375 JAHRE UNIVERSITÄT GIESSEN 1607 -1982

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Herausgeber: Präsident der Justus-Liebig-Universität Gießen und Gießener Hochschulgesellschaft

Jahrgang XV Druck und Verlag Heft 2 Brühlsche Universitätsdruckerei 2 Oktober 1982 Gießen Herausgeber Präsident der Justus-Liebig-Universität Gießen und Gießener Hochschulgesellschaft Schriftleitung Prof. Dr. Egon Wöhlken (Wö) Senckenbergstraße 3, 6300 Gießen, Ruf (0641) 7028300 (vormittags) Mitarbeiter Prof. Dr. Manfred Messing (Ms) der Redaktion Annedore Schubert (S) Ludwigstraße 28, 6300 Gießen, Ruf (0641) 7022183 Druck und Verlag Brühlsche Universitätsdruckerei Gießen Inhalt

Personalnachrichten der Justus-Liebig-Universität 5

Zum Geleit Egon Wöhlken, Schriftleiter der Gießener Universitätsblätter ...... 11

Zur Geschichte der Fächer und zentralen Einrichtungen der Justus-Liebig-Universität Gießen nach 1957 (II)

Mathematik Dieter GaierfK.arl Becht ...... 13 Physik Wilhelm Hanle/Arthur Scharmann ...... 17 Chemie Günther Maier/Rudolf HoppefWolfhart Seidel/Adalbert Wollrab...... 29 Biologie Dietrich von Denffer ...... 39 Veterinärmedizin und Tierzucht Karl-Heinz Habermehl/Hermann Goller ...... 63 Agrar-, Haushalts- und Ernährungswissenschaften Karl Hermann Finger ...... 83 Geowissenschaften und Geographie Harald Uhlig/Richard Weyl/Rudolf Mosebach/Rolf Emmermann/Gert Jahn .... 113 Hochschulrechenzentrum Dieter Weiß ...... 127 Strahlenzentrum Jürgen Kiefer/Ernst Ludwig Sattler/Hans Schneider ...... 129 Autoren ...... 135

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„Mehr Staat6• bedeutet nicht mehr Wohlfahrt und Wachstum Deutsche Bank: Die Politik muß wieder näher an die Menschen heran

Als Ergebnis der Wirtschaftspolitik des D Eingriffe des Staates in die Wirtschaft letzten Jahrzehnts stellt die Deutsche Bank sollten sich möglichst darauf beschrän• eine rapide steigende Zahl der in den ken, die gemeinsamen sozialen Ein­ Markt eingreifenden Gesetze, Verord­ richtungen, ohne die ein privater nungen, Erlasse und Maßnahmen sowie Güter-und Leistungsaustausch nicht die Zunahme der im öffentlichen Dienst auskommen kann, bereitzustellen und Beschäftigten fest. funktionsfähig zu erhalten. Sie sollten außerdem dann erfolgen, wenn die Entwicklung und Zustand unserer Wirt­ Marktpartner in ihren Handlungen und schaft lassen kaum auf überwiegend Vereinbarungen etwaige Wirkungen zu positive Wirkungen der vielen staatlichen Lasten der Gemeinschaft außer acht Eingriffe schließen. Eher ist das Gegenteil lassen. der Fall: „Mehr Staat" hat nicht zu mehr Wohlfahrt, mehr Wachstum, mehr Gerech­ D Staatliche Interventionen sollten nur tigkeit und mehr Zufriedenheit geführt, diejenigen verlangen dürfen, die neben vielmehr sind die Abhängigkeiten jedes dem Erfordernis und den Vorzügen einzelnen vom bürokratischen Apparat ihrer Vorschläge zugleich auch deren gewachsen und damit die Freiheitsräume Kosten und Risiken aufzeigen und an­ verengt worden. geben, wie diese zu decken bzw. zu Die Bank rät deshalb, die Handlungen des vermeiden sind. Staates solchen Grundsätzen zu unterwer­ Sofern Leistungen sinngerecht vom fen, die davor bewahren, daß eine freie D Staat zu erbringen sind, ist zu prüfen, Gesellschaft allmählich und kaum merklich in ein unfreies System über• ob bei ihrer Erstellung marktwirtschaftli­ geführt werden könnte: che Organisations- und Arbeitsgrund­ sätze angewendet werden können, um D Alles, was der einzelne Mensch aus diese Kosten für diese Leistungen so eigener Initiative mit den ihm gegebe­ niedrig wie möglich zu halten. nen Kräften zu leisten vermag, sollte ihm nicht entzogen und der Gesell­ Eine Politik, die diesen Grundsätzen folgt, schaft zugewiesen werden. Jedwede rückt wieder näher an die Menschen behördliche Initiative sollte nach Bedarf heran, sie fördert die Anpassungsfähigkeit und Wesen subsidiär sein und die der Wirtschaft an die sich fortwährend sozialen Glieder der Gesellschaft unter­ vollziehenden Veränderungen der Umwelt, stützen statt sie zu ersetzen, beendet den Prozeß der wachsenden Staatsverschuldung, macht Mut zur indivi­ D alles, was die private Wirtschaft ebenso duellen Freiheit und bewahrt so die Werte, gut oder besser als der Staat tun kann, die die unentbehrliche Grundlage unserer sollte ihr überantwortet werden, Zivilisation darstellen. Personalnachrichten der Justus-Liebig-Universität Gießen

Prof. Dr. rer. pol. Knut Bleicher (Betriebswirtschafts­ Von den amtlichen lehre II) hat einen Ruf der Universität Bayreuth abge­ Verpflichtungen entbunden lehnt; Prof. Dr. med., Dr. rer. nat. Gunther Barth (Medizini­ Prof. Dr. phil. Peter Moraw (Mittelalterliche Ge­ sche Strahlenheilkunde); schichte, Deutsche Landesgeschichte, Wirtschafts. und Sozialgeschichte) hat einen Ruf der Universität Prof. Dr. rer. nat. Heinrich Brune (Tierernährung); Tübingen abgelehnt; Prof. Dr. med. vet. Heinrich Geißler (Geflügelkrank• Prof. Dr. med. Dr. jur. Günter Schewe (Rechtsmedi­ heiten und Hygiene der Geflügelhaltung). zin) hat einen Ruf der Freien Universität abge­ lehnt;

Prof. Dr. agr. Ernst Bodo Senft (Tierzucht und Milch­ wissenschaft) hat ein Angebot des Tierzuchtfor­ schungszentrums von Ottawa/Kanada abgelehnt. Zu Honorarprofessoren wurden ernannt Dr. med. Wolfgang Hach, Privatdo:zent und leiten­ der Arzt der William-Harvey-Klinik in Bad Nauheim (Honorarprofessur im Fachbereich Humanmedizin, Zu Ehrensenatoren Gießen); der Universität wurden im Jubiläumsjahr 1982 Dr. jur. Otto Rudolf Kisse/, Präsident des Bundesar­ ernannt beitsgerichtes Kassel (Honorarprofessur im Fachbe­ reich Rechtswissenschaften, Gießen); Prof. Dr. phil. nat., Dr. phil. h. c., Dr. med. vet. h. c. Wulf Emmo Anke/, emeritierter Professor für Zoolo­ Dr. theol. Heinrich Ludwig, bisher Professor für gie und vergleichende Anatotnie; Christliche Soziallehre und Religionssoziologie (Ho­ norarprofessur im Fachbereich Religionswissen­ Frau Dr. jur. Helen von Bila, Ministerialdirigentin schaften, Gießen); a. D. im Hessischen Kultusministerium; Dr. med. Horst Joachim Rheindorf, Hauptgeschäfts• Prof. Dr. phil., Dr. agr. h. c. Eduard von Boguslawski, führer der Landesärztekammer Hessen (Honorarpro­ emeritierter Professor für Pflanzenbau und Pfla117.en­ fessur im Fachbereich Humanmedizin, Gießen); züchtung; Privatdo:zent Dr. rer. nat. RudolfThalacker, Direktor Prof. Dr. phil., Dr. med. vet. h. c. mult. Valentin des Staatlichen Chetnischen Untersuchungsamtes, Hom, emeritierter Professor für Veterinär-Physiolo• Gießen (Honorarprofessur im Fachbereich Ernäh• gie; rungswissenschaften, Gießen); leitender Regierungsdirektor i. R. Wilhelm Köhler, Dr. med. Peter Zimmermann, Leiter des Arbeitskrei­ ehern. Kanzler der Universität; ses Experimentelle und Klinische Neuropsychophar­ makologie der Finna E. Merck, Darmstadt (Hono­ Fabrikant Franz Vogt, Präsident der Industrie- und rarprofessur im Fachbereich Humanmedizin, Gie­ Handelskammer Gießen. ßen).

5 Neubesetzungen Sprachen und Kulturen von Professorenstellen des Mittelmeerraumes in folgenden Fachbereichen und Osteuropas

Kunstpädagogik, Professur (C4) für Theaterwissenschaft: Prof. Dr. phil. Andrzej Wirth, vorher Gastprofessor Musikwissenschaft, an der Harvard University. Sportwissenschaft

Professur (C2) für Musikwissenschaft: Prof. Dr. phil. Peter Nitsche, vorher Wissenschaftli­ Mathematik cher Assistent an der Technischen Universität Berlin; Professur (C 3) für Mathematische Statistik und Wahrscheinlichkeitstheorie: Professur auf Zeit (C 2) für Kunstgeschichte und ihre Prof. Dr. phil. Georg Pflug, vorher Wissenschaftli­ Didaktik; cher Assistent an der Universität Wien. Prof. Dr. phil. Gundolf Winter, vorher Wissenschaftli­ cher Assistent an der Universität Bochum. Physik Psychologie Professur (C4) für Experimentalphysik II: Prof. Dr. rer. nat. Volker Metag, vorher am Max­ Professur (C 3) für Psychologische Methodik: Planck-Institut für Kernphysik in Heidelberg tätig. Prof. Dr. phil. Ingwer Borg, vorher Privatdozent am Psychological Sciences Department, Purdue Univer­ sity, Lafayette/lndiana; Veterinärmedizin und Tierzucht Professur (C 3) für Sozialpsychologie: Professur (C4) für Geflügelkrankheiten und Hygiene Prof. Dr. phil. Joseph Paul Forgas, vorher Lecturer der Geflügelhaltung: für Psychologie an der Universität von New South Prof. Dr. med. vet. Erhard Franz Kaleta, vorher Ab­ Wales, Sydney (Australien). teilungsvorsteher und Professor an der Tierärztlichen Hochschule Hannover.

Religionswissenschaften Ernährungswissenschaften Professur (C4) für Systematische Theologie: Prof. Dr. theol. Konrad Stock, vorher Professor auf Professur (C 3) für Tierernährung: Zeit an der Universität Tübingen. Prof. Dr. agr. Edgar Weigand, vorher Wissenschaftli­ cher Angestellter an der Technischen Universität München. Geschichtswissenschaften Professur (C 4) für Neuere Geschichte mit besonderer Humanmedizin Berücksichtigung der frühen Neuzeit: Prof. Dr. phil. Heinz Schilling, vorher Professor an ProfessuraufZeit(C2)fürMedizinischeMikrobiolo- der Universität Osnabrück. gie: Prof. Dr. med. Sucharit Bhakdi, vorher Privatdozent am Institut für Medizinische Mikrobiologie; Anglistik Professur (C 3) für Pharmakologie und Toxikologie: Professur (C 3) für Englische Sprachwissenschaft: Prof. Dr. rer. nat. Florian Dreyer, vorher Professor Prof. Dr. phil. Dieter Stein, vorher Wissenschaftlicher (C2) am Rudolf-Buchheim-Institut für Pharmakolo­ Mitarbeiter an der Universität Heidelberg. gie;

6 Professur auf Zeit (C2) für Chirurgie: · · Es habilitierten sich Prof. Dr. med. Dieter Filter, vorher Wissenschaftli­ Dr. med. vet. Harald Brummer, ehern. Dozent des cher Angestellter an der Klinik für Allgemeinchirur­ Fachbereiches Veterinärmedizin und Tierzucht, für gie; das Fach Verhaltenslehre (Veterinär-Ethologie);

Professur auf Zeit (C 2) für Allgemeinmedizin: Dr. phil. Dieter Eiße/, Akademischer Oberrat am In­ Prof. Dr. med. lngeborg Siegfried, vorher Lehrbeauf­ stitut für Politikwissenschaft, für das Fach Politikwis­ tragte des Fachbereiches Humanmedizin; senschaft;

Professur (C 3) für Klinische Psychosomatik und Psy­ Dr. med. Martin G. Gottwik, Wissenschaftlicher Mit­ chotherapie: arbeiter am W. G. Kerckhoff•lnstitut in Bad Nau­ Prof. Dr. med. Michael Wirsching, vorher Privatdo­ heim, für das Fach Innere Medizin und Kardiologie; zent an der Universität Heidelberg. Dr. med. HildeJanzarik, Wissenschaftliche Mitarbei­ terin am Zentrum für Innere MediZin, für das Fach Innere Medizin; .

Dr. phil. Gerhard Martin, Lehrbeauftragter am Geo­ logisch-Paläontologischen Institut, für das Fach An­ Berufungen gewandte Geologie; Gießener Hochschullehrer nach auswärts Dr. med. Karl-Heinz Muhrer, Wissenschaftlicher (Annahme eines Rufes Mitarbeiter der Klinik für Allgemeinchirurgie, für oder sonstigen Angebotes) das Fach Chirurgie; Privatdozent Dr. rer. nat. Hans-Jürgen Aust (Phyto­ Dr. rer. nat. Harald Friedrich Schütz, Wissenschaftli­ pathologie-Mykologie) auf eine Professur an der cher Mitarbeiter am Institut für Rechtsmedizin des Technischen Universität Braunschweig; Medizinischen Zentrums für Ökologie, für das Fach Toxikologische Analytik; Professor Hermann K. Ehmer (Kunstpädagogik/Vi• Dr. rer. nat. Dietrich Schwabe, Wissenschaftlicher suelle Kommunikation) an die Universität Münster; Angestellter am 1. Physikalischen Institut, für das Fach Experimentalphysik; Privatdozent Richard H111J11g, Ph. D. (Biochemie und Molekularbiologische Virologie) auf eine Professur Dr. rer. nat. Ralph Schwarz, Wissenschaftlicher Mit­ an der Freien Universität Berlin; arbeiter am Institut für Virologie, für das Fach Bio­ chemie; Prof. Dr. med. Detlev Patschke (Anästhesiologie ein­ schließlich lntensivmedizin) auf die Stelle eines Chef­ Dr. rer. nat. Hans Schwinn, Wissenschaftlicher Mitar­ arztes am Paracelsus-Krankenhaus in Marl; beiter am Institut für Medizinische Informatik, für das Fach Mathematik; Prof. Dr. med. Fred Paul (Innere Medizin, Schwer­ punkt Gastroenterologie) auf die Stelle eines Chefarz­ Dr. agr. Hermann Seufert, Akademischer Rat am In­ tes der Medizinischen Klinik II in Ingolstadt; stitut für Landtechnik, für das Fach Landtechnik; Dr. med. Jochen Thormann, Wissenschaftlicher Mit­ Prof. Dr. med. Rüdiger Rauskolb (Gynäkologie und arbeiter an der KerckhotT-Klinik Bad Nauheim, für Geburtshilfe) auf die Stelle des Chefarztes der Frau­ das Fach Kardiologie; enklinik am Albert-Schweitzer-Krankenhaus in Northeim; Dr. phil. Peter Walschburger, Hochschulassistent im Fachbereich Psychologie, für das Fach Psychologie; Prof. Dr. agr. Uwe Simon (Grünlandwirtschaft und Futterbau) an die Technische Universität München; Dr. med. vet. Dietrich Weyrauch, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Veterinär-Anatomie, -Hi­ Prof. Dr. rer. nat. Ha"o Walk (Mathematik, -Sto­ stologie und -Embryologie, für das Fach Veterinär• chastik-) an die Universität Stuttgart. anatomie, -Histologie, -Embryologie.

7 Abb. 1: Die Naturwissenschaftlichen Institute am Heinrich-BufT-Ring

Abb. 2: Versuchsstation Oberer Hardthof

8 Zu Abb. 1: Der naturwissenschaftliche Bereich (in nordwestlicher Blickrichtung): Im Vordergrund die Physikalischen Institute (FB 13) mit Werkstattgebäude und Hörsaalgebäude; Bildmitte rechts die Chemischen Institute mit Werkstatt- und Hörsaalgebäude (davor) und dem großen chemischen Hörsaal (dahinter); Bildmitte links: das Mehrzweckverfügungsgebäude des Fachbereichs (15) Biologie, westlich davon das Anthropologische Institut (FB 15) und (linker Bildrand, Mitte) Tierhaus und Gewächshaus (FB 15). Hinter dem MZVG das Hochschulrechenzentrum mit dem Institut für Medizinische Informatik (FB 23); linke obere Bildecke: die Institute für Anatomie und Physiologie (FB 23). Oberer Bildrand, Mitte rechts: das Mathema­ tische Institut (FB 12); rechts der Chemiegebäude das Staatliche Hochschulbauamt.

Zu Abb. 2: Lehr- und Versuchsstation Oberer Hardthof (von Süd-Osten gesehen); von rechts nach links: Laborgebäude des Tierzuchtinstituts im Vordergrund; Mitte vom Verwaltungsgebäude der Station mit Wasserturm, dahinter Verwaltungshof mit Wohn-, Scheunen- und Lagergebäuden; hinter dem Hauptweg Feldscheune mit Werkstatt, dahinter Remise, Umspannturm und Wohnhaus; weiter links Gebäude der Schweinemastanlage, weiter links Kuhstallkomplex, davor (links vom Park) Schweinezuchtanlage; links am Bildrand, an der Südspitze des Parks: der Schafstall.

Zu Abb. 3: Das Strahlenzentrum am Leihgestemer Weg (von Nordwesten gesehen); von rechts nach links: Hörsaalgebäude, Laborgebäude mit (links vorne) Dekontaminationsbunker, Werkstattgebäude, zwei Abluft­ kamine, Beschleunigergebäude und Experimentierhalle, Abluftkamin (Linearbeschleuniger); im Vordergrund Trafo-Station und (rechts) Gästehaus.

Abb. 3: Strahlenzentrum am Leihgesterner Weg

(Luftaufnahmen freigegeben unter den Nummern: 329/82 (Abb. 1), 330/82 (Abb. 2) und 328/82 (Abb. 3) durch den Regierungspräsidenten in Darmstadt.)

9 Abb. 4: Zeughaus und Neues Schloß, Senckenbergstraße (in östlicher Blickrichtung) mit folgenden Instituten: Mikrobiologie und Landeskultur (FB 16), Agrarpolitik und Marktforschung (FB 20), Landwirtschaftliche Betriebslehre (FB 20), Geologie und Mineralogie (FB 22); links davor das Neue Schloß mit dem Geographi­ schen Institut (FB 22); rechts vom Zeughaus das Institut für Tierernährung (FB 19). Der Botanische Garten (FB 15) schließt südlich an (rechter Bildrand).(Luftaufnahme freigegeben unter der Nummer 324/82 durch den Regierungspräsidenten in Darmstadt.)

Landkreis Gießen - ein guter Partner Der im geografischen Mittelpunkt Hessens gelegene, 855 qkm große und von 233 .000 Bürgern in 18 Städten und Gemeinden bewohnte Landkreis Gießen stellt seiner Ein­ wohnerschaft eine gute Infrastruktur zur Verfügung. 57 Schulen für 20.000 Schüler 2 Jugend- und Freizeitheime 1 Kreiskrankenhaus mit 244 Betten 1 Kreisaltenheim mit 34 Plätzen 4 Kreishallenschwimmbäder 187 Kilometer Kreisstraßen Wirtschaftsförderung in Kreisregie Die ausgezeichnete Verkehrsanbindung des Landkreises Gießen und die reizvolle Mit­ telgebirgslandschaft machen des Kreisgebiet sowohl als Industriestandort als auch als Urlaubs- und Erholungsgebiet interessant.

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Das zweite Heft des Jahrgangs 1982 ist, wie Autoren der Beiträge hatten somit die nicht angekündigt, der Selbstdarstellung des ve­ leichte Aufgabe, sowohl dem Anspruch der terinärmedizinischen Fachbereichs und der kleinsten Lehr- und Forschungseinheiten naturwissenschaftlichen sowie agrar-, haus­ auf ausgewogene Wiedergabe ihres Lei­ halts- und ernährungswissenschaftlichen stungsanteils gerecht zu werden, als auch Fachbereiche gewidmet. In den Biowissen­ die fächerübergreifenden Verflechtungen schtiften hat die heutige Justus-Liebig­ und die Einbindung der Fächer in den stu­ Universität trotz ihrer 375jährigen geistes­ diengangbezogenen Gesamtzusammenhang wissenschaftlichen Tradition einen gewich­ sichtbar werden zu lassen. tigen Schwerpunkt. Die vorgestellten Dis­ In die Vorbereitungen für dieses Heft fiel ein ziplinen haben, als nach dem zweiten Welt­ Wechsel in der Schriftleitung. So ist es ein krieg die Ludwigs-Universität auf eine ungeplantes, aber doch bezeichnendes zeit­ Hochschule für Bodenkultur und Veterinär• liches Zusammentreffen, daß das Nachwort medizin reduziert worden war, den Fortbe­ des scheidenden Schriftleiters, welches das stand der Gießener universitären Institution den Geisteswissenschaften gewidmete Heft ermöglicht und später zusammen mit der beschließt, von einem Philosophen verfaßt Humanmedizin die Wiedereröffnung der wurde und das Vorwort für dieses real­ Volluniversität erleichtert. Die Namensge­ wissenschaftlich orientierte Heft von einem bung der heutigen Justus-Liebig-Universi­ Agrarwissenschaft/er stammt. Der ,flie­ tät ist zugleich auch Sinnbild für diesen gende Wechsef' in der Schriftleitung mitten Vorgang. in den Vorbereitungenfür dieses und das der Die Gestaltung des Heftes ist wesentlich Humanmedizin vorbehaltene Heft 3/1982 geprägt durch die Unterschiede in Aufbau hätte ohne die „ Vorleistungen" des bisheri­ und Diktion der Beiträge über die einzelnen gen Schriftleiters und den unermüdlichen Disziplinen. Der Überblick veranschaulicht Einsatz der Mitarbeiter in Redaktion und zugleich die Vielfalt der Institutionen und Präsidialverwaltung nicht vollzogen werden Aktivitätsbereiche, die zwar einerseits zur können. Letzteren gilt neben den Autoren fruchtbaren Forschung notwendig ist, an­ der Beiträge mein herzlicher Dank. dererseits müssen die Institutionen jedoch zur Koordinierung der Lehre zu größeren Einheiten zusammengefaßt werden. Die Egon Wöhlken

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Mathematisches Institut regelmäßig abgehaltenen Vorlesungen und Seminaren. Die Mathematik an der Universität Gie­ Neben diesen Veranstaltungen für Mathe­ ßen blickt auf eine lange Tradition zurück. matiker bietet das Institut noch zahlreiche Schon 1609 gab es eine Mathematische Service-Vorlesungen für andere Fachberei­ Professur (Joachim Jungius), und auch in che an, so die Mathematik für Physiker, der Folgezeit war die Mathematik stets an für Chemiker und andere Naturwissen­ der Universität vertreten, wenngleich ihre schaftler. Professoren oft auch andere Fächer gleich­ Im Institutsgebäude befindet sich die Bi­ zeitig zu unterrichten haiten. bliothek, getrennt nach Monographien Der Entwicklung des Faches folgend, wur­ und Zeitschriften, in acht Zimmern, die de 1863, im Zuge der Berufung von Alfred gleichzeitig als Leseräume für die Benutzer Clebsch, ein eigenes Mathematisches Se­ dienen. Doktoranden und Studenten der minar eingerichtet, die Keimzelle des heu­ oberen Semester finden dort die für ihre tigen Mathematischen Instituts. In ihm wissenschaftliche Arbeit benötigte Litera­ wirkten so bedeutende Mathematiker wie tur, wobei auch die ausländischen Zeit­ Moritz Pasch, Ludwig Schlesinger, Eugen schriften ziemlich vollständig vorhanden Netto, Friedrich Engel und Egon Ullrich, sind. Dieser einfache Zugang zur Literatur der die Geschicke des Instituts von 1935 erleichtert die Arbeit am Mathematischen bis 1957 leitete. Institut ganz erheblich. Der weitere Ausbau der Universität und An Einrichtungen steht den Studenten und die stete Zunahme der Studentenzahlen Wissenschaftlern des Mathematischen In­ brachte in den Jahren 1960 bis 1972 eine stituts ferner das neue Rechenzentrum zur weitere Vervollständigung des Lehrkör• Verfügung, das eine gesamtuniversitäre pers mit sich, so daß vom Mathematischen Einrichtung ist. Dieses wurde seit 1962 aus Institut heute mit 14 Professoren und 18 kleinen Anfängen aufgebaut, bis Ende wissenschaftlichen Mitarbeitern die mei­ 1978 die Groß-Rechenanlage Cyber 174 sten wichtigen Gebiete der Mathematik in installiert wurde. An ihr arbeiten vorwie­ Lehre und Forschung angeboten werden gend Studenten und Mitarbeiter, die an können. Problemen der Numerischen Mathematik Im einzelnen sind dies verschiedene Teilge­ interessiert sind, jedoch treten auch in an­ biete der reellen und komplexen Analysis, deren Disziplinen der Mathematik heute Funktionalanalysis und Differentialglei­ Probleme auf, die ohne Computer nicht chungen, Geometrie und Algebra, Nume­ mehr zu bearbeiten sind. rische Mathematik und Stochastik, d. h. Entsprechend den späteren Berufsabsich­ Wahrscheinlichkeitstheorie und Mathe­ ten der Absolventen des Mathematik-Stu­ matische Statistik. Diese Gebiete sind so­ diums gibt es als Abschluß das Staatsex­ wohl Forschungsgebiete von Mitgliedern amen und das Diplom in Mathematik. Das des Lehrkörpers als auch Gegenstand von Staatsexamen führt in den Schuldienst, das

13 Diplom in der Regel zu einem Beruf in Studentenzahlen und die daraus folgende Wirtschaft und Industrie, wo die Mathe­ Erweiterung des Lehrkörpers führten 1964 matiker - dank der vielen EDV-Anlagen - zu zwei getrennten Seminaren für Didaktik vielfältige Einsatzmöglichkeiten gefunden der Mathematik und der Physik. haben. Neben dem Fach Mathematik hat Schon in den ersten Semestern nach der der Student noch ein zweites Fach zu stu­ Gründung der HfE erfolgte die fachmathe­ dieren. Hierfür kommt für das Staatsex­ matische Ausbildung der Lehrerstudenten amen die ganze Palette der anderen Schul­ (damals Volks- und Realschullehrer) fächer in Frage, für das Diplom in Gießen durch das Mathematische Institut. Nach zur Zeit Physik und Wirtschaftswissen­ der Auflösung der HfE, die als Abteilung schaften, d. h. Volkswirtschafts- und Be­ für Erziehungswissenschaften (AfE) 1967 triebswirtschaftslehre. Eine neue Diplom­ in die Universität integriert wurde, richtete prüfungsordnung, mit neuer Fächerwahl Prof. Dr. Günter Pickert spezielle mathe­ neben der Mathematik, ist gegenwärtig in matische Veranstaltungen für Lehrerstu­ Vorbereitung. denten der Volks- und Realschule ein. Die­ Die Berufsaussichten für Diplom-Mathe­ se Veranstaltungen werden bis heute fort­ matiker sind gegenwärtig ausgezeichnet. geführt. Dies gilt sowohl für diejenigen Absolven­ Die Verbindung zur Schulpraxis stellten an ten, die schon während ihres Studiums und der HfE und auch noch an der AfE wö• im Rahmen der Diplomarbeit schwer­ chentliche Schulhospitationen im Semester punktmäßig am Computer gearbeitet ha­ und zwei Praktika in der vorlesungsfreien ben, als auch für die Studenten, die sich in Zeit her. Die Hospitationen wurden den oberen Semestern den mehr theoreti­ schließlich wegen der steigenden Studen­ schen Teilen der Mathematik zugewandt tenzahlen durch eigene Fernsehübertra• haben. gungen (Unterrichtsmitschau) abgelöst. Zu erwähnen ist schließlich noch, daß sich Heute sind von diesen Veranstaltungen die das Mathematische Institut in Zusammen­ Praktika übriggeblieben, die allerdings arbeit mit dem Institut für Didaktik der durch eine Vorbereitung in kleinen Grup­ Mathematik seit vielen Jahren um einen pen intensiver gestaltet wurden. Auch die Kontakt mit den Lehrern der Gymnasien Vorbereitung und Durchführung der 1981 in Gießen und Umgebung bemüht und re­ eingerichteten Praktika für Studenten des gelmäßig Kolloquien abhält, welche di­ Lehramts an Gymnasien hat das Institut daktische Themen der Mathematik in der für Didaktik der Mathematik übernom• Schule behandeln. Dieter Gaier men. Neben der fachdidaktischen Ausbildung der Lehrerstudenten befassen sich die Mit­ Institut für Didaktik glieder des Instituts (fünf Professoren und der Mathematik vier wissenschaftliche Mitarbeiter) mit schulnahen Projekten und Untersuchun­ Das Institut für Didaktik der Mathematik gen, die sich vom Schulanfang bis zur Se­ gehört seit dem Sommersemester 1971 zum kundarstufe II erstrecken. Fachbereich Mathematik. Es wurde 1961 Von diesen Projekten und Untersuchun­ im Rahmen der Hochschule für Erziehung gen seien aus der Zeit nach 1979 erwähnt: (HfE) als Seminar für Didaktik der Mathe­ o Untersuchung von 55 Klassen des er­ matik und Physik unter Professor Eugen sten Schuljahres zur Ermittlung der Zah­ Steinruck gegründet. Das Anwachsen der lenkenntnis von Schulanfängern;

14 o Konzeption einer Theorie der Schul­ An allen diesen Aufgaben haben Ausbil­ buchanalyse und des Schulbuchvergleichs; dungsleiter, Lehrergruppen oder Studen­ o Beiträge zur Didaktik des Geome­ ten und zum Teil Mitarbeiter der Hessi­ trieunterrichts in der Sekundarstufe 1, ein­ schen Institute für Lehrerfortbildung schließlich einer empirischen Untersu­ (HILF) und für Bildungsplanung und chung der Fähigkeiten von Schülern des Schulentwicklung (HIBS) mitgewirkt, de­ achten Schuljahrs beim Lösen geometri­ nen das Institut an dieser Stelle für ihre scher Berechnungsprobleme; Hilfe und Mitarbeit herzlich dankt. o Entwicklung von Lernsequenzen zur Erwähnt sei in diesem Zusammenhang Wahrscheinlichkeitsrechnung und zur 00:. auch die Installierung der Datenverarbei­ schreibenden Statistik, sowie Erprobung tung am Institut, die empirische Untersu­ in rund 30 Real-, Gymnasial- und Gesamt­ chungen erst ermöglicht und der Ausbil­ schulklassen; dung der Studenten dient. Der Ausbau er­ o Entwicklung und Erprobung von Un­ folgte vom Kleinstcomputer mit Maschi­ terrichtsvorschlägen für die Hauptschule nensprache über einen Minicomputer und C-Kurse der Gesamtschule; (BASIC) bis zur Einrichtung einer Außen• o Untersuchungen im Bereich der refor­ stelle des Hochschulrechenzentrums. mierten Oberstufe über Fragen des Lehr­ stoffs und der Lernziele, insbesondere zur linearen Algebra. Karl Becht

15 Wir gratulieren der Universität Gießen zum 375jährigen Bestehen.

Im Rahmen der Ausstellung „375 Jahre Medizin in Gießen" vom 11. 5. bis 30. 6.1982 dokumentiert eine Sonderschau historischer Leitz-Mikroskope die enge Verbundenheit der Werke mit der Universität der Nachbarstadt. Pro- fessoren der medizinischen Fakultät beurteilten und lobten bereits um die Mitte des vorigen Jahrhunderts die Mikro­ skope aus der Wetzlarer Werkstatt, und Gießener Gelehrte trugen durch Anregung und Aufgabenstellung zur Verbesserung der optischen und mechanischen Qualität einer da­ mals zahlenmäßig noch bescheidenen Fertigung bei. Aus jenen Anfängen erwuchs die heute so enge Bindung der Leitz-Werke an die Natur­ wissenschaften. Deshalb gratulieren wir der Universität Gießen ganz besonders herzlich -...... , zu ihrem 375-jährigen Jubiläum und wünschen -....._,:i, ___„ ihr auch für die Zukunft große Erfolge in Forschung und Lehre. Ernst Leitz Wetzlar GmbH.

LEITZ heißt Präzision. Weltweit. e Physik

Die Physik an der Universität Gießen hat Neben ihm vertrat Paul Cermak9 als a. o. eine hervorragende Tradition. Zwar wurde Professor und persönlicher Ordinarius die 1 das Fach von Anfang an vertreten , die Richtung Angewandte Physik und Meteo­ Physik im heutigen Sinne beginnt aber erst rologie. Karl Bechert war seit 1934 Inha­ 2 im letzten Jahrhundert • Der erste Ordina­ ber des Lehrstuhls für Theoretische Physik rius, der nur das Fach Physik vertrat, war als Nachfolger von Jaffe, der 1934 aus Heinrich Buff, der hier von 1838 an drei Deutschland vertrieben worden war. Der Jahrzehnte den physikalischen Lehrstuhl endgültige Zusammenbruch erfolgte gegen inne hatte, zu seiner Zeit einer der angese­ Ende des Krieges. 1944 wurde das Physi­ henen Vertreter seines Faches in Deutsch­ kalische Institut fast völlig das Opfer eines land war und auch zu dem engeren Wir­ Bombenangriffs. Trotzdem planten die kungskreis von Liebigs gehörte. Gerade Physiker, die einen großen Teil des Instru­ diese Stellung zwischen Physik und Che­ mentariums durch Auslagerung nach Lau­ mie war der Anlaß, dem Ring, der die Neu­ terbach gerettet hatten, bald nach dem bauten von Physik und Chemie um­ Einmarsch der Amerikaner den provisori­ schließt, seinen Namen zu geben. schen Aufbau von Teilen des Instituts und In der Folge wirkten dann hier u. a. die die Aufnahme des Instituts- und Vorle­ späteren Nobelpreisträger Wilhelm Con­ sungsbetriebes. 3 rad Röntgen , Wilhelm Wien und Walther Bechert, der politisch völlig unbelastet 4 Bothe , außerdem so hoch angesehene Ex­ war, übernahm 1945 das Rektorat. Aber perimentalphysiker wie Franz Himstedt, die Landesregierung und die amerikani­ 5 6 Otto Wiener, Paul Drude , Walter König sche Besatzungsmacht waren der Ansicht, und Christian Gerthsen4 sowie die Theore­ daß 4 Hochschulen (Darmstadt, Frank­ tiker Karl Friedrich Fromme, Georg furt, Gießen und Marburg) für Hessen zu­ 7 8 Jaffe und Karl Bechert • An spektakulä• viel seien. Gießen wurde geschlossen, und ren Forschungsergebnissen von Physikern es verblieben nur Landwirtschaft und Tier­ in Gießen seien stellvertretend genannt: medizin mit einer kleinen naturwissen­ Der Nachweis der magnetischen Wirkung schaftlichen Rumpffakultät und etwas des Maxwellschen Verschiebungsstromes später eine Akademie für Medizinische durch Röntgen (von Poincare auch „Rönt• Forschung und Fortbildung. Alle Bemü• genstrom" genannt), die Konzeption des hungen zur Wiedereröffnung der Universi­ „Elektronengases" in Metallen durch Dru­ tät, an denen die Physiker Bechert und de und die Entdeckung angeregter Atom­ Hanle hervorragend beteiligt waren, waren kernzustände durch Bothe. gescheitert. Diese günstige Entwicklung wurde durch Aber die Physiker ließen sich nicht entmu­ den 2. Weltkrieg und seine Folgen jäh un­ tigen. Zwar ging Bechert, dessen Lehrstuhl terbrochen. Gerthsen war 1939 einem Ruf gestrichen worden war, 1946 an die neu ge­ an die Universität Berlin gefolgt. Sein gründete Universität Mainz, jedoch sein Nachfolger wurde 1941 Wilhelm Hanle. Nachfolger als Rektor war wieder ein Phy-

17 siker, Paul Cermak. Schon im Sommer schulen im In- und Ausland fand eine sol­ 1946 wurden die ausgelagerten Teile des che Entwicklung statt. Gießen mit seinem Instituts nach Gießen zurückgeführt, der breiten Spektrum naturwissenschaftlich­ Vorlesungs- und Forschungsbetrieb - biologischer Disziplinen durfte sich dem wenn auch unter widrigsten Umständen - nicht verschließen. Durch zähes Verhan­ wieder aufgenommen und das Physikali­ deln und unterstützt durch die Tatsache, sche Kolloquium wieder eröffnet. 1948 daß Hanle Rufe nach Berlin und Saar­ wurde die Zulassung von Studenten der brücken abgelehnt hatte, wurde erreicht, Naturwissenschaften wieder erreicht. Der daß 1960 mit der Planung der Neubauten für die Ausbildung von Physikern unab­ für die Physik am Leihgestemer Weg be­ dingbare Lehrstuhl für Theoretische Phy­ gonnen werden konnte. Als Nachfolger sik wurde auf Betreiben Hanles 1948 von von Cermak kam 1951 Eugen Saur aus Er­ den Leitz-Werken, Wetzlar, gestiftet. Er langen auf den Lehrstuhl für Angewandte erreichte auch den Aufbau des Instituts Physik. Durch die Ablehnung eines Rufes durch Eigenleistungen von Institutsange­ nach Köln erreichte er eine erhebliche Ver­ hörigen und durch viele Spenden. Darüber besserung der Ausstattung seines Institu­ hinaus engagierten sich die Physiker da­ tes. 1967 konnten das 1. Physikalische In­ mals bei Aufräumungs- und Bergungsar­ stitut und die Institute für Theoretische beiten an vielen anderen Stellen der Uni­ Physik und Angewandte Physik zusam­ versität. Zur 350-Jahrfeier 1957 war die men mit der Zentralbibliothek der Physik 10 Physik praktisch wieder voll intakt. Gie­ den Neubau beziehen • ßen war wieder Universität, die Weichen Ein geplanter Anbau für das 1963 neu ge­ waren gestellt für einen zukunftsweisenden schaffene II. Physikalische Institut wurde Auf- und Ausbau der Physik. leider nicht realisiert. Diesem Institut ste­ Dieser kurze Abriß sollte die Ausgangslage hen heute Räumlichkeiten beim Mathema­ der Physik in Gießen verdeutlichen, ohne tischen Institut in der Amdtstraße, im deren Kenntnis man die Entwicklung der Hörsaalgebäude der Physikalischen Insti­ letzten 25 Jahre nicht verstehen kann. An tute und in einem Stockwerk im Hauptge­ dieser Stelle muß aber auch einer ganzen bäude der Physik zur Verfügung. Für die­ Reihe von hochherzigen F örderem und sen zweiten Lehrstuhl für Experimental­ Stiftern gedacht werden, die es ermöglich• physik gelang es, Heinz Ewald von der ten, als die offiziell verantwortlichen staat­ Technischen Universität München zu ge­ lichen Stellen sich ihrer Verpflichtung ent­ winnen. Das II. Physikalische Institut ist zogen hatten, daß die Physik in Gießen seither für die Organisation der zahlrei­ wieder aufgebaut werden konnte. Zu nen­ chen Grundpraktika für Physiker, Mathe­ nen sind hier u. a. die Familie Leitz und un­ matiker, Chemiker, Biologen, Geologen, ser Ehrendoktor Henri Dumur von den Mineralogen, Mediziner, Zahnmediziner, Leitz-Werken, Wetzlar, Professor Wilhelm Haushalts- und Ernährungswissenschaft• Strahringer von der Hessischen Elektrizi­ ler zuständig, das 1. Physikalische Institut täts AG, Darmstadt, Direktor Hermann für das Praktikum für Fortgeschrittene Pfaff von der Firma Schunk & Ehe, Gie­ und die Experimentierübungen für Lehr­ ßen, und Dr. Arthur Pfeiffer von der Fir­ amtskandidaten. ma E. Pfeiffer, Wetzlar. Wegen der steigenden Studentenzahlen er­ Schon im Jubiläumsjahr 1957 war klar, gab sich ab 1969 die Notwendigkeit, die daß die Physik sich ausweiten würde. Dies Vorlesung Experimentalphysik für Anfän• lag auch im Zuge der Zeit. An vielen Hoch- ger aufzuteilen (eine für Naturwissen-

18 schaftler und Mathematiker und eine für Nachfolger. Horst Löb habilitierte sich Mediziner, Tiermediziner, Landwirte und 1967 und wurde 1970 Abteilungsvorsteher, Ernährungswissenschaftler). Beide Institu­ Karl-Heinz Schartner wure 1972 zum Pro­ te teilen sich seitdem in diese Aufgaben. fessor ernannt, er habilitierte sich 1976. Parallel mit der Errichtung der Neubauten Dietrich Schwabe habilitierte sich 1981 für die Physik gelang es, unter Federfüh• und wurde 1982 Privatdo7.ent. Gernot rung des Physikers Hanle etwa 1 km ent­ Born wurde 1971 Do7.ent, ging 1973 als fernt ein Strahlenzentrum für die U niversi­ Professor an das Institut für Didaktik der tät zu errichten, das neben allgemeinen Physik und ist seit 1975 Lehrstuhlinhaber Einrichtungen die Institute für Kernphysik in Duisburg. Im Rahmen der Arbeiten des und für Biophysik enthält. Auf den Lehr­ Instituts habilitierte sich 1963 Hans stuhl für Kernphysik wurde 1969 Günther Schneider. Die von ihm aufgebaute kern­ Clausnitzer von der Universität Erlangen, physikalische Abteilung bildete neben der auf den Lehrstuhl für Biophysik 1962 Al­ Biophysik eine der Keimzellen für das fred Schraub von der Universität Frank­ Strahlenzentrum (s. dort). furt, dem 1974 Wolfgang Lohmann aus In enger Zusammenarbeit und Verbunden­ München folgte, berufen. Über das Strah­ heit mit dem Institut habilitierte sich 1965 lenzentrum wird im Rahmen der Darstel­ Karl-Joachim Euler, damals in der Indu­ lungen der Disziplinen unserer Universität strie tätig. 1971 wurde er auf den Lehrstuhl getrennt berichtet. Mitglied des Fachberei­ für Technische Physik nach Kassel beru­ ches ist auch Bernulf Kanitscheider, der fen, ist uns aber als Honorarprofessor 1974 von Innsbruck auf den Lehrstuhl noch eng verbunden. 1973 wurde unser „Philosophie der Naturwissenschaften" langjähriger Lehrbeauftragter Ministerial­ berufen wurde, jedoch im Zentrum für rat Heinz Wagner zum Honorarprofessor Philosophie und Grundlagen der Wissen­ ernannt. Er liest über Probleme der Em,r­ schaft installiert ist. giewirtschaft und Kerntechnik. Dem Insti­ tut war bis zu seinem Tode 1980 eng ver­ 1. Physikalisches 1nstitut bunden auch Professor Roland Hermann, Die Leitung des Instituts lag seit 1941 in Leiter der Abteilung Medizinische Physik den Händen von Wilhelm Hanle. Nach sei­ des Fachbereichs Medizin. Ehemalige Mit­ ner Emeritierung wurde 1969 Arthur arbeiter des Instituts sind heute Lehrstuhl­ Scharmann nach Ablehnung eines Rufes inhaber an anderen Universitäten, so P. nach Kiel sein Nachfolger. Scharmann Bräunlich an der Washington State Uni­ hatte sich 1959 habilitiert, war 1965 Pro­ versity, A. Fischer in Dortmund, K. H. fessor und 1966 Abteilungsvorsteher ge­ Härdtl an der Technischen Universität worden. Durch Angebote von außen, u. a. Karlsruhe, H. Kleinpoppen an der Univer­ einen Ruf 1971 nach München, konnte er sität in Stirling (Schottland) und G. Krü• die Bedingungen für das Institut und dar­ ger an der TU Karlsruhe. über hinaus für die Gesamtphysik wesent­ Die experimentellen Arbeiten des Instituts lich verbessern. umfassen ein weites Spektrum. Zum Teil 1953 habilitierte sich Albert Schmillen, er sind die Fragestellungen prinzipiell, zum wurde 1959 zum Professor und 1966 zum Teil berühren sie Anwendungen. Einen Abteilungsvorsteher ernannt. Nach seiner größeren Teil der Arbeiten der letzten 25 Pensionierung 1979 wurde Gerd Her­ Jahre kann man unter dem Begriff „Wech• mann, ein Schüler Scharmanns, der seit selwirkung von Strahlung und Materie" 1975 als Professor in Kassel wirkte, sein zusammenfassen. Bearbeitet wurden und

19 werden Probleme aus der Festkörper-, der Marangoni-Konvektion gravitationsun­ Atom-, der Plasma- und der angewandten abhängig ist, wurden in jüngster Zeit sehr Kernphysik. erfolgreiche Experimente unter Schwerelo­ Die Festkörperuntersuchungen begannen sigkeit mit ballistischen Raketen (TEXUS) mit der Messung von Lumineszenzab­ durchgeführt. Das Institut wurde auch klingzeiten und Arbeiten über Szintillati­ aufgefordert, ähnliche Experimente für onszähler. Daher werden auch heute vor das internationale Vorhaben Spacelab vor­ allem leuchtfähige Stoffe untersucht. Die zubereiten. Arbeiten im Rahmen der Festkörperspek• Wesentliche Beiträge konnten in der Ver­ troskopie zur Untersuchung optischer, gangenheit auch an organischen Systemen magnetischer und elektrischer Eigenschaf­ geleistet werden. Mit Hilfe von Fluores­ ten mit einer Vielfalt von Verfahren wie zenz- und Phosphoreszenzmessungen wur­ Lumineszenz (integral, spektral, polari­ den insbesondere wichtige Probleme bei siert, zeitlich aufgelöst), Absorption und Energieübertragungsmechanismen an gas­ Reflexion, Elektronenspinresonanz, ther­ förmigen, flüssigen und hochrein präpa• misch stimulierte Transportphänomene rierten kristallinen Phasen aufgeklärt. (Lumineszenz und Leitfähigkeit) speziell Seit Mitte der 50er Jahre wird die Exoelek­ bei Wolframaten und Molybdaten führten tronenemission untersucht, d. h. die Emis­ an die vorderste Front der Forschung. sion von Elektronen nach einer Beanspru­ Große Anerkennung brachte die Untersu­ chung oder Bestrahlung von Festkörper• chung der Kristallfelder und der Gitterdy­ oberflächen und anschließender Stimulie­ namik dieser Stoffe. Hier besteht eine enge rung durch Zufuhr von Eriergie. Schwer­ Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe punkt war dabei stets die Bestimmung der von Professor Hoppe vom Anorganisch­ Elementarmechanismen dieses komplexen Ghemischen Institut. Ein großes Echo fan­ Effektes. So wurden die ersten wirklich de­ den auch die Experimente an II-VI-Ver­ finierten Untersuchungen an reinen Ober­ bindungen und der Beitrag zur Lösung des flächen im Ultravakuum durchgeführt. In prinzipiellen Problems, was eigentlich in zunehmendem Maße rückte die Bedeutung ZnS leuchtet. von Oberflächenparametern in den Vor­ Hohe internationale Anerkennung hat sich dergrund, die den Einsatz moderner das vor etwa 10 Jahren gegründete Kri­ Oberflächenanalysenverfahren (Auger­ stallzuchtlaboratorium erworben, es wur­ Spektroskopie, LEED und Austrittsar­ den neue Techniken entwickelt und in beitsmessungen) erforderlich machten. jüngster Zeit für die Festkörperexperimen• Die Summe der im Institut vorhandenen te viele interessante Verbindungen erst­ Kenntnisse und Verfahren führte zur An­ mals in Form großer Einkristalle herge­ erkennung als das international für die stellt. Grundlagen der heute so wichtigen Fest­ Seit 1975 werden die für die Kristallquali­ körperdosimetriemethoden (Thermolumi­ tät entscheidenden Transportmechanis­ neszenz, Radiophotolumineszenz, Exo­ men der Konvektion untersucht. Es ge­ elektronenemission u. a.) zuständige Labo­ lang, die Bedeutung der bisher vernachläs• ratorium. Es ist führend an den internatio­ sigten thermokapillaren Konvektion (Ma­ nalen Konferenzen über Festkörperdosi• rangoni-Konvektion) nachzuweisen und metrie und Exoelektronenemission betei­ interessante hydrodynamische Instabilitä• ligt, mit zahlreichen Instituten des In- und ten zu entdecken. Da die durch Oberflä• Auslandes besteht eine enge Zusammenar­ chenspannungsgradienten angetriebene beit.

20 Das vorhandene Spektrum der Festkör• der Sekundärelektronenemission von In­ per- und Oberflächenuntersuchungsme• teresse. Die Untersuchungen erfolgen zum thoden führte ferner zu einer intensiven Teil in Zusammenarbeit mit der Gesell­ Zusammenarbeit mit der Bergbau-For­ schaft für Schwerionenforschung (GSI), schung, , und verschiedenen medizi­ Darmstadt. nischen Instituten, vor allem mit Professor Im Rahmen der atomphysikalischen Un­ Beck vom Hygiene-Institut unserer Uni­ tersuchungen wurde das Gebiet der Hanle­ versität beim Problem der Silikose. Die schen Dissertation des Levelcrossing wie­ Testergebnisse lassen erwarten, daß sich der aufgegriffen (Nullfeld-Levelcrossing die verwendeten Verfahren zur Messung = Hanle-Effekt) und durch das Electro­ der Fibrogenität von Grubenstäuben ein­ optical level-crossing und das level-cros­ setzen lassen und damit die Bestimmung sing in selektiver Reflexion ergänzt. Die der dortigen Arbeitsplatzrisiken ermögli• magnetische Beeinflussung der Resonanz­ chen. fluoreszenz erlaubte dopplereffektfreie Eine andere Anwendung der im Institut Messungen zur Bestimmung von Lebens­ beherrschten Methoden führte zur Kon­ dauern und Hyperfeinstrukturaufspaltun­ struktion von Radionuklidbatterien. Am gen. Level-crossing in Vorwärtsstreuung Anfang stand die Bestimmung von Ein­ wird zum empfindlichen Nachweis von dringtiefen von niederenergetischen Elek­ Spuren von Elementen benutzt. Da zur tronen und Ionen in lumineszierenden Auswertung des Levelcrossing-Effekts an Aufdampfschichten sowie äie Schädigung einer Resonanzlinie ein Kontinuumsstrah­ der Leuchtstoffe durch Beschuß. Thema­ ler genügt, ist eine synchrone M ultiele­ tisch damit verbunden war die Entwick­ mentanalyse möglich. lung einer Radionuklidbatterie des radio­ Im Institut wurde eines der ersten Mode­ photovoltaischen Typs im Rahmen eines crossing-Experimente mit Hilfe eines Gas­ nationalen Forschungsprogramms. Eben­ lasers durchgeführt und zu einer hochauf­ falls im Rahmen dieses Programms wurde lösenden Methode zur optischen Spektro­ eine Radionuklidbatterie mit direkter Auf­ skopie entwickelt. Zur Zeit werden Experi­ ladung konzipiert. Hierbei wurden sehr in­ mente zur Spektroskopie mit gesättigter teressante, strahlungsresistente amorphe Laseranregung, zur optischen Doppelreso­ Isolierschichten entwickelt und unter­ nanzspektroskopie und Zweiphotonen­ sucht. spektroskopie durchgeführt. Eines der Großgeräte des Instituts ist ein Seit 1960 werden Ionenquellen im Hin­ 1,5 MeV-Van-de-Graaff-Ionenbeschleuni­ blick auf ihre Verwendung als Ionentrieb­ ger. Bearbeitet werden mit ihm zwei en­ werke für die Raumfahrt untersucht. In gere Themenkreise der Stoßphysik: Unter­ elektrostatischen Ionentriebwerken erzeu­ suchungen zur Wechselwirkung von gen die durch Hochspannungsfelder be­ schnellen Ionen mit Gasatomen und Gas­ schleunigten schweren Treibstoffionen molekülen einerseits und mit Festkörper• zwar einen relativ geringen Schub, liefern oberflächen andererseits. Das erste Gebiet aber rund zehnfach höhere spezifische Im­ besitzt grundlegenden Charakter in der pulse als herkömmliche Raketentriebwer­ Atomphysik, für das zweite sind dagegen ke. Die Arbeiten konzentrierten sich zu­ auch angewandte Aspekte aus dem Bereich nächst auf Antriebseinheiten für Sekun­ der Materialzerstörung (sputtering) und därschubaufgaben, d. h. zur Kompensa­ der Materialanalyse, z. B. der Messung der tion von Störkräften auf Satelliten. 1970 Ionenrückstreuung, der Lichtemission und begann unter Begleitung des Instituts die

21 Firma Messerschmitt-Bölkow-Blohm im mentalphysik II berufen. 1979 erfolgte sei­ Auftrag des BMFT mit der Industrialisie­ ne Emeritierung. Die Wiederbesetzung des rung der Aggregate, 1974 die Deutsche Lehrstuhls steht unmittelbar bevor. Forschungs- und Versuchsanstalt für Luft­ 1967 habilitierte sich Hermann Wollnik; er und Raumfahrt (DFVLR) Stuttgart mit ist seit 1972 Professor. 1968 habilitierte zahlreichen Qualifikationstests, in deren sich Ewald Konecny; er habilitierte sich Verlauf auch ein erfolgreicher 8 000-Stun­ 1969 an die Technische Universität Mün• den-Test durchgeführt wurde. 1978 er­ chen um, wurde dort Professor und ist seit reichte das Triebwerk den Status eines In­ 1975 in leitender Stellung in der Industrie genieurmodells. Ein größeres Triebwerk tätig. 1972 wurde Walter Seiht zum Profes­ verspricht als Marschtriebwerk für Satelli­ sor ernannt. 1979 habilitierte sich Martin ten und Raumsonden gewisse Zukunfts­ Vogler. aussichten. Die vielseitigen Lehr- und Forschungsauf­ Seit 1977 wird im Auftrag der DFG ein gaben des Institutes können nur mit Hilfe Radiofrequenz-Injektorgerät für Fusions­ einiger erfahrener und schon langjährig am anlagen entwickelt. Die kinetische Energie Institut tätiger Mitarbeiter durchgeführt der hochbeschleunigten Wasserstoffatome werden. Es sind dies die Herren Dr. W. soll die Fusionsplasmen von Torusmaschi­ Ackermann, Dr. U. Czok, Dr. G. Fiedler, nen bis zur Zündtemperatur aufheizen. Es Dr. R. Ludwig. zeigte sich, daß das untersuchte Hf-Gerät Schwerpunkte der wissenschaftlichen Ar­ gegenüber der ausländischen Konkurrenz beiten des II. löstitutes sind: Massenspek­ die besonderen Vorteile eines einfachen troskopie, Ionenoptik, Teilgebiete der Aufbaus, hoher Betriebssicherheit und Le­ Kernphysik (Schwerionenphysik) und der bensdauer, sowie vor allem einen sehr ho­ Atomphysik (Stoßdissoziationen von hen Protonenanteil besitzt. Das lnjektor­ komplexen Ionen). system wird zur Zeit auf größere Ionen­ Besonders interessante Forschungsergeb­ quellenquerschnitte hin verbessert. Es soll nisse wurden im Bereich der Kernphysik in naher Zukunft an der Fusionsanlage erzielt. Nach eigenen Berechnungen und ASDEX des MPI Garching mit einer Vorschlägen wurden von Mitgliedern des Strahlleistung von 1 Million Watt erprobt Instituts an zwei bedeutenden auswärtigen werden. Forschungseinrichtungen drei ionenopti­ Die Erfolge des Instituts wären nicht mög• sche Großgeräte (Separatoren für Schwer­ lich ohne den Einsatz einer ganzen Reihe ionenstrahlen) erbaut, zum Teil unter Mit­ von erfahrenen Laborleitern: Dr. M. wirkung von Kollegen aus anderen Institu­ Böhm, Dr. J. Freisinger, Dr. R. Grasser, tionen: Dr. K. Grob, Dr. D. Hasselkamp, Dr. A. a) Zwei dieser Separatoren (LOHEN­ Hofstaetter, Dr. W. Kriegseis, Dr. W. GRIN und OSTIS) befinden sich am Krüger, Dr. G. Lasnitschka, Dr. E. Pitt, deutsch-französisch-englischen Hochfluß• Dr. W. Rehmann, Dr. D. Schalch und Dr. reaktor des Institut Laue-Langevin (ILL) D. Schwabe sowie zahlreichen anderen in Grenoble. Sie dienen zur schnellen Mitarbeitern. Massentrennung von Spaltprodukt-Ionen­ strahlen, die im Neutronenfeld des Reak­ II. Physikalisches Institut tors aus dünnen bzw. dickeren Uran­ Wie schon dargestellt, wurde das II. Physi­ schichten austreten. Bei LOHENGRIN kalische Institut 1963 errichtet. Heinz werden hierbei die etwa 20 fach geladenen Ewald wurde auf den Lehrstuhl Experi- hochenergetischen Spaltprodukte ge-

22 trennt, bei OSTIS werden. diese Spaltpro­ jektilionen messen zu können, wird dieser dukte zuerst abgebremst und dann neu io­ hinter dem Target mit Hilfe von SHIP zur nisiert durch ein Magnetfeld separiert. Seite gelenkt, während der Strahl der Mit Hilfe von LOHENGRIN erhält man Compoundkerne in Geradeausrichtung die für das Verständnis der Kernspaltung auf einen großen ortsempfindlichen De­ wichtigen Massen- und Kernladungsver­ tektor fokussiert wird. Der Separator ist teilungen von Uran-Spaltprodukten. etwa 15 m lang und weist 12 hintereinan­ Mit OSTIS können u. a. kernspektroskopi­ der gesetzte Felder auf. Er wird jetzt von sche Untersuchungen an besonders neu­ einer GSI-Arbeitsgruppe betrieben, deren tronenreichen Nukliden durchgeführt wer­ Mitglieder u. a. aus dem Gießener II. Phy­ den, wie sie für das Verständnis der Ele­ sikalischen Institut und aus Darmstädter mententstehung in Nova- und Supernova­ Instituten stammen. SHIP erfüllt die daran Sternexplosionen wichtig sind. geknüpften Erwartungen voll und ganz: Diese beiden Geräte werden Arbeitsgrup­ o Es wurden damit etwa 50 neue, ex-insta­ pen aus verschiedensten Ländern zur Ver­ bile Kernarten am Rande der Energietal­ fügung gestellt. Auch viele Mitarbeiter des fläche nachgewiesen. Gießener II.· Physikalischen Institutes ha­ o Weiterhin wurden erstmalig Kerne eines ben daran wissenschaftliche Untersuchun­ neuen Elementes (eines Transurans) mit gen durchführen können und können dies der Ordnungszahl 107 entdeckt. auch weiterhin. Dabei wurden auch bisher o Bei künstlich hergestellten sehr neutro­ 151 nicht bekannte, ungewöhnlich stark defor­ nenarmen Lu80-Kernen wurde direkte mierte und neutronenreiche Sr-Isotope Protonenemission beobachtet. Bis dahin aufgefunden und untersucht. war nur ein einziger solcher Protonenzer­ b) Eine Gruppe des Instituts erbaute am fall bekannt. Schwerionenbeschleuniger der Gesell­ Im Rahmen der kernphysikalischen Un­ schaft für Schwerionenforschung (GSI) in tersuchungen beschäftigt sich eine Arbeits­ Wixhausen bei Darmstadt das Geschwin­ gruppe des Institutes seit Jahren mit der digkeitsfilter SHIP (Separator for heavy Entwicklung und Untersuchung von Fest­ ion reaction products). Es dient zur räum• körper-Spurdetektoren für schnelle schwe­ lichen Separation von hochenergetischen re Ionen. Diese Detektoren eignen sich Ionenstrahlen unterschiedlicher Ge­ u. a. zur Analyse von Schwerionenreaktio­ schwindigkeiten. Die Notwendigkeit einer nen mit drei, vier und fünf Teilchen im solchen Separation ergibt sich, wenn Pro­ Endkanal. jektilionen der Masse M 1 mit hoher Ge­ Wichtige Beiträge für die Entwicklung von schwindigkeit ein dünnes Target, bestehend Teilchenspektrometern und Strahlführun• aus Atomen der Masse M2 , durchsetzen gen stellen auch die am II. Physikalischen und dabei mit relativ geringer Ausbeute Institut durchgeführten theoretischen Be­ Compoundkerne der Masse M 1 +M2 bil­ rechnungen zur Bewegung geladener Teil­ den. Die nur wenig abgebremsten chen in elektromagnetischen Feldern dar. Projektilionen und die gebildeten Com­ Von hohem Interesse sind auch die atom­ poundkerne verlassen das Target auf der physikalischen Untersuchungen zur Stoß• Rückseite als gemeinsamer Strahl, die dissoziation von Molekül-Ionen und hier Compoundkerne allerdings mit einer be­ insbesondere von H+ -Ionen. Sie werden trächtlich kleineren Geschwindigkeit. Um mittels einer eigens entwickelten Laufzeit­ die gebildeten Compoundkerne ungestört differenz-Methode vorgenommen, die den durch den viel intensiveren Strahl der Pro- Vorteil hat, daß dabei auch neutrale Reak-

23 tionsprodukte gemessen werden können. romagnetismus. Durch den Einsatz von Mit Hilfe von speziellen, zum Teil selbst er­ SQUIDS werden Messungen an ferroma­ bauten Massenspektrometern werden am gnetischen Proben mit geringen geometri­ Institut auch isotopenchronologische Ar­ schen Abmessungen ermöglicht, die neuer­ beiten durchgeführt. Diese Untersuchun­ dings von erhöhtem technischen Interesse gen, bei denen heikle Ionenquellen-Proble­ sind. Im Vordergrund der Untersuchun­ me zu lösen sind, werden neuerdings inten­ gen stehen die elementaren Magnetisie­ siviert. rungsprozesse in solchen Proben. Institut für Angewandte Physik Institut für Theoretische Physik Nach der Emeritierung von Cermak wurde 1951 Eugen Saur als Extraordinarius für Theoretische Physik 1 Experimentalphysik berufen. Der allge­ Viele Jahre nach Kriegsende befand sich meinen Entwicklung Rechnung tragend, die Theoretische Physik in Gießen in einer wurde die Abteilung in ein Institut für An­ sehr schwierigen Lage. Auf den einzigen - gewandte Physik umgewandelt und Saur von den Leitzwerken Wetzlar gestifteten - 1961 zum Ordinarius für das Fach Ange­ Lehrstuhl war Werner Döring von Braun­ wandte Physik ernannt. Saur kam von der schweig berufen worden. Er hatte die gan­ Röntgenphysik. In Gießen mußte er zu­ ze Last der Ausbildung in Theoretischer nächst mit geringsten Mitteln auskommen. Physik zu tragen. Nach seiner Wegberu­ Er verlegte sich dann auf das aktuelle Ge­ fung nach 1962 wurde 1963 Ger­ biet der Supraleitung. Hier erwarb er sich not Eder von der Universität Wien beru­ internationale Anerkennung durch die fen. Eders Arbeitsgebiet ist die Theoreti­ Präparation und Charakterisierung supra­ sche Kernphysik; er ist weit bekannt ge­ leitender Materialien mit hohem Sprung­ worden durch sein Lehrbuch „Kernkräf• punkt. Ein besonderer Erfolg war die Rea­ te". 1971 folgte Eder einem Ruf an die lisierung des ersten Multifilamentleiters Technische Hochschule Wien und zugleich auf der Basis von Nb3Sn. Derartige multi­ als Direktor an das Atominstitut der öster• filamente Leiter haben heute große techni­ reichischen Hochschulen. Ein Schüler sche Bedeutung erlangt. Eders, der auf dem gleichen Gebiet wie er 1962 habilitierte sich Georg Franke von gearbeitet hatte, Hannes Bolterauer, wur­ der Firma Leitz, 1970 wurde er Professor. de 1972 zum Professor ernannt und arbei­ Er vertrat bis vor kurzem im Spektrum der tet seitdem hier auf dem Gebiet der Theo­ Angewandten Physik das Gebiet Optik. retischen Festkörperphysik. Nach der Emeritierung von Saur gelang es 1972 wurde als Nachfolger Eders Ulrich 1976, Christof Heiden von der Universität Mosel, damals an der University of Wa­ Münster zu gewinnen, der im besten Sinn shington in Seattle, USA, nach Gießen be­ sowohl die Kontinuität der bisherigen Ar­ rufen. Er setzte das Arbeitsgebiet Eders, beitsrichtung gewährleistet, wie auch neue die Theoretische Kernphysik, fort. Dabei Impulse gab. Unterstützt wird er von Dr. beschäftigte er sich zunächst mit Eigen­ H. Rogalla als Laborleiter. Zu nennen sind schaften sehr schwerer Atomkerne; in den hierbei Entwicklung und Anwendung letzten Jahren liegt das Hauptgewicht sei­ supraleitender Quanteninterferometer ner Arbeiten auf dem Gebiet der Theoreti­ (SQUIDS), Sensoren, die die derzeit emp­ schen Schwerionenphysik, die in enger Zu­ findlichsten Meßorgane für Magnetfelder sammenarbeit mit der Gesellschaft für darstellen. Ein neues Arbeitsgebiet ist Fer- Schwerionenforschung Darmstadt betrie-

24 ben wird. Hier werden solche Probleme gewinnen, zunächst 1962 als persönlicher wie die Fusion schwerer Atomkerne, die Ordinarius und 1963 als ordentlicher Pro­ Struktur von hochangeregten Kernen und fessor zu wirken. Kockel ist durch die wis­ die Reaktionsdynamik beim Stoß zweier senschaftliche Betreuung der deutschen schwerer Ionen untersucht. Übersetzung des Lehrbuchs „ Theoretische Zusammen mit Dr. D. Glas, der sich 1978 Kernphysik" von Blatt und Weisskopf so­ habilitierte und seitdem im Schuldienst tä• wie sein Lehrbuch „Darstellungstheoreti• tig ist, konnte z. B. gezeigt werden, daß die sche Behandlung einfacher wellenmecha­ Wahrscheinlichkeit für die Fusion zweier nischer Probleme" bekannt. In Gießen be­ schwerer Kerne zunächst zunimmt mit schäftigte er sich mit großem Erfolg mit wachsender Einschußenergie, dann aber Quantenchemie, d. h. mit der Bindung ein­ bei sehr hohen Energien wieder abfällt; ein facher Moleküle. Verhalten, das mittlerweile auch experi­ Eine Schülerin von ihm, Frau Sigrid Peyer­ mentell gut bestätigt ist. imhoff, habilitierte sich in Gießen 1967 Neuere Arbeiten betreffen die Berechnung und ist jetzt Ordinaria für Theoretische magnetischer Momente von Atomkernen Physik in Bonn. Sie setzt mit Computern in hohen Rotationszuständen. Dabei wur­ die Forschung auf diesem Gebiet mit gro­ de ein klassisch völlig unverständliches ßem Erfolg fort. Ein anderer Schüler Ko- . Phänomen registriert: Obwohl die Kerne ckels, Norbert Grün, der auf dem gleichen immer schneller rotieren, fällt das magneti­ Gebiet gearbeitet hat, wurde 1972 hier zum sche Moment ab. Auch dies ist inzwischen Professor ernannt. bestätigt worden. Nachfolger von Kockel wurde 1967 Wer­ Alle diese Forschungen erfordern einen er­ ner Scheid aus Frankfurt - wie Mosel ein heblichen numerischen Aufwand, der weit Schüler von Walter Greiner. Er vertritt über die Möglichkeiten des Hochschulre­ hier die theoretische Atomphysik. Zusam­ chenzentrums hinausgeht. Seit einigen men mit Norbert Grün beschäftigt er sich Jahren besteht daher im Institut für Theo­ mit der Berechnung von Anregungs-, Ioni­ retische Physik eine Datenstation, die über sierungs- und Umladungs-Querschnitten eine direkte Standleitung an die Großcom• in atomaren Stößen, mit der numerischen puter der Gesellschaft für Schwerionenfor­ Lösung der zeitabhängigen Schrödinger• schung Darmstadt angeschlossen ist. Dies und Dirac-Gleichung und mit dem Viel­ ist ein Zeichen dafür, daß sich auch der elektronen-Problem mit Hilfe klassischer Charakter der Theoretischen Physik ge­ Monte-Carlo-Trajektorien-Verfahren. Ein wandelt hat: ursprünglich eine reine zweites Arbeitsgebiet in Zusammenarbeit „Buch-Wissenschaft", benötigt sie heute mit der GSI in Darmstadt ist die nukleare auch eine gewisse apparative Ausstattung, Schwerionenphysik. Es werden Untersu­ wenn sie experimentnah arbeiten will. chungen zum Problem der Kernmoleküle mit Hilfe molekularer Schalenmodelle aus­ Theoretische Physik II geführt sowie die sequentielle Spaltung Ein zweiter Lehrstuhl Theoretische Physik und die Dissipation von Energie in - eine conditio sine qua non für eine eini­ Schwerionenstößen untersucht. germaßen gute Ausbildung - wurde erst 1963 geschaffen. Nach langen Bemühun• Theoretische Physik III gen gelang es, Bernhard Kockel aus Berlin, Der dritte Lehrstuhl für theoretische Phy­ der schon vom Wintersemester 1960/61 bis sik, mit dessen Errichtung das volle Lehr­ 1961/62 Döring vertreten hatte, dafür zu programm nach den Plänen des Wissen-

25 schaftsrates durchführbar wurde, existiert werden können. In letzter Zeit haben be­ seit 1966. Er ist der Festkörperphysik ge­ sonders H. Bolterauer, aber auch Dr. S. widmet. Damit ist nach Gießen das Gebiet Diederich, die Dynamik von Kristallen mit der Theoretischen Physik zurückgekehrt, stark nichtlinearen Kräften bearbeitet, die das Döring bis zu seinem Weggang hier deswegen in den Vordergrund des Interes­ vertrat. ses rücken, weil bei einigen dieser Systeme Der Lehrstuhl wurde mit Wolfgang Lud­ Bewegungen fester Form und hoher Stabi­ wig besetzt, der 1969 einen Ruf nach lität auftreten - sogenannte Solitonen. Darmstadt annahm und jetzt an der Uni­ Von ihnen erhofft man sich grundsätzliche versität Münster lehrt. Sein Nachfolger ist Fortschritte über das Gebiet der linearen seit 1971 Walter Biem, wie Ludwig Schüler und schwach nichtlinearen Kräfte hinaus. von Richard Becker und Günther Leib­ Am hiesigen Lehrstuhl werden insbeson­ fried. Er war vorher an der Kernfor­ dere die von Toda vorgeschlagenen Kräfte schungsanlage Jülich tätig. In der Theore­ bearbeitet. tischen Physik III arbeitet Hannes Bolter­ auer mit. Von den wissenschaftlichen Mit­ Institut für Didaktik der Physik arbeitern habilitierten sich 1976 Franz-Ge­ Im Jahre 1961 wurde die „Hochschule für org Mertens, jetzt Professor an der U niver­ Erziehung an der JLU" (HfE) gegründet; sität Bayreuth, und 1978 Peter Gillessen, sie sollte, wie zuvor die „Pädagogischen In­ der in der Industrie tätig ist. stitute" in Weilburg und Jugenheim, der Am Lehrstuhl wurde seit seiner Errichtung Ausbildung von Grund-, Haupt- und Re­ insbesondere die Gitterdynamik, d. h. die alschullehrern dienen, womit diese Aufga­ Bewegung der Atome in Kristallen, unter­ be erstmalig einer Universitätsinstitution sucht. Von Ludwig stammen mehrere in­ übertragen wurde. ternational angesehene Bücher und Zu­ In Gießen wurde die fachwissenschaftliche sammenfassungen über die Fortschritte Einführung der Wahlfachstudierenden auf diesem Gebiet. Mit Biem verlagerte von den beiden Physikalischen Instituten sich das Interesse auf die Dynamik von fe­ übernommen, für die didaktisch-schul­ stem Helium und festem Wasserstoff, weil praktische Ausbildung wurden zwei päd• bei diesen Stoffen, deren interatomare agogische Mitarbeiter aus dem Schuldienst Kräfte gut bekannt sind, die Auswirkun­ an das Seminar versetzt. gen der Quantenmechanik besonders deut­ Nach Berufung von Walter Gaumer von lich hervortreten. Daher können für diese der Pädagogischen Hochschule Hannover . Substanzen Eigenschaften von den Grund­ im November 1963 auf den Lehrstuhl für lagen und Ausgangsgleichungen her ver­ Didaktik der Physik wurde mit Erlaß vom standen und quantitativ berechnet werden. 8. Februar 1964 das „Seminar für Didaktik Entsprechendes gilt für Kristalle aus meh­ der Physik" eigenständig und auch perso­ reren statistisch auf die Gitterplätze ver­ nell erweitert, wobei sich sehr vorteilhaft teilten Komponenten. In solchen Systemen auswirkte, daß mehrere heutige Mitarbei­ ist wegen der Unordnung die Theorie der ter aus den Gießener Instituten stammten, Kristallschwingungen sehr kompliziert. nämlich Dr. R. Hagner, Dr. P. Ganz und Wiederum ist es interessant, daß Quanten­ Dr. J. Seibert. kristalle (aus Wasserstoffmolekülen oder Nach Umwandlung der HfE in die „Abtei• Heliumatomen) mit Unordnung Systeme lung für Erziehungswissenschaften" (AfE) darstellen, bei denen durch das Experi­ 1966 siedelte diese 1967 aus dem Provisori­ ment die Aussagen der Theorie überprüft um Lieber Straße 74 in den für ihre Be-

26 lange erstellten Campus Karl-Glöckner• Akzente zu setzen. Die Zuordnung des In­ Straße 21 über. Die Arbeitsmöglichkeiten stituts für Didaktik der Physik zum Fach­ des Seminars, mit den Didaktikseminaren bereich Physik bietet eine gute Chance zur der Mathematik, Chemie und Biologie in engen Wechselwirkung mit den anderen einem Hause vereint, wurden wesentlich Instituten, besonders hinsichtlich einer verbessert; auch die seit 1964 bestehende fachlich und fachdidaktisch profilierten Seminarwerkstatt bekam ein eigenes Gymnasiallehrerausbildung. Schwerpunk­ Werkstattgebäude mit Arbeitsplätzen für te der Arbeiten sind wissenschaftstheoreti­ Studenten, womit - damals erstmalig in ei­ sche und physikhistorische Analysen der nem Physikdidaktikseminar - wichtige physikalischen Begriffs- und Theorienbil­ Voraussetzungen für die Einbeziehung der dung sowie hochschuldidaktische Proble­ technischen Bildung geschaffen wurden. me der Elementarisierung der Quanten­ Auf den 2. Lehrstuhl für Didaktik der Phy­ physik und Relativitätstheorie. sik wurde im Sommersemester 1971 Wil­ In diesem Zusammenhang leitete Kuhn zu­ fried Kuhn berufen; er war als Oberstu­ sammen mit Scharmann ein von der Stif­ diendirektor Leiter des Lehrerfortbil­ tung Volkswagenwerk gefördertes For­ dungsinstituts in Frankfurt und als Lehr­ schungsprojekt „Elementarisierung der beauftragter, vorwiegend für Geschichte Festkörperphysik" sowie ein vom Bundes­ der Physik und Astronomie, seit 1965 mit ministerium für Bildung und Wissenschaft dem Seminar verbunden. unterstütztes Projekt „Integrierte Lehrer­ Mit der Umstrukturierung der Universität ausbildung''. 1971 wurde die AfE als übergreifende In­ Weitere Arbeitsgebiete sind: Physikalisch­ stitution der Lehrerbildung aufgelöst und technische Aspekte des Sachunterrichts in · das „Institut für Didaktik der Physik" dem der Grundstufe; technische Bildung, die Fachbereich zugeordnet. Die räumliche namentlich im Zusammenhang mit dem Unterbringung blieb erhalten; der Arbeits­ neuen Prüfungsfach Polytechnik/Arbeits­ bereich erweiterte sich durch Beteiligung lehre als eigenständiges Lehr- und didakti­ an der didaktischen Ausbildung der Stu­ sches Forschungsgebiet besondere Bedeu­ dierenden für das Höhere Lehramt. Der tung erlangt hat. schon innerhalb der AfE betriebene perso­ Die nun seit fast 10 Jahren in Gießen regel­ nelle Ausbau wurde wegen der außeror• mäßig stattfindenden Frühjahrstagungen dentlichen Zunahme der Studentenzahlen des Fachausschusses Didaktik der Physik fortgeführt und erreichte 1972/73 den ma­ der Deutschen Physikalischen Gesell­ ximalen Stand von 14 Mitarbeitern und schaft, die in enger Verbindung zwischen mehreren Lehrbeauftragten. Zusammen dem 1. Physikalischen Institut und der Di­ mit dem schon früher erwähnten Gemot daktik durchgeführt werden, haben der Born wurde der Dozent am Didaktik-In­ Gießener Universität in der Physikdidak­ stitut, Gerd Schwarz, 1973 zum Professor tik internationale Anerkennung ver­ ernannt. schaffi. Nach Emeritierung von Gaumer Ende Sommersemester 1979 wurde 1981 Herbert Ausblick Schramm von der Gesamthochschule Kas­ Schon vor über 100 Jahren schrieb der Ma­ sel als Nachfolger berufen. thematiker Baltzer 2 nach dem Tode Buffs Die äußere Umstrukturierung war eine be­ als Vorsitzender der Berufungskommissi­ sondere Herausforderung, für die Arbeit on, der es gelang, Röntgen für Gießen zu des Instituts in Lehre und Forschung neue gewinnen:

27 „Die zu besetzende Stelle gehört zu den Gießener Hochschulgesellschaft, 14. Jg., Gießen wichtigsten Professuren der Universität. 1940, s. 17-39. Der Unterricht in der Physik ist von der 2 W. Lorey: Die Physik an der Universität Gießen im 19. Jahrhundert. In: Nachrichten der Gießener größten Bedeutung zuerst für die Studieren­ Hochschulgesellschaft, 15. Jg., Gießen 1941, S. den der Medizin,ferner für die Studierenden 80-132. der Mathematik, welche auf der Universität 3 W. Hanle: Röntgens physikalische Entdeckungen. zugleich als die künftigen Lehrer der Physik In: Gießener Hochschulblätter, 10. Jg., Gießen auszubilden sind, ferner für die Studieren­ 1963, H. 2/4, S. 2-4. den der Chemie, Technologie, Pharmatrie A. Scharmann: Röntgen und Gießen. In: JLU-Fo­ rum, Gießen 1973, H. 35, S. 2. sowie Forstwissenschaften und die beschrei­ 4 W. Hanle u. A. Scharmann: Lebensbild Christian benden Naturwissenschaften. Sehr verschie­ Gerthsen. In: Gießener Gelehrte in der 1. Hälfte den ist die Stellung des Physikers unter den des 20. Jahrhunderts, hrsg. von H.G. Gundel, Kollegen, mit denen ihn sein Fach in Berüh• P. Moraw, V. Press (Veröffentlichungen der Hi­ rung bringt ..." storischen Kommission für Hessen in Verbindung mit der Justus-Liebig-Universität Gießen, Bd. 35, Hieran hat sich bis heute nichts geändert. 2), Marburg 1982. Physik ist mehr denn je eines der zentralen 5 W. Hanle u. A. Scharmann: Lebensbild Paul Dru­ Fächer unserer Universität. Für mehr als de (ebd.). die Hälfte der Studierenden ist Physik ein 6 W. Hanle u. A. Scharmann: Lebensbild Walter Teil ihrer Ausbildung. Physikalische Me­ König (ebd.). thoden und Modelle spielen in zahlreichen 7 W. Hanle u. A. Scharmann: Lebensbild Christian Gerthsen (ebd.). Fächern eine tragende Rolle, gerade an un­ 8 serer Universität mit ihrer in Deutschland W. Hanle u. H. Jehle: Nachruf auf K. Bechert. In: Physikalische Blätter, Jg. 37, Weinheim 1981, S. einzigartigen Vielfalt an naturwissen­ 376. schaftlich betonten Disziplinen. 9 W. Hanle u. A. Scharmann: Lebensbild Paul Cer­ Wilhelm Hanfe/ Arthur Scharmann mak. In: Gießener Gelehrte in der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts (vgl. oben, Anm. 4). Anmerkungen 10 W. Hanle u. A. Scharmann: Zur Einweihung der Neubauten der Physikalischen Institute. In: Gie­ 1 W. Lorey: Die Physik an der Universität Gießen ßener Universitätsblätter, 1. Jg., H. 2, Gießen im 17. u. 18. Jahrhundert. In: Nachrichten der 1968, S. 89-94; 2. Jg., H. l, Gießen 1969, S. 88-97.

28 Chemie

Institut für Organische Chemie

„Ich freue mich, die Heimat der organi­ Krollpfeiffer am Institut tätig. In seine schen Chemie kennenzulernen", so schrieb Amtszeit fielen umfangreiche Planungen neulich ein junger japanischer Dozent, als für einen Neubau der Chemischen Institu­ er sich für die Einladung zu einem Vortrag te. im hiesigen organisch-chemischen Kollo­ Die Zunahme der Studenten- und Mitar­ quium bedankte. Eine solche Äußerung beiterzahlen machten eine Trennung des beweist mehr als viele Worte, in welchem bisherigen Chemischen Instituts in ein In­ Maße das Wirken eines Justus von Liebig stitut für Anorganische Chemie und ein In­ auch heute noch nachwirkt und, verbun­ stitut für Organische Chemie erforderlich. den damit, der Name Gießen unter Chemi­ Der Neubau der Chemischen Institute, kern selbst in fernen Ländern Klang hat. dessen Planung 1960 begann, wurde 1975 Auch nach rund 150 Jahren ist noch in Er­ nach vielerlei Schwierigkeiten fertiggestellt innerung, daß die Stätte Liebigs einmal als und bezogen. Mekka der organischen Chemie gegolten Inzwischen hatte - nach der Emeritierung hat. Es paßt in diesen Rahmen, daß unsere von Kröhnke- Dieter Seebach (geb. 1937, Universität die einzige ist, die den Namen Promotion 1964, Habilitation 1969, Ruf eines Chemikers trägt. nach Zürich 1977) die Leitung des Instituts Im Jahre 1888 zog die Chemie in das Insti­ übernommen; ihm folgte 1978 Günther tut in der Ludwigstraße 21, dem eine wech­ Maier (geb. 1932, Promotion 1959, Habili­ selvolle Geschichte bevorstand, ein. Weni­ tation 1964). Vorübergehend vertraten das ge Jahre nach der Einweihung mußte das Fach Organische Chemie in den letzten 25 Institut nach einem Großbrand neu aufge­ Jahren folgende Hochschullehrer: Jürgen baut werden. 1944 fiel es den Bomben zum Gosselck (geb. 1927, Promotion 1958, Ha­ Opfer. Trotz der teilweisen Zerstörung der bilitation 1961, Ruf nach Kassel 1974), Institutsgebäude wurde nach dem Krieg Wilhelm Paul Neumann (geb. 1926, Pro­ der Labor- und Forschungsbetrieb wieder motion 1952, Habilitation 1959, Ruf nach aufgenommen. Mit der Berufung von Dortmund 1962), Volker Jäger (geb. 1942, Friedrich Krollpfeiffer (geb. 1892, Promo­ Promotion 1970, Habilitation 1979, Ruf tion 1914 in Marburg, Habilitation 1922, nach Würzburg 1980) und Dieter Enders gest. 1957) am 1.April 1952 war eine Basis (geb. 1946, Promotion 1974, Habilitation für einen neuen Beginn gegeben. In seiner 1979, Ruf nach Bonn 1980). Zeit wurde der Wiederaufbau des Instituts Das Fach organisch-chemische Technolo­ in der Ludwigstraße 21 betrieben und voll­ gie nahm über viele Jahre im Rahmen einer endet. Die neuen Räume konnten im Mai Honorarprofessur Otto Horn (geb. 1904, 1956 in Betrieb genommen werden. Seit Promotion 1927) wahr, diese Aufgabe 1956 war Fritz Kröhnke (geb. 1903, Pro­ wurde danach ab 1976 von Harald Jensen motion 1928 in Berlin, Habilitation 1936, (geb. 1923, Promotion 1955, ab 1979 Ho­ gest. 1981) zunächst als apl. Professor, norarprofessor) übernommen. Professor dann von 1958-1970 als Nachfolger von Horn ist der Universität auch heute noch

29 als Ehrensenator eng verbunden. Einen ein ordnendes Prinzip für die fast unüber• Lehrauftrag für die Anwendung spektro­ schaubare Vielfalt an Möglichkeiten zu skopischer Methoden hat seit 1961 Ernst finden, verlangen einen großen apparati­ Hoffmann (geb. 1917, Promotion 1943, ab ven Aufwand. 1970 Honorarprofessor) inne. Die aufgeführten Forschungsarbeiten wer­ Die zur Zeit laufenden Forschungsaktivi­ den getragen von den Professoren Huber­ täten im Bereich der organischen Chemie tus Ahlbrecht (geb. 1938, Promotion 1966, sind breit gefächert. So ist es kein Wunder, Habilitation 1970), Rainer Askani (geb. daß die synthetische Chemie, der gerade in 1939, Promotion 1965, Habilitation 1971), jüngster Zeit wieder ein hoher Stellenwert Günther Maier und Junes Ipaktschi (geb. zuerkannt wird, hierzulande einen wohl­ 1940, Promotion 1966, Habilitation 1972). etablierten Platz hat. Ziel hierbei ist es, Die Zusammenarbeit mit einer stattlichen Bausteine in die Hand zu bekommen, die Reihe von akademischen Räten, Dokto­ sich zur Darstellung auch der komplizier­ randen und Diplomanden ist hierbei das testen Moleküle, z.B. von Naturstoffen, tragende Fundament. eignen. Die Palette der präparativ bearbei­ teten Gebiete ist damit keineswegs er­ Es ist selbstverständlich, daß neben der schöpft. Struktur und Eigenschaften von Forschung der Lehre ein gleichwertiger metallorganischen Reagenzien werden in­ Platz zukommt. Wenn den Lehrveranstal­ tensiv untersucht. Auch reine Kohlenstoff­ tungen an dieser Stelle eine adäquate Er­ systeme, unter anderem Polycyclen mit wähnung versagt wird, so hat das seinen fluktuierenden Bindungen und kleine Rin­ Grund darin, daß diese zentrale Aufgabe ge, stehen im Blickpunkt des Interesses. auch für den Außenstehenden sehr viel Häufig gibt sich der Organiker mit der leichter erkennbar ist. Darstellung einer neuen Verbindung nicht Erfolgreiche Arbeit in einem Institut be­ zufrieden. Er verwendet oft mehr Energie darf der tätigen Mithilfe aller. Das Erbe darauf, eine Antwort auf die Frage zu fin­ Justus von Liebigs bedeutet eine zusätzli• den, auf welchem Wege die von ihm erhal­ che Verpflichtung. Wir sind uns dessen be­ tenen Substanzen gebildet werden. Solche wußt und wollen das in unseren Kräften reaktionsmechanistischen Studien, die für Stehende tun, diesem Anspruch zu genü• das Verständnis von organischen Reaktio­ gen. nen unabdingbar sind und helfen können, Günther Maier

Institut für Anorganische und Analytische Chemie

Das Institut für Anorganische und Analy­ Sein Nachfolger, Rudolf Hoppe (1922/ tische Chemie der Universität Gießen wur­ 1954/1958 bei Wilhelm Klemm), lehnte de 1962 gegründet. Erster Direktor war mehrere Rufe (1964/65, 1968, 1974) ab, um Gerhard Fritz (geb. 1919/ promoviert 1965 nach Gießen zu gehen bzw. hier zu 1946/ habilitiert 1953 bei Hans Kautsky), bleiben. Bis 1975 residierte sein Arbeits­ Schüler von Heilmut Hartmann. Er hat die kreis im alten Gymnasium (Südanlage) Chemie der Carbosilane und der Silylphos­ und übernahm 1968 auch die Räume der phane erschlossen. Seit 1965 ist er Ordina­ Biophysik, die dank Sondermitteln des rius in Karlsruhe. Hessischen Kultusministers umgerüstet

30 wurden. Aus diesen wurde auch der Bauei­ Bernd Müller (Hochdruck-Fluorchemie) ner Laborbaracke im Hof finanziert, die und Dr. Gerd Meyer (Metallchloride etc.) wegen der schon damals stark steigenden sind noch in Gießen tätig. Privatdozent Zahl der Studenten mit Nebenfach Chemie Dr. Werner Urland (Theoretische Chemie) (1981 fast das Zehnfache von 1965) ent­ ist seit 1982 am Max-Planck-Institut für stand. Er erreichte, daß der geplante Neu­ Festkörperforschung in Stuttgart. bau Chemie trotz Ablehnung durch den Hoppe, Träger wissenschaftlicher Aus­ Wissenschaftsrat doch errichtet wurde. zeichnungen, ist Mitglied der Deutschen Dadurch konnten auch die für die Beset­ Akademie der Naturforscher LEOPOL­ zung freiwerdender Lehrstühle durch Pro­ DINA zu Halle/S., der Österreichischen fessoren von Rang notwendigen Mittel Akademie der Wissenschaften, Mitheraus­ und Laborplätze beschafft werden. geber wissenschaftlicher Zeitschriften so­ Nachdem Rudolf Hoppe die Existenz der wie Mitglied wissenschaftlicher Gremien. Edelgasverbindungen lange vor ihrer Ent­ Nach dem Tode von Paul Ehrlich (geb. deckung vorausgesagt und mit XeF 2 das 1912/promoviert 1937/habilitiert 1947), erste binäre Edelgasfluorid (1961) darge­ Schüler von Wilhelm Biltz und Klemm, zu­ stellt hatte, wurden in Gießen über ein hal­ letzt persönlicher Ordinarius, wurde im bes Tausend neuer Metallfluoride und eine selben Jahr (1970) auf den neu geschaffe­ noch größere Zahl „bunter" Metalloxide nen Lehrstuhl II für Anorganische Chemie und -sulfide durch neue Synthesewege ge­ Reginald Gruehn (1929/1962/1969), Schü• funden. Mit seinem Schüler Hans G. v. ler von Harald Schäfer (Münster/Westf.), Schnering Getzt Direktor am Max-Planck­ berufen und die ihm zugeordnete Abtei­ Institut für Festkörperforschung, Stutt­ lungsleiterstelle mit Hans-Joachim Seifert gart) führte er moderne röntgenographi• (1930/1957/1963), einem Ehrlich-Schüler, sche Einkristallmethoden in die chemi­ besetzt. Dieser ist seit 1973 Professor in schen Institute Deutschlands ein. Seitdem Kassel und führt dort seine meist thermo­ ist seine Arbeitsgruppe ein Schwerpunkt chemischen Untersuchungen an quasi-bi­ der Kristallstrukturforschung. Die von nären Systemen von Metallchloriden wei­ Klemm begründete Magnetochemie wird ter. Ein anderer Ehrlich-Schüler, Hubert fortgeführt. Modellrechnungen von Git­ Kühnl (1926/1958/1962), ist jetzt Extraor­ terenergien, Effektive Koordinationszah­ dinarius in Hannover. Als Nachfolger Sei­ len, der Ausbau der Chemischen Formel­ ferts kam 1975 Wolfgang Jeitschko (1930/ sprache und die Anwendung der Graphen­ 1957), ein Schüler des Wiener Professors theorie auf Probleme der Festkörperche• Hans Nowotny, aus den USA (DuPont, mie sind weitere Arbeitsgebiete. Die Pro­ Wilmington). Seine Untersuchungen der fessoren Hanskarl Müller-Buschbaum Struktur und physikalischen Eigenschaf­ (1969 Ordinarius in Kiel), Horst Sabrow­ ten von Phosphiden und Arseniden der sky (1972/73 Professor H2 in Gießen, seit Übergangsmetalle setzt er seit 1979 in 1973 C3 in Bochum) und Martin Jansen Dortmund (Ordinarius) erfolgreich fort. (1981 Professor C4 in Hannover) haben Seit 1981 ist Wolfgang Laqua (1935/1971/ sich in Gießen bei ihm habilitiert. Zahlrei­ 1977), ein Bertold Reuter-Schüler aus Ber­ che Schüler sind in der Industrie, mehrere lin, der zwischenzeitlich bei dem Physiko­ in führender Position (auch in USA, chemiker Hermann Schmalzried in Han­ Frankreich, Iran), andere, wie Prof. Dr. nover arbeitete, Inhaber dieser Professur. Christoph Hebecker (Fluorchemie der Sel­ Er befaßt sich mit Reaktionskinetik z. B. tenen .Erden), bzw. die Privatdozenten Dr. von silicatischen Mischphasen bei hohen

31 Temperaturen, einem für den Ablauf ge­ Von seiten der Anorganischen Chemie er­ steinsbildender Prozesse in der Natur folgt auch die Betreuung der Chemiestu­ wichtigen Problemkreis. denten in Anorganischer Technologie. Der Inhaber des Lehrstuhls II, Reginald Dieses Gebiet wurde von 1956 bis 1967 von Gruehn, begann seine Tätigkeit in räumli• Dr. Ing. Wolfgang Teske (Hoechst AG, cher Enge in überwiegend nur provisorisch Honorarprofessor in Gießen seit 1961), ausgestatteten Labors. Obwohl die Uni­ und danach von Dr. Eberhardt Weise (Di­ versität ihm mit einem Teil des Hauses rektor, Bayerwerk Leverkusen, Honorar­ Ludwigstraße 27 half, in dem auch sein er­ professor in Gießen seit 1971) und zeitwei­ stes Elektronenmikroskop aufgestellt wur­ se (1972-76) auch von Prof. Dr. Heinz de und das seither Zentrum der Arbeits­ Harnisch (Direktor, Hoechst AG) vertre­ gruppe ist, wurden die „Ehrlichsche Villa" ten. (Ludwigstraße 21 a, in Höhe der alten Au­ Die Zusammenarbeit mit der benachbar­ la) sowie Räume der benachbarten Organi­ ten Physik (Prof. Dr. Arthur Scharmann schen Chemie weiterhin für die schnell und Prof. Dr. Christoph Heiden) ist erfreu­ wachsende Zahl der Mitarbeiter benötigt. lich und hilfreich. Erst mit dem Bezug des Chemie-Neubaus Die Anorganische Festkörperchemie kann (1975) sind angemessene Laboratorien ver­ nur mit erheblichem experimentellem Auf­ fügbar. wand betrieben werden (z. B. Großgeräte Er untersucht seit über 20 Jahren Metall­ wie Elektronenmikroskop, Elektronen­ oxide und Oxidfluoride mit meist sehr strahlmikrosonde, automatisches Vier­ komplizierter Zusammensetzung wie bei kreisdiffraktometer etc.). Die erheblichen der neuen Verbindung Nb590 147F; oft Finanzmittel wurden in Form der Erstaus­ kann die Zusammensetzung nicht einmal stattung durch das Land Hessen, in be­ durch derartige Formeln angegeben wer­ trächtlichem Ausmaße auch zusätzlich den. Ihr kristalliner Feinbau ist durch die durch die Deutsche Forschungsgemein­ neue Methode der hochauflösenden schaft sowie durch die Stiftung Volkswa­ Durchstrahlungselektronenmikroskopie genwerk zur Verfügung gestellt. Diese und der Beobachtung zugänglich geworden. vor allem der Fonds der Chemischen Indu­ Gruehn und seine Mitarbeiter sind die er­ strie haben die Arbeiten aller genannten sten Chemiker in Deutschland, die die Professoren und Dozenten in dankenswer­ Hochauflösungsmethode anwenden konn­ ter Weise unterstützt. Leider ist die perso­ ten. Ein weiteres Arbeitsgebiet ist die nelle Ausstattung des Instituts rückläufig, Züchtung von Kristallen fester Stoffe, die der verfügbare Sachetat entspricht schon oftmals nur über Reaktionen mit aggressi­ lange nicht mehr dem tatsächlichen Be­ ven Gasen bei hohen Temperaturen zu er­ darf. Die zukünftige Entwicklung des In­ reichen ist. Hilfsmittel hierbei sind ein spe­ stituts ist deshalb mit Sorge zu betrachten. zielles Massenspektrometer sowie Modell­ rechnungen mit modernen Rechenpro­ grammen. Rudolf Hoppe

32 Physikalisch-Chemisches Institut

Als iin Jahre 1957 das 350jährige Jubiläum kalische Chemie nach Gießen berufen. Da­ der Gießener Universität begangen wurde, durch ergibt sich eine weitgehende Verla­ waren im Physikalisch-Chemischen Insti­ gerung der Forschungsgebiete: Mit der tut in der Goethestraße die schlimmsten modernen Methode der gekreuzten Mole­ Wunden, die der Krieg geschlagen hatte, kularstrahlen wird versucht, Einblicke in verheilt. Das Institut, eine der ältesten die Intimsphäre chemisch miteinander rea­ selbständigen Forschungs- und Unter­ gierender Atome und Moleküle zu gewin­ richtsstätten für Physikalische Chemie in nen. Anderweitige Untersuchungen be­ Deutschland, residierte seit 1899 in dem schäftigen sich mit der detaillierten Erfor­ Gebäude an der Goethestraße und Ste­ schung der Zerstörung von Molekülen phanstraße, gemeinsam mit dem damali­ durch energiereiche LASER-Lichtquan­ gen Physikalischen Institut. ten. Experimente, die zunächst der Unter­ Der Inhaber des Lehrstuhls für Physikali­ suchung von Reaktionen ·mit gasförmigen sche Chemie, der ordentliche Professor Dr. Ionen dienten, werden. weiterentwickelt Ing. Kurt Neumann (geb. 1905; Dr.-lng. zur Methode der Sekundärionen-Massen• habil. bei Max Volmer, Berlin 1935; Beru­ spektrometrie (SIMS). Mit ihrer Hilfe fung nach Gießen 1942; Emeritierung können interessante Aussagen über den 1970) war Direktor des Instituts. Ihm zur Aufbau von Festkörperoberflächen und Seite stand der ordentliche Professor Dr. Reaktionen auf solchen Flächen gewon­ phil. Lothar Hock (geb. 1890; Habilitation nen werden. bei Karl Schaum, Gießen 1924; Emeritie­ Neben diesen modernen Forschungsarbei­ rung 1959; gest. 1978). ten werden auch Untersuchungen auf Neumann wirkte bis zu seiner Emeritie­ mehr klassischen Gebieten der Physikali­ rung in einem kleinen Kreis enger Mitar­ schen Chemie durchgeführt. Hierzu gehö• beiter, mit denen er vor allem die Phäno• ren außer Untersuchungen über verdünnte mene der Phasenumwandlungen und Elektrolytlösungen auch Arbeiten über -gleichgewichte erforschte. Obwohl die da­ den Einfluß von Milieustoffen (Lösungs• maligen Umstände des Instituts wissen­ mittel, Trägergase) auf den zeitlichen Ab­ schaftliche Forschung nur mit bescheide­ lauf chemischer Reaktionen. nem apparativen Aufwand erlaubten, wur­ Nach dem Weggang von Dittmar nach den unter Neumann beachtenswerte Re­ Dortmund liefen die Forschungen seiner sultate erzielt. Eine selbständige Arbeits­ Arbeitsgruppe in Gießen aus. Als sein gruppe, die sich mit Problemen des Kri­ Nachfolger wird im Jahre 1973 Dr. Man­ stallwachstums befaßte, entstand in diesen fred Winnewisser (geb. 1934) als Professor Jahren unter Leitung seines Schülers Dr. berufen. Durch ihn wird in der Physikali­ Werner Dittmar (geb. 1929; Habilitation schen Chemie in Gießen zusätzlich das Ar­ bei Kurt Neumann, Gießen 1965; Ernen­ beitsgebiet Molekülspektroskopie einge­ nung zum Professor 1969; Wiss. Rat und richtet. Mit Hilfe von Mikrowellen- und Professor in Dortmund 1971; gest. 1977). Infrarotspektren werden detaillierte Infor­ Als Nachfolger von Neumann wurde im mationen über den Bauplan von Molekü• Jahre 1970 Professor Dr. Wolfhart Seidel len gewonnen. Hierbei gelingt in einigen (geb. 1929; Habilitation bei Hans Martin, Fällen die Synthese und der Nachweis bis­ Kiel 1966; Wiss. Rat und Professor 1970 in her unbekannter Moleküle. Im Zusam­ Kiel) als ordentlicher Professor für Physi- menhang mit einer engen Kooperation mit

33 dem Max-Planck-Institut für Radioastro­ stand eine Erweiterung, die teilweise den nomie in Bonn stehen vor allem solche wachsenden Studentenzahlen und damit Moleküle im Vordergrund der Forschung, der zunehmenden Ausbildungslast Rech­ deren spektroskopische Signale im inter­ nung trägt. War im Jahr 1957 lediglich eine stellaren Raum gefunden oder vermutet Assistentenstelle vorhanden, so verfügt werden. das Institut zum Zeitpunkt des Umzuges in Mit der Einrichtung der neuen Arbeitsge­ den Chemieneubau über neun Stellen für biete in der Physikalischen Chemie erge­ wissenschaftliche Mitarbeiter. Vorüberge• ben sich im Institut in der Goethestraße hend, zwischen 1971 und 1973, standen so­ zunehmend räumliche Schwierigkeiten, gar 11 Stellen für wissenschaftliche Mitar­ weil ein Umzug in den inzwischen entste­ beiter zur Verfügung. henden Neubau der Chemischen Institute Der Aufbau der modernen Forschungsge­ sich immer wieder verzögert. Um diesen biete hat zu einer Installation von kompli­ Schwierigkeiten entgegenzuwirken, erhält zierten und sehr wertvollen Forschungs­ die Physikalische Chemie im Jahre 1971/72 einrichtungen im Physikalisch-Chemi­ Ausweichräume im Gebäude Ludwigstra­ schen Institut geführt, deren Betrieb auch ße 27 zugewiesen. Hier werden die Prakti­ einen nicht unbeträchtlichen Aufwand an ka untergebracht. Eine Beseitigung der Personal- und Sachmitteln verlangt. Dank räumlichen Schwierigkeiten wird jedoch sehr großzügiger Förderung der verschie­ erst durch den Umzug des Physikalisch­ denen Forschungsvorhaben vor allem Chemischen Instituts im Jahre 1975 in den durch die Deutsche Forschungsgemein­ Chemieneubau am Heinrich-Buff-Ring er­ schaft, durch die Max-Planck-Gesellschaft reicht, in dem der Physikalischen Chemie und durch den Fonds der Chemie konnten Räume in der 8., 9. und 10. Etage zugewie­ jedoch die ungünstigen Entwicklungen der sen werden. letzten Jahre gemeistert werden. Neben den räumlichen Möglichkeiten des Instituts erfährt auch der personelle Be- Woljhart Seidel

Institut für Didaktik der Chemie

Unter Didaktik der Chemie ist die Wissen­ darum, die Chemie so darzustellen, daß sie schaft zu verstehen, die sich mit dem Leh­ einem möglichst großen Kreis verständlich ren und Lernen der Chemie befaßt. Sie be­ ist. Die didaktische Aufbereitung sollte da­ schäftigt sich insbesondere mit Lehr- und zu führen, daß das Lernen mit geringerem Lerninhalten der Chemie, mit Verfahrens­ Zeit- und Arbeitsaufwand ermöglicht weisen und Methoden des chemischen Un­ wird. Die Didaktik der Chemie befaßt sich terrichts und des Lehrens der Chemie, mit mit Fragen, die mit der Vermittlung chemi­ ihren Organisationsformen und Hilfsmit­ scher Inhalte, der Stoffauswahl und der teln. Optimierung des Lernprozesses zusam­ Eine Optimierung und Verbesserung des menhängen. Die gegenstandstheoretische Unterrichts und der Lehre wird immer drin­ Erschließung des Faches Chemie im Hin­ gender, speziell im Hinblick darauf, daß blick auf Lehrbarkeit und Lehrwertigkeit das Bildungsgut an eine ständig wachsende seiner Inhalte, die Erforschung der Abläu• Anzahl von Schülern und Studenten her­ fe in Lernprozessen und Optimierung des angetragen werden muß. Es geht vor allem Lernablaufs spezifischer Lehrinhalte, die

34 Entwicklung fachspezifischer Unterrichts­ für Didaktik der Chemie der Justus-Lie­ theorien, wobei die fach- und gegenstands­ big-Universität berufen. Wollrah hatte an gemäßen Methoden, Lehr-, Lern- und der Karls-Universität in Prag promoviert Übungsformen mit eingeschlossen sind, und war von 1958 bis 1968 am Institut für die Entwicklung didaktischer Medien und Organische Chemie und Biochemie der Hilfsmittel für das Fach Chemie, sind Auf­ Tschechoslowakischen Akademie der Wis­ gaben, die von der Didaktik der Chemie senschaften tätig gewesen. Von 1968 bis zu ebenfalls wahrgenommen werden. seiner Berufung an die Justus-Liebig-Uni­ Das Seminar für Didaktik der Chemie hielt versität Gießen unterrichtete Wollrah am seinen Einzug in Gießen im Jahre 1961, wo Gymnasium in Limburg. Dr. rer. nat. Hel­ es zunächst der Hochschule für Erziehung mut Gebelein (geb. 1940), der in Frank­ an der Justus Liebig-Universität angehör• furt/Main an der Johann Wolfgang Goe­ te. Der bisherige Lehrbeauftragte, Dr. rer. the-Universität promovierte, wurde 1972 nat. Dr. med. Hans Kathen (geb. 1912) als Professor (H 2) an das Seminar für Di­ wurde 1962 als Professor (H 3) nach Gie­ daktik der Chemie der Justus-Liebig-Uni­ ßen berufen und zum Direktor des Semi­ versität berufen. nars für Didaktik der Chemie ernannt. Er Mit Erlaß des Hessischen Kultusministers hatte in Chemie und Medizin an der Ge­ wurde 1976 aus der Organisationsform des org-August-Universität in Göttingen pro­ Seminars für Didaktik der Chemie das In­ moviert, war von 1948 bis 1957 als Wissen­ stitut für Didaktik der Chemie. Es bildet schaftlicher Mitarbeiter an mehreren For­ die Studenten des Lehramts für Haupt­ schungsinstituten und von 1957 bis 1961 und Realschulen aus, ebenso die Studenten als Dozent am Pädagogischen Institut in für das Lehramt an Grund- und Sonder­ Weilburg tätig gewesen. schulen mit dem Wahlfach Chemie. Das Im Jahre 1966 ging die Hochschule für Er­ Institut für Didaktik der Chemie betreut ziehung in die Abteilung für Erziehungs­ sowohl die fachliche als auch die fachdi­ wissenschaften (AfE) der Justus-Liebig­ daktische Ausbildung dieser Studiengän• Universität über. Im Dezember 1969 starb ge. Das Institut gewährleistet die Durch­ Kathen, und auf seine Stelle wurde Jürgen führung des fünfwöchigen Schulprakti­ Gosselck (geb. 1927) berufen, wobei die kums auch für die Studenten des Lehramts Stelle auf eine H 4-Stelle aufgewertet wur­ an Gymnasien und bietet die dazugehöri• de. Gosselck war vordem schon am Insti­ gen Begleitveranstaltungen an. Weitere tut für Organische Chemie der Justus-Lie­ Ansätze für die fachdidaktische Betreuung big-Universität als Professor und Abtei­ der Studenten dieses Studienganges liegen lungsleiter (H 3) tätig gewesen; er verließ bereits vor. 1974 das Seminar für Didaktik der Che­ An der Justus-Liebig-Universität entstand mie, als er einem Ruf an die Gesamthoch­ ein neuer Studiengang Polytechnik/Ar­ schule Kassel folgte. beitslehre, an dessen Autbau sich das Insti­ Im Jahre 1970 erfolgte die Fachbereichs­ tut für Didaktik der Chemie wesentlich be­ gründung an der Justus-Liebig-Universi­ teiligt hat. Vom Institut für Didaktik der tät; die Abteilung für Erziehungswissen­ Chemie werden den Studenten dieses Fa­ schaften wurde aufgelöst und das Seminar ches eine Reihe von Veranstaltungen ange­ für Didaktik der Chemie in den Fachbe­ boten. reich Chemie eingegliedert. Im Jahre 1971 Die fachdidaktische Forschung des Insti­ wurde Dr. rer. nat. Adalbert Wollrah (geb. tuts für Didaktik der Chemie hat einige 1928) als Professor (H 4) an das Seminar Schwerpunkte. Einer davon ist die Ent-

35 wicklung von Unterrichtseinheiten für den Sekundarstufe 1 und II. Der Schwerpunkt Chemie- und Sachkundeunterricht. Ein liegt hierbei auf der Gaschromatographie. weiteres Gebiet bilden Untersuchungen Die Entwicklung von Hilfsmitteln zur Ver­ zur Einführung moderner analytischer anschaulichung und Objektivierung des Methoden und Methoden zur Trennung Chemieunterrichts bildet ein weiteres For­ von Stoffgemischen in den Unterricht der schungsobjekt. Adalbert Wollrah

36 MlnELPUNKT GIESSEN. UNIVERSITÄTS-, KONGRESS- UND GARTENSTADt

nmitten der schönen bun­ in Mittelpunkt für Ver­ um Einkaufen ist Gießen 1d esdeutschen Geographie Ewaltung, Wirtschaft, In­ Z Mittelhessens Anzie­ liegt GI. Gi wie Gießen - der dustrie und Handel mit guten hungspunkt - mit einem vor­ Mittelpunkt, zentral in Hes­ Chancen für Arbeitnehmer bildlichen Citycenter. sen. Eine Stadt aus besonde­ und Arbeitgeber, mit besten rem Guß. Mil 76.000 (Mitt-) Referenzen als tagungserfah­ m Mittelpunkt der bundes­ Menschen und durchaus lie­ rener und kongreßerprobter I deutschen Geografie und da­ benswerter Ausstrahlung. Gastgeber. mit im Schnittpunkt wichtiger Und einschlägiger Erfahrung, Verkehrswege zu liegen, sind ein Mittelpunkt zu sein. in Mittelpunkt aber auch zusätzliche Pluspunkte. Efür ausgeprägten Bürger­ in Mittelpunkt für Wis­ willen und Zivilcourage, weil b Sie als Einwohner, als Esenschaften und Kultur die Gießener stolz sind auf O Gast für Wochenend dank der traditionsreichen ihre junge Gegenwart, auf und Urlaub in Gießen und Universität, die sich heute als ihre alte Tradition. drumrum was unternehmen Bildungsunternehmen nach wollen oder gar als modernstem Muster präsen• nter dem Gesichtspunkt Unternehmer oder Arbeit­ tiert. USehens- und Erlebens­ nehmer etwas planen - jeder, würdigkeiten bietet Gießen der von Gießen kostet, vielerlei. Von den Zeugen der kommt auf seine Kosten. Wir Vergangenheit über eine rege helfen Ihnen gern dabei. kulturelle Szene bis hin zur schönen Lage inmitten der Natur. Eingerahmt durch die waldreichen Ausläufer von Vogelsberg, Taunus und Westerwald. Und ausgestattet mit einem Sport- und Frei­ zeitwert, der einen klaren Punktevorsprung hat.

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Die derzeitige Struktur der Gießener Bio­ Ausbau der biologischen Disziplinen bis logie kann nur vor dem Hintergrund der zur Wiederherstellung der Volluniversität Entwicklung der Gießener Gesamtuniver­ im Jahre 1957. Auch die Justus Liebig­ sität nach dem Zweiten Weltkrieg verstan­ Hochschule war zunächst noch von der den werden. Im Gegensatz zu den meisten Möglichkeit völliger Schließung bedroht, Neugründungen, wie etwa Bochum, Kon­ was den Wiederaufbau in den ersten Jah­ stanz oder Ulm, die von vornherein für ei­ ren erheblich erschwerte. Nur der Tatsa­ ne vorgegebene Studentenzahl konzipiert che, daß das Land Hessen über keine wei­ worden sind, wurde den Gießener Biolo­ tere Landwirtschaftliche und Veterinärme• gen in den Jahren bis 1966 eine unvorher­ dizinische Fakultät verfügte, verdankt die sehbare Entwicklung nachträglich von au­ Universität ihre heutige Existenz. ßen auferlegt. Nach 1945 war die zu etwa Da es damals noch keine Philosophische 80 Prozent zerstörte Ludwigs-Universität Fakultät und keine Juristische Fakultät zunächst geschlossen worden, um jedoch gab, waren die Gießener Biologen für die bereits 1946 in verstümmelter Form als propädeutische Grundausbildung fast „Hochschule für Bodenkultur und Veteri­ sämtlicher Gießener Studenten mit verant­ närmedizin" erneut zu erstehen. In ihr war wortlich. Über 20 Wochenstunden Unter­ den Naturwissenschaften kraft Gesetz aus­ richt waren daher keine Seltenheit. Zeit­ schließlich „dienende" Funktion zugestan­ weise mußte die große 4 stündige Grund­ den, d. h. ihr Ausbau durfte nur soweit er­ vorlesung in dem einzigen, nur etwa 130 folgen, wie das für die Bedürfnisse der im Personen fassenden Hörsaal zweimal ge­ Namen der neuen Hochschule apostro­ halten werden. Da mit der totalen Zerstö• phierten . Arbeitsrichtungen erforderlich rung des Zoologischen und des Botani­ war. schen Instituts alles Demonstrations- und Erst 1950 gelang es dem damaligen Rektor Tafelmaterial vernichtet worden war, Max Rolfes, aus dem Torso eine einiger­ mußten gleichzeitig diese dringend erfor­ maßen funktionsfähige „Justus Liebig­ derlichen Unterrichtsmittel neu geschaffen Hochschule" zu entwickeln. Im Gesetz zur und die Pläne für die neuen Institute er­ Errichtung dieser Justus Liebig-Hoch­ stellt werden. schule vom 11. September 1950 hieß es in Als wahres Glück für die neu erstandene § 3 Abs. 2: „Der Umfang der Naturwissen­ Gießener Universität erwies sich der politi­ schaftlichen Fakultät bestimmt sich nach sche Wille der Landesregierung, 1961 die den Erfordernissen der Landwirtschaftli­ ·Lehrerseminare in Weilburg und Jugen­ chen Fakultät und der Veterinärmedizini• heim zu schließen und die Lehrerausbil­ schen Fakultät"; dieser § 3 bestimmte den dungsstätten als „Hochschulen für Erzie­ hung" an zwei hessische Landesuniversitä• • Gekürzte Fassung. Der Wulf Emmo Anke! gewid­ mete ausführliche Originalbeitrag erscheint in den ten zu verlegen. Gießen stellte sich zur Ver­ Berichten und Arbeiten aus der Gießener Uni­ fügung; der damalige Rektor Wulf Emmo versitätsbibliothek (1983). Ankel knüpfte daran aber die Bedingung,

39 Abb. 1: Die Entwicklung der von den Gießener Biologen betreuten Studentenzahlen von 1951 bis 1981. A Hauptfachbiologen: Diplom und Staatsexamen für das Lehramt an Gymnasien. B Dienstleistungsfächer: Human- und Zahnmediziner, Veterinärmediziner, Landwirte und Ernährungswissenschaftler, Nahrungsmittel­ chemiker, Geographen, Geologen. C Lehramt an Haupt- und Realschulen mit dem Wahlfach Biologie. B r-- c IJ') III Dienstleistungsfächer ( Human-und Vet. -Mediziner; 5!:! Cl 1 'a- c ..c Agrar und Ernährungs• 1000 CO ::J ~ ..c III wissenschaften.) III c ~ ·;:; III E .!! .... III 6 ::J w III ..c "i -III.... ::; III &I :Cl III ..c - Cl 900 "iii .!! c :s- .... -::J .... "iii 8 - 2 :c III ..c ..c - .... > -~ 1 &I :Cl Cl ~ Cl ·c: ..c ....c III ·c: :.ä ::::> w ::::> III 1 8 :5 Cl :c "C III ::i .... c "C ..c 800 :.ä III ::J .... u A III III Hauptfachbiologen ::J III "C 1 "i "iii _J C?:! III (Diplom und L3 ) III ::J ~ .X III -::J III Cl „ III .., ::J :c ..c :c u III .X III III ::J Cl -::J c Cl "C .., <( :c i5 700 ,'I.

I ' \ , , 600 ,,1 ,,1 , 500 , ,I ,, , c 400 ,I Lehramt an Haupt- , und Realschulen I (L1. L2 und Ls) ,,I 300 ,1

200

100

50

1950 1955 1960 1965 1970 1975 1980

40 die sog. „Allgemeine Abteilung" (Studium über hinaus hatte sich in den Jahren 1954 generale) zu einer vollwertigen „Philoso• bis 1967 der schöne Brauch eingebürgert, phischen Fakultät" auszubauen. die sommerliche Jahresfeier der Universi­ Für die Gießener Biologen ergaben sich tät mit einer abendlichen Serenade im Bo­ aus dem Anschluß der Lehrerbildung um­ tanischen Garten zu beschließen. fangreiche neue Unterrichtsverpflichtun­ Mit der Studentenrevolte der späten sech­ gen: Die Zahl der zukünftigen Haupt- und ziger Jahre war dieser optimistisch-fröhli• Realschullehrer, die in den kommenden che Geist wie fortgeblasen. Die akademi­ Jahren mit dem Studium der Biologie als sche Jugend hat damit viel von ihrem Wahlfach in Gießen begannen, ~tieg als­ Glanz verloren, und der damalige Zusam­ bald zu einer mächtigen Flutwelle an menhalt zwischen den Generationen hat (Abb. 1), die die biologischen Institute bedauerlich gelitten. überschwemmte. 1963 führte die Landwirtschaftliche Fakul­ tät den modernen und bald von zahlrei­ Geschichte und derzeitiger Status chen Studenten begeistert angenommenen der einzelnen Fächer Studienzweig der „Haushalts- und Ernäh• rungswissenschaften" ein, der den Biolo­ Die Keimzelle, aus der sich die Gießener gen abermals erhebliche zusätzliche Biologie nach dem II. Weltkrieg entwickelt Dienstleistungen abforderte. Natürlich - hat, war in dem unscheinbaren Mietshaus und z1im Wohle der Gießener Biologie - Bismarckstraße 16 untergebracht, das heu­ wurden für all diese neuen Anforderungen te von einem Teil der Einrichtungen des In­ auch neue zusätzliche Personalstellen be­ stituts für Tierzucht und Haustiergenetik willigt; aber bis die neuen Stellen jeweils genutzt wird. Hier hatten im 1. Stock der sachgerecht besetzt werden konnten, muß• Botaniker Ernst Küster und im II. Stock ten die zusätzlichen Aufgaben von den be­ der Zoologe Wilhelm Joseph Schmidt nach reits vorhandenen Kräften mitgetragen der totalen Zerstörung ihrer Institute in werden. der Bombennacht des 6. Dezember 1944 Dennoch herrschte ill den Jahren des Auf­ und Interims-Lösungen in völlig unzurei­ baus unter Kollegen, technischen Mitar­ chenden Notquartieren eine erste erträgli• beitern und Studenten ein fröhlicher, ko­ che Bleibe gefunden. Das Haus beherberg­ operativer und optimistischer Geist. Das te außerdem im Erdgeschoß das Institut schöne Gefühl, am gleichen Strang zu zie­ für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung hen und dabei auch tatsächlich etwas je­ und im IV. Stock das Institut für Tierzucht dermann Sichtbares zu bewirken, half über und Haustiergenetik. viele Schwierigkeiten hinweg. So ist es ver­ Als dem Berichterstatter 1951 gemeinsam ständlich, daß verlockende Rufe an andere mit dem ein Jahr später aus Darmstadt Universitäten (v. Denffer 1957 nach Würz• nach Gießen berufenen Zoologen Wulf burg, Steubing 1966 nach Zürich) zur da­ Emmo Anke] die Verantwortung für das maligen Zeit wenig Aussicht auf Erfolg zukünftige Schicksal der Gießener Biolo­ hatten. Vom Geist jener Jahre zeugten im gie anvertraut wurde, begann die Wieder­ Sommer die beschwingten Lampion-Feste aufbauarbeit in diesem Haus gewisserma­ im Botanischen Garten und im Wiilter die ßen mit einem wenigzelligen Embryo, des­ ausgelassenen Faschingsfeste in den Insti­ sen weitere Entwicklung zu dem in Abb. 2 tuten quer durch die ganze Naturwissen­ dargestellten vielästig verzweigten Stamm­ schaftlich-Philosophische Fakultät. Dar- baum auf den folgenden Seiten verfolgt

41 „c ·;;; i„ z

Genetik Allgemeine Botanik

1980

1975

1955

1950

1946-t-~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~--.--~--~- 1945 Abb. 2: Stammbaum der Gießener Biologischen Fä• _g 0 cher: Entwicklung nach dem II. Weltkrieg. Nament­ u lich aufgeführt sind alle Gießener Biologie-Professo­ .c +-„ IL. ren sowie die in Gießen habilitierten Kollegen, die in­ „ ~ III c zwischen an andere Universitäten des In- oder Aus- ::::1 :::1 -~ 1940 landes auf eine Professur berufen worden sind. IL

42 Spezielle Zoologie ~ IO Hydrobiolosje u. Ichthyologie Stofftransport W.J.Schmidt t ·Allgemeine Zoologie 1. ·Protozoologie i hemische Sinnesorgane N Exkretion u.Cephalopoden 8 j Marine Ökologie ii" ·Terrestrische Ökologie Ökologie der Fließgewässer

-t ·Zell-u. Stoffwechselphysiologie ·Tier-u.Zellphysiologie jC'.:~~"i:artz 1 :i"~· imes-u.Yerhaltensphysiologie s·UI ö .~~'""'"" 1 1 ~- Neurobiologie

> 3. ':S' historische Anthropologie II läoanthropologie i ä 1ii" \ Philosophie d.Biowissensch. m ~ §: ~Biologie Didaktik s:> .8 Biologie Didaktik ~ ii" Biologie Didaktik ii= 1

i -!§ ~ t.o ~~ ~ m ~- ~ ~ werden soll. Die beiden Emeriti Ernst Kü• und anläßlich der Jahresfeier am 1. Juli ster (1874-1953) und W. J. Schmidt (1884- 1959 rief er dem Bundespräsidenten Theo­ 1974) haben die ersten Stadien dieser Ent­ dor Heuss, dem hessischen Kultusminister wicklung noch miterlebt und mit ihrem Schütte sowie Kollegen und Studenten als Rat unterstützt. In erster Linie haben sie Rektor zu: sich jedoch dem Abschluß ihres wissen­ „Wir sind gewiß, nur aus der inneren Substanz einer schaftlichen Lebenswerks gewidmet: Kü• Universität könnten die Kräfte kommen, vor dem ster vollendete seine „Erinnerungen eines stündlich wachsenden Geröllhaufen der Tatsachen geistig zu bestehen; nur im Kraftfeld der inneren Re­ Botanikers", und Schmidt hat in den 22 sonanz in einer forschenden, lehrenden und lernen­ Jahren als Emeritus noch 156 wissen­ den Gesellschaft fügen sich die Moleküle der Tatsa­ schaftliche Abhandlungen veröffentlicht. chen zum kristallenen Raumgitter der Erkenntnis". Als ihm die Studenten am Ende seines Wulf Emmo Ankel zweiten Rektoratsjahres einen Fackelzug brachten, kennzeichnete er in seiner Dank­ Der 1952 als Nachfolger von W.J. Schmidt adresse die Universität als: aus Darmstadt nach Gießen berufene Zoo­ „Hort des Wissens von echter Freiheit, des Mutes loge Wulf Emmo Anke! 1 (geb. 1897) war zur Wahrhaftigkeit und der Gewißheit, daß Ehr­ bestens mit den Gießener Verhältnissen furcht und Gewissen das Maß für die Würde des und der tragischen Gießener Universitäts• Menschen geben. ( ... ) Wir können es uns gar nicht lei­ sten, immer mehr Wissensträger zu schaffen, wenn geschichte vertraut; war er doch bereits in wir sie nicht zugleich verpflichten, bewußte Gewis­ den politisch bewegten Jahren 1926-1939 sensträger zu sein." wissenschaftlicher Assistent bei Schmidt WulfEmmo Ankel verdankt die Naturwis­ gewesen und vor seiner Berufung auf das senschaftliche Fakultät die Einführung des Darmstädter Ordinariat 1937 in Gießen Königsberger Doktor-Eides: zum nichtbeamteten außerordentlichen „ ... verpflichte ich Sie hiermit durch Handschlag, die Professor ernannt worden. Mit seiner Fä• Würde, welche Ihnen die Fakultät verleiht, allezeit higkeit und seinem Grundsatz, in jedem vor jedem Makel zu bewahren und der Wahrheit - Mitmenschen stets nur die besten Eigen­ ohne Ansehen der Person und ohne Rücksicht auf äu• schaften scharfsichtig zu erkennen und ge­ ßere Vorteile-zu dienen, allein um der Sache willen", zielt anzusprechen, war er als Institutsdi­ der heute noch - wenn auch in gekürzter rektor, Dekan und Rektor das treffiiche Form - von den Gießener Naturwissen­ Vorbild eines anregenden und im besten schaftlern am Ende ihrer Studienzeit ab­ Sinne führenden Universitätslehrers. Die gelegt wird. Gießener Biologie und die gesamte Gieße• Anläßlich seiner Ernennung zum Gießener ner Universität verdanken diesem hervor­ Ehrensenator 1959 hat Bundespräsident ragenden Humanisten und Wissenschaft­ Theodor Heuss öffentlich attestiert: ler Außergewöhnliches. Der Geist, aus „Magnifizenz Ankel ist ein Mann, bei dem sich wer­ dem sich seine nachhaltige Wirkung erklä• bendes Draufgängertum mit dem Talent zu takti­ ren läßt, soll mit einigen Zitaten gekenn­ schen Diversionen auswirkt." zeichnet werden. Mit diesem Talent ausgestattet hat Anke! In seiner Adresse zum 60. Geburtstag sei­ für die Gießener Biologie - und in den Jah­ nes Mitarbeiters Otto Völker heißt es: ren 1957-1959 als Rektor für die gesamte Gießener Universität - Wesentliches er­ „Eine Biologie, die nicht aus der Liebe zu den Objek­ reicht: Die ökologischen Außenstationen ten kommt, an denen wir beobachten und forschen 2 und über die wir lehren, die sollten wir lieber bleiben „Künanz-Haus" im hohen Vogelsberg lassen", und „Punta de Betin", die Deutsch-Ko-

44 lumbianische Meeresbiologische For­ Auch Kultusminister Schütte hat noch am 3 schungsstation in Santa Marta , verdan­ 6. Oktober 1959 für die Universität Gießen ken seinen Initiativen ihr Dasein. Die Inte­ 2 000 als höchstzulässige Studentenzahl ge­ gration der Didaktiken in die Fakultäten nannt: bzw. Fachbereiche und die Wiederherstel­ „Man war sich darüber einig, daß die Kapazität der lung einer vollwertigen Philosophischen bestehenden Universitäten nicht unbegrenzt erweitert Fakultät (honoriert durch den Ehrendok­ werden könne, ohne ihre Funktionsfähigkeit zu ge­ fährden." tor der Philosophen anläßlich seines 70. Geburtstages) wären ohne sein Zutun Auf diese Zahl wurden damals alle Pläne kaum so reibungslos zustande gekommen. abgestimmt. In seiner Antrittsvorlesung als Rektor am Am 27. Februar 1959 hat Ankel in seiner 5. Dezember 1957 hat Ankel in unüber• leider nur hektographiert erhaltenen An­ trefflicher Weise zusammengefaßt, was die sprache an den Universitätsbeirat ausge­ Gießener Naturwissenschaftler angesichts sprochen, was den Gießener Biologen in je­ der Neueröffnung der ehemaligen Gieße• ner Zeit bei ihrer Nachwuchsförderung ner Ludwigs-Universität als „naturwissen• Leitgedanke war; bereits ein volles Jahr­ schaftlich-biologisch bestimmte Justus zehnt vor der Studentenrevolte betonte er Liebig-Universität" bewegt hat.* Er die notwendige Erkenntnis, daß wir die sprach vom „Bildungswert der Biologie" Struktur der klassischen deutschen Uni­ und vom grundsätzlichen Verhältnis der versität - vor allen im naturwissenschaft­ Naturwissenschaften zu den Geisteswis­ lich-medizinischen Bereich - endgültig ver­ senschaften. Als Motto über den Torenei­ lassen müßten: ner naturwissenschaftlich-biologisch ori­ „Die unautbaltsarne Aufspaltung der Fachgebiete und die zunehmende Spezialisation haben es zu einer entierten Universität wünschte er sich die Utopie werden lassen, daß ein einzelner sein Fachge­ Erkenntnis: biet noch voll beherrscht. ( ... ) Was wir jetzt haben „daß der Mensch als geistig-seelisches Wesen natur­ müssen, sind Leiter von Instituten, die bewußt und wissenschaftlich nicht feststellbar sei".4 auch nach der Struktur ihrer Persönlichkeit in der La­ ge sind, nicht nur damit einverstanden zu sein, son­ Sein beschwörender Aufruf gipfelte in der dern sogar zu wünschen, daß sie Mitarbeiter haben, Forderung: die auf Teilgebeiten mehr können als sie selbst." s „Nur wenn Natur- und Geisteswissenschaften einan­ In dieser Hinsicht sei eine völlige Neuori­ der wirklich kennen, werden sie einander auch verste­ hen. („.) Wenn wir den Vorzug haben, klein zu sein entierung erforderlich. Ankel forderte In­ und neu beginnen zu können, so gilt es, diesen Vorzug stitutsdirektoren, die: auch zu nützen. Noch wissen wir viel zu wenig von­ „in der Koordination zum Ganzen hin und in der nun einander. Das Von-einander-wissen-wollen und das echten Toleranz aller verschiedenen Richtungen und Von-einander-lernen-wollen aber ist eine entschei~ Meinungen ihre große Aufgabe sähen: das wäre dann dende innere Voraussetzung für eine echte Universi­ eine echte Hochschulreform". tät", und weiter: „Es hätte der Mahnung des Wissenschaftsrates nicht Das 1. Zoologische Institut 1952-1967 bedurft, 2000 Studenten(!) seien das Äußerste, was wir aufnehmen dürften. Wie froh sind wir, eine kleine So sehen wir denn, daß sich in der Gieße• Universität zu sein." ner Zoologie unter der Leitung Ankels eine Reihe Forscherpersönlichkeiten profilie­ • Auch im Gesetz zur Errichtung der Justus Llebig­ ren, die z. T. seit 1963 als Abteilungsleiter Universität vorn 2. 7. 1957 heißt es noch im§ 3: ihr Arbeitsgebiet selbständig und unab­ „Die Universität ist in allen Fakultäten in For­ schung und Lehre naturwissenschaftlich-biolo­ hängig in Forschung und Lehre vertreten. gisch bestimmt." Otto Völker (geb. 1909), bereits 1947 als

45 Assistent von W.J. Schmidt in Gießen ha­ „den Menschen und die Humanitas zugleich als For­ bilitiert, war - neben dem Emeritus - der schungsziel und Aufgabe vor sich" (Anket). einzige Kollege, den Ankel bei seinem Er ist von diesem Auftrag nicht nach Dienstantritt zu seiner Unterstützung bei Deutschland zurückgekehrt, sondern 1962 der Lehre vorfand. Völker - Schüler von in Paris einer heimtückischen Tumorer­ Curt Herbst und Richard Kuhn in Heidel­ krankung erlegen. 6 berg - hat sich durch seine Untersuchun­ Als nächster Mitarbeiter kam 1953 aus gen über die Farben der Vogelfedern einen Darmstadt Ernst Kilian (geb. 1918) mit international bekannten Namen gemacht. seiner Frau nach Gießen. Beide hatten in Im Rahmen des Zoologischen Instituts Darmstadt bereits mehrere Jahre mit An­ wurde seine selbständige Leistung 1963 mit ke) in seinem Schwammlabor zusammen der Institutionalisierung einer eigenen gearbeitet und sorgten dafür, daß trotz des „Abteilung Biochemie" honoriert. Bei den 1953 durchgeführten Umzugs des Zoologi­ Gießener Bürgern ist Völker als langjähri• schen Instituts aus der Bismarckstraße in ger Vorsitzender der Ortsgruppe des Bun­ die sehr viel geräumigere Unterkunft im des für Vogelschutz und Leiter unzähliger Universitätshauptgebäude in der Ludwig­ „Vogelexkursionen" eine bekannte Per­ straße 23 die entwicklungsphysiologische sönlichkeit. Forschungarbeit nicht abriß. Bereits 1956 1953 holte Ankel seinen Darmstädter Mit­ wurde Kilian zum Aufbau eines zoologi­ arbeiter und Freund Rudolf Heinrich schen Instituts an der Universidad Austral Fritsch (geb. 1911), einen Schüler von de Chile in Valdivia beurlaubt, wo er - mit Wolfgang von Buddenbrock und Jacob Unterbrechungen - bis 1971 tätig war. von Uexküll, nach Gießen. Vor allem der Trotz eines harten Rückschlags (das erste Letztgenannte hat Fritsch auf seinem Le­ Institut in Valdivia wurde 1960 durch ein bensweg maßgeblich bestimmt: Erdbeben und die begleitende Flutwelle buchstäblich ins Meer gespült) gab Kilian „In allen Lebenslagen fallen mir jetzt noch Aussprü• che von ihm ein, die mich als Vademecum begleiten", nicht auf. Seine Verdienste um die chileni­ sche Wissenschaftliche Biologie wurden schrieb er 1952 in einer von Ankel angereg­ 1977 mit dem Ehrendoktor der Universität ten Erinnerung an seinen großen Lehrer. Valdivia honoriert. 1967 wurde Kilian zum Der größte zusammenhängende Komplex Leiter des am Leihgesterner Weg errichte­ seiner wissenschaftlichen Publikationen ten Tierhauses ernannt. behandelt Zeitordnungen und Lebensdau­ Als Nachfolger von Fritsch kam 1962 der er bei Daphnien. Seine Gießener Vorlesun­ Meeresbiologe Hans Mergner (geb. 1917) gen über „latentes Leben", „Zeitmaße und nach Gießen. Die Forschungstätigkeit des Zeitordnungen" sowie über „Bauinstinkte versierten Meerestauchers erstreckte sich und Bauverhalten" waren „etwas Einzig­ vor allem auf die Unterwasserkartierung artiges" (Ankel). Ein von ihm initiiertes der Küstenbereiche sowie auf die Biocöno• überfakultatives Kolloquium über „Die sen riffbildender Korallen im Roten Meer Zeit" mit dem Philosophen Lassen, dem und in der Karibik. Mergner folgte bereits Mediziner Blasius und dem Physiker 1970 dem Ruf auf das neu gegründete Or­ Schmillen griff weit über den Rahmen der dinariat für Allgemeine Zoologie an der Biologie hinaus. -Universität Bochum. 1958 ging Fritsch im Auftrag der Unesco Als Mergners Nachfolger wurde 1972 Ger­ und als Beauftragter der Bundesregierung hard Seifert (geb. 1929) auf die inzwischen nach Delhi, installierte C3-Professur für „Spezielle

46 Zoologie" und den gleichnamigen Abtei­ Ökologie der Tiere lungsleiter-Posten berufen. Den 1975 an Von 1955 bis zu seinem frühen Tod 1982 ihn ergangenen Ruf auf das Ordinariat für gehörte Joachim lllies (geb. 1925) dem Spezielle Zoologie an der Universität Ulm Lehrkörper der Justus-Liebig-Universität hat er abgelehnt. Die Arbeitsgruppe Seifert an. Auf seiner Exklave in Schlitz an der befaßt sich einerseits mit der Mikromor­ Fulda hat er sich bleibendes Verdienst um phologie von Arthropoden-Organen, an­ den Auf- und Ausbau der dortigen Fließ• dererseits mit der Wirkung verschiedener gewässerstation des Max-Planck-Instituts Naturstoffe auf die Entwicklung und Fort­ für Limnologie (Stammsitz in Plön, Schles­ pflanzung von Schadinsekten. So wird ein wig-Holstein) erworben, die er von 1951 solides Gleichgewicht zwischen rein theo­ bis 1982 verantwortlich leitete. Außer retisch-abstrakter Forschung und anwen­ durch seine 1Fachveröffentlichungen ist 11- dungsträchtiger Zweckforschung erreicht. lies mit einer Reihe von Büchern sowie in Presse, Funk und Fernsehen als biologi­ Ökologie scher Medien-Multiplikator hervorgetre­ ten. Seine volkstümlichen Veröffentlichun• Aus den Erfordernissen der Dienstleistun­ gen sind ausnahmslos von einer kompro­ gen für die angewandt-biologis"chen Diszi­ mißlosen religiösen Grundhaltung inspi­ plinen ergab sich zwangsläufig ein betontes riert. Sein besonderes Anliegen galt dabei Engagement der Gießener Biologen für die dem Brückenschlag zwischen Biologie und Ökologie, die heute bekanntlich in der öf• Religion. In den Jahren 1959 bis 1965, fentlichen Diskussion einen breiten Raum während lllies als Gastforscher in Südame• einnimmt, in den 50er Jahren jedoch bei rika arbeitete, vertrat ihn vorübergehend unseren Politikern noch kaum auch nur Ankels Schüler Karl Müller (geb. 1919), dem Namen nach bekannt war. Für das der sich später als Fischereibiologe in Gebiet der Zoologie kam dieser Tendenz Schweden einen Namen gemacht hat und der Umstand entgegen, daß Wulf Emmo heute als Professor der Tierökologie an der Ankel ökologischen Problemen seit jeher schwedischen Universität Umeä lehrt. ein besonderes Interesse entgegengebracht hat: Nach seinem Abitur war er für kurze Die 1951 von Martin Scheele (geb. 1920) Zeit im Forstdienst tätig gewesen und nach mit einer mutigen und weit vorausschauen­ dem Abschluß seiner Universitätsstudien den Gruppe Göttinger Studenten gegrün• hatte er vorübergehend auf Sylt in der Au­ dete Fulda-Station hat sich durch das Mä• sternzucht als „Angewandter-Meeres• zenatentum des Grafen Görtz aus kleinen ökologe" gearbeitet. Noch 1953 heuerte er Anfängen zu einem modernen ökologi• bei Hans Hass auf der Xarifa an, und auf schen Feldforschungszentrum entwickelt, allen Meeresbiologischen Stationen der das den Gießener Biologie-Studenten eine Erde war er ein bekannter und stets gern einzigartige Studienmöglichkeit an einem gesehener Gast. Fließgewässer bietet, welches zu den best­ Heute unterrichten in Gießen nicht weni­ untersuchten der Welt gehört. Von 1968 ger als 10 Ökologie-Professoren: vier in der bis 1969 versah Scheele auf Antrag des Be­ Zoologie und sechs in der Botanik. Gießen richterstatters an der Gießener Naturwis­ darf sich rühmen, den ersten „Lehrstuhl senschaftlichen Fakultät einen Lehrauf­ für Pflanzenökologie" in der Bundesrepu­ trag für wissenschaftliche Dokumentation. blik beantragt und das erste „Institut für Da in Gießen leider kein kompetenter Pflanzenökologie" eingerichtet zu haben. Fachvertreter für dieses Arbeitsgebiet exi-

47 stiert, entschloß er sich 1969 zu Habilita­ Ankels - hat sein Ausgangsforschungsge­ tion in Marburg (Lehrstuhl für Medizi­ biet, die elektronenmikroskopische Struk­ nisch-Biologische Dokumentation, Prof. turforschung, im letzten Jahrzehnt deut­ Dr. Ihm), wo er heute eine Honorarprofes­ lich in Richtung Meeresökologie erweitert. sur für Wissenschaftliches Informations­ Wesentlich dazu beigetragen hat sein En­ wesen bekleidet. 1981 ist die von Scheele gagement für die Meeresbiologische herausgegebene 24 bändige „Biologie-Do• Deutsch-Kolumbianische F orschungssta­ kumentation 1796 bis 1965" erschienen. tion Punta de Betin in Santa Marta, Ko­ lumbien, deren Anfänge auf einen Partner­ Seit seiner Habilitation im Jahr 1962 ist der schaftsbesuch von fünf Gießener Professo­ ökologisch arbeitende Entomologe Heinz ren in Kolumbien im Frühjahr 1963 zu­ Scherf (geb. 1928) Leiter der für ihn einge­ rückreichen. Über das Institut haben so­ richteten selbständigen „Abteilung Tier­ wohl Anke! (1966) 8 als auch Götting ökologie" sowie der ökologischen Feldfor­ ( 1977) 3 ausführlich berichtet. schungsstation „Künanz-Haus" im Vo­ gelsberg. Das Künanz-Haus 2 auf dem Ho­ herodskopf verdankt seine Entstehung Parasitologie dem von Theodor Heuss apostrophierten Eng und freundschaftlich waren von An­ „werbenden Draufgängertum" Ankels. fang an die Beziehungen Ankels zur Vete­ Die Station ist mit 6 festen Betten und 3 rinärmedizinischen Fakultät, insbesondere Notbetten ausstattet und regelmäßig mit zur angewandt-ökologischen Disziplin der mindestens drei bis vier Mann besetzt. Parasitologie (Prof. Dr. Rudolf Wetzei Scherf ist bestrebt, in seiner Arbeitsgruppe und Prof. Dr. Georg Lämmler). Fächer• Mitarbeiter auch für systematisch schwie­ übergreifende Promotionen mit Parasito­ rige Tiergruppen heranzubilden. Direkte logie bzw. Zoologie vice versa als Neben­ Kontakte mit den kommunalen und staat­ fach trugen zur Intensivierung dieser Be­ lichen Dienststellen kommen dem Natur­ ziehung bei. Die Stiftung des nach dem schutz und der Erhaltung des Landschafts­ Gießener Zoologen Rudolf Leuckhart bildes zugute. Ein Presse-Feldzug Ankels (1822-1898) benannten Preises und der hat die Einrichtung eines von privatwirt­ Gießener „Leuckhart-Medaille" für her­ schaftlicher Seite angestrebten „Moto• vorragende parasitologische Leistungen droms" (einer Autorennbahn mit Tribüne geht auf die Initiative Ankels zurück und für 10 000 Zuschauer und entsprechenden dokumentiert auf internationaler Ebene Parkplätzen mitten im Landschaftsschutz­ die engen überfakultativen Beziehungen gebiet) verhindert und ein von stillen Wan­ zur Veterinärmedizin. Am 7. Juli 1977 derwegen durchzogenes Stück Mittelge­ wurde Anke! anläßlich seines 80. Geburts­ birgslandschaft unversehrt erhalten. tages von der Veterinärmedizinischen Fa­ Ankels zentrales Forschungsgebiet - die kultät zum Doktor der Veterinärmedizin Meeresbiologie - wurde nach dem Aus­ ehrenhalber ernannt. scheiden Mergners sowohl durch Ernst Ki­ lian als auch durch Klaus-Jürgen Götting (geb. 1936) traditionell weiter gepflegt. Ki­ Allgemeine Zoologie lian hat sich während seiner neunjährigen von 1967 bis zur Gegenwart Tätigkeit in Valdivia mehr und mehr vom Labor-Zoologen zum Meeresbiologen ent­ Nach der Emeritierung Ankels wurde 1967 wickelt und auch Götting - ein Schüler Armin Wessing (geb. 1924) aus Bonn als

48 sein Nachfolger nach Gießen berufen. Das 1965 wurde Detlev Bückmann (geb. 1927) Schwergewicht seiner Forschung liegt auf aus Göttingen auf den inzwischen neuge­ Fragen der Aufnahme und Abgabe sowie schaffenen Lehrstuhl für Tierphysiologie des Transports in, aus und durch die tieri­ berufen. Sein Institut wurde zunächst in ei­ sche Zelle. Seine Untersuchungen über die nigen Räumen des Hauses Wartweg 95 un­ Harnbereitung und Steinbildung bei tergebracht, dessen übrige Räume damals Fruchtfliegenlarven können als Modell noch vom ursprünglichen Besitzer genutzt möglicherweise wertvolle Hinweise für die wurden. Das Institut dehnte sich aber bald Genese der Nierensteine bei den Wirbeltie­ auf das ganze Haus und später darüber ren bis hinauf zum Menschen liefern. 1968 hinaus auf einige Räume im Tierhaus aus. folgte ihm aus Bonn Dieter Eichelberg Das Schwergewicht der Bückmannschen (geb. 1934), der schon dort eng mit ihm zu­ Arbeit lag und liegt auf dem Gebiet der En­ sammengearbeitet hatte. Wessing ist der dokrinologie der Wirbellosen. Schon 1969 Verfasser zweier Buchveröffentlichungen folgte er dem Ruf auf den neugeschaffenen über „Excretion" (1975) und über die Mal­ Lehrstuhl für Zoologie an der jungen Uni­ phigischen Gefäße (1978). Auch die Ar­ versität Ulm. beitsgruppe Rudolf Schipp (geb. 1938), der Als Bückmanns Nachfolger wurde 1971 1970 aus Mainz nach Gießen berufen wur­ Günter Cleffmann (geb. 1928) aus Mar­ de, befaßt sich mit Fragen des Stofftrans­ burg berufen, der 1962/63 am Oak Ridge ports bei Invertebraten. Erhard Schulte National Laboratory, Biology Division, in (geb. 1940) untersucht mit seinen Mitar­ den USA zusätzliche Erfahrungen gesam­ beitern die Wechselwirkungen zwischen Parasiten und Wirtszellen bei Sporozoen. melt hatte. Mit seiner Berufung änderte sich das Forschungsgebiet des Instituts Der lchthyologe Arthur Holl (geb. 1934), grundlegend. In seiner Arbeitsgruppe ein Schüler Ankels, hat sich u. a. besondere „Zell- und Stoffwechselphysiologie" (im Verdienste um die Erforschung der Lokal­ Sonderforschungsbereich Zellenergetik fauna der Wieseck erworben, die erfreuli­ und Zelldifferenzierung der DFG, Sitz in cherweise längst noch nicht so „tot" ist, Marburg) wird die Synthese von Makro­ wie das viele vermuten. molekülen in ihrer Abhängigkeit von ver­ schiedenen Phasen des Zellwachstums und Tierphysiologie der Zellvermehrung bei dem ziliaten Pro­ tozoon Tetrahymena untersucht. 1959 holte Ankel aus München Harald Teichmann (geb. 1924), der sich gerade bei 1973 erfolgte - mit der Berufung von Erich Autrum habilitiert hatte, zum Aufbau ei­ Schwartz (geb. 1937) aus Tübingen auf ei­ ner eigenen Physiologischen Abteilung sei­ ne neu geschaffene H3-Professur - die nes Instituts nach Gießen. Im Sommer Gründung einer „Abteilung für Sinnes­ 1964 entschloß sich Teichmann zu einem und Verhaltensphysiologie". Friedrich Arbeitsurlaub bei Beidler an der Florida Jauker (geb. 1938) arbeitet in der Arbeits­ State University, um seine bereits bei Au­ gruppe Cleffmann auf dem Gebiet der trum gewonnenen Erfahrungen auf dem Zell- und Stoffwechselphysiologie. Dieter Gebiet moderner Elektrophysiologie zu er­ Adelung, 1968 in Gießen für das Gebiet weitern. Von diesem Forschungsstipendi­ der Tierphysiologie habilitiert, wurde 1970 um ist er nicht mehr zurückgekehrt; bei ei­ an das Institut für Meereskunde in Kiel als nem Autounfall verlor er in seinem 41. Le­ Abteilungsleiter für Meereszoologie beru­ bensjahr sein Leben. 9 fen.

49 Etho-Ökologie lungs- und Demonstrationsmaterial war bei der Zerstörung des ehemaligen Botani­ Das Fachgebiet Ethologie wird in Gießen schen Instituts am Brandplatz verlorenge­ durch Heinrich Sprankel (geb. 1927), einen gangen. Einen Eindruck von den Anfangs­ Schüler von W.J. Schmidt, vertreten. schwierigkeiten mag die Erinnerung an die Wichtigste Forschungsgebiete sind die so­ Hausschwamm-Sanierung in den frühen zialen Beziehungssysteme bei Halbaffen Fünfziger-Jahren vermitteln: damals muß• sowie etho-ökologische Untersuchungen te das gesamte Treppenhaus Bismarckstra­ an einheimischen Säugetieren und Vögeln, ße 16 abgebrochen und ersetzt werden; die unter besonderer Berücksichtigung der Institute waren wochenlang nur über pro­ Wirkung durch menschliche Tätigkeit ver­ visorisch aufgestellte Leitern zu erreichen. ursachter Einflüsse. Für alle Lehrerstuden­ Eine große Hilfe in diesen ersten schweren ten bedeutet das Sprankelsche Lehrange­ Jahren war die Spende von 20 Kurs-, 8 bot eine willkommene und keineswegs an Großpraktikums- und 2 Forschungsmi­ jeder Universität gebotene Ergänzung des kroskopen durch die Firma Ernst Leitz in Studienplans. Wetzlar. Auch Gießener Firmen haben sich seinerzeit durch die Spende von Gar­ Allgemeine Botanik tengerät und Gießener Bürger durch die Spende von Gartenbänken und Pflanzen Als der Berichterstatter (geb. 1914) zu Be­ für den Botanischen Garten um „ihre" ginn des Sommersemesters 1951 das Bota­ Universität Verdienste erworben. nische Institut und den Botanischen Gar­ Nach der relativ problemlosen Wiederher­ ten von seinem damals 77 jährigen Amts­ stellung der Gewächshausanlagen im Bo­ vorgänger übernahm, fand er als Mitarbei­ tanischen Garten wurde ab 1954 intensiv ter zwei wissenschaftliche Assistentinnen an der Planung des Institutsneubaus in der (Dr. Veek und Dr. Schlitt) sowie einen Senckenbergstraße gearbeitet. 10 Wichtig­ Amtsgehilfen (Karl Scheid) vor. Insgesamt ste Mitarbeiter dabei waren Dr. Peter Bar­ waren damals etwa 60 Biologiestudenten teis und Dr. Hans-Otto Schwantes. eingeschrieben. Dazu kamen jährlich etwa Der ursprünglich vor allem von Rektor 40 zu unterrichtende Landwirte und weite­ Eduard von Boguslawski favorisierte Plan, re 75 Veterinärmediziner. auf dem Gelände des ehemaligen Instituts Der Unterricht fand an vier verschiedenen für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung Orten statt: Die Vorlesungen im Kunstwis­ Senckenbergstraße 17-21 ein „Vier-Män• senschaftlichen Hörsaal, Ludwigstraße 34 ner-Institut" zu errichten, in dem die All­ (mit 127 Plätzen - jetzt Technische Abtei­ gemeine Botanik mit den drei angewandt­ lung), die mikroskopischen Praktika mit botanischen Disziplinen Pflanzenernäh• geborgten Instrumenten im Institut für rung, Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung Agrikulturchemie (Prof. Dr. Scharrer) in sowie Grünlandwirtschaft vereinigt wer­ der Braugasse 7, die Bestimmungsübun• den sollte, erwies sich leider bereits im Vor­ gen und morphologisch-systematischen stadium der Planung aus Raummangel als Demonstrationen im Botanischen Garten undurchführbar. Die offizielle Empfeh­ in der Senckenbergstraße und das ganztä• lung des Wissenschaftsrates sah - wie be­ gige Laboratorium (Großpraktikum) mit 5 reits erwähnt - für Gießen zu jener Zeitei­ Teilnehmern im „Institut" in der Bis­ ne Gesamtzahl von 2000 Studenten, dar­ marckstraße 16. Die Institutsbücherei be­ unter 200 Biologen, vor. Dementspre­ stand aus etwa 20 Bänden. Alles Samm- chend waren die Pläne für den Neubau des

50 Botanischen Instituts auf 40 Neuzulassun­ 1956 wurde Josef Grehn (geb. 1908), ein gen pro Jahr zuzuschneiden. Schwerpunkt Schüler Burgeffs und Wissenschaftlicher der Forschung des Berichterstatters ist die Mitarbeiter der Leitzwerke in Wetzlar, Entwicklungsphysiologie. Zur flankieren­ durch einen Lehrauftrag für „Mikroskopie den Unterstützung dieser Arbeitsrichtung und mikroskopische Technik" an die Gie­ wurde ein biophysikalisches Laboratorium ßener Naturwissenschaftliche Fakultät ge­ (Photobiologie) und ein biochemisches La­ bunden. Die sich daraus ergebende enge boratorium (Isotopenlabor) eingeplant. Zusammenarbeit kam beiden Seiten zugu­ Außerdem wurde im II. Stock des Neu­ te. Regelmäßige Werksbesichtigungen so­ baus die Unterbringung der Geobotanik wie die Unterrichtung über die aktuellsten vorgesehen. Zusätzliche Labor- und Kan­ Entwicklungen auf optischem Gebiet bil­ didatenplätze wurden im Versuchsge­ deten eine wesentliche Bereicherung des wächshaus eingerichtet. Von dieser Pla­ Gießener Studienangebotes. nung wurden in Wiesbaden zwei „Achsen" Frohild Ringe (geb. 1939), Schülerin des des Hauptgebäudes als zu großzügig und Berichterstatters, wurde 1972 nach einjäh• zu kostenaufwendig wieder gestrichen. riger Ausbildung in pflanzlicher Gewebe­ Tatsächlich wurde die Planung jedoch bis und Organkultur am Centre National de la zur Fertigstellung des 2,2-Millionen-Ob­ Recherche Scientifique bei J. P. Nitsch in jektes im Jahr 1961 durch die Entwicklung Gif-sur-Yvette bei Paris auf die neu einge­ der Studentenzahlen bereits überholt. richtete Professur für Entwicklungsbiolo­ Der Berichterstatter ist seit 1958 Autor der „Cytolo• gie berufen. gie und Morphologie" in Deutschlands führendem . 1981 hat Friedrich-Wilhelm Bentrup (geb. „Lehrbuch der Botanik" (mit englischer, spanischer, 1935), Schüler von W. Haupt in Erlangen, italienischer, polnischer und serbokroatischer Über• als Nachfolger des Berichterstatters die setzung); das Buch ist im Berichts7.eitraum in etwa 200000 Exemplaren über die ganze Welt verbreitet. Professur für Allgemeine Botanik über• Seit 1970 ist der Berichterstatter außerdem Mither­ nommen. Sein Hauptarbeitsgebiet ist der ausgeber der „Beiträge zur Biologie der Pflanzen". pflanzliche Membrantransport. Seit 1968 Hans Otto Schwantes (geb. 1921), Schüler war er Abteilungsleiter für Biophysik der Siegfried Struggers aus Münster, stand Pflanzen am Institut für Biologie in Tübin• dem Berichterstatter seit 1953 als 1. Assi­ gen. 1976 lehnte er einen Ruf auf den Lehr­ stent zur Seite. Nach seiner Habilitation stuhl für Biophysik an der Universität Os­ 1963 übernahm er die Ausbildung und nabrück ab. In seiner Arbeitsgruppe wer­ Prüfung der Lebensmittelchemiker und den mit biophysikalischen und· biochemi­ Ernährungswissenschaftler. 1968 zum apl. schen Methoden an der Zellmembran jene Professor ernannt, wurde ihm darüber hin­ Transportmechanismen untersucht, die es aus 1970 die Ausbildung und Prüfung der der grünen Pflanze ermöglichen, minerali­ Humanmediziner und Zahnmediziner sche und niedermolekulare organische übertragen. Seit dieser Zeit leitete Schwan­ Nährstoffe spezifisch zu erkennen und mit tes die selbständige Abteilung Mykologie Hilfe photosynthetisch gewonnener Ener­ und Cytologie; 1973 hat er sich dem 1970 gie in die Zellen aufzunehmen. Bentrup ist eingerichteten II. Botanischen Lehrstuhl Mitherausgeber der „Planta". „Pflanzenökologie" angeschlossen. Weit über Gießens Grenzen hinaus ist sein Na­ Abteilung Photobiologie me bekannt durch „Weberling/Schwantes: Pflanzensystematik" und „Steubing/ Die Einrichtung des photobiologischen Schwantes: Pflanzenökologie". Laboratoriums im Keller und Erdgeschoß

51 des neuen Botanischen Instituts hat sich wo er als Mitarbeiter am Hessischen Insti­ als besonders zukunftsträchtig erwiesen: tut für Lehrerfortbildung und als Lehrbe­ die fächerübergreifende biophysikalische auftragter am Fachbereich Erziehungswis­ Arbeitsrichtung ist allgemein gefragt: Vier senschaften der Universität Marburg tätig Kollegen, die aus diesem Laboratorium ist. hervorgegangen sind, wurden inzwischen Jüngstes Glied in der Reihe der Gießener an andere Universitäten berufen. Photobiologen am Botanischen Institut ist Peter Barteis (geb. 1932), Sohn des Physi­ Gottfried Wagner (geb. 1943), der 1979 kers an der TH Hannover, wurde 1952 mit aus Erlangen nach Gießen berufen wurde. der Grundplanung des Labors betraut. Er Sein Forschungsschwerpunkt liegt auf emigrierte 1962 in die USA und wirkt heu­ dem Gebiet der Optimierungsmechanis­ te als Full-Professor an der University of men bei der Lichtenergie-Verwertung. Arizona in Tucson. - Nach seinem Aus­ scheiden kam 1965 Klaus Raschke (geb. Systematische Botanik 1928) aus Berlin nach Gießen, wo er auf Anregung des Berichterstatters seine 1963 übernahm Focko Weberling (geb. grundlegenden Untersuchungen über die 1926), Schüler von Wilhelm Troll in Regelungs- und Steuerungsprozesse des Mainz, wesentliche Teile des Unterrichts in Spaltöffnungsapparates begann. 1966 in der Morphologie und Systematik der Sa­ Gießen habilitiert, holte ihn bereits ein menpflanzen. Mit seiner Ernennung zum Jahr später Anton Lang als Full-Professor apl. Professor 1965 wurde ihm die selb­ an sein neues, mit Mitteln vorzüglich aus­ ständige Leitung einer „Abteilung Mor­ gestattetes Institut an der Michigan State phologie und Systematik" übertragen. University in East Lansing, USA. 1978 1973 wurde Weberling für zwei Jahre zum folgte Raschke dem Rück-Ruf in die Hei­ Vizepräsidenten der Universität gewählt. mat als Nachfolger von Andre Pirson an 1975 folgte er dem Ruf auf den II. Botani­ die Universität Göttingen; den kurz darauf schen Lehrstuhl (Systematische Botanik) ergangenen Ruf an die Harvard-Universi­ an der Universität Ulm. tät in den USA hat er ausgeschlagen. - Als Seit 1970 ist die Systematische Botanik gemeinsam Nachfolger Raschkes trat 1967 Andreas mit der Geobotanik, dem lnstitutsherbar und den Bertsch (geb. 1934) seinen Dienst in Gie­ Amtsräumen des Gartenkustos, Dr. Schultka, im sog. „Weißen Haus", Senckenbergstraße 25, unterge­ ßen an. Bertsch hat sich 1969 mit einer U n­ bracht. Die Räume des Altbaus sind zwar für den tersuchung über den C02-Gaswechsel epi­ Einbau von Installationen jeglicher Art ungeeignet, dermisfreier Blätter habilitiert. 1972 ver­ erfüllen jedoch für die vornehmlich deskriptiv arbei­ ließ er Gießen, zunächst zur Übernahme tenden Forschungseinrichtungen ihren Zweck. einer Professur an der PH Ludwigsburg; Als Nachfolger Weberlings wurde 1978 seit 1975 ist er Professor an der Nachbar­ Wolfgang Frey (geb. 1942), ein Schüler Universität Marburg. - 1974 übernahm Karl Mägdefraus · aus Tübingen, auf die Wolfbart Domes (geb. 1940), seit 1969 Professur für Systematische Botanik beru­ wissenschaftlicher Assistent, als Akade­ fen. Frey ist Mitarbeiter im Sonderfor­ mischer Rat die Leitung des Labors. Do­ schungsqereich der DFG „Tübinger Atlas mes war Schüler seiner beiden Vorgänger des Vorderen Orients" und hat in dieser Ei­ Raschke und Bertsch. 1975 folgte er dem genschaft als Vegetationskundler die Tür• Ruf an die Universität Marburg. 1979 hat kei, den Libanon, Israel, die Sinai-Halbin­ er sich auf eigenen Wunsch in den Schul­ sel, Saudi-Arabien, den nördlichen Iran dienst des Landes Hessen versetzen lassen, und Afghanistan bereist. 1981 folgte Frey

52 dem Ruf auf den traditionsreichen Lehr­ ner Arbeitsgruppe vor allem anatomischen stuhl von Engler in West-Berlin. und morphologischen Problemen gewid­ met und den Unterricht durch einschlägige Veranstaltungen (Mikrotomtechnik) be­ Geobotanik reichert. Bereits 1954 wurde Rüdiger Knapp (geb. Auch das Ehepaar Reinhard (geb. 1936) 1917) - seinerzeit Professor an der U niver­ und Marie-Luise (geb. 1937) Schnetter ist sität Köln und an der TH Darmstadt - zur in diesem Zusammenhang zu nennen. Herr Ergänzung der Labor-Botanik durch einen Schnetter ist Schüler von Herrn Knapp, erfahrenen Geländebotaniker und zur Frau Schnetter Schülerin von Frau Steu­ Durchführung und Leitung der Großen bing. Herr Schnetter hat sich durch seine Exkursionen nach Gießen berufen. Seine Auslandstätigkeit in Kolumbien große fruchtbare Lehr- und Forschungstätigkeit Verdienste um die deutsch-kolumbiani­ konnte bereits 1957 mit der Errichtung ei­ sche Zusammenarbeit erworben. Seine ner eigenen „Abteilung Geobotanik" ho­ dort durchgeführten Algenuntersuchun­ noriert werden, die seit 1969 auch äußer• gen sind niedergelegt in dem zweibändigen lich - durch getrennte Unterbringung in Werk „Marine Algen der Karibischen Kü• den zusätzlichen Räumen des „Weißen sten von Kolumbien". In Anerkennung Hauses", gemeinsam mit der Systemati­ seiner Verdienste um die Erforschung der schen Botanik und der Tropenbotanik - kolumbianischen Land- und Meeresvege­ ihre Eigenständigkeit dokumentiert. Mit_ tation wurde Herr Schnetter 1980 zum zahlreichen Schülern werden in der Ar­ korrespondierenden Mitglied der Acade­ beitsgruppe Knapp vor allem biotische mia Colombian de Ciencias Exactas, Fisi­ Wirkungen in einheimischen und tropi­ cas y Naturales, Bogota, ernannt. schen Pflanzengesellschaften untersucht. Die folgenden in Gießen für das Fach Botanik habili­ Internationales Ansehen genießt Knapp tierten Kollegen (Jahr in Klammem) haben in der Be­ richtszeit Berufungen an auswärtigen Universitäten durch seine Bücher über Pflanzensoziolo­ angenommen: Werner Gottschalk (1952), jetzt Bonn; gie sowie vor allem durch seine in der von Peter Barteis (1958), jetzt Univ. of Arizona, Tucson, Heinrich Walter herausgegebenen Reihe USA; Focko Weberling (1963), jetzt Ulm; Klaus „Die Vegetation der Erde" erschienenen Raschke (1965), jetzt Göttingen; Helmut Schraudolf Bände über „Die Vegetation von Nord­ (1966),jetzt Ulm; Andreas Bertsch (1969),jetzt Mar­ burg; Heinz-Ludwig Sänger (1969), jetzt MPI f. Bio­ amerika" und „Die Vegetation von Afri­ chemie, Martinsried bei München. ka". Als Vorsitzender und Schriftleiter der Folgende Schüler bzw. ehemalige Mitarbeiter des Be­ „Naturwissenschaftlichen Abteilung der richterstatters haben sich anderenorts habilitiert und Oberhessischen Gesellschaft für Natur­ wurden auf Professuren berufen: Gisbert Grosse­ und Heilkunde" hat er zahlreiche Exkur­ Braukmann, Darmstadt; Walter Klingmüller, Bay­ reuth; Konrad Seitz, Erlangen; Georg Heinrich Mel­ sionen, Kolloquien und Symposien mit fä• chior, Hamburg-Reinbek; Wolthart Domes, Mar­ cherübergreifendem Charakter organi­ burg. siert. Seit 1976 ist er geschäftsführender Direktor des Botanischen Gartens. Pflanzenphysiologie Hans Franz Neubauer (geb. 1911), ein durch langjährige Erfahrung in den Tro­ 1962 wurde Helmut Schraudolf (geb. pen und Subtropen (Java und Afghani­ 1926), der gerade von einem zweijährigen stan) welterfahrener Wiener Kollege, kam Forschungsaufenthalt bei Gordon am Ar­ 1965 als Gartenkustos nach Gießen. 1970 gonne National Laboratory in Illinois, zum Professor ernannt, hat er sich mit sei- USA, nach Tübingen zurückgekehrt war,

53 durch die DFG an das Gießener Botani­ und Stoffwechselphysiologie, Biochemie sche Institut vermittelt, das auf der Suche und Molekulare Biologie der Pflanzen. nach einem biochemisch orientierten Klaus Zetsche zur Seite steht seit 1973 Ed­ Pflanzenphysiologen zur Klärung der win Pahlich (geb. 1938), ein Schüler von Wuchsstotlbiogenese und zur Leitung des Lore Steubing, der von 1967 bis 1969 zu­ Isotopenlaboratoriums war. Schraudolf sätzliche Erfahrungen in der Biochemie bei hat sich später vor allem mit der Analyse Hansjürgen Staudinger und von 1969 bis der biochemischen Grundlagen der Se­ 1970 bei Frank Whiteman an der Carleton xualzellen-Induktion beim Farngameto­ University in Ottawa, Canada, gesammelt phyten einen Namen gemacht. Vom Zeit­ hatte. 1979 hat Pahlich vorübergehend den punkt seiner Habilitation (1966) bis zu sei­ neu geschaffenen Lehrstuhl für Pflanzen­ ner Berufung an die Universität Ulm physiologie an der Universität Essen ver­ (Lehrstuhl für Allgemeine Botanik und treten. Pflanzenphysiologie, 1973) hat er als Ab­ teilungsleiter dem Isotopenlabor vorge­ Pflanzenökologie standen. 1974 wurde Klaus Zetsche (geb. 1930) auf Bereits 1958 trat die Pflanzenökologin Lo­ die neugeschaffene C4-Professur für Pflan­ re Steubing (geb. 1922) als Mitarbeiterin in zenphysiologie berufen. Zetsche, der in das Botanische Institut ein. Als Schülerin Rostock bei v. Guttenberg promoviert des Greifswalder Pflanzenökologen Erich worden ist, hatte zunächst vier Jahre beim Leick hatte sie fast ein Jahrzehnt auf des­ VEB Jenapharm über Steroide gearbeitet .sen ökologischer Inselstation Hiddensee - und war von dort 1961 an das Max­ zuletzt als sein stellvertretender Leiter - ge­ Planck-Institut für Meeresbiologie in Wil­ arbeitet, ehe sie in Potsdam bei Müller• helmshaven (Abt. Hämerling: Acetabula­ Stoll eine Professur mit Lehrauftrag er­ ria) übergewechselt. 1967 habilitierte er hielt. 1957 in den Westen emigriert, über• sich bei Bünning in Tübingen, wo ihn 1974 nahm sie nach ihrer Umhabilitation 1958 der Ruf nach Gießen erreichte. Der For­ zunächst Teile des botanisch-physiologi­ schungsschwerpunkt der Arbeitsgruppe schen Unterrichts, um sich von 1963 an - Zetsche liegt z. Z. auf dem Gebiet der In­ mit der Einrichtung einer eigenen Abtei­ teraktion der verschiedenen genetischen lung Pflanzenökologie - wieder aus­ Systeme innerhalb der Pflanzenzelle schließlich ihrem eigentlichen Arbeits- und (Schwerpunktprogramme der DFG: Lehrgebiet zuzuwenden. Gleichzeitig über• „Steuerung der Differenzierung bei ein­ nahm sie wichtige Teile der Ausbildung der und wenigzelligen eukaryontischen Syste­ Haupt- und Realschullehrer sowie der men" sowie „Biochemie der Morphogene­ Haushalts- und Ernährungswissenschaft• se"). ler. Sein Institut war zunächst provisorisch im Als Frau Steubing 1966 den Ruf auf den Isotopenlabor, Senckenbergstraße 17, un­ Lehrstuhl für Geobotanik an der ETH Zü• tergebracht. Der Unterricht konnte jedoch rich erhielt, wurde ihr im Rahmen der Blei­ bereits im Mehrzweck-Verfügungsgebäu• beverhandlungen von der Gießener Natur­ de am Leihgesterner Weg stattfinden. 1976 wissenschaftlichen Fakultät das neuge­ wurden dem Institut schließlich moderne schaffene Ordinariat Botanik II als Lehr­ Arbeitsräume im VI. und VII. Stockwerk stuhl für Pflanzenökologie angeboten und des Neubaus Chemie zugewiesen. Unter­ übertragen. Damit verfügte Gießen bereits richtsschwerpunkte sind Entwicklungs- zu diesem frühen Zeitpunkt - als die Öf-

54 fentlichkeit noch kaum für ökologische plom in dieser Arbeitsrichtung erworben; Fragestellungen sensibilisiert war - über 49 wurden mit einer pflanzenökologischen den ersten „Lehrstuhl" für Pflanzenökolo• Arbeit zum Dr. der Naturwissenschaften gie. 1970 wurde in Gießen nach einem promoviert; 62 haben mit einer ökologi• Treffen führender Ökologen der Zusam­ schen Experimentalarbeit das Staatsex­ menschluß in einer Arbeitsgemeinschaft amen für das Lehramt an Gymnasien und für Ökologie beschlossen, die 1971 in die 85 das Staatsexamen für das Lehramt an Gesellschaft für Ökologie umgewandelt Haupt- und Realschulen erworben. Sie alle wurde und heute bereits über 1 000 Mit­ wirken inzwischen als Multiplikatoren die­ glieder zählt. Die erste Jahrestagung dieser ser heute so wichtig gewordenen Wissen­ Gesellschaft fand 1972 wiederum in Gie­ schaft in Ämtern und Schulen. Auch das ßen statt. Frau Steubing ist heute außer• aus der gemeinsamen Lehrtätigkeit von dem Mitglied des UNESCO-Komitees Steubing und Schwantes hervorgegangene "Man and Biosphere", Mitglied des Um­ Taschenbuch „ökologische Botanik" weltbeirates und Vorstandsmitglied im trägt, wie das bereits in 3. Auflage erschie­ Verein Deutscher Ingenieure. nene „Pflanzenökologische Praktikum" 1969 hat sich, wie bereits erwähnt, der My­ von Steubing und Kunze, zur Verbreitung kologe Schwantes als Leiter einer neu be­ der ökologischen Betrachtungsweise im gründeten „Abteilung Ökologie der Mi­ gesamten deutschen Sprachraum bei. kroorganismen" dem neuen Lehrstuhl an­ Die ehemaligen Doktoranden des Pflanzenökologi• geschlossen. In seiner Arbeitsgruppe wer­ schen Instituts Ulrich Kirschbaum, Barbara Ruth­ den cytologische Probleme und Fragen der satz, Eisha El-Ayouty, Marco Oliva und Miren Al­ wechselseitigen Beeinflussung und Sozio­ berdi de Deppe wirken heute als Professoren an der Gießener Fachhochschule sowie an den Universitäten logie von Pilzen (mit erheblicher prakti­ Trier, Kairo, Viscosa (Brasilien) und Valdivia (Chile). scher Bedeutung, z. B. im Falle der Rotfäu• le der Fichte) untersucht. - Hans-Jürgen Jäger (geb. 1942) untersucht mit seiner Ar­ Genetik beitsgruppe die Wirkung von Umweltche­ mikalien auf Pflanzen. - Christian Kunze Der Lehrstuhl für Genetik wurde von der (geb. 1940) arbeitet über Fragen der Stick­ Naturwissenschaftlichen Fakultät bereits stoffmineralisation in Waldböden und ihre im Jahr 1955 - neben je einem zweiten Beeinflußbarkeit durch Umweltfaktoren. Lehrstuhl für Zoologie (Tierphysiologie) Die interdisziplinäre „ökologische Forschungsstati­ und Botanik (Geobotanik) sowie einem 11 on Edersee", eröffnet am 4. März 1974 , wurde ge­ Lehrstuhl für Biophysik (Strahlenzen­ gründet, um die durch die Wasserentnahme bedingte trum) - in Wiesbaden beantragt. Erst 1964 Absenkung des Spiegels um 20-30 m und die gleich­ konnte allerdings der neuberufene Geneti­ zeitige Verringerung der Wasserfläche auf etwa ein Drittel in ihren biologischen, hygienischen und so­ ker Fritz Anders vom damaligen Dekan - ziologischen Wirkungen auf das Umland wissen­ dem Physiker Bernhard Kockel - in Gie­ schaftlich zu erforschen. Örtlicher Leiter der Station ßen eingeführt werden. Nach einer provi­ ist Dr. Günther Fricke, ein Schüler des Berichterstat­ sorischen Unterbringung in einem Hinter­ ters. haus Ludwigstraße 28 wurden dem jungen Das Interesse der Studenten an der moder­ Genetischen Institut 1965 zwei Baracken nen pflanzenökologischen Arbeitsrichtung auf dem Gelände des zukünftigen „Biolo• ist ungewöhnlich groß: seit der Etablierung gicums" in Nachbarschaft des 1962 errich­ der Abteilung „Pflanzenökologie" haben teten Tierhauses des Zoologischen Insti­ in Gießen 92 Studenten das Biologen-Di- tuts zugewiesen, in denen sich alsbald eine

55 überaus fruchtbare wissenschaftliche Tä• erworben, das - neben den speziellen Ver­ tigkeit entfaltete. 1973 erfolgte der Umzug anstaltungen der einzelnen biologischen der Unterrichtsräume in das Mehrzweck­ Disziplinen - regelmäßig alle Gießener verfügungsgebäude der Biologie im Leih­ Biologen zur Diskussion aktueller, allge­ gesterner Weg und 1976 schließlich jener mein bedeutungsvoller Themen vereinigt. der Forschungslaboratorien in den Neu­ Viele Gäste von internationalem Rang bau des Chemischen Instituts, wo die Ge­ konnten auf diese Weise den Gießener Bio­ netik seitdem im III. Stockwerk in modern logen zur Anknüpfung neuer persönlicher ausgestatteten Räumen untergebracht ist. Kontakte - auch über ihr eigenes engeres Wenn damit auch die Pläne für ein „Biolo• Spezialgebiet hinaus - zugeführt werden. gicum", in dem alle biologischen Diszipli­ Die Nachsitzungen bei Brot und Wein - nen am Leihgesterner Weg zusammenge- , vom gastfreien Forscherehepaar Annerose führt werden sollten, zunächst zurückge• und Fritz Anders in der Bibliothek des Ge­ stellt werden mußten, hat doch das Geneti­ netischen Instituts freigiebig dargeboten - sche Institut aus dieser Zwischenlösung sind zu einer beliebten Institution gewor­ Nutzen gezogen, denn nur so war es mög• den, die aus dem Leben der Gießener Bio­ lich, die für die kostspielige moderne gene­ logen nicht mehr wegzudenken ist. tische Forschung erforderliche Geräteaus• 1980 hat Erich Jost (geb. 1937), ein Schüler stattung kurzfristig zu bekommen. von Hans Laven, Mainz, die Nachfolge Fritz Anders (geb. 1919) - Schüler der Wolfgang Luekens angetreten, der 1979 Zoologen de Lattin und von Budden­ dem Ruf auf den neugegründeten Lehr­ brock, beide Mainz - war von 1954 bis stuhl für Genetik an der Universität Osna­ 1958 als Mitarbeiter Bernhard Busfelds brück gefolgt ist. am Forschungsinstitut für Rebenzüch• Die folgenden in Gießen für das Fach Genetik habili­ tung, Geilweilerhofbei Siebeldingen in der tierten Kollegen haben in der Berichtszeit Berufungen an auswärtige Universitäten oder Forschungseinrich­ Pfalz, tätig. 1958 in Saarbrücken habili­ tungen angenommen: Günter Kiefer (1969), jetzt tiert, wurde er 1960 an die Universität des Freiburg; Wolfgang Lueken ( 1969), jetzt Osnabrück; Saarlandes und 1963 nach Gießen berufen. Adolf Schoff ( 1973), jetzt Bern; RudolfFahrig (l 974), Die Forschungsarbeit am Genetischen In­ jetzt Abteilungsleiter in Tübingen; Jürgen Vielkind stitut ist auf die Genetik der Differenzie­ (1979), jetzt Vancouver, Kanada. rung und Vermehrung normaler und neo­ plastisch transformierter Tumorzellen bei Nuklearbiologie Laboratoriumsfischen konzentriert. Das scharf umrissene Forschungsprogramm Als Nuklearbiologe wirkt seit 1962 am dient allen Mitarbeitern als verbindliche Strahlenzentrum Ernst Ludwig Sattler Richtschnur. Man erhofft sich aus der ex­ (geb. 1927). Der Biophysiker aus der Schu­ akten genetischen Analyse dieses Modell­ le von Boris Rajewski wurde 1970 zum Lei­ falles neue Erkenntnisse über die Genetik ter der Zentralen Abteilung des Strahlen­ und Pathogenese der Krebserkrankungen zentrums berufen. Das Schwergewicht sei­ des Menschen. Die Arbeiten werden vom ner Forschung liegt auf tierexperimentel­ Sonderforschungsbereich der DFG Ien Untersuchungen zur Klärung der bio­ „Zellenergetik und Zelldifferenzierung" logischen Strahlendosimetrie. Allen Gie­ gefördert. ßener Biologen steht mit Sattler im Strah­ Großes Verdienst um die gesamte Gieße• lenzentrum ein kenntnisreicher und hilfs­ ner Biologie hat sich Anders mit der Ein­ bereiter Vertrauens- und Verbindungs­ führung des „Biologischen Kolloquiums" mann zu Verfügung.

56 Molekularbiologie zu kurz komme. Bereits 1954 hat daher Herr Anket den am Gießener Max-Planck­ Bester Beweis für die heute gerne geleugne­ Institut für Hirnforschung tätigen Prima­ te Tatsache, daß auch schon vor der sog. tologen Helmut Hofer (geb. 1912) - zu­ Demokratisierung" der vielgeschmähten nächst als Privatdozenten, später als apl. Ördinarien-Universität Tüchtigkeit und Professor - näher an die Naturwissen­ Fleiß honoriert worden sind, liefert der schaftliche Fakultät zu binden versucht oberhessische Gärtner-Sohn Heinz-Lud­ und ihm den Unterricht in „Stammesge• wig Sänger (geb. 1928), der sein Studium schichte der Säugetiere" und „Allgemeiner 1952 an der Gießener Hochschule begann Evolutionslehre" anvertraut. 1956 verfaß• und sich die dazu erforderlichen Mittel als te Hofer in Ankels Auftrag ein Memoran­ Werkstudent im Botanischen Garten ver­ dum „Über die Notwendigkeit, einen Lehr­ diente, wo er in der Ruine des bombenzer­ stuhl für Anthropologie an der Naturwis­ störten großen Schaugewächshauses ko­ senschaftlichen Fakultät der Justus Lie­ stenloses Quartier fand. Nach Ablegung big-Hochschule zu errichten, nebst Bemer­ seines Diploms beim Berichterstatter ging kungen über den unbedingt nötigen Stel­ er auf dessen Rat zu Ernst Brandenburg in lenplan". die Phytopathologie, um dort mit eir~er vi­ Auf den 1962 aufgrund dieses Memoran­ rologischen Dissertation zu promovteren. dums errichteten neuen Lehrstuhl für An­ Nach dreijährigem Forschungsaufenthalt thropologie wurde 1964 der Kieler Medizi­ bei W. Stanley im Virus Laboratory der ner und Anthropologe Ulrich Schaefer University of California in Berkeley, USA, (geb. 1922) berufen. Damit verfügte Gie­ habilitierte er sich 1970 in der Naturwis­ ßen früher als manche der intakten großen senschaftlichen Fakultät für das Fach Mo­ Universitäten der Bundesrepublik auch lekularbiologie. Seine Arbeiten zur Rein­ über diesen, nach 1945 als Reaktion auf die darstellung des Viroids der Exocortis­ vergangenen Jahre mancherorts verpön• Krankheit bei Citrus-Gewächsen und des­ ten in Wirklichkeit aber für jede echte sen Strukturaufklärung trugen ihm 1978 ' Universität unverzichtbaren . Wissen-. eine C4-Professur am Fachbereich Ange­ schaftszweig. wandte Biologie und Umweltsicherung, Schwerpunkt der wissenschaftlichen Ar­ 1980 den Robert-Koch-Preis und 1981 die beit Schaefers ist die Fossilgeschichte des Berufung zum Mitglied der Max-Planck­ Homo erectus (Siedlungsgeographie euro­ Gesellschaft und zum Direktor am Max­ päischer Fundorte). Schaefer ist Mither­ Planck-Institut für Biochemie in Martins­ ausgeber des „Anthropologischen Anzc:_i­ ried bei München ein. gers" und Delegierter der Gesellsch~ft ~ur Anthropologie und Humangenetik 1m Deutschen Nationalkomitee der Interna­ Anthropologie tional Union of Biological Sciences. Ein wesentlicher Teil der Biologiestuden­ Manfred Kunter (geb. 1940), Schüler Ul­ ten pflegt nach Abschluß der Studi~n in rich Schaefers, hat sich 1975 in Gießen ha­ den Schuldienst zu gehen. Immer wieder bilitiert. Schwerpunkte seiner wissen­ wird den Hochschulprofessoren gemeldet, schaftlichen Arbeit sind einerseits die prä• daß die Universitätsausbildung der Schul­ historische Anthropologie· (Mitteleuropa, biologen, soweit sie den Mensc:h~n be~rifft Syrien, Libanon, Arabische Halbinsel) so­ - der im Schulunterricht naturlich emen wie andererseits die Konstitutionsbiologie zentralen Platz einnimmt-, in der Regel viel (Untersuchungen an Gießener Studenten).

51 Philosophische Grundlagen schloß er mit einem Zitat des Biochemikers der Biowissenschaften und Nobelpreisträgers Wald: "I am sure, that no amount of waiting will 'reduce' Ein oftmals ausgesprochenes Grundanlie­ the most characteristic problems of biology to pres­ gen Ankels, mit dem sich auch der Schrei­ ent-day chemistry and physics". ber dieses Berichts identifiziert, ist die Syn­ Kein Wunder, daß Kochanski mit dieser these zwischen Naturwissenschaften und Grundeinstellung vor den Augen der Philosophie als zentrale Aufgabe der Uni­ Philosophen des Ostblocks nicht bestehen versität. In seiner Ansprache anläßlich der konnte. Eine tückische Krebskrankheit von ihm angeregten Kooptation des dama­ hat auch seinem Leben viel zu früh 1978 ligen Bundespräsidenten Theodor Heuss das Ende gesetzt. zum Gießener Ehrensenator sagte Ankel: Als Nachfolger Kochanskis wurde 1981 Gerhard Vollmer (geb. 1943) aus Hanno­ „So wie Sie sind, könnten Sie uns als Mitglied unseres Kollegiums entscheidend helfen bei der großen Auf­ ver berufen. Der Freiburger Botaniker gabe, vor der wir uns stehen sehen: Nach unserer Wie­ Hans Mohr kennzeichnet Vollmers Stand­ dergeburt, im Raume einer lebenden Resonanz, die punkt in einem Vorwort zu dessen „Evolu• Wege der Synthese zu suchen zwischen Geisteswis­ tionärer Erkenntnistheorie" wie folgt: senschaft und Naturwissenschaft. Sie zu finden er­ scheint dringlicher denn je!" „Meine Ansicht ist es immer gewesen, der unglückse• ligen Trennung von Philosophie und Naturforschung an unseren Universitäten entgegenzuwirken. - Viel­ Auf Anregung Hans Linsers und des Be­ leicht gelingt Ihnen ein tragfähiger Brückenschlag. richterstatters - seinerzeit beide gewählte Die noble Diktion und die-im guten Sinne - verbind­ Mitglieder des Beirats des „Zentrums für liche Argumentationsweise in Ihrem Buch sind besse­ Philosophie und Grundlagen der Wissen­ re Voraussetzungen für die ,Versöhnung' der Fakul­ täten als die Kampfschriften, mit denen meine Gene­ schaft" -wurde 1975 die erste bundesdeut­ ration versucht hat, die versteinerten Barrieren zwi­ sche Professur für die Philosophischen schen Seminaren und Instituten zum Einsturz zu brin­ Grundlagen der Biowissenschaften einge­ gen." richtet und 1976 gemäß dem Vorschlag der Dem hat der Berichterstatter nichts hinzu­ Berufungskommission mit dem polnischen zufügen. Die „Philosophie der Biowissen­ Kollegen Zdzislaw Kochanski (1923- schaften" befindet sich in Gießen abermals 1978) besetzt. Kochanski - nach dem II. in guten Händen. Weltkrieg in Rußland und Polen herange­ wachsen und erzogen - hatte es in seiner Heimat bis zum Jugendfunktionär und Didaktik der Biologie Philosophieprofessor an der Universität Krakau gebracht. 1970 emigrierte er je­ Alle Wahrheitssuche und Wahrheitsfin­ doch tief enttäuscht in die USA, um in dung in der Wissenschaftsrepublik „Uni• New York eine Professur für Philosophie versität" müßte in der lebendigen Wirk­ an der School for Temporary Studies am lichkeit esoterisch, unfruchtbar und wir­ Brooklyn College zu übernehmen. kungslos bleiben, würden ihre Ergebnisse In Gießen hat er - aufgrund seiner persön• nicht durch entsprechende Multiplikato­ lichen Erfahrungen mit dem real-existie­ ren - wie die Medien und vor allem die renden Sozialismus in Polen - zur Zeit der Schulen - an breite Kreise der Bevölkerung ausklingenden Studentenrevolte ernüch• weitergereicht. ternd und klärend gewirkt. Seine Antritts­ Als hervorragende Multiplikatoren in die­ vorlesung „Kann Biologie zur Physiko­ sem Sinne wirken die Gießener Biologie­ Chemie reduziert werden?" (4. 11. 1977) Didaktiker, indem sie das in den For-

58 schungslaboratorien erarbeitete wissen­ H:errn Ankel durch langjährige gemeinsa­ schaftliche Material und die im Gelände me Tätigkeit in Darmstadt kein Unbe­ erworbenen Einsichten und Erkenntnisse kannter, so daß sich von vornherein eine der Ökologen - gesichtet, ausgewählt und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den didaktisch aufbereitet - in die Curricula etablierten Universitäts-Biologen ergab. und Lehrpläne der Grund-, Haupt- und Mit seinem betonten Bestreben, den Biolo­ Realschulen sowie der Gymnasien einspei­ gie-Unterricht in den Schulen nicht zu ei­ sen. Daher haben es die Gießener Biologen nem abstrakten, verbalen Dozieren ver­ begrüßt, als 1961 die Pädagogischen Insti­ kommen zu lassen, hat sich Desselberger tute in Jugenheim und Weilburg aufgelöst stets für die Lebendbeobachtung einge­ wurden und die Lehrerausbildung in neuer setzt. Darüber hinaus gehörte es zu seinen Form als „Hochschulen für Erziehung" Grundanliegen, die zukünftigen Biologie­ den Universitäten Frankfurt und Gießen lehrer durch fächerübergreifende Blick­ angeschlossen wurde. richtungen vom Fachspezialisten fort auf Die Didaktik der Biologie steht vor der ihre zentrale Zukunftsaufgabe vorzuberei­ schwierigen Aufgabe, das in den letzten ten: den Schülern Hilfen zur Gewinnung Jahrzehnten explosionsartig angeschwolle­ eines elementaren Welt- und Selbstver­ ne Fachwissen auf die für Frau und Herrn ständnisses anzubieten und sie damit „Jedermann" lebensnotwendigen Bereiche „richtiges Leben" zu lehren. zu selektionieren und die z. T. (z.B. im Be­ Nach der Emeritierung Desselbergers rich der Molekularbiologie) schwierige übernahm 1975 Karl-Heinz Berck (geb. Materie für das jeweilige Fassungsvermö• 1932) den Gießener „Lehrstuhl für Biolo­ gen der verschiedenen Lebensalter aufzu­ gie und ihre Didaktik". Berck hatte zuvor arbeiten. Konnte Goethe noch sagen: „Es 8 Jahre praktische Lehrerfahrung an Gym­ trägt der Verstand und rechter Sinn mit nasien sowie als Fachleiter für Biologie des wenig Kunst sich selber vor", so wäre der Frankfurter Studienseminars gesammelt. Durchschnittsschüler bei der heutigen Schon in dieser Zeit, vor allem aber auch Ausgangslage ohne sorgfältige didaktische seit seiner Berufung an die PH Westfalen­ Aufarbeitung des Lehrstoffes hoffnungs­ Lippe (heute Gesamthochschule Siegen), los überfordert; manche Symptome der hat er sich durch seine Bemühungen um Frustration bei unseren Schülern und Stu­ die Erhaltung gefährdeter Biotope und denten müssen zweifellos auf solche Über• Tier- wie Pflanzenarten sowie durch die forderung zurückgeführt werden. Wenn Einrichtung neuer Naturschutzgebiete ei­ sich die Didaktik nach dem Willen des nen Namen gemacht. Als bedeutungsvol­ Deutschen· Bildungsrats darum bemüht, les Leitprinzip für seinen didaktischen den zukünftigen Lehrern neben Lehren Auftrag sieht er die Schaffung eines klaren und Erziehen auch das Beurteilen, Beraten und unzweideutigen Begriffssystems: und Innovieren beizubringen, wird deut­ ,,Am Anfang steht ... die Aufforderung zu Begriffs­ lich, welche herausragende Bedeutung der definitionen, weil wir das Beherrschen zentraler bio­ in das Hochschulstudium integrierten logischer Begriffe für grundlegend halten, wenn man Fachdidaktik an der Nahtstelle zwischen Biologie erlernen und verstehen will." „Erkennen" und „Bekannt-machen" zu­ Seit 1971 ist er Schriftleiter für Biologie der kommt. Zeitschrift „Der mathematische und na­ Als erster Biologie-Didaktiker wurde 1961 turwissenschaftliche Unterricht: MNU". Hermann Desselberger (geb. 1907) aus Ju­ Die Biologiedidaktik konnte und kann genheim nach Gießen berufen. Er war sich - außer auf ihre beiden Ordinarien -

59 auf eine Reihe weiterer tüchtiger Mitarbei­ auch geprüften - Studenten beläuft sich ter stützen, - von denen hier nur die Pro­ auf etwa 16000 (etwa 5000 Landwirte und fessoren genannt werden können: Werner Ernährungswissenschaftler, 4 500 Human­ Meinel (geb. 1931), 1960 aus der DDR und Zahnmediziner, 3 500 Veterinärmedi• nach Gießen gekommen, ein Schüler An­ ziner, 1 800 Hauptfachbiologen - Diplom kels, habilitierte sich 1970 für das Fach und Lehramt an Gymnasien - sowie etwa Zoologie und wurde 1971 zum H3-Profes­ l 000 Haupt- und Realschullehrer). Von sor für Biologie-Didaktik ernannt. 1972 den ca. 1 800 Hauptfachbiologen haben et­ folgte er dem Ruf auf den Lehrstuhl für wa 80% das Vordiplom bzw. die Zwi­ Zoologie an der Gesamthochschule Kas­ schenprüfung erreicht; etwa 38% haben sel. Manfred Sieger (geb. 1941 ), Schüler auch das Hauptdiplom (388) bzw. das und Mitarbeiter Fritz Anders, wurde 1973 Staatsexamen für das Lehramt an Gymna­ als Nachfolger Meinels als Biologiedidak­ sien (298) absolviert und tun heute Dienst tiker berufen; er folgte bereits 1975 einem an Universitäten, in Ämtern, in der Indu­ Ruf auf eine H4-Professur für Biologiedi­ strie oder als Studienräte, Oberstudienräte daktik an der Universität Münster. Als und Studiendirektoren im gesamten Bun­ Nachfolger Siegers folgte 1975 Rüdiger desgebiet. Etwa 15% (270) wurden in Gie­ Schröpfer (geb. 1940); Schröpfer hat Gie­ ßen zum Doktor der Naturwissenschaften ßen 1978 verlassen, um eine Professur für promoviert. Der relativ hohe Prozentsatz Didaktik der Biologie an der Universität von etwa 62% Studienabbrechern ist z. T. Osnabrück zu übernehmen. - Aenne auf die Einführung des „numerus clausus" Döpp-Woesler (geb. 1908) hat sich beson­ für Mediziner, Zahnmediziner und Veteri­ dere Verdienste um die Vermittlung von närmediziner zurückzuführen. (Viele schulisch wichtigen Anwendungsgebieten „Krypto-Mediziner" wählten das Parkstu­ - wie Menschenkunde und Gesundheits­ dium Biologie, um nach gut bestandener wesen - erworben. - Noch heute am Insti­ Zwischenprüfung oder Diplomprüfung tut für Biologie-Didaktik tätig ist Rainer vielleicht doch noch den tatsächlich be­ Klee (geb. 1942), ein Schüler Lore Steu­ gehrten Studienplatz zu erreichen; der bings, der seit 1973 als Multiplikator wis­ Rest ist dem Konkurrenzdruck erlegen senschaftlich-ökologischer Erkenntnisse oder abgewandert.) im Rahmen der Didaktik wirkt.-Seit 1975 15 Gießener Kollegen haben sich bis 1971 lehrt ferner Robert Glaser (geb. 1927) in in der alten Naturwissenschaftlichen Fa­ der Biologiedidaktik. Durch langjährigen kultät, weitere 16 nach 1971 im Fachbe­ Auslandsaufenthalt (Promotion in Berke­ reich Biologie habilitiert; fast alle sind in­ ley, Kalifornien, und Lehrtätigkeit eben­ zwischen auf Professuren berufen worden, dort sowie in Kenia) bringt er weltweite Er­ 15 von ihnen an auswärtige Universitäten. fahrungen mit, die sich befruchtend und Die Gesamtzahl der von den Instituten des anregend auf Forschung und Lehre aus­ Fachbereichs im Berichtszeitraum veröf• wirken. fentlichten wissenschaftlichen Abhandlun­ gen beläuft sich auf etwa 1 600, darunter ca. 50 Bücher. Bilanz Kein Zweifel: Die Gießener Biologen ha­ Versuchen wir zum Abschluß eine Bilanz ben im bundesdeutschen und internationa­ zu ziehen: Die Gesamtzahl der von den len Vergleich den Anschluß gewonnen, der Gießener Biologen in der Zeit von 1952 bis nach dem zweiten Weltkrieg durch die da­ 1981 unterrichteten - und in der Regel malige Zerstörung aller sachlichen Grund-

60 lagen sowie die drohende Schließung der 5 Anke/, W. E.: Bericht des Rektors anläßlich der Universität zeitweise ernsthaft bedroht ordentlichen Sitzung des Universitätsbeirates der 12 Justus Liebig-Universität Gießen am 27. Februar war. in der kleinen Aula. Universitätsarchiv, 1959. Dietrich von Denffer 6 Anke/, W. E.: In memoriam Rudolf H. Fritsch, II. Die Persönlichkeit. In: Nachrichten der Gießener Hochschulgesellschaft 33 (1964), 21-28. 7 11/ies, J.: Limnologische Flußstation Schlitz, Be­ Anmerkungen richte und Mitteilungen. Max-Planck-Gesellschaft 1/1976. 1 Kilian, E. F.: Wulf Emmo Anke! achtzig Jahre: 8 Anke/, W. E.: Das lnstituto Colombo-Alemän in Begegnungen und Erinnerungen. In: Gießener Santa Marta/Kolumbien. In: Natur und Museum Universitätsblätter 10 (1977), Heft 2, 56-65. 96 (1966), 37-43. 2 Scherf, H.: Das Künanz-Haus, In: Gießener Hoch­ 9 Ankel, W. E.: In memoriam Harald Teichmann, schulblätter der JLU 14 (1967), Heft 3, 29-30. 1924-1965. In: Nachrichten der Gießener Hoch­ 3 Götting, K. J.: Das Institut für Meeresforschung schulgesellschaft 34 (1965), 31-36. in Punta de Betin, Santa MartafK.olumbien. Be­ 10 von Denfler, D.: Zur Einweihung des neuen Bota­ richt und Ausblick. In: Gießener Universitätsblät• nischen Instituts. In: Gießener Hochschulblätter ter 10 (1977), Heft 1, 47-62. der JLU 9 (1961), Heft 1, 4-8. 4 Ankel, W. E.: Der Bildungswert der Biologie und 11 Kunze, Chr.: Ökologische Forschungsstation die Idee einer naturwissenschaftlich-biologischen Edersee. In: Gießenc:r Universitätsblätter 8 (1975), Universität. Antrittsrede anläßlich der feierlichen Heft l, 66-69. Rektoratsübemahme am 5. De7.ember 1957. 12 Jahresbericht des Fachbereichs 15, Biologie, SVG. Im Kommissionsverlag Wilhelm Schmitz, SS 1978-SS. 1980. Herausgeber: Der Dekan, Gie­ Gießen 1957. ßen 1981.

61 Allgemeine Biologie • ZOOlogle • Ethologie • Botanik • Human- und Veterlnännecllzln • Lebensmittelkunde • Landwirtschaft • Forstwesen • Phytomedizin· Umweltschutz

Pareys Studientexte sind einheitlich In Ihrer 18 Du Sozialleben der Ame1„n äuBerenAusstattung,lelchterlcennbaramflexl- Von Dr. K. Dumpert.1978. DM 26.- blen, orangefarbenen Balacron-Elnband. Die 19 ==:der allgemeinen madlzlnlllchen Reihe wird laufend fortgesetzt. Von Prof. Dr. H. Fey. 1978. DM 28.- 20 Kompendium dar allgemeinen Immunologie Von Dr. R. v. Fellenberg. 1978. DM 29,- Physlologle der Haustiere 21 Einführung In die l..ebemllnlttelhyglena Von Prof. Dr. G. Wittke und Prof. Dr. E. Pfeffer. Von Prof. Dr. H.-J. Sinell. 1980. DM 29,- 2. neubearbeitete Auflage. In Vorbereitung 22 Fonltllche Arbelt91ehre 2 Weltwlrtachaftapftanzen Von Prof. Dr. R. Grammel, unter Mitwirkung von Von Prof. Dr. P. Schütt. 1972. DM 24, - Dr. G. 8ecker. 1978. DM 29,-

3 Experimente zur Molekularblologle der Pflanzen 23 Ch~ Von Prof. J. Cherry. 1975. DM 29,- Von Prof. Dr. Nagl. 2„ neubearbeitete und erweiterte 4 Kompendium der allgemeinen V'irologle Auflage. 1980. DM 29,- Von Prof. Dr. M. C. Horzinek. 1975. DM 29,- 24 Kompendium der stutllchen 5 Kllnlac:he Propädeutik der Inneren Krankheiten und TlerHucllenbekäniptung Hautkrankheiten der Haustiere Von Prof. Dr. H. Lübke. In Vorbereitung Von Prof. Dr. W. Jaksch und Prof. Dr. E. Glawischnig. 25 Kompendium der medizinischen Mykologie. 2„ überarbeitete und erweiterte Auflage. 1981. DM 58, - Von Prof. Dr. B. Gedek. t980. DM 48,- Fortpflanzungsbiologie der Säugetiere 26 Forstinventur Von Prof. C. Austin und Prof. R. V. Short. 5 Bände Von Prof. Dr. F. Zöhrer. 1980. DM 34,80 6 Band 1: Keimzellen und Befruchtung 27 Grundlagen der Zellblologle 1976. DM 25,- Von Prof. W. K. Stephenson. 1980. DM 30,- 7 Band 2: Embryonale und fötale Entwicklung 28 Öko·Ethologle 1978. DM 26,- Von J. R. Krebs und N. B. Davies.1981. DM 59,- 8 Band 3: Hormone und Fortpflanzung 29 Waldböden 1979. DM 26,- Von Prof. Dr. K. E. Rehfuess. 1981. DM 36.80 9 Band 4: Spezielle Aspekte der Fortpflanzung 30 Einführung In die veterlniirmedlzlnlBche lmmunologle 1981. DM 30.- Von Prof. Dr. 1. R. Tizard. 1981. DM 48.80 10 Band 5: Manipulation der Fortpflanzung 31 Mathematlach-statlstlaclle Methoden In der 1977. DM 25, - praktischen Anwendung 11 Leitfaden der Miichkunde und Mllchhyglene Von Prof. Dr. E. Renner. 2. neubearbeltete Auflage. Von Prof. Dr. G. Kielwein. 1976. DM 28,- 198t. DM 24,- 12 Biologlache Schädlingsbekämpfung 32 Leitfaden der FOl'lltzoologle und des Von Prof. Dr. J. M. Franz und Dr. A. Krieg. Foratllchutz• gegen Tiere 3. neubearbeitete und erweiterte Auflage. 1982. DM 34,- Von Prof. Dr. Wolfgang Schwenke. 1981. DM 29.- 13 Einführung In die Verhaltensforschung 33 Ökophyalologlachea Praktikum - Von Prof. Dr. K. lmmelmann. Grundlagen des Pflan-achatuma 2„ neubearbeitete und erweiterte Auflage. 1979. Von Prof. Dr. D. Böhlmann. 1982. DM 28,- Ca. DM 34,- In Vorbereitung 14 Medizinische Histologie 34 Phylogenetlsche Systematik Von Prof. Dr. F. PreuB Von Willi Hennig. 1982. ca. DM 48,-. In Vorbereitung Teil 1: Zellen und einfache Zellverbände. 1976. DM 24,- 15 Tell 2: zu„mmengeutzte Zellverblinde 1979. DM 28,- 16 Molekularblologle und Entwicklung PAJL Von Prof. Dr. M. Sussman. 1978. DM 29,- Verlag Paul Parey 17 Allgemeine Botanik für Forstwirte Berlln und Hamburg Von Prof. Dr. P. Schütt und Prof. Dr. W. Koch. PAEY 1978. DM 39,- Fordern Sie daa koalenlose Sammelverzek:hnis .StucHentexte 82. an Veterinärmedizin und Tierzucht

In Anlehnung an die Zusammenstellung Während im Jahre 1957 (Beginn der 6. Pe­ von Wilhelm Schauder (1957) können die riode) 306, nämlich 271 männliche und 35 seit dem Jahre 1957 vergangenen 25 Jahre weibliche Studierende der Veterinärmedi• als 6. und 7. Periode der Entwicklung der zin in Gießen immatrikuliert waren, ist ih­ Veterinärmedizin an der Universität Gie­ re Zahl im Jahre 1982 auf etwa 1250 gestie­ ßen bezeichnet werden, wobei die 6. von gen. Sie wäre noch sehr viel höher, Würde 1957-1970 die Veterinär-Medizinische-Fa• nicht seit dem Wintersemester 1972/73 ein kultät, die 7. von 1971-1982 den Fachbe­ strenger Numerus clausus am Fachbereich reich Veterinärmedizin und Tierzucht um­ bestehen. Zur Zeit beträgt die jährliche Zu­ faßt. lassungsquote für Tiermediziner an der Ju­ 200 Jahre Entwicklung von der empiri­ stus-Liebig-Universität Gießen 200 Stu­ schen „ Tierarzneikunst" bis zur moder­ dienbewerber, so daß wegen Platzmangel nen, wissenschaftlich begründeten Veteri­ in verschiedenen Instituten und Kliniken närmedizin sind vergangen. Die große Be­ die Kurse doppelt abgehalten werden müs• deutung des tierärztlichen Berufes für die sen. Landwirtschaft, Volkswirtschaft und die Interessant ist die immer stärkere Zunah­ Volksgesundheit ist auf der ganzen Welt me der Studentinnen, die z. Z. etwas mehr anerkannt. Die Veterinärmedizin hat sich als die Hälfte aller vorklinischen Veteri­ im Laufe ihrer Entwicklung ein vielseitiges närmedizinstudenten ausmacht. Betätigungsfeld geschaffen. Es reicht von der tierärztlichen Groß- und Kleintierpra­ Um den ständig steigenden Studentenzah­ xis über die verschiedenen Tätigkeiten in len gerecht werden zu können, war es er­ der pharmazeutischen, Fleischwaren- und forderlich, die Ausbildungskapazität der Futtermittelindustrie, in der staatlichen Fakultät durch Erweiterung bestehender Fleisch- und Lebensmittelkontrolle sowie bzw. den Bau neuer Institute und Kliniks­ in der Tierseuchenbekämpfung bis hin zu abteilungen zu vergrößern. Auch die Auf­ den wichtigen Aufgaben der Veterinärun• teilung alter und die Errichtung neuer tersuchungs- und Tiergesundheitsämter Lehrstühle in den sechziger Jahren sowie sowie der Universitäts-, Hochschul- und die zusätzliche Vergabe zahlreicher Lehr­ anderer Forschungsinstitute. aufträge für spezielle Wissensgebiete hat­ Nicht mehr das Arbeitspferd steht im Mit­ ten den Zweck, das Lehrangebot für die telpunkt der tierärztlichen Tätigkeit, son­ Studenten den neuen Erkenntnissen der dern Rind, Schwein und Geflügel. Außer veterinärmedizinischen Forschung anz11- bei Hunden und Katzen ist eine beträchtli• passen. Darüber hinaus war für die Erfül• che Zunahme bei Reitpferden und Ponys lung der immer stärker zunehmenden festzustellen. Aber auch einheimische und Dienstleistungen (Patientenbehandlung, exotische Vögel und Kleinsäuger sowie Untersuchung eingesandten Tiermaterials Reptilien gehören heute als „Heimtiere" u. ä.) die Vermehrung des wissenschaftli­ zum Patientenkreis der Tierarztes. chen und sonstigen Personals geboten.

63 So besaß die VeterinäE-Medizinische Fa­ logie und Immunologie sowie Phar­ kultät im Jahre 1967 neun Ordinariate, makologie und Toxikologie des nämlich für Anatomie, Physiologie, Pa­ Fachbereichs Veterinärmedizin und thologie, Hygiene und Tierseuchenlehre, Tierzucht und die Lehrstühle für Vi­ Tierärztliche Nahrungsmittelkunde, Para­ rologie, Pharmakologie und Medizi­ sitologie, Chirurgie, Innere Medizin sowie nische Mikrobiologie des Bereiches Geburtshilfe mit Ambulatorik. Der Unter­ Humanmedizin untergebracht sind. richt in Pharmakologie wurde von der me­ Dem Sonderforschungsbereich „Virolo• dizinischen, der in Tierzucht, Tierernäh• gie" (Sprecher: Prof. Dr. Dr. h. c. Rudolf rungslehre und Landwirtschaftslehre von Rott) gehören die Institute für Virologie der landwirtschaftlichen Fakultät wahrge­ der Fachbereiche 16, 18 und 23 sowie Ar­ nommen. Die Vorlesungen und Übungen beitsgruppen aus dem Institut für Veteri­ in Botanik, Zoologie, Chemie und Physik när-Pathologie, Medizinische Mikrobiolo­ wurden, wie auch heute noch üblich, zu­ gie, Medizinische Pharmakologie und Me­ sammen mit den Medizinstudenten in den dizinische Biochemie an. entsprechenden Instituten der naturwis­ Die 7. Periode der Entwicklung der Tier­ senschaftlichen Fakultät durchgeführt. medizin an der Universität Gießen begann Das wissenschaftliche Personal setzte sich mit dem neuen Hessischen U niversitätsge• an der Fakultät aus 13 Professoren, zwei setz vom 12. Mai 1970. Durch dieses Ge­ Honorarprofessoren und 31 wissenschaft­ setz wurde die alte Ordinarienuniversität lichen Mitarbeitern zusammen. Humboldtscher Prägung durch die Grup­ Gegenwärtig besteht der Fachbereich Ve­ penuniversität abgelöst, die mehr Transpa­ terinärmedizin und Tierzucht aus 20 Lehr­ renz und die Mitbestimmung für Studen­ stühlen und sieben mehr oder weniger selb­ ten und Assistenten brachte. Durch Ver­ ständigen Abteilungen mit insgesamt 46 ordnung vom 13. März 1971 wurden die Professoren, neun Honorarprofessoren, Fakultäten abgeschafft und durch Fachbe­ etwa 120 Wissenschaftlichen Mitarbeitern reiche ersetzt. Kliniken und Institute soll­ und ca. 220 sonstigen Bediensteten. ten in Betriebseinheiten umgewandelt wer­ In den letzten 25 Jahren konnten zahlrei­ den. che neue Gebäude auf dem alten Fakul­ Glücklicherweise hatte die Veterinär-Me• tätsgelände errichtet und in Betrieb ge­ dizinische Fakultät wegen der Erbringung nommen werden, nämlich von öffentlichen Dienstleistungen den 1957 das Veterinär-Physiologische Insti­ Vorzug, nur den Namen ändern zu müs• tut, sen, ohne wesentlich an Substanz einzubü• 1964 das Veterinär-Anatomische Institut, ßen. Der größte Teil der Fakultät stellte 1965 das Institut für Biochemie und En­ nach dem neuen Gesetz den Fachbereich dokrinologie der Haustiere, 18 (Veterinärmedizin) dar. Lediglich die 1969 die Kliniks- und Demonstrations­ Institute für Erbpathologie und Zuchthy­ halle der Veterinär-Chirurgischen giene sowie für Tropenveterinärmedizin Klinik, bildeten mit dem Institut für Tierzucht und 1970 das Kliniksgebäude der Medizini­ Haustiergenetik der ehemaligen landwirt­ schen Veterinär-Klinik I, schaftlichen Fakultät den Fachbereich 17 1971 die Reit- und Longierhalle, (Angewandte Genetik und Leistungsphy­ 1971 das Mehrzweckgebäude des Fachbe­ siologie der Tiere), der jedoch 1975 in den reiches Veterinärmedizin, in dem die neuen Fachbereich 18 (Veterinärmedizin Lehrstühle für Virologie, Bakterio- und Tierzucht) integriert wurde.

64 Forschung und Lehre sind durch das neue, an, und sie wird diese ihre besondere Prä• inzwischen schon novellierte Hessische gung auch in Zukunft zu wahren wissen. Universitätsgesetz weniger betroffen wor­ Der Fachbereich Veterinärmedizin und den, während die Personalstruktur beacht­ Tierzucht ist bemüht, heute und in Zu­ liche Veränderungen erfahren hat, die sich kunft alle Voraussetzungen zu erfüllen, die besonders nachteilig für den künftigen, an eine moderne Veterinär-Medizinische jungen wissenschaftlichen Nachwuchs aus­ Lehr- und Forschungsstätte gestellt wer­ wirken müssen, da viele der vorhandenen den müssen. Allerdings treten durch die Planstellen durch Umwandlung in Beam­ ständig steigenden Studentenzahlen und tenstellen auf Lebensz.eit auf Jahrzehnte die schwierige finanzielle Lage der U niver­ hinaus blockiert sind. sität bzw. des Landes Hessen auch für den Neben dem eigenen Auf- und Ausbau der Fachbereich Veterinärmedizin und Tier­ Fakultät nach dem 2. Weltkrieg hat die zucht beachtliche Probleme auf. Die Rela­ Gießener Veterinärmedizin ihre Einrich­ tion von wissenschaftlichem Personal zu tungen und Mitarbeiter in den Dienst der Studenten, die 1974 mit 1:4,7 noch recht wissenschaftlichen Entwicklungshilfe ge­ günstig war, beträgt heute l :8,8. Diese Tat­ stellt. So bestand ein sehr erfolgreicher sachen stellen den Fachbereich im 375. Partnerschaftsvertrag mit der Veterinär• Jahr des Bestehens der Universität Gießen Medizinischen Fakultät für Ostafrika in vor nur schwer lösbare Aufgaben, wenn Kabete-Nairobi/Kenia, der von 1965 bis sein Personalbestand nicht merklich und 1975 andauerte und zahlreiche Fakultäts• die auf dem Stand des Jahres 1970 mehr angehörige für längere Zeit nach Kenia oder weniger eingefrorenen Haushaltsmit­ verpflichtete. 1963 wurde mit der Veteri­ tel nicht wesentlich angehoben werden. när-Medizinischen Fakultät der Universi­ Karl-Heinz Habermehl tät Ankara/Türkei ein Austauschvertrag für Dozenten und Assistenten abgeschlos­ Literatur sen. Schauder, W.: Zur Geschichte der Veterinärmedizin Die Entwicklung und das Profil der Veteri­ an der Universität und Justus Liebig-Hochschule Gießen. In: Festschrift zur 350-Jahr-Feier der Lud­ närmedizin in Gießen sind bestimmt und wigs-Universität - Justus Liebig-Hochschule 1607- geprägt worden durch die enge Bindung an 1957. Gießen: von Münchow'sche Universitäts• eine Universität von ihren ersten Anfängen Druckerei W. Schmitz 1957.

Institut für Veterinär-Anatomie. Histologie und Embryologie

Seit Wintersemester 1828/29 wurde von Wilhelm Schauder und von 1954 bis 1971 Wilhelm Vix neben anderen Fachgebieten Prof. Dr. August Schummer. Die derzeiti­ erstmals „Anatomie der vorzüglichen ge Leitung des Institutes erfolgt durch die Haustiere mit Sezierübungen" angeboten. vier am Institut tätigen Professoren in kol­ Als erster Fachvertreter für „Veterinär• legialer Zusammenarbeit. Prof. Dr. Karl­ Anatomie einschließlich Veterinär-Histo• Heinz Habermehl wurde für Veterinär• logie und-Embryologie" wurde 1879 Prof. Anatomie I am l. November 1971 und Dr. Karl-Friedrich Eichbaum berufen. Prof. Dr. Hermann Goller für Veterinär• Ihm folgten von 1901 bis 1928 Prof. Dr. Anatomie II am !.Januar 1970 berufen. Paul Martin, von 1928 bis 1954 Prof. Dr. Prof. Dr. Bertram Schnorr wurde am

65 5. Februar 1971 und Prof. Dr. Reinhold zinische Laboratoriumsassistenten zu er­ Hofmann am 27.Juli 1971 nach seiner bringen. Rückkehr von der Universität Nairobi/ Forschung: Die wissenschaftlichen Arbei­ Kenia zum Professor am Institut ernannt. ten erstrecken sich über das Gesamtgebiet Lehre: Die Pflichtveranstaltungen in den der vergleichenden Morphologie. Schwer­ Fächern Anatomie, Histologie, Embryolo­ punktmäßig wird auf den nachfolgend ge­ gie und Angewandte Anatomie erstrecken nannten Gebieten gearbeitet: Vergleichen­ sich über die ersten drei Semester des vete­ de Angiologie; Altersbestimmungen bei rinärmedizinischen Studiums. Sie werden Haus-, Wild- und Labortieren, Paläoana• von den Professoren Goller, Habermehl, tomie; als DFG-Projekte „Vergleichende Hofmann und Schnorr und den sechs wis­ Neuroanatomie der Haustiere" und senschaftlichen Mitarbeitern des Institutes „Funktionelle Morphologie des Verdau­ erbracht. ungsapparates der Haustiere"; Verglei­ Das Institut hat darüber hinaus die Anato­ chende Untersuchungen am Verdauungs­ mie für die Studierenden der Landwirt­ trakt mit besonderer Berücksichtigung des schaft, der Haushalts- und Ernährungswis• Wiederkäuermagens und -darmes und ver­ senschaften sowie die Histologie für medi- gleichende Wildtieranatomie.

Institut für Veterinär-Physiologie

Die Gießener Veterinär-Physiologie hat ih­ fächer erfolgte 1962 ein Abtrennung der re fachlichen und institutionellen Wurzeln Physiologischen Chemie von der Physiolo­ in der Physiologie der Medizinischen Fa­ gie. Im gleichen Hause gibt es seitdem zwei kultät der Ludoviciana. Ihre Entstehungs­ Institute: Das Veterinär-Physiologische In­ geschichte ist eng verknüpft mit den Na­ stitut, bis 1970 unter Horn, und das In­ men Karl Bürker und Robert Feulgen. stitut für Biochemie und Endokrinologie, Mehrere Jahrzehnte lang hörten die veteri­ das bis 1970 Boguth leitete. Der Lehrstuhl närmedizinischen Studenten Physiologie und das heutige Institut für Veterinär• bei Bürker (bis 1938) und Chemische Phy­ Physiologie wurden 1970 von Prof. Dr. siologie (bis 1955) bei Feulgen. Heinz Eder übernommen. 1938 wurde ein Extraordinariat für Veteri­ Lehre: Von drei Professoren wird den vete­ när-Physiologie gegründet und Professor rinärmedizinischen Studenten des dritten Paul Bernhard Joseph Luy berufen. Ihm und vierten Semesters das notwendige phy­ folgte nach dem Krieg Prof. Dr. Arthur siologische (Prof. Dr. Eder und Prof. Dr. Scheunert und 1948 Prof. Dr. Valentin Antonius Wels) und ernährungsphysiolo• Horn, der 1950 auf das neugeschaffene gische (Prof. Dr. Heinrich Rufeger) Wis­ Ordinariat für Veterinär-Physiologie be­ sen vermittelt. Sie werden dabei von vier rufen wurde. Unter ihm wurde 1957 der wissenschaftlichen Mitarbeitern unter­ Neubau des Institutes an der Frankfurter stützt. Straße 100 erstellt. 1956 wurde am Institut Forschung: Die wissenschaftliche Tätigkeit der Lehrstuhl für Physiologische Chemie im Institut erfolgt im Rahmen dreier Ar­ neu geschaffen und mit Prof. Dr. Dr. beitsgruppen. Unter Leitung von Profes­ Walter Boguth besetzt. Mit der weiteren sor Eder werden Fragen der Stoffaufnah­ Aufgliederung der physiologischen Teil- me und der Stoffabgabe lebender Zellen

66 und der Einfluß physikalischer Faktoren Professor Rufeger ist mit emährungsphy• auf Zellbestandteile untersucht. Der me­ siologischen Themen befaßt, die den Pro­ thodische Schwerpunkt liegt in der An­ teinstoffwechsel und den Energieumsatz wendung und im Ausbau der Fluoreszenz­ monogastrischer Organismen betreffen. mikroskopie und der Mikrofluorometrie Die Untersuchungen umfassen: Analyse . sowie in der Entwicklung eines automati­ des Stickstoff-Stoffwechsels, biologische schen mikrofluorometrischen Verfahrens Wertbestimmung und Verwertung der zur Retikulozytenzählung und -analyse. Nahrungsproteine, Beziehung zwischen Die Gruppe unter Professor Wels arbeitet Proteinstoffwechsel und Energieumsatz, auf dem Gebiet der Hämatopoese, der Gesamtstoffwechselversuche an Laborato­ Erythrozytopoese bei Haus- und Labora­ riumstieren unter definierten Versuchsbe­ toriumstieren. Zur Verbesserung der mi­ dingungen zur Ermittlung des Einflusses kroskopischen Darstellung der Retikulo­ von Quantität und Qualität der Nahrungs­ zyten im Heilfeld und zur objektiven Erfas­ proteine auf den Energieumsatz und N­ sung der Reifegradverteilung durch Mi­ Stoffwechsel und den dabei auftretenden krophotometrie. Die Arbeitsgruppe unter Adaptationsphänomenen.

Institut für Biochemie und Endokrinologie

1956 erfolgte die Errichtung eines Extraor­ Forschung: Am Institut sind zwei Arbeits­ dinariates für Chemische Physiologie (Lei­ gruppen mit biochemischer und eine Ar­ ter: Prof. Dr. Dt. Boguth) im Institut für beitsgruppe mit biomathematischer Ar­ Veterinärphysiologie. 1961 wurden der or­ beitsrichtung tätig. Die Arbeitsgruppe dentliche Lehrstuhl und das Institut für Biochemie unter Prof. Dr. Schoner befaßt Biochemie und Endokrinologie und 1963 sich: a) mit der Aufklärung der Struktur eine biomathematische Abteilung einge­ und der Funktionsweise von Ionenpum­ richtet. 1971 wurden Prof. Dr. med. Wil­ pen biologischer Membranen; b) mit der helm Schoner auf den Lehrstuhl für Bio­ Rolle der Pyruvatkinase-Isoenzyme bei chemie und Prof. Dr. rer. nat. Norbert Vic­ der Steuerung des Kohlenhydratstoff­ tor auf die freigewordene Stelle eines Ab­ wechsels in gesunden und karzinomatös teilungsleiters für Biomathematik berufen. verändertem Gewebe. Die Arbeitsgruppe 1974 folgte die Berufung von Prof. Dr. Angewandte Biochemie und Klinische La­ med. vet. Manfred Semetz auf die neu ge­ boratoriumsdiagnostik unter Prot Dr. schaffene Stelle eines Leiters der Abteilung Sernetz befaßt sich mit Untersuchungen Angewandte Biochemie und Klinische La­ zur Kinetik der Umsetzungen immobili­ boratoriumsdiagnostik. sierter Enzyme und Zellen mittels durch­ Lehre: Sie umfaßt die theoretische und flußfluorometrischer Verfahren. Sie die­ praktische Grundausbildung der Studen­ nen zum einen der Analyse heterogen kata­ ten der Veterinärmedizin in der Biochemie lytischer Prozesse in biologischen, struktu­ sowie die Vermittlung von diagnostik- und rierten Systemen, insbesondere des Zu­ therapieorientiertem biochemischem Wis­ sammenwirkens von' Reaktion, Diffusion sen und biochemischer Arbeitsmethoden und Transport in Zellen, Geweben und Or­ und den Unterricht in Biomathematik. ganismen. Zum anderen sind sie Voraus-

67 setzung für die Entwicklung von Enzym­ mischer Diagnostik, Entwicklung statisti­ und Zellreaktoren für biotechnologische scher Software und der methodischen Be­ und diagnostische Verfahren. treuung von Therapiestudien, die seit 1973 Die Arbeitsgruppe Biomathematik unter durch den Bund (BMFT) unterstützt wer­ Prof. Dr. Victor befaßt sich mit algorith- den.

Institut für Veterinär-Pathologie

Die Pathologie wurde bis 1901 durch Pro­ bäude Frankfurter Straße 96 bezogen wer­ fessoren der Medizinischen Fakultät ver­ den. Von den Gießener Pathologen wur­ treten. Auf Veranlassung des damaligen den Prof. Dr. Walter Renk 1952 nach Ber­ Direktors des Pathologischen Institutes, lin, Prof. Dr. Joachim von Sandersleben Prof. Dr. Eugen Bostroem, wurde 1899 ein 1970 nach München und Prof. Dr. Roland eigener Lehrstuhl für spezielle Tierpatho­ Rudolph 1981 nach Berlin berufen. logie, einschließlich Hygiene und Fleisch­ Lehre: Die Ausbildung der Studierenden beschau, eingerichtet, auf den 1902 Prof. umfaßt allgemeine Pathologie, spezielle Dr. Adam Olt berufen wurde. Sein Nach­ pathologische Anatomie und Histologie, folger wurde 1934 Prof. Dr. Curt Krause, funktionelle Pathologie sowie Obdukti­ der auch die Vorlesung über Allgemeine onstechnik. Die Lehrverpflichtungen wer­ Pathologie übernahm. 1935 erfolgte die den in enger kollegialer Zusammenarbeit Abtrennung der Nahrungsmittelkunde, von den Professoren und wissenschaftli­ nachdem schon 1924 Tierhygiene, Bakte­ chen Mitarbeitern erbracht. Außerdem be­ riologie und Tierseuchenlehre in einem ei­ teiligt sich das Institut regelmäßig am genen Institut unter Prof. Dr. Wilhelm Kontaktstudium und anderen Weiterbil­ Zwick zusammengefaßt wurden. Die Ver­ dungsveranstaltungen des Fachbereichs. tretung von Krause wurde 1940 von Prof. Forschung: In Zusammenarbeit mit der Dr. Olt, später von Prof. Dr. Hugo Keller Weltgesundheitsorganisation wurden No­ übernommen, die Allgemeine Pathologie menklatur und Klassifizierung von Haut­ las wieder Prof. Dr. Herzog von der Medi­ tumoren und Weichteiltumoren beim zinischen Fakultät. 1950 wurde Prof. Dr. Haustier erarbeitet und hierzu umfangrei­ Alfred Hemmert-Halswick nach Gießen che Untersuchungen durchgeführt. Seit berufen. Zu Beginn seiner Amtszeit wurde 1970 beteiligt sich das Institut am Sonder­ die zerstörte Sektionshalle wieder aufge­ forschungsbereich 47 Gießen „Pathogeni• baut. Nach seinem frühen Tod wurden In­ tätsmechanismen von Viren", an den Teil­ stitut und Fachgebiet von Prof. Dr. Rudolf projekten „Immunstatus und infektiöse Wetzei und Prof. Dr. Keller vertreten. Bursitis" und „Bornasche Krankheit". Im Prof. Dr. Georg Pallaske wurde 1958 nach Rahmen des vom BMFT geförderten Pro­ Gießen berufen. Seine Nachfolge trat am jekts „Umweltchemikalien" wird in Zu­ 1. April 1968 Prof. Dr. Eugen Weiss an. sammenarbeit mit dem Institut für Bioche­ 1972 wurden Knut Frese und Roland Ru­ mie und Endokrinologie versucht, einen dolph zu Professoren ernannt. 1974 konn­ qualitativen und quantitativen Test auf te das völlig umgestaltete, hinsichtlich Schlüsselenzyme des Kohlenhydratstoff­ Räumlichkeiten und Ausstattung moder­ wechsels (Pyruvatkinase-Isoenzyme) im nen Anforderungen angepaßte Institutsge- Gewebsschnitt und Blut zur Früherken-

68 nung der Wirkung kanzerogener Substan­ Dienstleistungen: Es sind jährlich etwa zen zu entwickeln. Des weiteren werden 2500 Obduktionen und 4500 Organ- bzw. Untersuchungen über Wildkrankheiten Biopsieeinsendungen mit 38 000 histologi­ durchgeführt. schen Untersuchungen vorzunehmen.

Institut für Tierirztliche Nahrungsmittelkunde

Das Institut für Tierärztliche Nahrungs­ Als Lehrbeauftragte waren am Institut tä• mittelkunde ist im Gebäude Frankfurter tig: Schlachthofdirektor Dr. Johannes Straße 92 untergebracht, die Professur Hy­ Modde (1906--30); Reg. Oberveterinärrat giene und Technologie der Milch befindet Dr. Leopold Monnard (1931-32 und sich im Gebäude Frankfurter Straße 94 1946--48); die Schlachthofdirektoren Dr. (Dekanat). Im Wintersemester 1900/01 Hugo Keller (1932-50), Dr. Dr. h.c. Hein­ wurde erstmalig ein einstündiger Fleisch­ rich Wagemann (1955-67), Dr. Rudolf beschaukurs abgehalten. In der Folge bot Jerzembek (1969-75), Dr. Christian Strau­ der Pathologe Prof. Dr. Dr. Adam Olt be (seit 1975) und Dr. Ernst Müller (Win­ Lehrveranstaltungen in Fleischbeschau an tersemester 1981/82). und ab Wintersemester 1922/23 „Nah• Zum Wintersemester 1970/71 wurde die rungsmittelkunde und Milchkursus". 1934 selbständige Abteilung „Hygiene der wurde das „Institut für Animalische Nah­ Milch, Fische und Eier" eingerichtet und rungsmittelkunde" gegründet und 1935 zu deren Vorsteher Prof. Dr. Gerhard Prof. Dr. Richard Standfuss mit der Lei­ Kielwein berufen. Diese wurde 1979 in die tung beauftragt. 1936 erfolgte die Umbe­ Professur „Hygiene und Technologie der nennung in „Institut für Tierärztliche Nah­ Milch" umgewandelt. rungsmittelkunde". Außerdem wurde das In Lehre und Forschung gliedern sich die Lehrangebot um die Sachgebiete „Fisch• Aufgabenbereiche des Institutes für Tier­ hygiene und Fischkrankheiten" erweitert. ärztliche Nahrungsmittelkunde in die Im Kriege leitete das Institut vertretungs­ Sachgebiete „Fleisch", „Wildbret", „Fi• weise Amtstierarzt Dr. Friedrich Bert. sche", „Eier" und „Milch". Außer für den 1948 wurde Professor Dr. Hugo Keller mit Studiengang Veterinärmedizin werden der kommissarischen Leitung des Institu­ auch für den Studiengang Haushalts- und tes betraut und 1950 auf den „Lehrstuhl Ernährungswissenschaften Lehrveranstal­ für Tierärztliche Nahrungsmittelkunde" tungen angeboten. berufen. 1960 erfolgte die Berufung von Forschungsschwerpunkte: Prof. Dr. Rainer Prof. Dr. Franz Kelch, der schon vier Mo­ Hadlok: Fleisch-Mikrobiologie, Zusam­ nate später verstarb. Nachfolger wurde mensetzung vom Tier stammender Nah­ 1962 Prof. Dr. Helmut Barteis, der 1976 rungsmittel, Schlachttier- und Fleischun­ emeritiert wurde. Sein Nachfolger wurde tersuchung; insbesondere Wild. 1980 Prof. Dr. Wilhelm Kreuzer. Vom Prof. Dr. Wilhelm Kreuzer: Einflüsse ver­ Sommersemester 1976 bis Sommerseme­ schiedener Faktoren auf die Fleischquali­ ster 1980 wurden die Aufgaben dieser Pro­ tät, Rückstände in Lebensmitteln, Lebens­ fessur vertretungsweise von Prof. Dr. Rai­ mittelradiologie. ner Hadlok, der 1971 zum Professor er­ Prof. Dr. Karl Lang: Substantielle Be­ nannt wurde, wahrgenommen. schaffenheit und hygienische Qualität von

69 handelsüblichen Seefischen und Seefisch­ Fragen der Reinigung und Desinfektion in teilen, Lebensmittelkontamination mit pa­ der Milchwirtschaft. thogenen Enterobakterien durch den Men­ Dienstleistungen: Mikrobiologische und schen. cytologische Milchuntersuchungen für die Prof. Dr. Gerhard Kielwein: Mikrobiell Kliniken am Fachbereich und den Euter­ bedingte Stoffumsetzungen in Milch und gesundheitsdienst des Landes Hessen.

Institut für Tierzucht und Haustiergenetik mit Lahr- und Versuchsstation Oberer Hardthof und Lahr- und Versuchsbetrieb Rudlos

Lehre und Forschung auf dem Gebiet der Ludwigstraße 21 (Milchwissenschaft, Tierzucht wurden in Gießen bis kurz nach Ökologie, Tierzucht in den Tropen) und dem 1. Weltkrieg von anderen Instituten auf dem Oberen Hardthof (Reproduktion, wahrgenommen, insbesondere vom land­ Klimakammer, Tierzüchtung), wo sich wirtschaftlichen Universitätsinstitut unter weitere Lehr- und Arbeitsräume befinden, seinen Direktoren Konrad Wilhelm Al­ ebenso wie auf dem Lehr- und Versuchsbe­ brecht Thaer, Friedrich Georg Ernst Al­ trieb in Rudlos. Die Versuchstierbestände bert und zuletzt Paul Gisevius. Mit der Be­ belaufen sich zur Zeit auf rund 150 Milch­ rufung von Hermann Kraemer im Jahr kühe mit Nachzucht, 150 Zuchtsauen, 1921 als ersten Gießener Ordinarius für jährlich bis zu 3000 Mastschweine, rund Tierzucht beginnt die verstärkte Eigen­ 800 Schafe, 1200 Hühner, 100 Kaninchen ständigkeit dieses Fachgebietes. Nachfol­ sowie Ziegen, Tauben und Bienen in gerin­ ger von Kraemer (1921-1934) als Direkto­ gerem Umfang. ren des Tierzuchtinstituts sind Hermann Lehre und Forschung ist nach folgenden Vogel (1935-1945), Leopold Krüger Fachgebieten aufgeteilt: (1947-1969) und Rudolf Waßmuth (1969- 1. „ Tierzüchtung und genetische Grund­ 1976). Seit 1. Januar 1977 ist ein Direktori­ lagen" (Prof. Dr. Waßmuth); „Populati• um im Amt, dem die Professoren Karl­ onsgenetik und statistische Grundlagen" Hermann Finger, Edmund Renner, Ernst­ (Dr. Reiner Beuing); „Kleintierzucht und Bodo Senft, Jörg Steinbach und Rudolf -haltung" (z. Z. vertretungsweise Priv. Waßmuth (geschäftsführend) angehören. Doz. Dr. Vladimir Dzapo und Priv. Doz. Die Besonderheit des Gießener Tierzucht­ Dr. Peter Schley); instituts liegt seit den ersten Anfängen in 2. „Tierhaltung und biochemische Grund­ einer jahrzehntelang einmaligen Doppel­ lagen" (Prof. Dr. Senft); funktion: in der Wahrnehmung von Lehr­ 3. „Reproduktionsbiologie und technolo­ veranstaltungen für Agrarwissenschaftler gische Grundlagen" (Prof. Dr. Finger); und für Veterinärmediziner, die anderen­ 4. „Milchwissenschaft" (Prof. Dr. Ren­ orts von getrennten Tierzuchtinstituten ner); angeboten werden. 5. „Ökologie der Nutz- und Wildtiere" so­ Räumlich untergebracht ist das Institut in wie ihre Haltung und Bewirtschaftung, ins­ den Häusern Bismarckstraße 16 (Tierzüch• besondere in den tropischen und subtropi­ tung, Tierhaltung, Populationsgenetik, schen Entwicklungsländern (Prof. Dr. Datenverarbeitung, Milchwissenschaft), Steinbach).

70 Institut für Hygiene und Infektionskrankheiten dar Tiara

Das Institut ist aus dem im Jahre 1924 ge­ 1965 neu erbauten Isolierstallgebäude gründeten Veterinärhygienischen und Frankfurter Straße 89 untergebracht. Tierse1,1chen-Institut hervorgegangen, das Lehre: Sie umfaßt für Studierende der von Beginn an bis 1936 unter der Leitung Tiermedizin „Allgemeine Epidemiologie seines Initiators Prof. Dr. Dr. h. c. Wilhelm und Seuchenlehre, bakterielle Krankheiten Zwick stand. Nachfolger als Institutsdi­ und Mykosen sowie Veterinärhygiene" rektoren waren bis 1945 Prof. Dr. Karl (Prof. Dr. Schliesser), „Viruskrankheiten Beller und von 1947 bis 1962 Prof. Dr. Dr. und Zoonosen" (Prof. Dr. Hartmut h.c. Elmar Roots. Um der fortschreiten­ Krauss, Priv.-Doz. Dr. Kurt Danner) so­ den Spezialisierung der im Institut verei­ wie Kurse und Übungen in „Mikrobiologi• nigten mikrobiologischen Fachgebiete scher Diagnostik" und „Hygienische Lehr­ Rechnung zu tragen, wurden 1964 das ausflüge". „Tierseuchen-Institut" in einen Lehrstuhl Für Studierende der Agrarwissenschaften für Hygiene und Infektionskrankheiten werden Vorlesungen angeboten über „Hy• der Tiere umgewandelt und die Fachgebie­ giene der Tierhaltung". Des weiteren wer­ te Virologie, Bakteriologie und Immuno­ den Veranstaltungen zur Weiterbildung, logie sowie später (1967) Geflügelkrank• Aus- und Fortbildung und zur Einarbei­ heiten unter Erhebung zu selbständigen tung in Spezialgebiete abgehalten. Lehrstühlen und Instituten abgetrennt. Forschung: Auf dem Gebiet der Infektions­ Die Aufgaben des Institutes für Hygiene krankheiten bilden Klärung epidemiologi­ und Infektionskranheiten sind: scher Fragen (Vorkommen, Ausbreitungs­ tendenzen, Übertragungsmechanismen), 1. Diagnostik, Epidemiologie und Be­ Verbesserung mikrobiologischer und sero­ kämpfung der Infektionskrankheiten der logischer Diagnoseverfahren, Prophylaxe Tiere (Virus-, Bakterien-, Pilzinfektionen und Bekämpfung von Aufzuchtkrankhei­ etc.); ten und von Zoonosen besondere Schwer­ 2. Hygiene der Tierhaltung mit ihren Aus­ punkte und auf dem Hygienesektor stall­ wirkungen auf Tier, Umwelt und Mensch. und umwelthygienische Forschungen, ins­ Erster Direktor des neuen Institutes für besondere Desinfektionsfragen. Hygiene und Infektionskrankheiten der Dienstleistungen: Zentral für alle Kliniken Tiere war von 1964 bis 1969 Prof. Dr. Fritz und Institute des Fachbereichs und andere Ulbrich. 1970 wurde Prof. Dr. Theodor Einsender ( 5700 bakteriologische und 3100 Schliesser auf den Lehrstuhl berufen. Das virologische Einsendungen) werden jähr• Institut ist in dem ausgebauten früheren lich ca. 9600 Laboruntersuchungen durch­ Hauptgebäude des Veterinärhygienischen geführt sowie in 960 Fällen Vakzine herge­ und Tierseuchen-Institutes und in dem stellt und Tierversuche vorgenommen.

Institut für Virologie

Der erste Lehrstuhl für Virologie, der an wurde 1963 von der Gießener Veterinär• deutschen Universitäten entstand und auf medizinischen Fakultät gegründet. Damit den Prof. Dr. Rudolf Rott berufen wurde, sollte eine Erweiterung des wissenschaftli-

71 eben Spektrums der anderen mikrobiolo­ krobiologie, Pharmakologie und dem Zen­ gischen Einrichtungen der Fakultät er­ trum für Biochemie angehören. Der SFB reicht werden und vorrangig spezielle 47, der seit 1968 von Prof. Dr. Dr. h.c. Ru­ Grundlagenforschung betrieben werden. dolf Rott geleitet wird, bestimmt mit sei­ 1966 wurde auch in der Gießener Human­ nem Forschungsthema „Pathogenitätsme• medizin ein Institut für Virologie gegrün• chanismen von Viren auf molekularem det. Seither bilden beide Institute praktisch und zellulärem Niveau sowie im Organis­ eine Einheit, was in der Benutzung gemein­ mus" die wissenschaftlichen Arbeiten des samer Einrichtungen und Geräte, aber Institutes und beeinflußte wesentlich seine auch in der Bearbeitung von Forschungs­ Entwicklung. projekten zum Ausdruck kommt, an denen Das Institut ist gegliedert in die Arbeits­ Wissenschaftler beider Institute zusam­ gruppe „Biochemie" (Prof. Dr. Chistoph menarbeiten. Die Räumlichkeiten im Scholtissek), „Immunologie" (Prof. Dr. Mehrzweckgebäude der Fachbereiche Ve­ Hermann Becht) und „Persistierende Vi­ terinärmedizin und Humanmedizin, die rusinfektionen" (Prof. Dr. Gerd Wengler). Ende 1971 bezogen wurden, waren für die­ Das Lehrangebot umfaßt für Veterinärme• se Organisationsformen geplant worden. diziner und Naturwissenschaftler in Gie­ In diesen Verbund wurde beim Beziehen ßen und in Frankfurt allgemeine und spe­ des Mehrzweckgebäudes noch die Pflan­ zielle Virologie, Biochemie der Nuklein­ zenvirologie aufgenommen. Damit wurde säuren, Kohlenhydrate und Lipide, die die Grundlage zur Bildung des Sonderfor­ molekulare Genetik, allgemeine Immuno­ schungsbereiches (SFB) 47 (Virologie) ge­ logie sowie Durchführung und Mithilfe schaffen, dem neben den Instituten für Vi­ beim virologisch-molekularbiologischen rologie Arbeitsgruppen aus den Instituten und biochemischen Kurs für Anfänger und für Veterinärpathologie, Medizinische Mi- Fortgeschrittene.

Institut für Bakteriologie und Immunologie

Das Institut für Bakteriologie und Immu­ krobiologische Kurs, in der Methodik der nologie wurde 1965 gegründet und auf den bakteriologisch-immunologischen For­ Lehrstuhl wurde Prof. Dr. Hans-Georg schung für Fortgeschrittene, ein For­ Blobel berufen. Seit 1972 ist das Institut in schungsseminar und ein Bakteriologisches dem Mehrzweckgebäude der Fachbereiche Kolloquium durchgeführt. Veterinärmedizin und Humanmedizin un­ In der Forschung werden Grundlagen zur tergebracht. Klärung der Ätiologie und Pathogenese In der Lehre werden Vorlesungen in der bakterieller Infektionen erarbeitet, um eine Allgemeinen Mikrobiologie und Seuchen­ wirksamere Bekämpfung zu ermöglichen. lehre, in der Blutgruppenserologie, der Mi-

1nstitut für Geflügelkrankheiten

Im Jahre 1967 wurde das Institut für Ge­ teilung für Geflügelkrankheiten der Tiere flügelkrankheiten aus der bestehenden Ab- als selbständige Arbeitseinheit gegründet

72 und Prof. Dr. Heinrich Geißler auf den tionsübungen und Übungen im Labo­ Lehrstuhl für Geflügelkrankheiten und ratorium und Kontaktstudien für Tier­ Hygiene der Geflügelhaltung berufen. ärzte. Die Lehre umfaßt: In der Forschung werden praxisbezogene 1. Hygiene der Geflügelhaltung, Fragen zur Stallhygiene, zur Entwicklung 2. Pathologie und Therapie der Geflügel• neuer prophylaktischer Maßnahmen bei krankheiten, der Bekämpfung von Geflügelkrankhei• 3. Ambulatorische Klinik für Geflügel• ten, insbesondere von Zier- und Wildvo­ krankheiten, gelkrankheiten und Prüfungsrichtlinien 4. Praktikum in der Diagnostik der Geflü• und Desinfektionsverfahren zur Inaktivie­ gelkrankheiten, rung von Viren mit Hilfe von Aerosolen 5. Ausgewählte Kapitel der Anatomie, untersucht. Physiologie und Haltung von Wild-, Die Dienstleistungen umfassen jährlich ca. Zoo- und Ziervögeln, 5000 Geflügelsektionen mit begleitenden 6. Krankheiten des Zier- und Wildgeflü• serologischen, bakteriologischen, virologi­ gels, schen, parasitologischen, mykologischen 7. Hygiene der Geflügelhaltung für das und histologischen Untersuchungen sowie Fachgebiet Tierproduktion, ca. 300 ambulatorische Bestandsuntersu­ 8. Kolloquium über Geflügelkrankheiten chungen und -beratungen sowie eine Poli­ und Hygiene der Geflügelhaltung, Sek- klinik für Nutz- und Ziergeflügel.

Institut für Parasitologie

Das Fach wurde bereits 1850 bis 1869 an nannt. Die Erweiterung des Lehrauftrages der Universität von dem Arzt und Zoolo­ um „Bienenkunde und Bienenpathologie" gen Dr. phil. et med. RudolfLeuckart ver­ erfolgte 1948. Die vertretungsweise Wahr­ treten. Die eigentliche Ausbildung auf dem nehmung des Lehrauftrages durch Prof. Gebiet der veterinärmedizinischen Parasi­ Dr. Herbert Haupt wurde mit der Beru­ tologie begann in Gießen im Jahre 1935 fung von Prof. Dr. Rudolf Wetzel auf den mit der Erteilung der venia legendi für „Pa• ordentlichen Lehrstuhl für Veterinär-Pa• rasitologie und Veterinärhygiene" an Dr. rasitologie, Bienenkunde und Bienenpa­ med. vet. Felix Schmid, der als Assistent thologie im Jahre 1954 beendet. am Veterinärhygienischen und Tierseu­ 1965 wurde Prof. Dr. Georg Lämmler auf chen-Institut bereits seit 1932 Vorlesungen den Lehrstuhl berufen und zum Direktor über „Parasiten als Krankheitserreger" des Instituts für Parasitologie und Parasi­ hielt. Ab 1936 wurden die Vorlesungen täre Krankheiten der Tiere ernannt. 1972 über „Parasiten als Krankheitserreger" erfolgte der Umzug des Instituts in die Ge­ und „Pelztierkrankheiten" von Dr. phil. bäude Rudolf-Buchheim-Straße 2. Dr. med. vet. Oskar Wagner übernommen, Die Lehre umfaßt die theoretische und der sich als Leiter des Parasitologischen praktische Ausbildung der Studierenden Laboratoriums der Farbwerke Hoechst der Veterinärmedizin auf dem Gebiet der AG im gleichen Jahr für das Fach „Veteri• wichtigsten Nutztier-, Heimtier- und Zoo­ närparasitologie" in Gießen habilitierte. tierparasiten sowie die Aus- und Fortbil­ 1939 wurde Wagner zum Dozenten und dung von Tierärzten, Biologen und Medi­ schließlich 1949 zum apl. Professor er- zinern. Mit den Instituten für medizinische

73 Mikrobiologie und Virologie des Bereichs zur Prüfung und Entwicklung besser wirk­ Humanmedizin werden alle Lehrveranstal­ samer Antiparasitika bearbeitet. Auf­ tungen auf dem Gebiet der medizinischen grund der großen Verbreitung parasitärer Parasitologie durchgeführt. Mitarbeiter Infektionen in den Tropen und Subtropen des Instituts sind weiterhin mit Lehraufga­ und der zunehmenden Bedeutung parasi­ ben bei der parasitologischen Ausbildung tärer Zoonosen wird diesen Parasitosen, in von Medizinisch-Technischen Assistenten, enger Zusammenarbeit mit der WHO und Gesundheitsingenieuren und Gesundheits­ F AO sowie anderen in- und ausländischen aufsehern betraut. Institutionen, besondere Beachtung ge­ In der Forschung werden biologische, epi­ schenkt. demiologische, patho-physiologische und Die Dienstleistungen umfassen parasitolo­ immunologische Vorgänge bei parasitären gisch-diagnostische Untersuchungen für Infektionen und Infestationen der Haus­ die Institute und Kliniken des Fachbe­ und Zootiere, in der Entwicklung neuer in­ reichs Veterinärmedizin und Tierzucht. direkter Methoden zur Diagnose parasitä• Für das Humanklinikum der Justus-Lie­ rer Krankheiten der Tiere und des Men­ big-Universität Gießen werden Untersu­ schen sowie in der Erarbeitung und An­ chungen zur Serodiagnose parasitärer Tro­ wendung neuer experimenteller Modelle penkrankheiten durchgeführt.

Institut für Pharmakologie und Toxikologie

An der Veterinärmediznischen Fakultät der Studenten auch die Weiterbildung mit der Universität Gießen wurde 1964 das dem Ziel der Anerkennung als Fachtier­ Pharmakologische Institut eingerichtet arzt für Pharmakologie und Toxikologie und Prof. Dr. Max Frimmer auf den Lehr­ bzw. als Fachpharmakologe DPhG. Vier stuhl berufen. Zuvor hatte die Medizini­ wissenschaftliche Mitarbeiter des Institu­ sche Fakultät die pharmakologische Aus­ tes habilitierten sich für Pharmakologie, bildung der Veterinärmediziner mitgetra­ zwei davon am Fachbereich 18 der JLU gen. Nach provisorischer Unterbringung Gießen. Der am Institut 1967 habilitierte in Räumen des Human-Pharmakologi­ Dr. med. vet. Dietmar Hegner wurde 1974 schen Instituts, der Veterinär-Chirurgie auf den Lehrstuhl für Pharmakologie, To­ und, der Veterinär-Verwaltung erfolgte xikologie und Pharmazie der Tierärztli• 1971 der Umzug in das Mehrzweckgebäu• chen Fakultät München berufen. Der 1974 de Frankfurter Straße 107. Da in der habilitierte Dr. med. vet. Frieder Lutz wur­ letzten Phase der Planung auch das Hu­ de 1975 auf die freigewordene Professur man-Pharmakologische Institut im glei­ von Hegner berufen. chen Gebäude untergebracht wurde, konn­ Die Forschung umfaßt Arbeiten über Ent­ te jene kritische Masse an apparativer Aus­ zündungsmediatoren, basische Peptide rüstung und methodischen Möglichkeiten und pharmakologische Beeinflussung von erreicht werden, die in dem verhältnis• Lysosomen und die Membranologie, den mäßig breiten Fachgebiet der Pharma­ Wirkungsmechanismus des Knollenblät• kologie und Toxikologie Voraussetzung terpilzgiftes Phalloidin sowie die Wirkung für effektives Arbeiten ist. des Bakterientoxins aus Pseudomonas ae­ Lehre: Sie umfaßt neben der Ausbildung ruginosa.

74 Chirurgische Veterinirklinik und Chirurgische Veterinär-Poliklinik

Die Geschichte der Veterinärklinik Gießen bislang Oberarzt der Chirurgischen Tier­ beginnt mit Prof. Dr. W. Pfeiffer. Er wurde klinik der Universität München. Gleichzei­ 1899 als ordentlicher Professor in der Me­ tig entstand in der Chirurgischen Veteri­ dizinischen Fakultät für allgemeine und närklinik eine Abteilung für Allgemeine spezielle Chirurgie nebst Operationslehre, und Experimentelle Chirurgie. _Als deren Augenheilkunde und Hufheilkunde, für Leiter wurde Prof. Dr. Klaus Bonath von innere Medizin, spezielle pathologische dem Zentralen Tierlaboratorium am Uni­ Anatomie sowie als Direktor des Tierspi­ versitätsklinikum der Gesamthochschule tals berufen. Er begründete damals die Ei­ Essen berufen. genständigkeit der Tiermedizin als selb­ ständiger Bereich der Universität - bis Im Jahresdurchschnitt werden von der 1914 als Veterinärmedizinisches Kollegi­ Chirurgischen Veterinärklinik etwa 1500 um noch innerhalb der Medizinischen Fa­ Großtiere, vor allem Pferde und Rinder, kultät. 1905 wurde Pfeiffer zum Direktor und 5000 Kleintiere, in erster Linie Hunde der Chirurgischen Veterinärklinik er­ und Katzen, stationär und poliklinisch be­ nannt, deren Bau im gleichen Jahr fertigge­ handelt. Die Forschungsschwerpunkte des stellt wurde. Im Jahre 1935 wurde der Ge­ Hauses liegen u. a. auf den Gebieten Nar­ heime Medizinalrat Prof. Dr. phil. Dr. kose, Gelenkchirurgie, Verbesserung phy­ med. vet. h. c. Wilhelm Pfeiffer emeritiert. sikalischer Diagnoseverfahren und Opti­ Von 1939 bis 1942 und von 1947 bis 1949 mierung technischer Verfahren am Ver­ leitete er nochmals vertretungsweise die suchstier. Im März 1982 wurde die neue Klinik. 1935 wurden Prof. Dr. Walter Bolz zentrale Röntgenstation an der Chirurgi­ und 1949 Prof. Dr. Ewald Berge berufen. schen Veterinärklinik fertiggestellt. Sie er­ Von 1949 bis 1955 wurde in Anlehnung an möglicht nicht nur die Anfertigung von den frü~eren Bauplan die vom Krieg be­ Röntgenaufnahmen für Diagnostik an schädigte Klinik in etwas erweiterter Form Groß- und Kleintieren, sondern über ein wiederhergestellt. Nach der Emeritierung Durchleuchtungsgerät mit Bildverstärker von Prof. Dr. Ewald Berge wurde 1961 ist auch eine funktionelle Diagnostik der Prof. Dr. Heinrich Müller berufen, zwi­ Organe in Thorax und Abdomen möglich schenzeitlich von 1955 bis -1957 Direktor sowie die Anfertigung von Schichtaufnah­ der Chirurgischen Tierklinik an der Hum­ men. Durch Aufnahme auf Videoband boldt-Universität in Berlin. Sein Nachfol­ kann das Verfahren auch dem Auditorium ger wurde 1980 Prof. Dr. Rudolf Fritsch, im Hörsaal vermittelt werden.

Medizinische und Gerichtliche Veterinärklinik 1 (Innere Krankheiten der Pferde, Schweine und kleinen Haustiere)

Als selbständiges Fachgebiet nahm die In­ der Bau der Medizinischen Klinik gegen­ nere Medizin in Gießen 1901 mit der Beru­ über der 1905 fertiggestellten Chirurgi­ fung Prof. Dr. Friedrich Gmeiners zum schen Klinik. 1919 wurde Prof. Dr. Wil­ Professor für Pathologie, Therapie, Diäte• helm Zwick berufen. Er übernahm schon tik und Pharmazeutische Übungen ihren 1926, seinem besonderen Interesse für Mi­ Anfang. Der Berufung folgte 1909/1910 krobiologie folgend, das Ordinariat für

75 Veterinärhygiene und Seuchenlehre. Da­ in 300 Beständen im Rahmen des Schwei­ nach war der Lehrstuhl bis 1930 mit Prof. negesundheitsdienstes, der der Klinik in Dr. Johannes Nörr, bis 1939 mit Prof. Dr. den Kreisen Gießen, Lahn-Dill und Vo­ Heinrich Jakob und bis 1945 mit Prof. Dr. gelsberg obliegt, betreut. Erwin Gratzel besetzt. Als 1946 der Lehr­ Lehre: Klinische Ausbildung, Medizini­ und Kliniksbetrieb wieder begann, wurde sche Propädeutik, Spezielle Pathologie Prof. Dr. Otto Dehner, ehemaliger Mitar­ und Therapie der inneren Krankheiten, beiter von Zwick, NörrundJakob, auf den Allgemeine Innere Medizin, Allgemeine Lehrstuhl für Innere und Gerichtliche Ve­ Therapie, Klinische Laboratoriumsdia­ terinärmedizin berufen. Nach seiner Eme­ gnostik, Gerichtliche Tierheilkunde und ritierung wurde die Innere Veterinärmedi• gemeinsam mit der Veterinär-Pathologie, zin in zwei Lehrstühle geteilt und auf den Prof. Dr. Knut Frese, Funktionelle Patho­ Lehrstuhl I für innere Krankheiten der logie. Für eine begrenzte Teilnehmerzahl Pferde, Schweine und kleinen Haustiere besteht die Möglichkeit zur Ableistung der und für Gerichtliche Veterinärmedizin sechswöchigen praktischen Ausbildung Prof. Dr. Hans Eikmeier, ein langjähriger und des dreimonatigen Wahlpraktikums. Mitarbeiter von Dehner, berufen. Dem Zur regelmäßigen Fortbildung findet wäh• Lehrstuhl I fiel das Glück zu, das neu er­ rend des Semesters allmonatlich die Veran­ baute und modern eingerichtete Kleintier­ staltung „Kleintierpraxis für den Großtier• klinikum beziehen zu können. praktiker" statt. Dienstleistungen: Es werden jährlich ca. 7000 Patienten poliklinisch und stationär In der Forschung liegt der Schwerpunkt auf behandelt, ca. 65 000 Laboruntersuchun­ aktuellen Problemen der klinischen Medi­ gen durchgeführt und ca. 30 000 Schweine zin und Forensik.

Medizinische und Gerichtliche Veterinärklinik 11 (Innere Krankheiten der Wiederkäuer)

Durch Teilung der ehemaligen Medizini­ zinischer Propädeutik, Vorlesungen über schen und Gerichtlichen Veterinärklinik die Inneren Krankheiten der Wiederkäuer, wurde am l. April 1970 ein zweiter Lehr­ klinische Demonstrationen und diagno­ stuhl geschaffen, der sich mit den Inneren stisch-therapeutische Übungen statt. Be­ Krankheiten der Wiederkäuer befaßt. Auf sonderer Wert wird auf eine intensive klini­ ihn wurde Prof. Dr. Gerrit Dirksen beru­ sche Ausbildung der Studierenden am fen. Er folgte 1974 einem Ruf an die Uni­ Rind gelegt. versität München. Sein Nachfolger wurde Die Forschungsarbeiten umspannen nahe­ 1975 Prof. Dr. Hans-Dieter Gründer. Au­ zu das ganze Gebiet der Buiatrik. Hervor­ ßerdem wurde 1980 Dr. Winfried Hof­ zuheben sind dabei insbesondere Untersu­ mann zum Professor ernannt. chungen über verschiedene Stoffwechsel­ Die Lehraufgaben der Klinik umfassen die störungen des Rindes, Arzneimittelvergif­ inneren Krankheiten der Wiederkäuer tung, immissionsbedingte Umweltschä• (Rind, Schaf, Ziege). In diesem Rahmen den, Gesundheitsstörungen und Probleme finden Vorlesungen und Übungen in medi- bei der Kälbermast und -aufzucht, einzelne

76 Infektionskrankheiten de~ Rindes sowie Blutanalysen durchgeführt, außerdem Un­ spezielle Fragen der Labordiagnostik und tersuchungen von Harn, Kot, Pansensaft aktuelle Einzelprobleme. und Hautgeschabseln. Für die praktizie­ Dienstleistungen: Im Jahr 1981 wurden ins­ renden Tierärzte besteht die Möglichkeit, gesamt 586 Patienten stationär behandelt, Untersuchungsmaterial in die Klinik ein­ davon 538 Rinder, 34 Schafe, 11 Ziegen, zusenden. Der Klinik angeschlossen ist der zwei Kamele und ein Reh. In den Labora­ allgemeine Kälber- und Rindergesund­ torien der Klinik werden jährlich rd. 15 000 heitsdienst des Landes Hessen (KRGD).

Ambulatorische und Gaburtshilflicha Vatarinärklinik

Die Geschichte des klinischen Fachgebie­ Aufgaben der Klinik:In der Geburtshilfli­ tes „Tiergeburtshilfe" in Gießen wurde chen Veterinärklinik und Poliklinik wer­ 1868 mit der Vergabe eines Lehrauftrages den heute gynäkologische, andrologische für Poliklinik, Tiergeburtshilfe, Veterinär• und geburtshilfliche Fälle behandelt. Die polizei und Seuchenlehre an den Kreisvete­ Zahl der stationär eingestellten Tiere hat rinärarzt Dr. Ludwig Winkler eingeleitet. sich mit Beginn der 60er Jahre enorm ge­ Bis dahin wurde das Fach im Rahmen der steigert und auf eine etwa gleichbleibende Vorlesungen über Tierheilkunde an der Jahresfrequenz eingespielt. Als Patient Ludwigs-Universität Gießen von dem überwiegt das Rind, gefolgt von Pferd, Großherzoglichen Medizinalassesor und Fleischfressern und kleinen Wiederkäuern. Kreistierarzt Dr. Wilhelm Vix vertreten. Beim Rind spielen neben den klassischen Im Jahre 1901 erfolgte erstmalig die Schaf­ Indikationen zur Fetotomie und zum Kai­ fung einer außerplanmäßigen, außeror• serschnitt zunehmend Eutererkrankungen, dentlichen Professur für Veterinärgeburts• vor allem Euterverletzungen, eine große hilfe und Poliklinik, auf die der Kreistier­ Rolle. arzt Dr. Preusse berufen wurde. Preusse schied schon ein Jahr später aus, und die Die Ambulatorische Sektion der Klinik Geburtshilfe wurde von dem Chirurgen versorgt die landwirtschaftlichen Nutztiere Professor Pfeiffer, die Poliklinik von dem im näheren Einzugsgebiet der Universität Pathologen Geheimrat Olt vertreten. 1906 in tierärztlicher Hinsicht. Zu dieser Aufga­ erhielt dann der Kreisveterinärarzt Dr. be gehört die Verbindung mit der landwirt­ Wilhelm Knell den Lehrauftrag für die ge­ schaftlichen Bevölkerung und dementspre­ nannten Fächer. Mittlerweile wurde ein chend die frühzeitige Erkennung von Än­ Extraordinariat für Geburtshilfe und Poli­ derungen in der landwirtschaftlichen Pro­ klinik geschaffen und Prof. Dr. Diedrich duktionsrichtung und den Betriebsformen. Küst berufen. Zwei Jahre später wurde das Aus den hierbei gewonnenen Erkenntnis­ Extraordinariat in eine ordentliche Profes­ sen durch die wissenschaftlichen Mitarbei­ sur umgewandelt. 1957 wurde der Kliniks­ ter dieser Klinik gehen Vorschläge zur neubau bezogen und im gleichen Jahr Prof. ständig notwendigen Neugestaltung des Dr. Dr. h.c. Harry Tillmann berufen. Sein Berufsbildes „Tierarzt" bzw. Gesetzesvor­ Nachfolger wurde 1980 Prof. Dr. Hartwig schläge hervor, die in die Belange einer so­ Bostedt aus München. Außerdem wurde wohl kurativen Nutztierpraxis als auch in 1970 Privatdozent Dr. Wilhelm Gehring deq landwirtschaftlichen Betrieb selbst zum Professor ernannt. eingreifen.

77 Die Lehre umfaßt die Klinische Propädeu• Pferd, perinatale Störungen bei Neugebo­ tik sowie klinische Ausbildung in Geburts­ renen, gynäkologische Probleme bei Hund hilfe, Gynäkologie, Andrologie, Physiolo­ und Katze, Embryotransfer beim Rind, gie und Pathologie der Fortpflanzung bei objektive Beurteilungsverfahren bei Haus­ männlichen und weiblichen Haustieren tiersperma. Weiterhin finden experimen­ (Krankheiten der Milchdrüse, Übungen in telle Untersuchungen zur Pathophysiolo­ der Haustierbesamung, Übungen in der gie der extrakorporalen Eizellreifung und Gynäkologie, Übungen in der Geburtshil­ Befruchtung statt. fe, Übungen in der Sterilitäts- und Gravi­ Dienstleitungen: Von der Klinik werden ditätsuntersuchung beim Rind, Neugebo­ jährlich ca. 1300 Patienten stationär, 2700 renenkunde) sowie die Ambulatorik. poliklinisch sowie 6600 ambulant versorgt Die Forschung umfaßt Probleme der Ferti­ und mehr als 2000 Laboruntersuchungen lität und Sterilität bei Rind, Schwein und durchgeführt.

Institut für Zuchthygiene, veterinärmedizinische Genetik und Tropische Veterinärmedizin a) Zuchthygiene und veterinärmedizinische Genetik Das Institut wurde 1964 mit der Berufung onsforschung, genetische und zuchthygie­ von Prof. Dr. Georg Wilhelm Rieck auf nische Probleme in der Jagdgebrauchshun­ den Lehrstuhl für Erbpathologie und dezucht und Ökologie, Genetik und Pa­ Zuchthygiene gegründet. Es entstand aus thologie der Wildtiere. dem seit 1961 an der Ambulatorischen und Die Dienstleistung betrifft die Zuchthygie­ Geburtshilflichen Veterinärklinik entwik­ nische Betriebsberatung. kelten Seminar für Erbpathologie und Zuchthygiene, dessen Arbeits- und Lehr­ b) Tropische Veterinärmedizin aufgaben gewissermaßen als Komplement Das Institut wurde 1964 errichtet, und zu den traditionellen Forschungs- und auf den Lehrstuhl wurde Prof. Dr. Helmut Lehrinhalten einer geburtshilflich-gynäko• Fischer berufen. Damit sollten der stei­ logisch-andrologisch bestimmten Klinik genden Zahl von Studenten aus tropischen geplant waren. Ländern eine zusätzliche sachbezogene Lehre: Sie umfaßt „Klinische Genetik" Ausbildung vermittelt und die vielfältigen (Erbkrankheiten und Krankheiten mit ge­ Beziehungen mit Universitäten in tropi­ netisch bedingter Disposition), „Geneti• schen Gebieten gepflegt werden. Professor sche und zuchthygienische Probleme in der Fischer ist gleichzeitig Mitglied des Direk­ Hundezucht", „Zytogenetik" (Chromoso­ torats des interdisziplinären „Wissen• menforschung und Chromosomenpatho­ schaftlichen Zentrums Tropeninstitut" der logie). An der Ausbildung der Studieren­ Justus-Liebig-Universität und vertritt hier den der Fachrichtung „Tierproduktion" das Fachgebiet Veterinärmedizin. ist das Institut mit Vorlesungen über „Ge• Die Lehre umfaßt Themen der Tiergesund­ netik pathologischer Merkmale", „Zucht• heit und tierischen Produktion. In einer hygiene und Resistenzzüchtung" beteiligt. viersemestrigen Vorlesungsreihe werden Die Forschung umfaßt die Aufklärung der die Taxonomie, Nutzungsrichtungen, Lei­ Ursachen von embryonalen Entwickluqgs­ stungen und das Verhalten autochthoner störungen, die Zytogenetik, die Konstituti- und exotischer Haustierpopulationen tro-

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pischer Regionen mit dem Schwerpunkt Professor Fischer ist Mitglied der Arbeits­ Südostasien abgehandelt. Weiter werden gruppe Tropenveterinärmedizin am Bun­ zuchthygienische Fragen, die Biologie und desministerium für wirtschaftliche Zusam­ Pathologie der Fortpflanzung sowie Ursa­ menarbeit und anderer wissenschaftlicher chen der Morbidität und Mortalität von nationaler und internationaler Gremien, Jungtieren ebenso wie die Probleme der die sich mit Fragen der Entwicklung tropi­ Akklimatisation und Adaptation von scher Länder befassen. Haustieren der gemäßigten Zonen in den Tropen vorgetragen. Zum Fachbereich Veterinärmedizin und Auf dem Gebiete der Forschung werden Tierzucht gehören 1206 Studenten und 432 Untersuchungen an autochthonen Haus­ Bedienstete, von denen 145 zum wissen­ und Wildtierpopulationen tropischer Re­ schaftlichen und 287 zum nichtwissen­ gionen über den Stellenwert, die Nutzung, schaftlichen Personal zu rechnen sind. Das Züchtung, Zytogenetik, Fortpflanzung, wissenschaftliche Personal verteilt sich auf das Verhalten sowie spezifische Erkran­ die Kliniken und Institute wie folgt (Stand kungen durchgeführt. 1. März 1982):

Tabelle 1: Planstellen für wissenschaftliches Personal

Professoren Hochschul- Wissenschaftliche Insgesamt Assistenten Mitarbeiter

1. Anatomie, Histologie 4 6 10 und Embryologie 2. Physiologie 3 4 7 3. Biochemie (inkl. Biomathematik 3 7 11 und Angew. Biochemie und Klin. Lab. Diagnostik) 4. Pathologie 3 4 8 5. Tierärztl. Nilhrungsmittel- 4 7 11 kunde (inkl. Hygiene der Milch) 6. Tierzucht und Haustiergenetik 5 13 18 7. Hygiene und Infektions- 2 7 9 krankheiten der Tiere 8. Virologie 4 2 3 9 9. Bakteriologie und Immunologie 1 5 6 10. Geflügelkrankheiten 1 3 4 11. Parasitologie 2 7 9 12. Pharmakologie und 2 3 6 Toxikologie 13. Chirurgie 2 8 10 14. Medizinische und Gerichtliche 6 7 Vet.-Klinik I 15. Medizinische und Gerichtliche 2 2 4 Vet.-Klinik II 16. Ambulatorische und Geburts- 2 7 10 hilfliche Vet.-Klinik 17. Zuchthygiene, vet. med. 3 3 6 Genetik und tropische Veterinärmedizin Zusammen 44 6 95 145

19 Außer Lehr- und Forschungsaufgaben hat eben Krankenversorgung und des öffentli• der Fachbereich in erheblichem Umfang chen Gesundheitswesens zu erbringen (Er­ Dienstleistungen im Rahmen der tierärztli- hebungsjahr 1981 ):

Tabelle 2: Dienstleistungen im Rahmen der tierärztlichen Krankenversorgung und des öffentlichen Gesund- heitswesens

Veterinärkliniken Stationäre Poliklinik Labor- Ambulante Sonstige Leistungen Patienten Behand- unter- Behand· Jungen suchungen Jungen

Chirurgische Klinik 1228 4942 606 843 Hufbeschlag Med. und Gericht. 1387 5214 53000 29000 Tiere• bei Klinik 1 560 Besuchen Med. Klinik II 549 13650 5 900 Rinder• bei 140 Besuchen Ambulatorische und 1260 2723 2058 6565 Geburtsh.-Klinik Geflügelkrankheiten 140 2324 7285 1770200 Tiere• in 131 Beständen Zuchthygiene und 10 Beratungen• vet.-med. Genetik 425 Rinder Insgesamt 4564 15203 76599 6565

Institute Einsendungen Labor­ Sonstige Leistungen untersuchungen

Pathologie 3 825 Organ- und 38410 Histologie 2468 Obduktionen Tumor-Ein­ sendungen Hygiene und 5734 bakteriolo­ 9602 964 Vakzinen und Tier­ Infektionskrankheiten gische versuche 3064 virologische 3599 Parasitologie 6811 14090 Fleischhygiene 79 286 Milchhygiene• 4738 8982 Zuchthygiene und 312 23 384 Karyotypanalys,en vet.-med. Genetik Biomathematik 101 Einzelberatungen 1481 Rechenläufe im HRZ Angewandte Biochemie 500 Fluoreszenzmarkierungen Geflügelkrankheiten 7285 14107 Insgesamt 31848 89599 111 Stände für Großtiere, 162 Boxen für Kleintiere

• Betreuung der Tiergesundheitsdienste

80 Gegenüber den nichtmedizinischen Diszi­ und biologischen Untersuchungsmetho­ plinen an der Universität ist in der Veteri­ den verändern in kurzem Zeitraum die närmedizin ebenso wie in der Humanmedi­ Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten zin neben der Lehre und Forschung die von Krankheiten sowie die Bekämpfungs• Dienstleistung zur Krankenversorgung möglichkeiten von Infektionen und Seu­ und im Rahmen des öffentlichen Gesund­ chen. Wandlungen in der Tierhaltung und heitswesens unabdingbar mit der Ausbil­ Tierernährung erfordern präventive Maß• dung zum Tierarzt verbunden. nahmen zur Gesunderhaltung von Tierbe­ Wenn der Fachbereich anläßlich seines ständen; Futterzusätze, Behandlungen mit Promotionsjubiläums zurückblickt, so Arzneimitteln und Umwelteinflüsse zwin­ kann er mit Genugtuung feststellen, daß in gen zu verschärften Kontrolluntersuchun­ den letzten 150 Jahren trotz zeitbedingter gen auf Rückstände in den vom Tier stam­ politischer und gesellschaftlicher Einflüsse menden Lebensmitteln - letztlich zur Ge­ die veterinärmedizinischen Institute und sunderhaltung des Menschen. Kliniken einen Ausbau erfahren haben, Außerdem hat der Tierarzt die verantwor­ der seinem Nachwuchs eine wissenschafts­ tungsvolle Aufgabe,· darüber zu wachen, und praxisorientierte Ausbildung sowie ei­ daß dem Tier - ob Lebensgefährte des ne international anerkannte Forschung er- Menschen oder wichtigster Eiweißlieferant möglichte. . - in Haltung, Pflege, Versorgung und Für die Zukunft bleibt die Hoffnung, daß Zweckverwendung stets die gebührende das Land Hessen, die Universität Gießen Achtung vor der lebenden Kreatur wider­ und die Drittmittelgeber wie bisher mit fährt. Der Fachbereich ist gewillt, sich die­ Weitblick, Verständnis und Hilfe ermögli• sen aktuellen Herausforderungen zu stel­ chen, daß die vielfältigen auf die Veterinär• len und für die Bedeutung der Veterinär• medizin zukommenden Probleme bewäl• medizin zum Wohle von Mensch und Tier tigt werden können. Rasch fortschreitende sein Bestes zu geben. Entwicklungsvorgänge in den technischen Hermann Goller

81 Fische nicht durchs Netz gehen, brauchen arme Fischer neue Netze. Mit guten Netzen, die nicht reißen, können sie ihre Fangergebnisse wesentlich steigern.Aber keiner der Kleinfischer, die zu den ärmsten Bevölkerungsgruppen Indiens zählen, kann sich ein solches Netzleisten.Es kostet je nach Größe 40 bis100DM. Tatsäch• lich : Hundert Mark bedeuten hier Lebenkönnen und Zukunft sichern. »Brot für die Welt« trägt dazu bei. Brot für die Welt, Postfach 476, 7000 Stuttgart l Spendenkonto: 500 500-500, Postscheckamt Köln. Die Agrar-, Haushalts- und Ernährungswissenschaften in Gießen

Möglichkeiten zum akademischen Studi­ Der erste Professor mit Lehrauftrag für um der Landwirtschaft bestehen in Gie­ Landwirtschaft war 1777-1782 Johann ßen, dem Zentrum Oberhessens, seit mehr Philipp Breidenstein, ihm folgten, neben als 200 Jahren, wenn man davon absieht, den aushelfenden Kollegen der Forstwis­ daß längere Unterbrechungen und häufige senschaften, 1788-1824 der an der Philoso­ Aushilfen durch Wissenschaftler anderer phischen Fakultät in Gießen habilitierte Fakultäten immer wieder notwendig wa­ Friedrich Ludwig Walther, 1787-1831 ver­ ren. treten und unterstützt von August Fried­ rich Crome. Humboldt'scher Reformgeist erreichte die kleine Universitätsstadt an Erste Anfänge in der der Lahn mit der 1824 erfolgten Berufung Ökonomischen Fakultät des 21 Jahre alten Justus Liebig auf den der Ludoviciana Lehrstuhl für Chemie. Er wirkte hier bis 1852, begründete die Agrikulturchemie Angefangen' hat es am 23. April 1777 mit und gab mit neuen Lehr- und Forschungs­ einem Lehrstuhl für Landwirtschaft und methoden auch Anstöße für die Agrarwis­ Rechnungswesen, dem ersten in der Welt senschaften insgesamt und die Ernäh• überhaupt. Er war zusammen mit einer rungswissenschaft. Der Namenspatron der Professur für „ Vieharzneykunst" und vier heutigen Gießener Universität (seit 1957) weiteren Bestandteil der neu eröffneten war damals schon der Auffassung, daß die Ökonomischen Fakultät der damaligen Landwirtschaft als Lehr- und Forschungs­ „Ludwigs-Universität", an der mit dem gebiet mit selbständigen Fakultäten in die Dekan Hofrat Johann August Schlettwein Universitäten und nicht in Akademien ge­ auch das spezifisch hessische Interesse an höre. Das Gedankengut Liebigs bekamen der Forstwissenschaft 1777-1785 vorran­ die Gießener Landwirte aber nicht direkt, gig Berücksichtigung fand. Damit war sondern in erster Linie 1839-1853 von sei­ erstmalig an einer deutschen Universität nem Schüler Friedrich Ludwig Knapp ver­ das traditionelle Prinzip der vier Fakultä• mittelt. Außerdem wurde Landwirtschaft, ten durchbrochen worden. Seiner Zeit um manchmal auch nur als Nebenfach für einiges voraus, litt die Neugründung unter Forstwirte und Veterinärmediziner, ge­ den Schwierigkeiten einer „Frühgeburt". lehrt von Karl Gustav Heyer 1825-1831 Die dazumal noch feudalherrschaftlich ge­ und erneut 1834-1856, Heinrich Franz prägte „Alma mater" ordnete die „Land• Karl Zimmer 1838-1854, Friedrich Casi­ wirtschaft", das bei den klassischen Fakul­ mir Gustav Heyer 1849-1868 und im Fach täten für Jura, Theologie, Medizin und Landwirtschaftliche Baukunst 1838-1848 Philosophie anfänglich ungeliebte Kind, vom Architekten Josef Maria Hugo von schon 1786 der Philosophischen Fakultät Ritgen. zu, wo sie, später als Abteilung, bis 1945 Die erste Entwicklungsphase war gekenn­ verblieb. zeichnet durch vorrangig deskriptive Leh-

83 re, z. T. unter Mitwirkung fachfremder dung und die dazu notwendige Verbreite­ Wissenschaftler anderer Fakultäten. Mit rung der sachlichen Voraussetzungen. Die Liebig begann aber bereits die Überleitung damit verbundene Anbahnung erster Spe­ zu experimenteller Arbeitsweise und einer zialisierungen führte zur Heranziehung sei­ durch Forschungsarbeit befruchteten Leh­ ner Assistenten zum Unterricht in ihren je­ re. Ständig steigender Nahrungsmittelbe­ weiligen Aufgabenbereichen. Bereits 1904 darf und die damit in Gang kommende gelang ihm die Verwirklichung der Anlie­ Abkehr von der alten Dreifelderwirtschaft gen von Thaer durch Erhalt der Genehmi­ waren seit 1777 der Motor für die beschrie­ gung von Prüfungs- und Studienordnun­ bene Entwicklung. gen für die „Diplomprüfung", die als Zu­ gangsvoraussetzung eine Reifeprüfung und sechssemestriges Studium vorschrieb, Das landwirtschaftliche Institut sowie die „Staatsprüfung", die im Grund­ der Philosophischen Fakultät sätzlichen bis heute wenig Veränderung er­ fuhr. Der Landwirtschaftliche Lehrstuhl war Die erste Überarbeitung der „Ordnung der 1857-1866 besetzt von dem experimentell Prüfungen in Landwirtschaft an der Hessi­ engagierten und erfahrenen Landwirt Karl schen Landes-Universität" erfolgte 1916 Josef Eugen Birnbaum. Ihm folgte 1870-- mit der Umbenennung der Staatsprüfung 1901 der Enkel von Albrecht Daniel Thaer in „Prüfung für das Lehramt für Landwirt­ (1752-1828), Konrad Wilhelm Thaer, der schaft" und die Vorschrift für eine pädago• zugleich das für Forschungsarbeiten ge­ gische Zusatzausbildung außerhalb der gründete „Landwirtschaftliche Institut" Universität. Neu war die Forderung nach übernahm. Er und sein Vorgänger waren vorausgehender zweijähriger Praxis in der nach Liebig die eigentlichen Wegbereiter Landwirtschaft. Dazu gab es ergänzend intensiver agrarwissenschaftlicher For­ Bestimmungen für die neu eingeführten schung in Gießen. Darüber hinaus bemüh• Prüfungen für „Studierte" bzw. später te sich Thaer, wenn auch zunächst erfolg­ „Praktische Landwirte", die auf der Basis los, bereits um die Einführung einer spezi­ eines viersemestrigen Studiums bis 1938 ellen Ordnung für geregelte Prüfungen als bestanden. Hierzu war die Reifeprüfung Studienabschluß. einer neunklassigen höheren Lehranstalt Seit dem 22. Mai 1902 gab es die Promoti­ nicht erforderlich. on im Hauptfach „Landwirtschaft" zum Gisevius vertrat während seiner Amtszeit „Dr. phil.", der erst 1938 durch den Titel in Lehre und Prüfungen für Veterinärme• „Dr. agr." abgelöst wurde. Ebenfalls vom diziner die „Landwirtschaftslehre" und gleichen Zeitpunkt an folgten die ersten „Tierzucht mit Milchwirtschaft". Mit ihm fachspezifischen Habilitationen. begann vor allem die Entwicklung zur Ar­ Das Begonnene konnte weiterhin mit Er­ beit auf den ständigen Versuchseinrichtun­ folg fortgesetzt werden: 1901-1903 von gen der Versuchsfelder, anfänglich nur dem aus Halle kommenden Friedrich Ge­ kurzfristig gepachtet, und ab 1925 dann org Ernst Albert, der dann nach Königs• mit der Übernahme der „Hardthöfe", un­ berg berufen wurde, ihm folgte 1903-1926 mittelbar vor den Toren der Stadt, auf dem der zuvor in Königsberg tätige Paul Gise­ ersten Versuchsbetrieb der Gießener vius. In zähem Ringen mit der Verwal­ Agrarwissenschaften. tungsbürokratie gelang ihm eine Moderni­ Das „Landwirtschaftliche Institut" der sierung der landwirtschaftlichen Ausbil- Philosophischen Fakultät wurde, analog

84 zur auch heute noch vorherrschenden Pra­ das Institut noch heute, und damit ein­ xis der Hofbewirtschaftung, bis in die er­ malig in der Bundesrepublik, gleichzeitig sten Jahre nach dem Weltkrieg 1914--1918 für die tierzüchterische Ausbildung von von „Allroundlandwirten" geleitet. Auch Agrarwissenschaftlern und Veterinärmedi• bei der Ausbildung der akademischen zinern verantwortlich ist. Landwirte wurde in Gießen bis 1963 dieser Zusätzlich zum „Oberen Hardthor' wurde Tatsache Rechnung getragen, obwohl die von 1963 bis 1978 der „Untere Hardthor' Lehrinstitutionen schon sehr bald eine und seit 1966 der vom Hessischen Studien­ Aufgliederung in Spezialgebiete erfuhren. fonds im Vogelsberg gepachtete Lehr- und Dabei sollte nicht übersehen werden, daß Versuchsbetrieb Rudlos für Ausbildung auch heute noch die Mehrzahl der Lehren­ und Forschung nutzbar gemacht. den diese „ganzheitliche" Ausbildung er­ Ein Jahr nach der Neuschaffung des Lehr­ hielt und sich erst über ihre wissenschaft­ stuhls für „Tierzucht" erfuhr 1922 die Prü• lichen Arbeiten spezialisiert hat. fungsordnung von 1916 eine Novellierung mit der Diplomprüfungsordnung für den „Diplomlandwirt". Zugangsvorausset­ Fünf spezialisierte Institute zung war neben dem Abitur eine mit Zeug­ in der Philosophischen Fakultät nissen oder gegebenenfalls auch mit Prü• fung bestätigte zweijährige landwirtschaft­ Einen ersten Schritt im sich anbahnenden liche Lehrzeit. Das Studium gliederte sich Wandel bedeutete 1921 die Neuschaffung in zwei naturwissenschaftliche Vorseme­ eines Lehrstuhls für „Tierzucht" und die ster und ein viersemestriges Hauptstudium Berufung von Heinrich Kraemer aus Zü• mit vier Hauptfächern und einem fünften rich. Ihm standen in den 14 Jahren seiner Wahlfach. Tätigkeit ein bescheidenes Institut in der 1924 folgte im „Landwirtschaftlichen In­ Stadt und der „Obere Hardthor' als Lehr­ stitut" die Einrichtung einer „Abteilung und Versuchsstation zur Verfügung. Seine für Agrikulturchemie", der Wilhelm Kle­ Nachfolger waren 1935--1945 Hermann berger, ab 1928 dann als Extraordinarius, Vogel aus Göttingen, 1946-1969 Leopold vorstand, dessen Lehr- und Arbeitsgebiete Krüger, aus Leipzig kommend, sowie seit sowohl Pflanzen- als auch Tierernährung 1969 Rudolf Waßmuth, der davor in Kiel umfaßten und die Unterweisung in Tierer­ tätig war, wobei das Institut von Mal zu nährung für Veterinärmediziner einschlos­ Mal eine Erweiterung erfuhr. sen. Das 1930 gegründete „Institut für Agri­ Eine Abteilung für „Milchwirtschaft" wur­ kulturchemie" setzte dann bis 1959 unter de von den apl. Professoren Georg Roeder Karl Scharrer, der aus München gekom­ (1949-1954) und Adolf Janoschek (bis men war, die von Liebig in Gießen begrün• 1967) geleitet. Nach einer kurzen Über• dete Tradition fort. 1960 erfolgte die Tei­ gangslösung erfolgte 1968 die Berufung lung der beiden Arbeitsgebiete durch Beru­ von Edmund Renner. Die neue Abteilung fung von Heinrich Brune aus Göttingen als für „Tierzucht und Tierernährung in den Direktor des „Instituts für Tierernährung", Tropen und Subtropen" übernahm 1954-- der ebenfalls wieder die Ausbildung der Ve­ 1973 Heinrich Schäfer, der sich von Leip­ terinärmediziner übernahm und 1982 eme­ zig nach Gießen umhabilitierte. ritiert wurde. Als Direktor des „Instituts Die mit der Ökonomischen Fakultät vor für Pflanzenernährung" erhielt 1962 Hans 200 Jahren angebahnten Beziehungen zur Linser seine Berufung, er stand dem Insti­ Veterinärmedizin blieben erhalten, so daß tut bis zu seiner Emeritierung 1976 vor und

85 baute es zu einer modernen Lehr- und For­ fessur für „Agrarpolitik und Betriebsleh­ schungsstätte aus. re", die 1937-1938 von Max Schönberg Mit der 1926 erfolgten Gründung des „In• und danach von dem aus Berlin kommen­ stituts für Pflanzenbau und Pflanzenzüch• den Max Rolfes versehen wurde. Von 1946 tung" kam es zur endgültigen Aufgliede­ an bestanden dann zwei selbständige Insti­ rung des seit 56 Jahren bestehenden tute. „Landwirtschaftlichen Instituts" und der Das „Institut für Agrarpolitik" erhielt damit notwendigen Schaffung einer Gerhard Reinhold, der zuvor lange Jahre „Landwirtschaftlichen ·Abteilung" inner­ in Gießen Forstpolitik gelehrt hatte. Nach halb der Philosophischen Fakultät der seinem Tod übernahm 1963 Eberhard Ludwigs-Universität. Den neugeschaffe­ Gerhardt die kommissarische Leitung, un­ nen Lehrstuhl übernahm, aus der Türkei terbrochen 1965/66 durch die kurzfristige kommend, 1926-1946 George Sessous, der Direktion von Hans Günther Schlotter, bestrebt war, Gießen zu einem pflanzen­ und war bis zu seiner Versetzung in den baulichen und pflanzenzüchterischen Ruhestand 1976 in der Lehre tätig. Zu Schwerpunkt zu entwickeln. Zur Förde• nachfolgenden Direktoren wurden 1967 rung des Versuchswesens richtete er zwei­ Heinz-Ulrich Thimm und ab 1970 Egon jährige Ausbildungskurse für „Landwirt• Wöhlken berufen. schaftlich-Technische Assistentinnen" ein Erster Direktor des 1946 geschaffenen „In• und übernahm Lehre und Prüfung für Ve­ stituts für Landwirtschaftliche Betriebs­ terinärmediziner in „Landwirtschaftsleh• lehre" war bis 1963 Max Rolfes, der 1947- re". 1938 erfolgte von der Kerckhoff-Stif­ 1950 das Amt des Rektors der „Über• tung die langfristige Pachtung des Lehr­ gangs-Hochschule für Bodenkultur und und Versuchsgutes „Rauisch-Holzhausen" Veterinärmedizin" ausübte. Ihm folgte im Ebsdorfer Grund als Grundlage für 1964 Paul Meimberg, der sich in Gießen Dauerversuche und intensive Aus- und habilitiert hatte. 1970 gab er die Leitung Fortbildungsarbeit. Nachfolger von Ses­ ab, da, nach vorausgegangenem Rektorat, sous war 1946-1973 Eduard von Bogu­ seine Wahl zum ersten Präsidenten der Ju­ slawski, der den Nachkriegsaufbau bewäl• stus-Liebig-Universität erfolgt war. Mit tigen mußte und in Weiterentwicklung der Gründung des Instituts übernahmen die Gedanken seines Vorgängers die experi­ Direktoren die Verpflichtung zur Lehre mentelle Basis des Instituts durch die Ein­ und Prüfung für Veterinärmediziner in richtung von drei Versuchsfeldern (Gie­ „Allgemeiner Landwirtschaft". Von 1926 ßen, Rauisch-Holzhausen und Groß-Ger• bis 1963 standen anfangs dem Lehrstuhl au) auf klimatisch differierenden Standor­ und dann dem Institut das Lehr- und Ver­ ten, Bau einer Gefäßstation und einer suchsgut „Unterer Hardthor• und ab 1964 Lysometeranlage sowie Einrichtung des die Betriebe Marienborn und Heldenber­ Phytotrons (Klimaka:mmersystem) in gen bei Büdingen für Forschung, Lehre Rauischholzhausen erheblich erweitern und Fortbildung zur Verfügung. konnte. Hervorgehend aus der seit 1927 bestehen­ Im Jahr 1926 wurde außerdem unter· Wil­ den Forstbodenkunde erfolgte 1939 die helm Pfaff, dem Leiter des „Unteren Gründung des „Instituts für Bodenkun­ Hardthofes" und Lehrbeauftragten bis de", sein erster Direktor war bis 1950 Paul 1946, die „Landwirtschaftliche Betriebs­ Köttgen. Ihn löste, nach erfolgreicher lehre" verselbständigt. Für sie kam es 1937 Überwindung der Kriegsschäden, Hans zur Schaffung einer außerodentlichen Pro- Kuron ab, der das Institut zu einem bedeu-

86 tenden Zentrum für Erosionsforschung Die landwirtschaftliche Fakultät ausbaute und es in „Institut für Bodenkun­ und ihr Ausbau bis 1970 de und Bodenerhaltung" umbenannte. Sein Nachfolger war 1965--1976 Ernst Trotz aller unübersehbaren Beweise des Schönhals. Wiederaufbauwillens vieler noch oder Damit konnte im wesentlichen noch vor schon wieder in Gießen anwesender Uni­ Beginn der staats- und parteidirigistischen versitätsangehörigen und trotz aufopfern­ Ära ( 1933-1945), in der eine Auflösung der den Einsatzes des damaligen Rektors Karl „Ludoviciana" geplant war, die Entwick­ Bechert durfte der akademische Unterricht lung vom Landwirtschaftlichen „Univer• im alten Umfang nicht wieder aufgenom­ sal"-Institut zu den drei Forschung und men werden, was ihn zum Rücktritt veran­ Lehre tragenden Säulen der Agrarwissen­ laßte. Die 339 Jahre alte „Ludoviciana" schaften: Acker- und Pflanzenbau, ergänzt war geschlossen und wurde Mitte 1946 zu durch die Bodenkunde, Tierzucht und einer Hochschule für Bodenkultur und Vete­ Haustierhaltung, ergänzt durch die Milch­ rinärmedizin umgewandelt. wirtschaft, Agrarpolitik und Betriebslehre, Unter dem zweiten Nachkriegsrektor Paul sowie zusätzlich die Gießener Spezialität Cermak und den drei darauffolgenden der Agrikulturchemie, abgeschlossen wer­ Rektoratsjahren des Landwirts Rolfes ent­ den. Von 1926 bis 1945 lag die Zahl der stand und entwickelte sich ab 1946 erst­ jährlich absolvierenden Diplomlandwirte mals in Gießen, wie von Liebig vor rund zwischen l 0 und 20. Im Chaos des Zusam­ 100 Jahren bereits gefordert, eine Land­ menbruchs endete unter Schutt und Asche wirtschaftliche Fakultät. Die zuvor schon ein Kapitel düsterster Universitätsge• genannten und aus der Philosophischen schichte, zu dem anzumerken ist, daß die Fakultät ausgegliederten fünf Institute, er­ Studentenschaft sich schon vor 1933 in er­ gänzt durch das Institut für Wirtschafts­ heblichem Umfang dem „Nationalsozialis• wissenschaften unter dem zurückgerufe• mus" zugewandt hatte. nen Wilhelm Andreae, der 1942 suspen­ Durch Bomben und Brände ist während diert worden war und dem Helmuth Stefan der Luftangriffe im Zeitraum Juli 1944 bis Seidenfus 1960--1964 nachfolgte, begannen März 1945 ein Großteil der innerstädti• im Mai 1946 mit 104 eingeschriebenen Hö• schen Universitätseinrichtungen zerstört rern und acht Hochschullehrern den Un­ oder nachhaltig beschädigt worden, wert­ terricht. Mit Eröffnung der Rechts- und volles Gerät und unersetzliche Buch- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät im Dissertationsbestände gingen verloren. Jahre 1965 wurde das Institut für Wirt­ Mit Übernahme der Macht durch ameri­ schaftswissenschaften, nach einer Über• kanische Besatzungsbehörden wurden alle gangszeit unter Wilhelm Kraus und Mit­ hessischen Universitäten zunächst ge­ wirkung von Günter Hedtkamp, Seminar schlossen. Anträgen zur Wiedereröffnung der neuen Fakultät, für das Artur Woll be­ der Ludwigs-Universität widersetzten sich rufen wurde, der die „Volkswirtschaftsleh• der Marburger Rektor ebenso wie der in re" ab 1965 für die Landwirte fortsetzte. Marburg residierende amerikanische Uni­ „Agrarpolitik" sowie „Landwirtschaftli• versitätsoffizier. Die neuerstandeneri che Betriebslehre" erhielten selbständigen Großhessischen Behörden sahen sich fi­ Institutsstatus. Unterstützt wurde die Aus­ nanziell überfordert, scheuten den Wider­ bildung im Grundstudium durch die fünf stand der Vorgenannten und zögerten die in der Naturwissenschaftlichen Fakultät Entscheidung hinaus. verbliebenen Institute (Chemie, Physik,

87 Botanik, Zoologie und Mathematik) sowie schaftslehre. Der Diplomprüfungsumfang durch die Veterinär-Anatomen Wilhelm wurde auf 10 Kernfächer und zwei Zusatz­ Schauder (1928-1954) und August Schum­ wahlfächer ausgedehnt. Ein Hinweis auf mer (1954--1970). Einführung der bevorstehenden achtseme­ In Ablösung der seit 1927 bestehenden strigen Normalstudienzeit ist bereits ent­ Lehraufträge entstand zum Jahreswechsel halten. 1946/47 das dringend erforderliche „Insti• Das Institut für „Grünlandwirtschaft und tut für Landmaschinen" unter Berufung Futterbau" wurde 1951, als erstes seiner von Rudolf Königer. Es folgten ihm 1952 Art in Deutschland, gegründet. Sein erster Karl Stöckmann und 1966-1971 Heinz Direktor war Arnold Scheibe. Ihm folgte Lothar Wenner, der dabei die Umbenen­ 1956-1971 Adolf Stählin aus Hohenheim, nung in „Institut für Landtechnik" er­ der das Institut zu einer modernen Lehr­ reichte. Damit war verdeutlicht, daß in Zu­ und Forschungsstätte mit ökologisch-phy• kunft für Lehre und Forschung der Ver­ siologischem Schwerpunkt ausbaute, wozu fahrenstechnik, d. h. der Einordnung der auch ein Versuchsfeld in Leihgestern ge­ Landmaschine in geschlossene Arbeitsver­ hörte. fahren Vorrang einzuräumen ist. Das zähe Ringen für den Fortbestand der Unter Ernst Brandenburg begann im Ok­ Gießener Universität, um in drei Jahrhun­ tober 1952 das „Institut für Phytopatholo­ derten gewachsene, unersetzliche Werte zu gie" seine Arbeit. In den folgenden Jahren erhalten und um das Abgleiten auf Fach­ wurde es mit Gewächshäusern und einer schulniveau für die verbliebenen Fakultä• Versuchsstation am Alten Steinbacher ten zu verhindern, litt, nach Bechert, unter Weg ausgestattet. 1963-1970 übernahm Vorgängen, „die verwaltungsmäßig dilet­ Friedrich Grossmann den Lehrstuhl und tantisch und oft menschlich unerfreulich gab der Mykologie neue Impulse, die das gewesen sind". Rektoren und Senat hatten bisher vorrangig untersuchte Gebiet der vier Jahre später wiederum nur einen Teil­ „Pflanzenerkrankungen durch Ernäh• erfolg mit dem Gesetz vom 11. September rungsstörungen" sinnvoll ergänzte. 1950, das die Errichtung der Justus Liebig­ Mit maßgeblicher Initiative der Fakultät Hochschule in Gießen verkündete. Es ge­ richtete 1955 der Senat das interfakultative stand der Hochschule zu den bestehenden „Institut für kontinentale Agrar- und drei Fakultäten eine Akademie für medizi­ Wirtschaftsforschung" ein, in das zur För• nische Forschung und Fortbildung sowie derung der gestellten Aufgaben 1957 die eine allgemeine Abteilung zu. In der Land­ vom Bund und dem Land Hessen gemein­ wirtschaftlichen Fakultät lehrten zu die­ sam errichtete Kommission zur Erfor­ sem Zeitpunkt 13 Hochschullehrer und schung der Agrar- und Wirtschaftsverhält• vier Lehrbeauftragte, die Hörerzahl war nisse des europäischen Ostens e. V. inte­ auf über 200 gestiegen. Dieses Jahr und die griert wurde. Es vereinte die Fachgebiete folgenden brachten zu den bestehenden Bodenkunde und Bodenerhaltung, Pflan­ acht weitere Institutszugänge und 1951 ei­ zenproduktion, Tierproduktion, Veteri­ ne geänderte Diploniprüfungsordnung. närmedizin, Agrar- und Ernährungsöko• Neu war darin die Zulassung von Absol­ nomik, Wirtschaftswissenschaften sowie venten der Höheren Landbauschulen mit Geschichte und Sprachen Osteuropas, de­ Prädikatsergebnis und Eignungsbescheini­ nen als zentrales Arbeitsmittel die Osteu­ gung auch ohne Abitur und für alle die mit ropa-Spezialbibliothek zur Verfügung der Prüfung abgeschlossene Landwirt- steht. Der jeweilige Direktor wird aus dem

88 Kreis der von den beteiligten Instituten wurden. Der Träger ist eine Förderungsge• entsandten Sektionsleiter gewählt. sellschaft an der Justus-Liebig-Universität, 1956 wurde das „Institut für landwirt­ deren beitragende Mitglieder die zwei Ge­ schaftliche Mikrobiologie" als bis heute nossenschaftsverbände und 50 Primärge• einmalige Einrichtung in Deutschland ge­ nossenschaften Hessens sowie der Deut­ gründet. Johannes Glathe übernahm bis sche Genossenschaftsverband und die 1968 die Aufgabe des Aufbaus und befaßte Deutsche Genossenschaftsbank sind. Die­ sich vornehmlich mit Mikroben in Boden ses außerhalb des Kultusetats finanzierte und Erntegut sowie biologischen Prozes­ Institut hat über die Forschung hinaus sen bei der Kompostierung von Abfallstof­ Lehr- und Prüfungsaufgaben übernom• fen. Sein Nachfolger wurde 1969 Eberhard men. Küster, der die Moor- und Torfmikrobio­ Durch Initiative des Hessischen Minister­ logie mit einbrachte. präsidenten kam es ebenfalls 1961 zur Rektor und Senat konnten mit einiger Ge­ Gründung des interdisziplinären „Instituts nugtuung die durch Gesetz vom 2. Juli für Landwirtschaft, Veterinärmedizin und 1957, anläßlich der 350-Jahr-Feier, erlasse­ Ernährung in den Tropen und Subtro­ ne Wiedereröffnung der Universität als Ju­ pen", das bis dahin kein Vorbild an einer stus-Liebig-Universität begrüßen; wenn deutschen Universität hatte. 1965 wurde auch der damalige Rektor Wulf Emmo die Einrichtung, in die die Fakultäten ihre Ankel in seiner Erwiderung auf die Lauda­ mit Tropenproblemen befaßten Wissen­ tio des Kultusministers klarstellen mußte, schaftler bzw. Arbeitsgruppen entsandten, daß es nicht angehe, eine Universität als in „ Tropeninstitut" umbenannt. „naturwissenschaftlich-biologisch" festzu­ Zum Wintersemester 1962/63 eröffnete die legen. Wichtigstes Resultat war, daß die Landwirtschaftliche Fakultät den neuen Medizin wieder Fakultät wurde und die Studiengang „Haushalts- und Ernäh• Allgemeine Abteilung zur Naturwissen­ rungswissenschaften", an dem in erster Li­ schaflich-Philosophischen Fakultät kam. nie die Institute für „Tierernährung" und Horst Weber begann 1958 mit dem Auf­ für „Pflanzenernährung" beteiligt sind so­ bau des neuentstandenen „Instituts für wie aus der Medizinischen Fakultät das Landeskultur", das er bis 1973 leitete. Zu­ 1951 gegründete „Institut für Ernährungs• nächst wurden Fragen der Be- und Ent­ wissenschaft" (damals unter der Leitung wässerung einschließlich der Dräntechnik von Hans-Diedrich Cremer, der 1956 den sowie schwerpunktmäßig die Unterboden­ ersten Ruf auf den Lehrstuhl für menschli­ melioration an verschiedenen, auch außer• che Ernährungslehre erhalten hatte). Sie europäischen Standorten bearbeitet. erfahren Unterstützung durch weitere In­ Wie schon erwähnt, erfolgte 1960 die Auf­ stitute der eigenen Fakultät ebenso wie teilung des „Agrikulturchemischen Insti­ von Instituten der Humanmedizin und der tuts" in selbständige Institute für „ Tierer­ Veterinärmedizin. Das Grundstudium nährung" und „Pflanzenernährung". wurde ähnlich organisiert und unterstützt Ein einmaliger Vorgang in Westdeutsch­ wie das der Agrarwissenschaftler. land war die 1961 vollzogene Gründung Zur Bewältigung des haushaltswissen­ des „Instituts für ländliches Genossen­ schaftlichen Anteils dieses neuen Studien­ schaftswesen" unter maßgeblicher Mitwir­ gangs war zum Wintersemester 1962/63 kung von Rolfes und Meimberg, die inner­ die Gründung des „Instituts für Wirt­ halb des Direktoriums auch seine ersten schaftslehre des Haushalts und Ver­ Direktoren 1961-1966 bzw. 1966-1969 brauchsforschung" erforderlich. Frau Hel-

89 ga Schmucker erhielt den Ruf auf den er­ und einem Wahlfach der gewählten Fach­ sten Lehrstuhl für „Wirtschaftslehre des richtung abgelegt. Haushalts" in der Bundesrepublik. Ihre Diese Phase des stürmischen Ausbaus er­ Nachfolgerin wurde 1969 Frau Rosemarie weiterte den Bestand an Hochschullehrern von Schweitzer. Mit dieser Gründung wur­ auf insgesamt 40, zu denen sieben Lehrbe­ de Neuland betreten, für das vordringlich auftragte hinzukamen. Die Zahl der in der Lehr- und Forschungsprogramme in den Fakultät direkt und indirekt verankerten ersten Jahren zu entwickeln waren. Institute erhöhte sich auf 17. In die gleiche Mit der Berufung von Werner Gruppe be­ Zeit fiel auch die längst fällige Änderung gann 1963 der Aufbau des „Instituts für des seit sieben Jahren bestehenden Univer­ Obstbau" mit Versuchsfeldern in Helden­ sitätsgesetzes am 17. Dezember 1964. Es bergen und Leihgestern. Über Lehraufträ• bestimmte eine Neugliederung in sechs Fa­ ge kamen sehr bald schon „Weinbau" und kultäten durch Neugründung der Rechts­ „Gemüsebau" dazu. und Wirtschaftswissenschaftlichen und der Philosophischen Fakultät. Zu vermerken Ende 1963 wurde auf Anregung von Rolfes ist aber, daß hier die „Landwirtschaftliche das „Institut für Agrarsoziologie" gegrün• Fakultät", erstmalig seit 1946, an letzter det; erster Leiter war Herbert Kötter, der (sechster) Stelle im Gesetzestext aufgeführt 1970 einem Ruf nach Bonn Folge leistete. wird. Ob als Signal beabsichtigt oder nicht, Unter ihm und seinem Nachfolger An­ etwa zur gleichen Zeit wurde die ministeri­ dreas Bodenstedt wird von den Professo­ elle Ablehnung der schon lange erforderli­ ren des Instituts die Agrarsoziologie als ei­ chen und für das Schiffenberger Tal bzw. nes der drei Hauptfächer der Fachrichtung die Hardthöhe geplanten und der Konzen­ „Wirtschafts- und Sozialwissenschaften tration und Modernisierung der Fakultät des Landbaus" gelehrt, eine nur in Gießen dienenden Bauvorhaben zur folgenschwe­ angebotene Kombination von Hauptfä• ren Tatsache. Zumal bereits im darauffol­ chern. genden Jahr Gerüchte umgingen, daß der Am 26. Februar 1963 genehmigte der Kul­ Wissenschaftsrat als zentrales Beratungs­ tusminister eine gänzlich neugestaltete gremium der Regierungen in der Bundes­ Prüfungsordnung für das achtsemestrige republik eine Reduzierung der sieben west­ Studium für Diplomlandwirte. Die erfor­ deutschen Landwirtschafts-Fakultäten zu derliche Vorpraxis wurde von zwei Jahren empfehlen beabsichtige. auf eineinhalb Jahre mit zwei Vegetations­ Das Damoklesschwert drohender Schlie­ perioden reduziert und statt mit einer Ge­ ßung der Fakultät, gestoppte Investitionen hilfenprüfung mit einer Praktikantenprü• und um sich greifendes „Rette-sich-wer• fung abgeschlossen. Auf zwei naturwissen­ kann" -Denken belasteten die Fakultät schaftliche Vorsemester mit Diplom-Vor­ ausgerechnet in einer Zeit heftiger politi­ prüfung folgte nach weiteren vier Seme­ scher Auseinandersetzungen in den und stern der erste Abschnitt der Diplom­ um die Universitäten. Eine Denkschrift Hauptprüfung in insgesamt sieben Fä• von Meimberg (Januar 1969) zeigte an ei­ chern der beiden nicht für das Hauptdi­ nem Vergleich der westdeutschen Land­ plom gewählten Fachrichtungen Pflanzen­ wirtschaftlichen Fakultäten die Unsinnig­ produktion, Tierproduktion oder Wirt­ keit der Absichten des Wissenschaftsrates schafts- und Sozialwissenschaften. Nach zur Schließung der Gießener Fakultät. zwei weiteren Semestern wurde die Di­ Aber der Beschluß war längst vorgefaßt. plom-Hauptprüfung in vier Kernfächern Im Juli 1969 erfuhr die Öffentlichkeit, daß

90 die Ausbildung von Agrarwissenschaftlern Fachbereichsstruktur nach 1970 in Gießen zu beenden sei, ebenso wie in Kiel und Berlin. Die Kieler Regierung Am 12. Mai 1970 wurde ein neues Gesetz lehnte ab, und Berlin änderte die Aufga­ über die Universitäten des Landes Hessen benstellung seiner Fakultät. In Hessen be­ verkündet. Es bestimmte u. a. die Auflö• gann der politische Kampf um den Fortbe­ sung aller Fakultäten und die Neuorgani­ stand, in den seitens der Fakultät mit Ve­ sation der Universitäten im Rahmen von hemenz und Geschick, unterstützt von Fachbereichen. An die Stelle der Land­ zahlreichen Landwirten des Landes, der wirtschaftlichen Fakultät traten am l. Juli letzte Dekan der Fakultät, Rudolf Waß• 1971 fünf Fachbereiche: Angewandte Bio­ muth, eingriff. Das zähe Ringen hatte logie (Pflanzen) [16], Angewandte Gene­ letztlich Erfolg, wenn auch unter schmerz­ tik und Leistungsphysiologie der Tiere lichen Opfern, die der Fakultät von staatli­ [17], Ernährungswissenschaften [19], Nah­ cher Seite abgefordert wurden. Mehr und rungswirtschafts- und Haushaltswissen­ mehr gerieten die Universitätseinrichtun• schaften [20], Umweltsicherung [21]. gen in den Strudel eines euphorischen Re­ Im Mai 1974 unterbreiteten Präsident formismus. Für Gießen schlug aber in gan­ Meimberg und die Dekane der Fachberei­ zer Schärfe nur der 1970 gesetzgeberisch che der Öffentlichkeit Pläne für neue Fach­ umgesetzte Zeitgeist voll durch, da der richtungen, die auf Grund von Empfehlun­ Realitätsbezug in den angewandten Na­ gen des Wissenschaftsrates und einer dar­ turwissenschaften natürliche Grenzen aufhin eingesetzten Studienreformkom­ setzt. mission erarbeitet worden waren. Feder­ führend bei der grundlegenden Diskussion Trotz der ungemein unruhigen Situation zur Erstellung dieser qualitäts- und um­ wurde am l. September 1969 noch eine weltorientierten Studienordnungen war neue Diplomprüfungsordnung genehmigt, zunächst eine Senatskommission für be­ die in ihren Grundzügen alle bisher nach­ rufsbezogene Studiengänge, die von Bogu­ folgenden Ordnungen beeinflußt hat. Der slawski leitete. Die Studienreformkommis­ zu erwerbende Titel lautet von jetzt an: sion (gebildet aus Professoren, Mitarbei­ „Diplom-Agraringenieur." Ein Praktikum tern und Studenten der fünf Gießener wird nur noch als Ergänzung der wissen­ Fachbereiche sowie aus Vertretern aus­ schaftlichen Ausbildung im Umfang von wärtiger Hochschulen und der zuständigen sechs Monaten gefordert. Landes- und Bundesministerien) empfahl Das achtsemestrige Studium ist unterteilt am 18. Juni 1975 dem hessischen Kultus­ in das Grundstudium mit einem naturwis­ minister die Genehmigung des neuen Lehr­ senschaftlichen ersten Abschnitt und ei­ programms der Agrarwissenschaften mit nem die Grundlagen der Agrarwissen­ vier Fachrichtungen zum Wintersemester schaften vermittelnden zweiten Abschnitt. 1975/76. Beide werden mit Zwischenprüfungen Zur Lösung übergreifender Aufgaben tra­ nach jeweils zwei Semestern abgeschlos­ fen sich die Dekane der agrarwissenschaft­ sen. Für das viersemestrige Hauptstudium lichen Fachbereiche seit 1972 in einer stän• hat der Studierende eine von drei Fach­ digen Konferenz, aus der am 7. April 1975 richtungen zu wählen, in der er dann in die „Gemeinsame Kommission für Agrar-, drei Haupt-, zwei alternativen Wahlfä• Haushalts- und Ernährungswissenschaf• chern und einem Pflichtwahlfach geprüft ten" entstand. Ihr erster Vorsitzender war wird. 1975/77 Karl-Hermann Finger. Der Ge-

91 meinsamen Kommission wurden von den Prinzip. Zu den bereits seit 1963 bestehen­ Fachbereichen insbesondere folgende Auf­ den Fachrichtungen „Ernährungswissen• gaben übertragen: schaft" und „Haushaltswissenschaft" kam als dritte die „Ernährungsökonomie" hin­ D Erlaß und Änderung von Diplomprü• zu. Wesentlicher Punkt der Änderung war fungsordnungen und Studienordnungen, hier die endgültige Trennung von der bis­ o Organisation der Studienberatung und herigen Anbindung an den Diplomgrad der praktischen Ausbildung, der Agrarwissenschaften durch Einfüh• D Vorschläge für die Wahl von Vertretern rung des Titels „Diplom-Ökotrophologe". für übergeordnete Gremien, In den ersten drei Amtsperioden 1975/77 o Koordination und Stellungnahme in (Finger), 1977/79 (Thimm) und 1979/82 Kapazitätsfragen, (Menden) der Gemeinsamen Kommission D Erlaß und Änderung gemeinsamer Pro­ konnten wesentliche Anliegen der Studen­ motions- und Habilitationsordnungen, tenschaft und der Hochschullehrer zur o Vertretung beim Fakultätentag, Verbesserung der Studiensituation und der o Durchführung von Fortbildungsveran­ Bildungsinhalte durchgesetzt werden, u. a. staltungen und Öffentlichkeitsarbeit. nach Intervention des Fakultätentags eine Die vorbereitenden Arbeiten zu den im erneute Änderung der Diplomprüfungs• Statut der Gemeinsamen Kommission ordnung und der Studienordnung für festgelegten Aufgaben werden studien­ Agrarwissenschaften mit Neugestaltung gangspezifisch in den Unterkommissionen der Fachrichtungen Pflanzenproduktion, „Agrarwissenschaften" sowie „Haushalts• Tierproduktion, Wirtschafts- und Sozial­ und Ernährungswissenschaften" geleistet. wissenschaften des Landbaues sowie Um­ Das gilt in besonderem Maße für die bei­ weltsicherung und Entwicklung ländlicher den, nach gleichen Grundzügen gestalte­ Räume; Erarbeitung einer neuen Prü• ten, neuen Prüfungs- und Studienordnun­ fungsordnung für Haushalts- und Ernäh• gen. rungswissenschaften; Schaffung von Pro­ Bereits drei Monate nach Arbeitsaufnah­ motionsordnungen für die Abschlüsse Dr. me der Gemeinsamen Kommission geneh­ agr. und Dr. oec. troph. und Einsetzung migte der Kultusminister am 10. Septem­ gemeinsamer Promotionsausschüsse zur ber 1975, als Voraussetzung zur Fortset­ Organisation der neueingeführten Dispu­ zung des Studiums im Wintersemester tation. 1975/76, die in dieser Zeit erarbeitete, re­ Bei Fachbereichen und Instituten gab es formierte Diplomprüfungsordnung für seit Gründung der Gemeinsamen Kom­ Agrarwissenschaften. Unterschiede zu der mission einige organisatorische Änderun­ Prüfungsordnung von 1969 bestehen in er­ gen, die im Institutsbereich vor allem nötig ster Linie in der Erweiterung der Wahl­ waren durch die gesetzlich geforderte Ab­ möglichkeiten für Prüfungsfächer der Di­ lösung der berufenen Direktoren durch plomprüfung. Neben den drei Kernfä- Direktorien, denen mindestens drei Profes­ ehern der Fachrichtungen' können nun- soren angehören, mit gewählten geschäfts• mehr drei weitere Fächer in nahezu unbe­ führenden Direktoren. grenzt freier Wahl kombiniert werden. Nachfolgend wird der augenblickliche Die neugestalteten Studien- und Diplom­ Stand (Sommersemester 1982) der organi­ prüfungsordnungen für Haushalts- und satorischen Gliederung und der Verteilung Ernährungswissenschaften folgten mit ge­ der Lehr- und Forschungsaufgaben darge­ ringfügigen Abweichungen dem gleichen stellt.

92 Angewandte Biologie wie im „Tropeninstitut" eine Abteilung für und Umweltsicherung Bodenkunde und Bodenerhaltung (Lud­ wig Jung) eingerichtet. Unter Ernst Schön• Der heutige Fachbereich Angewandte Bio­ hals (1965-1976) kam als neuer Schwer­ logie und Umweltsicherung ist 1976 durch punkt der Bereich Quartärgeologie - Bo­ Fusion der ehemaligen Fachbereiche 16 dengenetik - Systematik - Bodengeogra­ und 21 entstanden. Er ist federführend für phie hinzu. Die regionalen Schwerpunkte die beiden Fachrichtungen „Pflanzenpro• lagen in Hessen, in Mexiko und Rumäni• duktion" sowie „Umweltsicherung und en. Die Tonmineralogie, die Bodenmikro­ Entwicklung ländlicher Räume" und wirkt skopie, die Bodenphysik und die Standort­ im Grundstudium sowie in anderen Fach­ kunde sind ausgebaut worden. Arbeiten richtungen des Studiengangs „Agrarwis• auf dem Gebiet der Abfallwirtschaft nah­ senschaften" und der „Haushalts- und Er­ men an Umfang zu und aktuelle Fragen nährungswissenschaften" mit. Zum wis­ der Umweltsicherung wurden neu in An­ senschaftlichen Personal des Fachbereichs griff genommen (Erich Homrighausen, mit seinen fünf Instituten gehören 23 Pro­ Moll). 1971 bzw. 1972 erhielt das Institut fessoren, sieben Privatdozenten, fünf Aka­ zwei zusätzliche Professuren. demische Räte, ein Hochschulassistent so­ Seit der Berufung von Moll (1978) zum wie acht Honorarprofessoren und neun Nachfolger von Schönhals gliedert sich das Lehrbeauftrage neben einer wechselnden Institut in die Bereiche: Allgemeine und Zahl Wissenschaftlicher Mitarbeiter. Regionale Bodenkunde, Angewandte Bo­ denkunde und die Arbeitsgruppen Land­ Dekan im laufenden Wahljahr: schaftsbau, Umweltsicherung, Tropische Prof. Dr. Eberhard Küster Bodenkunde. Prodekan im laufenden Wahljahr: Die Aktivitäten des bodenchemischen Sek­ Prof. Dr. Wolfgang Moll tors (Preuße) verlagerten sich in den letzten Jahren stärker in den Bereich des Umwelt~ Institut für Bodenkunde schutzes mit Schwerpunkt Gewässereutro• und Bodenerhaltung phierung in Abhängigkeit von der natur­ räumlichen Ausstattung der Einzugsgebie­ Professoren: Josef Breburda, Tamas Har­ te und der Bodenerosion sowie der Bela­ rach, Wolfgang Moll, Hans-Ulrich Preu­ stung der Böden und Gewässer durch Auf­ ße, Werner Skirde tausalze. Weitere Arbeiten befassen sich Nach dem Krieg wurde von Hans Kuron mit dem Chemismus iranischer und ägypti• zunächst eine bodenchemisch-kolloidche­ scher Böden sowie mit dem Bodenstick­ misch-tonmineralogische Forschung auf-, stoff. gebaut. Daneben widmete er sich der Bo­ Die Arbeitsgruppe „Angewandte Boden­ denerosion und Bodenerhaltung. Bereits kunde" (Harrach) beschäftigt sich mit dem damals ist der Grundstock für weitere Ar­ Ertragspotential und der Meliorationsbe­ beitsrichtungen und neue Organisations­ dürftigkeit von Böden, mit der landwirt­ formen gelegt worden. Bodenkundliche schaftlichen Bodenbewertung, mit stand­ Arbeiten auf dem Gebiet der Abfallwirt­ ortkundlichen Grundlagen der Planung schaft kamen hinzu. Im „Institut für konti­ und mit der Verbesserung standortlicher nentale Agrar- und Wirtschaftsforschung" Untersuchungsmethoden. (Ostinstitut) wurde eine Sektion Boden­ Im Jahre 1978 ist das frühere Fachgebiet kunde und Bodenerhaltung (Breburda) so- Rasenforschung unter der Bezeichnung

93 „Landschaftsbau" (Skirde) in das Institut gegangen. Im Programm und in der Ar­ für Bodenkunde und Bodenerhaltung ein­ beitsrichtung der beiden Institutsteile hat gegliedert worden. Es werden vorrangig sich dadurch nichts geändert. vegetationstechnische Fragen mit ökophy• Das „Institut für landwirtschaftliche Mi­ siologischen Grundlagen einschließlich krobiologie" ist bis heute das einzige Insti­ Resistenz- und Konkurrenzforschung, tut in der Bundesrepublik, das sich fast Fragen der Bodenverbesserung und Bo­ ausschließlich mit Fragen der landwirt­ denherstellung einschließlich Abfallver­ schaftlichen Mikrobiologie befaßt. J ohan­ wertung, Aufbaukonstruktionen, Proble­ nes Glathe übernahm 1956 die Aufgabe, me der Begrünung extremer Flächen sowie das Institut aufzubauen. In den 12 Jahren der funktionsgerechten Erhaltung von Ve­ seiner Tätigkeit konzentrierten sich die Ar­ getationstypen bearbeitet. beiten im Institut auf die Mikroorganismen Die Forschungsschwerpunkte auf dem Ge­ im Boden und in Erntestoffen sowie auf die biet der Böden der Tropen und Subtropen biologischen Prozesse bei der Kompostie­ liegen zur Zeit in Ostafrika (Kenya, U gan­ rung von kommunalen Abfallstoffen als ei­ da, Tansania), Kamerun, Brasilien, Nepal nem der möglichen Wege, diese Abfälle, und Chile. Es werden Untersuchungen zur meist in Kombination mit Klärschlamm, Genese sowie land- und forstwirtschaftli­ nutzbringend zu verwerten. Diese Arbei­ chen Nutzung von Latolen und Andosolen ten, bei denen auch eine Selbsterhitzung durchgeführt. Außerdem wurde eine Bo­ zur Entseuchung eine Rolle spielt, werden dentypen-Übersichtskarte für den Sektor von Niese weitergeführt unter Einbezie­ Ostafrika des Afrika-Kartenwerks (DFG) hung gewerblicher Abfälle aus der Indu­ erstellt. strie, von Bioschlämmen und dgl., die sich Die Lehrveranstaltungen des Instituts sind durch eine einseitige Zusammensetzung Bestandteile des agrarwissenschaftlichen auszeichnen und dadurch besondere Pro­ Grundstudiums der Fachrichtungen bleme aufwerfen. Der heute so aktuellen Pflanzenproduktion und Umweltsiche­ Recyclisierung von Abfallstoffen mit dem rung, ebenso für den Studiengang Geogra­ Ziel, mit Hilfe der Mikroorganismen hoch­ phie im Nebenfach Bodenkunde, aber wertige Produkte zu liefern, wird besonde­ auch für frei wählende Hörer anderer re Beachtung geschenkt. Fachrichtungen. 1963/64 wurde der Studiengang Haus­ halts- und Ernährungswissenschaften ein­ Institut für Mikrobiologie geführt. In dem dafür notwendigen Fach­ und Landeskultur gebiet „Vorratshaltung" (Ahrens) werden verschiedene Konservierungs- und Lage­ · Professoren: Erhard Ahrens, Eberhard rungsmethoden auf Haltbarkeit bzw. den Küster, Gunter Niese (Mikrobiologie) - mikrobiellen Verderb von pflanzlicheri Le­ Rainer Kowald, Botho W ohlrab (Landes­ bensmitteln untersucht. Im Vordergrund kultur) stehen Arbeiten über die Auswirkung der Ständige wiss. Mitarbeiterin: Agnes von. Anbaubedingungen von Obst und Gemüse Klopotek auf deren Lagerungsfähigkeit. Das Institut für Mikrobiologie und Lan­ 1969 übernahm Küster den Lehrstuhl und deskultur ist 1978 aus der Zusammenle­ führte als neue Arbeitsrichtung die Moor­ gung der bis zu diesem Zeitpunkt selbstän• und Torfmikrobiologie ein. In diesen so digen Institute für landwirtschaftliche Mi­ extremen Standorten liegen besondere mi­ krobiologie bzw. für Landeskultur hervor- krobiologische Verhältnisse und Aktivitä-

94 ten vor, deren Untersuchung auch von in das Institut die „angewandte Hydrolo­ praktischer Bedeutung ist. Mikroorganis­ gie" als weitere Arbeitsrichtung ein. Aus men von anderen extremen Standorten landeskultureller Sicht ist der Einfluß ver­ (Halophile, Thermophile und dgl.) werfen schiedener Bodennutzung auf das Abfluß• besondere Fragen auf, die von akademi­ regime und auf den Stoffeintrag in die Ge­ schem und praktischem Interesse sind, wässer von besonderem Interesse. Die Er­ z. B. Bedeutung und Erklärung der Hitze­ forschung dieser Frage führte zu einer ak­ resistenz thermostabiler Enzyme bei Ther­ tiven Beteiligung an der Ökologischen mophilen. Besondere Beachtung finden Forschungsstation Edersee, einer interdis­ hier die Aktinomyceten, mit deren Ökolo• ziplinären Einrichtung der Justus-Liebig­ gie und Systematik sich Küster seit über 30 Universität. Darüber hinaus wird auf brei­ Jahren beschäftigt. terer Basis die Belastung der Landschaft In allen hier bearbeiteten Substraten kom­ durch Bodennutzung behandelt. Eine spe­ men sehr zahlreiche Pilze vQr, die an dem zielle Fragestellung ist die Bodennutzung Um- und Abbau der organischen Substanz in Wasserschutzgebieten. Weitere Arbeits­ maßgebend beteiligt sind sowie durch die schwerpunkte ergaben sich aus wasser­ Bildung eigener Stoffwechselprodukte und bergbaulichen Eingriffen sowie sonsti­ (Mycotoxine) eine besondere Wirkung gen industriellen Einwirkungen auf den ausüben. Eine Erfassung und exakte Beur­ Landhaushalt. Mit dem neuen, besonders teilung dieser Organismen ist unerläßlich. umweltrelevante Themen einbeziehenden Frau von Klopotek befaßt sich als Myko­ Aufgabenrahmen wurde gleichzeitig den login sehr intensiv mit der Ökologie und Anforderungen Rechnung getragen, die Systematik von Pilzen aus extremen Stand­ sich vor allem durch die Einführung der orten. Fachrichtung Umweltsicherung und Zu den Veranstaltungsteilnehmern des Landentwicklung ergaben. Das Lehrange­ Fachgebietes gehören Agrar-, Haushalts­ bot richtet sich in erster Linie an die Stu­ und Ernährungswissenschaftler ebenso dierenden der Fachrichtungen Pflanzen­ wie Landwirtschaftlich-Technische Assi­ produktion und Umweltsicherung sowie stenten. frei wählende Agrarwissenschaftler. Au­ In der Landeskultur konzentrierten sich ßerdem wird ein Nebenfach für Geogra­ unter Horst Weber (1958-1973) die Arbei­ phen angeboten. ten zunächst auf die traditionellen Aufga­ ben. Fragen der Bewässerung wurden u. a. Institut für Pflanzenbau in der Türkei, Fragen der Entwässerung, und Pßanzenzücbtung 1 einschließlich der Dräntechnik, vor allem im norddeutschen Küstengebiet bearbei­ Professoren: Joachim Alkämper, Wilhelm tet. Einen weiteren Schwerpunkt bildete Jahn, Walter Schuster, Anneliese Vömel, die U nterbodenmelioration. Martin Zoschke 1970 wurde von Kowald das Arbeitsgebiet Ständige wiss. Mitarbeiter: Richard Mar­ des Institutes um den Bereich „Abfallwirt• quard, N.N. schaft" erweitert. Arbeitsschwerpunkte Unter George Sessous (1926--1946) waren sind die Verwertung von Abwasserklär• die Forschungen des Instituts ausgerichtet schlamm in der Landwirtschaft und die auf Probleme des Saatgutsektors, auf ver­ Kompostierung von Siedlungsabfällen schiedene Fragenkomplexe bei Getreidear­ vorwiegend in Deutschland und Ägypten. ten, Beta-Rüben und Kulturpflanzenarten Wohlrah brachte 1973 mit seinem Eintritt für den Zwischenfrucht-Anbau (Futter-

95 nutzung bzw. Gründüngung). Besondere faßt (Alkämper, Nicolae Atanasiu) und Aufmerksamkeit wurde der Sojabohne ge­ dies verstärkt seit 1961 im Rahmen der Ab­ widmet, um diese Kulturpflanzenart durch teilung für Pflanzenzbau und Pflanzen­ Selektion photoperiodisch tagneutraler züchtung in den Tropen und Subtropen Genotypen für die ökologischen Bedin­ des Wissenschaftlichen Zentrums Tropen­ gungen Deutschlands anbauwürdig zu ma­ institut der Justus-Liebig-Universität Gie­ chen. Nach Übernahme der Institutslei­ ßen. Als weitere Einrichtung ist die dem tung durch Eduard von Boguslawski stan­ Institut angegliederte „Staatliche Ausbil­ den im Mittelpunkt der Forschungstätig• dungsstätte für Landwirtschaftlich-Tech­ keit stets ökologische Probleme, so u. a. die nische Assistenten" zu erwähnen, die im Erhaltung der Bodenproduktivität, Laufe der Jahre mehr als 600 Assistentin­ Fruchtfolgefragen, Untersuchungen über nen und Assistenten ausgebildet hat. die Gesetzmäßigkeiten der Ertragsbildung, Die vom Institut angebotenen Lehrveran­ die Düngung (Stallmist-, Stroh-, Rüben• staltungen gehören vornehmlich zum Stu­ blatt), Klärschlamm- und Beregnungsver­ dienplan der Agrar-, Haushalts- und Er­ suche, entwicklungsbiologische Untersu­ nährungswissenschaftler und umfassen chungen bei Lathyrus und Lupinus sowie den weiten Bogen von der Züchtung über die Züchtung von Zwischenfrucht- und Öl• den Anbau bis zu Qualitätskriterien der pflanzen. Nutzpflanzen einschließlich der Arznei­ Seit 1974 obliegt die Leitung des Instituts pflanzen. einem Direktorium mit geschäftsführen• dem Direktor. Mit dieser Funktion waren im Zeitraum 1974/75 Schuster, 1976/77 Institut für Pflanzenbau Jahn, 1978/80 Zoschke und seit 1981 Schu­ und Pflanzenzüchtung II ster beauftragt. Die Forschungsarbeiten in dieser Phase betreffen sowohl ökologische Professoren: Werner Gruppe (Obstbau), und ökophysiologische als auch züchteri• N.N. (Grünland), Wolfgang Köhler (Bio­ sche Themen. Besondere Beachtung finden metrie) fruchtfolgebiologische und keimungsphy­ Ständige wiss. Mitarbeiter: Jgnazio Cam­ siologische Untersuchungen, Forschungen pino, Peter Daniel, Gottfried Müller an neuen Kulturpflanzenarten (Triticale, Im „Institut für Pflanzenbau und Pflan­ Dumm-Weizen), entwicklungs- und er­ zenzüchtung II" sind seit 1978 die beiden tragsbiologische Probleme (Zoschke, 1975 bis dahin selbständigen Institute für berufen), Untersuchungen zur Verbesse­ Grünlandwirtschaft und Futterbau und rung der Öl-, Protein- und Backqualität für Obstbau zusammengefaßt. bei den Getreidearten Gerste (Schuster, Das „Institut für Grünlandwirtschaft und Zoschke), Roggen, Weizen, Hafer, Mais Futterbau" wurde von 1951 bis 1956 von (Jahn), bei Raps, Sonnenblumen, Futter­ Arnold Scheibe und nachfolgend von pflanzen, Soja (Schuster) sowie Arbeiten Adolf Stählin zu einer modernen Lehr­ über den Wirkstoffgehalt verschiedener und Forschungsstätte ausgebaut. 1971 /72 Medizinalpflanzen in Abhängigkeit von hatte Uwe Simon die Leitung. Grünland• diversen Wachstumsfaktoren wie Dün• wirtschaft und Futterbau ist Lehrfach so­ gung, Wasser, Herbicide (Vömel, Mar­ wohl des Grundstudiums als auch in ver­ quard). Seit der Nachkriegszeit ist ein Teil schiedenen Fachrichtungen des Hauptstu­ der Forschungsaktivität mit tropischen­ diums der Agrarwissenschaften, insbeson­ subtropischen Kulturpflanzen-Arten be- dere der Tierproduktion. Forschungs-

96 schwerpunkte sind die Ökologie und Phy­ kleinen Bäume bei Süßkirschen lassen sich siologie von Grünlandpflanzen und -pflan­ durch geeignete Unterlagen realisieren. zengesellschaften, z.B. der Einfluß von Die Züchtungsarbeiten an schwarzen Jo­ Klimafaktoren auf die Ertragsbildung. hannisbeeren sind auf Probleme der Gene­ Weiterhin werden Wechselbeziehungen tik, Öko-Physiologie, Resistenz, Frucht­ zwischen biologischen, physikalischen und qualität und -technologie sowie Anbau­ chemischen Faktoren in Grünlandökosy• und Erntetechnik gerichtet. Spezielle For­ stemen untersucht. Einen zweiten Arbeits­ schungsprojekte werden hierbei in Zusam­ schwerpunkt bilden Fragen der Pflanzen­ menarbeit mit den genannten Fachgebie­ qualität, wobei Zusammenhänge zwischen ten wahrgenommen. Auslaufend sind Se­ Nutzungsintensität, Pflanzenentwicklung, lektionsarbeiten an apomiktischen Apfel­ Qualitätsmerkmalen und tierischer Lei­ unterlagen. stung im Vordergrund stehen. In Zusam­ Die Biometrische Abteilung, ursprünglich menarbeit mit der Veterinärmedizin wer­ von der ehemaligen Landwirtschaftlichen den die pflanzenbaulichen Aspekte des Fakultät eingerichtet und zeitweise von Goldhafer-Kalzinose-Komplexes er­ Müller bzw. ab 1976 von Atanasiu be­ forscht. Züchtungsmethodische Fragen, treut, bekam durch die Berufung von Köh• Probleme der Samenertragsbildung und ler (1981) neue Impulse. Ergänzend zur die optimale Nutzung moderner Zuchtsor­ statistischen Beratung der wissenschaftli­ ten sind Gegenstand des dritten Arbeits­ chen Arbeiten im Fachbereich bestehen schwerpunktes. Die beratende und Gut­ Lehrverpflichtungen für Statistik im achtertätigkeit in Entwicklungsprojekten Grundstudium der Agrar-, Haushalts- und ergänzt das Arbeitsprogramm. Ernährungswissenschaften ebenso wie für Mit Berufung von Gruppe 1963 begann Biometrie im Hauptstudium der beiden der Aufbau des Fachgebietes „Obstbau"; Fachrichtungen Pflanzenproduktion und es wird ergänzt durch Weinbau und Ge­ Umweltsicherung. müsebau, in Lehraufträgen vertreten durch Wilhelm Kiefer bzw. Hans Dieter Institut für Phytopathologie Hartmann von der Hessischen For­ und angewandte Zoologie schungsanstalt Geisenheim. Im Hauptstu­ dium der Fachrichtung Pflanzenprodukti­ Professoren: Eckart Schlösser, Heinrich on ist „Obst-, Wein- und Gemüsebau" Schmutterer, Wolfgang Stein Lehr- und Prüfungsfach. Außerdem wer­ Ständige wiss. Mitarbeiter: Hartwig Holst, den Lehrveranstaltungen im Fach „Nach• Jürgen Rößner erntebehandlung und Lagerungstechnolo­ Im Oktober 1952 begann das „Institut für gie" wahrgenommen. Phytopathologie" an der Universität Gie­ Die Forschungsobjekte mit Schwerpunkt ßen mit seiner Arbeit. Damit war in der Züchtung sind Kirschen und Johannisbee­ Bundesrepublik Deutschland neben den ren. Die Unterlagenzüchtung bei Kirschen älteren Instituten in Bonn und Stuttgart­ basiert auf Arthybriden und umfaßt Hohenheim ein drittes Institut für Pflan­ Aspekte der Genetik, Selektion, Vermeh­ zenkrankheiten entstanden. rung, Virus-Sensitivität und obstbaulichen Die Forschung war während der ersten Eignung. Mittelpunkt ist das wirtschaft­ zehn Jahre, in denen Ernst Brandenburg lich wichtige, physiologisch ungeklärte die einzige Professur innehatte, in erster Phänomen der Unterlagen/Sorten-Inter­ Linie auf Untersuchungen über „nichtpa• aktionen. Die von der Praxis gewünschten rasitäre" Pflanzenkrankheiten, genauer

97 gesagt Ernährungsstörungen, ausgerich­ Abteilung Phytopathologie und ange­ tet. Vor allem auch durch die Mithilfe von wandte Entomologie in den Tropen und Doktoranden gelang es, wichtige neue Er­ Subtropen (Jürgen Kranz) im Wissen­ kenntnisse über Molybdänmangel bei Blu­ schaftlichen Zentrum Tropeninstitut. Die menkohl und anderen Kulturen, Kali- und Arbeitsgruppe Vorratsschutz (Stein) be­ Magnesiummangel im Obstbau sowie wei­ faßt sich in der Forschung mit Fragen der tere Mangelerscheinungen bei Kultur­ Bedeutung von synantropen Fliegen als pflanzen und ihre Bekämpfung zu erzielen. Vorratsschädling, Überträger von Mikro­ Mit der Übernahme des Lehrstuhles durch organismen und Lästlingen in verschiede­ Friedrich Grossmann im Jahre 1963 erhielt nen Lebensbereichen des Menschen. Im vor allem die Mykologie neue Impulse. Die Mittelpunkt stehen Probleme der Ökolo• jetzige mykologische Arbeitsgruppe gie, Ausbreitung, Wanderung und Orien­ (Schlösser) beschäftigt sich mit Wirt-Para­ tierung. sit-Interaktionen, wobei Resistenzerschei­ Die Hörer der Phytopathologie sind in er­ nungen besondere Berücksichtigung fin­ ster Linie Studierende der Fachrichtung den. Weiterhin interessieren präformierte, Pflanzenproduktion und frei wählende fungizid wirkende Hemmstoffe wie Sapo­ Studierende anderer Fachrichtungen. Dar­ nine. über hinaus wird ein Aufbaustudium ange­ Seit Übernahme der Professur durch boten. Schmutterer (1971) trat die „Entomologie" stärker in den Vordergrund, wobei in be­ sonderem Maße die Fragen des Umwelt­ Veterinärmedizin und Tierzucht schutzes im Zusammenhang mit Pflanzen­ schutzmaßnahmen bearbeitet werden. Es Der Fachbereich Veterinärmedizin und wird versucht, den Einsatz neuartiger, Tierzucht ist 1975 durch Eingliederung des mehr oder weniger spezifisch wirkender ehemaligen Fachbereichs Angewandte Ge­ Insektizide mit möglichst geringen Neben­ netik und Leistungsphysiologie der Tiere wirkungen auf die Umwelt durch Erfor­ in den Fachbereich Veterinärmedizin ent­ schung der Eigenschaften und Wirkungs­ standen und seitdem verantwortlich für die weisen dieser Mittel voranzutreiben, Pflan­ Ausbildung von Studierenden der Veteri­ zeninhaltsstoffe und Chitinsynthesehem­ närmedizin und der Studierenden der mer spielen dabei eine besondere Rolle. In Agrarwissenschaften, vornehmlich in der der virologischen Arbeitsgruppe gelang es Fachrichtung „Tierproduktion", mitwir­ Heinz-Ludwig Sänger vor wenigen Jahren, kend im Grundstudium und bei anderen etwa gleichzeitig mit verschiedenen Wis­ Fachrichtungen, u. a. der Haushalts- und senschaftlern des Auslands, die Viroide als Ernährungswissenschaften. Federführung, bisher kleinste Pflanzenpathogene zu iden­ Organisationsverantwortung und Gre­ tifizieren und sie in hochreiner Form zu mienvertretung für die Fachrichtung isolieren. Schießlich konnte in jüngster „Tierproduktion" ist dem Direktorium des Zeit in Zusammenarbeit mit externen For­ „Instituts für Tierzucht und Haustiergene­ schungsgruppen die vollständige moleku­ tik" übertragen. * Hierzu gehören als wis­ lare Struktur des Viroids der Spindelknol­ senschaftliches Personal fünf Professoren, lensucht der Kartoffel aufgeklärt werden. Das Institut ist mit einer Reihe von For­ • Die fachliche Darstellung des Instituts erfolgt im schungsarbeiten in Entwicklungsländern Rahmen des Beitrags „Veterinärmedizin" (in die­ engagiert. Das führte zur Errichtung einer sem Heft, Seite 70).

98 zwei Privatdozenten und vier Akademi­ beit ausschließlich Fragen der Ernährung sche Räte neben einer wechselnden Zahl des Menschen gewidmet ist. Es wurde zu­ wissenschaftlicher Mitarbeiter. nächst in einigen Räumen der Augenklinik Dekan im laufenden Wahljahr: eingerichtet und gehörte zur Medizini­ Prof. Dr. Heinz Eder schen Fakultät. Nach dem Ausscheiden des ersten kommissarischen Leiters, Karl­ Prodekan im laufenden Wahljahr: Heinz Wagner, wurde es 1954 vorüberge• Prof. Dr. Hermann Goller hend stillgelegt, bis im November 1956 Hans-Dietrich Cremer den ersten Ruf auf den Lehrstuhl für menschliche Ernäh• Ernährungswissenschaften rungslehre erhielt und damit Aufbau und Leitung des Institutes bis zu seiner Emeri­ Der Fachbereich Ernährungswissenschaf• tierung 1975 innehatte. 1959 konnte das er­ ten ist das federführende Gremium für die ste eigene Institutsgebäude in der Wilhelm­ Fachrichtung „Ernährunswissenschaften" straße 20 seiner Bestimmung übergeben im Studiengang „Haushalts- und Ernäh• werden, in dem heute Bitsch, Leitzmann, rungswissenschaften" sowie mitwirkend Menden und Rehner tätig sind. Der Ge­ im Grundstudium und allen Fachrichtun­ bäudeteil Goethestraße 55 steht seit 1977 gen des Studiengangs ,,Agrarwissenschaf­ der Arbeitsgruppe von Kühler (berufen ten" sowie im Studium der Humanmedi­ April 1976) zur Verfügung. Außerdem sind zin. Zum wissenschaftlichen Personal des dort die Dokumentationsabteilung, der Fachbereichs mit seinen drei Instituten ge­ Arbeitskreis Spurenelementanalytik und hören: 12 Professoren, je drei Privatdozen­ die Lehr- und Versuchsküche unterge­ ten und Akademische Räte, ein Hoch­ bracht. schulassistent, zwei Lehrbeauftragte und vier Honorarprofessoren, neben einer 1971 wurde das Institut aus der Medizini­ wechselnden Zahl wissenschaftlicher Mit­ schen Fakultät ausgegliedert und Mitglied arbeiter. des neu gegründeten Fachbereichs „Er• nährungswissenschaften". Die enge Ver­ Dekan der laufenden Wahlperiode: bindung zur Medizin und zur Agrarwis­ Prof. Dr. Claus Leitzmann senschaft bestimmt auch heute noch seine Prodekan der laufenden Wahlperiode: Forschungstätigkeit, die der Ernährung Prof. Dr. Joseph Pallauf des Menschen unter physiologischen und biochemischen Aspekten gilt. In den ersten Institut für Ernährungswissenschaft Jahren wurden schwerpunktmäßig die zu­ sammenhänge zwischen Ernährung und Professoren: Irmgard Bitsch, Ibrahim El­ Zahnkaries untersucht, wobei vor allem madfa, Werner Kühler, Claus Leitzmann, die Rolle verschiedener Spurenelemente im Erich Menden, Gertrud Rehner. Vordergrund stand. Unter der Mitwirkung Ständige wiss. Mitarbeiter: Klaus Moch, zahlreicher Mitarbeiter, Doktoranden und Ulrich Oltersdorf, Wilhelm Stelte. Gastwissenschaftler aus dem In- und Aus­ Das „Institut für Ernährungswissen• land wurde in weiteren Arbeiten der Toxi­ schaft", das durch einen Erlaß des hessi­ cität von Lebensmittelfremdstoffen in Ab­ schen Ministers für Erziehung und Volks­ hängigkeit von der Nährstoffversorgung, bildung im Februar 1951 gegründet wurde, unter besonderer Berücksichtigung des war das erste Universitätsinstitut in der Thiamins, den Nährwertveränderungen Bundesrepublik Deutschland, dessen Ar- bei der Be- und Verarbeitung von Lebens-

99 mitteln, den Auswirkungen der Nährstoff• tung von Wagner, das sich vorwiegend mit versorgung auf die Aktivität verschiedener toxischen Spurenelementen und cancero­ Enzyme des intennediären Stoffwechsels genen polycyclischen Kohlenwasserstoffen im Hinblick auf die Früherkennung eines in der Nahrung beschäftigte. Es wurde Nährstoffmangels sowie der Beeinflus­ nach der Emeritierung seines Leiters am sung der intestinalen Resorption von Ami­ 31. März 1979 geschlossen. nosäuren beim Menschen durch andere Teilnehmer der Lehrveranstaltungen des Nährstoffe nachgegangen. Ferner konnten Instituts sind in erster Linie die Studieren­ neue Methoden zur Bewertung der den der beiden Fachrichtungen Haushalts­ Proteinqualität in vitro und in vivo entwik­ wissenschaften und Ernährungswissen• kelt werden. schaften neben Humanmedizinern sowie Jetzige Schwerpunkte der Forschungstä• frei wählenden Studierenden der übrigen· tigkeit betreffen Vitaminbedarf, Biokine­ Fachrichtungen der Agrar-, Haushalts­ tik von Nährstoffen und Nährstoftbe• und Ernährungswissenschaften. darfsdeckung vulnerabler Bevölkerungs• gruppen (Kühler), toxische Spurenelemen­ te in der Nahrung, Aminosäurenimbalan• Institut für Pflanzenernährung cen und die Auswirkungen einer Fehler­ nährung auf verschiedene Parameter des Professoren: Werner Höfner, Konrad Protein- und Lipidstoffwechsels (Men­ Mengel, Karl-Hermann Neumann den), die Resorption von B-Vitaminen und Ständige wiss. Mitarbeiter: Joachim Bob­ metabolische Auswirkungen von chroni­ ring, Siegfried Heilenz, Günther Klaus Ju­ schen Schwermetallintoxikationen (Reh­ del ner), Einflüsse von Fehlernährung, Alko­ Das „Institut für Pflanzenernährung" ist hol und chronischen Schwermetallintoxi­ aus der bereits im Jahre 1924 gegründeten kationen auf den Gehirnstoffwechsel Agrikulturchemischen Abteilung hervor­ (Bitsch), die Auswirkungen unverdauli­ gegangen. Anfangs wurde hauptsächlich cher Polysaccharide auf den Energiehaus­ der Einfluß von Stickstoff, Kalium und halt des Menschen und Determinanten des Phosphor auf das Wachstum und den Er­ Ernährungsverhaltens (Leitzmann), den trag der Kulturpflanzen und später auch Vitamin-E-Stoffwechsel und die Bestim­ auf die Qualität der Ernteprodukte unter­ mung der biologischen Wertigkeit von sucht. Mit Verfeinerung der Analyseme­ Proteinmischungen (Elmadfa) sowie die thoden wurde es dann möglich, die Wir­ Entwicklung neuer Methoden der Ernäh• kung von Spurenelementen zu erforschen. rungsberatung. In die Institutsarbeit inte­ Mit Untersuchungen der Biochemie dieser griert ist die Arbeitsgruppe „Ernährung" Spurenelemente, wozu Bor, Mangan, des „Zentrums für Regionale Entwick­ Kupfer und Zink gehören, beschäftigten lungsforschung". Forschungsprojekte die­ sich vor allem Karl Scharrer und Hans ses Arbeitskreises sind u. a. die Auswir­ Kühn. Mit der Übernahme des Lehrstuhls kung von Umsiedlungsmaßnahmen in durch Hans Linser im Jahre 1962 und Auf­ Thailand auf die Ernährungssituation teilung des ehemaligen Institutes für Agri­ (Leitzmann) und der Einsatz von Lupinen kulturchemie in die Fachrichtungen Tier­ als proteinreiche pflanzliche Nahrungsmit­ ernährung und Pflanzenernährung traten tel in Peru (Cremer und Elmadfa). Untersuchungen über die hormonale Re­ Von 1965 bis 1979 bestand ein Institut für gelung des Pflanzenwachstums durch Phy­ Ernährungswissenschaft II unter der Lei- tohormone in den Vordergrund. Beson-

100 ders intensiv wurde die Steuerung des Institut für Tierernährung Streckenwachstums der Getreidepflanzen Professoren: N.N., Josef Pallauf, Edgar durch Wachstumsregulatoren studiert. Weigand Mit Hilfe dieser Wachstumsregulatoren kann die Standfestigkeit der Getreide­ Ständiger wiss. Mitarbeiter: Othmar Phil­ pflanzen erhöht werden, was für den inten­ ipp Walz siven Getreidebau große praktische Be­ Bei der institutionellen Neuordnung der deutung erlangt hat. Justus-Liebig-Universität 1971 war das Im Jahre 1976 wurde Mengel auf den Lehr­ von Heinrich Brune geleitete „Institut für stuhl berufen und leitet seit dieser Zeit das Tierernährung" Mitbegründer des Fach­ Institut als geschäftsführender Direktor. bereiches 19 „Ernährungswissenschaften". Eine seiner Arbeitsgruppen befaßt sich mit 1975 wurde dem Institut eine weitere Pro­ der Ertragsphysiologie der Kulturpflan­ fessur zugeteilt und Heinrich Pallauf beru­ zen. Dazu gehört die systematische Erfor­ fen. Der zentralen Stellung des Fachgebie­ schung biochemischer Stoffwechselvor­ tes Tierernährung im Rahmen der Ernäh• gänge und physiologischer Engpässe, die rungswissenschaften für Mensch und Tier den Ertrag kausal bedingen. Eine zweite wird mit einer vorläufigen Ausstattung an Arbeitsgruppe befaßt sich mit der Nähr• Tierlaboratorien für Stoffwechselversuche stoffdynamik im Boden, besonders mit der mit Geflügel, Schweinen, Hammeln, Käl• Verfügbarkeit von NH4-Stickstoff, Phos­ bern, Fischen und Labortieren Rechnung phat und Kalium. getragen. Einrichtungen für Fütterungs• Höfner leitet die Radiochemische Abtei­ versuche mit größerer Tierzahl sind im lung des Institutes und führt die Arbeiten Rahmen eines Neubauvorhabens vorgese­ über den Einfluß von Wachstumsregulato­ hen. ren auf die Standfestigkeit und den Ertrag Entsprechend den versuchstechnischen von Getreidepflanzen fort. Seine Arbeits­ Gegebenheiten und der möglichen örtli• gruppe untersucht außerdem die Möglich• chen Zusammenarbeit (Ernährungswis• keit, umweltbelastende Schwermetalle aus senschaften, Tierproduktion, Veterinär• dem kommunalen Klärwasser mit Hilfe medizin) stehen Untersuchungsvorhaben von Algenkulturen zu eliminieren. Neu~ aus der Nahrungskette Boden-Tier­ mann und Mitarbeiter untersuchen mit Mensch im Vordergrund der Forschung. Hilfe der pflanzlichen Gewebekultur die Die Untersuchungen beziehen sich in der molekularbiochemischen Grundlagen der Regel auf grundlegende experimentelle Teilung und Differenzierung von meriste­ Fragestellungen der Ernährungsfor• matischen Zellen. Derartige Untersuchun­ schung, gefolgt von der Anwendbarkeit gen ermöglichen grundlegende Prozesse der Ergebnisse in der praktischen Tierer­ der pflanzlichen Ertragsbildung am Mo­ nährung unter qualitativen, quantitativen dell „Gewebekultur" aufzuklären. und gesundheitsprophylaktischen Ge­ Die Lehrverpflichtungen des Institutes. sichtspunkten. Andererseits gewinnt die sind umfangreich, da - außer dem Stoffge­ Vorprüfung der Stoffwechselwirksamkeit biet Pflanzenernährung - den Studenten von Nähr- und Wirkstoffen in Komponen­ der Ernährungswissenschaften und Agrar-. ten, die in der Humanernährung eingesetzt wissenschaften auch die Grundlagen der werden sollen, im Tierexperiment zuneh­ Biochemie vermittelt und mehrere, aufein­ mend an Bedeutung. Schwerpunktmäßig ander aufbauende biochemische Praktika werden Forschungsvorhaben zur Verwer­ abgehalten werden. tung von Mineralstoffen (Calcium, Phos-

101 phor), Spurenelementen (insbesondere eben Austausches (Türkei, Tunesien, Peru), Zink, Chrom, Mangan, Eisen), Proteinen, werden Vorhaben zur Futterbeschaffung Aminosäuren und Lipiden wie auch expe­ und -bewertung aus einheimischer Pro­ rimentelle Untersuchungen zur Ermittlung duktion oder zur Anwendung neuartiger des Futterwertes neuartiger Komponenten Herstellungsverfahren (Grünalgen, Melas­ durchgeführt. Hierbei hat sich u. a. die Zu­ sehefen, Fliegenlarven) durchgeführt. sammenarbeit mit der Gesellschaft für Auf Grund der interdisziplinären Verflech­ Strahlen- und Umweltforschung (Algen­ tung des Fachgebietes Tierernährung produktion, Bakterienbiomasse) und In­ nimmt das Institut in drei verschiedenen stituten der Universität Göttingen be­ Studiengängen, nämlich „Agrarwissen• währt. Unter anderem konnten ein Mine­ schaften", „Haushalts- und Ernährungs• ralstofftransponierungstest zur Osteogene­ wissenschaften" und „ Veterinärmedizin", se entwickelt sowie Essentialität und erhebliche Lehrverpflichtungen wahr. Sie Wechselwirkungen von Mengen- und Spu­ umfassen die Bereiche: Vergleichende Phy­ renelementen geprüft werden. Nach der siologie, Grundlagen der Ernährungs- und Standardisierung eines Prüfverfahrens zur Tierernährungslehre, Spezielle Tierernäh• Bestimmung der Biologischen Eiweißwer• rung, Allgemeine und Spezielle Futtermit­ tigkeit mit Ratte-und Schwein konnte eine telkunde, Nährstoff- und Futtermittelana­ große Zahl Eiweißträger aus Neuzüchtun• lytik, Leistungsphysiologie und Qualitäts• gen, Verarbeitung, unkonventionellen Bio­ beeinflussung der Produkte, Fütterung technologien (Algen, Bakterien, Hefen, von Nutztieren in den Tropen und Subtro­ Larven), Düngungsvarianten und anderem pen sowie die Ausbildung von Diploman­ qualitativ getestet und auf ihre Verträg• den und Doktoranden entsprechend den lichkeit geprüft werden. Die Absorption Erfordernissen der experimentellen Ernäh• und Verstoffwechslung synthetischer Ami­ rungsforschung. Außerdem werden Tech­ nosäuren als Diät-Supplement und ihre nische Assistenten der Tierproduktion Auswirkung auf das N-Ansatzvermögen ausgebildet. im Tierkörper fand eine erweiternde Klä• rung. Weiterhin konnten wichtige ernäh• rungsphysiologische Aspekte der Essentia­ Nahrungswirtschafts- und lität ungesättigter Fettsäuren, der Beein­ Haushaltswissenschaften flussung des Körperfettes durch das Fett­ säuremuster der Nahrung sowie der endo­ Der Fachbereich Nahrungswirtschafts­ genen Carotin-Transformationsrate auf­ und Haushaltswissenschaften ist federfüh• gezeigt werden. Untersuchungen zum Ein­ rend für die Fachrichtung „Wirtschafts• fluß oral verabreichter organischer Säuren und Sozialwissenschaften des Landbaus", auf die Stickstoff- und Mineralstoflbilanz er wirkt mit im Grundstudium des Stu­ von Ferkeln und Kälbern (Kalttränkever• dienganges „Agrarwissenschaften" und fahren) und zum Futterwert von Preßrück• dessen anderen Fachrichtungen. Außer• ständen der Saftindustrie wurden in den dem ist er, gemeinsam mit dem Fach­ letzten Jahren neu aufgenommen. Im Rah­ bereich Ernährungswissenschaften, ver­ men der Zusammenarbeit mit Institutio­ antwortlich für die Ausbildung in den nen der Entwicklungsländer, vor allem Fachrichtungen „Haushaltswissenschaf• auch mit ehemaligen Doktoranden, zum ten" und „Ernährungsökonomie" des Stu­ Beispiel in Iran, Irak, Ägypten und Indien, diengangs „Haushalts- und Ernährungs• wie auch im Rahmen des wissenschaftli- wissenschaften", in dessen Grund- und

102 Hauptstudium er mitwirkt. Darüber hin­ geren Melktechnik fanden Eingang in In­ aus werden Lehrveranstaltungen für das dustrie, Beratung und landwirtschaftliche Studium der Veterinärmedizin angeboten. Betriebe. Zum wissenschaftlichen Personal des Seit dem Jahre 1971 (Berufung von Eich­ Fachbereichs· mit seinen sechs Instituten horn) besteht eine klare Ausrichtung der gehören 16 Professoren, ein Privatdozent, Aufgaben sowohl für die Verfahrenstech­ vier Akademische Räte, ein Hochschulas­ nik in der Pflanzenproduktion als auch für sistent, 10 Lehrbeauftrage und vier Hono­ die Tierproduktion. Mit einem qualifizier­ rarprofessoren, sowie eine wechselnde ten Mitarbeiterteam werden ausgewählte Zahl wissenschaftlicher Mitarbeiter. Produktionsprozesse in den technischen Dekan der laufenden Wahlperiode: Phasen gestaltet und bewertet; das gilt für Prof. Dr. Heinz-Ulrich Thimm den Einsatz von Maschinen und Geräten Prodekan der laufenden Wahlperiode: ebenso wie für die landwirtschaftlichen Prof. Dr. Hartwig Spitzer Gebäude. Einbezogen sind immer auch ar­ beitswissenschaftliche und ökonomische Institut für Landtechnik Kriterien. Nach diesen Leitlinien entstan­ den neue leistungsfähige und tiergerechte­ Professoren: Horst Eichhorn, Klaus Wig­ re Haltungssysteme für Schweine und Rin­ gert der. Die Ermittlung von Kennwerten zur Ständige wiss. Mitarbeiter: Hermann Seu­ optimalen Stallklimagestaltung (Lüftung, fert, Friedrich Tebrügge Heizung), Möglichkeiten der Energierück• Neben dem Aufbau experimenteller Vorle­ gewinnung und Überprüfung von Verfah­ sungen und Übungen sowie einer Ver­ ren für die Geruchsbeseitigung bei intensi­ suchswerkstatt wurden 1946, bei· Grün• ver Tierhaltung sind weitere Fragestellun­ dung des Instituts unter Rudolf Königer, gen. Außerdem laufen Arbeitsplatzunter­ Untersuchungen über den Schneidevor­ suchungen in Schlepper- und Mähdre• gang beim Mähen von Futterpflanzen und scherkabinen, Versuche mit Hangmähdre• zur Ausdruschfestigkeit von Weizensorten schern und mit Geräten für die Land­ eingeleitet. Diese Arbeiten setzten Karl schaftspflege. Die Überprüfung der Effizi­ Stöckmann und Karl-Heinrich Schulze enz des überbetrieblichen Maschinenein­ nach Umzug in das heutige Institutsgebäu• satzes nach rationelleren Modellen stellt de ab 1952 fort. Durch weitere For­ einen weiteren Problemkreis dar. For­ schungsaufträge wie unter anderem zur schungsarbeiten in Entwicklungsländern Entwicklung einer Hofmehrzweckmaschi­ beschäftigen sich mit verbesserten Hal­ ne, zur Kinematik des Dreschvorganges tungsbedingungen für Milchvieh im Ege­ und zur Errichtung einer Prüfbahn für Gebiet/Türkei und mit abgestufter Mecha­ Schlepperanhänger ergab sich ein engeres nisierung in kleinbäuerlichen Betrieben Zusammenwirken mit der Prüfungsabtei• Westafrikas. Seit dem Jahre 1963 ist der lung der Deutschen Landwirtschaftsgesell­ Bereich Haushaltstechnik angegliedert. schaft. Werner Sell vertrat das Fach zunächst Unter der Leitung von Heinz-Lothar Wen­ über Lehrauftrag, bis 1975 Wiggert das ge­ ner (1966--1971) entstanden Schwerpunkt­ samte Gebiet in Lehre und Forschung am arbeiten vor allem im Bereich der Mecha­ Institut übernehmen konnte. Die Verfah­ nisierung der Milchviehhaltung. Grundle­ renstechnik im Haushalt und in Großver• gende Entwicklungen einer physiologisch sorgungseinrichtungen erfaßt die tech­ besseren und arbeitswirtschaftlich günsti- nisch-physikalischen Grundlagen und be-

103 handelt die Verfahren und Geräte nach vor- und nachgelagerten Bereichen und technischen, arbei tswissenschaftlichen ~nd daraus resultierenden markt- und wettbe­ ökonomischen Eigenschaften. In der For­ werbspolitischen Fragen sowie die absatz­ schung stehen Untersuchungen neuartiger wirtschaftlichen Probleme der Landwirt­ Geräte für Familien- und Großhaushalt im schaft werden entsprechend ihrer wachsen­ Vordergrund. den Bedeutung durch Besch einer intensi­ Lehrverpflichtungen bestehen für die ven Analyse unterzogen. Landtechnik sowohl im Grundstudium als Die Lehrverpflichtungen umfassen das auch im Hauptstudium für die Fachrich­ Grund- und Hauptstudium der Agrar-, tungen des Studienganges Agrarwissen­ Haushalts- und Ernährungswissenschaf• schaften. Das Lehrangebot der Haushalts­ ten ebenso wie eine Veranstaltung für Ve­ technik ist auf den Studiengang Haushalts­ terinärmediziner. Die Forschungsvorha­ und Ernährungswissenschaften ausgerich­ ben des Instituts sind entsprechend den tet. Hauptarbeitsbereichen Agrarpolitik und Agrarmarktanalyse, Distributionsfor­ Institut für Agrarpolitik schung und Analyse des Konsumentenver­ und Marktforschung haltens sowie Welternährungswirtschaft Professoren: Michael Besch, Heinz-Ulrich und Sozialökonomik der Agrarentwick­ Thimm, Egon Wöhlken lung auf drei Schwerpunkte konzentriert: Ständiger wiss. Mitarbeiter: Hans-Jo­ Analyse von Angebot, Nachfrage und achim Frohn Preisbildung auf den EG-Märkten und am Das Institut ist 1946 unter der Bezeich­ Weltmarkt als Grundlage für agrarmarkt­ nung „Institut für Agrarpolitik" eingerich­ politische Entscheidungen (Wöhlken), tet worden. Dadurch wurde das Fachge­ Analyse der Funktionsabläufe und der biet aus dem solange nur durch einen Pro­ Wettbewerbsverhältnisse in der Lebens­ fessor vertretenen Lehr- und Forschungs­ mitteldistribution sowie des Konsumen­ bereich „Agrarpolitik und Betriebslehre" tenverhaltens beim Einkauf und Verzehr heraus verselbständigt und gesondert ver­ von Nahrungs- und Genußmitteln (Besch), treten. Die Lehre und Forschung über das Erfassung und Verbesserungsmöglichkei• Geschehen auf den landwirtschaftlichen ten der Ernährungslage in kaufkraft­ Märkten kam entsprechend der zuneh­ schwachen Entwicklungsländern mit stark menden Bedeutung dieses Bereichs im wachsender Bevölkerung sowie Probleme Laufe der Jahre zum Aufgabengebiet des der integrierten ländlichen Entwicklung Instituts hinzu, so daß diesem Tatbestand und der globalen wie regionalen Entwick­ 1976 auch offiziell durch die erweiterte Be­ lungsplanung (Thimm). Thimm war von zeichnung Rechnung getragen wurde. 1970 bis 1974 zum Aufbau der Landwirt­ Durch Hans-Günther Schlotter (1966), schaftlichen Fakultät der University of Thimm (1967-1970) und Wöhlken (seit Nairobi/Kenya beurlaubt. Seit seiner 1970) wurde die Agrarpolitik stärker als Rückkehr hat er die neugeschaffene Pro­ Teilbereich der Wirtschaftspolitik heraus­ fessur „ Welternährungswirtschaft" mit gestellt, ihre internationale Dimension als Lehr- und Forschungsaufgaben für Tätig• Welternährungspolitik betont und die aus keiten in Entwicklungsländern inne. der Analyse der Agrarmärkte resultieren­ den marktpolitischen Konsequenzen ver­ Institut für Agrarsoziologie mehrt einbezogen. Die zunehmende Ver­ Professoren: Andreas Bodenstedt, Edgar flechtung der Landwirtschaft mit ihren Harsche, Karl-Eugen Wädekin

104 Von Anfang an (1963) stand im Mittel­ beziehung naturwissenschaftlicher und punkt der Forschungsarbeit die kritische ökonomischer Aussagen zielt diese For­ Analyse der Auswirkungen urban-indu­ schungsrichtung auf die Erarbeitung und strieller Neuerungen auf die sozialökono• Erprobung von handlungsrelevanten Er­ mische Struktur des Agrarbereiches. We­ nährungsmodellen ab, die zur Lösung von sentliche Fragen dieses Wandlungsprozes­ Fehlernährungsproblemen beitragen sol­ ses, der sowohl in Industriegesellschaften len. Bodenstedt iSt gleichzeitig Mitglied wie in Entwicklungsländern untersucht des Direktoriums des Zentrums für regio­ wird (Studien in Ost-, West- und Nordafri­ nale Entwicklungsforschung. ka, Naher Osten, Südostasien und Latein­ Das Schwergewicht der Arbeit von Har­ amerika), sind die regionale Differenzie­ sche liegt im Bereich der ländlichen und rung des agrarsozialen Wandels und seine Agrarsoziologie und der Haushaltssozio­ Bezogenheit auf die kulturell, sozial, öko• logie, wobei wirtschafts-, regional- und fa­ nomisch und technologisch geprägte Um­ miliensoziologische Fragestellungen im welt. Mit dem Ausbau der Haushalts- und Mittelpunkt des wissenschaftlichen Inter­ Ernährungswissenschaften und der Fach­ esses der von ihm geleiteten Arbeitsgruppe richtung Umweltsicherung an der Univer­ stehen. Daraus ergibt sich ein Forschungs­ sität Gießen wurden neue soziologische programm, das vornehmlich mit den Pro­ Fragestellungen in die Lehr- und For­ blembereichen der regionalen Implikatio­ schungsarbeit des Instituts aufgenommen: nen des Bevölkerungswachstums, der Be­ Entwicklung städtischer und ländlicher völkerungs- und Arbeitskräftewanderung, Familienstrukturen, gesellschaftliche Be­ der Produktionsstrukturen, der Arbeits­ dingungen für Konsum und Ernährung, und Familienverfassung sowie der Kapi­ Nutzung und Gestaltung der Umwelt tal- und Vermögensbildungsprozesse be­ durch Siedlung, Tourismus und Sport. Seit faßt ist - insbesondere im Hinblick auf ihre 1974 hat das Institut ein Direktorium, dem konkreten Auswirkungen auf die Formen im jährlichen Wechsel einer der Professo­ der gesamtgesellschaftlichen Integration ren als geschäftsführender Direktor vor­ landwirtschaftlicher Betriebe und Unter­ steht. nehmen, auf den Wandel von Agrarstruk­ Die Arbeiten der von Bodensted t (seit 1972 turen und auf die Ansatzmögli~hkeiten Nachfolger auf der Stelle von Herbert von Agrarreformen. Kötter) geleiteten Arbeitsgruppe konzen­ Wädekin befaßt sich mit Fragen der Sozi­ trieren sich auf zwei Bereiche: alpolitik und mit den gesellschaftspoliti­ a) die Entwicklung agrarisch verfaßter schen Fragen ausländischer und insbeson-. Gesellschaften unter dem Einfluß von Mo­ dere osteuropäischer Agrarpolitik. Zu sei­ dernisierung und Industrialisierung. Spezi­ nen Arbeitsgebieten gehören auch agrar­ elle Arbeitsrichtungen in diesem Rahmen und haushaltsrelevante Aspekte der Wirt­ sind: Projektanalysen, Zielgruppentypolo­ schafts- und Sozialgeschichte. gie bäuerlicher Bevölkerungen, Innovati­ onsforschung, Selbsthilfegruppen, alterna­ Institut für landwirtschaftliche tive Entwicklungsstrategien und agrar­ Betriebslehre technologischer Fortschritt. Professoren: Friedrich Kuhlmann, Horst b) das Konsum- und Ernährungsverhal• Seuster, Hartwig Spitzer, Miklos-Geza Zi­ ten in Industrie- und Entwicklungslän• lahi-Szab6 dern. Ausgebend von erhebungsmethodo­ Ständiger wiss. Mitarbeiter: Hermann Bo­ logischeri Fragestellungen und unter Ein- land

105 Die Lehr- und Forschungstätigkeit von täten. Außerdem werden die Agrarwissen­ Max Rolfes (1948-1963) und Paul Meim­ schaften publizistisch betreut (Boland). berg ( 1964-1971) umfaßte das ganze Ge­ o „Rechnungswesen und Datenverarbei­ biet der landwirtschaftlichen Betriebsleh­ tung" (Zilahi-Szab6 ). Der Aufgabenkata­ re, wobei Schwerpunkte in der Untersu­ log reicht von den Methoden und Teilmo­ chung von Bodennutzungssystemen und dellen der Unternehmensrechnung bis hin Landbaugebieten, in der Agrarstruktur­ zu Applikationen von verknüpften, com­ verbesserung, im landwirtschaftlichen puterunterstützten Verfahren für einzelbe­ Rechnungswesen, in der Wirtschaftsbera­ triebliche (Frühwarnsystem, Finanzplansi­ tung und im ländlichen Genossenschafts­ mulation etc.) und makroökonomische wesen (siehe Institut für ländliches Genos­ Fragestellungen (Überarbeitung des senschaftswesen) bestanden. Damit wurde Agrarberichtes). die Grundstruktur der gegenwärtigen Ar­ o „Regional- und Umweltpolitik" (Spit­ beitsrichtungen in Lehre und Forschung zer). Neben allgmeinen Fragen der Regio­ der heute bestehenden vier Professuren nalpolitik stehen speziell diejenigen der vorgeprägt, die im einzelnen folgende Agrarstrukturpolitik innerhalb der Raum­ hauptsächliche Arbeitsgebiete haben: ordnung im Vordergrund des Interesses. o „Landwirtschaftliche Betriebslehre I" Die Planung im ländlichen Raum ist ein al­ (Kuhlmann). Produktions- und Marke­ tes, die Umweltsicherung in der Raumord­ tingmanagement für landwirtschaftliche nung ein neues Arbeitsgebiet. In der Land­ Betriebe und Projekte in Industrie- und nutzungsanalyse wurde die Mehrfachnut­ Entwicklungsländern sind die Schwer­ zung und werden jetzt regionale Potentiale punkte der Forschungsarbeit. Im methodi­ erforscht. schen Bereich werden betriebswirtschaftli­ che Computerlabors (Systemsimulation) sowie computerunterstützte Management­ Institut für Wirtschaftslehre Informations-Systeme entwickelt und au­ des Haushalts und Verbrauchsforschung ßerdem Verfahren der empirischen Sozial­ Professoren: Jörg Bottler, Bernd Schnie­ forschung angewendet. der, Rosemarie von Schweitzer o „Landwirtschaftliche Betriebslehre II" (Seuster). Schwerpunkte der Forschung Ab Wintersemester 1962/63 mußten mit liegen auf den Gebieten der Organisation Gründung des Instituts unter Helga und Führung sowie der Finanzierung und Schmucker und ab 1969 unter Frau von . Investitionsplanung landwirtschaftlicher Schweitzer Lehr- und Forschungspro­ Unternehmungen (Einzelunternehmungen gramme in einer Disziplin, die es bisher an und Kooperationen). Im Lehrbereich ste­ deutschen Universitäten nicht gab, entwik­ hen neben den genannten Gebieten noch kelt werden. Die Lehre erstreckt sich heute die Produktionstheorie und deterministi­ auf die Bereiche Wirtschaftslehre des Fa­ sche ökonometrische Planungsverfahren milien- und Großhaushalts, Verbrauchs­ im Vordergrund. lehre, Funktionslehre des Haushalts, o „Wirtschaftsberatung" (Seuster, kom­ Haushaltsanalyse, Arbeitswissenschaft in missarisch). In der Lehre werden vornehm­ Familien- und Großhaushalt, Ökonomik lich Fragen der Beratungsmethodik und der Gemeinschaftsverpflegung und auf Fa­ des Kommunikationswesens behandelt. milien- und Konsumfragen. Eine Instituts­ Die Forschung konzentriert sich zur Zeit bibliothek mit über 9000 Bänden und 120 auf die Evaluierung von Beratungsaktivi- Periodika konnte aufgebaut werden.

106 Forschungsschwerpunkte sind im Bereich se. Wohnungsbau und Wohnungswesen der Familienhaushaltsforschung (von wird seit 1981 von Schnieder vertreten. Schweitzer) Probleme der einzelwirtschaft­ Da diese Fragestellungen einerseits sozial-, lichen Haushaltsanalyse und Haushalts­ familien- oder verbraucherpolitisch von planung, der Dorfentwicklung und der fa­ Interesse sind und sie andererseits auch in miliengerechten Wohnstandortplanung, den verschiedenen Bereichen der Schule der Entwicklung von „prädikativen Le­ und Erwachsenenbildung eine Rolle spie­ bensstandards" (Zielvorstellungen) für die len, haben die Hochschullehrer und wis­ Haushaltsführung. Meist in interdiszipli­ senschaftlichen Mitarbeiter auch außer• närer Zusammenarbeit wird an Untersu­ halb der Universität in Verbänden, Kom­ chungen für familienpolitische Fragestel­ missionen und Beiräten, in Fortbildungs­ lungen mitgewirkt, so zum Beispiel am lehrgängen, bei Tagungen und Kongressen dritten Familienbericht des Bundesmini­ mitzuwirken. Darüber hinaus sind die steriums für Jugend, Familie und Gesund­ Kontakte zu ausländischen Fachvertretern heit (1979), an Gutachten über „Familie und -institutionen zu knüpfen und zu pfle­ und Wohnen" und über „die Aufwendun­ gen, wozu auch die Auslandsexkursionen gen für die nachwachsende Generation". des Instituts - unter anderem nach Hol­ land, der Schweiz, Österreich und Ungarn Immer geht es um die Untersuchung von - einen wichtigen Beitrag leisten. Die Be­ Problemen der Daseinsvorsorge des Men­ ziehungen reichen bis in die USA, nach schen in unterschiedlichen Lebenssituatio­ Südafrika, Taiwan und Korea. Das Ar­ nen mittels unterschiedlicher Ressourcen beitsgebiet der Haushaltsforschung ist und gesellschaftlicher Handlungsspielräu• breit gefächert, anwendungsorientiert und me. fast immer interdisziplinär angelegt. Auch die Forschungsaktivitäten des Be­ reichs Großhaushalt nehmen von hier ih­ Institut für ländliches ren Ausgang (Bottler, 1973 berufen). Die Genossenschaftswesen Versorgungsleistungen werden in Dienst­ leistungsbetrieben wie Alteneinrichtungen, Professoren im Direktorium: Horst Seu­ Krankenhäusern, Kinderheimen, Mensen, ster (geschäftsführend), Eberhard Schinke, Kantinen etc. erbracht, wodurch sich zwei Heinz-Ulrich Thimm, Egon Wöhlken Arbeitskomplexe ergeben: einerseits der Das „Institut für ländliches Genossen­ Problemkreis Bedürfnisse der Großhaus• schaftswesen" an der Justus-Liebig-Uni­ haltsnutzer in Verbindung mit der Feststel­ versität Gießen wurde 1961 gegründet. lung tatsächlicher und der Fixierung wün• Träger dieses Instituts ist die „Gesellschaft schenswerter Versorgungen, und anderer­ zur Förderung des Instituts für ländliches seits Probleme der Planung und Errich­ Genossenschaftswesen an der Justus-Lie­ tung der Großhaushalte und der Planung, big-Universität Gießen". Mitglieder dieser Ausführung und Kontrolle aller Prozesse Förderungsgesellschaft sind die beiden zur Erstellung und Abgabe der Leistungen hessischen ländlichen Genossenschaftsver­ selbst. Methodentransfer und -entwick­ bände (Raiffeisenverband Rhein-Main, lung zur Bewältigung der Aufgaben in den Raiffeisenverband Kurhessen), der Deut­ Teilbereichen Großhaushaltsleistung und sche Raiffeisenverband, die Deutsche Ge­ -ccintrolling, Finanz-, Personal-, Materi­ nossenschaftsbank sowie rund 50 Primär• al-, Leistungserstellungs- und -abgabewirt­ genossenschaften des hessischen Raumes. schaft sind dabei von vorrangigem Interes- Erster Vorsitzender des Vorstandes der

107 Förderungsgesellschaft ist zur Zeit Kon­ triebslehre eine eigene Bibliothek mit über rad Jacob, Kassel, zweiter Vorsitzender 2 000 Bänden vorwiegend genossenschafts­ Richard Westemacher, Frankfurt. wissenschaftlichen Schrifttums. Seitens der Maßgebenden Anteil an der Gründung in der AGI zusammengeschlossenen Ge­ dieses Instituts hatten Max Rolfes und nossenschaftsinstitute wird die „Zeitschrift Paul Meimberg, die auch von 1961 bis für das gesamte Genossenschaftswesen, 1966 bzw. von 1966 bis 1969 geschäftsfüh• Organ für Kooperationsforschung und rende Direktoren waren. Neben der später -praxis" mit jährlich vier Heften herausge­ gegründeten Forschungsstelle für Genos­ geben. senschaftswesen an der Universität Ho­ henheim handelt es sich µm das einzige „Institut für ländliches Genossenschafts­ Zentrale, wesen" im Rahmen einer agrarwissen­ fachbaraichsübargraifanda schaftlichen Ausbildungs- und For­ Forschungseinrichtungen schungsstätte an einer Universität der Bundesrepublik Deutschland. Das Institut Die nachfolgend dargestellten Institutio­ ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Ge­ nen sind personell eng mit den agrar-, nossenschaftswissenschaftlicher Institute haushalts- und ernährungswissenschaftli• (AGI), in der alle Genossenschaftsinstitute chen Fachbereichen verbunden und ha­ des deutschsprachigen Raumes (Bundesre­ ben, bis auf die Technische Betriebseinheit, publik Deutschland, Österreich, Schweiz) durch Beteiligung weiterer Fachbereiche zusammengeschlossen sind. Von 1976- der Universität interdisziplinären Charak­ 1978 war der geschäftsführende Direktor ter. Ihr Etat ist unabhängig von dem der des Gießener Genossenschaftsinstituts, mitarbeitenden Fachbereiche. Seuster, Vorsitzender der AGI. Die Mitarbeiter des Instituts beschäftigen Zentrum für kontinentale sich mit allen Problemen aus dem Bereich Agrar- und Wirtschaftsforschung des ländlichen Genossenschaftswesens. Der Schwerpunkt der Forschungsarbeit Professoren im Direktorium: Armin Boh­ liegt dabei auf landwirtschaftlich-betriebs­ net, Josef Breburda, Karl-Hermann Fin­ wirtschaftlichem Gebiet. Daneben werden ger, Dietger Hahn, Eberhard Schinke, aber auch Fragen aus den Bereichen Theodor Schließer, Karl-Eugen Wädekin, Agrarpolitik, Marktforschung, Entwick­ Klaus Zernack lungsländerforschung und Osteuropafor­ Ständige wiss. Mitarbeiter: Endre Antal, schung bearbeitet. Das Institut gibt die Hildegard Fließ, Hansgerd Göckenjan, Schriftenreihe „Ländliches Genossen­ Zdenek Huiiäeek, Günter Jaehne, Philipp schaftswesen" heraus, die mittlerweile 20 Kellner, Hans-Jürgen Löwenstein, Ivan Bände umfaßt. Loncarevic, Michael Günter Müller, Nor­ Auf dem Gebiet der Lehre wird von den bert Penkaitis, Galina Pospelowa, Peter Mitgliedern des Direktoriums (Seuster, Schley, Nikolaus Thiel, Heinz Tributh Schinke) das Wahlfach „Genossenschafts• Das 1955 als interfakultative Einrichtung wesen und andere Kooperationsformen" der Justus-Liebig-Universität Gießen ge­ angeboten. gründete „Institut für kontinentale Agrar­ Das Institut unterhält als Ergänzung zu und Wirtschaftsforschung" wurde 1972 in der 20 000 Bände umfassenden Bibliothek ein „Präsidial-Zentrum" umgewandelt. des Instituts für landwirtschaftliche Be- Bereits 1957 war, zur Förderung der ge-

108 stellten Aufgaben, die Integrierung der päischen Ländern insbesondere auf den vom Bund und dem Land gemeinsam er­ Forschungsgebieten der Agrar-, Nah­ richteten Kommission für Erforschung der rungs- und Umweltwissenschaft anfallen­ Agrar- und Wirtschaftsverhältnisse des eu­ den Literatur nirgends systematisch vorge­ ropäischen Ostens e. V. erfolgt. Sein Auf­ nommen wird, ist die fachbezogene Arbeit trag ist die Erforschung der Grundlagen im Zentrum bewußt darauf ausgerichtet, Ost- und Südosteuropas (mit Einbezie­ diese Lücke zu schließen. Die Forschungs­ hung der Sowjetunion) in Teilbereichen tätigkeit soll dazu dienen, die dort gefun­ von agrarwissenschaftlichen, wirtschafts­ denen Lösungen auf ihre Übertragungs• wissenschaftlichen und historischen Diszi­ möglichkeiten zu untersuchen, Zusam­ plinen; zentrale Forschungsgebiete sind menhänge in größerem Rahmen verglei­ dabei Agrarwirtschaft, Volkswirtschaft so­ chend zu erfassen und über Entwicklungen wie Geschichte der Wirtschaft, der Gesell­ zu informieren. Das Zentrum ist nicht nur schaft und der Institutionen dieses Rau­ dokumentarisch tätig, sondern es veröf• mes. Der hohe Anteil der agrarwissen­ fentlicht durch eigene Recherchen gewon­ schaftlichen Disziplin an der wissenschaft­ nene Forschungsübersichten (bisher insge­ lichen Arbeit ist ein besonderes Merkmal samt 95 Buchveröffentlichungen}, die den des Gießener Zentrums, das dieses deutlich effektiven Wissensstand in den Ländern von den Forschungsrichtungen ähnlicher des osteuropäischen Raumes wiedergeben. Universitätszentren der Bundesrepublik Damit sind Dokumentation und kritische Deutschland unterscheidet. Der akademi­ Auswertung miteinander verbunden: ein sche Unterricht über allgemeine und spezi­ funktioneller Zusammenhang, wie er in elle Probleme Osteuropas wird als wesent­ dieser Form selten zu finden sein dürfte. licher Bestandteil der Aufgaben verstan­ den. Wissenschaftliches Zentrum Zentrum und Kommission gliedern sich Tropeninstitut zur Zeit in folgende sieben Fachgebiete: Bodenkunde und Bodenerhaltung, Pflan­ Professoren im Direktorium: Joachim Al­ zenbau und Pflanzenzüchtung, Tierzucht kämper, Nicolae Atanasiu, Helmut Fi­ und Tierhaltung, Veterinärmedizin, scher, Willibald· Haffner, Jürgen Kranz, Agrar- und Ernährungsökonomik, Wirt­ Hartmut Krauss, Wolfgang Moll, Jörg schaftswissenschaften, Geschichte und Steinbach Sprachen. Ständige wiss. Mitarbeiter: Hans-Eber­ Zentrales Arbeitsinstrument für alle sieben hard Matter, Alfred Westphal Fachgebiete ist die Osteuropa-Spezialbi­ Im Jahre 1961 wurde durch die Initiative bliothek, die gegenwärtig rund 97 500 Bän• des damaligen hessischen Ministerpräsi• de und 780 laufende Zeitschriften umfaßt. denten an der Universität Gießen das „In• Besonders mit ihrem Buch- und Zeitschrif­ stitut für Landwirtschaft, Veterinärmedi• tenbestand überAgrar- und Nahrungswis­ zin und Ernährung in den Tropen und senschaften sowie Ernährungswirtschaft Subtropen" gegründet. Damit wurde erst­ stellt die Bibliothek eine Materialsamm­ malig an einer deutschen Universität eine lung über Osteuropa dar, die nicht nur in interdisziplinäre Institution gesehaffen, die der Bundesrepublik Deutschland, sondern sich ausschließlich mit Fragen der Agrar-, auch in ganz Westeuropa eine unübertrof-· Veterinär-, Ernährungs-, Wirtschafts- und fene Stellung einnimmt. Da die wissen­ Geographischen Wissenschaften in tropi­ schaftliche Auswertung der in den osteuro- schen und subtropischen Regionen befas-

109 sen sollte. Im Jahre 1965 wurde die Ein­ Erkenntnisse und für ihre Anwendung in richtung in „Tropeninstitut" umbenannt. tropischen Regionen sowie der Verwer­ Im Laufe seiner Entwicklung sind am In­ tung von Untersuchungsergebnissen, die stitut mehrere Strukturveränderungen in tropischen Gebieten erzielt wurden, von durchgeführt worden. Das jetzige Fachbe­ wesentlicher Bedeutung. reichszentrum Tropeninstitut wurde durch Erlaß des hessischen Kultusministers vom Zentrum für regionale 28. Februar 1977 geschaffen und umfaßt Entwicklungsforschung folgende Arbeitsgruppen: Bodenkunde Professoren im Direktorium: Gerd Aberle, und Bodenerhaltung, Landschaftsökolo• Andreas Bodenstedt, Hans-Diedrich gie und Agrargeographie, Pflanzenbau Cremer, Ernst Giese, Hans-Rimbert Hem­ und Pflanzenzüchtung, Phytopathologie mer, Claus Leitzmann, Winfried Moewes, und Angewandte Entomologie, Tierhal­ Hartwig Spitzer, Heinz-Ulrich Thimm, tung und Tierernährung, Veterinärmedi• Harald Uhlig zin. Ständiger wiss. Mitarbeiter: Reinhard Die Aufgaben des Zentrums sind: Kaufmann a) die Forschung in Entwicklungsländern, Das „Zentrum für regionale Entwick­ b) junge akademische Kräfte aus Deutsch­ lungsforschung" wurde im Juli 1975 ge­ land für eine Tätigkeit in tropischen Län• gründet. Ihm gehören Hochschullehrer der dern aus- und fortzubilden und die Aus­ Fachbereiche Wirtschaftswissenschaften, und Fortbildung von akademischem Agrar-, Haushalts- und Ernährungswis• Nachwuchs aus Entwicklungsländern senschaften, Geowissenschaften und Geo­ durchzuführen. graphie an; sie vertreten die Fachgebiete Die Forschungsvorhaben der einzelnen Agrarökonomie, Agrarsoziologie, Ange­ Arbeitsgruppen sind außerordentlich viel­ wandte und Anthropogeographie, Ernäh• seitig und in den seit Bestehen des Instituts rungswissenschaft, Regional- und Um­ regelmäßig erscheinenden Tätigkeitsbe• weltpolitik, Verkehrswissenschaft, Volks­ richten im Detail erläutert; dort werden wirtschaftslehre und Welternährungswirt• auch die Bibliographien und das Angebot schaft. Erster geschäftsführender Direktor an Vorlesungen, Seminaren und Gastvor­ war bis 1979 Thimm. Das Zentrum arbei­ trägen aufgeführt. tet auf der Basis interdisziplinärer, projekt­ Seit 1975 veranstaltet das Zentrum jährlich bezogener Arbeitsgruppen, über deren Bil­ eine öffentliche Vortragsveranstaltung, ge­ dung bzw. Auflösung das Direktorium bei nannt Tropentag, in dem in- und ausländi• Erstellung des jährlichen Arbeitsprogram­ sche Sachverständige die Ergebnisse ihrer mes entscheidet. Die Einrichtung perma­ Forschung darlegen. Die Vorträge sind in nenter, relativ starrer Organisationsfor­ der Schriftenreihe des Tropeninstituts: men der Forschung wurde bewußt vermie­ „Gießener Beiträge zur Entwicklungsfor­ den. Neben der Interdisziplinarität ist für schung" publiziert, von denen bisher vier die Forschungsaktivitäten des Zentrums Bände erschienen sind. kennzeichnend, daß zugleich raum- und Die Angehörigen des Tropeninstituts un­ entwicklungsbezogene Fragestellungen so­ terhalten enge Verbindungen mit wissen­ wohl in Industrie- als auch in Entwick­ schaftlichen Einrichtungen im In- und lungsländern bearbeitet werden. Neben Ausland sowie staatlichen und privaten theoretischen und empirischen Grundla­ Organisationen der Entwicklungshilfe. genforschungen werden auch wissen­ Dies ist für den Transfer wissenschaftlicher schaftlich-begleitende Betreuungen und

110 Begutachtungen von Regionalprojekten o Die Verbesserung der Ernährungssitua• der Entwicklungshilfe für die Dritte Welt tion in der dritten Welt ist auch Ziel des durchgeführt. Zur Erläuterung der Zen­ Projekts „Verwendung von Lupinen als trumsarbeit seien beispielhaft einige For­ Nahrungsmittel in verschiedenen Regio­ schungsprojekte aufgeführt: nen Lateinamerikas". o Im Bereich der „Industrieländerfor• Über die Tätigkeit und die Forschungs­ schung" liegt ein Schwerpunkt in der Erar­ ergebnisse des Zentrums informieren beitung von Leitbildern der zukünftigen neben den jährlich erstellten Arbeitsbe­ Siedlungsstruktur; es wird eine integrierte richten und Arbeitsprogrammen die vom Raumnutzung unter Verknüpfung der Vor­ Zentrum herausgegebenen Publikations­ teile des ländlichen und städtischen Woh­ reihen „Schriften" und „Materialien"; bis nens angestrebt. März 1979 sind acht Bände erschienen und o Ein weiteres Projekt widmet sich der über den Buchhandel bzw. beim Zentrum „Bestimmung regionaler Potentiale", wo­ erhältlich. bei zunächst an Hand von Beispielregio­ nen methodische Fragen der schwierigen Quantifizierung von Entwicklungspoten­ Technische Betriebseinheit tialen geklärt werden sollen. Lehr- und Versuchsbetriebe o Lokalen Bezug hat das Projekt „Wech• selwirkungen zwischen Hochschule und Vorsitzender: Prof. Dr. Friedrich Kuhl­ Hochschulstandort", dem im Arbeitspro­ mann gramm 1980 hohe Priorität eingeräumt Die Justus-Liebig-Universität Gießen ver­ wurde. fügt über drei Lehr- und Versuchsbetriebe. o Die „Entwicklungsländerforschung" des Die Betriebe sind organisatorisch zu einer Zentrums konzentriert sich auf Fragen der Technischen Betriebseinheit zusammenge­ Regionalplanung, der integrierten ländli• faßt und lassen sich wie folgt charakterisie­ chen Entwicklung und der Ernährungssi• ren: tuation. Am Zentrum existiert eine in der o Lehr- und Versuchsbetrieb Marien­ Bundesrepublik wohl einzigartige Samm­ born-Heldenbergen mit Schwerpunkten lung von Regional- und Projektplänen, die der betriebs- und arbeitswirtschaftlichen unter verschiedenen Fragestellungen aus­ Forschung und Lehre. Marienborn-Hel­ gewertet wird. Demnächst erscheint, in denbergen ist ein 160 ha großer Markt­ Zusammenarbeit mit dem Settlement Stu­ frucht-Futterbaubetrieb mit Milchvieh­ dy Centre Rehovot/Israel, eine kommen­ und Schlachtschweinehaltung und liegt in tierte Bibliographie der Plansammlungen der Wetterau bei Büdingen (Leiter: Kuhl­ beider Institute. mann). o Projekte zur integrierten ländlichen o Lehr- und Versuchsbetrieb Rudlos mit Entwicklung werden in Sierra Leone und Schwerpunkten der Forschung und Lehre Kolumbien durchgeführt, teils in Zusam­ in den Bereichen der Tierzucht und der Er­ menarbeit mit anderen Institutionen in der zeugung tierischer Nahrungsrohstoffe so­ Bundesrepublik. wie der Fragen von Anpassungsmöglich• o Wechselwirkungen zwischen Regional­ keiten landwirtschaftlicher Betriebe an die entwicklung und Ernährungslage werden Erfordernisse der Landschaftspflege. Rud­ im Projekt „Spontane Neulanderschlie­ los ist ein 320 ha großer Futterbaubetrieb ßung in Waldgebieten Thailands" unter­ mit Rinder-, Schaf- und Schweinehaltung sucht. (Leiter: Rudolf Waßmuth).

ll l o Lehr- und Versuchsbetrieb Rauisch­ Die Lehr- und Versuchsbetriebe stellen holzhausen mit Schwerpunkten der For­ aufgrund der Verbundenheit der Produkti­ schung und Lehre auf den Gebieten der onsverhältnisse für Nahrungsrohstoffe die Ökophysiologie der Kulturpflanzen, der zweckmäßigste Form zur Bereitstellung Bodenfruchtbarkeit, der Pflanzenzüch• von agrar- und ernährungswissenschaftli• tung und der Erzeugung pflanzlicher Nah­ chen Versuchskapazitäten als Grundlage rungsstoffe. Rauischholzhausen ist ein einer leistungsfähigen Agrarforschung 130 ha großer Marktfrucht-Futterbaube­ dar. Neben der angewandten Forschung trieb mit Rindviehhaltung und liegt im übernehmen sie wichtige Aufgaben bei der Ebsdorfer Grund bei Marburg (Leiter: Lehre, sowohl im Rahmen der theoreti­ Martin Zoschke). schen Ausbildung wie Übungen, als auch Die Lehr- und Versuchsbetriebe sind für bei der praktischen Ausbildung in Form die angewandten Agrarwissenschaftler des landwirtschaftlichen Praktikums. Vor das, was für den Hochschulmediziner die allem liefern die Lehr- und Versuchsbetrie­ Klinik und für den Naturwissenschaftler be Ausgangsmaterial für Fallstudien, die das Laboratorium ist. Wissenschaftli­ bei der angewandten landwirtschaftlichen che Ideen werden hier einem ersten Test Ausbildung eine zunehmende Bedeutung unterzogen und so lange geprüft, bis sich erlangen. Schließlich bietet die Leitung ei­ herausgestellt hat, ob sie für den „Kunden nes Lehr- und Versuchsbetriebes dem der Agrarwissenschaften", nämlich den Agrarwissenschaftler den großen Vorteil, praktischen Landwirt, von Nutzen sind in stetigem engen Kontakt mit seinem Er­ oder nicht. Sie kosten als agrarwissen­ fahrungsprojekt zu stehen, wodurch die schaftliche Laboratorien nicht nur Geld, Arbeit in Forschung und Lehre anwen­ sondern sie erbringen neben wissenschaft­ dungsorientier! bleibt. lichen Ergebnissen auch Einnahmen. Karl-Hermann Finger

112 Geowissenschaften und Geographie

Geographie

Ein Büroschrank mit e1mgen Handbü• Als der Neuberufene und sein - um den chern und Karten auf einem Flur des Uni­ Aufbau besonders verdienter - Assistent versitätshauptgebäudes war der Grund­ Dr. Adolf Karger (Köln) im Büromöbelge• stock, den der zum 1. Oktober 1960 aus schäft die ersten Tische, Stühle, Regale Köln auf den wiedererrichteten Lehrstuhl 1 usw. für das neue „Institut" einkauften, berufene Privatdozent Harald Uhlig vor­ war von allen diskutierten Unterkunfts­ fand. Dieser war zusammengetragen von möglichkeiten nur ein Haus übriggeblie• Prof. Dr. Gerhard Bartsch (geb. 1902), der ben, das die Universität zwar in der Lud­ 1939 von der Technischen Hochschule wigstraße erwerben, aber bis auf einige Hannover nach Gießen umhabilitiert war Dachkammern im Hinterhaus noch nicht und von der Pädagogischen Hochschule von den Vormietern räumen konnte. Über Weilburg aus ab 1949 mit einem Lehrauf­ diesem „Geographischen Kabinett" war trag das gute Dutzend Studenten betreut im „Spitzboden" noch das Notquartier ei­ hatte, das im Nebenfach Geographie stu­ ner Familie, die sich mangels sanitärer Ein­ dierte; ab 1961 siedelte Bartsch (1964 o. richtungen auf ihre Weise behalf. Der Ge­ Prof.) mit dem Institut für Didaktik der stank im Hause (und selbst das Durchsik­ Geographie an die Universität Gießen kern gewisser Flüssigkeiten in die wieder­ über. entstehende Institutsbibliothek) waren so Die „Aufbruchsstimmung" des Wieder­ eindrucksvoll, daß es dem zur Besichti­ aufbaues der natur- und geisteswissen­ gung der Mißstände erschienenen Kurato­ schaftlichen Fächer in Gießen in den frü• rium derart den Atem verschlug, daß so­ hen 60er Jahren war nötig, um ein Institut fort Abhilfe gelobt wurde, die sich zu­ unter äußeren Umständen zu errichten, die nächst auf das Anstreichen der von uns zur heute fast unvorstellbar erscheinen ... , ob­ Bedeckung des gröbsten Schmutzes mit wohl sie nicht etwa 1945, sondern bereits Packpapier und Landkarten bedeckten 1960/64 datieren! Wände des Treppenhauses beschränkte. Es brauchte noch Monate, bis alle Vorbe­ 1 Bereits 1864--1885 - früher als an den meisten deut­ wohner(innen) - teils eines etwas zweifel­ schen Universitäten - bestand eine a. o. Professur haften Gewerbes-das Haus geräumt hat­ für Geographie für den Himalaya-Forscher Robert ten und das Institut „zimmerweise" auch v. Schlagintweit; 1890-1921 Wilhelm Sievers {l 891: in den ersten Stock und das Erdgeschoß Geographisches Institut, ab 1903 Ordinariat); 1922 herunterrücken konnte. Das bremste nicht bis zum Untergang des alten Institutes 1944/45 Fritz Klute (der, dann noch nach Mainz berufen, den personellen Ausbau und den von Bi­ 1952 verstarb). bliothek und Kartographie, Luftbild- u.ä. Unter Klute habilitierten sich und lehrten in Gie­ Sammlungen, Labor und die Begründung ßen zwei namhafte Geographen: Hermann Lauten­ der „Gießener Geographischen Schriften" sach (1886-1971; später in Braunschweig, Greifs­ wald und Stuttgart) und Wolfgang Panzer (geb. (bis 1981 inzwischen 49 Hefte und rd. 220 1896, später in Kanton, Heidelberg und Mainz, Partner im internationalen Schriftenaus­ jetzt Emeritus). tausch).

113 Neben dem üblichen Lehrbetrieb standen 1963/64 fiel Uhlig als letztem Dekan der von Anfang an Kolloquien mit namhaften, alten N aturwissenschaftlich-Philosophi­ oft international bedeutenden Vortragen­ schen Fakultät die Aufgabe der Teilung den und die für die Geographie besonders dieser zu groß gewordenen Fakultät zu - wichtigen Exkursionen und Geländeprak• bedauerlich für die Geographie, weil damit tika -von ein- und mehrtägigen in die Um­ ihr fachlicher Bereich, das „weltweite Öko• gebung Gießens bis zu mehrwöchigen Ex­ system Mensch - Erde in seiner regionalen kursionen nach Südtirol und Oberitalien Differenzierung", institutionell zerteilt (1961), Griechenland (1962), Toscana wurde. Eine Brücke wurde durch den Sta­ (1964), Böhmen und Mähren (1965) und tus als „Überschneidungsfach" mit Sitz, dann Jugoslawien, Frankreich, Niederlan­ Stimme und Promotionsrecht in beiden de, England, Spanien und andere Länder neuen Fakultät~n geschlagen - in der heute Europas, Kanarische Inseln und in den in zahlreiche Fachbereiche aufgegliederten 70er, 80er Jahren schließlich bis in die Universität fast schon „nostalgische" Erin­ Ukraine und nach Sowjet-Mittelasien, In­ nerung an den Verlust der belebenden in­ dien, Nepal und Sri Lanka usw. terdisziplinären Kontakte! 1963 wurde Walther Manshard (geb. 1923, Nach zähem Ringen gelang erst zum 21. Universität Köln) auf den Lehrstuhl II be­ Oktober 1964 die endgültige Unterbrin­ rufen, 1970 wurde er zur Natural Resour­ gung - nun allerdings in einem unverwech­ ces Division der UNESCO nach Paris be­ selbar und bis heute die „Atmosphäre" des urlaubt. Unter seinen Vertretern wirkte am Gießener Geographischen Instituts prä• längsten Eckart Ehlers (Tübingen, heute genden Rahmen: dem Neuen Schloß (s. Ti­ Marburg) von 1970 bis 1972 am Institut. telvignette). Dem Staatlichen Hochschul­ Manshard folgte dann einem Ruf nach bauamt verdanken wir - nach ebenfalls Freiburg (von dort zeitweilig als Vice-Rec­ kaum vorstellbarer Fragmentierung seines tor zur UN University Tokyo). Sein Inneren als überfüllte Notunterkunft der Hauptarbeitsgebiet Afrika bestimmte den heutigen Fachhochschule Gießen - die Weg einer Reihe von Nachwuchskräften weitgehende Wiederherstellung des Inne­ des Instituts. ren d~eses kunst- wie landeshistorisch be­ Seit dessen Gründung - anfangs mit Uhlig, deutenden Fachwerkbaues in einer ge­ dann Manshard, später Heinrich Rohden­ glückten Verbindung mit den Erfordernis­ burg und jetzt Willibald Haffner - war sen eines modernen Instituts. Seine Lage bzw. ist die Geographie am Wissenschaftli­ bedeutete die Rückkehr in die Nachbar­ chen Zentrum Tropeninstitut beteiligt. schaft des einstigen Standortes der Geo­ 1963 nahm Uhlig an der Begründung der graphie im 1944/45 untergegangenen Se­ Partnerschaft mit der Universidad de Los minarienhaus und zu den funktional ver­ Andes, Bogota, und der Forschungsstati­ bundenen Geo- und Agrarwissenschaften on Santa Marta in Kolumbien teil. Dort im Zeughaus und in der Botanik. Die Ein­ entstanden dann u. a. zwei geographische weihung (30. 1. 1965) fügte sich zeitlich zu Habilitationen: Günter Mertins und Rei­ einem Fest-Kolloquium, das auch die mer Herrmann. Seit 1977 sind Ernst Giese, 100 jährige Wiederkehr des Anfanges der Winfried Moewes und Harald Uhlig Di­ modernen Geographie in Gießen einschlie­ rektoriumsmitglieder des Zentrums für ßen konnte (s.Anm.1) und dessen starke Regionale Entwicklungsforschung der Resonanz einen geglückten Wiederaufbau Justus-Liebig-Universität. signalisierte.

114 1964 konnte in Gießen, als einem der er­ (Braunschweig), Werner Röll (Kassel), Ul­ sten Institute in Deutschland, der Studien­ rich Freitag (FU Berlin), Ludwig Schätzl gang und -abschluß des Diplom-Geogra­ (Hannover), Karl Engelhard (Didaktik der phen (physisch- wie sozial- und wirt­ Geographie, Münster); weiter der 1981 schaftsgeographische Studiengänge) einge­ verstorbene Willi Schulze (Didaktik, Gie­ führt werden. Er trat neben die bis dahin ßen) und 1982 W. Moewes (Tübingen). vorherrschende Ausbildung für das höhere Auf C 3: G. Mertins (Marburg), Cay Lie­ Lehramt (L 3) und konnte nun in praxisbe­ nau (Münster), Ulrich Streit (Münster), zogeneren Fächerkombinationen für neue Rüdiger Mäckel (Freiburg), Hans-Jo­ Berufswege in der Regional- und Stadtpla­ achim Wenzel (Osnabrück). nung, der Entwicklungsländerarbeit und Auf C 2: V. Seifert und Rolf Meyer (Gie­ anderen angewandten Aufgaben vorberei­ ßen), Gert Jahn (Didaktik, Gießen); weiter ten. Es entstand die Abteilung für Ange­ sechs Akademische Oberräte an auswärti• wandte Geographie und Raumplanung gen Universitäten sowie ehemalige Stipen­ (Moewes und Volker Seifert - Außenstel• diaten als akademische Lehrer in der le2 Diezstraße 15). Schweiz, Irland, USA, Thailand und Ja­ Die heutige Inflation der Studentenzahlen pan. (Abb. 2 u. 3) und die ungünstige Stellensi­ tuation im höheren Lehramt haben inzwi­ Dem hessischen und deutschen Raum gal­ schen zu einer solchen Überfüllung der Di­ ten, neben Dissertationen, Diplom- und plom-Studiengänge geführt, daß auch dort Staatsarbeiten auf verschiedenen Gebieten für die Berufschancen ernste Sorge besteht. der Landeskunde, die Raumordnungsbe­ Jüngst kam noch die Nebenfach-Ausbil­ richte und -pläne der Angewandten Geo­ dung für den neuen Studiengang für graphie (besonders für Mittelhessen - Fremdsprachen-Experten hinzu; auch der Moewes, Seifert und Mitarbeiter) zum Studienabschluß als Magister ist möglich. Einzugsbereich und der ökonomischen Be­ Intensiv wurde die Verbindung von For­ deutung der Universität (Giese, Leib, schung und Lehre bewahrt und die Heran­ Wenzel) und im Augenblick - als Beitrag bildung eines starken wissenschaftlichen der Geographie zum 375jährigen Univer­ Nachwuchses gefördert. Dafür zeugen - sitätsjubiläum - ein dreibändiger Exkursi­ neben bisher 42 Promotionen - zehn Habi­ onsführer durch das Mittlere Hessen litationen und die folgenden Berufungen (Hrsg. W. Schulze und H. Uhlig, Redakti­ der aus dem Institut hervorgegangenen on Peter Janisch und Manfred Kohl, mit heutigen Professoren: 25 Mitarbeitern überwiegend aus dem Geographischen Institut und dem Institut Auf C 4: Karl-Heinz Hottes (Bochum), A. 3 Karger (Tübingen), R. Herrmann (Bay­ für Didaktik der Geographie). reuth, vorher Köln), H. Rohdenburg Zahlreiche Einzelforschungen und größere Projekte (mit Hilfe von DFG, VW- oder Thyssen-Stiftung) erfolgten in den Ent­ 2 Die Raumnot erzwang noch eine zweite Außenstel• le in der Schloßgasse, vor allem für die technischen wicklungsländern und in den Hochgebir­ Einrichtungen (physisch-geographische, photo­ gen des südlichen, südöstlichen und zen­ und reprotechnische Labors, Kartographie und tralen Asiens: Sowjetunion: Giese, früher Kartensammlungen, Luftbildauswerteeinrichtun­ Karger; Himalaya-Kaschmir, Nepal, Ti­ gen, Arbeitsräume usw. Leider steht die seit Jahren bet: Uhlig, Haffner (u. a. Kali Gandaki- zugesagte Möglichkeit zur Zusammenlegung bei­ der Außenstellen in der dem Institut nahe benach­ barten Schloßgasse noch immer offen. 3 Brühlscher Verlag, Gießen 1982.

115 Projekt mit Manfred Meurer, Ulrike Mül• C 4: Harald Uhlig (geb. 1922; berufen ler); Südostasien (besonders Thailand, In­ 1960 aus Köln): Siedlungs-, Agrar­ donesien, Malaysia): Uhlig, Werner Röll, und Sozialgeographie; Länderkunde Ulrich Freitag, Johannes Küchler, Ulrich (Süd- und Südostasien, West- und Scholz, Robert Riethmüller, Andreas Mitteleuropa), Vergleichende Hoch­ Spaeth; Indien: Uhlig, Otfried Weise (letz­ gebirgsforschung, Methodologie. terer auch Iran, ebenso Ehlers). Weiter lau­ Mitherausgeber: Geo Journal; Mit­ fen zur Zeit mehrere Diplomarbeiten in Sri glied der LEOPOLDINA, Deutsche Lanka. Akademie der Naturforscher (Halle/ Einen zeitweiligen Forschungsschwer­ S.). punkt in (West-)Afrika hatte Manshard Ernst Giese (geb. 1938; berufen 1973 während seiner Gießener Jahre ausgebaut, aus Münster): Mathemathische und u. a. Mitwirkung am „Afrika-Karten• theoretische Wirtschaftsgeographie; werk" der DFG (mit Rohdenburg, Wirtschaftsgeographie der Sowjet­ Mäckel, Klaus Grenzebach, Freitag, Herr­ union. Mitherausgeber der Geogra­ mann u. a.). An Projekten des Tropeninsti­ phischen Zeitschrift. tuts im Jemen wirkte Haffner mit. Willibald Hajfner (geb. 1935; berufen Starke Resonanz fanden die jahrelangen 1975 aus Aachen): Physische Geogra­ Arbeiten (DFG) mit mehreren nationalen phie (Landschaftsökologie, Pflanzen­ und internationalen Symposien und Publi­ geographie); Vergleichende Hochge­ kationen der „Arbeitsgruppe für die Ter­ birgsforschung (Nepal, Tibet). minologie der Agrarlandschaft" in der In­ C 3: Winfried Moewes (geb. 1939; berufen ternationalen Geographischen Union, die 1975): Angewandte Geographie und unter Leitung von Uhlig (Sekretär: Cay Raumplanung, Sozialgeographie Lienau und kurz Anngret Simms) in Gie­ (1982 auf C4 nach Tübingen). ßen ihren Sitz hatte. Otfried Weise (geb. 1943, berufen Unter Giese wurde das Arbeitsgebiet der 1978 aus Würzburg): Geomorpholo­ „Quantitativen Geographie" ausgebaut gie, Trockengebiete, Periglazialgebie­ (u.a. U. Streit, Jörg Güßefeldt, JosefNip­ te Vorderasiens und Indiens. per); das erste nationale Symposium C 2: Volker Seifert (geb. 1940; berufen „Möglichkeiten und Grenzen der Anwen­ 1975 aus der Regionalplanung): An­ dung mathematisch-statistischer Metho­ gewandte Geographie und Raumpla­ den in der Geographie" wurde 1974 in Gie­ nung. ßen veranstaltet (Hrsg. E. Giese). Die Pu­ Rolf Meyer (geb. 1935, ernannt blikation dieses und des ebenfalls in Gie­ 1971 ): Agrar- und Sozialgeographie; ßen abgehaltenen „Deutsch-Englischen Mitteleuropa. Symposiums zur Angewandten Geogra­ phie" (1973 - Hrsg. H. Uhlig und C. Lie­ Zeitweilig (Lehrstuhlvertretungen) wirk­ nau); sowie „Wandel bäuerlicher Lebens­ ten in Gießen: formen in Südostasien" (1979 - Hrsg. W. Eckart Ehlers (1970--1972), Tübin• Röll, U. Scholz und H. Uhlig) erfolgten al­ gen, jetzt Marburg; Banns-Jürgen le in den „Gießener Geographischen Buchholz (1978-79), Bochum, jetzt Schriften". Hannover; und je ein Semester Josip Roglic (Zagreb); Klaus Fischer Zur Zeit sind am Institut die folgenden (Köln, jetzt Augsburg); Norbert Professoren tätig: Stein (Freiburg, jetzt Saarbrücken).

116 Stellenzahl

1975 1960 Jolv Abb. 1: Entwicklung des wissenschaftlichen Personalbestandes im Geographischen Institut der JLU Gießen 1960-1977

Der Versuch, die in Gießen fehlende Me­ ternationale Ansehen des Instituts zu be­ teorologie zu etablieren, führte zu Lehr­ haupten. In der personellen und materiel­ aufträgen (seit 1966) und später Honorar­ len Ausstattung ist uns dagegen Stagnati­ professuren für Rolf Pfau und Hans Schir­ on, ja Rückgang aufgezwungen worden, mer (Deutscher Wetterdienst, Offenbach). wie die Abbildungen 1 bis 3 und die Zah­ Ein ähnlicher Versuch für die Völkerkunde lenreihen (zusammengestellt von Giese blieb nach mehrjährigen Lehraufträgen an und Nipper) belegen. Die erfolgreiche Wolfgang Lindig (Frankurt), später Fried­ Ausbildung des wissenschaftlichen Nach­ helm Scholz (Heidelberg) und Mark Mün• wuchses wurde zum „Bumerang", indem ze] (Frankfurt) leider ohne Nachfolge. mehrfach durch ehrenvolle Auswärtsberu• Spezialgebiete, z.B. Thematische Karto­ fungen frei gewordene Stellen gestrichen graphie (Siegfried Lehmann), Stadtpla­ und damit das Lehrangebot gesenkt wur­ nung (Hartmut Danneberg, Karl-Heinz de. Die dringend nötige Kontinuität in der Dehler), Luftbildinterpretation (Grenze­ akademischen Verwaltung, für die um­ bach) u. a. wurden zeitweilig durch Lehr­ fangreichen Bibliotheks-, Sammlungs- und aufträge vertreten. Gerätebestände, Haushalt (einschließlich Die Wahrheit gebietet einige abschließen• Exkursionen usw.) fehlt, seit bei den Stel­ de Bemerkungen, die von der einleitend zi­ lenumwandlungen durch das Hessische tierten „A ufbruchsstimm ung", in der das Hochschulgesetz die vorhandene Kusto­ Institut in den vergangenen 21 Jahren - denstelle verlorenging - während ver­ nach nahezu völliger Vernichtung - neu gleichbare Nachbar-Institute dafür zwei aufgebaut und wohl mit in die Spitzen­ bis drei akademische Oberratsstellen zur gruppe der deutschen Geographischen In­ Verfügung haben! stitute geführt werden konnte, leider ab­ Auch stärkstes Engagement der Mitarbei­ weichen. Wir hoffen zwar, daß es gelungen ter kann diese Lücken nicht ausfüllen. Das ist - und weiter gelingen wird -, die wissen­ Mißverhältnis zwischen Reduktion des schaftliche Leistungsfähigkeit und das in- Lehrkörpers und ständigem Wachsen der

117 SES

400

300

200

100

+--+--+--+--+~1--+--+--+--+--+~>--t J~ t97'0 71 72 73 74 715 8 77 78 79 80 81 67168 Prol.•B } SES nach neuer Ordnung AR.· 6 SES Au-4 Abb. 2: Studienabschlüsse am Geographischen Abb. 3: Entwicklung von Lehrangebot und -nach­ Institut seit 1969/70 (L3, Diplom, Magister) frage nach SES (Semesterwochen-Einheitsstunden = gewichtete Veranstaltungsstunden)

Studentenzahlen hat die „Schere" zwi­ tiven Richtung weit geöffnet (Abb. 3). In schen „Angebot" (Lehre - dazu aber auch diesem Zusammenhang mag zum Ab­ Forschung und Institutsverwaltung!) und schluß noch die jüngere Entwicklung der „Nachfrage" (Studentenzahl) in der nega- Studentenzahlen aufschlußreich sein:

Tabelle 1: Studentenzahlen am Geographischen Institut seit 1975

WS Dipl.+L3+NF Diplom-Studiengä nge L 3 Nebenfach (NF)

Oes. Davon Ges. Davon Ges. Davon Ges. DavOJJ 1. u. 2. 1. u. 2. 1. u. 2. 1. u. 2. Semester Semester Semester Semes.ter

75/76 346 99 126 58 220 41 76/77 424 151 213 120 208 30 3 1 77/78 401 60 201 23 191 32 9 5 78/79 394 67 190 10 172 34 32 23 79/80 421 62 211 23 185 31 25 8 80/81 440 92 219 32 188 41 33 19 81/82 448 98 239 49 169 27 40 22

Zum Aufbau und Funktionieren des Insti­ boranten, Hausmeister (zugleich Drucker tuts haben die Assistenten bzw. wissen­ und Reprotechniker), Bibliothekarinnen schaftlichen Mitarbeiter und die techni­ usw . - mit stetiger Einsatzbereitschaft bei­ schen Angestellten - Kartographen, Sekre­ getragen: Ihnen gilt unser herzlicher Dank! tärinnen, physisch-geographische oder photo- und reproduktionstechnische La- Harald Uhlig

118 Geologie

Die Entwicklung der Geologie an der Ju­ stände belastet: An den meisten Universi­ stus-Liebig-Universität während der Jahre täten der Bundesrepublik Deutschland 1957-1982 ist nur im Zusammenhang mit war dieser Aufbau Gießen um 10 Jahre ihrer Vorgeschichte zu verstehen. Das In­ voraus, und als nach 1957 der Naturwis­ stitutsgebäude in der Braugasse war den senschaftlichen Fakultät neue Lehrstühle Bombenangriffen vom Dezember 1944 bewilligt wurden, hatten stets die „großen" zum Opfer gefallen. Nur geringe Reste der Fächer Mathematik, Physik, Chemie und Sammlungen, der Bücherei und der Appa­ Biologie die Vorhand, während Geologie raturen konnten gerettet werden. Das Or­ und Mineralogie leer ausgingen. dinariat für Geologie wurde bei Errichtung Dies ist um so mehr zu bedauern, als die der Justus Liebig-Hochschule aus dem Geologie in den letzten Jahrzehnten eine Stellenplan gestrichen. explosive Entwicklung durchmachte, die Andererseits bestanden aber Ansprüche eigenständige Teilgebiete entstehen ließ. auf Wiedergutmachung seitens des ehema­ Zunächst war dies die Paläontologie, ihr ligen Ordinarius Hermann L. F. Harrasso­ folgten Lagerstättenkunde, Hydrogeolo­ witz, der mit politischer Motivierung 1934 gie, Ingenieurgeologie, Sedimentkunde vorzeitig pensioniert worden war. Als Er­ und Strukturgeologie, neben denen die satz wurde ihm neben der nachträglichen Allgemeine, Historische und Regionale Emeritierung ein größerer Lehrauftrag er­ Geologie ihre Bedeutung als Grundlage teilt qnd die Überreste des Inventars des behielten. Dies hatte zur Folge, daß an der Geologischen und Mineralogischen Insti­ Mehrzahl der deutschen Universitäten tutes als „Geologische Sammlung und Bü• Lehrstühle für solche neuen Gebiete einge­ cherei" mit einem Jahresetat von 1500,­ richtet wurden, was in Gießen trotz der Be­ DM unterstellt. So war wenigstens ein An­ mühungen der Fachvertreter und der Fa­ satzpunkt für spätere Entwicklungen gege­ kultät nicht möglich war. ben. Der einzige Weg, mit der Entwicklung der Die stark reduzierte Naturwissenschaftli­ Geologie einigermaßen Schritt zu halten, che Fakultät setzte sich frühzeitig, wenn bestand darin, daß junge Fachkollegen zur auch zunächst erfolglos, für die Wiederer­ Habilitation angeregt wurden und dann richtung eines Lehrstuhls für Geologie - als Dozenten bzw. später Professoren selb­ und anschließend Mineralogie und Geo­ ständig eine Fachrichtung vertraten. Es graphie - ein. 1956 war die Errichtung ei­ sind dies: nes Lehrstuhls für Geologie in erreichbare Nähe gerückt, so daß im Vorgriff hierauf Prof. Dr. Hans-Dieter Pflug, habilitiert eine Dozentur mit dem aus Kiel stammen­ 1958, vertritt Historische Geologie, den apl. Professor Richard Weyl besetzt Paläontologie, Kohlengeologie; werden konnte, der 1957 zum o. Professor und Institutsdirektor ernannt wurde. Prof. Dr. Fritz Stibane, habilitiert 1966, Der damit beginnende Wiederaufbau wur­ vertritt Allgemeine Geologie, Regio­ de durch erhebliche Geldspenden der nale Geologie; Wetzlarer Industrie und Stiftung eines Grundstockes an optischem Gerät seitens Prof. Dr. Wolfram Blind, habilitiert 1967, der Firma Leitz entscheidend gefördert. vertritt Paläontologie, Regionale Andererseits war er aber durch zwei Um- Geologie, Erdölgeologie;

119 Prof. Dr. Klaus Knoblich, habilitiert Geologie als normale und anderen Univer­ 1969, vertritt Ingenieurgeologie, sitäten entsprechende Belegung anzuse­ Hydrogeologie. hen. Im Verlauf der folgenden Jahre stieg aber die Studentenzahl wie anderwärts auf Als Honorarprofessor vertritt Dr. Hans­ das Zehnfache, im Sommersemester 1981 Joachim Lippert Montangeologie. waren es 115. Hierauf war das Institut mit Weitere Lücken wurden durch Lehraufträ• Unterrichtsmaterial und Gerät, mit Ar­ ge einigermaßen überbrückt. beitsplätzen für Diplomanden und Dokto­ randen nicht eingerichtet, und die Exkursi­ Für das Institut wurde zunächst als Provi­ onsmittel deckten bei weitem nicht die Ko­ sorium ein Wohnhaus Ecke Bismarck- und sten der Geländeveranstaltungen. Dazu Stefanstraße zur Verfügung gestellt. Der machten sich personelle Engpässe bemerk­ damalige Hessische Kultusminister Profes­ bar, zumal der Inhaber der einzigen C 4- sor Schütte und ein Ausschuß des Hessi­ Professur mit Ablauf des Sommerseme­ schen Landtags wurden hier empfangen, sters 1977 emeritiert wurde und seine Pro­ um ihnen den desolaten Zustand der Uni­ fessur bis heute noch nicht wiederbesetzt versität möglichst drastisch vor Augen zu werden konnte. führen. 1962 konnten dann die heutigen Institutsräume im Zeughaus bezogen wer­ Hierzu einige Zahlen aus dem Zeitraum den. Der hier zunächst reichlich bemessene 1957-1981: Raum ist aber durch die wachsende Zahl der Mitarbeiter und Studenten zu eng ge­ worden. Daher mußten die Abteilungen Studienabschlüsse für Angewandte Geologie und Sedimento­ mit dem Diplomexamen 100 logie in die Diezstraße verlagert werden, Promotionen 49 während sich Arbeitsräume für Studenten Habilitationen 8 im Gebäude der Braugasse befinden. Dies bedeutet eine arge · Zersplitterung, doch Die Forschungen der Mitarbeiter erstreck­ scheint sich eine Zusammenlegung anzu­ ten sich u. a. auf Stratigraphie und Struk­ bahnen. turgeologie im Raume Hessen und in den Die breiten Flure des Zeughauses lockten Ostalpen, Lebewelt des Präkambriums, zur Aufstellung von Schauvitrinen und Entwicklung der Cephalopoden, Palyno­ Ausstellungen, die Themen aus der nähe• logie des Tertiärs, Geochemie des Erdöls, ren Umgebung Gießens und Ergebnisse Bodenmechanik, Grundwasserbildung, von Mitarbeitern zum Gegenstand haben. Hydrochemie und Umweltprobleme. Die Sie sind der Öffentlichkeit zugänglich Arbeiten führten vielfach ins Ausland, so und werden insbesondere von Schulklassen in die USA, Türkei, Zentral- und Südafri• besucht. ka. Einen besonderen Schwerpunkt bilde­ Der Unterricht, der nur in kleinen Grup­ ten Arbeiten in Lateinamerika (Mexiko, pen mit Karteninterpretation, Luftbild­ Zentralamerika, Kolumbien). Sie fanden auswertung, am Mikroskop und vor allem ihren Niederschlag in zahlreichen Einzel­ im Gelände mit Kartierkursen und Exkur­ publikationen und einer Reihe von Bü• sionen erfolgreich sein kann, stellt das In­ chern. Vier Dissertationen und zwei Habi­ stitut vor besondere Anforderungen. In litationen beruhen auf Arbeiten in Latein­ den sechziger Jahren war ein gutes Dut­ amerika. Zu diesen Arbeiten wurden Spe­ zend von Studenten mit dem Hauptfach zialbibliotheken angelegt, um die Materia-

120 lien schnell greifbar zu machen und nicht 1959 231 Einzelveröffentlichungen aus in der eigentlichen Institutsbibliothek un­ dem Institut im Austausch an 86 Partner tergehen zu lassen. verschickt worden. Seit 1971 gibt das Institut, zunächst allein, Als Beitrag zur geologischen Kenntnis der dann gemeinsam mit dem Mineralogischen Umgebung Gießens mag ein „Geologi- ' Institut eine Schriftenreihe heraus, die bis­ scher Führer Gießen und Umgebung" gel­ her 28 Einzelbände umfaßt und als ten, der 1980 in zweiter Auflage erschien. Tauschobjekt mit 51 Partnern im In- und Ausland dient. Darüber hinaus sind seit Richard Weyl

Mineralogie

1957 war die Mineralogie an der wiederer­ niveaugleichen Lehr- und Forschungsstät• richteten Justus Liebig-Universität als te waren noch viele Schwierigkeiten zu selbständiges Fach noch nicht wieder ver­ überwinden. Diese erwuchsen immer wie­ treten. Das Mineralogische Institut der al­ der aus den gleichen Ursachen: Chronische ten Ludoviciana war dem Luftangriff des Geldnot, Raumnot, Personal- und Zeit­ 12. Dezember 1944 zum Opfer gefallen. not. Abermals sprang Privatinitiative hel­ Nur kümmerliche Reste seines Inventars fend ein. Der allzeit großzügige Förderer konnten geborgen werden. Den totalen der Mineralogie, Dr. Dr. h. c. Hugo Ruin vollendete die Schließung der Uni­ Freund, Wetzlar, regte bei dem Berg- und versität, die mit der Aufhebung des ordent­ Hüttenmännischen Verein e. V., Wetzlar, lichen Lehrstuhls für Mineralogie verbun­ eine Geldsammlung zugunsten der Gieße• den war. Für die statt dessen geschaffene ner Mineralogie an. Den Spenden der Justus Liebig-Hochschule für Bodenkul­ Harz-Lahn-Erzbergbau-AG, Weilburg, tur und Veterinärmedizin war Mineralogie Hessischen Berg- und Hüttenwerke-AG, nicht vorgesehen. Wetzlar, Gewerkschaft Mannesmann, Die Wiedererrichtung eines Lehrstuhls Düsseldorf, Buderussche Eisenwerke, und Instituts für Mineralogie ist privater Wetzlar, und Kaolinwerke Geisenheim/ Initiative zu verdanken. Die Firma Rh., Firma Erbslöh & Co., war eine E. Leitz, Wetzlar, stiftete anläßlich der schnelle und unbürokratische Finanzhilfe 350-Jahr-Feier der Ludoviciana eine Geld­ zu verdanken. Ebenso stiftete die Firma summe, welche zehn Jahre lang die Finan­ Ernst Leitz, Wetzlar, nochmals einen nam­ zierung des Ordinariats und eines Kleinst­ haften Betrag, welcher die Anschaffung ei­ Mitarbeiterstabes sichern sollte. ner modernen Ersteinrichtung an opti­ schen Geräten, wie Polarisationsmikro­ skopen für Durch- und Auflicht, mikrofo­ Entwicklung und Aufbau tografischen Geräten und anderes mehr, Der auf den Leitz-Stiftungslehrstuhl beru­ ermöglichte. Nur so konnte die Gießener fene Prof. Dr. Rudolf Mosebach nahm Mineralogie ihren legitimen Auftrag in seine Tätigkeit am 1. November 1958 auf. Forschung und Lehre erfüllen und bereits Damit endete formal das fast 14jährige mi­ 1959 der Deutschen Mineralogischen Ge­ neralogische Vakuum. Aber bis zur Reali­ sellschaft auf ihrer 37. Jahrestagung in sierung einer anderen Hochschulinstituten Wetzlar mitteilen, „daß nach knapper Jah-

121 resfrist ein zwar viel zu kleines und impro­ fallender Anteil hat daher in den letzten visiertes, aber wissenschaftlich arbeitsfähi• Jahren zunehmend zur Rückkehr einer ges Institut entstehen konnte." Not an Raum und eines Mangels an appa­ Ständige Raumnot herrschte auch wäh• rativer Ausrüstung und Finanzmitteln ge­ rend der anschließenden zweiten Entwick­ führt. Besonders bedrückend mußte unter lungsphase. Das Institut mußte mit räum• diesen Umständen der ministeriell verfügte lichen Provisorien in der Bismarck- und Abzug der Stelle eines wissenschaftlichen Ludwigstraße auskommen. Außer der lau­ Mitarbeiters zugunsten des Aufbaues der fenden wissenschaftlichen Arbeit war dau­ Gesamthochschule Kassel empfunden ernd sachkundige Hilfe im wiederaufzu­ werden. Der Raumnot soll abermals durch bauenden Zeughaus zu leisten, zu welcher Einrichtung von Dependancen abgeholfen nun endlich auch erhebliche finanzielle werden. Es ist die Aufgabe der kommen­ Unterstützung des Landes Hessen kam. Im den Jahre, zur Überwindung dieser Spätsommer 1961 konnten die Gießener Schwierigkeiten eine ausreichende und Mineralogen ihre neuen Räume und Labo­ dauerhafte Lösung zu finden. ratorien im Zeughaus beziehen und am 22. Januar 1962 mit sieben anderen naturwis­ Am 31. März 1979 wurde Professor Mose­ senschaftlichen und landwirtschaftlichen bach emeritiert. Der als Nachfolger beru­ Instituten festlich einweihen, ein stolzes fene Professor Dr. Rolf Emmermann trat Zeugnis für den unbedingten und einträch• am 1. Oktober 1981 sein Amt an. Ihm und tigen Aufbauwillen der damaligen Kriegs­ allen Gießener Mineralogen auf ihrem und Nachkriegsgeneration. Weg in das letzte Vierteljahrhundert der Mit dem Schwinden des fast schon zur Ge­ 400jährigen Geschichte unserer Alma Ma­ wohnheit gewordenen Zwanges zur Im­ ter Gissensis ein herzliches Glück aufl provisation und des dauernden Zeitdruk­ Rudolf M osebach kes begann für das Institut eine dritte, ru­ higere und längere Entwicklungsphase der Konsolidierung und des weiteren Aus­ baues. Die dringendsten räumlichen und Forschungsprojekte apparativen Erfordernisse waren geschaf­ und Ausbildungsschwerpunkte fen. Noch bestehende personelle und mate­ Das Mineralogisch-Petrologische Institut rielle Notwendigkeiten fanden im Takt der hat im Zusammenhang mit der Wiederbe­ Haushaltsjahre wenigstens zum Teil Erfül• setzung der C4-Professur eine Erneuerung lung. Die wissenschaftliche Arbeit konnte der Grundausstattung erhalten, die es er­ sich ungestörter entfalten. Hiervon legen laubt, analytische, präparative und experi­ zahlreiche Diplomarbeiten, Dissertatio­ mentelle Arbeiten durchzuführen, wie sie nen, eine Habilitationsschrift und Veröf• für eine praxisorientierte Ausbildung von fentlichungen auf dem Gebiet der allge­ Mineralogen unerläßlich sind. meinen, experimentellen, physikalisch­ chemischen und technischen Mineralogie Ausbildungsschwerpunkte in der Lehre sowie der Petrologie und Biomineralogie sind in Zukunft die Fachrichtungen Allge­ Zeugnis ab. meine und Angewandte Mineralogie (ein­ Zur Zeit der Planung und Einrichtung des schließlich der Technischen Mineralogie) Zeughauses war das bis heute anhaltende sowie Petrologie/Petrographie, Geochemie Anwachsen der Studentenzahlen nicht und Lagerstättenkunde. Ein neues Spezial­ vorhersehbar. Ihr auf die Mineralogie ent- gebiet ist die Analytische Geochemie, die

122 über modernste Verfahren zur quantitati­ o Mexiko-Projekt (Transmexikanischer ven Bestimmung von Haupt-, Spuren- und Vulkangürtel und seine Erzlagerstätten); Ultraspurenelementen verfügt, z. B. auto­ o Zypern-Troodos-Projekt (Ophiolithe matische Sequenz-Röntgenspektrometer• und Kupferlagerstätten). anlagen (SRFA), Atomabsorptions- und Auf dem Gebiet der Allgemeinen und An­ Emissionsspektrometer. gewandten Mineralogie - z. T. von der DFG finanziell unterstützt: Zur Zeit laufende Forschungsprogramme o Pneumokoniose (Phasenanalysen von auf dem Gebiet der Petrologie, Geochemie Grubenstäuben und Flugaschen); und Lagerstättenkunde - alle von der o Keramik (Rheologie keramischer Mas­ DFG finanziell unterstützt - sind: sen, Mineralogie von Schamotten und ke­ o Internationales Tiefseebohrprojekt ramischen Werkstoffen). DSDP (Erforschung von Aufbau, Stoflbe­ Auf dem Gebiet der Biomineralogie - von stand und Entstehung der ozeanischen der DFG finanziell unterstützt: Erdkruste); D Lithiase-Konkremente (Stoffiiche Iden­ o Deutsch-sowjetisches Kaukasusprojekt tifizierung der Konkrementbildner, Bil­ (Magmatismus als Indikator geodynami­ dungs- und Wachstumsprozesse). scher Prozesse); Rolf Emmermann

Didaktik dar Geographie

Die Lehrerausbildung ist mit der „Reform Wintersemester 1961/62 das „Pädagogi• des Bildungswesens" und den „veränder• sche Institut" in Weilburg/Lahn aufgelöst ten Anforderungen" einer Neuorientie­ und die Lehrerausbildung der Justus-Lie­ rung unterzogen worden. Für innerhalb big-Universität Gießen angegliedert wur­ der Sekundarstufe eines horizontal geglie­ de. derten Schulwesens an Hauptschulen ar­ Am 1. Mai 1961 wurde das Seminar für Di­ beitende Lehrer kam hinzu, daß ihre früher daktik der Geographie, Abteilung für Er­ her auf die Volksschule bezogene Ausbil­ ziehungswissenschaften, Lieber Straße 74, dung jene fachliche Spezialisierung nicht gegründet. Diese Gründung bedeutete im zugelassen hatte. In einem an gewandelten Vergleich zur Volksschullehrer-Ausbil­ gesellschaftlichen Bedingungen orientier­ dung, auch im Vergleich zur universitären ten neuen Verständnis der „Rolle des Leh­ Ausbildung künftiger Gymnasiallehrer, ei­ rers" zur Vermittlung weiterführender, ne wesentliche Neubestimmung. In seinem „qualifizierender" Abschlüsse wurden Ergebnis einigten sich die Beratungsgremi­ auch immer höhere fachliche Qualifikatio­ en des Bildungsrates auf ein für sämtliche nen von ihm erwartet. Bei der Ausbildung Lehrämter an der horizontal gegliederten, von Lehrern für die reformierte Grund­ integrierten Stufenschule orientiertes Mo­ und Hauptschule wurde deshalb die Ten­ dell, das als gemeinsame Strukturelemente denz zum auf wenige oder zwei Fächer die drei Phasen - der Ausbildung-der Ein­ konzentrierten, fachwissenschaftlich ge­ führung in den Beruf und - der Weiterbil­ stalteten Studium verstärkt. Diese „Ver• dung vorsah. Lehrer aller Schulstufen, -ar­ wissenschaftlichung" im fachlichen Be­ ten und -formen sollen in ihrem Studium reich. war mitentscheidend dafür, daß im Elemente der Erziehungs- und Gesell-

123 schaftswissenschaften, der Fachwissen­ im Geographieunterricht, Analyse ausge­ schaften und der Fachdidaktik sowie der wählter Unterrichtsmittel, Prozeßanalyse praktischen Erfahrung und Erprobung geographischen Unterrichts, Lernsiche­ und deren kritische Auswertung aufneh­ rung und Leistungsmessung im Geogra­ men. Der Neuansatz von 1970 führte auch phieunterricht, die Geographie im Curri­ zur strukturellen Veränderung im Bereich culum der Sekundarstufen, Museumsdi­ der Abteilung für Erziehungswissenschaf­ daktik). ten der Justus-Liebig-Universität. So wur­ Die fachwissenschaftliche Arbeit des Insti­ de das Seminar für Didaktik der Geogra­ tuts für Didaktik der Geographie erstreck­ phie in ein Institut für Didaktik der Geo­ te sich in den letzten Jahren besonders auf graphie umgewandelt und dem Fachbe­ die Themen der „Entwicklungshilfe" (Afri­ reich 22, Geowissenschaften und Geogra­ ka, Türkei), der „Stadt- und Regionalpla­ phie, angeschlossen. Die Aufgabenstellung nung" (Städtebau und Städtebauförde• des Instituts für Didaktik der Geographie rung), der „Agrar- und Sozialgeographie" ist ausgerichtet nach den beiden Feldern (Aussiedlung, Freizeit, Ansprüche an den „Lehre" und „Forschung". Der Bereich Raum). „Lehre" orientiert sich am „Studienplan Über die Universität hinaus ist das Institut Geographie" für Lehramtsstudenten des für Didaktik der Geographie personell und Primarbereiches (Grundschule), Sekun­ fachlich an der Aufbauplanung des „Hessi• darbereichs I (Klassen 5 bis 10), Sekundar­ schen Freilichtmuseums" beteiligt und be­ bereichs II (Klassen 11 bis 13) und der müht sich um interdisziplinäre Zusammen­ Sonderschulen. arbeit (Beispiel: Ausstellungen im „Ober• Im Studium wird unterschieden zwischen hessischen Museum"). Grund- und Hauptstudium. Das Studium beinhaltet die Themenbereiche: Wissen­ Ein wichtiger Bestandteil des Studiums ist schaftstheoretische und fachmethodische die Teilnahme an einem Fachpraktikum. Grundlagen (Beispiel: Kartographie), Phy­ In diesem Schulpraktikum erfolgen theo­ sische Geographie/Geoökologie (Beispie­ retische und praktische Studien mit Anlei­ le: . Geomorphologie, Klimageographie, tung zur Durchführung von Schulunter­ Boden-, Hydro- und Vegetationsgeogra­ richt. Der Lehrende bereitet die Prakti­ phie), Wirtschafts- und Sozialgeographie kumsveranstaltung vor und leitet sie, (Beispiele: Agrar- und Siedlungsgeogra­ lenkt, kontrolliert und korrigiert die prak- phie, Stadtgeographie, Bevölkerungsgeo• . tische Ausbildung. Die Studenten erteilen graphie), Regionale Geographie (Beispiel: Unterricht unter Anleitung eines Mentors Landeskunde von Hessen), Didaktik der und wenden Kenntnisse und wissenschaft­ Geographie (Beispiele: Unterrichtsmittel liche Methoden auf schulische Abläufe an. im Geographieunterricht, Organisations­ Alle Lehramtsstudenten müssen minde­ formen geographischen Unterrichts, Un­ stens an acht kleinen Exkursionen (1- bis terrichtsplanung als Vorbereitung für das 2tägig) und einer großen Exkursion (min­ Schulpraktikum, Operationalisierung von destens 12 Tage) teilnehmen. Während der Lernzielen, Geländearbeit im geographi­ Exkursion führen die Studenten Beobach­ schen Unterricht, Film und Bild im Geo­ tungen durch, wenden ihre Kenntnisse an graphieunterricht, Programmierte Unter­ und ziehen wissenschaftliche Schlußfolge• weisung im Geographieunterricht, Plan­ rungen daraus. spiele im Geographieunterricht, Modelle Der Erwerb und die Verteilung von Kennt­ im Geographieunterricht, Sachzeichnen nissen durch praktische, experimentelle

124 Aufgaben findet in einem Geländeprakti• Menschen anregen, indem sie operatio­ kum statt. nal mit Lernwiderständen des Stoffes Auf dem Gebiet der fachdidaktischen For­ umgehen. schung kann man die Aufgaben auf vier 4. Vom Institut für Didaktik der Geogra­ wesentliche Bereiche beschränken: phie gehen didaktische Impulse aus, die insbesondere im „Hessischen Freilicht­ 1. Es werden über unterrichtsempirische museum" ihre Anwendung finden .. Forschungen aller Art im Rahmen der erdkundlichen Fachdidaktik berichtet, Im Institut für Didaktik der Geographie solche Forschungen angeregt und vor­ sind folgende Mitarbeiter beschäftigt: angetrieben. Prof. Dr. Eugen Ernst, 2. Es werden konkrete Vorschläge zur Ge­ Prof. Dr. Gert Jahn, staltung des Erdkundeunterrichts ent­ Prof. Dr. Dieter Neukirch, wickelt, um damit dem „Lehrer vor OStR Dr. Manfred Geis, Ort" zu helfen. OStR Dr. Friedrich Jäger, 3. Es werden Unterrichtsbücher entwik­ Päd. Mitarbeiter K. Friedrich. kelt, die die geistigen Kräfte des jungen Gert Jahn

125 THYSSEN ist dallei...

. . . überall in der Welt finden Sie Thyssen­ Erzeugnisse und Thyssen-Leistungen. Vom Werkstoff - Stahl, Edelstahl - über Fertigerzeugnisse - Maschinen, Kunst· stofferzeugnisse, Aufzüge, Lokomotiven, Personen- und Güterwaggons, Schiffe, Brücken - bis hin zu schlüsselfertigen Industrieanlagen. Überall in der Welt ist es unser Bestreben, mit unseren Partnern gut zusammenzu­ arbeiten, denn .. . gemeinsam geht's besser Hochschulrechenzentrum

Der Überblick über die „Geschichte der heit „Hochschulrechenzentrum" über• Fächer" scheint auf den ersten Blick der führt. Auf diese Weise wurde wie in allen falsche Platz zu sein, um über das Hoch­ anderen hessischen Universitäten die elek­ schulrechenzentrum zu berichten. Als tronische Datenverarbeitung als zentrale ständige technische Betriebseinheit ist das Dienstleistungsaufgabe eingestuft und von Hochschulrechenzentrum keinem Fachbe­ den Fachbereichen unabhängig finanziell reich zugeordnet, und es sind hier keine abgesichert. Zum Direktor wurde Dr. Jo­ Hochschullehrer tätig. Aber gerade weil es seph Hammerschick ernannt, der schon an der Justus-Liebig-Universität keinen seit 1961 technischer Leiter war. Um dem Fachbereich Informatik gibt, erfiillt das weiterhin gestiegenen Bedarfan EDV-Ka­ Hochschulrechenzentrum Aufgaben in der pazität Rechnung zu tragen, wurde 1978 Unterstützung von Lehre und Forschung, wiederum ein neuer Rechner (Control Da­ die weit über den reinen „Betrieb einer ta Cyber 174) beschafft, der gegenüber sei­ Großrechenanlage" hinausgehen. . nem Vorgänger die 10- bis 15 fache Lei­ Die Grundlage für das Rechenzentrum stung aufweist. 1979 konnte der Neubau wurde 1961 mit der Installation des ersten des Hochschulrechenzentrums bezogen Rechners (Zuse Z23) geschaffen. Die Lei­ werden, und ein Jahr später wurde durch tung hatte Prof. Dr. Dieter Gaier. Dem den Ausbau des umfangreichen Terminal­ ständig steigenden Bedarf an Rechenlei­ netzes, das auch die Fachhochschulen Gie­ stung wurde 1970 mit einer neuen Anlage ßen-Friedberg und Fulda sowie die Uni­ (Control Data 3300) unter der Leitung von versität Marburg mit dem Gießener Rech­ Prof. Dr. Siegfried Filippi entsprochen. ner verbindet, der heutige Zustand er­ Mit diesem neuen Rechner wurde nicht reicht. nur die Leistung um den Faktor 100 ver­ Organisatorisch ist das Hochschulrechen­ bessert, sondern auch das Anwendungs­ zentrum in die Abteilungen „System und spektrum wesentlich erweitert. Waren es Planung", „Anwendung und Dokumenta­ vorher fast ausschließlich Mathematiker tion", sowie den Bereich „Betrieb" geglie­ und Physiker, die zur Lösung ihrer Proble­ dert. Mit nur 26 Mitarbeitern (davon 12 me die elektronische Datenverarbeitung wissenschaftliche) hat es das Hochschulre­ einsetzten, so dehnte sich der Kreis der An­ chenzentrum schwer, seinen vielfältigen wender jetzt auf fast alle Fachbereiche Aufgaben gerecht zu werden. Diese umfas­ (insbesondere Biowissenschaften und Sozi- - sen in erster Linie die Organisation des Re­ alwissenschaften) aus. Dieser Entwicklung chenbetriebes, die Sorge für die Funktions­ folgend, wurde 1972 das wissenschaftliche fähigkeit der Hardware und Software, so­ „Zentrum für Datenverarbeitung" gegrün• wie die technische und fachliche Beratung det, dem allerdings nur eine kurze Zeit ak­ der Benutzer hinsichtlich der Planung und tiven Wirkens beschieden war, denn 1975 Durchführung von Projekten der Daten­ wurden Personal und Räume in die neu ge­ verarbeitung. Die rasche Entwicklung auf gründete ständige technische Betriebsein- dem Gebiet der elektronischen Datenver-

127 arbeitung macht eine ständige Weiterent­ Für die Studenten bietet das Hochschulre­ wicklung von Hardware und Software er­ chenzentrum durch Kurse und Beratung forderlich. Darüber hinaus sind die Mitar­ die Möglichkeit, sich umfangreiche Kennt­ beiter in zunehmendem Maße mit der Pla­ nisse und Fertigkeiten anzueignen, die ne­ nung und Beschaffung von DY-Geräten ben der theoretischen Ausbildung in vielen für einzelne Fachbereiche und die ange­ Fächern wesentlichen Einfluß auf die spä• schlossenen Fachhochschulen befaßt. teren Berufschancen haben. In manchen Früher war das „Rechnen" im engeren Sparten sind EDV-Kenntnisse sogar unab­ Sinn die einzige Aufgabe des Elektronen­ dingbare Voraussetzungen. Dementspre­ rechners. Heute sind mit der Textverarbei­ chend sind in einigen Studiengängen auch tung, der graphischen Datenverarbeitung entsprechende Lehrveranstaltungen vorge­ und der Datenbanktechnik Bereiche er­ schrieben. Dabei sind die vom Hochschul­ schlossen worden, für die es in allen Diszi­ rechenzentrum angebotenen Veranstaltun­ plinen Einsatzmöglichkeiten gibt. Optimal gen grundsätzlich für Hörer aller Fachbe- nutzbar werden die Dienste des Computers . reiche geeignet, während die Veranstaltun­ durch das Terminalnetz, das mit über 200 gen der Fachbereiche eine Brücke zu den Dialoggeräten die Computerleistung in die jeweils fachspezifischen Aufgabenstellun­ Nähe der meisten Arbeitsplätze bringt. gen bilden. Dieter Weiß

128 Strahlenzentrum

Die Justus-Liebig-Universität verfügt mit Erweiterung des Physikalischen Institutes dem Strahlenzentrum über eine Einrich­ hinauslief. In einer von Frau Ministerialrä• tung, wie sie an keiner anderen deutschen tin Dr. von Bila einberufenen Sitzung wur­ Universität zu finden ist. Der Aufbau die­ de daher am 13. Oktober 1958 im Rektorat ses Zentrums entstand aus dem Wunsch, der Universität beschlossen, eine interfa­ aufwendige und kostspielige naturwissen­ kultative Einrichtung unter der Bezeich­ schaftliche Techniken, wie sie besonders nung „Strahlenzentrum" zu schaffen, die für die Anwendung radioaktiver Isotope allen Interessenten zur Verfügung stehen erforderlich sind, in ökonomischer Weise sollte. Eine Kommission unter dem Vor­ einem weiten Kreis der Universität zur sitz von Hanle wurde gebildet, der neben Verfügung zu stellen. Die reine Strahlen­ anderen die Herren Wulf Emmo Ankel, und Isotopenanwendung ist heute nur Eduard v. Boguslawski, Walther Boguth, noch ein - wenn auch wichtiger und tra­ Dietrich v. Denffer, Valentin Horn, Ri­ gender - Teil des gesamten Forschungs­ chard K. Kepp und Hans Schneider, we­ spektrums, vieles andere ist im Rahmen nig später auch Hans Linser, angehörten, der wissenschaftlichen Weiterentwicklung wobei sich bei den Verhandlungen mit hinzugekommen. Bundes- und Landesbehörden besonders Schon in den späten dreißiger Jahren hatte v. Boguslawski engagierte. Eine logische der damalige Ordinarius für Experimental­ Folge für den Aufbau eines mit der Hand­ physik, Christian Gerthsen, die Idee, die habung und Anwendung von Strahlung Physik in Gießen in Richtung Strahlen­ beauftragten Zentrums war die Schaffung und Kernphysik zu erweitern und dies an­ von Lehrstühlen für Kernphysik und Bio­ läßlich eines Rufes nach Berlin als Bedin­ physik und die Planung einer allgemeinen gung für sein Verbleiben in Gießen gestellt. Abteilung für die interdisziplinäre Zusam­ Seinem Nachfolger, Wilhelm Hanle, wur­ menarbeit. Die größte Forschungsanlage, de eine Realisierung bei seiner Berufung nicht nur des Strahlenzentrums, sondern zugesagt, aber daran war während des der gesamten Universität, wurde ein lei­ Krieges und danach zunächst nicht zu den­ stungsfähiger 65-Me V-Elektronenlinear­ ken. Nach Gründung des Atomministeri­ beschleuniger. ums änderte sich die Situation. Es schien Man war sich der Problematik einer „al• Hanle ratsam, sich zunächst besonders auf truistischen" Institution im Hochschulbe­ das Gebiet zu konzentrieren, auf dem seine reich durchaus bewußt, der Gefahr des eigenen Interessen und die von Vertretern Abgleitens in Dienstleistungsroutine und anderer Disziplinen lagen, die Anwendung wissenschaftliche Sterilität. Um dies zu von Isotopen. In der Zwischenzeit war vermeiden und die Anziehungskraft zu för• nämlich das allgemeine Interesse in der dern, wurden die Fachgebiete Bio- und Universität an der Anwendung radioakti­ Kernphysik dem Zentrum eingegliedert. ver Isotope gewachsen, so daß eine Konzep­ Sie haben somit eine Doppelfunktion: die tion sinnvoll schien, die weit über eine bloße Vertretung der eigenen Sparte in For-

129 schung und Lehre (letztere in Zusammen­ sole, wo er wesentliche Beiträge zur natür• arbeit vor allem, aber nicht ausschließlich lichen Strahlenbelastung der Bevölkerung mit dem Fachbereich Physik) und die Un­ wie auch der Beschäftigten in der Kern­ terstützung der interdisziplinären Projekte technik, insbesondere der Uranbergarbei­ sowie die stetige Weiterentwicklung der ter, lieferte. Nach seinem Ausscheiden dabei verwendeten Methoden. wurde 1974 Prof. Dr. Wolfgang Lohmann Zunächst lagen weitere Planung und erste zu seinem Nachfolger berufen. Entspre­ Schritte zur Realisierung in den Händen chend dem wachsenden Interesse an der von Hanle und seinem Mitarbeiter Hans Anwendung moderner biophysikalischer Schneider. Mit der Berufung des Biophysi­ Methoden erweiterte er die Gießener Bio­ kers Prof. Dr. Alfred Schraub 1961 wurde physik um den Bereich der Molekularen der „biologische" Teil in Angriff genom­ Biophysik, die heute ein Bindeglied von men - er wurde hierbei von Ernst Ludwig der Physikalischen Chemie zur Biochemie Sattler und Jürgen Kiefer unterstützt. Dem und bis hin zur Medizin darstellt. selbstlosen Einsatz von Schraub, seiner So wird in Zusammenarbeit mit den Klini­ ausgleichenden Persönlichkeit und seinem ken der Universität versucht, in speziellen bedingungslosen Einsatz für das Projekt Fällen der Cancerogenese auf die Spur zu verdankt das Strahlenzentrum mehr als kommen und neue Wege für Diagnose und sich hier darstellen läßt, vor allem aber Therapie zu erarbeiten. Hierbei wird insbe­ auch die dauerhafte Funktionstüchtigkeit sondere der Stoffwechsel bzw. der Stoff­ im interdisziplinären Aufgabenbereich. wechselzustand des Vitamin C untersucht, Mit der Berufung des Kernphysikers Prof. aber auch Effekte von strahlenschützen• Dr. Günther Clausnitzer wurde 1969 die den und strahlensensibilisierenden Sub­ personelle Entwicklung zunächst abge­ stanzen. Die molekularen Untersuchun­ schlossen. gen, an denen sich auch Dr. Helmuth Sap­ Acht Jahre nach Baubeginn fand am 17. per beteiligt, reichen von Messungen zu Oktober 1970 die offizielle Einweihung Prinzipien zwischenmolekularer Wechsel­ statt. Die aus diesem Anlaß herausgegebe­ wirkungen bis zu solchen an hochmoleku­ ne Schrift zeichnet die Geschichte in mehr laren Anordnungen in biologischen Mem­ Details nach, als hier dargestellt werden branen. Es werden eine Reihe physikali­ kann. Heute präsentiert sich das Strahlen­ scher Methoden eingesetzt, wie die UV-, zentrum als ein wissenschaftliches Zen­ VIS- und IR-Spektroskopie, die Elektro­ trum, das trotz der auch hier besonders nenspin- und Kernspinresonanz-Spektro­ drückend empfundenen Knappheit an skopie, die Atomabsorptionsspektrome­ Mitteln seine Leistungsfähigkeit bewiesen trie und verschiedene elektrochemische und erhalten hat. Es gliedert sich in drei Verfahren. Hauptbereiche: „Biophysik", „Kernphy• Die Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Jürgen sik" und „Dienstleistungsbereich", wobei Kiefer vertritt die „klassische" Strahlen­ zu letzterem neben einer „Zentralen Abtei­ biophysik. Untersuchungen mit Mikroor­ lung" die Abteilung Strahlenschutz sowie ganismen und Säugerzellen dienen der Linearbeschleuniger und Prozeßrechner Aufklärung der Grundlagen von Strahlen­ gehören. therapie und Strahlenschutz. Die Bedeu­ Der Forschungsschwerpunkt Sehraubs tung der Schadensreparatur, des Sauer­ war die Inkorporation und Wirkung ra­ stoffeffekts und genetischer und immuno- dioaktiver Substanzen, vorwiegend die In­ -1ogischer Veränderungen stehen im Mittel­ halation radioaktiver Edelgase und Aero- punkt der Beobachtungen. In Zusammen-

130 arbeit mit der Gesellschaft für Schwerio­ gen liegt in der Aufklärung der Spinabhän• nenforschung, Darmstadt, wurden in den gigkeit der Kernkräfte und dem Nachweis letzten Jahren schwerpunktmäßig die Me­ der Paritätsverletzung bei der starken chanismen der biologischen Wirkungen Wechselwirkung (Prof. Dr. G. Clausnit­ sehr schwerer Ionen erforscht. zer). Die Arbeiten im Bereich Kernphysik be­ Schwerpunkte auf dem Gebiet der Atom­ schäftigten sich mit Fragestellungen der physik mit Schwerionen bilden die Unter­ kern- und atomphysikalischen Grundla­ suchungen von Elektronentransfer-Pro­ genforschung. Schwerpunkte der Untersu­ zessen in Stößen zwischen mehrfach gela­ chungen liegen auf den Gebieten Kernpho­ denen Ionen und Atomen sowie Experi­ toreaktionen, Kernspektroskopie, Physik mente zur Ion-Ion-Wechselwirkung. Die mit polarisierten Teilchen und Atomphy­ Ergebnisse sind u. a. für die kontrollierte sik schwerer Ionen. Kernfusion von Relevanz (Prof. Dr. Er­ Im Rahmen des Gebietes Kernphotoreak­ hard Salzhorn). tionen werden am Gießener Elektronenli­ Am Linearbeschleuniger stehen Elektro­ nearbeschleuniger Untersuchungen zur nen- und Bremsstrahlung von fr65 MeV elektro- bzw. photoneninduzierten Kern­ sowie Positronen und monoenergetische spaltung durchgeführt. Hier interessie­ Photonen (5--35 MeV) zur Verfügung. Die ren insbesondere absolute Wirkungsquer­ maximale Strahlenleistung beträgt 6,8 kW schnitte und Winkelverteilungen der Spalt­ bei einem Tastverhältnis von 10-3 (Di­ fragmente (Prof. Dr. Ulrich Kneißl). Eben­ plomphysiker Werner Arnold). falls am Beschleuniger finden die Ex­ Die Zentrale Prozeßrechneranlage dient perimente zum Kernphotoeffekt und zur der Datenerfassung und Steuerung von Kernresonanzfluoreszenz mit polarisierten Experimenten im gesamten Bereich des und unpolarisierten Photonen statt. Man Strahlenzentrums (AR Dr. Kurt Huber). erhält daraus Aussagen über die Vertei­ Die Zentrale Abteilung hält in enger Zu­ lung der magnetischen und elektrischen sammenarbeit mit Biophysik und Kern­ Dipolstärke in gebundenen Kernniveaus physik eine große Anzahl von Forschungs­ und im Bereich der Riesenresonanzen (Pri­ einrichtungen und -geräten koordinierend vatdozent Dr. Klaus Wienhard, Dr. Ulrich und vor allem auch durch eigene Betreu­ E. P. Berg). Die Messungen in Gießen wer­ ung (im Rahmen der Strahlenschutzver­ den durch Experimente an auswärtigen ordnung in Kooperation mit dem Strah­ Beschleunigeranlagen (Mainz, Stuttgart, lenschutz) für „Gäste" bereit: Radioisoto­ Saclay/Frankreich) ergänzt. penlaboratorien, Ganzkörperzähler, Gas­ Zum Gebiet der Kernspektroskopie gehö• und Hochdruckflüssigkeitschromatogra• ren die Messungen gestörter y-y-Winkel­ phen, Massenspektrometer, Scanning-Mi­ korrelationen an gasförmigen Mischsyste­ kroskopfotometer und Fernsehbildanaly­ men. Die Experimente geben Aufschluß sator, Partikel-Volumen-Analysator, Mi­ über Stoßquerschnitte zwischen hochgela­ krosonde, Chromatografie- und Elektro­ denen Ionen und Atomen im Energiebe­ phorese-Auswertung, Ultrazentrifugen, ei­ reich um 1 eV (Prof. Dr. H. Schneider). ne 20 kCi 6°Co-Quelle, Röntgenröhren. Für die kernphysikalischen Experimente Etwa 140 Personen (ca. 60 Diplomanden mit spinpolarisierten Teilchen (Protonen, und Doktoranden) sind pro Jahr als Deuteronen) steht eine Polarisationsanla­ „Gastnutzer" des Strahlenzentrums regi­ ge mit einem Tandembeschleuniger zur striert, davon 50 vom Strahlenschutz über• Verfügung. Das Ziel dieser Untersuchun- wacht. Die Vielfältigkeit der von Gästen

131 aus den 9 naturwissenschaftlichen Fachbe­ sungen am Ganzkörperzähler zur Unter­ reichen unserer Alma mater (teilweise aber suchung des Fett- bzw. Muskelabbaus bei auch von anderen Universitäten kom­ Übergewicht (Medizin). Diese Untersu­ mend) durchgeführten Arbeiten kann hier chungen sind nur möglich durch den nur an wenigen Beispielen in Stichworten selbstlosen Einsatz der langjährigen Mitar­ dargestellt werden; dabei reicht die Spann­ beiter der Zentralen Abteilung (AOR Dr. weite der Aufgaben der Zentralen Abtei-· Gerhard Döll und AR Dr. Georg Seibold). Jung von der einfachen Einweisung in Die eigene wissenschaftliche Aktivität der Raum, Einrichtung und Gerät über Bera­ Zentralen Abteilung besteht in der Erar­ tung bis zur vollen wissenschaftlichen Inte­ beitung von vorwiegend chemisch-präpa• gration. Es seien genannt: Auswertung von rativen Verfahren, um die Möglichkeiten Bahnspuren zwecks Strahlendosimetrie des Linearbeschleunigers zur Erzeugung am Rasterelektronenmikroskop und mit­ kurzlebiger Radionuklide und damit mar­ tels Fernsehbildanalyse (Physik); Kristal­ kierter Verbindungen nutzbar zu machen lographie ternärer Verbindungen mit und ferner in strahlenbiologischen und - 99Technetium (Chemie); Untersuchungen damit teilweise verbunden - mikrospek­ zur Ploidie beim Generationswechsel von tralfotometrischen Untersuchungen (Prof. Algen am Universal-Scanning-Mikrospek­ Dr. E. L. Sattler, Dr. G. Seibold). tralfotometer (Biologie); 32Phosphor-Ap­ Die Abteilung Strahlenschutz (Akademi­ plikation (100 mCi) an Pflanzen zur Mar­ scher Direktor Dr. Wilfried Reiser) hat ne­ kierung von Miniviren (Umweltsiche­ ben der Überwachung für die Radioisoto­ rung); Indikator-Aktivierungsanalyse für penlaboratorien noch die Kontrolle, Auf­ Ausbreitungsstudien an Rüsselkäfern bewahrung und Abgabe des radioaktiven (Umweltsicherung); Studien von Chromo­ Abfalls in gasförmiger, flüssiger und fester somenbandierung am Universal-Scan­ Form, letzteres teilweise bis in die Bereiche ning-Mikrospektralfotometer (Medizin der anderen Isotopenlaboratorien der ge­ und Veterinärmedizin); Darm-Resorpti­ samten Universität, als Aufgabe. onsstudien mit radioaktiv markierten Vit­ Wenn auch das Strahlenzentrum histo­ aminen und Schwermetallen (Ernährungs• risch aus der Gießener Physik hervorge­ 14 1 wissenschaften); C02-Assimilation in gangen ist , seine Mitarbeiter zum über• gasdichter Vollklimakammer bei Getreide­ wiegenden Teil Physiker sind und. seine pflanzen (Ernährungswissenschaften); Methoden letztlich diesem Fachgebiet ent­ Nachweis von Schwermetallen in Umland­ stammen, so liegt seine Bedeutung doch in proben (Nahrungs- und Haushaltswissen­ dem Versuch, durch interdisziplinäre For­ schaften); Mikrospektrale und spektrale schungsarbeit zu der gerade im naturwis­ optische Analysen an 3,5 Milliarden Jahre senschaftlichen Bereich unbedingt erfor­ alten Objekten möglicher biologischer Ge­ derlichen Überwindung von Fach- und nese (Geowissenschaften); Elementnach­ Fachbereichsgrenzen beizutragen. Sein weis und Strukturuntersuchung an mine­ nunmehr länger als zehn Jahre erfolgrei­ ralischen Proben am Rastermikroskop mit ches Wirken bestätigt in überzeugender Mikrosonde (Geowissenschaften Univer­ Weise die Richtigkeit und den Weitblick sität Marburg); Radiojod-Markierung von Fibrinogen (Biochemie und Physiologie, 1 Als Symbol steht ein in der früheren kernphysikali­ schen Abteilung entwickeltes tragbares Szintillo­ Medizin); Immunsuppressive Bestrahlung meter, das erfolgreich in der Uranprospektion im 6 an der °Kobalt-Quelle zur Lymphozyten­ Bayerischen Wald eingesetzt wurde, heute im Deut­ übertragung (Medizin); 4 °Kalium-Mes- schen Museum München.

132 seiner Konzeption, die zu einer Zeit erfolg­ darüber hinaus unter anderm als sehr te, als wirtschaftliche Engpässe noch nicht effektiver Katalysator bei der Bearbeitung wie heute eine beherrschende Rolle spiel­ einer ganzen Reihe von Forschungspro­ ten und die Spezialisierung einzelner Fach­ blemen erwiesen. gebiete weniger fortgeschritten war. Seine Jürgen Kiefer/Ernst Ludwig Sattler/Hans Existenz und sein Funktionieren hat sich Schneider

133 •wirkt gegen alle Keime, auch Viren und S:Qoren • entwickelt keine Dämi;:>fe •ist biologisch schnell abbaubar •~in der Gebrauchslös~ • ... und hat eine extrem hohe Re~skraft

PERFORlr Ist des wirksame Flii.chen­ II im Krankenhaus, wie z. B. Intensiv­ deslnfektlonsmlttel auf der Basis eines station, Isolierstation, Verbrennungs­ speziellen Gemisches von Sauerstoff­ und Frühgeburtenstation, OP- und absp<em. Der &ktlve Sauerstoff wird Transplant&tlonselnhelten sowie durch Löslµlg Im Wasser freigesetzt. Spezialbereiche (z. B. Labors, physl­ PERFO~ für die Risikobereiche I und k&llsche Abteüungen und Küchen). ll- ... Schülke 61 Ma,yr, 2000 Norderstedt, Robert-Koch-Stre.ße 2, Tel.: O 40/5 2100-1, Telex 0215 486 Autoren

Prof. Dr. Egon Wöhlken, geb. 1928 in Bremerhaven; Prof. Dr. Hermann Goi/er, geb. 1932 in Coburg, seit 1970 am Institut für Agrarpolitik und Marktfor­ 1958-1967 Assistent und Privatdozent in München, schung der Universität Gießen. 1967-1970 ao. Professor in Bern, 1970 o. Professor für Veterinär-Anatomie II an der Justus-Liebig-Uni­ Prof. Dr. Dieter Gaier, Ph.D., geb. 1928 in Stutt­ versität Gießen. gart; seit 1959 Professor für Angewandte Mathematik am Mathematischen Institut der Universität Gießen. Prof. Dr. Karl Hermann Finger, geb. 1921 in Frank­ Gastaufenthalte an mehreren ausländischen Univer­ furt am Main; Vorsitzender der Gemeinsamen sitäten, u. a. Harvard University, CalTech (Pasa­ Kommission für Agrar-, Haushalts- und Ernährungs• dena), Tel Aviv University. wissenschaften. Nach praktischer Tätigkeit in Land­ wirtschaft und Tiermedizin ab 1960 Wissenschaftli­ Karl Becht, geb. 1931 in Marburg; seit dem WS 1966/67 Pädagogischer Mitarbeiter am Institut für cher Assistent und seit 1972 Professor für Tierzucht Didaktik der Mathematik der Universität Gießen. und Zuchthygiene an der Justus-Liebig-Universität Gießen. Prof. Dr. Dr. E.h. Wilhelm Hanle, geb. 1901 in Prof. Dr. Harald Uhlig, geb. 1922 in Dresden; seit Mannheim; von 1941 bis 1969 o. Professor an der 1960 Inhaber des Lehrstuhls Geographie I (Anthro­ Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät und pogeographie) an der Universität Gießen. Direktor des I. Physikalischen Instituts der Universi­ tät Gießen. Prof. Dr. phil. nat. Richard Weyl, geb. 1912 in Kiel; Prof. Dr. Arth~r Scharmann, geb. 1928 in Darmstadt; seit 1957 o. Professor für Geologie und Paläontologie seit 1969 o. Professor und Direktor des I. Physikali­ an der Universität Gießen; 1977 emeritiert. schen Instituts der Universität Gießen; Vizepräsident Prof. Dr. Rudolf Mosebach, geb. 1910 in Frankfurt/ der.Universität Gießen 1975/77. Main; seit 1958 Ordinarius für Mineralogie und Pe­ Prof. Dr. Günther Maier, geb. 1932 in Hausen, trologie an der Universität Gießen; 1979 emeritiert. Kreis Heidenheim; seit 1978 Professor für Organische Prof. Dr. Rolf Emmermann, geb. 1940 in Wolfen­ Chemie an der Universität Gießen. büttel; seit ]981 Professor für Mineralogie und Prof. Dr. Rudolf Hoppe, geb. 1922 in Wittenberge; Petrologie am Fachbereich Geowissenschaften der seit 1965 Ordinarius für Anorganische Chemie und Universität Gießen. Institutsdirektor an der Universität Gießen. Prof. Dr. Gert Jahn, geb. 1926 in Münsterberg/ Prof. Dr. Woljhart Seidel, geb. 1929 in Frankfurt a. d. Schlesien; seit 1963 Professor für Didaktik der Geo­ Oder; 1970 Berufung zum Professor für Physikalische graphie an der Universität Gießen. Chemie an der Justus-Liebig-Universität Gießen. Dipl.-Math. Dieter Weiß, geb. 1943 in Würzburg; Prof. Dr. rer. nat. Adalbert Wollrah, geb. 1928 in Saaz seit 1968 Wissenschaftlicher Mitarbeiter, ab 1972 (Sudetenland); seit 1971 Professor für Didaktik der Abteilungsleiter am Hochschulrechenz.entrum der Chemie an der Justus-Liebig-Universität Gießen. Universität Gießen. Prof. Dr. Dietrich von Denffer, geb. 1914 in Rostock; Prof. Dr. Jürgen Kiefer, geb. 1936 in Hagen/West­ seit 1951 Professor für Botanik und Direktor des falen; seit 1971 Professor für Biophysik im Fach­ Botanischen Gartens der Universität Gießen; seit bereich Physik und am Strahlenzentrum. l. 5, 1976 auf eigenen Wunsch pensioniert. Prof. Dr. rer. nat. Ernst Ludwig Sattler, geb. 1927 Prof. Dr. Karl-Heinz Habermehl, geb. 1921 in in Neu-Isenburg; seit 1972 Professor für Nulclear­ Friedberg/Hessen; von 1968-1971 o. Professor für biologie im Fachbereich Biologie und am Strahlen­ Veterinär-Anatomie und Direktor des Veterinär• zentrum. Anatomischen Institutes der Universität Zürich; seit Prof. Dr. rer. nat. Hans Schneider, geb. 1925 in November 1971 Professor für Veterinär-Anatomie I Madrid; seit 1966 Professor für Experimentalphysik an der Justus-Liebig-Universität Gießen. im Fachbereich Physik und am Strahlenzentrum.

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In einer Universität gibt es immer wieder unvorher­ gesehene Lücken, Härten und Aufgaben. Oft werden für wichtige Anliegen des Forschungs- und Lehrbetriebes Mittel von anderer Seite nicht oder nicht ausreichend zur Verfügung gestellt. Die Gießener Hochschulgesellschaft hat hier in zahlreichen Fällen schnell und unbürokratisch geholfen - selbstverständlich ohne die Absicht, die dem Staat obliegenden Verpflichtungen zu ersetzen.

Die Arbeit der Gießener Hochschulgesellschaft wird zur Zeit von 800 Mitgliedern getragen. Die wachsenden Aufgaben machen es notwendig, den Kreis der Freunde und Förderer zu erweitern.

Wir bitten um Ihre Unterstützung bei der Mitgliederwerbung

DIE REDAKTION Anfragen und Prospektanforderungen richten Sie bitte an Abteilung 27