Datenblatt

‘Butterfly-/ Hardoy-/ BKF-chair’, 1938 der Freilandsessel

z.B. Gestell schwarz, z.B. Gestell Edelstahl, z.B. Gestell schwarz, z.B. Gestell schwarz, Bezug Segeltuch, weiss Bezug Segeltuch, schwarz Bezug Blankleder, braun Bezug Blankleder, schwarz

Typologie, Beschrieb Spezifikationen Elementarer, bedingt allwettertauglicher Freiland-Sessel Höhe 89cm (abhängig von Variante) mit unkonventioneller Sitzposition Breite 84cm Tiefe 74cm Gestell-Varianten Sitzhöhe (am tiefsten Punkt) 37cm - Stahl, schwarz gespritzt, matt Gewicht Lederbezüge 5kg - Edelstahl, nichtrostend, gebürstet Aufpreis CHF 110 Gewicht Stahlgestell 12kg

Bezugs-Varianten - Segeltuch (wetterfestes Acryl): weiss, grau, schwarz - Neckleder: nature, braun, schwarz Aufpreis CHF 530 - Blankleder: cognac, braun, schwarz Aufpr.CHF 720

Bauweise, Machart Vorteile, Nachteile Raumgreifendes Stahlgestell (Option: allwettertauglicher + nonchalante Sitzhaltung Edelstahl), Bezug eingehängt. Stahlgestell: Massivstange + simple, stabile Konstruktion gebogen, stumpf zu geschlossener Schleife verschweisst. + Segeltuch+ Edelstahl = allwettertauglich Bezüge*: an Ecken mit Taschen für Aufnahme der Stahl- + Bezüge abnehmbar gestell-Enden versehen. Stellkanten mit Kunststoff-Gleitern. + Textilbezüge waschbar In Deutschland hergestellt, Manufaktur+ – Gestell nicht zusammenklappbar

*Segeltuch: Acrylgewebe 500g/m2. Webart: Kette- Konditionen Schuss, gegen UV-Strahlung imprägniert Neckleder: gedecktes Leder, wasserabweisend, durchgefärbt. Gesamtstärke ~4-5mm, Rückseite ‘wild’ ab CHF 660.– Blankleder: klassisches Semianilin, porenoffen, durchgefärbt. Gesamtstärke ~4mm, Rückseite ‘sauber’ Preisgarantie und portofrei für ganze Schweiz inkl. 8% MwSt. Lieferfrist voraussichtlich 4 Wochen Es gelten die AGB der Website www.archetypen.ch

Archetypen ® Hintergrund

Butterfly-/ Hardoy-/ BKF-chair Ursprung

Chronologischer Abriss Entstehungsgeschichte

Herstell-Geschichte: Le Corbusier hegte als Vertreter des Congrès International d'Architec- - 1938-1939: Entwicklungsarbeiten ture Moderne (CIAM) zeitlebens ein besonderes Interese an Latein- - 1938-1940: Prototypen- und Kleinserien-Produktion in Argentinien amerika. Anlässlich der kurzzeitigen Mitarbeit der 3 Architekten Hardoy- - 1941/43: Artek Pascoe (1500 Einheiten) Ferrari, Antoni(o) Bonet-Castellana und Juan Kuchan bei Le Corbusier - 1947: Associates (> 1938 gegr., Hans & ) in Paris am Plan für Buenos Aires wurde 1938 die Idee zum Butterfly - 1951: Hans Knoll verliert Prozess gegen Nachahmer chair geboren; später wurde Ferrari-Hardoy übereinstimmend als allei- - ab1951: unzählige Hersteller lancieren ähnliche Modelle niger Urheber referenziert. - 1975: der Verkauf über > Knoll endgültig eingestellt - 2007: detailgetreue Butterfly-Reedition durch Manuf. Hardoy-Ferrari und Antoni(o) Bonet-Castellana waren 1937 Gründungs- mitglieder des 'Grupo Austral' (1937-41) und wandten die in Paris ge- Modell-Entwicklung: wonnene Erfahrung vorerst in Architektur- später auch in landschafts- - 1938-1946: 12mm-Gestell Stahl, matt-schwarz emalliert, mit architektonischen Projekten in ihrer Heimat Argentinien an. Sie gaben 27-Grad-Knick beider oberen Schlaufen-Enden die Zeitschrift Nosotros heraus und entwickelten umfassende Initiativen - ab 1947: auch rostfreies Stahlgestell zur Entwicklung des urbanen Raumes in und um Buenos Aires. Unter - ab 1951: Wildwuchs, diverse Hersteller, alle denkbaren Varianten der Ägide des Grupo entstanden u.a. die 'Edificio Charcas' (1938). Für (z.B. transparenter PVC-Bezug; zusammenlegbare Gestelle…) diese neuartigen Stadt-Appartments aus vorfabrizierten Industrie-Ele- menten, geschwungenen Glasflächen und Sonnenblenden fand ihr Modellvarianten, Benennung: erstmals Anwendung: der Ledersitz wurde in Buenos ab 1951 existieren unzählige Modellvarianten Aires beim Sattler Rossi Caruso in Auftrag gegeben, der sich in der Der Sessel läuft aufgrund seiner einmaligen Erscheinung unter divers- örtlichen Poloszene als Ausrüster der Stunde einen Namen gemacht esten konnotativen Namen wie z.B.: hatte; das 12mm dicke, stumpf zusammengeschweisste Stahlgestell Knoll 198, Butterfly-, BKF-, Sling- Hardoy-, Safari-, Wing-, African chair; wurde bei einem nahegelegenen Schlosser in Auftrag gegeben. Am Tripolina (nach 'Tripoli', der damaligen Kapitale Italienisch-Libyens), Mo- 24. Juli 1940, anlässlich der Präsentation des Sessels am 3. Salon de delo Austral, the Austral model, Sillón BKF, Pampeano, Africano Artistas Decoradores in Buenos Aires wurden sie beim dort durchge- führten Möbelwettbewerb ausgezeichnet.

Vorläufer Herstell-Geschichte

Seit der Mensch dem Wild auflauerte, gab es den Jägerstuhl aus 3 Ein Pressebericht hiervon kam Edgar Kaufmann Jr. zu Gesicht, einer mittig gebündelten Stäben mit Überwurfsitz aber ohne Rücklehne. War Schlüsselfigur in der Förderung der modernen Architektur- und De- die Beute erlegt, liess sich dieser flugs zusammenklappen und wieder sign-Bewegung im Umkreis des MoMA in New York, dessen Vater, mitnehmen. Dieser Sitztyp (Tripod/ Dreifuss) wurde dann von den Land- Edgar Kaufmann Sr. vom Freund der Familie, Frank Lloyd Wright, für schaftsmalern (ab Mitte des 18.Jhd.) in dieser Form übernommen. seinen Sohn die Villa Falling Water in Pennsylvania bauen liess. Dieser Mitte der 1850er-Jahren entwicklte der britische Erfinder Joseph Bever- kaufte prompt zwei der ersten in die USA importierten Sessel: einen ly Fenby (ca.1820-1890, aus Yardley, England) erstmals den Typus des für Falling Water (der bis zum heutigen Tag dort neben dem Kamin Faltstuhls mit mitfaltbarer Rücklehne: Aus 10 mit Metalldrehbeschlägen steht – siehe Bild) und den anderen für seinen Freund, John Mc And- verbunden Holzstäben und einem Stoffgespann, später meist aus Le- rew, damaliger Kurator des MoMA. Kaufmann [Jr.] prophezeite, dass der. Hierfür bediente er sich einer Pantograph-Konstruktion (Scheren- der leichte, günstige Sessel in den USA extrem populär werden würde, prinzip), die eine lange Tradition in der Kinematik innehat; sie ist eines speziell an der Westküste*7. Mc Andrew führte diesen dem Möbelher- der ältesten Beispiele der Mehrgelenks-Mechanismen und war wahr- steller Clifford Pasco von Artek Pascoe vor, der sich interessiert zeigte scheinlich ursprünglich für Transkriptions-Zwecke entwickelt worden und das Möbel von 1941-43 in begrenzter Stückzahl auflegte. Nach (z.B. Kopieren vom Mustern, zuerst manuell, später automatisiert z.B. dem Krieg übernahm die kurz vor dem Krieg gegründete Firma Knoll für Stickmaschinen). Dieses Prinzip wurde in der Folge auch für faltbare die Produktion. Dieser Hersteller sollte in den Folgejahren nebst Her- Strukturen angewandt, mit jeweils ganz spezifischen geometrischen man Miller (u.a. > G. Nelson, C. & R. Eames) zum bedeutendsten Her- Einschränkungen. Fenby entwickelte auf diesem Typus basierend eine steller zeitgenössischen Mobiliars in den USA avancieren. Hans Knoll ganze Reihe äusserst bequemer Sitze, die vor allem bei britischen Ko- brachte den Entwurf international ins Bewusstsein und der Sessel ver- lonial-Offizieren auf große Resonanz stiessen. Seine Popularität schul- kaufte sich äusserst erfolgreich. Er fand v.a. bei Intellektuellen, Künst- det das Möbel dem Umstand, dass es sich in Windeseile entfalten lern und Architekten in den Metrolpolen der amerikanischen Ostküste lässt; dem Transportsack (= Sitzfläche) entnommen werden im Nu die großen Anklsng, bis 1951 ein von Knoll initiierter Prozess gegen ver- Taschen des Sacks über die Enden das entfalteten Gestells gezogen meintliche Plagiate wegen eines alten Patents verloren ging. Das Ge- und die Sitz- und Rückenschlaufe festgezurrt. Interessanterweise richt befand damals, der Butterfly chair beruhe direkt auf dem Patent schien Fenby seine eigene Erfindung als bloßen Nachgedanken zum von Joseph Fenby aus dem Jahr 1877. Somit waren die vermeintlichen seit Langem bekannten traditionellen Künstler-Tripod zu betrachten. Urheberrechte Knolls am Sessel gegenstandslos.

zum Autor Jorge Ferrari Hardoy (Argentinier, *1914-1977) ging nach seinem Architektur-Abschluss in Buenos 2Jahre lang in Europa auf Reisen, wo er unter anderem im Büro Le Corusiers an Städtebau-Projekten mitwirkte. 1939 gründen die Drei die Gruppe "Austral", die sich mit Problemen des Städtebaus befasst. Für das eigene Studio entwarfen sie den bekannten BKF-Sessel. 1944 werden sie mit der Neuplanung der vom Erdbeben zerstörten Stadt San Juan in Argentinien betreut. In der Folge machte sich die Gruppe hauptsächlich für Ent- würfe öffentlicher Gebäude einen Namen, für die sie in späteren Jahren mit mehreren Preisen bedacht wurden. Mitwirkende: Antonio Bonet (Spanier, *1913-1989) Juan Kurchan (Argentinier, *1913-1975)

ArchetypenArchetypen ®

Hintergrund

Butterfly-/ Hardoy-/ BKF-chair Wirkung

Patente Bewertung

Der sehr vielseitige englische Erfinder ersann den ersten, komplett falt- Der Umstand, dass der Butterfly chair in Fenbys Faltsessel einen un- baren Sessel im Jahr 1855 (spätere seiner Schöpfungen umfassen u.a. mittelbaren oder zumindest recht ähnlichen Vorgänger hat, ändert 1863 den Elektromagnetischer Phonograph, 1874 einen Druckbehälter nichts an dessen Einzigartigkeit. In der Kulturgeschichte ist das evolu- zum Kaffeebrauen…,1866 Verbesserungsvorschläge an Pumpen… tionäre Schema omnipräsent (>Klint), denn nur in ganz seltenen Mo- und 1876 an Kolben für hydraulische Pressen). menten geschieht es, dass eine Typologie absolut neu ins Leben geru- Aber erst 20 Jahre später (1877) liess er seine Idee aus dem Jahr 1855 fen wird. Vielmehr muss davon ausgegangen werden, dass archetypi- in Form einer ganzen Reihe faltbarer Möbel unter anderem in den USA sche Objekte latent vorhanden sind (siehe hierzu die Thesen des dt. unter dem Titel 'Camp stool' zum Patent anmelden. Er schloss seinen Physikers Dessauer) und sie ‘ent-deckt’ werden müssen. Mit dem But- ausführlichen Beschrieb in der Original-Patentschrift mit den Worten: terfly chair wurde eine alte Typologie wiederaufgenommen und verfei- 'For a camp chair four of the bars are made of an additional length so nert; die eben (Ende der 1920er-Jahre) geborene Stahrohr-Biegetechnik as to serve as a support for the back of the sitter'*3. Dieses bekam er wurde auf massive Rundstangen übertragen, wodurch der Sessel im am 12. Juli 1881 unter der US-Patent Nummer 244,215 zugesprochen. Vergleich zu Stahlrohrmöbeln eine verführerische Leichtigkeit gewann. Jenseits der Militaristik fand der Sessel bald auch in der zur Wende Hardoy gelang es, Fenbys Konstruktion stringenter und eingängiger zu zum 20. Jahrhundert schnell wachsenden Freizeit-Industrie Anklang: machen, indem er die horizontalen Traversen eliminierte und den Rah- um 1895 fand er wiederum in den USA beim Campingmöbel-Hersteller men in einen flüssigen Formverlauf überführte. Dass der Sessel seine ‘Gold Medal Company, Wisconsin’ in die Massenproduktion Eingang. Faltbarkeit und Eignung als Camping- oder Reisesessel vollständig ein- Die Firma schickte sich an, den Sessel unter dem Namen ''Gold medal büsste, schien ihm aber niemand nachzutragen – scheinen doch ge- No.4'' sehr erfolgreich anzubieten. Um die gleiche Zeit veräusserte nau diese Details den Charakter des Sessels auszumachen. Denn Fenby seine Rechte nebst dem amerikanischen Hersteller auch an Hardoy hatte ihn in einen neuen Typ überführt: soweit wie möglich an französiche und italienische Fimen, wobei vorallem Letztere den Sessel die Hängematte angenähert lud er nun mehr zu diagonal liegender Stel- unter dem Namen 'Tripolina'-Sessel in den 30er-Jahren in Italien mit lung denn zum Sitzen ein; unkonventionell, demonstrativ entspannt, Lederbezug als Ruhesessel für Zuhause äusserst populär machten. bisweilen gar lasziv, wie nie ein Möbel vorher und kaum je nachher.

Palmarès Wirkung

Permanente Sammlungen (Auszug, nur Butterfly chair): Fenbys Sessel-Konstruktion ist heute abgewandelt allgegenwärtig und - MoMA, New York begegnet uns z.B. in zeitgenössischen Fischer- oder Campingmöbeln. - Knoll Museum, XY, Beide werden ständig in teilweise kuriose anmutende Extreme weiter- - Vitra Design Museum, Weil am Rhein, D entwickelt (z.B. Fischerstühle mit integrierten Cup-Holdern u.ä.). Im - DHUB, Museu d’Arts Decoratives, Barcelona Gegensatz zu den Klappstühlen mit frontaler Z-Geometrie (z.B. >Fol- ding chair) scheinen sie aber zumindest bequemer, da die vorderen Ausstellungen (Auszug): Sitzflächen-Begrenzungen kaum einschneiden. - House Fallingwater WO,,,, ? Nachdem Knoll die Rechte am seinem Modell 198 verloren hatte, wur- de der Butterfly chair ab 1951 unkontrolliert weiterentwickelt: z.B. als Auszeichnungen (Auszug): faltbare Ausführung, um Lager- und Versand-Volumen zu minimieren. - Argentinischer Designpreis, 1940 (?) Mit meist an den extremen Enden der Arme angebrachten Gelenken - Acquisition Prize of the MoMA, New York,1941 liessen sich die Gestelle nun über einen raumgreifenden Faltmechanis- mus ins schiere Nichts zusammenklappen. Sie waren zwar praktisch, die Feinteile blieben aber sehr anfällig auf jegliche Art von Schlägen oder Überlastung, die sie schnell blockieren liessen. Die Modelle reich- ten mit ihren spitzen, hart wirkenden Enden nicht an das zwar starre, optisch aber viel geschmeidiger geschwungene Urmodell Hardoys heran. Der Versuch, mit einfachsten Mitteln eine einteilige, in alle Rich- tungen gekrümmte Sitz-Lehnfläche im Raum aufzuspannen, um dem sitzenden Körper größtmögliche Entspannung zu bieten, war mit Har- doys Urmodell bereits 1938 mustergültig gelöst worden und dürfte für diese Art von Möbel einen Endpunkt markieren.

Quellen zu Fenby: Quellen zu BKF: *3Birmingham City Archive records, The National Archives of the UK *1 U.S. Pat. No. 244,215: “Camp stool” by inventor Joseph B. Fenby issued Jul. 12, 1881 *6 Bonet Castellana, aus der Reihe: Design Classics, Edicions UPC (Universitat Polytècni- - International exhibition in Saint-Louis, Missouri, United States, 1904. ca da Catalunya), Fernando Alvarez, Jordi Roig, S.51-55; - Les assises du siège contemporain. Paris. Musée des arts décoratifs. 1968. *7 What Was Good Design? MoMA's Message 1944-56; May , 2009–Ongoing, moma.com exhib. cat. same model exhibited under the number 139 and reproduced p.69. *9 Knoll Website and Knoll-Museum, see www.knoll.com - Wilhide, Elizabeth: Living with Modern Classics: The Chair. London. Ryland Peter & Small. - The Modern Chair: Classic Designs by Thonet, Breuer..., Dover Publications; 1997 2000. P. 34-35. - Architekten als Designer, Barbara Mundt, Babette Warncke, Claudia Banz, Hirmer, S.93 - Kjellberg, Pierre: Le mobilier du XXe siècle. Dictionnaire des créateurs. Paris. Les éditions - Produkt-Design 1991, Kat. Nr.77. de l'amateur. 1994. P. 88-89 s.n. Bonet. - Peter Balke, Jane Thompson; A Very Significant Chair, Architecture Plus, Mai 1973, S. 73- - Sembach, Klaus-Jürgen/Leuthäuser, Gabriele/Gössel, Peter: Möbeldesign des 20. Jhd. 79, zit. in: David A. Hanks, Innovative Furniture in America from 1800 to the present, New Köln. Taschen. 1991. P. 169 York 1981, S.156f. – Larrabee/Vignelli 1990, S.42 ff.

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