen Schulen darlegte und viele Namen von bedeutenden Scholastikern heranzog. Die Schulgegensätze zwischen der "via antiqua" und der "via moderna" sind stark verwaschen. Trotzdem darf Johann von Wesel als Anhänger der "Modernen" ange- sehen werden, denn an den Stellen seines Kommentars, an -denen er auf die verschiedenen Richtungen innerhalb der Theologie seiner Zeit zu sprechen kommt, entscheidet er sich für die "via moderna". Auch in vielen theologischen Lehren ist er vom Ockamismus-beein- --_ .. --::... - flußt. Wesel war, wie aus dem Sentenzenkommentar zu ersehen ist, kei~.tiefer theologischer Denker; an der Lösung grundsätzlicher ---,--- _- - theologischer Probleme hatte er wenig Interesse. Vielleicht zeigt sich in seinem Bemühen, eine verständliche und übersichtliche Dogmatik zu schaffen, bereits der Zug zur Pr~xis, der in seiner Wormser Zeit stark vorhanden war. Auf der anderen Seite folgte, er dem Zuge seiner,Zeit, wenn er die theologischen Gegensätze zu- rücktreten ließ, und es bei ihm zu einer Verflachung der philoso- phisch-theologischen Probleme kam.3) . In dem Sentenzenkommentar deutet wenig darauf hin, daß der - 121 - Autor später einmal von einem Inquisitionsgericht verurteilt wer- den wUrde. Die Fragen, die die Lehre vom "filioque" betreffen, sind korrekt kirchlich behandelt. Die Erbsündenlehre zeigt zwar gewisse Ansätze, von denen aus Wesel später zu ihrer völligen Leugnung gelangen konnte, erscheint aber in ihrer in dem Kommen- tar vorgetragenen ockamistischen Form für das späte Mittelalter als durchaus haltbar. Kritik an den Kirchenvätern wird nicht laut; von einer Ablehnung des Papstes läßt sich, soweit dieses aus den ersten drei Büchern des Sentenzenkommentars zu erkennen ist, nichts entdecken. Die Lehre vom Ablaß hat Wesel, wie aus der kritiklosen Erwähnung des Schatzes der überschüssigen Werke Christi und der Heiligen zu ersehen war, anerkannt. Nicht in allen Dingen nahm er in seiner Erfurter Zeit eine zu seinen späteren Meinungen gegensätzliche Haltung ein. Im Blick auf die unbefleckte Empfängnis Mariae äußerte er in seinen spä- teren Schriften nichts wesentlich Neues. SeinGottesbegriff und die Lehre von der Schuld und Erlösung des Menschen bleiben, ab- gesehen von der Ablaßlehre, im Grunde dieselben. Eine Entwick- lung erfuhren sie insofern, als manches in ihnen, beispielsweise der Gedanke an die Alleinwirksamkeit Gottes und die Gnadenlehre, überspitzter formuliert und schärfer begründet wurden. Bei der Leugnung der Erbsünde ,zog der Domprediger nur die Konsequenzen aus der ockamistischen Auffassung. In der Frage nach der Berech- tigung der Astrologie nahm'Wesel in dem Sentenzenkommentar eine mehr vermittelnde Stellung ein, aber auch hier findet sich be- reits der Hinweis auf die Bedeutung der Dämonen bei dieser von Gott verbotenen Kunst. Die Wandlung zu den Auffassungen seiner späteren Zeit wird sich im wesentlichen in.Worms zwischen 1460 und 1470 vollzogen haben. Aus der Synodalpredigt von 1468 kann man Folgendes entnehmen: Wesel war als scharfer Kritiker bekannt, besonders im Blick auf die Lebensweise des Klerus; deshalb stan- den ihm viele feindlich gegenüber.4) Die Daten der näher bestimm- baren Schriften l,lesels:1470 Traktat über die unbefleckte Em- pfängnis Mariae und das Wesen der Erbsünde, 1472 Briefe an Jo- hann von Lutter, 1475/76 Die Disputation gegen den Ablaß, zeigen, daß Wesels Anschauungen am Anfang der siebziger Jahre voll ent- wickelt waren. Nach einer Aussage am Ende des Ketzerprozesses gelangte der Domprediger wahrscheinlich um 1473 zu der Leugnung des "filioque". 5 ) . - 122 - Nur in allgemeinen Formulierungen spricht sich Wesel über seine Wandlung aus. Auf den Hinweis Johanns von Lutter, Wesel habe früher oft betont, nichts behaupten zu wollen, was gegen die Lehre der Kirche verstoße,6) entgegnet der Domprediger mit I.Kor.13,11, er habe, als er ein Kind war, wie ein Kind geredet und gedacht.?) Die schon in einem anderen Zusammenhang erwähnte Stelle Augustins, die Wesel im Kirchenrecht fand, (s.S.97) lehrte ihn, als Professor d~r Heiligen Schrift seinen Sinn ge- fangenzunehmen in der Nachfolge Christi und unter der Einsicht des Heiligen Geistes, der der Autor der Heiligen Schrift ist.S)

Über die Einflüsse,,..-- die Wesel aus Schriften oder durch per- sönlichen Verkehr empfing, schweigt er sich aus. Einerseits mag ihn die Furcht zurückgehalten haben, durch Nennung von Männern oder ganzen Bewegungen, die von der Kirche als häretisch verur- teilt worden waren, selbst in der Verdacht der Häresie zu ge- langen; auf der anderen Seite -dieses Motiv scheint mir das wichtigere zu sein- glaubte der Domprediger, sämtliche Lehren aus der Bibel selbst ableiten zu können; unter diesem Gesichts- punkt---bedeutet der Einfluß anderer nur einen Hinweis auf Dinge, die er, auch ohne deren Namen zu nennen, selbständig in der Bibel finden od~r aus ihr beweisen konnte. Von welcher Seite nun direkt die Anregungen erfolgten, die den Domprediger veranlaßten, sich auf ei~ solchgefährlichen Pfad zu begeben, läßt sich im einzelnen kaum feststellen. Allein von der Kenntnis der verschiede~en Strömungen, die am Ausgang des Mittelalters in Deutschland wirksam waren, können einige Schlüsse gezogen werden. In vielen Punkten zeigt sich Wesel von Wilhelm Ockam_..---- bee in- flußt, d~ssen Schriften ihm als ehemaligen Universitätslehrer, wenn auch der Name dieses Mannes bei Wesel nicht genannt wird, bekannt gewesen sein müssen. Bei den Anregungen durch den genann- ten Theologen ist an WeseIs Stellung zum Papsttum zu denken, an die Einschränkung der kirchlichen Aufgaben auf die Sakraments- spendung, an die Betonung der Schrift und der unumschränkten Macht Gottes.9) Neben Ockam hat besonders bei den Fragen, die sich mit der Schuld und Erlösung des Menschen beschäftigen, Duns Sc~tus Ein- flüsse ausgeübt. Johann von Wesel hat, wie der Briefwechsel mit Johann von Lutter zeigt', Johannes Ger~m1t; es ist mög- - 123 - lieh, daß er von diesem Anregungen hinsichtlich der Hinwendung zur Bibel als der wichtigsten Richtschnur für den Glauben empfing. Der Kampf Gregors von Heimburg gegen die Kurie wird auf den Worm- ser Domprediger nicht ohne Einfluß gewesen sein. Es ist ferner an die vielen Reformtraktate aus der Zeit der konziliaren Bewegung zu denken, die sich mit der Frage nach der Berechtigung der verschiedensten Einrichtungen der römischen Kir- che auseinandersetzten und in irgendeiner Weise einen revolutio- nären Zug trugen. Gewisse Sympathien scheint Wesel für das Base- ler Konzil gehegt zu haben, denn er zitiert eine Konstitution dieser Kirchenversammlung, die in die Zeit gehört, als der völli- ge Bruch mit Rom bereits geschehen war.lO) Man kann Wesel jedoch nicht als Anhänger der Reformkonzile ansehen, da er bezweifelte, daß ein Konzil-unter'direktem Einf'luß des Heiligen Geistes stehe, auch von seinem spiritualistischen Kirchenbegriff aus mußte er eine Kirchenversammlung als äußere Manifestation der Kirche ab- lehnen. Manche Anregungen w~d Johann von Wesel aus der hu~~en Bewegung empfangen haben. Es ist dabei bereits an Wesels Erfurter Zeit zu denken. Wahrscheinlich veranlaßte den Erfurter Universi- tätsprofessor Johann Hagen nicht allein das Auftreten von Häre- tikern in BÖhme;'- SChriften gegen die Huast ten zu verfassen, 11) ....."..___.-,...,.,..,,~-_,...-. ,...... -..., ""'...... ,,-,,~.---~_..- --_.--...~. - - - ~ sondern auch das Eindringen dieser Ideen in den Bereich der Uni- versität selbst; um 1460 nämlich hegte in Erfurt ein gelehrter Theologe Johann Kannemann ketzerische Gedanken über die ge±stli- ehe Gewalt.12) Johann von Wesel werden diese Vorgänge nicht unbe- kannt gewesen sein. Ob Wesel in seiner Wormser Zeit mit Anhängern .der Hussiten und Waldenser in Berührung gekommen ist, bleibt unbekannt.---Niko- .,,------'- laus von Böhmen kann man ni9ftt als überzeugten Anhänger einer dieser--Bewegungen bezeichnen. (s.S.125) Um und in Worms lassen sich im 15. Jahrhundert keine häretischen Kreise feststellen.--- _.__ ._--_ - ---~._._._---,- Man darf vermuten, daß Wesel von den Lehren dieser Bewegungen Kenntnis erhielt, am deutlichsten wird dieses bei den Ausführun- gen über die Kommunion unter beiderlei Gestalt. Die Waldenser verwarfen den Ablaß und das Weihen von Wasser, Palmen, Öl und das kanonische stundengebet.13) Sie lehnten jedoch das Fegefeuer ab, an dem Johann von Wesel festhielt.14) Die Hussiten zogen wie der Wormser Domprediger von der V/ertschätzung der Bibel als der höch- - 124 - sten Autorität her bestimmt die Konsequenzen im Blick auf die Ablehnung vieler Einrichtungen der römischen Kirche. Diese Ideen mögen Wesel durch Flugschriften, polemische Traktate gegen die Häretiker oder auch durch einen der hussi- tisch-waldensischen Wanderprediger zugänglich geworden sein. Im Jahre 1520 erschien die Schrift eines Ulricus Velenus, in der durch verschiedene Thesen bewiesen wurde, daß der Apostel Petrus nicht nach Rom kam und dort als Märtyrer starb. Der Ver- fasser ist ein junger böhmischer Humanist aus Mnichow bei Eger, er studierte in Prag und widmete sich dann der Buchdruckerkunst. Wahrscheinlich schon seit 1518 betätigte er sich als Mitarbeiter des Arztes und Druckers der Brüderunität Nikolaus Claudianus in Jungbunzlau. Von dem Jahre 1538 ab gibt es keine Nachrichten mehr über Ulricus Velenus. Velenus stützt sich in seiner Schrift über den Romaufenthalt des Petrus auf Argum~nte, die er einer bald nach 1500 verfaßten Abhandlung des Laurentius Krasonicky (gest.1532) entnahm~ Krasonicky war ein hervorragendes Mitglied der Brüderunität.15 Luther_wurde der Traktat aus Böhm~n zuge- schickt. Auch die Hervorhebung von Wiclef, Hus und Hieronymus von Prag in der Einleitung deutet auf böhmisch-hussitischen Ur- sprung.16) Die "persuasio quarta" dieser Schrift entspricht in- haltlich dem Traktat WeseIs über die Frage, ob der Apostel Pe- trus unter Nero in Rom hingerichtet wurde; die größere Breite und einige Umstellungen bei Ulricus Velenus sind von geringer Bedeutung. Velenus stützt sich bei seinen anderen Beweisen viel- fach auf ältere Autoren, beispielsweise auf Marsilius von Padua, 17) es ist also anzunehmen, daß auch bei der mit WeseIs Auffas- sung übereinstimmenden Erörterung eine ältere Vorlage vorhanden war. Wegen der außerordentlich scharfen Polemik, die sich in hussitischen Kreisen gegen das Papsttum fand, darf man den Ur- sprung dieses von Wesel herangezogenen Beweises in Böhmen ver- muten, wahrscheinlich erhielt der Domprediger von dort aus über diese Dinge seine Kenntnisse. Im Verhör bekannte WeseI, er sei nicht Anhänger, Begünsti- ger oder Bischof der BÖhmen.18) Der Inquisitor vermochte das Gegenteil nicht zu beweisen. Am Ende der Wirksamkeit Wesels tauchte ein Hussit bei ihm auf. Dieser Böhme mit dem Namen Nikolaus kam wahrscheinlich Ende 1477 nach Worms, um den Domprediger dört zu besuchen, da -125 - er ihn nicht mehr antraf, reiste er ihm nach Mainz nach. Der Verkehr mit diesem Hussiten brachte Wesel ins Gefängnis. Nach den Aussagen im Verhör drehten sich die Gespräche, die die bei- den Männer führten, um medizinische Dinge und die Frage nach de~ Abendmahl unter beiderlei Gestalt.19) Der Böhme mag von WeseIs oppositionellen Äußerungen gehört haben und wollte sich durch den Besuch darüber Klarheit verschaffen, in welchem Verhältnis der Domprediger zu den Hussiten stand.

Nikolaus____.------.von Böhmen scheint kein hussitischer---._-_-_Wanderprediger...._ ..._. in der Art Friedrich Reisers gewesen zu sein. Nikolaus war wahr- scheinlich Kaufmann und kam auf diese Weise durch ganz West- deutschland. Konrad Knebel, der ihn als "Comes de Sternenberg in Bohemia" bezeichnet, kennt ihn von Basel her,20) er taucht bei Neuß auf, das Karl der Kühne belagerte.21) (s.S, 136) Konrad Hensel, der Stadtpfarrer in Frankfurt, bekennt, mit diesem Manne gesprochen zu haben.22) Nach der Verhaftung des Böhmen stellte sich auf der Folter heraus, daß Nikolaus die Siegel von Fürsten und Kaufleuten gefälscht und diese durch falsche Briefe ge- täuscht und geschädigt hatte.23) Dieser Hussit war wahrschein- r lich ein Abenteurer; nach dem, was über ihn berichtet wird, kann man ihm ~nig Sympathie entgegenbringen. Für WeseIs Ent- wicklung ist diesem Besuch, der in die Jahre 1477 bis 1479 fällt, keine Bedeutung zuzumessen, weil, wie die Schriften des Dompre- digers zeigen, dessen Anschauungen bereits einige Zeit vorher voll entwickelt waren. Die Weigerung, seine Häresien zu widerrufen, gründet sich auf die Überzeugung, die rechte Lehre in Übereinstimmung mit der wahren katholischen Kirche zu vertreten. Der Wormser Dom- prediger wollte keine völlige Wandlung der bestehenden Zustände, sondern Reform dessen innerhalb der römischen Kirche, welches nach seiner Auffassung nicht mit den Lehren der Bibel überein- stimmte. Er war nicht bestrebt, das Fundament der römischen Kir- che zu zerschlagen, er beabsichtigte nicht Trennung, sondern Neuordnung durch besseres Verständnis der Heiligen Schrift. Die Nachricht, Wesel sei als katholischer Christ und nach Empfang der Sakramente verschieden, darf nicht in dem Sinne verstanden werden, daß der Domprediger reumütig in den Schoß der Kirche zurückgekehrt sei, denn er hatte nie grundsätzlich mit der rö- mischen Kirche gebrochen. - 126 - Da durch die furchtbaren Verwüstungen der Hussitenzüge die Böhmen in Deutschland gefürchtet und gehaßt wurden, bemühten sich die milderen Gegner der römischen Kirche, ihren Gegensatz zu der hussitischen Ketzerei zu betonen.24) Wahrscheinlich hat Johann von Wesel eine ähnliche Stellung eingenommen. Er fühlte sich nicht als Anhänger der Hussiten oder Waldenser. Trotz man- cher Gemeinsamkeiten gab es bei dem Domprediger viele Unterschie- de zu den Lehren dieser Kreise. Wesel hielt an der Lehre vom Fe- gefeuer fest und, wenn auch mit starken Einschränkungen, am Papsttum. Ohne daß Johann von Wesel es ausdrücklich ausspricht, scheint er den Idealzustand der Kirche in den ersten Jahrhunder- ten ihres Bestehens gesehen zu haben; damals gab es noch keinen Ablaß, keine Lehre von der Erbsünde und der körperlichen Himmel- fahrt der Maria. Wesel zeigt ferner Interesse an der griechischen Kirche. Bei der Ablehnung der römischen Einrichtung betreffs der Enthaltsam- keit der Priester und dem Abendmahl unter beiderlei Gestalt be- ruft er sich auf die Sitten der "Griechen", auch seine Leugnung des "filioque" bekam von dort ihre Anregung. Viele Punkte innerhalb der Anschauungen WeseIs stimmen mit denen des Johann Pupper van Goch und des WesseI Gansfort über- ein. Bei der Besprechung der einzelnen Abschnitte ist darauf hingewiesen worden. So wendet sich auch WesseI Gansfort gegen die Indulgentien, gegen die beherrschende Stellung des Papstes und hebt die besondere Autorität der Schrift hervor. Ähnlich liegen die Dinge bei Pupper van Goch, er führt die Bibel gegen seiner Meinung nach unberechtigte Einrichtungen der Kirche ins Feld:,er übt Kritik an der Art, wie die Mönchsgelübde gehand- habt werden. Johann von Wesel selbst erwähnt diese Männer nicht. Über das Verhältnis Puppers van Goch zu Wesel läßt sich von den Quellen her nichts sagen.25) Die Nähe ihrer Gedanken zueinander ist nicht so groß, daß eine literarische Abhängigkeit oder persönliche Kenntnis angenommen werden müßte. WesseI Gansfort kommt zweimal auf den Wormser Domprediger zu sprechen. In seiner Schrift "De magnitudine passionis" ist von Hebr.lO,4 die Rede, "in der die Unwirksamkeit äußerer Opfer ohne die rechte Herzensstellung des Opfernden betont wird", - 127 - WesseI spricht dann von dem "Doctor subtilis Johannis Wesalia" und spielt offenbar'auf dessen Verwerfung äußerer "ceremonialia", wie Fasten, Salböl, Weihwasser an.26) In einem Brief an den Magister Ludolph van Veen vom 6. April 1479 bittet WesseI Gansfort um Rat, was er nach der Verurteilung WeseIs tun solle,- da das -Gerücht umläuft, der Inquisitor werde 27 nun zu ihm kommen. ) Der Niederländer redet von dem ehrwürdigen, Magister Johannes von Wesel und rühmt dessen Scharfsinn und Ge- lehrsamkeit.28) WesseI kann nicht umhin, diesen Mann zu lieben und dessen Geschick zu bedauern. Auf der anderen Seite meint WesseI Gansfort, ein noch tieferes Hindurchgehen durch das stu- dium der realistischen und formalistischen Logik hätte ihn vor den gefährlichen und unvorsichtigen Resultaten seiner Theologie bewahrt. Nach Auffassung des Niederländers war es falsch, seine übertriebenen und dem Volke anstößigen Ungereimtheiten öffentlich vorzutragen. Schon oft, berichtet WesseI Gansfort, habe ihn We- sels unüberlegte und gefährliche Ausdrucksweise mit Furcht er- füllt, das Volk kann seine Äußerungen nicht fassen und nimmt An- stoß.29) Als WesseI den Brief schrieb, befand er sich bei den Brüdern auf dem Agnatenberg bei Zwolle.30) Wahrscheinlich erhielt WesseI Gansfort seine Nachrichten aus dem Kloster Kirschgarten bei Worms, das zur Windesheimer Kongregation gehörte.31) Das Urteil des Kirschgartener Mönches32) ist wie das von WesseI Gansfort im Blick auf die Fähigkeiten des Dompredigers sehr positiv, jedoch erregte Wesel .-und damit stimmt der Mönch ferner mit Wessel über- ein- mit seinen unverständlichen Reden großen Anstoß beimVolke. Diese Ähnlichkeit läßt sich dahin erklären, daß der Kirschgarte- ner Mönch nach Zwolle oder an WesseI Gansfort direkt über Wesel berichtete, wahrscheinlich auch über den Prozeß; Wessel Gansfort • flocht dann in den Brief an van Veen, der bald nach dem Eintref- fen der Nachrichten über Wesel geschrieben.wurde, das Urteil des Kirschgartener Mönches über den Domprediger ein. Aus der Chronik des MönChes, der große Achtung für die Windesheimer Kongregation hegte, läßt sich erweisen, daß er zu Zwolle Beziehungen unter- hielt, er schickte einen bekehrten Juden zum weiteren Unterricht nach dort und erhielt von den Brüdern über dessen Entwicklung Auskunft.33) Von anderer Seite oder durch persönlichen Verkehr wird WesseI - 128 - Gansfort auch von WeseIs Auffassungen gehört haben, denn nach seiner Rückkehr aus Rom 1474 hielt er sich einige Zeit in Basel auf und kehrte dann, indem er wahrscheinlich den Rhein hinab- reiste, in seine niederländische Heimat zurück.34) Ein unmittelbarer Einfluß Wessels auf Johann von Wesel ist nicht anzunehmen, da sich der Niederländer in der Zeit, als sich die Wandlung bei dem Domprediger vollzog, in Paris, Rom und Vene- dig aufhielt.35) Da die Schriften WesseIs aus dem l~tzten Jahr- zehnt seines Lebens stammen -er starb 1489-, läßt sich eine Be- einflussung von diesem aus auf Wesel nicht annehmen. Vielmehr darf man vermuten, daß Gedankengänge WeseIs WesseI Gansfort mit- bestimmt haben; bei der großen Verehrung für den Domprediger und der Ähnlichkeit in manchen Teilen ihrer Auffassungen läge dieses nicht zu fern. WesseI Gansfort hatte jedoch bereits in Paris und Rom oppositionelle Gedanken geäußert,36) auch war er ein äußerst selbständiger Geist, so daß man nicht zu großes Gewicht auf eine Beeinflussung durch Wesel legen darf. Im Grunde seines Herzens stand Wesel diesen Männern fremd ge- genüber. Er war auf die Praxis ausgerichtet und bemühte sich um Belehrung und Formung des --Volkes, Pupper van Goch und WesseI Gans- fort hielten sich still und zurückgezogen im Hintergrund. Wesel war kein Mystiker und Anhänger der "devotio mOderna", dort wurde die Innerlichkeit des Menschen betont, Institutionen und Dogmen traten als bloße Formen zurück,37) es herrschte Gleichgültigkeit gegen Sakramente,. Priestertum und Mönchtum. 38) Wesel leit~ da- gegen auf diese Dinge größten Wert. Während für Wessel als einen Anhänger der "devotio moderna" das Bußsakrament wenig Bedeutung hatte, spielte es bei Wesel im Rahmen der Gnadenmitteilung eine wichtige Rolle. Den Domprediger störte es in keiner Weise, daß die Gnade durch äußere Mittel, wenn auch nicht in ihnen, zu den Menschen gelangte und nicht unmittelbar, wie es der Mystiker wollte. Die Abschwächung der Sündenlehre bei Wesel hängt nicht wie in der Mystik mit dem Bemühen zusammen, die Kluft zwischen G?tt und Menschen zu schließen, sondern ist von rationalen Erwä- gungen bestimmt. Von der Frömmigkeit der "Brüder vom gemeinsamen Leben" und ihrer "imitatio Christi" klingt bei Wesel nirgendwo etwas an. - 129 - 2. Die Persönlichkeit des Johann von Wesel und der Ausgangspunkt seiner Anschauungen.

Zum Wesentlichen der Gedankenwelt des Johann von Wesel vor- zudringen, bereitet einige Schwierigkeiten, da seine Lehren we- nig miteinander verbunden sind. Vieles steht bei -ih--m--i-s-o-liertda, - -~_..--- auch dort, wo man beispielsweise in Verbindung mit seinem----Schrift- verständnis oder seinem Kirchenbegriff größere Zusammenhänge er- warten könnte. Die Lehren der scholastischen Theologie greifen mit solchen oppositioneller Art mannigfach ineinander, eine klare Linie ist nur schwer zu erkennen. Wesel bekämpfte vieles, legte aber nicht den Grund zu einem Neuen, die Kritik entsprang nicht aus einem neuen religiösen Lebensgefühl. Viele Intentionen des Dompredigers sind am besten von seinem

Gottesverständnis_.--- her zu verstehen. Gottes Wille regiert nach Wesel unumschränkt, Gott ist der Herr, mit dem sich kein Geschöpf zu messen vermag, keiner kann die Gedanken Gottes lesen, kein Mensch weiß, was Gott will. Die Gerechtigkeit Gottes steht in vielen Stücken über seiner Barmherzigkeit. Niemand darf Gottes Ehre a~tasten. Diese Gedanken über Gott erklären, warum Wes~l den Priester beim Bußsakrament nur "ministerialiter" handeln läßt, weswegen Gott die Strafen, die ein Mensch über einen Sünder ver- hängt, nicht für gültig ansieht und Gott ohne Verdienst des Men- schen die Gnade eingießt und die zeitlichen Strafen nicht erlas- sen kann. Von WeseIs Gottesverständnis aus war es nicht möglich, anzuerkennen, daß der Papst die Gcwa.L t, die er sich im Laufe der Zeit angemaßt hatte, wirklich von Gott her haben sollte; eine solche Mnchtfülle, wie sie der Papst besaß, widersprach der All- macht und Ehre Gottes. Da Gott in allem am Werke ist, konnte We- seI den Sternen keinen Einfluß einräumen. Wenn man bei Wesel von einem religiösen Anliegen sprechen will, war es das, die Herrschermacht, Herrlichkeit und Majestät Gottes vor aller Verdunklung durch menschliche Satzungen und Leh- ren zu bewahren. Zum Kern seines Denkens gehört ferner die Frage nach den Auto- ritäten für den Glauben~ Er hat zu ergründen versucht, was das Fundament sein soll, auf dem der Glaube ruht. Seine Antwort lau- tete: Kirche und PaPst können es nicht sein, sondern die Heilige Schrift, die Offenbarungen durch Mirakel und die Vernunft. - 130 - Zwischen seinem Gottesverständnis und seiner Betonung der Schrift bestehen, für Wesel vielleicht unbewußt, da er kaum darauf zu sprechen kommt, gewisse Beziehungen. FO,lgende Erwä- gungen mögen zur Erklärung dienen: Da Gott alles Tun und Treiben auf Erden überragt und der Mensch im Verhältnis zu ihm nichts weiß und erkennt, kann nur Gott allein die Richtschnur für den Glauben und das Handeln der Menschen geben, nicht der Papst, die Kirchenväter und die Konzile, bei denen immer die Möglichkeit des Irrtums vorhanden ist. Gott ist kein Mensch, er kann nicht lügen, deshalb ist die Bibel sein wahrhaftiges Wort. Dem Domprediger war es sehr ernst mit der Befolgung der Hei- ligen Schrift. Was er aus eigenen Erwägungen vorträgt, mag be- stritten werden, die Gedanken, die er aus der Bibel schöpft, sind ohne Zweifeln und Zögern einfach hinzunehmen.l) Auch die Beachtung der Offenbarung und der Vernunft können aus seinen Gedanken über Gott erklärt werden. Gott ist freier Wille, er ist im Grunde nicht gebunden und vermag daher zu jeder Zeit neue Anordnungen und Lehren zu geben. Das Mittel, dessen sich Gott bedient, um in der Gegenwart zu sprechen, ist die Of- fenbarung durch Mirakel. Gott ist aber auch der Schöpfer der Ver- nunft, deshalb kann er, wenn er will, durch sie reden. Dieses Sprechen Gottes geschieht aber nicht so deutlich, daß ein Ver- nunftbeweis allein ausreichen könnte.

Von WeseIs Ablehnung_- der• kirchlichen''''_.-.-.~...... ".-..-.-,.-.-'h--- Tradi:tion_._h·....· . und der Her- vorhebung der Bibel her läßt sich nun wiederum vieles verstehen, z. B. die Ablehnung des Fastens, des Abl~es, des "fili~~e"; jedoch spielen bei der ZurUckweisung dieser genannten Lehren der römischen Kirche auch andere Motive mit hinein. Wesel konnte von seinem Gottesverständnis aus in Verbindung mit dem Zeugnis der Schrift manches einfach isoliert stehen las- sen, er brauchte nicht immer nach Verbindungslinien zu suchen, denn, da Gottes Wille an nichts gebunden ist, kann Gott einmal dieses und dann wieder jenes bewirken, ohne daß bei ihm unbedingt Zusammenhänge vorhanden sein müßten. Um die Persönlichkeit des Johann von Wesel völlig zu verste- hen, darf man nicht nur"auf seine innersten Intentionen schauen, sondern muß auch seine charakterlichen und geistigen Veranlagun- gen in Betracht ziehen. Wesel scheint ein Mensch gewesen zu sein, der auf das Recht pochte, eine eigene Meinung anderen Autoren - 131 - gegenüber vertreten zu dürfen, es zeichnete ihn ein starkes Selbstbewußtsein aus. Über seine Erfurter Zeit berichtet Wiegand Wirt, Wesel habe ohne Einschränkungen seine Ansicht der des hei- ligen Augustin entgegengesetzt.2) Der Widerspruch berühmter Au- toren schreckt ihn nicht zurück, das zu sagen, was er für rich- tig hält.3) Die Berechtigung, hartnäckig bei seinen Ansichten zu bleiben, nahm Wesel daraus, daß er als Doktor und Professor der Heiligen Schrift wie alle anderen Theologendie Schrift auslegen durfte.4) Der Prozeßverlauf zeigt im ganzen ein Beharren bei sei- ner Meinung; wenn Wesel schließlich widerrief, geschah es, weil man ihn, ohne ihn zu widerlegen, zum Widerruf überredete •.Noch im Angesicht des brennenden Scheiterhaufens, auf dem sich seine Bücher befanden, beklagte der Domprediger ihre gesamte Vernich- tung. In einem gewissen Grade scheint die Ablehnung von Autoritä- ten und der Tradition ein Zug in dem Lebensgefühl des Johann von Wesel zu sein, mit dem er über die Welt des Mittelalters hinaus- ragte. Sich und seine Meinung selbständig zu behaupten, ist eine Erscheinung, die in Renaissance und Humanismus langsam stärker wird.5) Auch die Kritik an den bestehenden kirchlichen Verhält- nissen gehört zur humanistischen Reform,6) Während Goch und WesseI den Kamof gegen die Erstarrung der Kirche zu einer Rechtsanstalt betrieben, blieb Johann yon Wesel in dem "halbjuristischen Denken der spätmittelalterlichen Theolo- 7 gie" gefangen. ) Mit großer Vorliebe. entnahm, er die Kirchenväter- Zitate den kirchlichen Rechtsbüchern, Wie der Traktat gegen den Ablaß zeigt, interessierte er sich intensiv für Fragen, die mit Strafe, Schuld und ihrer Abbüßung zusammenhängen. Wesel unter- sucht die Frage nach der Berechtigung eines Marienfestes und wägt dabei ab, welche Instanz das Recht hat, hier gültige Ent- scheidungen zu treffen. Die Heilige Schrift ist in erster Linie Gesetz. sie soll das Leben im rechtlichen Sinne im bürgerliohen und kirchlichen Bereich regeln. Wer sein Handeln nach der Bibel einrichtet, befindet sich in dOerrechten, von Gott eingerichteten Ordnung und hat keine Strafe zu befürchten. Schon der Senten~enkommentar zeigt, daß Wesel im Gegensatz zum Ockamismus eine enge Verbindung von Philosophie und Theolo- gie bestehen ließ, auch in seiner späteren Zeit spielte in sei- nem Denken die Vernunft eine entscheidende Rolle. Wie bei der - 132 - Ablehnung der Erbsünde deutlich wurde, kann in einem Einzelfall ein vollkommen philosophisch aufgebauter Beweis in Glaubensfra- gen letzte Gültigkeit haben. (s.S.67 ff) Bei Johann von Wesel erfuhren, wie gezeigt wurde, Gedanken, Interessen und Intentionen, die aus seiner Persönlichkeit selbst erwuchsen, ihre Ergänzung und Bereicherung durch Einflüsse ver- schiedenster Art, der Domprediger wurde dadurch zu einer Persön- lichkeit, die außerhalb der Schar der zeitgenössischen Theologen stand, andererseits kann er auch nicht zu irgendeinem Kreis oder einer Bewegung spätmittelalterlicher Ketzer gerechnet werden. Johann von Wesel läßt sich nicht völlig in eine der geistigen Bewegungen des Spätmittelalters einordnen, aber trotzdem ist er bei aller Besonderheit von den großen geistesgeschichtlichen Zu- sammenhängen her betrachtet keine völlig isoliert zu betrachten_ de Persönlichkeit, er gehört wie Marsilius von Padua, Wilhelm Ockam, Johann Pupper van Goch, WesseI Gansfort und später man- cher Vertreter der Humanisten zu den Männern, die vor der Re- formation einerseits bei oft heftiger Kritik an der römischen Kirche trotzdem nicht völlig mit iqr gebrochen hatten, anderer- seits aber auch nicht ins Lager der ausgesprochenen Feinde der römischen Kirche gehörten. Von der Gottesauffassung und der Frage nach den Autoritäten für den Glauben darf man annehmen, daß sie WeseIs innerstes We- sen berührten. Dagegen scheint deutlich geworden zu sein, daß die Frage nach der Rechtfertigung des Sünders vor Gott, wie sie in der Reformation aufbrach, in seinem Denken keinen entscheiden- den Platz einnahm. Was bei Wesel im Vergleich mit den anderen Männern seiner Zeit als das Besondere ins Auge fällt, ist nicht seine Gottes- auffassung, sondern die Betonung der Schrift als der _-alleinigen . .---- ... _- ._...... _- ._. -----~~.-_, Rf.cht echnur-für den Glauben, die AbLehnungvd er- Machtstellung des ._---- , Papstes,------_.-sein Kirchenbegriff und die Kritik am Ablaß. Mit diesen Auffassungen steht er, abgesehen von WesseI Gansfort, unter den Universitätstheologen in der zweiten Hälfte des l5.Jahrhunderts einzig da. Wenn man die Gedankenwelt des Johann von Wesel nicht so sehr als Ganzes betrachtet, sondern sie in den großen Zusam- menhang der historischen Wandlung vom Mittelalter zur Neuzeit einordnet, müssen diose Anschauungen besonders betont werden. - 133 - V. Kapitel. Die Beurteilung Johanns von Wesel . von seinen Zeitgenossen. ( 1472 - 1516 )

1. Johann von Wesel in seiner Zeit. Zu der Einwirkung WeseIs auf seine Zeitgenossen ist Näheres schwer zu sagen. Die Quellen berichten dazu kaum etwas. Es läßt sich dagegen einiges von der Ausbreitung weselscher Lehren und Schriften deutlich machen, von welcher, wie zu vermuten ist, eine Einwirkung möglich war. Da Johann von Wosel viele Jahre als ,Domprediger tätig war, lag es ihm nahe, seine Auffassungen vor dem Volke zu äußern. Auch predigte Johann von Wesel auf den Diözesansynoden, vor Mönchen -und Be~.l) Noch Jahre später wußten Leute in Worms oder auch Mainz, daß der Domprediger sich kritisch zu den Lehren der Kirche geäußert hatte.2) Viele, zumal die deutschen Sätze der "Paradoxa", stammen aus seinen Predigten. Das Verfahren gegen Wesel in Worms scheint auf Grund seiner Äußerungen in Predigten durchgeführt wor- den zu sein.3) Auch Nikolaus von Böhmen scheint auf diese Weise auf den Domprediger aufmerksam geworden zu sein. Wesel hat mi~ anderen Geistlichen über seine Auffassung diskutiert,4) seine Schriften schickte er an viele gelehrte Männer, die Schrift über das Fasten an den Wormser Bischof.5) Der Böhme erhielt zwei Brie- fe mit auf den Weg. Wesel selbst scheint im Rheinland viel herum- gekommen zu sein.6) Mit seinen Ansichten und infolge seiner heftigen Angriffe stieß Wesel schon früh auf Ablehnung; der Prediger wußte, daß die Kleriker mit seiner Verurteilung ihrer Fehler nicht einverstanden waren.7) Auch Wesels häufige Berufung darauf, daß er Doktor der Heiligen Schrift sei und nur etwas sagen wolle, das sich in der Bibel fände, läßt die Kritik erkennen, auf die er sich gefaßt ma- ,ehen mußte. Auf der anderen Seite gab es Menschen, die seine Rede- gewandtheit und seinen Scharfsinnbewunderten und lobten. Man meinte jedoch, der Domprediger rede oft für das Volk gU hoch und unverständlich, daher habe er vielfach Anstoß erregt. ) Der Briefwechsel zwischen Wesel und Lutter gibt Einblick in die. Stellung, die die Theologen in seiner Umgebung zu ihm ein- nahmen. Johann von Lutter empfand den Gogensatz WeseIs zur römi- schen Kirche, or verdammte dessen Auffassungen aber nicht so- gleich als häretisch, sondern ließ sich übbr diese Fragen mit - 134 - Wesel in eine Diskussion ein, die sachlich-theologisch geführt wurde. Nur im Blick auf die Kommunion unter beiderlei Gestalt für die Laien weist Lutter jede Erörterung mit dem Hinweis auf die Verurteilung durch die Konzile ab,9) denn hier lag offenbar hussitische Ketzerei vor, die die Zeit beunruhigte und mit Schreck~n erfüllte. Wesel selbst streitet ab, Anhänger, Gläubige oder solche, die ihn"begünstigten;-gehabt zu ha~n;IO) er-~ollte damit den Vorwurf abweisen, daß er um sich einen Kreis Gleichgesinnter ge- sammelt hätte. Es gab jedoch viele Freunde und Schüler, die ihn 'als Lehrer verehrten.ll) Diese Männer, wie beispie~weise Konrad Hensel, machten sich nicht die häretischen Anschauungen des Dom- predigers zu eigen, deshalb ging man gegen sie in dem Inquisi- tionsprozeß nicht vor. Diese Freunde WeseIs versuchten, den An- geklagten zu überreden, von seinen Lehren abzustehen, damit er dem Feuertode entginge; sie fühlten sich aber nicht so eng mit ihm verbunden, daß sie sich dafür einsetzten, ihm Widerruf, Ver- brennung der Bücher und lebenslängliche Haft zu ersparen. Von der "Tatsache her, daß Wesel von der Kanzel und durch sei- ne Schriften Kritik übte, kann gesagt werden: Wesel hat durch seine Tätigkeit viele Ideen, die von Häretikern und von Kriti- kern der römischen Kirche des Mittelalters bereits früher ver- fochten worden waren, in dem Bewußtsein seiner Zbit lebendig er- halten.12) Der Magister Engelin von Braunschweig war 1445 zugleich mit Wesel in Erfurt zum "magister--ar-tium" promoviert worden und wirk- te an- dieser Universität als Dozent. Später ab or ging er als Pre- diger nach Mainz und lebte dann bis zu seinem Tode 1481 in straß- burg.13) Er übte heftige Kritik an der Behandlung Yvesels i~ Pro.- ----_.- .------zeß, nach seiner Auffassung war mit einem solchen Manne viel zu übereilt verfahren worden. Er scheute nich nicht zu behau)ten, daß viele Artikel, ja der größere Teil zu halten seien.14 Ähnliche Äußerungen überliefert Jakob Wimpfeling von dem D~m- prediger Johannes Geiler von Kaisersberg ~1510), der zur Zeit des Prozesses wie Engefin"In-'Straßburg war und mit diesem und dem Schlettstädter Humanisten eng befreundet war. Die Schreiben des Mainzer Erzbischofs, die den Prozeß Wesels betreffen, sind dagegen von der Ketzerei WeseIs völlig überzeugt. In dem Brief an die Heidelberger Universität wird ausgeführt, - 135 - der Bischof habe die höchste Sorgfalt darauf zu richten, den ihm anvertrauten Schafstall des Herrn vor jeder Erschütterung durch irgendeine Sünde zu bewahren. Wenn sich etwas Verdächti- ges oder Krankes in dem Weinberg Gottes zeigt, muß er es mit der Hacke der Gewissenhaftigkeit von den Fehlern befreien oder ausrufen, "ne inconsutilem Christi tunicam puramque confessionem dissensionis spiritus divellat aut perniciosa dogmata fraudu- lenta suggestione contaminent". Der Brief an die Heidelberger Universität berichtet ferner, wie man jüngst in Schriften Jo- hanns von WeseI, Professors der Theologie, viele Indicien und Beweise fand, die der Ketzerei verdächtigt sind. Die Artikel be- treffen die Gottesverehrung der Kirche und sind zum Teil so ver- werflich, daß man sie nicht mit Stillschweigenübergehen darfe Wegen der Spitzfindigkeit und des Scharfsinnes dieses Mannes er- bittet der Erzbischof von der Universität Theologen, die in den Heiligen Schriften wohlerfahren sind.15) Die Bestätigungsurkunde für Johannes Vilhauer, WeseIs Nach- folger in seinem Pfarramt, ist sachlicher gehalten. Die Pfarr- stelle ist, wie die Urkunde ausführt, frei geworden, weil der Vorgänger gewisse dem katholischen Glauben entgegengesetzte Ar- tikel lehrte und durch Schriften ausbreitete; Wesel habe dann jedoch den gerechten Urteilsspruch auf sich genommen.16) Das Bruchstück einer Mainzer Chronik enthält einen kurzen Bericht über die V8rurteilung des '."doctor Johannes de Vesalia, predicator ecclesie Wormaciensis"; sachlich Neues wird nicht geboten.l?) . In Basel schrieb während der letzten Lebensjahre WeseIs der Geistliche Hans Knebel sein Tagebuch. Er stammt selbst aus Basel und hat die Vorgänge des Baseler Konzils aus nächster Nähe mit- erlebt.18) Die revolutionären Gedanken der Männer dieser Kir- chenversammlung machen sich 30 Jahre später noch bei ihn bemerk- bar.19) Er behauptet, der Papst habe die Türken dazu angestachelt, den Herzog Sigismund von Österreich anzugreifen; lieber gehen Papst und Kardinäle zugrunde, als daß ein Generalkonzil zusammen- gerufen wird oder eine Reformation kommt.20) Knebel ist über das Dekret des Papstes Pius in Mantua empört, nach dem alle die als Ketzer angesehen werden sollen, die sich darum bemühen, ohne Be- fehl des Papstes eine allgemeine Kirchenversammlung zur Reforma- tion an Haupt und Gliedern zusammenzubringen, auch ist es ver- - 136 - werflieh, die Bischöfe und Prälaten einen Eid schwören zu las- sen, sich niemals für derartige Belange einzusetzen.21) Die gan- ze Christenheit ist durch die Sorglosigkeit von Papst, Kaiser und Kardinälen in Gefahr geraten.22) Von den Häretikern seiner Zeit erwähnt Knebel neben Johann /von Wesel nur Hans Böhm von ~~kJI3.$.hausen,ferner einen nicht mit Namen genannten Ketzer in Preußen. Die Vorgänge in Franken wer- den auf die Arglist des Pfarrers des Dorfes zurückgeführt, der dem Pfeifer seine Predigten zUflüsterte.23) Der Häretiker in Preußen bezeichnete sich als Bruder Jesu Christi, hatte 12 Jün- ger, zog predigend umher und besaß viele Anhänger, er endete auf dem Scheiterhaufen. Diese beiden Männer sind fUr Knebel im Grun- de absonderliche Erscheinungen, die es allein aus diesem Grunde wert sind, in dem Tagebuch festgehalten zu werden. Selbständige Sekten scheint es in seiner Zeit nicht zu geben, euch das Hussi- tentum ist für ihn eine Sache der vergangenheit.24) Trotz des Wunsches nach einem Generalkonzil und einer Refor- mation an Haupt und Gliedern steht Hans Knebel fest auf dem Bo- den der römischen Kirche, er kann deshalb Johann von Wesel gegen- über nur eine ablehnende Haltungennehmen. Wesel hatte, wie Hans Knebel erzählt, Umgang mit einen be- trügerischen Menschen, der in Basel lebte, und sich "comes de Sternenberg in Bohemia" nannte;25) es werden die Verbrechen die- ses Mannes aufgezählt.26) Hans Knebel hatte wahrscheinlich von dem Geständnis des Böhmen auf der Folter in Mainz Kunde erhalten. Da Nikolaus auch in Basel sein Unwesen trieb, ohne dabei entdeckt zu sein, war diese Nachricht für Knebel und seine Mitbürger von besonderem Interesse. Über Johann von ITesel selbst besaß Knebel schriftliche Quel- len. Er zitiert im Wortlaut die 19 Sätze, die Wesel öffentlich widerrufen mußte, den Widerruf WeseIs vor dem Erzbischof und den. Inquisitor, er gibt diesen im Wortlaut, der Autor kennt genau Zeit und Ort, wo dieses geschah.27) Weniger gut ist er über die Teilnehmer orientiert, nach ihm kamen von Köln 4 Abgeordnete; bei Sprenger findet sich die Angabe, er stamme aus Basel; ein Doktor Pallis wird genannt, von dem die Prozeßrelationen schwei- gen. Nach den von Knebel mitgeteilten Nachrichten ist zu schlie- ßen, daß ihn.ein Schriftstück vorlag, welches die 19 Sätze, die gekürzte ReVOkationsformel, genaue Daten über Zeit und Ort des - 137 - Prozesses und des Widerrufs enthielt und einige Bemerkun,en über die Teilnehmer, die dann von Knebel aufgefUllt wurden.28 Die Beurteilung Knebels ist farblos, er schreibt einfach: "hic (d.h. Johann von WeseI) predicavit multos erroneos articu- los contra fidem nostram".29) Besonders hervorgehoben wird der Artikel über den Ausgang des Heiligen Geistes, er bedeutete für Knebel wie auch für die übrigen Männer, die sich zu WeseIs Leh- ren äußerten, die übelste Ketzerei des Dompredigers. Hans Kne- bel schrieb den Abschnitt über Wesel im Herbst 1479.30) Der mit Namen unbekannte Verfasser der Kirschgartener Chro- nik schätzt den Bischof Reinhard I. von Sickingen hoch, weil er die Klöster Frankental und Kirschgarten begünstigtc.31) Nach den Bericht über des Bischofs Begräbnis 1482 kommt er auf Johann von Wesel zu sprechen.32) Trotz Verehrung für den Bischof vermochte der Kirschgartener Mönch nicht hart über"dessen Domprediger zu urteilen. Der Autor rühmt WeseIs Redekunst und seine Gewandtheit in der Logik, wie die Erfurter sie anwenden; in Erfurt wurde Wesel promoviert. Des Dompredigers unverständliche Reden verursachten beim Volke gro- ßen Anstoß, deshalb sah sich der Bischof veranlaßt, ihn zu ver- treiben. In Mainz überführte man Wesel schließlich nach einer ,langen Disputation seines Irrtums. Der KirschgartenerMönch bringt das Gerücht, auf Bitten der Doktoren hätte man ihn vom ewigen Kerker befreit und den Karmelitern übergeben, dort sei er bald gestorben. Ein eigenes Urteil vermeidet der Verfasser, er berichtet nur, daß die einen sagen, Wesel habe Schlechtes im Sinn gehabt und Unangebrachtes gepredigt, die anderen, ihm sei viel Falsches aus ,..._.. - - ,.... Neid angedichtet worden. Er will das Urteil Gott überlassen, der "die Herzen der Menschen -kennt und ein Richter über alle sein wird. Der Kirschgartener Mönch bringt an Schluß die Nachricht, ein "Doctor quidam Pragensis" habe Wesel in Worms besuchen wollen, sei ihm dann aber nach Mainz nachgereist, dieses Geschehnis habe den Domprediger der Häresie verdächtig gemacht. _ Der Möncih kannte WoseI, er wurde gleichzeitig mit diesem in Erfurt immatrikuliert33) und kam 1472 nach Worms. Die Nachricht über WeseIs Predigttätigkeit macht einen selbständigen Eindruck, er hat den Domprediger wahrscheinlich persönlich gehört.34) Der Abschnitt tiberJohann von Wesel ist einer der letzten der Chro- - 138 - nik, er wurde wahrscheinlich kurz vo 1502 geschrieben, als be- reits der Streit über die unbefleckte Eopfängnis Mariae zwischen Konrad Hensel und Wiegand Wirt ausgebrochen war. Auf diese Kon- troverse, in die die G~stalt WeseIs verwickelt wurde, ist des Verfassers Nachricht über die gegensätzliche Beurteilung des Don- predigers zu beziehen.35) .. Johann Trithemius, der Abt des Benediktinerklosters Sponhein, hatte zur Zeit -'des Prozesses gegen ~esel in Hoidelberg studiert; ob er sich unter den Heidelbergern befand, die -dem Verhör Johanns von Wesel beiwohnten, läßt sich nicht feststellen. Trithenius stand mit Jakob Wimpfeling in freundschaftlichen Verkehr und konnte von diesem über den Wormser Donprediger Nachrichten er- halten, falls er nicht selbst an den Prozeß teilgenomoen hatte.J6) Da Wesel für den Abt von Sponheim als ein Ketzer galt, nahm er ihn und seine Schriften, über die die Verbrennung das Verdao- mungsurteil gefällt hatte, nicht in sein Werk: IICatalogus illu- striUI:lvirorUI:l"auf.37) Ausführliche Erwähnung über Wesel findet sich in seinen historischen Werken. In den "Chronicon Sponhenense",38) das 1507 begonnen und 1509 fortgesetzt wurde, ist die Darstellung über Wesel knapper als in den Hirsauer Annalen. Die weseIsehen Lehren sind in neun Artikeln und einer anschließenden Aufzählung der übrigen Ansichten ~esels zusammengefaßt. Zu den Prozeß gibt Tri- thenius nur wenige Tatsachen, bedeuts&J ist allein die Nachricht von WeseIs Ende bei den Augustinern in Mainz. Die Hirsauer Annalen berichten nehr,39) dies~ Schrift ent- stand 1514. Der Verfasser erzählt von den TeilnehDern des Pro- zesses und von Wese~ Verhör. Er teilt oit, wie der Angeklagte 3PS!.~iss~rtikel vertreten zu haben, von anderen behaup- tete er, sie seien in anderer Weise verstanden worden, als es seine Absicht war. Ausfü~rlicher als in der zuerst genannten Chronik beschreibt er WeseIs häretische Lehren. Wahrscheinlich besaß Johann Trithenius einen Prozeßbericht Dit den "Paradoxa", 40) er hat die Schriftstücke in seinen beiden zuletzt genannten Werken nur in unterschiedlicher Ausführlichkeit herangezogen. In den Hirsauer Lnnalen verwandte er den in der Sponheimer Chronik bereits aufgestellten Katalog der weseIsehen Sätze, denn in den ersten Artikeln haben beide diu gleiche Reihenfolge und zun Teil denselben Wortlaut.41) Bei der Aufzählung der häretischen Ansich- - 139 - ten geht Trithemius an einigen Stellen über das, was sonst von Wesel überliefert ist, hinaus. Es handelt sich aber hier nicht uc zuverlässige Überlieferung, sondern UD Erweiterungen an Stel- len, an denen es der Wortlaut nach Auffassung des Trithemius zur Verdeutlichung zu erfordern schien. Aus den "Paradoxa" wußte Tri- themius von WeseIs Leugnung der Kraft des geweihten Öls, er glaubt, von dieser Tatsache aus behaupten zu können, daß Wesel die letzte Ölung leugnete.42) WeseIs Ausspruch, daß es jetzt schwer sei, ein Christ zu sein,43) deutet Trithemius dahin, der Domprediger habe dieses wegen der vielen kirchlichen Vorschrif- . ten und Strafen gesagt.44) Auch die Mitteilung des Autors, Wesel ließe als Festtage außer dem Sonntag nur den Tag der Geburt Chri- sti gelten, muß als nachträglicher Zusatz angesehen werden.45) Für den Autor steht fest, daß der Domprediger häretische An- schauungen vertrat, es sind "articuli erronei",46) es fehlte ihm die besondere Einsicht in die Heilige schrift,47) sein Leugnen und die Behauptung, er habe es anders gemeint, als Dan es ver- stand, hatten keinen Erfolg, er mußte alles widerrufen, und die Bücher wurden vor seinen Augen verbLHnnt.48) In Bezug auf den Artikel vom Heiligen Geist vertrat Wesel die Häresie der "Griechen"; in der Ablehnung von Geboten und Vor- schriften für die Kleriker hat er nach Auffassung des Trithemius mit den Hussiten die gleiche Meinung.49) Der Bericht über Johann von Wesel ist trotz aller Beschuldi- gungen sehr sachlich gehalten, ein ausgesprochener Haß oder eine Verachtung dieses Mannes fehlt. In der B~urteilung des Trithemi- us spielte die Tatsache, daß der Domprediger Professor der The- ologie war und seine wissenschaftlichen Bücher in Erfurt in An- sehen standen, eine Rolle.50) Ein gewisses Mitleid des Autors scheint der letzte Satz des Berichtes deutlich zu machen, in dem er sagt: "obijtque brevi postea ex anini tristitia et maerore".51~ Der Prior des Benediktinerklosters zu Maria Laach, Johann

Butzb~h,, verfertigte in den Jahren 1508 bis 1515 einen Nachtrag zu Trithemius' werk ude Scriptoribus Ecclesiasticis" unter den Titel: "Auctariuc Joan. Boutzbachii de Scriptoribus Ecclesiasti- cis". Butzbach war Schüler und Freund des Trithemius, er trat wie dieser für die unbefleckte Empfängnis Mariae .ein~52) Die Beurteilung WeseIs in dieser Schrift ist sehr positiv. Er ist ein Mann "in divinis scripturis egregie doctus", ein - 140 - "famosus sermocinator", "vita et moribus quam doctrina excellens". 53) Wesel schrieb viele Kommentare zur Heiligen Schrift, auch Traktate; wegen gewisser Irrtümer gegen den katholischen Glauben, die in ihnen eingemischt waren, wurden sfuverbrannt. Butzbach überliefert, Wesel habe sich, als er das Feuer sah, darüber be- klagt, daß wegen des wenigen Schlechten, welches die Bücher ent- hielten, das Gute mit gestraft würde. Der Autor teilt ferner die wenig glaubwürdige Nachricht mit, der Domprediger sei von einem gelehrten Hussiten nach Böhmen eingeladen worden, dieser habe We- seI dort in den Irrtümern der Hussiten, die von Johann Wiclef erdichtet wurden, unterrichtet. Ähnliches sagt Butzbach in seinem "Hodoporicon" über WeseI, in diesem Werk beschreibt Butzbach sein Lebensschicksal bis 1500. 54) In dem "Hodoporicon" wird'Wesel im Zusammenhang mit den Hus- siten gesehen. Butzbach zählt die Irrtümer dieser Bewegung auf und meint, sie seien von WeseI, der sie in Böhmen kennenlernte, an den Rhein gebracht und in seinen Büchern verbreitet worden. Nikolaus von Böhmen erscheint in dieser Schrift als ein Mann, der von Aachen in seine Heimat zurückkehrte, Wesel dabei mitnahm und in Böhmen mit den hussitischen Irrlehren bekannt machte.55) Von keinem anderen Zeitgenossen ist eine derart enge Verbindung des Dompredigers mit den Hussiten gesehen worden, trotzdem erfolgt nicht, wie es dem Empfinden des 15.Jahrhunderts entsprochen hät- te, eine radikale Ablehnung, sondern, wie gezeigt wurde, ein Lob auf WeseIs Leben und Schriften; seine Irrtümer sind für Butzbach von geringer Bedeutung. Em Ende seines Berichtes weist der Autor,auf den Streit um die Gestalt des Johann von Wesel zwischen den Dominikanern und den Humanisten hin.56) Trotz Zurückhaltung des eigenen Urteils fühlt sich Butzbach zu dem der Humanisten hingezogen. Seine Stel- lung zu Wesel ist aber nicht allein dadurch bestimmt, daß er freundschaftliche Beziehungen zu diesen Kreisen pflegte. Butzbach scheint zu den Männern am Ausgang des Mittelalters gehört zu ha- ben, denen eine Ablehnung von vielen Männern, die die römische Kirche verurteilt hatte, nicht mehr möglich war. Nach seiner Auf- fassung 1st auch H1eronymus Savonarola mehr aus Mißgunst als auf Grund eines gerechten Urteils beseitigt:worden.57) In den Kreisen der Humanisten bestand reges Interesse für Johann von WeseI, dieses scheint zum Teil durch die Auseinander- - 141 - setzung zwischen Konrad Hensel und Wiegand Wirt angeregt worden zu sein. Unter den Exqerptendes Hartmann SchedeI (+ 1514), der in Briefwechsel mit Johann Trithemius stand, befindet sich die Abschrift der Relation C, eine eigene Stellungnahne vermeidet .Schedel jedoch. Der Zusammenhans Schedels mit den Humanisten, die gegen Wiegand Wirt und seine Anhänger standen, wird darin.deut- lich, daß Schedel kurz vor dem Bericht über WeseIs Ketzerprozeß Nachrichten von der Heidelberger Disputation über die unbefleck- te Empfängnis Mariae mitteilt. Die Handschrift, in der die Traktate Wesels aufgezeichnet wurden, enthält außerdem eine Anzahl Abschriften klassisch-römi- scher Autoren. (Cicero, Persius, Horaz, Terenz und eine Platon- übersetzung des Lionado Aretino.) Sie befand sich ohne Frage zeü- weise im Besitz eines humanistisch Gebildeten.58) Die Handschrift zeigt, wie der Abschreiber mit großer Anteilnahme die Ausführun- gen WeseIs verfolgte, denn die Stellen, an denen sich Wesel kri- tisch zur römischen Kirche und ihren Einrichtungen äußert, sind am Rande durch entsprechende Zeichen hervorgehoben, auch findet sich aus dem 15. Jahrhunder eine zustimmende Randnotiz.59) In den Jahren vor der Reformation blieb allgemein, abgesehen von den Angriffen Wiegand Wirts, die Haltung Wesel gegenüber keineswegs radikal ablehnend, wie es nach mittelalterlichem Den- ken in Bezug auf einen Ketzer angebracht gewesen wäre. Erst iD Zeitalter der Reformation entdeckte man auf katholischer Seite wieder neu, daß es sich bei Wesel urn einen verdammungs- und ver- achtungswürdigen HäretiKer handelte, der kein Lob und keine Ent- schuldigung verdient. Der Übergang von der einen zur anderen Haltung vollzog sich auch innerhalb des Denkens eines einzelnen Menschen; an den Aus- sagen des Bartholomäus Arnoldi von Usingen läßt sich dieser Vor- gang deutlich nachen. ZunRnhst nimmt Usingen den Woroser Donpre- diger gegenüber, bei aller Kenntnis seiner Häresien, eine wohl- wollende Haltung ein. In seinem Werk: "Totius Naturalis Philoso- phiae Epitome", das 1499 zuerst erschien, spricht Usingen, der in Erfurt Professor der Philosophie war, von dem glorreichen An- sehen, das WeseIs Andenken dort genießt.60) Er glaubt sich sogar' entschuldigen zu sollen, daß er es wage, in einer gewissen philo- sophischen Frage dem berühmten Vorgänger zu widersprechen. Usin- gen sagt von WeseI, er habe gelehrte Schulbücher verfaßt, Uber - 142 - die man seit vielen Jahren in Erfurt diskutiere, und die in Eh- ren gehalten würden, doch seien seine Schriften nicht ganz frei von IrrtUmern, worüber man sich aber nicht wundern dürfe, da es nicht leicht sei, einen Autor zu finden, an dem nichts zu tadeln wäre. Usingen schließt mit der etwas geheimnisvollen Bemerkung: "Ich möchte noch manches andere beifügen, doch übergehe ich es mit Stillschweigen, weil es nicht notwendig ist, alles an die große Glocke zu hängen; den Gelehrten sind übrigens diese Dinge bekannt genug.,,61) Mit seiner Ablehnung der Reformation ändert sich Usingens Haltung zu WeseI. Als Usingen den Briefwechsel zwischen Johann von Lutter und Johann von Wesel in die Hände bekoOQt, teilt er ihn nach einem Excerptder Schrift des Johann Eck: "De primatu Petri adversus Ludderum libri tres" (1521) mit. Die Briefe WeseIs sind ausführlicher wiedergegeben als die Lutters, Usingen hatte also an den weseIsehen Außerungen.. besonderes Interesse. 62) Usingen schrieb ferner aus dem "Catalogus hereticorum" des Bernhard von Luxemburg ketzerische Sätze WeseIs ab.63) Der Ab- schnitt findet sich zwischen Excerpten über die Waldenser, Begar- den, Picarden, Johann Wiclef und Johann Hus. Usingen gab diesen Abschnitten die Überschrift: "De Heresibus et Hereticis".64) Eine eigene Stellungnahme über WeselfehIt; Usingen hat aber er- kannt, daß viele Lehren des ehemaligen Erfurter Theologieprofes- sors große Ahnlichkeit mit denen der lutherischen'Reformation besaßen, und deshalb diesem Manne nicht mehr wie früher Anerken- nung gebührt, sondern rückhaltlose Einordnung in die Kategorie der Feinde der Kirche. Bezeichnend ist, daß in der Ausgaqe der zitierten philosophischen Schrift Usingens von 1543 die Bemerkun- gen über Wesel fortgelassen sind. Bevor wir zu zeigen haben, wie sich die Beurteilung WeseIs im Zeitalter der Reformation den Konfessionen entsprechend in zwei.en+gegenge ae+ate Richtungen teilte, wird zu behandeln sein, wie am Ende des 15. und zu Beginn des 16. Jahrhunderts die Ge- stalt des verurteilten Womser Dompredigers in eigenartiger Weise in den Streit der Humanisten gegen die Dominikaner über die un- befleckte Empfängnis M~riae verwickelt wurde. - 143 -

2. Johann von Wesel und der Streit um die unbefleckte Empfängnis Mariae.

Die unbefleckte Empfängpis Mariae vertrat in der Theologie zum ersten Mal in besonderer Weise Duns Scotus, während sie Tho- mas von Aquino wegen Röm.5,12, und weil Christus sonst nicht Er- löser aller Menschen sei, leugnete. Im 15. Jahrhundert bestanden in dieser Frage scharfe Gegensätze zwischen den Scotisten und den Dominikanern; man warf sich gegenseitig Häresie vor und bezeich- nete das Festhalten an der gegensätzlichen Meinung als Todsünde. Um dem Streit ein Ende zu bereiten, verdammte Papst Sixtus IV. 1483 in der Konstitution "Grave nimis", daß man sich in der Aus- einandersetzung gegenseitig den Vorwurf der Irrlehre maehte.1) Der Streit ging in gleicher Heftigkeit weiter, auf Seiten der Immaculisten standen der Weltklerus, besonders die Kanzelredner -wie auch an Johann von Wesel deutlich wurde- und ein.großer Teil der Humanisten.2) Bei den Anhängern des Thomas befand sich der Dominikaner Wiegand Wirt, der in Frankfurt Lektor und Prediger seines Ordens war.3) Wirt griff das Werk des Trithenius "De laudibus St.Annae"· (1494) an, weil in dessen siebenten Kapitel die Lehre von der un- befleckten Empfängnis Mariae vorgetragen war.4) Heftiger entwik- kelte sich der Streit mit dem Pleban der Bartholomäus-Kirche zu Frankfurt, Konrad Hensel. Wiegand Wirt versuchte, Konrad Hensel dadurch zu treffen, daß er in Predigten darauf hinwies, daß der Lehrer des Frankfurter Pfarrers der "Dr.Wesalia" war, der als Ketzer verschie~.5) Auch erklärte Wirt, Hensel habe seine Lehre von der unbefleckten Em- pfängnis der Maria von seinem "Melster Wesalia" behalten.6) Wirt wollte durch die Hervorhebung der Verhältnisse Hensels zu seinem als Ketzer verurteilten Lehrer den Pfarrer selbst der Häresie be- schuldigen. Konrad Hensel, der vor 1460 in Erfurt studierte, und ein Schüler Johanns von Wesel war, ließ darauf durch einen Boten in Mainz anfragen, wie der Doktor verschieden sei. Er erhielt die Antwort, Wesel sei als katholischer Christ gestorben und habe vorher die Sakramente der Kirche empfangen. Der Frankfurter Stadtpfarrer verkündigte dieses von der Kanzel.7) Die Frankfurter Dominikaner strengten sodann gegen Konrad - 144 - Hensel bei dem Straßburger Bischof einen Frozeß an. Das Verfah- ren dauerte von 1501 bis 1503 und wurde schließlich zu Gunsten des Angeklagten Konrad Hensel entschieden. Der Anwalt Hensels, Sebastian Brant, hatte an dem für Hensel günstigen Ausgang ent- scheidenden Anteil.8) Auf Seiten des Frankfurter Plebans standen alle oberrheinischen Humanisten, "sie haßten im stolzen Bewußt- sein humanistischer Bildung die mönchischen Ketzerrichter".9) Unter dem Pseudonyn Wiegand Trebellius ergriff Jakob Winpfeling zur Verteidigung Hensels die Feder.10) Da der Straßburger Stadt- schreiber Sebastian Brant, der Anwalt Honsels, mit Wimpfeling in Freundschaft verbunden war, und der Schlettstädter HWJanist auch den Kanonikus Thomas Wolf in Straßburg,den der Bischof ZUD Rich- ter im Prozeß ernannt hatte, gut kannte, läßt sich Wiopfelings unmittelbare Anteilnahme gut verstehen.ll) Wimpfeling nannte nicht selbst seinen Nanen, weil ihm das freie Eintreten für den verur- teilten Wormser Domprediger große Schwierigkeiten von kirchlicher Seite hätte einbringen können. Nach den fingierten Einleitungsbriefen gab Wiegand Trebelli- us die Abhandlung in Bologna seinem Freunde Konrad Mutian zu le- sen. Unter dem Datum des. 1. Juni 1502 schickte di'eserdas Werk an den päpstlichen ZereDonienr.J.eisterJ" Burchard, danit er es ·den römischen Kreisen unterbreite. Winpfeling erhielt die Schrift aus Rom und gab sie 1503 heraus. Nikolaus Paulus machte deutlich, daß die Abhandlung nie in Bologna und Rom waro12) 1502 kehrten Burchard und Mutian aus Italien zurück, wahrscheinlich reisten sie zusaooen und verkehr- ten in Straßburg bei Wimpfeling.13) Möglicherweise zeigte der Schlettstädter Humanist den beiden Bekannten die Schrift, und diese erlaubten ihm, daß er sich ihrer Namen bediente, UD die Pseudonymität besser zu wahren. Die Schrift Winpfelings trägt die Überschrift: "Concordia curatorum et fratrum mendicantium. Carnen elegiacum deplangens discordiam et dissensionem christianorum cuiuscumque status dig- nitatis aut professionis". Wimpfeling benüht sich, in dem Wesel betreffenden Abschnitt aufzuzeigen, daß es sich bei dem Wornser DODprediger iD eigent- lichen Sinne nicht UD einen Ketzer handelte, und nan deshalb Hensel die Verehrung seines Lehrers nicht als Vorwurf anrechnen kann. - 145 - Obwohl die Anhänger der scholastischen Theologie behaupten, so führt Wimpfeling aus, sie bedürften der umfassenden Ke,nntnis, die dort vermittelt wird, um die Ketzer zu bekämpfen, wandten sie ihr gelehrtes Rüstzeug gegen Wesel nicht an. Wesel wurde frech und nit großer Heftigkeit gefragt, ob er glaubt oder nicht. 14) Seine Nebenbuhler bürdeten Wesel viele Artikel auf, von de- nen er bekannte, er habe sie nie gepredigt; von anderen jedoch kann man behaupten, daß sie wedergegen das Dogna noch gegen die guten Sitten verstoßen.l5) Da Wimpfeling zur Verteidigung WeseIs nicht näher auf dessen Lehren eingehen konnte -den Humanisten blieben die ketzerischen Lehren Wesels nicht verborgen- versuch- te er durch Angriffe gegen die Dominikaner, WeseIs Ansehen in einen gewissen Grade wieder herzustellen. Johann von Wesel wurde verurteilt, weil er ein Weltgeistlicher, ein Anhänger der "via moderna", ein Marsilianer war, weil er nicht völlig den Lehren des Thomas anhing.16) Nach Winpfeling hätte man den Donprediger viel sanfter, menschlicher und ehrbarer behandelt, wenn er ein MönCh, ein Thomist gewesen wäre. Den Ketzerrichtern ging es allein um den Triumph über einen Weltgeistlichen und Nominalisten. Als Angehöriger der Dominika- ner oder Franziskaner würde man nicht gewagt haben, Johann von Wesel vor ein Ketzergericht zu stellen. Der Verfasser weist auf einen Prediger in Hagenau hin, der verkündete, es sei ungewiß, ob Gott oder der Teufel die zehn Gebote gab. Er verachtete die Zeremonien der Kirche, Weihwasser und Kerzen.l?) Auch in Blick auf das sittliche Verhalten der Mönche verbreitete der Hagenauer nach Wimpfeling die anstößigsten Auffassungen. Da aber die Orden sich gegenseitig nicht inquirieren dürfen, bleibt dieser Predi- ger, der selbst Mönch ist, unangefochten, allein auf den Welt- klerus entlädt sich die Verachtung der Mönche. Mit Wesel ist nicht allein deshalb so heftig verfahren, weil er einer anderen Partei als seine Richter angehörte, sondern auch, weil er bereits ein alter, kranker Mann war. Jehann ven Wesel besaß während des Prozesses nicht mehr die notwendigen 'Kräfte für Gedächtnis und Geist.18) Sein Alter hätte größere Ehrfurcht, seine Krankheit größere Milde, sein ehrbares Leben größeres Mitenpfinden verdient.l9) Wenn man Wesel inquirieren wollte, wäre es angebracht gewese~, ihm einen längeren Aufschub zu gewähren und Freunde und Ratgeber zunächst hinzuzuziehen, be- - 146 - vor nan öffentlich verhandelte. Winpfeling ist der ÜberzeUgung, daß der Erzbischof Berthold von Henneberg einen solchen Prozeß nicht geduldet hätte.20) Die Ursache alles Elends und auch die Verfolgung der Welt- geistlichen durch die Mönche ist in der unterschiedlichen Auf- fassung beider Gruppen in Bezug auf philosophische Fragen, be- sonders in dem Streit über das UniversalienprobIen zu sehen. Die einen schwören auf Thonas von Aquino, die anderen auf Marsilius, Buridanus, Ockan, Johann Gerson und Gabriel Biel.2l) Kein ande- rer als der Teufel hat den Streit zwischen den christlichen Phi- losophen und Theologen gesät.22) Über allem scholastischen Schul- gezänk vergaß man die Praxis des Christentums. Die spitzfindigen, scholastischen Kenntnisse sind zur Besiegung der Ketzer nicht notwendig. Nach einen Wort des Thomas am anfang seiner "Sumna contra gentiles" bedarf es zur Disputation gegen die Juden al- lein des Alten Testanentes und zur Überwindung der Häretiker des Neuen Testamentes.23) Die Furcht vor den Ketzern ist unbegründet, seitdem die Macht in den Händen christlicher Herrscher liegt. Einst wurden die wahren Christen von den heidnischen Königen und Machthabern verfolgt; nach Wimpfeling braucht man bis an das En- de der Welt keine Häresien nehr zu fürchten. In diesem Zusa~enhang sind die weiteren ~ußerungen Wimpfe- I lings über Wesel heranzuziehen. Ähnliche Töne wie in der "Concordia curatorum et fratrun nen- dicantium" schlägt der Schlettstädter Humanist in den Eingangs- und Schlußsätzen an, die er der Relation A hinzufügte. Auch hier liegt die Betonung bei den Haß der Thomisten, die Diether von Isenburg zwangen, den Prozeß gegen Johann von Wesel einzuleiten. Sie drohten mit dem Zorn des Papstes, den der Erzbischof erst jüngst erfuhr, als Mainz erobert und geplündert wurde.24) Neben der Nachgiebigkeit Diethers ist nach Winpfeling die Zusamnen- setzung des Richterkollegiums für den Urteilsspruch verantwort- lich zu nachen, nur einer der Richter gehörte der "via noderna" an. Die Mönche wollten ihren Triumph über einen Weltgeistlichen und besonders über einen, der nicht wie sie auf Thomas schwor. Auf WeseIs schwere Krankheit nahmen die Inquisitoren keine Rück- sicht, man hätte nach Auffassung des Autors sanfter, nenschli- cher und nilder mit den alten Mann verfahren sollen. WeseIs An- schauungen, ausgenoomen der Artikel über den Ausgang des Heili- - 147 - gen Geistes, verdienten nicht eine derart schwere Strafe.25) Der Abschnitt läuft aus in Klagen über den Streit der beiden Schulen, der vom Teufel gesät ist. Die ÜbereinstiIJInungder Abschnitte in der "Concordia curato- rUI:let fratrUD mendicantium" und der Relation A wird inhaltlich und sprachlich sogleich deutlich. Nach dem Wortlaut der Relation A hat Winpfeling seinen Schlußabschnitt noch zur Zeit des Erzbischofs Diether von Isen- burg geschrieben, d. h. spätestens 1482.26) Der Humanist über- nahm dann die betreffenden Wendungen in seine Verteidigungs- schrift für Konrad Hensel. Eine andere Möglichkeit erscheint aus inneren Gründen wahr- scheinlicher. Jakob Wimpfeling bekennt, daß er das Antwortschrei- ben der Universität Heidelberg verfaßte, das keinerlei Sympathie für Wesel aufweist. Wimpfeling kannte Wesel wahrscheinlich nicht näher, hatte auch keine Beziehungen zu diesem. Die Teilnahme an Prozeß war für ihn von geringer Bedeutung. Interesse und eine ge- wisse Hinneigung gewann der Hunanist erst für den Wormser Dompre- diger infolge des Prozesses gegen Konrad Hensel. Winpfeling ver- faßte die behandelte Verteidigungsschrift; die geringe sachliche Kenntnis über die Vorgänge, die zur Verurteilung führten, ist aus dem Abschnitt über Wesel ersichtlich. Als Wiopfeling dann wenig später.den Prozeßbericht A in die Hände bekam, erweiterte er die- sen mit Zusätzen, die 'er aus der im Druck bereits vorliegenden Schrift naho.27) Schwierigkeiten macht allein der Satz, in wel- chen Wimpfeling mitteilt, er habe dieses unter dem Erzbischof Diether von Isenburg geschrieben.28) Es kann angenommen werden, daß Wimpfeling dort wahrscheinlich den Namen Bertholds von Henne- berg zunächst eingesetzt hatte, zu dem er großes Vertrauen besaß. Vor dem Erstdruck der Relation A müßte der Name von den Heraus- gebern geändert sein, da der Zusammenhang nicht mehr deutlich war.29) In der Vorrede zu der Schrift: "Modus predicandi subtilis et compendiosus" des Stephan Hoest30) sagt Winpfe1ing 1513 bezüglich der Anfeindungen, denen er·ausgesetzt war, und des Vorhabens sei- ner Gegner, seine Bücher zu verbieten, daß er nicht besser sei als Johannes Gerson, Johann von Wese~ und , die Ähnliches ertragen haben.31) Wippfeling stellt sich also in eine Reihe mit dem von der Inquisition verurteilten Häretiker~ - 148 - Weitere Äußerungen über Wesel finden sich in Wiopfelings "Catalogus archiepiscoporun Moguntinensiumll,32) Nach dessen Aus- sagen begann ein anderer den "Catalogus" -Englert veroutet Gei- ler von Kaisersberg33)- WiDpfeling nachte dann dazu unfangreiche Zusätze. Die Schrift ist 1515 in Schlettstädt geschrieben worden. Die Haltung zu Wesel hat sich kaun geändert. Wesel war, wie der Humanist berichtet, bei seinem Prozeß ein kranker, vergeßlicher M~nn, der sich auf einen Stock stützen mußte. Er stellte vieles in Abrede, anderes suchte er dahin abzuschwächen, er habe es nur unter Geistlichen, um diese zu belustigen, erzählt. Der Hunanist betont aber zum Schluß, daß er das Urteil nicht als ungerecht an- sehe, auch habe er nichts gegen Gerhard von Elten, den Eifer Die- thers für die Heilige RÖDische Kirche lobt er.34) Wimpfelings Haltung zu Wesel ist wenig eindeutig. Der Huna- nist besaß, wie aus seinen Äußerungen geschlossen werden DUß, wenig genaue Kenntnis über den Dooprodiger und seine Lehren; wenn er diese auch aus deo Prozeßbericht ersehen konnte, hatten sie keine Wichtigkeit für ihn. Der Huuanist stand außerhalb des Lebensgefühls und des theologisch-scholastischen Denkens, in den der Prozeß gegen Wesel allein nöglich war. Für Wiopfeling und seine Generation bedeutet die hussitische Bewegung, die in den Prozeß hineinspielt, nichts !Jehr,auch fehlte der Sinn, Abwei- chungen dogDatischer und kirchenrechtlicher Art in der ganzen Schwere zu sehen, in der sie das Mittelalter verstand, es handel- te sich für Wimpfeling hier um theologische Subtilitäten, die nicht der Beachtung wert waren. Da nach Winpfeling die theologischen Fragen bei dem Prozeß nicht das Entscheidende waren, mußten andere Motive herangezogen werden, um Prozeß und Urteilsspruch verständlich zu machen. Das Gerichtsverfahren gegen Wesel wird in erster Linie aus der Par- teilichkeit der thomistischen "antiqui" und der Böswilligkeit der Mönche dem Weltklerus gegenüber erklärt. Trotz dieser Gleichgül- tigkeit in Bezug-auf die theologischen Fragen hält Wiopfeling an den Einrichtungen und Lehren der römischen Kirche fest, nur ohne tiefere Reflektion. Für ihn war echte Andacht ~Ghr wert als spitz- findige scholastische Gelehrsankeit.35) Trotz aller Begeisterung für die Männer, die es wagten, gegen die Tho:o.istenzu Felde zu ziehen oder die, wie er, an den Reforntendenzen der großen Konzi- le festhielten, fehlte Winpfeling der Mut und der Wille, die Kon- - 149 - sequenzen aus einer erkannten Lage zu ziehen; als dann die Re_ formation kam, zeigte er sich für sie wenig aufgeschlossen. Wiegand Wirt verfaßte, nachdem er den Prozeß gegen Konrad Hensel verloren hatte, eine Streitschrift, mit der er den Frank- furter Stadtpfarrer, besonders aber die in der "Concordia cura- toruo et fratrum nendicantiuo" vertretenen Ansichten treffen wollte; in einem zweiten Teil dieser Schrift finden sich Angrif- fe gegen Personen, die in dem verlorenen Prozeß eine Rolle spiel- ten; in einem dritten Teil weist Wirt nach, daß die Dominikaner nicht allein die Empfängnis Mariae in der Erbsünde lehren.36) Wiegand Wirt gab seiner Abhandlung den Titel: "Dialogus Apo.loge- ticus Fratris wigandi wirt sacre Theologie professoris Contra wesalianican perfidiam ntque divi· ordinis fratrum Praedicatorum persecutores. Ac demum contraeos qui de conceptione imoaculatis- sime virginis Marie male sentiunt studiosa exaratio. In laudeD

eiusdem gloriose virginis Mariell•37) Auf der letzten Seite der Schrift wird als Druckort Oppen- heim angegeben. Sie erschien nicht vor 1503, denn das Ende des Prozesses gegen Hensel wird vorausgesetzt, auch wird das DatUD des Eßlinger Provinzialkonzils der Franziskaner als der vierte Sonntag nach 9stern 1503 angegeben. Auf der anderen Seite er- scheint der Frankfurter Pfarrer Konrad Hensel, der am 12. März 1505 starb, noch unter den Lebenden.38) Die Schrift ist also wahrscheinlich gegen Ende 1503 oder in Laufe des Jahres 1504 verfaßt worden, Der Dialog war weit verbreitet, auf den Provin- zialkapitel zu Wimpfen 1506 wurde die Schrift von Wirt selbst verkauft und verschenkt. In der Schrift handelt es sich un ein Zwiegespräch zwischen einem "Wigandus", mit dem sich Wiegand Wirt selbst meint, und einem "Wesalianus", hinter dem bis zu einer.'!gewissen Grade Kon- rad Hensel zu sehen ist, doch sind die Züge des "Wesalianus" vielfach allgemeiner Art; er vertritt den Durchschnittstypus eines Anhängers Wesels, wie ihn Wiegand Wirt für seinen Dialog haben wollte: er ist unvorsichtig in seinen B~hauptungen, nicht sehr klug und wird bald von dem "Wigandus" überzeugt: An philo- sophischen und theologischen Kenntnissen läßt der Wesalianer we- nig erkennen, seine hunanistische Bildung tut sich darin kund, daß er ausgezeichn~t versteht, bei den heidnischen Göttern zu .schw:':renund zu fluchen. - 150- Der Ausgangspunkt dcr Schrift liegt in Wirts Verhältnis zu Konrad Hensel und der Abhandlung über die Eintracht der Welt- geistlichkeit mit den Bettelmönchen. Wirt greift in seinem Traktat die Arg~ente auf, die zur Ver- teidigung WeseIs vorgebracht wurden. Wirt weist darauf hin, daß Wiegand Trebellius und Konrad Hense139) Wesel in besonderer Wei- se in Bezug auf sein Leben und seine Lehre hervorheben. In straß- burg, wo Wirt seinen Prozeß verlor, hört man nur Lobsprüche über WeseI. Auch des Trebellius Auffassung, daß der Erzbischof Ber- thold von Henneberg anders gehandelt hätte, wirdGusführlich be- sprochen.40) Wiegand Wirt verdreht den Titel der Schrift Wimpfe- lings in: "Discordia curatorun et fratrun nendicantium". An vie- len Stellen des Dialogs bekämpft Wirt Ansichten, die in der Ver- teidigungsschrift des Trebellius für Hensel angeführt waren, oh- ne diese dabei .inner ausdrücklich zu nennen • Wirt führt eine direkte Äußerung Hensels über Wesel an, nach dieser soll der Frankfurter Pfarrer gesagt haben, daß die Verurteilung WeseIs, der der berühmteste Doktor in ganz Deutsch- land sei, allein auf den Haß der Mönche zurückzuführen sei. Be- sonders setzt Wirt sich kritisch mit der Auffassung Hensels aus- .einander, nach der die Do~inikaner durch ihre Lehre über Maria die H~~dsblume der Erbsünde in den Kranz und das Haar der Jung- frau Maria geflochten haben und sie dadurch entehrten.41) Wiegand Wirt läßt Wesel von seinen Anhängern in folgender Weise gesehen werden: Der Wesalianus ist stolz, Schüler des gro- ßen und durch Leben und Lehre berühmten Johanns von Wesel zu sein, von dem in ganz Deutschland gesprochen wird.42) Daß Wesel ein Ketzer sein soll, wird nicht gelten gelassen. Er hat wohl manches unklar ausgedrückt, auch auf seltsame Weise vor den Vol- ke argumentiert, aber sich nicht gegen den katholischen Glauben, die guten Sitten und die Bestinnungen der Kirche, weder in Wort noch in Schrift, gewendet.43) Der Anhänger WeseIs gibt zu, sein Lehrer sei oft unvorsichtiger gewesen, als es eigentlich erlaubt ist.44) Scherze, die Wesel über Dinge des Glaubens und Aussagen der Heiligen Dac~te, darf nan nicht sogleich als Gotteslästerung auffassen. Wesel als ein "hODD 'urbanus" sprach in belustigender Weise gern über diese Dinge, un dadurch'bei GastDählern die Ge- sellschaft zu erfreuen. BeiD Wein sagt einer, wie der Wesalianer neint, anch einmal Dinge, über die er eige~tlich anders denkto45) - 151 - Der Wesalianus behauptet, daß es doch erlaubt sei, in einer Frage Augustin oder einem anderen zu widersprechen, da Augustin selbst gesagt habe, er wolle nicht, daß seine Werke den göttli- chen Schriften gleichgeachtet würden.46) Die Lehren WeseIs be- treffs des·Vikariats Christi auf Erden, der Indulgentien, des Fastens und der Kontinenz der Priester sind dem Wesalianer wohl- bekannt; es gibt nach seiner Ansicht aber nicht wenige, die be- haupten, Wesel habe in diesen Dingen keine schlechte Ansicht ver- treten.47) Der Verteidiger Wesels erklärt, er habe die Kirchenvä- ter und Dekrete gelesen und nichts gefunden, das gegen WeseI, son- dern vieles, welches für ihn spricht. Feste Beweise kann es nach der Verbrennung der weseIsehen Bücher überhaupt nicht mehr geben, da kein Mensch in der Asche zu lesen vermag~ Vieles wird Wesel vorgeworfen, was er überhaupt nicht predigte und schrieb, es ist die Mißgunst, die ihm manche häretische Lehre angedichtet hat~48) Starke Kritik wird an WeseIs Behandlung im Prozeß geübt. Man hätte mit dem Domprediger besser verfahren sollen, denn er war ein Greis und fast schon sChwachSinnig,49) viele Artikel hat We- seI nicht vertreten, als er noch bei gesundem Verstande war; erst das Alter, die Beschwerden, Krankheit und nicht zuletzt das Dro- hen der Feinde brachten ihn dazu, diese Ansichten auszusprechen, denn wie eine Beute oder einen ungeheuren Schatz wurden sie von seinem Munde fortgerissen.50) Der Tag, an dem Wesel widerrufen mußte und seine Bücher verbrannt wurden, war ein unglücklicher und verdammungswürdiger Tag, daß der Wigandus ihn glücklich preist, vermag der Wesalianer nicht zu verstehen.51) Es ist schwer, bei den Argumenten von Fall zu Fall zu ent- scheiden, ob sie in dieser Weise von Anhängern WeseIs vorgebracht wurden. Obgleich Wiegand Wirt die Ansichten des Wesalianus so in den Dia~og einflicht, daß sie jeweils von den folgenden Beweis- 5?) führungen des Wigandus völlig aufgehoben und zuschanden werden, ~ ist nicht alles von dem Autor des "Dialogus Apologeticus" selbst erfunden. Das Urteil Wimpfelings über Wesel zeigt, daß in den Kreisen der Verehrer des Dompredigers nicht grundsätzlich anders, als Wirt es beschrieb, über ihn geredet ist. Man hat jedoch nicht so unverhüllt, wie es der Wesalianermt, die Ketzereien WeseIs gutgeheißen. Es zeigt sich bei den Frounden Wesels die Tendenz, die Lehren des als Ketzer verurteilten Meisters zu verharmlosen; man begründet diese Auffassung damit, Wesel sei zur Zeit des Pro- - 152 - zesses nicht mehr völlig zurechnungsfähig gewesen; von dieser Be- hauptung aus wurden zum Teil seine Äußerungen entschuldigt. Bei den Aussagen, von denen feststand, daß sie nicht erst beim Verhör, sondern bereits Jahre vorher von Wesel ausgesprochen waren, fand man die Ausrede, Wesel habe dieses zur Belustigung der Anwesen- den bei Gastmählern erzählt, ohne daß es jedoch seine eigentli- che Überzeugung war. 53) Die Tatsachen hatte Wiegand Wirt auf seiner Seite, er machte sie in großer Breite den Ausführungen seines Dialogs nutzbar. Wirt stand ein gutes Quellenmaterial zur Verfügung. Er be- nutzte den Traktat WeseIs gegen die Erbsünde, der ihm vom Inqui- sitor übergeben war. Die aus der Schrift von dem Wesalianer selbst vorgelesenen Äußerungen WeseIs gegen die Lehre von der Erbsünde überzeugten den Verehrer des Dompredigers vollständig von der Ketzerei des von ihm einst angebetenen Meisters. Wiegand Wirt lagen .ferner die "Paradoxa" vor,54) außerdem das Verzeichnis der ketzerischen Sätze, die Wesel öffentlich widerrufen mUßte.55) Die Prozeßberichte selbst sind wahrscheinlich nicht benutzt wor- den. Neben den schriftlichen Zeugen vermag Wirt reiches Quellen- material, das ihm aus anderen Quellen zufloß, zur Belastung We- sels beizubringen. Der Autor weist darauf hin, daß noch jetzt Leute in Worms oder Mainz leben, die hörten, wie Wosel öffentlich die Erbsündenlehre bekämpfte. Der Bischof von Worms, Reinhard von Sickingen, und andere wollten ihn zur Vernunft bringen, es hat aber nichts genützt. Außerordentlich gut ist Wirt über den Prozeß und dessen Vor- geschichte unterrichtet." Viele Namen der Prozeßteilnehmer zieht Wirt heran, um zu beweisen daß ehrenwerte Männer an der Verur- teilung beteiligt waren.56~ Wenn er selbst auch wahrscheinlich den Vorgängen nicht beiwohnte, so waren doch andere Frankfurter Dominikaner intensiv an der Bekämpfung WeseIs interessiert.57) Die Beziehungen WeseIs zu den Hussiten stellt Wiegand Wirt ausführlich dar, um keinen Zweifel über die enge Gemeinschaft des Dompredigers mit den Ketzern übrig zu lassen. Den Vorwurf des Wesalianus, die Verurteilung sei allein durch die Mönche ge- schehe~, widerlegt der Autor mit dem Hinweis, auch andere Dokto- ren wurden zur Beurteilung der weselschen Schriften zugezogen. Der Widerruf, dessen Zeitpunkt Wirt genau angibt,58) die Verbren- nung der Werke und die Verurteilung WeseIs zu ewigem Kerker sind - 153 - für den Verfasser des "Dialogus Apologeticus" untrügliche Bewei- se für Wesels verdammungswürdige Häresien. Wirt wollte den Ver- ehrern WeseIs mit diesen Ausführungen Tatsachen ins Gedächtnis zurückrufen, die einfach nicht zu leugnen waren. Es ist auch von Wirts Gegnern nie der Versuch unternommen worden, ihm in dieser Beziehung Unlauterkeiten nachzuweisen. Das Charakterbild, das der Wigandus von dem Domprediger ent- wirft, ist denkbar schlecht. Wie alle anderen Ketzer zeichneten ihn Stolz und Hochmut aus. Seitdem Wesel Doktor geworden, begann er sich unsinnig zu benehmen,59) dieses äußerte sich in seinem Aufbegehren und der Verachtung der berühmtesten Lehrer der Kir- che. Weil er selbst Doktor war, meinte WeseI, habe er die glei- che Autorität wie Augustin; aus diesem Grunde verachtete und ver- spottete er die Sakramente der römischen Kirche und setzte das Ansehen der kirchlichen Vorschriften herab. Ein gewaltiger Über- mut, der sich auf die eigene Machtvollkommenheit berief, bewirk- te dieses alles in ihm.60) Von einem Bischof ließ Wesel sich nicht ermahnen, er blieb starrsinnig bei seiner AuffaSSung.61). Wesel war eih großer Verführer, ein außerordentlich schädlicher Ketzer, selten hat es einen so bedeutenden Häretiker in Deutsch- land gegeben. Er lebte als Wolf im SChafspelz,62) mit einer sol- I chen Bestie durfte nicht sanfter verfahren werden, die Behandlung im Prozeß war die richtige.63) Es ist schändlich, Dinge des Glau- bens zu verhöhnen und so zu verdrehen, daß sie anderen zum Anstoß und zum Verderben werden. Wie seine Verehrer verachtete Wesel die Mönche, denn die Wölfe lieben die Hunde, die sie jagen, nicht. Wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte er diesen Stand am liebsten aufgehoben. Wesel stand in völligem Gegensatz zu den frommen, as- ketischen Mönchen, denn er war ein Anhänger der Epikuräer, seine Schüler sind nicht besser.64) Wesel zeigte sich unbelehrbar. Da die milde Medizin der Er- mahnung nichts nutzte, mußte der Arzt schließlich mit dem Brenn- eisen vorgehen. Wesel wollte, als er gesund und stark war, den Rat vernünftiger Männer nicht hören, sondern verachtete ihn, in- folgedessen durfte der Inquisitor, da Wesel immer noch mit dem gleichen verwerflichen Wagemut seine Irrtümer verteidigte, keine Milde haben, die durch die Zustände des Leibes und Alters be- st~mmt worden wäre. Mit Recht ängstigte, inquirierte und erschreckte man WeseI. - 154 - Mitleid war um des Angeklagten willen falsch, ohne Anwendung von Härte wäre er im Blick auf seinen Leib nicht beschwert worden, die Seele aber verlorengegangen. Die unsanfte Prozeßführung be- wirkte den Widerruf WeseIs und damit die Errettung seiner Seele. 65) Weil der Prozeß im Grunde einverdienstliches Werk bedeutet, braucht Wirt nicht zu verheimlichen, daß die Entdeckung des Ver- hältnisses zwischen Wesel und dem Böhmen der Geschicklichkeit der Mönche zu verdanken ist. Die Liebe der Inquisitoren gilt nicht allein den Ketzern, sondern auch den Christ~n, die durch sie in Versuchung geführt wurden. Johann von Wesel ist dem Wolf zu ver- gleichen, der in den Schafstall eindringt, hinschlachtet, ver- dirbt und tötet. Die Möncht; haben die Aufgabe, die Mörder der Schafe Christi zu hassen, zu verfolgen und ihnen beständig Fall- stricke zu legen, dieses ist die Art, wie ein Hüter der Herde mit den Häretikern, den Feinden des Glaubens, unzugehen hat. Die Ver- folgung eines Ketzers ist eine g"lückliche Jagd, denn es geht um das Heil der Seelen. So kann die Behandlung WeseIs nicht als un- gerecht bezeichnet werden, sondern als eine brüderliche Züchti- gung, damit nicht die ganze Herde Christi verderbe.66) Die Angriffe gegen die Persönlichkeit des Dompredigers und die Beurteilung der Prozeßführung läßt den maßlosen Haß Wirts gegen seine Gegner deutlich werden. Im Blick auf WeseIs Charak- ter hat der Autor stark übertrieben, wenn er auch an einige We- senszüge WeseIs anknüpfen konnte. Bei den Ausführungen über die Behandlung von Ketzern handelt es sich um Wendungen, die immer wieder bei der Beschreibung von Ketzerprozessen verwendet wurden und aus den kirchlichen Rechts- büchern stammen.67) Die Worte Wirts vermitteln zugleich einen Eindruck von den Gedanken und Gefühlen, die wahrscheinlich viele Teilnehmer während des Prozesses gegen Johann von V/üscl beweg t er;. Sachlicher und maßvoller sind Wirts Hinweise auf die ketze- rischen Lehren WeseIs. Der Autor zählt die Artikel an verschiede- nen Stellen auf,68) ausführlicher geht er auf WeseIs Ablehnung der Kirchenväter als Autoritäten für den Glauben69) und WeseIs Verachtung der Mönche ein.70) Der Schluß des ersten Teilsdes Dialogs handelt fast nur noch von WeseIs Traktat gegen die Erb- sünde. Unter Bezugnahme auf die Abfassungszeit weist Wirt nach, daß Wesel im vollen Besitz seiner körp~rlichen und geistigen Kräfte bereits seine Irrlehren verbreitete. Die Häresien ent- - 155 - sprechen denen der Griechen, des Arius, des Johannes Hus und des Marsilius von padua,71) sie sind gegen den Glauben, die kirchli- chen Vorschriften, die guten Sitten und deshalb zu verwerfen. Der Wesalianus gibt sich a~ Schluß des ersten Teils geschla- gen, nachdem er selbst WeseIs Leugnung der Erbsündenlehre gelesen hat; sein Gegenspieler erteilt ihm darauf den Rat, auch den ande- ren Verehrern WeseIs mitzuteilen, was er selbst erfahren hat. Wirts Nachweis in dem "Dialogus Apologeticus", daß Konrad Hensel, der Verfasser der "Concordia curatorum et fratrum mendi-. cantium" und deren Anhänger einem Ketzer ihre Verehrung erweisen und selbst fast als Häretiker anzusehen seien, blieb ohne den ge- wünschten Erfolg, keine kirchliche Behörde schritt gegen Wirts Feinde ein. Auf die Bitte der Observanten hin verboten der Mainzer Erz- bischof und dessen Suffragane den Dialog. Am 28. Juli 1506 wurde die Konfiszierung angeordnet. Wiegand Wirt wandte sich nun gegen die Minoriten. "In einem Schriftstück, das er an die Tür der Stuttgarter Klosterkirche schlagen ließ, bezeichnet er die Obser- vanten als die Förderer der wesalianischen Ketzerei~72) ~ Später mußte Wirt den Dialog selbst verdammen, zuerst in Romll am 25. Oktober 1512 in der Heiligen-Geistkirche in Heidelberg.73 Die Verurteilung der Schrift Wirts erfolgte nicht auf Grund des ersten Teils, sondern des zweiten und dritten, in denen sich heftige Ausfälle gegen die am Prozeß gegen Konrad Henscl betei- ligten Personen befinden und wegen der überspitzten und zu schar- fen Ablehnung der Lehre von der unbefleckten Empfängnis Mariae.74) Infolge des Streites zwischen H~nsel und Wirt hatte die Ge- stalt des Johann von Wesel das Interesse der Humanisten erweckt. Man wußte wenig von ihm, im wesentlichen nur, daß er dem Haß der Mönche zum Opfer gefallen war, trotzdem nahm man ihn für die eige- nen Interessen in Anspruch und sah in ihm einen Mitstreiter im Kampf gegen die Ordensleute. Der Humanist Mutianus Rufus war ein persönlicher Freund Jakob Wimpfelings, er gab diesem 1502 die Erlaubnis, einen Brief unter seinem Namen an den päpstlichen Zeremonienmeister Johann Burchard zu verfassen, der der Schrift "Concordia curatorum et fratrum mendicantium" vorangestellt wurde.75) Mutianus Rufus kannte also WeseIs Schicksal. Als Gegener der Dominikaner nahm er starken An- teil an dem Streit um Reuchlin, in einem Brief vom 3. Oktober 1513, - 156 den er in diesem Zusammenhang an den Cisterziensermönch Heinrich Urban schrieb, wird Johann von Wesel erwähnt.76) Nach Mutianus Rufus ist es beiden Theologen Sitte, gute Schriftwerke und ihre Verfasser zu hassen und zu verfolgen. Die Gegner Rcuchlins wollen dabei so friedfertig vorgehen, daß sie die Bücher verbrennen, Reuchlin selbst aber zu schonen beabsich- tigen. Das ist übertünchte Milde, denn bei der Beseitigung der Schriften wird dem Autor zugleich Unrecht getan. So verbrannte man die Dichtungen des Antonio Panormita und traf ihn damit selbst.77) In Mainz verbrannt~ man Schrift&n Johanns von Wesel und besudelte durch diese Tat den Ruf des Greises. Wer das-Werk haßt, haßt auch seinen Autor. In den "Epistolae Obscurorum Virorum" wird Wesel in einer Linie mit Reuchlin und gesehen; der Haß gilt seinem Geg- ner Wiegand Wirt. Dieser Dominikaner ist der Urheber aller Schlechtigkeiten, er begann jene Häresie in Bern und schrieb ein Buch über Johann von WeseI, dieses mußte er jedoch in Heidel- berg widerrufen, es wurde für nichtig erklärt und vertilgt.78) Die Mönche sind im Grunde schlimmere Ketzer als die, die sie verfolgen, denn indem sie erlauben, daß ein Priester mehr Pfrün- de in seiner Hand vereinigen darf, als er verwalten kann, ver- hindern sie das Halten von Messen, aus denen doch alles Heil für Lebende und Tote kommto Wer nicht glaubt, daß alles Gute aus der Messe entspringt, ist in Wirklichkeit ein größerer Ketzer als Wesel und Reuchlin.79) Erasmus von Rotterdam denkt in seinem Ko~entar über Hieronymus nicht anders als Johann von WeseI, des- halb wollten ihn die Mönche als einen Häretiker verderben, wie sie es mit dem Domprediger in Mainz getan haben. Das ist eben die Praxis der Dominikaner.SO) Die Beurteilung der Gestalt des Johann von Wesel im Streit der Humanisten und Dominikaner um die unbefleckte Empfängnis Ma- riae entspricht völlig der geistesgeschichtlichen Lage in den letzten Jahren vor der Reformation. In den Kreisen der Humanisten macht sich die Abkehr von der Geisteswelt des Mittelalters immer stärker bemerkbar, man hat keinen Zugang mehr zu dem Denken und dem Wissenschaftsbetrieb der Scholastik und verstand deshalb auch nicht den Inquisitionsprozeß gegen Johann von WeseI, der sich al- lein in dieser Atmosphäre vollziehen konnte. Die theologischen Kontroversen werden verharmlost, man fühltihre Schwere und Be.- - 157 - deutung nicht mehr, auch die Ablehnung des Papsttums und anderer Gewalten und Einrichtungen der Kirche empfindet man nicht mehr als häretisch, weil man selbst in einem gewissen Gegensatz zu ihnen stand. Trotz aller Opposition dachten die Humanisten nicht daran, mit der römischen Kirche zu brechen; ihre Kritik vollzog sich im literarischen Bereich, nicht in der Praxis; sie hat je- doch dazu beigetragen, in der Reformation eine schnellere Lösung von der Kirche des Mittelalters zu ermöglichen. Die Dominikaner dagegen halten an den vom Mittelalter her überlieferten Denkformen und Anschauungen fest, für sie bleibt· Wesel der Ketzer. Bei ihnen hatten sich die Ansichten und das Lebensgefühl im Verhältnis zu der Generation WeseIs nicht geän- dert, deshalb vermochten sie trotz Übertreibung und Haß ein ge- schichtlich genaueres Bild von der Gestalt und den Lehren des Wormser Dompredigers zu zeichnen als ihre humanistischen GegnerQ - 158 - VI$ Kapitel. Die Gestalt des Johann von Wesel im Zeitalter der Reformation.

1. Die Beurteilung Johanns von Wesel auf evangelischer Seite.

Die Reformation hat sich als Erneuerung und Belebung dessen verstanden, das während der Zeit der Herrschaft der römischen Kirche in dieser an echten christlichen Kräften lebendig geblie- ben war. Aus diesem Grunde ging der Blick zurück zu den Männern, die in der alten und in der mittelalterlichen Kirche eine ähnli- che Haltung einnahmen, wie sie von der Reformation vertreten wur- de. Die Darstellung der Beurteilung Johanns von Wesel wird zei- gen, daß die Männer, die im Mittelalter in einem gewissen Grade im Gegensatz zur römischen Kirche und ihren Lehren gestanden hat- ten, in der Reformation erst im Laufe der Zeit ein größeres Inter- esse fanden. In einem Brief vom 10. März 1524 erbat sich Georg Spalatin von dem ihm befreundeten Kanoniker Veit Warbeck in Altenburg die "descriptos Doctoris Wesaliae articulos".l) Es handelte ~ich um die "Paradoxa"; ob ferner einer der Prozeßberichte oder andere weselsche Schriften gemeint waren, läßt sich nicht mehr feststel- len.2) Wahrscheinlich lagen die Artikel ungedruckt vor.3) Spala- tin hatte vermutlich gehört, daß Warbeck Schriften des Johann von Wesel erhalten hatte. Er besaß selbst großes Interesse an diesem Manne, da er seit 1505 mit Mutianus Rufus en~ befreundet war und mit diesem noch 1524 .in Briefwechsel stand.4 Von diesem Humani- sten wird Georg Spalatin über den verurteilten Wornser Dompredi- ger Nachrichten erhalten haben. Georg Spalatin wandte sich an Luther mit der Bitte, ihm die Erklärung Wesels zu dem Satz des Vaterunsers: "Adveniat regnun tuum" (Matth.6,lO) zu verdeutlichen. antwortete in einem Schreiben vom 23. März 1524.5) Aus Luthers Antwort ist zu ersehen, daß der Reformator nur wenige Kenntnisse über WeseIs ge- gensätzliche Haltung zur römischen Kirche, seinen Prozeß und sei- ne Verurteilung besaß, denn die Erklärung der weselschan Ausle- gung stützt sich auf die Vermutung, der Dompredi~er wolle die all- gemeine Meinung über diese Stelle zurückweisen.6 Nach der verbrei- teten Auffassung wurde nach Luthers Meinung unter dem Reich Gottes - 159 - allein die zukünftige Herrlichkeit verstanden, so daß man sich nicht um das gegenwärtige, unvollkommene Reich Christi kümmerte, bei dem die Heilige Schrift jedoch besonders verweilt. In welcher Weise Johann von Wesel den Begriff des Reiches Gottes verstand, läßt sich nicht entscheiden, da sich der genann- te Satz völlig zusammenhanglos innerhalb der "Paradoxa" findet und sich auch nicht durch andere Äußerungen WeseIs verdeutlichen läßt. Weitere Bemerkungen über Johann von Wesel finden sich in Luthers Schrift "Von den Konziliis und Kirchen" von 1539.7) Der Reformator gedenkt WeseIs, der zu Mainz Prediger war und "zuvor zu Erfford die hohe Schule mit seinen bu(e)chern regirt, aus wel- chen ich daselbs auch bin Magister worden". Er wurde von den "verzweivelten, hoffertigen lIto(e)rdern,genannt Hereticae pravi- tatis inquisitores (ich solt sagen) inventores, prediger Mu(e)nch" verurteilt, weil er nicht sagen wollte: "Credo deum esse", sondern sprach: "Scio Deum esse".8) Wie aus den Zitaten hervorgeht, kannte Luther vermutlich ne- ben den philosophischen Schriften WeseIs, die in Erfurt auch nach dem Zeugnis anderer Autoren hoch in Ehren standen, die "Pa- radoxa" und die Relation A, in der sich die Auseinandersetzung des Inquisitors mit Wesel über die .Frage befindet, ob man sagen soll, "ich glaube" oder "ich weiß" •. Von den anderen Schriften WeseIs und insbesondere von dem Ablaßtraktat wird Martin Luther nichts'gewußt haben. Auf der Universität Erfurt vermied man, wohl nicht nur Usingen allein, auf die häretischen Lehren des ehemaligen Theologieprofessors einzugehen, da dieses das Ansehen, das dieser durch seine philo- sophischen Schriften dort genoß, verdunkelt hätte. Wenn der Reformator von dem verurteilten Wormser Domprediger und seinen Lehren, insbesondere von der Ablehnung des Ablasses Näheres gewußt hätte, wäre er wahrscheinlich in den Jahren 1520 und 1521 auf ihn zu sprechen gekommen. Luther befand sich in je- ner Zeit in einer niedergedrückten Stimmung, es beschlich ihn der Gedanke, "daß er ein Umstürzler, ein frecher, frivoler Auto- 9 ritätsstürmer sei, der nur niederreiße, nicht aufbauell• ) Luther fühlte in dieser Zeit wie Elias, der glaubte, allein übrig ge- blieben zu sein und nicht wußte, daß Gott 7000 gottesfürchtige Männer in Israel übrig gelassen hatte.lO) Als durch Rinne Rode - 160 - im Winter152Q12l die wesselschen Schriften zu ihm gelangten, ju- belte Luther auf. Er stellt WesseI G~nsfort in der Vorrede zu dessen Briefen ein glänzendes Zeugnis aus, wenn er sagt: "Hic si mihi antea fuisset lectus, poterat hostibus meis videri Lutherus omnia ex Wesselo hausisse, adeo spiritus utriusque conspirat in unum".ll) In ähnlicher Weise begrüßte Luther die gochschen Frag- mente.12) Johann TauIer, WesseI Gansfort, Rudolph Agricola und Johann Pupper van Goch sind für ihn die Vertreter einer unver- dorbenen Theologie. Es wäre unverständlich, daß Luther, wenn er die Ansichten WeseIs näher gekannt hätte, diesen in der Reihe der Männer, die vor ihm ähnlich dachten, ausgelassen hätte.13) Wenn ein Teil dieser Theologen Martin Luther infolge ihrer Herkunft aus der deutschen Mystik und der "devotio moderna" in ihrem i~~ersten Wesen näher standen als der durchaus scholastisch geprägte Wormser Domprediger, so trifft das im Blick auf die Rechtfertigungslehre nicht zu, in dieser Frage ver-tra+en sie in gleicher Weise wie Johann von Wesel die mittelalterlich-katholi- sche Auffassung. Trotz mancher Übereinstimmung zwischen Johann von Wesel und dem Reformator, besonders in Bezug auf die Kritik an den Einrich- tungen der römischen Kirche, gehen sie in d~n Ansatzpunkten ihres Denkens völlig auseinander. Auch bei'genauerer Kenntnis der we- selschen Schriften durch M~rtin Luther hätten sie für ihn nicht ven entscheidender Bedeutung werden können. Von Kaspar Hedio wurde 1537 die Chronik des Abtes Konrad von Ursperg herausgegeben und durch Briefe und Urkunden vermehrt. Hedio teilte diese Stücke ohne eigene Bemerkungen in seinen aparaleipomena" mit, aus diesem Grunde ist über seine Stellung 14 Zl' Joha!4~von WeseI, den er auch erwähnt, wenig zu entnehmen. ) ll 15 Johann von WeseI war ein "probatissimae vitae TheOlOgus • ) Von den "Paradoxa" zitiert Hedio die lateinischen Sätze und den er- sten deutschen Satz. Über den Prozeß werden Abschnitte aus der Relation A gebrachtQl6) Die Auswahl der zitierten Stücke zeigt, daß Hedio auf der einen Seite herausstellen wollte, wie Wesel in- folge dGS Hasses der Dominikaner unschuldigerweise verurteilt worden ist, auf der anderen Seite beabsichtigte er, mit der Wie- dergabe der "Paradoxa" WeseIs Näh~ zur Reformation erkennen zu lassenö Da Kaopar Redio von 1520 bis 1523 selbst als Domprediger - 161 - in Mainz als Führer der evangelischen Bewegung tätig war und von dort wegen Anfeindungen fortging,17) ist sein Interesse für Jo- hann von gut zu verstehen. Kaspar Hedio wird aber erst durch die Prozeßberichte nähere Kenntnis über den Domprediger bekommen haben und nicht durch mündliche Überlieferung aus der Zeit, inder er sich in Mainz befand; wäre dieses der Fall, hätte er in dem Abschnitt über We- seI in irgendeiner Weise darauf zurückkommen müssen. In dem Werk des Matthias Flacius über die Zeugen der Wahr- heit gehört Johann von Wesel zu den Männern, die der Herr sich behalten hat, und die ihre Knie nicht vor dem Baal beugten.18) Auch an Johann von Wesel wird dargetan, daß die evangelische Leh- re nicht eine neue ist, wie die Gegner ihr vorwarfen, sondern daß sie alle Z~it, sei es in dem einen oder anderen Stück, vor der lutherischen Reformation Anhänger hatte, Flacius versucht, in die weseIsehen Aussagen die Rechtferti- gungslehre im lutherischen Sinne hineinzudeuten, nach Flacius bekannte WeseI, alle würden umsonst und aus bloßer Gnade durch den Glauben an Christus gerettet, und der freie Wille sei nichts. 19) Der Autor stützt sich hier auf einen Satz der "Paradoxa", in dem von der errettenden Gnade, jedoch nichts von dem Glauben an Christus die Rede isto20) Für die Meinung, Wesel habe den freien Willen geleugnet, gab es in der gleichen Schrift gewisse Hinwei- se, die jedoch nur von der Unbedingtheit des Handelns Gottes re- den, aber auf die Frage, wie weit der Mensch trotzdem zu eigenen Taten fähig ist, nicht eingehen. Bedeutungsvoll ist dem Autor We- sels Leugnung der Autoritäten für den Glauben, derKirchenväter und der Glosse, des Primats des Papstes und der jurisdiktionel- len Gewalt der Prälaten. Den Artikel, den Flacius dem Dompredi- ger in diese~ Zus~mmenhang zuschiebt, daß das Wort Gottes durch gegenseitiges Vergleichen der Schriftstellen zu erklären sei, stammt jedoch nicht von diesem. Die deutschen Sätze gibt Flacius im Wortlaut. Wie auch bei Kaspar Hedio erscheinen bei Matthias Flacius " die Ansichten der "Paradoxa" als das stärkste Zeugnis·der be- reits fast reformatorischen Gesinnung des Wormser Dompredigers, da in diesen Sätzen nur dieses zusammengetragen war, durch das sich Wesel in schärfsten Gegensatz zur römischen Kirche stellte, die aber nicht immer seine eigentliche Auffassung wiedergaben. - 162 - Mattb,ias Fla.cius besaß ferner den Traktat \Vesels über den Ablaß.21) Diese Schrift wird dagegen weniger herangezogen, weil sie viele Gedanken enthält, die Wesel mit der mittelalterlich- scholastischen Theologie verbinden. Flacius berichtet aus diesem Traltat von WeseIs Behauptungen, in der Heiligen Schrift sei al- les zum Heile Notwendige enthalten, die Indulgentien seien ein frommer Betrug, die Kirche könne irren, das Papsttum wäre von Menschen erfunden. Den Beurteilungen Geilers von Kaisersberg und Engelins von Braunschweig legt der Autor großes Gewicht bei. Eine gewisse An- teilnahme an dem Geschick des Dompredigers zeigt der Satz, jener tüchtige Mann habe selbst erfahren, wie er es vorher gesagt hat- te, daß es schwer sei, ein Christ zu sein. Als seine Quellen über Wesel nennt Flacius die "Paraleipome- naildes Redio, die Kommentarien des Äneas Sylvius zu dem Basler Konzil, in denen er die "Paradoxa" und die Relation A fand, und ein handschriftliches Exemplar des Ablaßtraktates. Matthias Flacius war der erste Theologe, der Johann von We- seI, WesseI Gansfort und Pupper van Goch wegen der Ähnlichkeit ihrer Auffassungen in einem Zusammenhang sah. Auf den Abschnitt über Wesel folgt der über WesseI Gansfort, der ausführlich und mit großer Kenntnis der we sae.Lschen Schriften verfaßt ist.22) Der Autor vertritt die Auffassungt WesseI und Wesel seien in Freundschaft verbunden gewesen.23) Da er dann sogleich auf den Brief des Niederländers zu sprechen kommt, in dem dieser Wesel erwähnt, ist zu vermuten, daß Flacius hier keine selbständige Nachricht bringt, sondern gemeint hat, diese Tatsache aus dem Briefe herauslesen zu können. Auch WesseI Gansfort und der an ihn anschließende Johann Pupper van Goch haben nach Flacius die rechte Auffassung von der Rechtfertigungslehre besessen.24) Auch Philipp Melanchthon erwähnt Johann von Wesel unter den Männern, die durch ihre Werke zum Fortbestehen der Kirche Chri- sti beigetragen haben. Er stellt WeseI, den er als "Prediger zu Mainz" bezeichnet, in eine Reihe mit Ambrosius, Augustinus, Pros- per von Aquitanien, Hugo von St.Victor, Johann Tauler, WesseI Gansfort und Johann Hilten.25) Ob Melanchthon nähere Kenntnis von Wesel hatte, läßt sich nicht feststellen. Martin Chemnitz unternimmt in seinem "Examen Concilii Tri- dentini" bei der Besprechung der Ablaßlehre den Versuch, nachzu- - 163 -' weisen, wie Männer zu allen Zeiten dem Betrug der Ablässe wider- sprochen haben.26) Er zählt auf und bespricht: Wilhelm Durand, die Waldenser, Johann Wiclef, Johann Hus, WesseI Gansfort und Johann von Wesel.27) Bei Chemnitz wird wie bei Flacius deutlich, daß das Inter- esse an den Lehren WesseI Gansforts im Zeitalter der Reformation stärker war als das an denen WeseIs. Als Gründe für diese Er- scheinung sind zu nennen: infolge des Druckes waren die wessel- schen Schriften leichter zugänglich, ferner war WesseI Gansfort von beiden der überragendere Geist und stand durch seine Bezie- hungen zur "devoto moderna" dem Denken der Reformation näher als der weit stärker scholastisch geprägte Wormser Domprediger. Martin Chemnitz sagt einiges über die Stellung WeseIs in Mainz und Worms und legt dann dessen Haltung zur Ablaßfrage dar, er hat aber den Ablaßtraktat nicht gekannt. Einige Sätze sind aus dem damals bereits gedruckten Prozeßbericht genommen,28) einen anderen hat Chemnitz aus dem Werk des Matthias Flacius.29) Wesel wurde nach Meinung des Verfassers wegen seiner Ansichten über die Indulgentien von den Mönchen ergriffen und 1479 zum Feuertode verdammt.30) Es handelt sich um eine Vermutung, die ih- ren Grund darin hat, daß WesseI Gansfort aus dem Munde seiner Getreuen hörte, Wesel sei dem Feuertode übergeben. Martin Chem- nitz nahm dieses, das nur ein Gerücht war, als Tatsache hin. Dieses Ende WeseIs war für ihn verständlich, da die römische Kir- che vielen ihrer Gegner diesen Tod bereitete, auch Weseel Gans- fort befand sich in großer Gefahr, denn im Anschluß an die Nach- richt über Wesel erzählt Martin Chemnitz von der Sorge, die die- ser vor der Inquisition hatte. Chemnitz gibt für das friedliche Ende des Niederländers zwei Erklärungen: die Inquisition er- schien nicht, weil WesseI Gansfort in seinen Auffassungen gelin- der geworden war, oder weil Gott ihn auf wunderbare Weise be- wahrte.31) In der von Matthias Flacius geprägten Betrachtung der mitte:-· alterlichen Ketzer berichtet der in Worms geborene Friedrich Zorn, der seine''Wormser Chronik" 1570 abschloß, über Johann von WeseI. Die Chronik erweiterte sein Zeitgenosse Franz Berthold von Flersheim, der wie Zorn Anhänger der Reformation war, dessen genauere Lebensdaten jedoch unbekannt sind. "Johannes Ruchardus de Wessalia superiori" war ein "sehr ge- - 164 - lehrter, beredter :mann", "als er etliche fehl und mängel freudig gestraft, ist ihm der bischof abhold geworden".33) Wesel hat in Worms gepredigt, "daß der mensch lauter aus Gnaden durch den Glaubenseelig würdell•34) Die Inquisition zitiert ihn nach Mainz, wo man ihn "als einen ketzer doch fälschlich und unverschuldt ad perpetuas car~eres damniert.,,35) Wie die Chronik des Kirschgarte- ner Mönches berichtet Zorn, ohne diese jedoch ausdrücklich zu nennen, von der Befreiung WeseIs und seinem Tod bei den Karmeli- tern. Franz Berthold von Flersheim stimmt in der Beurteilung Jo- hanns von WeseIs mit Friedrich Zorn überein. Er erzählt im An- schluß an die Einleitung Jakob Wimpfelings zur Relation A von dem Haß der Dominikaner, die Diether von Isenburg "mtt des pap- stes ungnaden" bedrohten. 36) Nach Flersheim starb Vlesel im Augu- stinerkloster zu Mainz am Sonntag "Esto mihi". In Bezug auf das. Datum des Todestages liegt bei dem Autor eine Verwechslung mit dem Tage vor, an dem Wesel im Dom öffentlich widerrufen mußte. Die Nachrichten in der "Vlormser Chronik" über Wesel nahmen die Verfasser aus dem gedruckten Prozeßbericht, aus der Chronik des Kirschgartener Mönches, aus dem Werk des Matthias Flacius über die Zeugen der Wahrheit und dem "Chronicon Sponhemense" des Johannes Trithe:mius.37) Aus der"Wormser Chronik" und ihren Vorla- gen ist zu ersehen, daß es außer den uns bekannten Quellen keine Schriften gab, die über die Zeit, als Wesel sich als Prediger in Worms und Mainz aufhielt, Nachrichten mitteilen. Johann von Wesel war für die Stätten seiner Wirksamkeit nicht von einer derartigen Bedeutung, daß sich dort noch längere Zeit hindurch eine mündli- che Überlieferung erhalten hätte. An der Beurteilung. Johanns von Wesel und seiner Zeitgenossen WesseI Gansfort und Johann Pupper van Goch auf evangelischer Sei- te im Zeitalter der Reformation wird deutlich, wie zunächst die Hinwendung zu den Vorgängern der neuen Bewegung ein persönliches Anliegen des Reformators bewirkte. Er fühlte sich vereinsamt, war sich darüber nicht klar, ob er den rechten Weg eingeschlagen hat- te, und suchte Trost und Aufrichtung in dem Gedanken darun, daß die wahren Christen vergangener Zeiten ähnlich wie er selbst ge- 9acht hatten. Luther war dabei mit wenigen äußerlichen Anklängen an seine eigenen Auffassungen zufrieden und achtete dabei wenig auf das eigentlich Neue, das er gebracht hatte. - 165 - Eine grundsätzliche und kirchenhistorisch fundierte Haltung nahm dann Matthias Flacius ein. Aus einer bewußten Polemik ge- gen vieleAngriffe der katholischen Theologen, die nachwiesen, daß die lutherische Reformation Anschauungen brachte, die vor- mals niemals in der Kirche vertreten worden waren, sammelte er alle Zeugnisse, die auf eine Kontinuität der entscheidenden Leh- ren der Reformation von der Alten Kirche über das Mittelalter bis in seine Zeit hinwiesen. Die größere Kenntnis, die Flacius im Verhältnis zu Luther über die Männer besaß, die der römischen Kirche, ihren Einrichtungen oder Lehren kritisch gegenüberstan- den, führte zu ihrer ausführlichen Darstellung, die aber in kei- ner Weise mit den historischen Gegebenheiten übereinstimmte, da aus der Polemik des Flacius heraus vieles zu Gunsten der refor- matorischen Auffassung umgebogen wurde. Aus ähnlichen Motiven wie Matthias Flacius verfuhr Martin Chemnitz; bei diesem Theologen ist jedoch das Bemühen, die Leh- ren der Männer des Mittelalters, die man auf evangelischer Seite wähnte, mit denen der Reformation in Übereinstimmung zu bringen, nicht so radikal. Die aus der Polemik geborene Auffassung des Matthias Flacius über Johann von Wesel fand zum ersten Mal in der "Wormser Chro- nik" des Friedrich Zorn in eine historische Darstellung Eingang, die nur von vergangenen Geschehnissen und Menschen erzählen woll- te und darüber hinaus keinen anderen Zweck verfolgte. Die Ge- schichtsschreiber der folgenden Jahrhunderte bis zu Carl Ullmann hin sahen den Wormser Domprediger aus diesem Grunde als einen, der gamz nahe mit der Reformation in Verbindung stand und mit Recht als ihr Vorläufer bezeichnet werden konnte. In diesen von den gegensätzlichen konfessionellen Auffassungen geprägten Jahr- hunderten fehlte ein den historischen Tatsachen entsprechendes Verständnis Johanns von WeseI. - 166 - 2. Die Beurteilung Johanns von Wesel auf katholischer Seite. In der Zeit vor dem Beginn der lutherischen Reformation blieb die Haltung Johann von Wesel gegenüber durchaus schwan- kend, mit dem Beginn der zwanziger Jahre des 16. Jahrhunderts gestaltete sich dieses völlig anders. Infolge der Ausbreitung der Reformation wurden die Menschen dazu veranlaßt zu beurtei- len, zu prüfen und sich,für die alte oder neue Lehre zu ent- scheiden. Der Dominikaner Bernhard von Luxemburg gab im Jahre 1522 in Köln seinen "Catalogus Haereticorum omnium pene, qui ad haec usque tempora passim literarum monumentis proditi sunt, illorum nomina, errores, ettempora quibus vixerunt~ que F. Bernadus Lutzenburgus artium et sacrarum literarum professor, ordinis Praedicatorij quinque libris conscripsit, in quo et de Luthero et de aliis nuper ortis hereticis multa deprehens" heraus.l) Der Anlaß zur Zusammenstellung "derKetzer alter und neuer Zeit war das Auftreten Martin Luthers, über den das V.Buch handelt, und dem des Dominikaners ganzer Haß gilt.2) Bernhard von Luxem- burg stellte jedoch zwischen den:Ketzern des Mittelalters und den gegenwärtigen Zeiterscheinungen keine Verbindungen her. Für den Abschnitt über Wesel lag ein Prozeßbericht vor, wahrscheinlich der aus den Kommentarien des Äneas Sylvius, die kurz vorher gedruckt worden waren. Da die Inquisitoren beim Pro- zeß gegen Johann von Wesel Kölner Dominikaner waren, nennt Bern- hard sie und den Ort ihrer Herkunft ausdrücklich. Als eine Ab- weisung der Behauptungen der Humanisten, man habe Wesel vieles angedichtet, das er nicht sagte, betont der Autor, der Angeklag- te habe in der G~richtsverhandlung selbst diese Irrtümer be- kannt.3) Weil die weselschen Häresien viele Ankänge an die hussi- tischen Lehren zeigen und in der Prozeßrclation von Briefen nach Böhmen die Rede war, meint Bernhard, Wesel hätte mit Böhmen in Verbindung gestanden. An die Spitze der weselschen Irrlehren setzt der Autor den Artikel von der Leugnung des "filioque", denn er war der, den die römische Kirche am eindeutigsten verworfen hatte. In einigen FUllen geht Bernhard von Luxemburg über die von Wesel bekannten Sätze hinaus. Die Behauptung, der Domprediger habe alle mönchischen Lebensformen und Regeln, die von den Vä- - 167 - tern eingerichtet und vom apostolischen Stuhl anerkannt wurden, verdammt, läßt sich allein aus der Bekanntschaft mit dem "Dia- logus Apologeticus" des Wiegand Wirt erklären.4) Bei anderen Sätzen handelt es sich um Auffassungen, die der an vielen Stel- len hörbaren Kritik an Kirche und Klerus entstanden.5) WesseI Gansfort und Johann Pupper van Goch fehlen in dem Ka- talog, da ihre Schriften noch nicht über einen engen Kreis von Verehrern bekannt geworden waren. Konrad Wimpina, einer der frühesten literarischen Gegner Luthers bezeichnet in seiner großen Gegenschrift von 1528 die Reformation als den Sammelpunkt der Sekten und Ketzereien aller Zeiten.6) Bei Luther sind sämtliche Häresien, die es jemals ge- geben hat, zusammengeflossen, er bringt an Lehren hervor, was schon längst von der Kirche verdammt ist. Enger Zusammenhang be- steht mit Johann Wiclef, dessen Anschauungen von Oxford nach Prag und von dort nach Wittenberg wanderten.7) A:le häretischen Erscheinungen nach dem Auftreten von Wiclef, Hus und den Taboriten haben Beziehung zu diesen Ketzern, unter diesem Gesichtspunkt wird Johann von Wesel eingeordnet.8) Wesel hat sich darum bemüht, den hussitischen Wahnsinn in den Städten am Rhein auszubreiten, er wurde gezüchtigt und widerrief die Irrlehren, die Wimpina aufzählt; der Autor fügt hinzu, durch diese Strafen habe er seine Häresien beseitigt, dieses geschah in Anwesenheit von Doktoren verschiedener universitäten.9) Die von Wimpina angeführten Artikel entsprechen fast völlig denen in dem Schlußabschnitt der Relation 0;10) da diese in der Relation A fehlen, die allein in der Zeit, als Wimpina sein Werk abfaßte, gedruckt war, muß der'Verfasser handschriftliches Mate- rial benutzt haben. Im Anschluß an den Abschnitt über Johann von Wesel wird auf den Brief WesseI Gansforts, in dem dieser den Wormser Dompredi- ger erwähnt, Bezug genommen. Gansfort vertrat nach Wimpina ähn- liche Irrtümer wie Wosel, deshalb mußte er die Inquisition fürchten. Die Einordnung WeseIs in den Zusammenhang von Hussitentum und Reformation gründet sich bei Konrad Wimpina nicht auf histo- rische Fakten, die dazu Anlaß gaben, sondern auf seine Polemik gegen das Luthertum. In einer volkstümlichen Art schrieb der Dominikanermönch - 168 - Johann Lindner in Pirna über WeseI. Dieser Mönch hatte aus ande- ren Chroniken ein historisches Werk zusammengetragen, das vo~ Mencken unter dem Titel ediert wurde: "Excerpta Saxonica, Mis- nica et thuringiaca ex Monachi Pirnensis seu, vero nomine, Jo- nannes Lindneri sive Tillani onomastico autographo. (quod extat in Bibliotheca Senatoria Lipsiensi.)"ll) Die Schrift besitzt eine Widmung an den Herzog Georg von Sachsen aus dem Jahre 1529 und wurde 1530 ang~schlossen.12) In .dem ersten Teil sind die "viri illustres" in alphabetischer Fol- ge aufgestellt. Die Tendenz ist antilutherisch.13) Der Haß gilt außer den gegenwärtigen Ketzern auch denen, die als deren Vor- läufer anzusehen sind. Über Johann von Wesel heißt es, er "ymagi- nierte und ertichte vil unchristliche artikel".14) Der Erzbi- schof von Mainz wollte ihn nach dort ziehen, damit er ihm die Universität einrichte, man verweigerte Wesel dieses aber "wegen ll 15 seiner fremden funde und anschlegen • ) Der Doktor kam trotzdem in diese Stadt, und als er "schauerlich zu irren begann", warf' man ihn auf einen päpstlichen Befehl hin in ein Gefängnis, Ger- hard von Elten und Jakob Sprenger, Mitglieder des Dominikaner- ordens, inquirierten ihn. Der Autor bringt über Johann von Wesel völlig unzutreffende Nachrichten, auch die angeführte Jahreszahl 1465 als Zeitpunkt der Verhaftung Wesels ist aus der Luft gegriffen. Die Kenntnis der historischen Geschehnisse ist gering geworden, geblieben sind das Verdammungsurteil über den Ketzer und die Verachtung, die neue Nahrung im Zeitalter der beginnenden konfessionellen

Spannungen erhielt., Eine ähnliche Tendenz findet sich in dem gelehrten Werk des Kölner Orthuinus Grathius. Der "Fasciculus rerum exepetendarum et fugiendarum" von 1535 enthält Schriften, die nach Auffassun- gen des Herausgebers bei einem kommenden Konzil von höchster Wichtigkeit sein werden.16) Diese Briefe, Traktate und kleine Werke teilen, was sowohl die negative als auch die positive Sei- te anbelangt, Dinge mit, die für eine Reform der römischen Kir- che von Bedeutung erscheinen. Um aber nicht den Eindruck zu er- wecken, daß er sich in jedem Falle mit der geäußerten Kritik identifizierte, versah Orthuinus Grathius die Schriften mit Vor- reden und setzte noch ein zusammenfassendes Schlußkapitel hinzu, in denen deutlich werden sollte, welche Auffassung er selbst - 169 - hegte. Anschließend an Schriften der Waldenser und des Johannes Wiclef ließ Grathius die "Paradoxa" und die Relation A abdrucken. Johann von Wesel war zwar ein berühmter Theologe, er verbrei- tete jedoch viele Irrtümer und Häresien; diese widerlichen An- sichten wurden später verdammt.17) Wesel redete in seinen letzten Lebensjahren in allen Dingen wie ein Greis, den man nicht mehr ernst nehmen kann, denn er war schwach, irre,.unsinnig und un- besonnen. Auf welche Weise eine solch große Tollheit über den Ketzer kam, berichtet Grathius, habe ihm ein jüdischer Rabbi, Victor von Carben, erzählt,18) der zum katholischen Glauben über- trat. Nach Aussagen dleses Gewährsmannes floh Wesel aus Furcht vor der Pest von Mainz,nach Worms, er verkehrte dort mit den Juden, den Feinden Christi, und wurde von diesen betört. Wesel war damals aber bereits ein alter Mann oder befand sich vielmehr, als er zu den Juden überging, im zweiten Kindesalter. Nachdem dieses geschehen war, tummelte er sich wie ein Esel unter den Affen und eine Nachteule unter den Krähen.19) Dieser schlechte, elende Mensch versuchte also, wie einer, der sich auf zwei Ses- seln niederläßt, bei der Kirche und der Ketzerei zu verbleiben. Als er aber nach Mainz zurückkehrte und seine Vorgesetzten herab- würdigte, zitierten ihn der Inquisitor und die übrigen Vornehmen der Kirche vor ihr Gericht, damit er Rechenschaft ablege. Zur ewigen Schande WeseIs und zur Auferbauung aller guten Menschen sind, so schreibt Orthuinus Grathius, die überführten und verdammten Häresien von ihm in diesem Werk mitgeteilt worden. 20) Die Verteidigung Wesels am Anfang und am Schluß des Prozeß- berichtes scheint nicht aufgefallen zu sein. Mit ähnlichen hef- tigen Ausdrücken urteilt der Verfasser ~ber die anderen Ketzer des Mittelalters.21) Es ist wahrscheinlich nicht nur ein neuer Stil und die Ge- wohnheit, starke Ausdrücke zu gebrauchen, die diese Z~it zu sol- chen Äußerungen hinriß, sondern es stand ein heftiges Gefühl und eine bestimmte religiöse Überzeugung dahinter. Die Gestalt des Grathius läßt erkennen, wie der Wunsch nach Durchführung von Re- formen und Einberufung eines Konzils in keiner Weise die Haltung zu den Männern veränderte, die die römische Kirche als Häretiker verurteilt hatte. Im Index der verbotenen Bücher erscheint der Name Johanns - 170 - von Wesel in der ersten Klasse, d. h. unter den Autoren, deren sämtliche Bücher und Schriften zu lesen verboten sind. Mit einer größeren Anzahl anderer mittelalterlicher Schriftsteller wurde sein Name aus dem Ketzerkatalog des Bernhard von Luxemburg in die Indices von Mailand und Venedig von 1554 aUfgenommen.22) Es ist nicht anzunehmen, daß Johann von Wesel durch seine Schriften den Verfassern der Indices bekannt war.23) Kein Titel einer der weselschen Schriften, auch nicht der des Ablaßtrakta- tes, der am bekanntesten war, taucht auf. Der Name Johanns von Wesel wird in jedem neu entstehenden Index eingefügt. Wir finden ihn in dem Index Fauls IV. vom Jah- re 1559,24) in dem Index des spanischen Generalinquisitors Quiroga von 158325) und schließlich in dem Index des Papstes Sixtus V. vom Jahre 1590.26) . Die Beurteilung Johanns von Wesel auf katholischer Seite ist ähnlich wie die auf evangelischer von den konfessionellen Span- nungen beeinflußt. Die katholischen Autoren brauchen nicht wie ihre Gegner einzelne Sätze WeseIs umzudeuten, um dadurch zu ih- rem Ziel zu gelangen, denn so wie sie Gestalt und Lehren des Dompredigers vorfanden, konnte man überzeugt sein, daß Häresie vorlag. Um aber WeseIs Ketzerei noch verabscheuungswürdiger zu machen und damit zugleich die Anhänger der Reformation zu tref- fen, übergoß man das Andenken des Dompredigers mit einer Flut von Sohmähworten und fügte noch, wie Orthuinus Grathius, Berich- te hinzu, die nicht den tatsächlichen Geschehnissen entsprechend waren. In der folgenden Zeit wird das Urteil zum Teil gemildert, bei Valentin Ferdinand von Gudenus beschränkt es sich auf weni- ge abfällige Äußerungen.27) Johann Latomus enthält sich, abgese- hen von der Bezeichnung WeseIs als eines Ketzers, völlig eines Urteils.28) - 171 - SChlußbemerkungen. Gerhard Ritter führt in seinem Aufsatz: "Romantische und revolutionäre Elemente in der deutschen Theologie am Vorabend der Reformation" aus, daß die Frage nach den sogenannten "Vor- reformatoren" ein "allgemeineres als nur kirchengeschichtliches Interesse" verdiene.l) Die Reformation, die ihren Ausgangspunkt von theologischen Problemen nahm, blieb nicht auf diesen Bereich beschränkt, sondern gelangte darüber hinaus zur welthistorischen Bedeutung. Bei einer Untersuchung ihrer Vorstufen ist es uner- läßlich, auch wenn das historische Interesse im Vordergrund steht, auf die theologischen Fragen einzugehen, denn, wie Ritter in dem genannten Aufsatz meint, vermag das Beibringen von "wirt- schaftlichem, soziologischem, rechtsgeschichtlichem, politischem, religionsgeschichtlichem Tatsachenstoff" nur das Phänomen von außen her begreiflich zu machen.2) Von diesem Gesichtspunkt aus ist die Darstellung der theologischen Gedanken WeseIs in der vor- liegenden Arbeit aufzufassen. Es wurde hier nicht von einer the- ologisch-systematischen Sicht ausgegangen, sondern von einer historischen, da die Gestalt und die Gedankenwelt des Johann von Wesel nicht aus sich heraus, sondern auf Grund der Stellung in der Wende vom Mittelalter zur Neuzeit und damit in einem ent- scheidenden Punkt der abendländischen Geschichte ihre Bedeutung gewinnt. In meinen Ausführungen wurde deut.Lä ch , wie verzahnt, fast un- löslich verwoben bei Johann von Wesel Altes und Neues zusammen- gehören. Es ist unmöglich, die ausgesprochen theologischen Gedan- ken WeseIs, durch die er sich dem Mittelalter verhaftet zeigt, von denen zu trennen, mit welchen er über seine Zeit hinausgriff und die Anklänge an die Ideenwelt der Reformation zeigen. Eine Darstellung der zur römischen Kirche und ihren Lehren kritischen Äußerungen bei Wesel allein würde leicht den Eindruck erwecken, daß Johann von Wesel sich nur mit diesen Dingen beschäftigte und nicht die Bedeutung erkennen lassen, welche das theologisch-scho- la~tische Gedankengut bei ihm hatte. Eine einseitige Beschreibung könnte ihn näher an die Reformation heranbringen, als dieses wirklich der Fall war. Johann von Wesel ging es um Reform des Christentums durch besseres Verständnis der Bibel bei gleichbleibenden Grundlagen des Gesamtverständnisses der christlichen Lehre. Er ist daher in - 172 - die Reihe der Männcr einzuordnen, die vor ihm bereits ähnliche Ziele verfolgten. Grundsätzlich unterscheidet er sich von die- sen nicht. Die geistesgeschichtlichen Beziehungen zu ihnen sind näher als z~ den Reformatoren, deshalb muß Johann von Wesel trotz seiner Besonderheiten innerhalb der Reformbestrebungen des ausgehenden Mittelalters ge~ehen werden. Martin Luther brachte dann von anderen Voraussetzungen aus die entscheidende Wendung, sein erstes Anliegen war ein anderes als das Johanns von Wesel, darum sagt der Ausdruck "Vorreforma- tor", durch den Wesels enge Beziehungen zur Reformation betont werden sollten, zu viel. Manche kritischeÄ.ußerung, die von Johann von Wesel und an- deren Männern des ausgehenden Mittelalters vertreten wurde und durch sie im allgemeinen Bewußtsein erhalten blieb, griff -viel- fach unbewußt- die Reformation auf und machte sie ihren Inten- tionen dienstbar, wenn sie dann auch weit über das hinausging, was diese von der römischen Kirche vielfach verfolgten Männer beabsichtigt hatten. Aus diesem Grunde bestehen -trotz aller Einschränkung- viele Beziehungen zwischen den weselschen Gedan- ken und denen der Reformation. - 173 - Anmerkungen. Anmerkungen z. S. 1 - 3

Einleitung: Der Stand der Forschung und der Problemstellung.

1.)G. Ritter. "Studien zur Spätscholastik". Ill. S. 4. 2.) Die Relation A in dem "Fasciculus rerum espetendarum et fugiendarum". Köln. 1535. fol. CLXIIII ff. 3.) Die ältere Literatur ist bei Ullmann "Reformatoren vor der Reformation". I. S. 341 - 343 angegeben. 4.) In den "Septem coronamenta supra septem Columnas Academiae Regiae Georgiae Augustae quae Goettingae est" p. 13 - 23. 5.) "Adversus Indulgentias Disputatio" in den "Monimenta Medii Aevi". Ex Bib1iotheca Regia Hanoverana, Vol, I. Fasci 1. p. III - 156, Goettingae 1757. "Ego tantum ejus libellum contra Indulgentias habeo ••• 11 Flacius, "Catalogus Testium Veritatis". p. 819. "Liber nunc suo iure utatur, ereptus ex tenebris et ex eodem codice, qui in Flacii possessione fuit, descriptus •••" Waleh. Vo~. I. Fasci 1. p. VIllI. 6.) Clemen, nUber Leben und Schriften Johanns von WeseI". DZG. NF 2. 1898. S. 159. 7.) "Monimenta Medii .Aevi". Vol. 11. Fasci 2. p. 117 ff. 8.) "An scripserit aliquem tractatum super modo ob1igationis legum humanarum ad Nicolaum de bohemia vel polonia. Et an scripserit tractatum de potestate ecclesiastica, de indul- gentiis, de ieiunio etc." R.B. Clemen, DZG. NF 2. 1898. S. 166. Siehe das Verzeichnis der Abkürzungen S. 249. 9.) It ••• mira in fidem orthodoxam turpissima in Romam ecclesiam, scandalosissima in sedem apostolicam, ecclesiae prelatos, iurisdictionemque ecclesiasticam". Wirt. Dialogus Apologe- ticus. fol. VII. 10.) C1emen, DZG. 1898. S. 159 ff. 11.) Ritter, "Studien zur Spätscholastik". Ill. S. 31 ff. 12.) Clemen, DZG. 1898. S. 163. 13.) Ritter, "Studien zur Spätscholastik". Ill. s. 34. 14.) Clemens Argument, daß Wesel nicht der Autor sein könne, weil sich der Verfasser als "zur Gemeinde gehöriger Laie" bezeichnet, wird von Ritter nicht anerkannt, da es sich um eine "bloße literarische Kunstform" handeln könne. Ritter. Studien 1110 S. 34. 15.) C. Ullmann, "Reformatoren vor der Reformation". 2. Aufl. Gotha, 1866. S. 305 ff. 16.) CIemen, DZG4 1898. S. 165 - 173. I7.)ibid. S. 344 - 348. 18'l RV. 3, 1900. S~ 521 - 523. 19. Zuerst von Clemen erwähnt. DZG. 1898. S. 165. 20. Ritter. Studien. Ill. S. 58 - 63. 21. ) Ritter wurde durch eOine Notiz Burdachs in: "Über die nationaleAneignung der Bibel·und die Anfänge der germa-· nischen Philologie" (Halle/Saale, 1924. S. 42 Ab.l.) auf eine Stockholmer Papierhandschrift des 15. Jahrh. aufmerk- sam, die bisher unbenutzte Abhandlungen WeseIs ~nthä1t. 22.) Anfragen bei Archiven und Bibliotheken im südwestdeutschen Raum nach Schriften von oder über Johann von Wesel waren ergebnislos. - 174- Anmerkungen zu S. ~ - 6 23.) "Scriptor eius seculo XV. magna nominis ac meritorum gloria floruit et iure suo recentiore aetate inter prae- stantissimos veritatis testes et quod majus est, confes- sores, si eam tribuis voci significandi vim, quam prisci christi cu1tores ei subiecerunt, omnium consensu re1atus est". Walch, Mon. Med. Aevii. Vol. I Fasc. 1. prefatio p. LII. 24.) "Ich gedenke, wie M. Johannes Wesa1ia •••" Vi.A.Band 50. S. 600 ff. s.S. 159. 25.l Walch, Mon.Med. Aev.p. LVX 1111. 26. Gieseler, "Lehrbuch der Kirohengeschichte". 1829. S. 481. 27. Ul1mann, "Reformatoren vor der Reformation". 2.Aufl. S. 243. 28.) ibid. S. 342 u.ö. 29.) ibid. S. 272. 30.) ibid. S. 336. 31.) Sachliche Irrtümer Ullmanns in Bezug auf Wese1s Leben und die Abfassungszeit des Ablaßtraktates sind in späteren Aufsätzen, besonders von Clemen und Paulus berichtigt wor- den. . 32.) Gustave Schade, "Essai sur Jean de Wesel Precurseur de la Reformation". Strasbourg. 1856. 33.) Auerbach, "Johann von Wesel und seine Zeit". (Neuer Pita- val. Neue Serie. Band 22. 1888.) 34.) Brecher in der ADB. Band 29. S. 439-444. 35.) C1emen wird dem Anliegen Ullmanns und seiner Nachfolger nicht gerecht, wenn er meint, bei Ullmann sei der Begriff Reformation nicht auf das eingeschränkt, was man unter der Neufassung des Christentums durch Luther verstand, sondern viel weiter gefaßt. Clemen, "Johann Pupper van Goch". S. 183.- Ullmann geht es, das darf gesagt werden, um die Kontinuität der entscheidenden christlichen Lehren von der Alten Kirche über die Vorreformatoren zu Luther hin. 36.) A. Ritschl, "Die christliche Lehre von der Rechtfertigung und Versöhnung". 3. Aufl. 1882. r. S. 129. 37.) ibid. S. 131. 38.) Friedrich Kropatschek, "Das Schriftprinzip der lutheri- schen Kirche". I. Band. S. 414. 39.) Clemen. DZG. 1898. S. 143 ff und R.E.3 Band 21. S. 127-131. Paulus, "Der Katholik". 3. Folge. 18. Band. S. 44-57. 40.) Joh. Janssen, "Geschichte des deutschen Volkes seit dem Ausgang des MittelaltGrs". 4. Aufl. 1. Band S. 600. Janssens Urteil ist insofern yerständlich, als er Wesel als Verfasser des "Opusculum" ansah. 41.) Fr. Falk, "Bibelstudien und Bibeldrucke in Mainz vom ach- ten Jahrhundert bis zur Gegenwart". 1901. S. 62. 42. )ibid. S. 60. 43.) N. Paulus, "Johann von Wese1 über Bußsakrament und Ablaß". ZKTh. 24. Jahrg. 1900. S. 644-656. 44.) ibid. S. 644. 45.) Paulus hat in dem genannten Aufsatz nur den Ablaßtraktat benutzt. 46.) Paulus, "Über Leben und Schriften Johanns von WeseI". "Der Katholik". 3. Folge. 78. Jahrg. S, 51. A. 1. 47.) Paulus, "Johann von Wesel über Bußsakrament und Ablaß". ZKTh. 1900. S. 647. - 175 - Anmerkungen zu S. 6 - 8 48. ) DVjhsL. 5. Jahrg. 1927. 2. Heft. S. 342-380. 49.) Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissen- achaften. Heidelberg, 1927, S. 29. A.l. 50.) Wenn, wie Ritter meint, auch Ullmanns Thesen von Ritschl abgetan sind, so ist doch die Fragestellung -wie von neu- eren Theologen anerkannt wird- geblieben. "Sie scheint mir ein allgemeineres als nur kirchengeschichtliches Inter- esse zu verdienen". Ritter, "Romantische und revolutionäre Elemente in der deutschen Theologie am Vorabend der Refor- mation". DVjhsL. S. 345. 1 Ritter, Studien. Ill. S. 4. 52.5 ·l ibid. s. 37ff. 53. Eine zusammenfassende Arbeit über die Beurteilung der Ketzer in den letzten Jahrzehnten vor der Reformation gibt es nicht. Wie es scheint, würde sie viel von der Gleichgültigkeit mancher Zeitgenossen der Kirche gegen- über wie auch der Abnahme des Eifers für ihre Lehre deut- lich machen können. 54.) N. Paulus, "Wimpfeling als der Verfasser eines Berichtes über den Prozeß gegen Johann von WeseI". ZGORh. Band XLII. 1929. S. 296-300. - G.Ritter erwiderte auf die Thesen von Paulus in dem Aufsatz: "Wimpfeling als der Verfasser eines Berichtes über den Prozeß gegen Johann von WeseI?" ibid. s. 451-453. (s.S•.15 ff.) Die Erwähnung WeseIs in der neueren Literatur stützt sich auf die Arbeiten von G. Ritter, N. PauIus und O. CIemen. Es wären zu nennen: R. Seeberg, "Lehrbuch der Dogmen- geschichte". 1930. S. 760 ff. - L. Christiani, Rucherat Jean, (Dictionnaire de Theologie Catholique. 4. Band. 'I. Teil. Sp. 145-149. Paris 1939.) - W. Andreas, "Deutsch- land vor der Reformation". 1942. S. 143 ff. - 176 - Anmerkungen zu S. 9 I. Kapitel. Leben, Prozeß und Schriften des Johann von WeseI. 1. Das Leben des Johann von Wesel bis zum Prozeß. 1.) Johann von Wesel nennt sich selbst immer "Johannes de Wesalia". Der Zusatz zu "Wesalia" "superiori", der den Ort Wesel näher als Oberwesel bestimmt, findet sich bei dem Kirsch- gartener Mönch ( Boos. Monumenta Wormatiensia. S. 87), bei Johannes Butzbach (Böeking • Hutteni Operum 11'.S. 502) und bei Bernhard von Luxemburg (Catalogus Haereticorum Liber 11, 1.3). Den aus rühr.Lä chen Namen "Johannes Ruchard de Wesalia" konnte ich nur bei Johannes ~rithemius feststellen (Chronicon Sponhemense p.391). Die von Trithemius in den Hirsauer Annalen verwendete Namensnennung "Joannes de Ruchrad dictum de Wesalia superiore" erscheint dagegen ungenau. Im Anschluß an Trithemius bezeichnet die "~lormser Chronik" (Zusatz von Flcrsheim) (s,S. 163 ff.) die in deutscher Sprache verfaßt ist, den Domprediger als "Johannes Ruchard von OberweseI". (Wormser Chronik S. 189). Bei dem Namen Ruchard handelt es sich verrnut- nIlich um den ererbten Familiennamen, denn im 15. Jahr- hundert waren Familiennamen zumal in den rheinischen Städten schon recht gebräuchlich. (A. Bach, Deutsche Namenkunde. I, 2 § 340) Johann Ruchard wird, wie es da- mals bei Künstlern und Gcl~hrten gebräuchlich war, sei- nen Familiennamen zu Gunsten eines neuen Namens, in dem der Geburtsort enthalten war, aufgegeben haben. (Bach, a.a.O., § 363,3). Von dem Namen "Ruchard" läßt sich nicht auf Stand oder Herkunft des Vaters oder der Vor- fahren schließen. 2.) Die Überschrift des Traktates gegen den Ablaß in der v. d. Hardt abgedruckten Handschrift besagt, daß Wesel bei der Verurteilung ein achtzigjähriger Greis war. Clemen. DZG. 1898. S. 148. A. 4. - Da Wesel aber erst im Wintersemester 1441/42 die Universität bezog, kann sein Geburtsjahr auch gegen 1420 liegen. 3.) Die Stadt Oberwesel wurde 1310 dem Erzstift und Kurstaat Trier einverleibt. Richter, "Die Stadt Oberwesel im Mit- telalter". S. 17. - Ihre Bedeutung war früher größer als in der Gegenwart, 1421 fand dort eine Fürstenversammlung wegen der Hussitenkriege statt. Gudenus, "Codex DiploI:la- ticus sive Anecdotorum" Tom. IV. S. 134. - Maximilian hielt sich einige Male in Oberwesel auf. Boos, "Monumen- ta Wormatiensia". S. 421 u. 432. - Johann von Wesel scheint in Oberwesel Besitz gehabt zu haben, in der Relation A heißt es: "Interrogatus, an fuerit cum eodem Nicolao aliquando conversatus in domo sua, seu loco ha- bitationis suae, aut alibi et quotiens? Respondit: •••cum eadem Nicolao fuisse conversatum ••• in Moguntia et Wesalia." Graihius, "Fasciculus rerum expetendarum et fugiendarum". 1535. fOl. CLXV. 4.) Ketzerische strömungen lassen sich in Oberwesel nicht feststellen, auch bekannte WeseI, daß er zunächst die' Ansicht seiner Lehrer vertreten habe. Disputatio. Waleh. p. 114. - 177 - Anmerkungen z. S. 9 - 10 5.) Die Quellen für diese Angaben finden sich bei Clemen, "Uber Leben und Schriften Joh~ v. WeseI". DZG. 1898. S. 148 ff. 6. ) Disputatio. ~alch. p. 114. 7. ) Clemen nimmt an, daß Wesel zunächst Prediger in Mainz war und von dort aus Furcht vor der Pest nach Worms floh. DZG. 1898. s. 150. - Clemen stützt sich dabei auf die Nachricht, die Grathius nach dem Bericht eines Juden Victor von Carben mitteilt. "Fasciculus •••11 fol. LXIII. Die Stelle erscheint äußerst unglaubwürdig, da Wesel dort des Umganges mit Juden in Worms bezichtigt wird, von dem nicht die Rede sein kann. Dn dem Traktat über die unbe- fleckte Empfängnis Maeriae und das Wesen der Erbsünde finden sich heftige Ausfälle ~egen die Juden. Stockholmer Samnelhandschrift. fol. 293. (s.S. 94) (zu Gratius und seiner Stellung zu Wesel s.S.168ff~ Ferner begegnet sonst nirgendwo in den Quellen ein Hinweis auf einen Aufenthalt in Mainz vor der Dompredigerzeit in Worms. 8" ) Vischer, IIDieBaseler Universität seit ihrer Gründung". s , 14. 9. ) Clemen. DZG. 1898. S. 151. 10. ) Wesel bekannte im Verhör, daß er 17 Jahre in Worms ge- predigt habe. R.B. Clemen. DZG. 1898. S. 172. Da er im November 1477 Worms verließ, kommt man auf das Jahr 1460; die Baseler Zeit ist also nicht berücksichtigt. 11. ) Falk, "DompredigersteIlen im Ausgang des Mittelalters". HPBL. 48. Band. s. 3. - Auf dem Konzil zu Basel wurde ausdrücklich bestimmt, daß an jener bischöflichen Kirche ein magister, licentiatus oder baccalaureus als Dompredi- ger angestellt werden müßte. ibid. s. 5. 12.) 1472 wird Johann von.Wesel von Johann von Lutter angere- det: "Egregio viro magistro Johanni de Wesalia sacre scripture doctori ac sacre ecclesie Wormaciensis verbi dei fructuoso predicatori". Ritter, Studien. Ill. (Brief- wechsel) s. 63. Wesel bezeichnet sich selbst als "Predi- cator Wormaciensis". ibid. S. 73. Vgl. die "Paradoxa". (Grathius, Fasci. fol. CLXIII.) 14.13.j Boos, Monumenta Wormatiensia. s. 87. 15. R.B. Clemen. DZG. s. 166 ff. 16. ) Wirt, "Dialogus Apologeticus". fol. IX. 17. ) Von Clenen ist in dem Aufsatz: "tiberLehen und Schriften Joh. von WeseI". DZG. 1898. S. 152. A. 4. ein Brief We- sels ediert, in welchem sich dieser gegen Anschuldigungen des Wornser Bischofs verteidigt. Wesel schreibt dort, daß er in seiner Ehre gekränkt sei, "quia contra deunt ormem iusticiam et tue anime salutem diffamasti me de errore habito in materia fidei". 18. ) Auszug aus dem Wormser Domkapitelprotokoll in Schenk zu Schweinsbergs Aufsatz: "Des Wormser Dompredigers Johann von WeseIs Absetzung". (Quartalblätter d. Hist. V. f. d. Großherzogtum Hessen. 1883. S. 10.) . 19. ) Boas, Monumenta Vvormatiensia. S. 85. 20.) "Hie saepe quaedam alta nirus intelligibilia praedicabat, ex quo scandala multa in populo orta sunt. Unde veneran- d';ls"episcopusnotus, eum qualitercumque repulit et dimi- s~t • Boas, Monumenta Wormatiensia. S. 87. - 178 - Anmerkungen z. S. 10 - 11 21. ) Gudenue , "Codex Diplomaticus sive Anecdotorum". Tom, IL, p. 753. Dort werden alle Rechte aufgezählt, die WeseIs Nachfolger erhielt, die Wesel wahrscheinlich also selbst auch besessen hat. 22. ) Paulus, "Über Leben und Schriften Johanns von WeseI". "Der Katholik". 78. Jahrg. S. 49 ff. 23. ) Clemens Vermutung, Reinhard von Sickingen habe die Inqui- sition auf Wesel aufmerksam gemacht (DZG.1898. S. 154) erweist sich nach Wiegand Wirts Darstellung in seinem "Dialogus Apologeticus" als nicht zutreffend. - 179 - Anmerkungen z. S. 12 - 14

2. Der Prozeß und das Ende Johanns von WeseI. Die Prozeßberichte. 1.) Die "editio ..princeps" findet sich im Druck der Kommen- tarien des Aneas Sylvius zum Baseler Konzil von 1521 oder 1522. (p. 335-344) - Spätere Ausgabe in Orthu1nus Grathius, "Fasciculus rerum expetendarum et fugiendarum". Köln 1535. fol. CLXIII ff. Das Bonner Exemplar dieser Ausgabe benutzte ich. Brown edierte die Relation A neu in London 1690; sie findet sich auch bei d'Argentre, "Collectio iudiciorum de novis erroribus". Paris. 1724. t. I. pars 11. p. 291 ff. Von d'Argente sind die deut- schen Sätze der "Paradoxa" fortgelassen. Ich zitiere die Relation A: R.A. Grathius. fol. . 2.) R.A. Grathius. fol. CLXIIII. ). ) "Ad quas quidem literas ego N.N. nomine Universitatis respondi". ibid. 4.) Vielfach findet sich die Wendung: "Super vigesimoseptimo persistit in responsione datall• o.ä. ibid. fol. CLXVI. Nur an Stellen, an denen Wesel Ergänzungen macht, werden diese ausführlich und im Wortlaut mitgeteilt. 5.) ibid. fol. CLXVlv. 6. ) R.A. Grathius. fol. CLXVI. 7.) Ritter. Studienn Ill. S. 41. 8. ) Von WeseIs verteidigungsrede am ersten Tage wird geurteilt: "protestantiones longas et inania verba dicturus, longoqiill.e sermone tempora procrastinaturus •••11 R.A. Grathius. fol. CLXlllv. Der Verfasser dieses Berichtes ist von der Schuld des Angeklagten überzeugt. - In dem ~rozeßbericht selbst findet sich nichts über den Haß der Bettelmönche und Tho- misten. Der Prozeß erscheint hier durchaus legal. Ritter. Studien. Ill. S. 42. 9.) Die Überschrift in der Relation C lautet: "Anno domini 1479 (bei R.A. zusätzlich "reverendiss1mus") presul Moguntinus (bei R.A. zusätzlich IIDietherus Isenburgius") misit literas ad Universitatem Heidelbergensem et Coloniensem (bei R.A. hier der Einschub von "lnstiga.ntibus" bis "vind1casset") pro Theologis examinaturis articulos magistri Johannis de Wesalia de haeresi suspectos". R.C. Clm. 443. fol. 187. - In der Relation C fehlen Einleitung und Schluß der Rela- tion A, auch dieses ist ein Hinweis auf spätere Einfügung. 10. ) Im Schlußabschnitt: "Ex Aprippina vocati fuerunt et vene- runt M.N ..Henricus de Elten, ordinis Praedicatorum, in- quisitor haereticae pravitatis, M.N. Jacobus Sprenger, ordinis Praedicatorum et quidam alius eiusdem ordinis". R.A. Grathiuso folh CLXVlv. 11.) Genaueres läßt sich zu dieser Frage nicht sagen; Clemen, der zuerst diese Vermutung ausgesproch~n hat, (DZG. 1898. S. 145. A. 1.) glaubt, daß sich auch d~e Außerungen: "Ad quas quidem literas ego N.N. nomine Universitatis re- spondi". R.A. Grathius. fol. eLXIIII und "Huius Doctoris Johannis de Wesalia examini ••~" ibid. fol, CLXVlv auf den Kölner Abgeordneten beziehen. Diese These ist nach dem Ausgeführten nicht mehr zu halten. 12. ) Ritter. Studien~ III. s. 51~ - 180 - Anmerkungen z. S. 14 - 17 13.) Wi::-ts~gt z~ dem "Wesalianus", mit dem Konrad Hensel.ge- melnt 1St, uber den Prozeß: "Sed tuipse (si tamen errem) hec ipsa propriis aspexisti luminibus". Wirt. Dialogus. fol. Iv. 14.) Paulus, "Wimpfeling als der Verfassr eines Berichtes über den ~rozeß gegen Johann von Wesel". ZGORh. N.F. Band XLII. 1929. S. 296 - 300. Ritters Antwort: "Wimpfeling als der Verfasser eines Berichtes über den Prozeß gegen Johann von WeseI?" ibid. s. 451 - 453. 15.) N. Pau1us, "Wimpfelingiana". ZGORh. N.F. Band XVIII.1903. s. 46 - 57. 16.) W. Trebellius, "Concordia curatorum et fratrum mendican- t·a.un::", fIb'"o. 11.J. 17.) ~aulus, a.a.O., s. 298. 18.) ibid. s. 300 19.) G. Ritter, "Wimpfeling als der Verfasser einer Berichtes über den Prozeß gegen Johann von WeseI?" ZGORh.1929. S.452. 20.) ibid. 21.) "••• hac tarnen opera, qua sponse Christi incontaminate pro- tervos hostes debellare studet, admirabilem precipue mere- tur honorem, decus immensum, gloriam sempiternam". Winkelmann, "Urkundenbuch der Universität Heidelberg". Nr. 132 (S.191). 22.) Paulus, a.a.O.,S. 300. 23.) Wimpfeling sieht bei Wesel nicht dessen Widerspruch zu Lehren und Einrichtungen der römischen Kirche, alles wird aus böser Parteilichkeit der Thomisten erklärt. 24.) Die Relation C 1st ursprüngliche Fassung der Relation A. (s . S~ 17 ff.) 25.) Sie s1nd von Grathius in dem "Fasciculus rerum e:z:peten- darum et fugiendarum". fol. CLXIII abgedruckt und haben dort die Überschrift: "Paradoxa D. Johannis De Wesalia Sacrarum Literarum Doctoris, ac concionatoris W.ormaciensis, quae feruntur a quibusdam Thomisticis ex illius concionato- ris ore fuisse excepta, mox damnata per Magistros Nostros, haereticae pravitatis Inquisitores de ordine Predicatorum M.N. Gerhardum Elten de Colonia et. M.N. Jacobum Sprenger. Anno 11CCCC LXXIX Moguntiae". - Ich zitiere die "Paradoxa": Paradoxa. Grathius. fol. •••CLXIII'••• 26.) z.B. "Indulgentias nihil esse credit. Glossae non credit". Paradoxa. Grathius. fol. CLXIII, C. 27.) ibid. 28.) Die Handschrift befindet sich in der Bonner Universitäts- bibliothek. (747 (104a) 4toCod. Chart. XIV.) Es handelt sich nach Auskunft der Bonner Universitätsbibliothek um 14 ein- zelne Blätter, deren Herkunft unbekannt ist. 29.) DZG. 1898. N.F. 2. S. 165 - 173.- Ich zitiere die Relation B: R.B. Clement S ••.• 30.) R.B. Clemen. S. 165. ,31.) Die wesentlichen Unterschiede hat Ritter in den "Studien" Ill. S. 38 A.2 vermerkt. 32.) Die Reihenfolge von Ra B. entspricht dem Programm, das der Inquisitor nach den beiden Relationen von dem Ablaufder zweiten Untersuchung gegeben hatte: "Primo iterum respondeat ad aliquos articulos hesterna die sibi propositos, ad quos, sicut quibusdam visum est, non satis recollectus respondit, ut,melius ~illos1 masticando videat. 20 ad alios arti- - 181 - Anmerkungen z. S.17 - 18 culos, de quibus non est mentio facta, dieat de illis quid sentiat. 30 relegi debent omnes articuli principaliores cum responsionibus per We •••• "R.B. Clemen S. 169, ähnlich R.A. Grathius. fol. CLXVv. 33. ) Sie tragen die Überschrift: "Articuli superadditi super quibus deinde est examinatus".·R.B. Clemen. S. 171. 34. ) Der Ausdruck "quarta die" R.B. Clemen •.S. 172 muß ein Schreibfehler sein. Es läßt sich schwer denken, wie der Verfasser der Relation A die Ereignisse eines ganzen Tages, wenn an diesem auch weniger geschah als an den anderen, hinzusetzen sollte. 35.) Ritter. Studien. Ill. S. 40. - Im Gegensatz zu A lautet z. B. die Nachricht über Weseis Verteidigungsrede: "ad que verba doe. Vie. Imago quodam sermone respondere nitebatur" • R.B. Clemen. S. 166. 36.) R.A. Grathius. fol. CLXVlv und R.B. Clemen. S. 172. 37. ) Bayerische Staatsbibliothek München. Cod. late mon. 443. fol. 187a-196b. - Ich zitiere die Relation C: R.G. Glm. 443 fol... . 38. ) Historische Vierteljahrschrift. 3. Jahrg. Leipzig 1900. S. 521-523. 39. ) ibid. S. 521. 40. ) Eine Aufzählung aller Abweichungen muß einer neuen Edition des Prozeßberichtes vorbehalten bleiben; nur wo im Blick auf den Ablauf des Prozesses sachliche Abweichungen sich ergeben, werden sie an~emerkt. Der wichtigste der zusätz- lichen Sätze bei R.G. (fol. 188v) ist: "Expulsis per man- datum principis pene omnibus praeter doctores Heydelbergen- ses, prelatos et magistras Heydelbergenses et religiosos". Der Satz muß auch in der Relation A gestanden haben, denn dort heißt es zu Beginn des zweiten Teiles: "nemine repulso". rt.A. Grathius. fol. CLXVv. - Einen zweiten Satz, der nur in der Relation C zu finden ist, hat Ritter ediert in den "Studien". Ill. S. 39. 41 ..) Bei Punkt 12 des Verhörs hat C (fol. 190) "unum caput ecc1e- siae" wie A (fol. CLXV); B (S. 167) "unum totius et univer- salis ecclesiae esse praesidium et vicarium". - Der Schluß- satz bei Punkt 16, der bei B steht (S. 168), fehlt bei C (fol. 190v) und A (fol. CLXV) u.ä. 42. ) Punkt 20 des Verhörs. Die Erläuterung bei A "fuit hoc fac- tum in principio examinis" (fol. CLXV) fehlt in C (fol.191) und B (S. 168). - Punkt 27. Der durch ein Schreibversehen bei A hinzugekommene Schlußsatz, der aus dem zweiten Ver- hör stammt, (persistit in responsione hesterna. fol.CLXVv) fehlt bei C (fol. 191v) und B (S. 169). - Der Wortlaut des Widerrufes ist bei A etwas gekürzt, es fehlen "princeps" und "vernerabi1is" (fol. CLXVlv), R.C. (fo1. 195) geht hier wie R.B. (S. 172). 43. ) R.A. Grathius. fol. GLXVv. 44.) R.C. Glm. 443. fol. 193v Zusammenziehungen bei den Ab- schnitten über das Abendmahl, den Ablaß und den Papst als Stellvertreter Christi. 45.) Punkt 1. A. (fol. CLXVv) und C. (fol. 193v) "in tractatu suo", in B (S. 171) fehlt "suo". - A und G "in terris di- missusll gegenüber B "in terris relictus". (ibid.)- Punkt 5. A (fol. CLXVv) und C (fol. 194) "interrogatus quid sentiat", anders bei B (S. 171) "Ad interrogationem huius videlioet, - 182 - Anmerkungen z. S. 18 - 22 quid sentiat •••". 46.) R.C. Clm. 443. fol. 195v ff und R.B. Clemen. S. 172 ff. 47. ) A und C gehen zusammen bis "peto veniam et gratiam". (fol~ CLXVIv und fol. 19Sv). 48. ) Die Überschrift lautet: "Articuli per magistrum Johannem de Wesalia revocati et abiurati, per ipsum confessi et ex scripturis suis confectio In dominica Esto michi. In foro Maguntie. Anno etc. 1479". - Die neunzehn Sätze sind von Clemen HV 1900 S. 522 abgedruckt. 49. ) s. die ~eschreibung von R.B. S. 16 ff. 50. ) Vischer, "Basler Chroniken". Ill. S. 231. 51. ) Wirt. Dialogus. fol. IIv. 52. ) Trithemius, "Annalium Hirsaugensium Tom. 11." p.500 ff. 53. ) R.C. Clm. 443. fol. 186 ff; abgedruckt bei Winkelmann, "Urkundenbuch der Universität Heidelberg". Nr. 131 u.Nr.132" Der Ablauf des Prozesses. 1.) "Doctor quidem Pragensis ipsum visitavit in Wormatia, sed in Moguntia invenit, quod eum suspectum reddidit". Boos. Monumenta Worma_tiensia. S. 88. 2.) "Respondit, credit et fatetur secum eodem Nicolao fuisse conversatum de medicinis et de communione sub utraque spe- cie, in Moguntia et Wesalia. Addidit quod istum Nicolaum vicisset ex Evangelio". R.B. Clement S. 167. 3.) ibid. S. 166. 4.) Diese Darstellung findet sich in Wiegand Wirts "Dialogus". fol. Vllv. 5.) "Inventa fuit quoque post illius nuntij bohemorum iustissi- mam captivitatem epistola wesaliensis detestandis heresibus referta, quam il1e ad Bohemorum summum antistem heresiar- chaInmanu propria conscripsit." Wirt. Dialogus. fol. VII. 6. ) Der "Wesalianus" hat das Siegelfä/schen als den Grund der Verhaftung angegeben; Wirt entgegnet darauf: "De causa cap- tivitatis inquiro, et tu ea refers que post eius captivi- tatem tortura reperta fuerun.t". ibid. 7.) Winkelmann, "Urkundenbuch der Universität Heidelberg". Nr. J31. (S. 191). 8. ) ibid. Nr. 132 (S. 191). 9. ) R.A. Grathius. fol. CLXIIII. 10. ) Paulus, "Über Leben und Schriften Johanns von WeseI". "Der Katholik". 78. Jahrg. S. 52. 11. ) Lea, "Geschichte der Inquisition im Mittelalter". 11. Band. S. 480. A. 1. 12.) Wesel mußte sich beim Verhör vor dem Inquisitor auf die Erde setzen. R.B. Clemen. S. 166. - D:·r Inquisitor verwei- gerte Wesel die Bitte, ihn sofort in ein besseres Gelaß zu bringen. ibid. S. 173. 13. ) Flade, "Das römische Inquisitionsverfahren in Deutschland". S. 90 • .14. ) "Jacobus Sprenger ••• una cum Hanrico Institoris eiusdem ordinis Theologo, inquisitor haereticae pravitatis esset constitutus. "Trithemius". De scriptoribus ecclesiasticisll• p. 177. R.A. Grathius. fol. CLXVI. lS'j16. ibid. fol. CLXVlv. 17. Ritter, "Die Heidelberger Unive~sität". I, Band. S. 361. - 183 - Anmerkungen z. S.22 - 25 18. ) Der voll&tändige Name: Jodocus Eichmann (Aiehemann) de Calwe. 1459 lie. theol. Er gehörte zur "albertistisch- thomistischen Richtung". ibid. S. 421. A. 1. 19. ) Er kam 1452 nach der offiziellen Zulassung der "via anti- qua" in Heidelberg aus Köln nach dort, mit ihm sein Schüler Wessel Gansfort, der aber nur ein Jahr in Heidelberg blieb. ibid. S. 382. 20. ) Ziehen, "Mittelrhein und Reich im Zeitalter der Reichs- refo:on".1. Band. S. 82 und 113. Man kann mit Recht von einer Nebenregierung des Domkapitels im Kurfürstentum Mainz sprechen. 21. ) ADB. 5. Band. S. 170. 22. ) Die Beauftragten hatten aus WeseIs Schriften die wesent- lichen Häre~ien zusammengestellt~ "Presul nihil eorum inspexit quia in unum non erant redacti". R.A. Grathius. fol. CLXIIII. 23. ) "Die alte Mainzer Universität". S. 18. 24. ) "Tota novit diocesis nostra Georgius etiam professor legum interpres clarissimus, scriba vel cancelarius Reverendis- simi presulis expertissimus". Wirt. Dialogus. fol. Iv. 25.) Er war von 1459 bis 1499 Kustos. Ziehen, "Mittelrhein und Reich im Zeitalter der Reichsreform". 1. Band. S. Ill. 26.) Über Wirts Lebensjahre vor 1494 ist nichts bekannt. ADB. 43. Band. S. 522. 27.) "Omnes, qui prius deferisores, frutiores et complices erant, postquam territi ac attoniti perinde ac si Johannem non cognovissent, dissimulare didicerunt". R.C. (wieder- . gegeben bei Ritter, Studien. Ill. S. 39). 28.) R.A. Grathius. fol. CLXIIII. 29.) An den verschiedensten Orten konnten Ketzerprozesse abge- halten werden. Hauptsächlich kamen bischöfliche Paläste und die Refektorien der Mendicantenklöster in Frage. Flade, "Das römische Inquisitionsverfahren in Deutschland". S. 70. 30.) Von dem Ort, wo die Heidelberger Abgeordneten sich nieder- ließen, berichtet nur die Relation C. (Clm. 443. fol. 188.) 31. ) R.A. hebt hervor: 'IiPietateet humanitate inductus". (Grathius. fol. CLXIIII.) 32.) Die Verhandlungen des Montags finden sich bei R.A. und H.B. In der Relation B sind einige Ereignisse stärker zu- ~ammengezogen, sachliche Gegensätze zu A bestehen nicht. Von der Abweisung des Widerrufes durch Elten ab gehen R.A. und R.B. im Umfang der Beschreibung und im Wortlaut immer stärker zusammen. 33.) Lea, "Geschichte der Inquisition im Mittelalter". I.Band. S. 422. 34.) Das Protokoll von dem Prozeß gegen Johann von Wesel ist eins der besten, das uns von den Ketzerprozessen des Spät- mittelalters erhalten ä at, 35 •.) R.B. Clement S. 167; R.A. Grathius. fol. CLXVIIIIv hat da, wo bei R.B. "etc." steht, "alios tractatus". Wahrschein- lich war alles gesammelt, was Wesel geschrieben hatte, der Notar hielt die in den ~~ozeßberichten genannten Schriften für die wichtigsten. Beim Prozeß war ferner be- kannt, ohne daß die Relationen ausdrücklich etwas davon sagen, der Traktat über die unbefleckte Empfängnis Mariae und das Wesen der Erbsünde. (Wirt. Dialogus. fol. VII.) - 184 - Anmerkungen z. s. 25 - 28 36.) Es fällt auf, daß der bei Wirt (Dialogus fol. VII) angeführte Brief WeseIs an den Vorsteher von Böhmen nicht erwähnt wird. Da Wesel sich bis zuletzt als rechtgläubiger Kathclischer Christ fühlte, ist anzunehmen, daß der Brief wenig freundlich im Blick auf den Böhmen gehalten war und deshalb im Prozeß keine Bedeutung haben konnte. Wirts Be- schreibung des Briefes (ibid) wäre dann nicht zutreffend, sie ist auch so allgemein gehalten, daß man in ihr eine Zusammenfassung'der weseIsehen Irrtümer sehen kann und nicht die Inhaltsangabe eines Briefes. 37.) Die Inquisitionstraktate empfehlen, zunächst Fragen be- züglich der Personalien zu stellen und nachzuforschen, wann wo und durch wen der Angeklagte in die Sekte eingeführt wurde. Flade, "Das römische Inquisitionsverfahren in Deutschland". S. 78. 38.) "Ecce vobiscum sum omnibus diebus, usque ad consumationem saeculi". Matth. 28, 20. - R.B. Clement S. 69~ 39.) R.B. Clemen. S. 1680 40.) ibid. s. 167. 41.) "Adversus indulgentias Disputatio". Waleh. p. 154 ff. 42.) Briefwechsel mit Johannes von Lutter. Ritter. Studien. Ill. S. 67. 43.) R.B. Clement S. 168. 44.) ibid. 45.) Die Ketzer suchten sich häufig der Beichte und Kommunion zu entziehen, deshalb setzten die Synoden von Toulouse (1229) und Pont Audemer (1279) fest, "daß derjenige, der sich dem pflichtgemäßen Empfang der Kommunion entzöge, als "suspectus de haeresi" anzusehen wären" Browe, "Die Pflichtkommunion im Mittelalter". S. Ill. 46.) Diese Bestimmung war auf der 4. Lateransynode 1215 in dem Kanon "Orr:nisutriusque sexus" erlassen worden. ibid. 8.43. 47.) R.A. Grathius. fol. CLXVI. 48.) R.B. Clemen. S~ 170. 49.) Im ersten Verhör fragte man Wesel nach dem Ablaß, im zwei- I ten wurden Sätze aus dem Ablaßtraktat'zitiert und zum Schluß der Verhandlungen fragte der Inquisitor, wann Wesel die Schrift verfaßt habe. ibid. S. 173. 50.) Wesel äußert sich hier in der gleichen W~ise wie in der "Disputatioil, Waleh. p. 117 ff und 146 ff. 51.) a.) Er glaubt nicht, daß jener Artikel in dem Ablaßtraktat enthalten sei: "Indulgentie non sunt remissiones penarum a iure vel ab homine pro peccatis iniunctarum. Et ideo ille remissiones vocate indulgentie sunt pie fraudes fidelium. R.B. Clement S. 171. Wesel hat den ersten Satz nicht so gesagt, der zweite Satz folgt nicht mit "et ideo" auf den ersten und ist ein Zitat, das Wesel mit "quare sunt fraudes" anschließt. Disputatio. Waleh. p. 154. b.)"Item non credit tractatum suum continere hunc articu- lum: "BccLesLan facere indulgentias est verum pro ilIa ecclesia que errat. Et ideo ecclesia dando indulgentias plus nocet quam prodest". Der erste Satz in fast gleicher Weise in der Disputatio. p. 155 ff; der zweite Satz ist , eine These, die Wesel von PetruE von Tarent mitgeteilt hat. ibid. p. 153. Die Verbindung "et ideo" konnte WeseI, wenn sie wirklich in der vom Prozeßbericht überlieferten Form verwendet ~urde, als nicht von ihm stammend ablehnen. - 185 - Anmerkungen z. S. 28 - 32 52.) Die Relation A spricht von mehreren Traktaten. (Grathius. fol. CLXVI.) Da das Protokoll, abgesehen von dem Ablaßtrak- tat, nicht von weiteren Zitaten aus anderen Schriften be- richtet, muß hier ein Irrtum vorliegen. Diese Stelle läßt deutlich werden, wie geringschätzig der Verfasser der ur- sprünglichen Fassung von A über V/esel dachte. 53.) W. Trebellius, "Concordia curatorum et fratrum mendican- O t·aumv", Fo.1 ba j° , 54.) R.B. Clemen. S. 171. - Für das Verständnis WeseIs ist es jedoch wichtig, daß diese Anschauungen in dem großen Zusam- menhang seiner Gnaden~ehre eingeordnet werden. (s.S.74) 55.j R.A. Grathius. fol. CLXVI. 56. ibid. . 57. Den Protest, daß er Wesel nicht gezwungen habe, ließ der Inquisitor, wie ausdrücklich gesagt wird, in das Protokoll aufnehmen. R.B. Clement S. 171. 58.) Die Ermahnungen Eltens und WeseIs Entgegnungen fehlen in der R.A., sie lassen sich als Abschluß des zweiten Verhörs aber gut denken. 59.) Nach der R. B. (Clemen. S. 172) fand dieser Beschluß erst am Mittwochmorgen statt. - Die Namensnennung bei R.A. (Grathius. fol. CLXVI) spricht für gute Kenntnis dieses Autors, die bei ti.B.mitgeteilten Instruktionen für die Abgesandten machen die R.B. glaubwürdig. Eine Entscheidung wage ich nicht zu geben. 60.) R.A. Grathius. folD CLXVI. 61) ibid. fol. CLXVlv. 62.) R.B. Clemen. S. 172~ . 63.) Es ist an die l~tze zu denken, die am Schluß der Rela- tion C stehen. 64.) R.B. Clemen. S. 172. - R.A. Grathius. folD CLXVIv hat einige unwesentlichen Abweichungen im Wortlaut. (s.S~18liAnm. 42.) 65.) Wesel scheint offenbar übertrieben zu haben, wenn er auch in seinem Gefängnis wegen Alter, Krankheit und Winter man- che Schwierigkeiten zu erdulden hatte. Der Erzbischof spricht von einer "honesta mansio". Winkelmann, "Urkundenbuch der Universität Heidelberg". Nr. 131. S. 191.) Der Kerker wurde bei Wesel nicht als Zwangsmittel benutzt, wie Flade es meint. ("Das römische Inquisitionsverfahren in Deutschland". S. 89) 66.) "At scire procuperem, quando doctrine miranculo fuisset hic Wesaliensis tam clarus, cum post revocationem in stercoribus contabuerit suis apud Augustinenses Mogunciae perpetuis ca- ceribus deputatus, nec quicquam tum preclarum ediderit". Wirt. Dialogus. fol. IIIv. - "Et ipse pro poenitantia per- agenda ad conventum fratrum Augustinensium ibidem relegatus". Trithemius. Chronicon Sponhemense. p. 391. 67.) Haupt, "Johann von Drändorfs Verurteilung durch die Inquisi- tion zu Heidelberg". ZGORh. 1900. S.'485. 68'j DenZinger, "Enchiridion Symbolorum".' S. 214. 69. ibid. • 252 ff, 70. ibid. S. 241 ff. (Sessio VIII. vom 4. Mai 1415.) 71.) ibid. S. 238 (aus einem Brief des Papstes Clemens VI.) 72.) Wirt nennt unter den Männern, von denen Wesel seine Irrlehre ,hatte, auch Marsilius von Padua. (Dialogus. fol. VII.) Da WeseIs Gedanken sonst keine Anklänge an dessen Lehren haben, k(ann sich die Bezugnahme Wirts nur auf diesen Punkt b.eziehen. s , auch S. 108). - 186 - Anmerkungen z. S. 32 - 33 73. ) Bei der Besprechung des Ablaßtraktates am Rande: "Quo tem- pore wesaliensis peccatum originale negaverit et Haeresim Juliani et Pelagiij suscitaverit". Wirt. Dialogus. fol. X. Denzinger, "Enchiridion Symbolorum". S. 223. Z.B. Konstitu- tion Johannes XXII. "Gloriosam Ecclesiam" (23.Januar 1318) gegen die "Errores Fraticellorum". 75.) ibid. S. 233 ff. 76. ) R.A. Grathius. fol. CLXVlv. 77. ) Wirt urteilt über WeseI: "Omnibus enim olim damnatis par- ticipare repertus est haeresibus, ac insuper novas addi- disse, Grecorum, Arrij, Pelagij, Johannis Husz, Marsilij paduani .et ceterorum". Dialogus. fol. VII. (Wirts Aussagen sind so allgemein, daß man nicht mit zwingender Notwendig- keit jeden Artikel zu einer der genannten Häresien zuord- nen könnte.) 78. ) In Bamberg geschah Ähnliches. Der Domprediger Magister Heinrich Steinbach hatte auf der Kanzel hussistische Leh- ren vorgetragen, er wurde durch die Synode des Bamberger Klerus 1448 zum Abschwören der wiclefitischen Irrtümer und zum öffentlichen Widerruf in der Domkirche verurteilt. Haupt, "Die religiösen Sekten in Franken". S. 40. 79, ) Bei der Verbrennung war eine "turba nobilium et ignobilium, secularium, sacerdotum, doctorum, scolarium et utriusque sexus hominum" zugehen. Wirt. Dialogus. fol. IX. 80. ) Wirt. Dialogus. fol. VIII. - Butzbach hatte diese Nachricht (Böcking, Rutteni Opera. II. S. 502) wahrscheinlich aus Wirts Dialogus, der ihm bekannt war, denn er nennt ihn un- ter Wirts Schriften. (Auctarium de scrip. eccles. fol. 67) Butzbach erweitert die Nachricht, die sich bei Wirt findet, durch ein Bibelzitat. 81. ) ibid. 82. ) Gudenus, "Codex Diplomaticus sive Anecdotorum". Tommus 11. p. 753. Die Urkunde ist vom 22. Februar 1479 in Mainz.

WeseIs Ende. 1.) So nach Wirt, Dialogus. fol. IIIv; Trithemius, "Chronicon Sponhemense". p. 391; Zorn, "Wormser Chronik". (Zusatz von Flersheim) S. 189. . 2. ) Konrad Henselerkundigte sich in Mainz, wie Wesel verschie- den sei, und erhielt die oben genannte Antwort.Steitz, "Der Streit über die unbefleckte Empfängnis der Maria in Frankfurt a. M. im Jahre 1500". Archiv f. Frankf. Geschichte. 6. Band. 1877. S. 20 ff. Boos. "Monumenta Wormatiensia". S. 87. Chemnitz, "Examen Conci1ii Tridentini". S. 837. - 187 - Anmerkungen z. 8.34 - 37 3. Die Schriften des Johann von Wesel. 1. ) Vlilhelm Schum, "Beschreibendes Verzeichnis der Amploniani- sehen Handschriftensammlung zu Erfurt". Berlin. 1887. 8. 543. - Zitiert: Kommentar zum Aristoteles. fol. 2.) Der Kommentar zur Physik des Aristoteles war mir durch einen Mikrofilm, den mir die Stadtbibliothek Erfurt freund- licherweise zur Verfügung stellte, zugänglich. Eine Be- schreibung des Kommentars nach Form und Inhalt erfolgt iH dem Abschnitt über WeseIs philosophische Anschauungen. s.S.45 ff. 3.) Ritter. Studien. 11. S. 96. 4.) Paulus, "Die verlorengeglaubten philosophischen Schriften Johanns von WeseI". ZKTh. 27. Jahrg. 1903. S. 601-602. 5. ) Ritter. Studien. Ill. S. 6. 6.) Rose, "Verzeichnis der lateinischen Handschriften der Ber- liner Bibliothek". 11, 1. s. 505. - Die Handschrift befin- det sich zur Zeit in der Universitätsbibliothek Tübingen. (Abt. Berliner Handsohriften. M.s.Theol. late Fol. 97.) s. F. Stegmüller: "Repertorium commentatorium in Sent. Petri Lombardi". I. (1947) S. 248 ff. - Ein zweites Exem- plar besitzt die "Ya t Lc ana" ..(Cod. Pal. late 337). Auch hier fehlt das vierte Buoh. Ritter. Studien Ill. S. 5. A. 3. - Einige Stücke des Kommentars hat Ritter ediert in den Studien. Ill. S. 58-63. "Et sie finis deo gratias anno domini M. CCCCLX in vigilia petri et pauli scrisit Nicolaus Bogh cui deus misereatur. Amen". fol. 335v. 8. ) Ritter. Studien. Ill. S. 6. A. 2. 9.) Herr Prof. D. Dr. Gerhard Ritter stellte mir in dankens- werter Weise die in seinem Besitz befindlichen Fotokopien der Stockholmer Handschrift zur B811utZung zur Verfügung. Ich behandle die Schriften WeseIs in der in der Handschrift gegebenen Reihenfolge, da eine Datierung nicht bei allen möglich ist. 10. ) Das Nähere bei der Besprechung dieser Schriften. B. S. 41., 11.) Stockholmer Handschrift. fol. 283-286v. Vollständig bei Ritter, Studien~ Ill. S. 63-81, ich zitiere danach: Brief- wechsel. Ritter. S. 12. ) Johann von Lutter lehrte zunächst in Erfurt Theologie, seit 1468 erscheint er als Domprediger in Mainz, dort starb er 1479. Paulus, '''ÜberLeben und Schriften Joh.von WeseI". "Der Katholik". 78. Jahrg. S. 50. A. 1. 13.) Briefwechsel. Ritter. S. 63 ff. 14. ) ibid. S~ 67. . 15.) Collectanea, Würzburger Hs.M.ch.o. 34. fol. 69-71. Kurz vor dem Excerpt des Briefweohsel findet sich das der Schrift von Johann Eck: "De primatu Petri adversus Ludderum libri tres" von 1521 • .16 D) Wirt erzählt: .beim Prozeß war Johann von Lutter, "cuius scripta in Wesaliensem et plura et preclara vä demua'". Wirt. Dialogus. fol. IIv. 17.) stockholmer Handsehr ..fol. 286v-288v. z.T. von Ritter ediert in den Studien. III~ S. 81-83. ZiÜBrt: Gutachten für Kartäusero Ritter. S. oder Stockhe fol. - 188 - Anmerkungen z, S. 37 - 40. Die Überschrift lautet: "Ad quendam fratrem de Carthusia de purgatione renum Joh. Wesalia". 18.) Stockh. Handschrift. fol. 288-291v.- Wenige Sätze bei Ritter. Studien. Ill. ediert. S. 83.85. Zitiert: Gegen die Astrologie. Stockh. fol. oder Ritter. S. . Die Überschrift: "Determinatio domini Joh. de Wesalia sacre scripture doctoris de scientia et veritate astrorum". 19.)Gegen die Astrologie. Stockh. fol. 289. 20.) ibid. fol. 289v. 21.) ibid. fol. 290. 22.) Augustin: 2. Buch. caput XX. Migne. Band 34. Sp. 50. - Isidor: Lib. VIII. Migne. Band 82. Sp. 310. 23.) Stockh. Handschrift. fol. 291v. Sp.b - 292. Sp.a. - z.T. bei Ritter. Studien. Ill. S. 85,86. Zitiert: Gutachten betreffs Ehe. Stockh.fol. oder Ritter. S. Eine Überschrift fehlt. 24.) "Rec Johannes de Wesalia cum benigna supportatione bene et melius sentientium". Ritter. S. 86. 25.) Wahrscheinlich Berta über die Stellung der Frau wird nichts gesagt. 26.) Ritter bemerkt dazu: "Die Abschweifung vom Gegenstand ist um so bemerkenswerter, als sie durchaus nicht von der Sa- che her gefordert war. Vielmehr benutzte der Autor offenbar die Gelegenheit, um hier ein altes "gravamen" zu äußern". Studien. Ill. S. 86. 27.) Stockh. Handsehr. fol. 292-296. Der größte Teil von Ritter abgedruckt in den Studien Ill. S. 86-99. Zitiert: Gegen die Erbsünde, Ritter. S. oder Stockh. fol. - Die Überschrift: "De virginis Mariae conceptione sine originali. (peccato)". 28.) Wirt. Dialogus. fol. IX. Am Rande: "Tractatus Wesaliensis de manu propria scriptus, et de manu notarij signatus, heresibusque plenus Frankforsie habetur hodie". 29.) "Argumerrtum ex verbo apostolici assumit b. Augustinus ••• Ad hoc r-e aponde.tu'r!", Wirt. fol. Xv und Ritter. S. 90. Nach einem Gespräch im Dialogus: IIQuodexpositio b. Augustini non est congruens veritati verbi apostolici". Wirt. fol. XI und Ritter. S•.90. - "Confiteor unum baptismum ••• Ex his (bei Ritter duabus) scripturis non elicitur ••• remittatur in baptismo". IIDicendumquod canon ille ••• non est ei cre- dendum". Wirt. fol. XII und Ritter. S. 97 und S. 98. - "Hij patres modica pars ecclesiae". Wirt. fol. XII, bei Ritter etwas breiter: "Patres hii, qui modica erant pars ecclesie katholice". S. 98. 30.) "die Conceptionis Anno Christi septuagesimo". Wirt. Dialo- gus. fol. lXv. 31.) 36. Sitzung von 1439. 32.) Stockh. Handschrift. fol. 296v. Sp.b - 297v. - Einiges ediert von Ritter in den Studien. Ill. S. 99-101. Zitiert: Gegen Marienfeiero Stockh. oder Ritter. S. Die.Überschrift: "Sermo contra presentationem b. Marie vir- ginis". 33.) Gegen Marienfeier~ Ritter. S. 100; vg1. Disputatio. Waleh. p. 139 .. 34.) Xgl. Disputatio. Walch~ p. 145 ff und Briefwechsel. Ritter • • 65. ~ 189 - Anmerkungen z. S. 40 - 44 35. ) "nullus ergo erat in templo hora incensi, quare nec mulie- ris etc." Gegen Marienfeier. Stockh. fol. 297v. 36. ) Es fehlt bis zum Ende der Kolumne nur noch eine Zeile. 37.) Stockh. Handschrift. fol. 298. Sp.a - Von Ritter völlig abgedruckt. Zitiert: Ob Petrus in Rom hingerichtet. Ritter. S. 101. oder 102. . 38. ) "In hoc libello gravissime certissimeque et in saera scriptura fund~tis racionibus variis probatur: Apostolum Petrum Rhomam non venisse, neque illie passum •••" fol. B iii v. 1520 (s.S. 124) 39. ) Stockholmer Handschrift. fol. 298. Sp. b. 40. ) ibid. fol. 298v. Sp. b. 41. ) Stockh. Hnndschr. fol. 298v bis 304v. - über die Ausgaben von Walch und v. d. Hardt s. S. 1. Ein Exemplar befindet sich in Berlin: Cod ..lat. fol. 171. (vgl.Rose, "Lat.Hand- schriften". II, 1. S. 507). - Ich benutzte die Stockh. Hand- schrift und die Ausgabe von Walch. Ich zitiere nach der Ausgabe von Walch, merke aber die Abweichungen in der Stockh ..Handschrift an. - Zitiert: Disputatio. VIaIch,.p. Disputatio. Walch. p. 114. 42.43. R.B. Clement S. 172. 44.'l Disputatioe Walch. p. 114-119. 45. Nach Clemen ist die Schrift aus einer Diskussion erwachsen, die zwischen 1455 und 1458 in Erfurt wegen des Auftretens eines Ablaßpredigers entstanden war. DZG. 1898. S. 155. 46. ) Briefwecn~el. Ritter. S. 71. 47. ) Paulus, Ober Leben und Schriften Johanns von WeseI". "Der Katholik"o 78e Jahrg. s. 54. - Clemen hat dieser These zugestimrlt. (R.E. 21 Band. S. 130.) 48. ) Paulus, "Geschichte des Ablasses". Band Ill. S. 525. 49. ) Disputatio~ Walch. p. 114. 50. ) ibid. p~ 114-119. (cap. Ill-X). 51. ) ibid. p. 139 ff. (cap. XXXIV ff.). 52. ) Clemen, "Über Leben und Schriften Johanns von WeseI". DZG. 1898. S. 163. 53.) ibid. S. 155. 54. ) Flacius, "Catalogus Testium Veritatis". p. 819. 55 •) hinige größere StUcke sind bei Ritter, Studien. Ill. S.103 abgedruckt. 56. ) Stockh. Handschr. fol. 305-307v. - Der Anfang und einige kleine StUcke bei Ritter, Studien. Ill. S. 104-105. Zitiert: Synodalpredigt. Stockh. fol. oder Ritter.S. Die überschrift: "Johannes de Wesalia sacre theoloye pro- fessor ecclesie Wormaciensis predicator clerum synodaliter congregatum alloquens hanc protulit arengam anno 1468 feria 3 post Bartholomci". 57. ) "Plura scripta reliquit in Logica et in alijs facultatibus, quae apud Erphurdianos in pretio habentur". Trithemius, Chronicon Hirsaugense. p. 502. - Luther spricht von WeseI, der "zuvor zu Erfford die hohe Schule mit seinen bu(e)chern regi~·t,.aus welchen ich daselbs auch bin Magister worden". (VI.A.50. Band~ S. 600.) Flacius berichtet: "Audio Erphor- diae eius scripta ad huc inveniri posse". "Catalogus Testi- um Veritatis". p~ 819. - 190 - Anmerkungen z. s. 45 - 49 11. Kapitel. Die Anschauungen Johanns von Wesel in seiner Erfurter Zeit.

1. Die philosophischen Anschauungen. 1.) Überweg, ."Grundriß der Geschichte der Philosophie". Band 11. S. 586. 2. ) z.E. "Utrum tempus sit motus?" fol. 124v oder "Utrum quali- tates contrarie sint simu1 in eodem subjecto?" fol. 96. 3.) z.B. "Utrum regule philosophi de velocitate motuum sinto vere?" fol; 160v oder "Utrum definicio fortune sit bona?" fol. 77v. Kommentar zum Aristoteles. fol. 66v •. Wesel fragt: "Utrum possibile sit aliquid moveri?" Der Autor sagt, er habe diese Quästion gestellt, weil Aristoteles auf die Einwände Zenans hingewiesen habe. Hier werden nur die Argumente Zenons und die des Aristoteles mitgeteilt. ibid. fol. l51v. 6.) Überweg, "Grundriß der Geschichte der Philosophie". Band 11. S. 586. 7. ) Bauch, "Die Universität Erfurt im Zeitalter des Frühhuma- nismus". S. 11 ff. R.A. Gratius. fol. CLXVlv. 89. ibid. fol. CLXIIII. 10.'j Kommentar zum Aristoteles. fol. 10 u.ä •. 11. "Respondetur secundum intentionem philosophi et beati Thome •••" ibid. fol. 67 u.ä. 12. ) Respondetur.ad primum secundem beatum Thomam, quod Galienu3 deceptus est". ibid. fol. 156. 13. ) Buridanus war Philosoph in Paris und einflußreicher Anhän- ger Ockams, er wendet sich jedoch gegen die radikale Skepsis des Meisters, so hat er auch das Dekret der Artistenfakultät unterschrieben (1340), das die Lehre Ockams verbot! Von Buri- danus sind Kommentare zur aristotelischen Physik, Metaphysik und ~olitik überliefert. Überweg, "Grundriß der Gesch. d. Phi L'' • 11 •.Aufl. B.'II. S. 596 ff. 14.) ibid. s. 597. 15.) Kommentar zum Aristoteles. fol. 3v und fol. 82. 16.) "Buridanus sequitur phi10sophum et dicit, quod il~ud, quod fit, non est, Marsilius vera dicit, quod i11ud, quod fit, est". ibid. fol. 130v. 17.) "Quare secundum viam modernam sciendum ad questionem gene- rare non esse generans". ibid. fol. 46. 18.) ibid. fol. 122v. 19.) ibid, fol. 144v. 20'j ibid. fol. 106. 21. Überweg, "Grundriß der Gesch. d. PhiI.". B. II. S. 610. 22.Kommentar zum Aristoteles. fol. 3v. 23'j ibid. 24. ibid. fol. 8v. 25. ibid. fol. 70v. 26. ibid. fol. 74. 27.) ibid. fol. 36v. 28.) ibid. fol. 56 •. 29.) ibid. fol. 60. - 191 - Anmerkungen z. S. 49 - 54 30. ) ibid. fol. 61v. 31. ) ibid. fol. 106 ff. 2 ibid. fol. 96 ff. 333.'j ibid. fol. 98 und fol. 138. 34. ibid. fol. 129v ff. ibid. fol. 124. 36.35'j ibid. fol. 126. 37. ibid. fol. 160v. S ibid. fol. 154v. 339.'j ibid. fol. 168 ff. 40. ibid. fol. 178. 2. Die theologischen Anschauungen. 1.) Sentenzenkommentar. fol. 1. 2.) z.B. "Distinctio undecima. In qua determinat magister de principio processionis spiritus sancti". fol. 27. - Oft findet sich eine Überleitung. z. B. "Nunc post filii eter- nitatem de spiritu sancta distinctio lOa. In qua magister deterrninat •••" fol. 25. 3. ) z.B. Zur Distinktion III des dritten Buches: "Queritur utrum in Maria virgine vera dei matre sine originali pecca- to concepta, caro Christi antequam assumpta fuerit fomite peccatiinfecta. Sciendum quod tria queruntur, primum est, utrum Maria sit vera mater dei, secundum est, utrum Maria fuerit concepta sine pessato originali, tertium, utrum in Maria fuerit fomes peccati". fol. 129. 4. ) fol. III ff. 5. ) Wesel behält gewöhnlich diese Form bei, zuerst nennt er die Meinung des Aristoteles, dann zitiert er Bibelstellen und die Kirchenväter, besonders Augustin, aber auch andere, die der Lombarde nicht angeführt hat, es folgen die scholasti- schen Theologen, besonders Thomas von Aquino und Duns Sco- tus. Oft läßt Wesel jedoch die Zitate aus der Bibel und den Schriften der Kirchenväter fallen. Auch diese Begründungen sind wieder unterteilt. Von den vier Kapiteln der Ill. Distinktion des 3. Buches behandelt Wesel nur das 2. Kapitel: "Quod nullus est sine peccato hie, excepta virgine". (Dieser Titel ist im Anschluß an die Sentenzen des Lombarden, der selbst Vertreter der un- befleckten Empfängnis Mariae war, gegeben. fol. 129 ff. 8. ) z.B. "IlIa conclusio est de mente beati Thome •••" fol. 28v. "Respondetur quod ratio una est ista secundum beatum Tho-. mam ••" fol. 26 usw. - Wesel vermeidet oft, wo er von Tho- ma~ von Aquino abweicht, diesen selbst zu nennen; so be- kämpft er .die Argumente, die Thomas gegen die unbefl~ckte E~pfängnis Mariae.vorbringt, sagt aber nicht, daß sie von d1esem bedeutenden Theologen stammen. fol. 130. 9. ) Wendungen wie: "IlIa conclusio est beati Thome et domini Egidij et aliorum doctorum •••" (fol. 44v) oder "IlIa con- clumio est Hugonis de Sancto Victore, beati Thome, Scoti, qui omnes una cum magistro intelligunt ilIa verba Augusti- ni •.••" (fol 0 73) finden sich an vielen Stellen. 10. ) "Secundum :-;amenviam nostram modernam •••" fol. 128. 11.) "Tale autem universale esse est impossibile tarnsecundum Aristotelem quam doctores sanctos sacrae scripturae". folo46. - 192 - Anmerkungen z. S. 54 - 56 12.) Nach der "via moderna" ist es so, "quod omnis essentia ex se et sua natura individua et singularis". fol. 105v. 13.) "Sciendum secundum viam modernam nee sunt res nisi singu- lares et universalia non sunt nisi encia fabricata in ani- ,ma creata, quibis multa confuse et imperfecte intelleguntur et representantur". fol. 81. 14.) "Et circa hoc est secundum viam modernam considerandum, quod natura realis singularis propter abstractionem intellectus, qui universalem format cognicionem de re singulari, dicitur communis vel universalis". fol. 46v. 15.) "Quantum ad secundum sciendum quam secundum modum loquendi doctorum antiquorum ymmo et Scotorum. Secundum namque viam modernam hoc habetur tamquam principium quod nullibi habe- tur pluritas sine reali distinctione". fol. 80. 16.) z.B. "Sed via moderna non distinguit relacionem a suo fun- damento". fol. 23. 17.) Ritter. Studien. III. S. 9. - In den folgenden Ausführungen ist nicht der Versuch gemacht worden, den Inhalt des Kom- mentars erschöpfend darzustellen; es soll einerseits an we- sentlichen Punkten die Stellung Wesels innerhalb der Theolo- gie des ausgehenden Mittelalters aufgezeigt werden, auf der anderen Seite werden einige Probleme berührt, auf die Wesel in seiner Wormser Zeit -zum Teil dann mit einer anderen Auf- fassung- wieder zu sprechen kam. 18.) Zu Ockam und Thomas s•.Seeberg, "Lehrbuch der Dogmenge- schichte". III. S. 716 ff und S. 385. 19.) "Philosophorum et theologorum est concors verissima senten- tia quod dei cognicio sive sciensia sua simplicissima est essentia". fol. 78v oder "Prima pars conclusionis est non solum theologorum verum est et philosophorum". fol. 82v. 20.j ibid. fol~ 5v. 21. Seeberg, Dg. III. S. 373. 22. "Tendit autcm homo ad beatitudinem, ergo revelata est thealogia ut homo beatitudinem conscqueretur". fol. 5v. Nach Albcrtus Magnus ist die Theologie in erster Linie eine "scicncia practica". Seeberg. Dg. III. S. 373. 23.) "Revelatio eorum que naturaliter intellectus humanus attingere non potest, videtur esse ex misercordia revelan- tis et non ex iustitia". fol. 5v. 24.) "In sacra namque.scriptura quatuor sunt sensus •• Primus namque sensus est litteralis •• secundus, qui est moralis vel tropologicus ~.~tertius sensus allegoricus •• quartus sensus scilicet anagogicus ••" fol" 2. 25.) "Propter auctoritatem sacrae seripturae fides infusa est ponenda". fol. 155. - Zu Duns Scotus: Seeberg. Dg. III. S. 648 ff. 26.) "Sicut reformatur voluntas per caritatem infusam sie etiam intelleetus per fidem infusam". fol. 155v. 27.) Zu Duns Seotus und Ockam s. Seeberg. Dg. Ill. S. Q47 u. S. 716. 28~) "Verbi gratia de deo habetur noticia per revelationem, quod deus est trinus et unus, etiam deus est homo. Sed naturali- ter inventum est deum esse primam causam omnium". fol. 4. 29.) ibid. folf 10. 30.) "Sed deus est purus actus". fol. 23v. 310) "Essentia divina est intelligens, intellectum et ratio intellig~;ndi sive sciencia ••" denn: H,-'~sentiadivina - 193 - Anmerkungen z. S. 56 - 58 quia intelligit est intelligens, quia intelligit se est intellectum". fol. 78v. 32. ) z.B. "Item sciendum quod distingui passet de potentia enim absoluta dei et ordinata. De potentia enim ordinata nullum dubium est alicui doctorum quia humanitas Christi, quia beata est, non potest peccare ••• Sed de potentia absoluta dei loquendo doctores reperiuntur contrarii et varii sen- cientes de praedicta.materia". fol. 140v. 33.) "Divina voluntas non facit contra legem, quodcumque etiam facit, ergo non facit iniuste". fol. 93v. 34. ) "Divina voluntas est per se lex". ibid. 35.) "Sic ordinavit deus quod nullum actum vult acceptare tam- quam meritorium vite eterne nisi talis fiat ex gracia". fol. 101. 36. ) "Praedestinatio est ordinatio alicuius ad graciam in via et gloriam in patria". fol. 135. \ 37. ) "Sola divina voluntas libera electiva est positiva ratio praedestinationis". ibid. - "Deus pure voluntarie elegit quos voluit ut boni essent et fideles fierent". fol. 90. 38. ) "Impossibile est predcstinatum dampnari et reprobatum salvari". fol. 88v. - "Cum deus sit efficacissime volunta- tis et infallibilis prescientie, necesse est predestinatum salvari et reprobatum dampnari necessitate non consequen- tis, sed consequencie". Bei Ritter. Studien. Ill. S. 61. 39. ) "Divina voluntas est iustissima distribuendo illi salutem, isti penam, illi propter merita, isti propter peccata". fol. 9v. . Seeberg. Dgm.III. S. 655 u. S. 769. 40'j41. ibid. S. 771. 42. "Nam premium laborum beatitudo est ultima que datur electis dei in patria". fol. Iv. 43.) "Dubitatur, utrum Christus uno tempore plus meruerit, quam alio. Respondetur, quod non, cuius ratio est, quia Christus semper habuit eandem graciam quae sibi data fuit in prima sui esse". fol. 150. 44. ) "Dubitatur tertio, utrum Christus meruerit graciam primam gratum facientem". Wesel legt die verschiedenen Auffassun- gen dar. "Videtur tarnendicendum ad dubium secundum primam virum quod prima gracia cuiuscumque datur, non ex alio meri- to datur sed pure gratis data reciperetur". fol. 150v. 45.) "Ad secundum respondetur, quod sacramenta habent virtutem pricipaliter per divinam legem et dei pactum sed per meri- tum Christi". fol. 150v. 46.) "Christus deus et homo secundum asumptam naturam est media- tor inter deum et humanam creaturam". ibid. 47. ) fol. 152, zu Duns Scotus s. Seeberg, "Die Theologie des Duns Scotus". S. 283 ff. 48. ) "Possibile fuit deo alius modus nostre liberationis quam per viam satisfactorie dominice passionis". fol. 151v. 49. ) IIAlicuius pure creature accionem vel passionem deus potuit acceptare tamquam sufficientem satisfactionem, probatur sie quia apud deum non est impossibile omne". fol. 152. Seeberg, "Die Theologie des Duns Scotus". S. 285 ff. PctruB Lombardus, "Libri IV Sententiarum". L.I, Dist. XI. cap. I. (S. 77). Sentenzenkommentar. fol. 27. - 194 - Anmerkungen z. S.58 - 60 53.) "Secundum evangelium Joh. 15 (26) dicitur spiritus, qui a patre procedit, ergo non procedit a filio". ibid. 54.) "In symbolo Leonis pape conscripto in tabula argentea post altarem beati Pauli continetur quod spiritus sanctus a patre procedit". ibid. . 55.) "Quia quelibet potentia patris est donata filio per gene- ··racionem,spiritus sanctus a patre filioque procedi t per utriusque spirationem". Bei Ritter. Studien. 111. S. 58. 56.) "Pater et filius spirantes spiritum sanctum una activa spiratione sunt unum principium.simpliciter et nun duo principia sine addicione". ibid. 57.) s. Seeberg. Dg. 111. S. 410 ff. - Wesel erklärt unter Hinzuziehung·der Väter, "quod spiritus sanctus sit amor patris et filii quo se invicem diligunt". fol. 25v und "Spiritus sanctus autem ex vi processionis sue est amor infinite procedens per actum amoris a patre et filio". ibid. 58.) ibid. fol. 145v. 59. ) 60. ) "Christus assumpsit libera voluntate naturam humanam cum moriendi necessitate. fol. l47v. 61. ) "Christus naturaliter senio defecisset etiam si violenter occisus non fuisset". ibid.· 62. ) "Sunt autem doctores contrarii in hac materia. Beatus Thomas, Egidius et Thomas de Argentia dicunt primos pa- rentes non potuisse prius peccare venialiter quam morta- liter .'.ft Scotus autem et Nicolaus de Lira dicunt primos parentes potuisse peccare prius venialiter quam mortaliter Potest tamen dici cum bcato Thoma quod primum peccatum necessario fuit mortale et ad rationes Scoti dicendum est, quod si transgressi fuissent consilium etiam peccassent mortaliter". fol. l14v. 63. ) "Quidam enim sequentes Scotum dicunt deum posse producere creaturam rationabilcm". (fol. 115v) "Et videtur nunc I probabilius dictum beati Thome". fol. 116. 64. ) "Respondetur ad dubium quod Adam per originalem iusticiam sine gracia gratum faciente potuit omne peecatum vitare et quodlibet bonum moraliter perpetrare. IlIa responsio est Alexandri et Bonaventure". fol. 118v. 65. ) "Peccatum originale nichil positivum est in voluntate, sed est carentia positive iusticie. Et ilIa carentia potest dici culpa, sicut aliquando omissio boni operis dicitur peccatum aut culpa". Bei Ritter. Studien. 111. S. 59. 66. ) "Omnis enim homo post primas parentes natus non habuit iusticiam originalem propter statutum divinum quo statuit quod si Adam amitteret illam iusticiam, amitteret eam pro se et omnibus posteris suis". fol. 129v. 67. ) Seeberg. Dg. Ill. S. 764. 68. ) ibid. - Thomas von Aquino sagt dagegen: "Peccatum orIgIna- le materialiter quidem est coneupiscentia, formaliter vero est defectus originalis iustieie". und nimmt mit Augustin die Fortpflanzung der Erbsünde durch die Zeugung an. ibid. S.426. 69. ) "Anima per actus voluntarie elicitos, ad quos inclinat talis habitus, fit formaliter mala, et talis modus loquen- di est conformis multum dictis b. Augustini et antiquorum secundum tamen viam modernorum semper salva veritate fidei - 195 - Anmerkungen z. S. 60 - 63 videtur probabiliter dici quod fomes peccati non esset quid ex parte anime, sed ex parte 'corporLa'", Bei Ritter. Studien. Ill. S. 60. 70. ) Der "fomes peccati" non aliud est, quam naturalis delecta- tio sensus in suis obiectis, inquantum ipsa nata est move- re intellectum sive voluntatem contra racionem et precep- tum divinum". ibid. 71. ) "Ex quo patet, quod fomes non est peccatum nee pena pecca- ti, quia est naturalis, dicitur tamen peccati fomes, quod ex ipso fomite sepius motive et obiectivc accidit peccatum in voluntate •• quia anima infunditur corpori iam disposito et habenti iam potentia fomitem, ex fomite dicitur esse in anima peccatum originale". ibid. 72.) Ockam versteht unter dem "fomes peccati" eine "qualitas carnis in ordinata inclinans appetitum sensitivum ad actum difformen et vitiosum in habente iudicium rationis". Seeberg, Dg. Ill. S. 765. 73. ) ibid. 74. ) "Sciendum quod omne peccatum est voluntarium". fol. 114. (mit Borufung auf Augustinus)- Nach Duns Scotus besteht die Sünde in einzelnen gewollten Handlungen. Seeberg. Dg. Ill. S. 658. 75. ) "Peccatum veniale non est mortale nee ex veniali fit mortale". fol. 117. 76. ) ibid. fol. 38. 77.) "Talis autem bonitas est ipsa caritas vel gracia creata 'secundum quam formaliter est creatura bona et digna mereri hoc quod ox se mereri non posset". fol. 38. 78. ) "Correlarie sequitur quod beatitudo detur ex condigno ipsi habenti graciam, probatur quia secundum oxigenciam iusticie datur beatitudo illi qui habet graciam". ibid. 79. ) "Iustificatio formaliter est per graciam delentem peccatum, nam iniustus fit omnis qui contra deum peccat, omnis igitur fit iustus per hoc quod peccatum delet et hoc est gracia". fol. 157. 80. ) "Secundo modo tolli tur Ln suo equivalenti, nam in baptismo confertur gracia gratum faciens, que equivalet iusticie originali, ymmo supereminet. Gracia enim gratum faciens est utilior, quam iusticia originalis, quod per graciam illam homo meretur vitam eternam". Bei Ritter. Studien. Ill. S.61. 81. ) "Sequitur correlarie, quod deus posset dimittere originale peccatum non infundendo graciam". ibid. 82. ) IIRespondetur quod nullus potest mereri graciam primam" fol. 118. 83.) "Gracia facit opus meritorium sic quod opus voluntatis mediante gracia elicitum est meritorium ex divina ordina- tione et acceptatione" '.fol. 117v. Seeberg, Dg. Ill. S. 460. 85.84 "j ibid. S. 765. . 86. IIUndead quod secundum legem dei ordinatam requiritur non agere meritorie deus est promptus ad dandum graciam, dummo~ do homo agit moraliter bene". Bei Ritter. Studien. III.S.63. 87. ) Der Nam8 des Gregor von Rimini taucht nicht auf. 88. ) "Secundum legern ordinatam sunt virtutes cardinales ne- cessarie ad vitam eternam habendam". fol. 165v .. 89.) "Gloriosius est habere praemium ex merito quam sine merito". fol. l49v. - 196 - Anmerkungen z. S. 63 - 65 90. ) Es ist Todsünde, "quod directe et explicite prohibitur precepto divino". Läßliche Sünden sind "omnia que indirecte sub precepto prohibentur". fol. l70v. 91.) ~bid. fol. 172. 92. ) Tempus nature fuit ab Adam usque ad MoyseID. Sed tempus legis dividitur in tempus legis timoris et legis amoris, legis timoris fuit ab Moyse usque ad Christum sed amoris a Christo usque in finem seculi"~ fol. 192. 93.) Die Erörterung über die unbefleckte Empfängnis Mariae steht im Sentenzenkommentar in enger Beziehung zu den Fragen, die die Erbsünde betreffen. In ähnlicher Weise griff Wesel spä- ter beide Probleme wieder gemeinsam auf in seinem Traktat über die unbefleckte Empf'ängrrl s t Mar-Lae und das V/esen der Erbsünde. 94. ) Zu Duns Scotus S. Seeberg, "Die Theologie des Duns Scotus". S. 247. 95.) "Quia virgo beata erat donis spiritualibus maxime praedita et gracia dei referta sic ut nullum actum voluntatis elice- ret nisi per habitum gracie, ergo nullum motum peccati ha- buit". fol. 130. "Exinde patet, quod rite celebratur festum conceptionis virginis gloriose", ibid. 96. ) "Sed quia virgo beata fuit homo et fomes peccati est natu- ralis homini ergo fuit in virgine beata fomes peccati". ibid. 97.) "Potest ergo homo noxius peccato se disponere ad graciam hoc modo quod attricionem habeat de peccato secundum usum libri arbitrii, quia habita deus dat per graciam contri- l cionem et de'Le t peccatum '. fol. 40v, 98. ) Zu Duns Scotus s. Seeberg, "Die Theologie des Duns Scotus". S. 404 ff. 99. ) "•••habuerunt et cxompla sanetarun plura et efficaciora ad imitandum et plura merita sanctcrum, quae non tarnen sibi meruerunt sed nobis, ex quorum meritis thesaurus ecclesie col1eetus est". fol. 172. I 100. ) Der Einwand ist gemacht, Sap. 8,21 Deziehe sich auf alle ~ Enthaltsamkeit. "Respondetur ad primum quod dictum sapentis intel1egi debet de continentia mCl'itoria quam non habet quis nisi deus dederi t per graoLara suam.".fol. 165v. 101. ) "Circa quae sciendum quod duplex ecclesia scilicet oceiden- talis quae est romana et orientalis quae vacatur constanti- nopolitana et ille due statute post tempus apostolorum sub uno erant summa pontifice et tunc celebrant quatuor conei1ia ad imitationem quatuor conciliorum por apostolos ce1ebran- torum.presidcnte t amquam S'..l....'I'1'lm.O porrt Lt'Loe beato Pe t ro!", fol. 27. 102.) .IIDieitenim Leo papa tanta fuit unio dei et hominis ut nee supplicio posset diminui nee morte distingui". ~ol. 154. 103.) "Qui igitur estimantur prescire futuro. vocati sunt dii". fol. 1084 104.) "Stelle autem habent diversitatem influeneiarum et maxime stelle erratico, qui sunt planetos unus namquo est frigidus, aliter ealidus, aliter siccus, aliter humidus •••". fo1.111v. 105. ) "Sunt autem illo artes prohibi to propter .superstitionem, " quae in eis est, unde tradiderunt doetores quod a diabolo sunt primum horaf.nf.busdate i11e artes" ~ "::01" 108. - 197 - Anmerkungen z. S. 66 - 67 Ill. Kapitel. Die Anschauungen Johanns von Wesel als Pre'diger in Worms und l.:ainz. 1. Die Schuld und Erlo8ung des Menschen.l) a. Die,Schuld des Menschen. 1.) Es ist allgemein üblich, bei der Darstellung theologischer Aussagen nach den Prolegomena über Schrift, Offenbarung und Glauben mit der Gotteslehre zu beginnen. Diese Art des Vor- gehens erscheint bei Johann von WeseI nicht gut möglich, da wir in den Quellen nur eine zusaomenhängende Lehre über die Schuld und Erlösung des Menschen besitzen und die weseIsehen Geda~ken über die Einrichtungen der Kirche, alles andere muß aus Außerungen entnommen werden, die mit diesen Fragekreisen in Verbindung stehen. Es ist nun möglich, zunächst einige von Wesel selbst in etwa zusammenhängend behandelte Aussagen wiederzugeben, um von diesen aus weitere Anschauungen, die nicht systematisch ausgesprochen sind, herauszustellen. Durch die in der vorliegenden Arbeit gegebenen Gliederung des Stof- fes wird bereits durch seine Anordnung im großen und ganzen deutlich, was bei Wesel zur scholastischen Tradition gehört, und was bei ihm über diese Gedankengänge hinausgeht. Im we- sentlichen kommen in den ersten Abschnitten die Ansichten WeseIs zur Sprache, mit denen er innerhalb der Schultheolo- gie des ausgehenden Mittelalters steht, während in den letz- ten Abschnitten dieses Ka]itels hauptsächlich die opposi- tionellen Gedanken behandelt werden. 2. ) "Corpora enim primorum parentum erant creata animalia, vege- tabilia et sensibilia atque mixta ex elementis, erant ergo corpora ex se corruptabilia et mortalia et passibilia, se- nestabilia, defectabilia et cetera, quae homines dicunt na- turalia". Gegen die Erbsünde. Stockh ..fol. 293v. 3. ) "Respondendum ••• quod mars erat naturalis Ade et omnibus suis posteris, quod Ade dictum est: "Pulvis es, et in pulve- rem reverteris". Gen. 3 (19)~Non eni:nerat aliud s~cundum corpus Adampost peccatum, quam erat ante peccatum, p~lvis enim erat ante et post". Gegen die Erbsündeb Ritter. s. 95. 4.) "Hoc erat a dono superaddito nature" quod doctores vocant iusticiam originalem". ibid. S. 91. 5.) "Sed est difficultas magna in quo velut subiecto fuit hoc do- num, nam si in anima, que est spiritus, fuit hoc donum, non est facile nosse qualiter agat in carne ut inficet suam na- turalem inclinationem et actionem ,•• Dicendum et intelligen- dum, quod hoc donum iusticie originalis fuit in anima et in carne". ibid. Stockh. fol_ 294v.., 6. ) "Quoad corpus est donatu.m pr:'mis parentibus conversatio sani- tatis, restitutio juventutis et transmutabilitas corporis animalis in spirituale sine media morte". ibid. Ritter. ~.91. 7. ) ibid. Stockh. fol. 294. - Aueustinus, liDeborruptione et gratia". (Migne. P. L~ 44. Sp. 932.) , 8. ) "Quorum est diversit€j.s,quod quidam ponunt aliquid reale par- vulos contrahere a p~rentibus, alii autem ponunt nihil reale esse peccatum origi~ale, sed tantum osse privacionem iusti- eie originalis debite inesse. De numero eorum ego sum, qui dico: Peccatum originale nthil est:." Gegen die Erbsünde~ ,Ritter. S~ 88. - 198 - Anmerkungen z. S. 67 - 70 9. ) "Omne quod est aliquid, aut est deus aut creatura. Non potest autem dici, quod peccatum originale sit deus, quia sequeretur, quod peccatum esset summum bonum, primum ens, prima causa, optimus finis etc. quod nemo dicit nec ulla ratio sana accipit has locuciones esse veras". ibid. Stockh. fol. 292v. 10. ) ibid. Gegen die Erbsünde. Ritter. S. 89. ll'j12. ibid. 13. "Ideo totum genus humanum caruit iusticia originali, quod primi parentes tunc fuerunt totum genus humanum". ibid. 14.) "Et si causa queritur, quare parvuli nati non habent iusti- ciam originalem, convenientius non respondetur quam quia dator huius iusticie originalis secundum suam meram libera- litatem non dedit illis, quod non voluit. Hec enim causa estpotissima. Nam voluntas dei fuit causa quare alii ab Adam non habent eam". ibid. B. 99. 15.) ibid. S. 90. 16. ) "Ad hoc respondetur, quod expositio b. Augustini non est congruens veritati verbi apostolici, quod cum veritate ver- bi apostolici (es ist an 1. Kor. 7, 28 u. 36 zu denken) di- citur, quod concubitus viri et mulieris non est peccatum nee facit peccatum parvuli". ibid. S. 90 ff. 17. ) Wesel spricht von Gottes Befehl in Gen. 1, 28. "Hoc autem fieri non potui~ nisi per concubitum, quare ante peccatum concubitus non fuisset peccatum nec fecisset parvulum fu- isse in peccato. Post peccatum etiam concubitus non est peccatum, quod eundem et dominus mandavit Noe et filiis eius, ut scribitur Gen. 9 (1) per eandem verba superalle- gata". ibid. 18. ) ibid. s. 94. 19. ) Es wird an vielen Stellen zu zeigen sein, daß Wesel sich stark von Vernunftgründen bestimmen läßt. 20.) Stadelmann deutet die Ablehnung der Erbsündenlehre bei Wesel und WesseI Gansfort als Auflehnung gegen eine Be- schränkung der Willensfreiheit und Verantwortlichkeit des Menschen. "Vom Geist des ausgehenden Mittelalters". S. 141. 21. ) Ritter, "Romantische und revolutionäre Elemente in.der deutschen Theologie am Vorabend der Reformation". DVjhsL. 5. Jg. 1927. S. 360. 22.) Clemen, "Johann Pupper von Goch". S •.198. 23. ) "Debita enim nostra sunt omnis differentia nostra inter id quod surnus et quod esse debemus". WesseI. Opera. p. 157. 24. ) Wirt. Dialogus. fol. VI. - Ob sich der Satz der "Paradoxa" (Grathius. fol. CLXIII, E) "Was sünd jm der heiligen ge- schrifft nit sto (e)a wil ich auch nit für sünd halten. Weisst eyn anderer wyter und bas wil ich jm wol günden". auf die Ablehnung der Erbsünde bezieht, von der Wesel in seinem Traktat ausdrücklich sagt, daß.die Bibel von ihr nichts wisse oder auf die Gebote des Papstes und der Kirche, läßt sich mit Sicherheit nicht entscheiden. 25.) "An cre. scrip. vel pre ..: Nullum esse peccatum originale in parvulis iam conceptis in utero materno. R-o. credit, quod nullum sit". RoBt Clemeno S. 168. Ähnlich am zweiten Tage des Verhörs. ibid. So 170. 26. ) Wirt erzählt in seinem "Dialogus", daß er die Schrift selbst von dem Inquisitor erhalten hätte. (fol. IX) - 199 - Anmerkungen z. S. 70 - 72 27. ) R.O. Olemen. 1900. HV, S. 522. 28. ) "Dicendum est b. Johannem baptistam verum dixisse, quod Jesus tollit omnia peccata mundi ab hiis, quibus vult gra- tiam donare qualiacumque habeant nomina hec peccata, et presertim sicut b. Johannes 1. can. 2 (16) cap. ea nominat "concupiscentiarn carnis, concupiscentiam occulorum et super- biam vite". Et notanter Johannes ait peccata pluraliter, quia ilIa tria, que sunt in mundo, in se complectuntur om- nia peccata hominum". Gegen die Erbsünde. Ritter. S. 94. 29. ) "Aliae auternparticulae exprimuntur formale peccati, sci- licet, transgredi legem dei vel esse contra legem dei". Disputatio. Waleh. p~ 125. 30.) Zu Ockam s. Seeberg. Dg. Ill. S. 764. 31. ) "Nihil enim debet homo vetare, quod deus non vetuit, solum etiam malum est vetitum a deo". Briefwechsel. Ritter. S.76. 32. ) "Ostenditur hoc, quia voluntas humana conformis divine vo- luntati in vOlito, nullo defectu proprio difformis, est recta et sine peccato". Gutachten für Kartäuser. Stockh •.fol. 287v. 33..) "Specialiter autem ut scriptura allegata (1. Sam. 2, 25 f) contra deum peceat, qui procurat suo peccato, ut deus ab aliis non honoretur debito honore, verbi gratia, mulieres observantes ad ostium tabernaculi valebant et debebant mun- dae esse a coitu, filii autem Eli coierunt cum illis, quare in deum peccabant". Disputatio. Waleh. p. 129. 34. ) "Cum itaque parvuli essent rationabiles et perfecte intel- ligentie, noverint, qaod beatitudinem nemo habet aut habere potest nisi per gratiarn, quam nemo meretur aut mereri pote- rit. Et se noverint non habere gratiam aut non habuisse, quare de carentia beatitudinis non dolerent". Gegen die Erbsünde. Ritter. S. 96. 35.) "Inde est, quod in pecca t o' duo sunt (S. considerantur), scilicet culpa et poena. Non quod pecc.atumconstet ex illi£ duobus, si.cuttotum ex partibus, sed peccatum est culpa et debitum cum connotatione poenae, non quidem absolute sed respective, scilicet secundum reatum. Reatus enim est re- spectus tendens ad malum, sicut dignitas respectus ad bonum. Unde ait dominus: 'Operarius dignus est mercede sua'. Luc.X (7) 'Et qui irascitur fratri suo, reus est iudicio. Qui autem dixerit fratri suo, racha, reus erit consilio. Qui autem dixerit, fatue, reus erit gehennae ignis'. Matth.V. (22)". Disputatio. Waleh. p. 123. - (ItS." zeigt die Abwei- chung in der Stockholmer Handschrift an.) 36.) "Omni delinquenti contra legern dei, deus ipse legislator ex iustitia indicit poenam, quam non rcmittit, quantumcumque per misericordiam remittat culpam". ibid. p. 115. 37. ) "Quandoeumque deus infund.it gratiam, solvit habentem cam a reatu poenae ar1ternae, probatur quia per peccatum, quod mor- tale voca~t doctores, homo reus est poenae aeternae, per gratiam autem infusam homo est dignus vita aeterna , ergo habens gratiam est solutus a reatu poenae aeternae. Sed ad- hue restat nosse, utrum recipiens gratiam sit solutus a reatu poenae temporalis? Huius notitia non est clara ex sacris scripturis"~ ibid. p. 135. 38. ) "Et Dominus dedit gratiam David quando abstulit ab eo pecca- tum tuum (S..- tuum) etc~ (dafür S. ut supra) et tamen poena mansit, quia quae indicta e~nnt Davidi (S. David) adimpleta - 200 - Anmerkungen z. S~ 73 - 75 sunt, ut ex libris regum colligitur". ibid. 39.) "Nam plurime pene stant cum dei gratia ut in Christo, qui fuit plenus gratie, fuit infirmitas, senectus et mors, et tamen Christus non fuit in ira dei". Gegen die Erbsünde. Stockh. fol. 294v. 40.) "In oppositum arguitur sic: si, quando deus donat gratiam, etiam solvat a poenae temporalis reatu, non est opus esse poenitentiam satisfactoriam in hoc seculo, nec erit purga- torium in futuro". Disputatio. Walch. p. 137 ff. 41.) "Iste carcer non est praesentis seculi, sed futuri, non ge- hennae, ergo purgatorii". ibid. p. 150. 42.) ibid. 43.) "Ultimum hoc apostoli verbum exprimit ignem purgatorium, in quo qui peccabit detrimentum patietur, et tarnen salvus erit". ibid. 44.) Seeberg. Dg. Ill. S. 547. 45.) "Hunc ignem sancti Patres Purgatorium, non satisfactorium nominaverunt. Sed posteriores, quia mundificationem arbi- trio Praelatorum tribuere non possunt, confugerunt ad satis- factionem, cum tamen revera ubi plena munditia cordis est, nulla exigitur satisfactio". WesseI, Opera. p. 836 •. 46.) "In hac luce purgari post mortem in conspectu domini pre- tiosam, hujus purgationis purgatorium locum credo paradisum". ihid. p. 833. b. Die Erlösung des Menschen. 1.) "Et respondetur, quod primus et proprius effectus baptismi est spiritualis generatio, que vocatur regeneratio secundum illud domini: 'Nisi quis renatus fuerit ex aqua et spiritu sancto, non potest introire in regnum dei'. Joh. 3, (5)". Gegen die Erbsünde. Ritter. S. 99. 2. ) "Quando autem deus reficit hoc damnum (vel) hanc carentiam per gratiam gratum facientem, tunc habent homines hoc bonum a deo misericorditer agente et nulla(m) iusticia(m) requi- rente". ibid. S. 89. 3. ) "Nunc ergo (dafür S. igitur) expendendum est (S.- est), quid sit remissio peccatorum, et est dicendum, quod sit gratiae gratum facientis deo donatio sive infusio". Disputatio. Waleh. p. 126. Seeberg • Dg. Ill. S. 765. <, Wesel antwortet auf den Einwand, wenn die Gnade nicht die zeitlichen Strafen vergibt, sei sie nicht vollkommen: "Ad primum quod opus divinae gratiae est perfectum, non simpli- citer, sed secundum suum genus, scilicet, quod reponit ho- minem in statu merendi vitam aeternam". Disputatio. Walch. p. 138. . 6. ) "Impletor autem divinae legis est iustus, per quandam iusti- tiam ~ deo donatam, guam voco gratiam gratum facientem, quae liberum reddit tdafür S. traddit) hominem ab omni alio a deo et dei adversario". ibid. p. 122. 7 · ) "Est enim, ut credimus, voluntas dei quatenus unusquisque ex gratia, quam donat deus, servet legem dei". ibid. 8. ) "Item credit, quod deus possit conferre gratiam habenti usum rationis absque motu liberi arbitrij. Opinatur, quod beatus Paulus %n sua conversione nichil fecerit suo libero arbitrio pro sua conversione. Credit, quod deus potest dare gra- tiam habcnti usum rationis et non facienti quod in se ost". - 201 - Anmerkungen z. S. 75 - 78 R.B. Clemen. S. 171. 9.) "Sola dei gratia salvantur electi. Et quem deus vult sal- vare, donando sibi gratiam, si omnes sacerdotes vellent ilIum damnare aut excommunicare, adhuc salvaretur ille. Et quem deus vult damnare, si omnes presbyteri, papa et alii, vellent hunc salvare, adhuc ist e damnar etur-"; Paradoxa. Grathius. fol. CLXIII, C. 10.) "Den Schlüssel zum Verständnis der Lehre Gochs bietet seine totale Abhängigkeit von Au~ustin". Clemen, "Joh. Pupper von Goch". S. 209. "Seine (Gochs) dogmengeschichtliche Be- deutung liegt darin, daß er zu der augustinischen Reaktion gehört, in der sich am Ausgang des Mittelalters das religi- öse Gefühl gegen die Unterdrückungen, gegen den einseitigen Moralismus, die Werkgerechtigkeit, den Semipelagianismus und Pelagianismus empörte". ibid. S. 240. 3 Bei WessRl Gansfort liegen die Dinge ähnlich, s. R.E.- Band 21. S. 138 ff. 11.) "Et si solus deus donat gratiam et infundit, et generatur, scilicet absque precedente merito, non tarnen infundit eam ponentibus obicem gratiae suae, sed his, qui quantum in eis est se parant ad recipiendam eam". Disputatio. Walch. p.l26. 12.) "Eunuchos ergo itaque dominus praemiandos describit, qui, cum possent naturali virtute genitalia uti, voluntarie ab- stinent propter salutem. Et sapiens (Sirach 31,10) laudat eum, qui potuit transgredi et non est transgressus,facere mala et non fecit". Gutachten für Kartäuser. Stockh.fol.287v. 13.)ibid. 14.) "In ornniauterntempore adultis fuit et est necessaria poeni- tentia ut paratio ad gratiam, quae est remissio peccatorurn. Quod ostenditur in lege Mosis et evangelii". Disputatio. Waleh. p. 127 ff. 15.) "In omnibus his 10cis poenitentia est dolor voluntaria de commissis peccatis.Et haec est dispositio congrua ad re- missionem peccatorum". ibid. p. 128. 16.) Paulus, "Johnnn von Wesel über Bußsakrament und Ablaß". ZKTh. 1900. S. 648. 17.) "Nunc respondendum est ad remissionem peccatorum commissum sacerdotibus, quibus omnibus dictum est in apostolis et Christi discipulis, quorum remiscritis peccata" etc. (S. + remittuntur eis) (Joh. 20,23). Est autem ex superius dictis notum, nullos sncerdotes facere remissionem peccatorum prin- cipaliter et effective, nisi per divinam assistentiam". (Die Worte von "principaliter" bis "assistentiam" fehlen in S.) Disputatio. Waleh. p. 130 ff. 18.j Briefwechsel. Ritter. S. 68. 19. Ritter. Studien. Ill. S. 22. 20. "Et si in hac aestimatione Deo. contrarius sum multis ma- gistris, doctoribus, honor dei compellit quia hoc videtur esse divini honoris ut ipse solus creet et donet gratiam ex sua mera liberalitate". Disputatio. Waleh. p. 131 f. 21.) "Beatus autem Augustinus, in libro de doctrina christiana definiens sacramentum dicit: est invisibilis gratiae visi- bilis forma. Nec est ratione captibi1e, diversis rebus, na- tura, quidditate et subiecto differentibus, aliquam unam esse (dafür S. inesse) virtutem". ibid. p. 131 ff. 22.) "Soli Deo cordis secretum confitendum est, non autem homini nam et in lege veteri S01i Deo confitebatur, et stabatcon- - 202 Anmerkungen z. S. 78 - 81 fessio in vigore suo". (Aus einem Brief über einen ketzeri- schen Pfarrer in Mähren, um 1450). Döllinger, "Beiträge zur Sek~engeschichte des Mittelalters". 2. Teil. S. 670. 23.) Fizely, "WesseI Gansfort". S. 62. 24,) "Aut si dicant, aeternam po€r-am remisisse sed non tempora- lem, hoc non aliud est, quam non totaliter esse remissam pcenam'! , WesseI. Opera" p. 798. 25.) Zu Duns Scotus, Seeberg, Dgc Ill. S. 666, zu Ockam, ibid. S. 538. . 26,) Pmilus, "Johann von Wesel über Bußsakrament und Ablaß". ZKTh. 1900. S. 650 ff. 27.) '~st autem, ut plerique asserunt indulgentia remissio poenae temporalis debitae pro peccato actuali". Disputatio. Waleh. p. 119. 28.) Seeberg. Dg. Ill. S. 550. 29.) "Sermones Jesu Christi filii dei vivi, descriptos in evange- liis per scribas Jesu, Matthaeum, Marcum, Lucam et Joannem legimus. In quibus mysteria salutis plurima, et fortassis omnia ad salutem necessaria continetur. In his autem de indulgentiis, simpliciter, aut cum additione plenitudinis, aut certi numeri temporis, vel certae quotae peccatorum, aut poenarum, nulla fit mentio. Deinde apostoli Christi praedicabant et epistolas conscribebant, et ad aliquos mittebant. Et prae aliis beatus Paullus abundantius scrip- sit. Et nulla in illorum scriptis de indulgentiis, ut supra facta est mentio, sive memoria". Disputatio. Waleh. p. 113. 30.) "A temporibus autem, quibus ordines beatorum Dominici et Francisci coeperunt, oagni viri, docti et egregii, de in- dulgentiis scripserunt". ibid. p. 114. 31.) "••• ita quod (dafür S. ut) opiniones de indulgentiis reci- tentur per quosdam praesertim (S. + b. Thomam) Petrum de Tharentasia et Pranziscum Mayronis". ibid. Franziscus Mayronis: Schüler des Duns Scotus, Lehrer in Paris, gest. 1327~ Die Ablaßfrage·wird eingehend in einer Predigt behandelt, die Mayron einmal am 1. April an Petri- Kettenfeiergehalten hat, diese Predigt war im Mittelalter weit verbreitet. Paulus, "Geschichte des Ablasses". I. S. 352. Petrus von Tharentasia:·Wesel meint den Papst Innozenz V. (gest. 1276). Er war Dominikaner und hinterließ zahlreiche exegetische und scholastische Werke. Buchberger, "Lexikon für Theologie und Kirche". Bd. V. S~ 413. 32.) Opinioni (dafür S. opinio) doctofum de thesauro ecclesiae congregato ex merito Christi et operibus supererogationis sanctorum, commisso sunmo pontifioi ad distribuendum, quaD- quam sit valde pia, salubr~s tamen sunt debiles (dafür S. dabiles) obiectiones. Imprimis obicitur: thesaurus ille non est in terram dimissus.·Nam opera illorum sequuntur 1 illos. Apoc. XIV (13)1 0 Disputatio. Waleh ..p. 117 ff;o . 33.)·"Sunt ergo claves istae, potestas remittendi vel retinendi peccata hominun, in datione vel negatione sacramenti poe- nitentiae'~. ibid. p . 140e . 34.) "Ostenditur sic (S. - sic) quia ubicumque in canone biblico ponitur nomen indulgentiae vel verbun, stat pro remissione culpae". ibid~ p. 117. 35.) "Nam duo testamenta vetus et noyutl nullam faciunt expressam mentionem de clave i~~i8dtGtjonis. Ex his setuitur, quod - 203 - Anmerkungen z. S. 81 - 84 pueriliter sentiunt, qui dicunt, indulgentias'dare ex vi clavium". ibid. p. 145. - Thomas von Aquino führt die Er- teilung der Ablässe auf die Ausübung der Jurisdiktionsge- walt in der Kirche zurück. Paulus, "Geschichte des Ablasses". I. S. 296. 36. ) s. den Abschnitt über den Kirchenbegriff WeseIs. S. l~~. 37.) "Et dicatur, quod tales remissiones, vocatae indulgentiae sunt piae fraudes fidelium, ut dixerunt multi presbyteri (d&für S. prisci) et signanter quidem Cantor parisiensis, cuius mentionem facit Wilhelmus Altisiordorensis super quarto sententiar1lr.l".Disputatio. Walch. po 152. 38. ) "Et quia contigit, fideles talia. facere opera in caritate dei, erunt ipsa opera meritoria vitae eternae et augmen- tatoria gradus gloriae, ideoque sunt piae et utiles". ibid. 39. ) "De indulgentiis pauca dici'possunt per certitudinem, quia nec scriptura expresse de eis loqUitur". (Sent. IV. d. 20 q ..3.) bei Paulus,. "Geschichte des Ablasses". I. S. 336. 40. ) "Sancti etiam Ambrosius, Hylarius, Augustinus, Hieronymus !:linineloquuntur de ind ulgentiis ". ibid. 41. ) Zu der Auffassung der Waldenser: Ochsenbein, "Der Inquisi- tionsprozcß wider die Waldenser zu Freiburg i.U. im Jahre 1450". 1881. s. 109 u. S. 184.- Aus doI'lVerzeichnis von Drändorfs Irrlehren. (1425) "iten indulgentiae nihil valent penitus, quibus dantur, a quibus-cunque etiarn concedantur, sed populus a clericis per eas dicipiturll• Haupt, "Johann von Drändorfs Verurteilung durch die Inqui- sition zu Heidelberg". ZGORh. Band XV. 1900. s. 489 ... 42. ) "De reliquis autem quid censendurn sit, quiatanta inviceo varietate inter se dissident, ut fere iopossibile sit duos invenire prorsus inviceo concordantes". WesseI. Opera.p.884. 43.) "Num'igitur tibi leves aut futiles causae videntur, quibus ab hac nova Indulgentiarum adsertione Patres ante Albertum nc Thomarn, ut ipsi scripto testantur, discesserunt, adseren- tes nihil esse nisi piarn fr~udGm ac dolUIJ non malum, quo plebs officioso errore t rar.c tur ad pietatem?" ibid. p , 876. 44. ) I~ •• R-o: dicit se scripsisse et sicut idem tractatus sonat, sic credit". rt.B. Clemen. S. 169. I 45.) "Quod thesaurus meritoru.'1lsnnctorum non potest per papam distribui,"quia illo thesaurus non est in terra dirnissus••. Et quod indulgentiae sint pie fraudes fideliun. 'Ecclesia facit indulgentias' Verum est pro ilIa ,ecclesia, que erat. Et'ideo ecclesia dnndo indulgentias plus nocet quam prodest". R.C. Clemen. RV. 1900. S. 522 ff. . 46. ) "Item non credit, quod recompensatio penarun pro peccatis debitarum non possit fieri per penns Christi et sanctorum, quia merita sanctoru.~ non possunt applecari alijs hominibus f.ro satisfactionc penarum dobitarum". R.B. Clemen. S. 171. 47. ) 'Huic Jesu Christo iusto flecto genua cordis Dei, suspirans (et ingemiscens), desiderans quod illu~ peccatis meis fieri propitium atque dicens cum publicano, deus propitius esto mihi peccatori". Synadalrede. Stockh. fol. 305. 48. ) Disputatio. Wa1cho p. 121 ff. 49. ) Fizely; "WesseI Gansfort "" So 36. - 204 - Anmerkungen z. S. 85 - 87 2. Die Gottesauffassung. 1. ) Bei der Behandlung der ersten'Abschnitte bestand die Mög- lichkeit, an Hand der Quellen eine ziemlich umfassende Dar- stellung der Gedanken WeseIs über die Schuld und Erlösung des Menschen zu geben. In diesem Abschnitt bleibt manches lückenhaft, da Wesel nur im Zusammenhang mit der Erörterung anderer Probleme auf seine Anschauungen über Gott zu spre- chen kommt. Bei dem "filioque" sind wir nur auf die wenigen Aussagen im Ketzerverhör angewiesen. 2. ) "Ostenditur, quia divinae voluntati (dafür S. potestati) nil potest resistere. Ait enim scriptura Daniel IV, (32) 'non est, qui resistat manui eic;-!'." Disputatio.W:ilch. p. 116. Causam autem prohibitionis illorum, quis dicat? Quis pot·· erit domino dicere:, cur ita facis?" Gutachten für Kartäuser. Stockh. fol. 287. 4.) "Nec est aliquo sane mentis senciendum, quod minister prima liget et solvat et dehinc actor principalis liget et solvat". Briefwechsel. Ritter. S. 74. 5. ) "Respondetur, quod Aristoteles in su~ physica non recte sen- sit de deo. Nam utque 8no physicorum posuit primum motorem sive deum esse in ultima sphera et sub equinoxiali eius, que velocissime movetur et ilIum motum movere omnia alia in celo et consequenter mediante celo ea quod sunt sub concavo orbis". Gegen die Astrologie. stockh. fol. 291. 6. ) "Hec est veritas de deo secundum quam non est necesse superi- ora corpora agere in inferiora sed deum presentem in inferiori· bus et superioribus facere omnia, que fiunt utrobique". ibid. Wesel führt anschließend die Stelle aus Dan. 4,32 an, die auch in der "Disputatio" erscheint. 7. ) "Respondet se non credere Christum relinquere sibi vicarium ' interris, pro confir~atione huius adducit, quod Christus in celum ascensurus dixit: 'Ecce vobiscum sum' etc. quibus ve r-« bis clare significaverit nullum sibi velle substitui vicari- um, quia ipse presens esse vult et per se omnia agere". R.B. Clement S. l69~ 8. ) "Deus ab aeterno condidit librum, in quem scripsit omnes suos electos, ·quicucque autem in eo non est scriptus, numquam in- scribetur Ln Ipsurain ae t ernun , Et qui in eo scriptus est mm- quam ex eo delebitur" • Paz-ad oxa , Grathius. fol. CLXIII, C. 9. ) "Per haec ad proposituru dicitur, quod non creditur, aliquot (dafür S. aliquos) sic in nomine Jesu congregatos, consen- sisse et petisse, ut deus statuat poenas filii sui pro poe- nis aliorum peccantium, quia non creditur, deQ~ praevenisse aliquos ad petandum aliquid, quod non decet divinam iusti- tiam". Disputatio. Walch. p. 149. 10. ) "Quod nequaquam divino honori congrueret. Deus enim c.uctor mali non est, et adprobator iniustitiae non est, iustus in omnibus viis suis, et sanctus in omnibus operibus suis". ibid. p. 145. 11. ) "Dyabolus enim ex superbia sua deiectus de loco beatitudinis . in odium prorupit dei et humane salutis, unde machinabatur detrahere honorem dei et sibi eum usurpare et alicere homines ut, quod dei est, creatis stellis attribuerent". Gegen die Astrologie? Stockho fol. 290v. 12.) "••• Et an credat. s(;r::pseritvel praedicaverit falsum esse in simbolo Athanasij hunc versum: 'Nam sicut anima rationalis - 205 - Anmerkungen z. S. 87 - 89 etc.' R-o ••• Quoque hodie crcdat illum versumian dictum in simbolo athanasij positum esse ~a1sun". R.B. Clemen. S. 167. 13.) ibid. S. 169 ff. R.C. Clemen. RV. 1900. S. 522. 15.14.j Boos. Monumenta Wormatiensia. S. 87. 16. Wessel. Opera. p. 920 ~f. (Auf diese beiden Äußerungen wird noch näher eingegangen. s. S. 127 und 137. 17.) ibid. p. 537. 18.) Apollinaris von Laodicea (gest. ca. 390) leugnete die Voll- kommenheit der menschlichen Natur Christi; er wurde verur- teilt auf mehreren Synoden. Loofs, "Leitfaden zum Studium der Dognengeschichte". S. 266 ~f. 19.) "Interrogatus, quando ceperit sentire articulum de spiritu sancto. R-t: credo, quod sex anni, dubitavit tarnen quantum temporise Item iuravit ad sancta dei evange1ia se sic sen- sisse ad ~nos praedictos". R.B. Clemen. S. 172. 20.) "Item non credit spiritus sanctus procedere a patre et f11io tanquamouno et eadem principio, quia appareat sibi, quod non possit int~xtu sacre scripture inveniri. Credit etiam, quod omnes Christiani debeant credere plus i11is verbis Johannis 'Spiritus Sanctus procedit a patre' quan il1is 'Spiritus Sanctus procedit a patre et filio'. Credit articulum conci- lij Niceni 'Spiritus Sanctus a patre et fi110 - esse ~alsum':' (Die beiden letzten Worte stehen nicht in der Relation B, sie befinden sich jedoch in der Relation A, Grathius. fol. CLXVI.) R.B. C1emen. S. 169. 21.) "1.) Spiritus sanctus non proeedit a patre et fi1io. 2.) oQuod continetur inobiblie canone nee expresse nee virtualiter quod spiritus s. proeedat a filio. 3.) °Quod plus est eredendum spiritum sanctum procedere a patre quam a fi1io". R.C. Clemen. 1900. S. 522. - 206 - Anmerkungen z. S. 90'- 91 3. Die Autoritäten für den Glauben. 1. ) "Fides enin est notitia eorum, -quae per intellecturn.nostrum comprehendi non possunt, possunt autem aliqualiter adprehen- di". Disputatio. Waleh. p. 124. 2. ) "Dico vobis, quod una est fides, ut ait apostolus ad Ephe- sos IV (5). Et beati viri Jeronynus et Augustinus non cre- diderunt virginem corporruiter assumptam in celum ••• igitur nullus homo hodie obligatur credere •••" Briefwechsel. Ritter. S. 66. 3. ) "Quia hoc sine auctoritate dicitur, ~t _tamen si sic esset, sine fide, quae exauctoritate sacrae scripturae fit, non cognosceretur". Disputatio. Waleh. p. 132. 4. ) "Notandum, quod dei voluntas non est nobis cognita, nisi per fiden sanetarum scripturarun, in sacris autem scriptu- ris inveniemus quod deus statui t pacta cum hominibus". - Gutachten betreffs Ehe. Stockh. fol. 292. 5. ) "Pro cuius intellectu est considerandum, quod catholica fides est veritatun non apparentiuo sed a deo revelatarurn. assensus sive substantia secundum apostolum ad ~bre. XI. Cl)" Wesel spricht dann von den Offenbarungen, die die Wahrheit über die unbefleckte Empfängnis Mariae verbürgen. Gegen die Erbsünde. Stockh. fol. 293. 6. ) Die beste Zusamoenfassung der drei Begriffe bei WeseI: "Omnes autem b. Marie festivitates aut habent evangelican autoritatGm, aut veram et sufficientem rationem, aut divi- nan revelatio:!lemaut miraculosam approbationem". Gegen Marienfeier. Ritter. S. 100. 7.) "Ego Joannes de .Vesnlia sacrae scripturae professor vocatus, licet minimus, ante omnia protestor, nihil velle dicere, aut asserere, quod veritati fidei, quae scripturis sacris continetur, quovis modo sit contrariuo". Disputatio.WClch. p. 114. 8.) "In qui bus mysteria salutis plurima, et fortassis on.nia ad saluten necessarie..continentur". ibid. p. 113. 9.) "Revera lcge:m dei conseo aufficientem ad vitandun peccata et noscendun illa". Briefwechsel. Ritter. S. 76. 10. ) "Sextum nagnuLl.fuit ipsa beatificatio Marie, de quanon scribitur in evangeliis, que clauduntur in ascensione Christi". Gegen Marienfeier. Stockh. fol. 296v. 11. ) "Patres et fratres in Christo Jesu, verbum Jesu Christi pro rhetorica mei sermonis assumptum nulla eget probatione, quod verun auetoritate ipsa, que nee fallit nee fallitur, dictum". Synodalrede. Stockh. fol. 305v. 12'.) "Obsit a me ut contra b. Paulun aliquid sentian". ibid. fol. 306. 13. ) z.B. Eccl. 5,3. (gegendie "stulta pronissio".) Gutachten für Kartäuser. Stockh. fol. 287v. - Sirach 31,10 (Gelübde sollen freiwillig sein.) ihid. - Cant. 4,7. (Es wird ge- fragt, ob sich diese Stelle auf Maria oder die Kirche be- zieht.) Gegen die Erbsündu. Stockh. fol. 293v. usw. Das Fehlen des Alten Testamentes bei der Aufzählung der Autoritäten nn Anfang des Ablaßtraktates dnrf nicht dahin gedeutet werden, daß Wüsel es geringer beurteilte, auch in dem Ablaßtraktat zieht er viele alttestamentliche Stellen heran, beispielswoise bei der Begründung des Bußsakramentes. s , Ss 77. - 207 - Anmerkungen z. S.91 - 95 14.) "Quia enio ipsa scriptura est ipocrifa ideoque est sine fide, quare institutio festivitatis praesentationis Marie huiusmodi est sine fundamento fidei". Gegen Marienfeier. Stockh. fol. 297. 15.) "Ormes enio auctoritates sacre scripture sunt prima fronte

secunden sensuntl literalen, quen spiritus sanctus eff1agitat, concedende • Briefwechsel. Ritter. S. 74. Gegen die Erbsünde. Ritter. S~ 90. 17.16.j R.B. Clemen. S. 168. 18. Clemen, "Johann Pupper von Goch". S. 187 ff. 19.) "Fides autem est principiun per revelationem. Et ipsa reve- latio aliis anunciata vel in scripturis insinuata facit fidem in hiis, in quibus nulla facta est revelatio". Disputatio. Walch. p. 139. 20. ) Johann von Lutter sagt: "Scripturas Jacobi, Johannis et Pauli humanas voco, quod nec evangelio crederetur, nisi ecclesia acceptasset ipsum". Briefwechsel. Ritter. S. 77. 21.) "Quando enim deus revelavit veritates, quas voluit recipi perfiden, confirmavit revelacionem per miraculum; sic legi- mus de Abrahan Gen. 15, quod dominus revelavit illi, quod esset habiturus filium, possessurus terram knnaan •••" Gegen die Erbsünde. Stockh. fol. 293. 22. ) "Item de Gedcon, cui revelavit dominus, quod in manu sua liberatus esset Isracl de nanu Median, quod confirmavit de vellere et rore". ibid. 23.) "In novo claret testamento doninum revelnsse suis discipu- lis veritates fidei, quas iussit predicare et ipse confir- mavi t sermonem sequentibus signis. Marci ultino". (Mark. 16,20) ibid~ 24. ) "De Elsino abbate cenobii Riminensis, de Johanne filio re- gis Ungarie et de Richardo presbitero". Gegen die Erbsünde. Ritter. S. 90. A. 1. 25.) "Si quis autem auso temerario contrarie voluerit et contra- dicere hijs niraculis, quod non fuerunt facta sed per quos- dam conficta, in se respiciat et suam fidem Christianam, quam repugnaverunt Judei, duo Christus in terris conversa- retur. Et hodia blasphemant Judei et reliqui naciones di- centes Christiani sibi confixerunt facta secundum quae vi- vunt et aa probare non possunt". Gegen die Erbsünde. Stockh. fol. 293. 26.) "••• igitur nullus homo hodie obligatur credere, nee con- stat quod post illos viros (Wesel hat Hieronymus und Augu- stinus erwähnt) sit revelatull alicui aut ecclesie virginem esse assumptan in cel~ corpore". Briefwechsel. Ritter.S~66o 27. ) "Respondetur, quod Damasus papa hunc canonem conscribens, suspectus habotur, quia pro se scribit; non enim est fidei, quod dum (hunc) canonem ediderat, spiritun sanctum habuerit instigentem ilIum ad edendum. Sic de singulis aliis edito- ribus canonum dicitur". Disputatio. Ritter. S. 103. 28. ) "nee mihi credite, sed credite auctoritatibus, quas adduxi, aut rationibus, quas ponderate trutina descretionis". Briefwechsel. Ritter. S. 67. 29.) Die Entgegn~ng auf den von Wesel bekämpften Beweis, daß Maria Gott im Tempel gedient habe, lautet: "Si textor huius rationis evangelium legis set et illi ut veritati irrefragi- bili credidisset, t~lem sophisticam non veram rationem mi- nime texuisset". Gegen r.l~rienfeier.Stockh. fol. 297 Q - 208 - Anmerkungen z. s. 95 - 98 30. ) "Hoc autem magnum. et si non habeat scripturam evangelicam habet tarnen festum in Christianismo ex rationali causa". ibid. fol. 296v. 31. ) "Secunda ratio est: Sicut mediator dei et peccatorum sine peccato debuit esse, sic et mediatrix dei et peccatorum debuit sine peccato, Mariam autem voluit deus mediatricem esse dei et peccatorum, ergo voluit earn esse sine peccato". Gegen die Erbsünde. Stockh. fol. 293v. 32. ) s , S. 67 rr. 33. ) Diese Stelle findet sich: contra epist. Manichaei. cap. 5. (Migne. P.L • 42. Sp • I7 6 • ) . 34.) Evangelium auten non est verUD, quia ab ecclesia acceptum est, sed est ab ecclesia acceptatum, quia verum •••• Nullius scripture veritas ostenditur ex ecclesie acceptatione". Briefwechsel. Ritter. S. 78. 35.) "Propter Deum enim Evangelio credimus, et propter Evangelium Ecclesiae et Papae, non Evangelio propter Ecclesiam". WesseI. Opera. p. 759. 36.) "Quod nullus Christianus quantumcumque doctus et litteratus habet autoritatem exponendi verba Christi". R.C. Clement RV. 1900. S. 522. 37. ) "Nullam festivitatem pot est ecclesia instituere contra veri- tatem item nullam potest instituere in destructionem et dam- na membrorum". Gegen Marienfeier. Stockh. fol. 296v. 38. ) "Dubitat conciliuo legitime congregatum recipere influxum immediate a spiritu sancto et a Christo capite". R.B. Clemen. S. 169. - "Et sic nec canonibus nec decretali- bus nec decretis sanctoruß patrum et generalium conciliorum est credendum". R.C. Clomen~ RV. 1900. S. 522. 39.) "Ostenditur, quia ipse (d.h~ der Papst) est ab ecclesia constitutus iuris positivi institutor (dafür S. constitutor) in quantum ad aedificationem ecclesie facit, non ad (dafür S. in) destructionem. Ut patet (für ut bei S. utque; patet fehlt.) ex pluribus canonibus, quos brevitatis causa nunc tl (S.- nunc) transeo • Disputatio. Walch. p. 117. 1 40. ) "Non est ergo in illis verbis domini quiquan coIlltlissun, nisi quod ad peccata respiciatvel dinnittenda vel retinen- da, non ergo potest papa ex ilIa auctoritate aliquam festi- vitatem statue re et denandare". Gegen Marienfeier. Ritter. S. 100. 41. ) "Item an credat,quod sacra scriptura sit eodem spiritu ex- posita per sanctos patres et doctores, quo creditur primo tradito.et revelata. R-o... Secundum (Vieselantwortet auf die zitierte Frc.ge) simpliciter non credit". R.B. Clemen_ S. 168. 42.) "Non credit credendur:J.esse beatis Augustino, anbrosio, ihe- roni~o et alijs nec concilijs generalibus, sed soluo sacre scripture, quan dicit esse canones biblie". ibid. S. 170. 43.) Wesel entnahn das Augustin-Zitat, wie er selbst benerkt, (Disputatio. Waleh. p. 115) den "Corpus iuris canonici". c. 5. D. IX. (Friedberg. I, Sp. 17.) . 44. ) "Salvo. igitur honorificentia, que debetur huic viro beato, res~uo hanc suam exposicionen, quod videtur nihi a veritate dev~are". Gegen die Erbsünde" Ritter. S. 93. 45.) B:iefwec~selo Ritter. S. 68. - Gegen die Erbsünde. R~ttere s. 930 - Disputatioo Wulch~ Ue 115. 46. ) "Ad hoc respcndendum, quod exposi tio~b ~ Augustini non est - 209 - Anoerkungen z. s. 98 - 100 congruens verituti verbi apostolici, quod CUD veritate verbi aposto1ici dicitur, quod concubitus viri et roulieris , non est peccatum nec facit peccatum parvu1i". Gegen die Erbsünde. Ritter. S. 90 ff. 47.) "Et quod Augustinus in hac sua opinione non posuit sacraD scripturan non est ei credendum, sed potest salva sua sancti- tate contradici et contradictum est per roultos etian sanc- tos patres". ibid. S. 98. 48.) "Et r.dnt randura sutis est , qualiter patres hii, qui nodica erant pars ecclesie katholici, ausi sunt hec affirnare, quod ecclesia katholica ubique diffusa seoper intellexit verba apostolici de peccato originali, quod parvuli contra- hunt natura1i propagatione". ibid. 49.) "Clarius, quaI!ltextus illi hubent, ait Augustinus •••" Disputatio. Walch. p. 116. 50.) Migne. P.L. 44. Sp. 932. 51.) Gegen die Astrologie. Stockh. fol. 290v. - Migne. P.L. 34. Bp, 50 u , 52 ff. 52.) Disputatio. Walch. p. 113. 53.) "Iurisdictio itaque, quae nunc est in ecclesia, est ab ho- minibus instituta, ut sentit beatus Hieronyous in epistola ad Titum et sunt translata in Canone XCIV. dis. c. leginus, et XCV. dis. c. olin". (Friedberg. I. Sp. 327 ff u , I. Sp. 332 ff.) Disputatio. Walch. p. 146. . 54.) Wesel zitiert: "De doctrina christiana". "De corruptione et gratia". "De assumptione". De verbis dODini". 55.) Die "Glossa narginalis 11 interpretiert das "peccatum mundä " von Joh. 1,29 als "peccatum originale". Wesel darauf: "Ad glosam dico, quod quia nullan sacran allegat scripturan ideoque sine auctoritate fidei contennitur". Gegen die Erbsünde. Ritter. S. 94. 56.) Paradoxa. Grathius. fol. CLXIII, C. 57.) "Ranc intelligentiam puto fuisse glossatoris et convenire veritati nostrorun Ilorum et potentiae humanae". Gutachten für Kartäuser. Stockh. fol. 287. 58.) "Sed respondetur, quod verba Luce (Luk. 2, 37) non sic acci- pienda, quod Anna fuit in templo die ac (nocte), verum quan- do in templo fiebant sacrificia et orationes ipsa erat prae- sens. Hoc ipsum glossa habet, quae dicit, quod circa temp- lum.frequens erat". Ge~en Marienfeier. Stockh. fol. 297. 59.) "Auctoritas auten sua (d.h. die des Johannes Gerson) non faeit mihi credulitatem in hac theoriea, sed auctoritas saere scripture". Briefwechsel. Ritter. S. 65 ff. 60.) Paradoxa. Grathtuso fol. C~'~III, FD - 210 - Annerkungen z. S. 101 - 102 4. Die Kirche und ihre Einrichtungen. 1. ) In diesem Abschnitt wird weniger zusaDnenhängend als in den vorausgegangenen WeseIs Stellung zur Kirche und ihren ver- schiedenen Einrichtungen und Lehren dargestellt werden, die ihren Ursprung vielfach in der kirchlichen Tradition haben und in einem anderen Zusammenhang in dieser Arbeit noch nicht behandelt worden sind.Zu einer Verbindung der Unter- abschnitte direkt vom Stoff her zu gelangen, ist deshalb un- möglich, weil Wesel nur in wenigen Fällen in größeren Zu- sacmenhängen entwickelt; beispielsweise zieht Wesel von sei- nem Kirchenbegriff aus nicht die Folgerung für das Papsttum. Wesel entfaltet meist seine Gedanken, indem er immer wieder von Grund auf neu entwickelt. Erst bei der Gesamtschau wer- den wir in der Lage sein, gewisse Verbindungslinien herzu- stellen. 2. ) "Videtur itaque, quod ecclesia catholica sive universalis sit multitudo onniun habentiun fiden Jesu, quod sit deus et homo. Et vocatur universalis, quia in oonem terram et in fines orbis terrae venit praedicatio Christi, per quam po- tuit fides Christi acquiri ab hominibus". Disputatio. Waleh. p. 154. "Quia enin ecclesia universali continetur ecclesia Christi fundata super petrao, adversus quam non praevalebunt por- tae inferi, ut Matth. XVI. (38)••• (Dafür bei S. von ut ab: ut credimus do~ino Jesu docente: Super hanc petran) et haec ecclesia Christi est sancta et immaculata, sine ruga et ma- cula, secundun apostolun ad Ephesios quinto, (Eph. 5, 27) ideoque in ea non est error". ibid. p. '154. 4. ) Goch, "De Quattuor Erroribus ••• Dialogus". Waleh. p. 196. 5. ) Fizedy, "WesseI Gansfort" • S. 59. 6. ) Seeberg. Dg. Ill. S. 795, ff. 7.) "Ecclesian Christi sie intelligit: Ecclesia est collectio omniun fideliun caritate copulatorun, iuxta opinionem suam motus verbis sequentibus in ewangelio" Et portae inferi non praevalebunt adversus ean". (Matth. 16,18) Et credit eandem esse Christi ecclesiam quan neno sciat nisi deus". R.B. Clenen. S. 170. 8. ) "In sym.bolo fidei circa ilIum articulum sanctum ecclesiam ego non pono catholicem, neque Hieronynus ponit, quia catho- lica id est universalis, sed universalis congregatio omniun baptizatorun non est sancta, sed maior pars reprobata". Paradoxa. Grathius. fol. CLXIII, D. 9. ) "Sic et vera est haec, ecclesia est netrix, ecclesia est adultera, quia quaedam pars ecclesie est malorun". Disputatio. Walch. p. 155. ' 10. ) "Has sncras literas non inpune suis aptant sensibus et glo- sant aliter, quam spiritus sanctus, a quo conscripte sunt, efflagitat. 'Auten', inquit Ysi. 8. eth. (Isidor. Ethynolo- gien. 8. Buch. Migne. P.L'. 82. Sp. 505.) 'tales quamqW-O,Il non recesserint ab ecclesia heretici appelari possent • Synodalrede. Stockh. folo 306. 11.) "Sepius enin ecclesia ligat eUIl, qui apud deun solutus est, et solvit eum, qui apud deun ligatus est". Briefwechsel. Ritter. S. 74. 12.) 1.'Dubitat cone ilium legitime congregatun recipere influxun ~mmediate a spiritu sancto et a Christo capite". R.B. Clenen. S.169. ' - 211 - Anmerkungen z. S. 102 - 104 13.) "Nan Christus in celuD ascensurus dixit discipulis suis: 'Ego vobiscum sum omnibus diebus usque ad consunationen secu1i'. Math. ultimo. Quibus verbis clare significavit nullum sibi substituere velle vicarium, quia enim tpse presens esse voluit et per se omnia agere, non habet vica- rium, ut ratio vicarii ostendit". Briefwechsel Ritter. S. 67. Mit demselben Argument wie in dem Briefwechsel verteidigte Wesel sieben Jahre später seine Auffassung über das Papst- tum in dem Prozeß. R.B. Clemen. S. 169 ff. - Unter den zu widerrufenden Artikeln findet sich der Satz: "Quod Christus non reliquit sibi vicarium in terris". R.B. CleI~en. RV. 1900. S. 522. 15. ) "Nec ullum est monstrum in corpore mistico, cuius caput est glorificatum et omnia nembra sunt glorificanda et in conti- nuo tendentia ad glorificationem. Sanctorum enim conversa- cio in celis est, quamquam corpora adhuc sint in terra po- sita". Briefwechsel. Ritter S. 81. 16.) Paradoxa. Grathius. fol. CLXIII, D. 17. ) "An credat scripserit vel praedicaverit, quod apostoli non habuerunt auctoritatem a Christo condendi canones aut in- stituendi aliquas leges. R-o. dicit et scit se praedicasse et scripsisse, quod non habeatur in ewangelio, quod dominus dederit apostolis auctoritatem condendi leges, non credit quod habeant". R.B. Clemen. S. 167. . 18. ) "Nec papa nec sacra concilia quiquam potest vel possunt 'sub peccato mortali precipere aut statue re"• Briefwechsel. Ritter. S. 65. 19. ) "Potest et debet sub utraque specie communicare laycus, autem non debet ex papali institutione. Si autem contrave- nit papali institutioni, quod tunc mortaliter peccarett vestrum est probare!" (Johann von Lutter ist angeredet,! Briefwechsele Ritter. S. 67. 20. ) "Super iura autem naturale et divinum non habet summus presul autoritatem". Gutachten betreffs Ehe. Ritter. S. 86. 21. ) "Sunt autem, qui dicunt, in verbis illis Jesum commisisse ecclesiae claves iurisdictionis (Am Rande bei S. "oontra b. Thomam) (S. + ita ut dif:fLerentiamdicunt inter claves sacramentales et·claves iurisdictionis) Haec dicunt, sed non ostendunt". Disputatioo Walch. p. 145. 22. ) "Quia iurisdictio, que est in ecclesia, sacundum quam prin- cipes dominantur subditis et leges indicunt eis, est a gen- tilitate sump t a et Christi verbo veti t a, Matth. XX. (25.26) et Luo , XII. (25.26) ubi ait, 'vo a autem non sic' etc.". ibid. p. 146. 23.) "Item obicis: papa solus potest instituere festivitatem quamcumque et eam demandare, quod pape dicitur in persona Petri, cuius successor est: 'Quodcumque 1igaveris' etc. Mt. 16 (19) ••• Non est ergo in illis verbis domini quic- quam commissum, nisi quod ad.peccata respiciat vel dimit- tenda vel retinenda, non ergo potest papa ex ilIa autori- tate aliquam festivitatem statuere et demandare". Gegen Marienfeier$ Ritter" S. 100. 24. ) "Ab omni poena, quam homo vel ius positivum inf1igit pro peccato, potest summus pontifex absolvere. Ostenditur quia ipse est ab ecclesia constitutus iuris positivi institutor (dafür S. constitutor) in quantum ad aedificationem eccle- siae facit, non ad (dafür S. in)destructionem". - 212 - Annerkungen z. S. 105 - 107 Disputatio. Waleh. fol. 117. 25.) "Ex quibus colligitur, quod ferme 20 annis post Christi mortem Petrus in Iherusalem et eo circa fuit, quibus ad- ditis 25 erunt 45a anni, quos vixisset Petrus post Chri- stum. Nero autern non fuit imperator 45to anno post Chri- stum, sed Vespasianus, qui Jeroeolyman expugnabat anno 40 post Christi mortem, ut cronice testantur, quare fama de Petro non stat cure saoris literis". Quaestion, ob Pe- trus in Rom unter Nero hingerichtet. Ritter. S. 101 ff. 26.) Seeberg. Dg. Ill. S. 586 ff. . 27.) ibid. S. 594 ff. 28. ) Beispielsweise zur Schlüsselgewalt aus einem Brief über einen ketzerischen Pfarrer in Mähren (um 1450). "Excommu- nicatio papae vel episcopi lata non ligat quicquarn creden- tes, quoniam solius Deus est, benedicere vel maledicere, non autem hominis simplicis". Döllinger, "Beiträge zur Sektengeschichte des Mittelalters". 11. S. 670. 29. ) Joachimsohn, "Gregor Heimburg". S. 234. 30. ) ibid. S. 197 ff. 31. ) "Has item claves post.resurrectioneo non uni, sed unitati donavit, quando insufflavit in eos dicens: Accipite Spiri- tum Sanctum •••" (Joh~ 20, 22.23) Wessel. Opera. p. 891. 32.) "Desiderare potest papa, aOIXlI!lendarepotest, orare potest, obsecrare po~est, confidere potest, gratias agere potest, potest fortassis etprecibus impetrare interdum, sed ut auctoritate donare, aut regulariter imperare potest, non credo". ibid. p. 810. 33.) "Tria genera hominum vulgatissima divisio habet, quae in hoc continetur versiculo: Tu supplex ora, tu protege, tu- que labora. Et sunt clerici, milites et rustici". Synodalrede. Stockh. fol. 306. 34.) " ;"::7.erici·non sunt sicut ceteri hominum scilicet mili tes, quia clerici bella gerere non debent. 'Omnem enim', ut inquit apostolus, 'episcopum' et in hoc ipso omnem clerum 'non esse percussorem, non litigosum'. 1. ad Cor.3". (Diese Stelle irrtümlicherweise in der Handschrift für 1. ad Tim. 3,2) ibid. 35.) "Non etiam sunt clerici sicut ceteri.hominum, scilicet rustici, quia clerici sunt templo domini manicipati. Sic 'non.est equum', ut aijunt duodecim apostoli, 'nos dere- linquere verbum dei et ministrare mansis'. Actis VI. (2) Sic non est equum, clericos deferre templum domini et co- lere agros, amputare vineas et metere fruges, trutinare segets et alia huius modi' ibid. 36.) "Interpretatur enim phariseus: qui divisus erat, enim pha- risei divisi a plebanis quadam religione, quam et vesti- menta illorum re~resentabant, de eis enim aijt dominus Matth. XXIII. (5) 'delatant phylateria sua et magnificant fimbrias suas'. Clerus divisus esse debet a vulgo religi- one, quam et vestimenta representare debent". ibid. fol. 305v. 37. ) "Clerus est divisus a negociis secularibus ut domino mili- tet,et divinis instet laudibus et altario serviat et sit de sorte dominico". ibid. 38. ) "Potestatem habent elerici servientes altario de alterio vivere, recipientes oblata sponte, sed extorquandi oblati- ones potestatem clericos habere dominus non ordinavit". - 213 - Anmerkungen z. S.107 - 109 ibid. fol. 306v. 39.) "Alterum autem verbum clerum non tangit, quia clerus deci- mas recipere, non decimas dare constitutu~ est7 ut in c. decimas XVI q. I ait Pascalis papa". (Es wird dann die Stelle aus dem "Corpus iuris canonici" zitiert. Friedberg. 11. Teil Sp. 775.) ibid. 40.)"In sacris autem scripturis invenimus, quod deus statuit pacta cum hominibus et non mutnt sua vota propter pacta incidentia sicuti de sacramento altaris, si sacerdos fuit peccator et tamen dixit et voluit conficere, sacramentum conficit". Gutachten betreffs Ehe. Stockh. fol. 292. 41.) "Ecce, primus clericus (vorher hat Wesel ein Wort Jesu aus Matth. 11,29 zitiert) omnium clericorum magister et dominus atque clericatus institutor et clericorum elector humilis eati'", Synodalrede • Stockh. fol. 307v. 42.) "Ego de illo sentio, quod Greci non accipientes sanctionem de continentia caute fecerunt et hodie non obedientes Roma- no pontifici non peccant. Sentio etiam, quod pape et eccle- . sie non est data auctoritas faciendi preceptum quod Chri- stus voluit consilium". Briefwechsel. Ritter. S. 79 ff. 43.) "Tu enim sacro ordine es insignitus, cui annexa est casti- tas, hanc cum infringeris, sacrilegus eris". Synodalrede. stockh. fol. 301. 44.) ibid. fol. 306. 45.) "0 quam distat a cordibus clericorum nunc degentium hec salvatoris nostri doctrina. Cum in temporibus retroactis convenissent clerici in concilium altericabant et discep- tabant per multo. tempora de ordine et locatione aliorum". ibid. 46.) "Qui enim beneficium ecclesiasticum possidet propter quod- dam institutum officium, dum officium non explet iuxta men- tem et voluntatem fundatoris, bona sua recipit, quare rapit et vi tenet". ibid. fol. 306v. 47.) "Si ecclesias visitare propter recipere distributiones pe- cuniarum aut aliorum molimentorum temporalium iniustum sit, quia symoniacum, unquam totius ferme clerus est iniustus". ibid. 48.) "IlIum ignem concupiscentie extinguere voluit b. Francis- cus, qui religionem clericorum confinxit, quibus nullum opus erat huiusmodi iniustitie". ibid. 49.1 Seeberg. Dg. Ill. S. 585. 50. Clemen,· "Johann Pupper von Goch". S. 86. 51. Fizely, "Viessel Gansfort ". s. 61. 52. "Nam voventibus castitatem apostolus aijt, 'rntionabile obsequium vestrum'. (Röm. 12,1) et Sapiens aijt, 'displi- cet deo stulta promissio'." (Eccls. 5,3) Gutachten für Kartäuser. Stockh. fol. 287. 53.) "Quare secundum humanam scienciam videtur sic interpreto.n- dum verbum: 'qui potest capere', hoc est, qui didicit se aut non vexari aut purum a concupiscentia carnis multo tempore resisterc posse et non ledi, 'capeat', id est: voveat". ibid. 54.) "Voventibus castitatem illicitum est vota non reddere, quia dominus mandavit reddere post vota". Wesel zitiert Deut. 23, 21-23. ibid. 55.) B~rta hat privat Keuschheit gelobt, die Frage ist, ob sie sundigte, als sie heiratete • "Inde clarum, quod Berta mu- - 214 - Anmerkungen z. s. 109 - III tans propositum et contrahens peccavit. Sic itaque respon- detur ad primam questionem, quod Berta sine peccato non potuit contrahere matrimonium". Gutachten betreffs Ehe. Stockh. fol. 291v. 56.) "Eunuchos ergo itaque dominus praemiandos describit, qui cum naturali virtute genitalia uti, voluntarie abstinent propter salutem". Gutachten für Kartäuser. Stockh. fOl.287. 57. ) "An praedicaverit religiosis, l11onachis,monialibus aut be- giuis, quod non teneantur ad voti castitatis aut cuiscum- que alterius voti observationcm. Et an dixerit, quod religio non facit ad salut~m. Et an dixerit fratribus minoribus hoc verbum vel simile in effectu: non possum vos salvare in statu vestro. R-o. quod teneantur ad votorum observationem. Et se dixisse: Religio nullam salvat,. sed gratia dei. Item credit religionem esse viam ad salutem. Item dixit: quod, si ipsi non salvantur, quis tunc salvabitur?" R.B. Clement S. 168. 58. ) Clemen, "Johann Pupper von Goch". S. 174. 59. ) "Credo nutem stultam promissionem displicere Deo, sicut im- pia juranenta non obligare contra salutem. Sicut enim dicit Apostolus, 'propter incontinentiam suam nubendum', ita Do- minus Jesus propter inconstantiam infirmorum, in persecu- tione fugicndum de una civitate in aliam •.•" WesseI. Opera. p. 752. 60. ) "Sicut mediator dei et peccatorum sine peccato debuit esse, sic et mediatrix dei et .peccatorum debuit sine peccato. Mariam autem voluit deus mediatricem esse dei et peccato- rum, ergo voluit earnesse sine peccato". Gegen die Erbsünde. Stockh. fol. 293v. 61. ) Gegen Marienfeier. Stockh. fol. 296. 62. ) "•••hanc et hodie partem dico, assero et predico cum hiis, qui in concilio Basiliensi hanc confixerunt ccnstitutionem: 'Doctrina, que asserit v~rginis animam Marie sine peccato originali semper fuisse et actuali, est pia et consona cul- tui ecclesiastico, fidei catholice, recte rationi et sacre scripture'." Gegen die Erbsünde. Ritter. S. 87. "Est enim cultus ecclesiasticus quod celebratur festum conceptionis beatae virginis 8t6 ydus Decembris. De nullo autem ecclesia celebrat nisi de sancto, quare conceptio Marie, quae celebratur, est sancta. Non autem esset sancta conceptio nisi anima Marie quando fuit creata"et in carnem infusa fuisset sancta per gratiam gratum facientem. Anima ergo babens in sua conceptione gratiam, fuit concepta sine originali peccato". Gegen die Erbsünde. Stockh. fol. 293. 64. ) Briefwechsel. Ritter S. 66. 65.) "Magna, que fecit Marie deus, recolit christianitas in plu- ribus diebus per anni circulum, quos festive celebrat et ab operibus servilibus abstinet, ut possit vacare recognitioni et recogitationi magnorum, que fecit deus Marieu. Gegen Marienfeier. stockh. fol. 296. 66.) "Quartum magnum est, quod dominus evocavit magos ab oriente ~tell~ nove ductione, querentes natum regem Judeorum, qui 1nven1entes ilIum ad Mariam matrem eius prociderunt et ado- rav~runt et obtulerunt ei munera, quae recipit Maria mater reg1s. De hoc scriptum est Mata 2 et celebratur hec festi- ~as 8. ydus Januarii". 1::!.id.fol. 296v. - 215 - Anmerkungen z. S. 111 - 114 67. ) "Sextum magnum fuit ipsa beatificatio Marie, de qua non scribitur in evangeliis, quae clauduntur in ascensione Christi. Supervixit enim Maria post Christi ascensionem ut claret Actis primo (Act. 1,14). Celebratur autem de illo 18 bladas Septembris. Hoc autem magnum et si non habeat scripturam evangelicam, habet tamen festum in christianismo ex rationali causa, quam invenerunt patres primitivi, qui solent dici in ipsa sui assumptionis fe- stivitate". ibid. 68. ) "••• non sunt autem descripti dies, quando desponsatio, fuga et redditus facti sunt". ibid. 69. ) Buchberger, "Lexic.onfür Theologie und Kirche". 6. Band. Sp. 937. 70. ) "De Marie·praesentatione in templum, quando ipsa fuit triennis sive triennia, fit mentio in quadam scriptura ypocrifa. In qua scribitur qualiter Joachim et Anna post- quam sufficienter erat Maria ablactata, quam voverunt prius domino, praesentarunt iam in templum domini". ibid. fol. 297. 71. ) "Ex his scripturis et plerisque alijs potest manifestar:', solos viros a domino constitutos in servitium suum et in templi ministros, quare non putatur Annam vovisse filiam in ministerium templi nec Mariam contra domini ordina- cionem voluisse se emancipari servitio templi et per con- sequens scriptura de hac praesentatione est manifeste suspecta de falsitate". ibid. fol. 297v. 72. ) Seeberg. Dg. Ill. S. 789. 73. ) "Item credit, quod corpus Christi possit esse sub specie panis manente substantia panis. Item credit, quod sub specie panis in vencrabili Sacramento Eukaristie sit to- tus Christus cum corpore, sanguine et divinitate. Et si- militer sub specie vini post consecrationem". R.B. Clemen. S. 170. 74. ) "Demum adducitis: 'Laycus, quare communicare non debeat sub utraque specie'. etc. Si queritis, respondeo sicut prius: 'Quia papa vetuit'''. Briefwechsel. Ritter. S. 80. 75.) "Quod si fuerit verum, quod non est nec ostenditis, sacra concilia papam faciunt hereticum, qui de manu sua communi- cat laycos sub utraque specie. Probatur: multo tempore layci sub utraque specie communicabant, et si semper pecca- bant mortaliter, totam ferme ecclesiam destruitis". ibid. 76. ) "Et quod omnium est gravissimum: absque peccato quemlibet posse sub utraque speoie communicare". (Johann von Lutter an WeseI.) ibid. S. 64. 77. ) In diesem Abschnitt ist alles das zu behandeln, was Wesel ferner ablehnte und noch nicht bei der Besprechung von Ablaß, Papsttum usw. erörtert wer4en konnte. 78. ) R.B. Clement S. 166. 79. ) "Christus numquam institu1t aliquid ieiunium, nec prohi- buit quemcumque cibum quocumque die, sicut carnes". Paradoxa. Grathius. ·fol. CLXIII, D. 80. ) "Item nullam orationem docuit, (d.h. Christus) nisi domi- nicam, neque mandavit sacct'dotibus canere vel legere sep- tem horas canonicas, i~m longas, iam breves matutinas. Sic Missa iam est gravata in Christianitate. Dum enim beatus Petrus legeret Missam praemisso solo Pater noster, conse- - 216 - Anmerkungen z. S.114 cravit, et se et alios communicavit, tunc fuit expeditum, nunc vero oportet sacerdotem stare in Missa ad horam vel ultra, sustinendo frigus, quod noceat ei ad annum vel ampli- us. Et sic homo interimit seipsum." ibid. 81. ) "Ad interrogationem huius videlicet: Quid sentiat de conse- cratione altarium, calicum, cereorum, palmarum, herbarum et aque benedicte et aliarum rerum inanimatarum. R-o.: credit, quod nichil virtutis spiritualis seu efficatie habeant ad effugandum demones et pro remissione venia1ium peccatorum". R.B. Clement S. 171. 82. ) "Sacrum oleum est sicut alius oleum, quod comedis domi in offa". Paradoxa. Grathius. fol. CLXIII, D. - 217 - Anmerkungen z. S. 115 - 117 5. Die Astronomie und die Astrologie. 1. ) BoIl, "Sterng1aube und Sterndeutung". S. 38. 2. ) Vischer, "Basler Chroniken". III. S. 228 u. S. 251. 3. ) "Verum.mu1ta astrorum. pericula possunt intercepi per pru- denciam et consilia". ibid. S. 252. 4.) BoIl, "Sternglaube und Sterndeutung". S. 39. 5.) Pruckner, "Studien zu den astrologischen Schriften des Heinrich von Langenstein". S. 2. 6. ) Gegen die Astrologie. Ritter. S. 83. 7.) "Hoc principium habet notitiam suam ex experientia 1icet longa habita per eos, qui insistebant cognitioni motus ipsarum planetarum". ibid. fol. 288v. - "Astra moventur. Hoc principium est sensu clarum, quare nulla eget ulteri- ori probatione". ibid. 8.) "Astra sunt cor,ora opaca per que species visibilium trans- ire non possunt~ quod commentator in 'de celo et munde' dicens: Stella est densior pars sui orbis". ibid. - Dazu Ritt~r. Studien. III. S. 83. 9. ) ibid. 10. ) "Hec et.plura alia et horum similia sciuntur vera sciencia astrorum, que reperitur ex tabulis desuper ordinatis et exponuntur vocabula tabularum per theoricas planetarum Gerhardi Cremononsis et Campani et Thaddei de Parma etc.". ibid. fol. 289. 11. ) "Omnium praescriptorum veritatem fore in sciencia astrorum nemo dubitabit, nisi qui penitus rudis et ignavus cxistat." ibid. 12. ) "Et hec astra vacate sunt stelle erratice quia quasi erran- tes moventur. Nunc enim propinqui sibi sunt, tunc distantes, nunc ante moventur, tunc retro, nunc elongantur a terra nunc appropinquant et sunt in ueu nunc communi planete vacate hec astra". ibid. fol. 288. 13. ) "Cuius causa est quod quoddam planum hoc est superficem longam et latam comprehendunt in suo motu, hoc planum Zodyacum dixerunt." ibid. (Diose Deutung des Wortes "Planet" zeigt, daß Wesel kein Griechisch gekannt hat.) 14.) "Et pro clariori verificatione dictorum est experientia quod si in hyeme abscindatur virgultum arboris et estuario temperate calido imponatur atque rigetur, ipsum floret et filia producit quantumcumque sol fuerit in signis frigidis vel hymalibus ut dicunt astrologi". ibid. fol. 289v~ 15.) Wesel schließt aus dem 'vVort"mus'to pleni sunt" (Act. 2,13) ~ daß die Traubenernte in Palästina zu Pfingsten bereits stattgefunden hatte. ·ibid•. 16. ) "Ipse autern dqco lunam nequaquam esse causam fluxus et re- fluxus maris, quod probatur tarnenquia si luna foret huius causa, necesse esset causa naturalis agens equaliter in omnia equaliter obiecta sed omnes aque sunt equaliter obiecte luna". ibid. fol. 291. . 17.) "Uuius autern (sicut hiis videtur) scientie fundamenta sive principia sunt: Diversitas naturarum et complexionum pla- netarum, differentia signorum Zodiaci secundum qualitates et influxus eorum, et actio planetarum sive astrorum in hec inferiora n • ibid. fol. 289. - 218 - Anmerkungen z. S. 117 - 119 18. ) "Nulla qualitas preter lucem est in astris celi". ibid. Ritter. S. 84. 19. ) "Item non potest dici, quod signum det accionem astris, quod nihil dat quod non habet". ibid. fol. 289v. 20. ) "Nulliumsignum Zodiaci est calidum, frigidum, humidum aut siccum, masculit1.Um,femininum, estivum, hiemale, vernale, autumale aut aliud huiusmodi". ibid. Ritter. S. 84. 21. ) "Significationes partum corporis attribute signis Zodiaci sunt voluntarie sine utilitate et effectu institute". ibid. fol. 290. 22. ) "Astro sicut non necessitant inferiora sic nee inclinant ea". ibid. Ritter S. 84. 23. ) "Judicia ex constel1acionibus circa hominum infirmitates sunt contraria scienciae physicae, quae alia nomine medi- cina vacatur". ibid. fol. 290. 24. ) "Astra celi nullam habent in inferiore accionem preterquam i11uminacionem. Hec conclusio, que est repulsiva multorum dictionem. Hec conc1usio, que est repulsiva multorum dic- tionum per astrologos probatur primo auctoritate sacre scripture. Gen. 1 (14) •••" ibid. fol. 289v. 25.) Wesel hat Ezech. 32,7 zitiert: "Non aijt cessare fatiam ab actione stellas celi, non aijt solem impediam ab agenda et influendo, item non aijt lune non dabo influxum suum". ibid. fol. 290. 26. ) "Claret ex hoc textu practicas huius magice artis et divi- nationis esse sceleratas et ex dyabolia instigatione con- fictas". ibid. foIe 290v .. 27. ) "Dyabolus enim ex superbia sua deiectus de loco beatitu-' dinis in odium prorupit dei et humane salutis, unde machi- nabatur detrahere henorem dei et sibi eum usurpare et ali- cere homines ut, quod dei est, creatis stellis attribuerunt". ibid. fol. 290v. Wesel sagt dann, Isidor meinte dasselbe in seinen Ethymologien. (Migne. P.L. 82. Sp. 310 ff.) 28. ) Auguat ä n , "De doctrina cnrd ati ana", II,;Buch. cap 0 XX u, XXIII. (Migne. P.L. 34. Sp , 50 u , 52 ff.) - 219 - Jtnmerkungen z. S.120 - 123

Johann von Wesel und die geistigen Strömungen seiner Zeit.

1. Die geistige Entwicklung und die B8einflussung Johanns von WeseI.

1.) Da die Quellen viele Lücken lassen, müssen in diesem und in dem folgenden Kapitel bereits behandelte Anschauungen WeseIs erneut herangezogen werden, um weitere Erkenntnisse und Zu- sammenhänge deutlich werden zu lassen. 2.) "Et opiniones 11lae (d.h. die des Thomas von Aquino, des Petrus von Tarentaise und des Franziskus Mayronis) in Scho- lis disputantur (dafür S. disputeantur) etiam temporibus hiis, quibus ego Joannes de Vesalia in humanis degi (dafür S. dego). Qui et ipse, in scholis militans ad quaestionem de valore indulgentiarum, ut pronunciantur et approbatione divina, responderim, adfirmans ipsas, earumque (S. - que) valoram et divinam adprobationem. Quia ut discipulus credi- di leviter (S. + de) doctoribus meis". Disputatio. Waleh. p. 114. 3.) Ritter, "Romantische und revolutionäre Elemente in der deutschen Theologie am Vorabend der Reformaticn". DVjhsL. 1927. S. 350 ff. 4.) "Quanquam, patres prestantissimi, cogor confitere, quod non sum Christus, sum tamen, scio, positus in signum, cui son- tradicetur". Synodalrede. Ritter. S. 104. - "Sum etiam con- trariis contrarius pluribus clericis in quibusdam causis posterius dicendis in deductione sermonis, hiis sanc impro- perabo peccatalegis divine et eosdem infamabo de leccatis discipline sue". ibid. Stockh. fol. 305. 5.) "Interrogatur, 'quando ceperit sentire articulum de spiritu sancto. R-t.: credo, quod sex anni sint, dubitavit tamen quantum temporise Item iuravit ad sanata dei evangelin se sic sensisse ad annos praedictos". R.B. Clement S. 172. 6.) "Et vos ipse sepius in scolis protestatus estis nihil dice- re i~i aut assere velle sancte Romane ecclesie aut doctori- bus ab ea approbatis dissonum". Briefwechsel. Ritter. S. 71. 7.) ibid. S. 78. 8.) "Ego enim cum actione graciarum deo redditarum ex hiis di- dici me esse et esse debere atque velle professorem sacre scripture, quam etsi non in plerisque partibus intellexero, sum tamen eius professor captivansque intellectum neum in obsequium Christi et intelligentiam autoris sacre scripture, qui est spiritus sanctus •••". Briefwechsel. Ritter. S. 68. 9.).Seeberg, Dg , Ill. S. 586. .. . 10.) Wesel zitiert in dem Traktat über die unbefleckte Empfangnls Mariae und das Wesen der Erbsünde (Ritter. S. 87) die die unbefleckte Empfängnis Marine betreffende Konstitution des Baseler Konzils. (36. Sitzung von 1439.) . 11.) Trithemius zählt unter den Schriften Johanns von Hagen auf: "Contra errores Bohemorum li.I, ad episcopum Ratispononsem contra eosdem. li,4 ••• de cummunicatione sub utraq~e specie. lib.I. De auctoritate pape in concilio. lib.I"t' - 220 - Anmerkungen z. S. 123 - 127 (Trithemius. "De script. eccles". p. 160.) 12.) "Johannes Kanneman, ordinis fratrum minorum, vir in divinis scripturis studiosus et eruditus •.• Hic de potestate eccle- 'siastica aliter sensisse dicitur quam debuit, unde multorum contra se ingenia provocavit". ibid. p. 158. 13.) Haupt, "Die religiösen Sekten in Franken vor der Reforoa- ·tion". S. 24. 14.) Haupt , "Hussitische Propaganda in Deutschland" • HTb. 7.Jg. 1889. S. 238 ff. 15.) W.A. Briefe 2. Seite 261 ff. 16.) Velenus. "In hoc libello •.•" fol. Aij. 17.) Ritter. Studien. Ill. S. 31. 18.) "An sit credens, fautor vel episcopus Bohenorun. R-o. non". R.B. Clement S. 167. 19.) "An fueri t cum eodem Boheme Nicolae aliquando conversatus in domo sua aut alibi et quotiens. R-o.: credit et fatetur se cum eodem Nicolao fuisse conversatum de medicinis ·et cOI!l.IDunionesub utraque specie in Maguntia et Wesalia, et dixit, quod tunc ipsum Nicolauo ex evangeliis evicisset". ibid. s. auch S. 1) ff. 20.) "Hic (d.h. WeseI) habet sociun, qui in Basilea fuit et se nominavit·comiteI!l.de Sternenberg in Bohemia". Vischer. Basler Chroniken. S. 227. 21.) "Eodem tempore Colonienses habent decem et septem oi11a soldatorum, et dominus de Sternenberg in Boher.J.iafuit ibideI!l...." ibid. S. 109. 22.) "Num vidisti ,BoheI!lorumnumerorun Nicolaun? Vlesalianus: (mit dem Konrad Hcnsel gemeint ist) Novi, vidi alloquutus sum homineI!l.et eiden fanilariter conversatus". Wirt. Dialogue. fol. VIv. 23.) Da Konrad Knebel (Basler Chroniken. S. 227) und Wiegand Wirt (Dialogue. fol. VIv) dieses unabhängig voneinander berichten, ist an der Glaubwürdigkeit nicht zu zweifeln. 24.) Gregor von Heimburg legte bei aller Opposition Wert darauf, zu erweisen, daß er sich von der Ketzerei des Johann Hus unterscheide. Joachimsohn, "Gregor Heimburg". S. 235. 25.) Johann Pupper van Goch starb nach 1475 als Leiter des Augustiner Kanonissenklosters zu Thabor bei Mecheln. Über Gochs Leben ist kaum etwas bekannt. R.E.3 Band 6. S. 741. 26'j Ritter. Studien. III~ S. 28. A. 2. 27. WesseI. Opera. p. 920 ffq 28. "Audisti periculun venerabilis illius viri, Magistri Joan- nis de Wesalia, CUjUD tanetsi, ut crebo ex me audisti t~I!l.en, exorbitantes illae et populo scandalosae absurditat~s d1s- pliceant erudi tio tamen et peracre ingenium ojuamodd, est, ut virum ilIum nequeam non amare, aut casibus ejus non con- dolere". ibid. 29.) "Saepe ego veritus in eo inconsideratam et temerariam eius loquutionem, que licet Scholastice subtilitatis, et for- tassis non numquan aliquid Catholice veritatis haberet, ea tamen in vulgus indoctum et non capacen plebem proferri cum gravi simpliciun scandalo, prorsus odiosum". ibid. 30.) v , Rhijn, IIVlcsselGansfort". S. Ill. 31. ),Acquoy, "Het Klooster te Vlindesheim en zijn Involoed It • Band Ill. S. 112 ff. - Von Beziehungen zwischen Kirsch- garten und Zwolle berichtet Acquoy nichts7 32.) Das Nähere zu desson Chronik und dessen Nachrichten über - 221 - Anmerkungen z. S. 127 - 128 WeseI. s, s. 1:;7. 33.) "Post tempus igitur de consilio nostro ad Zwollis missus est (von einem bekehrten Juden ist die Rede) et in brevi multum profecit, mandatumque fuit nobis per patres Zwol- lensas, quod nunquam esset bonus Christianus futurus, si- cut et factum est". 'BOUD. Monumenta Woroatiensia. S. 90. 34. ) v , Rhijn, "Wessel Gansfort". S~ 108. 35.) Fizely, "Wessel Gansfort". S. 19 ff. Wessel. Opera. p. 886. 36.j37. Mestwerdt, "Die Anfänge des ErasDus". S. 86. 38. ibid. S. 147. - 222 - Annerkungen z. S. 130 - 131

2. .Die Persönlichkeit des Johann von Wesel und der Ausgangspunkt seiner Anschauungen.

1.) "Oro, (autem) ut, si quid in responsis, quod sacre fidei in canone insitum est, incunctanter credas; quod aute~ preter canonicas scriptas fidei probaciones causa dixero, nisi ve- rum fuerit et tibi cognitu~ verum, firnum non censeas et ipsius infirmitaten, CUD opportunitas affuerit, me non desi- nas edocere". Gutachten für Kartäuser. Ritter. S. 81. 2. ) "Hie sepius praedicans dicere solebat: Augustinus hoc dicit Ego autem aliter dico, Augusti~~~ ~uid fuit? doctor? Ego quoque sum doctor". Wirt. Dialogue. fo1. IIIIv. - Wenn Wirt dieses auch etwas überspitzt darstellte, UL1 die "superbin" des Ketzers herauszustellen, so hat er, wie es auch sonst deutlich wird, WeseIs Selbstbewußtsein durchaus richtig charakterisiert. Wesel hat eine Charakteristik der Astrologie gegeben und ihre Prinzipien dargelegt; bevor er seine Entgegnungen nit- teilt, sagt er: "Contra quae (d.h. Prinzipien der Astrolo- gie) si habeant autores quantu~cuu~ue insignes, senciens dico ea, quae vera videntur" • .Gegen die Astrologie. Stockh. fol. 289. 4.) Am Anfang der Disputation gegen den Ablaß und zu Beginn des Traktates gegen die Astrologie betont Wesel ausdrücklich, daß er als Doktor und Professor der Heiligen Schrift ant- worten wolle. (Walch. p. 114 und Ritter. S. 83.) 5.) Hermelink, "Die religiösen Reforubestrebungen des deutschen Humanismus". S. 15. 6. ) ibid. S. 21. 7.) Ritter, Studien. Ill. S. 16. - 223 - Anmerkungen z. S. 133 - 135

V. Kapitel. Die· Beurteilung Johanns von Wesel vonseinen Zeitgenossen. ( 1472 - 1517 )

1. Johann von Wesel und seine Zeito

1. ) R.B. Clement S. 168. 2.) "cum hodie sint in Vlormacia vel in Moguntia, qui hec (d.h.. die Leugnung der Erbsünde) et ~pliora ex eius ore se fre- quenter audivisse pUblice fateantur", Wirt. Dialogus. fol. VI. 3. ) Wesel in seinem Brief an Bischof Reinhard I. von Sickingen: "contra deurn.,omnen iusticiam et tue anime salutew diffa- masti me de errore habito in materia fidei, qui in me nun- quam fuit teste deo et conscientia mea nec in ser.conibus meis canieotari potuit ••• tu autem dixisti fanam ne accusa- re de errore in materia fidei". C1emen. DZG. 1898. S. 152. A. 4. 4. ) Den Anlaß zu dem Briefwechsel bildete ein Gespräch mit Jo- hann von Lutter über die behandelten Fragen. Briefwechsel. Ritter. S. 64. 5. ) Nach Aufzählung der von ihm verfaßten Schriften in Verhör heißt es: "R-o: Credit se scripsisse et :I:lultisdoctis com- municasse, ymmo tractatUD de ieiunio oisisse episcopo Worma- ciensi". R.B. C1emen. S. 166 ff. 6. ) In der Relation B werden außer Mainz ferner Koblenz, Wies- baden und Oberwe"-sel als Orte gena~nt, an denen Wesel gewe- sen sein soll. R.B. Clemen. S.·167 u. 168. Synodalrede. Stockh. fol. 305. 8.7.j Boos. Monumenta Woroatiensia. S. 87. 9. "Sed laycus quare co~unicare non debeat sub utraque specie etc. dicitis quod meum. sit probare: dico ergo, quod nullius est probare, cuius oppositurn.sacra concilia expresse tanqua= hereticum reprobaverunt et condemnaverunt". Briefwechsel. Ritter. S. 72. . R.B. Clement S. 169. lO·l11. R.C. bei Ritter. Studien. Ill. S. 39. 12. Schon früh finden sich evangelische Regungen in Mainz, sie werden jedoch nie in Zusammenhang mitder Wirksankei t Jo- I hanns von Wese1 gebracht. 13. ) Clement "Über Leben und Schriften Joh[~nns von WeseI" D DZG. 1898. S. 145. A.2. 14. ) R.A. Grathius. fol. CLXVlv. 15.) Winkelmann, "Urkundenbuch der Universität Heide1berg". I. Nr. 131. (S._191.) Das Antwortschreiben lobt den Erzbischof wegen seines Eifers.("hac opera ••• admirabi1em precipue neretur honoreo, decus immensum, glorian senpiternam"~) ibid. Ur. 132.(S.191.) 16. ) Gud enue , "Codex Diplomaticus sive .Anecdotorun"e Ton. II. p. 753. 17. ) Boehner, "Fontes Rerum Gernanicarun". 4. Band. Stuttgart. 186B~ S. 390. 18. ) Geboren zwischen 1414und 1416. Vischer. Basler Chroniken. Ill. S..583. 19. ) Am 12. Juli 1447 ~~r10 Kn~bel Ka~lan an der Katharinenkapel1e • in Basel. ibid. S. 585. - Er spracrn. vor, d:::~_ "s"111tflria - 224 - Anmerkungen z. S. 135 - 139 sacri Basiliensis concilii decreta"~ ibid. II. S. 387. 20. ) "Papa mittit nuncios suos contra Christianos, ut expugnen- tur, et permittit Thurcum invadere Christianos, mira res, papa vult pocius QUO cardina1ibus perire, quam ut convoce- tur generale conci1ium et fiat reformacio, unio et pax in ecclesia dei". (Zum 280 Juni 1479) ibid. Ill. S. 2590 21. ) ibid. S. 255. 22. ) ibid. S. 170. 23.) ibid. s. 47 ff. 24. ) Es ist von Albrecht von Brandenburg die Rede~ der einst ein Heer sam."nelte,"dun regnuo Bohenie fuisset in errore Husi- tarUIa". ibid. S. 203. 25.) Es ist Nikolaus von Böhmen. 26.) ibid. S. 227. - Über Wesel ausführlich: ibid. S. 230 - 233. 27.) Der Wortlaut des Widerrufes entspricht dem in R.B. und R.C. Bei Knebel fehlt: "vo10 et me submittere, queosdmodum nunc me submitto sancte matris ecclesie mandatis et onniuo docto- ~~informationi. Et poenitentiam nichi iniungendun suffere vola". R.B. Clemen. S. 172 und R.C. Clm. 443. fol. 195v. Da Knebel sonst ausführlich über Wesel berichtet, wird er bei dieser wichtigen Stelle nicht gekürzt haben, sio lag ihm wahrscheinlich in dieser Form vor. 28. ) Knebel gibt in seinem Tagebuch nie seine Quellen an. 29.) Vischer. Basler Chroniken. Ill. S. 227. 30. ) Voran geht ein Abschnitt über den 16. Oktober 1479. 31. ) Die Chronik ist auf weite Strecken Kopistenarbeit, erst gegen Ende des 15. Jahrhunderts wird sie selbständiger; zwischen 1501 und 1502 hat der VGrfasser die Arbeit auf- gegeben, er starb wahrscheinlich bald danach. Boos~ Monuments Womattcnsia. S. XXII. 32.) ibid. ~. 87 u. 88. ll 33.) Clemen, "Über Leben und Schriften Johanns.von Wesel • DZG. 1898. S. 147. A~ 1. 34.) Nach der Bemerkung, Wesel habe viel Unangebrachtes gepre- digt, fügt der Mönch m.nzu: "quod utique negari non potest". Boas. Monumcntu WOI'natiensia..S. 88. Dieser Ausdruck kann darauf hindeuten, daß dar Verfasser bei den Predigten selbst zugegen war. 35.) "Alii asserunt, eun ex invidia sibi Dulta falsa inposita· fuisse". ibid. S. 87. Nichts anderes behaunteten die Ver~ teidiger WeseIs. (Wirt. Dinlogus. fol. II.) Knepper, !'JakobWinpfeling", S. 43. 36'l37• Ediert von M4 FreheI', Frankfurt. 1601. 38. Trithenius1 "Chronica insig~a duo". (lI. Coenobii Spanhei- mensis) p. 391. . 39. ) Trithemius, "Annalium Hirsaugünsiun Ton. 11." p. 502. 40. ) Auch Trithenius zitiert sinngemäß W~sels Satz über den Grund dor Einrichtung des Fastens durch Petrus. ibid. p. 501. 41. ) In der Rei~enfolgc völlige ÜbercinstiTh~ung bis Art. 6. Dio zweite Hälfte von Art. 6 in der Sponhciner Chronik ist in den Hirsauer Lnnalen zu einen siebenten Abschnitt erweitert worden. Dann bei verschiedener Zählung wieder gleiche Rei- henfolge bis Art. 9, den letzten der Sponhoimer Chronik. In Bezug nuf den Wortlaut hat Trithonius in den sptiteren Hirsauer Annalon Erweiterungen vorgenor:u:lcn" 42. ) "Oetavus articulus ~ Quod ex+rcna unct i.cnon sit Saor~l'JfmtUIJ, qui.anon per Chris tun SEd. per horri.ne s sit institutu, sed sit - 225 - Anoerkungen z. s. 139 - 141 oleUI:let manet oleun sicut antea fuit". Chronicon Sponhenonse. p. 391. 43. ) "Annalium Hirsaugensiun Ton. 11. p. 501 - "Iten dixit, Eß jst nun nehr schwer Christen zu syn". Paradoxa. Grathius. fol. CLXIII. 44.) Trithenius hat diese Stelle nit einer anderen der "Paradoxa" kOI:lbiniert,in der Wesel in ZusanDenhang nit deLlFasten und den Bußleistungen sagt: "Sie gravata est Christianitas per humanas leges et constitutiones". ibid. 45.) Annalium Hirsaugensium Tom. II. p. 502. - Wesel bespricht in dem Traktat gegen die Feier der Darstellung Mariae 1m Tempel allein acht Marienfeste, er hat also nicht allein den Sonntag gelten lassen. 46. ) Chronicon Sponhemcnse. p. 391. 47.) Annalium Hirsaugensiun Tom. II. p. 501. ibid. p. 502. 49.48 'j ibid. p. 501. 50. Viel schärfer urteilt der Autor über den Pfeifer von Niklas- hausen. ibid. p. 486 ff. 51. ) ibid. p. 501. 52.) "Erat enim solemnitas gloriosissimae et immaculatae virgi- nis Mariae, quae absque peccato originali conceptc ab eccle- sia pie et firmiter creditur, quamquam sunt nonnulli huic pietati contradicentes". Hodoporicon. fol. 40v. 53.) Der Abschnitt über Wesel von Böcking vollständig (Rutteni Operum. 11. S. 502) ediert. In der Bonner Handschrift steht er fol. 79v. Im Gegensatz zu den Männern, die Butzbach außerdem noch behandelte, fügte er am Ende der ~usführungen über Wesel kein Verzeichnis der Werke auf, da diese nach seiner Auffassung sämtlich verbrannt wurden. 54. ) Das Buch ist am 1. April 1506 abgeschlossen. Butzbach, "Chronik eines fahrenden Schülers oder Wanderbüchlein". S. 215. 55.) Wesel wurde "per quendan bohemum de Aquisgrano redeunten ad Bohemian adductus et eorun articulis infectus, eosdem in libris suis, quos plures adidit, inseruerat •••" Butzbach, "Hodoporicon". fol ..22. 56.) "Sunt qui eum tanquan heresiarcham multo vituperio affi- ciunt ut wigandus ille. Sunt qui eun ecian laudant". Böcking. Hutteni Operum. 11. S. 502, In dem "Auctarium de script. eccl." fol. 67 findet sich ein Abschnitt über Wie- gand Wirt. Butzbach führt unter dessen Schriften UA B. den "Dialogus Apologeticus" an und berichtet von den Angriffen Wirts gegen Johann Trithcmius. 57. ) Butzbach berichtet über Savonarola; "Hunc ~lexander 6us tanquam hereticum igne consumavit, quem tanen hodie non- nulli sanctum non dubitant cum deo regnare astipulantes eum de invidia magis quam ex iustitia exterminatum fu:isse". Kraft, "Mitteilungen über Alexander Hegius ••. aus den Werken des Johannes Butzbach". Zeitschrift des bergischen Geschichtsveroins". 7. Band. 1871. S. 277. - In der Bonner ~andschrift: "Auctarium de script.eccl." fol. 83. 58.) U~er den ursprünglichen Besitzer der Stockholmer Handschrift laßt sich nichts Genaues sagen, auch nicht darüber, wie sie nach Stockholm gekonmen ist. 59.) "Quamquam hec sunt vera, tamen non assumuntur in praxi ecclesie". Ritter~ Studien. Ill. S. 86. - 226 - Anmerkungen z. S. 141 - 142 60. ) "Magister Wesalia, cuius faI:l.acelebris est in Erfordensi gyrmasio". Bei Paulus, "Der Augustiner Bartholomäus Arnoldi von Usingen, Luthers Lehrer und Gegner". Freiburg i.Br.1893. S. 9. A. 3. (Die Ausgabe der philosophischen Schrift Usin- gens von 1543, die mir allein zugänglich war, enthielt die Stelle über Wesel nicht mehr.) . 61. ) ibid. ~. 10. 62.) Usingen, Collectanea. M.ch.o. 34. fol. 69-71. Die Über- schrift: "Disputatio per literas de duabus theoricis Lutriae et Wesaliae, quas Wesalia asserit. Quarum la est: nec·papan nee concilia quidquam sub peccato mortali posse precipere aut statuere sed dUI:l.taxatsub temporali cohertione. 2u est: nee paparn esse vicarium Christi." Die Briefe ¥Vesels sind viel ausführlicher wiedergegeben als die Lutters. Eine eige- ne Stellungnahme Usingens findet sich nicht. Usingen, Collectanea. fol. 182v. Die Überschrift: "Joannes de Wesalia Doct. theol. Erfurdensis, praedicator saecularis in diversis locia, Bohenis cor.rrnunicavit,Cuius errores Mo- guntiae condemnati sunt sub Frederico inperatore tertio. Confessus autern fuit proprio ore in judico illos errores". Die anderen Auszüge aus deo Ketzerkatalog des Bernhard von Luxemburg sind meist sehr kurz gehalten, bei ~esel hat Usingen fast alles übernommen, es wird daran das besondere Interesse Usingens an Wesel deutlich. 64. ) ibid. fol. 177v" - 227 - Anmerkungen z. S.143 - 146 2. Johann von Wese1 und der Streit un die unbefleckte 'Empfängnis Mariae. 1.) Bei Mirbt, "Quellen zur Geschichte des Papsttums un des römischen Katholizismus". 5. Aufl. 1934. s. 243. 2. ) Ritter. Studien. Ill. S. 46. 3. ) Steitz, "Der Streit über die unbefleckte Empfängnis der Maria zu Frankfurt a. M. in Jahre 1500". Archiv f. Frankf. Geschichte. N.F. 6. 1877. s. 4. 4. ) Lauchert, "Der Dominikaner Wiegand Wirt und seine Streitig- keiten". HJb. 18. Band. b. 759 ff. 5.) Der Vikar an dem Bartholomäusstift in Frankfurt Eberhard Brun bezeugt in einem Verhör des folgenden Prozesses, er habe mehrere Predigten Wirts gehört, in denen dieser derar- tige Aussagen machte. Steitz a.a.O. S. 20. 6.) Nach Aussagen eines zweiten Zeugen. ibid. S. 21. 7.) Aussagen des Eberhard Brun. ibid. S. 20 u. 21. Lauchert, a.a.O. S. 769. 9.8 'j Ritter. Studien. Ill. S. 49. 10. Die Identität von Wiegand Trebellius und Jakob Wimpfe1ing ist nachgewiesen von Nikolaus Pau1us in dem Aufsatz: "Wimpfelingiana". (ZGORh. N.F. 18. 903, S. 46 ff.) Gerhard Ritter entging dieser Aufsatz, deshalb kam er in den "Studien". Ill. in Bezug auf die Relation A und die Stel- lung Wimpfelings zu anderen Ergebnissen. (s.S. 14.) Pau1us, "Wimpfelingiana". ZGORh. N.F. 18. 1903. s. 49. 11'j12. ibid. 13. Von Burchard steht fest, daß er am 30. September 1502 mit Wimpfeling in Straßburg "eine geheime Unterredung hatte. ibid. 14. ) "••• ab illo enim non nisi importune ac cum multo fervore quaerebatur. Crederit? nec, nec?" Concordia curatorum fol. bij. 15.) "P1ur1mns articulos ab cmulis sibi iniunctos se nunquam predicasse negaret, quosdam tanen creditur neque fidei neque bonis moribus adversarii". ibid. 16.) "••• quod secularis doctor, quod modernus, quod Marsilianus quod non indisso1uhiliter solius Thome dictis inherens iudicaretur". ibid. 17.) ibid. fol. bijv. 18.) "••• qUia grandevus, quia decrepitus, quia infimus, quia menoriae et ingenii viribus destitutus •••" ibid. fol. bij. 19. ) "Etas sua maioren honorem, infirmi tas naf.o rem pietatem, vitae honestas maioren compassionem merebatur". ibid. 20. ) ibid. fol. bijv. - Die Stellung Bertholds von Henneberg zu Johann von Wesel ist unbekannt; an den Prozeß hat er wahr- scheinlich nicht teilgenotITJen,da er wegen Streitigkeiten mit Diether von Isenburg von Winter 1478 bis zum Sommer 1479 von seiner Domdechantenwürde in Mainz beurlaubt war. Ziehen, "Mittelrhein und Reich in Zeitalter der Reichsreform". S. 206. 21.) Trebel1ius. Concordia. fol. b. 22. ) "Quis nisi ipse humani generis inimicus istan seDinavit zi- zaniam inter philosophos et Theologos precipue christanos ut tanto. sit dissensio animorum diversa opinantes". ibid. fol. b V. 23.) ibid. foIe biv. - 228 - Anmerkungen z. S. 146 - 150 24.) R.A. Grathius. fol. CLXIIII. 25.) "D~~pto.solo articulo de processione spiritus sancti, in ~11Js.v1detur non ita gravi censura fuisse castigandus, si 1ndut1ae datae fUissent, si consultores ei fuissent adhibi- ti, si non omnes uno solo dempto, fuissent de via realium". ibid. fol. CLXVIv. 26~) "Huius Doctoris Johannis de Wesalia examini et inquisitioni interfui ego ipse qui haec scribo in Moguntiaco, sub Arcb.:".~- piscapa domino Diethero de Isenburgo, qui ad se vocaverat Theologos Heidelbergenses". ibid. 27.) Auf eine spätere Erweiterung von R.A. weist auch das Fehlen der betreffenden Abschnitte in der R. C. hin. Der Text von R. C. macht nicht den Eindruck, als ob Hartmann Schedel die Zusätze für entbehrlich hielt und deshalb ausließ. 28.) s. S. 228 A. 26. 29.) Wenn in der R. A. zunächst der Name Bertholds von Henneberg gestanden hat, muß der Anschluß: "qui ad se vocaverat Theolo- gas Heidelbergenses" anders gelautet haben. Schwierigkeiten bereitet in jedem Fall: "in Moguntiaco", da Wimpfeling weder zwischen 1479 - 1482 noch 1503 - 1504 längere Zeit in Mainz . war. Vielleicht ist es ein Zusatz des Herausgebers, der ge- macht wurde, um die Glaubwürdigkeit der Relation A zu er- höhen. 30. ) Ein Exemplar in der U. BftFreiburg. 31. ) "Nec ego melior sum Joanne Gerson, Joanne de Wesalia, Jo- anne Capnione, qui talia sustinerunt". Vorrede zu der Schrift: "Modus predicandi subtilis ...." des Stephan Hoest. Rückseite des Titelblattes. 32.) Die Schrift ist teilweise ediert von Englert unter dem Titel: "Catalogusarchicpiscoporum Moguntinensium". Aschaffenburg.1882. (Ein Exemplar befindet sich in der Stadtbibliothek Mainz.) Die Stelle über Wesel"ist vollstän- dig in Ritters "Studien. 111." S. 53. A. 1 abgedruckt. 33. ) Englert. ibid. S. 8, 34.) "Ne~ tamen iudicium illud tamquam iniustum neque Heinricum de elten inquisitorem carpisse velim, sed et Dietheri matu- rum in sacrosanctum Romanam ecclesiam zelum apprime laudo". Lbf.d , S. 29. 35.) Ritter, "Die Heidelberger Universität". Ia Band. S. 485. 36.) 1. Teil: fol. I - X:.::,:,:~2" Teil: fol. XIIIv - XXIIIv; 3. Teil: fol. XXIV - XXXIX. 37.) Ein Exemplar in der Stadtbibliothek Mainz. 38.) Wirt.Dialogus. fol. XXIX und fol. XIV. 39. ) In dem Dialog erscheint er unter dem Pseudonym: "Hasso senior". fol. IV und öfter. Hensel stammte aus Kassel. 40. ) ibid. fol. XXXVIIIv. 41.) ibid. fol. Xlv. - Wirt weist als Entgegnung darauf hin, daß dann Hensel und seine Anhänger die heilige Anna, Cecilie, Catharina usw. mit dar Hundsblume der Erbsünde entehren, weil sie von diesen nicht behaupten, sie'seien ohne Erbsün- de empfangen. 42.) "Itaque si conditionem scire velis, illius magni Johannis wesaliensis sum discipulus, quam insignem fuisse moribus atque doctrina virum, omnis nostra clamat a.Lemanä a!". ibid. fol. I. 43.) ibid. fol. IIv. 44.) "Non puto, quod wesaliensis hanc fidei'regulam infringere - 229 - Anmerkungen z. S. 150 - 153 voluit, quamquam incautior forsitan quam debebat fuerit". ibid. fol. XI. 45.) ibid. fol. VI. 46.) ibid. fol. Vv. ibid. fol. III ff. 48.47'l ibid. fol. 11. 49. "Scio magistrum Johannem (ut dicis) inquisitum fuisse iam senem et fere delirum •••" ibid. 50.) ib~d. fol. IVv. 51.) ibid. fol. IX. 52.) Beispielsweise weist der Anhänger WeseIs die Angriffe des Wigandus gegen die weselschen Ketzereien mit der Behauptung ab, daß, da alle Bücher verbrannt seien, man heute in die- ser Frage nichts beweisen könne; daraufhin zeigt der Wigan- dus triumphierend dem Wesalianer den Traktat über die unbe- fleckte Empfängnis Mariae und das Wesen der Erbsünde. ibid. fol. VIII ff. 53.) Im Dialog sagt der Wesalianer: "Nisi de fidei rebus et sanc~torum dictis iocari blasphemum tibi videretur, dicere aUderem, Wesaliensem (uti erat urbanus homo) plurima inter epulas pro convivantium letificatione de his ipsis dixisse, que tamen aliter in mente tenebat". fol. VI. Dieser Versuch, die Ansichten WeseIs zu verharmlosen, findet sich 15 Jahre später in der gleichen Woise noch bei Vlimpfeling.·"Pleraque vero Joannes dixisse se inficias ibat, quaedam facetiae causa inter ecclesiasticos recensuisse se fatebatur". "Catalogus Archiepiscoporum Moguntinensium". S. 29. 54.) Wirt weist (fol. V) auf den Satz der "Paradoxa" hin, daß Petrus das Fasten eingeführt habe, um seine Fische besser verkaufen zu können, und daß das geweihte Öl nichts anderes sei als gewöhnliches Ölo (Grathius. fol. CLXIII.) 55.) Wirt gibt eine Auswahl aus ihnen. (fol. IIv.) Es handelt sich nicht um eine Zusammenstellung aus den Prozeßberich- ten selbst, denn Wirt zitiert auch den in diesen nicht vor- kommenden Satz: "Obediencia (Wirt fügt hinzu "et iurisdic- tio") ecclesiastica est secundum adinventionem sacerdotum". R.C. Clemen~ HV. 1900. S. 522. 56.) Bei Wirt finden sich viele Namen von Prozeßteilnehmern, die in den Prozeßberichten fehlen, aber durchaus glaubwürdig sind. 57.) Der Frankf~rter Dominikanerprior Johann von Vilan bekam das Schreiben WeseIs in die Hände. Dialogus. fol. VII. S. S. 1). 58.) ibid. fol~ VIIIv. 59.) "Sed statim a doctoratus sui primordia insanire cepit". ibid. fol. IVv. 60.) ibid. fol. V. z. B. "Agebat hec omnia in eo proprie aucto- ritatis grandis extollentia, que se non minus doctum, non minoris fidei nec inferioris circa scripture sacre rudi-

> menta populis explicanda quam Augustinum, Ambrosium, Gre- gorium, Thomam ac alios esse auctoritatis solemniter in contionibus et privatim praedicabat". 61.) ibid. fol. VIII~ 62.) "••• sub ovina pelle lupus vivebat". ibid. 63.) ibid. folt XXXVIII~

64.) "••• inter Epicuri gregesl Veneri, Bacho aut Ceceri deditos vivebat". ibid. fol. V. - 230 - Anmerkungen z, S. 154 - 156 65.) ibid. fol. IVv ff. 66.) ibid. fol~ VIII. 67.) Am Rande der Ausführungen Wirts über diesen Gegenstand finden sich Hinweise auf die entsprechenden Abschnitte im "Corpus iuris canonici". 68.) ibid. fol. Ill; fol. XIII u~ ö. 69.) ibid. fol. V. 70.) ibid. fol. VII. Hier hat Wirt übertrieben, Wesel hat nie grundsätzlich den Stand der Mönche angegriffen. 71.) ibid. . 72.) Paulus, "Über Wiegand Wirts Leben und Streitigkeiten". H.J. 19. Band. 1898. S. 106 ff. 73.) Clemen,' "Über Leben und Schriften Johanns von Wesel". DZG. 1898. S. 159. A. 3. 74'l Wirt starb am 30. Juli 1519 als Prior in Steyer. 75. s. S. 144. 76. Krause, "Der Briefwechsel des Mutianus Rufus". Kassel. 1885. Nr. 307p (S. 378.) 77.) "Antonie Pano.rmita ( + 1471 ) Lehrer der Humaniora in Mailand und Pavia, von Kaiser Sigismund 1432 zum Dichter gekrönt". Krause ..Briefwechsel. S. 378. A. 2. 78.) Böcking, "Ulrichi Hutteni ~quitis Operum Supplementum". S. 72. (1. Teil. 47. Brief.) 79.) "Si autem non creditis tot bona venire ex missa, tunc estis per deum sanctum suspecti de heresi, immo estis realiter heretici plus quam Wessalia et doctor Reuchlin". ibid. S. 288. (2~ Teil. 64. Brief.) 80.) Der Briefschreiber berichtet über den Kommentar des Erasmus: "••• dicit quod sanctus Hieronymus non fuit Cardinalis, quod utique est crimen lese maiestatis et male sentit de sancta Georgia et Christofera, et reli- quis sanctorum et candelis et de confessione Sacramen- tali, etiam in multis locis blasphemat, quia loquitur contra doctorem Banctum et contra doctorem subtilem ••• et volunt elli~confundere sicut heretieum, siout fece- . runt Joanni Wess2.1ia in Maguntia ••• IlIa est iam prao- tioa apud magistras nostros 11 '. ibid. S. 296. (2. Teil. 68. Brief.) - 231 - Anmerkungen z. S. 158 - 160

VI. Kapitel. Die Gestalt des Johann von Wese1 im Zeitalter der Reformation.

1. Die Beurteilung Johanns von Wesel auf evangelischer Seite. 1.) "Te obsecro mi amentis, frater Vite, ut mihi statim mittas descriptos Doctoris Wesa1ie articu1os". Schlegel, "Historia vitae G. Spalatini Theologi". 1693. p. 209. 2.) Der Satz, den Georg Spalatin Luther zur Beantwortung vor- legte, stammt aus den "Paradoxa". "Adveniat regnum tuum etc. (Matth. 6,10) Ibi non petimus regna coelorum, quia i1lud non venit ad nos". (Grathius. fol. CLXIII, C) 3. ) Die Paradoxa und die Relation A waren zum ersten Mal 1521/22 in den Kommentarien des Aeneas Sylvius gedruckt worden. Wäre dieses Werk gemeint, hätte sich Spalatin wahrscheinlich in dem Brief an Warbeck anders ausgedrückt. 4. ) 1505 war Spalatin in Erfurt als Erzieher tätig, dort lernte er Mutianus Rufus kennen. Krause, "Der Briefwechsel des Mutianus Rufus". S. X. Vom 20. Juni 1523 und 13. September 1523 haben wir Briefe Spalatins an Mutian. ibid. S. 664 und vom 9, Mai 1524. ibid. S. 666. 5. ) W.A. Briefe. 3. Band. Nr. 724. S. 260. 6. ) "Articulum Vesalie de regno dei petito in dominica oratione aliorsum non puto dictum, quam ut vu1garem opinionem re- traheret •••" ibid. 7. ) W. A. 50. Band. S. 600. 8. ) R.A. Grathius. fol. CLXVIIIIv. Die Anwendung dieser Begriffe im Blick auf das Dasein Gottes muß ein Versehen Luthers sein, davon findet sich in der Relation nichts. 9. ) Clemen, "Johann Fupper van Goch". S. 184. 10. ) Luthers Vorrede zu den Wesseli Epistolae". W.A. 10. Band. 2. Abt. S. 316. 11. ) ibid. s. 317. 12. ) "Gaudeo tamen et alios surgere et inveniri impietatis eiusdem hostes et Germaniae thesauros in lucem prodire, in quorum manu voluntas domini dirigatur. Vere video Theologi- lt am sinceriorem fuisse et esse apud Germanos absconditam • Luthers Vorrede zu Gochii fragmenta". (1522) W.A. 10. Band. 2. Abt. S. 329. 13. ) Die Nichtbeachtung WeseIs bei Luther erklärt Ullmann daraus, daß Wesel dem Reformator von früher bekannt und gewohnt war. (11Reformatoren vor der Reformation". I. S. 339.) U1lmann kommt zu dieser Auffassung, weil.er irrtümlich annimmt, daß der Ablaßtraktat bereits 1450 in Erfurt verfaßt wurde und zu den Schriften gehörte, ausdenen Luther Magister geworden ist. 14.) Redio, "Faraleipomena Rerum Memorabi1ium a Friderico II. usque ad Caro1um V. Augustum, hoc est ab anno domini M CC XX usque ad annum. MDxxxvij". Basel. 1559. p. 419 - 421. ibid. p. 419. 15.) ibid. p. 419. 16. ) Das "Examen magistrale" mit der überschrift wie bei Grathius bis "cum Archiepiscopo ~randebant". (R.A. Grathius. fol. CLXIIII.- Hedio. Parale~pomena. p. 421.) Ferner findet sich - 232 - Anmerkungen z. S. l6~ - 164 ein Teil von Wimpfelings Urteil über die Behandlung WeseIs im Prozeß. (p. 421) Von "Huius doctoris Joannis de Wesa1ia examini t •• " bis "et de gaudio triumphandi religiosorum con- tra saeculares". (R.A. Grathius. fol. CLXVI.) 17.) Hermann, "Evangelische Regungen zu Mainz in den ersten Jah- ren der Reformation". (Schriften des Vereins fUr Reforma- tionsgeschichte. 27. Jg. S. 289 ff.) 18.) Das Motto des Buches: "Re1iqua mihi ipsi feci septem mi11ia virorum, qui non incurvarunt genu imagini Baal". 1. Reg. 19, 18. Rom. 11. 4. 19.) Der Abschnitt über Wese1: "Catalogus Testium Veritatis". Frankfurt. 1672. p. 818 - 819. "Gratis meraque gratia per fidem in Christum salvari omnes". "Liberum arbitrium nihil esse". p. 818. 20.) "Sola dei gratia salvantur electi". Paradoxa. Grathius. fol. CLXIII. 21.) "Ego tantum eius libellum contra Indulgentias habeo I,• Flacius. Catalogus. p. 819. 22.) ibid. p. 820 ff. 23.) "Doctor Weselus, vel Basilius, eodem tempore vixit cum prae- cedenti M. Joanne de Wesalia, sed tamen fuit eo aliquanto junior, fueruntque mutua amicitia juncti". ibid. p , 820. 24.)- "De Articulo gratuitae justificationis rectissime sensit, et de multis aliis, quae jam ordinc commemorabo". zu Goch. ibid. 822. 25.) Melanthon, "Responsiones ad Impios Articulos Bavaricae Inquisitionis". Wittenberge 1559. fol. B 3 V. - zu Prosper von Aquitanien s. R. E. Band 16. S. 123 ff; zu Johann Hilten s. R. E. Band 8. S. 78 ff. 26.) "Caput XIV. Quod omnibus temporibus fuerunt, qui imposturis istis indulgentiarum contradixerunt". Chemnitz, "Examen Concilii Tridentini". p. 834.

27.) Über Wesel ibid. p. 836 ff. (pars IV. loco 3. sect. 2. > cap. XIV.) . 28.) Es handelt sich um die Sätze, bei denen Wesel gefragt wird, ob sie in seinem Ablaßtraktat enthalten seien, und um den Satz, der den Schatz der überschüssigen Werke Christi und der Heiligen betrifft. R.A. Grathius. fol. CLXVv. 29.) "Et alligavit etiam veteres quosdam et praesertim Cantorem Parisiensem solitum dicere: Indulgentias esse pias fraudes, quibus laici ad dandas eleemosymas alliciantur". Fast im gleichen Wortlaut bei Flacius. p. 819. 30.) Chemnitz konnte trotz Kenntnis der Relation A diese Auf- fassung vertreten, weil in der Relation selbst nicht be- richtet wird, wie Wesel endete. 31.j Chemnitz, "Examen Concilii Tridentini". p. 837. 32. Zorn, "Wormser Chronik". Einleitung. S. 3. 33. ibid. S. 186. 34. Dieser Satz stammt aus dem Abschnitt des Matthias Flacius über Johann von WeseI. s. S. 232 A. 19. 35.) Zorn, "Wormser Chronik". S. 186. 36.) ibid. S. 189. 37.) Von dem zuletzt genannten Werk muß Flersheim eine Hand- schrift eingesehen haben, denn die Chronik wurde erst 1601 ~um ersten Mal gedruckt. Eine andere Vorlage oder mUndliehe .Überlieferung kommt nicht in Frage, da die Wendung: "er ist - 233 - Anmerkungen z. S. 164 in das Augustinerkloster, darinnen buß zu tuen, verwiesen worde~ vor leid dominica Esto mihi gestorben". (ibid. S. 189) eine Übersetzung aus dem "Chronicon Sponhemense" des Johan- nes Trithemius ist. (ibid. p. 391) Es heißt dort: "et ipse pro poenitentia peragenda ad conventum fratrum Augustinen- sium ibidem relegatus, moerere consumptus in brevi obiit". - 234 - Anmerkungen z. S. 166 - 169

2. Die Beurteilunß Johanns von Wesel auf katholischer Seite.

1.) Ich benutzte die "editio quarta" von 1529 aus der U.B. München. 2.) Im 11. Buch (keine Seitenzahl) folgt auf einen Abschnitt über die "Luciferianer" einer über die Lutheraner. "Lutheriani a quodam Martino Luthero nuncupati et hie est debitus ordo, quia post Luciferianos subsequentur Lutheriani, nam Luther cum Lucifero de luto faeeis para- tus est cum suis satellitibus suscitare sopitas haereses". 3.) "••• quos proprio ore confessus est in iudieio". ibid. Liber 11, I. 3. (unter dem Stichwort: "Johannes de Wesalia" •) . 4.) 11 ••• et ita damnat quascumque religiones et regulas per sanctos patres institutas, et a sede apostolica approbatas". ibid. vgl. Wirt Dialogus. fol. VII. 5.) z. B. "Decimus ••~ et quod potentia divitiarum et pauper- tatis, humilitas vel inferiorem vel sublimiorem episcopum facit". ibid. 6.) Der Titel der Schrift Wimpinas: "Sectarum, Errorum, Hallu- tionationum et Schismatum, ab origine ferme Christianae ecclesiae, ad haec usque nostra tempora, concisionis Ana- cephalaeoseos, Una cum aliquantis Pigardicarum, Wiglef- ticarum et Lutheranarum haeresum, librorum partes tres". (Bibliothek Wolfenbüttel.) . 7.) ibid. fol~ XXVIIv. 8.) In einer Liste, die die Gegner des Ablasses enthält, folgen mit kurzen Bemerkungen aufeinander: Wielef, Huß, Hieronymus von Prag, Johann von Wesel und WesseI Gansfort. ibid, fol. XCIX. . 9.) "Joannes tandem Wesalia anno ab natali Christiano 1479. Hussiticam spargere nisus, penes Renenses urbes insaniam, correptus in ipsa dominica, quae Quinquagesima dicitur, praesentibus non paueis e diversis achademijs doctoribus, subscriptos revocavit, abiuravitque, et poenis diluit arti- culos". ibidq fol. XXXIIIIv. 10.) Nur der Artikel 14 der Relation C (Clemen. HV.1900. S. 522) ist von Wimpina ausgelassen. 11.) J.P. Menckenius, "Scriptores rerum Germanicarum, praecipue Saxonicarum". Torr..11. Sp. 1448 ff. 12.) Zedler. Gelehrtenlexicon. 1738. Sp. 1405. 13.) tiberLuthcr: "Martinus Luther, Wittenbergisscher Papst, des Wurczel ist Behmisscher Art". Menckenius. Sp. 1494, oder, um ein anderes Beispiel zu geben, der Artikel vor Johann von WeseI: "Johannes Capius ••• vermaß sich, di lutterissehe secta mit seinen losen und ungrundhaftigen tractaten ouch czu vertedigen vorhelfen". ibid. Sp. 1487. 14.) ibid, 15.) ibid~ 16.) Orthuinus Grathius entwickelt diese seine Ansichten in der Vorrede zu dem IIFasciculus rerum expetendarum et fugien- darum". 17.) "Itaque quas putidas ille protulit vomicas condemnatae sun~". ibid. fol. CCXII. 18.) ibid, fol~ CLXIII. - 235 - Anmerkungen z. S. 169 - 172 19.) "Quo facto, asinus intor simias et noctua inter cornices versatur". ibid. 20. ) "Cuius etsiam verba Germanice ab eo prolata (es sind die "Paradoxa" geneint) si iusta lance ponderaverismus, teme- rarium fuisse hominem, nemo non cognoscet. Quapropter in sempiternum illorum dedecus, et in bonorum omnium aedifi- cationem, convictae ac condemnatae eorundem haereses in medium profcruntur". ibid. CCXLII. 21. ) z.B. zu Vliclef: "Johannes vero Wic1ephus, diaboli manci- pium, haereticorum antefignanus ••• et audax Antichristi vexillifer ac daemonum socius". ibid. 22.) Zu den Quellen des Indexes s. Reusch, "Der Index der ver- botenen Bücher". I. Band. S. 14. - In den Indices von Mai- land und Venedig steht Wesel vor Wiclef. Reusch, "Die In- dices Librorum Prohibitorum des 16. Jahrhunderts". S. 163. In den Indices finden sich selbst in der ersten Klasse mit- telalterliche Häretiker, die nichts geschrieben haben, oder von denen keine Schriften erhalten sind. Reusch, "Der Index der ve rbot enen Bücher". I..Band. S. 14. 24. ) Reusch, "Die Indices Librorum Prohibitorum des 16. Jahr- hunderts". S.191. ibid. S. 419" 25'j26. ibid. S. 492$ 27. Gudenus, "Codex Diplomaticus sive Anecdotorum". Tom·. II. p. 753. 28.) Johannes Latomus, "Catalogus Episcoporum et Archiepiscopo- rum Moguntinensium usque ad ann. 1582". in Menckenius, "Scriptores rerum Germanicarum praecipue Saxonicarum". Tom. Ill. Sp. 552 ff.

Schlußbemerkungen. 1.) DVjhsL. 5. Jg& 1927. So 345. 2.) ibid. S. 342 ff. - 236 - Quellen und Literatur.

1. Handschriften.

Johannes de Wesalia "Questiones de libris physicorum Aristotelis institutae". 0 (Stadtbibliothek Erfurt. C.A. 4- 307. s. W. Schum, "Beschreibendes Verzeich nis der Amplonianischen Handschriften sammlung zu Erfurt". S. 543.) Johannes de Wesalia "Johannes de Wesalia, Super L.I - III Sententiarum cum Kiliano super quart. (zur Zeit Universitätsbibliothek Tübi gen. Abt. Berliner Handschriften. M.s. Theol.lat.Fol. 97. s.F.Stegmülle "Repertorium commentatorium in Sent. Petri Lombardi." I. S. 248 ff.) Johannes de Wesalia "Stockholmer Papierhandschrift des 15. Jahrhunderts". (Königliche Bibliothek zu Stockholm. cod. V. a. 2. - fol. 283 - 307v.) Hartmann SchedeI "Handschriftenquartband". (Bayrische Staatsbibliothek München. cod. late man. 443. - Fol. 186 - 196v Johannes Butzbach "Hodoporicon Fratris Joannis Piemon- tani". (Universitätsbibliothek Bonn. S. 356) Johannes Butzbach ,Auctarium Joan. ~outzbachii de Scrip- toribus Ecclesiasticis". (Universitätsbibliothek Bonn. S. 356) Bartholomeus de Usingen "Collectanea". (Universitätsbibliothek'Würzburg. M"ch.o. 34.) - 237 -

2. Gedruckte Quellen und Literatur.

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Am 13. Februar 1929 wurde ich als der jüngste Sohn des kauf- männischen Angestellten Ernst Samoray und seiner Ehefrau Helene, geborene Borchert, in Bielefeld geboren. Ich habe zwei Brüder, der älteste war Student der Philologie, er fiel 1942 in Rußland, der zweite ist als Ingenieur tätig. Von 1935 bis 1940 besuchte ich die Volksschule, anschließend bis Herbst 1943 die Realschule in Bielefeld. Als wegen des Bombe krieges die Schulen in Bielefeld geschlossen waren, fuhr ich täg lich mit der Bahn zur Realschule in Halle i.W. In den Jahren von 1944 bis 1950 war ich auf der Friedrich von Bodelschwingh-Schule in Bethel bei Bielefeld, an der ich am 9. März 1950 die Reife- prüfung ablegte. Diese Schulzeit wurde im Frühjahr 1945 durch meine Einberufun zum R.A.D. unterbrochen. Mit dem Ziel, Lehrer an höheren Schulen zu werden, verließ io die Schule. Durch wirtschaftliche Gründe bedingt, ging ich zu- nächst zwei Semester zur Kirchlichen Hochschule in Bethel bei Bielefeld. Vom Sommer-Semester 1951 bis einschließlich Winter- Semester 1954/55 studierte ich an der Universität Münster; ich war in der philosophischen und in der evangelisch-theologischen Fakultät eingeschrieben. Meine Hauptstudienfächer sind Geschicht und evangelische Theologie, außerdem hörte ich Germanistik, Päda gogik und Philosophie. Am 28. Februar 1951 bestand ich die Ergänzungs-Prüfung im Griechischen und am 27. April 1953 die Vorprüfung in Philosophie und Pädagogik für das Lehramt an höheren Schulen. Besonderen Dank schulde ich Herrn Prof. Dr. H. Grundmaun und Herrn Prof. Lic. Dr. R. Stupperich für die Förderung meiner Arbe