Albert Lortzing Und Die Konversationsoper in Der Ersten Hälfte Des 19. Jahrhunderts
Total Page:16
File Type:pdf, Size:1020Kb
Albert Lortzing, Zeichnung von H. Varges Albert Lortzing und die Konversationsoper in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts Bericht vom Roundtable aus Anlaß des 200. Geburtstages von Albert Lortzing am 22. und 23. Oktober 2001 in der Lippischen Landesbibliothek Detmold Im Auftrag der Albert-Lortzing-Gesellschaft e. V. herausgegeben von Irmlind Capelle Weitere Informationen über den Verlag und sein Programm unter: www.allitera.de Bibliographische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National bibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über <http://dnb.ddb.de> abrufbar. Dezember 2004 Allitera Verlag Ein Books on Demand-Verlag der Buch&media GmbH, München © 2004 Buch&media GmbH (Allitera Verlag) und Albert-Lortzing-Gesellschaft e.V., Freiberg/Sachsen Umschlaggestaltung: Kay Fretwurst unter Verwendung einer Zeichnung von H. Varges Herstellung: Books on Demand GmbH, Norderstedt Printed in Germany · isbn 3-86520-076-1 Inhalt Vorwort . 7 Jürgen Lodemann »Ehrt ihn hoch von heute an!« . 9 Von den Leuten geliebt, von den Kennern ignoriert? Zur wechselnden Popularität Albert Lortzings Sieghart Döhring Konversationsoper – Probleme und Forschungsstand . 31 Sigrid Rüttiger (†) Zar und Zimmermann von Albert Lortzing und Il Borgomastro di Saardam von Gaetano Donizetti . 45 Eine Gegenüberstellung zweier Opern gleichen Inhalts Irmlind Capelle Konversationsoper als Hofoper? – Zu Caramo oder das Fischerstechen von Albert Lortzing . 63 Sabine Henze-Döhring Lortzing und die »traditionelle« Oper – Das Finale der Undine . 83 Wolfgang Osthoff Das stille Finale – Zum ersten Finale aus Lortzings Waffenschmied . 95 Joachim Veit Musik über Musik? – Albert Lortzings Zum Großadmiral . 109 Thomas Betzwieser Die Dramatisierung des Bühnenliedes: Kotzebues Die Alpenhütte (1815) und ihre musikalischen Realisierungen . 129 Reiner Nägele »… gegen ein Heer von ini’s und ani’s« . 153 Lindpaintners Versuch einer deutschen Volksoper Till Gerrit Waidelich Conradin Kreutzers Die beiden Figaro (Wien 1840) . 173 Anknüpfungen an ältere Muster und aktuelle Tendenzen der opéra »comique« und »buffa« bei der Fortsetzung eines bewährten Sujets Julia Liebscher »Wo aber die Nation in ihrem Geschmack so geteilt ist, da weiß der Künstler nicht, wohin er sich zu wenden hat!« . 215 National- und Universalstil in der deutschen Spieloper (1815–1848) Arnold Jacobshagen Konversationsoper und Opéra comique im europäischen Kontext . 229 Irmlind Capelle Albert Lortzing und das bürgerliche Musiktheater . 259 Zur Abhängigkeit seines Schaffens von seinem jeweiligen Wirkungsort Register. 275 Vorwort Obwohl Albert Lortzing bis in die 80er Jahre des 20. Jahrhunderts zu den meistgespielten Opernkomponisten gehörte und einige Nummern seiner Opern zum Grundbestand »populärer« Konzerte zählen, wurde sein Schaf- fen in der Wissenschaft so gut wie nicht beachtet. Zu Beginn des 20. Jahr- hunderts erreichte Georg Richard Kruse durch intensive Sammeltätigkeit, daß die Quellen zu Leben und Werk des Komponisten gesichtet und gesichert wurden. Durch zahlreiche Veröffentlichungen (Biographien, Brief-Editionen, Textbücher und Klavierauszüge) machte er zudem Leben und Werk Albert Lortzings einem breiten Publikum bekannt. Doch diese Arbeiten fanden in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zunächst kaum Fortsetzung oder Erneuerung. Erst 1994 erschien ein chronologisch-thematisches Verzeichnis der Werke, das erstmals einen vollständigen Einblick in das kompositori- sche Schaffen des Komponisten gewährte. 1995 wurde darüber hinaus eine historisch-kritische Briefausgabe, die die Kenntnis der Biographie Albert Lortzings wesentlich bereicherte, veröffentlicht. Da beide Publikationen eng mit dem Musikwissenschaftlichen Seminar Detmold/Paderborn und der Lip- pischen Landesbibliothek Detmold verbunden waren, bot es sich an, daß diese beiden Institutionen gemeinsam aus Anlaß des 200. Geburtstages von Albert Lortzing eine erste wissenschaftliche Tagung veranstalteten. Im Zen- trum dieses Roundtables standen die Werke Lortzings, auf die sich bis heute sein Ruhm gründet: seine komischen (Dialog-)Opern, die auf Grund ihrer thematischen Breite besser mit dem zeitgenössischen Terminus »Konversa- tionsoper« bezeichnet werden. Hierbei sollte zum einen der Blick auf die bekannten Werke, zum ande- ren aber auch auf bis heute unbekannte Opern Lortzings wie Caramo oder das Fischerstechen und Zum Großadmiral gerichtet werden. Bewußt blieben dagegen die Opern mit ernsten Stoffen, Hans Sachs und Regina, ebenso un- berücksichtigt wie die frühen Einakter. Gleichzeitig war es Ziel der Tagung, sowohl die grundsätzlichen Probleme in der Betrachtung dieser Gattung zu thematisieren, als auch den Blick auf Beiträge anderer Komponisten zu dieser in der Forschung bislang allgemein vernachlässigten Opernform zu richten. Die Tagung fand am 22. und 23. Oktober 2001 in angenehmer und anregen- der Atmosphäre in den Räumen der Lippischen Landesbibliothek statt, die 7 Albert Lortzing und die Konversationsoper aus diesem Anlaß einige Kostbarkeiten aus ihrem Lortzing-Archiv in einer Kabinett-Ausstellung präsentierte. Ein öffentlicher Festvortrag des wohl besten Kenners der Opern, Jürgen Lodemann, der zugleich seit 40 Jahren unermüdlich Regisseure, Intendanten und Publikum an Lortzing erinnert und zum Jubiläumsjahr eine umfang- reiche Biographie vorgelegt hat, wollte einem breiteren Publikum den Kom- ponisten und die Probleme bei der Rezeption seiner Werke näher bringen. Dieser Beitrag eröffnet den vorliegenden Band. Die Durchführung des Rundgespräches wurde dankenswerter Weise von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert. Die wenige Tage nach dem Rundgespräch gegründete Albert-Lortzing-Gesellschaft war spontan bereit, diesen Band als ihre erste Publikation anzunehmen und seine Drucklegung fi nanziell zu unterstützen. Die Herausgeberin dankt allen Autoren für ihre Geduld bis zur Publikation der Beiträge. Leider konnte in diesem Bericht das Referat von Peter Schütze zu Christian D. Grabbes Opernversuchen nicht aufgenommen werden. Es er- schien unter dem Titel »›Komponiere mich! …‹ – Christian Dietrich Grabbe und die Oper« im Grabbe-Jahrbuch 2002, S. 57–69. Der Beitrag von Thomas Betzwieser, der leider an der Tagung in Detmold nicht persönlich teilnehmen konnte, wurde für diese Publikation geschrie- ben. Er behandelt eine Gattung, die für Lortzings Entwicklung als Opern- komponist von großer Bedeutung war: das Bühnenlied. Am Ende dieses Berichtes fi ndet sich ein Beitrag der Herausgeberin, der auf Grund der Arbeiten an dem Werkverzeichnis und der Briefausgabe einige grundsätzliche Anmerkungen zu Lortzings Schaffen enthält. Da dieser Bei- trag bislang unpubliziert blieb, jedoch nach dem Manuskript bereits zitiert wird, sei er hiermit allgemein zugänglich gemacht. In diesem Bericht klafft eine empfi ndliche Lücke: Robert Didion, der sich schon seit langem für die intensivere wissenschaftliche Beschäftigung mit Albert Lortzing einsetzte, hatte für diese Tagung ein Referat zum Wildschütz übernommen. Leider erkrankte Robert Didion kurz vorher schwer und erlag wenig später dieser Krankheit. Ihm sei dieser Band in dankbarer Erinnerung an manch anregendes Gespräch über Albert Lortzing gewidmet. Detmold, im Oktober 2004 Irmlind Capelle 8 Jürgen Lodemann »Ehrt ihn hoch von heute an!« Von den Leuten geliebt, von den Kennern ignoriert? Zur wechselnden Popularität Albert Lortzings ommer 2001, Berliner Hochschule für Musik Hanns Eisler. Im oberen S Foyer auf einer Video-Wand Fernsehbilder, Staatschef Honecker küßt Staatschef Breschnew, Breschnew küßt zurück, küßt Erich Honecker. Dann küßt Erich auch den Gorbi, Gorbi küßt ebenfalls zurück. Auch andere Politi- ker umarmen sich, küssen sich, das wiederholt sich im Foyer der Musikhoch- schule als Endlosschleife. Und zu den küssenden Politikern hört man sechs Männer, die singen a cappella, mit Tremolo: »Zum Werk, das wir beginnen, braucht es der Klugheit Macht. Drum prüfe sich ein jeder, jetzt ist dazu noch Zeit, auf daß dann keiner später Geschehenes bereut.« Und immerzu sieht man, wie die Staatenlenker sich vor der Kamera herzen, Kohl den Jelzin, Erich den Gorbi. Und man erkennt, wie Gorbatschow damals, 1989, seinen Kuß hastig appliziert, fast widerwillig küßt er Honeckers Mund. Zeitsprung, aus dem Jahr 1838 heraus, aus den Musikspielen des vermeint- lichen Urgroßvaters der Operngemütlichkeit hinüber in unsere Gegenwart. Diesen Mut hatten nicht nur Studenten der Hochschule Hanns Eisler, den hatten auch Regisseure, Dietrich Hilsdorf mit Undine, Peter Konwitschny mit Waffenschmied oder Regina. Und sobald da klar wurde, wie diese Stücke seismographische Signale senden, daß Regina ein akustisches Fenster öffnet in eine unserer wichtigsten Vergangenheiten, in die frühesten deut- schen Versuche, demokratisch zu sein, verschärft sich das Staunen darüber, daß die Spielopern Albert Lortzings in den letzten Jahrzehnten abstürzten. Von den obersten Plätzen der Popularität im freien Fall nach ganz unten. 150 Jahre in Deutschland meistgespielter deutscher Opernmacher, heute fast völ- 9 Albert Lortzing und die Konversationsoper lige Abwesenheit. Könnte es sein, daß man sie nie wirklich wahrgenommen hat, die wörtlichen wie die musikalischen Mittel seiner Freiheitslust? seinen Spott etwa in »O sancta iustitia« aufs Feierlich-Pompöse, auf kirchenmu- sikalische Einschüchterungseffekte, choralhaftes Gehabe, was man sich im Land des Tiefsinns besser nicht hätte leisten dürfen, erst recht nicht in der Gewandhausstadt mit ihren Meistersingern?